Das Recht der elterlichen Sorge: Voraussetzungen, Inhalt und Schranken in Praxis und Theorie [2nd rev. ed.] 9783899495508, 9783899495195

In light of the fundamental legal changes that are to take effect shortly, the anticipated revised edition brings this w

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German Pages 483 Year 2008

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Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis und Verzeichnis der abgekürzten zitierten Literatur
A. Elternschaft und Abstammung
B. Elternschaft und elterliche Sorge
C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge
Backmatter
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Das Recht der elterlichen Sorge: Voraussetzungen, Inhalt und Schranken in Praxis und Theorie [2nd rev. ed.]
 9783899495508, 9783899495195

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Dagmar Zorn Das Recht der elterlichen Sorge

Das Recht der elterlichen Sorge Voraussetzungen, Inhalt und Schranken in Praxis und Therorie 2., neu bearbeitete Auflage

Von Diplom-Rechtspflegerin Dagmar Zorn Lehrkraft an der Fachhochschule fr Verwaltung und Rechtspflege, Berlin, Fachbereich Rechtspflege

De Gruyter Recht  Berlin

¥ Gedruckt auf surefreiem Papier, ¡ das die US-ANSI-Norm ber Haltbarkeit erfllt.

ISBN 978-3-89949-519-5

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 Copyright 2008 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulssig und strafbar. Das gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Datenkonvertierung/Satz: Reemers Publishing Services GmbH, Krefeld Umschlaggestaltung: Christopher Schneider, Berlin Druck und Bindung: AZ Druck und Datentechnik, Kempten

Vorwort zur 2. Auflage Seit dem Erscheinen der ersten Auflage hat sich einiges verndert. Anlass zur berarbeitung dieses Werkes unter grundstzlicher Beibehaltung seiner Struktur waren insbesondere die im April, Juni und Juli 2008 in Kraft getretenen Gesetze. Mit dem am 1.4.2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Klrung der Vaterschaft unabhngig vom Anfechtungsverfahren wurde den rechtlichen Eltern und dem Kind die Mçglichkeit erçffnet, ihren Anspruch auf Klrung der Abstammung des Kindes in einem isolierten Verfahren auch gegen den Willen der rechtlichen Eltern und/oder des Kindes titulieren zu lassen und durchzusetzen. Das am 1.6.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Ergnzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft erlaubt es der durch Landesrecht zu bestimmenden anfechtungsberechtigten Behçrde, eine durch Vaterschaftsanerkennung entstandene Vaterschaft durch Anfechtung zu beseitigen, wenn zwischen dem Kind und seinem (rechtlichen) Vater keine sozial-familire Beziehung bestand oder besteht und durch die Anerkennung aufenthaltsrechtliche Vorteile erlangt wurden. Schließlich wurde am 11.7.2008 das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefhrdung des Kindeswohls verkndet, mit dem auch verfahrensrechtlich bedeutsame nderungen herbeigefhrt wurden. Es bleibt abzuwarten, ob sich die mit den neuen Gesetzen verbundenen zum Teil sehr hohen Erwartungen erfllen. Neben der Einarbeitung der auf den geschilderten Gesetzen beruhenden Neuregelungen bezieht die Neuauflage des sich vornehmlich an den juristischen Leserkreis wendenden Buches das bis einschließlich Mitte Juli, zum Teil bis einschließlich August 2008 verçffentlichte Schrifttum in die Darstellung mit ein. Großbeeren, im August 2008 Diplom-Rechtspflegerin Dagmar Zorn

Vorwort zur 1. Auflage In den letzten Jahren wurde das deutsche Kindschaftsrecht durch eine Reihe von Gesetzen novelliert, von denen ein nicht unerheblicher Teil auf Vorgaben des BVerfG zurckzufhren ist. Die Vielzahl der seit 1998 eingetretenen nderungen, mit denen das Eltern-Kind-Verhltnis zum Teil ganz entscheidend umgestaltet wurde, machen auf eindrucksvolle Weise deutlich, wie sehr der Gesetzgeber gerade auf diesem Rechtsgebiet in der Pflicht steht, dem Wandel gesellschaftlicher Anschauungen und dem medizinischen Fortschritt Rechnung zu tragen, um auf diese Weise einerseits im Interesse des Kindes sicherheitsstiftend und andererseits zwischen den verfassungsrechtlichen Positionen nicht nur im Verhltnis zwischen den Eltern, sondern auch zwischen den Eltern und dem Kind ausgleichend zu wirken. Aufgrund der Entwicklung des Kindschaftsrechts in den letzten Jahren habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, die Voraussetzungen der Inhaberschaft elterlicher Sorge und die der Ausbung der Sorge nach deutschem Recht sowie deren Inhalt und Schranken zusammenhngend darzustellen. Die Systematik folgt dabei zum einen dem Aufbau des Gesetzes, wonach zB grundlegende Voraussetzung des Innehabens der elterlichen Sorge Elternschaft ist, zum anderen orientiert sie sich an den Bedrfnissen der Praxis, in dem zunchst die Grundlagen erlutert und sodann etwaige Besonderheiten vorgestellt werden. Das Buch wendet sich an Praktiker und Studierende gleichermaßen, schließt aber auch den juristischen Laien nicht aus. Der Aufbau soll insbesondere den Studierenden den Einstieg in die Materie erleichtern. Gleichzeitig werden aber auch der Praxis die fr eine Vertiefung notwendigen weiterfhrenden Hinweise geboten. Dem besseren Verstndnis und der praktischen Handhabbarkeit dienen Beispiele im Text sowie einige bersichten am Ende der jeweiligen Erluterungen. Eingearbeitet sind darber hinaus verschiedene Checklisten, anhand derer das Vorliegen ggf zu erfllender Voraussetzungen berprft werden kann.

Vorwort zur 1. Auflage

VII

Das erste Kapitel des Buches behandelt mit dem Abstammungsrecht die Grundvoraussetzung der Elternschaft. Bei der Erçrterung dieses Themenkreises ist ein Blick auf das bis zum 30.6.1998 geltende Kindschaftsrecht unverzichtbar, denn eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Vaterschaft wurde durch das Inkrafttreten des neuen Rechts nicht berhrt. Einen gezielten Einblick in das deutsche Abstammungsrecht und den daraus resultierenden Mçglichkeiten zur Sorge zu gelangen, lsst sich deshalb nur unter Einbeziehung alten Rechts gewinnen. Zu diesem Zweck wird auch ein berblick ber das im Beitrittsgebiet ehemals geltende Abstammungsrecht gegeben. Das zweite Kapitel behandelt die Inhaberschaft elterlicher Sorge. Die Kinder, die vor dem 1.7.1998 geboren wurden, stehen aufgrund ihres Alters entweder weiterhin unter der (Mit-) Sorge ihres Vaters, oder dessen Sorge kann unter Geltung des neuen Rechts auch jetzt noch erstmals begrndet werden. Besonderen Raum nimmt in diesem Zusammenhang die Darstellung der vterlichen Sorgerechtsposition nach einfachgesetzlichem Recht ein, die (noch?) nicht kongruent ist mit der mittlerweile unstreitig anerkannten Grundrechtsposition des Vaters. Neben der kraft Gesetzes entstehenden Sorgeberechtigung werden in diesem Abschnitt ua auch das Entstehen der alleinigen und der gemeinsamen elterlichen Sorge durch gerichtliche Entscheidung sowie die Folgen tatschlicher Verhinderung eines Elternteils und die des Ruhens elterlicher Sorge erlutert. Im dritten Kapitel folgt die Darstellung des Inhalts und der Schranken elterlicher Sorge und der grundstzlichen Ausbungsbindung bei gemeinsamer Sorge, einschließlich mçglicher Ausnahmen hiervon zB bei dauerhaftem Getrenntleben gemeinsam sorgeberechtigter Eltern. Schließlich wird ein berblick ber die Alleinentscheidungsbefugnis des nicht sorgeberechtigten Elternteils und die Mitentscheidungsberechtigung des ehelichen und des lebenspartnerschaftlichen Stiefelternteils gegeben. Ich hoffe, dass das Buch den Lesern und Leserinnen den gewnschten Nutzen bringt und zwar auch dadurch, dass es dazu beitrgt, das Verstndnis fr die Zusammenhnge verschiedener familienrechtlicher Regelungen zu wecken bzw fçrdern.

VIII

Vorwort zur 1. Auflage

Fr Anregungen, Kritik oder Verbesserungsvorschlge wre ich dankbar. Großbeeren, im Oktober 2006 Diplom-Rechtspflegerin Dagmar Zorn

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Abkrzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX Literaturverzeichnis und Verzeichnis der abgekrzten zitierten Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXVII A. Elternschaft und Abstammung

...................

1

I. Verwandtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Rechtliche Elternschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Biologische versus genetische Mutterschaft . 2.2. Unanfechtbarkeit der Mutterschaft . . . . . . . 3. Vaterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Vaterschaft kraft Ehe mit der Mutter . . . . . . 3.2.1. Neues Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vaterschaft gem § 1593 S 3 BGB . . . . . . c) Beseitigung der Vaterschaft nach § 1599 Abs 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2. Altes Recht im berblick . . . . . . . . . . . . . . I. bersichtsskizze: Vaterschaft kraft Ehe mit der Mutter nach neuem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. bersichtsskizze: Vaterschaft kraft Ehe mit der Mutter im Vergleich altes ./. neues Recht . . . . . . . . 3.3. Vaterschaft kraft Anerkennung . . . . . . . . . . 3.3.1. Neues Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anerkennungserklrung des Mannes . . . c) Zustimmung der Kindesmutter . . . . . . . . d) Ausnahmsweise: Zustimmung des Kindes e) Vorgeburtliche Anerkennung . . . . . . . . . f) Anerkennung nach dem Tod des Kindes .

1 1 4 4 6 8 8 8 8 8 10 11 15 17 18 19 19 19 20 21 23 25 28

X

Inhaltsverzeichnis

g) Weitere Voraussetzungen der statusrechtlichen Wirkung der Anerkennung . . . . . . h) Zweckwidrige Vaterschaftsanerkennungen 3.3.2. Altes Recht im berblick . . . . . . . . . . . . . . . Checkliste: Vaterschaft durch Anerkennung . . . . . . 3.4. Vaterschaft kraft gerichtlicher Feststellung . . 3.4.1. Neues Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Klage-/Antragsberechtigte . . . . . . . . . . . c) Klage/Antrag durch die Kindesmutter aus eigenem Recht und als Vertreterin des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Feststellung der Vaterschaft gem § 640 h Abs 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vaterschaftsvermutung gem § 1600 d BGB f) Klage- oder Antragsverfahren . . . . . . . . . g) Untersuchungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . h) Prnatale gerichtliche Vaterschaftsfeststellung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2. Altes Recht im berblick . . . . . . . . . . . . . . . 3.5. Vaterschaft fr vor dem 1.7.1998 geborene Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.bersichtsskizze: Vaterschaft gem § 1592 Nr 2 und Nr 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6. Anfechtung der Vaterschaft . . . . . . . . . . . . . 3.6.1. Neues Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anfechtungsberechtigte . . . . . . . . . . . . . c) Vertretung bei der Anfechtung . . . . . . . . d) Anfechtung bei konsentierter heterologer Befruchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Das Wohl des Vertretenen bei Anfechtung durch den gesetzlichen Vertreter eines Anfechtungsberechtigten . . . . . . . . . . . . f) Anfechtungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Neue Anfechtungsfristen . . . . . . . . . . . . . h) Die bergangsregelungen des Art 224 § 1 Abs 4 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28 31 35 36 39 39 39 40 41 44 45 46 46 48 48 51 52 53 53 53 54 64 66 70 71 76 77

Inhaltsverzeichnis

i) Verfahrensrechtliche Regelungen im berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anfechtung durch den rechtlichen Vater, die Mutter oder das Kind . . . . bb) Anfechtung durch den genetischen Vater oder durch die anfechtungsberechtigte Behçrde . . . . . . . . . . . . . j) Die bergangsregelung des Art 224 § 1 Abs 5 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Begrndungserfordernis bei der Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2. Altes Recht im berblick . . . . . . . . . . . . . . Checkliste: Anfechtung der Vaterschaft . . . . . . . . . 3.7. Klrung der Abstammung unabhngig vom Anfechtungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.2. Die Grundzge des neuen Verfahrens zur isolierten Klrung der Abstammung gem § 1598 a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Klrungsanspruch, Klrungsberechtigte und -verpflichtete . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aussetzung des gerichtlichen Klrungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Durchfhrung der Abstammungsuntersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vollstreckung und Ausschluss der Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verfahrensrechtliche Regelungen im berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Die bergangsregelung des Art 229 § 17 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Statuswechsel durch Adoption . . . . . . . . . .

XI

79 79 79 82 83 89 92 95 95 97 97 102 103 104 104 107 107

B. Elternschaft und elterliche Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . .

110

I. Inhaber elterlicher Sorge gem § 1626 Abs 1 S 1 BGB IV. bersichtsskizze: Gemeinsame Sorge der Eltern

110 111

II. Originre Alleinsorge der Kindesmutter gem § 1626 a Abs 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

112

XII

Inhaltsverzeichnis

1. 2. 3.

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Motive des Gesetzgebers fr die Schaffung des originren Alleinsorgerechts der Mutter Die Entscheidung des BVerfG zu § 1626 a Abs 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. Begrndung der gemeinsamen elterlichen Sorge gem § 1626a Abs 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gemeinsame Sorge durch Abgabe von Sorgeerklrungen, § 1626a Abs 1 Nr 1 BGB . . . . . 2.1. Inhalt, Rechtsnatur und Form der Erklrungen 2.2. Zeitpunkt der Abgabe der Erklrungen . . . . . 2.3. Vorgeburtliche Sorgeerklrungen durch die knftigen Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4. Sorgeerklrungen nach Sorgerechtsentscheidung gem §§ 1671, 1672 BGB oder Sorgerechtsentzug gem § 1666 BGB . . . . . . . . . . . 2.5. Sorgeerklrungen bei qualifizierter Anerkennung gem § 1599 Abs 2 BGB . . . . . . . . . . . . 2.6. Sorgeerklrungen durch Geschftsunfhige? . 2.7. Sorgeerklrung durch einen unter Betreuung stehenden Elternteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8. Materielle Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9. Rechtsfolgen der Sorgeerklrungen . . . . . . . Checkliste: Gemeinsame Sorge durch Sorgeerklrungen 3. Ersetzung der Sorgeerklrung eines Elternteils gem Art 224 § 2 Abs 3 bis 5 EGBGB . . . . . . 3.1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Die Tatbestandsvoraussetzungen und Regelungen des Art 224 § 2 Abs 3 und Abs 4 S 1 EGBGB im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1. Antragsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2. Husliche Gemeinschaft, gemeinsame Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung und Trennung vor dem 1.7.1998 . . . . . . . . . . . . . 3.2.3. Kindeswohldienlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4. Zulssigkeit des Antrags . . . . . . . . . . . . . . .

112 114 116 123 123 124 124 132 133 133 136 137 141 142 143 145 147 147 148 148 149 150 152

Inhaltsverzeichnis

Verfahrensrechtliche Regelungen gem Art 224 § 2 Abs 4 S 2 EGBGB im berblick . . . . . . 3.4. Mitteilungspflichten gem Art 224 § 2 Abs 5 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gemeinsame Sorge durch Heirat der Kindeseltern, § 1626a Abs 1 Nr 2 BGB . . . . . . . . . 4.1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Die Rechtsfolgen der Heirat im Einzelnen . . 4.2.1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2. Auswirkungen eines mtterlichen Sorgerechtsentzugs auf das durch Heirat entstehende vterliche Sorgerecht . . . . . . . . . . 4.2.3. Weitere Auswirkungen der Heirat bei Ausfall eines Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

3.3.

IV. Elterliche Sorge kraft Adoption . . . . . . . . . . . . . . V. Alleinige elterliche Sorge durch tatschliche und/oder rechtliche nderungen der Sorgerechtsverhltnisse 1. Alleinsorge kraft Gesetzes bei Ausfall eines Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Alleinsorge durch gerichtliche Entscheidung 2.1. Alleinsorge kraft Richterspruchs gem § 1671 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. nderung der nach § 1671 BGB entstandenen Alleinsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1. (Wieder-)Begrndung der gemeinsamen Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2. nderung der nach § 1671 BGB entstandenen Alleinsorge bei Ausfall des allein sorgeberechtigten Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Alleinsorge des nicht mit der Mutter des Kindes verheirateten Kindesvaters durch gerichtliche Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1. Alleinsorge kraft Richterspruchs gem § 1672 Abs 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2. nderung der nach § 1672 Abs 1 BGB entstandenen Alleinsorge . . . . . . . . . . . . . . a) Begrndung der gemeinsamen Sorge . . .

152 153 153 153 154 154 156 159 161 162 162 163 163 171 171 171 172 172 176 176

XIV

Inhaltsverzeichnis

b) nderung der nach § 1672 Abs 1 BGB entstandenen Alleinsorge bei Ausfall des Kindesvaters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3. bertragung der Sorge auf den nicht sorgeberechtigten Kindesvater bei Ausfall der nach § 1626a Abs 2 BGB allein sorgeberechtigten Kindesmutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. bersichtsskizze: Folgen des Todes, der Todeserklrung oder Feststellung der Todeszeit eines sorgeberechtigten Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. bergangsregelungen bei Ehelicherklrung gem §§ 1723 ff BGB aF . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Die bergangsregelung des Art 224 § 2 Abs 1 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Die bergangsregelung des Art 224 § 2 Abs 2 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

177

177 179 181 181 182

VI. Hindernisse bei der Ausbung der elterlichen Sorge 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tatschliche Verhinderung und Ruhen der elterlichen Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Tatschliche Verhinderung . . . . . . . . . . . . . 2.2. Die Feststellung der lngerfristigen tatschlichen Verhinderung nach § 1674 BGB 2.3. Das Ruhen der elterlichen Sorge nach § 1673 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. bersichtsskizze: Folgen tatschlicher und rechtlicher Verhinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. bersichtsskizze: Folgen des Wegfalls der Verhinderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

183 183

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge . . . . . . . . . . .

201

I. Elternrecht als Grundrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsnatur der elterlichen Sorge . . . . . . . . . . . . . .

201 202

III. Beginn und Ende der elterlichen Sorge . . . . . . . . . .

204

IV. Inhalt der elterlichen Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Personensorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

205 205 207

184 184 186 194 199 200

Inhaltsverzeichnis

3. 4. 4.1. 4.2. 4.3. 5. 6.

XV

Vermçgenssorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesetzliche Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertretung in persçnlichen Angelegenheiten Vertretung im Bereich der Vermçgenssorge . Konfliktlçsung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elterliches Benennungsrecht gem §§ 1776 ff BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

210 212 212 213 216 216

V. Grundstze und Schranken der elterlichen Sorge . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Das Kind als Grundrechtstrger . . . . . . . . . . 1.2. Elterliche Sorge und Entwicklung des Kindes 2. Die Grundstze und Schranken im Einzelnen 2.1. Das in § 1626 Abs 2 BGB zum Ausdruck kommende verfassungsrechtliche Erziehungsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Die Einwilligungskompetenz des Minderjhrigen bei rztlicher Behandlung und rztlichen Eingriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Schwangerschaftsabbruch bei Minderjhrigen 2.3.1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2. Die im Strafrecht zum Ausdruck kommende Grundwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3. Spezielle Einwilligungsfhigkeit . . . . . . . . . 2.3.4. Zuordnung der Ablehnungs- und Einwilligungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5. Abschluss des Arzt- oder Krankenhausvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4. Rcksichtnahme auf die Eignung und Neigungen des Kindes bei der Berufswahl . . . . . . . 2.5. Genehmigungserfordernis bei freiheitsentziehender Unterbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6. Verbot der Sterilisation . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7. Das Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gerichtliche Maßnahmen bei Kindeswohlgefhrdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

219 219 219 220 221

217

221 224 233 233 233 235 237 239 242 244 250 250 256 256

XVI

Inhaltsverzeichnis

3.2. 3.3. 3.4. 3.4.1. 3.4.2.

Gefhrdung des Kindeswohls . . . . . . . . . . . . Fehlende Gefahrenabwehr durch die Eltern . . Gefhrdungsursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mçgliche Erscheinungsformen von Kindeswohlgefhrdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5. Gefhrdung des Kindesvermçgens . . . . . . . . 3.6. In Frage kommende Maßnahmen . . . . . . . . . 3.6.1. Maßnahmen im Bereich der Personen- und der Vermçgenssorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2. Gefahrenabwehr durch das Jugendamt bei akuter Kindeswohlgefhrdung . . . . . . . . . . . . . . 3.6.3. Maßnahmen speziell im Bereich der Vermçgenssorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7. Verhltnis von §§ 1666, 1666a BGB zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8. Auswirkung der Kindeswohlgefhrdung auf die Sorgeberechtigung des anderen Elternteils . . VIII. bersichtsskizze: Folgen des (Teil-)Entzuges elterlicher Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9. berprfung und Aufhebung der Maßnahmen, § 1696 Abs 2, 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10. Verfahrensrechtliche Regelungen im berblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.11. Weitergehende berlegungen im Zusammenhang mit Kindeswohlgefhrdungen . . . . . . . 4. Weitere Grenzen und Schranken der elterlichen Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Verwaltungsausschluss durch Schenker oder Erblasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Das Schenkungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Die Pflicht zur wirtschaftlichen Vermçgensverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4. Gesetzliche Vertretungsausschlsse . . . . . . . 4.4.1. Die Tatbestandsmerkmale des § 181 BGB . . IX. bersichtsskizze: Der Anwendungsbereich des § 181 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2. Die Tatbestandsmerkmale des § 1795 Abs 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

258 260 261 261 262 269 270 270 276 278 279 280 282 282 284 293 295 295 301 303 304 304 309 310

Inhaltsverzeichnis

X. bersichtsskizze: Der Anwendungsbereich des § 1795 Abs 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3. Keine Umgehung eines Vertretungsausschlusses durch Erteilung von Vollmachten . . . . . . 4.4.4. Teleologische Extension von § 181 und/oder § 1795 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.5. Gesetzliche Ausnahme vom Vertretungsausschluss nach § 181 und § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.6. Teleologische Reduktion von § 181 und/oder § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.7. Auswirkungen der kraft Gesetzes fehlenden Vertretungsmacht eines Elternteils bei bestehender Gesamtvertretung . . . . . . . . . . . . . . 4.4.8. Die Bestellung mehrerer Pfleger fr mehrere Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5. Weitere gesetzliche Vertretungsausschlsse . 4.5.1. Gesetzlicher Vertretungsausschluss gem § 52 Abs 2 S 2 StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2. Gesetzlicher Vertretungsausschluss gem § 1629 Abs 2a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6. Entziehung der Vertretungsmacht bei erheblichem Interessengegensatz . . . . . . . . . . . . . . 4.6.1. Voraussetzungen der Entziehung . . . . . . . . . 4.6.2. Wirkung der Entziehung der Vertretungsmacht eines Elternteils bei bestehender Gesamtvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.3. Verfahrensrechtliche Regelungen im berblick 4.7. Gerichtliche Genehmigungserfordernisse . . . 4.7.1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.2. Nicht genehmigungspflichtige Rechtsgeschfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.3. Die Genehmigungserfordernisse gem §§ 1643 Abs 1, 1821 BGB im berblick . . . . . . . . . . 4.7.4. Die fr Eltern geltenden Genehmigungserfordernisse des § 1822 BGB im berblick . . . . 4.7.5. Die Genehmigungserfordernisse nach § 1643 Abs 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.6. Gegenstand der gerichtlichen Genehmigung

XVII

313 314 315 322 324 336 337 339 339 340 340 340 346 347 348 348 351 355 360 369 372

XVIII

Inhaltsverzeichnis

4.7.7. Genehmigungsfhigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.8. Wirksamwerden des genehmigungsbedrftigen Rechtsgeschfts . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.9. Verfahrensrechtliche Regelungen im berblick XI. bersichtsskizze: Grundstzliches Erfordernis des Erlasses eines Vorbescheides im Rahmen einer Vorgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII. bersichtsskizze: Grundstzliches Erfordernis des Erlasses eines Vorbescheides im Rahmen einer Nachgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Einschrnkung der elterlichen Sorge durch Pflegerbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Einfluss der Heirat des minderjhrigen Kindes auf die elterliche Sorge . . . . . . . . . . . VI. Ausbung der elterlichen Sorge bei gemeinsamer Inhaberschaft und Ausbungsberechtigung . . . . . . . 1. Grundstzliche Ausbungsbindung bei gemeinsamer Elternsorge . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen von der gemeinschaftlichen Ausbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Das Notvertretungsrecht gem § 1629 Abs 1 S 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Das gespaltene Sorgerecht bei dauerhafter Trennung der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. bertragung der Alleinentscheidungsbefugnis gem § 1628 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4. Geltendmachung von Unterhaltsansprchen gem § 1629 Abs 2 S 2 und Abs 3 BGB . . . . . 3. Einzelvertretung auf Grund einer Entziehung von Vertretungsmacht gem § 1796 BGB . . . . VII. Die sorgerechtlichen Befugnisse des nicht sorgeberechtigten Elternteils nach § 1687a BGB . . . . . . . . VIII. Das kleine Sorgerecht der Stiefeltern gem § 1687b BGB, § 9 LPartG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

374 377 379 384 385 388 389 392 392 395 395 396 401 407 414 414 415 421

Abkürzungsverzeichnis aA aaO abl ABl Abs AcP AdVermiG

aE aF AG Alt amtl Anm Art AuAS Aufl AufenthG

BayObLG BayObLGZ BB BeistandG BeurkG BGB BGBl BGH

anderer Ansicht am angegebenen Ort ablehnend Amtsblatt Absatz Archiv fr civilistische Praxis (1818–1944; 1945 ff) G ber die Vermittlung der Annahme als Kind und ber das Verbot der Vermittlung von Ersatzmttern (Adoptionsvermittlungsgesetz – AdVermiG) i d Neufassung v 22.12.2001 (BGBl 2002 I S 354) am Ende alte Fassung Amtsgericht Alternative amtlichen Anmerkung Artikel Schnelldienst Auslnder- und Asylrecht, Zeitschrift Auflage Gesetz ber den Aufenthalt, die Erwerbsttigkeit und die Integration von Auslndern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) verkndet als Artikel I des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbrgern und Auslndern (Zuwanderungsgesetz), BGBl 2004 I S 1950 i d Fassung der Bekanntmachung v 25.2.2008 (BGBl I S 162) Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Betriebs-Berater, Zeitschrift fr Recht, Steuern und Wirtschaft Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuordnung des Rechts der Beistandschaft (Beistandschaftsgesetz) v 4.12.1997, BGBl I S 2846. Beurkundungsgesetz v 28. 8. 1969 (BGBl I S 1513) Brgerliches Gesetzbuch idF d Bek v 2.1.2002 (BGBl I S 42) Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof

XX

BGHZ

Abkürzungsverzeichnis

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (1951 ff) BKR Zeitschrift fr Bank- und Kapitalmarktrecht BMJ Bundesministerium der Justiz BNotO Bundesnotarordnung v 24.2.1961 (BGBl I S 97) BR-Drucks Drucksachen des Deutschen Bundesrats BT-Drucks Drucksachen des Deutschen Bundestags BtG G zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft fr Volljhrige (Betreuungsgesetz) v 12.9.1990 (BGBl I S 2002) BtPrax Betreuungsrechtliche Praxis, Zeitschrift fr soziale Arbeit, gutachterliche Ttigkeit und Rechtsanwendung in der Betreuung BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des BVerfG (1952 ff) BWNotZ Mitteilungen aus der Praxis, Zeitschrift fr das Notariat in Baden-Wrttemberg (1955 ff) bzw beziehungsweise CR Computer und Recht DAVorm Der Amtsvormund, Rundbrief d Dt Instituts f Vormundschaftswesen ( 1951/52 ff, vorher: Rundbrief d Dt Inst f Jugendhilfe ) dass dasselbe DB (auch: Betr) Der Betrieb (1948 ff) DBl Dienstblatt ders derselbe DEuFamR Deutsches und Europisches Familienrecht DGVZ Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung, Zeitschrift f Vollstreckungs-, Zustellungs- und Kostenwesen dh das heißt dies dieselbe/dieselben DIV-Gutachten Gutachten des Deutschen Instituts fr Vormundschaftswesen DIJuF-Rechtsgutach- Rechtsgutachten des Deutschen Instituts fr Jugendhilfe ten und Familienrecht DNotI-Report Informationsdienst des Deutschen Notarinstituts, Zeitschrift DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift, Verkndungsblatt der Bundes(-Reichs-)notarkammer (1933–1944, 1950 ff ; vorher: DNotV) DV Die çffentliche Verwaltung (1948 ff) DRiZ Deutsche Richterzeitung (1909–1935, 1950 ff) Drucks Drucksache DSB Datenschutz-Berater, Zeitschrift

Abkürzungsverzeichnis

DuD DVBl DVP E EGBGB EGFGB EheG EheschlRG EinigungsV EMRK ESchG Erbrecht effektiv EuGHMR EuGRZ EV f, ff FamG FamRB FamFG-E

FamRZ FF FGB FGG FGPrax Fn FPR FuR

XXI

Datenschutz und Datensicherheit, Zeitschrift Deutsches Verwaltungsblatt, Zeitschrift Deutsche Verwaltungspraxis, Fachzeitschrift fr die çffentliche Verwaltung Entwurf EG zum Brgerlichen Gesetzbuch v 18.8.1896 (RGBl S 604) Einfhrungsgesetz zum Familiengesetzbuch der DDR vom 20.12.1965 (GBl I 1966 Nr 1 S19) Ehegesetz v 20.2.1946 = Kontrollratsgesetz Nr 16 (KRABl S 77, ber S 294) G zur Neuordnung des Eheschließungsrechts (Eheschließungsrechtsgesetz – EheschlRG) v 4.5.1998 (BGBl I S 833) Einigungsvertrag Europische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950, BGBl 1952 II S 685, ber S 953 Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz – ESchG) v 13.12.1990 (BGBl I S 2746) in Kraft getreten am 1.1.1991 Zeitschrift Europischer Gerichtshof fr Menschenrechte Europische Grundrechte-Zeitschrift Eidesstattliche Versicherung folgend, folgende Familiengericht Der Familienrechtsberater FamFG = Art 1 FGG-Reformgesetz (FGG-RG) = Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 7.9.2007 Ehe und Familie im privaten und çffentlichen Recht, Zeitschrift fr das gesamte Familienrecht (1954 ff) Forum Familienrecht Familiengesetzbuch der DDR v 20.12.1965 (GBl 1966 I S 1: Berlin (Ost): VOBl S 117) G ber die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit v 17.5.1898 (RGBl S 189) Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (vereinigt mit OLGZ) Fußnote Familie, Partnerschaft und Recht Familie und Recht

XXII

Abkürzungsverzeichnis

GbR GBl GBO

Gesellschaft brgerlichen Rechts Gesetzblatt Grundbuchordnung v 24.3.1897 (RGBl S 139) idF v 26.5.1994 (BGBl I S 1114) gemß GesundheitsRecht, Zeitschrift fr das Arztrecht, Krankenhausrecht, Apotheken- und Arzneimittelrecht Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen (Gewaltschutzgesetz – GewSchG), Art 1 des Gesetzes vom 11.12.2001, BGBl I S 3513) Grundgesetz fr die Bundesrepublik Deutschland v 23.5.1949 (BGBl I S 1) idF v 28.8.2006 (BGBl I S 2034) gegebenenfalls Gesellschaft mit beschrnkter Haftung G betreffend die Gesellschaften mit beschrnkter Haftung v 20.4.1892 (RGBl S 477) Rundschau f GmbH (1910–1944, 1950 ff ); 1946–1949: Centrale-Rundschreiben Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz v 27.1.1877 idF v 9.5.1975 (BGBl I S 1077) Handelsgesetzbuch v 10.5.1897 (RGBl 219, BGBl III 3 Nr 300–15) idF v 28.10.1994 (BGBl I S 285) herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz in diesem Sinne insbesondere im Sinne (von) in Verbindung mit Juristische Arbeitsbltter Das Jugendamt Juristische Rundschau (1925–1935, 1947 ff) Juristische Ausbildung Juristische Schulung, Zeitschrift fr Studium und Ausbildung (1960 ff ) Juristische Wochenschrift (1872–1939, dann aufgegangen in DR) Juristenzeitung (1951 ff, Fortsetzung von DRZ und SJZ) Kammergericht, Kommanditgesellschaft Jahrbuch fr Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen (bis 1899; in Sachen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit) (1881–1922)

gem GesR GewSchG GG ggf GmbH GmbHG GmbHR GVBl GVG HGB hM Hrsg HS idS insbes iS(v) iVm JA JAmt JR JURA JuS JW JZ KG KGJ

Abkürzungsverzeichnis

KH KHR Kind-Prax KindRG KindRVerbG KonsG krit KRK LG LM LMK LPartG LS m krit Anm m zust Anm maW MDR MedR MittRhNotK mwN mzN NamndG NdsRpfl NDV NEhelG nF NJ NJW

XXIII

Das Krankenhaus, Zeitschrift Krankenhausrecht, Zeitschrift fr das gesamte Krankenhausrecht Kindschaftsrechtliche Praxis Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz – KindRG) vom 16.12.1997, BGBl I S 2942 Gesetz zur weiteren Verbesserung von Kinderrechten (Kinderrechteverbesserungsgesetz – KindRVerbG) vom 9.4.2002, BGBl I 1239 G ber die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse (Konsulargesetz) v 11.9.1974 (BGBl I S 2317) kritisch UN-bereinkommen ber die Rechte des Kindes, Conventions on the Rights of Child v 20.11.1989, BGBl 1992, II S 121, 990 Landgericht Nachschlagwerk des BGH (Loseblatt), Hrsg Lindenmaier, Mçhring ua (1951 ff) Kommentierte BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Mçhring G zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften – Lebenspartnerschaften – v 16.2.2001 (BGBl I S 266) Leitsatz mit kritischer Anmerkung (von) mit zustimmender Anmerkung mit anderen Worten Monatsschrift fr Deutsches Recht (1947 ff) Medizinrecht Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer (seit 1961; vorher: Niederschriften ber die Notarkammersitzungen der Rheinischen Notarkammer) mit weiteren Nachweisen mit zahlreichen Nachweisen Gesetz ber die nderung von Familien- und Vornamen v 5.1.1938 (RGBl I S 9; BGBl III 4 Nr 401–1) Niederschsische Rechtspflege, Zeitschrift Nachrichtendienst, Zeitschrift G ber die Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder v 19.8.1969 (BGBl I S 1243) neue Fassung Neue Justiz ( 1947 ff) Neue Juristische Wochenschrift (1947/48 ff)

XXIV

NJWE-FER NJW-RR NotBZ Nr NVwZ o og OHG OLG(e) OLG-NL OLGR OLGZ PflR PStG RdJB RDV RKEG RG RGBl RGZ RKEG RM Rn RNotZ R&P Rpfleger RPflG RpflJb RpflStud RuP

Abkürzungsverzeichnis

NJW-Entscheidungsdienst Familien- und Erbrecht NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (1986 ff) Zeitschrift fr die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Nummer Neue Zeitschrift fr Verwaltungsrecht oder hnlich oben genannt(e/r) Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht(e) OLG-Rechtsprechung neue Lnder OLG – Report (nach OLG getrennt) Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, Hrsg Deisenhçfer, Jansen (s 1965) PflegeRecht, Zeitschrift fr Rechtsfragen in der stationren und ambulanten Pflege Personenstandsgesetz v 8.8.1957 (BGBl I S 1125) und vom 27.2.2007 (BGBl I 122) Recht der Jugend und des Bildungswesens Recht der Datenverarbeitung, Zeitschrift fr Datenschutz-, Informations- und Kommunikationsrecht Gesetz ber die religiçse Kindererziehung vom 15.7.1921 (RGBl S 939) Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (1880–1945) G ber die religiçse Kindererziehung v 15.7.1921(RGBl 939, BGBl III 4 Nr 404–9) Rechtsmittel Randnummer (-ziffer) Rheinische Notar-Zeitschrift Recht und Psychiatrie, Zeitschrift Der deutsche Rechtspfleger (1948 ff; vorher: Deutsche Rechtspflege; davor Zeitschrift des Bundes deutscher Justizamtmnner) Rechtspflegergesetz v 5.11.1969 (BGBl I S 2065) Rechtspfleger-Jahrbuch (1936–43; 1953 ff) Rechtspfleger-Studienhefte (1977 ff) Recht und Politik, Zeitschrift

Abkürzungsverzeichnis

RuStAG

S s SchHG SchKG SchlHA SFHndG SGB SGB I SGB V SGB VIII s.o. sog StAG siehe RuStAG StAZ

StGB StPO Streit su Thr TV ua u uU

XXV

Reichs- und Staatsangehçrigkeitsgesetz v 22.7.1913 (RGBl I S 583 = BGBl III unter 102–1) gilt durch das am 1.1.2000 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Staatsangehçrigkeitsrechts vom 15.7.1999 (BGBl I S 1618) mit einigen nderungen im Wesentlichen als Staatsangehçrigkeitsgesetz (StAG) fort Seite, Satz siehe Gesetz zur Hilfe fr Frauen bei Schwangerschaftsabbrchen in besonderen Fllen = Art 5 SFHndG vom 21.8.1995 (BGBl 1995 I S 1050, 1054) Gesetz zur Vermeidung und Bewltigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz – SchKG) = Art 1 SFHndG v 21.8.1995 (BGBl I S 1050) Schleswig-Holsteinische Anzeigen, Justizministerialblatt fr Schleswig-Holstein Schwangerenund Familienhilfenderungsgesetz (SFHndG) v 21.8.1995 (BGBl I S 1050) Sozialgesetzbuch Sozialgesetzbuch Erstes Buch (I) Allgemeiner Teil v 11.12.1975 (BGBl I S 3015) Sozialgesetzbuch Fnftes Buch (V) Gesetzliche Krankenversicherung (Art 1 des Gesetzes v 20.12.1988, BGBl I S 2477) Sozialgesetzbuch Achtes Buch (VIII) Kinder- und Jugendhilfe idF d Bek v 14.12.2006 (BGBl I S 3134) siehe oben so genannt(e) Das Standesamt, Zeitschrift fr Standesamtswesen, Personenstandsrecht, Ehe- und Kindschaftsrecht, Staatsangehçrigkeitsrecht (1948/49 ff; vorher 1921–1944; Zeitschrift fr Standesamtswesen, Das Standesamt, Der Standesbeamte) Strafgesetzbuch idF d Bek v 13.11.1998 (BGBl I S 3322) Strafprozeßordnung idF d Bek v 7.4.1987 (BGBl I S 1074, ber S 1319) Streit, feministische Rechtszeitschrift siehe unten Thringen Testamentsvollstrecker unter anderem, und andere und hnliche unter Umstnden

XXVI

v VerschG VersR Vorbem VR VwVfG vgl WarnRspr

WEG WM ZAP ZAR zB ZErb ZFE ZfF ZfJ ZfIR ZEV ZGR ZIP ZKJ ZPO ZRP ZStW

Abkürzungsverzeichnis

vom, von Verschollenheitsgesetz idF v 15.1.1951 (BGBl I S 63) Versicherungsrecht (Jahr und Seite), Zeitschrift Vorbemerkung Verwaltungsrundschau Verwaltungsverfahrensgesetz idF v 23.1.2003 (BGBl I S 102) vergleiche Rechtsprechung des Reichsgerichts, soweit sie nicht in der amtlichen Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts abgedruckt ist, hrsg von Warneyer (1908–1941; seit 1961: Warneyers Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen, soweit nicht in der amtlichen Sammlung abgedruckt, Gesamtredaktion: Mezger; abgekrzt auch als BGHWarn) G ber das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz) v 15.3.1951 (BGBl I S 175, ber S 209) Zeitschrift fr Wirtschafts- und Bankrecht Zeitschrift fr die Anwaltspraxis ZAR – Zeitschrift fr Auslnderrecht und Auslnderpolitik zum Beispiel Zeitschrift fr die Steuer- und Erbrechtspraxis Zeitschrift fr Familien- und Erbrecht Zeitschrift fr Familienforschung Zentralblatt fr Jugendrecht (seit 1984, vorher: Zentralblatt fr Jugendrecht u Jugendwohlfahrt) (1924/25 ff, bis 1936; 1950 ff) Zeitschrift fr Immobilienrecht Zeitschrift fr Erbrecht und Vermçgensnachfolge Zeitschrift fr Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift fr Wirtschaftsrecht (seit 1983, vorher: Zeitschrift fr Insolvenzrecht und: Zeitschrift fr Wirtschaftsund Insolvenzrecht) Zeitschrift fr Kindschaftsrecht und Jugendhilfe Zivilprozessordnung v 30.1.1877 (RGBl S 83) idF d Bek v 5.12.2005 (BGBl I S 3202, ber 2006, S 431) Zeitschrift fr Rechtspolitik Zeitschrift fr die gesamte Strafrechtswissenschaft

Literaturverzeichnis und Verzeichnis der abgekürzten zitierten Literatur I. Kommentare AnwK-BGB/Bearbeiter Arnold/Meyer-Stolte/Bearbeiter Bamberger/Roth/Bearbeiter

Anwaltkommentar BGB, Band 4 Familienrecht, 1. Aufl, 2005 Rechtspflegergesetz, 6. Aufl, 2002

BGB, Kommentar, Band 3: §§ 1297–2385, EGBGB, 2. Aufl, 2008 Baumbach/Hueck/Bearbeiter GmbH Gesetz, 18. Aufl, Mnchen 2006 Erman/Bearbeiter Handkommentar z. BGB, Bd II 12. Aufl., Mnster 2008 FamRefK Bumel/Bienwald/Hußermann/Hoffmann/Mauzitiert Bearbeiter in FamRefK rer/Meyer-Stolte/Rogner/Sonnenfeld/ Wax, Familienrechtsreformkommentar, Bielefeld 1998 Gçppinger/Wax/Bearbeiter Unterhaltsrecht begrndet von Gnter Brhl, 8. Aufl, Bielefeld 2003 HK-BUR Bauer//Klie/Rink, Heidelberger Kommentar zum zitiert Bearbeiter in HK-BUR Betreuungsrecht, 40. Ergnzungslieferung, Stand Mrz 1994 Hoppenz/Bearbeiter Hoppenz (Hrsg) Familiensachen, 8. Aufl, Heidelberg 2005 Jansen Jansen FGG Gesetz ber die Angelegenheiten zitiert Bearbeiter in Jansen, der freiwilligen Gerichtsbarkeit, GroßkommenFGG tar, Band 2, 3. Aufl, Berlin 2005 Keidel/Kuntze/Winkler/Bear- Keidel/Kuntze/Winkler u.a., Freiwillige beiter Gerichtsbarkeit, Teil A, Kommentar zum FGG, 15. Aufl, Mnchen 2003 LM Nachschlagewerk des BGH (Loseblatt), Hrsg. Lindenmaier, Mçhring u.a. (1951 ff) Marschner/Volckart Freiheitsentziehung und Unterbringung, Kurzkommentar, 4. Aufl, 2001 MnchKomm BGB/Bearbeiter Mnchener Kommentar zum BGB, Bd 8, Familienrecht II, §§ 1589–1921, SGB VIII, 5. Aufl, 2008 MnchKomm ZPO/Bearbeiter Mnchener Kommentar zur ZPO, Bd 1: §§ 1–510c ZPO 3. Aufl, 2008 Palandt/Bearbeiter BGB, Kurz-Kommentar, 67. Aufl, 2008

XXVIII

Staudinger/Bearbeiter

Staudinger/Bearbeiter Zçller/Bearbeiter

Literaturverzeichnis

Kommentar zum BGB, 12. Aufl, Viertes Buch Familienrecht, Neubearbeitungen 2004 (§§ 1589– 1600e; §§ 1638–1683; §§ 1773–1895); 2006 (§§ 1684–1687b, §§ 1684–1717); 2007 (§§ 1626–1633, RKEG) Kommentar/EGBGB Art 219–245, Neubearbeitung 2003 Zivilprozessordnung, 26. Aufl, 2007

II. Lehrbcher und sonstige Literatur Benkert, Daniel zitiert Benkert S … Damrau, Jrgen zitiert Damrau Rn… Gernhuber/Coester-Waltjen zitiert Gernhuber/CoesterWaltjen § … Rn … Gçbel, Andreas zitiert Gçbel S … Greßmann, Michael zitiert Greßmann Rn … Grn, Klaus-Jrgen zitiert Grn S … Knittel, Bernhard zitiert Knittel Rn… Lange, Heinrich/Kuchinke, Kurt zitiert Lange/Kuchinke § … Lipp. Martin/Wagenitz, Thomas zitiert Lipp/Wagenitz § … Rn … Lderitz, Alexander zitiert Lderitz Rn … Oberloskamp, Helga (Hrsg) zitiert Oberloskamp/Bearbeiter § …Rn …

Die „bçsen“ Kinder Zu Umfang und Inhalt der Personensorge aus Sicht der Eltern, 2004 Der Minderjhrige im Erbrecht, 2002 Familienrecht, 5. Aufl, Mnchen 2006 Vom elterlichen Zchtigungsrecht zum Gewaltverbot Verfassungs-, straf- und familienrechtliche Untersuchung zum § 1631 Abs 2 BGB, 2005 Neues Kindschaftsrecht, 1998 Vaterschaftsfeststellung und- anfechtung fr die gerichtliche, anwaltliche und behçrdliche Praxis, Berlin 2003 Beurkundungen im Kindschaftsrecht, 6 Aufl, 2005 Lehrbuch des Erbrechts, 5. Aufl, Mnchen 2001 Das neue Kindschaftsrecht, 1999

Familienrecht, 27. Aufl, Mnchen 1999 Vormundschaft, Pflegschaft und Beistandschaft fr Minderjhrige, 2. Aufl, 1998

Literaturverzeichnis

Rauscher, Thomas zitiert Rauscher Rn … Schumacher, Silvia/Janzen, Ulrike zitiert Schumacher/Janzen Rn … Schwab, Dieter zitiert Schwab Rn… Sonnenfeld, Susanne zitiert Sonnenfeld Rn … Wanitzek, Ulrike zitiert Wanitzek S … Weiß, Friderike zitiert Weiß S …

XXIX

Familienrecht, 2. Aufl, 2008 Gewaltschutz in der Familie, 2003

Familienrecht, 15. Aufl, 2007 Betreuungs- und Pflegschaftsrecht, 2. Aufl, Bielefeld 2001 Rechtliche Elternschaft bei medizinischer untersttzter Fortpflanzung, 2002 Die Sorgeerklrungen gem § 1626a I Nr 1 BGB unter besonderer Bercksichtigung ihrer Rechtsnatur, 2005

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A. Elternschaft und Abstammung I. Verwandtschaft

Elterliche Sorge kçnnen nur Eltern innehaben. Grundlegende Voraus- 1 setzung der elterlichen Sorge ist folglich Elternschaft, die sich an der Verwandtschaft und damit – von der durch Annahme eines minderjhrigen Kindes gem §§ 1741 ff, 1754 BGB begrndeten Elternschaft abgesehen1 – an der Abstammung orientiert, § 1589 BGB. Die in § 1589 S 1 BGB definierte Verwandtschaft ist dadurch geprgt, dass die „eine (Person) von der anderen abstammt“. Der Begriff der Abstammung ist dabei im Sinne genetischer Abstammung zu verstehen. Nach der Regelung des § 1589 S 1 BGB sind Kinder also mit ihren Eltern und ber diese mit ihren Großeltern usw verwandt, weil sie von ihnen (genetisch) abstammen. An die Verwandtschaft, dh an die Abstammung sind vielfltige Folgen wie zB Unterhaltspflichten und -rechte (§§ 1601 ff BGB) und das gesetzliche Erbrecht (§§ 1924 ff BGB) geknpft, sodass ihr ber das hier angesprochene Thema hinaus zentrale Bedeutung zukommt.2

II. Rechtliche Elternschaft 1. Allgemeines

Mit der Elternschaft sind zudem weitere Folgen, Rechte und Pflich- 2 ten (§§ 1616 ff BGB) verbunden. Vor allem ist die Stellung der Eltern verfassungsrechtlich bedeutsam. Der Schutz des Art 6 Abs 2 S 1 GG erfasst auch die „nur“ leiblichen Eltern, setzt also nicht rechtliche 1

2

Die Adoption eines minderjhrigen Kindes begrndet losgelçst von der Abstammung ein umfassendes Verwandtschaftsverhltnis zu dem Annehmenden selbst und seinen Verwandten, Palandt/Diederichsen § 1754 Rn 1. Einen berblick ber die hauptschlichen Wirkungen der Verwandtschaft gibt Schwab Rn 427 ff.

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A. Elternschaft und Abstammung

Elternschaft voraus, wohingegen das Innehaben elterlicher Sorge stets rechtliche Elternschaft voraussetzt. Die Unterschiede erklren sich daraus, dass Art 6 Abs 2 GG von dem „natrlichen Recht der Eltern“ ausgeht, das nicht vom Staat verliehen wird, sondern von ihm als vorgegeben anzuerkennen ist. Dem Gesetzgeber fllt damit die Aufgabe zu, bei der rechtlichen Zuordnung des Kindes zu seinen Eltern in erster Linie an die genetische Elternschaft anzuknpfen. Da aber nicht immer feststeht, wer Vater und Mutter sind, ist es notwendig, fr die Ausbung des Elternrechts im Sinne einfachgesetzlichen Rechts eindeutige familienrechtliche Regelungen zu schaffen. Dazu ist es erforderlich, die statusrechtliche Zuordnung an klare und leicht feststellbare Lebenssachverhalte zu knpfen, bei denen die Wahrscheinlichkeit fr die Kongruenz von genetischer und rechtlicher Abstammung spricht, ohne damit den Weg zur Feststellung der wahren Abstammung zu verstellen. Ein rechtliches Eltern-Kind-Verhltnis wird schließlich auch durch Adoption eines minderjhrigen Kindes begrndet, ohne dass genetische Verwandtschaft dafr verlangt wrde. Fr die Wahrnehmung der Elternverantwortung hat das abstammungsrechtliche Moment damit lediglich Initialfunktion.3 Auf der Basis des in § 1589 BGB definierten Begriffs der Verwandtschaft regeln §§ 1591 ff BGB folglich die nur grundstzlich an der Abstammung orientierten Voraussetzungen der rechtlichen Elternschaft.4 3 Bei Inkrafttreten des BGB bestand noch kein erkennbares Interesse, die Mutterschaft (ber § 1589 S 3 BGB hinaus) zu regeln. Die Vaterschaft war aber auch schon zu diesem Zeitpunkt regelungsbedrftig. Denn whrend fr die Mutterschaft der nach wie vor geltende rçmische Rechtsgrundsatz „mater semper certa est“ stand, war die (abstammungs-) rechtliche Zuordnung des Kindes zu einem bestimmten Mann aus nahe liegenden Grnden bereits zu dieser Zeit nicht selbstverstndlich.

3 4

Holzhauer FamRZ 1982, 109, 111. Gaul FamRZ 1997, 1441.

II. Rechtliche Elternschaft

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Es bedurfte daher Vorschriften, die die Zuordnung eines Kindes zu einem Mann als dessen rechtlichem Vater regelten. Bis zum 30.6.1998 unterschied das Gesetz ua hinsichtlich Abstam- 4 mung und elterlicher Sorge strikt zwischen „ehelichen“ und „nichtehelichen“ Kindern. Diese bis zum 30.6.1998 geltende abstammungsrechtliche Unterscheidung und andere darauf gegrndete Differenzierungen zwischen nichtehelichen und ehelichen Kindern wurden mit Inkrafttreten des KindRG5 am 01.07.1998 soweit wie mçglich beseitigt. Der Gesetzgeber hat stattdessen Regelungen geschaffen, die die rechtliche Stellung von Kindern zu ihren Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, derjenigen, deren Eltern verheiratet sind, in weiten Teilen angleicht. Der zu großen Teilen auf Vorgaben des BVerfG6 beruhende, teilweise aber auch darber hinausgehende Wille des Gesetzgebers, die außerhalb einer Ehe geborenen Kinder denen rechtlich gleichzustellen, die in der Ehe geboren wurden, drckt sich auch in der Wahl der Begriffe aus: Die Wçrter „ehelich“ und „nichtehelich“ sind aus der gesetzlichen Terminologie weitgehend gestrichen.7 Die grundstzliche Konzeption der statusrechtlichen Zuordnung eines Kindes zum Vater wurde indes beibehalten, denn die auf allgemeiner Lebenserfahrung beruhende Vermutung, dass ein in der Ehe gebore5 6

7

Gesetz zur Reform des Kindschaftsrecht (Kindschaftsrechtsreformgesetz – KindRG) vom 16.12.1997, BGBl I S 2942. Vgl ua BVerfGE 79, 256 = NJW 1989, 891 = FamRZ 1989, 255 = JZ 1989, 335 m Anm Starck; vgl auch die Besprechungsaufstze von Giesen JZ 1989, 364 ff; Coester-Waltjen JURA 1989, 520 ff und Enders NJW 1989, 881 ff; BVerfGE 84, 168 = NJW 1991, 1944 = FamRZ 1991, 913 m Anm Bosch FamRZ 1991, 1121 ff; BVerfGE 85, 80 = FamRZ 1992, 157; BVerfGE 90, 263 = FamRZ 1994, 881; BVerfGE 92, 158 = FamRZ 1995, 789 m Anm Buhr FamRZ 1995, 1269 ff; vgl hierzu auch die Besprechungsaufstze von Coester FamRZ 1995, 1245 ff und Salgo NJW 1995, 2129 ff; zur Rolle des BVerfG bei der Entwicklung des Kindschaftsrechts vgl auch Limbach Kind-Prax 1999, 71 ff. Worauf Coester (FamRZ 2004, 87, 88) in einer Anm zur Entscheidung des BVerfG vom 23.4.2003 (FamRZ 2003, 1447, 1448) zu Recht hinweist. Die sprachliche Differenzierung findet sich weiterhin ua in Art 6 Abs 5 GG sowie im NEhelG.

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A. Elternschaft und Abstammung

nes Kind von dem Ehemann der Mutter abstammt, hat unverndert Gltigkeit, sodass es insoweit entgegen vereinzelter zwischenzeitlicher Erwgungen8 zu Recht bei der Differenzierung zwischen den in der Ehe geborenen Kindern und Kindern unverheirateter Mtter blieb. Da bei der Vaterschaft fr das Kind einer unverheirateten Mutter an eine Ehe nicht angeknpft werden kann, war in Bezug auf die abstammungsrechtliche Zuordnung zu einem Mann als Vater eine unterschiedliche Sachbehandlung weiterhin unvermeidbar. 2. Mutterschaft 2.1. Biologische versus genetische Mutterschaft

5 Gab es mangels Bedrfnisses bis zum 30.06.1998 keine Vorschrift, die die Mutterschaft klrte bzw definierte, wurde durch das KindRG mit § 1591 BGB eine zivilrechtliche Regelung geschaffen. Dort wo auf natrlichem Wege der Kinderwunsch nicht erfllbar ist, hat die moderne Reproduktionsmedizin mit knstlicher Hilfe zahlreiche Wege erçffnet, Abhilfe zu schaffen.9 Als medizinisch ermçglicht wurde, dass eine Frau ein genetisch nicht von ihr abstammendes Kind fr die genetische Mutter austrgt, oder einer Frau eine nicht von ihr stammende Eizelle implantiert wird, zeichnete sich das Problem der rechtlichen Zuordnung des Kindes auch hinsichtlich der Mutterschaft ab. Der Grundsatz „mater semper certa est“ hatte bisher stillschweigend die Identitt der genetischen Mutter und der das Kind gebrenden Mutter vorausgesetzt,10 was durch das medizinisch Machbare aber nicht mehr in allen Fllen zutreffen muss. Der Gesetzgeber versuchte der Entwicklung zunchst durch verschiedene Regelungen zu begegnen: zum einen mit dem ESchG11,

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Vgl Schwenzer Verhandlungen des 59. Deutschen Juristentages, Bd I, S A 24, 25. Quantius FamRZ 1998, 1145. Coester-Waltjen FamRZ 1984, 230, 232. Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz – ESchG) vom 13.12.1990 (BGBl I S 2746) in Kraft getreten am 1.1.1991.

II. Rechtliche Elternschaft

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das Ei- und Embryonenspende verbietet, zum anderen mit den um die §§ 13c bis 13d ergnzten Vorschriften im AdVermiG12, die die Vermittlung von Ersatzmttern sowie die Suche nach und das Anbieten von Ersatzmttern und Bestelleltern durch çffentliche Erklrungen untersagt.13 Trotz dieser Verbote bestand aber Regelungsbedarf, da solche oder hnliche Regelungen nur in wenigen anderen Staaten existieren. Es galt deshalb fr die Flle der entweder verbotswidrig im Inland oder ggf legal im Ausland vorgenommenen Eingriffe auch im Zivilrecht eine Regelung zu schaffen. Die statusrechtliche Beziehung des Kindes zu seiner Mutter musste eindeutig geregelt werden, um eine „gespaltene Mutterschaft“ im Interesse des Kindes zu verhindern.14 Ergebnis dieser berlegung ist § 1591 BGB. Danach ist Mutter diejenige, die das Kind geboren hat, unabhngig von dem genetischen Ursprung des Kindes. Damit sind auch die Flle der Ersatz- oder Leihmutterschaft15 eindeutig geregelt. Der Gesetzgeber hat sich mit dieser Lçsung fr die Anknpfung an die biologische und gegen die genetische Abstammung entschieden. Mitbestimmend fr die Entscheidung zugunsten der biologischen Mutterschaft war der Umstand, dass nur die gebrende Frau zu dem Kind whrend der Schwangerschaft sowie whrend und unmittelbar nach der Geburt eine kçrperliche und psychosoziale Beziehung hat.16 Die eindeutige Zuweisung des Kindes zur Geburtsmutter war aber auch wegen des ußeren Ereignisses der Geburt als evidentes Ereignis in Fortgeltung der „semper certa“ Regel sinnvoll, weil eine Anknpfung an die genetische Abstammung dazu gefhrt htte, dass eine rechtliche Zuordnung zur Mutter mit allen sich aus dieser Stellung ergebenden Folgen wegen der notwendigen Klrung der genetischen Abstammung zunchst nicht mçglich gewesen wre. 12

13 14 15 16

Gesetz ber die Vermittlung der Annahme als Kind und ber das Verbot der Vermittlung von Ersatzmttern (AdVermiG) vom 1.1.1977 in der ab 1.12.2002 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 22.12.2001, BGBl I S 364. Nher dazu Coester-Waltjen FamRZ 1992, 369 ff. BT-Drucks 13/4899 S 82. Zu den unterschiedlichen Begriffen siehe ua Quantius FamRZ 1998, 1145, 1146. BT-Drucks 13/4899 S 82.

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A. Elternschaft und Abstammung

Die Entscheidung des Gesetzgebers fr die Geburtsmutterschaft bedeutet formal indes einen Bruch mit dem Grundsatz der auf genetischer Abstammung beruhenden Verwandtschaft, denn der historische Gesetzgeber war von der Identitt von Geburtsmutter und genetischer Mutter ausgegangen, wie sich aus dem Zusammenwirken von § 1589 S 3 mit den Stzen 1 und 2 BGB ergibt.17 Darber hinaus folgt aus dieser eindeutigen statusrechtlichen Zuordnung zur Geburtsmutter, dass auch anonym geborene und/oder in die Babyklappe eingelegte Kinder rechtlich nicht mutterlos sind,18 auch wenn diese Kinder gem § 1773 Abs 2 BGB einen Vormund erhalten, weil ihr Familienstand nicht zu ermitteln ist. 2.2. Unanfechtbarkeit der Mutterschaft

6 Anders als bei der Vaterschaft besteht nach dem Willen des Gesetzgebers nicht die Mçglichkeit der Anfechtung und damit Beseitigung der (rechtlichen) Mutterschaft.19 Auch ist eine Klage auf isolierte Feststellung der genetischen Mutterschaft ausnahmslos unzulssig. Dh eine Klage auf Feststellung, dass das Kind von einer anderen als von der Frau abstammt, die es geboren hat, ist nicht mçglich. § 256 ZPO ist mangels Rechtsverhltnisses entgegen der amtlichen Begrndung20 nicht anzuwenden,21 denn die genetische Abstammung ist eine reine Tatsache und begrndet fr sich genommen (neben der rechtlichen Mutterschaft) eben kein Rechtsverhltnis. Ein solches kann auch nicht durch Feststellungsklage iSv § 640 Abs 2 Nr 1 ZPO hergestellt werden, da der Gesetzgeber diese Mçglichkeit aufgrund der unverrckbar festste17 18

19 20 21

Gaul FamRZ 2000, 1461, 1473. Zutreffend Katzenmeier FamRZ 2005, 1134, 1135; DIJuf-Rechtsgutachten JAmt 2008, 144; missverstndlich insoweit Hepting FamRZ 2001, 1573, 1574, der von einem „elternlosen“ Kind spricht. BT-Drucks 13/4899 S 82. BT-Drucks 13/4899 S 83. So auch Wax in FamRefK § 1591 Rn 6; Gaul FamRZ 2000, 1461, 1474; Schwab/ Wagenitz FamRZ 1997, 1377, 1378; aA Quantius FamRZ 1998, 1145, 1150; Greßmann Rn 60; Seidl FPR 2002, 402, 403, mit der Begrndung, dass dem Recht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung in Fllen der Ei- und Embryonenspende nur auf diesem Wege Rechnung getragen werden kçnnte.

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henden Mutterschaft der das Kind gebrenden Mutter ausdrcklich ausgeschlossen hat, weil es sich bei der Mutterschaft nach § 1591 BGB nicht um eine Scheinmutterschaft handelt. Eine Feststellungsklage gem § 256 ZPO ist aber auch wegen der in einem solchen Zivilprozess geltenden Dispositionsmaxime mit den Mçglichkeiten des Anerkenntnis- und Versumnisurteils nicht geeignet, das gewnschte Verfahrensergebnis der Kenntnis der genetischen Abstammung zu sichern. Allerdings stellt auch § 1307 BGB, der die Ehe zwischen Verwandten in gerader Linie verbietet, auf die genetische Verwandtschaft ab. Gleiches gilt fr § 173 StGB, der den Beischlaf mit einem leiblichen Verwandten unter Strafe stellt. Die sich aus diesen Vorschriften ggf im Einzelfall ergebende tatschliche Vorfrage der genetischen Mutterschaft kann das Gericht nur mit Hilfe entsprechender Sachverstndigengutachten klren, weil das geltende Recht andere Mçglichkeiten nicht zur Verfgung stellt. Das ndert aber nichts daran, dass eine Klage auf Feststellung der Mutterschaft nicht zulssig ist, vielmehr htte sich die Klage ggf auf Feststellung oder Nichtfeststellung eines entsprechenden Ehehindernisses zu richten. Die Bemhungen des Gesetzgebers im Hinblick auf das vom BVerfG22 betonte Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen (genetischen) Abstammung durch Hinweis auf § 256 ZPO den Weg zur Feststellung der wahren Mutterschaft nicht zu verstellen,23 sind daher gescheitert. Zwar erçffnet § 1598a BGB dem Kind seit dem 1.4.2008 nunmehr die Mçglichkeit der isolierten dh statusrechtlich folgenlosen Klrung, ob die rechtliche Mutter auch die genetische ist (nher dazu Rn 119a ff). Im brigen besteht aber auch weiterhin keine Mçglichkeit, die wahre Abstammung des Kindes von seiner Mutter zu klren. Das steht in eklatantem Widerspruch zu dem seit Inkrafttreten des KindRG umfassenden Recht des Kindes, eine rechtliche Vaterschaft durch Anfechtung zu beseitigen, um so den Weg

22

23

BVerfGE 79, 256 = NJW 1989, 891 = FamRZ 1989, 255 = JZ 1989, 335 m Anm Starck; vgl auch die Besprechungsaufstze von Giesen JZ 1989, 364 ff, CoesterWaltjen JURA 1989, 520 ff und Enders NJW 1989, 881 ff. BT-Drucks 13/4899 S 83.

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A. Elternschaft und Abstammung

fr die Feststellung der genetischen Vaterschaft, dh der Abstammung zu ebnen. 3. Vaterschaft 3.1. Allgemeines

7 Unter Geltung alten wie neuen Rechts orientiert(e) sich die statusrechtliche Zuordnung des Kindes allein an bestimmten Tatbestnden. Die im Gesetz aufgefhrten Zuordnungstatbestnde schlossen und schließen sich weiterhin gegenseitig aus, sodass die rechtliche Vaterschaft nur bestehen kann entweder qua Ehe mit der Mutter, kraft Anerkennung oder aufgrund gerichtlicher Feststellung. Ein Nebeneinander ist ausgeschlossen, denn eine doppelte gesetzliche Vaterschaft gibt es nicht.24 3.2. Vaterschaft kraft Ehe mit der Mutter 3.2.1. Neues Recht a) Allgemeines

8 Gem § 1592 Nr 1 BGB ist Vater des Kindes der Mann, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist. Mit dem Wegfall des Ehelichkeitsstatus kommt dieser Regelung jedoch seit dem 1.7.1998 nicht mehr die Funktion einer Ehelichkeitsvermutung, sondern die einer Vaterschaftsvermutung zu, die grundstzlich nur durch Anfechtung beseitigt werden kann, §§ 1599 Abs 1, 1600 bis 1600 c, 1600 e BGB. Dass es sich trotz der apodiktischen Formulierung „Vater …ist“25 ebenso wie nach altem Recht nur um eine aufgrund Ehe mit der Kindesmutter vermutete Vaterschaft handelt, ergibt sich aus der Gesamtschau der die Vaterschaft betreffenden Vorschriften. Insbesondere aus § 1600 c Abs 1 BGB ist ersichtlich, dass die Vater24 25

MnchKomm BGB/Seidel § 1592 Rn 1. Zu Recht kritisch zu der Formulierung Bentert FamRZ 1996, 1386, 1387.

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schaft aufgrund vermuteter Abstammung qua Ehe mit der Kindesmutter besteht. § 1593 S 1 BGB erklrt darber hinaus, dass Vater derjenige ist, mit 9 dem die Kindesmutter verheiratet war, wenn das Kind innerhalb von 300 Tagen nach Auflçsung der Ehe durch Tod geboren wurde. Ist die Tragezeit lnger als 300 Tage, gilt der verstorbene Ehemann der Mutter auch dann als Vater, wenn die lngere Dauer der Schwangerschaft nachgewiesen ist, § 1593 S 2 BGB. Der Nachweis kann sowohl in einem Feststellungsprozess nach § 640 Abs 2 Nr 1 ZPO als auch in einem Berichtigungsverfahren nach § 47 PStG (entspricht ab 1.1.2009 § 48 PStG26 ) gefhrt werden.27 Diese Regelung, die das nach Auflçsung der Ehe geborene Kind abstammungsrechtlich ohne weiteres dem verstorbenen Ehemann der Kindesmutter zurechnet, wenn dies innerhalb von 300 Tagen nach Auflçsung geboren wird, gilt damit – anders als nach dem bis zum 30.6.1998 geltenden Recht – nicht, wenn die Ehe vor Geburt des Kindes durch Scheidung oder Aufhebung aufgelçst wurde. Wird ein Kind nach Rechtskraft des Scheidungs- oder Aufhebungsurteils geboren, wird es mithin – anders als nach altem Recht – nicht dem geschiedenen Ehegatten zugerechnet, auch wenn es innerhalb der genannten Frist von 300 Tagen geboren wurde. Diese nderung ist die Konsequenz aus dem Umstand, dass der Kindschaftsrechtsreformgesetzgeber aufgrund der fortschreitenden gesellschaftlichen Akzeptanz von Kindern, deren Eltern nicht miteinander verheiratet sind, auf die statusrechtliche Zuordnung des Kindes zum geschiedenen Ehemann der Mutter zum Zwecke der rechtlichen und gesellschaftlichen Besserstellung des Kindes unter Vernachlssigung der tatschlichen Vaterschaftswahrscheinlichkeit verzichten konnte.28

26

27 28

Art 1 des Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts (Personenstandsrechtsreformgesetz – PStRG) vom 19.2.2007 (BGBl I S 122); zum neuen Personenstandsgesetz nher Gaaz FamRZ 2007, 1057 ff. Palandt/Diederichsen § 1593 Rn 3. Muscheler/Beisenherz JR 1999, 356, 357.

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A. Elternschaft und Abstammung

Jedoch ist die alte Regelung insoweit weiterhin bedeutsam, als Art 224 § 1 Abs 1 EGBGB bestimmt, dass sich die Vaterschaft eines vor dem Inkrafttreten des KindRG geborenen Kindes nach den bis zum 30.06.1998 geltenden Vorschriften richtet. Ist das Kind also vor dem 01.07.1998, aber innerhalb von 302 Tagen nach Scheidung der Kindesmutter geboren, wird das Kind statusrechtlich weiterhin dem geschiedenen Ehemann der Kindesmutter zugerechnet. Diese Vaterschaft kann grundstzlich nur durch Anfechtung beseitigt werden (zur Anwendung von § 1599 Abs 2 BGB nF auf diese Flle vgl Rn 15). 10 Die Herabsetzung der im Gesetz geregelten Empfngniszeit von 302 auf 300 Tagen ist der Tatsache geschuldet, dass in den meisten europischen Lndern die gesetzliche Empfngniszeit 300 Tage vor der Geburt beginnt. Der deutsche Gesetzgeber hat sich dem im Interesse der Rechtsvereinheitlichung angeschlossen.29 b) Vaterschaft gem § 1593 S 3 BGB

11 § 1593 S 3 BGB bestimmt, dass das von einer Frau innerhalb von 300 Tagen nach Auflçsung der Ehe durch Tod des Ehemannes geborene Kind als Kind des neuen Ehemannes angesehen wird, wenn die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes bereits wieder verheiratet war. Damit wird die Konkurrenz zwischen der Vaterschaft des zweiten Ehemannes gem § 1592 Nr 1 BGB und der des verstorbenen Ehemannes nach § 1593 S 1 BGB zugunsten des mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheirateten Mannes aufgelçst. Wird diese Vaterschaft durch Anfechtung beseitigt, so ist der verstorbene Ehemann als Vater des Kindes anzusehen, wenn die Voraussetzungen der § 1593 S 1 und 2 BGB vorliegen (§ 1593 S 4 BGB), sodass das Kind durch die Anfechtung nicht „vaterlos“ wird. Diese statusrechtliche Rckzuordnung des Kindes zu dem verstorbenen Ehemann der Mutter scheidet aber aus, wenn der leibliche Vater die Vaterschaft des zweiten Ehemannes anficht (§ 1600 Abs 1 29

BT-Drucks 13/4899 S 84.

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Nr 2 BGB), weil das Gericht in diesem Fall bei erfolgreicher Anfechtung nach § 640 h Abs 2 ZPO die Vaterschaft des Anfechtenden festzustellen hat.30 c) Beseitigung der Vaterschaft nach § 1599 Abs 2 BGB

Die kraft Ehe mit der Mutter bestehende Vaterschaft kann grundstz- 12 lich nur durch Anfechtung beseitigt werden, § 1599 Abs 1 BGB. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz, der die Anfechtung der Vaterschaft mit dem Ziel der gerichtlichen Klrung der wahren Vaterschaft in einem offizialen Statusprozess erfordert, macht § 1599 Abs 2 BGB. Danach kann das nach Anhngigkeit eines Scheidungsantrages geborene Kind von einem Dritten sptestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsurteils anerkannt werden. Stimmt neben der nach § 1595 Abs 1 BGB zustimmungspflichtigen Mutter auch deren (geschiedener) Ehemann, der gem § 1592 Nr 1 BGB rechtlicher Vater des Kindes ist, der Anerkennung durch den Dritten zu, so hat das zur Folge, dass die Vaterschaft ohne gerichtliche Mitwirkung und damit ohne jede Prfung der wahren Vaterschaft von dem Ehemann der Mutter auf den Dritten bergeht. Durch diese sog qualifizierte Anerkennung des Dritten mit Zustimmung des gem § 1592 Nr 1 BGB rechtlichen Vaters des Kindes und der Mutter wird dem Ehemann in Durchbrechung des im brigen im gerichtlichen Statusverfahren geltenden Offizialprinzips die Vaterschaft gleichzeitig aberkannt.31 Die Regelung des § 1599 Abs 2 BGB, deren Sinn darin liegt, in solchen Fllen, in denen erfahrungsgemß der (Noch-)Ehemann der Mutter hufig nicht der wahre Vater des Kindes ist, einen aufwndigen Anfechtungsprozess mit der Notwendigkeit der Einholung eines teuren Sachverstndigengutachtens zu vermeiden,32 erfuhr bereits vor ihrem Inkrafttreten heftige Kritik, die sich insbesondere an der fehlenden Beteiligung des Kindes entzndete.33 30 31 32

33

Will FPR 2005, 172, 174. Veit FamRZ 1999, 902, 906. BT-Drucks 13/4899 S 53, kritisch zu dem Kosten-Nutzen Argument sowie zu der Erwartung, Anfechtungsprozesse berflssig zu machen Gaul FamRZ 2000, 1461, 1466. Gaul FamRZ 2000, 1461, 1463 mwN.

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A. Elternschaft und Abstammung

Die praktischen Vorteile der Regelung berwogen aber nach Meinung des Gesetzgebers auch die weiter dagegen vorgetragenen Bedenken, dass der Personenstand des Kindes auf diese Weise ohne jede gerichtliche Kontrolle allein der Disposition der nach §§ 1599 Abs 2, 1595 Abs 1 BGB Beteiligten unterstellt wurde.34 Weil der Sinn der Regelung gerade darin liegt, dass eine vorherige Vaterschaftsanfechtung nicht durchgefhrt werden muss, wird die Wirksamkeit der Anerkennungserklrung des Dritten entgegen § 1594 Abs 2 BGB nicht dadurch gehindert, dass das Kind (noch) Kind des Ehemannes der Mutter ist, § 1599 Abs 2 S 1 aE BGB. Wirksam werden die Anerkennung und damit der Statuswechsel aber frhestens mit Rechtskraft der dem Scheidungsantrag stattgebenden Entscheidung, § 1599 Abs 2 S 3 BGB. Damit wird verhindert, dass das Kind zum Kind eines Dritten wird, obwohl die Ehe noch besteht.35 13 Streitig ist, ob nur die Anerkennungserklrung des Dritten oder auch die erforderlichen Zustimmungen des als Vater vermuteten geschiedenen Ehemannes der Mutter und der Mutter innerhalb der Jahresfrist des § 1599 Abs 2 BGB abgegeben worden sein mssen. Whrend das OLG Zweibrcken36 davon ausgeht, dass die Zustimmungen auch noch nach Ablauf des Jahres mit der Folge des Statuswechsels abgegeben werden kçnnen, spricht einiges fr die andere Auffassung, nach der alle erforderlichen Erklrungen innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsurteils vorliegen mssen, weil die Anerkennung gem § 1598 Abs 1 BGB erst mit Zustimmung aller Zustimmungspflichtigen wirksam wird.37 Dieses Ergebnis berzeugt nicht zuletzt deshalb, weil der Gesetzgeber durch die Fristsetzung selbst einen unnçtig langen Schwebezustand vermeiden wollte, dieser aber

34 35 36 37

BT-Drucks 13/4899 S 53; im Ergebnis so auch Muscheler/Beisenherz JR 1999, 356, 359. BT-Drucks 13/4899 S 53. FamRZ 2000, 546. OLG Stuttgart FamRZ 2004, 1054 mwN.

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allein durch die Anerkennungserklrung des Dritten gerade nicht beendet wird.38 Auch eine prnatale Vaterschaftsanerkennung durch einen Drit- 14 ten whrend bestehender Ehe ist mçglich,39 denn § 1599 Abs 2 BGB schließt nur die Anwendung von § 1594 Abs 2 BGB, nicht aber die des § 1594 Abs 4 BGB aus. Die Mçglichkeit des scheidungsakzessorischen Statuswechsels ohne 15 Beteiligung des Gerichts gem § 1599 Abs 2 BGB stand den Beteiligten auch offen, wenn das Kind nach Anhngigkeit des Scheidungsverfahrens vor dem Inkrafttreten des KindRG geboren wurde, Art 224 § 1 Abs 2 EGBGB. Voraussetzung war, dass das Scheidungsverfahren am 1.7.1998 noch anhngig oder die Scheidung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des KindRG noch nicht lnger als ein Jahr rechtskrftig war.40 Obwohl § 1599 Abs 2 BGB seinem Wortlaut nach nur auf die Geburt vor Rechtskraft der Scheidung zugeschnitten ist, wurde damit eine zweckentsprechende Analogie zu § 1599 Abs 2 BGB fr jene Flle bejaht, in denen sich die Abstammung des vor dem 1.7.1998 geborenen Kindes vom Ehemann der Mutter nicht auf die Geburt in der Ehe, sondern auf die Geburt binnen 302 Tagen nach der Ehe sttzt,41 wenn der Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils am 1.7.1998 noch nicht lnger als ein Jahr zurcklag. Begrndet wurde dies damit, dass die zeitliche Beschrnkung des § 1599 Abs 2 BGB darauf beruht, dass das neue Recht – anders als das bis zum 30.6.1998 geltende – ein nach der Scheidung geborenes Kind statusrechtlich nicht mehr dem geschiedenen Ehemann der Mutter zurechnet, weil es wegen der der Scheidung vorangehenden Trennungszeit als wenig wahrscheinlich anzusehen ist, dass das Kind auch tatschlich von diesem Mann abstammt. Schließlich ging der Gesetzgeber davon aus, dass es den Beteiligten kaum zu vermitteln sei, dass die Vaterschaft fr ein unter Geltung des alten Rechts aber nach Rechtskraft der Scheidung geborenes Kind stets nur in einem Statusprozess beseitigt werden konnte, whrend der Statuswechsel fr ein nach dem 30.6.1998 geborenes Kind ohne gerichtliche Mitwirkung 38 39 40 41

In diesem Sinne auch Gaul FamRZ 2000, 1461, 1466 und Kirchmeier Kind-Prax 1998, 144 hier insbes Fn 2. So auch Knittel Rn 198, aA Kemper DAVorm 1999, 191, 192. AG Bremen FamRZ 2000, 1031; DIV Gutachten DAVorm 1998, 902. Staudinger/Rauscher Art 224 § 1 EGBGB Rn 30.

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A. Elternschaft und Abstammung

unter den Voraussetzungen des § 1599 Abs 2 BGB selbst dann mçglich ist, wenn das Kind innerhalb einer Ehe geboren wurde,42 obwohl im ersteren Fall noch weniger fr die Vaterschaft des geschiedenen Ehemannes der Mutter spricht. Wegen des beschriebenen Normzwecks ist die Vorschrift des § 1599 Abs 2 BGB auf den Fall der Aufhebung einer Scheinehe analog anwendbar, wenn das Gericht positiv feststellt, dass beide Ehegatten nicht die Absicht hatten, eine eheliche Lebensgemeinschaft aufzunehmen.43 In einem solchen Fall spricht noch mehr als bei dem whrend Anhngigkeit eines Scheidungsverfahrens geborenen Kind dafr, dass dieses nicht von dem Ehemann abstammt. 16 Die durch Anerkennung eines Dritten mit Zustimmung von Mutter und deren geschiedenen Ehemann nach §§ 1599 Abs 2, 1592 Nr 2 BGB auf den Dritten bergegangene rechtliche Vaterschaft kann durch Anfechtung beseitigt werden. Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang die analoge Anwendung von § 1593 S 4 BGB mit dem Ergebnis, dass die rechtskrftige Beseitigung der nach § 1599 Abs 2 BGB entstandenen Vaterschaft des Dritten zur Vaterschaft des geschiedenen Ehemannes fhrte, das Kind also auch in diesem Fall nie ohne rechtlichen Vater bliebe.44 Diese Rckzuordnung des Kindes, ohne das Erfordernis der gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft des Ehemannes, lsst sich indes aus dem Gesetz nicht herleiten. Eine analoge Anwendung von § 1593 S 4 BGB scheitert am Fehlen einer ungeplanten Regelungslcke, denn der Gesetzgeber hat die Regelung des § 1593 S 4 BGB absichtlich auf den Sonderfall der Eheauflçsung durch Tod des Ehemannes der Mutter beschrnkt, weil in einem solchen Fall, „anders als bei der Scheidung“ in aller Regel keine Anhaltspunkte fr ein Zerwrfnis der Eltern vorliegen, die die Vaterschaft des frheren Ehemannes unwahrscheinlich erscheinen lassen.45 Aus diesem Grund kann nach rechtskrftiger Anfechtung der Vaterschaft des Dritten die Vaterschaft des geschiedenen Eheman-

42 43 44 45

BT-Drucks 13/4899 S 139. AG Hagen FamRZ 2005, 1191. Veit FamRZ 1999, 902, 905 ff. BT-Drucks 13/4899 S 83.

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nes nur durch dessen Anerkennung oder gerichtliche Feststellung rechtlich konkretisiert werden. 3.2.2. Altes Recht im Überblick

Auch nach dem bis zum 30.6.1998 geltenden Recht wurde das vor 17 oder whrend der Ehe empfangene Kind statusrechtlich grundstzlich dem Ehemann der Mutter zugeordnet, §§ 1591, 1592 BGB aF. Bis zur Beseitigung der Ehelichkeit durch Anfechtung war das Kind gem § 1593 BGB aF ehelich. Im Gegensatz zur Vaterschaft fr ein „nichteheliches“ Kind war die fr ein „eheliches“ Kind nicht explizit geregelt. Die Abstammung vom Ehemann der Mutter war vielmehr nur implizite Folge der Ehelichkeit.46 Die in Anwendung der im rçmischen Recht entstandenen Regel „pater vero est, quem nuptiae demonstrant“ an die Ehe mit der Mutter anknpfende Vaterschaftsvermutung gilt aufgrund der Beiwohnungsvermutung des § 1591 Abs 2 BGB aF gem Art 224 § 1 Abs 1 EGBGB fr ein vor dem 1.7.1998 geborenes Kind fort, sodass es auch dann weiterhin Kind des Ehemannes der Mutter ist, wenn die Ehe der Kindesmutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes bereits aufgelçst war, wenn es innerhalb von 302 Tagen nach Auflçsung der Ehe geboren wurde. Dabei ist es im Unterschied zum geltenden Recht unerheblich, ob die Ehe durch Tod, durch Scheidung oder Aufhebung aufgelçst oder durch Nichtigerklrung47 beseitigt wurde, weil nach §§ 1591 Abs 1 S 1, 1592 BGB aF jedes nach der Eheschließung geborene, von der Frau vor oder whrend der Ehe empfangene Kind in den Genuss der Ehelichkeitsvermutung kam. Auch das vor dem Beitritt in den neuen Bundeslndern nach dem 18 31.3.1966 geborene Kind ist das Kind des Ehemannes der Mutter, und zwar auch dann, wenn es bis zum Ablauf von 302 Tagen nach Beendigung einer Ehe geboren wurde, §§ 54 Abs 5 S 1, 61 Abs 1

46 47

Staudinger/Rauscher Art 224 § 1 Rn 5. Das geltende Recht sieht eine Nichtigerklrung der Ehe nicht mehr vor, nher dazu Hepting FamRZ 1998, 713, 725 ff.

16

A. Elternschaft und Abstammung

S 1, Abs 2 FGB/DDR48, 49. Bis zum 31.3.1966 galt auch im Beitrittsgebiet insoweit das BGB, sodass sich hinsichtlich der Vaterschaft keine Abweichungen zum Recht der Bundesrepublik ergaben. 19 Wurde das Kind innerhalb der Frist von 302 Tagen nach Beendigung der Ehe, aber whrend einer unter Verstoß gegen das Verbot des § 8 Abs 1 EheG aF50 oder unter Befreiung von der Wartefrist gem § 8 Abs 2 EheG aF bereits neu geschlossenen Ehe der Kindesmutter geboren, galt es als Kind des neuen Ehemannes (§ 1600 Abs 1 BGB aF), was insoweit der Regelung des § 54 Abs 5 S 2 FGB/DDR entsprach. Wurde die Ehelichkeit durch Anfechtung beseitigt, galt der frhere Ehemann der Mutter mit Rechtskraft der Entscheidung als Vater des Kindes, § 1600 Abs 2 BGB aF. Eine im Ergebnis gleich lautende Regelung enthielt § 63 Abs 2 FGB/DDR, sodass mit Rechtskraft der Vaterschaftsanfechtungsentscheidung auch das im Beitrittsgebiet geborene Kind nicht ohne rechtlichen Vater war.

48 49 50

Familiengesetzbuch der DDR vom 20.12.1965 (GBl I 1966 Nr 1 S 1) in Kraft getreten am 1.4.1966. Ausfhrlich zum Verwandtschaftsrecht in den neuen Bundeslndern und zur berleitung in das BGB: Adlerstein/Wagenitz FamRZ 1990, 1169. Das EheG wurde aufgehoben mit Wirkung vom 1.7.1998 durch Art 14 des Gesetzes zur Neuordnung des Eheschließungsrechts (Eheschließungsrechtsgesetz – EheschlRG) vom 4.5.1998, BGBl I S 833.

II. Rechtliche Elternschaft

I.

17

bersichtsskizze: Vaterschaft kraft Ehe mit der Mutter nach neuem Recht Kind während der Ehe geboren Vater = Ehemann der Mutter (§§ 1591, 1593 BGB aF ≈ § 1592 Nr 1 BGB nF) es sei denn

rechtskräftige Feststellung der Nichtvaterschaft des Ehemannes

Kind „vaterlos“

oder

Kind nach Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens geboren, Anerkennung durch Dritten mit Zustimmung des (geschiedenen) Ehemannes und der Mutter spätestens binnen Jahresfrist nach Rechtskraft des Scheidungsurteils (§ 1599 Abs 2 BGB, ggf iVm Art 224 § 1 Abs 2 EGBGB) Vater mit Rechtskraft des Scheidungsurteils = der die Vaterschaft anerkannt habende Dritte (§ 1599 Abs 2 S 3 BGB) es sei denn rechtskräftige Feststellung der Nichtvater schaft des Dritten Kind „vaterlos“

20

18

A. Elternschaft und Abstammung

21 II. bersichtsskizze: Vaterschaft kraft Ehe mit der Mutter im Vergleich altes ./. neues Recht Kind vor dem 1.7.1998 geboren aber innerhalb von 302 Tagen nach Auflösung der Ehe (gleichgültig wodurch!)

Kind nach dem 30.6.1998 geboren aber innerhalb von 300 Tagen nach Auflösung der Ehe durch Tod

Vater = früherer Ehemann der Mutter, §§ 1591, 1593 BGB aF

Vater = verstorbener Ehemann der Mutter, § 1593 S 1 BGB nF

es sei denn rechtskräftige Feststellung der Nichtvaterschaft dieses Mannes Folge → Kind „vaterlos“ oder Wiederheirat der Mutter vor Geburt des Kindes Vater = der Mann, der im Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet war, § 1600 Abs 1 BGB aF ≈ § 1593 S 3 BGB nF es sei denn rechtskräftige Feststellung der Nichtvaterschaft dieses Mannes Vater = ehemaliger bzw verstorbener Ehemann der Mutter, § 1600 Abs 2 BGB aF ≈ § 1593 S 4 BGB nF es sei denn rechtskräftige Feststellung der Nichtvaterschaft auch dieses Mannes Kind „vaterlos“

II. Rechtliche Elternschaft

19

3.3. Vaterschaft kraft Anerkennung 3.3.1. Neues Recht a) Allgemeines

Gem § 1592 Nr 2 BGB wird die Vaterschaft durch Anerkennung kon- 22 kretisiert. Auch die Vaterschaft nach § 1592 Nr 2 BGB knpft an die genetische Abstammung gem § 1589 BGB an, sodass sie nicht erst durch Anerkennung entsteht, bzw begrndet, sondern letztlich nur rechtlich gefestigt wird.51 Die Rechtswirkungen der Vaterschaft kraft Anerkennung kçnnen gem § 1594 Abs 1 BGB aber erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden, zu dem die Anerkennung durch formgerechte Zustimmung aller Zustimmungspflichtigen wirksam wird.52 Andererseits wirkt die Zuordnung des Kindes zu dem Anerkennenden als Vater von diesem Zeitpunkt an auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zurck. Es handelt sich bei § 1594 Abs 1 BGB nicht um eine Rechtswirkungs-, sondern um eine Rechtsausbungssperre.53 Auch bei der Vaterschaft nach § 1592 Nr 2 BGB handelt es sich um eine Vaterschaftsvermutung, die durch Anfechtung beseitigt werden kann, §§ 1599 Abs 1, 1600 bis 1600 c BGB. Die Anerkennung ist grundstzlich schwebend unwirksam,54 solange 23 die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, § 1594 Abs 2 BGB (zur Ausnahme des § 1599 Abs 2 BGB vgl Rn 12).

51

52 53 54

Zutreffend Gaul FamRZ 1994, 1441, 1449 mwN; differenzierter insoweit Rauscher FPR 2002, 352, 353, der von „rechtsbegrndender“ Wirkung der Zuordnung des Kindes zum Vater spricht, weil der Vater nicht als Vater gilt, sondern Vater ist. Dieser Argumentation ist indes hinzuzufgen, dass auch die Vaterschaft nach § 1592 Nr 1 und Nr 2 BGB nur die Vermutung der Vaterschaft aufgrund Abstammung hinter sich hat, sodass auch diese Vaterschaft trotz der apodiktischen Formulierung durch Anfechtung beseitigt werden kann, vgl hierzu auch Bentert FamRZ 1996, 1386, 1387. Palandt/Diederichsen § 1594 Rn 5. In diesem Sinne auch Gernhuber/Coester-Waltjen § 52 Rn 12, 13. BT-Drucks 13/4899 S 84.

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A. Elternschaft und Abstammung

b) Anerkennungserklärung des Mannes

24 Das Vaterschaftsanerkenntnis ist eine nicht empfangsbedrftige Willenserklrung, die mit Abgabe wirksam wird. Das Rechtsgeschft der Anerkennung bedarf zu seiner Wirksamkeit aber der Zustimmung der Mutter sowie uU auch der weiterer Personen. Unter dem Begriff der Anerkennung wollte der Gesetzgeber zwar nur noch die Vaterschaftsanerkennungserklrung des Mannes verstanden wissen,55 ein Blick auf § 1592 Nr 2 BGB macht jedoch deutlich, dass der Gesetzgeber seinem eigenen Anspruch nicht durchgehend gerecht wurde. So geht § 1592 Nr 2 BGB von einer durch formgerechte Zustimmung aller Zustimmungspflichtigen wirksam gewordenen Anerkennung aus. 25 Bei der Anerkennungserklrung des Vaters und den erforderlichen Zustimmungen handelt es sich im Grundsatz um hçchstpersçnliche und damit stellvertretungsfeindliche Rechtsgeschfte. Demzufolge sind darauf bezogene Vollmachten wirkungslos, § 1596 Abs 4 BGB. Die Anerkennungserklrung kann auch von einem beschrnkt geschftsfhigen Mann nur persçnlich abgegeben werden (§ 1596 Abs 1 S 1 BGB), es bedarf in diesem Fall aber der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, § 1596 Abs 1 S 2 BGB. Ist der Mann geschftsunfhig, kann sein gesetzlicher Vertreter die Vaterschaft mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts anerkennen, § 1596 Abs 1 S 3 BGB. Steht der nicht geschftsunfhige Mann unter Betreuung, kann er ebenfalls nur selbst anerkennen, Stellvertretung durch den Betreuer scheidet aus. Eine Zustimmung des Betreuers ist grundstzlich nicht erforderlich. Zur Wirksamkeit seiner Anerkennung bençtigt der Mann aber dann die Zustimmung seines Betreuers, wenn fr den Aufgabenkreis „Vaterschaftsanerkennung“ ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet ist, §§ 1596 Abs 3, 1903 BGB.

55

BT-Drucks 13/4899 S 84.

II. Rechtliche Elternschaft

21

c) Zustimmung der Kindesmutter

Die Anerkennung bedarf zu ihrer Wirksamkeit – anders als nach altem 26 Recht – in jedem Fall der Zustimmung der (ggf erst werdenden) Mutter des Kindes, § 1595 Abs 1 BGB. Sie muss der Anerkennung aus eigenem Recht, nicht als Vertreterin des Kindes zustimmen.56 Fr den Fall ihrer beschrnkten Geschftsfhigkeit oder ihrer Geschftsunfhigkeit sowie fr den Fall, dass die Kindesmutter unter Betreuung steht, gilt das zur Anerkennungserklrung des Mannes Ausgefhrte seit dem 12.4.2002 in vollem Umfang entsprechend, § 1596 Abs 1 S 4, Abs 3 BGB. Die minderjhrige Kindesmutter bedarf zur Wirksamkeit ihrer Zustimmung der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters, §§ 1595 Abs 1, 1596 Abs 1 S 4 iVm S 1, 2 BGB. Fehlt es an der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters der minderjhrigen Kindesmutter, wird ihre Zustimmung und damit die Anerkennung auch nicht dadurch wirksam, dass die Kindesmutter volljhrig wird. Vielmehr muss ihre Zustimmung erneut abgegeben bzw von ihr nachtrglich genehmigt (§ 108 Abs 3 BGB) werden.57 Erst durch das am 12.4.2002 in Kraft getretene KindRVerbG58 wurde auch S 3 in Satz 4 des § 1596 Abs 1 BGB in Bezug genommen. Bis dahin war eine Zustimmung fr eine geschftsunfhige Mutter nicht mçglich,59 sodass die rechtliche Vaterschaft nur durch gerichtliche Feststellung geklrt werden konnte.60 Der Gesetzgeber hielt es aber fr geboten, die Ungleichbehandlung von Mttern und Vtern durch die Erstreckung der Regelung des § 1596 Abs 1 S 3 BGB auf die Zustimmung der Kindesmutter zu beseitigen,61 sodass der gesetzliche Vertreter einer geschftsunfhigen Mutter der Anerkennung mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zustimmen kann.62

56 57 58 59 60 61 62

Schwab/Wagenitz FamRZ 1997, 1377, 1378. DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2002, 242. Gesetz zur weiteren Verbesserung von Kinderrechten (Kinderrechteverbesserungsgesetz – KindRVerbG) vom 9.4.2002, BGBl I S 1239. Janzen FamRZ 2002, 785, 786. Schomburg Kind-Prax 2002, 75, 76. Kritisch hierzu Wanitzek FamRZ 2003, 730, 736. BT-Drucks 14/8131 S 7.

22

A. Elternschaft und Abstammung

27 Die Zustimmung der Kindesmutter ist zur Wirksamkeit der Anerkennung grundstzlich unverzichtbar. Fehlt es an ihrer Zustimmung, etwa weil ihr Aufenthalt unbekannt ist, kann die Vaterschaft nur im Feststellungsprozess geklrt werden. Umstritten ist, ob dies auch dann erforderlich ist, wenn die Kindesmutter verstorben ist. Entgegen der amtlichen Begrndung des KindRG63 wird die Zustimmung der Kindesmutter fr den Fall ihres Todes in der Literatur berwiegend fr nicht erforderlich gehalten.64 Es bedarf danach nur der Kindeszustimmung. Nach anderer Ansicht bleibt nach Tod der Kindesmutter nur die Feststellung der Vaterschaft im gerichtlichen Klageverfahren.65 Das wird zum einen auf den Wortlaut von § 1595 Abs 2 BGB zurckgefhrt, der „auch“ die Zustimmung des Kindes verlangt, sodass diese nur neben die der Kindesmutter treten, diese aber nicht ersetzen kçnne. Zum anderen wird auf den Sinn und Zweck der Regelung verwiesen, nach dem die Zustimmung der Kindesmutter deshalb erforderlich ist, weil nur diese sichere Angaben darber machen kçnne, ob außer dem Anerkennenden noch weitere Personen als Vater in Betracht kommen. Dem wird zu Recht entgegengehalten, dass die Zustimmung dann entbehrlich sein muss, wenn sie objektiv nicht mehr erlangt werden kann. Weil die Rechtsstellung der Kindesmutter fr den Fall ihres Todes durch die Anerkennung nicht tangiert ist, steht auch die amtliche Begrndung einer solchen Auslegung nicht entgegen.66 Schließlich wird auch der Vormund, der das Kind nach dem Tod der Kindesmutter vertritt (vgl §§ 1596 Abs 2, 1773, 1774 BGB) seine Zustimmung nur erteilen, wenn die Vaterschaft des Anerkennungswilligen nach seiner berzeugung zumindest wahrscheinlich ist.

63 64

65 66

BT-Drucks 13/4899 S 54. Staudinger/Rauscher § 1595 Rn 15; MnchKomm BGB/Wellenhofer § 1595 Rn 8; Erman/Hammermann § 1595 Rn 8; Knittel Rn 239 mwN; aA Sonnenfeld in Jansen, FGG, § 55b Rn 4. LG Koblenz StAZ 2003, 303. In diesem Sinne auch DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2004, 298, 299.

II. Rechtliche Elternschaft

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d) Ausnahmsweise: Zustimmung des Kindes

Neben der Zustimmung der Kindesmutter ist die Zustimmung des 28 Kindes nur dann erforderlich, wenn der Kindesmutter die elterliche Sorge „insoweit nicht zusteht“, § 1595 Abs 2 BGB. Die Zustimmung des Kindes in allen anderen Fllen hielt der Gesetzgeber fr entbehrlich, weil das Kind nach Wegfall des Instituts der gesetzlichen Amtspflegschaft (§ 1706 BGB aF) durch das ebenfalls am 1.7.1998 in Kraft getretene BeistandG67 regelmßig durch die Mutter gesetzlich vertreten wird. Eine zweifache Zustimmung, dh eine solche in eigenem Namen und eine im Namen des Kindes wurde als sinnloser Formalismus abgelehnt.68 Mit beachtlichen Argumenten wird die grundstzlich fehlende Mitwirkung des Kindes bei Anerkennung der Vaterschaft jedoch fr verfassungsrechtlich bedenklich gehalten,69 weil die statusrechtliche Zuordnung des Kindes ohne dessen Beteiligung erfolgt, ohne dass gewhrleistet ist, dass die Mutter dem Kind den richtigen Vater sichert.70 Schließlich kçnnten dadurch auch die Formvorschriften der Adoption umgangen werden. Der Begrndung des Gesetzgebers fr den grundstzlichen Wegfall 29 der kindlichen Zustimmung ist zu entnehmen, dass die Zustimmung des Kindes in den Fllen erforderlich ist, in denen die Mutter das Kind insoweit nicht vertreten kçnnte. Das sind beispielsweise die Flle, in denen der Mutter die Sorge entzogen wurde (§ 1666 BGB), das Kind bereits volljhrig ist oder die Sorge der Mutter wegen Geschftsunfhigkeit oder Minderjhrigkeit ruht und sie die Sorge deshalb nicht ausben und das Kind daher auch nicht vertreten kann, §§ 1673, 1675 BGB. § 1595 Abs 2 BGB knpft damit nicht nur an das Innehaben der elterlichen Sorge an, sondern setzt auch die Ausbungsberechtigung voraus, sodass das Ruhen der elterlichen Sorge zu dem Erfordernis der Kindeszustimmung fhrt.71 67 68 69 70 71

Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuordnung des Rechts der Beistandschaft (Beistandschaftsgesetz) v 4.12.1997, BGBl I S 2846. BT-Drucks 13/4899 S 84. Diederichsen NJW 1998, 1977, 1979. Gaul FamRZ 1997, 1441, 1449 ff. AA Gernhuber/Coester-Waltjen § 52 Rn 51, mit Hinweis auf den Wortlaut der Norm, wonach allein fehlendes Sorgerecht zu dem Zustimmungserfordernis des § 1595 Abs 2 BGB fhrt.

24

A. Elternschaft und Abstammung

Da es sich bei der Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung um eine Angelegenheit der Personensorge handelt,72 ist die Zustimmung des Kindes auch erforderlich, wenn der Kindesmutter etwa nur die Personensorge infolge Entziehung nicht zusteht. Das Fehlen der Vermçgenssorge hingegen fhrt nicht zum Erfordernis der Kindeszustimmung. 30 Ob das Kind selbst die Zustimmung geben kann bzw muss (ggf mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters), richtet sich nach § 1596 Abs 2 BGB. Fr das geschftsunfhige oder noch nicht 14 Jahre alte Kind hat sein gesetzlicher Vertreter zuzustimmen. Ist das Kind 14 aber noch nicht 18 Jahre alt, kann das Kind nur selbst zustimmen, es bedarf aber hierzu der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. 31 Probleme entstehen, wenn der gesetzliche Amtsvormund des Kindes (§ 1791c BGB) trotz Drngens der minderjhrigen Kindesmutter die Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung verweigert, weil Zweifel an der genetischen Vaterschaft des Anerkennungswilligen bestehen.73 Nach § 1626a Abs 2 BGB ist die Kindesmutter Inhaberin der elterlichen Sorge, dies gilt auch fr die minderjhrige unverheiratete Kindesmutter. Ihre Sorge ruht jedoch gem §§ 1673 Abs 2, 1 BGB, sodass sie nicht ausbungsberechtigt ist, § 1675 BGB. Sie kann (neben dem gesetzlichen Vertreter des Kindes) nur die tatschliche Personensorge ausben, zur Vertretung ist sie hingegen nicht berechtigt, § 1673 Abs 2 S 2 Hs 2 BGB. Im Rahmen der tatschlichen Personensorge hat ihre Meinung Vorrang vor der des Vormunds, § 1673 Abs 2 S 3 BGB. Aus dem Umstand, dass die Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung sowohl die rechtliche als auch die tatschliche Personensorge berhrt und beides dem Vormund vollumfnglich zusteht,74 wird zum Teil abgeleitet, dass der Vormund sich in Bezug auf die Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung dem Willen der Kindes72 73

74

Knittel JAmt 2002, 330, 331. Dieses Problem stellt sich freilich nicht, wenn man wie Coester-Waltjen (in Gernhuber/Coester-Waltjen § 52 Rn 51) die Zustimmung des Kindes nach § 1595 Abs 2 BGB nicht allein aufgrund Minderjhrigkeit der Kindesmutter fr erforderlich hlt. Ollmann JAmt 2003, 572, 573.

II. Rechtliche Elternschaft

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mutter zu beugen htte.75 Kommt er dem nicht nach, bliebe nur der Weg, den Vormund zu entlassen (§ 1886 BGB), wenn er auf entsprechende Weisung des Gerichts (§ 1837 Abs 2 BGB), die Zustimmung zu erteilen, nicht reagiere. Im Gegensatz dazu steht die Auffassung, dass aus der Gesetzgebungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Regelungen ber die Anerkennung gefolgert werden kann, dass die entsprechende Entscheidung des Amtsvormunds von dem sonst in persçnlichen Angelegenheiten des Kindes geltenden Willensvorrang der minderjhrigen Mutter auszunehmen ist.76 Fr die Auffassung, nach der der Willensvorrang der Kindesmutter sich nicht zwingend durchsetzen muss, spricht, dass spezialgesetzlichen Regelungen eine von den Vorgaben der Mutter losgelçste Entscheidungsbefugnis des Vormunds zu entnehmen ist, die sonst leerliefen. Dies ist bei dem Zustimmungserfordernis des §§ 1595 Abs 2, 1596 Abs 2 BGB der Fall, sodass der an der Vaterschaft begrndet zweifelnde Vormund die Zustimmung auch gegen den Willen der Kindesmutter verweigern kann.77 e) Vorgeburtliche Anerkennung

Wie nach altem Recht kann die Anerkennung bereits vorgeburtlich 32 erfolgen, § 1594 Abs 4 BGB. Auch die Zustimmungserklrungen der Zustimmungspflichtigen kçnnen bereits prnatal abgegeben werden, §§ 1595 Abs 3, 1594 Abs 4 BGB. Mutter im Sinne von § 1595 Abs 1 BGB ist auch die werdende Mutter, obwohl rechtliche Mutterschaft dem Wortlaut des § 1591 BGB nach die Geburt voraussetzt. Auch eine (vorgeburtliche) Anerkennung der Mutterschaft kommt nicht in Betracht, da eine solche nach deutschem Recht nur fr Spezialflle mit Auslandsbezug vorgesehen ist (§ 29b PStG [entspricht ab 1.1.2009 § 44 Abs 2 PStG78 ]). Das Ungeborene ist damit genau genommen mutterlos. Da nach dem Eintritt der Schwangerschaft aber regelmßig feststeht, dass die werdende Mutter auch die Geburtsmutter sein wird, ergeben 75 76 77 78

DIJuF-Rechtsgutachten, JAmt 2002, 241 m Anm Kemper JAmt 2002, 340. Knittel JAmt 2002, 330, 332. Ollmann JAmt 2003, 572, 576. Art 1 des Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts (Personenstandsrechtsreformgesetz – PStRG) vom 19.2.2007 (BGBl I S 122); zum neuen Personenstandsgesetz nher Gaaz FamRZ 2007, 1057 ff.

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A. Elternschaft und Abstammung

sich nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes hieraus keine Probleme.79 Ein Zustimmungserfordernis gem § 1595 Abs 2 BGB fr das (ungeborene) Kind besteht nicht, wenn der Kindesmutter, wre das Kind zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklrungen bereits geboren, insoweit die elterliche Sorge zustnde, da die elterliche Sorge der Kindesmutter gem §§ 1912 Abs 2, 1626a Abs 2 BGB vorwirkt. 33 Es stellt sich damit nur die Frage, wer anstelle des ungeborenen Kindes zustimmen kann, wenn die werdende Mutter das Kind nicht vertreten kçnnte, etwa weil sie selbst noch minderjhrig ist. Beispiel: Die schwangere, unverheiratete Brbel Musterfrau ist 17 Jahre alt. Ihr 22-jhriger Freund Gustav Mller will die Vaterschaft fr das in vier Monaten erwartete Kind sofort anerkennen. Beide wenden sich an das Jugendamt, um dort die Anerkennung und Zustimmung beurkunden zu lassen. Brbels Eltern finden sich ebenfalls beim Jugendamt ein, um auch ihre Zustimmungen zu erklren. Hier sind zwei verschiedene Lçsungen denkbar: zum einen kommt die Zustimmung durch das Jugendamt als Beistand in Betracht, §§ 1712 ff BGB. Den Antrag auf Eintritt der Beistandschaft kann auch die minderjhrige Kindesmutter stellen, § 1713 Abs 2 S 1 BGB. Der Beistand ist im Rahmen der ihm vom Gesetzgeber grundstzlich bertragenen Aufgaben, wozu auch die Feststellung der Vaterschaft gehçrt (§ 1712 Abs 1 Nr 1 BGB), gesetzlicher Vertreter des ungeborenen Kindes (§§ 1716 S 2 Hs 1, 1915 Abs 1 S 1, 1793 Abs 1 S 1 BGB),80 sodass er die Zustimmung fr das Kind abgeben kann, § 1596 Abs 2 BGB. Die Zustimmung kçnnte aber auch durch einen vom Vormundschaftsgericht bestellten Pfleger fr die Leibesfrucht abgegeben werden, § 1912 Abs 1 BGB. Ein Frsorgebedrfnis fr die Anordnung dieser Pflegschaft allein mit der Aufgabe, die Zustimmung zu erklren (oder 79

80

So im Ergebnis auch Schwab DNotZ 1998, 437, 450 zu der gleich lautenden Frage, wer bei beabsichtigter vorgeburtlicher Sorgeerklrung Mutter im Sinne des § 1626a Abs 1 Nr 1 BGB ist. Zur Zulssigkeit einer vorgeburtlichen Beistandschaft vgl OLG Schleswig NJW 2000, 1271 = DAVorm 2000, 168 = MDR 2000, 397 m Anm Born.

II. Rechtliche Elternschaft

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zu verweigern), liegt allerdings nicht vor, wenn das Jugendamt bereits Beistand ist, was ggf durch Rckfrage bei der werdenden Mutter oder dem Jugendamt zu klren ist. Zum Teil wird aber auch die Auffassung vertreten, dass die Beistandschaft stets Vorrang hat, sodass die Anordnung einer Pflegschaft nach § 1912 BGB im Rahmen der vom Beistand wahrzunehmenden Aufgaben nach dieser Ansicht in jedem Fall ausscheidet.81 Da alle erforderlichen Zustimmungen der Zustimmungspflichtigen 34 bereits vorgeburtlich abgegeben werden kçnnen (§§ 1595 Abs 3, 1594 Abs 4 BGB), ist fraglich, wer Vater des Kindes ist, wenn die Mutter nach erfolgter Anerkennung aber vor Geburt des Kindes einen anderen Mann heiratet. Beispiel: Thomas Muster hat die Vaterschaft fr das ungeborene Kind mit Zustimmung der werdenden, unverheirateten, volljhrigen Mutter am 1.10.2004 formgerecht anerkannt. Am 15.12.2004 heiratet die werdende Mutter Gerhard Mller. Das Kind wird am 20.1.2005 geboren. Diese an sich bestehende Konkurrenz der Vaterschaften ist zugunsten des Mannes zu lçsen, der mit der Mutter des Kindes zum Zeitpunkt der Geburt verheiratet ist.82 Dies folgt aus der Regelung des § 1594 Abs 2 BGB, wonach die Anerkennung nicht wirksam ist, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht und dem Umstand, dass die Anerkennung erst mit Geburt des Kindes wirksam wird, zu einem Zeitpunkt also, zu dem die Mutter bereits verheiratet ist.83 Diese Auffassung lsst sich zudem auf § 1599 Abs 1 BGB sttzen, der klarstellt, dass die mit der Geburt des Kindes eintretende statusrechtliche Zuord81 82

83

Palandt/Diederichsen § 1912 Rn 2. AG Bremen StAZ 2000, 267; AG Lbeck StAZ 2002, 48; Palandt/Diederichsen § 1594 Rn 9; Staudinger/Rauscher § 1594 Rn 52; in diesem Sinne auch Will (FPR 2005, 172, 173), die davon ausgeht, dass die kraft Ehe bestehende Vaterschaft jede anderweitige „sperrt“ und das Priorittsprinzip nur im Verhltnis zwischen der durch Anerkennung und der durch gerichtliche Feststellung konkretisierten Vaterschaft gelten lsst; aA Lipp/Wagenitz § 1594 Rn 8. So MnchKomm BGB/Wellenhofer § 1594 Rn 42.

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A. Elternschaft und Abstammung

nung des Kindes zum Ehemann der Mutter nur auf den darin vorgegebenen Wegen beseitigt werden kann.84 35 Bei Mehrlingsgeburten erstreckt sich die prnatale Anerkennung auf alle Kinder.85 f) Anerkennung nach dem Tod des Kindes

36 Umstritten ist, ob die Anerkennung der Vaterschaft auch noch nach dem Tod des Kindes erfolgen kann. Dagegen spricht, dass die elterliche Sorge der Kindesmutter mit dem Tod des Kindes beendet ist und die Anerkennung an der nicht erlangbaren Zustimmung des Kindes gem § 1595 Abs 2 BGB scheitert.86 Weiter wird vorgebracht, dass das Kind nach seinem Tod keine Mçglichkeit mehr htte, eine falsche Anerkennung durch Anfechtung zu korrigieren.87 Nach Auffassung des BayObLG88 stehen der postmortalen Vaterschaftsanerkennung nach der Neuregelung des Zustimmungserfordernisses durch das KindRG aber weder formale noch inhaltliche Grnde entgegen, wenn das Kind nach der Geburt verstorben ist, denn das Zustimmungserfordernis bestehe nach der gebotenen teleologischen Reduktion des Regelungsgehalts von § 1595 Abs 2 BGB nur zu Lebzeiten des Kindes. g) Weitere Voraussetzungen der statusrechtlichen Wirkung der Anerkennung

37 Fr die Wirksamkeit der Anerkennung ist weder eine husliche Gemeinschaft mit der Mutter und/oder dem Kind erforderlich, noch steht der Wirksamkeit der Anerkennung eine bewusst wahrheitswidrige Behauptung entgegen,89 da es sich bei den im Gesetz genannten Erfordernissen um eine abschließende Aufzhlung handelt, § 1598 84 85 86 87 88 89

Staudinger/Rauscher § 1594 Rn 52. MnchKomm BGB/Wellenhofer § 1594 Rn 41; Staudinger/Rauscher § 1594 Rn 49; nher dazu auch Knittel Rn 189a. Staudinger/Rauscher § 1592 Rn 56. Sonnenfeld in Jansen, FGG, § 55b Rn 3. FamRZ 2001, 1543. OLG Kçln FamRZ 2002, 629 = NJW 2002, 901.

II. Rechtliche Elternschaft

29

Abs 1 BGB. Weitere als die vom Gesetz an die Wirksamkeit der Anerkennung gestellten Anforderungen mssen folglich nicht erfllt sein. Eine Anfechtung wegen Irrtums gem § 119 Abs 2 BGB kommt nicht 38 in Betracht und zwar selbst dann nicht, wenn die Abstammung des Kindes von dem Anerkennenden als Eigenschaft des Kindes gewertet wrde.90 Denn eine Anfechtung der Anerkennung gem §§ 119 ff BGB scheidet als lex generalis aus, da die durch Anerkennung verlautbarte Vaterschaft wie die kraft Ehe mit der Mutter vermutete gem § 1599 Abs 1 BGB angefochten werden kann. So kçnnen auch die statusrechtlichen Folgen einer etwa bewusst wahrheitswidrigen Anerkennung beseitigt werden, denn auch der Regelung des § 1592 Nr 2 BGB liegt der Anspruch zugrunde, dass dem Kind abstammungsrechtlich der wahre Vater zugeordnet wird.91 Die Anerkennungserklrung und die zur Wirksamkeit der Anerken- 39 nung erforderlichen Zustimmungen sind bedingungs- und befristungsfeindlich, §§ 1594 Abs 3, 1595 Abs 3 BGB. Unschdlich sind jedoch Rechtsbedingungen. Das sind solche, die ohnehin Voraussetzung fr die Status festigende Wirkung der Erklrung92 sind, wie zB die rechtskrftige Beseitigung der Vaterschaft eines anderen Mannes (vgl § 1594 Abs 2 BGB).93 Die Anerkennungserklrung und die zur Wirksamkeit der Anerken- 40 nung erforderlichen Zustimmungen mssen çffentlich beurkundet werden, § 1597 Abs 1 BGB (vgl § 415 ZPO). Die Beurkundung kann vorgenommen werden – durch die Notarin/den Notar, § 20 Abs 1 BNotO, § 1 Abs 1 BeurkG; – durch das Jugendamt, §§ 59 Abs 1 Nr 1 SGB VIII, 59 BeurkG Die Beurkundungsbefugnis des Jugendamtes erstreckt sich aber nicht auf eine Zustimmungserklrung des volljhrigen Kindes;94 90 91 92 93 94

Rauscher FPR 2002, 359, 363. Vgl insoweit zum alten Recht: OLG Mnchen FamRZ 1985, 530. Vgl Gaul FamRZ 1997, 1441, 1449. KG FamRZ 1995, 631 = Rpfleger 1995, 157 (noch zur gleich lautenden Regelung des § 1600 b Abs 1 BGB aF); Palandt/Diederichsen § 1594 Rn 7. Knittel Rn 248.

30

A. Elternschaft und Abstammung

– durch die Standesbeamtin/den Standesbeamten, § 29a Abs 1 PStG (entspricht ab 1.1.2009 § 44 Abs 1 PStG95), § 58 BeurkG; – durch die Rechtspflegerin/den Rechtspfleger des Amtsgerichts, § 62 Abs 1 Nr 1 BeurkG, § 3 Nr 1f RPflG; – zur Niederschrift des Gerichts in der mndlichen Verhandlung eines laufenden Vaterschaftsprozesses, § 641c ZPO; – im Ausland durch die deutsche Konsulatsbeamtin/den deutschen Konsulatsbeamten, §§ 2, 10 KonsG. 41 Die vorher erklrten Zustimmungen sind bis zur Anerkennung frei widerruflich, § 183 BGB. Die Anerkennungserklrung des Mannes kann erst und auch nur dann widerrufen werden, wenn sie ein Jahr nach Beurkundung noch nicht wirksam geworden ist, § 1597 Abs 3 S 2 BGB. Dieser Widerruf bedarf wie die Anerkennung der çffentlichen Beurkundung, § 1597 Abs 3 S 2 iVm Abs 1 BGB. Wird die Anerkennungserklrung nicht widerrufen, kann die Anerkennung auch noch nach Ablauf eines Jahres durch Abgabe der erforderlichen Zustimmungerklrung(en) wirksam werden. Sind sie erteilt, kommt ein Widerruf der Anerkennungserklrung nicht (mehr) in Betracht.96 42 Beglaubigte Abschriften der Anerkennung und aller fr die Wirksamkeit der Erklrungen erforderlichen Zustimmung sind dem Vater, der Mutter und dem Kind sowie dem Standesbeamten zu bersenden (§ 1597 Abs 2 BGB), ohne dass der bersendung konstitutive Wirkung zukommt. 43 Anerkennung, Zustimmung und Widerruf sind nur unwirksam, wenn sie den vom Gesetz in §§ 1594 bis 1597 BGB aufgefhrten Erfordernissen nicht gengen, § 1598 Abs 1 BGB. Aber auch ein Verstoß gegen diese Erfordernisse wird geheilt, wenn die Anerkennung in ein deutsches Personenstandsbuch (bzw ab 1.1.2009 Personenstandsregister) eingetragen wurde und seit dieser 95

96

Art 1 des Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts (Personenstandsrechtsreformgesetz – PStRG) vom 19.2.2007 (BGBl I S 122); zum neuen Personenstandsgesetz nher Gaaz FamRZ 2007, 1057 ff. OLG Brandenburg DAVorm 2000, 58.

II. Rechtliche Elternschaft

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Eintragung fnf Jahre verstrichen sind, § 1598 Abs 2 BGB. Unwirksamkeitsmngel werden zum Schutz der Rechtssicherheit demnach durch Ablauf der Fnfjahresfrist geheilt, wenn nicht binnen dieser Ausschlussfrist die Unwirksamkeit der Anerkennung durch Feststellungsklage geltend gemacht wird. Die Heilung der Wirksamkeitsmngel durch Fristablauf fhrt aber nicht zum Ausschluss der Anfechtung. Mit der in § 1594 Abs 1 BGB anzutreffenden Formulierung hat der 44 Gesetzgeber klargestellt, dass eine Vaterschaft, wie nach dem bis zum 30.6.1998 geltenden Recht, losgelçst von den dort aufgestellten Voraussetzungen nur angenommen werden darf, wenn schutzwrdige Interessen etwa fr den einstweiligen Unterhalt (vgl § 1615o Abs 1 S 1 BGB) es erfordern.97 h) Zweckwidrige Vaterschaftsanerkennungen

Da auch eine bewusst wahrheitswidrige Vaterschaftsanerkennung 45 ungeachtet des biologischen Abstammungsverhltnisses wirksam ist, wurden mçgliche Maßnahmen zur Verhinderung von Vaterschaftsanerkennungen zu Zwecken der Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw der deutschen Staatsangehçrigkeit erçrtert. Das Problem tritt im Wesentlichen in drei unterschiedlichen Fallkonstellationen zu Tage: 1. Ein deutscher Mann erkennt die Vaterschaft fr das noch nicht 23 Jahre alte Kind einer unverheirateten Auslnderin an, mit der Wirkung, dass das Kind gem § 4 Abs 1 StAG98 die deutsche Staatsangehçrigkeit erwirbt, sodass auch die auslndische Mutter nach §§ 27 Abs 1, 28 Abs 1 Nr 3 AufenthG99 eine Aufenthaltserlaubnis erhlt. 97 98

99

Nher dazu MnchKomm BGB/Wellenhofer § 1594 Rn 24 f. Reichs- und Staatsangehçrigkeitsgesetz vom 22.7.1913 [RGBl I S 583 = BGBl III unter 102-1], das durch das am 1.1.2000 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Staatsangehçrigkeitsrechts vom 15.7.1999 [BGBl I S 1618] mit einigen nderungen im Wesentlichen als Staatsangehçrigkeitsgesetz [StAG] fortgilt. Gesetz ber den Aufenthalt, die Erwerbsttigkeit und die Integration von Auslndern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) verkndet als Artikel I des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbrgern und Auslndern (Zuwanderungsgesetz), BGBl I 2004 S 1950.

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A. Elternschaft und Abstammung

Wenn der Mann, der die Vaterschaft anerkennt, Sozialhilfe bezieht, muss er aufgrund eigener Leistungsunfhigkeit auch nicht frchten, fr den Unterhalt des Kindes herangezogen zu werden. 2. Ein auslndischer Mann mit gesichertem Aufenthaltsstatus erkennt die Vaterschaft fr das Kind einer unverheirateten Auslnderin an. Auch in diesem Fall kann es auf zwei Wegen zu einer aufenthaltsrechtlichen Vergnstigung fr die Mutter kommen: a) Gemß § 4 Abs 3 StAG erwirbt ein Kind auslndischer Eltern durch Geburt im Inland die deutsche Staatsangehçrigkeit, wenn der die Vaterschaft anerkennende Mann seit acht Jahren rechtmßig seinen gewçhnlichen Aufenthalt im Inland hat und freizgigkeitsberechtigter Unionsbrger oder gleichgestellter Staatsangehçriger eines EWR-Staates ist oder als Staatsangehçriger der Schweiz eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits ber die Freizgigkeit (BGBl 2001 II S 810) besitzt oder eine Aufenthaltserlaubnis-EU oder eine Niederlassungserlaubnis besitzt. Die Rechtsfolge fr die Mutter ist dieselbe wie oben unter Punkt 1. geschildert. Auch in diesem Fall treffen den leistungsunfhigen Vater keine tatschlich zu erfllenden Unterhaltspflichten. b) Mçglich ist auch, dass die Mutter einen gesicherten Aufenthaltsstatus allein nach den auslnderrechtlichen Bestimmungen erhlt, ohne dass es des Erwerbs der deutschen Staatsangehçrigkeit bedarf. Dies ist zB dann der Fall, wenn ein asylberechtigter Mann das Kind einer ausreisepflichtigen Frau anerkennt. Whrend dem Kind in diesem Falle wegen des nach Art 6 GG gebotenen Schutzes von Ehe und Familie fr die Herstellung und Wahrung der familiren Lebensgemeinschaft mit dem Vater eine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27 Abs 1, 32 AufenthG zu erteilen ist, kann die Mutter als sonstige Familienangehçrige nach §§ 27 Abs 1, 36 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. 3. Ein auslndischer Mann ohne gesicherten Aufenthaltsstatus erkennt die Vaterschaft fr das Kind einer Deutschen oder das Kind einer Auslnderin mit verfestigtem Aufenthalt zugunsten aufenthaltsrechtlicher Vergnstigungen fr sich selbst an. Der Mann erhlt in diesem Fall eine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27 Abs 1,

II. Rechtliche Elternschaft

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28 Nr 3 AufenthG bzw kann eine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27 Abs 1, 36 AufenthG geltend machen. In solchen Fllen kann der Verdacht aufkommen, dass die Vaterschaftsanerkennung allein das Ziel verfolgt, den Aufenthaltsstatus der „Eltern“ zu sichern, ohne zugleich zumindest auch darauf gerichtet zu sein, eine soziale Vater-Kind-Beziehung herzustellen bzw genauer gesagt rechtlich abzusichern.100 Das bis zum 31.5.2008 geltende Recht stellte keine wirksamen Mechanismen zur Bewltigung des Problems bereit. Mit dem Wegfall der Amtspflegschaft liegt es grundstzlich allein in dem Verantwortungsbereich von Mutter und Mann, eine rechtliche Vaterschaft durch Anerkennung herbeizufhren. Insbesondere die diskutierte Verweigerung der Beurkundung der entsprechenden Erklrungen durch die Urkundsperson wurde nicht als ausreichendes Mittel betrachtet, um eine wissentlich falsche Anerkennung zu verhindern, die nur das Ziel verfolgt, der Mutter oder dem Mann auslnderrechtliche Vorteile zu verschaffen. Denn die Urkundsperson darf und muss die Urkundsttigkeit nur dann verweigern, wenn erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden, § 1 Abs 2, § 4 BeurkG. Fr eine Ablehnung gengt hingegen weder der Verdacht noch die Gewissheit einer bewusst wahrheitswidrigen Anerkennung.101 Da eine wahrheitswidrige Erklrung auch nicht wegen Versuchs der Personenstandsflschung nach § 169 Abs 2 StGB strafbar ist,102 wurden andere Wege gesucht, um dem Problem der missbruchlichen Vaterschaftsanerkennungen, dh solchen, die einzig zum Zwecke der Erlangung von Aufenthaltstiteln erfolgen, zu begegnen.103 – nicht (mehr) belegt

100 101 102 103

Ausfhrlich hierzu Gaaz StAZ 2007, 75 ff. Knittel Rn 23. Vgl hierzu auch Frank StAZ 2006, 281. Vgl Zypries/Cludius ZRP 2007, 1 ff; Arendt-Rojahn FPR 2007, 395 ff; Gaaz StAZ 2007, 75 ff.

46

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A. Elternschaft und Abstammung

46a Durch das am 1.6.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Ergnzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13.3.2008104 wurde der „zustndigen Behçrde“, die durch Landesrecht zu bestimmen ist (§ 1600 Abs 6 BGB), in den Fllen des § 1592 Nr 2 BGB ein Anfechtungsrecht eingerumt (§ 1600 Abs 1 Nr 5 BGB), mit der die durch Anerkennung festgestellte Vaterschaft beseitigt werden kann (nher dazu Rn 82a).105 Damit wird zwar auch weiterhin eine solche Anerkennung nicht verhindert, die durch Anerkennung entstandene Vaterschaft kann aber beseitigt werden. Da das Ablehnungsrecht des § 4 BeurkG fr den Fall der erkennbar im og Sinne missbruchlichen Vaterschaftsanerkennung fr ausreichend erachtet wurde,106 die Vorschrift aber wegen § 58 BeurkG nicht fr den Standesbeamten gilt, wurde in § 29a Abs 1 S 2 PStG bzw § 44 Abs 3 S 2 PStG107 eine Regelung geschaffen, wonach (auch) der Standesbeamte die Beurkundung ablehnen soll, wenn offenkundig ist, dass die durch Anerkennung entstehende rechtliche Vaterschaft nach § 1600 Abs 1 Nr 5 BGB anfechtbar wre.108 Die Tragweite der Regelung drfte aber ebenso wie die des § 4 BeurkG begrenzt bleiben, weil die Urkundsperson regelmßig keinerlei Anhaltspunkte fr das Fehlen einer sozial-familiren Beziehung haben wird. Mit Rechtskraft der der Anfechtung stattgebenden Entscheidung entfllt rckwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt die Vaterschaft und das Kind verliert dadurch die ggf durch die Vaterschaftsanerkennung erworbene deutsche Staatsangehçrigkeit,109 ein Aufenthaltstitel kann 104 105 106 107

108

109

BGBl I 2008, 313. Kritisch hierzu Frank StAZ 2006, 281, 282 f. Vgl BT-Drucks 16/3291 S 16. Art 1 des Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts (Personenstandsrechtsreformgesetz – PStRG) vom 19.2.2007 (BGBl I 122); zum neuen Personenstandsgesetz nher Gaaz FamRZ 2007, 1057 ff. Kritisch zum Fehlen einer Definition, wann „Offenkundigkeit“ iSv § 29a PStG, § 44 PStG vorliegt Deutscher Verein fr çffentliche und private Frsorge eV NDV 2006, 369 374; kritisch insoweit auch Frank StAZ 2006, 281, 285; DIJuFRechtsgutachten JAmt 2008, 197; vgl dazu aber auch Gaaz StAZ 2007, 75, 80, 81. Vgl BVerfG NJW 2007, 425 = FamRZ 2007, 21 = StAZ 2007, 138 = ZAR 2007, 150 m Anm Pfersich = VR 2007, 69 = FPR 2007, 422 (LS) = JuS 2007, 476 (LS) = NJW-Spezial 2007, 59 (LS); vgl auch die Besprechungsaufstze von Silagi StAZ 2007, 133 ff und Kiefer ZAR 2007, 93 ff.

II. Rechtliche Elternschaft

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gem § 51 Abs 1 Nr 3 AufenthG, § 48 VwVfG110 zurckgenommen werden. 3.3.2. Altes Recht im Überblick

Gem §§ 1600 a ff BGB aF konnte die Vaterschaft bereits vor dem 47 1.7.1998 durch Anerkennung festgestellt werden. Erforderlich war neben der Anerkennungserklrung des Mannes die Zustimmung des Kindes, (§ 1600 c BGB aF), das in den alten Bundeslndern dabei regelmßig durch das Jugendamt als Amtspfleger (§§ 1600 d Abs 2, 1706, 1709 BGB aF) vertreten wurde. In den neuen Bundeslndern galten §§ 1706 bis 1710 BGB aF auch nach dem Beitritt gem Art 230 Abs 1 EGBGB aF nicht, sodass es bei Geburt eines Kindes einer unverheirateten Kindesmutter nicht zum Eintritt der gesetzlichen Amtspflegschaft kam, wenn das Kind dort seinen Wohnsitz hatte. Die Zustimmung des Kindes musste innerhalb von 6 Monaten seit Beurkundung der Anerkennungserklrung abgegeben werden, § 1600 e Abs 3 BGB aF. Der Zustimmung der Kindesmutter bedurfte es nicht. Diese war allenfalls als Vertreterin ihres Kindes, nicht aber aus eigenem Recht beteiligt. War der Mann beschrnkt geschftsfhig, bedurfte es außerdem der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters; war er geschftsunfhig, konnte sein gesetzlicher Vertreter die Vaterschaft mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts anerkennen, § 1600 d Abs 1 BGB aF. Anerkennungserklrung und Zustimmung konnten bereits vorgeburtlich abgegeben werden (§ 1600 b Abs 2 BGB aF) und bedurften der çffentlichen Beurkundung, § 1600 e BGB aF.

110

Verwaltungsverfahrensgesetz idF vom 23.1.2003 (BGBl I S 102).

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A. Elternschaft und Abstammung

48 Vor dem Beitritt konnte der Vater eines Kindes im Beitrittsgebiet ebenfalls durch Anerkennung festgestellt werden, §§ 54, 55 FGB/ DDR.111 Zur wirksamen Anerkennung bedurfte es der Zustimmung der Kindesmutter, § 55 Abs 1 FGB/DDR. War diese nicht voll geschftsfhig, musste auch ihr gesetzlicher Vertreter der Anerkennung zustimmen. Stand das Kind unter Vormundschaft, war auch die Zustimmung des Vormundes erforderlich. Die Anerkennung konnte erst nach der Geburt des Kindes erfolgen. Die Anerkennungserklrung und die Zustimmungen bedurften der Beurkundung durch das Organ der Jugendhilfe oder das Staatliche Notariat, § 55 Abs 3 FGB/DDR. Ausnahmsweise war auch die Beurkundung durch den Leiter des Standesamts ausreichend, nmlich dann, wenn diese im Zusammenhang mit oder in Vorbereitung der Heirat der Eltern des Kindes erfolgte. Eine zwischen dem 1.4.1966 und dem 3.10.1990 im Beitrittsgebiet durch Anerkennung festgestellte Vaterschaft wurde durch den Beitritt nicht berhrt, Art 234 § 7 Abs 1 S 2 EGBGB. Gleiches gilt gem Art 234 § 7 Abs 4 EGBGB iVm § 8 EGFGB112 fr eine vor dem 1.4.1966 durch Anerkennung festgestellte Vaterschaft.113 49 Eine vor dem 1.7.1998 durch Anerkennung festgestellte Vaterschaft bleibt bestehen, Art 224 § 1 Abs 1 EGBGB. Checkliste: Vaterschaft durch Anerkennung 1. Anerkennung vor dem 1.7.1998 (vgl Art 224 § 1 Abs 1 EGBGB = wirkt fort) * Alle erforderliche Erklrungen abgegeben? – alle Erklrungen auch vorgeburtlich mçglich, § 1600 b Abs 2 BGB aF – – Anerkennungserklrung des Mannes, bei dessen Geschftsunfhigkeit seines gesetzlichen Vertreters + vor-

50

111 112 113

Nher dazu Adlerstein/Wagenitz FamRZ 1990, 1169, 1171. Einfhrungsgesetz zum Familiengesetzbuch der DDR vom 20.12.1965 (GBl I 1966 Nr 1 S 19). Die Regelung des Art 234 § 7 Abs 4 EGBGB ist verfassungsgemß, BVerfG FamRZ 1995, 411 = DAVorm 1996, 195 m Anm Brggemann.

II. Rechtliche Elternschaft

*

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mundschaftsgerichtliche Genehmigung, § 1600 d Abs 1 S 2 BGB aF – Zustimmung des Kindes, regelmßig vertreten durch Amtspfleger, §§ 1600 c, 1706 BGB aF; vorgeburtlich durch Pfleger nach § 1912 Abs 1 S 2 BGB aF – ggf Zustimmung des gesetzlichen Vertreters gem § 1600 d Abs 1 S 1, Abs 2 BGB aF – ggf Zustimmung des Betreuers (nur wenn Einwilligungsvorbehalt fr diesen Aufgabenkreis angeordnet war), § 1600 d Abs 3 Hs 2 BGB aF iVm § 1903 BGB (anderweitige) Stellvertretung ausgeschlossen, § 1600 d Abs 4 BGB aF Inhalt der Erklrungen? – bedingungs- und befristungsfeindlich, § 1600 b Abs 1 BGB aF Zustimmung(en) fristgerecht? – 6 Monate nach Beurkundung der Anerkennungserklrung (§ 1600 e Abs 3 BGB aF) Fristbeginn nicht vor Geburt des Kindes (bedeutsam bei vorgeburtlicher Anerkennung, § 1600 b Abs 2 BGB aF) Form erfllt? – Anerkennungserklrung und Zustimmungserklrung des Kindes: çffentliche Beurkundung, § 1600 e Abs 1 S 1 BGB aF – Zustimmungserklrung des gesetzlichen Vertreters zu einer solchen Erklrung: çffentliche Beglaubigung, § 1600 e Abs 1 S 2 BGB aF Zustimmungen zugegangen? Erklrung gegenber Anerkennendem oder Standesamt, § 1600 c Abs 2 BGB aF keine andere Vaterschaft? Die Anerkennung ist unwirksam, wenn das Kind bereits einen Vater hat, sei es kraft Ehe (arg § 1600 a BGB aF), sei es kraft Anerkennung oder rechtskrftiger gerichtlicher Feststellung, § 1600 b Abs 3 BGB aF. Zunchst Beseitigung der bestehenden Vaterschaft durch Anfechtung erforderlich! Ausnahme: Art 224 § 1 Abs 2 EGBGB, 1599 Abs 2 BGB nF (dazu unten Nr 2)

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A. Elternschaft und Abstammung

Aber: Vaterschaft auch bei Verstoß gegen obige Voraussetzungen durch Fristablauf mçglich, § 1600 f Abs 2 BGB aF (Fnf Jahre seit Eintragung in deutsches Personenstandsbuch verstrichen?) 51

1. Anerkennung nach dem 30.6.1998 * Alle erforderliche Erklrungen abgegeben? – alle Erklrungen auch vorgeburtlich mçglich, §§ 1594 Abs 4, 1595 Abs 3 BGB – – Anerkennungserklrung des Mannes, bei dessen Geschftsunfhigkeit die seines gesetzlichen Vertreters + vormundschaftsgerichtliche Genehmigung, §§ 1594, 1596 Abs 1 S 3 BGB – Zustimmung der Mutter, bei deren Geschftsunfhigkeit die ihres gesetzlichen Vertreters + vormundschaftsgerichtliche Genehmigung, §§ 1595 Abs 1, 1596 Abs 1 S 4, 3 BGB – ausnahmsweise(!) Zustimmung des Kindes, § 1595 Abs 2 BGB Zustimmung des Kindes bei unter 14-Jhrigen oder Geschftsunfhigkeit durch gesetzlichen Vertreter, § 1596 Abs 2 S 1 BGB; ist das Kind zwischen 14 Jahre und 18 Jahre alt: Zustimmung des Kindes + Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Kindes, § 1596 Abs 2 S 2 BGB; vorgeburtlich durch Beistand (§§ 1712 ff BGB) oder Pfleger nach § 1912 Abs 1 BGB – ggf Zustimmung des gesetzlichen Vertreters von Mann oder Mutter gem § 1596 Abs 1 Stze 1 bis 3 BGB – ggf Zustimmung des Betreuers (nur wenn Einwilligungsvorbehalt fr diesen Aufgabenkreis angeordnet ist), § 1596 Abs 3 Hs 2 BGB iVm § 1903 BGB (anderweitige) Stellvertretung ausgeschlossen, § 1596 Abs 4 BGB * Inhalt der Erklrungen? – bedingungs- und befristungsfeindlich, § 1594 Abs 3 BGB * Anerkennungserklrung (wirksam) widerrufen? – Widerruf nach Ablauf eines Jahres nach Beurkundung der Erklrung, aber nur bis zur Wirksamkeit der Anerkennung

II. Rechtliche Elternschaft

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durch erforderliche Zustimmung(en) mçglich, § 1597 Abs 3 BGB Form erfllt? – Anerkennungserklrung und (alle) Zustimmungen: çffentliche Beurkundung, § 1597 Abs 1 BGB keine andere Vaterschaft? Die Anerkennung ist schwebend unwirksam, solange das Kind einen Vater hat, sei es kraft Ehe, sei es kraft Anerkennung oder rechtskrftiger gerichtlicher Feststellung, § 1594 Abs 2 BGB. Eine solche bestehende Vaterschaft muss grundstzlich zunchst durch rechtskrftige Anfechtungsentscheidung beseitigt werden. Ausnahme: § 1599 Abs 2 BGB Voraussetzungen: * Kind nach Anhngigkeit eines Scheidungsverfahrens geboren * Anerkennung durch Dritten * Zustimmung des (geschiedenen) Ehemannes der Mutter * Zustimmung der Mutter sptestens bis Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsurteils

Aber: Vaterschaft auch bei Verstoß gegen obige Voraussetzungen durch Fristablauf mçglich, § 1598 Abs 2 BGB (Fnf Jahre seit Eintragung in deutsches Personenstandsbuch/-register verstrichen?)

3.4. Vaterschaft kraft gerichtlicher Feststellung 3.4.1. Neues Recht a) Allgemeines

Besteht keine Vaterschaft kraft Ehe mit der Mutter oder infolge 52 Anerkennung, ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen, § 1600 d Abs 1 BGB. Besteht eine Vaterschaft auf Grund der §§ 1592 Nr 1, 2 oder 1593 BGB muss diese zunchst durch Anfechtung beseitigt werden.

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A. Elternschaft und Abstammung

Ziel des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens ist, wie im alten Recht, die Ermittlung der wahren Vaterschaft aufgrund Abstammung, vgl § 640 Abs 2 Nr 1 ZPO. Nach § 1592 Nr 3 BGB ist Vater des Kindes der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1600 d BGB oder § 640 h Abs 2 ZPO gerichtlich festgestellt wurde. Diese durch das KindRG neu gefasste Vorschrift wurde durch Art 1 des Gesetzes vom 23.4.2004114 mit Wirkung vom 30.4.2004 erweitert. Soweit auf § 1600 d BGB Bezug genommen wird, entspricht die Regelung im Grundsatz der bereits nach dem bis zum 30.6.1998 geltenden Recht mçglichen gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung (dazu Rn 66 ff). Der Vaterschaftsfeststellungsantrag ist nach §§ 1600 a iVm § 1600 e Abs 2 BGB – wie unter Geltung alten Rechts – weiterhin nicht fristgebunden.115 b) Klage-/Antragsberechtigte

53 Die Feststellung erfolgt nicht von Amts wegen, sondern nur auf Klage bzw Antrag der in §1600 e Abs 1 S 1 Nr 1 und Nr 2 BGB abschließend aufgefhrten Personen. Das Feststellungsverfahren nach § 1600 d BGB kann demnach betrieben werden von – der Mutter des Kindes – dem Kind – dem Mann, der sich fr den Vater des Kindes hlt.

114

115

Gesetz zur nderung der Vorschriften ber die Anfechtung der Vaterschaft und das Umgangsrecht von Bezugspersonen des Kindes, zur Registrierung von Vorsorgeverfgungen und zur Einfhrung von Vordrucken fr die Vergtung von Berufsbetreuern vom 23.4.2004, BGBl I S 598. OLG Saarbrcken FamRZ 2006, 565 = JAmt 2006, 144 mwN.

II. Rechtliche Elternschaft

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c) Klage/Antrag durch die Kindesmutter aus eigenem Recht und als Vertreterin des Kindes

Die Klageberechtigung der Kindesmutter aus eigenem Recht kor- 54 respondiert mit dem Anliegen des Kindschaftsrechtsreformgesetzgebers, die Stellung der Mutter „sowohl bei der Anerkennung als auch bei der Anfechtung der Vaterschaft“ zu strken,116 ohne dass thematisiert wurde, dass eine gerichtliche Entscheidung auf Betreiben der Kindesmutter die Feststellung eines Drittverhltnisses bedeutet, weil nur das zwischen Kind und Vater bestehende Verwandtschaftsverhltnis in Rede steht.117 Die das Kind nach Wegfall der gesetzlichen Amtspflegschaft (§§ 1706 Nr 1, 1709 BGB) gem §§ 1626a Abs 2, 1629 Abs 1 S 3 BGB allein vertretende Kindesmutter kann folglich sowohl aus eigenem Recht als auch als Vertreterin des Kindes Feststellung begehren. Ist die Kindesmutter nicht sorgeberechtigt, wirft das die Frage auf, ob 55 konkurrierende Feststellungsklagen gegen verschiedene Putativvter durch den gesetzlichen Vertreter des Kindes und die Kindesmutter erhoben werden kçnnen. § 640 c Abs 2 ZPO schließt seinem Wortlaut nach nur aus, dass whrend der Dauer der Rechtshngigkeit einer Feststellungsklage eine entsprechende Klage anderweitig anhngig gemacht werden kann. Damit sollte nach Aussage des Gesetzgebers vermieden werden, dass Klageberechtigte nach § 1600 e BGB parallel – ggf an unterschiedlichen Gerichtsstnden – entsprechende Klagen anhngig machen.118 Ausdrcklich erwhnt wird also lediglich die Vermeidung aktiver Klagenhufung gegen denselben Mann, whrend die noch misslichere Mçglichkeit von Klagen gegen verschiedene Vaterschaftsprtendenten unerwhnt bleibt. Nach richtiger Ansicht muss § 640 c ZPO aber auch bei Hufung von Klagen gegen verschiedene Putativvter gelten.119

116 117 118 119

BT-Drucks 13/4899 S 54. Gaul FamRZ 2000, 1461, 1472. BT-Drucks 13/4899 S 126. Nher dazu Hoffmann in FamRefK § 640 c ZPO Rn 3 ff.

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A. Elternschaft und Abstammung

Die Rechtshngigkeitssperre entfllt jedoch ex nunc, wenn die Rechtshngigkeit des anderen Prozesses fortfllt.120 56 Der Wegfall der gesetzlichen Amtspflegschaft infolge der Aufhebung der §§ 1706 bis 1710 BGB aF durch das BeistandG121 wird fr jene Flle fr problematisch gehalten, in denen die allein sorgeberechtigte Kindesmutter die Vaterschaftsfeststellung weder aus eigenem Recht noch als Vertreterin des Kindes betreibt, weil sie eigene Interessen schtzen will und deshalb das Interesse des Kindes an der alsbaldigen Vaterschaftsfeststellung zurcksetzt.122 § 1629 Abs 2 S 3 BGB schließt den Entzug der Vertretungsmacht fr den Fall der Vaterschaftsfeststellung aus, sodass nur der Sorgerechtsentzug nach § 1666 BGB bleibt. Dieser wird aber nicht selten an der Eingriffsschwelle „Kindeswohlgefhrdung“ scheitern, weil das BVerfG123 die Abwgung des Rechts des Kindes auf Benennung des Vaters gegen die durchaus beachtlichen Interessen der Mutter auf Achtung von Privat- und Intimsphre als Abwehrgrundrecht aus Art 2 Abs 1 iVm Art 2 Abs 1 GG im Einzelfall gefordert hat.124 Der Entzug der Sorge fr die Vaterschaftsfeststellung wird folglich ebenfalls eine entsprechende Interessenabwgung im konkreten Fall voraussetzen. Dem ist hinzuzufgen, dass sich die Nichtbenennung tatschlich selten als kindeswohlgefhrdend auswirken wird. Im brigen stellt sich die Frage, welchen Wert ein unwissender Pfleger htte, da auch ein Ergnzungspfleger keine Benennung verlangen kann, wenn schon einem volljhrigen Kind kein Auskunftsanspruch zusteht.125 Der Entschluss des Gesetzgebers, die Entscheidung in die Hnde der Mutter zu legen, 120 121

122 123

124

125

BGH NJW 2002, 2109 = FamRZ 2002, 880 = JAmt 2002, 253 = FuR 2002, 452 = MDR 2002, 948 =FPR 2002, 418 m Anm Veit FamRZ 2002, 953 f. Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuordnung des Rechts der Beistandschaft (Beistandschaftsgesetz) vom 4.12.1997, BGBl I S 2846. Gaul FamRZ 1997, 1441, 1452; Mutschler FamRZ 1996, 1381, 1384. BVerfGE 96, 56 = NJW 1997, 1769 = FamRZ 1997, 869 = JZ 1997, 777 m Anm Starck; vgl auch die Besprechungsaufstze von Eidenmller JuS 1998, 789 ff und Frank/Helms FamRZ 1997, 1258 ff. Einen berblick ber die seit Inkrafttreten des BGB zur Frage eines Auskunftsrechts des Kindes und einer damit korrespondierenden Auskunftsverpflichtung Dritter gefhrte Diskussion bieten Muscheler/Bloch FPR 2002, 339, 341 ff. Muscheler/Beisenherz JR 1999, 356, 361.

II. Rechtliche Elternschaft

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ist deshalb zu akzeptieren. Ein Teilentzug der elterlichen Sorge kme folglich allenfalls in Betracht, wenn das Interesse des Kindes an der Feststellung der Identitt des Vaters hçher zu bewerten wre, als das Interesse der Mutter, ihn nicht zu benennen.126 Aber auch dann stellt sich die Frage, welchen Sinn es htte, nach einem entsprechenden Entzug den dann erforderlichen Ergnzungspfleger zu bestellen, wenn die Mutter nicht bereit ist, den Vater des Kindes zu benennen. Da das Grundrecht der Mutter auf Schutz der Intimsphre zumindest in jedem Fall Vorrang vor dem Auskunftsverlangen çffentlicher Stellen hat, kçnnte etwa das Jugendamt als bestellter Amtspfleger fr das Kind ohnehin nichts erreichen.127 Hat die Kindesmutter die Feststellungsklage aus eigenem Recht erho- 57 ben, ist das Kind am Verfahren nicht als Partei beteiligt und daher gem § 640 e Abs 1 ZPO grundstzlich beizuladen. Das gilt auch dann, wenn die Kindesmutter gesetzliche Vertreterin des Kindes (§§ 1626a Abs 2, 1629 Abs 1 S 3 BGB) ist.128 In diesem Fall hat die Ladung an die Kindesmutter zu erfolgen, weil das minderjhrige Kind nicht prozessfhig ist, § 52 ZPO. Einer Ergnzungspflegerbestellung fr die Zustellung der Ladung und die Entscheidung ber einen nach § 640 e Abs 1 S 2 ZPO mçglichen Beitritt bedarf es nicht,129 denn der Gesetzgeber hat eine Einschrnkung der Vertretungsmacht der Kindesmutter wegen einer Interessenkollision ausdrcklich ausgeschlossen (§ 1629 Abs 2 S 3 BGB). Wenn aber selbst eine Entziehung der Vertretungsmacht fr die Entscheidung, ob ein Feststellungsverfahren betrieben wird, ungeachtet eines ggf tatschlich feststellbaren Interessenwiderstreits ausscheidet, kommt die Bestellung eines Pflegers fr die Entgegennahme der Ladung und die 126 127

128 129

AG Frth FamRZ 2001, 1089. Muscheler/Bloch FPR 2002, 339, 346, 347; und (nochmals) Muscheler FPR 2005, 177, 179, der zutreffend resmiert, dass es gleichgltig ist, ob die Mutter ihre Pflicht gegenber einem Pfleger oder gegenber dem Kind nicht erfllt. AA Wieser FamRZ 1998, 1004, 1005; Kirchmeier FPR 2002, 370, 373, nach dem es keiner Beiladung bedarf, wenn die Kindesmutter Klgerin ist. Grn Rn 92; aA Zçller/Philippi § 640 e Rn 2 unter Berufung auf die Entscheidung des BGH vom 27.3.2002 zur Notwendigkeit einer Pflegerbestellung im Vaterschaftsanfechtungsverfahren (NJW 2002, 2109 = FamRZ 2002, 880 = JAmt 2002, 253 = FuR 2002, 452 = MDR 2002, 948 = FPR 2002, 418 m Anm Veit FamRZ 2002, 953 f).

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A. Elternschaft und Abstammung

Entscheidung ber einen Beitritt zum Vaterschaftsfeststellungsverfahren erst recht nicht in Betracht. d) Feststellung der Vaterschaft gem § 640 h Abs 2 ZPO

58 Die zum 30.4.2004 eingefgte Regelung des § 1592 Nr 3 BGB, nach der Vater des Kindes (auch) derjenige ist, dessen Vaterschaft nach § 640 h Abs 2 ZPO festgestellt wurde, geht auf die Entscheidung des BVerfG vom 9.4.2003130 zurck. Darin wurde ua die Unvereinbarkeit von § 1600 BGB aF mit Art 6 Abs 2 GG insoweit festgestellt, als er den leiblichen, nicht aber rechtlichen Vater eines Kindes ausnahmslos von der Anfechtung der Vaterschaft auch dann ausschloss, wenn die rechtlichen Eltern mit dem Kind keine soziale Familie bilden, die es nach Art 6 Abs 1 GG zu schtzen gilt. Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, eine Regelung zu schaffen, die es auch dem nur leiblichen Vater gestattet, in den Fllen die Vaterschaft eines anderen Mannes zu beseitigen, in denen zwischen rechtlichem Vater und Kind keine sozial-familire Beziehung besteht oder bestand, um es diesem zu ermçglichen, zur rechtlichen Vaterschaft zu gelangen. Mit der nderung des § 1600 Abs 1 BGB, mit welcher der Kreis der Anfechtungsberechtigten um den nur leiblichen Vater erweitert wurde, hat der Gesetzgeber die Regelung des § 640 h Abs 2 ZPO verbunden, sodass das Kind auch bei erfolgreicher Anfechtung durch den „nur“ leiblichen Vater nicht vaterlos wird. Danach hat das Gericht von Amts wegen in der Anfechtungsentscheidung, mit der die Vaterschaft des bisher als Vater vermuteten Mannes beseitigt wird, mit Wirkung fr und gegen alle festzustellen, dass der Anfechtende der (rechtliche) Vater des Kindes ist. 59 Diese Feststellungswirkung fgt sich nach den berlegungen des Gesetzgebers in die Systematik des materiellen Abstammungsrechts nach §§ 1591 ff BGB ein, da bereits die Anfechtung durch den Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes whrend der Empfngniszeit beigewohnt zu haben, nach § 1600 Abs 2 BGB den Nach130

NJW 2003, 2151 = FamRZ 2003, 816 = Rpfleger 2003, 417 = FPR 2003, 471 = JAmt 2003, 301 m Anm Huber FamRZ 2003, 825 und Rakete-Dombek FPR 2003, 478.

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weis der leiblichen Vaterschaft voraussetzt.131 Durch die Regelung in § 1600 Abs 2 BGB ist die leibliche Vaterschaft Prfungsgegenstand im Anfechtungsverfahren, ber die nach §§ 616 Abs 1, 617 ZPO als Tatbestandsvoraussetzung von Amts wegen Beweis zu erheben ist, auch wenn sich die Anfechtung als Gestaltungsklage hinsichtlich ihres Streitgegenstandes nur auf die Beseitigung des Verwandtschaftsverhltnisses von rechtlichem Vater und Kind erstreckt,132 sodass es konsequent ist, die Vaterschaft des erfolgreich Anfechtenden mit Wirkung fr und gegen alle festzustellen. Damit wird gleichzeitig der Gefahr entgegengewirkt, dass ein Dritter die Vaterschaft allein deshalb anficht, um Unfrieden zu stiften, ohne gleichzeitig frchten zu mssen, rechtlich festgehalten zu werden. e) Vaterschaftsvermutung gem § 1600 d BGB

Der Kindschaftsrechtsreformgesetzgeber hat sich in § 1600 d Abs 2 60 BGB fr die Vermutung der Vaterschaft desjenigen Mannes entschieden, der der Mutter whrend der Empfngniszeit beigewohnt hat. Als Empfngniszeit wird in § 1600 d Abs 3 BGB die Zeit vom 300. bis zum 181. Tag vor der Geburt des Kindes, jeweils mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages, definiert. Mit der Regelung in Abs 2 ist der Gesetzgeber trotz heftiger Kritik von der bisherigen Systematik des § 1600o Abs 1 BGB aF insoweit abgewichen, als der Wortlaut der Norm nicht mehr von der Vaterschaft durch Zeugung des Kindes spricht. Dieses Versumnis ndert in der Sache aber nichts, denn es gilt auch weiterhin, dass es im Vaterschaftsfeststellungsverfahren um die Klrung der wahren Vaterschaft geht, die aufgrund Abstammung besteht, § 1589 BGB. Der unmittelbare positive Beweis der Vaterschaft durch Gutachten ist deshalb weiterhin der Regelfall.133 Ein Rckgriff auf die Vermutung der Vaterschaft aufgrund bewiesener Beiwohnung in der Empfngniszeit 131 132 133

BT-Drucks 15/2253 S 13. BT-Drucks 15/2253 S 11. Nach einer Entscheidung des AG Wedding (FamRZ 2005, 1192) bedarf es dann nicht der Erstellung eines Abstammungsgutachtens, wenn der Putativvater nach der glaubhaften Aussage der Kindesmutter die Beziehung gerade wegen der Schwangerschaft beendet und sich ber 10 Jahre hinweg allen gerichtlichen Aufforderungen und Anordnungen betreffend die Blutabnahme widersetzt hat.

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A. Elternschaft und Abstammung

wird daher nur dann bedeutsam, wenn ein solches Gutachten nicht oder noch nicht eingeholt werden kann134 oder dieses allein nicht ausreicht, etwa wenn es sich bei den in Betracht kommenden Mnnern um eineiige Zwillinge handelt. Praktische Bedeutung hat die Vermutung nach § 1600 d Abs 2 BGB deshalb hauptschlich im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfgung fr Mutter und Kind auf Leistung von Unterhalt nach § 1615o BGB.135 f) Klage- oder Antragsverfahren

61 Das Familiengericht entscheidet zu Lebzeiten von Mann und Kind auf Klage des Mannes gegen das Kind oder auf Klage von Mutter oder Kind gegen den Mann, § 1600 e Abs 1 S 1 Nr 1 und Nr 2 BGB. Sind der Mann oder das Kind verstorben, so wird in § 1600 e Abs 2 BGB ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erçffnet, weil ein streitiges Klageverfahren wegen Fehlens einer Gegenpartei nicht durchgefhrt werden kçnnte. Bei dieser Konstellation hat das Familiengericht auf Antrag des Mannes oder auf Antrag des Kindes oder seiner Mutter zu entscheiden. In beiden Fllen handelt es sich zwar um eine Kindschaftssache, §§ 621 Abs 1 Nr 10, 640 Abs 2 Nr 1 ZPO, im Antragsverfahren nach § 1600 e Abs 2 BGB nach dem Tode des Mannes oder des Kindes findet jedoch FGG-Verfahrensrecht Anwendung, § 621a Abs 1 S 1 ZPO. g) Untersuchungsgrundsatz

62 Im Verfahren nach der ZPO gilt ebenso wie im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit insoweit abweichend von der im Zivilprozess sonst geltenden Dispositionsmaxime der Untersuchungsgrundsatz (§§ 640 Abs 1, 616 Abs 1, 617 ZPO), sodass das Gericht die fr die Entscheidung erheblichen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln hat und nicht auf die von den Parteien vorgetragenen Tatsachen beschrnkt ist.

134 135

Gaul FamRZ 2000, 1461, 1471; Grn Rn 136. Palandt/Diederichsen § 1600 d Rn 11.

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Nach § 372a ZPO haben Personen die zur Feststellung der Abstammung erforderlichen Untersuchungen, insbesondere zum Zwecke der Blutgruppenuntersuchung grundstzlich zu dulden,136 wenn davon nach den anerkannten Grundstzen der Wissenschaft Aufklrung zu erwarten ist. Ein das Bestehen einer Vaterschaft feststellendes rechtskrftiges 63 Urteil nach § 1600 d BGB wirkt fr und gegen alle, sofern es zu Lebzeiten der Parteien rechtskrftig geworden ist (§ 640 h Abs 1 S 1, 3 ZPO). ber den Wortlaut von § 640 h Abs 1 S 3 ZPO hinaus entfaltet auch ein Urteil diese Wirkung, mit dem die Vaterschaft des „nur“ genetischen Vaters nach § 640 h Abs 2 ZPO auf dessen Vaterschaftsanfechtungsklage gem 1600 Abs 1 Nr 2 BGB konkretisiert wurde.137 Die Rechtswirkungen der Vaterschaft kçnnen grundstzlich erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden, § 1600 d Abs 4 BGB. Die rechtliche Zuordnung zu dem festgestellten Vater wirkt jedoch wie bei der Vaterschaft kraft Anerkennung auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zurck, denn die rechtliche Verwandtschaft wird auch durch ein Vaterschaftsfeststellungsurteil „nur“ festgestellt, nicht also erst begrndet. Es handelt sich daher auch bei § 1600 d Abs 4 BGB lediglich um eine Rechtsausbungssperre.138 Der BGH ließ in seiner Entscheidung vom 16.4.2008139 im Rahmen eines Regressverfahrens, in dem der Mann, dessen Vaterschaft durch Anfechtung beseitigt war („Scheinvater“), die whrend seiner rechtlichen Vaterschaft geleisteten Unterhaltsbetrge gegen den wahren Erzeuger der Kinder geltend machte, jedoch ausnahmsweise die Inzidentfeststellung der Vaterschaft zu. Die Notwendigkeit dazu ergab sich nach Auffassung des Senats daraus, dass dem Mann andernfalls der Rckgriff nicht mçglich wre, wenn die Mutter und der wahre Erzeuger die Feststellung der Vaterschaft gerade deshalb nicht betrieben, um den Regress zu verhindern. Ein ausnahmsloses Festhalten an § 1600 d Abs 4 BGB fhrte in solchem Fall dazu, dass 136 137 138 139

Nher hierzu Frank FamRZ 1995, 975 und Wanitzek FPR 2002, 390, 398 (Letztere auch zum Weigerungsrecht). Wieser FamRZ 2008, 456. Nher dazu Schwonberg FamRZ 2008, 449 ff. NJW 2008, 2433 m Anm Maurer = FamRZ 2008, 1424 m Anm Wellenhofer = FF 2008, 180; ausfhrlich dazu Zimmermann FPR 2008, 327 ff.

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der Scheinvater faktisch der Willkr der Kindesmutter und des wahren Erzeugers ausgeliefert und somit rechtlos gestellt wre. 64 Die durch gerichtliche Entscheidung festgestellte Vaterschaft kann nicht angefochten werden, arg § 1599 Abs 1 BGB. Vielmehr bleibt zur Beseitigung des „unrichtigen“ Statusurteils nur der Weg der Wiederaufnahme des Verfahrens nach §§ 578 ff ZPO und § 641i ZPO. h) Pränatale gerichtliche Vaterschaftsfeststellung?

65 Eine prnatale gerichtliche Vaterschaftsfeststellung sieht das Gesetz nicht vor. Auch spricht die Regelung des § 1600 d Abs 2, 3 BGB dagegen, nach der die Vaterschaftsvermutung an die Beiwohnung des Mannes innerhalb der Empfngniszeit anknpft, und die rechnerische Ermittlung der Empfngniszeit die Geburt des Kindes voraussetzt.140 Die Rechtsfhigkeit und damit die fr einen Vaterschaftsfeststellungsprozess erforderliche Parteifhigkeit des ungeborenen Kindes wurde im Wege einer Rechtsanalogie indes bejaht,141 sodass die werdende Mutter bereits vor der Geburt des Kindes sowohl aus eigenem Recht als auch in Vorwirkung der elterlichen Sorge gemß §§ 1626a Abs 2 BGB, 1912 Abs 2 BGB im Namen des Kindes Klage erheben und ein Beweissicherungsverfahren durchgefhrt werden kann.142 3.4.2. Altes Recht im Überblick

66 Die Vaterschaft konnte schon vor dem 1.7.1998 gerichtlich festgestellt werden, wenn das Kind entweder bereits bei seiner Geburt oder infolge Anfechtung der Ehelichkeit nicht ehelich und die Vaterschaft nicht bereits wirksam anerkannt oder gerichtlich rechtskrftig festgestellt war, §§ 1600 a, 1600n BGB aF, § 641k ZPO aF. Als Vater war der Mann festzustellen, der das Kind gezeugt hatte (§ 1600o Abs 1 BGB 140 141 142

In diesem Sinne auch Kirchmeier FPR 2002, 370. OLG Schleswig NJW 2000, 1271 = DAVorm 2000, 168 = MDR 2000, 397 m Anm Born. Zur Entwicklung von Prnataldiagnostikverfahren vgl Reichelt FamRZ 1994, 1303 ff.

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aF), von dem es also abstammte, wobei die Zeugung durch den Mann und damit die Abstammung von dem Mann grundstzlich vermutet wurde, welcher der Mutter in der Empfngniszeit beigewohnt hatte, § 1600o Abs 2 BGB aF. Die Empfngniszeit bestimmte § 1592 BGB aF; sie reichte von dem 181. bis zum 302. Tag vor dem Tag der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 181. als auch des 302. Tages. Die Feststellung erfolgte auf Klage des Mannes oder des Kindes. 67 Klagte das Kind, das dabei regelmßig durch den gesetzlichen Amtspfleger gem §§ 1706 Nr 1, 1709 BGB aF vertreten wurde, so richtete sich diese gegen den Mann. Erhob der Mann Klage, richtete sie sich gegen das Kind, § 1600n Abs 1 BGB aF. Zustndig war das AG als Prozessgericht, § 23a GVG aF, §§ 640, 641 ZPO aF. War der Mann verstorben, wurde die Vaterschaft auf Antrag des Kindes vom Vormundschaftsgericht festgestellt. War das Kind verstorben, war die Vaterschaft auf Antrag der Mutter vom Vormundschaftsgericht festzustellen, § 1600n Abs 2 BGB aF. Zu Lebzeiten des Kindes war die Mutter selbst jedoch nicht aus eigenem Recht klageberechtigt. In dem Verfahren, in dem es um die Feststellung der wahren Vaterschaft ging, gab es nach der Rechtsprechung des BGH143 zwei Wege zur Vaterschaftsfeststellung: zum einen den unmittelbaren, vollen Vaterschaftsbeweis nach § 1600o Abs 1 BGB aF, wonach der Mann als Vater festzustellen war, „der das Kind gezeugt hat“, zum anderen den mittelbaren Vaterschaftsbeweis mit Hilfe der Vermutung aufgrund bewiesener „Beiwohnung“, § 1600o Abs 2 BGB aF. Die durch gerichtliche Entscheidung vor dem 1.7.1998 rechtskrftig 68 festgestellte Vaterschaft wirkt fort, Art 224 § 1 EGBGB. Im Beitrittsgebiet war die Vaterschaft ebenfalls im gerichtlichen 69 Verfahren zu klren, wenn sie nicht kraft Ehe bestand und auch noch nicht durch Anerkennung oder gerichtliche Entscheidung festgestellt war, §§ 56 Abs 1, 58 FGB/DDR.144 Klageberechtigt waren hier bis zum Beitritt sowohl das Kind, vertreten durch seinen Vormund, als auch die Mutter, § 56 Abs 1 FGB/DDR. Der Mann, der sich der Vater143 144

Vgl ua BGH NJW 1994, 1348 = FamRZ 1994, 506. Nher dazu Adlerstein/Wagenitz FamRZ 1990, 1169, 1170.

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A. Elternschaft und Abstammung

schaft berhmte, konnte bis zum 3.10.1990 eine Feststellungsklage nicht erheben. War das Kind volljhrig, konnte es selbst klagen. Die Klage durch das volljhrige Kind konnte gem § 56 Abs 2 FGB/DDR nur binnen Jahresfrist vom Zeitpunkt der Kenntnis der fr die Vaterschaft des Beklagten sprechenden Tatsachen erhoben werden. Mit dem Beitritt entfiel auch diese Regelung, sodass auch noch nach Ablauf der Frist des § 56 Abs 2 FGB/DDR Klage erhoben werden konnte.145 Mit dem Beitritt entfiel außerdem das mtterliche Klagerecht und es entstand das Klagerecht des Mannes. Auch die im Beitrittsgebiet durch gerichtliche Entscheidung festgestellte Vaterschaft wurde weder durch den Beitritt noch durch das Inkrafttreten des KindRG am 1.7.1998 berhrt, Art 234 §§ 1, 7 Abs 1, 4146, Art 224 § 1 Abs 1 EGBGB. 70 Streitig ist, ob ein vor dem Beitritt geflltes Statusurteil einer Anerkennung analog § 328 ZPO bedarf.147 Nach richtiger Ansicht scheidet eine inzidente Prfung, ob eine in der Zeit vom 1.4.1966 bis zum 2.10.1990 ergangene Entscheidung anzuerkennen ist, indes aus, weil Art 234 § 7 Abs 1 EGBGB – in Umsetzung des Art 18 EinigungsV – den Bestandsschutz fr geklrte Abstammungsverhltnisse und somit die Fortgeltung von gerichtlichen Entscheidungen anordnet.148 In den Erluterungen zum Einigungsvertrag ist angegeben, dass Entscheidungen, die nach altem Recht rechtskrftig geworden sind, ebenso behandelt werden wie Entscheidungen nach der durch den Beitritt auf das Gebiet der DDR erstreckten ZPO,149 sodass solche Entscheidungen auch nicht wie auslndische einer Anerkennungsprfung gem § 328 ZPO unterworfen sein kçnnen.

145 146 147 148 149

BGH FamRZ 1997, 876 = NJW 1997, 2053. Zur Verfassungsmßigkeit der Regelung des Art 234 § 7 Abs 4 EGBGB vgl BVerfG FamRZ 1995, 411 = DAVorm 1996, 195 m Anm Brggemann. Fr eine inzidente Prfung analog § 328 ZPO BGH FamRZ 1997, 490 = NJW 1997, 2051 = NJ 1997, 257; OLG Naumburg FamRZ 2001, 1013. Andrae NJ 2002, 15 ff. EinigungsV mit amtl Erluterung (BT-Drucks 11/7817), 4. Aufl 1992 S 533.

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3.5. Vaterschaft für vor dem 1.7.1998 geborene Kinder

Die Regelung des Art 224 § 1 Abs 1 EGBGB, nach der sich die Vater- 71 schaft eines vor dem 1.7.1998 geborenen Kindes nach den bis dahin geltenden Vorschriften richtet, wirft die Frage auf, ob es insoweit nur auf das Geburtsdatum des Kindes ankommt, sodass sich die Vaterschaftszuordnung fr jedes vor diesem Stichtag geborene Kind nach frherem Recht richtet150 oder ob sich daraus nur ergibt, dass eine am 1.7.1998 bereits wirksam zustande gekommene Vaterschaftszuordnung bestehen bleibt.151 Fr erstere Auffassung wird die amtliche Begrndung152 angefhrt, denn der Gesetzgeber wollte das alte Recht fr den Fall des Fehlens von fr die Vaterschaftsanerkennung erforderlichen Zustimmungen angewendet wissen. Daraus wird abgeleitet, dass fr jedes vor dem 1.7.1998 geborene Kind ohne rechtlichen Vater weiterhin die bis dahin geltenden Vorschriften anwendbar sind, ua mit dem Ergebnis, dass stets die Zustimmung des Kindes erforderlich, die der Kindesmutter aus eigenem Recht hingegen entbehrlich ist.153 Aus den Gesetzesmaterialien lsst sich indes nur entnehmen, dass eine am 1.7.1998 noch nicht vollstndig wirksame Vaterschaftsbegrndung weiterhin altem Recht unterliegen sollte, was aber nicht bedeutet, dass eine Vaterschaft fr jedes vor dem Stichtag geborene Kind nur nach den alten Vorschriften herbeigefhrt werden kann. Von der bergangsregelung erfasst werden neben jenen Fllen, in denen die Vaterschaft aufgrund alten Rechts bereits bestanden hat, vielmehr nur solche, in denen die rechtliche Zuordnung eines vor dem 1.7.1998 geborenen Kindes zum Vater zwar noch nicht vollstndig wirksam, der Weg dahin aber etwa durch formgerechte Anerkennungserklrung des Mannes, bereits eingeschlagen war.

150 151 152 153

So Kirchmeier Kind-Prax 1998, 144, 145 und Grn Rn 337 ff mwN. In diesem Sinne BayObLG FamRZ 2000, 699; Palandt/Diederichsen Art 224 § 1 EGBGB Rn 3; Staudinger/ Rauscher Art 224 § 1 EGBGB Rn 2. BT-Drucks 13/4899 S 138. Grn Rn 338.

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A. Elternschaft und Abstammung

72 III.

bersichtsskizze: Vaterschaft gem § 1592 Nr 2 und Nr 3 BGB Kind außerhalb der Ehe geboren oder Vaterschaft des Ehemannes durch gerichtliche Entscheidung beseitigt Kind „vaterlos“ es sei denn

(Vorgeburtliche) Anerkennung der Vaterschaft • vor dem 1.7.1998 mit Zustimmung des Kindes, (regelmäßig) vertreten durch den Amtspfleger, innerhalb von 6 Monaten nach Anerkennung, §§ 1600a, 1600c, 1600e Abs 3, 1706 BGB aF • nach dem 30.6.1998 mit Zustimmung der Mutter (§ 1595 Abs 1 BGB nF) + nur ausnahmsweise mit Zustimmung des Kindes, § 1595 Abs 2 BGB nF Vater = der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, § 1600a BGB aF ≈ § 1592 Nr 2 BGB nF es sei denn rechtskräftige Feststellung der Nichtvaterschaft dieses Mannes Kind „vaterlos“

oder

Gerichtliche Feststellung der Vaterschaft §§ 1600a, 1600n BGB aF ≈ § 1600d BGB nF; § 640h Abs 2 ZPO

Vater = der Mann, dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde, § 1600a BGB aF ≈ § 1592 Nr 3 BGB

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3.6. Anfechtung der Vaterschaft 3.6.1. Neues Recht a) Allgemeines

An die Stelle der bis zum 30.6.1998 vorgesehenen Anfechtung der 73 Ehelichkeit und der der Anerkennung (dazu Rn 111 ff) hat der Gesetzgeber durch das KindRG einheitlich die Anfechtung der Vaterschaft gem §§ 1600 ff BGB gesetzt. Dies gilt auch fr vor dem 1.7.1998 geborene Kinder, Art 224 § 1 Abs 2 EGBGB. Die Formulierung in Art 224 § 1 Abs 2 KindRG ist insoweit missglckt, als von der Anfechtung der auf Ehelichkeit und der auf Anerkennung beruhenden Vaterschaft die Rede ist, obwohl seit dem 1.7.1998 keine Ehelichkeit mehr besteht und sowohl die kraft Ehe als auch die kraft Anerkennung vermutete Vaterschaft einheitlich in eine Vaterschaft bergeleitet wurde, die eben auch nur als solche angefochten werden kann.154 Mit der berleitung erledigte sich auch das nach altem Recht bestehende Problem der Anfechtung der auf Legitimation beruhenden Ehelichkeit, da seit dem Inkrafttreten des KindRG am 1.7.1998 nicht mehr zwischen der Anfechtung der auf Ehe und der auf Anerkennung beruhenden Vaterschaft differenziert wird. Eine Kindeswohlprfung findet im Anfechtungsverfahren nicht statt, sodass die Anfechtung auch nicht dadurch gehindert ist, dass sich zwischen dem Kind und dem Vater eine tiefe persçnliche Bindung entwickelt hat, die durch die Anfechtung abrupt zerstçrt zu werden droht.155 Der Anfechtung der durch Anerkennung konkretisierten Vaterschaft steht auch nicht entgegen, dass die Vaterschaft auf einem bewusst falschen Anerkenntnis beruht.156

154 155 156

Staudinger/Rauscher Art 224 § 1 EGBGB Rn 16. Schwab Rn 470. OLG Kçln NJW 2002, 901 = FamRZ 2002, 629.

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A. Elternschaft und Abstammung

74 Bei dem der Klage stattgebenden Urteil handelt es sich um ein Gestaltungsurteil, das die Rechtslage gezielt verndert.157 Eine vorgeburtliche Anfechtung kommt nicht in Betracht.158 b) Anfechtungsberechtigte

Anfechtungsberechtigt sind gem § 1600 Abs 1 BGB ausschließlich159 75 – der Mann, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr 1 und 2, § 1593 BGB besteht (§ 1600 Abs 1 Nr 1 BGB). Die Anfechtungsberechtigung besteht unabhngig davon, ob der Mann sorgeberechtigt ist. Dem Ehemann, dem das whrend der Ehe, aber nach Anhngigkeit eines Scheidungsantrages geborene Kind, statusrechtlich zugerechnet wird, steht das Recht zur Fhrung eines Anfechtungsprozesses trotz der in § 1599 Abs 2 BGB geregelten Mçglichkeit der außerprozessualen freien Ab- und Anerkennung der Vaterschaft zu.160 Erkennt ein Dritter bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1599 Abs 2 BGB fristgerecht die Vaterschaft an und stimmt die Mutter zu, fehlt einer Anfechtung der Vaterschaft jedoch dann das Rechtsschutzinteresse, wenn die Ehe bei Einreichung der Anfechtungsklage bereits rechtskrftig geschieden war, da mit der Zustimmung des geschiedenen Ehemannes dasselbe Ziel einfacher und kostengnstiger erreicht werden kann.161 76 – der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes whrend der Empfngniszeit beigewohnt zu haben (§ 1600 Abs 1 Nr 2 BGB). 157 158 159

160

161

Wieser FamRZ 1998, 1004, 1005; Habscheid/Habscheid FamRZ 1999, 480, 482. OLG Rostock FamRZ 2007, 1675 = OLGR 2007, 228 = MDR 2007, 839 = NJW-RR 2007, 291 = StAZ 2007, 275 = ZKJ 2007, 161. Zu den Mçglichkeiten einer erbrechtlichen Feststellungsklage nach Tod des Vaters whrend des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens, innerhalb derer inzident der Status des Kindes geklrt wird, vgl Heukamp FamRZ 2007, 606 ff. Nach Auffassung des OLG Kçln (FamRZ 2005, 743) ist die Rechtsverfolgung jedenfalls dann nicht mutwillig iSv § 114 ZPO, wenn das Vaterschaftsanerkenntnis eines Dritten noch nicht vorliegt und im brigen noch offen ist, wie lange das Scheidungsverfahren voraussichtlich noch andauern wird. OLG Naumburg FamRZ 2008, 432 = OLGR 2007, 1037.

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Voraussetzung fr eine Anfechtung durch den „nur leiblichen“, nicht aber rechtlichen Vater ist gem § 1600 Abs 2 BGB, dass zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater keine sozial-familire Beziehung besteht oder im Zeitpunkt des Todes des rechtlichen Vaters bestanden hat und dass der Anfechtende der leibliche oder genauer genetische Vater des Kindes ist. Diese negative Tatbestandsvoraussetzung162 soll verhindern, dass eine non-liquet-Situation zu Lasten des rechtlichen Vaters geht.163 Dass die Anfechtung nur mçglich ist, wenn keine sozial-familire Beziehung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater besteht, verstçßt weder gegen die Verfassung noch gegen die Europische Menschenrechtskonvention.164 In § 1600 Abs 4 BGB wird definiert, wann von dem Bestehen einer sozial-familiren Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater auszugehen und damit eine Anfechtung durch den leiblichen Vater ausgeschlossen ist. Eine solche Beziehung besteht, wenn der rechtliche Vater zum maßgeblichen Zeitpunkt fr das Kind tatschliche Verantwortung trgt oder getragen hat. Als Orientierungshilfe dient § 1600 Abs 4 S 2 BGB, nach dem die bernahme tatschlicher Verantwortung regelmßig vorliegt, wenn der Vater im Sinne von Abs 1 Nr 1 mit der Mutter des Kindes verheiratet ist165 oder mit dem Kind lngere Zeit in huslicher Gemeinschaft gelebt hat. Nach dem Normzweck kann es auf die Dauer der huslichen Gemeinschaft nur ankommen, wenn nach Beendigung des Zusammenlebens in der Rckschau zu beurteilen ist, ob eine sozial-familire Beziehung durch tatschliche Verantwortungsbernahme besteht.166 In eine tatschlich (noch) gelebte Elternverantwortung einzugreifen, nur weil diese sich ggf zB aufgrund der erst kurz zurckliegenden Geburt des Kindes noch nicht durch eine gewisse Dauer bewhrt hat, wollte der Gesetzgeber gewiss nicht ermçglichen. 162

163 164 165 166

BGHZ 170, 161 = BGH NJW 2007, 1677 = FamRZ 2007, 538 m Anm Luthin = FuR 2007, 167 = BGHReport 2007, 402 = MDR 2007, 723 = StAZ 2007, 235 = ZFE 2007, 189 (LS) = FamRB 2007, 135 (LS) m Anm Motzer = JuS 2007, 969 (LS) = FPR 2007, 422 (LS). Hçfelmann FamRZ 2004, 745, 749. OLG Frankfurt/M FamRZ 2007, 1674. Kritisch hierzu Roth NJW 2003, 3153, 3154, 3155. Will FPR 2005, 172, 176.

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Von der Vorgabe einer Zeit fr den unbestimmten Rechtsbegriff „lngere Zeit“ wurde absichtlich abgesehen und die Auslegung des Begriffs der Praxis im konkreten Fall berlassen.167 Besteht eine sozial-familire Beziehung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater, ist es unerheblich, ob die Eltern (noch) miteinander verheiratet sind oder (noch) zusammenwohnen.168 77 Mit der Schaffung des Anfechtungsrechts des genetischen Vaters hat der Gesetzgeber der Vorgabe des BVerfG169 entsprochen, das mit Beschluss vom 9.4.2003 ua die Verfassungswidrigkeit von § 1600 BGB aF im Hinblick auf Art 6 Abs 2 GG insoweit festgestellt hatte, als er den genetischen Vater eines Kindes ausnahmslos von der Anfechtung der Vaterschaft ausschloss. Ein Anfechtungsrecht fr den leiblichen Vater, der nicht rechtlicher Vater ist, wurde bereits im Gesetzgebungsverfahren zum KindRG diskutiert. Der Gesetzgeber erkannte die eigenen Interessen des „Erzeugers“ an der Anfechtung bereits damals durchaus, verwehrte ihm aber gleichwohl ein eigenes Anfechtungsrecht mit Hinweis darauf, dass es ihm zuzumuten sei zu respektieren, wenn die brigen Anfechtungsberechtigten ihr Anfechtungsrecht nicht ausbten, denn dies spreche dafr, dass eine Anfechtung dem Wohl der „sozialen Familie“ zuwiderlaufe.170 Diese in der Tat wenig berzeugenden Argumente hat das BVerfG in der genannten Entscheidung verworfen und in aller Deutlichkeit die Rechte des nur leiblichen, nicht aber rechtlichen Vaters im Zusammenhang mit dem durch Art 6 Abs 2 GG geschtzten Elternrecht besttigt. Dabei hat es festgestellt, dass Art 6 Abs 2 GG den leiblichen, aber rechtlich nicht anerkannten Vater in seinem Interesse schtzt, die Rechtsstellung als Vater des Kindes einzunehmen und also der verfahrensrechtliche Zugang zum Elternrecht aus Art 6 Abs 2 GG mçglich sein msse. Aus dem bloß biologischen Vater als einem

167 168 169

170

BT-Drucks 15/2253 S 11. OLG Frankfurt/M FamRZ 2007, 1674. NJW 2003, 2151 = FamRZ 2003, 816 = Rpfleger 2003, 417 = FPR 2003, 471 = JAmt 2003, 301 m Anm Huber FamRZ 2003, 825 und Rakete-Dombek FPR 2003, 478. BT-Drucks 13/4899 S 58, 59.

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„juristischen Niemand“171 wurde damit eine Person mit eigenen Rechten in Bezug auf das Kind.172 Jedoch gibt der grundrechtliche Schutz des Art 6 Abs 2 GG nach Auffassung des Senats dem leiblichen Vater kein Recht, in jedem Fall vorrangig vor dem rechtlichen Vater die Vaterschaft eingerumt zu erhalten, wenn letzterer seine elterliche Verantwortung im Sinne einer von Art 6 Abs 1 GG geschtzten Elternschaft wahrnimmt. Es bestehe insoweit kein automatisches Rangverhltnis zwischen der biologischen und der sozialen Elternschaft,173 vielmehr bedrfe es der Abwgung der Interessen der Beteiligten. Eine Anfechtung durch den genetischen Vater, dem das Gesetz bis zur Neufassung des § 1600 BGB grundstzlich keine rechtlich relevante Stellung eingerumt hatte,174 ist damit auch weiterhin ausgeschlossen, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind eine „sozial-familire Beziehung“ besteht oder im Zeitpunkt seines Todes bestanden hat. Nach anderer Auffassung steht eine sozial-familire Beziehung des Kindes zum rechtlichen Vater dem Anfechtungsrecht des genetischen Vaters aber dann nicht entgegen, wenn das Kind zum genetischen Vater ebenfalls eine sozial-familire Beziehung unterhlt und die neue Zuordnung das Kindeswohl nicht beeintrchtigt.175 Bei der Umsetzung der Vorgaben des BVerfG hat sich der Gesetz- 78 geber dafr entschieden, auch die weitere Anfechtungsvoraussetzung im materiellen Recht zu regeln: Nur der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter whrend der Empfngniszeit beigewohnt zu haben, kann bei Vorliegen der weiteren negativen Anfechtungsvoraussetzung des Nichtbestehens einer sozial-familiren Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Kind anfechten. Prfungsgegenstand ist die leibliche dh genetische Vaterschaft, auch wenn sich die Anfechtung als Gestaltungsklage hinsichtlich ihres Streitgegenstandes nur auf die Beseitigung des Verwandtschaftsverhltnisses von recht171 172 173 174 175

Schwenzer FamRZ 1985, 1, 8. Roth NJW 2003, 3153. Kritisch zu diesem Ansatz Roth NJW 2003, 3153, 3155, 3156. Ausnahme § 1747 Abs 1 S 2 BGB, nher dazu Maurer FPR 2005, 196, 198 f. AG Herford FamRZ 2008, 1270.

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lichem Vater und Kind erstreckt.176 Der Untersuchungsgrundsatz nach §§ 616 Abs 1, 617 ZPO veranlasst das Gericht, ber die genetische Vaterschaft des Anfechtenden als Tatbestandsvoraussetzung Beweis zu erheben. Mit der Anknpfung an die Versicherung der „Beiwohnung“ wird zugleich die Anfechtung durch einen samenspendenden Dritten als biologischen Vater ausgeschlossen.177 79 Streitig ist, ob eine vom potentiellen genetischen Vater erhobene Klage als unbegrndet oder als unzulssig abzuweisen ist, wenn dieser die nach materiellem Recht erforderliche Versicherung an Eides statt (§ 1600 Abs 1 Nr 2 BGB) nicht zu leisten vermag.178 Gelingt dem Anfechtenden die Glaubhaftmachung der Beiwohnung durch EV – aus welchen Grnden auch immer – nicht, soll eine rechtskrftige Klageabweisung wegen Unbegrndetheit gem § 640 h Abs 1 S 1 ZPO ua dazu fhren, dass er auch spter als Vater nicht (gerichtlich) feststellbar ist. Dieses Ergebnis war vom Gesetzgeber beabsichtigt, weil eine wiederholte Klageerhebung durch den Dritten fr solche Flle im Interesse des Rechtsfriedens auch mit Blick auf das Kind ausgeschlossen sein sollte. Aus diesem Grund hat er sich gegen den Vorschlag des Bundesrats entschieden, die Glaubhaftmachung als bloße Zulssigkeitsvoraussetzung auszugestalten. Nach teilweise vertretener Ansicht179 ist die Klage daher bereits dann als unbegrndet abzuweisen, wenn der Anfechtende die Versicherung an Eides statt ausnahmsweise nicht leisten kann. Weil die Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils wegen Unbegrndetheit gem § 640 h Abs 1 S 1 ZPO nach dem Wortlaut der Norm fr und gegen alle und damit endgltig wirkt,180 selbst wenn auch der rechtliche nicht der genetische Vater ist, whrend ein wegen Unzulssigkeit der Klage ergangenes Urteil diese ungewollte Wirkung nicht entfaltet, entstnden aber dann Probleme, wenn die Klage nur 176 177 178 179 180

So auch Hçfelmann FamRZ 2004, 745, 749 und Will FPR 2005, 173, 176; aA Gernhuber/Coester-Waltjen § 52 Rn 111. Hçfelmann FamRZ 2004, 745, 749. Fr Unbegrndetheit in diesem Fall Eckebrecht FPR 2005, 205, 209; fr die Unzulssigkeit hingegen Wieser FamRZ 2004, 1773, 1774. Eckebrecht FPR 2005, 205, 209. Wieser FamRZ 1998, 1004, 1007; Habscheid/Habscheid FamRZ 1999, 480, 483; AnwK-BGB/Gutzeit/Klebeck § 1599 Rn 7.

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deshalb abzuweisen ist, weil der Klger die Versicherung an Eides statt nicht leisten kann oder wenn der die Vaterschaft behauptende Mann nicht der genetische Vater des Kindes ist. Rechtsdogmatisch ergeben sich durch die Verknpfung des unmittelbaren Verfahrensziels, nmlich der Beseitigung der (noch) bestehenden rechtlichen Vaterschaft, mit der Feststellung der Vaterschaft des Anfechtenden also aus § 640 h Abs 1 S 1 ZPO Friktionen, die zu einer strikten Differenzierung von Anfechtungsvoraussetzung(en) und Anfechtungsziel zwingen. Wird nur ber eine der in § 1600 Abs 1 Nr 2, Abs 2 BGB genannten positiven Anfechtungsvoraussetzungen, nicht aber ber die Abstammung des Kindes vom seinem rechtlichen Vater entschieden, kann sich das ergangene Urteil nicht auf dieses Rechtsverhltnis erstrecken. Selbst bei Bercksichtigung der gesetzgeberischen Intention kçnnte hier also allenfalls von einem zwischen Anfechtendem und Kind „geklrten“ Verhltnis ausgegangen werden. Soweit nicht auch ber die Begrndetheit der Klage, bezogen auf das zwischen Kind und rechtlichem Vater bestehende Abstammungsverhltnis, entschieden wird, verbietet sich deshalb die Abweisung der Klage als unbegrndet. Dies macht auch ein Vergleich mit einer Klageerhebung durch eine andere, nach materiellem Recht (ebenfalls) nicht anfechtungsberechtigte Person deutlich. Hier kommt, da ber die Abstammung vom rechtlichen Vater nicht entschieden wird, nur eine Klageabweisung wegen Unzulssigkeit in Betracht, so dass sich aus § 640 h Abs 1 S 1 ZPO auch keine ungewollte Rechtswirkung ergeben kann. Das Ergebnis kann kein anderes sein, wenn eine Klage nur deshalb abgewiesen wird, weil es an der im materiellen Recht speziell geregelten Anfechtungsberechtigung fehlt. Die Besonderheit des hier in Rede stehenden Verfahrens zeigt sich auch darin, dass die Klage gegen das Kind und den rechtlichen Vater zu fhren ist. Nur wenn die Voraussetzungen des materiellen Rechts erfllt sind, nach der der Anfechtende an Eides statt zu versichern hat, der Kindesmutter whrend der Empfngniszeit beigewohnt zu haben und es sich bei ihm um den genetischen Vater des Kindes handelt, wird das zwischen rechtlichem Vater und Kind bestehende Verhltnis zum Verfahrensgegenstand.

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Fehlt es dagegen an diesen positiven Prozessvoraussetzungen, wird ber die Abstammung des Kindes vom rechtlichen Vater nicht entschieden. Die Klage ist vielmehr mangels Anfechtungsberechtigung ohne weitere Prfung abzuweisen. Eine Befassung mit der Begrndetheit des Klagevorbringens insoweit, als es das Abstammungsverhltnis zwischen rechtlichem Vater und Kind, mithin also das primre Verfahrensziel betrifft, erfolgt in diesem Fall nicht, sodass mit einem solchen Urteil auch nicht ber die Abstammung vom rechtlichen Vater entschieden wird.181 Bei dieser Ausgangslage ist es rechtsdogmatisch tatschlich berzeugender, die Klage, trotz der vom Gesetzgeber beabsichtigten Einordnung, auch dann als unzulssig abzuweisen, wenn es „nur“ an der speziellen Voraussetzung des § 1600 Abs 1 Nr 2 BGB fehlt. Dies gilt auch fr den Fall der Klageabweisung wegen „erwiesener“ Nichtvaterschaft des Anfechtenden (§ 1600 Abs 2 aE BGB): Auch hier fehlt es an der Voraussetzung, um das unmittelbare Verfahrensziel, nmlich die Beseitigung der rechtlichen Vaterschaft, erreichen zu kçnnen. Stellt sich die Nichtvaterschaft des Anfechtenden heraus, steht ebenfalls fest, dass es an seiner Klageberechtigung fehlt. In die Prfung der Begrndetheit des Klagevorbringens, nmlich dass das Kind nicht von seinem rechtlichen Vater abstammt, hat das Gericht daher nach alldem nicht einzutreten, wenn die genetische Vaterschaft des Anfechtenden nicht (durch Gutachten mit entsprechend hoher Wahrscheinlichkeit) erwiesen ist. War das bestehende rechtliche Vater-Kind-Verhltnis aber nicht Prfungsgegenstand, kann ein Urteil auch keine Wirkungen in Bezug auf dieses Rechtsverhltnis entfalten. Auch hier ist die Abweisung der Klage wegen Unzulssigkeit folglich die richtige Konsequenz.182 Umgekehrt fhrt die erwiesene Abstammung des Kindes vom Anfechtenden aber durchaus dazu, dass die Rechtskraft des Urteils uneingeschrnkt gegen alle wirkt, weil nur einer der Vater sein

181 182

Vgl auch MnchKomm BGB/Seidel § 1592 Rn 62; § 1600 e Rn 69. AA wohl Will FPR 2005, 172, 176, die davon ausgeht, dass die Klage als unbegrndet abzuweisen ist, wenn die Vaterschaft des Anfechtenden nicht nachgewiesen werden kann.

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kann.183 Das Stattgeben der Klage als begrndet, ist damit in diesem Fall unproblematisch, da sowohl ber die Begrndetheit der gegen das Kind gefhrten Klage als auch ber die gegen den rechtlichen Vater entschieden ist. Das Fehlen der speziellen Anfechtungsvoraussetzungen des § 1600 Abs 1 Nr 2, Abs 2 BGB hat dagegen selbst dann zur Abweisung der Klage als unzulssig zu fhren, wenn der rechtliche Vater als genetischer Vater positiv feststeht, weil ber die Begrndetheit der gegen diesen Mann gerichteten Klage nur zu entscheiden ist, wenn die besondere Prozessvoraussetzung der genetischen Vaterschaft des Anfechtenden vorliegt.184 Die Abweisung der Klage wegen Unzulssigkeit ist auch dann geboten, wenn sich im Verfahren herausstellt, dass das Kind weder von dem Anfechtenden noch von dem rechtlichen Vater abstammt, weil es an der Anfechtungsberechtigung des Anfechtenden fehlt und deshalb eine Entscheidung ber die Begrndetheit der (auch) gegen den rechtlichen Vater gerichteten Klage nicht getroffen werden kann. Im brigen wollte der Gesetzgeber – wie die Regelung des § 640 h Abs 2 ZPO zeigt – gerade verhindern, dass das Kind am Ende des Verfahrens, in dem sich ein Dritter der Vaterschaft berhmt, ohne rechtlichen Vater ist; – die Mutter (§ 1600 Abs 1 Nr 3 BGB) 80 Die Anfechtung durch die Kindesmutter aus eigenem Recht setzt nicht voraus, dass diese Inhaberin der elterlichen Sorge ist. Ebenfalls unerheblich ist, ob die Anfechtung durch die Mutter dem Kindeswohl dient.185 Vereinzelt wird daran gezweifelt, dass der Grundsatz der Gleichberechtigung es zwingend gebot, der Mutter ein selbstndiges Anfechtungsrecht zu gewhren, weil die Mutter mit der Anfechtung nicht die Rechtsbeziehung zwischen sich und dem Kind, sondern eine solche zwischen dem Kind und seinem Vater in Frage stellt, sie also nur mittelbar tangiert ist.186 183 184 185 186

In diesem Sinne auch Wieser FamRZ 2004, 1773, 1774. So im Ergebnis auch Seidel FPR 2005, 181, 184; aA Wieser FamRZ 2004, 1733, 1774. OLG Celle NJW 2001, 3419. Frank StAZ 2003, 129, 130.

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Da der Gesetzgeber indes die Stellung der Mutter nicht nur hinsichtlich der Anerkennung strken wollte,187 wurde ihr konsequent auch ein umfassendes Anfechtungsrecht eingerumt. 81 Ficht die allein sorgeberechtigte Mutter die Vaterschaft aus eigenem Recht an, muss fr das gem § 640 e Abs 1 ZPO am Verfahren zu beteiligende Kind schon fr die Zustellung der Klage und der Ladung zum Termin ein Ergnzungspfleger bestellt werden;188 82 – das Kind (§ 1600 Abs 1 Nr 4 BGB) Bei der Anfechtung durch das Kind wird im Gegensatz zum alten Recht nicht mehr unterschieden, ob die Eltern des Kindes verheiratet sind (bzw waren) oder nicht. 82a – die durch Landesrecht zu bestimmende anfechtungsberechtigte Behçrde (§ 1600 Abs 1 Nr 5 BGB). Durch diese Anfechtung soll missbruchlichen Vaterschaftsanerkennungen begegnet werden, also solchen, die allein zum Zwecke der Erlangung der deutschen Staatsangehçrigkeit oder von Aufenthaltstiteln erfolgten (vgl Rn 45). Um dem Verdacht entgegenzuwirken, das Anfechtungsrecht richte sich generell gegen binationale Familien, hat der Gesetzgeber das mit Wirkung zum 1.6.2008 durch das Gesetz zur Ergnzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13.3.2008189 geschaffene behçrdliche Anfechtungsrecht an zwei verschiedene Tatbestandsmerkmale geknpft: Voraussetzung fr das Anfechtungsrecht ist, dass zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familire Beziehung besteht oder im Zeitpunkt der Anerkennung oder seines Todes bestanden hat und dass durch die Anerkennung rechtliche Voraussetzungen fr die erlaubte Einreise oder den

187 188

189

BT-Drucks 13/4899 S 54. BGH NJW 2002, 2109 = FamRZ 2002, 880 = JAmt 2002, 253 = FuR 2002, 452 = MDR 2002, 948 = FPR 2002, 418 m Anm Veit FamRZ 2002, 953 f; aA Wieser FamRZ 1998, 1004, 1005; Kirchmeier FPR 2002, 370, 373. BGBl I S 313.

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erlaubten Aufenthalt des Kindes oder eines Elternteils geschaffen wurden (§ 1600 Abs 3 BGB).190 Es gengt also nicht, dass die Anerkennung das Ziel hatte, die rechtlichen Voraussetzungen fr die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt zu schaffen, wenn zwischen dem Kind und dem Anerkennenden eine sozial-familire Beziehung besteht oder bestand, denn eine sozial-familire Verantwortungsgemeinschaft fllt wie die Abstammung selbst in den Schutzbereich von Art 6 Abs 2 S 1 GG. Anderseits kommt es in den Fllen, in denen keine sozial-familire Beziehung besteht oder bestand, nicht darauf an, ob die Beteiligten mit der Anerkennung tatschlich das Ziel verfolgten, dem Kind oder einem Elternteil auslnderrechtliche Vorteile zu verschaffen, wenn nach objektiven Kriterien die rechtlichen Voraussetzungen fr den erlaubten Aufenthalt oder die erlaubte Einreise des Kindes oder eines Elternteils geschaffen wurden.191 Fr die Annahme einer sozial-familiren Beziehung ist maßgeblich, dass der Anerkennende fr das Kind tatschliche Verantwortung trgt, was sich etwa aus tatschlichem Zusammenleben von rechtlichem Vater und Kind oder auch aus der Wahrnehmung anderer typischer Elternrechte und -pflichten wie zB dem regelmßigen Umgang mit dem Kind, seiner Betreuung und Erziehung sowie der Leistung von Unterhalt ergeben kann. Dass die Anfechtung, ber die in § 1600 Abs 3 BGB fr das behçrdliche Anfechtungsrecht genannten Tatbestnde hinaus, nur bei objektiver Unrichtigkeit der bestehenden Vaterschaft erfolgreich sein kann, ist selbstverstndlich, sodass der Gesetzgeber diese Voraussetzung, wonach der rechtliche nicht der biologische Vater sein darf, nicht besonders zu regeln brauchte.

190

191

Dazu auch Beinkinstadt JAmt 2007, 342 ff; Gaaz StAZ 2007, 75 ff; Helms StAZ 2007, 69 ff; kritisch hierzu Frank StAZ 2006, 281, 283 f; zu der Frage, welche Maßstbe fr die Ausfllung des Begriffs sozial-familire Beziehung anzulegen sind vgl MnchKomm/Wellenhofer § 1600 Rn 18 mwN auch zu anderen Auffassungen. Lçhnig FamRZ 2008, 1130.

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83 Die bis zum 30.6.1998 bestehende Mçglichkeit der Anfechtung durch die Eltern des sog Scheinvaters192 wurde abgeschafft, was der Gesetzgeber des KindRG damit begrndete, dass die Klrung der Abstammungsverhltnisse auf den Kernbereich der verwandtschaftlichen Beziehungen beschrnkt bleiben sollte.193 Das Anfechtungsrecht der Eltern ist auch bezogen auf die Kinder entfallen, die vor dem 1.7.1998 geboren wurden.194 Eine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des KindRG anhngig gewesene Anfechtungsklage der Eltern war in der Hauptsache erledigt, Art 15 § 2 Abs 2 KindRG. c) Vertretung bei der Anfechtung

84 Wie bei der Vaterschaftsanerkennung handelt es sich auch bei dem Anfechtungsrecht um ein hçchstpersçnliches Recht, sodass gewillkrte Stellvertretung auch bei der Anfechtung durch die nach § 1600 Abs 1 Nr 1 bis 3 BGB Anfechtungsberechtigten ausgeschlossen ist, § 1600 a Abs 1, 2 BGB. Auch die gesetzliche Vertretung scheidet bei Anfechtung durch den Mann, den leiblichen Vater oder die Mutter aus, wenn diese in der Geschftsfhigkeit beschrnkt sind. Der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bedrfen sie nicht, § 1600 a Abs 2 S 2 BGB. Dem entspricht die Regelung des § 640 b ZPO, der die Prozessfhigkeit der anfechtungberechtigten, minderjhrigen Eltern im Anfechtungsverfahren ber die Grenze des § 52 ZPO hinaus erweitert. Ein geschftsfhiger Betreuter kann nur selbst anfechten, § 1600 a Abs 5 BGB. Sind die Eltern hingegen geschftsunfhig, kann nur ihr gesetzlicher Vertreter anfechten, § 1600 a Abs 2 S 3 BGB. 85 Besonderheiten bestehen bei der Anfechtung durch das Kind. Ist das Kind minderjhrig, kann nur sein gesetzlicher Vertreter anfechten, 192

193 194

Zu Recht wird gergt, dass der rechtliche Vater zu Unrecht als Scheinvater bezeichnet wird, da es sich ungeachtet der genetischen Abstammung nicht nur dem Schein nach um den rechtlichen Vater handelt, Kppers NJW 1993, 2918. BT-Drucks 13/4899 S 57. BT-Drucks 13/4899 S 139.

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§ 1600 a Abs 3 BGB. Damit soll verhindert werden, dass das nicht voll geschftsfhige Kind – etwa in pupertren Konfliktlagen – Unfrieden in die Familie trgt.195 Die Anfechtung durch den gesetzlichen Vertreter des Kindes setzt 86 voraus, dass dieser das Kind im Verfahren vertreten kann. Gesetzliche Vertreter des Kindes sind regelmßig die Eltern des Kindes, §§ 1626, 1629 BGB. Mit der Mutter steht die Inhaberin der elterlichen Sorge stets fest. Ihr Sorgerecht ergibt sich aus § 1626 BGB ggf iVm § 1626a Abs 2 BGB, wenn sie zum Zeitpunkt der Geburt unverheiratet war, den Vater des Kindes nicht geheiratet und auch keine Sorgeerklrung abgegeben hat (und diese auch nicht ersetzt wurde, vgl Art 224 § 2 Abs 3 EGBGB). Als Inhaberin der elterlichen Sorge ist sie regelmßig auch zur Vertretung des Kindes berechtigt, § 1629 Abs 1 BGB. Unproblematisch ist die Vertretung des Kindes durch die Mutter, wenn sie allein sorgeberechtigt und mit dem Vater des Kindes nicht verheiratet ist. Ist aber auch der Vater Inhaber der elterlichen Sorge und somit vertretungsberechtigt, so ist er von der Vertretung des Kindes im Anfechtungsverfahren ausgeschlossen, § 181 BGB analog. Auch die Kindesmutter kann das Kind bei gemeinsamer Sorgeberechtigung nicht vertreten. Das ergibt sich zum einen aus dem Gesamtvertretungsgrundsatz des § 1629 Abs 1 S 2 Hs 1, Abs 2 S 1 BGB. Daneben kann sich ein Vertretungsausschluss aus §§ 1629 Abs 2 S 1, 1795 Abs 1 Nr 3, 1 BGB ergeben, wenn es sich bei dem Vater des Kindes um den Ehemann der Kindesmutter handelt. Kçnnen die Eltern ihr Kind wegen eines solchen Vertretungsaus- 87 schlusses im Anfechtungsverfahren nicht vertreten, ist fr das Kind ein Ergnzungspfleger (§ 1909 BGB) zu bestellen. An der Entscheidung, ob die Vaterschaft angefochten werden soll, sind die sorgeberechtigten Eltern hingegen nicht gehindert, da es sich 195

BT-Drucks 13/4899 S 87.

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dabei weder um einen Rechtsstreit noch um ein Rechtsgeschft handelt. Diese im Innenverhltnis zu treffende Entscheidung ist als Teil der Personensorge vielmehr Vorfrage,196 die von gemeinsam sorgeberechtigten Eltern auch gemeinsam beantwortet werden muss. Kçnnen sich die Eltern nicht einigen, kann das Familiengericht einem Elternteil auf Antrag das Alleinentscheidungsrecht bertragen, § 1628 BGB (dazu nher Rn 494 ff). Gefhrdet die einvernehmliche Elternentscheidung das Kindeswohl wegen Bestehens einer erheblichen Interessenkollision, kann den Eltern gem §§ 1629 Abs 2 S 3, 1796 BGB die Vertretungsmacht entzogen und ein Pfleger bestellt werden (nher Rn 407 ff). Auch eine Entziehung der Vertretungsmacht nur eines Elternteils kommt unter den Voraussetzungen des § 1796 BGB in Betracht, wenn bei dem anderen Elternteil kein erheblicher Interessengegensatz vorliegt, mit der Folge, dass dem anderen die Entscheidung in analoger Anwendung von § 1680 Abs 3 BGB insoweit allein zusteht. Unterlsst die allein vertretungsberechtigte Kindesmutter die Anfechtung, kann ihr die Vertretungsmacht fr das Anfechtungsverfahren ebenfalls nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1796 BGB vom Familiengericht (§ 1629 Abs 2 S 3 BGB) entzogen werden. Das Interesse des Kindes an der Kenntnis seiner genetischen Abstammung rechtfertigt eine Entziehung fr sich genommen aber nicht; auch kann nicht allein aus der Weigerung der Kindesmutter auf die von § 1796 BGB verlangte konkrete Interessenkollision geschlossen werden.197 d) Anfechtung bei konsentierter heterologer Befruchtung

88 Der Mutter und dem Mann, der aufgrund Ehe oder Anerkennung rechtlicher Vater des Kindes ist, sind die Anfechtung verwehrt, wenn das Kind durch knstliche Befruchtung mit deren Einwilligung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt wurde, § 1600 Abs 5 BGB. Dem Kind soll mit dieser durch das KindRVerbG mit Wirkung zum 12.4.2002 eingefgten Regelung seine Verwandtschaftsposition gesi-

196 197

BGH NJW 1975, 345 = FamRZ 1975, 162 (LSe und Anm) = DAVorm 1975, 103; AG Westerstede FamRZ 1995, 689. BayObLG FamRZ 1999, 737; OLG Celle AuAS 2006, 81.

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chert werden, ohne dass damit ber die Zulssigkeit der heterologen Insemination entschieden wurde.198 § 1600 Abs 5 BGB gilt auch fr die Anfechtungsflle, ber die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung noch nicht rechtskrftig entschieden war,199 denn der Gesetzgeber hat keine bergangsregelung geschaffen. Der Zweck des Gesetzes, den durch heterologe Befruchtung gezeugten Kindern eine Rechtsstellung im Verhltnis zu dem als ihren Vater geltenden Mann zu verschaffen und zu erhalten, wie sie angenommene minderjhrige Kinder haben,200 erfordert eine unmittelbare Geltung der Regelung auf alle im Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht rechtskrftig abgeschlossenen Anfechtungsverfahren. Die Neuregelung wirft jedoch noch eine Reihe schwieriger Fragen 89 auf. Unstreitig ist, dass der Anfechtungsausschluss nur bei medizinisch assistierter Zeugung, dh also dann nicht besteht, wenn das Kind zwar mit Einwilligung des Mannes aber auf natrlichem Wege durch einen Dritten gezeugt wurde.201 Konsensfhig ist darber hinaus auch die Auffassung, nach der es der mit § 1600 Abs 5 BGB verfolgte Schutzzweck gebiete, unter knstlicher Befruchtung iS der Norm nicht nur solche zu verstehen, die mit rztlicher Hilfe nach standesrechtlich geordneten Techniken erfolgen, sondern alle Methoden, bei denen technische Mittel zur Hilfe genommen werden, sodass auch eine Selbstvornahme zu einem Anfechtungsausschluss nach § 1600 Abs 5 BGB fhrt.202 Unterschiedlich ist jedoch die rechtliche Einordnung der zugangsbedrftigen Einwilligung. Zum Teil wird dieser die Qualitt eines auf einen unumkehrbaren Vorgang gerichteten willensgetragenen 198 199

200 201 202

Wanitzek FamRZ 2003, 730, 733. BGH NJW 2005, 1428 = FamRZ 2005, 612 = BGHReport 2005, 795 = MDR 2005, 755 = DNotZ 2005, 707 = FuR 2005, 279; vgl dazu auch Spickhoff NJW 2006, 1630, 1638, der sich kritisch zu den vom BGH angefhrten Grnden nicht aber zu dem Ergebnis ußert. BT-Drucks 14/2096 S 7. Vgl BT-Drucks 14/8131 S 7, 8; kritisch dazu Gernhuber/Coester-Waltjen § 52 Rn 108. OLG Hamm NJW 2007, 3733 = OLGR 2007, 650 = FamRZ 2008, 630.

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Realakts beigemessen,203 sodass die Vorschriften ber Willenserklrungen keine Anwendung finden. Nach anderer Auffassung ist die Einwilligung als Erklrung zu qualifizieren, auf die die Regeln fr rechtsgeschftliche Willenserklrungen (zumindest entsprechend) anwendbar sind.204 Roth205 begrndet dies damit, dass die Einwilligung nicht mit Blick auf den biologischen Vorgang, der mangels genetischer Abstammung nicht zur Vaterschaft fhren kçnne, sondern allein mit dem Willen, eine rechtliche Zuordnung zu erreichen, erteilt wrde. Demgegenber betont Spickhoff206 zu Recht, dass die Einwilligung jedenfalls keine auf ein Rechtsgeschft gerichtete Erklrung ist. Das ergibt sich schon daraus, dass die Zeugung allein nicht die rechtliche Vaterschaft herbeifhrt, sondern durch Ehe mit der Kindesmutter bzw Vaterschaftsanerkennung begrndet207 wird. Die Einwilligungserklrung vermag also ebenso wenig wie die Befruchtung selbst, die angestrebten Rechtswirkungen herbeizufhren.208 Wird die Einwilligung als grundstzlich rechtsgeschftlichen Kriterien unterliegende Willenserklrung eingeordnet, fhrt dies – unabhngig von den dafr vorgetragenen Begrndungen -zu dem Ergebnis, dass eine Beseitigung der Einwilligung durch Widerruf grundstzlich mçglich ist. Ein Widerruf soll aber ausscheiden, wenn die Befruchtung bereits stattgefunden hat, weil die Einwilligung auf einen unumkehrbaren Vorgang gerichtet ist, der ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr rckgngig gemacht werden kann.209 Die Anfechtung der Einwilligung wegen Erklrungs- oder Inhaltsirrtums gem § 119 Abs 1 BGB bzw wegen Tuschung oder Drohung wird insoweit konsequent ebenfalls fr mçglich gehalten, whrend die Anfechtung wegen Irr203 204

205 206 207

208 209

Wanitzek FamRZ 2003, 730, 733. Roth JZ 2002, 651, 653 unter Hinweis auf BGHZ 146, 391 = NJW 2001, 1789 = JZ 2001, 983 m Anm Foerste = JR 2002, 102 m Anm Koch = JuS 2001, 711 = MDR 2001 m Anm Born; ders DNotZ 2003, 804, 809; von Sachsen Gessaphe NJW 2002, 1853, 1854; Spickhoff FamRZ 2003, 19, 20. DNotZ 2003, 804, 809. FamRZ 2003, 19. In diesem Fall kann ohne Einschrnkung von der Begrndung der Vaterschaft gesprochen werden, weil eine genetische Vaterschaft gerade nicht besteht; vgl Rn 22. Zutreffend Wanitzek FamRZ 2003, 730, 734. Ua Janzen FamRZ 2002, 785,786; Schomburg Kind-Prax 2002, 75, 77; Roth DNotZ 2003, 805, 814 jeweils mit Hinweis auf BGHZ 129, 297 = NJW 1995, 2028 = FamRZ 1995, 861 = DNotZ 1996, 778.

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tums ber die verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person (§ 119 Abs 2 BGB) etwa bei Behinderung, nach allgemeinen Grundstzen zu Recht fr ausgeschlossen erklrt wird, weil es zum allgemeinen Lebensrisiko gehçrt, dass das Kind vielleicht nicht wie gewnscht gert.210 Der Gesetzgeber hat die Einwilligung unter Hinweis auf den Schutz- 90 zweck der Regelung an keine Form gebunden, um auszuschließen, dass die Eltern den Anfechtungsausschluss dadurch umgehen, dass eine Beurkundung der Zustimmungserklrung einfach unterbleibt.211 Deshalb ist jede auch nur mndliche Erklrung grundstzlich wirksam. Fr eine Formvorschrift htten im Hinblick auf die in § 1600 Abs 5 BGB angeordnete Wirkung dieser Einwilligung allerdings nicht nur Nachweiszwecke, sondern mindestens in gleichem Maße notarielle Belehrung sichernde Grnde gesprochen.212 Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang auch die Zulssigkeit einer prkonzeptionellen Anerkennung, wobei diese zum Teil mit Hinweis auf die Bedingungsfeindlichkeit der Anerkennung (§ 1594 Abs 3 BGB) abgelehnt wurde.213 Weniger berzeugend ist jedoch das außerdem gegen eine solch frhzeitige Anerkennung vorgetragene Argument, dass die Anerkennung objektiv falsche Angaben erfordere, weil der Anerkennende gerade nicht der genetische Vater sei,214 denn dies wre nach der Zeugung des Kindes nicht anders. Fr die Zulssigkeit wird angefhrt, dass die Bedingungsfeindlichkeit nicht entgegenstnde, weil Voraussetzung fr das Entstehen der Vaterschaft das Entstehen des Kindes ist, sodass hier nur eine unschdliche Rechtsbedingung vorliege. Vor allem wird die Anerken-

210 211 212

213 214

Roth DNotZ 2003, 805, 815, 816. Janzen FamRZ 2002, 785, 786. In diesem Sinne haben auch die Lnder Sachsen-Anhalt und Hamburg in ihrem ursprnglichen Gesetzentwurf vom 16.6.1999 argumentiert, BR-Drucks 369/99 S 9; kritisch auch Eckersberger MittBayNot 2002, 261, 263. Lderitz Rn 637; Eckersberger MittBayNot 2002, 261, 262; Kirchmeier FamRZ 1998, 1281, 1286; Wanitzek S 333; ablehnend auch Muscheler FPR 2005, 177. Kirchmeier FamRZ 1998, 1281, 1286.

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nung vor Zeugung des Kindes aber wegen der schtzenswerten Belange von Mutter und Kind fr zulssig gehalten.215 91 Eine Anfechtung der Vaterschaft durch den rechtlichen Vater ist aber nicht ausgeschlossen, wenn das Kind in Wahrheit nicht aus der konsentierten knstlichen Befruchtung stammt.216 Auch das Anfechtungsrecht des Kindes wird durch § 1600 Abs 5 BGB nicht ausgeschlossen.217 e) Das Wohl des Vertretenen bei Anfechtung durch den gesetzlichen Vertreter eines Anfechtungsberechtigten

92 Zulssigkeitsvoraussetzung fr die Anfechtung durch den gesetzlichen Vertreter des Kindes oder eines anderen geschftsunfhigen Anfechtungsberechtigten ist, dass diese dem Wohl des Vertretenen dient (§ 1600 a Abs 4 BGB), was im Anfechtungsverfahren vom Familiengericht inzidenter zu prfen ist. Durch diese Prfung, die eine Gesamtwrdigung unter sorgfltiger Abwgung der konkreten Vor- und Nachteile erfordert, die fr den Vertretenen mit der Anfechtung verbunden sind,218 soll sichergestellt werden, dass die Anfechtung dem Wohl des Vertretenen dient, weil durch die Anfechtung rechtliche Bande zerschnitten werden und der Vertretene nach Wegfall der Geschftsunfhigkeit bzw das Kind nach Erreichen der Volljhrigkeit an die Anfechtung gebunden bleibt. Bei Anfechtung der Vaterschaft durch den gesetzlichen Vertreter eines durch knstliche Befruchtung mit dem Samen eines Dritten gezeugten Kindes wird die Anfechtung regelmßig nicht kindeswohldienlich sein, weil das Kind den sozialen Vater verliert, Aussicht auf

215 216 217 218

Roth DNotZ 2003, 805, 808; Spickhoff AcP 97 (1997), 399, 425 ff; zum Meinungsstand siehe auch Knittel Rn 189. Peschel-Gutzeit FPR 2002, 285, 287. Janzen FamRZ 2002, 785, 786; kritisch hierzu Roth JZ 2002, 651, 653 und Wanitzek FamRZ 2003, 730, 734. Nher dazu Wanitzek FPR 2002, 390, 392, 393.

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Ermittlung des Samenspenders und den Aufbau einer Vater-Kind-Beziehung aber kaum besteht.219 f) Anfechtungsfrist

Gem § 1600 b Abs 1 S 1 BGB betrgt die Anfechtungsfrist seit dem 93 1.7.1998 fr die in § 1600 Abs 1 Nr 1–4 aufgefhrten Anfechtungsberechtigten einheitlich 2 Jahre, gleichgltig, ob die qua Ehe mit der Mutter oder die kraft Anerkennung vermutete Vaterschaft angefochten wird.220 Durch diese im Anfechtungsprozess zu beachtende Ausschlussfrist sollen die Anfechtungsberechtigten im Interesse der Rechtssicherheit und im Interesse des Kindes gezwungen werden, innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden, ob sie von ihrem Anfechtungsrecht Gebrauch machen.221 Fr die in § 1600 Abs 1 Nr 5 BGB aufgefhrte anfechtungsberechtigte Behçrde gilt gem § 1600 b Abs 1a BGB eine kenntnisabhngige Anfechtungsfrist von nur einem Jahr und gleichzeitig eine kenntnisunabhngige Ausschlussfrist von 5 Jahren, bei einem im Bundesgebiet geborenen Kind beginnend mit Wirksamkeit der Anerkennung, andernfalls mit Einreise des Kindes (dazu nher Rn 96a). Zur Wahrung der Anfechtungsfrist gengt unter den Voraussetzungen des § 204 Abs 1 Nr 14 BGB ein am letzten Tag der Frist bei Gericht eingereichtes Prozesskostengesuch.222 Gem § 1600 b Abs 5 S 1 Hs 1 BGB wird die kenntnisabhngige Frist durch Einleitung eines Verfahrens nach § 1598a Abs 2 BGB (dazu nher Rn 119a ff) gehemmt. Aufgrund der Verweisung auf § 204 Abs 2 BGB in § 1600 b Abs 5 S 1 Hs 2 BGB endet die Hemmung sechs Monate nach der rechtskrftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Verfahrens auf Ersetzung der Einwilligung in eine 219 220 221 222

So zutreffend Knittel JAmt 2002, 50, 52; Schomburg Kind-Prax 2002, 75, 77; Wanitzek FamRZ 2003, 730, 734. Kritisch hierzu Frank StAZ 2003, 129, 133. BGH NJW 2007, 223 = FamRZ 2007, 36 = BGHReport 2007, 8 = MDR 2007, 340 = JAmt 2007, 99 = JR 2007, 428 = VersR 2007, 107. OLG Dresden FamRZ 2006, 55 = JAmt 2006, 143.

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A. Elternschaft und Abstammung

Abstammungsbegutachtung. Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass die Anfechtungsfrist als echte berlegungsfrist erhalten bleibt, weil das Abstammungsgutachten erst nach erfolgreicher gerichtlicher Geltendmachung eingeholt werden kann.223 Die Frist ist auch gehemmt, solange der Anfechtungsberechtigte widerrechtlich durch Drohung an der Anfechtung gehindert ist, § 1600 b Abs 5 S 2 BGB. Im brigen finden auf den Fristablauf gem § 1600 b Abs 5 S 3 BGB die fr die Verjhrung geltenden Vorschriften der §§ 206 und 210 BGB Anwendung, nach denen der Fristablauf bei hçherer Gewalt und gegenber nicht voll Geschftsfhigen ohne gesetzlichen Vertreter gehemmt ist. 94 Die zweijhrige Anfechtungsfrist gilt auch dann, wenn das Kind vor dem 1.7.1998 geboren wurde, Art 224 § 1 Abs 2 EGBGB. Letzteres kann dazu fhren, dass das Anfechtungsrecht des die Vaterschaft anerkannt habenden Mannes wieder auflebt, sofern die bis zum 30.6.1998 fr ihn geltende einjhrige Anfechtungsfrist nach § 1600 h Abs 1 BGB aF bereits abgelaufen war.224 Eine unzulssige Rckwirkung wird hierin nicht gesehen, weil es allenfalls zu einer Verlngerung der Anfechtungsfrist und somit zu einer Verbesserung der Rechtsstellung des Anfechtungsberechtigten kommt, whrend dem Eingreifen der neuen Anfechtungsfristen fr alte Sachverhalte ein in die Unanfechtbarkeit der Vaterschaft bestehendes Vertrauen insbesondere des Anfechtungsgegners nicht entgegen gehalten werden kann, weil auch das alte Recht eine absolute Frist, nach deren Ablauf die Anfechtung ausgeschlossen war, nicht kannte.225 95 Fr die in § 1600 Abs 1 Nr 1–4 BGB bestimmten Anfechtungsberechtigten beginnt die Frist mit Kenntnis von den gegen die Vaterschaft des als Vater vermuteten Mannes sprechenden Umstnden (§ 1600 b Abs 1 S 2 BGB), frhestens jedoch mit Geburt des Kindes und nicht vor Wirksamwerden der Vaterschaftsanerkennung, § 1600 b Abs 2 S 1 BGB. Aus dieser Regelung wird zugleich gefolgert, dass keine Rechtsgrundlage fr die Anfechtung der Vaterschaft

223 224 225

BT-Drucks 16/6561 S 14; vgl dazu auch Wellenhofer NJW 2008, 1185, 1188. BGH NJW 1999, 1862 = FamRZ 1999, 778; OLG Kçln FamRZ 1999, 800. Staudinger/Rauscher Art 224 § 1 EGBGB Rn 20.

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vor der Geburt des Kindes besteht.226 Besteht die anfechtbare Vaterschaft des frheren Ehemannes der Mutter infolge der Beseitigung der Vaterschaft des zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheirateten Ehemannes nach § 1593 S 4 BGB, beginnt die Frist nicht vor Rechtskraft der die letztere Vaterschaft beseitigenden Entscheidung, § 1600 b Abs 2 S 2 BGB. Die 2-jhrige Anfechtungsfrist (beginnend ab Kenntnis von gegen 96 die Vaterschaft sprechenden Umstnden) gilt auch fr die Anfechtung durch den biologischen Vater. Frhester Fristbeginn war gem Art 229 § 10 EGBGB jedoch der 30.4.2004. Das Vorliegen einer sozial-familiren Beziehung zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind hindert den Lauf der Frist nicht, § 1600 b Abs 1 S 2 Hs 2 BGB. Die Frist fr den leiblichen Vater luft also auch dann, wenn er zwar von Umstnden Kenntnis hat, die gegen die Vaterschaft des rechtlichen Vaters sprechen, eine sozial-familire Beziehung zwischen diesem und dem Kind aber noch besteht, sodass eine Anfechtung durch ihn nicht betrieben werden kann. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Frist bei Eintritt der Voraussetzungen des § 1600 Abs 2 Alt 1 BGB bereits abgelaufen sein kann und damit eine Vaterschaftsanfechtung durch den leiblichen Vater endgltig ausscheidet. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber vor allem dem großen Bedrfnis nach baldiger Rechtssicherheit in Abstammungsfragen Rechnung tragen.227 Im Hinblick auf die grundrechtliche Stellung des auch „nur“ biologischen Vaters drngen sich freilich Zweifel auf, ob diese Regelung, die dem nicht rechtlichen Vater damit eine Anfechtung uU auch dann endgltig verwehrt, wenn die vom BVerfG in der maßgeblichen Entscheidung gegen eine solche Anfechtung vorgebrachten Grnde nicht (mehr) vorliegen, einer verfassungsrechtlichen Prfung standhalten wrde.228 In diese Richtung zielen auch die berlegungen des AG Herford229, das auch im Interesse des Kindes von einer Hemmung der Anfechtungsfrist des § 1600 b Abs 1 BGB ausgeht, fr den Fall, dass der leibliche Vater mit dem Kind 226 227 228 229

OLG Rostock FamRZ 2007, 1675 = OLGR 2007, 228 = MDR 2007, 839 = NJW-RR 2007, 291 = StAZ 2007, 275 = ZKJ 2007, 161. BT-Drucks 15/2253 S 15. Kritisch insoweit auch Eckebrecht FPR 2005, 205, 209. FamRZ 2008, 1270.

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und dessen Mutter zwischenzeitlich zusammengelebt und auch nach Trennung weiterhin Umgang mit dem Kind gepflegt hatte. Die Anfechtungsfrist von zwei Jahren ab Kenntnis von gegen die Vaterschaft sprechenden Umstnden gilt auch in den Fllen, in denen die Mutter vor dem 1.7.1998 keine Anfechtungsklage erheben konnte, weil ihr Anfechtungsrecht erst zu diesem Zeitpunkt durch das KindRG eingefhrt worden ist.230 96a Fr die nach § 1600 Abs 1 Nr 5 BGB anfechtungsberechtigte Behçrde beginnt die Frist, wenn sie von den Tatsachen Kenntnis erlangt, die die Annahme rechtfertigen, dass die Voraussetzungen fr ihr Anfechtungsrecht vorliegen, § 1600 b Abs 1a S 2 BGB. Frhester Fristbeginn dieser kenntnisabhngigen Frist ist gem Art 229 § 16 EGBGB der 1.6.2008. Die Anfechtung ist jedoch ohne Rcksicht auf Art 229 § 16 EGBGB sptestens nach Ablauf von fnf Jahren seit der Wirksamkeit der Anerkennung der Vaterschaft fr ein im Bundesgebiet geborenes Kind, ansonsten sptestens fnf Jahre nach der Einreise des Kindes ausgeschlossen, § 1600 b Abs 1a S 3 BGB.231 Diese absolute Ausschlussfrist, nach der eine Anfechtung nach fnf Jahren – unabhngig vom Zeitpunkt der Kenntniserlangung232 – ausscheidet, hat der Gesetzgeber mit Blick auf die Entscheidung des BVerfG vom 24.10.2006233 im Interesse des Vertrauensschutzes geschaffen, denn auch fr Kinder ist der mit einer erfolgreichen Anfechtung ggf verbundene Wegfall der deutschen Staatsangehçrigkeit (vgl Rn 46a) problematisch. Eine Anfechtung mit den geschilderten Folgen des Verlusts der Staatsangehçrigkeit und/oder der aufenthaltsrechtlichen Vorteile wollte der Gesetzgeber daher jedenfalls fr die Flle aus230 231 232 233

BGH NJW 2002, 2109 = FamRZ 2002, 880 = JAmt 2002, 253 = FuR 2002, 452 = MDR 2002, 948 = FPR 2002, 418 m Anm Veit FamRZ 2002, 953 f. Vgl dazu auch DIJuf-Rechtsgutachten JAmt 2008, 146, 147. Diese Frist kann daher schon vor dem 1.6.2008 begonnen haben, Lçhnig FamRZ 2008, 1130, 1132. NJW 2007, 425 = FamRZ 2007, 21 = StAZ 2007, 138 = ZAR 2007, 150 m Anm Pfersich = VR 2007, 69 = FPR 2007, 422 (LS) = JuS 2007, 476 (LS) = NJW-Spezial 2007, 59 (LS); vgl auch die Besprechungsaufstze von Silagi StAZ 2007, 133 ff und Kiefer ZAR 2007, 93 ff.

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schließen, in denen das betroffene Kind aufgrund seines Alters bereits ein eigenes Bewusstsein fr das Umfeld, dem es angehçrt bzw seine Staatsangehçrigkeit und das Vertrauen auf deren Bestand entwickelt hat. „Vage Zweifel“ des Anfechtungsberechtigten an der Vaterschaft rei- 97 chen nach verbreiteter Auffassung fr den Fristbeginn nicht aus, da damit von gegen die Vaterschaft sprechenden Umstnden nichts bekannt sei.234 Vielmehr msse der Anfechtungsberechtigte von Umstnden Kenntnis haben, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Zweifel an der Vaterschaft zu wecken und die Mçglichkeit der Nichtvaterschaft als nicht ganz fern liegend erscheinen zu lassen.235 Weil eine Vaterschaftsanfechtungsklage nicht auf ein heimlich eingeholtes Vaterschaftsgutachten gesttzt werden kçnne (dazu nher Rn 108), sei letzteres auch nicht geeignet, die Anfechtungsfrist des § 1600 b BGB auszulçsen.236 Nach einer Entscheidung des BGH237 beginnt die Anfechtungsfrist des § 1600 b Abs 1 S 2 BGB bereits mit der Geburt des Kindes, wenn dem vermeintlichen Kindsvater schon whrend der Schwangerschaft der Mutter bekannt war, dass diese der Prostitution nachgeht. Die Verhtung durch Benutzung von Kondomen sei nicht so zuverlssig, dass der Klger bei objektiver und verstndiger Wrdigung die Vaterschaft eines anderen Mannes trotz gewerbsmßigen Mehrverkehrs der Kindesmutter fr ganz fern liegend und praktisch ausgeschlossen habe halten drfen, urteilte der Senat. Die Vaterschaftsanfechtung sei deshalb verfristet, auch wenn der Klger erst vier Jahre spter mittels

234

235

236 237

OLG Kçln FamRZ 2004, 1987; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 480; AG Korbach FamRZ 2005, 290; aA Demharter FamRZ 1985, 232; OLG Hamburg FamRZ 1997, 1171. BGH NJW 1998, 2976 = FamRZ 1998, 955 = MDR 1998, 846 = JZ 1999, 41 m abl Anm Schlosser = NJW-RR 1998, 249 = DAVorm 1998, 627; ebenfalls ablehnend Knoche FuR 2005, 348, 352; zweifelnd auch Mutschler FamRZ 2003, 74, 76 und Wellenhofer FamRZ 2005, 665, 666; BGH FamRZ 2008, 501 = m abl Anm Henrich = NJW-RR 2008, 449 = FuR 2008, 147; vgl dazu auch Born FPR 2008, 181; OLG Frankfurt FamRZ 2008, 895 = NJW-Spezial 2008, 133 (LS). BGHZ 166, 283 = NJW 2006, 1627 = FamRZ 2006, 686 m Anm Wellenhofer = FamRB 2006, 171. FamRZ 2006, 771 m Anm Luthin.

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eines DNA-Tests herausgefunden habe, dass er mit Sicherheit nicht der Vater des Kindes ist. 98 Fr die Anfechtung durch den gesetzlichen Vertreter des Kindes kommt es auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters des Kindes an (§ 166 Abs 1 BGB), der befugt ist, das Kind im Anfechtungsverfahren zu vertreten.238 Gleiches gilt fr die Anfechtung durch den gesetzlichen Vertreter eines anderen (geschftsunfhigen) Anfechtungsberechtigten. g) Neue Anfechtungsfristen

99 Hat der gesetzliche Vertreter die Vaterschaft nicht rechtzeitig angefochten, so kann das Kind die Vaterschaft nach Eintritt der Volljhrigkeit selbst anfechten, § 1600 b Abs 3 BGB. Hat der gesetzliche Vertreter eines Geschftsunfhigen die Vaterschaft nicht rechtzeitig angefochten, so kann der Anfechtungsberechtigte die Vaterschaft nach Wegfall der Geschftsunfhigkeit selbst anfechten, § 1600 b Abs 4 BGB. Die Frist beginnt mit Kenntnis des Kindes bzw des nunmehr Geschftsfhigen von den gegen die Vaterschaft sprechenden Umstnden und betrgt – in Abweichung von § 206 BGB – 2 Jahre (§ 1600 b Abs 3 S 2, Abs 4 S 2 BGB).239 100 Darber hinaus gibt § 1600 b Abs 6 BGB dem Kind die Mçglichkeit, die Vaterschaft in den Fllen, in denen es Kenntnis von Umstnden erlangt, auf Grund derer die Folgen der Vaterschaft fr das Kind unzumutbar werden, die Vaterschaft auch dann noch anzufechten, wenn die Anfechtungsfrist des § 1600 b Abs 1 S 1 BGB bereits abgelaufen war. Die 2-jhrige Anfechtungsfrist beginnt nach § 1600 b Abs 6 BGB erneut zu laufen, wenn das Kind von solchen Umstnden Kenntnis erlangt. Der Gesetzgeber verzichtete auf eine kasuistische Aufzhlung von Grnden, auf denen die Unzumutbarkeit beruhen kann und verwies stattdessen auf die in § 1596 Abs 1 BGB aF geregel-

238 239

OLG Koblenz DAVorm 1983, 735; OLG Nrnberg NJW-RR 1987, 389; OLG Kçln FamRZ 2001, 245; OLG Dresden FamRZ 2006, 55. Palandt/Diederichsen § 1600 b Rn 24.

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ten Tatbestnde.240 Weil die Rechtssicherheit trotz der Beschrnkung des auflebenden Anfechtungsrechts auf 2 Jahre ohnehin gefhrdet ist, ist die Norm restriktiv zu handhaben.241 In Anlehnung an § 1596 Abs 1 Nr 4 BGB aF kommen als Unzumutbarkeitsgrnde etwa ein unsittlicher oder ehrloser Lebenswandel oder schwere Verfehlungen des Vaters gegen das Kind in Betracht. Ob darber hinaus auch solche in der Person des rechtlichen Vaters liegende Umstnde wie eine schwere Erb- oder Geisteskrankheit Unzumutbarkeit im Sinne der Norm begrndet (vgl § 1596 Abs 1 Nr 5 BGB aF), ist streitig.242 h) Die Übergangsregelungen des Art 224 § 1 Abs 4 EGBGB

Dem Kind, dem unter Geltung des alten Rechts wegen Fehlens eines 101 gesetzlichen Anfechtungsgrundes iSv § 1596 Abs 1 BGB aF die Anfechtung versagt war, wurde durch Art 224 § 1 Abs 4 S 1 EGBGB ebenso (erstmals) ein Anfechtungsrecht eingerumt, wie demjenigen volljhrigen Kind, dem die Klrung der Abstammung nach bisherigem Recht wegen fehlender Kenntnis vom Anfechtungsgrund innerhalb der nach altem Recht fr die Anfechtung durch das volljhrige Kind vorgesehenen Anfechtungsfrist des § 1598 BGB aF verwehrt war. Mit diesen Regelungen trug der Gesetzgeber jenen Entscheidungen des BVerfG243 Rechnung, mit denen die Verfassungswidrigkeit von §§ 1596 Abs 1, 1598 Hs 2 BGB aF insoweit festgestellt wurde, als § 1596 Abs 1 BGB aF die Anfechtung nur bei Vorliegen bestimmter Anfechtungstatbestnde erlaubte und § 1598 Hs 2 BGB aF eine kenntnisunabhngige Anfechtungsfrist fr das volljhrig gewordene Kind vorsah. Die Norm betraf sonach nur Kinder, denen die Anfechtung unter Geltung alten Rechts versagt war. Whrend die erste Alternative von Art 224 § 1 Abs 4 S 1 EGBGB gleichermaßen fr minderjhrige 240 241 242 243

BT-Drucks 13/4899 S 88. Muscheler/Beisenherz JR 1999, 407, 411. Dafr MnchKomm BGB/Wellenhofer § 1600 b Rn 40; dagegen Staudinger/Rauscher § 1600 b Rn 87; zweifelnd auch Grn Rn 248. BVerfGE 79, 256 = NJW 1989, 891 = FamRZ 1989, 255 = JZ 1989, 335 m Anm Starck; vgl auch die Besprechungsaufstze von Giesen JZ 1989, 364 ff, CoesterWaltjen JURA 1989, 520 ff und Enders NJW 1989, 881 ff und BVerfGE 90, 263 = FamRZ 1994, 881.

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wie fr volljhrige Kinder gilt und hier nur die Flle erfasst, in denen die Anfechtung der Ehelichkeit gem § 1596 Abs 1 BGB aF am Fehlen eines Anfechtungstatbestandes scheiterte,244 betraf die zweite Variante der Norm nur volljhrige Kinder. Nach dieser Variante wurde dem Kind eine neue Anfechtungsfrist nur erçffnet, wenn es vor Vollendung des zwanzigsten Lebensjahres keine Kenntnis von den die Nichtvaterschaft begrndenden Umstnden hatte. Die Anfechtungsfrist gem Art 224 § 1 Abs 4 S 1 EGBGB begann in beiden Fllen mit Inkrafttreten des neuen Rechts am 1.7.1998 und endete mit Ablauf des 30.6.2000. Die Rechtskraft eines entsprechenden, aufgrund Fehlens eines Anfechtungsgrundes oder Fristversumnis ergangenen klageabweisenden Urteils stand einer erneuten Anfechtung nicht entgegen, Art 224 § 1 Abs 4 S 2 EGBGB. Die bergangsregelung des Art 224 § 1 Abs 4 S 1 EGBGB gilt indes nicht, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts noch keine Kenntnis von gegen die Vaterschaft sprechenden Umstnden hatte. In diesen Fllen ist vielmehr § 1600 b Abs 3 BGB unmittelbar anwendbar. Auch soweit dem Kind die Kenntnis seines gesetzlichen Vertreters zuzurechnen ist und die Anfechtung bereits nach altem Recht versumt wurde, erçffnete die Norm keine erneute Anfechtungsfrist.245 Ebenfalls unanwendbar ist Art 224 § 1 Abs 4 S 1 EGBGB, wenn das Kind erst nach dem 1.7.1998 von Umstnden Kenntnis erlangt hatte, die die bereits vor diesem Stichtag bestehende Vaterschaft iSv § 1600 b Abs 6 BGB unzumutbar machen. In diesem Fall gilt § 1600 b Abs 6 BGB unmittelbar.246

244 245 246

Kirchmeier Kind-Prax 1998, 144, 147. OLG Celle OLGR 1998, 289. Wax in FamRefK Art 224 Rn 8.

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i) Verfahrensrechtliche Regelungen im Überblick aa) Anfechtung durch den rechtlichen Vater, die Mutter oder das Kind

Das Familiengericht entscheidet auf Klage des rechtlichen Vaters 102 gegen das Kind oder auf Klage von Mutter oder Kind gegen den rechtlichen Vater, § 1600 e Abs 1 S 1 Nr 1 und Nr 2 BGB. Ist der als Vater geltende Mann oder das Kind verstorben, hat das Familiengericht auf Antrag des Mannes oder auf Antrag des Kindes oder seiner Mutter zu entscheiden, § 1600 e Abs 2 BGB. Nach dem Tode des Kindes ist nur noch der Mann antragsberechtigt, ebenso wenn Mutter und Kind verstorben sind. Die Mutter muss, im Gegensatz zum frheren Recht (vgl § 1600n Abs 2 BGB aF), gegen den Mann klagen.247 Weil ein Dritter (Putativvater) in einem Anfechtungsprozess allenfalls unselbstndiger Nebenintervenient sein kann, ist dem Putativvater die Zulassung als Nebenintervenient auf Seiten des verstorbenen Vaters in einem postmortalen Vaterschaftsanfechtungsverfahren verwehrt,248 da der Verstorbene selbst nicht Partei sein kann. Die Prozesshandlungen des Putativvaters, insbesondere die Entscheidung Rechtsmittel einzulegen, kçnnten dann nmlich nicht entsprechend § 67 Hs 2 ZPO daran gemessen werden, ob sie Erklrungen und Handlungen des „untersttzten“ – jedoch bereits verstorbenen – Beklagten widersprchen. bb) Anfechtung durch den genetischen Vater oder durch die anfechtungsberechtigte Behörde

Die Anfechtungsklage des genetischen Vaters ist nach § 1600 e 103 Abs 1 S 1 Nr 3 BGB und die Anfechtungsklage durch die anfechtungsberechtigte Behçrde nach § 1600 e Abs 1 S 1 Nr 4 BGB gegen den rechtlichen Vater und das Kind zu richten. Ist einer von beiden 247 248

Sonnenfeld in Jansen, FGG, § 55b Rn 18; aA Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhard § 55b Rn 6. BGHZ 173, 90 = NJW 2007, 3065 = FamRZ 2007, 481 = MDR 2007, 1376 = BGHReport 2008, 25 = FuR 2007, 481 = JuS 2008, 90 (LS) = FPR 2007, 422 (LS) = NJW-Spezial 2007, 468 (LS) = FamRB 2007, 298 (LS) m Anm Mller.

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A. Elternschaft und Abstammung

verstorben, ist die Klage nur gegen die andere Person zu richten, § 1600 e Abs 1 S 2 BGB. Sind der rechtlicher Vater und das Kind verstorben, entscheidet das Familiengericht auf Antrag des die genetische Vaterschaft fr sich in Anspruch nehmenden Mannes oder der anfechtungsberechtigten Behçrde, § 1600 e Abs 2 BGB. Ein auf Anfechtungsklage gem § 1600 Abs 1 Nr 2 BGB ergangenes, das Bestehen der Vaterschaft feststellendes Urteil nach § 640 h Abs 1 S 3 ZPO entfaltet ebenso wie ein Urteil nach § 1600 d BGB ber den Wortlaut von § 640 h Abs 1 S 3 ZPO hinaus Wirkung fr und gegen alle, sofern es zu Lebzeiten der Parteien rechtskrftig geworden ist.249 Aus dieser Wirkung leitet der BGH ab, dass andere Vaterschaftsprtendenten, die die Vaterschaft (ebenfalls) fr sich in Anspruch nehmen wollen, im von einem Mann, der nicht rechtlicher Vater ist (§ 1600 Abs 1 Nr 2 BGB) betriebenen Vaterschaftsanfechtungsprozess zwecks Gewhrung rechtlichen Gehçrs entsprechend § 640 e Abs 1 S 1 ZPO zum Verhandlungstermin zu laden seien.250 Nach anderer Ansicht hat die Beiladung des dritten Vaterschaftsprtendenten zu unterbleiben, weil dieser nicht wenigstens den Zweck verfolgt, die Beklagten zu untersttzen (vgl §§ 640 e Abs 1 S 2, 66 ZPO), wenn er sich der mçglichen Behauptung des rechtlichen Vaters, es bestnde eine sozial-familire Beziehung oder der Feststellung der Abstammung des Kindes von seinem rechtlichen Vater widersetzt, sodass er nicht als Streitgenosse zugelassen werden kçnnte (§ 71 Abs 3 ZPO) und damit auch nicht beizuladen ist.251 103a rtlich zustndig in Klageverfahren ist nach § 640 a Abs 1 S 1 ZPO ausschließlich das Gericht, in dessen Bezirk das Kind seinen Wohnsitz oder bei Fehlen eines inlndischen Wohnsitzes seinen gewçhnlichen Aufenthalt hat. Im Antragsverfahren ergibt sich die çrtliche Zustndigkeit aus § 621a Abs 1 S 1 ZPO, §§ 64 Abs 1, 3 S 2, 43 249 250

251

Wieser FamRZ 2008, 456. BGH NJW 2007, 3062 = FamRZ 2007, 1731 = MDR 2007, 1377 = BGHReport 2008, 23 = FuR 2007, 476 = FamRB 2007, 297 (LS) m Anm Mller = ZFE 2007, 388 (LS) = FPR 2007, 422 (LS) = JuS 2008, 89 (LS). Wieser FamRZ 2008, 456.

II. Rechtliche Elternschaft

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Abs 1, 36 FGG. Danach ist (ebenfalls) in erster Linie das Amtsgericht zustndig, in dessen Bezirk das Kind seinen Wohnsitz hat. Bei fehlendem Wohnsitz ist der Aufenthalt maßgeblich. Es handelt sich um eine Kindschaftssache, §§ 621 Abs 1 Nr 10, 640 104 Abs 2 Nr 2 ZPO; im Antragsverfahren nach § 1600 e Abs 2 BGB nach dem Tode des Mannes oder bzw (bei Anfechtung durch den leiblichen Vater oder die anfechtungsberechtigte Behçrde) auch des Kindes findet FGG-Verfahrensrecht Anwendung, § 621a Abs 1 S 1 ZPO. Vor einer Entscheidung im Falle einer Anfechtung durch die Behçrde 104a nach § 1600 Abs 1 Nr 5 BGB hat das Gericht das Jugendamt anzuhçren (§ 640 d Abs 2 S 1 ZPO). Die Norm soll sicherstellen, dass das Jugendamt als fachkundige Behçrde seine mçglicherweise bereits vorhandenen Kenntnisse und seine Bewertung zum Vorliegen oder Nichtvorliegen der sozial-familiren Beziehung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater in das Gerichtsverfahren einbringt. Alle Entscheidungen, zu denen das Jugendamt zu hçren ist, sind ihm bekannt zu machen, § 640 d Abs 2 S 2 ZPO. Gegen nach dem 30.6.1998 auf Antrag ergangene Endentscheidungen ist gem §§ 621 Abs 1 Nr 10, 621a, 621e Abs 1, 3, 517 ZPO die befristete Beschwerde gegeben, einzulegen binnen Monatsfrist beim OLG.252 Auch im Anfechtungsverfahren gilt gem §§ 640, 616 Abs 1, 617 105 ZPO grundstzlich die Untersuchungsmaxime. Diese wird hier jedoch mit § 640 d Abs 1 ZPO durchbrochen, sodass das Gericht gegen den Widerstand des Anfechtenden Tatsachen, die von den Parteien nicht vorgebracht sind, nur insoweit bercksichtigen darf, als sie geeignet sind, der Anfechtung entgegengesetzt zu werden. Grund fr diese Regelung ist, dass kein çffentliches Interesse daran besteht, den Status des Kindes zu beseitigen. Deshalb kann der Anfechtende ber die Verwertung anfechtungsbegrndender Tatsachen ebenso disponieren wie ber die Anfechtung selbst. Von Amts

252

Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhard § 55b Rn 10.

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wegen stets zu bercksichtigen sind jedoch Tatsachen, die der Anfechtung entgegenwirken. 106 Im Anfechtungsverfahren wird gem § 1600 c Abs 1 BGB vermutet, dass das Kind von dem Mann abstammt, dessen Vaterschaft nach §§ 1592 Nr 1 und 2, 1593 BGB besteht. Ist die Vaterschaftszuordnung durch Anerkennung bewirkt worden, gilt die Abstammungsvermutung des § 1600 c Abs 1 BGB nicht, wenn das Anerkenntnis an einem Inhalts- oder Erklrungsirrtum nach § 119 Abs 1 BGB leidet oder die Anerkennungserklrung aufgrund einer Tuschung oder Drohung abgegeben wurde (§ 123 BGB) und der Mann die Vaterschaft anficht, § 1600 c Abs 2 BGB. j) Die Übergangsregelung des Art 224 § 1 Abs 5 EGBGB

107 Art 224 § 1 Abs 5 S 1 EGBGB erçffnet dem unter Geltung alten Rechts nicht beschwerdeberechtigten Kind ein Beschwerderecht. Anders als andere Vorschriften meint das hier erwhnte Kind aber nicht das, zu welchem die Vaterschaft des Mannes nach altem Recht vom Vormundschaftsgericht festgestellt wurde, sondern ein weiteres, von diesem Vaterschaftsfeststellungsverfahren nicht unmittelbar berhrtes, ebenfalls außerhalb einer Ehe geborenes Kind des Vaters. Da das alte Recht in § 55b Abs 1 FGG aF bis zum 30.6.1998 (ua) nur die Anhçrung „ehelicher“ Kinder des Mannes vorschrieb, stand dem vor der nderung des § 55b Abs 1 FGG nicht zu hçrenden „nichtehelichen“ Kind gegen vor diesem Stichtag ergangene Verfgungen des Vormundschaftsgerichts auch kein Beschwerderecht zu, weil § 50 b Abs 3 FGG ein solches (weiterhin) nur dem nach Abs 1 der Vorschrift zu hçrenden Personenkreis einrumt. Durch § 55b Abs 1 FGG nF wurde die Anhçrungspflicht mit Wirkung vom 1.7.1998 auf alle Kinder des Putativvaters erstreckt. Der Erweiterung des nach § 55b Abs 1 FGG nF zu hçrenden Personenkreises auf das außerhalb der Ehe geborene Kind mit Wirkung zum 1.7.1998 stellte der Gesetzgeber auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestages253 die 253

BT-Drucks 13/8511 S 80.

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bergangsregelung des Art 224 § 1 Abs 5 EGBGB zur Seite. Damit wurde dem Kind ein Recht zur Beschwerde auch gegen die Verfgungen eingerumt, vor deren Erlass es nicht zu hçren war, weil sie unter Geltung des § 55b Abs 1 FGG aF ergangen sind. Eine nach altem Recht gem §§ 55b Abs 2, 60 Abs 1 Nr 6, 22 FGG eingetretene Rechtskraft steht der Beschwerde nicht entgegen. Die Beschwerdefrist begann fr den durch § 55b FGG nF erstmals beschwerdeberechtigten Personenkreis frhestens mit dem 1.7.1998, Art 224 § 1 Abs 5 S 2 EGBGB. Sie richtet sich weiterhin nach § 22 Abs 1 FGG,254 wobei der Fristbeginn die Bekanntgabe gem § 22 Abs 1 S 2 FGG an die nunmehr anfechtungsberechtigte Person voraussetzt, Art 15 § 1 Abs 3 KindRG. k) Begründungserfordernis bei der Anfechtungsklage

Die bloße Behauptung, nicht Vater des Kindes zu sein, reicht nach 108 verbreiteter Auffassung nicht aus, ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren einzuleiten, in dem die Abstammung dann regelmßig durch ein gerichtliches Gutachten geklrt wird. Vielmehr msse der Klger konkrete Umstnde vortragen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Zweifel an der Vaterschaft zu wecken und die Abstammung des Kindes von einem anderen Mann als nicht ganz fern liegend erscheinen zu lassen.255 Die Gegenansicht lsst in erster Linie mit Hinweis

254 255

Staudinger/Rauscher Art 224 § 1 EGBGB Rn 48. BGH NJW 1998, 2976 = FamRZ 1998, 955 = MDR 1998, 846 = JZ 1999, 41 m abl Anm Schlosser = NJW-RR 1998, 249 = DAVorm 1998, 627, die vom BGH in der Entscheidung angefhrte Begrndung ebenfalls ablehnend Knoche FuR 2005, 348, 351; BGH NJW 2003, 585 = FamRZ 2003, 155 = MDR 2003, 218 = FuR 2003, 302 = BGHReport 2003, 224; BGHZ 162, 1 = NJW 2005, 497 = FamRZ 2005, 340 = MDR 2005, 632 = FuR 2005, 275 = JZ 2005, 624 = BGHReport 2005, 503 = JAmt 2005, 140; ders FamRZ 2005, 342 = StAZ 2005, 102 = Kind-Prax 2005, 104 m Anm Koritz = MedR 2005, 287 = Streit 2005, 62; vgl auch Lindner NVwZ 2005, 774 f; OLG Koblenz FamRZ 2007, 1675; BGH FamRZ 2008, 501 m abl Anm Henrich = NJW-RR 2008, 449 = FuR 2008, 147; vgl dazu auch Born FPR 2008, 181.

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auf den im Verfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz die bloße Behauptung gengen, der Klger sei nicht der Vater, und lehnt das Verlangen nach Darlegung eines sog Anfangsverdachts ab.256 Fr die erste Auffassung spricht, dass es dem Klger obliegt, Umstnde substantiiert vorzutragen, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Rechtsfolge ergeben, whrend der mit einem solchen schlssigen Klagevortrag hufig fehlerhaft verquickte Begriff der Schlssigkeit der Klage nur die Bewertung und Rechtfertigung des Vortrages nach Maßgabe des materiellen Rechts beinhaltet.257 Fr die Schlssigkeit der Klage wrde es folglich ausreichen, wenn der Klger „ins Blaue hinein“ behauptet, nicht Vater des Kindes zu sein, womit er es in der Hand htte, rein willkrlich die Einbeziehung der Kindesmutter und des betreffenden Kindes in eine sachverstndige Abstammungsbegutachtung zu veranlassen. Um einen Missbrauch des Instituts der Anfechtungsklage zu verhindern, sollen deshalb konkrete, bei objektiver Betrachtung gegen die Vaterschaft sprechende Umstnde vorzutragen sein. Solchen Anhaltspunkten sei dann im Verfahren von Amts wegen nachzugehen. Die Diskussion ber die Zulssigkeit und Verwertbarkeit privat bzw heimlich eingeholter DNA-Vaterschaftsnachweise im Vaterschaftsanfechtungsverfahren258 macht indes die aus dieser Auffassung resultierenden Probleme deutlich. Mit Hinweis auf die Unsicherheit privat eingeholter Vaterschaftstests ohne Identittsnachweis,259 vor allem aber wegen des Verstoßes gegen das verfassungsrechtlich geschtzte Persçnlichkeitsrecht und des 256

257 258

259

Ua Demharter FamRZ 1985, 232, 235; Mutschler DAVorm 1996, 377 ff in einer Anm zur Entscheidung des OLG Hamm, DAVorm 1996, 271; OLG Mnchen FamRZ 1987, 969; OLG Hamburg FamRZ 1997, 1171; dass OLGR 1997, 230; MnchKomm ZPO/Damrau § 372a Rn 5; Wellenhofer FamRZ 2005, 665 ff; Wolf NJW 2005, 2417 ff; Knoche FuR 2005, 248 ff. Nher dazu Eckebrecht MDR 1999, 71, 72 und Knoche FuR 2005, 348, 352, 353. Vgl Rittner/Rittner NJW 2002, 1745 ff; Bohnert FPR 2002, 383 ff; vgl auch OLG Jena FamRZ 2003, 944 = FPR 2003, 374 sowie AG Korbach FamRZ 2005, 290, das eine Verwertung des Gutachtenergebnisses wegen zwischenzeitlich eingerumtem Mehrverkehr fr zulssig hielt; zur grundstzlichen Zulssigkeit und gerichtlichen Verwertbarkeit privat veranlasster Abstammungsgutachten vgl auch Reichelt/Schmidt/Schmidtke FamRZ 1995, 777 ff. Zu diesem Argument kritisch Knoche FuR 2005, 348, 350.

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daraus resultierenden Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Kindes bei rechtswidriger Erlangung des Materials ohne oder gegen den Willen des Kindes bzw dessen gesetzlichen Vertreters, lehnte das OLG Celle260 die Zulssigkeit und Verwertbarkeit solchermaßen gewonnener Gutachten ab. Auch der BGH sprach sich wegen der Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gegen die Verwertbarkeit heimlich eingeholter DNA-Analysen aus.261 Ferner stellte der Senat fest, dass eine Weigerung des Kindes oder der Mutter als seiner gesetzlichen Vertreterin, der Einholung einer solchen Analyse oder der Verwertung ihres Ergebnisses zuzustimmen, als solche regelmßig nicht geeignet sei, einen gegen die Vaterschaft des rechtlichen Vaters sprechenden Anfangsverdacht zu begrnden.262 Andernfalls wrde das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Auffassung des Senats ausgehçhlt, wenn die Weigerung, an einer außergerichtlichen Begutachtung mitzuwirken, die Vaterschaftsanfechtungsklage erçffnen wrde, mit der Folge, dass die Informationen, die dieses Grundrecht schtzen will, immer dann im Rahmen einer gerichtlichen Beweisaufnahme preisgegeben werden mssten, wenn dies dem Willen des Betroffenen zuwiderliefe und die freiwillige Preisgabe deshalb zuvor abgelehnt wurde. Auch die Weigerung, der Verwendung der rechtswidrig erlangten Informationen zuzustimmen, kçnne aus diesem Grund keinen solchen gegen die Vaterschaft sprechenden Umstand begrnden. Schließlich wurde auch die Frage, ob das Recht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung hinter 260

261

262

NJW 2004, 449 = FamRZ 2004, 481 m abl Anm Huber FamRZ 2004, 825 f; zweifelnd auch OLG Schleswig (FamRZ 2005, 1097), das (vor den Entscheidungen des BGH!) den heimlich eingeholten DNA-Vaterschaftstest zumindest als Voraussetzung fr eine PKH-Gewhrung gengen ließ; siehe dazu Spickhoff NJW 2006, 1630, 1638. BGH Urteile vom 12.1.2005 XII ZR 60/03 = FamRZ 2005, 342 und XII ZR 227/03 = BGHZ 162, 1 = NJW 2005, 497 = FamRZ 2005, 340 = JAmt 2005, 140 = FuR 2005, 275 = MDR 2005, 632 = BGHReport 2005, 503 = JZ 2005, 624 m krit Anm Ohly sowie zust Anm Klinkhammer FF 2005, 150 und Rittner/Rittner NJW 2005, 945 ff = StAZ 2005, 102 = Kind-Prax 2005, 104 m Anm Koritz = MedR 2005, 287 = Streit 2005, 62; vgl auch Lindner NVwZ 2005, 774 f und Spickhoff NJW 2006, 1630, 1637, 1638; sowie erneut BGH NJW 2006, 1627 = BGHZ 166, 283 = FamRZ 2006, 686 m Anm Wellenhofer = FamRB 2006, 171; aA Wellenhofer FamRZ 2005, 665 ff, Muscheler FPR 2005, 185 ff sowie Knoche FuR 2005, 348 ff; BGH FamRZ 2008, 501 m abl Anm Henrich = NJW-RR 2008, 449 = FuR 2008, 147; vgl dazu auch Born FPR 2008, 181. Entgegen Mutschler FamRZ 2003, 74, 76.

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A. Elternschaft und Abstammung

dem aus dem allgemeinen Persçnlichkeitsrecht des Vaters abzuleitenden Recht auf Kenntnis seiner Vaterschaft zurckzustehen hat, mit Hinweis darauf verneint, dass ein solches Recht des Vaters selbst dann, wenn es dem Grundrecht auf Kenntnis der eigenen Abstammung gleichzustellen wre, noch kein Recht auf Verschaffung solcher Kenntnis verliehe. Dem steht die Auffassung gegenber, dass es nicht nur die Rechte des Kindes gegen die des Mannes abzuwgen gelte,263 sondern darber hinaus auch der Schutz von Ehe und Familie gegen ein pauschales Verbot eines ggf unbemerkt bleibenden, die angezweifelte Vaterschaft feststellenden Tests spreche.264 Fr die Zulssigkeit der Einholung heimlicher Vaterschaftstests spreche daher auch das Kindeswohl, weil die Zweifel des Vaters hufig dadurch ausgerumt werden kçnnten, ohne dass der Familienfrieden gestçrt wrde.265 Weiterhin wird gegen das Verwertungsverbot angefhrt, dass es sich keineswegs um den vom BGH beschriebenen schwerwiegenden Eingriff in ein Grundrecht des Kindes handele, sodass in jedem Fall eine Abwgung der grundrechtlich geschtzten Position des Kindes gegen das spiegelbildlich aus dem Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung abgeleitete Recht des Mannes auf Kenntnis der eigenen Abkçmmlinge stattfinden msse.266 Dem ist zuzustimmen, denn auch wenn dieses Recht dem Mann kein Recht auf Verschaffung der Kenntnis verleiht, so schtzt es ihn doch vor der Vorenthaltung erlangbarer Informationen. Der Weg zur Kenntnis der eigenen Abkçmmlinge aber wre verstellt, wenn sich der Mann zur schlssigen Darlegung seiner Behauptung keinesfalls auf ein solches Gutachten berufen kçnnte. Der rechtliche Vater befindet sich faktisch gerade aufgrund der vom BGH verlangten substantiierten 263

264

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Staudinger/Rauscher (Einl zu § 1589 ff Rn 112 ff, 116) geht davon aus, dass dem Recht des Vaters auf Kenntnis der Abstammung in jedem Fall Vorrang vor dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Kindes zukommt. Spickhoff (FamRZ 2003, 1581, 1582) in einer Anm zu der Entscheidung des LG Mnchen I (FamRZ 2003, 1580); kritisch zu diesem Argument Gernhuber/Coester-Waltjen § 52 Rn 26. Huber (FamRZ 2004, 825) in einer Anm zu der Entscheidung des OLG Celle (NJW 2004, 449 = FamRZ 2004, 481); vgl auch Wellenhofer FamRZ 2005, 665, 666 und Muscheler FPR 2005, 185, 186; kritisch hierzu Schwonberg JAmt 2005, 265, 271 und Gernhuber/Coester-Waltjen § 52 Rn 26. Wellenhofer FamRZ 2005, 665, 667; in diese Richtung geht auch die Kritik von Zuck (FRP 2005, 117), der den vom BGH ohne weiteres angenommenen Vorrang der Kindesgrundrechte rgt.

II. Rechtliche Elternschaft

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Tatsachenbehauptung in Darlegungs- und Beweisnot, weil er nur selten in der Lage sein wird, gegen den Willen der Mutter Kenntnis von konkreten, objektiv gegen die Vaterschaft sprechenden Umstnden zu erlangen,267 sodass diese Beurteilung auch rechtspolitisch problematisch ist. Schließlich wurde dem Verlangen auf Darlegung eines dem Zivilrecht im brigen fremden „Anfangsverdachts“268 auch das vom BVerfG mehrfach betonte Recht des Kindes auf Kenntnis seiner wahren Abstammung entgegengehalten.269 Allerdings hatte der BGH in den Urteilsgrnden der beiden Entscheidungen vom 12.1.2005270 offen gelassen, ob weiterhin solch hohe Anforderungen an die Klagebegrndung zu stellen sind und damit die Aussicht auf einen leichteren Zugang zum Vaterschaftsanfechtungsverfahren erçffnet,271 ohne dass insoweit Konsequenzen gezogen wurden. Mit einem Umdenken ist aber nunmehr nicht zuletzt auch aufgrund einer spter ergangenen verfassungsgerichtlichen Entscheidung nicht mehr zu rechnen: Nachdem sich auch das BVerfG mit Urteil vom 13.2.2007272 gegen die Verwertung heimlich eingeholter 267 268

269 270

271 272

So auch Wellenhofer FamRZ 2005, 665, 666. Der Begriff ist dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren entlehnt, sodass Schwonberg stattdessen den des „Anfechtungsverdachts“ gewhlt hat (JAmt 2005, 265, 266 insbes Fn 22). Wolf NJW 2005, 2417 ff. XII ZR 60/03 = FamRZ 2005, 342 und XII ZR 227/03 = BGHZ 162, 1 = NJW 2005, 497 = FamRZ 2005, 340 = JAmt 2005, 140 = JZ 2005, 624 = MDR 2005, 632 = BGHReport 2005, 503 = FuR 2005, 275 = StAZ 2005, 102 = Kind-Prax 2005, 104 m Anm Koritz = MedR 2005, 287 = Streit 2005, 62, vgl auch Lindner NVwZ 2005, 774 f. Klinkhammer FF 2005, 150, 151; Schwonberg JAmt 2005, 265, 266. BVerfGE 117, 202 = NJW 2007, 753 = FamRZ 2007, 441 m Anm Balthasar = JAmt 2007, 92 = StAZ 2007, 113 = FF 2007, 96 = JZ 2007, 629 m Anm Balthasar = FuR 2007, 258 = EuGRZ 2007, 54 = DVBl 2007, 381 = DuD 2007, 222 = RDV 2007, 117 = ZFE 2007, 82 (LS) = DSB 2007, Nr 3, 21 (LS) m Anm Vahle = ZKJ 2007, 155 (LS) = ZAP EN-Nr 140/2007 (LS) = DVP 2007, 208 (LS) m Anm Vahle = JuS 2007, 472 (LS) = MDR 2007, 525 (LS) = DNotI-Report 2007, 95 (LS) = JA 2007, 747 (LS) = FPR 2007, 421 (LS); vgl auch die Besprechungsaufstze von Frank/Helms FamRZ 2007, 1277 ff; Fritsche NJ 2007, 294 ff; Brosius-Gersdorf FPR 2007, 398 ff; dies NJW 2007, 806 ff; Zuck FPR 2007, 379 ff; Borth FPR 2007, 381 ff; Klosinski FPR 2007, 385 ff; Schwab FamRZ 2008, 23 ff; Rotax ZFE 2007, 124 ff; Schwonberg ZfF 2007, 177 ff; Muscheler FPR 2007, 389 ff; Groß FPR 2007, 392 ff; Merkel NJW-Spezial 2007, 468; Klinkhammer FF 2007, 128 ff; Frçhlich FF 2007, 134 f; Willutzki ZRP 2007, 180 ff; Helms StAZ 2008, 7 ff; ders FamRZ 2008, 1033 ff; Zimmermann FuR 2008, 323 ff.

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A. Elternschaft und Abstammung

Abstammungsgutachten ausgesprochen hat und der Gesetzgeber der Aufforderung des Senats gefolgt ist und mit Wirkung vom 1.4.2008 ein rechtsfçrmiges Verfahren bereitgestellt hat, mit dem es zumindest dem rechtlichen Vater, dem Kind und der Mutter mçglich ist, die Abstammung unabhngig von einem, die rechtliche Vaterschaft ggf beseitigenden Ergebnis zu klren (vgl Rn 119 a ff), hat sich die Situation etwas entspannt, allerdings ohne dass das Problem auch rechtlich berzeugend gelçst wurde. 108a Wer der Auffassung folgt, dass ein Anfangsverdacht vorzutragen ist, muss im brigen konsequenterweise auch der die Vaterschaft gem § 1600 Abs 1 Nr 5 BGB anfechtenden Behçrde (nher dazu Rn 45 und 82a) einen Vortrag abverlangen, der Zweifel an der Abstammung des Kindes von seinem rechtlichen Vater weckt.273 Das Problem, dass sich daraus ergibt, dass die anfechtungsberechtigte Behçrde keine fr die Nichtabstammung sprechenden Indizien wird sammeln kçnnen, ohne in unzumutbarer Weise in die Privatsphre der Betroffenen einzugreifen, hat auch der Gesetzgeber erkannt. Nach der Begrndung des Gesetzes zur Ergnzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13.3.2008 soll es daher gengen, wenn die Behçrde die ihr bekannten und in zumutbarer Weise ermittelten Umstnde darlegt, die gegen die Abstammung sprechen.274 Zudem hat die Behçrde die besonderen Anfechtungsvoraussetzungen des § 1600 Abs 3 BGB vorzutragen. 109 – nicht (mehr) belegt. 110 Die Entscheidungen des BGH stehen einer Verwertung im gerichtlichen Verfahren eingeholter Gutachten gleichwohl nicht entgegen, weil diese nicht heimlich eingeholt wurden, und zwar selbst dann nicht, wenn der zugrunde liegende Beweisbeschluss auf einer fehlerhaften Anwendung des materiellen oder des Verfahrensrechts beruht und der Beschluss auf der Grundlage eines heimlich eingeholten DNA-Gutachtens erlassen wurde, das das Gericht als ausreichende Begrndung fr die Klageerhebung akzeptierte. Eine Fernwirkung im Hinblick auf die Verwertbarkeit eines in einem rechtsfçrmigen 273 274

So zB Lçhnig FamRZ 2008, 1130. BT-Drucks 16/3291 S 14, 15; vgl dazu auch Helms StAZ 2007, 69, 74.

II. Rechtliche Elternschaft

89

Verfahren nicht widerrechtlich, sondern gerichtlich eingeholten Gutachtens wurde verneint.275 3.6.2. Altes Recht im Überblick

Auch unter Geltung des bis zum 30.6.1998 anwendbaren Rechts war 111 die kraft Ehe oder aufgrund Anerkennung vermutete Vaterschaft anfechtbar. Es wurde jedoch zwischen der Anfechtung der Ehelichkeit (§§ 1593 ff BGB aF) und der Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung (§§ 1600 g ff BGB aF) differenziert. Berechtigt, die Ehelichkeit anzufechten, waren 112 – der Mann, der kraft Ehe mit der Mutter als Vater des Kindes galt (§ 1594 BGB aF), – die Eltern dieses Mannes nach seinem Tode, wenn dieser verstorben war, ohne dass er bis zu seinem Tode Kenntnis von der Geburt des Kindes erlangt hatte (§ 1595a Abs 1 BGB aF) oder wenn dieser innerhalb von zwei Jahren seit der Geburt des Kindes verstorben war, ohne die Ehelichkeit angefochten zu haben, es sei denn, der Mann wollte die Vaterschaft nicht anfechten (§ 1595a Abs 2 BGB aF), – das Kind, § 1596 BGB aF. Die erstmals durch das Familienrechtsnderungsgesetz vom 11.8.1961276 geschaffene Mçglichkeit der Anfechtung der Ehelichkeit durch das Kind war aber nur unter den in § 1596 BGB aF enumerativ aufgezhlten Voraussetzungen zulssig. Im Mittelpunkt dieser Norm stand die Prmisse, dass es dem Kind nur dann gestattet sein sollte, die Ehelichkeit anzufechten, wenn die Ehe der Mutter mit dem Vater infolge des Todes des Mannes oder Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklrung der Ehe (§§ 16, 23 EheG277 ) nicht mehr bestand bzw gescheitert war (§ 1596 Abs 1 Nr 1 bis 3 BGB aF). Darber hinaus ließ das Gesetz die Ehelich275

276 277

BGHZ 166, 283 = NJW 2006, 1627 = FamRZ 2006, 686 m Anm Wellenhofer = FamRB 2006, 171; dazu auch Spickhoff NJW 2006, 1630, 1638; aA Stylianidis JR 2007, 1, 4, 5; vgl auch OLG Celle FamRZ 2006, 54. BGBl I S 1221. Das EheG wurde aufgehoben mit Wirkung vom 1.7.1998 durch Art 14 des Gesetzes zur Neuordnung des Eheschließungsrechts (Eheschließungsrechtsgesetz – EheschlRG) vom 4.5.1998, BGBl I S 833.

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A. Elternschaft und Abstammung

keitsanfechtung durch das Kind nur zu, wenn die Anfechtung wegen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandels oder wegen einer schweren Verfehlung des Mannes gegen das Kind (§ 1596 Abs 1 Nr 4 BGB aF) oder wegen einer schweren Erbkrankheit des Mannes sittlich gerechtfertigt war, § 1596 Abs 1 Nr 5 BGB aF. 113 Ein eigenes Ehelichkeitsanfechtungsrecht hatte die Mutter des Kindes nicht. Ein Anfechtungsrecht gewhrte das Gesetz der Mutter des Kindes nur hinsichtlich der Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung, weil sie insoweit an der Konkretisierung der Vaterschaft nicht mitwirken konnte, ihre Rechte aber durch die Anerkennung berhrt wurden, da der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hatte, ein Verkehrsrecht erlangen konnte (§ 1711 BGB aF) und eine Ehelicherklrung (§§ 1723 ff BGB aF278 ) mçglich wurde. 114 Fr das minderjhrige Kind konnte dessen gesetzlicher Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts die Ehelichkeit anfechten, § 1597 Abs 1 BGB aF. Die gerichtliche Genehmigung sollte nur erteilt werden, wenn die Mutter des Kindes einwilligte, § 1597 Abs 3 BGB aF. Hatte der gesetzliche Vertreter des Kindes die Ehelichkeit nicht rechtzeitig angefochten, konnte das volljhrige Kind die Ehelichkeit in den Fllen des § 1596 Abs 1 Nr 1 bis 3 BGB aF binnen zwei Jahren ab Volljhrigkeit selbst anfechten. Diese Zweijahresfrist begann unabhngig von der Kenntnis des Kindes von gegen die Vaterschaft des (ggf geschiedenen) Ehemannes sprechenden Umstnden mit Eintritt der Volljhrigkeit. Damit war eine Anfechtung durch das Kind nach Ablauf der Ausschlussfrist nur noch aus den in § 1596 Abs 1 Nr 4 und 5 BGB aF genannten Grnden zulssig. 115 Die Anfechtung war fr alle Anfechtungsberechtigten fristgebunden.

278

Ersatzlos gestrichen mit Wirkung zum 1.7.1998 durch Art 1 Nr 48 KindRG.

II. Rechtliche Elternschaft

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Mit der Mçglichkeit, die Vaterschaftsanerkennung anzufechten, 116 trug das Gesetz dem Anspruch Rechnung, dass die Vaterschaftsanerkennung nur vom richtigen Mann stammen soll.279 Berechtigt, die Vaterschaftsanerkennung anzufechten, waren gem § 1600 g Abs 1 BGB aF – der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hatte, – die Mutter, – das Kind sowie – die Eltern des Mannes nach seinem Tode, wenn dieser innerhalb eines Jahres seit dem Wirksamwerden der Anerkennung verstorben war, ohne die Anerkennung angefochten zu haben, es sei denn, der Mann wollte die Anerkennung nicht anfechten, § 1600 g Abs 2 BGB aF. Fr das noch minderjhrige Kind konnte nur der gesetzliche Vertreter anfechten, der dazu auch der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedurfte, § 1600k Abs 1 S 2 BGB aF. Die Anfechtung war fr alle Anfechtungsberechtigten fristgebunden, 117 §§ 1600 h, 1600 i BGB aF, wobei die Fristen nicht einheitlich geregelt waren. Auch im Beitrittsgebiet konnte die kraft Ehe mit der Mutter beste- 118 hende und die durch Anerkennung festgestellte Vaterschaft innerhalb vom Gesetz vorgegebener Fristen angefochten werden, §§ 61 ff FGB/ DDR, §§ 59 ff FGB/DDR. Zur Anfechtung der aufgrund Ehe mit der Mutter vermuteten Vaterschaft waren berechtigt – der Mann, dessen Vaterschaft kraft Ehe mit der Mutter bestand, – die Mutter des Kindes sowie – der Staatsanwalt, § 61 FGB/DDR. Berechtigt, die durch Anerkennung festgestellte Vaterschaft anzufechten, waren – der Vater, dessen Vaterschaft durch Anerkennung festgestellt war, 279

OLG Mnchen FamRZ 1985, 530.

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A. Elternschaft und Abstammung

– die Mutter des Kindes und – das Kind, vertreten durch den Vormund mit Zustimmung des Organs der Jugendhilfe, § 59 FGB/DDR. Die Anfechtungsfrist begann ab Kenntnis von den gegen die Vaterschaft sprechenden Umstnden, frhestens jedoch mit Geburt des Kindes und war fr alle Anfechtungsberechtigten in § 62 FGB/DDR einheitlich auf ein Jahr bestimmt. Der Staatsanwalt konnte ferner die Aufhebung eines Urteils beantragen, mit dem die Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden war, wenn nach Rechtskraft des Urteils Tatsachen bekannt wurden, die gegen die festgestellte Vaterschaft sprachen, § 60 FGB/DDR. Checkliste: Anfechtung der Vaterschaft 119

WER (Anfechtungsberechtigte)? * Mann, dessen Vaterschaft kraft Ehe oder Anerkennung besteht (sog „Scheinvater“) * Kindesmutter * Kind * uU der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter whrend der Empfngniszeit beigewohnt zu haben (genetischer Vater), * uU die anfechtungsberechtigte Behçrde in den Fllen des § 1592 Nr 2 BGB, § 1600 Abs 1 BGB ANFECHTUNGSAUSSCHLUSS? * Durch Mutter und/oder „Scheinvater“ bei konsentierter heterologer Befruchtung, § 1600 Abs 5 BGB * Durch „genetischen Vater“ bei sozial-familirer Beziehung zwischen Kind und „Scheinvater“, § 1600 Abs 2 BGB * Durch anfechtungsberechtigte Behçrde bei sozial-familirer Beziehung zwischen Kind und „Scheinvater“ oder, wenn dadurch keine aufenthaltsrechtlichen Vorteile geschaffen werden oder, wenn 5 Jahre seit der Wirksamkeit der Anerkennung verstrichen sind, wenn Kind im Bundesgebiet geboren wurde, ansonsten nach Ablauf von 5 Jahren nach Einreise des Kindes, §§ 1600 Abs 3, 1600 b Abs 1a S 3 BGB

II. Rechtliche Elternschaft

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WIE (Klage oder Antrag)? * Klage des „Scheinvaters“ gegen das Kind Klage des Kindes gegen den „Scheinvater“ Klage der Mutter gegen den „Scheinvater“ Klage des „genetischen Vaters“ gegen Kind und „Scheinvater“, Klage des „genetischen Vaters“ gegen Kind nach Tod des „Scheinvaters“ Klage des „genetischen Vaters“ gegen „Scheinvater“ nach Tod des Kindes Klage der anfechtungsberechtigten Behçrde gegen Kind und „Scheinvater“ Klage der anfechtungsberechtigten Behçrde gegen Kind nach Tod des „Scheinvaters“ Klage der anfechtungsberechtigten Behçrde gegen „Scheinvater“ nach Tod des Kindes § 1600 e Abs 1 BGB * Antrag des „Scheinvaters“ nach Tod des Kindes * Antrag des Kindes nach Tod des „Scheinvaters“ * Antrag des „genetischen Vaters“ nach Tod des „Scheinvaters“ und des Kindes, * Antrag der anfechtungsberechtigten Behçrde nach Tod des „Scheinvaters“ und des Kindes § 1600 e Abs 2 BGB WANN (Frist)? * Bei Anfechtung durch die in § 1600 Abs 1 Nr 1–4 BGB aufgefhrten Anfechtungsberechtigten: binnen 2 Jahren ab Kenntnis von gegen die Vaterschaft sprechenden Umstnden, § 1600 b Abs 1 BGB * Bei Anfechtung durch die anfechtungsberechtigte Behçrde (§ 1600 Abs 1 Nr 5 BGB): binnen eines Jahres ab Kenntnis von den Tatsachen, die die Annahme einer sog zweckwidrigen Anerkennung rechtfertigen, § 1600 b Abs 1a S 1, 2 BGB Anfechtung durch die Behçrde sptestens 5 Jahre nach Wirksamwerden der Anerkennung ausgeschlossen, wenn Kind im Bundesgebiet geboren wurde, andernfalls sptestens 5 Jahre nach der Einreise des Kindes, § 1600 b Abs 1a S 3 BGB * Frhester Fristbeginn: * Geburt des Kindes * ggf Wirksamkeit der Anerkennung

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A. Elternschaft und Abstammung

* im Falle des § 1593 S 4 BGB: Rechtskraft der Anfechtungsentscheidung, § 1600 b Abs 2 BGB * bei Anfechtung durch den „genetischen Vater“: auch 30.4.2004, Art 229 § 10 EGBGB * bei Anfechtung durch die anfechtungsberechtigte Behçrde: grundstzlich auch 1.6.2008, Art 229 § 16 EGBGB Maßgeblich ggf Kenntnis des gesetzlichen Vertreters des Anfechtungsberechtigten, § 166 Abs 1 BGB VERTRETUNG? * Anfechtung durch Mann und Mutter Hçchstpersçnlich, § 1600 a Abs 1, 2 S 1, 2, 5 BGB – prozessfhig trotz beschrnkter Geschftsfhigkeit, § 640 b ZPO bei Geschftsunfhigkeit: gesetzlicher Vertreter, § 1600 a Abs 2 S 3 BGB * Anfechtung durch Kind Bis zur Volljhrigkeit und bei Geschftsunfhigkeit stets durch gesetzlichen Vertreter, § 1600 a Abs 3 BGB Zulssigkeitsvoraussetzung bei Anfechtung durch gesetzlichen Vertreter: Anfechtung muss dem Wohl des Vertretenen dienen, § 1600 a Abs 4 BGB ANWENDBARES VERFAHRENSRECHT? * Klage: ZPO * Antrag: grundstzlich FGG, §§ 621 Abs 1 Nr 10, 640 Abs 2 ZPO, 1600 e Abs 2 BGB, 621a Abs 1 ZPO ZUSTNDIGKEIT? * Sachlich = AG als Familiengericht, §§ 23b Abs 1 Nr 12 GVG, 621 Abs 1 Nr 10, 640 Abs 2 ZPO * rtlich = in erster Linie Wohnsitz des Kindes, bei fehlendem Wohnsitz Aufenthalt §§ 640 a ZPO, 11 BGB, §§ 64 Abs 3 S 2, 43 Abs 1, 36 FGG bei Klageerhebung durch die Mutter: auch deren Wohnsitz

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*

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Funktionell = Klageverfahren: Richterin/Richter, § 3 Nr 3a RPflG (keine Einzelbertragung auf die Rechtspflegerin/den Rechtspfleger in § 20 RPflG) Antragsverfahren: Richterin/Richter, § 3 Nr 2a iVm. § 14 Abs 1 Nr 3a RPflG (Richtervorbehalt)

ENTSCHEIDUNGSFORM? * Klageverfahren: Urteil * Antragsverfahren: Beschluss RECHTSMITTEL? * gegen Urteil: Berufung, §§ 516 ff ZPO einzulegen binnen Monatsfrist beim Rechtsmittelgericht * gegen Beschluss: befristete Beschwerde, §§ 621e Abs 1, 3, 517 ZPO einzulegen binnen Monatsfrist beim Rechtsmittelgericht RECHTSMTTELGERICHT? Oberlandesgericht, § 119 Abs 1 Nr 1a GVG, vgl auch § 64 Abs 3 S 1 Hs 2 FGG

3.7. Klärung der Abstammung unabhängig vom Anfechtungsverfahren 3.7.1. Allgemeines

Durch das am 1.4.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Klrung der 119a Vaterschaft unabhngig vom Anfechtungsverfahren vom 26.3.2008280 wurden dem rechtlichen Vater, der Mutter und dem Kind das Recht eingerumt, zur Klrung der leiblichen Abstammung des Kindes von den jeweils anderen beiden Personen zu verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer fr die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden (§ 1598a Abs 1 BGB).

280

BGBl I S 441.

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A. Elternschaft und Abstammung

Diese neue Regelung hat ihren Ursprung in der Entscheidung des BVerfG vom 13.2.2007281, in der der Gesetzgeber aufgefordert wurde, zur Verwirklichung des auf Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG gesttzten Rechts des rechtlichen Vaters auf Kenntnis der Abstammung des Kindes von ihm, ein geeignetes Verfahrens allein zur Feststellung der Vaterschaft bereitzustellen. Das BVerfG folgte in der besagten Entscheidung der (ua) vom BGH vertretenen Auffassung, nach der die Verwertung heimlich eingeholter genetischer Abstammungsgutachten wegen Verletzung des von Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG geschtzten Rechts des betroffenen Kindes auf informationelle Selbstbestimmung im Vaterschaftsanfechtungsverfahren nicht in Betracht kommt (dazu ausfhrlich oben Rn 108).282 Das BVerfG stellte aber auch fest, dass das Grundgesetz nicht nur dem Kind ein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung, sondern auch dem Mann das Recht auf Kenntnis einrumt, ob das Kind von ihm abstammt. Auch wenn dieses Recht sich im Anfechtungsverfahren allein nicht durchsetzen kann, weil der in stndiger Rechtsprechung vom BGH geforderte „Anfangsverdacht“ nicht durch rechtswidrig erlangte Informationen in Form eines heimlich eingeholten DNAGutachtens dargelegt werden kann, kann die an der Vaterschaft zweifelnde, nach § 1598a Abs 1 BGB klrungsberechtigte Person sich nunmehr rechtmßig die zur „schlssigen“ Begrndung der Anfechtungsklage notwendigen Informationen verschaffen, ohne dass daran zugleich statusrechtliche Folgen geknpft sind. Es mag dahinstehen, ob es tatschlich auch in den Fllen, in denen die Vaterschaft des rechtlichen Vaters durch das eingeholte Gutachten praktisch aus281

282

BVerfGE 117, 202 = NJW 2007, 753 = FamRZ 2007, 441 m Anm Balthasar = JAmt 2007, 92 = StAZ 2007, 113 = FF 2007, 96 = JZ 2007, 629 m Anm Balthasar = FuR 2007, 258 = EuGRZ 2007, 54 = DVBl 2007, 381 = DuD 2007, 222 = RDV 2007, 117 = ZFE 2007, 82 (LS) = DSB 2007, Nr 3, 21 (LS) m Anm Vahle = ZKJ 2007, 155 (LS) = ZAP EN-Nr 140/2007 (LS) = DVP 2007, 208 (LS) m Anm Vahle = JuS 2007, 472 (LS) = MDR 2007, 525 (LS) = DNotI-Report 2007, 95 (LS) = JA 2007, 747 (LS) = FPR 2007, 421 (LS); vgl auch die Besprechungsaufstze von Frank/Helms FamRZ 2007, 1277 ff; Fritsche NJ 2007, 294 ff; Brosius-Gersdorf FPR 2007, 398 ff; dies NJW 2007, 806 ff; Zuck FPR 2007, 379 ff; Borth FPR 2007, 381 ff; Klosinski FPR 2007, 385 ff; Schwab FamRZ 2008, 23 ff; Rotax ZFE 2007, 124 ff; Schwonberg ZfF 2007, 177 ff; Muscheler FPR 2007, 389 ff; Groß FPR 2007, 392 ff; Merkel NJW-Spezial 2007, 468; Klinkhammer FF 2007, 128 ff; Frçhlich FF 2007, 134 f; Willutzki ZRP 2007, 180 ff; Helms StAZ 2008, 7 ff; ders FamRZ 2008, 1033 ff; Zimmermann FuR 2008, 323 ff. Vgl BGH FamRZ 2005, 340 und FamRZ 2005, 342.

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geschlossen wird, bei der bloßen Klrung der genetischen Verwandtschaft zwischen rechtlichem Vater und Kind bleibt oder ob nicht eher die anschließende Anfechtungsklage die Regel sein wird. Jedenfalls drfte allein von dem Verlangen, in eine Abstammungsbegutachtung einzuwilligen, der Familienfriede nicht weniger gefhrdet sein, als von der Erhebung der Vaterschaftsanfechtungsklage,283 auch wenn ersteres keinen Einfluss auf die statusrechtliche Zuordnung des Kindes hat. 3.7.2. Die Grundzüge des neuen Verfahrens zur isolierten Klärung der Abstammung gem § 1598a BGB a) Klärungsanspruch, Klärungsberechtigte und -verpflichtete

Gem § 1598a Abs 1 S 1 BGB kann 119b a) der (rechtliche) Vater von dem Kind und der (rechtlichen) Mutter, b) die (rechtliche) Mutter von dem (rechtlichen) Vater und dem Kind und c) das Kind von dem (rechtlichen) Vater und der (rechtlichen) Mutter die Einwilligung in die Untersuchung und die Duldung der Entnahme einer fr die Untersuchung geeigneten genetischen Probe verlangen. Zu den sowohl Anspruchsberechtigten als auch Anspruchsverpflichteten gehçrt auch die Mutter. Sowohl die mtterliche Berechtigung als auch die Verpflichtung der Mutter sind auf Kritik gestoßen. Dem mtterlichen Klrungsanspruch wurde entgegengehalten, dass es zweifelhaft sei, ob aus ihrem Recht auf Persçnlichkeitsentfaltung ein Recht auf Kenntnis der Abstammung des Kindes von seinem rechtlichen Vater hergeleitet werden kçnne.284 Gegen ihre Pflicht, in eine Abstammungsuntersuchung einzuwilligen und eine Probeentnahme zu dulden, wurde vorgebracht, dass in den meisten Fllen bereits die Untersuchung der genetischen Proben von Vater und Kind eine nahezu sichere Feststellung der Abstammung des Kindes von seinem rechtlichen Vater bzw ihren nahezu sicheren Ausschluss 283 284

So auch Muscheler FPR 2007, 389, 390; ders FPR 2008, 257. Muscheler FPR 2008, 257, 258.

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erlaubt,285 sodass unverstndlich sei, warum der Gesetzgeber sich fr eine uneingeschrnkte Verpflichtung der Mutter entschieden hat. Nicht einbezogen in den Kreis der Klrungsberechtigten und -verpflichteten ist der „nur“ genetische Vater, der nicht rechtlicher Vater ist.286 Ihm wurde trotz seines mçglichen Interesses an der Gewissheit ber die Vaterschaft kein Klrungsrecht eingerumt, weil er das Vaterschaftsfeststellungsverfahren betreiben kann, wenn das Kind keinen rechtlichen Vater hat. Hat das Kind dagegen einen rechtlichen Vater, kann der Mann, der die (genetische) Vaterschaft fr sich in Anspruch nimmt, die rechtliche Vaterschaft gem § 1600 Abs 1 Nr 2 BGB anfechten, mit der Folge, dass seine Vaterschaft bei erfolgreicher Anfechtung zwingend in der Entscheidung festzuhalten ist (vgl § 640 h Abs 2 ZPO, dazu nher Rn 58). Es soll ihm hingegen zum Schutz der Familie verwehrt bleiben, allein mit seinem Klrungsinteresse Zweifel in eine funktionierende Familie hineinzutragen und so die soziale Familie durch ein isoliertes Klrungsbegehren zu zerstçren.287 Auch die „nur“ genetische Mutter, die nicht Mutter im Rechtssinne ist (§ 1591 BGB), gehçrt nicht zu dem Kreis derer, die einen Klrungsanspruch haben oder gegen die sich der Anspruch richtet. Dadurch, dass weder der „nur“ genetische Vater noch die „nur“ genetische Mutter zu den (berechtigten und) verpflichteten Personen gehçren, bleibt das Recht auf „Klrung der Abstammung“ trotz des vielversprechenden Titels des Gesetzes von vornherein auf die Klrung der leiblichen Abstammung des Kindes von seinen rechtlichen Eltern beschrnkt. Andererseits gestattet das neue Recht auch die Klrung der Abstammung des Kindes von seiner rechtlichen Mutter, auch wenn dies ausweislich der Gesetzesmaterialien nicht das Ziel der Regelung war (nher Rn 119g).

285 286

287

Wellenhofer NJW 2008, 1185, 1187 und Muscheler FPR 2008, 257, 258. Kritisch insoweit Wellenhofer NJW 2008, 1185, 1186, 1187, die daraus zu Recht ableitet, dass die Einholung heimlicher Gutachten daher auch weiterhin im Raum steht; ebenfalls kritisch Muscheler FPR 2008, 237, 258. Kritisch zu diesen Argumenten MnchKomm BGB/Wellenhofer § 1598a Rn 6.

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Der Anspruch auf Einwilligung und Duldung der Entnahme einer fr die Untersuchung geeigneten genetischen Probe ist unbefristet und an keine besonderen Voraussetzungen gebunden. Auf ihn findet materiell-rechtlich lediglich die allgemeine Schranke missbruchlicher Rechtsausbung Anwendung.288 Auch unterliegt der Klrungsanspruch nicht der Verjhrung (vgl § 194 Abs 2 BGB). Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass der Anspruch auf Einwilligung in eine Abstammungsuntersuchung der Vorbereitung der Anfechtung der Vaterschaft dienen kann, die als Gestaltungsklage ebenfalls nicht der Verjhrung unterliegt. Neben dem Anspruch auf eine vorherige Zustimmung ist der Anspruch auf Duldung der Entnahme einer fr die Untersuchung geeigneten genetischen Probe gerichtet. Nach den Grundstzen der Bundesrztekammer fr die Erstattung von Abstammungsgutachten aus dem Jahr 2002289 soll in der Regel eine Blutprobe als Untersuchungsmaterial dienen, da nur diese eine optimale Analysemçglichkeit bietet. In begrndeten Ausnahmefllen kann ein Mundschleimhautabstrich verwendet werden. Gem § 1598a Abs 1 S 2 BGB muss die Probe nach den anerkannten Grundstzen der Wissenschaft entnommen werden. Die Personen, denen die genetische Probe entnommen werden soll, mssen sich folglich gegenber dem die Probeentnahme durchfhrenden Arzt oder Labor durch gltige amtliche Ausweise mit Lichtbild bzw Kinder ggf durch Geburtsurkunde legitimieren, was auch zu dokumentieren ist. Zum Schutz der Familie und zum Wohl des Kindes, namentlich zur 119c Fçrderung der Bereitschaft, an einer einvernehmlichen außergerichtlichen Lçsung mitzuwirken, hielt der Gesetzgeber es fr sinnvoll, den Betroffenen einen Anspruch auf Beratung einzurumen, der im Rahmen der Jugendhilfe zu erfllen wre. Allerdings sah er sich durch Art 84 Abs 1 S 7 GG zu Recht daran gehindert, den Jugendmtern

288

289

Whrend Wellenhofer (NJW 2008, 1185, 1187) davon ausgeht, dass die Wahrnehmung nur selten gegen Treu und Glauben verstoßen wird, hlt Helms (FamRZ 2008, 1033, 1034 f) es fr durchaus denkbar, dass der Anspruchsberechtigte den Anspruch aus § 1598a BGB dazu missbraucht, Familienmitglieder zu schikanieren oder fixe Ideen zu verfolgen. Siehe FamRZ 2002, 1159 ff.

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selbst diese Beratungsaufgabe zuzuweisen,290 empfahl aber den Lndern, die Trger der Jugendhilfe zu verpflichten, ein solches Beratungsangebot zur Verfgung zu stellen.291 119d Wird die Einwilligung erteilt und die Probeentnahme geduldet, hat auch ein die Vaterschaft praktisch ausschließendes Ergebnis fr sich genommen keinen Einfluss auf die rechtliche Vaterschaft. Allerdings kann ein wissenschaftlichen Grundstzen entsprechendes Gutachten gem § 284 S 2 ZPO mit Einverstndnis der Parteien in einem spteren Vaterschaftsanfechtungsverfahren verwendet werden. Es kommt bei außergerichtlicher Einigung ber die Begutachtung also nur dann zu einer gerichtlichen Befassung mit der Angelegenheit, wenn (anschließend) ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren auf der Grundlage des eingeholten Gutachtens betrieben wird. Willigen die Personen, gegen die sich der Klrungsanspruch richtet, hingegen nicht ein, hat das Familiengericht gem § 1598a Abs 2 BGB auf Antrag des Klrungsberechtigten eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen. Auch die Ersetzung und die Anordnung der Duldung sind nach dem Willen des Gesetzgebers weder fristgebunden noch von einer besonderen Voraussetzung abhngig. Der Antrag muss daher auch nicht begrndet werden. Da die Antragsgegner den in § 1598a Abs 1 BGB normierten Klrungspflichten nur dann nachkommen mssen, wenn die Entnahme der Probe nach den anerkannten Grundstzen der Wissenschaft gesichert ist, muss der Antragsteller/die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren allerdings darlegen, durch welche Einrichtung die Probeentnahme erfolgen soll und dass diese den Anforderungen gerecht wird.292 Um vollstreckungsfhig zu sein (vgl dazu Rn 119j), muss der

290 291 292

Siehe hierzu die kritische Stellungnahme der Bundeskonferenz fr Erziehungsberatung (bke) ZKJ 2007, 362, 363. BT-Drucks 16/6561 S 11, vgl dazu auch Knittel JAmt 2008, 117, 19, 120. So zu Recht Borth FPR 2007, 381, 383.

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gerichtliche Beschluss hinsichtlich der Art der zu entnehmenden genetischen Probe schließlich auch bestimmt genug sein.293 Dem Kind ist im gerichtlichen Klrungsverfahren stets ein Ergn- 119e zungspfleger zu bestellen, wenn es unter elterlicher Sorge steht, weil das Kind im Klrungsverfahren nicht von seinen Eltern vertreten werden kann, § 1629 Abs 2a BGB. Einigen sich die Eltern außergerichtlich, bedarf es dagegen keiner Pflegerbestellung. Eine Entziehung der Vertretungsmacht nach §§ 1629 Abs 2 S 3 iVm 1796 BGB wegen erheblicher Interessenkollision (nher dazu Rn 407 ff),294 etwa wenn die allein sorgeberechtigte Mutter die Aufdeckung der genetischen Vaterschaft aus persçnlichen Grnden verhindern will,295 drfte nur selten in Betracht kommen, weil der klrungsberechtigte Elternteil aus eigenem Recht einen Antrag nach § 1598a Abs 2 BGB stellen und die Ersetzung der Einwilligung des im Verfahren von einem Ergnzungspfleger vertretenen Kindes und des sich weigernden Elternteils damit erreichen kann. Denn dieser Elternteil wird die Zustimmung nicht nur als Vertreter seines Kindes, sondern auch aus eigenem Recht verweigern, sodass durch die Entziehung der Vertretungsmacht mit anschließender Pflegerbestellung fr das Kind allein nichts gewonnen wre. Aber auch, wenn der Pfleger allein im Interesse des Kindes bestellt wrde, weil beide Elternteile die Klrung der Abstammung verhindern wollen, kçnnte er außergerichtlich nichts erreichen und msste daher einen Antrag gem § 1598a Abs 2 BGB stellen (vgl auch Rn 414a). Der Pflicht zur Mitwirkung entspricht das ausdrcklich in § 1598a 119f Abs 4 S 1 BGB normierte Recht auf Information ber das Ergebnis der Begutachtung. Die Personen, die in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und die Probe geduldet haben, kçnnen demnach von dem Klrungsberechtigten Einsicht in das Gutachten oder eine Aushndigung einer Abschrift verlangen. ber Streitigkeiten aus § 1598a Abs 4 S 1 BGB entscheidet das Familiengericht (§ 1598a Abs 4 S 2 BGB).

293 294 295

Hammermann FamRB 2008, 150, 152; Muscheler FPR 2008, 257, 260, 261. So BT-Drucks 16/6561 S 15; Kçnig ZKJ 2007, 340, 341. Vgl Rauscher Rn 1058.

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119g Da § 1598a BGB die Klrung der Abstammung zum Ziel hat, ohne dass daran statusrechtliche Folgen geknpft sind, kann in diesem Verfahren trotz der systematischen Stellung der Vorschrift und dem Titel des Gesetzes („…Klrung der Vaterschaft..“), nicht nur der Anspruch auf Klrung der genetischen Vaterschaft des rechtlichen Vaters tituliert und durchgesetzt werden, sondern auch der auf Klrung der genetischen Abstammung des Kindes von seiner rechtlichen Mutter (§ 1591 BGB).296 b) Aussetzung des gerichtlichen Klärungsverfahrens

119h Das Gericht hat das Klrungsverfahren auszusetzen, wenn und solange die Klrung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeintrchtigung des Wohls des minderjhrigen Kindes zur Folge haben wrde, die auch unter Bercksichtigung der Belange des Klrungsberechtigten fr das Kind unzumutbar wre, § 1598a Abs 3 BGB. Mit dieser Aussetzung wird die Klrung nicht endgltig ausgeschlossen. Verhindert werden soll durch diese Aussetzungsmçglichkeit nur, dass der Anspruch des Klrungsberechtigten zur Unzeit tituliert und durchgesetzt werden kann. Gedacht ist hier an solche Flle, in denen das Abstammungsgutachten aufgrund außergewçhnlicher Umstnde atypische, besonders schwere Folgen fr das Kind auslçst. In Betracht kommen dafr insbesondere psychische und physische Grnde in der Person des Kindes, die dazu fhren kçnnen, dass das Ergebnis des Gutachtens das Kind außergewçhnlich belastet (zB Suizidgefahr oder Gefahr der gravierenden Verschlechterung einer bereits bestehenden schweren Krankheit).297 Die Aussetzung wird daher nur ausnahmsweise in Betracht kommen und die Dauer hngt stets vom Einzelfall ab. Ggf ist dazu ein Gutachten einzuholen.298

296

297 298

So auch Schwab FamRZ 2008, 23, 24; Borth FPR 2007, 381, 382; Wellenhofer NJW 2008, 1185, 1189; dies in MnchKomm § 1598a Rn 14; Helms FamRZ 2008, 1033; zweifelnd Muscheler FPR 2008, 257, 259. BT-Drucks 16/6561 S 13. MnchKomm BGB/Wellenhofer § 1598a Rn 10.

II. Rechtliche Elternschaft

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Das Gericht kann die Aussetzung entweder von vornherein befristen oder von Amts wegen in regelmßigen Zeitabstnden berprfen, ob der Aussetzungsgrund noch besteht und andernfalls das Verfahren wieder aufnehmen. Auch kann der Klrungsberechtigte anregen, dass das Verfahren wieder aufgenommen wird und das Gericht auf diese Weise zu einer berprfung veranlassen, wenn er der Meinung ist, dass der Aussetzungsgrund entfallen sei. c) Durchführung der Abstammungsuntersuchung

Die Abstammungsuntersuchung wird auch dann nicht vom Gericht, 119i sondern von dem Klrungsberechtigten in Auftrag gegeben, wenn das Gericht die Einwilligung ersetzt und die Duldung der Probeentnahme angeordnet hat. Die Wahl der Untersuchungsmethode und des Anbieters ist ihm freigestellt. Allgemeine Qualittsanforderungen fr die Untersuchung der genetischen Probe hat der Gesetzgeber trotz heftiger Kritik299 nicht in das Gesetz aufgenommen, um die Attraktivitt des neuen Klrungsverfahrens nicht durch erhçhte Anforderungen vor allem kostenrechtlicher Art zu mindern.300 Die Schaffung entsprechender Qualittsstandards sollte vielmehr dem geplanten Gendiagnostikgesetz vorbehalten bleiben. Gem § 284 S 2 ZPO kann das Gericht mit Einverstndnis der Parteien die Beweise in der ihm geeignet erscheinenden Art und Weise aufnehmen dh von den strengen Beweisregeln der ZPO abweichen und damit auch das privat eingeholte Gutachten als Beweis verwenden. Allerdings kommt die Verwendung des Gutachtens in einem spteren Anfechtungsverfahren nur dann in Betracht, wenn das Gericht keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollstndigkeit der im Gutachten getroffenen Feststellungen hat, sodass auch das privat eingeholte Abstammungsgutachten den gleichen Qualittsanforderungen gengen muss, wie ein vom Gericht in Auftrag gegebenes.

299 300

Vgl etwa die Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf, BT-Drucks 16/6561 S 19. BT-Drucks 16/6649 (= Gegenußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates).

104

A. Elternschaft und Abstammung

d) Vollstreckung und Ausschluss der Vollstreckung

119j Anders als bei der nach § 1598a Abs 2 BGB angeordneten Duldung einer nach anerkannten Grundstzen der Wissenschaft durchzufhrenden Probeentnahme, bedarf es hinsichtlich der Ersetzung der Einwilligung keiner Vollstreckungsmaßnahme, da die familiengerichtliche Entscheidung, mit der die Ersetzung der Einwilligung ausgesprochen wurde, mit Rechtskraft unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung entfaltet.301 Im brigen ist der durch rechtskrftige Entscheidung oder gerichtlichen Vergleich titulierte Anspruch auf Duldung einer solchermaßen durchzufhrenden Probeentnahme gem § 56 Abs 4 S 4 iVm § 33 FGG, dh mit Zwangsgeld vollstreckbar. Gleiches gilt hinsichtlich einer Entscheidung nach § 1598a Abs 4 S 2 BGB, mit der ber die begehrte Einsichtnahme in das Gutachten oder Aushndigung einer Abschrift davon entschieden wurde. Bei wiederholter unberechtigter Verweigerung der Untersuchung kann auch unmittelbarer Zwang, insbesondere die zwangsweise Vorfhrung zur Untersuchung aufgrund einer besonderen Verfgung des Familiengerichts, das die Entscheidung erlassen hat, angeordnet werden, § 56 Abs 4 S 3 FGG. Die Vollstreckung der Duldung einer Probenentnahme ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn die Art der Probeentnahme der Person nicht zugemutet werden kann, die die Probeentnahme zu dulden hat, § 56 Abs 4 S 1 FGG. Davon ist dann auszugehen, wenn durch die Art der Probeentnahme gesundheitliche Schden fr diese Person zu befrchten sind.302 ber die Rechtmßigkeit einer Verweigerung entscheidet das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, nach Anhçrung der Parteien durch Beschluss, § 56 Abs 4 S 2 BGB. e) Verfahrensrechtliche Regelungen im Überblick

119k Das Verfahren nach § 1598a Abs 2 BGB bestimmt sich – obwohl es sich um eine Kindschaftssache iSv § 621 Abs 1 Nr 10 ZPO handelt (vgl § 640 Abs 2 Nr 2 ZPO) – nach den Grundstzen des Gesetzes 301 302

Borth FPR 2007, 381, 385; Helms FamRZ 2008, 1033, 1035. BT-Drucks 16/6561 S 16.

II. Rechtliche Elternschaft

105

ber die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 621a Abs 1 S 1 ZPO. Gleiches gilt hinsichtlich einer Entscheidung des Familiengerichts nach § 1598a Abs 4 S 2 BGB, wonach das Familiengericht ber Streitigkeiten ber eine von dem Klrungsverpflichteten verlangte Einsicht oder Aushndigung einer Abschrift des nach Einwilligung und Duldung der Untersuchung erstellten Abstammungsgutachtens zu entscheiden hat. Auch insoweit handelt es sich um eine Kindschaftssache (§ 640 Abs 2 Nr 3 ZPO), auf die das Recht der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung findet, § 621a Abs 1 ZPO. Fr die Anwendung der flexibleren Verfahrensordnung des Gesetzes ber die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat sich der Gesetzgeber entschieden, weil sie – anders als das kontradiktorische Verfahren der ZPO – verschiedene Elemente enthlt, die einer Konfliktentschrfung entgegenwirken. So kçnnen insbesondere durch den Amtsermittlungsgrundsatz, die nach § 49a Abs 2a FGG vorgesehene Einbindung des Jugendamtes und die Mçglichkeit, das Verfahren (auch unterhalb der Schwelle des § 1598a Abs 3 BGB) gemß § 52 Abs 2 FGG auszusetzen, die Interessen des Kindes geschtzt und eine einvernehmliche Lçsung gefçrdert werden.303 Vor einer Entscheidung ber die Ersetzung der Einwilligung und die 119l Anordnung der Duldung soll das Familiengericht beide Elternteile und ein Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat, persçnlich, dh mndlich anhçren, § 56 Abs 1 S 1 FGG. Ein Kind, das jnger ist, kann das Familiengericht persçnlich anhçren, § 56 Abs 1 S 2 FGG304. Trotz der Soll-Bestimmung ist regelmßig ein mndlicher Verhandlungstermin anzuberaumen, um auf ein Einvernehmen hinzuwirken (vgl § 52 FGG) und die Mçglichkeit einer gtlichen Einigung (vgl Rn 119k) in dem streitentscheidenden Verfahren zu nutzen.305 § 56 Abs 4 S 1 FGG lsst ausdrcklich auch einen Vergleich iSd § 794 Abs 1 Nr 1 ZPO zu. Gem § 49a Abs 2a FGG kann das Gericht auch das Jugendamt vor einer Entscheidung nach § 1598a Abs 2 FGG hçren. 303 304 305

BT-Drucks 16/6561 S 15. Kritisch hierzu Zimmermann FuR 2008, 374, 380. Borth FPR 2007, 381, 383.

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A. Elternschaft und Abstammung

119m Entscheidungen nach § 1598a Abs 2 BGB werden erst mit Rechtskraft wirksam, § 56 Abs 2 FGG. 119n Gegen Entscheidungen nach § 1598a Abs 2 und Abs 4 BGB ist die befristete Beschwerde gegeben, die binnen Monatsfrist beim OLG als Beschwerdegericht einzulegen ist, §§ 621e Abs 1, 3, 517 ZPO. ber die Beschwerde entscheidet das OLG (§ 119 Abs 1 Nr 1a GVG, § 64 Abs 3 S 1 Hs 2 FGG); ein Abhilferecht des Familiengerichts besteht nicht, §§ 621e Abs 3, 318 ZPO. Gegen die Aussetzung des Verfahrens ist dagegen die einfache Beschwerde gem § 19 FGG gegeben,306 weil es sich nicht um eine Endentscheidung handelt. Gleiches gilt hinsichtlich einer Entscheidung nach § 56g Abs 4 S 1 FGG, mit dem die Vollstreckung der Duldung einer Probe ausgeschlossen oder die Ausschließung der Vollstreckung abgelehnt wurde.307 Wird die gem § 1598a Abs 3 BGB begehrte Aussetzung des Verfahrens abgelehnt, kann diese Entscheidung nur mit der Endentscheidung mit befristeter Beschwerde angegriffen werden.308 Gegen Entscheidungen nach § 1598a Abs 2 BGB steht nur den in § 1598a Abs 1 BGB genannten Klrungsberechtigten die Beschwerde zu, § 56 Abs 3 FGG. 119o Sachlich und çrtlich ist in erster Linie das Amtsgericht am Wohnsitz des Kindes zustndig; bei fehlendem Wohnsitz ist der Aufenthalt des Kindes maßgeblich, §§ 64 Abs 3 S 2, 43 Abs 1, 36 Abs 1 FGG. Funktionell ist gem § 3 Nr 2a RPflG der Rechtspfleger/die Rechtspflegerin zustndig, da sich aus § 14 RPflG kein Richtervorbehalt ergibt.309 Insbesondere handelt es sich hier weder um einen Fall des 306 307 308 309

BT-Drucks 16/6561 S 13. Borth FPR 2007, 381, 385. MnchKomm BGB/Wellenhofer § 1598a Rn 10. AA offenbar Wellenhofer NJW 2008, 1185, 1187 und wohl auch Zimmermann FuR 2008, 374, 378, allerdings ohne Begrndung; zuzugeben ist indes, dass sich in der Tat Zweifel daran aufdrngen, dass der Gesetzgeber diese Folge bei der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Regelungen bedacht hat.

II. Rechtliche Elternschaft

107

§ 14 Abs 1 Nr 5 RPflG, da diese Vorschrift von einem Streit zwischen zwei sorgeberechtigten Personen ausgeht, noch um die Ersetzung der Zustimmung eines Ehegatten oder Sorgeberechtigten zu einem Rechtsgeschft310, so dass ein Richtervorbehalt auch nicht auf § 14 Abs 1 Nr 6 RPflG gesttzt werden kann. f) Die Übergangsregelung des Art 229 § 17 EGBGB

Gem Art 229 § 17 EGBGB ist im Falle der rechtskrftigen Abwei- 119p sung einer Klage auf Anfechtung der Vaterschaft wegen Fristablaufs eine Restitutionsklage nach dem ebenfalls mit Wirkung vom 1.4.2008 genderten § 641i ZPO auch dann nicht statthaft, wenn ein nach § 1598a BGB eingeholtes Abstammungsgutachten die Abstammung widerlegt. Damit wird klargestellt, dass eine Restitution nach § 641i ZPO nicht stattfindet, wenn sich die rechtskrftige Abweisung der Vaterschaftsanfechtungsklage darauf sttzt, dass die Anfechtungsfrist bereits abgelaufen war. Eine Restitutionsklage nach § 641i ZPO soll im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit vielmehr auf Flle der sachlichen Unrichtigkeit beschrnkt bleiben, dh also auf solche, in denen die frhere Entscheidung aus Beweisgrnden rechtskrftig abgewiesen wurde, weil die Vermutung des § 1600 c BGB nicht widerlegt werden konnte oder ein nach wissenschaftlichen Grundstzen unzureichendes Abstammungsgutachten vorlag.311 4. Statuswechsel durch Adoption

Durch Adoption eines minderjhrigen Kindes wird das Eltern- 120 Kind-Verhltnis grundstzlich beendet, § 1755 Abs 1 BGB. Adoptiert der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner eines Elternteils das minderjhrige Kind (sog Stiefkindadoption), bleibt das Verwandtschaftsverhltnis und damit das Eltern-Kind-Verhltnis zu dem Elternteil jedoch bestehen, dessen Ehegatte oder Lebenspartner das

310 311

Vgl insoweit auch Muscheler FPR 2008, 257, 259. BT-Drucks 16/6561 S 17.

108

A. Elternschaft und Abstammung

Kind adoptiert.312 Das Erlçschen des Verwandtschaftsverhltnisses tritt in diesem Fall nur im Verhltnis zu dem anderen Elternteil und dessen Verwandten ein, § 1755 Abs 2 BGB ggf iVm § 9 Abs 7 LPartG. Mit dem Ausspruch der Adoption (§ 1752 BGB) wird das minderjhrige Kind darber hinaus ex lege gem § 1754 Abs 1, 2 BGB den Adoptiveltern rechtlich zugeordnet. Durch dieses Zusammenwirken von Integration des Kindes in die Adoptivfamilie einerseits und weitgehendem Herauslçsen aus den bisherigen Verwandtschaftsverhltnissen findet folglich ein Elternwechsel statt, der bei einer Stiefkindadoption jedoch nur den anderen Elternteil erfasst. 121 Das zu einem Minderjhrigen begrndete Annahmeverhltnis kann auf Antrag in den ersten drei Jahren wegen bestimmter Begrndungsmngel aufgehoben werden, §§ 1759 bis 1762 BGB. Eine Aufhebung von Amts wegen kann nur erfolgen, wenn dies aus schwerwiegenden Grnden zum Wohl des minderjhrigen Kindes erforderlich ist, § 1763 BGB. Mit der Aufhebung erlischt das Verwandtschaftsverhltnis und damit das Eltern-Kind-Verhltnis zu den Annehmenden (§ 1764 Abs 2 BGB), und das Verwandtschaftsverhltnis zu den leiblichen Eltern lebt wieder auf, § 1764 Abs 3 BGB. Die Wiederherstellung der vor der Annahme bestehenden rechtlichen Situation wird jedoch hinsichtlich der elterlichen Sorge eingeschrnkt (vgl § 1764 Abs 3 aE, 4 BGB). Besteht das Annahmeverhltnis zu einem Ehepaar und erfolgt die Aufhebung nur im Verhltnis zu einem Ehegatten, so erlischt das Eltern-Kind-Verhltnis nur zu diesem Ehegatten und es kommt nicht zu einer Wiederherstellung des Verwandtschaftsverhltnisses zu den leiblichen Eltern, § 1764 Abs 5 BGB.

312

Zu beachten ist, dass das Gesetz die Stiefkindadoption durch den eingetragenen Lebenspartner nicht zulsst, wenn das Kind bereits von dem anderen Lebenspartner angenommen wurde, Mller-Lukoschek in Jansen, FGG, § 43b Rn 3; aA Grziwotz DNotZ 2005, 13, 25. Es muss sich also um das leibliche Kind des anderen Lebenspartners handeln, kritisch zu dem Ausschluss einer sog Sukzessiv- oder Kettenadoption Stber FamRZ 2005, 574, 576, 577.

II. Rechtliche Elternschaft

109

Das durch Adoption begrndete Eltern-Kind-Verhltnis kann dagegen nicht wie das leibliche durch Adoption beendet werden. Eine Zweitadoption setzt vielmehr die Aufhebung des frheren Adoptionsverhltnisses voraus. Damit ist das zu einem Minderjhrigen begrndete Annahmeverhltnis nach Ablauf der Dreijahresfrist und Volljhrigkeit des angenommenen Kindes nicht mehr zu beenden.313

313

Holzhauer FamRZ 1982, 109, 110, 111.

B. Elternschaft und elterliche Sorge I. Inhaber elterlicher Sorge gem § 1626 Abs 1 S 1 BGB

122 In § 1626 Abs 1 S 1 BGB findet sich die Legaldefinition der elterlichen Sorge. Danach haben die Eltern die Pflicht und das Recht, fr das minderjhrige Kind zu sorgen. Diese Regelung lsst zunchst vermuten, dass allen Eltern die elterliche Sorge ausnahmslos und stets gemeinsam zusteht. Dem ist aber nicht so: Das Innehaben der elterlichen Sorge setzt zunchst zwingend rechtliche Elternschaft voraus.314 Diese allein gengt aber nicht. Denn von den Rechten und Pflichten zwischen Eltern und Kindern sind nur einige unmittelbar und einheitlich an die rechtliche Elternschaft geknpft. Dazu gehçrt etwa die gegenseitige Beistandspflicht gem § 1618a BGB und das Umgangssowie das Auskunftsrecht, §§ 1684, 1686 BGB, nicht aber die elterliche Sorge. Dies zeigt ein Blick auf § 1626a BGB, nach dem der Vater eines außerhalb der Ehe geborenen Kindes durch die Anerkennung oder gerichtliche Feststellung der Vaterschaft allein nicht Inhaber des elterlichen Sorgerechts ist.315 Das Sorgerecht steht den Eltern nur dann kraft Gesetzes gemeinsam zu, wenn sie im Zeitpunkt der Geburt des Kindes miteinander verheiratet waren (= originre gemeinsame Sorge).316 Sind die Eltern des Kindes bei dessen Geburt hingegen nicht miteinander verheiratet, bedarf es entweder der Abgabe von Sorgeerklrungen oder der der Geburt des Kindes nachfolgenden Heirat der Kindeseltern, um aus der originren Alleinsorge der Kindesmutter gem § 1626a Abs 2 BGB die gemeinsame elterliche Sorge entstehen zu lassen, § 1626a Abs 1 BGB. 123 Aber auch dann ist freilich nicht gewhrleistet, dass es bei der gemeinsamen Sorge bleibt, die Eltern also bis zur Beendigung der elterlichen 314 315

316

In diesem Sinne auch Coester-Waltjen JURA 2005, 97. So weist Diederichsen zu Recht darauf hin, dass der Gesetzestext eher verdeckt, als dass er klarstellt, wie die elterliche Sorge rechtlich zustande kommt, NJW 1998, 1977, 1983. Zum Verhltnis von Elternrecht und elterlicher Sorge ausfhrlich Weiß S 77 ff.

I. Inhaber elterlicher Sorge gem § 1626 Abs 1 S 1 BGB

111

Sorge zB durch Volljhrigkeit des Kindes beide Sorgerechtsinhaber sind. Denn familiengerichtliche Entscheidungen oder tatschliche Ereignisse kçnnen zu einer nderung der Sorgerechtsverhltnisse fhren.317 Zu denken ist hierbei zB an eine bertragung der Sorge gem § 1671 BGB auf einen Elternteil. Das alleinige Sorgerecht eines Elternteils entsteht gem §§ 1680 Abs 1, 1677 und 1680 Abs 3 BGB aber auch, wenn der andere Elternteil stirbt, fr tot erklrt oder ihm die Sorge entzogen wird. Das in § 1626 BGB legal definierte Sorgerecht kann also trotz gemeinsamer rechtlicher Elternschaft nur einem Elternteil allein zustehen, auch wenn § 1626 Abs 1 S 1 BGB von den Eltern spricht und damit die gemeinsame Elternsorge im Blick hat. IV. bersichtsskizze: Gemeinsame Sorge der Eltern Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes miteinander verheiratet

Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet

gemeinsame elterliche Sorge kraft Gesetzes (arg § 1626 BGB)

alleinige Sorge der Mutter, § 1626a Abs 2 BGB

124

es sei denn Abgabe von Sorgeerklärungen (auch vorgeburtlich) § 1626a Abs 1 Nr 1 BGB, uU Ersetzung (vgl Art 224 § 2 Abs 3 EGBGB)

der Geburt des Kindes nachfolgende Heirat der Kindeseltern, § 1626a Abs 1 Nr 2 BGB

Die Mçglichkeiten der Begrndung der gemeinsamen Sorge zum 125 Zeitpunkt der Geburt nicht miteinander verheirateter Eltern erschlie317

Eine vorgeburtliche Sorgerechtsregelung scheidet aus, AG Ldenscheid FamRZ 2005, 51.

112

B. Elternschaft und elterliche Sorge

ßen sich am ehesten, wenn von der im Gesetz gewhlten Systematik abgewichen und zunchst das originre Alleinsorgerecht der Kindesmutter bei „Unttigkeit“ der Kindeseltern dargestellt wird.

II. Originäre Alleinsorge der Kindesmutter gem § 1626a Abs 2 BGB 1. Allgemeines

126 Wurden keine Sorgeerklrungen von den Eltern des außerhalb der Ehe geborenen Kindes abgegeben, diese auch nicht ersetzt und haben die Eltern einander auch nicht geheiratet, steht der Mutter die ihrem Inhalt nach in § 1626 Abs 1 BGB definierte elterliche Sorge gem § 1626a Abs 2 BGB allein zu. Dies gilt unabhngig davon, ob das Kind durch Anerkennung oder gerichtliche Feststellung einen rechtlichen Vater hat oder nicht. § 1626a Abs 2 BGB ist insoweit an die Stelle des mit Wirkung vom 1.7.1998 aufgehobenen § 1705 BGB aF getreten. 127 Dieses originre Alleinsorgerecht der unverheirateten Kindesmutter wurde im Gesetzgebungsverfahren zur Kindschaftsrechtsreform intensiv diskutiert und stand nach Schaffung des § 1626a Abs 2 BGB auch bereits auf dem verfassungsrechtlichen Prfstand. Je mehr sich die Anerkennung der Grundrechtsposition des nicht mit der Mutter verheirateten Kindesvaters durchsetzte, desto lauter wurden die Stimmen, die sich gegen die sorgerechtliche Zuordnung des Kindes zu seiner Mutter aussprachen, ohne dem Vater die Mçglichkeit einzurumen, zumindest aus Kindeswohlgrnden auch gegen den Willen der Mutter zur Sorge zu gelangen.318 Auch vçlkerrechtliche319 Bedenken wurden erhoben gegen die ausdrckliche Zuschreibung einer besseren Sorgerechtsposition der Mutter ohne Rcksicht auf die 318

319

So zB Coester JZ 1992, 809, 812 ff; ders FamRZ 1995, 1245, 1247 ff; ders DEuFamR 1999, 3, 7 ff; ders FamRZ 2007, 1137 ff ; vgl auch Diederichsen NJW 1998 1977, 1983; Lipp FamRZ 1998, 65, 72; Willutzki Rpfleger 1997, 336, 337; Finger ZfJ 2000, 183, 188; ders FamRZ 2000, 1204, 1206 ff; ders ZfJ 2000, 183 ff; Schumann FamRZ 2000, 389, 394 f. Zum Begriff des Vçlkerrechts und seiner innerstaatlichen Geltungskraft vgl Brçtel ZfJ 1998, 447.

II. Originäre Alleinsorge der Kindesmutter . . .

113

faktischen Familienbande zwischen Vater und Kind, weil hierin ein Verstoß gegen Art 8 Abs 1 EMRK320 liege, der jedermann, also auch dem Kind und seinem Vater einen Anspruch auf Achtung seines Familienlebens einrumt.321 Daneben wurden ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art 14 EMRK und gegen den Grundsatz der gemeinsamen Verantwortung beider Eltern fr die Pflege und Erziehung ihres Kindes aus Art 18 Abs 1 KRK322 gergt.323 Denn das Brgerliche Gesetzbuch setzte fr das Entstehen der gemeinsamen Sorge der nicht miteinander verheirateten Eltern bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung familienrechtlicher Entscheidungen des BVerfG vom 13.12.2003324 am 31.12.2003 ohne Ausnahme die Mitwirkung der Mutter voraus. Aber auch die durch dieses Gesetz geschaffene Regelung ermçglicht eine gerichtliche Ersetzung der Sorgeerklrung eines Elternteils nur fr die Flle, in denen sich die Eltern des Kindes vor dem 1.7.1998 getrennt haben. Sog Neuflle werden davon nicht erfasst, sodass hier weiterhin die Mitwirkung der Kindesmutter stets Voraussetzung eines gemeinsamen Sorgerechts ist. Eine bertragung der alleinigen Sorge auf den Vater des Kindes kommt selbst bei Kindeswohldienlichkeit gem § 1672 Abs 1 S 1 BGB grundstzlich nur mit mtterlicher Zustimmung in Betracht. Allein die Einwilligung der Mutter in die Annahme ihres Kindes lsst das Zustimmungserfordernis entfallen, § 1751 Abs 1 S 6 BGB.325 Hierdurch wird aber das Prinzip des absolut wirkenden passiven mtterlichen Vetorechts nicht in Frage gestellt, denn es handelt 320 321

322

323 324 325

Europische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950, BGBl 1952 II S 685 mit Berichtigung S 953. Dazu nher ua Dickmeis ZfJ 1998, 41, 53; einen berblick ber die Rechtsprechung des Europischen Gerichtshofs fr Menschenrechte im Bereich der Vterrechte bietet Brckner FPR 2005, 200 ff. UN-bereinkommen ber die Rechte des Kindes, Conventions on the Rights of Child vom 20.11.1989, BGBl 1992 II S 121, 990, der deutsche Vertragstext ist abgedruckt ua in FamRZ 1992, 253 ff. Brçtel ZfJ 1998, 447, 448 mwN; Richter FPR 2004, 484, 485. BGBl I S 2547. Vgl dazu BGH NJW 2008, 223 = BGHReport 2008, 129 = FamRZ 2007, 1969 m Anm Zenz FamRZ 2007, 2060 = MDR 2008, 28 = FuR 2007, 558 = Rpfleger 2008, 23 = JAmt 2007, 547 = FF 2007, 313 = NJ 2007, 554 (LS) = NJW-Spezial 2008, 5 (LS) = ZKJ 2008, 42 (LS) = FamRB 2008, 38 (LS) m Anm Motzer = FPR 2008, 61 (LS).

114

B. Elternschaft und elterliche Sorge

sich insoweit nur um eine Vorwirkung des durch Adoption bevorstehenden Elternwechsels. 2. Die Motive des Gesetzgebers für die Schaffung des originären Alleinsorgerechts der Mutter

128 Die Schaffung eines originren Mitsorgerechts des nicht mit der Kindesmutter verheirateten Vaters gegen den Willen der Kindesmutter lehnte der Gesetzgeber mit Hinweis auf die in diesem Fall fehlende Kooperationsbereitschaft der Eltern ab, da zu erwarten sei, dass eine erzwungene Gemeinsamkeit der Sorge fr Kinder, deren Eltern nicht miteinander verheiratet sind, dazu fhren wrde, dass diese Eltern in einer Vielzahl von Fllen ihre Streitigkeiten auf dem Rcken der Kinder austrgen und damit das Kindeswohl beeintrchtigten.326 So verzichtete der Gesetzgeber auf Empfehlung des Rechtsausschusses,327 trotz der erkannten Gefahr, dass die Kindesmutter das Herbeifhren der gemeinsamen elterlichen Sorge ohne weitere Begrndung verweigert, auf das Erzwingen von Gemeinsamkeit und setzte stattdessen auf die Bereitschaft der Eltern, zum Wohle ihres Kindes zu kooperieren.328 Auch eine Mçglichkeit, durch gerichtliche Entscheidung spter die gemeinsame Sorge zu begrnden, wurde aus diesem Grunde nicht erçffnet. Das originre Alleinsorgerecht der Kindesmutter, ohne dem Vater die Mçglichkeit einzurumen, durch gerichtliche Entscheidung bei Kindeswohldienlichkeit zur alleinigen Sorge zu gelangen, wurde mit der engen Bindung des Kindes zu seiner Mutter begrndet. Auch sollte der Mutter die Angst vor einem Sorgewechsel erspart werden, um jede Belastung des Mutter-Kind-Verhltnisses aufgrund Unsicherheit und vorprogrammierter Instabilitt im Kindesinteresse zu verhindern. Schließlich wollte der Gesetzgeber auch vermeiden, dass die Kindesmutter von der Feststellung der Vaterschaft bei befrchtetem Sorgewechsel absehen kçnnte.329 326 327 328

329

BT-Drucks 13/4899 S 59. BT-Drucks 13/8511 S 66. Kritisch dazu Richter FPR 2004, 484, 485, der zu Recht darauf hinweist, dass nicht die fehlende Kooperationsbereitschaft der Eltern, sondern die der Mutter das Problem darstellt. BT-Drucks 13/4899 S 60, 100.

II. Originäre Alleinsorge der Kindesmutter . . .

115

Die Begrndung des Gesetzgebers wurde zu Recht insoweit als ver- 129 fassungsrechtlich bedenklich eingestuft, als die Kooperationsbereitschaft auch bei Trennung der Eltern, unabhngig davon, ob diese miteinander verheiratet sind oder waren, beeintrchtigt sein kann.330 Daraus allein Unterschiede herzuleiten, lsst sich schwerlich mit dem Verbot vereinbaren, das außerhalb der Ehe geborene Kind hier durch Vorenthaltung eines sorgeberechtigten Elternteils schlechter zu stellen als das whrend der Ehe geborene, Art 6 Abs 5 GG.331 Auch der Versuch, aus der biologischen Verbindung des Kindes zu seiner Mutter eine naturgegebene Hauptverantwortung herzuleiten,332 die – so kçnnte daraus gefolgert werden – mit einem naturgegebenen Hauptrecht korrespondieren msste (was aber soweit erkennbar bisher nicht ernsthaft behauptet wurde), berzeugt nicht, denn Art 6 Abs 2 GG differenziert nicht zwischen der Mutter und dem Vater des Kindes, sondern weist den „Eltern“ das natrliche Recht der Pflege und Erziehung ihrer Kinder zu. Art 3 Abs 2 GG kçnnte eine solche dauerhafte Ungleichbehandlung ebenfalls nicht rechtfertigen, weil das Elternrecht seine Wurzeln nicht in naturgegebener Verschiedengeschlechtlichkeit hat, sondern in erster Linie im Interesse des Kindes besteht, damit die Eltern ihrem Pflichtrecht nachkommen kçnnen.333 Im brigen wre eine solche Anknpfung auch ein Schritt in die falsche Richtung, weil sie von der vterlichen Mitverantwortung ablenken kçnnte, womit jeder Versuch, zu einer gebotenen gleichberechtigten Teilhabe an der elterlichen Sorge aufgrund gleichgroßer elterlicher Verantwortung zu gelangen,334 von vornherein zum Scheitern verurteilt wre. 330 331 332

333 334

Wolf FPR 2002, 173, 175. Vgl AG Korbach FamRZ 2000, 629, 630 = NJW 2000, 384; Gimbernat Jonas JAmt 2003, 332, 334, 335. So aber BGH FamRZ 2001, 907, 909 m Anm Luthin = NJW 2001, 2472 = LM H 8/2001 § 1626a BGB Nr 1 m Anm Coester = MDR 2001, 871 m Anm Finger = BGHReport 2001, 497 m Anm Oelkers = FuR 2001, 357; vgl auch die Besprechungsaufstze von Schumann FuR 2002, 59 ff; Niemeyer FuR 2001, 491 ff und Wolf FPR 2002, 173 ff, Letzterer m Entgegnung von Groß FPR 2002, 176 ff; kritisch zu dieser Einordnung auch Staudinger/Coester § 1626a Rn 10. BVerfGE 24, 119, 144 = NJW 1968, 2233; nher dazu ua Seibert FamRZ 1995, 1457, 1459, 1460. In diese Richtung zielt auch die Kritik von Richter FPR 2004, 484, 485, wenn er von einer strukturell gefçrderten Verantwortungslosigkeit der Vter spricht.

116

B. Elternschaft und elterliche Sorge

Die primre sorgerechtliche Zuweisung des Kindes zu der nicht mit dem Kindesvater verheirateten Mutter ist aber unter Bercksichtigung der durch Schwangerschaft und Geburt entstandenen engen Bindung zwischen ihr und dem Kind im Interesse des Kindes sachlich gerechtfertigt. Denn aus der unterschiedslosen Einbeziehung der Eltern in den Schutzbereich des Art 6 Abs 2 S 1 GG folgt nicht, dass allen Eltern ohne Rcksicht auf die tatschlichen individuellen Verhltnisse die gleichen Rechte in Bezug auf ihr Kind eingerumt werden mssen.335 Das Kind hat in der Frau, die es geboren hat, in jedem Fall eine Mutter. Dass es im Zeitpunkt seiner Geburt auch schon einen rechtlichen Vater hat, ist hingegen nicht selbstverstndlich. So wird denn auch die Entscheidung des Gesetzgebers, der nicht verheirateten Kindesmutter die elterliche Sorge zunchst allein zuzuweisen, berwiegend akzeptiert, weil dem Kind auf diese Weise in aller Regel sogleich mit seiner Geburt eine sorgeberechtigte Person zur Seite steht, die im Notfall auch Entscheidungen etwa im Bereich der Gesundheitssorge sofort treffen kann. 3. Die Entscheidung des BVerfG zu § 1626a Abs 2 BGB336

130 Die mit Spannung erwartete,337 ua auf Vorlage des AG Korbach338 zur Verfassungsmßigkeit von § 1626a Abs 2 BGB ergangene Entscheidung des BVerfG vom 29.1.2003 hat bezglich der ganz berwiegend akzeptierten Entscheidung des Gesetzgebers, der Mutter das Sorgerecht zunchst allein zuzuweisen, keine neuen Erkenntnisse gebracht.

335

336

337 338

BVerfGE 92, 158 = FamRZ 1995, 789 = NJW 1995, 2155 m Anm Buhr FamRZ 1995, 1269 ff; vgl dazu auch die Besprechungsaufstze von Coester FamRZ 1995, 1245 ff und Salgo NJW 1995, 2129 ff. BVerfGE 107, 150 = NJW 2003, 955 = FamRZ 2003, 285 = Rpfleger 2003, 179 = JAmt 2003, 90 = FPR 2003, 205 = ZfJ 2003, 187 m Anm Henrich FamRZ 2003, 359; siehe dazu auch die Beitrge von Gimbernat Jonas JAmt 2003, 332 ff; Heumann FuR 2003, 293 ff; Spangenberg/Spangenberg ZfJ 2003, 332 ff; Finger FuR 2003, 341 f; Humphrey FPR 2003, 578 ff; Mller ZfJ 2004, 7 ff; Motzer FamRZ 2003, 793 ff; Mohr/Wallrabenstein JURA 2004, 194 ff; Hçfelmann FamRZ 2004, 65 ff; Richter FPR 2004, 484 ff; Breithaupt FPR 2004, 488 f; Coester FPR 2005, 60 ff sowie Eckebrecht FPR 2005, 205 ff. Vgl zB Wolf FPR 2002, 173, 176. FamRZ 2000, 629 = NJW 2000, 384.

II. Originäre Alleinsorge der Kindesmutter . . .

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Eine andere Frage ist, ob diese im Interesse des Kindes gebotene anfngliche klare Zuordnung des Kindes zu seiner Mutter einen dauerhaften Ausschluss des Vaters von der Wahrnehmung der Sorge bei fehlender Mitwirkungsbereitschaft der Kindesmutter rechtfertigt.339 Eine Absage hat das BVerfG in besagter Entscheidung der Auffassung des BGH340 erteilt, nach der § 1666 BGB dem Vater fr die Flle, in denen die Kindesmutter die Abgabe einer Sorgeerklrung ohne weitere Begrndung verweigert, einen Weg zu einer angemessenen Bercksichtigung seiner Rechte erçffnet, weil § 1666 BGB nicht auf den Ausgleich der elterlichen Rechte in Konfliktsituationen abziele. Die Eingriffsschwelle des § 1666 BGB setze das Elternrecht des Vaters im Widerspruch zu Art 6 Abs 2 GG gegenber der Mutter außerdem unangemessen zurck. Im brigen sei in der Verweigerung auch keine kindeswohlgefhrdende Ausbung der mtterlichen Elternverantwortung zu sehen. Die Einschtzung des Gesetzgebers, die Weigerung der Kindesmutter, an der Begrndung der vterlichen Sorge mitzuwirken, sei Ausdruck eines Konflikts zwischen den Eltern, der sich bei einem Streit ber die gemeinsame Sorge nachteilig auswirke, hielt das BVerfG in dieser Entscheidung hingegen fr vertretbar. Gleichzeitig erkannte es aber auch die Mçglichkeit, dass die Kindesmutter ihre sorgerechtliche Besserstellung durch Verweigerung einer Sorgeerklrung als Machtposition gegenber dem Kindesvater missbrauchen kçnnte. Das BVerfG 339

340

Kritisch insoweit ua Humphrey FPR 2003, 578, 581 ff, 584 und Mller ZfJ 2004, 7, 11, der auch die Vereinbarkeit mit Art 8 iVm Art 13 EMRK fr zweifelhaft hlt; ua vçlkerrechtliche Bedenken ußern auch Mohr/Wallrabenstein (JURA 2004, 194, 196), wenngleich diese durch die Grundentscheidung des Gesetzgebers fr die voraussetzungslose gemeinsame Elternsorge weniger auf Art 8 als auf Art 14 EMRK gesttzt werden. Denn jede Abweichung von dem Modell der gemeinsamen Sorge trgt nach dieser Auffassung zwangslufig den Keim einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes in sich. Uneingeschrnkte Zustimmung erfhrt § 1626a BGB jedoch von Breithaupt (FPR 2004, 488 ff), was sie mit der in Bezug auf die tatschliche Pflichtentragung praktisch folgenlosen Erlangung vterlicher Sorge begrndet. FamRZ 2001, 907 m Anm Luthin = NJW 2001, 2472 = LM H 8/2001 § 1626a BGB Nr 1 m Anm Coester = MDR 2001, 871 m Anm Finger = BGHReport 2001, 497 m Anm Oelkers = FuR 2001, 357; vgl auch die Besprechungsaufstze von Schumann FuR 2002, 59 ff, Niemeyer FuR 2001, 491 ff und Wolf FPR 2002, 173 ff, Letzterer mit Entgegnung von Groß FPR 2002, 176 ff.

118

B. Elternschaft und elterliche Sorge

besttigte die Verfassungsmßigkeit von § 1626a Abs 2 BGB dennoch, mit der Begrndung, der Gesetzgeber habe davon ausgehen kçnnen, dass eine Mutter, gerade wenn sie mit dem Vater und dem Kind zusammenlebt, sich nur ausnahmsweise und nur dann dem Wunsch des Vaters nach einer gemeinsamen Sorge verweigert, wenn sie dafr schwerwiegende Grnde habe, die von der Wahrung des Kindeswohls getragen wrden. Unter dieser Prmisse konnte er nach Auffassung des Senats aber (derzeit) davon absehen, bei einem Nichtzustandekommen bereinstimmender Sorgeerklrungen eine gerichtliche Einzelfallprfung zuzulassen. Diesem Argument wurde zu Recht entgegengehalten, dass sich den Gesetzesmaterialien eine solche Annahme einer vornehmlich am Kindeswohl orientierten Verweigerung der Kindesmutter nicht entnehmen lsst.341 Der Gesetzgeber hat vielmehr trotz der erkannten Risiken kein Korrektiv vorgesehen. 131 Zugestimmt werden kann dem BVerfG insoweit, als im Interesse des Kindes ein Mindestmaß an bereinstimmung Voraussetzung fr die gemeinsame Ausbung elterlicher Sorge sein sollte und vor diesem Hintergrund eine erzwungene gemeinsame Sorge nicht – im brigen aber auch nicht in den von Art 224 § 2 Abs 3 EGBGB erfassten Altfllen(!) – sinnvoll ist.342 Dass eine fehlende Kooperationsbereitschaft den Ausschluss des Kindesvaters ohne jede Mçglichkeit der gerichtlichen berprfung der Kindesinteressen verfassungsrechtlich zu rechtfertigen vermag, wird gleichwohl zu Recht nach wie vor angezweifelt.343 Allein die von Groß344 angefhrten Argumente kçnnten, wenn auch weniger zur berzeugung denn zur Beruhigung herangezogen werden, weil sie zu Recht auf die gegenber der mit dem Kindesvater verheirateten Kindesmutter (wenn auch durch die nderung des § 1615l BGB durch das am 1.1.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007345 zwar nicht mehr zwingend schlechtere çko341 342 343 344 345

Gimbernat Jonas JAmt 2003, 332, 333. In diesem Sinne das BVerfG nochmals in einer weiteren Entscheidung vom 18.12.2003 (FamRZ 2004, 354 = NJW-RR 2004, 577 = FPR 2004, 260). Vgl zB Heumann FuR 2003, 293, 295; Coester FPR 2005, 60, 64; aA Weiß S 199, 200. FPR 2002, 176, 177. BGBl I S 3189.

II. Originäre Alleinsorge der Kindesmutter . . .

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nomische, wohl aber weiterhin) ungnstigere soziale Situation der Mutter des außerhalb der Ehe geborenen Kindes hinweist,346 mit der auch das Risiko einhergehen kçnnte, aus kindeswohlfremden Erwgungen heraus mit einem familiengerichtlichen Verfahren berzogen zu werden. Da es aber entgegen ihrer Annahme nicht ausschließlich um eine Abwgung der elterlichen Rechte, sondern trotz allem in erster Linie um die Interessen des Kindes geht, kçnnte Abhilfe hier nur geschaffen werden, wenn das Recht auf elterliche Sorge an die Pflicht zur Wahrnehmung der Elternverantwortung geknpft wrde, was aber eine Abkehr von dem Grundkonzept der voraussetzungslosen gemeinsamen Sorge erfordern wrde. So ist auch Breithaupt347 zuzustimmen, wenn sie meint, dass der nicht mit der Mutter verheiratete Kindesvater auf diesem Wege Rechte erhlt, ohne dass dies an der gesellschaftlich vorwiegend noch immer gelebten Zuweisung tatschlicher Verantwortung an die Mutter etwas nderte, also ohne dass ihm auch die mit der tatschlichen Sorge verbundenen Pflichten auferlegt wrden, zu deren Erfllung er dann aber auch – zumindest theoretisch – herangezogen werden kçnnte. In der Konsequenz hieße das aber, dass auch die Kindesmutter von dieser Recht-Pflicht-Bindung nicht (dauerhaft) ausgenommen und dem Kindesvater doch der Weg zu einer von den einen gefrchteten, von anderen wiederum geforderten Intervention erçffnet wre. Beleg fr eine andere, insoweit gegenteilige Auffassung, ist die die Befrchtung von Groß348 gleichsam nhrende Behauptung, dass die mit dem Kindesvater nicht verheiratete Kindesmutter „noch weniger(!) … Garant fr eine dem Kindeswohl am besten gerecht werdende Sorgeregelung ist“, als die mit dem Kindesvater verheiratete.349 Beide Auffassungen sind eindrucksvolle Beispiele fr die Emotionalitt, mit der die Debatte um das mtterliche und das vterliche Sorgerecht gefhrt wird. Zugleich zeigen sie aber auch, dass der Gesetz-

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347 348 349

Zum Unterhalt bei Betreuung außerhalb der Ehe geborener Kinder aufgrund des mit Wirkung vom 1.1.2008 neu gestalteten § 1615l BGB vgl Wever FamRZ 2008, 553 ff. FPR 2004, 488 ff. FPR 2002, 176, 177. Spangenberg/Spangenberg ZfJ 2003, 332, 333.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

geber nach wie vor gefordert ist, eine tragfhige, dem Grundgesetz und dem Vçlkerrecht gerecht werdende Lçsung zu entwickeln. 132 Entgegen der spter geußerten Auffassung des BVerfG350 wurde in dem angesprochenen Urteil vom 29.1.2003 aber keine Aussage ber die Verfassungsmßigkeit von § 1672 Abs 1 S 1 BGB getroffen, obwohl sich die Vorlage des AG Korbach auch darauf bezog.351 Gegenstand der berlegungen in der Entscheidung vom 29.1.2003 war vielmehr, ob dem Vater die Mçglichkeit erçffnet werden msste, auch gegen den Willen der Mutter zur gemeinsamen Sorge zu gelangen. Erwgungen zum alleinigen Sorgerecht des Kindesvaters gegen den Willen der Mutter wurden hingegen nicht angestellt. Allenfalls die im Zusammenhang mit § 1666 BGB angestellten berlegungen (vgl Rn 130) lassen eine grundstzliche Wertung des Gerichts erahnen, die sich aber auch nur auf die Eingriffsschwelle des § 1666 BGB bezieht. Die erforderliche intensive Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Abhngigmachen der bertragung der Sorge auf den Kindesvater von der Zustimmung der Kindesmutter auch bei Kindeswohldienlichkeit unterhalb der Eingriffsschwelle des § 1666 BGB gem § 1672 Abs 1 S 1 BGB mit der Verfassung im Einklang steht, steht daher nach richtiger Auffassung weiterhin aus, weil sich eine solche auch in den Grnden des Beschlusses des BVerfG vom 23.4.2003,352 mit der die Verfassungsmßigkeit von § 1672 Abs 1 S 1 BGB festgestellt wurde, nicht findet.353 133 Mit der Entscheidung vom 29.1.2003 wurde dem Gesetzgeber die Verpflichtung auferlegt, die tatschliche Entwicklung zu beobachten und zu prfen, ob seine Prmissen, namentlich die Annahme, dass die Eltern die Mçglichkeit einer gemeinsamen Sorgetragung in der Regel nutzen und ihre tatschliche Sorge durch Sorgeerklrungen auch rechtlich absichern, auch vor der Wirklichkeit Bestand haben, weil nur bei Richtigkeit dieser prognostischen Annahme das Elternrecht des Vaters aus Art 6 Abs 2 GG gewahrt sei. 350 351 352 353

BVerfG FamRZ 2003, 1447. Dies bedauert auch Motzer FamRZ 2003, 793, 803. FamRZ 2003, 1447. Coester FamRZ 2004, 87, 88.

II. Originäre Alleinsorge der Kindesmutter . . .

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Der Umsetzung dieser Vorgabe dient die mit Wirkung vom 31.12.2003 durch das Gesetz zur Umsetzung familienrechtlicher Entscheidungen des BVerfG vom 13.12.2003354 dem Jugendamt in §§ 98 Abs 2, 99 Abs 6a, 101 Abs 1 SGB VIII auferlegte Pflicht, laufende Erhebungen ber Sorgeerklrungen durchzufhren, anhand derer sich die gesellschaftliche Entwicklung im Bereich elterlicher Sorge verfolgen lsst.355 Es ist nunmehr abzuwarten, ob es auf Dauer dabei bleibt, dass das Entstehen der gemeinsamen Sorge stets von einer ausdrcklichen Willenserklrung der Mutter abhngt,356 oder ob der Gesetzgeber, fr den Fall, dass sich irgendwann357 herausstellt, dass die unterstellte Annahme vor der Wirklichkeit keinen Bestand hat, zumindest die Mçglichkeit einer jeweiligen gerichtlichen Einzelfallprfung erçffnet.358 Um der in diesem Fall zu erwartenden Flut von Gerichtsverfahren vor allem im Interesse der betroffenen Kinder zu entgehen, kçnnte daneben auf eine andere, bereits verworfene Form der „Typisierung“ zurckgegriffen und dem Beispiel anderer Lnder folgend,359 die Begrndung der gemeinsamen elterlichen Sorge denn doch von einer 354 355

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BGBl I S 2547. Zu Recht kritisch zu diesem Ansatz Coester FamRZ 2007, 1137, 1138, da sich aus einer solchen Erhebung keine entscheidenden Erkenntnisse darber gewinnen lassen, ob die Kindesmutter die Sorgeerklrung aus eigenntzigen Motiven oder tatschlich nur aus Kindeswohlgrnden verweigert. Nach Weiß (S 201 Fn 681) bezeugen statistische Erhebungen, dass Sorgeerklrungen verbreitet seien, woraus der vorsichtige Schluss gezogen wird, dass eine gute Zusammenarbeit und Verstndigung der nicht miteinander verheirateten Eltern nahe liege. Sie rumt freilich ein, dass die Aussagekraft aufgrund der rumlichen Begrenzung der dieser Annahme zugrunde liegenden Erhebung beschrnkt ist, sodass dem Ergebnis der Erhebung keineswegs mehr als eine bloße Indizwirkung zukommen kçnne. Innerhalb welchen Zeitraums die Beobachtung erfolgen soll, hat der Gesetzgeber offen gelassen; die Erhebungen durch das Jugendamt sind gem § 101 Abs 1 S 1 SGB VIII jhrlich durchzufhren. So die berlegungen von Liermann FamRZ 2003, 1523; unterschiedliche Modelle fr die Entstehung der gemeinsamen Sorge (ohne ausdrckliches Einverstndnis der Kindesmutter) entwickelte auch die Kinderrechtekommision des Deutschen Familiengerichtstags eV JAmt 2005, 490 ff; eine detaillierte Auseinandersetzung mit den verschiedenen Anstzen erfolgt durch Coester FamRZ 2007, 1137, 1140 ff. Vgl die Darstellung des Sorgerechts nicht verheirateter Eltern aus rechtsvergleichender Sicht von Frank FamRZ 2004, 841, 845 f und Dethloff JAmt 2005, 213 ff.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

mehr oder weniger lang dauernden gemeinsamen Wahrnehmung der gemeinsamen elterlichen Verantwortung abhngig gemacht werden. Auch wenn dies ein weniger eindeutiges Anknpfungskriterium ist, erfllt es doch die verfassungsgerichtlichen Vorgaben fr die gemeinsame Ausbung der elterlichen Verantwortung insoweit, als sich darin sowohl eine tragfhige soziale Beziehung zwischen den Eltern360 als auch das im Interesse des Kindes gebotene Mindestmaß an bereinstimmung zwischen ihnen widerspiegelt. Dass dieses Anknpfungskriterium mit Problemen verbunden ist, weil zB zu regeln wre, wann von der Wahrnehmung der gemeinsamen Elternverantwortung ausgegangen werden kçnnte und welche Dauer fr das Entstehen der gemeinsamen Sorge vorliegen msste, spricht allein nicht gegen diese Lçsung. Denn der Gesetzgeber kçnnte hier seinen Gestaltungsspielraum nutzen und entsprechende verfassungsgemße, zwangslufig wiederum typisierende Regelungen schaffen. Daneben wre aber daran festzuhalten, dass die gemeinsame Sorge der Eltern auch ohne deren Zusammenleben durch Sorgeerklrung begrndet werden kann, um der Vorgabe des BVerfG361 nachzukommen und zu gewhrleisten, dass die gemeinsame Sorge der Eltern auch bei Getrenntleben mçglich ist, wenn diese dazu bereit und im Sinne des Kindeswohls in der Lage sind. Im Ergebnis wurde die gesetzliche Regelung der gemeinsamen elterlichen Sorge von Eltern eines außerhalb der Ehe geborenen Kindes in § 1626a BGB (derzeit) nur insoweit fr verfassungsrechtlich unzureichend befunden, als es der Gesetzgeber verabsumt hatte, eine bergangsregelung fr Eltern zu treffen, die mit ihrem außerhalb der Ehe geborenen Kind zusammengelebt und gemeinsam fr das Kind gesorgt, sich aber noch vor dem Inkrafttreten des KindRG am 1.7.1998 getrennt haben, weil ihnen bis dahin die Begrndung der gemeinsamen Sorge durch Abgabe von Sorgeerklrungen nicht mçglich war. Fr diese sog Altflle, in denen fr die Eltern zum Zeitpunkt ihres Zusammenlebens keine Mçglichkeit bestanden hat, eine gemeinsame Sorge zu begrnden, und nach Trennung die Mutter zur 360

361

Wobei auf diese durchaus verzichtet werden kann, wie § 1671 BGB zeigt, dem im Umkehrschluss zu entnehmen ist, dass auch eine dauerhafte Trennung der Eltern fr sich genommen kein Grund ist, von der gemeinsamen Sorge abzurcken. BVerfGE 61, 358 = NJW 1983, 101 = FamRZ 1982, 1179 = DAVorm 1982, 1055.

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge . . .

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Abgabe einer Sorgeerklrung nicht (mehr) bereit ist, wurde dem Gesetzgeber die Schaffung einer Regelung aufgegeben, die es insbesondere dem Kindesvater ermçglichen sollte, gerichtlich berprfen zu lassen, ob trotz entgegenstehenden Willens des anderen Elternteils unter Bercksichtigung des Kindeswohls eine gemeinsame Sorge begrndet werden kann. Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber mit Art 224 § 2 Abs 3 bis 5 EGBGB nachgekommen. Nicht erfllt hat sich dagegen die Hoffnung, er mçge die Neuregelung zum Anlass nehmen, auch die Rechtslage bezglich der Neuflle zu berdenken.362

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge gem § 1626a Abs 1 BGB 1. Allgemeines

Die rechtliche Vaterschaft ist zwar Voraussetzung fr die Erlangung 134 der elterlichen Sorge des Vaters des außerhalb der Ehe geborenen Kindes, begrndet sie fr sich genommen jedoch nicht. Es bedarf vielmehr regelmßig der Mitwirkung der Kindesmutter (zur verfassungsrechtlichen Problematik Rn 127 ff), in dem sie entweder erklrt, die Sorge gemeinsam mit dem Kindesvater bernehmen zu wollen (§ 1626a Abs 1 Nr 1 BGB) oder ihn heiratet (§ 1626a Abs 1 Nr 2 BGB). Adoptiveltern kçnnen die gemeinsame Sorge nicht durch Sorgeerkl- 135 rungen oder Heirat begrnden. Nicht verheiratete Erwachsene kçnnen nur einzeln adoptieren (§ 1741 Abs 2 S 1 BGB). Eine Stiefkindadoption ist nur bei Heirat oder Begrndung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mçglich, § 1741 Abs 2 S 3 BGB, § 9 Abs 7 LPartG. Der Erwerb der gemeinsamen Sorge erfolgt in diesem Fall ebenso wie bei Annahme eines Kindes durch Eheleute ex lege, § 1754 Abs 3 BGB. Um zu erreichen, dass die Begrndung der gemeinsamen Sorge nicht 136 aus Unkenntnis ber diese Mçglichkeit unterbleibt, wurde das Jugendamt auf Empfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages363 verpflichtet, im Rahmen der Beratung und Untersttzung bei 362 363

Gimbernat Jonas JAmt 2003, 332, 336. BT-Drucks 13/8511 S 66.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

der Vaterschaftsfeststellung und der Geltendmachung von Unterhaltsansprchen auf diese Mçglichkeit hinzuweisen, § 52a Abs 1 Nr 5 SGB VIII. Kritisiert wurde, dass dem Jugendamt durch diese Regelung nur die entsprechende Aufklrung der Mutter auferlegt war,364 whrend eine Verpflichtung zur Belehrung des Vaters nicht bestand. Der daraus uU resultierende Wissensvorsprung der Mutter ließ sich nach richtiger Auffassung nicht damit rechtfertigen, dass es regelmßig die Mutter ist, die ber die Teilhabe des Vaters an der elterlichen Sorge entscheidet. Der Gesetzgeber hat hier inzwischen nachgebessert und durch die zum 1.10.2005 in Kraft getretene Neufassung des § 18 Abs 2 SGB VIII auch dem nicht mit der Kindesmutter verheirateten Vater einen Anspruch auf Beratung ber die Abgabe von Sorgeerklrungen eingerumt. Der entscheidende Unterschied besteht allerdings (weiterhin) darin, dass das Jugendamt der Mutter von Amts wegen die Beratung anzubieten hat, whrend der Kindesvater ttig werden und seinen Beratungsanspruch geltend machen muss, was voraussetzt, dass er bereits zumindest grobe Kenntnisse ber die Mçglichkeit der Abgabe von Sorgeerklrungen hat. 2. Gemeinsame Sorge durch Abgabe von Sorgeerklärungen, § 1626a Abs 1 Nr 1 BGB 2.1. Inhalt, Rechtsnatur und Form der Erklärungen

137 Wollen die Eltern des außerhalb einer zwischen ihnen bestehenden Ehe geborenen Kindes die gemeinsame elterliche Sorge begrnden, kçnnen sie erklren, dass sie die Sorge gemeinsam bernehmen wollen (Sorgeerklrungen), § 1626a Abs 1 Nr 1 BGB. Rechtliche Elternschaft zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklrung ist Voraussetzung fr wirksame Sorgeerklrungen,365 nur genetische Elternschaft gengt also nicht.366 Eine Ausnahme besteht bei Abgabe einer Sorgeerklrung durch den Dritten im Rahmen eines scheidungsakzessorischen Statuswechsels nach § 1599 Abs 2 BGB (vgl Rn 155). 364 365 366

Weiß S 201. Vgl OLG Stuttgart FamRZ 2008, 539 = FGPrax 2008, 24 = JAmt 2007, 545 = FuR 2007, 592 = ZKJ 2008, 42 = OLGR 2008, 263 = ZFE 2008, 82 (LS). Schwab DNotZ 1998, 437, 450.

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge . . .

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Diese Sorgeerklrung ist schwebend unwirksam.367 Gleiches gilt fr den Fall, dass die Vaterschaft des Mannes, der die Sorgeerklrung abgegeben hat, spter durch rechtskrftige Anfechtung der Vaterschaft des anderen Mannes, den die Schwangere nach Anerkennung der Vaterschaft und Abgabe von Sorgeerklrungen geheiratet hat (zum Vorrang der Vaterschaft nach § 1592 Nr 1 BGB vgl Rn 34), wirksam wird.368 Das Gesetz verlangt von den Eltern lediglich die Erklrung, dass sie 138 die elterliche Sorge knftig gemeinsam innehaben wollen. Es ist weder erforderlich, dass die Eltern zusammenleben, noch, dass sie ledig sind. Eine Ehe oder Lebenspartnerschaft eines Elternteils mit einem Dritten schadet also ebenso wenig wie ein dauerhaftes Getrenntleben der Eltern. Letzteres hat lediglich Einfluss auf die Struktur des Sorgerechts, da die- oder derjenige, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils gewçhnlich aufhlt, in Angelegenheiten des tglichen Lebens die alleinige Entscheidungsbefugnis hat, § 1687 Abs 1 S 2 BGB. Umgekehrt berhrt auch das sog kleine Sorgerecht des Stiefelternteils gem § 1687b BGB oder § 9 LPartG die Alleinsorge der Mutter nicht, sodass sie weiterhin zur Abgabe einer Sorgeerklrung berechtigt ist.369 Eine gerichtliche Kindeswohlprfung findet nicht statt.370 Die Sorgeerklrungen haben keinen Empfnger. Sie mssen von den 139 Eltern nicht gemeinsam abgegeben oder einander erklrt werden. Die Gemeinsamkeit der Erklrungen bezieht sich lediglich darauf, dass sie inhaltlich gleichlautend sein mssen. Da die Sorgeerklrungen der Eltern nicht empfangsbedrftig sind und auch nicht zeitgleich abgegeben werden mssen, besteht die Mçglichkeit, dass den Eltern der zeitliche Beginn der gemeinsamen Sorge nicht (rechtzeitig) bekannt ist. Die Gefahr, die sich daraus ergibt, wurde indes zu Recht als wohl eher theoretisch und deshalb gering eingestuft.371 367 368 369 370 371

Staudinger/Coester § 1626a Rn 40, § 1626b Rn 11. Staudinger/Coester § 1626b Rn 12. Staudinger/Coester § 1626a Rn 67. Vgl BT-Drucks 13/4899 S 59. Vgl Greßmann Rn 189 Fn 246.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

140 Zum Ausdruck kommen muss der Wille zur gemeinsamen Sorge fr ein bestimmtes Kind oder auch mehrere bestimmte, in diesem Fall namentlich bezeichnete Kinder. Eine pauschale Bezeichnung wie „alle unsere Kinder“ gengt aus Grnden der Rechtsklarheit nicht.372 Die Sorgeerklrung muss sich aber nicht auf alle Geschwisterkinder erstrecken.373 Die Erklrungen sind bedingungsfeindlich und kçnnen nicht unter einer Zeitbestimmung abgegeben werden, § 1626b Abs 1 BGB. Sog Rechtsbedingungen stehen der Wirksamkeit der Sorgeerklrungen aber nicht entgegen (vgl dazu auch Rn 137 und 155).374 141 Streitig ist, ob die Sorgeerklrung auf einzelne Teile der elterlichen Sorge etwa nur auf die Vermçgens- oder nur auf die Personensorge beschrnkt und damit die gemeinsame Sorge nur bezogen auf Teilbereiche der Sorge herbeigefhrt werden kann, whrend es im brigen bei dem Alleinsorgerecht der Kindesmutter bleibt.375 Dies wird zum Teil mit dem Hinweis auf das Zusammenwirken von § 1626a Abs 1 Nr 1 mit § 1626 Abs 1 BGB verneint, in der die elterliche Sorge als umfassende Sorge definiert ist,376 whrend nach anderer Auffassung kein berzeugender Grund gegen solche auf Teilbereiche beschrnkte Sorgeerklrungen spricht.377 Im Ergebnis ist nmlich auch nach der ablehnenden Ansicht die Teilung der Sorge in einzelne Bereiche, wenn auch nur auf Umwegen ber eine gerichtliche Entscheidung gem § 1672 BGB, erreichbar. Danach kçnnen auch nur Teile der elterlichen Sorge dem Vater bei Konsens allein bertragen 372 373 374 375

375 376 377

Staudinger/Coester § 1626a Rn 57. Palandt/Diederichsen § 1626a Rn 3. Staudinger/Coester § 1626b Rn 11, 12. Dagegen ua Schwab Rn 528; Palandt/Diederichsen § 1626a Rn 7; Sturm/Sturm StAZ 1998, 305, 307; offen gelassen hat diese Frage hingegen der BGH FamRZ 2001, 907 = NJW 2001, 2472 = MDR 2001, 871 = FuR 2001, 357 = BGHReport 2001, 497 = LM H 8/2001 § 1626a BGB Nr 1; vgl auch BGH FamRZ 2008, 251 m insoweit krit Anm Luthin und Anm Kemper FamRZ 2008, 777 = Rpfleger 2008, 131 = MDR 2008, 211 = FPR 2008, 51 m insoweit krit Anm Dastmaltchi = FuR 2008, 83 = FamRB 2008, 73 (LS) m Anm Finger. MnchKomm BGB/Huber § 1626a Rn 6. Zimmermann DNotZ 1998, 404, 419; Staudinger/Coester § 1626a Rn 60 unter Aufgabe seiner in DEuFamR 1999, 3, 8 vertretenen Auffassung.

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge . . .

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werden (§ 1672 Abs 1 BGB), whrend fr den der Mutter verbliebenen Teil der Sorge dann doch durch Abgabe von Sorgeerklrungen zur partiellen gemeinsamen Sorge gelangt werden kann.378 Denn gem § 1626b Abs 3 BGB ist eine Sorgeerklrung nur unwirksam, „soweit“ eine gerichtliche Entscheidung gem §§ 1671 oder 1672 BGB getroffen wurde (nher dazu Rn 153). Da die Kindesmutter auf diesem Wege aber in jedem Fall Teile der elterlichen Sorge zumindest „bergangsweise“ an den Kindesvater ohne Not verliert, ist verstndlich, dass sich ihre Bereitschaft, den Kindesvater an der Sorge (partiell) teilhaben zu lassen, in Grenzen halten wird. Im brigen kçnnte auf der Grundlage einer bertragungsentscheidung gem § 1672 Abs 1 BGB die gemeinsame Sorge in dem zuvor dem Kindesvater bertragenen Teilbereich auch durch weitere gerichtliche Entscheidung gem § 1672 Abs 2 BGB oder § 1696 Abs 1 BGB begrndet werden. Eine andere Mçglichkeit, zur gemeinsamen partiellen Sorge zu gelangen, besteht darin, zunchst durch Sorgeerklrungen umfassende gemeinsame Sorge herbeizufhren, und anschließend gem § 1671 Abs 2 Nr 1 BGB eine Teilrckbertragung auf die Kindesmutter zu erwirken. Letztlich bergen alle aufgezeigten Alternativen fr die Kindesmutter das Risiko, dass der Kindesvater seine Meinung zwischenzeitlich ndert. Nach anderer Auffassung ist deshalb die Beschrnkung der gemeinsamen Sorge auf Teilbereiche durch entsprechende Sorgeerklrungen zulssig, weil fr das dargestellte aufwndige, die Kindesmutter eher demotivierende Prozedere bei Konsens der Eltern kein berzeugender Grund gesehen wird.379 Da es aber auch den Eltern eines in der Ehe geborenen Kindes nicht mçglich ist, ohne gerichtliche Mitwirkung eine Teilung der elterlichen Sorgekompetenz herbeizufhren, ist der ablehnenden Auffassung zu folgen, weil nicht einzusehen ist, warum dies den Eltern des außerhalb der Ehe geborenen Kindes mçglich sein sollte. 378 379

So ua Lipp FamRZ 1998, 65, 73. Zimmermann DNotZ 1998, 404, 419; Staudinger/Coester § 1626a Rn 60 unter Aufgabe seiner in DEuFamR 1999, 3, 8 vertretenen Auffassung.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

Die in § 1626 Abs 1 BGB umfassend definierte Sorge kann deshalb nicht durch entsprechende Sorgeerklrungen auf Teilbereiche der Sorge beschrnkt werden.380 142 Der Gesetzgeber hat in der Begrndung zum Gesetzentwurf ausdrcklich darauf hingewiesen, dass eine inhaltliche Ausgestaltung der gemeinsamen Sorge nicht Bestandteil der Sorgeerklrung sein kann. Erklrungen ber die knftige Wahrnehmung der elterlichen Sorge kçnnen demnach nicht Gegenstand der Erklrung sein.381 Dies entspricht der Situation verheirateter Eltern, deren Sorge im Außenverhltnis, soweit sie ihnen zusteht, ebenfalls umfassend, dh nicht durch Vereinbarungen beschrnkbar ist. Dies schließt jedoch nicht aus, in die Urkunde, in der Sorgeerklrungen – unbedingt und unbefristet (vgl § 1626b Abs 1 BGB), dh ohne nach außen wirkende Absprachen erklrt – enthalten sind, Vereinbarungen ber die Wahrnehmung der gemeinsamen Sorge im Innenverhltnis aufzunehmen. Etwaige Mngel solcher Vereinbarungen berhren die Wirksamkeit der davon rechtlich unabhngigen Sorgeerklrung nicht, whrend die Wirksamkeit der Sorgeerklrung umgekehrt Voraussetzung jedweder Wahrnehmungsabsprache ist.382 143 ber die Rechtsnatur der Sorgeerklrungen besteht keine Einigkeit: So wird sie nach einer Ansicht als den kraft Elternschaft bereits bestehenden personensorgerechtlichen Status konkretisierende Willenserklrung beschrieben,383 nach anderer Auffassung handelt es sich um eine rechtsgestaltende Willenserklrung,384 whrend ihr nach einer dritten Meinung als die sorgerechtliche Kompetenz des Vaters komplettierende Erklrung „statusaktivierende“ Wirkung zukommt, deren Qualifikation ihre Verwurzelung im Elternrecht des Art 6 380

381 382

383 384

Schwab DNotZ 1998, 437, 450; Weiß S 182, 183; vgl auch BGH NJW 2008, 662 = FamRZ 2008, 251 m insoweit krit Anm Luthin und Anm Kemper FamRZ 2008, 777 = Rpfleger 2008, 131 = MDR 2008, 211 = FPR 2008, 51 m insoweit krit Anm Dastmaltchi = FuR 2008, 83 = FamRB 2008, 73 (LS) m Anm Finger. BT-Drucks 13/4899 S 93. Aussagen darber, welchen Grad von Verbindlichkeit die Gerichte solchen Vertrgen ber die knftige Wahrnehmung der elterlichen Sorge zuerkennen (nher dazu Schwab DNotZ 1998, 437, 443, 444, 455 sowie ausfhrlich Hammer FamRZ 2005, 1209 ff), lassen sich nach wie vor nicht treffen. Lipp FamRZ 1998, 70. MnchKomm BGB/Huber § 1626a Rn 12.

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Abs 2 S 1 GG habe.385 Schließlich wird sie als personenstandsausgestaltende Erklrung definiert, nach der die Funktion der Sorgerklrung darin bestnde, den verfassungsrechtlich geschtzten Personenstand des Eltern-Kind-Verhltnisses durch die Begrndung der gemeinsamen Sorge auszugestalten.386 Einigkeit besteht aber im Ergebnis insoweit, als zumindest die von dem nicht mit der Mutter des Kindes verheirateten Vater abgegebene Sorgeerklrung nicht als Akt elterlicher Sorge qualifiziert werden kann, weil es ihm als bisher nicht Sorgeberechtigten sonst gar nicht mçglich wre, eine wirksame Sorgeerklrung abzugeben. Ferner kann die Sorgeerklrung nicht allein nach rechtsgeschftlichen Kriterien bemessen werden, weil sie keine rechtsgeschftliche Willenserklrung387, sondern nur rechtsgeschftshnliche Willenserklrung ist, mit der von den Eltern die der eigentlichen Sorgewahrnehmung vorgelagerte Entscheidung zur gemeinsamen Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung zum Ausdruck gebracht wird. Bei den Sorgeerklrungen handelt es sich um hçchstpersçnliche 144 Erklrungen, sodass jede Stellvertretung, dh auch die gesetzliche, ausscheidet, § 1626c Abs 1 BGB. Die Hçchstpersçnlichkeit steht einer Ersetzung nach Art 224 § 2 Abs 3 EGBGB aber nicht entgegen. Die Abgabe durch einen beschrnkt geschftsfhigen Elternteil 145 bedarf der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, die jedoch auf Antrag des beschrnkt Geschftsfhigen durch das Familiengericht zu ersetzen ist, wenn dies dem Wohl dieses Elternteils nicht widerspricht, § 1626c Abs 2 BGB. Diese Regelung hat der Gesetzgeber mit Blick auf die Parallelwirkung zu § 1303 BGB geschaffen.388 Gem § 1303 Abs 2 BGB besteht die Mçglichkeit der Befreiung vom Erfordernis der Ehemndigkeit durch das Familiengericht. Auch diese kann gegen den Widerspruch des gesetzlichen Vertreters oder sonstigen Inhabers der Personensorge 385 386 387 388

Staudinger/Coester § 1626a Rn 30; AnwK-BGB/Rakete-Dombek § 1626a Rn 10. Weiß S 229. AA Weiß S 242. BT-Drucks 13/4899 S 95.

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des minderjhrigen Verlobten erteilt werden (§ 1303 Abs 3 BGB), was bedeutet, dass dessen Einwilligung in die Heirat nicht erforderlich ist (vgl § 1303 Abs 4 BGB). Das fhrt dazu, dass die Eltern die gemeinsame Sorge fr das gemeinsame Kind auch gegen den Willen des gesetzlichen Vertreters oder Personensorgeberechtigten eines Elternteils durch Heirat begrnden kçnnen. Die Ersetzungsentscheidung nach § 1626c Abs 2 BGB hat sich zumindest bei dem Vater dann vornehmlich an dessen persçnlichen Eigenschaften im Hinblick auf seine Reife und Fhigkeit, die elterliche Verantwortung wahrzunehmen,389 zu orientieren. Denn der bisher ohne Abgabe von Sorgeerklrungen nicht sorgeberechtigte minderjhrige Vater kann die tatschliche Personensorge nach Ersetzung der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters ausben, whrend die brige Sorge bis zu seiner Volljhrigkeit ruht, §§ 1673 Abs 2, 1675 BGB. Handelt es sich bei dem minderjhrigen Elternteil dagegen um die bereits sorgeberechtigte Kindesmutter, ndert sich an ihrer Sorgerechtsposition durch die Sorgeerklrung insoweit etwas, als ihre Meinung aufgrund der Teilhabe des volljhrigen Vaters an der Sorge im Rahmen der tatschlichen Personensorge keinen Vorrang mehr hat, § 1673 Abs 2 S 2 Hs 2 BGB. Eine zum Zeitpunkt der Sorgeerklrungen bestehende Vormundschaft fr das Kind endet wegen der Alleinausbungsbefugnis des volljhrigen mitsorgeberechtigten Vaters (§ 1678 Abs 1 BGB) kraft Gesetzes (§ 1882 BGB), sodass gesetzlicher Vertreter des Kindes allein der Vater ist (§ 1629 Abs 1 S 3 BGB). In die Ersetzungsentscheidung sollte deshalb auch die Fhigkeit der minderjhrigen Kindesmutter einfließen, die Tragweite der Sorgeerklrung auch insoweit zu ermessen. 146 Gem § 1626d Abs 1 BGB bedrfen die Erklrungen und ggf erforderliche Zustimmungen der çffentlichen Beurkundung. Die Beurkundung kann vorgenommen werden entweder – durch eine Notarin/einen Notar, § 20 Abs 1 BNotO oder – durch das Jugendamt, § 59 Abs 1 Nr 8 SGB VIII oder – durch das Gericht im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs zB in einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren gem § 1600 d BGB oder 389

Weiß S 165.

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zur Regelung des Umgangsrechts nach § 1684 BGB, weil hierdurch gem § 127a BGB das Formerfordernis der çffentlichen Beurkundung ebenfalls erfllt wird.390 Eine Beurkundungszustndigkeit des Standesbeamten/der Standesbeamtin hat der Gesetzgeber wegen der Bedeutung der Erklrungen nicht geschaffen. Zwar steht die Vaterschaftsanerkennung in ihrer Wichtigkeit nicht hinter der Sorgeerklrung zurck, im Gegensatz zu dieser Erklrung sind die Folgen der Abgabe von Sorgeerklrungen dem Laien aber nicht in gleichem Maße gelufig, sodass der Gesetzgeber die entsprechende Belehrung in besonders geeigneten, weil mit der Materie vertrauten Hnden wissen wollte.391 Die beurkundende Stelle teilt die Erklrungen dem fr den Geburtsort 147 zustndigen Jugendamt mit, §§ 1626d Abs 2 BGB, 87c Abs 6 S 2 SGB VIII. Diese Mitteilung soll dem Jugendamt die Kenntnis verschaffen, die Voraussetzung fr die Erteilung einer schriftlichen Auskunft an die Mutter nach § 58a SGB VIII ist. Aufgrund der nderung des § 1626d Abs 2 BGB durch das Gesetz zur Umsetzung familienrechtlicher Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 13.12.2003392 ist seit dem 31.12.2003 außer dem Namen und dem Geburtsort auch das Geburtsdatum des Kindes mitzuteilen. Die nunmehr zwingende Angabe des Geburtsdatums soll die eindeutige Identifizierung des Kindes bei hufigen Namen und im Falle der Namensnderung ermçglichen.393 Nach § 58a SGB VIII hat das Jugendamt der Mutter auf deren Verlan- 148 gen ein Negativattest auszustellen, mit dem sie bei Bedarf die Nichtabgabe bzw die Nichtersetzung von Sorgeerklrungen und damit ihr Alleinsorgerecht nachweisen kann.394

390 391 392 393 394

Vgl DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2004, 127, 128. BT-Drucks 13/4899 S 95; kritisch hierzu Weiß S 171 mwN, 258. BGBl I S 2547. BT-Drucks 15/1552 S 11. Zutreffend weist Schwab (DNotZ 1998, 437, 452) darauf hin, dass die in § 58a SGB VIII gebrauchte Bezeichnung „Auskunft“ verfehlt ist, da die Mutter keine Auskunft ber ihr (eigenes) Tun oder Lassen, sondern eine Bescheinigung zur Legitimation im Rechtsverkehr braucht.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

Problematisch ist, dass die Bescheinigung nur die zum Zeitpunkt der Ausstellung bestehende Rechtslage abbildet, die sich aber jederzeit ndern kann, da Sorgeerklrungen an keine Frist gebunden sind. Zum Nachweis der mtterlichen Alleinsorge- und damit Alleinvertretungsberechtigung geeignet ist deshalb nur ein aktuelles Negativattest. Und selbst dies garantiert die darin wiedergegebene Rechtslage letztlich nicht, da es sich nur um eine Bescheinigung handelt, welche die dem ausstellenden Jugendamt zu diesem Zeitpunkt bekannten Tatsachen wiedergibt. Hat die Mutter zu dem Zeitpunkt, in dem ein solcher Nachweis bençtigt wird, ihren Aufenthalt nicht mehr in dem Bereich des Geburtsjugendamtes, so hat das fr diesen Aufenthalt zustndige Jugendamt nach entsprechender Anfrage beim Geburtsjugendamt die Auskunft zu erteilen, §§ 87c Abs 6 S 1, Abs 1, 58a SGB VIII. 2.2. Zeitpunkt der Abgabe der Erklärungen

149 Einen Zeitpunkt fr die Abgabe von Sorgeerklrungen sieht das Gesetz nicht vor. Die Erklrungen kçnnen von der Zeugung des Kindes (zur prnatalen Sorgeerklrung Rn 151) bis zum Ende der elterlichen Sorge durch Volljhrigkeit des Kindes, dh auch noch Jahre nach der Geburt des Kindes abgegeben werden. Auch Eltern, deren Kinder vor Inkrafttreten des § 1626a BGB am 1.7.1998 geboren wurden, kçnnen auf diesem Wege zur gemeinsamen elterlichen Sorge gelangen. 150 Ein Widerruf einer abgegebenen Sorgeerklrung ist bis zum Wirksamwerden der anderen Sorgeerklrung mçglich.395 Hngt das Wirksamwerden einer Sorgeerklrung von der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des minderjhrigen Elternteils ab (vgl § 1626c Abs 2 BGB), kann die Sorgeerklrung bis zur Erteilung der Zustimmung bzw ggf deren Ersetzung widerrufen werden. Der Widerruf hat den formellen Voraussetzungen der Sorgeerklrung zu entsprechen,396 weil es sich bei dem Widerruf ebenso wie bei der Sorgeerklrung

395 396

Knittel ZfJ 2000, 140; aA dh gegen jeglichen Widerruf von Sorgeerklrungen Rauscher Rn 974. MnchKomm BGB/Huber § 1626a Rn 13 mwN.

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selbst um eine Erklrung handelt, die wegen ihrer bedeutsamen Folgen eine Belehrung des Widerrufenden verlangt.397 Ist die gemeinsame Sorge jedoch ggf mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bzw Ersetzung bereits entstanden, scheidet ein Widerruf aus. 2.3. Vorgeburtliche Sorgeerklärungen durch die künftigen Eltern

Wurde die Vaterschaft vor der Geburt des Kindes anerkannt, kçnnen 151 die Sorgeerklrungen durch die knftigen Eltern auch schon vor der Geburt des Kindes aber erst nach dessen Zeugung398 abgegeben werden, § 1626b Abs 2 BGB. Bei prnataler Vaterschaftsanerkennung und vorgeburtlichen Sorgeerklrungen steht das Kind bereits mit seiner Geburt unter der gemeinsamen Sorge der Eltern. Bei Mehrlingsgeburten erstrecken sich die prnatalen Sorgeerkl- 152 rungen auf alle Kinder,399 ohne dass diese Mçglichkeit ausdrcklich erwhnt oder auch nur bedacht worden sein msste. 2.4. Sorgeerklärungen nach Sorgerechtsentscheidung gem §§ 1671, 1672 BGB oder Sorgerechtsentzug gem § 1666 BGB

Wurde einem Elternteil die durch Abgabe von Sorgeerklrungen oder 153 Heirat beiden Eltern zustehende Sorge gem § 1671 BGB allein bertragen, haben die Eltern nicht mehr die Mçglichkeit, die gemeinsame Sorge durch (erneute) Sorgeerklrungen herbeizufhren, § 1626b Abs 3 BGB. Eine nderung der eingetretenen Sorgerechtslage kann vielmehr nur durch eine weitere gerichtliche Entscheidung gem § 1696 BGB herbeigefhrt werden. Aber auch nach einer solchen abndernden Entscheidung gem § 1696 BGB kçnnen die Eltern nicht mehr durch Sorgeerklrungen zur gemeinsamen Sorge gelangen. Wurde dem Kindesvater auf Antrag die Sorge umfassend gem § 1672 Abs 1 BGB bertragen, kann die gemeinsame Sorge ebenfalls nicht 397 398 399

Weiß S 255. Schwab DNotZ 1998, 437, 450. Weiß S 155.

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mehr durch Abgabe von Sorgeerklrungen begrndet werden, weil die Begrndung der gemeinsamen Sorge auch in diesem Fall eine (weitere) gerichtliche Entscheidung verlangt, wie sich aus § 1672 Abs 2 BGB ergibt.400 Mit der Regelung des § 1626b Abs 3 BGB soll ein dem Kindeswohl abtrgliches „Hin und Her“ in der elterlichen Sorge vermieden werden.401 § 1626b Abs 3 BGB schließt aber die Abgabe von Sorgeerklrungen nur fr die Teile der mtterlichen Sorge aus, auf die sich die gerichtliche Entscheidung erstreckt, da Unwirksamkeit gem § 1626b Abs 3 BGB nur gegeben ist, „soweit“ ber die elterliche Sorge der Mutter eine gerichtlichen Entscheidung getroffen wurde. Zu Recht werden die bei bestimmter Konstellation eintretenden Ergebnisse gergt: Wurden dem Kindesvater Teile der Sorge gem § 1672 Abs 1 BGB allein bertragen, bedarf die Begrndung der gemeinsamen Sorge in diesem Bereich einer abndernden Entscheidung gem § 1672 Abs 2 BGB oder § 1696 Abs 1 BGB mit der hiernach zwingenden Kindeswohlprfung, whrend sich der Mitsorgeerwerb durch den Kindesvater mittels Sorgeerklrungen ohne staatliche Kontrolle vollzieht.402 154 Auch der Entzug der mtterlichen Sorge gem § 1666 BGB fhrt dazu, dass die Mutter keine Sorgeerklrung abgeben kann.403 Ollmann404 weist darauf hin, dass in diesem Zusammenhang der bisher vorwiegend als praktisch bedeutungslos eingestufte Streit um die Frage, ob die elterliche Sorge ihrer Substanz nach berhaupt entziehbar ist, unversehens Relevanz erlangen kçnnte. Denn wer, der Substanztheorie folgend, die Sorge wegen der grundrechtlich geschtzten Elternstellung (Art 6 Abs 2 GG) nur der Ausbung nach fr entziehbar hlt, kommt nicht umhin, eine Parallele zur weitgehend fehlenden Ausbungsberechtigung der minderjhrigen Kindesmutter zu ziehen. Diese kann, obwohl ihre Sorge aufgrund Minderjhrigkeit ruht 400 401 402 403 404

Coester-Waltjen JURA 2005, 97, 100. BT-Drucks 13/4899 S 94. Staudinger/Coester § 1626a Rn 46. Zweifelnd insoweit Schulz JAmt 2001, 411 in einer Anmerkung zu den DIJuFRechtsgutachten JAmt 2001, 231 und 233. JAmt 2001, 515 ff.

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(§§ 1673 Abs 2, 1675 BGB), gleichwohl eine Sorgeerklrung abgeben, in deren Folge dem Kindesvater die Sorge zuwchst. Es gengt demnach, dass sie Inhaberin der Sorge ist, whrend ihre Ausbungsberechtigung nicht Voraussetzung fr das Entstehen der gemeinsamen Sorge durch Sorgeerklrungen ist. Die amtliche Begrndung thematisiert diese Frage nicht. Vielmehr geht der Gesetzgeber ohne weiteres davon aus, dass der Entzug der mtterlichen Sorge, gleichsam als ein ber die in § 1626b Abs 3 BGB speziell genannten Hinderungsgrnde hinausgehendes Unvermçgen, die Mutter darin hindert, die Sorge mit dem Vater infolge einer ausdrcklich darauf gerichteten Willenserklrung zu teilen.405 Die Frage, ob den Eltern allein aufgrund ihrer Elternstellung die Sorge ihrer Substanz nach stets zusteht (Art 6 Abs 2 GG), stellt sich aber bereits bei der vterlichen Inhaberschaft. Werden Heirat oder die Abgabe von Willenserklrungen verlangt, um den Vater zur elterlichen Sorge gelangen zu lassen, kann der Streit nicht auf die Frage nach der Intensitt eines Sorgerechtseingriffs verlagert werden. In der Konsequenz bedeutet dies, dass der Mutter die Sorge auch ihrer Substanz nach entzogen werden kann, wenn auch dem Vater die Sorge nicht allein kraft Vaterschaft zuerkannt wird, was ersichtlich nicht der Fall ist. Denn die elterliche Sorge weist zwar einen deutlichen Bezug zum verfassungsmßigen Elternrecht auf, ist damit aber nicht identisch.406 Die Begrndung der gemeinsamen Sorge durch Sorgeerklrungen scheidet aber nur soweit und damit auch nur solange aus, wie sie der Mutter infolge des Entzuges fehlt. § 1680 Abs 3 iVm Abs 2 S 2 BGB enthlt fr diesen Fall eine Sonderregelung, nach der dem Kindesvater bei Kindeswohldienlichkeit insoweit die Sorge vom Familiengericht zu bertragen ist, whrend die gemeinsame Sorge fr den der Mutter nicht entzogenen Teil durch Sorgeerklrungen begrndet werden kann. Wurde der Eingriff nach § 1666 BGB gem § 1696 Abs 2 BGB wieder aufgehoben, kann die gemeinsame Sorge auch fr diesen Teilbereich durch Abgabe von Sorgeerklrungen begrndet werden.407 Der Begrndung von gemeinsamer Sorge durch Sorgeerklrungen steht aber dann auch ein Eingriff in das mtterliche Sorgerecht gem 405 406 407

BT-Drucks 13/4899 S 94. Zum Verhltnis von Elternrecht und elterlicher Sorge ausfhrlich Weiß S 177 ff. Staudinger/Coester § 1626a Rn 45.

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§ 1666 BGB nicht entgegen, wenn ihr ausnahmsweise ausdrcklich nur die Ausbungsberechtigung entzogen wurde. 2.5. Sorgeerklärungen bei qualifizierter Anerkennung gem § 1599 Abs 2 BGB

155 Voraussetzung einer wirksamen Sorgeerklrung ist Elternschaft. Es muss sich bei den Erklrenden folglich um die (rechtliche) Mutter und den (rechtlichen) Vater des Kindes handeln (vgl Rn 137). In den Fllen der qualifizierten Anerkennung gem § 1599 Abs 2 BGB fhrt erst die Rechtskraft des Scheidungsurteils den zuordnungsrechtlichen Wechsel der Vaterschaft von dem nunmehr geschiedenen Ehemann der Mutter auf den die Vaterschaft anerkannt habenden Mann herbei. Die Abgabe von Sorgeerklrungen gem § 1626a Abs 1 Nr 1 BGB ist jedoch bereits vor Rechtskraft des Scheidungsurteils mçglich. Wirksamkeit entfalten diese aber erst mit Rechtskraft.408 156 Probleme ergeben sich, wenn der Mutter im Scheidungsurteil die elterliche Sorge gem § 1671 BGB allein bertragen wurde. Eine solche, vor der Rechtskraft der Ehescheidung und damit vor Wirksamwerden der Vaterschaftsanerkennung getroffene Sorgerechtsentscheidung steht nach vereinzelt vertretener Auffassung der Wirksamkeit der Sorgeerklrungen gem § 1626b Abs 3 BGB entgegen,409 woraus gefolgert wird, dass die gemeinsame Sorge der Eltern in diesem Fall nur durch Abnderung der ergangenen Sorgerechtsentscheidung (§ 1696 Abs 1 BGB) begrndet werden kçnnte. Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen, weil der geschiedene Ehegatte der Mutter mit Rechtskraft des Scheidungsurteils ex tunc nicht mehr rechtlicher Vater des Kindes ist. Die Entscheidung erweist sich deshalb im Nachhinein bezogen auf die Vaterstellung als falsch. Es wurde tatschlich keine Entscheidung darber getroffen, welcher Elternteil die elterliche Sorge (ganz oder teilweise) allein erhlt.

408 409

BGHZ 158, 74 = NJW 2004, 1595 = FamRZ 2004, 802 = JAmt 2004, 259 = FPR 2004, 396 = DNotZ 2004, 647 = BGHReport 2004, 812 m Anm Motzer. So die berlegung im DIJuf-Rechtsgutachten JAmt 2003, 78, 79.

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Da eine Sorgerechtsentscheidung gem § 1671 BGB auch nicht zwingend das Ergebnis einer umfassenden Kindeswohlprfung sein muss, weil ein Konsens der Eltern nach § 1671 Abs 2 Nr 1 BGB eine solche bis zur Grenze des § 1671 Abs 3 BGB entbehrlich macht, berzeugt der Hinweis auf das Kindeswohl zur Begrndung dieser Auffassung ebenfalls nicht. Aber selbst fr den Fall, dass eine Kindeswohlprfung gem § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB erforderlich war, kann sie sich nur auf die an dem Verfahren beteiligten Personen bezogen haben. Der Mann, der erst durch Rechtskraft des Scheidungsurteils zum rechtlichen Vater des Kindes wurde, war am Verfahren nicht beteiligt, konnte also auch nicht in die Kindeswohlprfung einbezogen werden. Schließlich kann auch die Intention des Gesetzgebers, ein „Hin und Her“ in der elterlichen Sorge zu verhindern, nicht dazu fhren, dem durch Rechtskraft des Scheidungsurteils zum rechtlichen Vater gewordenen Dritten die Anerkennung seiner Sorgerechtsposition zu versagen. Der berlegung, ihn auf den, wegen der verhltnismßig hohen Voraussetzungen einer abndernden Entscheidung gem § 1696 Abs 1 BGB,410 uU mhevollen Weg der gerichtlichen Kindeswohlprfung zu verweisen, steht im brigen entgegen, dass die Wirkung von Sorgeerklrungen nach der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers keiner Kontrolle durch das Gericht unterliegt. Auch Praktikabilittsgrnde vermçgen die Anwendung von § 1626b Abs 3 BGB auf diese Konstellation nicht zu rechtfertigen, weil nicht unterstellt werden kann, dass die Sorge wegen fehlenden Konsenses der Eltern bei zwischen Abgabe der Sorgeerklrung und Rechtskraft des Scheidungsurteils eingetretenem Sinneswandel der Kindesmutter in jedem Fall der Kindesmutter bertragen wrde.411 2.6. Sorgeerklärungen durch Geschäftsunfähige?

Whrend in § 1626c Abs 2 BGB geregelt ist, dass die Wirksamkeit der 157 Sorgeerklrung eines beschrnkt geschftsfhigen Elternteils von der ggf ersetzbaren Zustimmung des gesetzlichen Vertreters dieses Elternteils abhngt, ist dem Gesetz nicht eindeutig zu entnehmen, ob etwa die geschftsunfhige Mutter eine Sorgeerklrung abgeben 410 411

Nher zu den Voraussetzungen einer nderungsentscheidung gem § 1696 BGB ua Huber FamRZ 1999, 1625 f. So aber DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2003, 78, 79.

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kann, um damit den Vater des Kindes zur (Mit-)Sorge und gleichzeitig gem § 1678 Abs 1 Alt 2 BGB zur alleinigen Ausbungsberechtigung gelangen zu lassen, ohne dass sie selbst die Sorge verliert. Das Problem kann keineswegs mit dem Hinweis darauf abgetan werden, dass die Sorge der geschftsunfhigen Mutter gem § 1673 Abs 1 BGB ruht und sie deshalb ohnehin auch bei gemeinsamer Sorge gem § 1675 BGB nicht berechtigt ist, diese auszuben. Denn sie ist, auch wenn ihre Sorge ruht, Inhaberin der elterlichen Sorge, sodass der Wegfall des Ruhensgrundes allein ohne weiteres zur (Wieder-)Ausbungsberechtigung fhren wrde, whrend sie sie durch eine bertragung auf den Kindesvater gem § 1678 Abs 2 BGB verlieren wrde, sodass bei Genesung eine gerichtliche nderungsentscheidung gem § 1696 BGB erforderlich wre, um sie zur Ausbungsberechtigung gelangen zu lassen. Darber hinaus erfordert eine solche bertragung ua, anders als das Entstehen der gemeinsamen Sorge durch Abgabe von Sorgeerklrungen, eine positive Kindeswohlprfung. Damit wird klar, dass das Erlangen der elterlichen Sorge fr den Kindesvater eines außerhalb der Ehe geborenen Kindes bei Geschftsunfhigkeit der Kindesmutter von besonderen Voraussetzungen abhngt, die auch Auswirkungen auf die Belange der Kindesmutter haben. Dass der Kindesvater die Mçglichkeit hat, unter weniger hohen Voraussetzungen Vormund seines eigenen Kindes zu werden, ist kein taugliches Argument, die fehlende Bercksichtigung der verfassungsrechtlich geschtzten Elternposition zu rechtfertigen, weil die Stellung eines Vormunds hinter der eines Elternteils zurckbleibt, was sich nicht zuletzt in der umfassenderen staatlichen berwachungspflicht niederschlgt. Es stellt sich freilich auch umgekehrt die Frage, ob der geschftsunfhige Vater durch Abgabe von Sorgeerklrungen zur gemeinsamen Sorge gelangen kçnnte, um somit erstmals (Mit-)Inhaber der elterlichen Sorge zu werden. Die Bedeutung des Problems wird hier vielleicht sogar noch deutlicher, weil es dem Kindesvater, abgesehen von einer Heirat mit der Kindesmutter, die aber ebenfalls gem § 1304 BGB (Ehe-)Geschftsfhigkeit412 verlangt, trotz elterlichen Konsenses andernfalls vollstndig verwehrt wre, neben der Mutter zur Sorge zu gelangen. Dass er die Sorge wegen §§ 1673 Abs 1, 412

Zur besonderen „Ehegeschftsfhigkeit“ vgl ua BVerfG FamRZ 2003, 359.

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1675 BGB nicht ausben kann, spricht nicht dagegen, dass er berhaupt Inhaber der elterlichen Sorge wird. Im brigen ndert sich die Stellung des Elternteils auch insoweit, als ihm (nur) als Inhaber der elterlichen Sorge auch gegen die Auswahl eines Vormunds ein Beschwerderecht zusteht, § 57 Abs 1 Nr 9 FGG.413 Obwohl die Sorgeerklrung ihrem Charakter nach rechtsgeschftshnliche Willenserklrung ist, finden auf sie aufgrund der Besonderheit ihrer Funktion die allgemeinen Regelungen der §§ 104 ff BGB jedenfalls keine direkte Anwendung. Namentlich die auf die Fhigkeit Rechtsgeschfte abzuschließen ausgerichteten Vorschriften des allgemeinen Teils des BGB sind nicht geeignet, Anhaltspunkte fr die Beurteilung der Fhigkeit, wirksame Sorgeerklrungen abgeben zu kçnnen, zu liefern. Wegen der vom Gesetzgeber bei Schaffung des § 1626c Abs 2 BGB betonten Nhe zu der Fhigkeit, eine Ehe einzugehen, durch die ebenfalls die gemeinsame Sorge begrndet wird, wird in Anlehnung an die zur besonderen Ehefhigkeit entwickelten Grundstze eine besondere genuine Sorgerechtsgeschftsfhigkeit zur Wirksamkeitsvoraussetzung erhoben.414 Diesem Ansatz wird entgegengehalten, dass mit der Eheschließung eine besondere rechtliche Bindung eingegangen wird, deren Begrndung insoweit echte Geschftsfhigkeit verlangt, whrend das Erlangen der elterlichen Sorge allein nicht zu einer solchen Pflichtenbindung fhrt, wenn es an der Ausbungsberechtigung fehlt. Darber hinaus ließe es sich auch nicht mit dem Anspruch des Gesetzgebers vereinbaren, die Begrndung der vterlichen Mitsorge unabhngig vom Bestehen einer Ehe weitgehend der elterlichen Verantwortung zu berlassen, wenn nur von nicht miteinander verheirateten Eltern das tatschliche Verstndnis der Bedeutung der Elternverantwortung und die Fhigkeit zur Ermessung ihrer Folgen als sorgerechtsspezifische Einsichtsfhigkeit zur Voraussetzung des Innehabens der elterlichen Sorge gemacht wird, whrend verheirateten Eltern die gemeinsame Sorge auch bei Geschftsunfhigkeit ohne weiteres zusteht.415 413 414 415

Vgl BayObLG NJW 1965, 917 = FamRZ 1965, 283. Lipp FamRZ 1998, 65, 71. Dickerhof-Borello FuR 1998, 157, 163.

140

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Nach dieser Auffassung steht Geschftsunfhigkeit der Abgabe einer wirksamen Sorgeerklrung nicht entgegen. Dagegen wird zu Recht eingewandt, dass das Gesetz eine planwidrige Lcke enthlt, weil die Wirksamkeit der Sorgeerklrung eines beschrnkt geschftsfhigen Elternteils von der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters abhngig ist, und der noch schutzbedrftigere Geschftsunfhige rechtlich nicht mehr vermag, als ein beschrnkt Geschftsfhiger. Aus dem Fehlen einer besonderen Schutzvorschrift wird deshalb zum Teil in analoger Anwendung von § 105 Abs 1 BGB auf die Nichtigkeit einer von einem Geschftsunfhigen abgegebenen Sorgeerklrung geschlossen.416 Das fhrt aber dazu, dass den Eltern das Innehaben der gemeinsamen Sorge verwehrt wird, ohne dass etwa Kindeswohlgrnde dies rechtfertigen kçnnten, weil das Kind durch §§ 1673, 1675 BGB ausreichend geschtzt ist. Auch setzt es die Interessen behinderter Eltern hinter die nicht behinderter unangemessen zurck.417 Es spricht deshalb, trotz der sich ggf aus § 105 Abs 1 BGB ergebenden Probleme mehr dafr, die bestehende Lcke durch analoge Anwendung von § 1626c Abs 2 BGB zu schließen.418 So ist es dem geschftsunfhigen Elternteil mçglich, durch hçchstpersçnliche Erklrung mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters zur gemeinsamen Sorge zu gelangen. Bezogen auf volljhrige, geschftsunfhige Eltern kann gesetzlicher Vertreter allerdings nur ein Betreuer sein, sodass sich die Frage stellt, ob und wenn ja, welcher Aufgabenkreis den Betreuer berechtigen kçnnte, einer vom Geschftsunfhigen abgegebenen Sorgeerklrung zuzustimmen. Soll dem Geschftsunfhigen der Weg zur Erlangung der Sorge offenstehen, muss der Betreuer ausnahmsweise (vgl Rn 158) auch die Mçglichkeit erhalten, daran mitzuwirken. Sein Aufgabenkreis muss sich daher in diesem Fall auch (expliziert) auf die Entscheidung ber die Zustimmung zur Sorgeerklrung einschließlich der Zustimmung selbst beziehen kçnnen.

416 417 418

MnchKomm BGB/Huber § 1626e Rn 7 ff, 18. AA Weiß S 252. So im Ergebnis auch Staudinger/Coester § 1626c Rn 20.

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141

2.7. Sorgeerklärung durch einen unter Betreuung stehenden Elternteil

Ist der unter Betreuung stehende Elternteil geschftsunfhig, gilt das 158 oben Ausgefhrte. Ist er dagegen geschftsfhig, bedarf er zur Abgabe von Sorgeerklrungen nicht der Zustimmung seines Betreuers. Es kçnnte sich indes die Frage stellen, ob der unter Einwilligungsvorbehalt stehende betreute Elternteil der Zustimmung seines Betreuers bedarf. Dies wird zu Recht verneint, wofr sich verschiedene Grnde anfhren lassen: Zum einen ergibt sich aus der amtlichen Begrndung, dass die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des minderjhrigen Elternteils gem § 1626c Abs 2 BGB aus der Vergleichbarkeit mit § 1303 Abs 3, 4 BGB hergeleitet wurde, wonach den Eltern des minderjhrigen Verlobten gegen die Eingehung der Ehe ein (allerdings berwindbares) Widerspruchsrecht zusteht (nher dazu Rn 473), mit dem sie ggf das Entstehen der gemeinsamen Sorge durch Heirat ebenfalls verhindern kçnnen. Gem § 1903 Abs 2 BGB kann sich ein Einwilligungsvorbehalt aber nicht auf die auf Eingehung einer Ehe gerichtete Willenserklrung erstrecken, sodass sich die Aufgabe des Betreuers nicht auf die Eheschließung und damit auch nicht auf die in Bezug auf das Entstehen der gemeinsamen Sorge vergleichbare, ebenfalls hçchstpersçnliche Sorgeerklrung beziehen kann (vgl aber Rn 157). Kann der unter Einwilligungsvorbehalt stehende Elternteil ohne Mitwirkung seines Betreuers aber heiraten und damit die gemeinsame Sorge gem § 1626a Abs 1 Nr 2 BGB herbeifhren, kann auch die Begrndung der gemeinsamen Sorge durch Abgabe von Sorgeerklrungen nicht der Mitwirkung des Betreuers unterstellt werden.419 Anders als bei der ebenfalls hçchstpersçnlichen Vaterschaftsankennungs- bzw Zustimmungserklrung (vgl § 1596 Abs 3 aE BGB) hat der Gesetzgeber hier auch keine Sonderregelung geschaffen. Eine analoge Anwendung der Norm kommt mangels ungeplanter Regelungslcke nicht in Betracht.420

419 420

So im Ergebnis auch Weiß S 253. AA Bamberger/Roth/Veit § 1626c Rn 6, § 1673 Rn 5.

142

B. Elternschaft und elterliche Sorge

Zum anderen erfasst die Betreuung nur die Angelegenheiten des Betreuten. Dazu aber gehçrt nicht dessen Sorgekompetenz;421 auf diese hat die Betreuungseinrichtung als solche auch keine Auswirkungen.422 Schließlich kann sich der Einwilligungsvorbehalt auch deshalb nicht auf die Fhigkeit zur Abgabe von Sorgeerklrungen erstrecken, weil ein solcher stets akzessorisch zum Aufgabenkreis des Betreuers ist, die Betreuung aber die Sorgekompetenz weder beinhalten noch beeintrchtigen kann.423 2.8. Materielle Wirksamkeit

159 Sind die dargelegten Voraussetzungen erfllt, ist die gemeinsame Sorge entstanden. § 1626e BGB bestimmt ausdrcklich, dass allein ein Verstoß gegen die in §§ 1626b bis 1626d BGB geregelten Voraussetzungen zur Unwirksamkeit der Sorgeerklrungen fhrt. Ein Rckgriff auf die allgemeinen Vorschriften ber Willenserklrungen (§§ 104 ff BGB) scheidet deshalb aus. Aus Grnden der Rechtssicherheit sind insbesondere Willensmngel fr die Wirksamkeit der Erklrungen bedeutungslos.424 Daher kommt auch eine Anfechtung (§§ 119 ff BGB) nicht in Betracht.425 160 Das durch Abgabe von Sorgeerklrungen beider Eltern (soweit erforderlich mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters eines beschrnkt geschftsfhigen oder geschftsunfhigen Elternteils oder deren Ersetzung gem bzw analog § 1626c Abs 2 BGB) bindend gewordene gemeinsame Sorgerecht kann nur durch gerichtliche Entscheidung gendert werden. Die gemeinsame Sorge kann mithin nicht durch Widerruf oder Verzichtserklrung wieder aufgegeben werden.

421 422

423 424 425

Vgl ua BayObLG BtPrax 2004, 239. Bienwald FamRZ 1994, 484; § 69k FGG berechtigt oder verpflichtet das VormG uU aber, das Familiengericht ber Tatsachen zu informieren, die familiengerichtliche Maßnahmen angezeigt erscheinen lassen, ausfhrlich dazu Dodegge FPR 2005, 233, 234. Staudinger/Coester § 1626c Rn 21. BT-Drucks 13/4899 S 95; vgl auch OLG Dsseldorf (FamRZ 2008, 1552 = FGPrax 2008, 105), wonach auch § 139 BGB keine Anwendung findet. Weiß S 244 mwN.

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge . . .

143

2.9. Rechtsfolgen der Sorgeerklärungen

Mit wirksamer Abgabe der zweiten Sorgeerklrung tritt die gemein- 161 same elterliche Sorge kraft Gesetzes ein; eine Rckwirkung gibt es nicht.426 Eine prnatale Sorgeerklrung wirkt aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der Lebendgeburt des Kindes.427 Das vom Vater erworbene Mitsorgerecht ist als eigenstndiges Recht nicht von dem der Mutter abhngig. Wird der Mutter beispielsweise nach Abgabe wirksamer Sorgeerklrungen die Sorge entzogen, wird das vterliche Sorgerecht davon nicht berhrt, § 1680 Abs 3, 1 BGB. Das gemeinsame Sorgerecht ist grundstzlich umfassend. Es entsteht durch Sorgeerklrungen (anders als durch Heirat!) aber nur soweit, wie der Mutter die Sorge zum Zeitpunkt der Abgabe der Sorgeerklrung zustand. In diesem Umfang unterliegen sowohl das mtterliche als auch das vterliche Sorgerecht wie bei verheirateten Eltern der Ausbungsbindung des § 1627 BGB. Leben die Eltern dauerhaft getrennt, liegt die Alleinentscheidungszustndigkeit in Angelegenheiten des tglichen Lebens (sog Alltags- oder Tagessorge) bei demjenigen Elternteil, bei dem sich das Kind rechtmßig gewçhnlich aufhlt, § 1687 Abs 1 S 2 BGB. In Angelegenheiten, die fr das Kind von erheblicher Bedeutung sind, ist dagegen gegenseitiges Einvernehmen erforderlich, § 1687 Abs 1 S 1 BGB. Kann ein solches nicht erzielt werden, kommt uU eine bertragung der Entscheidungsbefugnis auf einen Elternteil durch das Familiengericht in Betracht, § 1628 BGB. Ist die Mutter des Kindes zum Zeitpunkt der Abgabe wirksamer Sor- 162 geerklrungen minderjhrig, endet eine zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende (Amts-)Vormundschaft kraft Gesetzes (§ 1882 BGB), wenn der Kindesvater volljhrig und nicht geschftsunfhig ist. Der nunmehr mitsorgeberechtigte Vater bt gem § 1678 Abs 1 Alt 2 BGB die Sorge weitgehend allein aus, solange die Sorge der Kindesmutter wegen deren Minderjhrigkeit ruht, §§ 1673 Abs 2, 1675 BGB. Bestand noch keine Vormundschaft, weil die Sorgeerklrungen vorgeburtlich abgegeben wurden, tritt die gesetzliche Amtsvormund426 427

Altrogge FPR 2008, 154, 155. AnwK-BGB/Rakete-Dombek § 1626a Rn 20.

144

B. Elternschaft und elterliche Sorge

schaft bei der Geburt des Kindes nicht ein, weil das Kind aufgrund der vterlichen Ausbungs- einschließlich umfassender Vertretungsberechtigung (§ 1629 Abs 1 S 3 Alt 1 BGB) keines Vormundes bedarf (vgl §§ 1791c, 1773 BGB). Die minderjhrige Kindesmutter ist (weiterhin) nur zur Ausbung der tatschlichen Personensorge berechtigt, § 1673 Abs 2 S 2 BGB. Eine nderung der mtterlicher Sorgerechtssituation tritt durch die der Geburt nachfolgenden Sorgeerklrungen insoweit ein, als die mtterliche Entscheidung im Rahmen dieser tatschlichen Personensorge keinen Vorrang mehr hat, weil sie diese nicht mehr neben einem Vormund (oder Pfleger), sondern neben dem Kindesvater ausbt, vgl § 1673 Abs 2 S 3 BGB. Bei Meinungsverschiedenheiten mssen die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern vielmehr versuchen, sich zu einigen, § 1673 Abs 2 S 3 aE iVm § 1627 S 2 BGB. 163 Sind beide Elternteile minderjhrig, ndert sich an der Sorgerechtssituation der Kindesmutter bis zur Volljhrigkeit eines Elternteils wenig, weil der Kindesvater die Sorge zwar erwirbt, diese wegen seiner Minderjhrigkeit aber ebenfalls nur im Rahmen der tatschlichen Personensorge auszuben berechtigt ist. Es gilt insoweit das zur Ausbungsberechtigung der minderjhrigen Kindesmutter Ausgefhrte. Gesetzlicher Vertreter des Kindes ist der Vormund. Die Voraussetzungen der Vormundschaft gem § 1773 Abs 1 Alt 2 BGB liegen vor, weil beide Elternteile nicht zur Vertretung des Kindes berechtigt sind. Eine bereits bestehende Vormundschaft endet folglich auch nicht kraft Gesetzes (vgl § 1882 BGB). War das Kind zum Zeitpunkt der Abgabe der Sorgeerklrungen noch nicht geboren, tritt mit Geburt des Kindes regelmßig kraft Gesetzes Amtsvormundschaft ein, §§ 1773, 1791c BGB. Ist nur der Kindesvater, nicht aber die Kindesmutter beschrnkt geschftsfhig, wird er zwar Mitinhaber der Sorge, zur Ausbung berechtigt ist er aber bis zum Eintritt der Volljhrigkeit nur in Bezug auf die tatschliche Personensorge. Bezogen auf diesen Teilbereich sind die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern zur einvernehmlichen Sorgeausbung verpflichtet, § 1673 Abs 2 S 3 aE iVm § 1627 BGB. Im brigen bt die Kindesmutter die Sorge bis zur Volljhrigkeit des Kindesvaters gem § 1678 Abs 1 Alt 2 BGB allein aus.

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge . . .

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Sind die Eltern geschftsunfhig, gilt das Ausgefhrte weitgehend entsprechend. Abweichend davon ist aber der Geschftsunfhige auch im Rahmen der tatschlichen Personensorge nicht zur Ausbung berechtigt, weil § 1673 Abs 2 BGB nicht anwendbar ist. Die Frage eines Entscheidungsvorrangs nach § 1673 Abs 2 BGB und das Problem der Einigung stellen sich folglich nicht. Die Eltern kçnnen binnen drei Monaten nach Begrndung der 164 gemeinsamen Sorge durch Abgabe wirksamer Sorgeerklrungen den Namen des Kindes neu bestimmen, § 1617b Abs 1 S 1 BGB. Lebte die Mutter zum Zeitpunkt der Abgabe wirksamer Sorgeerkl- 165 rungen mit ihrem Ehemann, der nicht Vater des Kindes ist oder mit ihrer eingetragenen Lebenspartnerin (Stiefelternteil) zusammen, so stand diesen gem § 1687b BGB bzw § 9 LPartG im Einvernehmen mit der Mutter ein Mitentscheidungsrecht in Angelegenheiten des tglichen Lebens des Kindes zu (sog „kleines Sorgerecht“428 ). Da nur der allein sorgeberechtigte Elternteil dieses Recht vermittelt, endet mit dem Verlust des mtterlichen Alleinsorgerechts auch das kleine Sorgerecht des Stiefelternteils.429 Checkliste: Gemeinsame Sorge durch Sorgeerklrungen ERKLRUNGEN DURCH WEN? 166 * Mutter, §§ 1626c Abs 1, 1591 BGB * Vater, §§ 1626c Abs 1, 1592 Nr 2, 3 BGB Sind diese beschrnkt geschftsfhig: Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (§ 1626c Abs 2 BGB); uU ersetzbar durch Familiengericht auf Antrag des minderjhrigen Elternteils Sind diese geschftsunfhig: Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, § 1626c Abs 2 BGB analog (streitig!) Beachte: Einrichtung einer Betreuung selbst mit angeordnetem Einwilligungsvorbehalt ohne Einfluss auf die Fhigkeit zur Abgabe von Sorgeerklrungen durch die Eltern. 428 429

Von Coester-Waltjen auch als „Tagessorge“ bezeichnet (JURA 2005, 97). Staudinger/Coester § 1626a Rn 67.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

Beachte: Sorgeerklrung eines Elternteils auf Antrag fr einen bergangszeitraum uU ersetzbar, vgl Art 224 § 2 Abs 3 bis 5 EGBGB. WANN? * Jederzeit ab Zeugung des Kindes bis zur Volljhrigkeit desselben, vgl § 1626b Abs 2 BGB AUSSCHLUSS? * nach vorangegangener Entscheidung gem §§ 1671 oder 1672 BGB, soweit Entscheidung reicht, selbst wenn diese Entscheidung gem § 1696 BGB bereits abgendert wurde, § 1626b Abs 3 BGB * whrend der Dauer eines Entzuges der mtterlichen Sorge gem § 1666 BGB, soweit der Mutter die Sorge fehlt INHALT? Erklrung, die Sorge fr das Kind gemeinsam bernehmen zu wollen, § 1626a Abs 1 Nr 1 BGB * Frei von Bedingungen und/oder Befristungen, § 1626b Abs 1 BGB *

FORM? * çffentliche Beurkundung, § 1626d Abs 1 BGB

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge . . .

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3. Ersetzung der Sorgeerklärung eines Elternteils gem Art 224 § 2 Abs 3 bis 5 EGBGB 3.1. Allgemeines

Die auf Aufforderung des BVerfG430 durch Art 1 des Gesetzes zur 167 Umsetzung familienrechtlicher Entscheidungen des BVerfG vom 13.12.2003431 mit Wirkung vom 31.12.2003 in Art 224 § 2 Abs 3 EGBGB geschaffene Regelung gestattet es, die Sorgeerklrung eines Elternteils auf Antrag des anderen durch gerichtliche Entscheidung zu ersetzen. Das BVerfG erklrte in dem Urteil vom 29.1.2003432 die gesetzliche Regelung der gemeinsamen elterlichen Sorge von Eltern eines außerhalb der Ehe geborenen Kindes in § 1626a BGB insoweit fr verfassungsrechtlich unzureichend, als es der Gesetzgeber verabsumt hatte, eine bergangsregelung fr Eltern zu treffen, die mit ihrem außerhalb der Ehe geborenen Kind zusammengelebt und gemeinsam fr das Kind gesorgt, sich aber noch vor dem Inkrafttreten des KindRG am 1.7.1998 getrennt haben. Die Ergnzung von Art 224 § 2 EGBGB um die Abstze 3 bis 5 ist entsprechend dieser Entscheidung ausschließlich auf nicht miteinander verheiratete Eltern ausgerichtet, die mit ihrem Kind zusammengelebt, sich aber vor dem 1.7.1998 getrennt haben. Aufgrund dieser 430

431 432

BVerfGE 107, 150 = NJW 2003, 955 = FamRZ 2003, 285 = Rpfleger 2003, 179 = JAmt 2003, 90 = FPR 2003, 205 = ZfJ 2003, 187 m Anm Henrich FamRZ 2003, 359; siehe dazu auch die Beitrge von Gimbernat Jonas JAmt 2003, 332 ff; Heumann FuR 2003, 293 ff; Spangenberg/Spangenberg ZfJ 2003, 332 ff; Finger FuR 2003, 341 f; Humphrey FPR 2003, 578 ff; Mller ZfJ 2004, 7 ff; Motzer FamRZ 2003, 793 ff; Mohr/Wallrabenstein JURA 2004, 194 ff sowie Hçfelmann FamRZ 2004, 65 ff und Eckebrecht FPR 2005, 205 ff. BGBl I S 2547. BVerfGE 107, 150 = NJW 2003, 955 = FamRZ 2003, 285 = Rpfleger 2003, 179 = JAmt 2003, 90 = FPR 2003, 205 = ZfJ 2003, 187 m Anm Henrich FamRZ 2003, 359; siehe dazu auch die Beitrge von Gimbernat Jonas JAmt 2003, 332 ff; Heumann FuR 2003, 293 ff; Spangenberg/Spangenberg ZfJ 2003, 332 ff; Finger FuR 2003, 341 f; Humphrey FPR 2003, 578 ff; Mller ZfJ 2004, 7 ff; Motzer FamRZ 2003, 793 ff; Mohr/Wallrabenstein JURA 2004, 194 ff sowie Hçfelmann FamRZ 2004, 65 ff und Eckebrecht FPR 2005, 205 ff.

148

B. Elternschaft und elterliche Sorge

zeitlichen Vorgabe handelt es sich um eine bergangsregelung, die systemgerecht in das EGBGB eingefgt wurde. Zur Schließung der verfassungswidrigen Lcke hatte der Senat zwei verschiedene Wege aufgezeigt: Danach konnte der Gesetzgeber jedem Elternteil ein Antragsrecht auf gerichtliche Prfung einrumen, ob eine gemeinsame Sorge mit dem anderen Elternteil dem Kindeswohl dient. Der andere Weg bestand darin, dem Elternteil, bei dem die dargelegten Voraussetzungen vorliegen, die Mçglichkeit zu erçffnen, die mangelnde Zustimmung des anderen Elternteils gerichtlich am Maßstab des Kindeswohls berprfen und ggf ersetzen zu lassen. Da erstere Variante nach Auffassung des Gesetzgebers nicht in das in § 1626a BGB gewhlte System der Abgabe bereinstimmender Willenserklrungen passte,433 entschied er sich fr die andere Lçsung und erçffnete die Mçglichkeit der Ersetzung der Sorgeerklrung auf Antrag eines Elternteils. Art 224 § 2 Abs 3 EGBGB normiert die Grundvoraussetzungen und wiederholt damit im Wesentlichen die vom BVerfG vorgegebenen Tatbestnde, whrend die Abstze 4 und 5 Verfahrensfragen und Mitteilungspflichten regeln. 3.2. Die Tatbestandsvoraussetzungen und Regelungen des Art 224 § 2 Abs 3 und Abs 4 S 1 EGBGB im Einzelnen 3.2.1. Antragsberechtigte

168 Antragsberechtigt sind nach Abs 3 ausschließlich nicht miteinander verheiratete Eltern, die vor ihrer Trennung vor Inkrafttreten des KindRG am 1.7.1998 mit ihrem Kind ein Familienleben im Sinne einer tatschlichen gemeinsamen elterlichen Sorge gefhrt haben. Obwohl das BVerfG in erster Linie an den Kindesvater gedacht hat, dem niemals die Mçglichkeit zur gemeinsamen Sorge zu gelangen zur Verfgung stand, weil das Gesetz sie in „guten Zeiten“ nicht vorsah, nach deren Schaffung jedoch die Bereitschaft der Mutter, ihn an der Sorge teilhaben zu lassen, aufgrund der Trennungssituation nicht 433

BT-Drucks 15/1552 S 9.

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge . . .

149

(mehr) besteht, wurde auch der Mutter ein Antragsrecht eingerumt. Der Gesetzgeber wollte damit auch der Mutter eine Korrekturmçglichkeit zur Verfgung stellen, die sich trotz Weigerung des Vaters die gemeinsame Sorge mit entsprechenden Pflichten fr den Vater wnscht und dies fr kindeswohldienlich hlt, ohne dass dabei verkannt wurde, dass die Wahrnehmung von Verantwortung nicht erzwungen werden kann.434 Einer sachgerechten Entscheidung der Gerichte im Rahmen der Kindeswohlprfung wollte der Gesetzgeber aber auch insoweit nicht vorgreifen. 3.2.2. Häusliche Gemeinschaft, gemeinsame Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung und Trennung vor dem 1.7.1998

Die Eltern mssen lngere Zeit mit ihrem Kind in huslicher 169 Gemeinschaft435 gemeinsam die elterliche Verantwortung getragen und sich vor dem 1.7.1998 getrennt haben. Darber hinaus setzt eine Ersetzung der Sorgeerklrung Kindeswohldienlichkeit voraus.436 Die Ersetzungsentscheidung verlangt damit sowohl eine rein objektive Rckschau als auch eine Zukunftsprognose. Anhand der vergangenheitsbezogenen Tatbestandsvoraussetzungen soll das zur Entscheidung berufene Familiengericht feststellen kçnnen, ob die beteiligten Eltern vor der Trennung mit ihrem Kind ein derartiges Familienleben gefhrt haben, sodass von einer praktizierten gemeinsamen Verantwortung ausgegangen werden kann, deren rechtliche Absicherung lediglich wegen der damaligen Rechtslage nicht mçglich war. Die Vorgabe einer Regelmindestzeit von 6 Monaten ununterbrochenen Zusammenlebens von Eltern und Kindern in Satz 2 von Art 224 § 2 Abs 3 EGBGB dient dabei der Orientierungs- und Entscheidungshilfe, ohne indes Abweichungen im Einzelfall aus434 435

436

BT-Drucks 15/1552 S 8. Kritisch hierzu Richter FPR 2004, 484, 487, weil mit dem Verlangen nach huslicher Gemeinsamkeit die Flle nicht erfasst werden, in denen der Vater das Kind (lngere Zeit) allein betreut hat. Vgl dazu BGH NJW 2008, 662 = FamRZ 2008, 251 m Anm Luthin und Anm Kemper FamRZ 2008, 777 = Rpfleger 2008, 131 = MDR 2008, 211 = FPR 2008, 51 m Anm Dastmaltchi = FuR 2008, 83 = FamRB 2008, 73 (LS) m Anm Finger.

150

B. Elternschaft und elterliche Sorge

zuschließen. Anhand dieses auf die Perspektive des Vaters abgestellten Tatbestandmerkmals soll beurteilt werden, wie der Vater seine Beziehung zum Kind in der Vergangenheit ausgestaltet hat und in welchem Umfang Bindungen zum Kind entstanden sind.437 Unbeachtlich fr die Beurteilung der entstandenen Bindungen ist die Dauer der Trennung, denn dieses Tatbestandsmerkmal verlangt fr sich genommen keinen aktuellen persçnlich vertrauten Bezug zum Kind.438 3.2.3. Kindeswohldienlichkeit

170 Die verlangte Prognose hinsichtlich des zuknftigen Verhaltens ist dagegen im Rahmen der Kindeswohlprfung erforderlich. Das BVerfG ließ dem Gesetzgeber nicht nur im Hinblick auf die Umsetzungsalternativen Gestaltungsspielraum, sondern auch in Bezug auf den Maßstab der Kindeswohlprfung, denn in der Entscheidung finden sich hierzu unterschiedliche Formulierungen. Nach eingehender Diskussion im Gesetzgebungsverfahren entschied sich der Gesetzgeber mit der verlangten Kindeswohldienlichkeit fr eine vermittelnde Lçsung und blieb damit einerseits unter der zB in § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB normierten Anforderung, wonach eine Aufhebung der gemeinsamen Sorge durch bertragung auf einen Elternteil allein gegen den Willen des anderen nur dann in Betracht kommt, wenn diese dem „Wohl des Kindes am besten entspricht“.439 Andererseits ging er ber den zum Teil vorgeschlagenen Maßstab hinaus, nach dem es gengen sollte, wenn die Ersetzung dem Kindeswohl nicht widersprche.

437 438

439

BT-Drucks 15/1552 S 10. In diesem Sinne BGH (NJW 2005, 2395 = FamRZ 2005, 705 m Anm Luthin = NJW-RR 2005, 729 = FuR 2005, 262 = BGHReport 2005, 836) zu dem in § 1685 Abs 2 S 1 (2) BGB hnlich formulierten Tatbestand. Zu den erhçhten Anforderungen ausfhrlich Schwab FamRZ 1998, 457, 462; vgl aber auch BGH FamRZ 1999, 1646 m Besprechungsaufsatz Born FamRZ 2000, 396 = DEuFamR 2000, 51 m Anm Coester = MDR 2000, 31 m Anm Oelkers MDR 2000, 32 f = NJW 2000, 203 und Anm Bode FamRZ 2000, 478 = FuR 2000, 88 = FF 1999, 184 m Anm Oelkers FF 2000, 26 = Kind-Prax 1999, 198.

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge . . .

151

Maßgeblicher Zeitpunkt fr die Beurteilung der Kindeswohldienlichkeit ist der der gerichtlichen Entscheidung.440 Im Rahmen der Kindeswohlprfung sind auch etwa gewachsene Bindungen zwischen Kind und Vater bedeutsam. Auf die in Abs 3 S 2 genannte Regelzeitspanne kann zur Beurteilung der „gewachsenen Bindung“ jedenfalls nicht ohne weiteres zurckgegriffen werden, denn diese hat, wie den Gesetzesmaterialen zu entnehmen ist, die Perspektive des Vaters im Blick. Welche Zeit ein Kind braucht, um Bindung auf- und auch wieder abzubauen(!), hngt vielmehr entscheidend von dem spezifischen Zeitempfinden des Kindes und damit auch von seinem Alter ab.441 Motzer442 weist zu Recht darauf hin, dass die Trennung gerade in den von Art 224 § 2 Abs 3 EGBGB erfassten Altfllen bereits mehr als fnf (nunmehr bereits zehn!) Jahre zurckliegt, sodass auch die Trennungszeit je nach Alter des Kindes bei Trennung der Eltern wegen des unterschiedlichen kindlichen Zeitempfindens Einfluss auf die Kindeswohldienlichkeit haben drfte. Eine frhere gemeinsame Versorgung des Kindes allein hat folglich wenig Aussagekraft ber die gegenwrtigen Verhltnisse.443 Entscheidendes Gewicht kommt in jedem Fall der Kooperationsbereitschaft der Eltern fr die Zukunft zu,444 denn Art 224 § 2 Abs 3 EGBGB hat nicht den Zweck, einen gegenber § 1626a BGB erleichterten Zugang zur gemeinsamen Sorge zu gewhren, sondern soll nur den Mangel ausgleichen, dass vor dem 1.7.1998 die rechtlichen Mçglichkeiten, die § 1626a Abs 1 Nr 1 BGB bietet, gar nicht bestanden.445 Ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft muss deshalb auch hier verlangt werden. Ein fr die Kindeswohldienlichkeit sprechendes Kriterium wird in der Herstellung von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gesehen, mit 440 441 442 443 444

445

Vgl OLG Stuttgart FamRZ 2004, 1397. Vgl dazu BVerfG FamRZ 2001, 753; dass FamRZ 2004, 689. FamRZ 2003, 793, 803. So auch OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 831. OLG Stuttgart FamRZ 2004, 1397; vgl auch BGH NJW 2008, 662 = FamRZ 2008, 251 m Anm Luthin und Anm Kemper FamRZ 2008, 777 = Rpfleger 2008, 131 = MDR 2008, 211 = FPR 2008, 51 m Anm Dastmaltchi = FuR 2008, 83 = FamRB 2008, 73 (LS) m Anm Finger. OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 831.

152

B. Elternschaft und elterliche Sorge

dem der Rahmen stabilisiert wird, in dem sich das Kind entwickeln kann.446 Auf die Einrumung einer weiteren Gestaltungsmçglichkeit hat der Gesetzgeber verzichtet, sodass auch durch die Ersetzung der Sorgeerklrung die gemeinsame elterliche Sorge nur umfassend und nicht lediglich fr bestimmte Teilbereiche begrndet werden kann (vgl Rn 141).447 3.2.4. Zulässigkeit des Antrags

171 Zulssigkeitsvoraussetzung des Ersetzungsantrags ist, dass der die Ersetzung begehrende Elternteil seinerseits eine auch formwirksame Sorgeerklrung abgegeben hat, Art 224 § 2 Abs 4 S 1 EGBGB iVm §§ 1626b Abs 1 und 3, 1626c und 1626d BGB. Durch diese absichtlich im materiellen Recht angesiedelte Zulssigkeitsvoraussetzung448 soll der Antragsteller sein Interesse an einer gemeinsamen elterlichen Sorge bekunden. Darber hinaus wird ein Schwebezustand nach der gerichtlichen Entscheidung vermieden. Schließlich wird auf diese Weise wegen des Formzwangs auch eine vorherige Beratung und Belehrung (§ 1626d BGB, §§ 1, 17 BeurkG, § 59 SGB VIII, § 1 Abs 2 BeurkG) gesichert.449 3.3. Verfahrensrechtliche Regelungen gem Art 224 § 2 Abs 4 S 2 EGBGB im Überblick

172 Es handelt sich um eine dem Familiengericht nach § 23b Abs 1 Nr 2 GVG zugewiesene Familiensache, auf die §§ 621a ff ZPO zur Anwendung kommen. Sachlich und çrtlich ist in erster Linie das Amtsgericht zustndig, in dessen Bereich das Kind seinen Wohnsitz hat, §§ 621 Abs 1 Nr 1, 621a Abs 1 S 1 ZPO, §§ 64 Abs 1, 3 S 2, 43 446 447

448 449

AG Frankfurt/M FamRZ 2005, 387. BGH NJW 2008, 662 = FamRZ 2008, 251 m insoweit krit Anm Luthin und Anm Kemper FamRZ 2008, 777 = Rpfleger 2008, 131 = MDR 2008, 211 = FPR 2008, 51 m Anm Dastmaltchi = FuR 2008, 83 = FamRB 2008, 73 (LS) m Anm Finger. Zur Begrndung vgl BT-Drucks 15/1552 S 10. Hçfelmann FamRZ 2004, 65, 69.

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge . . .

153

Abs 1, 36 Abs 1 FGG. Bei fehlendem Wohnsitz ist der Aufenthalt maßgeblich. Gem § 49a Abs 1 Nr 9 FGG ist das Jugendamt vor der Entscheidung im Wege der Anhçrung zu beteiligen. Die Anhçrung der Eltern erfolgt nach § 50 a FGG, die des Kindes nach Maßgabe des § 50 b FGG. Die Entscheidung ist gem §§ 3 Nr 2a, 14 Abs 1 Nr 15a RPflG dem Richter/der Richterin vorbehalten. Es handelt sich um eine Endentscheidung, gegen die gem §§ 621e Abs 1, 3, 517 ZPO die befristete Beschwerde gegeben ist, welche binnen Monatsfrist beim OLG (§ 119 Abs 1 Nr 1a GVG, § 64 Abs 3 S 1 FGG) einzulegen ist. 3.4. Mitteilungspflichten gem Art 224 § 2 Abs 5 EGBGB

Art 224 § 2 Abs 5 EGBGB ergnzt den mit der Kindschaftsrechts- 173 reform eingefhrten § 1626d Abs 2 BGB, wonach die Stelle, die die Sorgeerklrungen und Zustimmungen beurkundet, dem Jugendamt davon Mitteilung zu machen hat. Die Norm verpflichtet das Familiengericht, dem Jugendamt die rechtskrftige Ersetzung einer Sorgeerklrung mitzuteilen, damit dieses seiner Auskunftspflicht nach dem ebenfalls angepassten § 58a SGB VIII umfassend nachkommen kann. 4. Gemeinsame Sorge durch Heirat der Kindeseltern, § 1626a Abs 1 Nr 2 BGB 4.1. Allgemeines

Gem § 1626a Abs 1 Nr 2 BGB entsteht durch die der Geburt des 174 gemeinsamen Kindes nachfolgende Heirat der Kindeseltern deren gemeinsame elterliche Sorge. Einer gesonderten, auf die Entstehung der gemeinsamen Sorge gerichteten Willenserklrung bedarf es dafr nicht.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

Voraussetzung fr den unmittelbaren Erwerb der gemeinsamen Sorge ist allein die zum Zeitpunkt der Eheschließung feststehende rechtliche Elternschaft. Eine sptere Vaterschaftsfeststellung wirkt hinsichtlich der statusrechtlichen Zuordnung des Kindes auf den Zeitpunkt seiner Geburt450 und damit hinsichtlich der Entstehung des gemeinsamen Sorgerechts auf den der Eheschließung zurck. Im Zeitpunkt der Vaterschaftsfeststellung bereits vollzogene Sorgerechtsentscheidungen der bis dahin allein sorgeberechtigten Mutter bleiben davon aber unberhrt, sodass die Mitwirkung des Vaters nur fr noch nicht abgeschlossene Rechtshandlungen und Entscheidungen erforderlich ist.451 4.2. Die Rechtsfolgen der Heirat im Einzelnen 4.2.1. Allgemeines

175 Die Regelung ist an die Stelle des durch das KindRG mit Wirkung zum 1.7.1998 aufgehobenen § 1719 BGB aF getreten. Die Eheschließung vermittelt den Eltern die Sorge ex lege so, wie wenn sie zur Zeit der Geburt des Kindes miteinander verheiratet gewesen wren. Das vom Vater durch Heirat mit der Kindesmutter erworbene Sorgerecht ist als eigenstndiges Recht nicht von dem der Mutter abhngig. Eine nderung der gemeinsamen Sorge ist nur durch gerichtliche Entscheidung gem § 1671 BGB mçglich. Der durch Heirat der Eltern eintretende Sorgerechtserwerb berlagert als vorrangiger Erwerbsgrund die ggf durch bereits abgegebene Sorgeerklrungen eingetretene gemeinsame Sorge, freilich ohne an deren Inhalt oder deren Bestandskraft etwas zu ndern. Dass die Sorgeerklrungen durch die Heirat nicht hinfllig, sondern nur berlagert werden, ist etwa in den Fllen einer nichtigen Ehe bedeutsam, zB wenn eine im Ausland erfolgte Eheschließung in Deutschland nicht anerkannt wird. 450 451

Staudinger/Coester § 1626a Rn 16. Staudinger/Coester § 1626a Rn 16.

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge . . .

155

Wie bei Begrndung der gemeinsamen Sorge durch Sorgeerklrung 176 kçnnen die Eltern den Namen des Kindes innerhalb von drei Monaten neu bestimmen, § 1617b Abs 1 BGB. Durch die Heirat endet die nach § 1626a Abs 2 BGB bis dahin beste- 177 hende mtterliche Alleinsorge, und an deren Stelle tritt die gemeinsame Sorge der Eltern. Die gemeinsame Sorge der Eltern tritt durch die Heirat auch dann ein, wenn bereits eine gerichtliche Entscheidung nach den §§ 1671, 1672 BGB zur Alleinsorge eines Elternteils gefhrt hat oder eine solche Entscheidung gem § 1696 Abs 1 BGB bereits abgendert wurde, da der Sorgerechtserwerb durch Heirat nicht den fr die Abgabe von Sorgeerklrungen geltenden Beschrnkungen des § 1626b Abs 3 BGB unterliegt.452 Waren die Eltern des Kindes also beispielsweise schon einmal miteinander verheiratet und wurde die Sorge einem Elternteil anlsslich ihrer Scheidung gem § 1671 BGB allein bertragen, kçnnen sie die gemeinsame Sorge durch erneute Heirat begrnden, ohne dass es dazu einer abndernden Entscheidung gem § 1696 BGB und der damit einhergehenden Kindeswohlprfung bedrfte.453 Auch wenn dem Kindesvater die alleinige Sorge gem § 1672 Abs 1 BGB bertragen wurde, entsteht durch Heirat kraft Gesetzes gemeinsame Sorge.454 Eine sptere nderung dieser durch Heirat entstandenen gemeinsamen Sorge ist auch in diesem Fall nur nach § 1671 BGB, nicht nach § 1696 BGB mçglich.

452 453 454

MnchKomm BGB/Huber § 1626a Rn 23. MnchKomm BGB/Huber § 1626a Rn 24. Coester-Waltjen JURA 2005, 97, 98; Staudinger/Coester § 1626a Rn 19.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

4.2.2. Auswirkungen eines mütterlichen Sorgerechtsentzugs auf das durch Heirat entstehende väterliche Sorgerecht

178 Streitig ist, ob dem Kindesvater die gemeinsame Sorge durch die Heirat auch dann (umfassend) zuwchst, wenn sie der Mutter infolge eines Sorgerechtsentzugs gem § 1666 BGB nicht (vollumfnglich) zusteht. Nach Ansicht des OLG Nrnberg455 entsteht die (Mit-)Sorge des Vaters nur in dem Umfang, in dem sie der Mutter selbst bei der Heirat zusteht. Danach kann der Vater, soweit der Mutter die Sorge nicht zusteht, nur durch bertragung gem § 1680 Abs 3, 2 S 2 BGB zur Sorge gelangen, mit der Folge, dass eine Kindeswohlprfung erforderlich ist. Dies wird auf den Wortlaut des § 1626a Abs 1 BGB gesttzt, nach dem durch die Heirat (nur) eine gemeinsame Sorge entsteht, eine solche aber nicht begrndet werden kann, soweit der Mutter die Sorge nicht zusteht. Eine Erstreckung der mtterlichen Sorge auf den Vater setze mithin voraus, dass der Mutter die Sorge auch zusteht. Im Ergebnis hieße das, dass der vterliche Sorgeerwerb nach dieser Auffassung insoweit scheitern wrde, als die Mutter aufgrund ihrer Disqualifikation nicht daran teilhaben kann. Diese Begrndung berzeugt jedoch nicht: Der Sorgeerwerb erfolgt ex lege durch Heirat, also anders als bei Abgabe von Sorgeerklrungen nicht durch darauf gerichtete Willenserklrungen. Ein Eingriff in das elterliche Sorgerecht eines Elternteils fhrt bei den zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes miteinander verheirateten Eltern nicht automatisch zur Disqualifikation des anderen Elternteils. Dass dies bei erst spter heiratenden Eltern anders sein sollte, erschließt sich auch bei nherer Betrachtung nicht. Denn die vterliche Sorge leitet sich nicht aus einer darauf gerichteten ausdrcklichen Willenserklrung ab, sondern entsteht durch Heirat mit der Mutter, selbst wenn diese Folge nicht bedacht wurde oder vielleicht sogar ungewollt ist. Die Sorge des Vaters ist keineswegs von der der Mutter abhngig, vielmehr wurzelt sie in dem eigenstndigen Elternrecht des Vaters gem Art 6 Abs 2 S 1 GG, in das zum Schutze des Kindes nur bei einer Kindeswohlgefhrdung eingegriffen werden darf (Art 6 Abs 2 S 2, 3 GG, § 1666 455

FamRZ 2000, 1035 = NJW 2000, 3220 = DAVorm 2000, 334 = Kind-Prax 2000, 160; dem folgend ua MnchKomm BGB/Huber § 1626a Rn 22; Oelkers FuR 2000, 106; nunmehr unter Aufgabe seiner in der Vorauflage vertretenen Auffassung auch Staudinger/Coester § 1626a Rn 26; vgl auch BGH NJW 2005, 2456 = FamRZ 2005, 1469 m Anm Luthin = BGHReport 2005, 1256 = ZKJ 2006, 44.

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge . . .

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BGB). Art 6 Abs 2 S 1 GG ist kein gemeinsames Grundrecht der Eltern, sondern steht jedem Elternteil als Individualrecht gegenber dem Staat zu.456 Auch aus der Besonderheit, dass die Sorge den Eltern zum Zwecke einer gradlinigen Betreuung mit grundstzlich notwendiger wechselseitiger Gemeinschaftsbindung zur gemeinsamen Ausbung bertragen wurde (vgl § 1627 BGB), kann nicht auf eine auch in ihrem Umfang nur den Eltern gemeinschaftlich zustehende Sorge geschlossen werden.457 Im brigen verdrngt die Ehe als verfassungsrechtlich privilegierter Status als solche unabhngig von dem Zeitpunkt ihres Eingehens die vorgesehenen Kontrollmechanismen fr nicht miteinander verheiratete Eltern.458 Es steht auch nicht zu befrchten, dass bei dieser Lesart das Kindeswohl gefhrdet wre,459 denn das Gericht hat wie bei von vornherein verheirateten Eltern das Recht und auch die Pflicht, bei einer entsprechenden Gefahrenlage gem § 1666 BGB auch gegen den anderen Elternteil einzuschreiten. Schließlich lsst sich der allein wortlautorientierten Auslegung der Norm auch die Historie entgegenhalten: § 1626 Abs 1 Nr 2 BGB ist an die Stelle der mit Wirkung vom 1.7.1998 abgeschafften Legitimation durch nachfolgende Ehe (§ 1719 BGB aF) getreten. Unter Geltung dieser Vorschrift bestand aber kein Zweifel daran, dass das vterliche Sorgerecht durch Heirat mit der Mutter auch dann umfassend entstand, wenn der Mutter Teile der Sorge oder sogar die gesamte Sorge nicht zustand.460 Die Beschrnkung der mtterlichen Sorge konnte allenfalls Anlass geben, nunmehr auch dem Vater das Sorgerecht zu entziehen.461 Da der Gesetzgeber mit der Gesetzesnderung ua die Rechtsstellung unverheirateter Eltern strken wollte, lsst sich die aus § 1626a Abs 1 BGB herausgelesene generelle Schlechterstellung auch aus diesem Grund nicht rechtfertigen. Auch nach geltendem 456 457 458 459

460 461

Lohse JURA 2005, 815, 817. Vgl hierzu auch Gernhuber/Coester-Waltjen § 57 Rn 3. So auch Staudinger/Coester § 1626a Rn 73; Unterschiede zur Sorgeerlangung durch Sorgeerklrung betont auch DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2001, 412, 413. So aber Staudinger/Coester § 1626a Rn 26, der seinen Meinungswandel (im Vergleich zur Vorauflage) damit begrndet, dass durch die infolge des (Teil-)Entzuges angeordnete Vormundschaft oder Pflegschaft ein Sorgerechtswechsel eintrte, dem nach der Gesetzessystematik aus Kindesschutzgrnden aber stets eine Kindeswohlprfung vorzuschalten sei. Vgl etwa Palandt/Diederichsen, 51. Aufl, § 1719 Rn 4. BayObLG DAVorm 1984, 1047.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

Recht kann daher ein Eingriff in das durch Heirat umfassend entstehende vterliche Sorgerecht ebenfalls nur in Betracht kommen, wenn und soweit eine solche Maßnahme nach § 1666 BGB aufgrund einer Kindeswohlgefhrdung erforderlich ist. Der BGH462 hat aber weitere Argumente fr die Auffassung ins Feld gefhrt, nach der eine bertragung erforderlich sein soll, die ebenfalls einer nheren Untersuchung bedrfen. Dazu ist zunchst festzuhalten, dass sich der Sachverhalt in dem dem BGH zur Entscheidung vorgelegten Fall von dem des OLG Nrnberg463 darin unterschied, dass das Kind erst unter Geltung neuen Rechts geboren wurde. Die Entziehung der mtterlichen Sorge durch Endentscheidung erfolgte zu einem Zeitpunkt, in dem die Vaterschaft bereits anerkannt war. In der Bestellung des Vormunds (aufgrund der Entziehung des Sorgerechts) sah der Senat inzidenter die Ablehnung der bertragung der Sorge nach § 1680 Abs 3 iVm Abs 2 S 2 BGB. Diese in die Vormundsbestellung hineininterpretierte Sorgerechtsentscheidung bedrfe ggf gem § 1696 BGB einer Abnderung. Das Entstehen der vterlichen Sorge allein durch sptere Heirat sei aufgrund der Entscheidung ausgeschlossen, ohne dass es auf die Frage ankme, ob sich die vterliche von der mtterlichen Sorge ableite. Diesen berlegungen kann freilich bereits von ihrem Ansatz her nur dann gefolgt werden, wenn zum Zeitpunkt der Anordnung der Vormundschaft die Grundvoraussetzung einer bertragung der Sorge auf den Kindesvater berhaupt bestand, mithin also dann nicht, wenn entweder (wie in dem vom OLG Nrnberg entschiedenen Fall) das Gesetz die Mçglichkeit einer solchen Entscheidung noch nicht vorsah oder der rechtliche Vater zum Zeitpunkt des Sorgeentzugs noch nicht feststand, womit ua auch der Fall erfasst wre, in dem der Mann die Vaterschaft fr das außerhalb der Ehe geborene Kind erst nach der Heirat mit der Mutter anerkennt. Allgemeingltigkeit kann die Entscheidung des BGH, nach der in der Vormundsbestellung die ablehnende Entscheidung liegt, schon aus diesem Grunde nicht beanspruchen. Aus der Entscheidung des BGH geht nicht hervor, ob das Entstehen der vterlichen Sorge durch Heirat tatschlich nur fr einen Teil der in Frage kommenden Mçglichkeiten bei (Teil-)Entzug der mtterlichen 462 463

NJW 2005, 2456 = FamRZ 2005, 1469 m Anm Luthin = BGHReport 2005, 1256 = ZKJ 2006, 44. FamRZ 2000, 1035 = NJW 2000, 3220 = DAVorm 2000, 334 = Kind-Prax 2000, 160.

III. Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge . . .

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Sorge von einer weiteren gerichtlichen Entscheidung abhngig sein soll. Darauf kommt es aber nicht an, weil die Entscheidung auch aus anderen Grnden nicht zu berzeugen vermag: Selbst wenn vor Vormundsbestellung implizit oder spter vor einer die bertragung explizit ablehnenden Entscheidung die Kindeswohldienlichkeit insoweit geprft wurde, spricht das nicht gegen das Entstehen der gemeinsamen Sorge durch Heirat. Denn fr eine unterschiedliche Behandlung des mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt bereits verheirateten Vaters und des Vaters, der die Mutter erst spter heiratet, gibt es keinen berzeugenden Grund. Die Ablehnung einer bertragung wegen fehlender Kindeswohldienlichkeit ist nicht identisch mit einer Entziehung der Sorge aufgrund einer Kindeswohlgefhrdung. Nur diese gestattet aber gem § 1666 BGB einen Eingriff in das verfassungsrechtlich geschtzte Elternrecht des mit der Mutter bereits anfnglich verheirateten Vaters. Die Wirkungen einer die Sorgebertragung ablehnenden Entscheidung mit denen einer Entziehung gleichzusetzen, liefe auf eine verfassungswidrige Herabsetzung der Eingriffsschranke hinaus. Soweit die Ablehnung der bertragung nicht wegen Kindeswohlgefhrdung erfolgte, liegt schließlich auch rechtsdogmatisch keine nach § 1696 BGB der Abnderung bedrfende Entscheidung vor. Festzuhalten ist folglich, dass eine im Zeitpunkt der Heirat bestehende Vormundschaft ipso iure endet (§ 1882 BGB), weil dem Vater die Sorge infolge der Heirat allein zusteht (analog §§ 1626a Abs 1 Nr 2, 1680 Abs 3 BGB).464 Wurden der Mutter nur Teile der Sorge entzogen, ist eine bei Heirat bestehende Ergnzungspflegschaft wegen Wegfalls des Grundes gem § 1919 BGB aufzuheben, da der Kindesvater die Sorge vollumfnglich erworben hat, sodass die Voraussetzungen der Pflegschaft entfallen sind. 4.2.3. Weitere Auswirkungen der Heirat bei Ausfall eines Elternteils

War der Kindesmutter die Sorge zum Zeitpunkt der Heirat (teilweise) 179 gem § 1666 BGB entzogen, ndert sich an dem Fehlen ihrer Sorgekompetenz durch die Heirat nichts. Ein Wiedererwerb der Sorge 464

AA nunmehr (auch) Staudinger/Coester § 1626a Rn 26.

160

B. Elternschaft und elterliche Sorge

bedarf vielmehr einer (erneuten) gerichtlichen Entscheidung gem § 1696 Abs 2 BGB. Bis dahin ist der mit der Kindesmutter nunmehr verheiratete Vater allein sorgeberechtigt. Die Heirat der Mutter und das Hinzutreten des Vaters als Sorgeberechtigtem kann aber Anlass fr eine berprfung der gerichtlichen Entscheidung sein, § 1696 Abs 2 BGB. 180 Ruhte das mtterliche Sorgerecht aufgrund Minderjhrigkeit der Kindesmutter (§ 1673 Abs 2 BGB), ndert die Heirat an der weitgehenden Nichtausbungsberechtigung der Kindesmutter (§ 1675 BGB) ebenfalls nichts. Der mit der minderjhrigen Kindesmutter verheiratete Vater bt gem § 1678 Abs 1 Alt 2 BGB die Sorge bis zur Volljhrigkeit der Mutter berwiegend allein aus. Die im Zeitpunkt der Heirat bestehende (Amts-)Vormundschaft (§§ 1773 Abs 1 Alt 2, 1791c BGB) endet durch die Heirat ipso iure, § 1882 BGB. Im Bereich der tatschlichen Personensorge (deren Ausbung auch der minderjhrigen Mutter obliegt, vgl § 1673 Abs 2 S 2 BGB), bedarf es bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern deren Einigung (§§ 1673, Abs 2 S 3, 1627 S 2 BGB). Der Vater bt die Sorge gem § 1678 Abs 1 Alt 2 BGB auch dann allein aus, wenn die mtterliche Sorge wegen Geschftsunfhigkeit oder infolge der Feststellung einer lngerfristigen Verhinderung gem § 1674 Abs 1 BGB ruht. Eine zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits bestehende Vormundschaft endet aufgrund des Hinzutretens eines sorgeberechtigten Elternteils kraft Gesetzes, § 1882 BGB. Einer Einigung der Eltern bedarf es in diesen Fllen aber nicht, weil § 1673 Abs 2 BGB nur den Fall des Ruhens aufgrund Minderjhrigkeit eines Elternteils erfasst. Das vterliche Alleinausbungsrecht ist in diesen Fllen also umfassend. Ist der Kindesvater minderjhrig, gilt das Ausgefhrte spiegelbildlich: Seine durch Heirat mit der Kindesmutter begrndete Sorge ruht. Bis zur Volljhrigkeit kann er neben der Mutter nur die tatschliche Personensorge gleichberechtigt ausben.

IV. Elterliche Sorge kraft Adoption

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IV. Elterliche Sorge kraft Adoption

Die Annahme eines Minderjhrigen als Kind begrndet losgelçst von 181 der Abstammung ein umfassendes Verwandtschaftsverhltnis zu dem Annehmenden selbst und dessen Verwandten. Das Kind erlangt die volle Stellung eines Kindes des/der Annehmenden bzw bei Annahme durch ein Ehepaar die eines gemeinschaftlichen Kindes der Annehmenden, § 1754 Abs 1, 2 BGB. Den Adoptiveltern steht die elterliche Sorge kraft Gesetzes zu;465 § 1754 Abs 3 BGB hat insoweit nur deklaratorische Wirkung. Vereinzelt wurde vertreten, dass durch eine der Adoption nachfolgende Heirat von Annehmendem und (leiblicher) Kindesmutter aus dem Rechtsgedanken des § 1626a Abs 1 Nr 2 BGB die gemeinschaftliche Sorge begrndet wird.466 Diese Auffassung ist aber abzulehnen: Im Gegensatz zum heute geltenden Recht wurde die Verwandtschaft zwischen Mutter und Kind bei einer bis zum 31.12.1976 durchgefhrten Adoption des Kindes durch einen Dritten nicht berhrt. Die leiblichen Eltern verloren nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht gem § 1765 BGB aF (nur) ihr Sorgerecht. Da die Verwandtschaft zwischen Mutter und Kind bei Annahme eines minderjhrigen Kindes durch einen Dritten nunmehr aber erlischt (§ 1755 Abs 1 BGB), ist die leibliche Mutter des Kindes nicht mehr (rechtlicher) Elternteil. Das Entstehen gemeinsamer elterlicher Sorge durch Heirat des Adoptivvaters mit der nur leiblichen Mutter entsprechend § 1626a Abs 1 Nr 2 BGB scheidet deshalb mangels Elterneigenschaft der Mutter aus, denn die Heirat des Adoptivvaters mit der leiblichen Mutter fhrt nicht zum Wiederaufleben des Verwandtschaftsverhltnisses zwischen Mutter und Kind.467

465 466 467

Vgl auch BT-Drucks 14/2096 S 7. Palandt/Diederichsen 65. Aufl, § 1754 Rn 4 unter Hinweis auf AG Augsburg StAZ 1976, 145 m Anm Beitzke StAZ 1976, 145, 173. In diesem Sinne bereits Beitzke StAZ 1976, 145, 146, 173 noch zu der durch das KindRG aufgehobenen Mçglichkeit der Legitimation durch nachfolgende Ehe gem § 1719 BGB aF.

162

B. Elternschaft und elterliche Sorge

V. Alleinige elterliche Sorge durch tatsächliche und/oder rechtliche Änderungen der Sorgerechtsverhältnisse 1. Alleinsorge kraft Gesetzes bei Ausfall eines Elternteils

182 Verschiedene Ereignisse kçnnen dazu fhren, dass sich die Sorgerechtsverhltnisse, die zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes bestehen (§§ 1626, 1626a Abs 2 BGB) oder durch der Geburt des Kindes nachfolgende Heirat der Eltern oder Sorgeerklrungen herbeigefhrt wurden (§ 1626a Abs 1 BGB), ndern und zur Alleinsorge eines Elternteils (= Einelternsorge) fhren. So entsteht kraft Gesetzes die alleinige elterliche Sorge eines Elternteils durch Tod des anderen bis dahin mitsorgeberechtigten Elternteils (§ 1680 Abs 1 BGB). Dies gilt gem § 1681 Abs 1 BGB entsprechend fr den Fall, dass die Sorge eines Elternteils durch Todeserklrung oder Feststellung der Todeszeit gem § 1677 BGB iVm §§ 1 ff, 23, 39, 44 VerschG endet (vgl dazu auch die Skizze Rn 198). Nicht gesetzlich geregelt ist der rechtliche Wegfall des bislang (mit-)sorgeberechtigten Kindesvaters durch rechtskrftige Feststellung seiner Nichtvaterschaft. Mit Rechtskraft dieser Entscheidung verliert der Vater nicht nur seine Vaterstellung, sondern ohne weiteres auch sein Sorgerecht, weil das Innehaben elterlicher Sorge statusrechtliche Elternschaft voraussetzt. Die sorgerechtliche Konsequenz ergibt sich daher bei bis dahin bestehender gemeinschaftlicher Sorge aus § 1680 Abs 1 BGB analog.468 Die Mutter ist alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge. 183 Alleinige elterliche Sorge eines Elternteils entsteht außerdem gem § 1680 Abs 3, 1 BGB kraft Gesetzes, wenn und soweit dem anderen bislang mitsorgeberechtigten Elternteil die elterliche Sorge nach § 1666 BGB entzogen wird (vgl Rn 336). § 1680 Abs 3, 1 BGB gilt analog, wenn der bislang nie sorgeberechtigte Kindesvater die bisher nach § 1626a Abs 2 BGB allein sorgeberechtigte Mutter des Kindes heiratet (vgl § 1626a Abs 1 Nr 2 BGB), 468

Staudinger/Coester § 1680 Rn 3.

V. Alleinige elterliche Sorge . . .

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der Mutter aber zum Zeitpunkt der Heirat die Sorge ganz oder teilweise entzogen war (dazu ausfhrlich Rn 178).469 Dem Kindesvater fllt mithin durch die Heirat die elterliche Sorge ex lege in dem Umfang allein zu, in dem sie der Mutter des Kindes infolge des Entzuges nicht mehr zusteht. Dagegen gelangt der nie sorgeberechtigt gewesene Kindesvater durch Sorgeerklrungen bei Disqualifikation der Mutter infolge (Teil-)Entzugs nicht kraft Gesetzes zur Alleinsorge, soweit sie der Mutter fehlt. Dazu bedarf es vielmehr einer gerichtlichen Entscheidung gem § 1680 Abs 3, 2 S 2 BGB (siehe Rn 154). Die gem § 1680 Abs 3, 1 BGB kraft Gesetzes entstandene Einelternsorge endet ohne weiteres mit der Entscheidung, durch die der Sorgerechtsentzug aufgehoben wird (§ 1696 Abs 2 BGB) und zwar mit Bekanntmachung an den Elternteil, dem die Sorge entzogen war, § 16 Abs 1 FGG. 2. Alleinsorge durch gerichtliche Entscheidung 2.1. Alleinsorge kraft Richterspruchs gem § 1671 BGB

Zur Alleinsorge eines Elternteils kann es auch durch gerichtliche Ent- 184 scheidung gem § 1671 BGB kommen. Leben die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern nicht nur vorbergehend getrennt, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil derselben fr das gemeinschaftliche Kind allein bertrgt, § 1671 Abs 1 BGB. Unerheblich ist, wodurch die gemeinsame elterliche Sorge begrndet wurde, ob sie also kraft Ehe besteht oder durch Sorgeerklrungen entstanden ist oder auf einer gerichtlichen Entscheidung (§ 1672 Abs 2 BGB oder § 1696 BGB) beruht. In Bezug auf das Entstehen der gemeinsamen Sorge durch Entscheidung nach § 1672 Abs 2 ist dies streitig.470 Wegen des eingeschrnkteren Anwendungsbereichs des 469 470

Staudinger/Coester § 1680 Rn 17. Zum Streitstand vgl Staudinger/Coester § 1671 Rn 27 ff.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

§ 1671 BGB spricht aber mehr dafr, die Vorschrift gegenber § 1696 BGB als lex specialis anzusehen. Eine vorgeburtliche Sorgerechtsregelung scheidet aus,471 da die elterliche Sorge erst mit Geburt des Kindes beginnt. Die dauerhaft getrennt lebenden Eltern kçnnen jeweils die bertragung der Sorge nach § 1671 BGB auch verlangen, wenn die gemeinsame Sorge nur in einem Teilbereich besteht, fr den die Alleinsorge begehrt wird.472 „Trennung“ im Sinne von § 1671 BGB setzt nicht voraus, dass die Eltern berhaupt jemals zusammengelebt haben.473 Der Regelung des § 1671 BGB ist im Umkehrschluss zum einen zu entnehmen, dass die Trennung der Eltern oder auch die Auflçsung einer ggf frher bestehenden Ehe durch Scheidung oder Aufhebung auf das Innehaben der Sorge keinen Einfluss hat. Zum anderen bieten weder die Auflçsung der Ehe noch die Trennung der Eltern fr sich genommen einen Grund, in das grundrechtlich geschtzte Elternrecht von Amts wegen einzugreifen. Eine Sorgerechtsregelung außerhalb des Anwendungsbereichs des § 1666 BGB verlangt daher (seit Inkrafttreten des KindRG am 1.7.1998) einen Antrag eines (mitsorgeberechtigten) Elternteils.474 In der (Teil-)bertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf einen Elternteil liegt nmlich stets – auch wenn dies in der Entscheidung nicht ausdrcklich ausgesprochen wird, um einen ggf bestehenden Elternkonflikt nicht unnçtig zu verschrfen475 – der Entzug der Sorge des anderen Elternteils, soweit die bertragung reicht. In diesem Umfang entfllt die Ausbungsbindung der §§ 1627 bis 1629 BGB des insoweit allein sorgeberechtigten Elternteils. 185 Gem § 1671 Abs 2 Nr 1 BGB ist dem Antrag stattzugeben, soweit der andere Elternteil, der die Sorge insoweit verliert, zustimmt, es sei 471 472 473 474 475

AG Ldenscheid FamRZ 2005, 51. Schwab FamRZ 1998, 457, 461. Diederichsen NJW 1998, 1977, 1985. Zur Gesetzesgeschichte und dem Grund der Neuregelung des § 1671 BGB durch das KindRG vgl ua Staudinger/Coester § 1671 Rn 4 ff. BT-Drucks 13/4899 S 99.

V. Alleinige elterliche Sorge . . .

165

denn, dass das mindestens 14 Jahre alte, nicht geschftsunfhige Kind widerspricht. Das Familiengericht ist folglich grundstzlich an die elterliche bereinstimmung gebunden, sodass es bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1671 Abs 2 Nr 1 BGB nicht zu einer Kontrolle kommt, ob die Elternentscheidung mit dem Kindeswohl vereinbar ist.476 Die Grenze bildet hier lediglich eine Kindeswohlgefhrdung, bei deren Vorliegen gem §§ 1671 Abs 3, 1666 BGB ausnahmsweise eine von dem Elternvorschlag abweichende Regelung zu treffen ist. Bei streitigen Antrgen oder einem Widerspruch des Kindes, das das 186 14. Lebensjahr vollendet hat und nicht geschftsunfhig ist, ist das Gericht hingegen nicht an den Antrag gebunden, und zwar weder im Hinblick auf die bertragung an sich noch in Bezug auf den Umfang der begehrten bertragung. Nach § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB ist einem elterlichen bertragungsantrag nmlich nur stattzugeben, wenn zu erwarten ist, dass die (Teil-)Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die bertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Es bedarf daher einer doppelten Kindeswohlprfung: Zum einen ist zu klren, ob die Aufhebung der gemeinsamen Sorge, und zum anderen, ob die bertragung der Sorge gerade auf den Antragsteller dem Kindeswohl am besten entspricht.477 Dabei hat sich das Gericht nach Maßgabe des Verhltnismßigkeitsgrundsatzes gegenber dem Antrag mit Teilentscheidungen (= milderes Mittel) zu begngen, wo immer dies dem Kindeswohl Genge tut.478 Fr die bertragungsentscheidung bei streitigen Antrgen spielte bis 187 zur insoweit „klarstellenden“ Entscheidung des BGH vom 29.9.1999479 neben vielen anderen einzelfallabhngigen Aspekten der Streit um die Frage eine wesentliche Rolle, ob die gemeinsame 476 477 478 479

Staudinger/Coester § 1671 Rn 65 mwN. Schilling NJW 2007, 3233, 3237. BVerfG FamRZ 2004, 1015 = FPR 2004, 393 = FamRB 2004, 291. NJW 2000, 203 = FamRZ 1999, 1646 m Anm Bode FamRZ 2000, 478 = FuR 2000, 88 = FF 1999, 184 m Anm Oelkers FF 2000, 26 = MDR 2000, 31 m Anm Oelkers = NJWE-FER 2000, 114 = Rpfleger 2000, 111 = DEuFamR 2000, 51 m Anm Coester = Kind-Prax 1999, 198, vgl auch die Besprechungsaufstze von Born FamRZ 2000, 396 ff und Sittig/Stçrr FuR 2000, 199 ff.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

elterliche Sorge den Regelfall bildet, sodass die Alleinsorge eine begrndungsbedrftige Ausnahme ist,480 oder ob zwischen gemeinsamer und alleiniger Elternsorge kein (gesetzliches) Regel-Ausnahmeverhltnis besteht.481 Das Problem hat(te) durchaus nicht nur akademische Bedeutung, denn die Anforderungen an die Begrndung der Alleinsorge durch bertragung auf einen Elternteil nach § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB wurden unterschiedlich beurteilt, je nach dem, welcher Meinung das Gericht folgte. Nach dem sich der BGH in besagter Entscheidung der Auffassung angeschlossen hat, nach der kein Regel-Ausnahmeverhltnis besteht und dem auch das BVerfG482 gefolgt ist, scheint der Streit zumindest theoretisch beendet zu sein. Das Gesetz stellt weder die Vermutung auf, dass die gemeinsame Sorge nach Trennung der Eltern im Zweifel die fr das Kind beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung ist, noch ist mit der Regelung des § 1671 BGB eine derartige Prioritt zugunsten der gemeinsamen Sorge verbunden, dass die Alleinsorge eines Elternteils nur in Ausnahmefllen als ultima ratio in Betracht kommen soll.483 An dieser Beurteilung ndert auch die Entscheidung des BVerfG vom 1.3.2004484 nichts, in der dem gemeinsamen elterlichen Sorgerecht unter elternrechtlichen Aspekten eine Vorrangrolle zugewiesen wurde, weil der mit der Anordnung der alleinigen Elternsorge eines Elternteils nach § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB verbundene Entzug der Sorge des anderen Elternteils stets der Legitimation aus den Kindesinteressen bedarf. Das Alleinsorgerecht darf daher auch im Rahmen von § 1671 BGB nur begrndet werden, wenn die Kindesinteressen den Eingriff in das Elternrecht rechtfertigen, auch wenn fr diesen Eingriff nicht die Schwelle der sonst erforderlichen Kindeswohlgefhrdung maßgeblich ist (vgl § 1666 480 481 482

483 484

So ua Schwab FamRZ 1998, 457, 462. So BT-Drucks 13/4899 S 63. NJW-RR 2004, 577 = FamRZ 2004, 354 = FPR 2004, 260 = FuR 2004, 463 = JAmt 2004, 92; vgl auch BVerfG FamRZ 2007, 1876 = FF 2007, 311; vgl auch BGH NJW 2008, 994 = FamRZ 2008, 592 m Anm Luthin = MDR 2008, 452 = FF 2008, 110 = Rpfleger 2008, 300 = BGHReport 2008, 499 = NJW-Spezial 2008, 197 = FamRB 2008, 140 m Anm Motzer = FF 2008, 197 m Anm Finke = ZFE 2008, 189 (LS) = FPR 2008, 323 (LS) m Anm Born. Vogel FPR 2005, 65, 69. FamRZ 2004, 1015 = FPR 2004, 393 = FamRB 2004, 291.

V. Alleinige elterliche Sorge . . .

167

BGB), weil das Elternrecht im Verhltnis der Eltern zueinander geringeren Schutz als gegenber dem Staat oder Dritten genießt. Das bedeutet im Ergebnis, dass fr die Entscheidung ber den bertragungsantrag nach § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB einzelfallabhngig allein das Interesse des betroffenen Kindes ausschlaggebend ist.485 Da die gemeinsame Wahrnehmung der Elternverantwortung im Inte- 188 resse des Kindes ein Mindestmaß an bereinstimmung zwischen den Eltern voraussetzt, kommt der objektiven Kooperationsfhigkeit und der subjektiven Kooperationsbereitschaft der Eltern fr die Entscheidung besondere Bedeutung zu.486 Die Ausbung der gemeinsamen elterlichen Sorge erfordert hingegen nicht das Fortbestehen einer tragfhigen sozialen Beziehung zwischen den Eltern,487 denn gerade das Fehlen einer solchen kann der Grund fr die Nichtaufnahme des Zusammenlebens oder die Trennung der Eltern sein, die aber eben nicht mit der Ablehnung gemeinsamer Wahrnehmung der Elternverantwortung einhergehen muss.488 Im Hinblick auf die Kooperation der Eltern ist schließlich auch zu bercksichtigen, dass die Trennung der Eltern gem § 1687 Abs 1 S 2 BGB in Angelegenheiten des tglichen Lebens bereits zu einem alleinigen Ausbungsrecht desjenigen Elternteils fhrt, bei dem sich das Kind rechtmßig aufhlt, wodurch der Konfliktstoff von vornherein ausgednnt ist.489 Kooperation ist daher nur in den Angelegenheiten erforderlich, deren Regelung fr das Kind von erheblicher Bedeutung ist. Solche Angelegenheiten kommen aber in aller Regel weniger hufig vor, womit das Konfliktpotential weiter gemindert ist. Allerdings kann die bertra485

486

487

488 489

Vgl auch die Aufzhlung von Schilling zu im konkreten Einzelfall beachtlichen Kriterien ( NJW 2007, 3233, 3238, 3239) sowie Bte FuR 2008, 53, 58, 59 und Wanitzek FamRZ 2008, 933 ff. Vgl BVerfG NJW-RR 2004, 577 = FamRZ 2004, 354 = FuR 2004, 463= JAmt 2004, 92 = FPR 2004, 260; vgl auch KG FamRZ 2007, 754 und BGH NJW 2008, 994 = FamRZ 2008, 592 m Anm Luthin = MDR 2008, 452 = FF 2008, 110 = Rpfleger 2008, 300 = BGHReport 2008, 499 = NJW-Spezial 2008, 197 = FamRB 2008, 140 m Anm Motzer = FF 2008, 197 m Anm Finke = ZFE 2008, 189 (LS) = FPR 2008, 323 (LS) m Anm Born. So aber BVerfG NJW-RR 2004, 577 = FamRZ 2004, 354 = FuR 2004, 463= JAmt 2004, 92 = FPR 2004, 260; dass FamRZ 2004, 1015 = FPR 2004, 393 = FamRB 2004, 291. Motzer FamRZ 2004, 1145, 1155. Coester FPR 2005, 60, 62.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

gung nicht deshalb abgelehnt werden, weil zum Zeitpunkt der Entscheidung solche Angelegenheiten nicht absehbar sind,490 da sich die Situation jederzeit ndern kann. Das Verlangen nach Bereitschaft der Eltern, im Interesse des Kindes in entscheidenden Fragen aufeinander zuzugehen, bedeutet aber nicht, dass fehlende Kooperation fr die bertragung der Sorge auf einen Elternteil stets gengt.491 Vielmehr mssen die Auswirkungen von Konflikten der Eltern auf das Kindeswohl einzelfallbezogen gewrdigt werden.492 So lehnte es der BGH493 beispielsweise ab, einem Streit der Eltern ber die religiçse Erziehung generell ausschlaggebende Bedeutung fr eine Sorgerechtsentscheidung nach § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB beizumessen, und zwar auch deshalb, weil der Umstand, dass die Eltern tief zerstritten seien allein noch nichts ber deren (Un-)Fhigkeit aussage, in Angelegenheiten des Kindes zu gemeinsamen kindeswohlvertrglichen Lçsungen zu gelangen. ber das Kindeswohl hinaus ist jeweils zu prfen, ob im Hinblick auf festgestellte konkrete Streitfragen nicht weniger einschneidende Maßnahmen als der Entzug des Sorgerechts zu Lasten des anderen Elternteils in Betracht kommen, wie etwa eine bertragung der Alleinentscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB oder eine Entscheidung gem § 7 RKEG.494 Von wesentlicher Bedeutung fr die Entscheidung ist ferner die elterliche Erziehungseignung und -fhigkeit.495 Gemeint ist die Fhigkeit der Eltern, das Kind ausreichend kçrperlich, geistig und seelisch zu fçrdern und ihm Kontinuitt, Stabilitt und Sicherheit zu bieten.496 490 491 492 493

494

495 496

So aber OLG Brandenburg FamRZ 2003, 1952. Vogel FPR 2005, 65, 66 mwN auch zur gegenteiligen Auffassung. Staudinger/Coester § 1671 Rn 131; vgl auch OLG Hamm FamRZ 2006, 1058. BGH NJW 2005, 2080 = MDR 2005, 1112 = BGHReport 2005, 1194 = FamRZ 2005, 1167 m Anm Luthin und Weychardt FamRZ 2005, 1534 sowie Besprechungsaufsatz Ehinger FPR 2005, 367 f. BGH NJW 2005, 2080 = MDR 2005, 1112 = BGHReport 2005, 1194 = FamRZ 2005, 1167 m Anm Luthin und Weychardt FamRZ 2005, 1534 sowie Besprechungsaufsatz Ehinger FPR 2005, 367 f; allerdings scheidet bei einem Streit ber die religiçse Kindererziehung eine Entscheidung nach § 1628 BGB aus, weil § 7 RKEG gegenber dieser Vorschrift die speziellere Regelung ist. Vgl OLG Frankfurt JAmt 2005, 366; Wanitzek FamRZ 2008, 933, 935 mwN. Vogel FPR 2005, 65.

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Damit wird ua an die einen Eingriff in die elterliche Sorge nach § 1666 BGB rechtfertigenden Grnde angeknpft, ohne dass die Schwelle der Kindeswohlgefhrdung fr die bertragungsentscheidung nach § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB erreicht sein muss (s.o.). Erziehungsfhigkeit in diesem Sinne meint nmlich nicht nur die Fhigkeit des einzelnen Elternteils zur Ausbung der elterlichen Sorge, sondern auch die Fhigkeit zur gemeinsamen Ausbung. Deshalb sind auch Gewaltttigkeiten zwischen den Eltern als starkes Indiz fr Kooperationsunfhigkeit zu werten, die die Erziehungsfhigkeit wesentlich beeintrchtigen.497 Auch das Verlangen nach Kontinuitt geht ber die Eingriffsvoraussetzungen nach § 1666 BGB hinaus: So spielt bei fehlendem Elternkonsens zB auch die Geschwisterbindung eine Rolle fr eine bertragungsentscheidung nach § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB, weil insoweit ein mit der elterlichen Trennung mçglicherweise einhergehender weiterer Beziehungsverlust ausschlaggebend sein kann.498 Maßgeblich fr die Entscheidung ist zudem die Bindungstoleranz, dh die Bereitschaft und Fhigkeit, den Kontakt des Kindes zum anderen Elternteil zu untersttzen.499 Darber hinaus kann auch dem Willen des Kindes entscheidungserhebliches Gewicht zukommen.500 Eine grçßere rumliche Entfernung zwischen den Eltern steht der Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge hingegen nicht entgegen.501 Die Entscheidung obliegt dem Familiengericht (§ 1671 Abs 1 BGB), 189 und hier dem Richter/der Richterin (§ 14 Abs 1 Nr 15 RPflG). Sachlich und çrtlich zustndig ist in isolierten FGG-Verfahren in erster Linie das Amtsgericht am Wohnsitz des Kindes; bei fehlendem Wohnsitz ist der Aufenthalt des Kindes maßgeblich, §§ 621 Abs 1 497 498

499 500 501

BT-Drucks 13/4899 S 99; nher hierzu Will FPR 2004, 233, 234. Vgl AG Frstenfeldbruck FamRZ 2002, 1117; OLG Brandenburg FamRZ 2003, 1953; OLG Dresden NJW 2003, 148 = FamRZ 2003, 1489; vgl dazu auch Wanitzek FamRZ 2008, 933, 935, 936 mwN. Wanitzek FamRZ 2008, 933, 936 mwN. Vgl BVerfG 2007, 1876; siehe auch Wanitzek FamRZ 2008, 933, 936. OLG Brandenburg FamRZ 2003, 1952.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

Nr 1, 621a Abs 1 S 1 ZPO iVm §§ 64 Abs 1, 3 S 2, 43 Abs 1, 36 Abs 1 FGG. Ist eine Scheidungssache anhngig, ist nach § 621 Abs 2 Nr 1 ZPO das Gericht der Ehesache zustndig. Auch hier obliegt die Entscheidung dem Richter/der Richterin, § 14 Abs 1 Nr 15 RPflG. Vor der Entscheidung sind sowohl die Eltern des Kindes (§ 50 a FGG), als auch das Kind selbst nach Maßgabe des § 50 b FGG502 persçnlich, dh mndlich anzuhçren. Anzuhçren ist darber hinaus auch das Jugendamt (§ 49a Abs 1 Nr 9 FGG) sowie ggf vorhandene Pflegepersonen iSv § 50 c FGG. Darber hinaus hat das Gericht gem § 52 FGG auf ein Einvernehmen der am Verfahren Beteiligten hinzuwirken. Soweit dies zur Wahrnehmung der Kindesinteressen erforderlich ist, ist dem Kind gem § 50 FGG ein Verfahrenspfleger zu bestellen;503 in Betracht kommen insbesondere bei streitigen Antrgen § 50 Abs 1 oder Abs 2 Nr 1 FGG. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss, soweit sie nicht im Verbund mit der Ehesache durch Urteil zu treffen ist. Die im Verbundurteil ergangene Entscheidung ist ebenso wie die im isolierten Verfahren durch Beschluss getroffene durch befristete Beschwerde gem §§ 621e Abs 1, 629 Abs 2 S 1 ZPO anfechtbar. Etwas anderes gilt hinsichtlich der im Verbundurteil ergangenen Entscheidung nur, wenn auch die in der Ehesache getroffene Entscheidung angegriffen wird. In diesem Fall ist einheitlich das Rechtsmittel der Berufung gegeben. In beiden Fllen ist Rechtsmittelgericht das OLG, § 119 Abs 1 Nr 1a GVG.

502 503

Dazu ausfhrlich Zorn in Jansen, FGG, § 50 b Rn 7 ff. Ausfhrlich dazu Zorn in Jansen, FGG, § 50 Rn 9 ff.

V. Alleinige elterliche Sorge . . .

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2.2. Änderung der nach § 1671 BGB entstandenen Alleinsorge 2.2.1. (Wieder-)Begründung der gemeinsamen Sorge

Die auf der Grundlage des § 1671 BGB ergangene Entscheidung, die 190 zur Alleinsorge eines Elternteils gefhrt hat, kann gem § 1696 Abs 1 BGB aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berhrenden Grnden gendert und auf diesem Wege auch wieder die gemeinsame Sorge begrndet werden. Gemeinsame Sorge wird aber auch durch eine (erneute) Elternheirat wieder herbeigefhrt (vgl Rn 177). 2.2.2. Änderung der nach § 1671 BGB entstandenen Alleinsorge bei Ausfall des allein sorgeberechtigten Elternteils

Fllt der durch Entscheidung gem § 1671 BGB allein sorgeberech- 191 tigte Elternteil wegen Ruhens der elterlichen Sorge, Entziehung des Sorgerechts oder durch Tod, Todeserklrung oder Feststellung der Todeszeit aus, hat das Familiengericht von Amts wegen zu prfen, ob dem anderen, (insoweit) nicht mehr sorgeberechtigten Elternteil die Sorge zurckzubertragen ist. Fr den Fall des Todes des infolge einer Entscheidung nach § 1671 BGB oder § 1672 BGB allein sorgeberechtigten Elternteils ist dies speziell in § 1680 Abs 2 S 1 BGB geregelt. Das gilt gleichermaßen fr den Fall, dass der infolge der gerichtlichen bertragungsentscheidung allein sorgeberechtigte Elternteil fr tot erklrt oder seine Todeszeit nach den Vorschriften des VerschG festgestellt wurde, §§ 1677, 1681 Abs 1 BGB. Die bertragung auf den berlebenden, infolge der vorangegangenen gerichtlichen Entscheidung nicht mehr sorgeberechtigten Elternteil hat zu erfolgen, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht (vgl auch die bersichtsskizze Rn 198). Die bertragung hat Vorrang vor der Anordnung der Vormundschaft, sodass das Familiengericht zwingend zu prfen hat, ob sie erfolgen muss. Dem Gericht steht kein Ermessen zu, anstelle der

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

bertragung Vormundschaft anzuordnen, wenn die Voraussetzungen des § 1680 Abs 2 S 1 BGB gegeben sind. Denn die Vormundschaft ersetzt die elterliche Sorge nur, ohne sie zu verdrngen. 192 Nicht gesondert geregelt ist die Folge eines sonstigen Ausfalls (zB aufgrund Ruhens oder Entzugs der elterlichen Sorge) des durch gerichtliche Entscheidung nach § 1671 BGB allein sorgeberechtigten Elternteils. Das heißt freilich nicht, dass ohne weiteres Vormundschaft oder, bei partiellem Ausfall dieses Elternteils, Pflegschaft anzuordnen wre. Vielmehr hat das Gericht auch in diesen Fllen von Amts wegen zu prfen, ob in dem Ausfall des infolge der vorangegangenen bertragungsentscheidung allein sorgeberechtigten Elternteils ein triftiger, das Kindeswohl nachhaltig berhrender Grund iSv § 1696 BGB liegt, der das Gericht nach § 1696 Abs 1 BGB zur nderung der Entscheidung in Form einer Rckbertragung der Sorge auf den zu diesem Zeitpunkt nicht mehr sorgeberechtigten Elternteil verpflichtet. Auch eine solche nderungsentscheidung ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1696 BGB erneut abnderbar. 2.3. Alleinsorge des nicht mit der Mutter des Kindes verheirateten Kindesvaters durch gerichtliche Entscheidung 2.3.1. Alleinsorge kraft Richterspruchs gem § 1672 Abs 1 BGB

193 Zu einer nderung der Sorgerechtsverhltnisse kann es auch durch gerichtliche Entscheidung gem § 1672 Abs 1 BGB kommen. Gem § 1672 Abs 1 S 1 BGB kann der von der Mutter des Kindes dauerhaft getrennt lebende Kindesvater mit deren Zustimmung beantragen, dass das Familiengericht ihm die elterliche Sorge oder einen Teil derselben allein bertrgt. Eine antragsgemße Entscheidung fhrt zu einem Sorgerechtswechsel. Da das Gesetz von der (Teil-)bertragung der alleinigen elterlichen Sorge spricht, verliert die Mutter die Sorge im Umfang der bertragung, whrend der Kindesvater insoweit (erstmals) Inhaber der Sorge wird.

V. Alleinige elterliche Sorge . . .

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Die bertragung der Sorge nach § 1672 Abs 1 BGB auf den nicht mit der Kindesmutter verheirateten Kindesvater setzt aber voraus, dass die Sorge der Mutter gem § 1626a Abs 2 BGB ex lege also nicht durch gerichtliche Entscheidung allein zusteht (originre Alleinsorge). Darber hinaus mssen die Eltern im Zeitpunkt der Entscheidung nicht nur vorbergehend getrennt leben; auch hier kommt es nicht darauf an, ob sie berhaupt jemals zusammengelebt haben (vgl Rn 184). Die Zustimmung der Mutter kann auch noch innerhalb des Verfahrens erklrt werden,504 eine Ersetzung der mtterlichen Zustimmung scheidet indes aus.505 Der mtterlichen Zustimmung bedarf es nur dann nicht, wenn sie in die Annahme ihres Kindes eingewilligt hat, § 1751 Abs 1 S 6 BGB.506 Neben der in allen anderen Fllen erforderlichen Zustimmung der Kindesmutter setzt die bertragung der Sorge auf den bisher nicht sorgeberechtigten Vater Kindeswohldienlichkeit voraus, § 1672 Abs 1 S 2 BGB. Diese an den Sorgerechtswechsel gestellten Anforderungen (Zustimmung der Mutter und Kindeswohldienlichkeit) werden zu Recht fr verfassungsrechtlich bedenklich gehalten, denn es kommt damit zu einer Schlechterstellung eines Vaters, der bislang noch nicht Sorgerechtsinhaber war gegenber einem solchen, dem die Sorge bereits zustand.507 Ersterer kann – anders als Letzterer – nicht gegen den Willen der Mutter zur Sorge gelangen (Ausnahme § 1751 Abs 1 S 6 BGB), ohne dass das Kindeswohl eine solche Differenzierung rechtfertigt. Selbst elterlicher Konsens ber den Sorgerechtswechsel gengt nicht, vielmehr ist daneben eine positive Kindeswohlprfung erforderlich. 504 505 506

507

AG Tempelhof-Kreuzberg FamRZ 2002, 568. AG Pankow-Weißensee FamRZ 2000, 1241. Vgl dazu BGH NJW 2008, 223 = BGHReport 2008, 129 = FamRZ 2007, 1969 m Anm Zenz FamRZ 2007, 2060 = MDR 2008, 28 = FuR 2007, 558 = Rpfleger 2008, 23 = JAmt 2007, 547 = FF 2007, 313 = NJ 2007, 554 (LS) = NJW-Spezial 2008, 5 (LS) = ZKJ 2008, 42 (LS) = FamRB 2008, 38 (LS) m Anm Motzer = FPR 2008, 61 (LS). Vgl Staudinger/Coester § 1672 Rn 9.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

Das BVerfG508 hat die Anforderungen einer bertragungsentscheidung nach § 1672 Abs 1 BGB in einer Entscheidung vom 23.4.2003 fr verfassungskonform erklrt, ohne sich jedoch mit den verfassungsrechtlichen Problemen der Norm berhaupt auseinanderzusetzen (vgl Rn 132). Aus diesem Grund wird der Entscheidung auch zu Recht jede Bedeutung fr die verfassungsrechtliche Beurteilung abgesprochen.509 Es liegt aber nahe, die Anforderungen an eine bertragungsentscheidung zu reduzieren. Hierfr spricht eine sptere Entscheidung des BVerfG vom 8.12.2005.510 Das Gericht hatte in dieser Entscheidung festgestellt, dass die „Kindeswohldienlichkeit“ im Lichte des verfassungsrechtlich auch dem nicht mit der Kindesmutter verheirateten Kindesvater garantierten Elternrechts (Art 6 Abs 2 S 1 GG) zu beurteilen ist, sodass eine Sorgerechtsbertragung regelmßig dem Kindeswohl dient, solange nicht konkret feststellbare Kindesinteressen der bertragung widersprechen. Dass diese Auslegung des Tatbestands der Kindeswohldienlichkeit, wie die Kammer meint, tatschlich nur geboten sein soll, wenn der nicht sorgeberechtigte Kindesvater ber einen lngeren Zeitraum die elterliche Sorge zwar nicht in rechtlicher, aber in tatschlicher Hinsicht wahrgenommen hat, ist allerdings im Hinblick darauf nicht einzusehen, dass sich das verfassungsrechtlich geschtzte Elternrecht eines ehemals sorgeberechtigt gewesenen Kindesvaters nicht von dem des bisher nicht sorgeberechtigt gewesenen Vaters unterscheidet.511 Die besagte Entscheidung bezog sich indes auf eine aufgrund eines (Teil-)Entzugs des mtterlichen Sorgerechts nach § 1680 Abs 3, 2 S 2 BGB anstehende bertragungsentscheidung, sodass die Voraussetzungen einer solchen bertragung der Sorge auf den nie sorgeberechtigten Kindesvater von den hier in Rede stehenden insoweit abweichen, als die Mutter im Falle des § 1680 Abs 3 BGB als Sorgerechtsinhaberin ausgefallen sein muss, whrend sie die Sorge fr eine Entscheidung nach § 1672 Abs 1 BGB gerade innehaben muss. 508 509 510 511

FamRZ 2003, 1447 m krit Anm Coester FamRZ 2004, 87 f. Staudinger/Coester § 1672 Rn 2. FamRZ 2006, 385 m Anm Luthin = NJW 2006, 1723, vgl dazu auch den Besprechungsaufsatz von Jaeger FPR 2007, 101 ff. So im Ergebnis auch Jaeger FPR 2007, 101, 103.

V. Alleinige elterliche Sorge . . .

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Aber der von § 1680 Abs 3 BGB fr eine bertragung vorausgesetzte Ausfall der Mutter wird ohne weiteres durch die in § 1672 Abs 1 BGB verlangte mtterliche Zustimmung aufgefangen, sodass an eine bertragungsentscheidung nach § 1672 BGB wegen der Vergleichbarkeit der Sachverhalte im Ergebnis keine hçheren Anforderungen gestellt werden kçnnen, als an eine solche nach § 1680 Abs 3, 2 S 2 BGB. Der erluterten Absenkung der bertragungsvoraussetzung „Kindeswohldienlichkeit“ steht auch die Entscheidung des BVerfG vom 23.4.2003 (s.o.) nicht entgegen, da sich das Gericht darin nicht mit den verfassungsrechtlichen Aspekten der einzelnen Tatbestnde des § 1672 BGB befasst hat. Schließlich ist auch der BGH der Auffassung, dass die bertragung der Sorge auf den Kindesvater fr den Fall, dass die Zustimmung der Mutter des Kindes entbehrlich ist, weil diese in die Annahme ihres Kindes eingewilligt hat (§ 1751 Abs 1 S 6 BGB), in verfassungskonformer Auslegung § 1672 Abs 1 BGB nur verlangt, dass diese dem Kindeswohl nicht widerspricht.512 Die Ablehnung der Sorgerechtsbertragung auf den Kindesvater ist aber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn konkret feststellbare Kindesinteressen der bertragung widersprechen.513 Die bertragungsentscheidung obliegt dem Familiengericht (§ 1672 194 Abs 1 BGB), und ist hier gem § 14 Abs 1 Nr 15 RPflG dem Richter/ der Richterin vorbehalten. Sachlich und çrtlich ist in erster Linie das Amtsgericht am Wohnsitz des Kindes zustndig, bei fehlendem Wohnsitz ist der Aufenthalt des Kindes maßgeblich, §§ 621 Abs 1 Nr 1, 621a Abs 1 S 1 ZPO iVm § 64 Abs 1, 3 S 2, 43 Abs 1, 36 Abs 1 FGG. 512

513

BGH NJW 2008, 223 = BGHReport 2008, 129 = FamRZ 2007, 1969 m Anm Zenz FamRZ 2007, 2060 = MDR 2008, 28 = FuR 2007, 558 = Rpfleger 2008, 23 = JAmt 2007, 547 = FF 2007, 313 = NJ 2007, 554 (LS) = NJW-Spezial 2008, 5 (LS) = ZKJ 2008, 42 (LS) = FamRB 2008, 38 (LS) m Anm Motzer = FPR 2008, 61 (LS). Vgl BVerfG FamRZ 2008, 381 = FuR 2008, 133 = ZKJ 2008, 165 = FF 2008, 78 = FamRB 2008, 72 (LS) m Anm Vçlker.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

Auch in diesem Verfahren sind gem § 50 a FGG die Eltern, nach Maßgabe des § 50 b FGG das Kind und nach Maßgabe des § 50 c FGG Pflegepersonen sowie gem § 49a Abs 1 Nr 9 FGG das Jugendamt zu hçren. Anfechtbar ist die Entscheidung mit der befristeten Beschwerde nach § 621e Abs 1 ZPO, die binnen eines Monats beim OLG einzulegen ist, §§ 621e Abs 3, 517 ZPO, § 64 Abs 3 S 1 Hs 2 FGG, § 119 Abs 1 Nr 1a GVG. 2.3.2. Änderung der nach § 1672 Abs 1 BGB entstandenen Alleinsorge a) Begründung der gemeinsamen Sorge

195 Soweit eine bertragung nach § 1672 Abs 1 BGB stattgefunden hat, kann in diesem Umfang (erstmals) die gemeinsame Elternsorge gem § 1672 Abs 2 S 1 BGB durch erneute gerichtliche Entscheidung begrndet werden. Voraussetzung dieser nderungsentscheidung ist ein Antrag eines Elternteils sowie die Zustimmung des anderen Elternteils; daneben darf die Begrndung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl nicht widersprechen (= negative Kindeswohlprfung). Die erstmalige Begrndung der gemeinsamen Sorge durch gerichtliche Entscheidung gem § 1672 Abs 2 BGB ist auch dann mçglich, wenn das Gericht zwischenzeitlich die nach § 1672 Abs 1 BGB getroffene Entscheidung zB gem § 1696 BGB aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berhrenden Grnden gendert und die Sorge der Mutter zurckbertragen hat, § 1672 Abs 2 S 2 BGB. Hintergrund dieser Regelung ist § 1626b Abs 3 BGB, nach dem die Begrndung der gemeinsamen Sorge durch Sorgeerklrung nicht (mehr) mçglich ist, soweit zuvor eine Entscheidung gem § 1672 BGB getroffen wurde. § 1672 Abs 2 BGB wird zu Recht fr berflssig und Verwirrung stiftend gehalten, weil jede nderung einer nach § 1672 Abs 1 BGB ergangenen Entscheidung zugleich ein Fall des § 1696 BGB ist. Auch die Begrndung der gemeinsamen Sorge in Abnderung der nach § 1672 Abs 1 BGB ergangenen Entscheidung kann nach § 1696 Abs 1 BGB erfolgen,514 wobei der elterliche Konsens, welcher in 514

AA Greßmann Rn 240 in Anlehnung an BT-Drucks 13/4899 S 101.

V. Alleinige elterliche Sorge . . .

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§ 1672 Abs 2 BGB explizit gefordert ist, auch im Rahmen einer nderungsentscheidung nach § 1696 Abs 1 BGB unbestritten beachtlich ist515 und die Einigung der Eltern zur Wiederherstellung der gemeinsamen Sorge daher auch einen triftigen, das Kindeswohl nachhaltig berhrenden Grund iSv § 1696 Abs 1 BGB darstellt.516 Unberhrt bleibt außerdem auch bei vorangegangener Entscheidung nach § 1672 BGB die Begrndung der gemeinsamen Sorge durch Heirat, § 1626 Abs 1 Nr 2 BGB (vgl Rn 177). b) Änderung der nach § 1672 Abs 1 BGB entstandenen Alleinsorge bei Ausfall des Kindesvaters

Auch der durch Sorgeentscheidung nach § 1672 Abs 1 BGB allein sor- 196 geberechtigte Kindesvater kann wegen Ruhens der elterlichen Sorge, Entziehung des Sorgerechts oder durch Tod, Todeserklrung oder Feststellung der Todeszeit ausfallen. Ebenso wie bei einem nach § 1671 BGB entstandenen Alleinsorgerecht, hat das Familiengericht auch in diesen Fllen von Amts wegen zu prfen, ob der infolge der Entscheidung im Umfang der bertragung nach § 1672 Abs 1 BGB nicht mehr sorgeberechtigten Kindesmutter die Sorge zurckzubertragen ist. Grundlage fr eine solche „nderungsentscheidung“ ist ebenso wie bei dem nach § 1671 BGB allein sorgeberechtigten Elternteil entweder § 1680 Abs 2 S 1 BGB (bei Tod, Todeserklrung oder Feststellung der Todeszeit), andernfalls § 1696 BGB, sodass das hierzu zu § 1671 BGB Ausgefhrte (Rn 190 ff) ohne Einschrnkungen auch fr den Fall gilt, dass der nach § 1672 Abs 1 BGB allein sorgeberechtigte Kindesvater ausfllt. 2.3.3. Übertragung der Sorge auf den nicht sorgeberechtigten Kindesvater bei Ausfall der nach § 1626a Abs 2 BGB allein sorgeberechtigten Kindesmutter

Dem nicht mit der Kindesmutter verheirateten Kindesvater ist die 197 Sorge gem § 1680 Abs 2 S 2 BGB auch dann zu bertragen, wenn 515 516

Vgl ua Palandt/Diederichsen § 1696 Rn 22. OLG Dresden FamRZ 2002, 632.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

die Kindesmutter verstirbt oder sie fr tot erklrt oder ihre Todeszeit nach den Vorschriften des VerschG festgestellt wird (vgl §§ 1677, 1681 Abs 1 BGB) und die bertragung dem Kindeswohl dient. Auch insoweit kommt der verfassungsgerichtlichen Entscheidung vom 8.12.2005517 (dazu Rn 193) hinsichtlich der Auslegung des Tatbestands Kindeswohldienlichkeit Bedeutung zu, sodass davon auszugehen ist, dass die Sorgerechtsbertragung dem Kindeswohl dient, solange nicht konkret feststellbare Kindesinteressen der bertragung widersprechen. Nach dem Wortlaut der Norm hat die bertragung bei Kindeswohldienlichkeit zu erfolgen, worin der Vorrang der Eltern vor der Anordnung von Vormundschaft oder Pflegschaft als lediglich ersetzende Institute zum Ausdruck kommt, ohne dass die Kindesinteressen unbercksichtigt blieben (positive Kindeswohlprfung!).518 Die Auffassung des AG Leverkusen519, nach der die bertragung nur erfolgen „soll“, eine solche aber keinen Vorrang habe, sodass der Vater auch (im entschiedenen Fall) zum (Mit-)Vormund bestellt werden kçnne, findet im Gesetz keine Sttze. Auch die Begrndung der Entscheidung, nach der das staatliche Wchteramt (Art 6 Abs 2 S 2 GG) keine andere Auslegung der Norm rechtfertige, vermag fr sich genommen nicht zu berzeugen, weil dieses Wchteramt den Elternprimat nicht verdrngt. Im brigen ist der Entscheidung zu entnehmen, dass der bisher nicht sorgeberechtigte Kindesvater fr das Kind bislang schon tatschliche Verantwortung (mit-) bernommen hatte, sodass diese Begrndung fr die unterbliebene bertragung im Lichte der allerdings erst nach der Entscheidung des AG Leverkusen ergangenen verfassungsgerichtlichen Entscheidung vom 8.12.2005 auch zu kurz greift, weil das BVerfG in besagter Entscheidung festgestellt hat, dass die bertragung in solchen Fllen regelmßig dem Kindeswohl dient. Davon zu unterscheiden ist indes, dass die bertragung mangels Kindeswohldienlichkeit unterbleiben kann. Die Ablehnung der Sor517 518 519

FamRZ 2006, 385 m Anm Luthin = NJW 2006, 1723, vgl dazu auch den Besprechungsaufsatz von Jaeger FPR 2007, 101 ff. So im Ergebnis auch Rotax FPR 2008, 151, 152. FamRZ 2004, 1127 m Anm van Els FamRZ 2005, 231.

V. Alleinige elterliche Sorge . . .

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gerechtsbertragung auf den Kindesvater nach dem Tod der Kindesmutter ist nmlich verfassungsrechtlich (nur) dann nicht zu beanstanden, wenn konkret feststellbare Kindesinteressen der bertragung widersprechen.520 Angesichts der weiteren Ausfhrungen des Gerichts steht zwar zu vermuten, dass das Problem darin und nicht in einem Vorrang-NachrangVerhltnis lag, missverstndlich und die Praxis mçglicherweise in nicht beabsichtigter Weise beeinflussend sind die Ausfhrungen gleichwohl, weil nicht klar herausgearbeitet wird, dass bei Erfllung der Tatbestnde des § 1680 Abs 2 S 2 BGB dem Gericht nicht die Mçglichkeit („soll“) bleibt, den Vater stattdessen doch lieber nur zum Vormund zu bestellen. V.

bersichtsskizze: Folgen des Todes, der Todeserklrung oder Feststellung der Todeszeit eines sorgeberechtigten Elternteils

Verstorbener Elternteil war nicht allein sorgeberechtigt

Verstorbener Elternteil war allein sorgeberechtigt gem § 1671 oder § 1672 BGB der andere ist kraft Geset- § 1680 Abs 2 S 1 BGB zes allein sorgeberechtigt, (ggf iVm § 1681 Abs 1 § 1680 Abs 1 BGB ggf BGB): (Rck-)bertraiVm § 1681 BGB gung der Sorge auf den anderen Elternteil, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht (= negative Kindeswohlprfung), andernfalls Vormundschaft (§ 1773 Abs 1 Alt 1 BGB)

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Verstorbener Elternteil (= Kindesmutter) war allein sorgeberechtigt gem § 1626a Abs 2 BGB § 1680 Abs 2 S 2 BGB (ggf iVm § 1681 Abs 1 BGB): bertragung der Sorge auf den Kindesvater bei Kindeswohldienlichkeit (= positive Kindeswohlprfung), andernfalls Vormundschaft (§ 1773 Abs 1 Alt 1 BGB)

Eine bertragung der Sorge auf den bisher noch nicht sorgeberechtigt 199 gewesenen Kindesvater hat bei Kindeswohldienlichkeit ferner in dem Umfang zu erfolgen, in dem der Kindesmutter die Sorge infolge eines (Teil-)Sorgerechtsentzuges nach § 1666 BGB nicht mehr zusteht, § 1680 Abs 3, 2 S 2 BGB. 520

BVerfG FamRZ 2008, 381 = FuR 2008, 133 = ZKJ 2008, 165 = FF 2008, 78 = FamRB 2008, 72 (LS) m Anm Vçlker.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

Schließlich hat die bertragung der Sorge auf den Vater zu erfolgen, wenn die Sorge der nach § 1626a Abs 2 BGB allein sorgeberechtigten Kindesmutter ruht, keine Aussicht besteht, dass der Grund des Ruhens wegfllt und die bertragung dem Kindeswohl dient, § 1678 Abs 2 BGB. Diese bertragungsentscheidungen kçnnen gem § 1696 Abs 1 BGB aus triftigen, das Kindeswohl nachhaltig berhrenden Grnden gendert werden, sodass die Kindesmutter grundstzlich wieder zur Sorge gelangen kann (abgesehen von einer wegen deren Tod erfolgten bertragung). 200 Die erwhnten bertragungsentscheidungen obliegen dem Familiengericht (§ 1680 Abs 2 S 2 BGB ggf iVm § 1680 Abs 3 BGB, § 1681 Abs 1 BGB bzw § 1678 Abs 2 BGB). Funktionell zustndig ist gem § 14 Abs 1 Nr 15 RPflG der Richter/die Richterin. Sachlich und çrtlich ist in erster Linie das Amtsgericht am Wohnsitz des Kindes zustndig, bei fehlendem Wohnsitz ist der Aufenthalt des Kindes maßgeblich, §§ 621 Abs 1 Nr 1, 621a Abs 1 S 1 ZPO iVm §§ 64 Abs 1, 3 S 2, 43 Abs 1, 36 Abs 1 FGG. Auch in diesen Verfahren sind gem § 50 a FGG die Eltern, nach Maßgabe des § 50 b FGG das Kind sowie nach § 50 c FGG etwaige Pflegepersonen zu hçren. Außerdem besteht die Pflicht, das Jugendamt anzuhçren, was sich fr den Fall einer mçglichen bertragung aufgrund Todes des Elternteils aus § 49a Abs 1 Nr 11 FGG, fr den Fall einer bertragung wegen Entziehung der Sorge aus § 49a Abs 1 Nr 12 FGG und fr den Fall, dass ber eine bertragung gem § 1678 Abs 2 BGB zu entscheiden ist, aus § 49a Abs 1 Nr 10 FGG ergibt. Anfechtbar ist die Entscheidung mit der befristeten Beschwerde nach § 621e Abs 1 ZPO, die binnen eines Monats beim OLG einzulegen ist, §§ 621e Abs 3, 517 ZPO, § 64 Abs 3 S 1 FGG, § 119 Abs 1 Nr 1a GVG. Unterbleibt die bertragung, ist Vormundschaft anzuordnen, sofern der Kindesmutter (zB durch Tod) die gesamte Sorge fehlt, § 1773 Abs 1 Alt 1 BGB. Wurden ihr nur Teile der Sorge entzogen oder ruht

V. Alleinige elterliche Sorge . . .

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ihre Sorge nur partiell, scheidet die Anordnung der Vormundschaft aus, stattdessen ist Ergnzungspflegschaft anzuordnen. 3. Übergangsregelungen bei Ehelicherklärung gem §§ 1723 ff BGB aF 3.1. Die Übergangsregelung des Art 224 § 2 Abs 1 EGBGB

Mit dem Inkrafttreten des KindRG am 1.7.1998 ist die bis dahin beste- 201 hende Mçglichkeit der Ehelicherklrung §§ 1723 ff BGB aF ersatzlos entfallen. Nach der Beseitigung des Statusunterschieds zwischen „ehelicher“ und „nichtehelicher“ Kindschaft bestand kein Raum mehr fr die Ehelicherklrung. Die mit einer Ehelicherklrung verbundene Regelung des § 1738 BGB aF war bereits einige Jahre zuvor fr insoweit mit Art 6 Abs 2 und Abs 5 GG unvereinbar erklrt worden, als die Mutter auch in den Fllen das Recht und die Pflicht verlor, die elterliche Sorge auszuben (nicht die Sorge selbst, sondern nur das Ausbungsrecht), in denen Vater und Mutter mit dem Kind zusammenlebten, beide die Ehelichkeit mit der Maßgabe anstrebten, dass das Sorgerecht ihnen gemeinsam zustehen sollte und diese Regelung dem Kindeswohl entsprach.521 Art 224 § 2 Abs 1 EGBGB bezieht sich auf die berleitung der vterlichen Sorge, die durch Ehelicherklrung nach altem Recht entstanden ist. Die in der Norm erwhnte Ehelicherklrung auf Antrag des Vaters fhrte grundstzlich dazu, dass die elterliche Sorge auf den Vater berging, da aus dem bislang nichtehelichen Kind ein eheliches Kind des Vaters wurde, § 1736 BGB aF. Die Kindesmutter verlor dagegen die Berechtigung, die Sorge auszuben, § 1738 Abs 1 BGB aF. Fr die Ehelicherklrung bedurfte es der Einwilligung der Kindesmutter (§ 1726 BGB aF), die indes auf Antrag des Kindes gem § 1727 BGB aF ersetzt werden konnte, wenn dies aus schwerwiegenden Grnden zum Wohl des Kindes erforderlich war. Durch Art 224 § 2 Abs 1 EGBGB wurden die nach altem Recht auf Antrag des Vaters wirksam gewordenen Ehelicherklrungen Sorgerechtsentscheidungen gem § 1672 Abs 1 BGB nF gleichgestellt. 521

BVerfGE 84, 168 = NJW 1991, 944 = FamRZ 1991, 913.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

Dadurch wurde die nach altem Recht entstandene alleinige vterliche Sorge aufrechterhalten. Die Mutter, der bis zum 30.6.1998 nach § 1738 Abs 1 BGB aF durch die Ehelicherklrung nur die Ausbungsberechtigung fehlte, verlor damit zum 1.7.1998 die Sorge.522 Eine Rckbertragung ist aber mçglich, wie sich aus Art 224 § 2 Abs 1 S 2 EGBGB ergibt. Wie eine Sorgerechtsentscheidung gem § 1672 Abs 1 BGB kann aber auch die nach Art 224 § 2 Abs 1 EGBGB bergeleitete alleinige vterliche Sorge nur durch eine Entscheidung gem §§ 1672 Abs 2, 1680 Abs 2 S 1 oder 1696 BGB gendert werden. Im Falle des Todes des Vaters ist der Mutter die Sorge regelmßig gem § 1680 Abs 2 S 1 BGB zurckzubertragen, andernfalls kommt eine Rckbertragung mit der Folge der alleinigen Sorge der Mutter nur unter den in § 1696 BGB genannten Voraussetzungen in Betracht.523 Eine ebenfalls mçgliche nderung der Sorgerechtsverhltnisse nach § 1672 Abs 2 BGB setzt den Konsens beider Elternteile voraus. Durch Heirat der Eltern kann gemeinsame Sorge begrndet werden (vgl Rn 177), ohne dass es einer gerichtlichen Mitwirkung bedarf. Das Herbeifhren gemeinsamer Sorge durch Sorgeerklrung (§ 1626a Abs 1 Nr 1 BGB) scheidet hingegen aus, weil die durch Art 224 § 2 Abs 1 EGBGB bergeleitete vterliche Sorge jetzt so behandelt wird, als beruhe sie auf einer Entscheidung nach § 1672 Abs 1 BGB, die Sorgeerklrungen gem § 1626b Abs 3 BGB ebenfalls ausschließt.524 3.2. Die Übergangsregelung des Art 224 § 2 Abs 2 EGBGB

202 Gem Art 224 § 2 Abs 2 EGBGB hat die auf Antrag des Kindes nach dem Tod der Mutter ausgesprochene Ehelicherklrung die Wirkung einer Entscheidung nach § 1680 Abs 2 S 2 BGB. Nach § 1740 a BGB aF war ein nichteheliches Kind auf seinen Antrag vom Vormundschaftsgericht fr ehelich zu erklren, wenn die Eltern des Kindes ver522 523 524

Staudinger/Rauscher Art 224 § 2 Rn 11. BT-Drucks 13/4899 S 139. Liermann StAZ 1999, 321, 324.

VI. Hindernisse bei der Ausübung der elterlichen Sorge

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lobt waren und das Verlçbnis durch den Tod eines Elternteils aufgelçst worden war und das Kindeswohl der Ehelicherklrung nicht entgegenstand. Mit der nach dem Tode der Mutter nach § 1740 a BGB aF ausgesprochenen Ehelicherklrung erlangte das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Vaters, der damit auch Sorgerechtsinhaber wurde. Eine solche Entscheidung wurde durch Art 224 § 2 Abs 2 EGBGB bergeleitet in eine Entscheidung nach § 1680 Abs 2 S 2 BGB nF, sodass dem Vater die alleinige elterliche Sorge verblieb.

VI. Hindernisse bei der Ausübung der elterlichen Sorge 1. Allgemeines

Die Ausbung setzt regelmßig das Innehaben der elterlichen Sorge 203 voraus, ist aber mit ihm nicht deckungsgleich. Die Ausbung kçnnen die Eltern in gewissen Grenzen (vgl Rn 239) Dritten berlassen, die nicht Inhaber der elterlichen Sorge sind. Ausbungsbefugnisse verleiht das Gesetz einem bestimmten Personenkreis unter bestimmten Voraussetzungen aber auch ohne (ausdrckliche) Mitwirkung der sorgeberechtigten Eltern, vgl §§ 1687a, 1687b BGB, § 9 LPartG (nher dazu Rn 515 ff). Umgekehrt kann die Sorge den Eltern zwar zustehen, aber ruhen, wenn sie minderjhrig oder geschftsunfhig sind, sodass sie die Sorge nicht ausben kçnnen, §§ 1673, 1675 BGB. Gleiches gilt, wenn die Eltern in die Annahme ihres Kindes eingewilligt haben, § 1751 Abs 1 S 1 BGB. Auch die Feststellung der lngerfristigen Verhinderung an der Ausbung der Sorge gem § 1674 Abs 1 BGB durch das Familiengericht fhrt zu einem Ausbungshindernis, nicht aber zu einem Verlust der elterlichen Sorge. Schließlich kçnnen auch faktische Gegebenheiten und gerichtliche Entscheidungen zu einem Ausbungshindernis fhren, ohne die Substanz der elterlichen Sorge an sich zu berhren.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

2. Tatsächliche Verhinderung und Ruhen der elterlichen Sorge 2.1. Tatsächliche Verhinderung

204 Ist ein gemeinsam sorgeberechtigter Elternteil aus rein tatschlichen Grnden verhindert, die elterliche Sorge auszuben, bt sie der andere kraft Gesetzes allein aus, § 1678 Abs 1 Alt 1 BGB, ohne dass es auf die Dauer der Verhinderung des Elternteils ankommt. Erfasst sind also auch Verhinderungen von krzerer Dauer.525 205 Eine tatschliche Verhinderung kann auf einer rumlichen Abwesenheit des Elternteils beruhen, die aber nur dann als mit einem Alleinausbungsrecht des anderen Elternteils einhergehende tatschliche Verhinderung iSv § 1678 Abs 1 BGB zu qualifizieren ist, wenn der abwesende Elternteil auch unter Ausnutzung moderner Kommunikationsmittel die elterliche Sorge nicht ausben kann. Es kommt also nicht nur auf die rein tatschliche Verhinderung an, sondern auch auf die Unfhigkeit, die elterliche Sorge auszuben. Daher kann auch die Inhaftierung eines Elternteils dessen tatschliche Verhinderung bedeuten, wenn der inhaftierte Elternteil von dort aus keine Mçglichkeit hat, die Sorge auszuben. Um einen Missbrauch des alleinigen Ausbungsrechts, das gem § 1629 Abs 1 S 3 Alt 1 BGB mit einem Alleinvertretungsrecht verbunden ist, zu verhindern, ist als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 1678 Abs 1 Alt 1 BGB ein Frsorgebedrfnis erforderlich.526 Andernfalls kçnnte der Elternteil, der die Auffassung des anderen Elternteils in einer gemeinsam zu entscheidenden Angelegenheit nicht teilt, die tatschliche Verhinderung des anderen ausnutzen, um seine Entscheidung rechtlich durchzusetzen. 206 Das Alleinausbungsrecht setzt bezogen auf die Angelegenheit, in der das Frsorgebedrfnis besteht, gemeinsame Sorgeberechtigung voraus. Unerheblich ist, worauf diese beruht. Zur Entstehung des alleinigen Ausbungsrechts bedarf es keiner gerichtlichen Entscheidung. bt ein Elternteil die elterliche Sorge bei ansonsten bestehender 525 526

AG Holzminden FamRZ 2002, 560. Sonnenfeld Rpfleger 1995, 441, 442.

VI. Hindernisse bei der Ausübung der elterlichen Sorge

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gemeinsamer Sorge allein aus, entfllt die grundstzliche Pflicht zur einvernehmlichen Wahrnehmung der Sorge (vgl § 1627 BGB). Gem § 1629 Abs 1 S 3 Alt 1 BGB vertritt der allein ausbungsberechtigte Elternteil das Kind auch allein. Fllt die tatschliche Verhinderung weg, endet auch das alleinige Ausbungsrecht ohne weiteres. Ist auch der andere mitsorgeberechtigte Elternteil tatschlich verhin- 207 dert, wurde ihm die Sorge entzogen oder ist der tatschlich verhinderte Elternteil aus anderen Grnden allein sorgeberechtigt (zB gem § 1626a Abs 2 BGB) oder auch „nur“ allein ausbungsberechtigt (zB weil die Sorge des anderen Elternteils gem § 1673 Abs 1 BGB wegen Geschftsunfhigkeit ruht), greift § 1678 Abs 1 BGB hingegen nicht. Im Umfang des Frsorgebedrfnisses kommt die Anordnung einer Ergnzungspflegschaft nach § 1909 BGB in Betracht, weil die Voraussetzungen dieser Pflegschaft auch bei bloß tatschlicher Verhinderung der Eltern erfllt sind. In Eilfllen kann das Familiengericht eine notwendige Entscheidung gem § 1693 BGB auch selbst treffen. Die Anordnung einer Vormundschaft scheidet hingegen aus, weil die tatschliche Verhinderung der Eltern allein nicht deren Voraussetzungen herbeifhrt, vgl § 1773 BGB. Denn das Kind steht weiterhin unter elterlicher Sorge, da die tatschliche Ausbungsverhinderung nicht zu einem Rechtsverlust fhrt, und die Eltern sind auch berechtigt, wenn auch tatschlich nicht in der Lage, die Sorge auszuben (kein Fall des § 1675 BGB!). Entfllt die Ausbungsverhinderung, ist die Ergnzungspflegschaft von Amts wegen aufzuheben, § 1919 BGB. Mit Bekanntmachung der Aufhebungsentscheidung an den nicht mehr tatschlich verhinderten Elternteil ist dieser wieder ausbungsberechtigt, § 16 Abs 1 FGG. Bis dahin entfaltet die Pflegschaft die Wirkung des § 1630 Abs 1 BGB.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

2.2. Die Feststellung der längerfristigen tatsächlichen Verhinderung nach § 1674 BGB

208 Ist ein Elternteil auf lngere Zeit an der Ausbung der elterlichen Sorge tatschlich verhindert, kann das Familiengericht dies nach § 1674 Abs 1 BGB feststellen. Entgegen den immer wieder anzutreffenden Formulierungen (einschließlich der des BGH527 ) ist nicht das Ruhen, sondern die lngerfristige tatschliche Verhinderung festzustellen.528 Mit dieser Feststellung verliert der bisher nur tatschlich verhinderte Elternteil zwar nicht sein Sorgerecht,529 aber seine Ausbungsbefugnis. Aus der tatschlichen Verhinderung wird eine rechtliche, weil Rechtsfolge der Feststellung der tatschlichen Ausbungsverhinderung das Ruhen der Sorge ist (§ 1674 Abs 1 BGB), die gem § 1675 BGB die Nichtausbungsberechtigung bewirkt. 209 Voraussetzung einer Feststellung nach § 1674 Abs 1 BGB ist eine lngerfristige tatschliche Ausbungsverhinderung, wobei das Tatbestandsmerkmal „lngere Zeit“ rechtliche Eingriffe bei nur kurzfristiger Verhinderung ausschließen soll. Es kommt nur auf die knftige lngerfristige Verhinderung an; die in der Vergangenheit andauernde Verhinderung kann allerdings im Einzelfall Indiz fr deren Fortdauer sein. 210 Die tatschliche Verhinderung kann auch hier in einer rumlichen Abwesenheit (Auslandsaufenthalt, Inhaftierung, Auswanderung) liegen, wenn es an der Steuerungsfhigkeit etwa durch Ausnutzung moderner Kommunikationsmçglichkeiten fehlt. Von deren Fehlen kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden bei Strafhaft,530 anders bei lngerer Inhaftierung oder krzerer Inhaftierung mit zustzlichen Grnden, die eine verantwortliche Sorgeausbung verhindern. 527 528 529

530

BGH NJW 2005, 221 = FamRZ 2005, 29 = Rpfleger 2005, 83. Worauf bereits Sonnenfeld Rpfleger 1995, 441, 443, zutreffend, wenn auch offensichtlich leider vergeblich hingewiesen hat. Missverstndlich daher ua Ehinger FPR 2005, 253, 254, die davon spricht, dass der andere Elternteil nunmehr allein sorgeberechtigt sei, richtig aber ist, dass er nur allein ausbungsberechtigt ist. OLG Frankfurt FamRZ 2007, 753 = OLGR 2007, 364.

VI. Hindernisse bei der Ausübung der elterlichen Sorge

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Eine bloße psychische Abwesenheit gengt also nicht, wenn der Elternteil – sei es durch den anderen Elternteil, sei es durch sonstige Hilfskrfte bei der Ausbung der elterlichen Sorge – seine Kinder gut versorgt weiß und auf der Grundlage moderner Kommunikationsmittel oder Reisemçglichkeiten auch aus der Ferne Einfluss auf die Ausbung der elterlichen Sorge nehmen kann. Bei lngerfristiger Abwesenheit ist daher ein tatschliches Ausbungshindernis iS der Norm nur anzunehmen, wenn dem Elternteil nicht die Mçglichkeit verblieben ist, entweder im Wege der Aufsicht oder durch jederzeitige bernahme der Personen- und Vermçgenssorge zur eigenverantwortlichen Ausbung der Sorge zurckzukehren.531 Neben der durch Abwesenheit verursachten Ausbungsverhinderung 211 ist auch die auf geistigen oder psychischen Kompetenzmngeln unterhalb der Schwelle der Geschftsunfhigkeit beruhende faktische Verhinderung als Grund fr eine Feststellung nach § 1674 Abs 1 BGB anerkannt.532 Kann von Geschftsunfhigkeit (§ 104 Nr 2 BGB) nicht sicher ausgegangen werden, bestehen aber Zweifel an der Geschftsfhigkeit, kommt ebenfalls die Feststellung der tatschlichen Verhinderung zwecks Schaffung von Rechtssicherheit in Betracht. Problematisch ist hier aber das Verhltnis zu §§ 1666, 1666a BGB, nach denen einem Eingriff in die elterliche Sorge die Ausschçpfung aller Hilfsmçglichkeiten vorgeht, die den behinderten Eltern bei bloßer Anwendung von § 1674 Abs 1 BGB jedoch vorenthalten wrden. Bei dieser Art der „Verhinderung“ kann daher eine Feststellung nach § 1674 Abs 1 BGB nur eine Zwischenlçsung bis zur Klrung der nach §§ 1666, 1666a BGB notwendigen, aber auch ausreichenden Maßnahmen sein.533 Obwohl die Sorge des geschftsunfhigen Elternteils bereits kraft 212 Gesetzes ruht (§ 1673 Abs 1 BGB), wird zuweilen das Bedrfnis fr eine Feststellung nach § 1674 Abs 1 BGB auch bei Geschftsunfhig-

531

532 533

BGH NJW 2005, 221 = FamRZ 2005, 29 = Rpfleger 2005, 83; vgl auch OLG Nrnberg FamRZ 2006, 878 (LS), nach dem auch ein einjhriger Auslandsaufenthalt eines Soldaten nicht zu einer tatschlichen Verhinderung iSv § 1674 Abs 1 BGB fhrt, wenn dieser die Mçglichkeit zur Kommunikation hat. Staudinger/Coester § 1674 Rn 16. Staudinger/Coester § 1674 Rn 16.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

keit bejaht, um im Einzelfall bestehende Rechtsunsicherheiten zu beseitigen.534 Eine solche „Feststellung“ kann aber – anders als sonstige Entscheidungen nach § 1674 Abs 1 BGB – nur deklaratorische Wirkung entfalten, weil diese Feststellung das Ruhen eben nicht erst herbeifhrt.535 Fr eine solche Feststellung spricht indes, dass dem anderen Elternteil der Nachweis seiner Alleinausbungs- und damit Alleinvertretungsberechtigung erheblich erleichtert wird, weil er damit der Notwendigkeit enthoben ist, die Geschftsunfhigkeit des mitsorgeberechtigten Elternteils nachzuweisen.536 213 Die Feststellung der lngerfristigen Ausbungsverhinderung kann sich auch nur auf abgegrenzte Teilbereiche der elterlichen Sorge zB die Vermçgens- oder die Personensorge beschrnken, wenn der Elternteil die Sorge nur in einem Teilbereich langfristig tatschlich nicht ausben kann.537 Die Feststellung lngerfristiger Verhinderung in einem Teilbereich der Sorge fhrt zu einem auf diesen Bereich beschrnkten, partiellen Ruhen der elterlichen Sorge. 214 Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung zu § 1666 BGB, da die tatschliche Verhinderung im Einzelfall auch zu einer Kindeswohlgefhrdung fhren kann und weder § 1674 Abs 1 BGB noch § 1666 BGB ein Verschulden der Eltern verlangen. Fr die Frage, auf Grund welcher Vorschrift zu entscheiden ist, drfte zum einen maßgeblich sein, dass ein Sorgerechtsentzug nach § 1666 BGB – anders als die Feststellung der tatschlichen Verhinderung – stets eine Kindeswohlgefhrdung voraussetzt, die im konkreten Fall auch „festgestellt“ sein muss. Zum anderen ist zu beachten, dass die Feststellung nach § 1674 Abs 1 BGB die elterliche Sorge in ihrer Substanz stets unangetastet lsst, sodass darin, gemessen am Verhltnismßigkeitsgrundsatz, auch ein milderer Eingriff liegt.538 Deshalb kann auch eine lngerfristige Inhaftierung selbst bei Kindeswohlgefhrdung eine Feststellung nach § 1674 Abs 1 BGB als gegenber 534 535 536 537 538

Kirsch Rpfleger 1988, 234, 235. Zutreffend Sonnenfeld Rpfleger 1995, 441, 442; vgl auch OLG Rostock OLGR 2008, 106. Vgl auch Rakete-Dombek FPR 2005, 80 und Ehinger FPR 2005, 253, 254. BGH NJW 2005, 221 = FamRZ 2005, 29 = Rpfleger 2005, 83. Vgl auch Rotax FPR 2008, 151, 153.

VI. Hindernisse bei der Ausübung der elterlichen Sorge

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§ 1666 BGB minder schweren Eingriff in das Elternrecht nach dem Grundsatz der Verhltnismßigkeit rechtfertigen.539 Sind die Eltern hingegen nicht nur verhindert, sondern unfhig, die elterliche Sorge auszuben und ist das Kindeswohl (ggf dadurch) gefhrdet, ist § 1666 BGB anzuwenden, es sei denn, die Eltern erkennen ihre Unfhigkeit und ergreifen selbst die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen oder die Feststellung der Verhinderung nach § 1674 Abs 1 BGB gengt zur Abwendung der Gefahr, ohne dass den Eltern dadurch Hilfsmçglichkeiten vorenthalten wrden (vgl Rn 211). In Bezug auf die zweite Ausnahme ist indes zu bedenken, dass der bloße Wegfall der tatschlichen Verhinderung (etwa das Ende der Strafhaft) – anders als bei einem Entzug der Sorge nach § 1666 BGB – zwingend die Feststellung nach sich zu ziehen hat, dass der Grund des Ruhens nicht mehr besteht, § 1674 Abs 2 BGB. Diese berlegungen zeigen, dass sich eine sinnvolle, allgemeingltige Abgrenzung zwischen den beiden Normen nicht finden lsst.540 Die Feststellung hat konstitutive Wirkung – und zwar selbst dann, 215 wenn die Feststellung tatschlich unrichtig ist –, die abhngig von den im brigen bestehenden Sorgerechtsverhltnissen eintritt. Gem § 51 Abs 1 FGG tritt diese ein entweder – mit Bekanntmachung an den anderen mitsorgeberechtigten Elternteil oder, falls ein solcher nicht vorhanden ist, – mit bertragung der Sorge auf den anderen bis dahin nicht (mehr) sorgeberechtigten Elternteil oder, wenn diese nicht in Betracht kommt, – mit Bestellung des Vormunds oder Pflegers (bei partiellem Ruhen). Betrifft die Feststellung nur einen Elternteil bei ansonsten gemein- 216 samer Sorge, bt der andere Elternteil die Sorge gem § 1678 Abs 1 Alt 2 BGB kraft Gesetzes, ggf bezogen auf den Teilbereich, in dem die Sorge partiell ruht, allein aus. 539 540

OLG Dresden NJW-RR 2003, 940 = FamRZ 2003, 1038 = OLGR 2003, 264. So Staudinger/Coester § 1674 Rn 6.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

217 Ist der Elternteil, dessen lngerfristige Verhinderung festgestellt wurde, allein sorgeberechtigt, geht die Ausbungsberechtigung hingegen nicht ex lege auf den anderen Elternteil ber. Vielmehr bedarf es dafr einer konstitutiven gerichtlichen Entscheidung. Dabei ist zu unterscheiden, worauf das Alleinsorgerecht des verhinderten Elternteils beruht: Bei Alleinsorge auf Grund einer bertragungsentscheidung etwa gem § 1671 oder § 1672 Abs 1 BGB, hat das Gericht von Amts wegen zu prfen, ob diese Entscheidung (auf der das alleinige Sorgerecht beruht) nach § 1696 Abs 1 BGB abzundern und dem nicht mehr sorgeberechtigten Elternteil die Sorge im Umfang des Ruhens zurckzubertragen ist. Zumindest, wenn nicht mit einem Wegfall des Ruhensgrundes zu rechnen ist, drfte in der Ausbungsverhinderung ein triftiger, das Wohl des Kindes nachhaltig berhrender Grund im Sinne von § 1696 BGB liegen. 218 Betrifft die Feststellung die Kindesmutter, deren alleinige Sorge nach § 1626a Abs 2 BGB besteht, hat das Gericht ebenfalls von Amts wegen zu prfen, ob dem bisher nie sorgeberechtigten Kindesvater die Sorge (erstmals) zu bertragen ist, § 1678 Abs 2 BGB. Nach dieser Norm hat die bertragung zu erfolgen, wenn (kumulativ!) – die Sorge der nach § 1626a Abs 2 BGB allein sorgeberechtigten Kindesmutter ruht und – keine Aussicht besteht, dass der Grund des Ruhens wegfllt und – die bertragung dem Kindeswohl dient. Die verlangte, voraussichtlich dauerhafte Verhinderung soll dem Kind mehrfache Sorgerechtswechsel ersparen und damit Erziehungskontinuitt sichern. Neben der im Hinblick auf die voraussichtliche Dauer der Verhinderung ber die Voraussetzungen der Feststellung nach § 1674 Abs 1 BGB hinausgehenden prognostischen Anforderungen, ist eine positive Kindeswohlprfung erforderlich.541 In Anlehnung an die zu 541

Kritisch zu dieser gegenber einer nderungsentscheidung nach § 1696 BGB schrferen Anforderung an die bertragungsentscheidung ua Staudinger/Coester § 1678 Rn 18, 29 mwN.

VI. Hindernisse bei der Ausübung der elterlichen Sorge

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§ 1680 Abs 3, 2 S 2 BGB ergangene Entscheidung des BVerfG vom 8.12.2005542 (nher dazu Rn 193, 197), ist auch § 1678 Abs 2 BGB in einer Weise zu interpretieren, die der primren Entscheidungszustndigkeit der Eltern gerecht wird, sodass auch bei einer Entscheidung nach § 1678 Abs 2 BGB davon auszugehen ist, dass die bertragung der Sorge auf den Kindesvater dem Kindeswohl dient, solange nicht konkret feststellbare Kindesinteressen der bertragung widersprechen. Die Sorgerechtsbertragung hat, wenn ihre Voraussetzungen gegeben sind, Vorrang vor der Anordnung von Vormundschaft oder Pflegschaft, weil diese Institute die elterliche Sorge nur ersetzen, ohne sie zu verdrngen.543 Kommt die bertragung der Sorge auf den anderen Elternteil nicht in 219 Betracht, zB weil das Kindeswohl dem entgegen steht, ist, soweit die gesamte elterliche Sorge des verhinderten Elternteils ruht, Vormundschaft anzuordnen, § 1773 Abs 1 Alt 2 BGB. Bei partiellem Ruhen hat hingegen die Anordnung einer Ergnzungspflegschaft zu erfolgen, § 1909 Abs 1 S 1 BGB. Fllt der Grund des Ruhens (mçglicherweise wider Erwarten) weg, 220 hat das Gericht gem § 1674 Abs 2 BGB von Amts wegen festzustellen, dass der Grund des Ruhens nicht mehr besteht. Es besteht insoweit kein Ermessen, die Feststellung ist zwingend. Das schließt freilich nicht aus, dass ein Sorgerechtsverfahren gem § 1666 BGB eingeleitet wird, wenn die Voraussetzungen dafr gegeben sind.544 So ist zB nach einer Entscheidung des OLG Dresden545 bei einer aufgrund lngerer Strafhaft erfolgten Feststellung der lngerfristigen Verhinderung gem § 1674 Abs 1 BGB im Zusammenhang mit dem Haftende zu prfen, ob dann die Voraussetzungen fr anschließende Maßnahmen nach § 1666 BGB gegeben sind.

542 543 544 545

FamRZ 2006, 385 m Anm Luthin = NJW 2006, 1723, vgl dazu auch den Besprechungsaufsatz von Jaeger FPR 2007, 101 ff. So im Ergebnis auch Rotax FPR 2008, 151, 153. Vgl OLG Naumburg FamRZ 2002, 258. NJW-RR 2003, 940 = FamRZ 2003, 1038 = OLGR 2003, 264.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

221 Wirksam wird der Feststellungsbeschluss gem § 51 Abs 2 FGG mit Bekanntgabe an den betroffenen Elternteil, also an den, der nicht mehr tatschlich verhindert ist. Hinsichtlich der Folgen der Feststellung gem § 1674 Abs 2 BGB ist zu unterscheiden: – bte der andere Elternteil die Sorge gem § 1678 Abs 1 BGB whrend des Ruhens kraft Gesetzes allein aus, tritt die gemeinsame Ausbungsberechtigung ohne weiteres wieder ein. – War Vormundschaft angeordnet, endet diese gem § 1882 BGB kraft Gesetzes. – Eine Pflegschaft ist hingegen aufzuheben, § 1919 BGB; bis dahin entfaltet sie die Wirkungen des § 1630 Abs 1 BGB. – War die Sorge dem anderen Elternteil bertragen, so fhrte die Sorgerechtsbertragung zu einem Sorgerechtswechsel, der ebenfalls nicht kraft Gesetzes endet. Es bleibt vielmehr dabei, allerdings mit der Mçglichkeit der Abnderung nach § 1696 Abs 1 BGB, die von Amts wegen zu prfen ist. Die Sorgerechtsbertragung hat daher ungeachtet des Feststellungsbeschlusses nach § 1674 Abs 2 BGB sorgerechtshindernde Wirkung. 222 Wegen dieses mit der Feststellung verbundenen Eingriffs in die Ausbungsberechtigung sollte das Gericht unter Abwgung aller Umstnde stets prfen, ob diese nicht entbehrlich ist. So gengt bei gemeinsamer Elternsorge gem § 1678 Abs 1 Alt 1 BGB bereits die tatschliche Verhinderung eines sorgeberechtigten Elternteils, um den anderen zur Alleinausbungsbefugnis gelangen zu lassen. Da der alleinausbungsberechtigte Elternteil vor der Schwierigkeit stehen kçnnte, sein Alleinausbungsrecht dh also die tatschliche Verhinderung des anderen Elternteils nachweisen zu mssen, kann aber das Bedrfnis fr eine Feststellung nach § 1674 Abs 1 BGB auch bei gemeinsamer Sorge nicht von vornherein verneint werden. Ist der verhinderte Elternteil allein sorgeberechtigt, kçnnte dem Frsorgebedrfnis durch „bloße“ Pflegschaftseinrichtung entsprochen werden, ohne dass es dafr einer Feststellung nach § 1674 Abs 1 BGB bedarf. 223 Die Feststellung der Verhinderung gem § 1674 Abs 1 BGB obliegt ebenso wie die Feststellung, dass der Grund des Ruhens nicht mehr

VI. Hindernisse bei der Ausübung der elterlichen Sorge

193

besteht (§ 1674 Abs 2 BGB), dem Familiengericht. Dieses hat auch die Entscheidung ber die nderung einer vorangegangenen Sorgerechtsentscheidung (§ 1696 BGB) und die ber die bertragung der Sorge auf den bisher nie sorgeberechtigten Kindesvater nach § 1678 Abs 2 BGB zu treffen. Grundstzlich ist FGG-Verfahrensrecht anwendbar, §§ 621 Abs 1 Nr 1, 621a Abs 1 ZPO, sodass ua der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 12 FGG) gilt. Sachlich und çrtlich ist in erster Linie das Amtsgericht am Wohnsitz des Kindes zustndig; bei fehlendem Wohnsitz ist der Aufenthalt des Kindes maßgeblich, §§ 64 Abs 1, 3 S 2, 43 Abs 1, 36 Abs 1 FGG. Funktionell zustndig fr die Feststellungen nach § 1674 BGB ist der Rechtspfleger/die Rechtspflegerin gem § 3 Nr 2a RPflG. Zu beachten ist jedoch, dass der Richter die Feststellung gem § 1674 Abs 1 BGB dann treffen soll (§ 6 RPflG), wenn sich eine Entscheidung gem § 1678 Abs 2 BGB oder gem § 1696 BGB anschließt, weil fr solche Entscheidungen gem § 14 Abs 1 Nr 15 RPflG ein Richtervorbehalt (vgl Rn 225) und ein enger Zusammenhang mit diesen zu treffenden Entscheidungen besteht. Gleiches gilt, wenn dem Richter die Anordnung der Vormundschaft oder Pflegschaft nach § 14 Abs 1 Nr 4 RPflG obliegt, weil es sich bei dem Minderjhrigen um einen auslndischen Staatsangehçrigen handelt.546 Gegen die Entscheidung ist gem § 11 Abs 1 RPflG, §§ 621e Abs 1, 3 224 iVm 517, 318 ZPO die befristete Beschwerde ohne Abhilferecht gegeben, die binnen eines Monats beim Beschwerdegericht eingelegt werden kann.547 Beschwerdegericht ist das OLG, § 64 Abs 3 S 1 Hs 2 FGG, § 119 Abs 1 Nr 1a GVG. Die Verfahren nach § 1696 BGB und § 1678 Abs 2 BGB sind dem 225 Richter/der Richterin vorbehalten, vgl § 14 Abs 1 Nr 15 RPflG. Fr das Verfahren nach § 1696 BGB ergibt sich diese funktionelle Zustndigkeit daraus, dass es um die nderung einer nach § 14 Abs 1 Nr 15 BGB vom Richter/von der Richterin nach §§ 1671 oder 1672 BGB getroffenen Entscheidung geht. 546 547

Rotax FPR 2008, 151, 153. Sonnenfeld in Jansen, FGG, § 51 Rn 26.

194

B. Elternschaft und elterliche Sorge

226 Wird die Anordnung einer Vormundschaft oder Pflegschaft erforderlich, kann diese gem § 1697 BGB vom Familiengericht (hier grundstzlich der Rechtspfleger/die Rechtspflegerin) angeordnet werden, das auch den Vormund oder Pfleger auswhlen kann, weil die Vormundschaft oder Pflegschaft erst durch eine Maßnahme des Familiengerichts nmlich die Feststellung gem § 1674 Abs 1 BGB erforderlich wurde. Allerdings obliegt die Anordnung der Vormundschaft oder Pflegschaft ausnahmslos dem Richter, wenn es sich bei dem Minderjhrigen um einen auslndischen Staatsangehçrigen handelt, § 14 Abs 1 Nr. 4 RPflG.548 Hat der Richter die Feststellung nach § 1674 BGB wegen eines engen Zusammenhangs mit einer Entscheidung nach § 1678 Abs 2 oder § 1696 BGB getroffen (vgl Rn 223), die bertragung der Sorge auf den Kindesvater oder eine Abnderung gem § 1696 BGB aber abgelehnt, sodass nunmehr die Vormundschaft anzuordnen und ein Vormund auszuwhlen ist, ist nach dem Normzweck von § 1697 BGB der Richter auch fr die nach dieser Vorschrift vom Familiengericht vorgenommene Anordnung und Auswahl zustndig, weil nur er derjenige sein kann, der in dem zur Notwendigkeit der Vormundschaftsanordnung fhrenden vorangegangenen Verfahren Erkenntnisse ber eine als Vormund geeignete Person gewonnen hat.549 Die Bestellung von Vormund oder Pfleger ist in jedem Fall Aufgabe des Vormundschaftsgerichts, §§ 1789 iVm § 1915 Abs 1 S 1 BGB. Die Aufhebung einer Ergnzungspflegschaft nach § 1919 BGB obliegt ebenfalls dem Vormundschaftsgericht, bei dem die Pflegschaft anhngig ist. 2.3. Das Ruhen der elterlichen Sorge nach § 1673 BGB

227 Die elterliche Sorge ruht kraft Gesetzes, dh ohne dass es dazu einer gerichtlichen Mitwirkung bedarf, wenn die Eltern – in die Annahme ihres Kindes eingewilligt haben, § 1751 Abs 1 S 1 BGB oder 548 549

BGH FamRZ 2003, 868 = FGPrax 2003, 169 = Rpfleger 2003, 423. Vgl OLG Mnchen FamRZ 2006, 1773 = Rpfleger 2006, 263.

VI. Hindernisse bei der Ausübung der elterlichen Sorge

195

– geschftsunfhig (§ 1673 Abs 1 BGB) oder – beschrnkt geschftsfhig (§ 1673 Abs 2 BGB) sind. In diesen Fllen liegt eine rechtliche Verhinderung vor, die die Eltern hindert, die elterliche Sorge auszuben, § 1675 BGB. Nher betrachtet werden soll hier das Ruhen der Sorge nach § 1673 BGB. § 1673 Abs 1 BGB setzt sog natrliche Geschftsunfhigkeit (§ 104 Nr 2 BGB) voraus, beschrnkte Geschftsfhigkeit gem § 1673 Abs 2 BGB ist nur bei Minderjhrigkeit gegeben, vgl § 106 BGB. Geschftsunfhigkeit liegt vor bei einer nicht nur vorbergehenden 228 Stçrung der Geistesttigkeit, die die freie Willensbildung ausschließt, § 104 Nr 2 BGB. Da die Einrichtung einer Betreuung weder Geschftsunfhigkeit voraussetzt, noch Einfluss auf die Geschftsfhigkeit des betreuten Elternteils hat, kann aus ihr auch nicht auf Geschftsunfhigkeit geschlossen werden. Auch fhrt sie nicht zu beschrnkter Geschftsfhigkeit, und zwar selbst dann nicht, wenn ein umfassender Einwilligungsvorbehalt angeordnet ist. Ob und welche Maßnahmen zum Schutz des Kindes zu ergreifen sind, richtet sich allein nach den fr Minderjhrige geltenden Vorschriften.550 Das Gericht, bei dem die Betreuung anhngig ist, kann freilich das Familien- oder Vormundschaftsgericht darber informieren, wenn in Bezug auf das Kind des Betroffenen Handlungsbedarf erkennbar wird (vgl § 35a FGG sowie § 69k FGG).551 Kurzfristige Bewusstseinstçrungen fhren nicht zur Geschftsunfhigkeit und daher auch nicht zu einem Ruhen der elterlichen Sorge gem § 1673 Abs 1 BGB. 550 551

Vgl ua Bienwald (FamRZ 2003, 1693) in einer Anm zu OLG Rostock FamRZ 2003, 1691. Nher dazu Dodegge FPR 2005, 233, 234.

196

B. Elternschaft und elterliche Sorge

Praktische Schwierigkeiten ergeben sich bei in Schben auftretender Geschftsunfhigkeit, weil das Sorgerecht nur whrend der Dauer dieser Periode ruht. Wird dann jeweils mangels mitsorgeberechtigten Elternteils Vormundschaft angeordnet, endet diese gem § 1882 BGB jeweils mit Eintritt der Geschftsfhigkeit. Betrifft die periodische Geschftsunfhigkeit nur einen Bereich der elterlichen Sorge (partielle Geschftsunfhigkeit), sodass nur Ergnzungspflegschaft angeordnet werden konnte, ist diese jeweils mit dem Ende der Periode wieder aufzuheben, § 1919 BGB. 229 Gem § 1673 Abs 2 iVm 1 BGB ruht die elterliche Sorge auch wegen beschrnkter Geschftsfhigkeit. Der minderjhrige Elternteil kann die Sorge daher gem § 1675 BGB nicht ausben. Eine Ausnahme davon besteht gem § 1673 Abs 2 S 2 BGB aber im Bereich der tatschlichen Personensorge. Diese kann der Minderjhrige neben dem gesetzlichen Vertreter ausben. Meinungsverschiedenheiten regelt § 1673 Abs 2 S 3 BGB. Kçnnen sich der Minderjhrige und der gesetzliche Vertreter in einer Angelegenheit der tatschlichen Personensorge nicht einigen, hat die Meinung des Minderjhrigen Vorrang, wenn der gesetzliche Vertreter ein Vormund oder Pfleger ist. Ist gesetzlicher Vertreter dagegen der andere Elternteil, sind die Eltern verpflichtet, sich in einer solchen Angelegenheit zu einigen (§ 1627 S 2 BGB). Gelingt dies nicht, kçnnen sie in einer Angelegenheit von fr das Kind erheblicher Bedeutung nach § 1628 BGB das Familiengericht anrufen (dazu Rn 494 ff). 230 Aus dem geschilderten Vorrang der Meinung des Minderjhrigen in Angelegenheiten der tatschlichen Personensorge vor der Meinung eines Vormunds kçnnen sich Probleme ergeben, wenn es zur Durchsetzung dieses Vorrangs Vertretungshandlungen bedarf. Beispielhaft wird hier ua die Einwilligung eines minderjhrigen Elternteils in die Heilbehandlung seines Kindes genannt.552 Unbestritten gehçrt die Frsorge fr die Gesundheit als Teil der in § 1631 Abs 1 BGB genannten Pflege zur tatschlichen Personensorge, sodass sie von dem minderjhrigen Elternteil neben dem gesetzlichen Vertreter ausgebt werden kann. 552

Kern MedR 2005, 628 ff.

VI. Hindernisse bei der Ausübung der elterlichen Sorge

197

Allerdings ist die Einwilligung in eine rztliche Behandlung ein Vertretungsakt, zu dem der Minderjhrige nach § 1673 Abs 2 S 2 Hs 2 BGB nicht berechtigt ist. Zu den sich aus diesem Auseinanderfallen von rechtlichem Kçnnen und Drfen ergebenden Problemen wurden verschiedene Auffassungen entwickelt, wobei – soweit erkennbar – einheitlich davon ausgegangen wird, dass die der Vertretungshandlung vorgelagerte Entscheidung des Minderjhrigen durchsetzbar ist, weil dessen Entscheidungsrecht sonst leer liefe. Allein die Wege, auf denen dies geschieht, sind unterschiedlich: Whrend Kern553 eine teleologische Reduktion von § 1673 Abs 2 S 2 BGB dahingehend fr mçglich hlt, dass der Satzteil „zur Vertretung ist er nicht berechtigt“ auf diese Flle, in denen die Entscheidung des minderjhrigen Elternteils auch nicht gegen das Kindeswohl verstçßt, nicht anwendbar ist, geht Coester554 davon aus, dass der minderjhrige Elternteil die bestimmungsgemße Vertreterhandlung erzwingen kçnne. Das Problem der Durchsetzbarkeit stellt sich freilich auch bei einer die tatschliche Personensorge betreffenden bertragung der Entscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB auf den minderjhrigen Elternteil, der die tatschliche Sorge neben dem anderen Elternteil wahrnimmt, vgl § 1673 Abs 2 S 3 aE BGB (dazu Rn 500). Ruht die Sorge eines gemeinsam sorgeberechtigten Elternteils (par- 231 tiell), bt sie der andere kraft Gesetzes gem § 1678 Abs 1 Alt 2 BGB in diesem Umfang allein aus. Ist der Elternteil, dessen Sorge (partiell) ruht, allein sorgeberechtigt, gilt das zur bertragung der Sorge auf den nicht (mehr) sorgeberechtigten Elternteil bei Ruhen der Sorge kraft Feststellung gem § 1674 Abs 1 BGB Ausgefhrte (Rn 217 ff) entsprechend. Auch in diesem Fall richtet sich die Folge bei unterbleibender bertragung der Sorge auf den anderen Elternteil danach, ob das Ruhen die gesamte Sorge des allein sorgeberechtigten Elternteils erfasst oder nur auf einen Teil beschrnkt ist: im ersteren Fall ist Vormundschaft anzuordnen, im letzteren Ergnzungspflegschaft. 553 554

MedR 2005, 628, 630. Staudinger/Coester § 1673 Rn 27.

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B. Elternschaft und elterliche Sorge

232 Fllt die Geschftsunfhigkeit weg oder wird der beschrnkt geschftsfhige Elternteil volljhrig, endet das Ruhen ohne weiteres. Die Ausbungsberechtigung tritt ohne weiteres ein, ob sie sich aber (sogleich) „durchsetzt“, hngt davon ab, wie die fehlende Ausbungskompetenz bis dahin ausgeglichen wurde. bte der andere Elternteil die Sorge gem § 1678 Abs 1 Alt 2 BGB allein aus, fhrt der Wegfall des Ruhensgrundes ohne weiteres (wieder) zur umfassenden Mitausbungsberechtigung des bislang oder nur zwischenzeitlich nicht ausbungsberechtigten Elternteils. Wurde die Sorge hingegen dem anderen Elternteil in Abnderung einer vorangegangenen Entscheidung (§ 1696 BGB) oder nach § 1678 Abs 2 BGB bertragen, fhrte dies, wie bei einem Ruhen in Folge einer Feststellung nach § 1674 Abs 1 BGB zu einem Sorgerechtswechsel. Dabei bleibt es bis zu einer erneuten nderung dieser Entscheidung. Die bertragung hat also auch in diesem Fall sorgerechtshindernde Wirkung. Unterblieb die bertragung und wurde stattdessen ein Vormund bestellt, endet die Vormundschaft kraft Gesetzes gem § 1882 BGB, die Erlangung der vollen Ausbungsberechtigung (zB durch Eintritt der Volljhrigkeit) kommt in diesem Fall also sofort zum Tragen. War wegen partiellen Ruhens „nur“ Pflegschaft angeordnet, ist diese dagegen erst durch konstitutive Entscheidung aufzuheben, § 1919 BGB. Bis dahin entfaltet sie die Wirkung des § 1630 Abs 1 BGB. 233 Die Entscheidung ber die bertragung der Sorge in Abnderung einer vorangegangenen Entscheidung gem § 1696 BGB oder gem § 1678 Abs 2 BGB obliegt wie oben (Rn 226) dargelegt auch in diesem Fall dem Richter/der Richterin des Familiengerichts. Unterbleibt die bertragung jedoch, ist das Vormundschaftsgericht anders als im Falle von § 1674 BGB auch fr die Anordnung von Vormundschaft oder Pflegschaft sowie fr die Auswahl des Vormunds

VI. Hindernisse bei der Ausübung der elterlichen Sorge

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oder Pflegers zustndig (§§ 1774, 1779 iVm 1915 Abs 1 S 1 BGB), weil sich die Notwendigkeit zur Anordnung von Vormundschaft oder Pflegschaft nicht aus einer Maßnahme des Familiengerichts ergibt, sodass kein Fall von § 1697 BGB vorliegt. VI. bersichtsskizze: Folgen tatschlicher und rechtlicher Verhinderung

234

235

VII. bersichtsskizze: Folgen des Wegfalls der Verhinderung 200 B. Elternschaft und elterliche Sorge

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge I. Elternrecht als Grundrecht

Art 6 Abs 2 S 1 GG hebt den Vorrang der Eltern bei der Erziehung und 236 Pflege der Kinder hervor und garantiert ihn verfassungsrechtlich. Aus dem Wort „zuvçrderst“ ist aber erkennbar, dass auch der Staat die Funktion eines Erziehungstrgers mit entsprechenden Pflichten hat, wenngleich diese gegenber dem Elternrecht grundstzlich nachrangig ist. Nur im Bereich der Schulerziehung besteht ein eigener staatlicher Erziehungsanspruch, der den elterlichen Erziehungsvorrang einschrnkt, Art 7 GG. Allerdings wird das in diesem Bereich bestehende staatliche Bestimmungsrecht wieder durch das Elternrecht begrenzt.555 Art 6 Abs 2 S 2 GG legt dem Staat die Verpflichtung auf, ber die Pflege und Erziehung durch die Eltern zu wachen. Den Eltern ist aber gem Art 6 Abs 2 S 1 GG ein Abwehrrecht gegen Eingriffe der çffentlichen Gewalt gegeben, soweit diese nicht durch das Wchteramt gedeckt sind. Aus dem Zusammenwirken von Art 6 Abs 2 S 1 mit S 2 GG folgt, dass 237 das Elternrecht ein dem Interesse des minderjhrigen Kindes dienendes, als pflichtgebundenes, absolutes Recht ausgestaltetes Schutzverhltnis ist. Im Vordergrund steht die elterliche Verantwortung und damit die Pflichtbindung,556 die das Elternrecht von allen anderen Grundrechten unterscheidet.557 Ihre Rechtfertigung findet die elterliche Sorge nicht in einem Machtanspruch der Eltern, sondern in dem Bedrfnis des Kindes nach Schutz und Hilfe dabei, sich zu einer eigenverantwortlichen Persçnlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft zu entwickeln.558 555

556 557 558

BVerfGE 34, 165, 182 ff = NJW 1973, 133 = FamRZ 1973, 81 (LS); zum Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen vgl Quambusch/Schmidt ZfJ 2002, 365 ff. BVerfG NJW 1994, 1645 = FamRZ 1993, 1420. BVerfGE 24, 119 = NJW 1968, 2233 = FamRZ 1968, 578. BVerfGE 24, 119 = NJW 1968, 2233 = FamRZ 1968, 578.

202

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Die Erziehung des Kindes ist damit primr in die Verantwortung seiner Eltern gelegt, sodass diese grundstzlich frei von staatlichen Einflssen und Eingriffen nach eigenen Vorstellungen darber entscheiden, wie sie die Pflege und Erziehung ihres Kindes gestalten und ihrer elterlichen Verantwortung gerecht werden wollen. Oberste Richtschnur hierbei muss jedoch das Kindeswohl bilden,559 wobei den Eltern von Verfassungs wegen aber der Primat hinsichtlich der Interpretation dessen berlassen ist, was dem Kindeswohl entspricht. Es gehçrt daher auch nicht zur Ausbung des staatlichen Wchteramtes, gegen den Willen der Eltern fr eine den Fhigkeiten des Kindes bestmçgliche Fçrderung zu sorgen.560

II. Rechtsnatur der elterlichen Sorge

238 Den Eltern ist ihre Rechtsmacht zum Zwecke der Pflichterfllung verliehen, sodass die Pflicht auch den Inhalt des elterlichen Sorgerechts bestimmt.561 Das schließt zwar die legitime Wahrnehmung eigener Elterninteressen nicht aus,562 jede elterliche Befugnis korrespondiert aber in erster Linie mit der Pflicht, sie zum Wohl des Kindes auszuben. Befugnisse, die das Kindeswohl gefhrden oder vereiteln kçnnen, sind im Elternrecht nicht enthalten.563 Die Pflichtbindung betrifft indes nur das Innenverhltnis zwischen den Eltern und dem Kind und erçffnet, wenn die Eltern ihr nicht 559 560 561 562

563

BVerfGE 60, 79 = NJW 1982, 1379 = FamRZ 1982, 567 = JZ 1982, 416; BVerfG FamRZ 2008, 492 m Anm Luthin. BVerfGE 72, 122 = NJW 1986, 3129 = FamRZ 1986, 871; LG Hamburg FamRZ 2001, 1088. AA ua Lderitz AcP 178 (1978) 263, 267 und Benkert S 34 ff, die davon ausgehen, dass es sich bei dem Elternrecht zunchst um ein eigenntziges Recht handelt. Gernhuber/Coester-Waltjen § 57 Rn 27; vgl aber auch Benkert S 34 ff, 55, der davon ausgeht, dass es sich bei dem Elternrecht zumindest partiell um ein „durch und durch eigenntziges Recht“ handelt; siehe auch den Beitrag von Finke in JAmt 2008, 10 ff zum „Elternwohl“. Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1626 Rn 8; in diesem Sinne zumindest im Ergebnis auch Benkert (S 55), dem zufolge sich die Eltern in begrndeten Einzelfllen bis zur Missbrauchsgrenze des § 1666 Abs 1 BGB ber das Wohl des Kindes hinwegsetzen kçnnen.

II. Rechtsnatur der elterlichen Sorge

203

gerecht werden, ein Eingreifen des Staates, welcher gemß Art 6 Abs 2 S 2 GG ber die Bettigung der den Eltern obliegenden Pflichten zu wachen hat. Die absolute Geltung des Rechts der elterlichen Sorge im Verhltnis zu Dritten wird dadurch nicht in Frage gestellt. In diesem Sinne handelt es sich bei der elterlichen Sorge um ein Recht mit wechselseitig verpflichtender Innenwirkung im Verhltnis zwischen Sorgerechtsinhaber und Kind, jedoch absoluter Außenwirkung im Verhltnis zu Dritten zum Schutz des durch die Sorgerechtsbeziehung geprgten Lebensbereichs.564 Das Recht der elterlichen Sorge ist damit absolutes Recht iSv § 823 Abs 1 BGB, das gegen jeden Dritten wirkt. Das elterliche Sorgerecht ist als hçchstpersçnliches Recht unver- 239 erblich, grundstzlich unverzichtbar565 und auch nicht bertragbar. Eine Ausnahme von der Unverzichtbarkeit besteht bei der Einwilligung in die Adoption (§ 1748 BGB), da mit dem Ausspruch der Annahme auch das Eltern-Kind-Verhltnis und damit das elterliche Sorgerecht der leiblichen Eltern endet. Eine weitere Ausnahme besteht bei gemeinsamem Elternvorschlag zur bertragung der Sorge auf einen Elternteil (§§ 1671, 1672 BGB) und bei bertragung von Angelegenheiten der elterlichen Sorge auf Pflegeeltern (§ 1630 Abs 3 BGB), in all diesen Fllen bedarf es einer gerichtlichen Mitwirkung. Die Unbertragbarkeit der elterlichen Sorge schließt aber die berlassung der Ausbung an Dritte nicht aus. Zu denken ist hier etwa an ein Internat, die Schule oder auch an Verwandte, denen die Ausbung der elterlichen Sorge durch die Eltern berlassen werden kann. Nichtig sind indes Abreden, die den Widerruf der berlassung zur Ausbung ausschließen. Entzogen werden darf die elterliche Sorge nur in Ausbung des staatlichen Wchteramtes. Einfachgesetzliche Grundlage fr einen derartigen Eingriff in den Elternprimat ist § 1666 BGB. Gegen eine Tren564 565

BGHZ 111, 168 = NJW 1990, 2060 = FamRZ 1990, 966 mwN. Ua KG FamRZ 1955, 295.

204

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

nung des Kindes von seinen Eltern schtzt Art 6 Abs 3 GG zustzlich und besonders.

III. Beginn und Ende der elterlichen Sorge

240 Die elterliche Sorge beginnt mit der Vollendung der Geburt des Kindes. Soweit es um die Wahrung knftiger Rechte des ungeborenen Kindes geht, wirkt das elterliche Sorgerecht jedoch vor (vgl § 1912 Abs 2 BGB). Im brigen tragen die knftigen Eltern die Verantwortung fr das werdende Leben auch schon vor der Geburt des Kindes.566 Besonderheiten bestehen bei der Entscheidung ber einen Schwangerschaftsabbruch. Soweit es sich nicht um einen strafbaren Abbruch der Schwangerschaft handelt, steht die Entscheidungsbefugnis allein der schwangeren Frau zu. Denn der Strafgesetzgeber hat dieser aufgrund ihrer besonderen Verbindung mit dem werdenden Leben einen gewissen Entscheidungsspielraum zugebilligt, der zivilrechtlich zu akzeptieren ist.567 Einem strafbaren Schwangerschaftsabbruch kann dagegen mit Maßnahmen gem § 1666 BGB begegnet werden,568 da der Nasciturus im Grundsatz verfassungsrechtlichen und damit im Ergebnis auch zivilrechtlichen Schutz genießt. Allerdings kommen weder Unterlassungsklagen gegen die Mutter noch die bertragung der „Entscheidung“ oder Vertretung auf den Vater gem §§ 1628 oder 1629 Abs 2 S 3, 1796 BGB in Betracht.569

566

567

568

569

BVerfGE 39, 1 = NJW 1975, 573 = JZ 1975, 205 = FamRZ 1975, 262; BVerfGE 88, 203 = NJW 1993, 1751 = FamRZ 1993, 899; zu dem Problem, ob zum Schutz des ungeborenen Kindes auch vorgeburtliche Eingriffe in die erst mit Geburt des Kindes beginnende elterliche Sorge gem § 1666 BGB zulssig sind vgl DIJuFRechtsgutachten JAmt 2008, 248 ff mwN. In diesem Sinne auch Gernhuber/Coester-Waltjen § 57 Rn 10; Staudinger/Coester § 1666 Rn 20; Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1626 Rn 36; aA Mittenzwei AcP 87 (1987), 247, 267; kritisch auch Trçndle ZRP 1989, 54, 58 ff sowie Strner JURA 1987, 75 ff und ders JZ 1990, 709, 716, 717. Coester-Waltjen NJW 1985, 2175, 2177; Harrer ZfJ 1989, 238, 241 (der von einer analogen Anwendung des § 1666 BGB ausgeht); Strner JZ 1990, 709, 723; Staudinger/Coester § 1666 Rn 8. Zutreffend Staudinger/Coester § 1666 Rn 7, 18 mzN auch zur gegenteiligen Ansicht.

IV. Inhalt der elterlichen Sorge

205

Auch beginnt die Prfungskompetenz des Familiengerichts erst dort, wo konkrete Umstnde den Verdacht begrnden, dass die Voraussetzungen strafrechtlicher Abtreibungsfreiheit zu Unrecht behauptet werden.570 Die Sorge beider Elternteile endet sptestens mit Volljhrigkeit des 241 Kindes (§ 2 BGB) bzw mit dessen Tod, § 1698b BGB. Die Sorge eines Elternteils endet jedoch auch vor Volljhrigkeit oder Tod des Kindes durch Tod oder Todeserklrung des jeweiligen Elternteils. Eine Beendigung zu Lebzeiten von Eltern und Kind kann ferner durch einen gerichtlichen Eingriff in die Sorge (vgl § 1666 BGB) eintreten (nher dazu Rn 310 ff). Endet die Sorge durch den Tod des Kindes, kann den Eltern das Recht und die Pflicht der Totenfrsorge erhalten bleiben (§ 1698b BGB), bis diese von der allgemeinen Totenfrsorge abgelçst wird.571 Die Entscheidung ber Bestattungsart, Bestattungsort sowie die Gestaltung der Grabsttte obliegt damit ggf den Eltern des verstorbenen Kindes in Nachwirkung der elterlichen Sorge.572

IV. Inhalt der elterlichen Sorge 1. Allgemeines

§ 1626 Abs 1 S 1 BGB enthlt die Definition der elterlichen Sorge. 242 Der Kindschaftsrechtsreformgesetzgeber hat die in der frheren Fassung der Vorschrift enthaltene Reihenfolge der Begriffe gegeneinander ausgetauscht: Aus „Recht und Pflicht“ ist, einerseits der Wirklichkeit entsprechend „Pflicht und Recht“ geworden, weil mit der elterlichen Sorge wesentlich mehr Pflichten als Rechte verbunden sind. Andererseits sollte nach der amtlichen Begrndung573 auf diese Weise der Tendenz entgegengewirkt werden, den Begriff der „elterlichen Sorge“ auf ein „Sorgerecht“ zu verkrzen. Um die Gemeinsamkeit der Sorge zu 570 571 572 573

Staudinger/Coester § 1666 Rn 25. Dazu Lange/Kuchinke § 5 III 5g. Vgl AG Biedenkopf FamRZ 1999, 736. BT-Drucks 13/4899 S 83.

206

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

verdeutlichen, nderte der Gesetzgeber darber hinaus den Begriff „der Vater und die Mutter“ in die Bezeichnung „Eltern“. Die elterliche Sorge umfasst gem § 1626 Abs 1 S 2 BGB sowohl die Personensorge (§§ 1631 ff BGB) als auch die Vermçgenssorge (§§ 1638 ff). In beiden Teilbereichen obliegt den Eltern jeweils sowohl die tatschliche Sorge als auch die gesetzliche Vertretung, § 1629 BGB.

Personensorge

Vermçgenssorge

gesetzliche Vertretung*

gesetzliche Vertretung

Das grundstzlich umfassende Sorgerecht lsst sich darber hinaus in weitere Einzelbestandteile zerlegen. Praktisch bedeutsam wird das etwa bei auf Teilbereiche der Sorge beschrnkten gerichtlichen Maßnahmen nach § 1666 BGB. Soweit den Eltern die Sorge nicht entzogen ist, ist ihre Sorgekompetenz nicht berhrt. 243 Eine Definition von Personen- und Vermçgenssorge enthlt § 1626 BGB nicht. Auch gelingt eine klare Abgrenzung der Bereiche nicht durchweg; zum Teil berhren, zum Teil berschneiden sie sich. Das elterliche Handeln lsst sich hufig eben nicht nur dem einen oder dem anderen Bereich zuordnen. Auf die Unterscheidung kommt es aber nur an, wenn entweder das Gesetz zwischen beiden unterscheidet (vgl zB §§ 1633 BGB, 1666 Abs 4 und 1673 Abs 2 BGB), oder aber Bestandteile der Sorge durch gerichtliche Entscheidung einem Elternteil allein bertragen wurden, §§ 1671, 1672 BGB.

IV. Inhalt der elterlichen Sorge

207

2. Personensorge

Die Personensorge legt den Eltern die Pflicht auf und verleiht ihnen 244 damit korrespondierend das Recht, fr die Erhaltung und Fçrderung der geistigen, seelischen und sozialen Entwicklung des Kindes zu sorgen und es zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfhigen Persçnlichkeit zu erziehen. Zur Erreichung dieses Erziehungsziels sind den Eltern umfassende Befugnisse gegeben. Die Personensorge umfasst gem § 1631 Abs 1 BGB insbesondere – die Pflege, – die Erziehung, – die Beaufsichtigung und – die Bestimmung des Aufenthalts des Kindes. Wie aus der vom Gesetzgeber gewhlten Formulierung ersichtlich ist („insbesondere“), handelt es sich nicht um eine abschließende Aufzhlung der Personensorgepflichten bzw -befugnisse. Soweit diese nicht ohne weiteres den in § 1631 Abs 1 BGB aufgefhrten Pflichten bzw Befugnissen zuzuordnen sind, gehçren zur Personensorge neben diesen wesentlichen Elementen weitere Bereiche. Der Personensorge zuzuordnen sind ua – Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes (§§ 1617 Abs 1 S 1, 1617a Abs 2, 1617b, 1617c BGB) einschließlich der Einbenennung gem § 1618 BGB574, die Bestimmung des Vornamens und seiner Schreibweise575 (§ 1616 BGB, §§ 16, 22 PStG [entsprechen ab 1.1.2009 §§ 18, 22 PStG576 ]) sowie Namensnderungen nach dem NamndG577;

574 575 576

577

OLG Bamberg ZfJ 2000, 435. BGH FamRZ 1979, 466; OVG Brandenburg FamRZ 2005, 1119. Art 1 des Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts (Personenstandsrechtsreformgesetz – PStRG) vom 19.2.2007 (BGBl I S 122); zum neuen Personenstandsgesetz nher Gaaz FamRZ 2007, 1057 ff. Gesetz ber die nderung von Familien- und Vornamen v 5.1.1938, RGBl I S 9; BGBl III 4 Nr 401–1.

245

208

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

– Geburtsanzeige (§§ 16, 17 PStG [entsprechen ab 1.1.2009 insoweit §§ 18, 19 PStG578 ]); – Entscheidung ber die Erhebung einer Vaterschaftsanfechtungsklage (§ 1600 a Abs 3 BGB); – Vaterschaftsanerkenntnis fr den geschftsunfhigen minderjhrigen Kindesvater bzw die Zustimmung zum Vaterschaftsanerkenntnis fr die geschftsunfhige Kindesmutter, §§ 1594 bzw 1595 Abs 1, 1596 Abs 1 S 3, 4 BGB; – Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung durch den minderjhrigen Kindesvater und Zustimmung zur Zustimmung zur Anerkennung durch die minderjhrige Kindesmutter, §§ 1594, 1595 Abs 1, 1596 Abs 1 S 2, 4 BGB; – Einwilligung in das Verlçbnis des minderjhrigen Kindes;579 – Widerspruch gegen Befreiung vom Erfordernis der Volljhrigkeit durch das Familiengericht bei beabsichtigter Eheschließung des Kindes, § 1303 Abs 3 BGB. Widerspruchsbefugt ist danach sowohl der gesetzliche Vertreter als auch der Inhaber der tatschlichen Personensorge. Dies kçnnte etwa bedeutsam sein, wenn den Eltern die Vertretung in persçnlichen Angelegenheiten gem § 1666 BGB entzogen, die (tatschliche) Personensorge im brigen aber belassen wurde; – Bestimmung des Wohnsitzes (§§ 8, 11 BGB); – Herausgabe des Kindes von Dritten nach § 1632 Abs 1 BGB; – Bestimmungen, Gewhrung und Organisation beim Umgang des Kindes mit Eltern und Dritten, §§ 1684 ff, 1626 Abs 3 BGB; – Beaufsichtigung des Kindes, berwachung seines Umgangs, § 1632 Abs 2 BGB; – Schutz vor sexuellem Missbrauch580 und sexueller Belstigung, Schutz ungestçrter sexueller Entwicklung; – Freizeitgestaltung und Erholung; – Geltendmachung von Unterhaltsansprchen.581 Entscheidend fr die Einordnung als Personensorgeangelegenheit ist, dass der

578

579 580 581

Art 1 des Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts (Personenstandsrechtsreformgesetz – PStRG) vom 19.2.2007 (BGBl I S 122); zum neuen Personenstandsgesetz nher Gaaz FamRZ 2007, 1057 ff. LG Saarbrcken NJW 1970, 327 = FamRZ 1970, 319. BGH FamRZ 1984, 883, 884. BGH NJW 1953, 1546; ausfhrlich hierzu Brggemann ZfJ 1980, 53, 57.

IV. Inhalt der elterlichen Sorge

– – – – –

– – –

582 583

584 585 586 587

588 589 590

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Zweck der Geltendmachung die Deckung des persçnlichen Bedarfs ist; Mitwirkung im schulischen Bereich;582 Einbeziehung von Kindern in Forschungsvorhaben;583 Entscheidung ber die Verweigerung oder Duldung einer Blutgruppenuntersuchung;584 Beteiligung der Eltern in einem Jugendstrafverfahren;585 Wahl des Berufs, der Ausbildungsart, der Ausbildungsstation, die Begrndung des Ausbildungsverhltnisses. Als Teil der Erziehung gehçrt dies mit Einschluss der Rechtsstreitigkeiten aus dem Berufsausbildungsverhltnis in der Regel zur Personensorge.586 Erfordert die Berufsausbildung jedoch Zuschsse aus dem Kindesvermçgen fllt die Angelegenheit zugleich in den Bereich der Vermçgenssorge; Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehçrigkeit sowie Option fr diese, §§ 3, 5, 19, 25 StAG587 ; Einwilligung in ein Glaubwrdigkeitsgutachten des Kindes nach §§ 52, 81c Abs 3 StPO;588 Bestimmung des Religionsbekenntnisses und der religiçsen Erziehung, §§ 1, 3 RKEG589. Ist das Kind 12 Jahre oder lter, darf es nicht zu einem Bekenntniswechsel gezwungen werden, § 5 S 2 RKEG. Ab 14 Jahre entscheidet das Kind ber sein religiçses Bekenntnis selbstndig, § 5 S 1 RKEG;590

OVG Mnster FamRZ 2002, 232. Ausfhrlich zur Forschung mit Kindern und der trotz Einwilligungsfhigkeit des Minderjhrigen zustzlich verlangten Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters Taupitz JZ 2003, 109, 112, 113; in Bezug auf medizinische Experimente gegen elterliche Stellvertretung Kern NJW 1994, 753, 756. OLG Naumburg DAVorm 2000, 495; OLG Thringen FamRZ 2007, 1676. BVerfG NJW 2003, 2004 = FamRZ 2003, 296; vgl hierzu auch den Besprechungsaufsatz von Grunewald NJW 2003, 1995 ff. RGZ 129, 18. Reichs- und Staatsangehçrigkeitsgesetz vom 22.7.1913 [RGBl I S 583 = BGBl III unter 102-1], das durch das am 1.1.2000 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Staatsangehçrigkeitsrechts vom 15.7.1999 [BGBl I S 1618] mit einigen nderungen im Wesentlichen als Staatsangehçrigkeitsgesetz [StAG] fortgilt. BGH NJW 1995, 1501. Gesetz ber die religiçse Kindererziehung vom 15.7.1921, RGBl I S 939, 1263. Das RKEG gilt auch fr nicht bekenntnismßige Weltanschauungen, § 6 RKEG.

210

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

– Sorge um die Gesundheit, Pflege im Krankheitsfall, Sorge fr rztliche Versorgung und Impfungen591 ; Abschluss von Behandlungsvertrgen; bei fehlender Einsichtsfhigkeit des Minderjhrigen: Einwilligung in rztliche Eingriffe einschließlich der in einen Schwangerschaftsabbruch; uU Mitwirkung bei der Verordnung und dem Bezug empfngnisverhtender Mittel; – Einwilligung in die Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen nach Unfall des Kindes.592 246 Nicht Inhalt der elterlichen Sorge ist die Entscheidung ber die Sterilisation, vgl § 1631c BGB. Nach dem Transplantationsgesetz593 ist die Einwilligung in eine Lebendspende absolut hçchstpersçnlich. Aus diesem Grund ist jede Art der Stellvertretung unzulssig, sodass den Eltern auch nicht die Entscheidung ber eine Organspende obliegt.594 3. Vermögenssorge

247 Die Vermçgenssorge umfasst alle tatschlichen und rechtlichen Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, das Vermçgen des Kindes zu erhalten, zu verwalten und zu vermehren, gleichgltig, ob die Eltern im eigenen Namen oder im Namen des Kindes handeln. Zur Vermçgenserhaltung gehçrt ua die Vermeidung von Schulden. Zur Vermçgenssorge gehçrt ferner das Recht der Eltern, die zum Kindesvermçgen gehçrenden Sachen in Besitz zu nehmen. Die Eltern sind unmittelbare Besitzer der zum Vermçgen des Kindes gehçrenden Sachen und mitteln dem Kind kraft ihrer Vermçgenssorge den Besitz.595 Ihnen obliegt in Ausbung der Vermçgenssorge auch die 591 592

593 594 595

Vgl auch BGH NJW 2000, 1754 = FamRZ 2000, 809. OLG Brandenburg NJW 2000, 2361 = FamRZ 2000, 1033 = DAVorm 2000, 345 = OLGR 2000, 430; Rauscher Rn 1025; OLG Hamm FamRZ 2007, 2098 = NJW 2007, 2704 m krit Anm Balloff = JAmt 2007, 443 = OLGR 2007, 677 = MDR 2008, 31 = PflR 2007, 594 m Anm Roßbruch = ZKJ 2007, 547 = GesR 2007, 603 = FamRB 2007, 329 (LS) m Anm Giers; vgl aber auch BVerfG FamRZ 2007, 2046 m Anm Spickhoff. Gesetz vom 5.11.1997, BGBl I S 2631. Walter FamRZ 1998, 201, 204. BGH FamRZ 1989, 945; Rauscher Rn 1027.

IV. Inhalt der elterlichen Sorge

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Durchsetzung entsprechender Herausgabeansprche des Kindes gegen Dritte. Den Eltern steht außerdem im Rahmen der Vermçgenssorge das Recht zur Geltendmachung und Verwendung von Schadensersatz wegen Gesundheitsschden des Kindes zu.596 Die Eltern sind grundstzlich zur unentgeltlichen Verwaltung des 248 Kindesvermçgens verpflichtet. Der BGH597 ließ offen, ob dies auch fr die Leitung eines Erwerbsgeschfts gilt, das das Kind von Todes wegen erworben hat. Hierzu verwies er generell auf die Grenze der Zumutbarkeit. Die elterliche Vermçgenssorge erstreckt sich ihrem Umfang nach 249 grundstzlich auf alle Vermçgenswerte bzw Mittel des Kindes, soweit sie nicht entweder – dem Kind zur freien Verfgung berlassen wurden (§ 110 BGB) oder – die Eltern von der Verwaltung des zugewendeten Vermçgens vom Erblasser oder zu Lebzeiten vom Zuwendenden ausgeschlossen worden sind, § 1638 BGB (nher dazu Rn 350 ff). Das der elterlichen Sorge unterliegende Vermçgen umfasst damit ua 250 – Grundbesitz; – Wertpapiere; – Kontoguthaben; – Renten etc598 und Einknfte daraus. Whrend die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs zur Personensorge gehçrt, ist die Anlage einer ausgezahlten Abfindungssumme Objekt elterlicher Vermçgenssorge;599 – Einknfte des Kindes aus Erwerbsttigkeit, gleichgltig ob aus Ausbildung, abhngiger Ttigkeit oder gestattetem selbstndigen Betrieb eines Erwerbsgeschfts. Die Ermchtigungen gem §§ 112, 113 BGB haben nicht ohne weiteres die Erlaubnis zur 596 597 598 599

Nher dazu Motzer FamRZ 1996, 844 ff. BGHZ 58, 14 = NJW 1972, 574. OLG Hamm OLGZ 1974, 70 = FamRZ 1974, 31. Brggemann ZfJ 1980, 53, 57.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

freien Verfgung und Verwendung der daraus erzielten Einknfte zum Inhalt.600 251 Nicht der elterlichen Vermçgensverwaltung unterliegen dagegen – Arbeitseinknfte des Kindes und das, was das Kind mit selbstndiger Ttigkeit aufgrund Ermchtigung gem §§ 112, 113 BGB erwirbt, soweit die Verfgung ber die Einnahmen aus Arbeit oder aus gestattetem Gewerbebetrieb zu den in den Beruf oder das Geschft gehçrenden Rechtsgeschften zhlt. Zur Verfgung ber Geschftseinnahmen aus selbstndigem Gewerbebetrieb ist der Minderjhrige unbeschrnkt berechtigt, soweit er dies zu Geschftszwecken tut;601 – Guthaben aus Lohnkonten, soweit die Eltern der Kontoerçffnung und der Verfgung darber zugestimmt haben;602 – die dem Kind zur freien Verfgung berlassenen Mittel, § 110 BGB. 4. Gesetzliche Vertretung 4.1. Allgemeines

252 Als Akte der gesetzlichen Vertretung werden zunchst solche verstanden, die Außenwirkung im Rechtskreis des Kindes erzielen. Die Vertretung im engeren Sinne umfasst aber nur das Handeln im Namen und mit Wirkung fr das Kind, also nicht solche Erklrungen, die die Eltern als Inhaber der elterlichen Sorge aber im eigenen Namen abgeben, wie etwa jene nach §§ 107, 112, 113 BGB. Da sich aber auch diese Erklrungen ausschließlich aus der elterlichen Sorge erklren und das selbst handelnde Kind fr nicht lediglich rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschfte603 der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters bedarf (§ 107 BGB), kçnnen die Eltern eine wirksame Zustimmungserklrung auch im eigenen Namen freilich nur dann abgeben, wenn sie das Kind bei Abschluss des Rechtsgeschfts selbst 600 601 602 603

Zur mçglichen Verbindung einer Generaleinwilligung gem § 107 BGB mit der Ermchtigung vgl Scherner FamRZ 1976, 673 ff. Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1626 Rn 66. Palandt/Diederichsen § 1626 Rn 19. Grammatikalisch msste es heißen „lediglich rechtlich vorteilhaft“, in Anlehnung an den Gesetzestext wird aber die dort gebrauchte Formulierung verwendet.

IV. Inhalt der elterlichen Sorge

213

htten vertreten kçnnen. Vertretungsausschlsse nach §§ 181 oder/ und 1795 BGB (ausfhrlich dazu Rn 364 ff) sind daher auch insoweit beachtlich. Stellvertretung verbietet sich aber in hçchstpersçnlichen Angele- 253 genheiten. Bei hçchstpersçnlichen Rechtsakten sind auch Erklrungen der Eltern aus eigenem Recht ausgeschlossen. Ausgeschlossen ist damit Stellvertretung zB bei Eheschließung (vgl §§ 1303 Abs 2, 1311 BGB) und Testamentserrichtung, vgl §§ 2229 Abs 1, 2, 2064 BGB. Im Innenverhltnis sind die Eltern bei allen Rechtshandlungen dem 254 Kindeswohl verpflichtet, im Außenverhltnis kann es jedoch fr die Wirksamkeit der Handlungen hierauf nicht ankommen. Die Vertretungsmacht der Eltern ist nach außen folglich unbegrenzt, soweit sie nicht durch gesetzliche Vorschriften, richterliche Akte oder eigene Handlungsfhigkeit des Kindes eingeschrnkt ist. 4.2. Vertretung in persönlichen Angelegenheiten

Die Abgrenzung von tatschlicher Personensorge und Vertretung 255 in persçnlichen Angelegenheiten ist schwierig. Hufig wird vor allem bei der Personensorge sowohl der tatschliche als auch der vertretungsrechtliche Bereich berhrt. Auch hier lassen sich die Bestandteile also nicht von vornherein voneinander trennen. So ist beispielsweise die Sorge um die Gesundheit der tatschlichen Personensorge zuzuordnen, bei einer damit ggf verbundenen Einwilligung in einen rztlichen Eingriff ist aber auch der vertretungsrechtliche Bereich tangiert. Auf die Unterscheidung kommt es aber nur insoweit an, als die tatschliche Personensorge und die Vertretung in Angelegenheiten der Personensorge auseinanderfallen, wie das etwa bei Ruhen der elterlichen Sorge wegen Minderjhrigkeit der Fall ist (§ 1673 Abs 2 BGB). Aus § 1673 Abs 2 S 2 iVm § 1675 BGB ergibt sich, dass von dem beschrnkt geschftsfhigen Elternteil die Personensorge mit Aus-

214

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

nahme der gesetzlichen Vertretung ausgebt werden kann, was im Umkehrschluss bedeutet, dass ihm die tatschliche Personensorge neben dem gesetzlichen Vertreter des Kindes obliegt. Der Minderjhrige kann danach etwa selbstndig die Herausgabe des Kindes von Dritten fordern, § 1632 Abs 1 BGB, da dies Teil der tatschlichen Personensorge ist. Praktisch bedeutsam ist die Differenzierung auch bei verheirateten Kindern, da deren Eltern die tatschliche Personensorge gem § 1633 BGB infolge der Heirat ihres Kindes nicht mehr zusteht. 256 Der Vertretung in persçnlichen Angelegenheiten werden ua zugerechnet – behçrdliche Anmeldungen (Standesamt, Schule, Meldebehçrden etc); – die Bestimmung des Wohnsitzes (§§ 8, 11 BGB); – Einwilligung in die rztliche Behandlung und Abschluss des Behandlungsvertrages. Whrend die Einwilligung in die Behandlung eine persçnliche Angelegenheit betrifft, fr deren Erledigung die Eltern zustndig sind, solange und soweit dem Kind die fr die jeweils in Rede stehende Maßnahme erforderliche Einsichtsfhigkeit fehlt, ist der Abschluss des Behandlungsvertrages eine vermçgensrechtliche Erklrung, wenn eigenes Vermçgen des Kindes betroffen ist; – Mitwirkung bei der Einbenennung gem § 1618 S 3 BGB; – Einwilligung in die Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen;604 – Antrag auf Todeserklrung des Kindes, § 16 Abs 2 VerschG; – Zustimmung zum Vaterschaftsanerkenntnis sowie Zustimmung zur Zustimmung zum Vaterschaftsanerkenntnis, §§ 1594, 1595 Abs 1, 1596 Abs 1 BGB;

604

OLG Brandenburg NJW 2000, 2361 = FamRZ 2000, 1033 = DAVorm 2000, 345 = OLGR 2000, 430; Rauscher Rn 1025; OLG Hamm FamRZ 2007, 2098 = NJW 2007, 2704 m krit Anm Balloff = JAmt 2007, 443 = OLGR 2007, 677 = MDR 2008, 31 = PflR 2007, 594 m Anm Roßbruch = ZKJ 2007, 547 = GesR 2007, 603 = FamRB 2007, 329 (LS) m Anm Giers; vgl aber auch BVerfG FamRZ 2007, 2046 m Anm Spickhoff.

IV. Inhalt der elterlichen Sorge

215

– Widerspruch gegen die Befreiung vom Erfordernis der Volljhrigkeit fr die Eheschließung des minderjhrigen Kindes, § 1303 Abs 3, 2 BGB;605 – Ausbildungs- und Berufswahl; – Vertretung des Kindes in Prozessen, die persçnliche Angelegenheiten betreffen; – Abwehr von Straftaten gegen das Kind durch Strafantragstellung, Erhebung von Privatklagen und Einleitung eines Klageerzwingungsverfahrens (vgl §§ 172 ff StPO) sowie Mitwirkung im Strafprozess gem § 67 Abs 2 JGG,606 Wahl des Verteidigers und Einlegung von Rechtsmitteln im Strafprozess, § 67 Abs 2, Abs 5 JGG. Die Strafantragstellung ist Ausfluss der Personensorge, soweit es um die Verletzung immaterieller Rechtsgter des Kindes wie zB Beleidigung (§§ 185 ff StGB) oder Kçrperverletzung (§§ 223 ff StGB) geht. Wurden dagegen Vermçgensrechte des Kindes angegriffen wie etwa bei Diebstahl oder Sachbeschdigung (§§ 242 ff, 303 StGB), so ist die Befugnis zur Strafantragstellung Teil der Vermçgenssorge; – Zeugnis- und Eidesverweigerungen im Prozess. Im Strafprozess gehçren Verweigerungsrechte gem §§ 52, 63 StPO zu den persçnlichen Angelegenheiten, da § 52 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht nur aus persçnlichen Grnden gewhrt. Im Zivilprozess gehçren solche Rechte des Kindes in den Fllen der §§ 383 Abs 1 bis 3, 384 Nr 2, Nr 1 ZPO ebenfalls zu den persçnlichen Angelegenheiten. Nur soweit es um einen vermçgensrechtlichen Schaden des Kindes geht (§ 384 Nr 1 ZPO), ist die Entscheidung ber die Verweigerung Ausfluss der Vermçgenssorge und daher von dem Vermçgenssorgeinhaber zu treffen, soweit das Kind selbst zur Wahrnehmung dieses prozessualen Weigerungsrechts noch nicht imstande ist.

605

606

BGHZ 21, 340 = NJW 1956, 1794 = FamRZ 1956, 371; BayObLGZ 1982, 363 = MDR 1983, 228 = Rpfleger 1983, 24 = FamRZ 1983, 66 (beide noch zum Einwilligungserfordernis des § 3 Abs 1 EheG, aufgehoben durch Eheschließungsrechtsgesetz vom 4.5.1998, BGBl I S 833). Vgl hierzu auch BVerfG NJW 2003, 2004 = FamRZ 2003, 296, sowie den Besprechungsaufsatz von Grunewald NJW 2003, 1995 ff.

216

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

4.3. Vertretung im Bereich der Vermögenssorge

257 Die Vermçgenssorge berechtigt die Eltern, soweit sie reicht, auch zur Vertretung des Kindes;607 dies gilt insbesondere fr Rechtsstreitigkeiten. Die Unterscheidung von tatschlicher Vermçgenssorge und Vertretung in Vermçgensangelegenheiten ist weniger bedeutsam als bei der Personensorge. Auch erfordert die Wahrnehmung der tatschlichen Vermçgenssorge wegen ihres rechtsgeschftlichen Charakters fast immer auch elterliche Vertretungshandlungen.608 Die elterliche Vermçgenssorge umfasst auch die Befugnis, das Kind zu verpflichten. Bei gewissen Fallkonstellationen sind die Eltern jedoch von der Vertretung des Kindes kraft Gesetzes ausgeschlossen (dazu Rn 364 ff). Fr bestimmte Geschfte bençtigen die Eltern eine gerichtliche Genehmigung (nher dazu Rn 419 ff). Handelt es sich um eine sog Außengenehmigung, schrnkt das Genehmigungserfordernis die Vertretungsmacht der Eltern ein. 5. Konfliktlösung

258 Fallen Entscheidungen sowohl in den Bereich der Personensorge als auch in den der Vermçgenssorge, kann Streit ber zu treffende Entscheidungen entstehen, wenn Personen- und Vermçgenssorgeinhaber nicht identisch sind. § 1630 Abs 2 BGB sieht fr den Fall, dass die Personensorge oder die Vermçgenssorge einem Pfleger zusteht und sich die Eltern mit dem Pfleger in einer Angelegenheit, die beide Bereiche betrifft, nicht einigen kçnnen, die Entscheidung durch das Familiengericht vor. Bei einem Streit zwischen Eltern, denen unterschiedliche Sorgerechtsbereiche zustehen, entscheidet das Gericht in analoger 607 608

Vgl dazu auch RGZ 144, 246. Dazu KG KGJ 47, 39, 40; Sonderfall RGZ 144, 246.

IV. Inhalt der elterlichen Sorge

217

Anwendung dieser Norm, wenn eine Angelegenheit sowohl den der Mutter als auch den dem Vater zustehenden Bereich betrifft.609 Abweichend hiervon fehlt dem Familiengericht bei einem Streit zwischen den Eltern eine vergleichbare Entscheidungskompetenz, wenn beiden Elternteilen die Sorge in dem streitbefangenen Bereich gemeinsam zusteht. Gem § 1628 BGB kann das Familiengericht in einem solchen Fall einem Elternteil auf entsprechenden Antrag vielmehr die alleinige Entscheidungsbefugnis bertragen, vorausgesetzt es handelt sich um eine Angelegenheit, deren Regelung fr das Kind von erheblicher Bedeutung ist (vgl dazu Rn 494 ff). Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 4.12.2002610 ausdrcklich darauf hingewiesen, dass § 1628 BGB dem Gericht nicht erlaubt, eine eigene Streitentscheidung zu treffen. 6. Elterliches Benennungsrecht gem §§ 1776 ff BGB

Gem § 1776 Abs 1 BGB haben die Eltern die Mçglichkeit, einen Vor- 259 mund fr ihr Kind zu benennen. Das Benennungsrecht ist Ausfluss der elterlichen Sorge.611 Gemß § 1777 Abs 1 BGB ist maßgeblicher Zeitpunkt dafr, dass die von den Eltern vorgenommene Benennung Wirksamkeit entfalten kann, der Todeszeitpunkt des benennenden Elternteils: Zu dieser Zeit muss ihm die Sorge grundstzlich vollumfnglich zugestanden haben. Es wird mithin grundstzlich in den Fllen nicht gewhrt, in denen die elterliche Sorge anders als durch den Tod verloren geht. Auf den Zeitpunkt der Benennung kommt es hingegen nicht an. Daneben muss der benennende Elternteil zum Zeitpunkt seines Todes auch ausbungsberechtigt gewesen sein.612 Abweichend davon gibt § 1777 Abs 2 BGB dem knftigen Vater des noch nicht geborenen Kindes ein Benennungsrecht, fr den Fall, dass er im Zeitpunkt der Geburt des Kindes sorgeberechtigt gewesen wre. Damit wird auch eine von dem knftigen Vater vorgeburtlich vorgenommene Benennung anerkannt, wenn er die Sorge fr das Kind gehabt htte, wre es zum Zeitpunkt seines Todes bereits geboren gewesen. 609 610 611 612

RGZ 129, 18. NJW 2003, 1031 = FamRZ 2003, 511 = FPR 2003, 251 = JuS 2003, 912. BayObLG FamRZ 1992, 1346. BayObLG FamRZ 1992, 1346.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

260 Weitere Voraussetzung einer wirksamen Benennung ist das Einhalten der Testamentsform, § 1777 Abs 3 BGB. Auch gemeinschaftliches Testament und Erbvertrag gengen diesem Formerfordernis. Haben die Eltern verschiedene Personen benannt, so gilt die Benennung des zuletzt verstorbenen Elternteils, § 1776 Abs 2 BGB. 261 Selbstverstndlich entfaltet die Benennung fr den Fall des eigenen Versterbens nur bzw erst dann Wirksamkeit, wenn die in § 1773 BGB abschließend aufgefhrten Voraussetzungen der Vormundschaft tatschlich vorliegen, also dann nicht, wenn der andere Elternteil lebt und entweder nunmehr kraft Gesetzes allein sorgeberechtigt (§ 1680 Abs 1 BGB) oder ihm die Sorge zurck- (§ 1680 Abs 2 S 1 BGB) oder erstmals zu bertragen ist (§ 1680 Abs 2 S 2 BGB). Liegen die Voraussetzungen des § 1773 BGB nach Tod des benennenden Elternteils hingegen vor, hat die durch die Eltern wirksam benannte Person einerseits ein Recht auf Bestellung und darf ohne ihre Zustimmung nur bei Vorliegen von bergehungstatbestnden gem § 1778 Abs 1 BGB bergangen werden. Andererseits trifft den Benannten, anders als eine vom Vormundschaftsgericht ausgewhlte Person, keine bernahmepflicht, arg § 1785 BGB. 262 Die Eltern kçnnen die von ihnen wirksam benannte Person auch von einigen, den Vormund andernfalls treffenden Verpflichtungen entbinden. Mçglich sind Vater und Mutter (vgl §§ 1752, 1755 BGB) die Befreiung von der Pflicht zur Einholung von Genehmigungen nach § 1810 BGB und (im Außenverhltnis bedeutsam) § 1812 BGB und die Befreiung von der Pflicht zur versperrten Anlegung gem § 1809 BGB, § 1852 Abs 2 BGB. Ferner kçnnen die Eltern den Benannten von der Verpflichtung entbinden, Inhaber- und Orderpapiere zu hinterlegen und den in § 1816 BGB bezeichneten Vermerk in das Bundesschuldbuch oder das Schuldbuch eines Landes eintragen zu lassen, §§ 1853, 1855 BGB. Daneben kann der benannte Vormund von den Eltern von der Verpflichtung zur jhrlichen Rechnungslegung (§§ 1854 Abs 1, 1840 Abs 2, 3, 1855 BGB) befreit werden. Einen weitergehenden Dispens von den den Vormund treffenden Verpflichtungen sieht das Gesetz nicht vor.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Das Benennungsrecht und das Recht auf Befreiung von den genannten 263 Verpflichtungen ist Ausdruck des besonderen Vertrauens in die Fhigkeit der Eltern, aufgrund der Verbundenheit mit ihrem Kind besonders verlssliche und dem Kind zugeneigte Personen fr ihr Kind selbst aussuchen zu kçnnen, weil die Eltern in aller Regel viel besser wissen werden, in wessen Hnden ihr Kind am besten aufgehoben ist, als das sonst zur Auswahl des Vormunds berufene Gericht (vgl § 1779 BGB). Der Gesetzgeber hat aber auch bedacht, dass sich herausstellen kçnnte, dass das von den Eltern in die ausgewhlte Person gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt ist. Widerspricht die Bestellung der benannten dh von den Eltern ausgewhlten Person dem Wohl des Kindes, kann das Gericht diese Person auch ohne deren Einverstndnis bergehen (§ 1778 Abs 1 Nr 4 BGB). Ferner gibt das Gesetz dem Gericht die Mçglichkeit, auch nur die von den Eltern angeordneten Befreiungen ganz oder teilweise aufzuheben, vgl § 1857 BGB. Die Eltern kçnnen gleichsam als Gegenstck zur Benennung eines 264 Vormunds bestimmte Personen oder ganze Personenklassen wie etwa alle Verwandten als Vormund ausschließen, § 1782 BGB. Nicht mçglich ist hingegen der Ausschluss des Jugendamtes als Vormund, § 1791b Abs 1 S 2 BGB.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge 1. Allgemeines 1.1. Das Kind als Grundrechtsträger

Auch das Kind ist Inhaber eigener Grundrechte. Wie jeder andere 265 Mensch ist es Wesen mit eigener Menschenwrde (Art 1 Abs 1 GG) und dem Recht auf freie Entfaltung seiner Persçnlichkeit (Art 2 Abs 1 GG),613 sowie auf Leben, kçrperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person, Art 2 Abs 2 GG. Ebenso ist es Trger des auf Artt 2 Abs 1, 1 Abs 2 GG beruhenden allgemeinen Persçnlichkeitsrechts. Den Eltern obliegt es, die Beachtung dieser Grundrechte des Kindes 613

BVerfGE 24, 119 = NJW 1968, 2233 = FamRZ 1968, 578.

220

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

zu sichern, soweit das Kind selbst (noch) nicht grundrechtsmndig dh zur selbstndigen Wahrnehmung dieser Rechte noch nicht fhig ist.614 Elterngrundrecht und Kindesgrundrecht als staatsgerichtete Abwehrrechte615 stehen einander aber nicht im Sinne von Recht und Gegenrecht gegenber, sodass sich aus ihnen auch keine Kollision ergeben kann.616 Die Grundrechtstrgerschaft allein begrenzt deshalb das elterliche Erziehungsrecht auch nicht direkt. Das Elternrecht enthlt vielmehr als den Eltern im Interesse des Kindes anvertraute, dem Wohl des Kindes dienende, treuhnderische Freiheit617 von vornherein die strikte Verpflichtung der Eltern zur Wahrung und Fçrderung der Kindesinteressen. Der notwendige Interessenausgleich durch inhaltliche Zuordnung von Eltern- und Kindesrechten findet vornehmlich auf privatrechtlicher Ebene statt.618 Damit bestimmt im Wesentlichen das einfache Recht den Inhalt und die Schranken elterlicher Sorge. Mittelbar ziehen die Grundrechte des Kindes dem Elternrecht indes einerseits dadurch Schranken, dass der Gesetzgeber bei Ausgestaltung des Eltern-Kind-Verhltnisses auch der kindlichen Grundrechtstrgerschaft Rechnung zu tragen hat,619 andererseits sind alle einfachrechtlichen Vorschriften im Lichte der grundrechtlichen Werteordnung zu interpretieren. 1.2. Elterliche Sorge und Entwicklung des Kindes

266 Das Elternrecht ist auch zeitlich begrenzt, denn es endet im besten Falle mit der Volljhrigkeit des Kindes.

614

615 616 617 618 619

Zur ußerst kontrovers diskutierten Grundrechtsmndigkeit des minderjhrigen Kindes ausfhrlich Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1626 Rn 12 ff und Benkert S 86 ff. Nher zu dem Streit ber die Drittwirkung der Kindesgrundrechte Benkert S 93 f. In diesem Sinne ua Coester FPR 2005, 60; differenzierter Lohse JURA 2005, 815, 819 f mwN. Vgl Ossenbhl FamRZ 1977, 533 = DV 1977, 381, 384. Benkert S 101. Das ist sptestens seit der Entscheidung des BVerfG vom 13.5.1986 (BVerfGE 72, 155 = FamRZ 1986, 769, 772 = NJW 1986, 1859 = JZ 1986, 632 m Anm Fehnemann JZ 1986, 1055 = DAVorm 1986, 419 = ZfJ 1986, 419 = WM 1986, 828 = ZIP 1986, 975 m Anm Emmerich JuS 1986, 806 sowie Besprechungsaufsatz Hertwig FamRZ 1987, 124 ff), die allerdings erst mehr als 10 Jahre spter(!) zur Schaffung von § 1629a BGB gefhrt hat, nicht mehr diskutabel.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

221

Da es als pflichtgebundenes Recht dem Wohle des Kindes dient, muss es seinem Wesen und Zweck nach aber bereits vorher zurcktreten, wenn das Kind ein Alter erreicht hat, in dem es eine gengende Reife zur selbstndigen Beurteilung der Lebensverhltnisse und zum eigenverantwortlichen Auftreten im Rechtsverkehr erlangt hat. Als ein Recht, das um des Kindes willen und dessen Persçnlichkeitsentwicklung besteht, liegt es in seiner Struktur begrndet, dass es dem Maße, in dem das Kind in die Mndigkeit hineinwchst, berflssig und gegenstandslos wird. Dem entspricht es, dass mit abnehmender Pflege- und Erziehungsbedrftigkeit des Kindes die im Elternrecht wurzelnden Rechtsbefugnisse zurckgedrngt werden, bis sie schließlich mit der Volljhrigkeit des Kindes erlçschen.620 Da sich die Entscheidungsfhigkeit des Jugendlichen fr die verschiedenen Lebens- und Handlungsbereiche in der Regel unterschiedlich entwickelt, ist jeweils eine Abwgung zwischen Erziehungsbedrftigkeit und Selbstbestimmungsfhigkeit des Jugendlichen erforderlich. Fr die Ausbung hçchstpersçnlicher Rechte hat dabei der Grundsatz zu gelten, dass der zwar noch Unmndige aber schon Urteilsfhige die ihm um seiner Persçnlichkeit willen zustehenden Rechte eigenstndig ausben kçnnen soll.621 Aus diesem allmhlichen Zurckweichen der elterlichen Sorgekompetenz ergeben sich schließlich ebenfalls Grenzen, die auch im Außenverhltnis bedeutsam sind. 2. Die Grundsätze und Schranken im Einzelnen 2.1. Das in § 1626 Abs 2 BGB zum Ausdruck kommende verfassungsrechtliche Erziehungsziel

Das einfache Recht enthlt (ua) in § 1626 Abs 2 BGB ein gesetzliches 267 Leitbild fr das Eltern-Kind-Verhltnis.

620 621

BVerfGE 59, 360 = NJW 1982, 1375 = FamRZ 1982, 570 = JZ 1982, 325 m Anm Starck; BVerfGE 72, 122 = NJW 1986, 3129 = FamRZ 1986, 871. BVerfGE 59, 360 = NJW 1982, 1375 = FamRZ 1982, 570 = JZ 1982, 325 m Anm Starck.

222

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Danach haben die Eltern bei der Erziehung des Kindes dessen wachsende Fhigkeit und das wachsende Bedrfnis zu selbstndigem verantwortungsbewusstem Handeln zu bercksichtigen sowie mit dem Kind entsprechend seinem Entwicklungsstand Fragen der elterlichen Sorge zu besprechen und Einvernehmen anzustreben. Dadurch soll das Kind schrittweise an die ab Volljhrigkeit gegebene vollstndige Selbstverantwortung herangefhrt werden, die nicht automatisch eintritt, sondern, wie so vieles andere eben auch, gelernt und gebt sein will. Eine vernnftige Erziehung muss also darauf gerichtet sein, das Kind durch Vermittlung der dafr nçtigen Eigenschaften auf die Selbstndigkeit und Selbstverantwortung vorzubereiten. Dies kann nicht besser und auch nicht familienbezogener geschehen als im Dialog mit den Eltern.622 Im Innenverhltnis zwischen Eltern und Kind entspricht das gesetzliche Leitbild dem einer partnerschaftlichen Erziehung,623 ohne dass den Eltern auf diese Weise die Letztverantwortung genommen wre.624 Das Kind soll vielmehr als Person ernst genommen und an der Suche nach der richtigen Entscheidung beteiligt bzw eine Bestimmung ber den Kopf des Kindes hinweg verhindert werden. Die Norm verbietet damit einen rein auf Gehorsam ausgerichteten autoritren Erziehungsstil.625 Auch wird mit dem (ua) in § 1626 Abs 2 konkretisierten verfassungsrechtlichen Erziehungsziel, das darin besteht, das Kind zu einem selbstbestimmungs- und gemeinschaftsfhigen Staatsbrger zu erziehen, nicht in das grundrechtlich garantierte Ermessen der Eltern eingegriffen. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, in § 1626 Abs 2 BGB komme lediglich ein formelles Erziehungsziel zum Ausdruck, whrend die Bestimmung des materiellen Erziehungsziels den Eltern vorbehalten sei.626 Richtig ist, dass den Eltern ber das in Artt 1, 2 GG entworfene 622 623 624 625 626

Mller DRiZ 1979, 169, 171. OLG Karlsruhe NJW 1989, 2398 = FamRZ 1989, 1322 = DAVorm 1989, 700. OLG Kçln FamRZ 2001, 1087. Finger JA 1981, 641, 643; Palandt/Diederichsen § 1626 Rn 22. Ua Gernhuber FamRZ 1973, 229, 233; Lderitz AcP 178 (1987), 263, 272, 275; Beitzke FamRZ 1979, 8, 10; Simon JuS 1979, 752, 753; ders ZfJ 1984, 14, 15; Benkert S 67.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Menschenbild hinausgehende inhaltliche Erziehungsziele im Gesetz nicht vorgegeben werden drfen. Das aber geschieht in § 1626 Abs 2 BGB auch nicht, denn die Norm verfolgt die Erziehung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen Persçnlichkeit, die mit diesem Menschenbild gerade bereinstimmt.627 Da § 1626 Abs 2 BGB den Eltern die Methoden zur Erreichung dieses verfassungsrechtlich gebotenen Erziehungsziels nicht vorschreibt, liegt auch insoweit kein Eingriff in den verfassungsrechtlich geschtzten Elternprimat vor. Die Pflicht zur Bercksichtigung der wachsenden Fhigkeiten und 268 wachsenden Bedrfnisse des Kindes zu selbstndigem eigenverantwortungsbewusstem Handeln (§ 1626 Abs 2 S 1 BGB) und zur Beteiligung des Kindes (§ 1626 Abs 2 S 2 BGB) besteht nicht nur in Angelegenheiten der persçnlichen Lebensfhrung, sondern in allen Angelegenheiten, zu deren Beurteilung das Kind bereits in der Lage ist.628 Dem gegen die Praktikabilitt vorgebrachten Einwand, dass den 269 Eltern mit § 1626 Abs 2 BGB ein Verhalten abverlangt werde, das diese uU bildungsmßig nicht leisten kçnnten,629 wurde zu Recht entgegengehalten, dass in allen Familien – auf welche Art auch immer – kommuniziert wird.630 § 1626 Abs 2 BGB hat nicht die Verbesserung der Art der Kommunikation im Blick. Allenfalls eine Vernderung der Kommunikation soll erreicht werden, und zwar in dem das Kind entsprechend seinem Entwicklungsstand in eine Aussprache, Verstndigung und Entscheidungsfindung unter grundstzlicher Achtung seiner Persçnlichkeit einbezogen wird. Voraussetzung einer solchen Beteiligung des Kindes ist, dass es seinem Entwicklungsstand nach dazu fhig ist. Verweigert das Kind seine Mitwirkung, obwohl es seinem Reife- und Entwicklungsstand nach dazu durchaus in der Lage wre, oder kommt sonst kein Einver-

627 628 629 630

So auch im Ergebnis Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1626 Rn 115. In diesem Sinne auch Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1626 Rn 112, 116 f; vgl auch BT-Drucks 7/2060 S 16. Simon ZfJ 1984, 14, 15; in diese Richtung argumentierend auch Benkert S 157 in Fn 312. Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1626 Rn 121.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

nehmen zustande, so entscheiden die Eltern allein.631 Hieraus folgt gleichzeitig, dass die Eltern ihre Verantwortung ungeachtet der Beteiligung des Kindes in jedem Fall wahrnehmen mssen und sich den Wnschen des Kindes nicht etwa aus Bequemlichkeit beugen drfen, wenn diese zu seinem Schaden sind. 270 Die an dem verfassungsrechtlichen Erziehungsziel orientierte Norm des § 1626 Abs 2 BGB ist nicht mit unmittelbaren Sanktionen bewehrt (lex imperfecta). Einem Verstoß kann aber mit Maßnahmen nach § 1666 BGB begegnet werden, wenn die Gefhrdungsgrenze des § 1666 BGB berschritten ist. Davon wird etwa in den Fllen ausgegangen, in denen dem Jugendlichen durch elterliches Verhalten eine eigenstndige Entfaltung seiner Persçnlichkeit und Sozialkompetenz weitgehend unmçglich gemacht wird.632 2.2. Die Einwilligungskompetenz des Minderjährigen bei ärztlicher Behandlung und ärztlichen Eingriffen

271 Die Einwilligung in einen rztlichen Eingriff ist ihrem Wesen nach Rechtsschutzverzicht,633 weil durch sie ein hçchstpersçnliches, verzichtbares Rechtsgut nmlich die kçrperliche Integritt preisgegeben wird. Straf- und zivilrechtlich betrachtet hat sie, stark vereinfacht ausgedrckt, die Funktion eines Rechtfertigungsgrundes, mit der die vom Arzt begangene Kçrperverletzung (§ 223 StGB) gerechtfertigt und damit straffrei gestellt sowie der Handlung zugleich das Merkmal der Widerrechtlichkeit im Sinne der §§ 823 ff BGB genommen wird. Die rechtfertigende Einwilligung des Patienten ist damit grundstzlich Voraussetzung dafr, dass Strafbarkeit und zivilrechtliche Haftung des Arztes ausgeschlossen ist. Nur wenn es nicht mçglich ist, die Einwilligung rechtzeitig zu erlangen, obwohl die Operation zwingend erforderlich und unaufschiebbar ist, ist der Eingriff in die kçrperliche Unversehrtheit des Patienten auch ohne die sonst erforderliche (ausdrckliche) Einwilligung in diesem Sinne gerechtfertigt, weil von einer mutmaßlichen Einwilligung ausgegangen wird, also davon,

631 632 633

BT-Drucks 7/2060 S 17; BT-Drucks 8/2788 S45. Ausfhrlich dazu Staudinger/Coester § 1666 Rn 135 mwN. Lenckner ZStW 72 (1960), 446, 453.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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dass der Einwilligungsberechtigte eingewilligt htte, wenn er dazu in der Lage gewesen wre.634 Heftig umstritten ist die Einwilligungskompetenz des Minderjh- 272 rigen in Bezug auf rztliche Behandlungen bzw Eingriffe. In diesem Zusammenhang gehen die Auffassungen nicht nur hinsichtlich der grundstzlichen Einwilligungszustndigkeit des Minderjhrigen und, soweit dies bejaht wird, hinsichtlich einer Altersgrenze, ab der frhestens von der fr eine beachtliche Einwilligung erforderlichen Reife ausgegangen werden kçnnte bzw ob berhaupt eine solche allein am Alter des Kindes orientierte Grenze gezogen werden kann, auseinander. Streitig ist auch, ob eine an der Einsichtsfhigkeit des Kindes gemessene beachtliche Einwilligung das elterliche Sorgerecht insoweit verdrngt oder ob neben der Einwilligung des Kindes auch die der Eltern erforderlich ist. Der Streit ist nicht neu und die rechtlichen, nicht weniger aber prakti- 273 schen Probleme, die aus den unterschiedlichen Auffassungen resultieren, sind vielfltig. Nachdem der BGH635 in einer viel diskutierten Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 1958 erklrte, dass es sich bei der Einwilligung in einen Eingriff in die kçrperliche Integritt nicht um eine rechtsgeschftliche Willenserklrung handelt, sondern um die Gestattung der oder Ermchtigung zur Vornahme tatschlicher Handlungen, die in den Rechtskreis des Gestattenden eingreift, sodass die Vorschriften der §§ 107 ff BGB nicht anwendbar sind, drehte sich die Frage um die vom BGH fr mçglich erachtete Eigenzustndigkeit des Minderjhririgen. Eine analoge Anwendung der angefhrten Vorschriften hielt der Senat nmlich nicht fr geboten, soweit der mit diesen verfolgte Zweck, namentlich der Schutz des Minderjhrigen, dies nicht verlange.636 Die Analogie wurde deshalb fr die Flle abgelehnt, 634 635

636

Palandt/Sprau § 823 Rn 151; Kern NJW 1994, 753, 755. BGHZ 29, 33 = FamRZ 1959, 200 m Anm Bosch = NJW 1959, 811 = MDR 1959, 383 = LM 3 zu § 107 BGB m Anm Hauß, vgl auch den Besprechungsaufsatz von Boehmer MDR 1959, 705 ff. Kritisch nicht nur zu diesem Argument des BGH ua Kohte AcP 185 (1985), 105, 112 ff.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

in denen der Minderjhrige nach seiner geistigen und sittlichen Reife die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und seiner Gestattung zu ermessen vermag. Damit wurde der Entscheidung des RG637, nach denen ein rztlicher Eingriff grundstzlich die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bedingt und die persçnliche Einwilligung des Minderjhrigen auch dann nicht gengt, wenn dieser eine gewisse Verstandesreife erlangt hat, zwar eine Absage erteilt, der Senat ließ aber in der entschiedenen Sache die Frage letztlich offen, ob neben der aufgrund der entsprechenden Einsichtsfhigkeit beachtlichen Einwilligung des Kindes die seines gesetzlichen Vertreters erforderlich ist. Denn der BGH betonte, dass das elterliche Personensorgerecht einer (alleinigen) Entscheidung des Minderjhrigen „jedenfalls dann nicht“ entgegenstnde, wenn, wie in dem entschiedenen Fall, die Einholung der elterlichen Zustimmung undurchfhrbar sei und der Minderjhrige unmittelbar vor der Vollendung des 21. Lebensjahres stnde. Diese beiden Voraussetzungen wurden vom BGH638 in einer spteren Entscheidung nochmals hervorgehoben. 274 Aus dieser Entscheidung lassen sich ungeachtet der daran gebten Kritik bis heute verschiedene Schlsse ziehen: – Ist der Minderjhrige (noch) nicht in der Lage, die Bedeutung und Tragweite eines rztlichen Eingriffs (nach verhltnismßig umfassender Aufklrung durch den Arzt639 ) zu ermessen, das Fr und Wider abzuwgen und danach zu entscheiden, verfgt er also nicht ber diese Einsichtsfhigkeit, sind (unstreitig) die personensorgeberechtigten Eltern entscheidungsbefugt. Das Sorgerecht gibt den Eltern mithin grundstzlich das Recht, in eine rztliche Maßnahme des Kindes einzuwilligen. Weil die Eltern dem Kindeswohl verpflichtet sind, umfasst dieses Recht aber einerseits, und insoweit besteht Einvernehmen, grundstzlich nur die Befugnis, in indizierte Eingriffe einzuwilligen.640 Andererseits sind sie dazu auch verpflichtet, mit der Folge, dass das Familiengericht den Verstoß gegen die Einwilligungspflicht gem § 1666 BGB korrigieren kann. 637 638 639 640

RG JW 1911, 748 = WarnRspr 1911 Nr 398 (S 444). BGH FamRZ 1972, 89 = NJW 1972, 335. Nher hierzu Trockel NJW 1972, 1493, 1494. Kern NJW 1994, 753, 756.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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– Ist der Minderjhrige einsichtsfhig, kann er zumindest mitentscheiden, wobei diese Folgerung die Frage nach der Konkurrenz von elterlichem Bestimmungs- und kindlichem Mitentscheidungsrecht aufwirft, die durchaus unterschiedlich beurteilt wird, je nach dem, ob * von einer alleinigen Entscheidungskompetenz ausgegangen wird, die insoweit konsequent das elterliche Sorgerecht verdrngt oder, ob * neben der kindlichen Einwilligung die der Eltern verlangt wird, wobei dem Elternprimat von den Vertretern dieser Auffassung bis zur Grenze der Kindeswohlgefhrdung der Vorrang eingerumt wird. Keine eindeutigen Schlsse lassen sich hinsichtlich einer generellen 275 Altersgrenze ziehen, von der ab von der Einsichtsfhigkeit regelmßig erst ausgegangen werden kçnnte. Der im Jahr 1958 ergangenen Entscheidung des BGH lsst sich zunchst nur entnehmen, dass das zu diesem Zeitpunkt noch geltende Volljhrigkeitsalter von 21 Jahren641 fast erreicht sein sollte. Warum erst dann von einer entsprechenden geistigen Entwicklung und Reife ausgegangen werden kçnnen sollte, blieb indes offen. Die weitere Entscheidung des BGH642, in der es um die Einwilligung einer zu diesem Zeitpunkt (erst) 16-Jhrigen ging, hob hervor, dass jedenfalls der Minderjhrige unter 18 Jahren auch außerhalb des rechtsgeschftlichen Bereichs bei wichtigen Angelegenheiten der Untersttzung durch die Eltern oder den gesetzlichen Vertreter bedarf, weil von der berlegenheit der Einsichts- und Urteilsfhigkeit dieser Personen auszugehen sei. Eine Anknpfung an einen entwicklungsabhngigen Reifegrad des Minderjhrigen findet sich in dieser Entscheidung nicht, vielmehr wurde allein auf das kurze Zeit spter Gesetz gewordene Volljhrigkeitsalter abgestellt. Daneben wurde betont, dass die Entscheidung des gesetzlichen Vertreters allenfalls dann entbehrlich sein kçnnte, wenn der Einholung der elterlichen Einwilligung schwerwiegende Grnde entgegenstnden. 641 642

Das Volljhrigkeitsalter wurde in den alten Bundeslndern erst mit Wirkung vom 1.1.1975 auf 18 Jahre herabgesetzt. BGH FamRZ 1972, 89 = NJW 1972, 335.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

276 Auf der Grundlage dieser Entscheidung wird die Wirksamkeit einer von einem unter 18-Jhrigen erteilten Heilbehandlungseinwilligung vereinzelt gnzlich ausgeschlossen.643 Von anderen wird den genannten Entscheidungen entnommen, dass neben einer uU nach dem Reifegrad mçglicherweise beachtlichen Einwilligung des Minderjhrigen grundstzlich die des gesetzlichen Vertreters erforderlich sei,644 wobei das Zusammenwirken von Eltern und Kind mit der Vergleichbarkeit mit anderen Modellen hçchstpersçnlicher Erklrungen (zB § 1596 BGB) erklrt wird.645 Nach einer neueren BGH-Entscheidung kann einem einsichtsfhigen minderjhrigen Patienten bei einem nur relativ indizierten Eingriff mit der Mçglichkeit erheblicher Folgen fr die knftige Lebensgestaltung indes (nur?) ein Vetorecht gegen die elterliche Fremdbestimmung zugebilligt werden.646 Rechtsdogmatisch ist die Begrndung fr eine ausnahmsweise Entbehrlichkeit elterlicher Mitwirkung aber nicht berzeugend,647 weil die Verhinderung der Eltern auch sonst nicht dazu fhrt, dass der Minderjhrige allein handeln kann. Es drngt sich der Verdacht auf, dass hier eine einerseits den Minderjhrigen beruhigende648, andererseits den elterlichen Primat nicht tangierende Lçsung gesucht wurde, die einer nheren Betrachtung jedoch nicht standhlt. Sind die Eltern verhindert, htte das in Eilfllen gem § 1693 BGB zu familiengerichtlichen Maßnahmen, in weniger eiligen Fllen zur Bestellung eines Ergnzungspflegers (§ 1909 BGB) zu fhren.649 Abgesehen von einer mçglicherweise vorliegenden Gefahr im Verzug, bei der keine Zeit mit der Einholung einer gerichtlichen Entscheidung ver643 644 645 646

647

648

649

ZB OLG Hamm NJW 1998, 3424 = JR 1999, 333 m Anm Schlund. In diesem Sinne ua BayObLG FamRZ 1987, 87 = DAVorm 1987, 291 (LS). Rauscher Rn 1025. NJW 2007, 217 = FamRZ 2007, 130 = BGHReport 2007, 59 m insoweit abl Anm Rehborn = MDR 2007, 401 = KH 2007, 873 m Anm Hauser = KHR 2007, 11 = GesR 2007, 14 = VersR 2007, 66 = LMK 2007, 75 (LS) m insoweit abl Anm Kern; vgl dazu auch Spickhoff NJW 2007, 16268, 1632; ders NJW 2008, 1636, 1640 f. Worauf bereits Bosch (FamRZ 1959, 20 in Anm zu BGHZ 29, 33 = FamRZ 1959, 200 = NJW 1959, 811 = MDR 1959, 383 = LM 3 zu § 107 BGB m Anm Hauß; vgl auch den Besprechungsaufsatz von Boehmer MDR 1959, 705 ff) hinwies. Pawlowski (JZ 2003, 66, 71) hlt die Einwilligung eines einsichtsfhigen Minderjhrigen aus „persçnlichkeitsrechtlichen Grnden“, die der Eltern dagegen daneben – mit Ausnahme der Flle, in denen Gefahr im Verzug ist – stets fr erforderlich. Nher dazu Zorn FamRZ 2000, 719 ff.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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sumt werden darf, kann daher eine neben einer beachtlichen Einwilligung des Kindes verlangte Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters auch nicht ausnahmsweise entbehrlich sein, weil das Gesetz gerade fr diesen Fall Regeln zur Verfgung stellt, nach denen (wie sonst auch) zu verfahren ist. Die Notwendigkeit, gerichtlich einzugreifen, besteht aber dann nicht, wenn man eine nach den genannten Voraussetzungen beachtliche Einwilligung des Minderjhrigen fr gengend hlt. Das aber wrde heißen, dass in keinem Fall daneben die Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters verlangt werden kann. Anders gewendet bedeutet das, dass das elterliche Sorgerecht bezogen auf den in Rede stehenden Eingriff insoweit eingeschrnkt ist, als der Minderjhrige selbst rechtswirksam einwilligen kann. Letzterer Auffassung ist der Vorzug zu geben. Zum einen, weil eine Doppelzustndigkeit nur konsequent bejaht (s.o.) oder verneint werden kann und zum anderen, weil nur mit der alleinigen Einwilligungskompetenz des Minderjhrigen seinem individuellen Reifegrad Rechnung getragen und dem gesetzlichen Leitbild der auf die wachsende Selbstndigkeit des Minderjhrigen Rcksicht nehmenden Erziehung entsprochen wird.650 Soweit sich die gegenteilige Ansicht auf den Elternprimat sttzt, berzeugt dies nicht. In einer „vorzeitigen Grundrechtsmndigkeit“, dh der Fhigkeit, die eigenen Grundrechte wie das hier angesprochene Recht auf kçrperliche Integritt bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres selbstndig auszuben, sieht diese Ansicht eine Aufweichung der elterlichen Sorge.651 Diesen Bedenken wurde zu Recht entgegengehalten652 – und die Gesetzgebung hat seither keineswegs Gegenteiliges erkennen lassen –, dass das BVerfG am 650 651

652

Im Ergebnis ebenso Gernhuber/Coester-Waltjen § 57 Rn 79; Kern NJW 1994, 753, 755. So zB Bosch FamRZ 1959, 202 in einer Anm zu BGHZ 29, 33 = FamRZ 1959, 200 = NJW 1959, 811 = MDR 1959, 383 = LM 3 zu § 107 BGB m Anm Hauß; vgl auch den Besprechungsaufsatz von Boehmer MDR 1959, 705 ff; Scherer FamRZ 1997, 589, 592; dies FamRZ 1998, 11 ff (in einer Anm zu dem Aufsatz von Siedhoff FamRZ 1998, 8 ff); Benkert S 377 ff mzN. Kohte AcP 185 (1985), 105, 147; Kern NJW 1994, 753, 755; in diesem Sinne ua auch Reuter FamRZ 1969, 622, 625; Boehmer MDR 1959, 705, 707; Belling FuR 1990, 68, 69.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

17.2.1982653 entschieden hat, dass im Einzelfall zwischen Erziehungsbedrftigkeit und Selbstbestimmungsfhigkeit des Minderjhrigen abzuwgen ist. Fr eine ausnahmslose Annahme der Elternzustndigkeit fr die Entscheidung ber das immaterielle und fundamentale Rechtsgut des Kindes ist danach kein Raum, ohne dass es letztlich auf die vereinzelt als verfehlt bezeichnete Vorstellung einer besonderen Grundrechtsmndigkeit von Jugendlichen ankme.654 Vielmehr ist danach zu fragen, ob der Minderjhrige die individuelle Fhigkeit zur Selbstbestimmung im konkreten Einzelfall hat, was freilich ebenso wenig generalisierend angenommen oder im Interesse der Rechtssicherheit erst ab bzw von einem bestimmten Alter an berhaupt erst vermutet werden kann. 277 Wesentlichen Einfluss auf die die elterliche Fremdbestimmung verdrngende Selbstbestimmung im konkreten Fall hat neben der Verstandesreife und Urteilsfhigkeit des Minderjhrigen auch die Dringlichkeit und die Bedeutung des Eingriffs, vor allem seine Gefhrlichkeit. Geringfgige Eingriffe wie etwa Blutentnahmen zum Zwecke der Blutgruppenuntersuchung655 oder die Behandlung von Erkltungskrankheiten unterliegen daher eher der Selbstbestimmung des (insoweit bereits einsichtsfhigen) Minderjhrigen, als schwerwiegende oder gefhrliche.656 278 Der weiterhin einer alleinigen Entscheidungskompetenz entgegengehaltene Einwand, dass eine einzelfallabhngige Prfung der Einsichtsfhigkeit den Anforderungen der Rechtssicherheit nicht genge,657 ist ebenfalls nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Hierbei wird nicht bersehen, dass damit dem behandelnden Arzt die Pflicht aufgebrdet ist, die Einsichtsfhigkeit im Einzelfall aufgrund entsprechender Aufklrung des Minderjhrigen zu beurteilen. Abgesehen davon, dass sich dieses Problem nicht nur im Zusammenhang 653 654 655 656 657

BVerfGE 60, 79 = NJW 1982, 1379 = FamRZ 1982, 567 = JZ 1982, 416. Vgl Coester FamRZ 1985, 982, 983. Vgl OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 563 = NJW-RR 1998 89; OLG Mnchen FamRZ 1997, 1170; OLG Naumburg DAVorm 2000, 495. Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1626 Rn 93. In diesem Sinne ua Scherer FamRZ 1998,11, 12.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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mit Minderjhrigen, sondern stets stellt, ua im Zusammenhang mit anderen, mçglicherweise im weitesten Sinne „altersbedingt“ nicht mehr einsichtsfhigen Menschen, stehen die maßgeblich die §§ 104 ff BGB prgenden Grnde der Verkehrssicherheit einer rechtfertigenden Einwilligung Minderjhriger im Bereich hçchstpersçnlicher Rechtsgter schon deshalb nicht entgegen, weil eine rztliche Untersuchung bzw ein rztlicher Eingriff in jedem Fall eine Individualisierung verlangt, sodass der generalisierende Verkehrsschutz der §§ 104 ff BGB hier nicht erforderlich ist.658 Im brigen wird die Einwilligung des einsichtsfhigen Minderjhrigen aus persçnlichkeitsrechtlichen Grnden zum Teil auch von denen verlangt, die aus Grnden der Rechtssicherheit in jedem Fall die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters fr erforderlich halten, sodass der Arzt der Beurteilung der Einsichtsfhigkeit des Patienten auch nach dieser Auffassung nicht vollkommen enthoben ist. Ein tragfhiges Argument fr die angenommene Doppelzustndigkeit liegt also auch nicht in dem angefhrten Verkehrsschutz. Dass die Beweislast fr die Einsichtsfhigkeit bei demjenigen liegt, der sich auf die Beachtlichkeit einer vom Minderjhrigen abgegebenen Erklrung beruft,659 ndert an dem Problem mithin nichts. Das Bedrfnis des Arztes nach Rechtssicherheit allein vermag deshalb die alleinige Einwilligungskompetenz ebenfalls nicht auszuschließen.660 Diese Erwgungen lassen auch eine starre Altersgrenze, wie sie zum Teil ebenfalls vorwiegend mit Blick auf das Verkehrsinteresse angenommen wird, nicht zu. Der oder die Minderjhrige kann damit selbst einwilligen, wenn er 279 oder sie bezogen auf die jeweils anstehende Entscheidung ber die notwendige Einsichtsfhigkeit verfgt. Dies gilt auch fr die Verordnung empfngnisverhtender Mittel. Kann das Kind nach ordnungsgemßer Aufklrung die mit der Einnahme bzw Anwendung solcher Mittel verbundenen Risiken erfassen, kann es folglich auch 658 659 660

Zutreffend Lenckner ZStW 72 (1960), 446, 455, 457; Kohte AcP 185 (1985), 105, 146. Vgl Kohte AcP 185 (1985), 105, 125. So aber Oberloskamp/Klinkhardt § 7 Rn 91.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

darber allein entscheiden.661 Nach einer Auffassung sind die Eltern von der Verordnung nur dann zu unterrichten, wenn es dem Minderjhrigen an der Einsichtsfhigkeit fehlt.662 Nach anderer Ansicht besteht wie in jedem anderen Fall auch ein Informationsrecht, um den Eltern die Mçglichkeit zu erhalten, auf das Kind ggf beratend und untersttzend einwirken zu kçnnen.663 Letzteres ist wegen des mçglicherweise bestehenden Geheimhaltungsinteresses zwar nicht unproblematisch, es lsst sich aber nicht von der Hand weisen, dass die Eltern die ihnen anvertraute Aufgabe nur umfassend wahrnehmen kçnnen, wenn ihnen auch in diesem die Privat- und Intimsphre des Kindes betreffenden Bereich ein Informationsrecht zusteht. 280 Mit der fr mçglich gehaltenen alleinigen Einwilligungskompetenz des Minderjhrigen allein ist es aber nicht getan. Von der Fhigkeit, in die Behandlung einzuwilligen ist nmlich die zum Abschluss des Behandlungsvertrages erforderliche zu unterscheiden. Whrend Erstere ungeachtet der hinsichtlich der Einzelheiten bestehenden Meinungsdifferenzen (s.o.) an der Einsichtsfhigkeit gemessen wird, unterliegt die Fhigkeit, einen Behandlungsvertrag abschließen zu kçnnen, unstreitig allein rechtsgeschftlichen Kriterien. Wenn die Eltern nicht bereit sind, den Behandlungsvertrag abzuschließen bzw dem zum Zwecke der Behandlung vom Minderjhrigen (schwebend wirksam) abgeschlossenen Arzt- oder Krankenhausvertrag zuzustimmen, sind dem Kind insoweit die „Hnde gebunden“. Damit verliert die dem Kind in Bezug auf die erforderliche Einwilligung gewhrte Freiheit erheblich an Wert, weil sie nur im Zusammenhang mit einem Rechtsgeschft ausgebt werden kann.664 Die daraus resultierende Hrte wird indes durch die in § 36 Abs 1 S 1 SGB I geregelte Sozialrechtsmndigkeit gemildert.665 Danach kann der mindestens 15 Jahre 661

662 663 664 665

So auch Rehborn (BGHReport 2007, 63) in einer Anm zu einer BGH-Entscheidung (NJW 2007, 217 = FamRZ 2007, 130 = MDR 2007, 401 = KH 2007, 873 m Anm Hauser = KHR 2007, 11 = GesR 2007, 14 = VersR 2007, 66 = LMK 2007, 75 (LS) m insoweit abl Anm Kern; zu den Mçglichkeiten des gesetzlichen Vertreters, eine Empfngnisverhtung gegen den Willen einer nicht einsichtsfhigen Minderjhrigen durchzusetzen vgl DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2006, 302 ff. Grçmig NJW 1971, 233, 234; so wohl auch Rauscher Rn 1026. Belling FuR 1990, 68, 76, 77. Gernhuber/Coester-Waltjen § 57 Rn 80. Ausfhrlich dazu Coester FamRZ 1985, 982 ff.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

233

alte Minderjhrige Antrge auf Sozialleistungen stellen und solche entgegennehmen. Der Minderjhrige kann sich daher selbstndig einen Krankenschein bzw eine Versicherungskarte holen. Allerdings kçnnen die Eltern nach § 36 Abs 2 S 1 SGB I das Antragsrecht ihres Kindes durch schriftliche Erklrung gegenber dem Sozialleistungstrger sperren. 2.3. Schwangerschaftsabbruch bei Minderjährigen 2.3.1. Allgemeines

Bedeutsam ist die Zuordnung der Einwilligungskompetenz auch im 281 Hinblick auf einen Schwangerschaftsabbruch bei Minderjhrigen. Es sind hier zwei unterschiedliche Konfliktsituationen denkbar: Einerseits kann die Minderjhrige die Schwangerschaft abbrechen lassen wollen, die Eltern hingegen verlangen, dass sie das Kind bekommt. Andererseits kann es auch so sein, dass die Minderjhrige das Kind bekommen will, die Eltern aber entscheiden, dass die Schwangerschaft abgebrochen werden soll. In beiden Fllen stellt sich gleichermaßen die Frage, wem die Entscheidungskompetenz zusteht, ob also etwa die ablehnende Haltung der Minderjhrigen oder deren Einwilligung maßgeblich ist. Darber hinaus ist neben der Einwilligung in den rztlichen Eingriff auch der Abschluss eines sich an rechtsgeschftlichen Kriterien orientierenden Behandlungsvertrages erforderlich. Dies bedeutet, dass allein mit der Zuordnung der Einwilligungszustndigkeit an die Minderjhrige dann nichts bewegt wre, wenn diese den Abbruch wnscht, der Behandlungsvertrag aber von ihr allein nicht abgeschlossen werden kçnnte. 2.3.2. Die im Strafrecht zum Ausdruck kommende Grundwertung

Da sich das Problem des Behandlungsvertragsschlusses aber auch bei 282 einem derartigen Eingriff nur stellt, wenn auch die Einwilligung gegeben wird, ist die zunchst zu klrende Frage die der Einwilligungs-

234

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

kompetenz. In diesem Zusammenhang kommt der im Strafrecht zum Ausdruck kommenden verfassungsrechtlichen Grundwertung besondere Bedeutung zu. Die strafrechtliche Relevanz eines Schwangerschaftsabbruchs ist §§ 218 ff StGB zu entnehmen. Das BVerfG hat in zwei Entscheidungen666 die Vorgaben fr die heutige Fassung der §§ 218 ff StGB geliefert. Ausgangspunkt war in beiden Entscheidungen die aus den Artt 1 Abs 1, 2 Abs 2 GG entnommene Menschenwrde und das Lebensrecht des nasciturus, wonach bereits das sich im Mutterleib entwickelnde Leben als selbstndiges Rechtsgut staatlichen Schutz genießt.667 Dieses Lebensrecht des Ungeborenen hat darber hinaus grundstzlich Vorrang vor dem ebenfalls verfassungsrechtlich verbrgten Schutz des aus Art 2 Abs 1 GG iVm Art 1 Abs 1 GG resultierenden Rechts der Schwangeren auf freie Entfaltung der Persçnlichkeit, das auch die Selbstverantwortung umfasst, sich gegen die Elternschaft und die daraus folgenden Pflichten zu entscheiden. Aus diesem Vorrang wurde ein grundstzliches Verbot des Schwangerschaftsabbruchs abgeleitet. Gleichwohl wurde vom BVerfG in der Entscheidung vom 28.5.1993668 der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum zur Schaffung eines Konzepts fr den Schutz des ungeborenen Lebens bei Schwangerschaftskonflikten betont. Die Entscheidung wurde durch das SFHndG669 umgesetzt, das in der Frhphase der Schwangerschaft bei Konflikten den Schwerpunkt auf die Beratung der Schwangeren legt, um sie fr das Austragen der Schwangerschaft zu gewinnen und dabei mit Blick auf die Erfolgschancen einer solchen Beratung auf indikationsbestimmte Strafandrohung verzichtet. Dieses

666 667

668 669

BVerfGE 39, 1 = NJW 1975, 573 = JZ 1975, 205 = FamRZ 1975, 262; BVerfGE 88, 203 = NJW 1993, 1751 = FamRZ 1993, 899. Zur Charakterisierung des Lebensrechts des ungeborenen Lebens als elementarer Wert der Rechtsordnung mit Verfassungsrang nher zB Strner JZ 1990, 709, 718 ff. BVerfGE 88, 203 = NJW 1993, 1751 = FamRZ 1993, 899. Schwangeren- und Familienhilfenderungsgesetz (SFHndG) vom 21.8.1995, BGBl I S 1050.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

235

Gesetz enthlt ua in Art 1 das SchKG670 und in Art 5 das am 1.1.1996 in Kraft getretene SchHG671. Durch Art 8 des SFHndG wurden zudem die einschlgigen Vorschriften des StGB gendert. Whrend § 218 StGB (weiterhin) bestimmt, dass ein Schwangerschaftsabbruch grundstzlich strafbar ist, ist dessen Tatbestand gem § 218a Abs 1 StGB nicht verwirklicht, wenn der Abbruch innerhalb der ersten zwçlf Schwangerschaftswochen von einem Arzt auf Verlangen der Schwangeren vorgenommen wird, dem die Schwangere durch eine Bescheinigung gem § 219 Abs 2 S 2 StGB iVm §§ 5, 6 SchKG nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens 3 Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen. In diesem Fall ist der Abbruch demnach zwar rechtswidrig gleichwohl aber straffrei, whrend ein nach § 218a Abs 2 und 3 StGB auf Betreiben der Schwangeren vorgenommener Schwangerschaftsabbruch straffrei, weil nicht rechtswidrig ist. § 218a Abs 2 StGB erfasst die Flle, in denen der Abbruch unter Bercksichtigung der gegenwrtigen und zuknftigen Lebensverhltnisse der Schwangeren nach rztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr fr das Leben oder eine schwerwiegende Beeintrchtigung des kçrperlichen oder seelischen Gesundheitszustands der Schwangeren abzuwenden. Abs 3 der Vorschrift deckt schließlich die Flle der kriminologischen Indikation (§§ 176 bis 179 StGB zB Schwangerschaft durch Vergewaltigung) ab. 2.3.3. Spezielle Einwilligungsfähigkeit

In Schrifttum und Rechtsprechung ist lebhaft umstritten, ob eine ein- 283 willigungsfhige Minderjhrige selbst in den straffreien Eingriff einwilligen kann, oder ob die Einwilligungszustndigkeit bei den Eltern (bzw ggf bei Vormund oder Pfleger mit entsprechendem Per670 671

Gesetz zur Vermeidung und Bewltigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz – SchKG). Gesetz zur Hilfe fr Frauen bei Schwangerschaftsabbrchen in besonderen Fllen, BGBl 1995 I S 1050, 1054.

236

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

sonensorgewirkungskreis) liegt. Daneben wird auch bezogen auf den Schwangerschaftsabbruch eine Doppelzustndigkeit diskutiert.672 284 Die Einwilligung in den Schwangerschaftsabbruch verlangt neben der Fhigkeit zur medizinischen Selbstbestimmung, also der fr jeden anderen rztlichen Eingriff stets erforderlichen Einsichts- und Steuerungsfhigkeit (dazu Rn 272 ff), wegen der erwhnten kollidierenden Schutzgter auch die Fhigkeit zur Rechtsgterabwgung.673 Die Schwangere muss folglich nicht nur fhig sein, das Fr und Wider des Eingriffs in erster Linie ich-bezogen nach entsprechender Aufklrung zu verstehen und gegeneinander abzuwgen und nach der gewonnenen Einsicht zu handeln, sondern es wird ein darber hinausgehender Reifegrad verlangt, der sie in die Lage versetzt, auch die auf dem Spiel stehenden Rechtsgter zu erfassen und das eigene Recht auf freie Entfaltung der Persçnlichkeit gegen das Lebensrecht des Ungeborenen abzuwgen. Auch die Pflichtberatung des § 219 StGB iVm §§ 5, 6 SchKG, die der Minderjhrigen stets selbst zuteil werden muss,674 dient dem Schutz des ungeborenen Kindes und hat sich deshalb von dem Bemhen leiten zu lassen, die Schwangere zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu „ermutigen“. Sie stellt zwar selbstverstndlich nicht sicher, dass die Minderjhrige tatschlich eine im vorgenannten Sinne verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung trifft, ist aber geeignet, der bereits entsprechend reifen Minderjhrigen zu verdeutlichen, dass die Entscheidung ber den Schwangerschaftsabbruch nicht nur die Abwgung der eigenen Interessen, sondern in nicht geringerem Maße die fremder Rechtsgter verlangt, und sie dadurch in die Lage zu versetzen, die vom BVerfG grundstzlich jeder Frau zuerkannte Letztverantwortung zu erfassen. Ebenso selbstverstndlich kann einer Minderjhrigen nicht etwa allein deshalb die Fhigkeit zur Rechtsgterabwgung abgesprochen werden, weil sie minderjhrig ist und sich gegen das Kind entscheidet, 672 673 674

Statt vieler Reiserer FamRZ 1991, 1136, 1140. Belling FuR 1990, 68, 73; Belling/Eberl, FuR 1995, 287, 293. Nher dazu und zu der Frage, ob eine Hinzuziehung der Eltern zu der Beratung auch ohne Zustimmung der schwangeren Minderjhrigen erfolgen darf: Moritz ZfJ 1999, 92, 97.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

237

denn auch insoweit kommt es allein auf den individuellen Reifegrad der Schwangeren an.675 Ob damit im „Regelfall“ bei Minderjhrigen von fehlender spezieller Einwilligungsfhigkeit auszugehen ist,676 scheint daher hçchst fraglich. 2.3.4. Zuordnung der Ablehnungs- und Einwilligungskompetenz

Einvernehmen besteht insoweit, als die Minderjhrige nicht gegen 285 ihren Willen von dem gesetzlichen Vertreter zu dem Eingriff gezwungen werden kann.677 Gegen die Eltern, die dies gleichwohl durchzusetzen versuchten, wren Maßnahmen gem § 1666 BGB bis hin zum Entzug der elterlichen Sorge zu erwgen.678 Es muss, da nicht nur die elterliche Sorge fr das eigene Kind tangiert, sondern auch das Lebensrecht des nasciturus zu beachten ist, regelmßig von einer Doppelzustndigkeit fr die Einwilligung ausgegangen werden, wenn die Minderjhrige den Abbruch ablehnt. Entschließt sich die Minderjhrige, das Kind auszutragen, haben die Eltern diese Entscheidung also unabhngig von deren Reifegrad grundstzlich zu respektieren. Etwas anderes kann nur gelten, wenn Leben oder Gesundheit des eigenen Kindes durch die Fortsetzung der Schwangerschaft akut gefhrdet ist.679

675 676

677

678

679

In diesem Sinne auch Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1626 Rn 101. In diesem Sinne aber ua Belling FuR 1990, 68, 74; AG Celle NJW 1987, 2307 = FamRZ 1987, 738 = MedR 1988, 41 m Anm Mittenzwei und Anm Vennemann FamRZ 1987, 1068 sowie Geiger FamRZ 1987, 1177. Vgl etwa Reiserer FamRZ 1991, 1136, 1140, Belling FuR 1990, 68, 75; Belling/ Eberl FuR 1995, 287, 290; Scherer FamRZ 1997, 589, 590; Mittenzwei MedR 1988, 43, 44 (in einer Anm zur Entscheidung des AG Celle (NJW 1987, 2307). Vgl AG Dorsten DAVorm 1978, 131; Scherer FamRZ 1997, 589, 590; Siedhoff FamRZ 1998, 8, 10, 11 (Entgegnung zu Scherer); zu Recht differenzierend Benkert (S 404, 405), der allein das Drngen der Eltern zu einem Abbruch fr einen Eingriff in die elterliche Sorge gem § 1666 BGB nicht gengen lsst. So auch Staudinger/Coester § 1666 Rn 102.

238

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

286 Anders ist die Rechtslage hingegen zu beurteilen, wenn die Minderjhrige den Eingriff vornehmen lassen will, die Eltern diesen aber ablehnen. Dass die Minderjhrige allein in den Eingriff unter Verdrngung des gesetzlichen Vertreters einwilligen kann, wird zum Teil vehement bestritten.680 Zur Begrndung wird vor allem auf das elterliche Sorgerecht verwiesen, das in diesem Fall auch nicht mit dem Lebensrecht des Ungeborenen kollidiere. Bis zur Grenze einer Kindeswohlgefhrdung gemß § 1666 BGB oblge den Eltern danach folglich stets die abschließende Entscheidung.681 Nach anderer Ansicht gengt die Einwilligung der Minderjhrigen, wenn diese die fr diese Entscheidung erforderliche spezielle Einwilligungsfhigkeit hat.682 Ein Eingriff des Gerichts in Form einer Ersetzung der elterlichen Einwilligung (§ 1666 Abs 3 Nr 5 BGB) kommt nach dieser Auffassung daher nur dann in Betracht, wenn die Minderjhrige nicht einsichtsfhig ist,683 und hat sich dann uU (vgl Rn 287 f) auch auf den Abschluss des Behandlungsvertrages zu erstrecken. Ist die Minderjhrige nicht urteilsfhig, ist darber hinaus bei voraussehbaren, im Rahmen der Behandlung mçglicherweise weiter anfallenden Entscheidungen die Teilentziehung der Sorge und die Bestellung 680

681

682

683

So zB vom OLG Hamm NJW 1998, 3424 = JR 1999, 333 m abl Anm Schlund; AG Neunkirchen FamRZ 1988, 876 (allerdings ohne Begrndung fr das in der Entscheidung angenommene Zustimmungserfordernis des gesetzlichen Vertreters bei bejahter Einsichtsfhigkeit der Minderjhrigen); DIV-Gutachten ZfJ 1990, 388 (das ebenfalls ohne jede Begrndung von der Zustndigkeit des gesetzlichen Vertreters ausgeht, ohne die Einwilligungsfhigkeit der schwangeren Minderjhrigen berhaupt zu thematisieren); Scherer FamRZ 1997, 589, 592 m Entgegnung Siedhoff FamRZ 1998, 8 und anschl Stellungnahme Scherer FamRZ 1998, 11; Benkert S 401, 402; Oberloskamp/Klinkhardt § 7 Rn 94. OLG Naumburg FamRZ 2004, 1806 = MDR 2004, 885 = OLGR 2004, 164 = FamRB 2004, 252; AG Neunkirchen FamRZ 1988, 876; aA Scherer (FamRZ 1997, 589, 595), die der Meinung ist, dass die Verweigerung der elterlichen Einwilligung auch bei straffreiem Schwangerschaftsabbruch niemals kindeswohlgefhrdend sein kçnne. Rauscher Rn 1026; Schwerdtner NJW 1999, 1525, 1526; Schlund JR 1999, 334; Belling/Eberl FuR 1995, 287, 292; LG Mnchen I NJW 1980, 646 = FamRZ 1979, 850; AG Schlchtern NJW 1998, 832 = FamRZ 1998, 968; Moritz ZfJ 1999, 92, 96; Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1626 Rn 59, 98 ff und wohl auch Deutsch AcP 92 (1992), 161, 175; sowie Staudinger/Coester § 1666 Rn 103, der bei schon urteilsfhigen Minderjhrigen regelmßig Maßnahmen nach § 1666 BGB (nur) fr den Abschluss des Behandlungsvertrages fr geboten hlt. Moritz ZfJ 1999, 92, 98; LG Mnchen I NJW 1980, 646 = FamRZ 1979, 850.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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eines Ergnzungspflegers zu erwgen, der insoweit fr die gesamte Behandlung einschließlich der ggf im Rahmen einer stationren Behandlung erforderlichen Aufenthaltsbestimmung an die Stelle der Eltern tritt (vgl auch § 1630 Abs 1 BGB). Der Auffassung, nach der die einsichtsfhige Minderjhrige die Einwilligung nur selbst und ohne Mitwirkung ihres gesetzlichen Vertreters geben kann, ist zuzustimmen, denn die Abwgung hçchstpersçnlicher Rechtsgter gegen solche Dritter kann dem gesetzlichen Vertreter gerade im Hinblick auf die lebenslangen Folgen, die sich aus dieser Entscheidung ergeben, nur dann zugeordnet werden, wenn der Minderjhrigen die Fhigkeit dazu fehlt. Kçnnten die Eltern die in jedem Fall ber die Beendigung der elterlichen Sorge hinaus wirkende Entscheidung anstelle der einsichtsfhigen Minderjhrigen treffen, kçnnten sie sie zur Aufopferung eigener Lebenswerte zwingen, obwohl sich die Minderjhrige selbst nach Abwgung der berhrten Rechtsgter dagegen entschieden hat. Schließlich weist Schlund684 zutreffend darauf hin, dass auch das BVerfG in der Entscheidung vom 28.5.1993685 offenbar davon ausgeht, dass der Minderjhrigen grundstzlich selbst die Letztverantwortung zusteht, denn es befrchtet, dass „die Eltern einer minderjhrigen Schwangeren … sie in ihrer Entscheidung fr oder gegen das Kind beeinflussen…“ kçnnten. 2.3.5. Abschluss des Arzt- oder Krankenhausvertrages

Auch soweit diese Auffassung geteilt wird, bleibt die Frage nach der 287 Durchsetzbarkeit der Entscheidung der Minderjhrigen durch Abschluss des Arzt- oder Krankenhausvertrages. Die Wirksamkeit des Vertrages ist nach rechtsgeschftlichen Kriterien zu beurteilen. Damit bedarf der Vertragsschluss grundstzlich der Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters, §§ 107 ff, 1626, 1629, 1793 Abs 1 S 1, 1915 Abs 1 S 1 BGB.686 684 685 686

JR 1999, 334, 336. BVerfGE 88, 203, 297 = NJW 1993, 1751, 1764 = FamRZ 1993, 899, 918. LG Mnchen NJW 1980, 646 = FamRZ 1979, 850 (ergangen vor Inkrafttreten des SchKG).

240

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Diskutiert wird in diesem Zusammenhang die rechtliche Vorteilhaftigkeit des Behandlungsvertrages, weil damit die Notwendigkeit der Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters entfiele (vgl § 107 BGB).687 Die gesetzlich Krankenversicherte hat bei nicht rechtswidrigem Schwangerschaftsabbruch gem § 24b SGB V einen Anspruch auf bernahme der Kosten des Abbruchs durch die Krankenkasse. Dies gilt auch, wenn sie privat versichert ist. In diesem Fall wird der Abschluss des Behandlungsvertrages fr lediglich rechtlich vorteilhaft gehalten, weil die Minderjhrige keinerlei Einstandspflicht trifft. Unabhngig von einem Versicherungsverhltnis trgt die Krankenkasse in jedem Fall die Kosten fr die Beratung nach § 219 Abs 2 S 2 StGB iVm §§ 5, 6 SchKG. Das fhrt dazu, dass auch die Inanspruchnahme der Beratung als solche nicht von dem Einverstndnis des gesetzlichen Vertreters abhngt. Daneben gewhrt § 1 des am 1.1.1996 in Kraft getretenen Gesetzes zur Hilfe fr Frauen bei Schwangerschaftsabbrchen in besonderen Fllen (SchHG) den Frauen ebenfalls ohne Rcksicht auf ein (bestehendes) Versicherungsverhltnis auch bei zwar rechtswidrigem, gem § 218a Abs 1 BGB aber straffreiem Schwangerschaftsabbruch (= Beratungsmodell) einen Anspruch auf Zahlung der Kosten des Abbruchs, wenn der Schwangeren die Aufbringung der dafr erforderlichen Mittel nicht zuzumuten ist. Davon ist auszugehen, wenn ihre verfgbaren persçnlichen Einknfte den in § 1 Abs 2 SchHG genannten, gem § 6 SchHG vernderten Verhltnissen angepassten Betrag nicht bersteigen und sie nicht ber kurzfristig verwertbares Vermçgen verfgt oder der Einsatz dieses Vermçgens fr sie eine unbillige Hrte bedeuten wrde. Diese als Sozialleistung einzustufende Kostentragungspflicht erfordert gem § 3 SchHG einen Antrag, der gem § 36 Abs 1 SGB I von der Minderjhrigen ab einem Alter von 15 Jahren selbstndig gestellt werden kann (vgl dazu bereits Rn 280), es sei denn, der gesetzliche 687

Vgl insbes Moritz ZfJ 1999, 92, 94 ff; Benkert S 387, 388.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

241

Vertreter hat das selbstndige Antragsrecht der Minderjhrigen gem § 36 Abs 2 S 1 SGB I durch schriftliche Erklrung gegenber dem Leistungstrger eingeschrnkt. Ist Letzteres nicht der Fall, ist damit bei Erfllung der genannten Voraussetzungen auch bei Berufung auf das Beratungsmodell von einem lediglich rechtlich vorteilhaften Rechtsgeschft auszugehen, da die Minderjhrige fr die aus dem rztlichen Behandlungsvertrag resultierenden Pflichten nicht in Anspruch genommen werden kann. Das Problem der fehlenden Mitwirkung bei Abschluss des Behandlungsvertrages durch die einsichtsfhige Minderjhrige wird dadurch erheblich entschrft und drfte sich – abgesehen von den Fllen, in denen das selbstndige Antragsrecht ausnahmsweise gesperrt ist – allenfalls dann stellen, wenn die Minderjhrige vermçgend ist oder ber hçhere Einknfte als die in § 1 Abs 2 SchHG genannten verfgt. Hervorzuheben ist, dass die Zustndigkeitszuordnung ohnehin nur fr den Fall problematisch ist, dass der Abbruch nicht strafbar ist, denn eine tragfhige zivilrechtliche Grundlage drfte bei einem auf ein strafbares Tun gerichteten Vertrag gem § 138 Abs 1 BGB von vornherein ausscheiden,688 sodass sich aus einem solchen nichtigen Vertrag auch keinerlei Ansprche gegen die Minderjhrige ergeben kçnnten. Wird diese Beurteilung abgelehnt oder hat der gesetzliche Vertreter 288 das selbstndige Antragsrecht der Minderjhrigen gem § 36 Abs 2 S 1 SGB I gesperrt, so ist die Ersetzung der verweigerten elterlichen Zustimmung zum Behandlungsvertrag gem § 1666 Abs 3 Nr 5 BGB durch das Familiengericht in Betracht zu ziehen. Dies wre bei indiziertem Schwangerschaftsabbruch aufgrund erheblicher Gefahr fr Gesundheit oder Leben der Schwangeren (vgl § 218a Abs 2 StGB) wegen Kindeswohlgefhrdung regelmßig zu bejahen.689 Dies gilt gleichermaßen fr die einwilligungsfhige wie fr die insoweit nicht urteilsfhige Minderjhrige. Bei von der einwilligungsfhigen Minderjhrigen innerhalb des Beratungsmodells (§ 218 Abs 1 StGB) verlangtem Schwangerschafts688 689

In diesem Sinne ua Moritz ZfJ 1999, 92, 99. Staudinger/Coester § 1666 Rn 103 mwN.

242

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

abbruch sind ebenfalls regelmßig Maßnahmen nach § 1666 BGB zu ergreifen. Ist die Minderjhrige hingegen nicht einsichtsfhig, bewegt sich der gesetzliche Vertreter mit seiner Entscheidung, keinen Behandlungsvertrag abzuschließen, innerhalb der ihm zustehenden Kompetenzen, die mit der verfassungsrechtlichen Wertung des Vorrangs des Lebensrechts des nasciturus auch im Einklang stehen. In diesem Fall kommen daher Maßnahmen nach § 1666 BGB allenfalls dann in Betracht, wenn der gesetzliche Vertreter dem Kind trotz seiner Handlungsverweigerung die mçgliche seelische, materielle und organisatorische Untersttzung bei der Bewltigung der mit der Schwangerschaft und knftigen Geburt des Kindes einhergehenden Probleme vorenthlt.690 2.4. Rücksichtnahme auf die Eignung und Neigungen des Kindes bei der Berufswahl

289 § 1631a S 1 BGB legt den Eltern die Pflicht auf, in Angelegenheiten der Ausbildung und des Berufs insbesondere auf die Eignung und Neigung ihres Kindes Rcksicht zu nehmen. S 2 fordert sie in Zweifelsfllen zur Einholung eines externen Rats auf. Die Vorschrift stellt damit einen Hauptanwendungsfall von § 1626 Abs 2 BGB dar. Der Gesetzgeber knpfte an die Einfhrung der Vorschrift die Erwartung, dass die Eltern auf diese Weise davon abgehalten wrden, ihr Kind aus falschem Prestigedenken oder fr unerfllte eigene Berufswnsche in eine Ausbildung oder einen Beruf zu drngen, fr den es nicht geeignet ist.691 Neben der befrchteten berforderung soll aber auch eine Unterforderung des Kindes vermieden werden.692 Schließlich kçnnen geschlechtsspezifische Benachteiligungen von Mdchen, insbesondere in auslndischen Familien, etwa durch Versagung von Schul- oder Berufsausbildung eine Rolle spielen.

690 691 692

So auch Staudinger/Coester § 1666 Rn 103. BT-Drucks 8/2788 S 37. Vgl dazu die Beispiele von Friedrichs ZfJ 1980, 313.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

243

Ausbildung iSv § 1631a BGB betrifft die Entwicklung der Fhigkei- 290 ten des Kindes vor und außerhalb des Berufs, umfasst also beispielsweise auch Sprach-, Schul-, Musik- und Sportausbildung. Als objektive Belege fr die Eignung des Kindes kçnnen Schulzeugnisse, Ausknfte von Lehrern, Ausbildern oder anderen Erziehern dienen. Fr die uU lebenslang wirkende Entscheidung bedeutsam sind neben der Eignung aber auch die Neigungen des Kindes, dh seine subjektiven Wnsche und Zielvorstellungen, soweit diese von verstndiger und schutzwrdiger Art sind und eine gewisse Bestndigkeit haben.693 Die Neigungen des Kindes sind aber auch nur insoweit beachtlich, als sie mit seiner Eignung nicht im Widerspruch stehen.694 Die Formulierung in § 1631a S 1 BGB („insbesondere“) schließt aber die Bercksichtigung weiterer Kriterien bei der fr die Lebensgestaltung des Kindes mçglicherweise besonders bedeutsamen Entscheidung nicht aus. Im Hinblick auf die grundstzliche Pflicht der Eltern, auch den Ausbildungsbedarf des Kindes zu decken (§ 1610 Abs 2 BGB), kçnnen also auch die Grenzen der elterlichen Leistungsfhigkeit die Entscheidung beeinflussen. Zweifel im Sinne von § 1631a S 2 BGB bestehen, wenn Eltern und 291 Kind Begabung, Gesundheit usw des Kindes unterschiedlich einschtzen. In diesem Fall sollen sie Lehrer oder andere geeignete Personen wie etwa einen Verwandten oder einen Berufsberater um Rat bitten. Bei unterschiedlicher Einschtzung gesundheitlicher Berufsvoraussetzungen kommt auch das Einholen einer rztlichen Stellungnahme in Betracht. Nachdem § 1631a BGB infolge der Aufhebung des Absatzes 2 durch 292 Art 1 Nr 18 KindRG seit dem 1.7.1998 keine eigenen Sanktionsregeln mehr enthlt, kann einem Verstoß nur noch nach Maßgabe des § 1666 BGB begegnet werden. Da der Gesetzgeber mit der Gesetzesnderung aber keine Erhçhung der Eingriffsvoraussetzungen 693 694

BT-Drucks 8/2788 S 49. BT-Drucks 8/2788 S 49; BayObLG FamRZ 1982, 634, 636 = DAVorm 1982, 351; nher dazu Rauscher Rn 1024.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

verbinden wollte,695 ist das Ergreifen von Maßnahmen nicht nur aufgrund einer gegenwrtigen oder zumindest bevorstehenden Kindeswohlgefhrdung nach § 1666 BGB zulssig. Vielmehr sind Gegenmaßnahmen weiterhin wie unter Geltung von § 1631a Abs 2 BGB aF bereits dann mçglich, wenn durch die elterliche Fehleinschtzung bzw deren fehlende Rcksichtnahme bei prognostischer Betrachtung eine nachhaltige und schwere Beeintrchtigung der (beruflichen) Zukunft des Kindes zu besorgen ist. 2.5. Genehmigungserfordernis bei freiheitsentziehender Unterbringung

293 Die elterliche Sorge beinhaltet das Recht der Eltern, das Kind zu erziehen. Zum Zwecke der Wahrnehmung dieses Erziehungsrechts stehen den Eltern grundstzlich alle erforderlichen Kompetenzen zu. Dazu gehçrt auch die Befugnis zur Bestimmung des kindlichen Aufenthalts, § 1631 Abs 1 BGB. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht erlaubt es den Eltern auch, die Art und Weise der Unterbringung des Kindes zu bestimmen, womit ihnen grundstzlich auch die Entscheidung ber eine freiheitsentziehende Unterbringung zusteht. Eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung des Kindes durch die entscheidungsbefugten Eltern bedarf aber nach § 1631b S 1 BGB der gerichtlichen Genehmigung.696 Insoweit grenzt die Vorschrift das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern ein. Der Gesetzgeber wollte die Entscheidung von besonders einschneidender Tragweite der gerichtlichen Mitwirkung unterstellen, um zu verhindern, dass Eltern ein Kind in eine geschlossene Einrichtung verbringen, auch wenn bei sinnvoller Wahrnehmung des Erziehungsrechts eine Problemlçsung auf weniger schwerwiegende Weise erreicht werden kann.697 Die bei Inkrafttreten der Regelung am 1.1.1980 von der 695

696 697

Vgl BT-Drucks 13/4899 S 115, wo davon ausgegangen wird, dass die Eingriffsschwelle des § 1666 BGB gleich hoch wie die nach § 1631a Abs 2 BGB aF ist; kritisch dazu auch Rogner in FamRefK § 1631a Rn 2; zu den Eingriffsvoraussetzungen des § 1631a Abs 2 BGB aF bei Verstoß gegen die Rcksichtnahmepflicht vgl OLG Karlsruhe FamRZ 1974, 661. Zur Anwendung von Zwang bei Zufhrung zur Unterbringung vgl DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2008, 256 ff. BT-Drucks 8/2788 S 38.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Rechtsprechung zu dem Begriff Freiheitsentziehung im Zusammenhang mit § 1800 Abs 2 BGB aF bereits entwickelte Auslegung wollte er herangezogen wissen.698 Danach liegt eine Freiheitsentziehung vor, wenn zB Heiminsassen auf einem bestimmten beschrnkten Raum festgehalten werden, ihr Aufenthalt stndig berwacht und die Aufnahme eines Kontakts mit Personen außerhalb des Raums durch Sicherungsmaßnahmen verhindert wird. Dies ist in der Regel nur bei einer Unterbringung in einem geschlossenen Heim oder einer geschlossenen Anstalt bzw einer geschlossenen Abteilung eines solchen Heims oder einer solchen Anstalt gegeben,699 uU aber auch bei einer halboffenen Einrichtung.700 Nach § 1631b S 2 BGB ist die Unterbringung zulssig, wenn sie zum 293a Wohl des Kindes, insbesondere zur Abwehr einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefhrdung, erforderlich ist und der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch andere çffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Mit dieser durch das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefhrdung des Kindeswohls701 eingefgten Formulierung wurden die Voraussetzungen einer geschlossenen Unterbringung von Kindern und Jugendlichen konkretisiert und klargestellt, dass die Unterbringung aus Grnden des Kindeswohls erforderlich und verhltnismßig sein muss,702 wobei insbesondere der Vorrang çffentlicher Hilfen zu beachten ist. Mit dem Maßstab der Erforderlichkeit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Familiengericht im Verfahren nach § 1631b BGB eine Entscheidung der sorgeberechtigten Eltern berprft, denen im Rahmen ihres grundrechtlich geschtzten Interpretationsprimats ein Spielraum bei der Ausbung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zufllt (vgl Rn 293). Da die Entscheidung zugleich dem Freiheitsrecht des Minderjhrigen gerecht werden muss, kommt die Erteilung der Genehmigung nur in Betracht, wenn eine freiheitsentziehende Unterbringung als letztes Mittel zur Abwehr einer erheblichen Eigen- oder Fremdgefhrdung geboten ist und auch dann nur fr die krzest ange698 699 700 701 702

BT-Drucks 8/2788 S 51. OLG Dsseldorf NJW 1963, 397. AG Kamen FamRZ 1983, 299 m krit Anm Damrau FamRZ 1983, 1060 f; Mnder ZfJ 1984, 180, 181. BGBl I 2008 S 1188. BT-Drucks 16/6815 S 13, 14.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

messene Zeit. § 1631b BGB lsst also – anders als § 1906 BGB bei zivilrechtlicher Unterbringung von Betreuten703 – dem Wortlaut nach eine zivilrechtliche Unterbringung des Kindes auch bei Fremdgefhrdung zu. Im Fall der Fremdgefhrdung kann die Unterbringung geboten sein, wenn das Kind sich sonst dem Risiko von Notwehrmaßnahmen, Ersatzansprchen und Prozessen aussetzt.704 Mit der Fremdgefhrdung muss also im Ergebnis auch bei Minderjhrigen eine Eigengefhrdung einhergehen; eine geschlossene Unterbringung allein zum Zwecke der Sanktionierung ist weiterhin unzulssig. MaW: Liegt in der Fremdgefhrdung nicht gleichzeitig eine erhebliche Eigengefhrdung, kommt eine gerichtliche Genehmigung nach § 1631b BGB zur Gefahrenabwehr nicht in Betracht.705 Die Verhltnismßigkeit ist aber sowohl bei Fremdgefhrdung als auch bei Eigengefhrdung dann zu verneinen, wenn die Unterbringung nicht geeignet ist, eine Heilung oder Besserung der Krankheit oder Aufflligkeit des Kindes zu erreichen.706 294 Nicht von der Vorschrift erfasst ist eine Unterbringung, die (nur) mit Freiheitsbeschrnkungen verbunden ist, die bei dem Alter des Kindes blich sind.707 Daher unterliegt die Unterbringung in einem gewçhnlichen Erziehungsinternat keinem Genehmigungsvorbehalt, auch wenn dessen Ordnung gewisse Ausgangsbeschrnkungen vorsieht.708 Eine Differenzierung zwischen einer genehmigungsfreien Freiheitsbeschrnkung und einer genehmigungsbedrftigen Freiheitsentziehung lsst sich indes nicht (allein) aus dem Alter des Kindes herlei-

703

703 704 705 706 707

708

§ 1906 BGB setzt stets Eigengefhrdung voraus, die freiheitsentziehende Unterbringung eines Volljhrigen wegen Fremdgefhrdung ist deshalb nur aufgrund sog çffentlich rechtlichen Unterbringungsrechts (Landesgesetze zur Unterbringung psychisch Kranker) mçglich. BT-Drucks 16/6815 S 14. Meysen JAmt 2008, 233, 235. Wille DAVorm 2000, 449, 450; ders ZfJ 2002, 85, 87. BT-Drucks 8/2788 S 51; kritisch zu der Einschrnkung der Genehmigungspflicht auf solche dem biologischen Alter des Kindes nach unblichen Freiheitsentziehungen Dodegge FamRZ 1993, 1348, 1349. Schwab Rn 541.

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ten.709 Die zur Abgrenzung einer Freiheitsbeschrnkung von der einer -entziehung zu Art 104 GG aufgestellten Grundstze, nach denen es maßgeblich auf den Zweck und die Dauer der Einschrnkung der Bewegungsfreiheit710 ankommt, kçnnen fr die hier anstehende Problematik zwar nicht unmittelbar herangezogen werden, weil Art 104 GG nicht direkt anwendbar ist. Da § 1631b BGB aber die Konstellation des Art 104 GG in das einfachgesetzliche Recht „insofern bernimmt, als er sich nicht gegen staatliches Handeln wendet, sondern das Freiheitsrecht des Minderjhrigen gegen ein bestimmtes elterliches Handeln bewahren will“711, ist auch fr die nach § 1631b BGB notwendige Differenzierung auf die Qualitt und Quantitt der gegen den natrlichen Willen des Kindes vorgenommenen Maßnahme abzustellen. Nachdem der BGH712 in einem Betreuungsverfahren entschieden hat, 295 dass es sich bei der Zufhrung zu einer ambulanten Behandlung nicht um eine Freiheitsentziehung (iSv § 1906 BGB) handelt, weil weder der Zweck noch die Dauer des Eingriffs auf Freiheitsentziehung gerichtet sind, drfte auch die zwangsweise Zufhrung eines Jugendlichen zB zu einer sozialpdagogischen Maßnahme als lediglich freiheitsbeschrnkend, nicht dem Anwendungsbereich des § 1631b BGB zuzurechnen sein.713 – nicht (mehr) belegt

296

Umstritten ist, ob die Genehmigungsbedrftigkeit auch dann besteht, 297 wenn der Minderjhrige selbst mit der Unterbringung einverstanden ist. Nach einer Auffassung liegt ein Freiheitsentzug bereits begrifflich nicht vor, wenn der betroffene Minderjhrige selbst in die Unterbringung einwilligt, vorausgesetzt, er vermag die volle Bedeutung und Tragweite der Maßnahme, der er zustimmt, abzuschtzen 709 710 711 712 713

Moritz ZfJ 1986, 440, 441; aA Helle ZfJ 1986, 40, 44, 45; Damrau FamRZ 1983, 1060 (in einer Anm zur Entscheidung des AG Kamen FamRZ 1983, 299). BGHZ 82, 261, 266; aA Lisken NJW 1982, 1268. Moritz ZfJ 1986, 440, 442. BGHZ 145, 297 = FamRZ 2001, 149 = BtPrax 2001, 32 = FGPrax 2001, 40 = R & P 2001, 46 ff. In diesem Sinne auch Hoffmann R & P 2007, 173, 175, 177 f; vgl insoweit das Beispiel von Wille DAVorm 2000, 449, 450 (Fn 4), der eine solche Zufhrung als Freiheitsentziehung qualifizierte.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

und deren Folgen zu begreifen. Hat er diese Fhigkeit, ist seine Einwilligung nach dieser Auffassung beachtlich und das Genehmigungserfordernis entfllt.714 Nach anderer Ansicht ist die Genehmigung stets erforderlich; ein Abstellen auf die „natrliche Einsichtsfhigkeit“ wird strikt abgelehnt.715 Diese andere Ansicht wird mit dem Gebot des Art 104 Abs 2 GG begrndet, wonach der Richter ber eine Freiheitsentziehung zu entscheiden hat, was gerade im Rahmen des § 1631b BGB durch das besondere Schutzbedrfnis von Kindern und Jugendlichen gesttzt wrde. Weiter wird ausgefhrt, dass wenn schon der Wille des gesetzlichen Vertreters, der an Stelle des Kindes handelt, keine hinreichende Grundlage fr eine Freiheitsentziehung bilde, der Wille des Kindes, das sich regelmßig in einer Ausnahmesituation befindet, erst recht keine ausreichende Grundlage fr solche schwerwiegenden Eingriffe in die persçnliche Freiheit sein kçnne.716 Schließlich werden vor allem Praktikabilittsgrnde dafr angefhrt, dass auch das Einverstndnis des Kindes das Genehmigungserfordernis nicht entfallen lsst.717 298 Es fragt sich, ob die Genehmigung auch fr freiheitsentziehende Maßnahmen sonstiger Art erforderlich ist. Dem Wortlaut von § 1906 Abs 4 BGB nach gilt eine Genehmigungspflicht fr sog unterbringungshnliche Maßnahmen718 nur fr Betreuer also nur fr gesetzliche Vertreter Volljhriger. Eine analoge Anwendung der Norm scheidet aus, da der Betreuungsrechtsgesetzgeber die Erstreckung der Regelung auf Minderjhrige ausdrcklich ausgeschlossen hat.719 Schwab720 ußerte gleichwohl die Erwartung, dass die Norm, die Freiheitsentziehung durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Art in § 1906 Abs 4 BGB unter einen Genehmigungsvorbehalt stellt, auf die Handhabung von § 1631b BGB ausstrahlt, weil die Situationen im Einzelfall durchaus vergleichbar sein kçnnen und das minderjhrige Kind insoweit nicht weniger schutz714 715 716 717 718 719 720

In diesem Sinne Marschner/Volckart § 1631b Rn 7; Rink in HK-BUR § 1631b Rn 20; Ostendorf/Hinghaus/Kasten FamRZ 2005, 1514, 1518, 1519. Schwab FamRZ 1990, 681, 687. Schumacher FamRZ 1991, 280, 281. Gollwitzer/Rth FamRZ 1996, 1388 ff, kritisch dazu Ostendorf/Hinghaus/Kasten FamRZ 2005, 1514, 1518, 1519. BT-Drucks 11/4528 S 82. BT-Drucks 11/4528 S 82, 83. FamRZ 1990, 681, 687.

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bedrftig ist.721 Nach richtiger Auffassung liegt daher auch bei unterbringungshnlichen Maßnahmen der genannten Art ein Genehmigungserfordernis vor.722 Gemß § 1631b S 3 BGB ist die Unterbringung ohne die Genehmi- 299 gung nur zulssig, wenn mit dem durch deren Einholung eintretenden Aufschub Gefahr verbunden ist. Die Genehmigung ist in diesem Fall unverzglich nachzuholen. Darber hinaus wird in S 4 der Vorschrift klargestellt, dass die Genehmigung unverzglich zurckzunehmen ist, wenn das Kindeswohl die Unterbringung nicht mehr erfordert. Letzteres hat zur Folge, dass das fr die Genehmigungserteilung bei elterlichem Handeln zustndige Familiengericht die Voraussetzungen der Genehmigung von Amts wegen in regelmßigen Abstnden zu berprfen hat. Die Auswahl der Einrichtung, in der das Kind untergebracht wird, obliegt den Eltern, nicht dem Familiengericht.723 Eine Unterbringungsgenehmigung nach § 1631b BGB kann im brigen nur erteilt werden, wenn die aufenthaltsbestimmungsberechtigten Eltern diese beantragen, nicht aber wenn die (aufenthaltsbestimmungsberechtigten) Eltern mit der Unterbringung nicht einverstanden sind. Weigern sich die insoweit sorgeberechtigten Eltern, eine notwendige Unterbringung ihres Kindes nach § 1631b BGB beim Familiengericht zu beantragen, so muss ihnen einstweilen das Aufenthaltsbestimmungsrecht gem § 1666 BGB entzogen und ein Ergnzungspfleger bestellt werden, der den Unterbringungsantrag stellt.724

721 722 723

724

Vgl Dodegge (FamRZ 1993, 1348 f.) in einer Anm zur Entscheidung des LG Essen FamRZ 1993, 1347. Marschner/Volckart § 1631b Rn 4; Rink in HK-BUR § 1631b Rn 19; Wille ZfJ 2002, 85, 88. LG Bielefeld FamRZ 1990, 664; BayObLG FamRZ 1992, 105, 106; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 815 m Anm Affeldt FamRZ 2004, 1798 = Rpfleger 2004, 43 = JAmt 2003, 610 = FGPrax 2004, 52 = ZfJ 2004, 117. BVerfG NJW 2007, 3560 = FamRZ 2007, 1627 = ZKJ 2008, 38 = RuP 2007, 189 m Anm Hoffmann = NdsRpfl 2008, 41 = FamRB 2007, 296 (LS) m Anm Vçlker.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

2.6. Verbot der Sterilisation

300 Nach § 1631c BGB kçnnen weder die Eltern noch das minderjhrige Kind selbst in eine Sterilisation einwilligen. In Satz 3 der Vorschrift wird klargestellt, dass auch ein Pfleger eine solche Einwilligung nicht (an Stelle der Eltern) geben kçnnte: Die Anordnung einer Pflegschaft gem § 1909 BGB zu diesem Zweck wird ausgeschlossen. S 1 begrenzt nach dem Willen des Gesetzgebers die elterliche Sorge, weil sich Erforderlichkeit und Auswirkungen einer Sterilisation bei Minderjhrigen schwer beurteilen lassen.725 Durch den zustzlichen Ausschluss der Einwilligung des Kindes und das Verbot der Pflegerbestellung mit diesem Wirkungskreis wird unabhngig von der um die Einwilligungsfhigkeit des Kindes in sonstigen Fllen gefhrten Diskussion (vgl Rn 272 ff) insgesamt erreicht, dass Minderjhrige nicht sterilisiert werden drfen. 2.7. Das Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung

301 Die seit dem 8.11.2000 geltende, durch das Gesetz zur chtung der Gewalt in der Erziehung und des Kindesunterhalts vom 2.11.2000726 geschaffene Fassung des § 1631 Abs 2 S 1 BGB statuiert das Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung, wobei Satz 2 der Norm dieses Recht durch das Verbot konkretisiert, bei der Ausbung der Personensorge kçrperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwrdigende Maßnahmen einzusetzen. 302 Der Gesetzgeber rumte dem Kind ein Recht auf gewaltfreie Erziehung ein, um zu verdeutlichen, dass das Kind als Person mit eigener Wrde und als Trger von Rechten und Pflichten die Achtung seiner Persçnlichkeit auch von den Eltern verlangen kann. Ein schlichtes Gebot der gewaltfreien Erziehung war seiner Meinung nach nicht ausreichend, weil dieses von den Eltern relativ leicht als zwar staatlich gebotener, bei ihrem Kind aber nicht durchfhrbarer „Erziehungsstil“ abgetan werden kçnnte.727

725 726 727

BT-Drucks 11/4528 S 76, 107. BGBl I S 1479. BT-Drucks 14/1247 S 5.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Fr in Deutschland lebende Familien aus fremden Kulturkreisen gelten keine Ausnahmen.728 Obwohl die Regelung in erster Linie auf eine Bewusstseinsnderung 303 zielt, geht sie ber ein unverbindliches Leitbild hinaus und schrnkt das grundrechtlich verbrgte Elternrecht durch Verbot bestimmter Erziehungsmittel ein.729 So brauchte es denn auch viele Anlufe, um von dem 1900 ausdrcklich nur dem Vater zugestandenen Zchtigungsrecht – aus dem nach Entfallen der positiven Ermchtigung zu Zuchtmitteln durch das am 1.7.1958 in Kraft getretene Gleichberechtigungsgesetz in Praxis und Theorie gleichsam gewohnheitsrechtlich ein „elterliches“ Zchtigungsrecht entnommen wurde, das nun beiden Elternteilen als strafrechtlicher Rechtfertigungsgrund diente – zu dem nun bestehenden Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung zu gelangen.730 Alle Schritte in diese Richtung waren beinahe zwangslufig von heftiger Kritik begleitet, weil hierin ein Verstoß gegen den grundrechtlich garantierten Elternprimat gesehen wurde und wohl weiterhin gesehen wird.731 ber den Umfang des Verbots und die Folgen eines Verstoßes 304 bestehen vor allem deshalb nach wie vor keine Einigkeit. Von dem Verbot werden erfasst: – jegliche Art kçrperlicher Bestrafung, worunter sowohl der immer wieder bemhte „Klaps“ als auch schwere Schlge und andere kçrperliche Misshandlungen zu verstehen sind.732 In der amtlichen Begrndung733 wird ausdrcklich darauf hingewiesen, dass eben nicht nur der in der Umgangssprache wesentlich enger ausgelegte Begriff der „Misshandlung“ von dem Verbot erfasst 728 729 730 731 732

733

OLG Kçln FamRZ 2001, 1087; vgl auch BayObLG FamRZ 1993, 229. Schwab Rn 547. Zur „historischen“ Entwicklung vgl ua Huber/Scherer FamRZ 2001, 797, 798; Maywald FPR 2003, 299 ff. Vgl ua Benkert S 289 ff. In diesem Sinne auch Huber/Scherer FamRZ 2001, 797, 799; Staudinger/Coester § 1666 Rn 93; Kellner NJW 2001, 796, 797; Peschel-Gutzeit FPR 2000, 231; Heger/Schomburg Kind-Prax 2000, 171, 172. BT-Drucks 14/1247 S 4, 8.

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wird, sondern auch solche kçrperlichen Bestrafungen, die nicht die Intensitt der Misshandlung erreichen, da auch solche fr das Kind eine Demtigung bedeuten; – das Zufgen seelischer Verletzungen, womit vor allem krnkende und herabsetzende Verhaltensweisen von Eltern, etwa das Bloßstellen vor den Freunden oder in der Schulklasse, aber auch extreme Klte im Umgang mit dem Kind gemeint sind. Fr die Frage, ob eine verbotene Verletzung durch die Eltern in diesem Sinne vorliegt, ist nicht wie bei der Bestrafung an der Verletzungshandlung, sondern am Verletzungserfolg anzusetzen; – andere entwrdigende Maßnahmen und zwar unabhngig davon, ob diese zum Zwecke der Erziehung oder aus anderen Grnden eingesetzt werden, womit der Gesetzgeber auch solche Maßnahmen verboten hat, die bei Abstellen auf einen Verletzungserfolg bei einem besonders unsensiblen Kind oder bei hinter dem Rcken des Kindes erfolgten verchtlichen ußerungen, von denen das Kind nichts erfhrt, sonst nicht erfasst wren. Als entwrdigend in diesem Sinne sind solche Maßnahmen einzustufen, die das kindliche Selbstbewusstsein und Ehrgefhl verletzen oder gefhrden. Beispielhaft werden hier genannt: Einsperren im Dunkeln,734 Bisse in den Po sowie Fesseln und Nackt ausziehen zum Zwecke der Bestrafung735 und Festgurten des Kindes im Rahmen einer sog Festhaltetherapie736 sowie alle qulenden auch das Schamgefhl verletzenden Maßnahmen, wie etwa die Kontrolle der Geschlechtsorgane einer 14-Jhrigen durch die Eltern.737 305 Nicht von dem Verbot erfasst sind hingegen solche kçrperlichen Einwirkungen auf das Kind, mit denen keine Strafabsicht verfolgt wird, wie zB das Festhalten des Babys auf dem Wickeltisch, des Kindes an der roten Ampel738 oder das Wegreißen des Kindes von einer viel befahrenen Straße. Unzulssig sind demnach nur solche kçrperlichen Einwirkungen, die als Sanktion gegen Fehlverhalten des Kindes vorgenommen werden, nicht aber solche, die prventiv der Vermeidung 734 735 736 737 738

OLG Thringen FamRZ 2005, 52. OLG Thringen FamRZ 2003, 1319 = FPR 2003, 669. Staudinger/Salgo § 1631 Rn 89. BayObLG DAVorm 1983, 78. BT-Drucks 14/1247 S 7.

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von Gefahren dienen, denn den Eltern muss selbstverstndlich die Mçglichkeit bleiben, korrigierend in Geschehnisablufe einzugreifen. Von Letzteren wiederum ausgenommen sind nach Sinn und Zweck der Regelung aber solche Prventionsmaßnahmen, die das Kind von einem zuknftigen Tun durch aktive Gewaltanwendung zB in Form einer vorsorglich verabreichten Tracht Prgel abhalten sollen.739 Daraus ergibt sich, dass Gewalt zur Durchsetzung von Sorgemaßnahmen zB zur Abwehr von Gefahren fr das Kind oder Dritte strikt verhltnismßig bleiben muss.740 Unstreitig ist berdies, dass den Eltern das Einschreiten gegen ein Fehlverhalten des Kindes durch andere, gewaltfreie Maßnahmen wie etwa Krzung des Taschengeldes oder Verbot einer sonst gestatteten Fernsehsendung selbstverstndlich nach wie vor unbenommen ist. Nach den Ausfhrungen des Gesetzgebers hat die Regelung vor allem 306 Appellcharakter, denn beabsichtigt ist in erster Linie eine Bewusstseinsnderung bei den Eltern. Zu diesem Zweck wurde von der Bundesregierung ein Aktionsprogramm zum Thema „Gewaltfreie Erziehung“ initiiert, um den potenziellen Adressaten die mit dem Gesetz verbundenen Ziele durch çffentlichkeitswirksame Darstellung des Problems der Gewaltanwendung gegen Kinder nahe zu bringen. Die im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz und des Bundesministeriums fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Untersuchung der Rezeption und ersten Auswirkung des seit November 2000 geltenden Rechts auf gewaltfreie Erziehung im Herbst 2001 und Frhjahr 2002 sowie nochmals im Januar/Februar 2005 durch reprsentative Umfragen von Bussmann durchgefhrten Begleitforschungen741 ergaben, dass 2005 94 % der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Beratungs- und Hilfseinrichtungen, hingegen nur etwa 40 % der befragten Eltern sowie insgesamt nur 27,7 % der Kinder, von den besonders betroffenen Jugendlichen, die eine gewaltbelastete Erziehung erfahren, sogar nur 24,9 %, ber das nunmehr schon lnger 739 740 741

Zutreffend Huber/Scherer FamRZ 2001, 797, 798. Staudinger/Salgo § 1631 Rn 85. Bussmann FPR 2002, 289 ff, und ders JAmt 2004, 400 ff. Die Forschungsergebnisse (einschließlich der von 2005) sind außerdem im Internet abrufbar unter www.bmj.bund.de.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

geltende Recht informiert waren. Diese Zahlen belegen, dass der Gesetzgeber weiterhin gefordert ist, vor allem den unmittelbar Betroffenen die Rechtsreform nahe zu bringen. 307 Ziel ist die chtung der Gewalt in der Erziehung ohne Kriminalisierung der Familie. Gleichwohl scheiden Strafverfolgung ebenso wenig aus wie Maßnahmen nach § 1666 BGB. Vorrangig ist jedoch die Hilfegewhrung durch die Jugendhilfe. Bei Verstçßen soll den Eltern daher in erster Linie Hilfe bei der Bewltigung von Konflikten und Krisensituationen angeboten werden.742 In Ergnzung des schon bei Inkrafttreten der Neufassung des § 1631 Abs 2 BGB im SGB VIII bereitgehaltenen Instrumentariums wurde der Jugendhilfe die Aufgabe zugewiesen, Wege aufzuzeigen, wie Konfliktsituationen in der Familie gewaltfrei gelçst werden kçnnen, § 16 Abs 1 S 3 SGB VIII.743 308 Allgemeine zivilrechtliche Unterlassungs- oder Leistungsansprche (in Form von pflichtgerechter Ausbung der Sorge) sollen dem Kind nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zustehen, da solche von § 1666 BGB als lex specialis verdrngt werden,744 bei deren Anwendung das Familiengericht freilich die in § 1631 Abs 2 BGB zum Ausdruck kommende Wertentscheidung zu bercksichtigen hat.745 Der Wegfall der Rechtfertigung fr elterliche Zchtigungen hat somit sptestens durch die geltende Fassung des § 1631 Abs 2 BGB auch Einfluss auf die Auslegung der in § 1666 BGB genannten Tatbestandsmerkmale genommen.746 742 743

744

745 746

BT-Drucks 14/1247 S 5. Die systematische Stellung der Regelung kritisierend Baltz ZfJ 2000, 210; 213; zur mçglichen Umsetzung der Hilfe auf dem Weg zur gewaltfreien Erziehung ua Salgo RdJB 2001, 283, 289 ff. BT-Drucks 14/1247 S 5; hierzu ausfhrlich Huber/Scherer FamRZ 2001, 797, 800, 801; Staudinger/Coester § 1666 Rn 7, 8; Will FPR 2004, 233; aA Benkert S 248 ff, der den Ausschluss solcher Ansprche angesichts des Wortlauts der Norm fr dogmatisch kaum haltbar erklrt. So ua auch Peschel-Gutzeit FPR 2000, 231, 232. Auf die vçllige Abschaffung des elterlichen Zchtigungsrechts schließen zu Recht ua Roxin JuS 2004, 177, 178; Hillenkamp JuS 2001, 159, 166; Kellner NJW 2001, 796, 797; Heger/Schomburg Kind-Prax 2000, 171, 172; LG Berlin ZKJ 2006, 103 m zust Anm Riemer; vgl auch AG Burgwedel JAmt 2005, 50; Otto JURA 2001, 670, 671; aA ua Kargl NJ 2003, 57, 58, der weiterhin daran festhlt, dass das elterliche Zchtigungsrecht nur insoweit als abgeschafft gelten kçnne, als es um kçrperliche Bestrafungen geht, die zugleich entwrdigende Maßnahmen darstellen.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Wie erwhnt scheidet bei kçrperlicher Misshandlung indes auch eine 309 Strafverfolgung nach den §§ 223 StGB ff nicht aus. Der Gesetzgeber wollte den in Satz 1 der Norm verwendeten Begriff der gewaltfreien Erziehung nicht an den strafrechtlichen Gewaltbegriff anknpfen, um die Strafbarkeit nicht zu erweitern.747 Soweit erkennbar unstrittig ist zwar, dass kçrperliche Bestrafungen nicht dem Tatbestand des § 223 StGB unterfallen, wenn sie nicht die Intensitt einer „Misshandlung“ erreichen.748 Keine Einigkeit besteht aber darber, ob jede andere, die Geringfgigkeitsgrenze bersteigende Bestrafung als Kçrperverletzung strafbar ist. Zuzugeben ist zudem, dass der in § 1631 Abs 2 S 1 BGB verwendete Begriff der Gewalt durch die Klarstellung in Satz 2 der Norm ber den im Strafrecht verwendeten Gewaltbegriff hinausgeht, was auf den ersten Blick mit der mit dem Gesetz verbundenen Absicht, die Familie nicht zu kriminalisieren, im Widerspruch steht. Dieses Problem lsst sich indes nicht dadurch beseitigen, dass Gewaltanwendung im Sinne von § 1631 Abs 2 BGB nur als verboten betrachtet und damit nur dann fr strafbar gehalten wird, wenn sie zu Erziehungszwecken ausgebt wird,749 also etwa dann nicht, wenn sie im Rahmen einer den Eltern ebenfalls obliegenden Beaufsichtigung vorgenommen wird. Nach zutreffender Auffassung widerspricht eine derartige knstliche Aufspaltung der ganzheitlichen Personensorge zur Rettung von Gewaltanwendung gegen Kinder dem Gesetzeszweck.750 Da eine Strafverfolgung aber nicht zuletzt im Kindesinteresse Nachrang gegenber der Annahme von Hilfsangeboten hat, ist eine solche Aufspaltung auch nicht erforderlich. Auch den Strafverfolgungsbehçrden steht die Kooperation mit freien und çffentlichen Trgern der Kinder- und Jugendhilfe offen, die im Rahmen einer Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO zur Weiterentwicklung von Diversionsmodellen genutzt werden kçnnte.751 Mit dem Begriff „Diversion“ 747 748 749 750 751

BT-Drucks 14/1247 S 7; kritisch hierzu Hoyer FamRZ 2001, 521, 523 und Benkert S 252 ff. Roxin JuS 2004, 177 mwN. So Hoyer FamRZ 2001, 521, 524, 525. Staudinger/Salgo § 1631 Rn 84. Staudinger/Salgo § 1631 Rn 80; kritisch hierzu Kargl NJ 2003, 57, 63, 64, der ein solches Diversionsverfahren ua im Hinblick auf den Sinn eines Strafverfahrens und die vom Strafrecht ausgehende Signalwirkung fr problematisch hlt.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

werden kriminalpolitische Versuche bezeichnet, eine Strafverfolgung des Tters bzw eine Strafvollstreckung zu verhindern, obwohl eine strafrechtliche Normverletzung festgestellt wurde,752 sodass sich das Ziel des Gesetzgebers schließlich auch auf diesem Wege erreichen ließe.753 3. Gerichtliche Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdung 3.1. Allgemeines

310 Wird das kçrperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermçgen gefhrdet und sind die Eltern nicht gewillt oder in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwehr der Gefahr erforderlich sind, § 1666 Abs 1 BGB. Die Vorschrift enthlt in Konkretisierung des in Art 6 Abs 2 S 2 GG statuierten Wchteramtes die Ermchtigung fr staatliche Eingriffe in die Personen- und/oder Vermçgenssorge der Eltern im Interesse eines mçglichst effektiven Kindesschutzes.754 Damit wird zugleich klargestellt, dass die den Eltern durch Art 6 Abs 2 S 1 GG zugewiesene Interpretationsautonomie bezglich der Ausfllung und der Wahrung des individuellen Kindeswohls zu beachten ist. Auf eine objektive Bestimmung dessen, was dem Kindeswohl entspricht bzw dieses gefhrdet kommt es folglich erst an, wenn das Kindeswohl wie im Rahmen von §§ 1666 ff BGB Eingriffs- und/oder Entscheidungsgrundlage wird,755 wobei die Bestimmung den Elternprimat freilich einzubeziehen hat, sodass keine zu engen Grenzen gezogen werden drfen. § 1666 Abs 1 BGB wurde mit Wirkung vom 12.7.2008 durch das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei 752 753 754 755

Gçbel S 238 mwN. In diesem Sinne zumindest im Ergebnis auch Roxin JuS 2004, 177, 179; nher dazu Gçbel S 238 ff. Palandt/Diederichsen § 1666 Rn 1. Rauscher Rn 958.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Gefhrdung des Kindeswohls756 neu gefasst. Die nderung beruht auf einem Vorschlag, den die im Frhjahr 2006 vom BMJ mit dem Auftrag der Prfung gesetzlicher Erleichterungen fr familiengerichtliche Maßnahmen eingesetzte Arbeitsgruppe757 in ihrem Abschlussbericht vom 17.11.2006 unterbreitet hatte.758 Vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verlangte der Wortlaut der Norm ausdrcklich, dass das Kindeswohl oder -vermçgen durch missbruchliche Ausbung der elterlichen Sorge, durch Vernachlssigung, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Verhalten eines Dritten gefhrdet war. Mit dem Verzicht auf die Tatbestandsvoraussetzung des elterlichen Fehlverhaltens oder Erziehungsversagens wollte der Gesetzgeber zum einen die in der Praxis auftretenden Schwierigkeiten bei Nachweis eines konkreten Fehlverhaltens und seine Kausalitt fr die Kindeswohlgefhrdung beseitigen und zum anderen das Risiko minimieren, dass sich der Vorwurf eines elterlichen Versagens negativ auf die elterliche Kooperationsbereitschaft auswirkt.759 Eine Herabsenkung der Eingriffsschwelle war jedoch nicht beabsichtigt.760 Zu Recht wurde in der Literatur bereits festgestellt, dass das mit dem neuen Gesetz verfolgte Ziel eines effektiveren Kinderschutzes durch frhzeitige Prvention durch Streichung dieser Tatbestandshrden (allein) aber nicht erreicht werden kann.761 Die Auffassungen, welche flankierenden Maßnahmen notwendig sind, um Kinder knftig frher, dh bevor sie Schaden nehmen, schtzen zu kçnnen, gehen allerdings auseinander. Whrend Rçchling762 eine neue Definition des Begriffs der Kindeswohlgefhrdung fr erforderlich hlt, spricht sich Coester763 mit berzeugenden Argumenten gegen eine Absenkung der Ein756 757 758

759 760 761 762 763

BGBl I 2008 S 1188. Vgl dazu Vorauflage Rn 348. Der Abschlussbericht ist als pdf-Datei abrufbar unter der Internetadresse www.bmj.bund.de (Stand Mai 2008); vgl auch die Anm zu dem Bericht von Rçchling FamRZ 2007, 431 ff. BT-Drucks 16/6815 S 9, 14; zu den Motiven des Gesetzgebers ausfhrlich ua Fellenberg FPR 2008, 125 ff. BT-Drucks 16/6815 S 14. Vgl Rçchling FamRZ 2007, 431, 432; ders FamRZ 2007, 1775 ff; Coester JAmt 2008, 1, 5. FamRZ 2007, 431, 432; ders FamRZ 2007, 1775 ff; vgl auch Rçchling FamRZ 2008, 1495 ff. JAmt 2008, 1 ff; zur aktuellen Debatte, wie Kinder besser geschtzt werden kçnnen vgl auch die Anm des Bundesjugendkuratoriums in ZKJ 2008, 200 ff.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

griffsschwelle und fr eine sowohl qualitative als auch quantitative Strkung der Kompetenz der Normanwender aus. Gerade im Hinblick auf die Notwendigkeit der Kompetenzstrkung besteht seltenes Einvernehmen, denn zum einen wird eine Verbesserung des justiziellen Kindesschutzes ohne eine entsprechende Ausbildung von Richter/ innen und Rechtspfleger/innen auf dem Gebiet der Entwicklungspsychologie und anderen kindesbezogenen Fachwissenschaften nicht erreicht werden kçnnen. Zum anderen mssen sowohl im gerichtlichen als auch im sozialen Bereich fr eine ausreichende Anzahl von qualifizierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gesorgt und auch die sachlichen Ressourcen so verstrkt werden, dass die Aufgabe auch bewltigt werden kann. 311 Das Kindeswohl ist als unbestimmter Rechtsbegriff unter Bercksichtigung der emotionalen Bindungen des Kindes, der Beachtung seines Willens764 und der Bedeutung von Kontinuitt und Stabilitt, des Alters des Kindes sowie des Bedrfnisses nach Schutz seiner kçrperlichen, seelischen und geistigen Integritt jeweils einzelfallbezogen zu ermitteln.765 Das in diesem Sinne objektiv zu bestimmende, an den Bedrfnissen des Kindes zu messende Kindeswohl, das den Interessen anderer, einschließlich denen der Eltern vorgeht, ist zugleich Legitimation fr den Eingriff und Entscheidungsmaßstab fr die vom Gericht zu treffenden Maßnahmen. 3.2. Gefährdung des Kindeswohls

312 Zum Schutz des Kindes muss der Staat in Ausbung des Wchteramtes gegen Kindeswohlgefhrdungen einschreiten. Eine Gefhrdung, die das kçrperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes betrifft, liegt vor, wenn die begrndete Besorgnis besteht, dass bei Nichteingreifen des Gerichts das Wohl des Kindes 764

765

Zur Bedeutung des kindlichen Willens bei der Ermittlung des Kindeswohls siehe Peschel-Gutzeit FPR 2003, 271, 274, 275 (Anm zur Entscheidung des OLG Dresden NJW 2003, 147 = FamRZ 2003, 397 = FPR 2003, 140). Vgl ua Hfele FPR 2003, 307, 310 mwN; OLG Hamm FamRZ 2007, 1677.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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beeintrchtigt wird oder eine in einem solchen Maße vorhandene Gefahr besteht, dass sich bei der weiteren Entwicklung des Kindes eine erhebliche Schdigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lsst.766 Da eine gerichtliche Intervention eine hinreichend gegenwrtige Gefahr voraussetzt, reichen bloß latente Risiken auch nach nderung von § 1666 BGB in keinem Fall aus. Aus diesem Grund und weil nicht ohne entsprechende Gefhrdungslage in die elterliche Lebensfhrung eingegriffen werden darf, kann auf § 1666 BGB zB auch kein Rauchverbot gegen die Eltern gesttzt werden, es sei denn, das Kind neigt zu Asthma oder hnlichen Erkrankungen.767 Die Bandbreite sozialer und çkonomischer Lebensverhltnisse von Eltern und Kindern ist hinzunehmen und bietet daher grundstzlich ebenfalls keinen Anlass, gegen daraus resultierende wirkliche oder vermeintliche Nachteile einzuschreiten.768 Das OLG Hamm769 betont denn auch zu Recht, dass das Kind keinen Anspruch auf „Idealeltern“ und optimale Fçrderung und Erziehung hat, sondern sich das staatliche Wchteramt im Rahmen von §§ 1666, 1666a BGB auf die Abwehr von Gefahren beschrnkt. Fr eine Trennung des Kindes von den Eltern oder einem Elternteil ist es deshalb in keinem Fall ausreichend, dass es andere Personen oder Einrichtungen gibt, die zur Erziehung und Fçrderung evtl besser geeignet wren.770 Auch aus vereinzelt gebliebenen Fehlhandlungen oder Erziehungsfehlern kann noch nicht auf eine gegenwrtige Kindeswohlgefhrdung geschlossen werden. Aus solchen kann aber trotz der nderung des 766

767 768

769 770

BGH NJW 1956, 1434 = FamRZ 1956, 350; OLG Celle FamRZ 2003, 1490; OLG Kçln FamRZ 2004, 878 (LS); OLG Hamm FamRZ 2006, 359 (LS); zur Komplexitt einer Prognose zur Kindeswohlgefhrdung vgl Reich/Wulf ZKJ 2007, 266 ff, 343 ff. BayObLGZ 1993, 203 = FamRZ 1993, 1350. BVerfGE 60, 79 = NJW 1982, 1379 = FamRZ 1982, 567 = JZ 1982, 416; BVerfGE 72, 122 = NJW 1986, 3129 = FamRZ 1986, 871; BVerfG FamRZ 2002, 1021 = FPR 2002, 530 = Kind-Prax 2002, 169; BVerfG FamRZ 2006, 385 m Anm Luthin = NJW 2006, 1723, vgl dazu auch den Besprechungsaufsatz von Jaeger FPR 2007, 101 ff; BVerfG FamRZ 2008, 492 m Anm Luthin. FamRZ 2004, 1664; in diesem Sinne auch OLG Celle FamRZ 2003, 549; vgl auch OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1556 = ZKJ 2008, 208. BayObLG FamRZ 1985, 522; vgl auch BVerfG FamRZ 2006, 1593; dass FamRZ 2008, 492 m Anm Luthin; vgl auch OLG Kçln FamRZ 2008, 1553 = JAmt 2008, 45 = OLGR 2008, 146 (LS).

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

§ 1666 Abs 1 BGB durch Verzicht auf ein fr die Gefhrdung urschliches elterliches Fehlverhalten oder Erziehungsversagen (vgl dazu Rn 310, 314) im Einzelfall etwa bei elterlicher Drogensucht771 eine in diesem Sinne hinreichend konkrete Gefhrdung abgeleitet werden, denn die begrndete Besorgnis der Schdigung wird sich in aller Regel aus Vorfllen der Vergangenheit ergeben. Hierbei spielen auch Gewalttaten an anderen Kindern eine Rolle.772 3.3. Fehlende Gefahrenabwehr durch die Eltern

313 Weiter ist eine Unwilligkeit oder Unfhigkeit der Eltern zur Abwendung der Gefahr erforderlich, ohne dass es auf deren Verschulden ankme. Diese Eingriffsvoraussetzung verdeutlicht, dass die Abwendung der Gefahr primr Recht und Pflicht der Eltern ist. Nur wenn diese entweder nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, das zum Schutz des Kindes(-vermçgens) Erforderliche zu unternehmen, besteht daher das Recht, aber auch die Pflicht, gerichtlich einzugreifen. Der elterliche Abwendungsprimat kommt schließlich auch im Verfahrensrecht zum Ausdruck, in dem § 50 f Abs 1 FGG bestimmt, dass das Gericht in Verfahren nach den §§ 1666, 1666a BGB mit den Eltern und in geeigneten Fllen auch mit dem Kind in einem nach § 50 e Abs 1, 2 FGG anzuberaumenden Termin zunchst erçrtern soll, wie einer mçglichen Gefhrdung des Kindeswohls auf andere Weise als durch staatliche Eingriffe begegnet werden kann, insbesondere durch çffentliche Hilfen, und welche Folgen die Nichtannahme notwendiger Hilfen haben kann. Diese durch das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefhrdung des Kindeswohls neu geschaffene Regelung dient zwar nicht (primr) dem Schutz des elterlichen Primats, gibt den Eltern aber – ebenso wie der bis dahin geltende § 50 a Abs 1 S 3 FGG, wonach in einem Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB die persçnliche Anhçrung der Eltern zu 771 772

Vgl LG Berlin ZfJ 1980, 188. Vgl hierzu zB den vom KG (FamRZ 1981, 590) entschiedenen Fall, in dem den Eltern die Personensorge fr das whrend der Strafhaft geborene Kind entzogen wurde, die die Eltern wegen Mordes an anderen ihnen anvertrauten Kindern zu verbßen hatten.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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erfolgen hatte, um mit ihnen zu klren, wie die Gefhrdung abgewendet werden kann – die Mçglichkeit, eine gerichtliche Intervention etwa dadurch abzuwenden, dass sie selbst notwendige Hilfen zur Erziehung annehmen und dadurch ihre Erziehungskompetenz (wieder) erlangen (nher dazu Rn 344a). Der Grundrechtsschutz der Eltern hat aber auch sonst Einfluss auf die Ausgestaltung des Verfahrens. So wird namentlich regelmßig ein Sachverstndigengutachten mit detailliert vorgegebener Fragestellung einzuholen sein, es sei denn, die Fachgerichte verfgen anderweit ber eine mçglichst zuverlssige Entscheidungsgrundlage.773 3.4. Gefährdungsursachen 3.4.1. Allgemeines

Die Ursachen der Kindeswohlgefhrdung kçnnen mannigfaltig 314 sein, auf sie kommt es nach der Neufassung von § 1666 Abs 1 BGB durch das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefhrdung des Kindeswohls774 zweifelsfrei nicht mehr an (dazu oben Rn 310). Eingriffsvoraussetzung ist vielmehr allein die Kindeswohlgefhrdung, die die Eltern nicht abwenden wollen oder kçnnen. Obwohl in der Praxis auch vor der Gesetzesnderung kaum noch Schwierigkeiten auftraten, weil durch Rechtsprechung und Schrifttum hinreichend geklrt war, dass es einer genauen Ursachenforschung mit dem Ziel einer konkreten Festlegung auf eine Variante elterlichen Fehlverhaltens nicht bedurfte, wurde der (ausdrckliche) Verzicht auf elterliches Erziehungsversagen berwiegend begrßt. Denn damit ist nunmehr eindeutig die Notwendigkeit entfallen, den Nachweis dafr zu fhren, dass die Gefhrdung des Kindeswohls auf einem Fehlverhalten oder Erziehungsversagen der Eltern beruht. Gleichzeitig ist deutlicher geworden, dass zentraler Gesichtspunkt die Sicherung des Kindeswohls bzw des Kindesvermçgens ist. Schließlich ist es aus Sicht des Kindes auch unerheblich, wer oder was die Ursache der Gefhrdung ist. 773 774

BVerfG FamRZ 2008, 492 m Anm Luthin. BGBl I 2008 S 1188.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

In der Sache hat dieser Abbau von Tatbestandshrden aber aus den dargelegten Grnden nichts gendert, sodass hinsichtlich der Beschreibung, wann von einer Kindeswohlgefhrdung auszugehen ist, ohne weiteres auf die hierzu ergangene Rechtsprechung und die im Schrifttum entwickelten Auffassungen zurckgegriffen werden kann. 315 – nicht (mehr) belegt 3.4.2. Mögliche Erscheinungsformen von Kindeswohlgefährdung

316 Die Eltern kçnnen das Sorgerecht missbrauchen und dadurch das Kindeswohl gefhrden. Der unbestimmte Begriff des „Missbrauchs des Sorgerechts“ umfasst den falschen, rechts- und zweckwidrigen Gebrauch des elterlichen Sorgerechts durch positives Handeln in einer dem Wohl des Kindes objektiv zuwiderlaufenden, jedem besonnenen Elternteil erkennbaren Weise.775 Bloß unzweckmßige oder ungeschickte Erziehungsmaßnahmen gehçren jedoch nicht dazu, weil § 1666 BGB nicht der Durchsetzung „optimaler“ Erziehungsmethoden dient (wenn es denn solche berhaupt geben sollte), sondern der Abwehr von Kindeswohlgefhrdungen. 317 Als kindeswohlgefhrdender Sorgerechtsmissbrauch im Rahmen der Personensorge wurden im Einzelfall erachtet: * Misshandlungen, wozu beispielsweise zu zhlen sind – die Beschneidung von Mdchen im afrikanisch-islamischen Kulturkreis,776 – schwere kçrperliche Misshandlungen,777 – seelische Misshandlungen zB in Form von Ablehnung und/oder abwertender Behandlung durch die Eltern,778 – sexueller Missbrauch,779 775 776

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BayObLGZ 83, 231; OLG Zweibrcken FamRZ 1984, 931. OLG Dresden FamRZ 2003, 1862; BGH NJW 2005, 672 = FamRZ 2005, 344 = MDR 2005, 511 = Kind-Prax 2005, 64 = ZfJ 2005, 203; ausfhrlich ua zu Sorgerechtseingriffen bei (befrchteter) Genitalverstmmelung Wstenberg FamRZ 2007, 692 ff. BayObLG FamRZ 1993, 229; dass BayObLG FamRZ 1997, 572. Mnder FPR 2003, 280, 282. LG Kçln FamRZ 1992, 712; vgl auch BayObLG NJW 1992, 1971 und OLG Thringen FamRZ 2003, 1319 = FPR 2003, 669.

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– Misshandlungen in Form eines sog Mnchhausen-StellvertreterSyndroms;780 fehlende Rcksichtnahme auf § 1631a BGB. Hierbei zu beachten, dass die Schwelle einer konkret bevorstehenden Kindeswohlgefhrdung nicht erreicht sein muss. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass der besondere Eingriffstatbestand des § 1631a Abs 2 BGB aF durch das KindRG ersatzlos gestrichen wurde. Dieser Eingriffstatbestand war bereits dann erfllt, wenn durch die elterliche Fehleinschtzung bzw deren fehlende Rcksichtnahme auf Eignung und Neigungen des Kindes bei prognostischer Betrachtung eine nachhaltige und schwere Beeintrchtigung der beruflichen Zukunft zu besorgen war. Der Gesetzgeber begrndete die Streichung damit, dass solchen Fehlentwicklungen im Rahmen von § 1666 BGB begegnet werden kçnnte,781 ohne zu bedenken, dass ein Eingriff nach § 1666 BGB BGB eine hinreichend konkrete gegenwrtige Gefahr voraussetzt (vgl auch Rn 292). Da eine sachliche nderung mit der Streichung nicht beabsichtigt war, muss die Aufhebung von § 1631a Abs 2 BGB aF angesichts der in diesem Zusammenhang mçglicherweise weit in die Zukunft reichenden Elternentscheidungen nunmehr durch § 1666 BGB dadurch aufgefangen werden, dass das Gericht bereits aufgrund einer gengend gesicherten Zukunftsprognose eingreifen kann; Ausbeuten der kindlichen Arbeitskraft; Anhalten zum Betteln und zu strafbaren Handlungen; positive Weigerung, in einen indizierten rztlichen Eingriff oder eine rztlich empfohlene Bluttransfusion einzuwilligen.782 Hierunter fallen auch die Flle, in denen der Eingriff oder die Bluttransfusion aus religiçsen Grnden abgelehnt wird.783 Darber hinaus ist auch die Weigerung, in einen auf Grund erheblicher Gefahr fr Gesundheit oder Leben der schwangeren Minderjhrigen rztlich indizierten Schwangerschaftsabbruch einzuwilligen und/oder den erforderlichen Behandlungsvertrag abzuschließen, hierunter zu subsumieren, wenn dem Kind die erforderliche Einwilligungsfhigkeit noch fehlt; OLG Celle OLGR 2006, 277 = FamRZ 2006, 1478 (LS) m Anm Luthin. Vgl BT-Drucks 13/4899 S 115. BayObLG FamRZ 1976, 43; OLG Dsseldorf DAVorm 1992, 878. Vgl OLG Celle NJW 1995, 792.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Weigerung, in einen zwar rechtswidrigen, gem § 218a Abs 1 StGB aber straffreien Schwangerschaftsabbruch einzuwilligen, respektive den Behandlungsvertrag abzuschließen, wenn die Schwangere noch nicht einsichtsfhig ist bei gleichzeitigem Vorenthalten der notwendigen seelischen, materiellen und organisatorischen Untersttzung bei der Bewltigung der mit der Schwangerschaft und knftigen Geburt einhergehenden Probleme;784 beharrliche Weigerung der Eltern schulpflichtiger Kinder, diese in die Schule zu schicken,785 auch wenn die Weigerung auf religiçsen Grnden beruht;786 Versagen von Impfschutz bei Reisen in seuchengefhrdete Gebiete. Es besteht indes insoweit Einigkeit, als die Eltern nicht zu einer bestimmten rztlichen Behandlung und damit grundstzlich auch nicht zu einer Zustimmung zur Impfung des Kindes verpflichtet sind;787 dauerhafte Vereitelung des Umgangs mit dem anderen Elternteil,788 anderen gem § 1685 BGB umgangsberechtigten Personen789 oder Staudinger/Coester § 1666 Rn 103. BayObLGZ 83, 231 = FamRZ 1984, 199 (LS); OLG Brandenburg NJW 2006, 235 = OLGR 2005, 910 = Kind-Prax 2005, 230 = MDR 2006, 270 = FamRZ 2006, 358 (LS) = NJ 2006, 85 (LS) = FamRB 2006, 10 (LS) m zust Anm Gçtsche; BGH FamRZ 2008, 45 = FuR 2008, 99 = ZKJ 2008, 166 = FamRB 2008, 39 m zust Anm Gçtsche = JAmt 2008, 306 (LS); vgl auch die Beitrge von Giers JAmt 2005, 338 ff; Raack/Raack FF 2006, 295 ff; Raack FPR 2007, 478 ff; zu den Grnden der Schulverweigerung vgl ua Lorenz FPR 2007, 33 ff; dies FPR 2007, 482 ff. OLG Brandenburg NJW 2006, 235 = OLGR 2005, 910 = Kind-Prax 2005, 230 = MDR 2006, 270 = FamRZ 2006, 358 (LS) = NJ 2006, 85 (LS) = FamRB 2006, 10 (LS) m Anm Gçtsche; OLG Hamm NJW 2006, 237 = OLGR 2006, 14 = JAmt 2006, 203 = FamRZ 2006, 358 (LS) = NJW-Spezial 2006, 156 (LS); BVerfG FamRZ 2006, 1094 = JA 2006, 829 (LS). Vgl OLG Hamm FamRZ 2002, 891 m Hinweis auf BGHZ 144, 1 = BGH NJW 2000, 1784 = FamRZ 2000, 809. OLG Frankfurt NJW 2002, 3785 = FamRZ 2002, 1585; OLG Mnchen FamRZ 2003, 1955; dass FamRZ 2003, 1957; AG Frankfurt FamRZ 2004, 1595; OLG Dresden FamRZ 2002, 1588 (LS); OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1210; OLG Rostock FamRZ 2004, 54; OLG Zweibrcken FamRZ 2007, 1678 = OLGR 2007, 280 = NJW-RR 2007, 730 = ZKJ 2007, 319 = NJW-Spezial 2007, 299 (LS); OLG Bandenburg FamRZ 2007, 577; vgl auch OLG Koblenz FamRZ 2006, 143 m Anm Luthin sowie BVerfG NJW-RR 2006, 1, nach dem die teilweise Sorgerechtsentziehung als Mittel zur Durchsetzung des Umgangsrechts gegenber dem nichtberechtigten Elternteil in Einsatz gebracht werden kann. Zur Kollision zwischen persçnlichem Umgangsrecht der Großeltern und Sorgerecht vgl Hçflinger ZfJ 2002, 131 ff.

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solchen ohne eigenes Umgangsrecht, wenn diese ohne verstndigen Grund erfolgt und das Kindeswohl dadurch gefhrdet ist.790 Im Rahmen der Umgangsgewhrung fr Eltern (§ 1684 BGB) oder andere Personen, die nach § 1685 BGB ein eigenes Umgangsrecht haben, sind aber vorrangig als „milderes Mittel“ zunchst gerichtliche Regelungen gem § 1684 Abs 3, 4 ggf iVm § 1685 Abs 3 BGB zu erwgen.791 Erst bei Erfolg- oder Aussichtslosigkeit kommen Maßnahmen gem § 1666 BGB in Betracht, wenn die Umgangsvereitelung das Kindeswohl gefhrdet. Vorrang vor einer Entziehung des gesamten Aufenthaltsbestimmungsrechts hat als milderes Mittel die Einrichtung einer Pflegschaft zum Zwecke der Durchsetzung des Umgangsrechts,792 worin wegen der in § 1630 Abs 1 BGB bestimmten Wirkung der der Pflegschaftsanordnung nachfolgenden Pflegerbestellung aber ebenfalls ein, wenn auch geringfgigerer, Eingriff in die elterliche Sorge liegt; Absicht der Eltern, das Kind aus seinem bisherigen Lebenskreis bei den Pflegeeltern, wo es sich zu Hause und geborgen fhlt, herauszunehmen.793 Zu prfen ist aber, ob mildere Maßnahmen (hier Anordnung nach § 1632 Abs 4 BGB) zur Abwendung der Gefhrdung des Kindeswohls ausreichen;794 Absicht der Eltern, die noch minderjhrige Tochter gegen ihren Willen zu verheiraten, auch wenn die Eltern spter nicht mehr auf der Heirat bestehen;795 liebloses Abschieben des Kindes in ein Internat;796

BayObLG ZfJ 1981, 272 = NJW 1981, 1380 (LS); OLG Zweibrcken FamRZ 1999, 1161. In diesem Sinne auch Rauscher Rn 1070 aE, der zutreffend ausfhrt, dass sich ein Eingriff nach § 1666 BGB seit der Schaffung von §§ 1684, 1685 BGB durch das KindRG weitgehend erledigt hat. OLG Brandenburg FamRZ 2003, 1952. BayObLG ZfJ 1985, 36 = FamRZ 1984, 312 (LS); KG FamRZ 2004, 483. BayObLG FamRZ 1984, 932; dass FamRZ 1985, 100; vgl auch OLG Frankfurt FamRZ 1981, 813; BayObLG FamRZ 2001, 563 = NJWE-FER 2000, 231; OLG Naumburg FamRZ 2002, 1274 m krit Anm Hoffmann; KG NJW-RR 2005, 878 = FamRZ 2005, 1923 (LS); zum Verhltnis von Maßnahmen nach § 1666 BGB zu einer Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs 4 BGB vgl auch OLG Koblenz FamRZ 2005, 1923 und OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1557 = ZKJ 2008, 252 sowie die grundstzlichen Ausfhrungen von Siedhoff FamRZ 1995, 1254 ff. OLG Kçln FamRZ 2001, 1087. AG Mnchen FamRZ 2002, 690.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Nichtbeachtung der Selbstndigkeitsinteressen des fast volljhrigen Kindes (vgl § 1626 Abs 2 BGB);797 schwere innerfamilire Konflikte aufgrund unterschiedlicher Wertvorstellungen zwischen den nach islamischer Moral und Sitte lebenden Eltern und ihrer sich verstrkt der westlichen Lebensweise zuwendenden Tochter;798 Verletzung der Bedrfnisse des Kindes durch einen eine Eingliederung des Kindes in die Gesellschaft verhindernden Erziehungsstil.799

318 Auch durch Kindesvernachlssigung kann eine Kindeswohlgefhrdung entstehen. Eine Kindesvernachlssigung liegt bei andauerndem oder wiederholtem Unterlassen frsorglichen Handelns vor,800 setzt also passives Elternverhalten voraus, obwohl Handeln geboten ist. Als kindeswohlgefhrdende Vernachlssigung des Kindes wurden im Einzelfall qualifiziert: * Vernachlssigung bei Ernhrung und/oder Pflege;801 * Interesselosigkeit und Duldung des Herumtreibens und/oder ungnstiger Einflsse; * mangelnde Beaufsichtigung; * passive Unterlassung jeglicher rztlicher Versorgung; * Vernachlssigung der Wohnverhltnisse;802 * mangelnde Ernhrung;803 * mangelnde Pflege, insbesondere wenn weitergehende Verwahrlosung droht;804

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Palandt/Diederichsen § 1666 Rn 13, § 1626 Rn 22. AG Korbach FamRZ 2004, 1497. OLG Koblenz FamRZ 2007, 1680 m Anm Bienwald = OLGR 2007, 704 = FamRB 2008, 10 (LS) m Anm Giers. Hfele FPR 2003, 299, 302. BayObLG FamRZ 1988, 748. BayObLG ZfJ 1983, 503 = FamRZ 1983, 942 (LS). BayObLG FamRZ 1988, 748. OLG Hamm DAVorm 1986, 804.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Hinnahme hufiger Versumung des Unterrichts;805 fehlende Sicherstellung rechtlicher Vertretung des in Deutschland lebenden Kindes durch die im Ausland lebenden Eltern.806 Handelt es sich um ein unbegleitet nach Deutschland einreisendes auslndisches Kind oder einen auslndischen Jugendlichen, dessen Personensorge- oder Erziehungsberechtigte sich nicht in Deutschland aufhalten, ist das Jugendamt gem § 42 Abs 1 S 1 Nr 3, Abs 3 S 4 SGB VIII zur Inobhutnahme des Kindes oder Jugendlichen sowie zur unverzglichen Veranlassung der Bestellung eines Vormunds oder Pflegers verpflichtet, ohne dass es dazu einer individuellen Kindeswohlfeststellung bedarf;807 Vorenthaltung psychischer Zuwendung (Zuwendung, Fçrderung und Bereitstellung von Entfaltungsmçglichkeiten);808 Hinnahme wiederholter Begehung von Straftaten durch das Kind,809 wobei als Grund nicht nur Desinteresse, sondern auch unverschuldetes Elternversagen in Betracht kommt.

Zu bercksichtigen ist aber insbesondere in diesem Bereich das breite 319 Spektrum tolerabler Lebensumstnde und -vorstellungen sowie die grundstzliche elterliche Entscheidungsautonomie. Zurckhaltung ist deshalb etwa geboten bei der Durchsetzung allgemeiner hygienischer Prinzipien.810 Bei dem Vorwurf der Vernachlssigung sind schließlich auch die Belange der Eltern wie etwa berufsbedingte lngere Abwesenheitszeiten zu bercksichtigen.811 805

806 807 808 809 810 811

OLG Koblenz NJW-RR 2005, 1164 = FamRZ 2006, 57 = JuS 2006, 84 m Anm Hohloch = ZKJ 2006, 51; Raack Kind-Prax 2005, 5, 6; OLG Brandenburg NJW 2006, 235 = OLGR 2005, 910 = Kind-Prax 2005, 230 = MDR 2006, 270 = FamRZ 2006, 358 (LS) = NJ 2006, 85 (LS) = FamRB 2006, 10 (LS) m Anm Gçtsche; OLG Hamm NJW 2006, 237 = OLGR 2006, 14 = JAmt 2006, 203 = FamRZ 2006, 358 (LS) = NJW-Spezial 2006, 156 (LS); vgl auch die Beitrge von Giers JAmt 2005, 338 ff; Raack/Raack FF 2006, 295 ff; Raack FPR 2007, 478 ff; zu den Grnden der Schulverweigerung vgl ua Lorenz FPR 2007, 33 ff; dies FPR 2007, 482 ff. Vgl OLG Kçln FamRZ 1992, 1093. Nher dazu Peter JAmt 2006, 60 ff. Mnder FPR 2003, 280, 281. Nher dazu Ostendorf/Hinghaus/Kasten FamRZ 2005, 1514 ff. OLG Hamm FamRZ 2002, 691. BayObLG FamRZ 1985, 522.

268

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

320 Darber hinaus kann eine Kindeswohlgefhrdung vorliegen bei: * Drogen- und/oder Trunksucht der Eltern;812 * psychischer, in Schben auftretender Erkrankung der Eltern813 (zum Verhltnis zur Feststellung tatschlicher Verhinderung nach § 1674 Abs 1 BGB vgl Rn 211); * Unvermçgen der Eltern, zu einem hochgradig gestçrten, traumatisierten Kind einen befriedigenden Kontakt und eine sichere Bindung aufzubauen, gepaart mit einer starken Schwankung der elterlichen Einstellung zur Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie;814 * Unvermçgen eines Elternteils, das Kind vor der missbruchlichen Ausbung der elterlichen Sorge durch den anderen Elternteil zu schtzen;815 * berforderung des Kindes durch unangemessenes, aufflliges Verhalten und krankheitsbedingte Unfhigkeit, die Interessen und Bedrfnisse des Kindes wahrzunehmen.816 321 Da es auf die Ursache der Kindeswohlgefhrdung nunmehr zweifelsfrei nicht (mehr) ankommt, kann die Gefhrdung auch durch Dritte hervorgerufen sein. Von solchen Gefhrdungen ist auszugehen bei: – entwrdigenden Erziehungsmaßnahmen durch den Stiefvater, denen die sorgeberechtigte Mutter nicht entgegentritt,817 – Verdacht des sexuellen Missbrauchs durch den Lebensgefhrten,818 – Partnerschaftsgewalt.819 Da ein elterliches Versagen im Hinblick auf die fehlende Abwehr der Gefhrdung nicht erforderlich ist, ist es auch nicht Voraussetzung fr ein gerichtliches Eingreifen nach § 1666 BGB. Daher kçnnen auch die 812 813 814 815 816 817 818 819

OLG Frankfurt FamRZ 1983, 530; nher dazu Berzewski FPR 2003, 312 ff. BayObLG FamRZ 1997, 956 mwN. OLG Hamm FamRZ 2002, 692. OLG Thringen FamRZ 2003, 1319. OLG Mnchen FamRZ 2004, 1597. BayObLG FamRZ 1994, 1413 (LS). OLG Dsseldorf NJW 1995, 1970 = FamRZ 1995, 950 (LS) = FGPrax 1995, 62 = DAVorm 1996, 273. Nher Kindler/Drechsel JAmt 2003, 217 ff; Weber-Hornig/Kohaupt FPR 2003, 315 ff; Kindler/Salzgeber/Fichtner/Werner FamRZ 2004, 1241 ff.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

269

Eltern das Gericht auch und gerade in pflichtgemßer Ausbung der Sorge anrufen, damit dieses im Rahmen von §§ 1666, 1666a BGB Maßnahmen gegen den Dritten zum Schutz des Kindes trifft.820 Ihnen bleibt es auf diese Weise erspart, in Personensorgeangelegenheiten gegen den das Kindeswohl gefhrdenden Dritten auf dem Prozessweg (oder auch gem § 1632 Abs 3 BGB) vorgehen zu mssen.821 3.5. Gefährdung des Kindesvermögens

Gemß § 1666 BGB hat das Familiengericht auch bei einer Ver- 322 mçgensgefhrdung die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Eltern nicht bereit oder in der Lage sind, diese selbst abzuwenden. Eine Gefhrdung des Kindesvermçgens liegt vor, wenn ohne das Eingreifen des Gerichts konkret und gegenwrtig zu befrchten ist, dass sich das Vermçgen mindert oder durch den Ausfall von Ertrgen nicht vergrçßert, obwohl dies bei pflichtgemßem Handeln der Eltern vermeidbar wre.822 Da das Gesetz bewusst auf eine Verknpfung von Ursache und Gefhrdung verzichtet (vgl dazu Rn 310, 314), kommt es auch bei Vermçgensgefhrdungen weder auf die konkrete Ursache noch auf ein elterliches Verschulden an. Das Gesetz nennt in Abs 2 von § 1666 BGB Flle, bei deren Vorliegen 323 eine Gefhrdung des Kindesvermçgens „in der Regel“ anzunehmen ist. Da es sich bei den hier aufgefhrten Tatbestnden nur um Regelbeispiele handelt, ist die Regelung offen fr weitere Formen der Vermçgensgefhrdung.823 Einvernehmen besteht auch darber, dass die Regelbeispiele nur Indizwirkung haben und damit ein Ttigwerden des Gerichts auslçsen, ohne dass ihnen jedoch bereits eine prozessuale Vermutungs820 821 822 823

So auch Staudinger/Coester § 1666 Rn 193. Vgl BT-Drucks 7/2788 S 59. Palandt/Diederichsen § 1666 Rn 22. Palandt/Diederichsen § 1666 Rn 21; vgl auch Staudinger/Coester § 1666 Rn 164 mwN.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

wirkung zukommt. Die Eltern trifft im Verfahren daher auch nicht die Feststellungslast dafr, dass keine Gefhrdung vorliegt. 324 Die Regelflle im Einzelnen: – Verletzung der Unterhaltspflicht gegenber dem Kind zB durch teilweise oder vçllige Nichterfllung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs; – Verletzung der mit der Vermçgenssorge verbundenen Elternpflichten, wie zB unwirtschaftlicher Umgang (vgl § 1642 BGB), worunter ua auch eine fehlende Sicherstellung eines Vermchtnisanspruchs fallen kann,824 und/oder ordnungswidriger Verbrauch des Kindesvermçgens;825 – Nichtbefolgung gerichtlicher Anordnungen, die die Vermçgenssorge betreffen wie § 1640 Abs 3 BGB und § 1667 Abs 1 bis 3 BGB. Auch sonstige Vorkommnisse kçnnen der Anlass fr eine amtswegige Ermittlung sein, ob eine Gefhrdung des Kindesvermçgens vorliegt, gegen die Maßnahmen geboten sind. Beispielhaft ist hier der Vermçgensverfall der Eltern zu nennen, dem nach richtiger Auffassung fr sich genommen aber noch keine in diese Richtung weisende Indizwirkung zukommt.826 3.6. In Frage kommende Maßnahmen 3.6.1. Maßnahmen im Bereich der Personen- und der Vermögenssorge

325 Der Staat hat nur dann und nur soweit einzugreifen, wie es das Kindeswohl erfordert. Das bedeutet, dass unter Bercksichtigung des Grundsatzes der Verhltnismßigkeit immer dasjenige Mittel einzusetzen ist, das dem Wohl des Kindes am besten entspricht und dabei die Selbstverantwortung der Eltern nur soweit tangiert, wie es im Interesse des Kindes 824 825 826

BayObLG FamRZ 1982, 640. BayObLG FamRZ 1994, 1191. Palandt/Diederichsen § 1666 Rn 27.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

271

erforderlich ist.827 Das Gebot der Verhltnismßigkeit ist ausnahmslos zu beachten und nicht etwa nur in Verfahren, die auf Trennung des Kindes von der Familie oder auf Entziehung der gesamten Personensorge gerichtet sind. Auch im Verfahren vorlufiger Anordnung bei einer mçglichen Kindeswohlgefhrdung durch Dritte kommt diesem Gebot Bedeutung zu.828 Dem Verhltnismßigkeitsgrundsatz entsprechend hat daher stets das mildeste, zur Abwendung der Gefahr gengende Mittel Vorrang. Das Mittel gengt, wenn die Maßnahme geeignet und angemessen ist, also der Gefahrenabwendung dient, ohne dass Zweck und Schwere des Eingriffs zueinander in einem Missverhltnis stehen. In Betracht kommen Auflagen, Ermahnungen, Gebote, Verbote und/oder Vereinbarungen mit den Eltern, wenn diese geeignet sind, das Kind in dem erforderlichen Maße zu schtzen. Auch die Weisung, Hilfen zur Erziehung durch das Jugendamt anzunehmen oder zusammen mit einem sozial aufflligen Kind an einem Antiaggressionstraining teilzunehmen, kann erteilt werden. Diese Mçglichkeiten wurden nicht erst durch das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefhrdung des Kindeswohls829 erçffnet. Angesichts des Ergebnisses von Untersuchungen der Praxis, nach dem das gesamte Spektrum mçglicher Maßnahmen kaum ausgeschçpft, sondern vielmehr berwiegend die Sorge sogleich ganz oder teilweise entzogen wird,830 wurde § 1666 Abs 3 BGB jedoch ausdrcklich insoweit um einen Katalog mçglicher Maßnahmen ergnzt, um anhand dieser beispielhaften Aufzhlung die ganze Bandbreite mçglicher Schutzmaßnahmen zu verdeutlichen.831 Soweit der Gesetzgeber allerdings mit dieser Konkretisierung mit Blick auf ein frhzeitiges, prventives Eingreifen des Gerichts die Hoffnung verbunden hat, dass die Gerichte zuknftig frher angerufen werden und vor allem aber bereits im Vorfeld, dh also gegen knftige mçgliche Kindeswohlgefhrdungen mit weniger einschneidenden Maßnahmen 827 828 829 830 831

BVerfGE 60, 79 = NJW 1982, 1379 = FamRZ 1982, 567 = JZ 1982, 416; vgl auch OLG Kçln FamRZ 2006, 877 (LSe). OLG Dsseldorf NJW 1995, 1970 = FGPrax 1995, 62 = DAVorm 1996, 273. BGBl I 2008 S 1188. Vgl BT-Drucks 16/6815 S 9 mwN. BT-Drucks 16/6815 S 11, 15.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

iSv § 1666 Abs 3 Nr 1 bis 4 BGB einschreiten,832 ist zweifelhaft, ob sich diese Erwartung erfllen kann. Denn das geltende Recht gestattet auch nach nderung des § 1666 BGB einen Eingriff in die elterliche Autonomie weiterhin nur bei konkreter Gefhrdung des Kindeswohls oder -vermçgens im oben dargelegten Sinne (vgl Rn 312 ff, 322).833 Die Eingriffsschwelle wollte der Gesetzgeber gerade nicht senken (vgl Rn 310), sodass es auch nicht auf die Frage ankommt, ob eine Herabsenkung der Eingriffsschwelle verfassungsrechtlich mçglich wre. Das schließt indes eine Vorverlagerung der Kontrollschwelle nicht aus,834 sodass (auch) das Gericht im Vorfeld einer konkreten Kindeswohlgefhrdung und unabhngig von Maßnahmen gem § 1666 BGB bereits in aufklrender, kontrollierender und warnender Funktion auftreten kann (vgl § 50 f FGG, dazu Rn 344a), weil darin der Sache nach kein Eingriff in die elterliche Sorge liegt. 326 Zu den gerichtlichen Maßnahmen gem § 1666 Abs 1 BGB gehçren nach § 1666 Abs 3 BGB insbesondere: – Nr 1: Gebote, çffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfrsorge in Anspruch zu nehmen. So kann das Familiengericht den Eltern beispielsweise die Weisung erteilen, Frherkennungsuntersuchungen wahrzunehmen, um etwaigen kçrperlichen oder geistigen Fehlentwicklungen frhzeitig begegnen zu kçnnen. Auch eine Anweisung, Erziehungsberatung in Anspruch zu nehmen oder/ und einen Kindergartenplatz anzunehmen kommt zB dann in Betracht, wenn das Kind gegenber gleichaltrigen Kindern deutliche Entwicklungsstçrungen aufweist. Problematisch ist aber nach wie vor, dass das Gericht zwar die Eltern verpflichten kann, entsprechende Hilfen anzunehmen, nicht aber das Jugendamt, auf den jeweiligen Einzelfall bezogen auch geeignete Hilfen anzubieten und zeitnah zur Verfgung zu stellen. Eine Weisung iSv § 1666 Abs 3 Nr 1 BGB kann daher nur den formalen Rahmen einer Hilfe schaffen, ohne dass damit sichergestellt ist, dass

832 833 834

BT-Drucks 16/6815 S 9, 15. Vgl auch Vogel FF 2008, 231, 232. Insoweit kritisch das Bundesjugendkuratorium in ZKJ 2008, 300, 301.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

– –





835

836

837 838

273

daraus auch tatschlich eine wirksame Hilfe entsteht.835 Auf der anderen Seite kann eine entsprechende Weisung des Gerichts nach der Erfahrungen der Praxis auch dann hilfreich sein, wenn die Eltern zunchst unmotiviert sind und daher deren Verpflichtung zur Annahme der Beratung als Leistung der Kinder- und Jugendhilfe nicht sogleich ein erfolgreiches Arbeitsbndnis erwarten lsst;836 Nr 2: Gebote, fr die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen;837 Nr 3: Verbote, vorbergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmßig aufhlt; Nr 4: Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizufhren. Mit § 1666 Abs 3 Nr 3 und 4 BGB hat der Gesetzgeber die Rechtsfolgen aus dem Gewaltschutzgesetz838 bernommen, das bei Gewalt gegenber Kindern und Jugendlichen im Verhltnis zu den Eltern und zu sorgeberechtigten Personen gem § 3 GewSchG keine Anwenwendung findet (vgl auch § 1666a Abs 1 S 2 und 3 BGB, dazu Rn 327); Nr 5: die Ersetzung von Erklrungen des Inhabers der elterlichen Sorge. Eine solche Ersetzung bietet sich etwa an, wenn die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters des Kindes zB fr einen dringenden rztlichen Eingriff oder eine notwendige Bluttransfusion erforderlich ist und dieser die Einwilligung in kindeswohlgefhrdender So zu Recht Kohaupt in seiner Stellungnahme vom 24.8.2007 zum Gesetzentwurf des BMJ; zu den Chancen und Problemen hinsichtlich der verstrkten Notwendigkeit der Kooperation von Jugendamt und Familiengericht aufgrund des neuen Rechts vgl auch Willutzki ZKJ 2008, 139, 141, 142. Vgl die Stellungnahme der Bundeskonferenz fr Erziehungsberatung (bke) in ZKJ 2007, 361; in der nunmehr beschworenen Verantwortungsgemeinschaft von Jugendamt und Familiengericht und der Entwicklung von Strategien zur nahtlosen Verknpfung der Kompetenzen des Jugendamtes mit denen des Gerichts, sieht denn auch Wiesner eine Chance zur Verbesserung der Situation (ZKJ 2008, 143, 145). Vgl dazu auch Raack FPR 2007, 478 ff. Gesetz zur Verbesserung des zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen (Gewaltschutzgesetz – GewSchG), Art 1 des Gesetzes v 11.12.2001 (BGBl I S 3513).

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Weise verweigert.839 Auch die Zustimmung zur psychologischen Begutachtung des Kindes zur Abklrung notwendiger Schutzmaßnahmen kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1666 Abs 1 BGB, dh also nicht routinemßig,840 ersetzt werden.841 Im vermçgensrechtlichen Bereich kommt die Ersetzung zB fr die Kndigung eines Mietverhltnisses in einem dem Kind gehçrenden Haus in Betracht.842 Durch die Ersetzung der elterlichen Erklrung wird im Einzelfall die Pflegerbestellung entbehrlich, wenn der Gefahr allein dadurch ausreichend begegnet werden kann; – Nr 6: die teilweise oder vollstndige Entziehung der elterlichen Sorge. Soweit solche einschneidenden Maßnahmen geboten sind, hat sich der Umfang der Entziehung ebenfalls nach dessen Erforderlichkeit zu richten (zB Aufenthaltsbestimmungsrecht anstelle der gesamten Personensorge). Anders als nach dem bis zum 30.6.1998 geltenden Recht, das Maßnahmen bei Vermçgensgefhrdung umfassend gesondert in § 1667 BGB regelte, ist seit der vollstndigen Aufnahme des Tatbestands der Vermçgensgefhrdung in § 1666 BGB durch das KindRG auch eine Entziehung der gesamten elterlichen Sorge mçglich.843 Dafr mssen aber selbstverstndlich die Voraussetzungen der Entziehung sowohl in Bezug auf die Personen- als auch auf die Vermçgenssorge vorliegen und der Entzug muss in der Entscheidung jeweils bezogen auf die einzelnen Bestandteile eigenstndig begrndet werden.844 Bei kindeswohlgefhrdendem Verhalten Dritter in persçnlichen Angelegenheiten sind vorrangig Maßnahmen unmittelbar gegen den Dritten zu treffen, § 1666 Abs 4 BGB. In der Regel kommen hier Umgangsverbote zum Einsatz, mit denen der Einfluss des Dritten auf das Kind unterbunden wird. Es sind aber auch Eingriffe in die

839 840 841 842 843 844

Vgl BT-Drucks 8/2788 S 58. OLG Frankfurt FF 2000, 176. OLG Zweibrcken FamRZ 1999, 521 = NJWE-FER 1998, 271; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1210. Palandt/Diederichsen § 1666 Rn 32. Staudinger/Coester § 1666 Rn 178. Vgl dazu BayObLG NJW 1999, 293 = FamRZ 1999, 179.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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elterliche Sorge mçglich, wenn die Eltern zur Gefahrenabwehr nicht gewillt oder nicht fhig sind und sich Maßnahmen gegen den Dritten als unzureichend erweisen.845 Schon vor der neu geschaffenen Regelung des § 1666 Abs 3 Nr 3 BGB 327 (vgl Rn 325 f) stellte § 1666a Abs 1 S 2, 3 BGB in der am 12.4.2002 in Kraft getretenen Fassung klar, dass das Gericht zum Schutz des Kindes auch ein vorbergehendes oder auf unbestimmte Zeit gerichtetes Verbot der Nutzung der vom Kind mitbewohnten oder einer anderen Wohnung gegen einen das Kind gefhrdenden Elternteil oder Dritten (sog go-order) aussprechen kann.846 Die Regelung erfasst somit neben den Eltern auch den Partner eines Elternteils, aber auch einen in der Nachbarschaft lebenden Dritten, der das Wohl des Kindes gefhrdet. Whrend zeitliche Begrenzungen fr Maßnahmen gem § 1666 BGB in aller Regel nicht in Betracht kommen, weil das Ende der Kindeswohlgefhrdung nur in seltenen Ausnahmefllen feststehen drfte,847 ist dem Verhltnismßigkeitsgrundsatz entsprechend bei einem gegen einen Elternteil oder Dritten gerichteten Verbot regelmßig dann eine zeitliche Befristung auszusprechen, wenn die betreffende Person ein Recht auf Wohnungsnutzung (als Mieter oder dinglich Berechtigter) hat.848 Wird das Verbot auf unbestimmte Zeit ausgesprochen, hat das Gericht diese Maßnahme in regelmßigen Zeitabstnden zu berprfen und (wie in allen anderen Fllen auch) aufzuheben, wenn eine Gefahr fr das Kindeswohl nicht mehr besteht, § 1696 Abs 2, 3 S 1 BGB. Steht eine Trennung des Kindes von seiner Familie (ggf auch 328 infolge eines gegen einen Elternteil gerichteten Verbots der Wohnungsnutzung) und/oder der Entzug der gesamten Personensorge im Raum, ist unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhltnis845 846

847 848

OLG Dsseldorf NJW 1995, 1970 = FamRZ 1995, 950 (LS). Nher hierzu ua Janzen FamRZ 2002, 785, 788; Knittel JAmt 2002, 50, 53; Peschel-Gutzeit FPR 2002, 285, 287, 288; Roth JZ 2002, 651, 654 sowie Schumacher/Janzen Rn 163, 196 ff; Oberloskamp ZfJ 2004, 267 ff (auch zu anderen gesetzlichen Schutzmçglichkeiten fr Kinder bei huslicher Gewalt). OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1272 = ZKJ 2006, 215 . BT-Drucks 14/8131 S 9.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

mßigkeit wegen der Intensitt und der nicht zuletzt besonders das Kind treffenden Auswirkungen einer solchen Entscheidung zudem zu prfen, ob der Gefahr nicht anders als durch gerichtliche Intervention, namentlich durch Inanspruchnahme zur Verfgung stehender çffentlicher Hilfen begegnet werden kann, § 1666a Abs 1, 2 BGB.849 Insbesondere bei einer solchen Trennung des Kindes von seiner Familie durch Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie ist vçlkerrechtlich neben der Verhltnismßigkeit der Maßnahme auch das Recht auf Achtung des Familienlebens (Art 8 EMRK850 ) bedeutsam. Die Maßnahme ist deshalb so eng zu fassen wie mçglich und zu beenden, sobald die Umstnde dies erlauben,851 was im brigen im Einklang mit den im BGB selbst verankerten Grundstzen steht (vgl § 1696 Abs 2, 3 S 1 BGB). Darber hinaus haben sich nach Auffassung des EuGHMR852 alle Durchfhrungsmaßnahmen an dem Ziel der Zusammenfhrung von Eltern und Kind zu orientieren. 3.6.2. Gefahrenabwehr durch das Jugendamt bei akuter Kindeswohlgefährdung

329 Bei akuter Kindeswohlgefhrdung ist das Jugendamt gem § 8a Abs 3 S 2 SGB VIII verpflichtet, das Kind zu seinem Schutz nach § 42 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB VIII zB in einem Kinderschutzzentrum oder in einer Bereitschaftspflegestelle in Obhut zu nehmen, wenn eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann. Nach zutreffender Ansicht ist, anders als bei einer Inobhutnahme nach § 42 SBG VIII, wonach das Jugendamt bei Widerspruch der Eltern des Kindes das Kind den Eltern unverzglich bergeben (§ 42 Abs 3 S 2 Nr 1 SGB VIII) oder bei Kindeswohlgefhrdung eine Entscheidung des Familiengerichts herbeifhren 849

850 851 852

BVerfG FamRZ 2006, 1593; fr den Vorrang sozialhilferechtlicher Leistungen und Angebote vor gerichtlicher Intervention auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 1666a BGB Mnder FPR 2003, 280, 284. Europische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950, BGBl 1952 II S 685 mit Berichtigung S 953. EuGHMR FamRZ 2002, 1393; ders NJW 2004, 3401 = FamRZ 2005, 585; vgl auch OLG Hamm FamRZ 2004, 1664. EuGHMR NJW 2004, 3401 = FamRZ 2005, 585; vgl auch EuGHMR NJW 2003, 809 = FamRZ 2002, 305.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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muss (§ 42 Abs 3 S 2 Nr 2 SGB VIII), ein etwaiger Widerspruch der Eltern unbeachtlich, weil § 8a Abs 3 S 2 SGB VIII ohnehin voraussetzt, dass das Jugendamt das Gericht bereits angerufen hat, dessen Entscheidung aber nicht abgewartet werden kann.853 Der Streit, ob das Jugendamt bei dringender Kindeswohlgefahr zur Wegnahme des Kindes auch von den Sorgeberechtigten berechtigt ist,854 hat sich durch die mit Wirkung vom 1.10.2005 in Kraft getretene Neufassung des § 42 SBG VIII erledigt, da die Norm dem Jugendamt eine insoweit uneingeschrnkte eigenstndige Handlungskompetenz einrumt.855 Dem Jugendamt selbst wurde jedoch keine Befugnis zur Anwendung von unmittelbarem Zwang bei der Inobhutnahme verliehen, vgl § 42 Abs 6 SGB VIII. Bei Gefahr im Verzug hat das Jugendamt deshalb gem § 8a Abs 4 S 2 SGB VIII andere zur Abwehr der Gefahr zustndige Stellen, namentlich die Polizei hinzuzuziehen.856 Aber auch außerhalb einer dringenden Gefahr hat das Jugendamt gem 330 § 8a Abs 1 SGB VIII seinem Schutzauftrag entsprechend bei Anhaltspunkten fr eine Kindeswohlgefhrdung ttig zu werden und das Gefhrdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkrfte einzuschtzen,857 um dann, soweit notwendig, die zur Abwendung der Gefhrdung geeigneten Hilfen anzubieten. Hlt es ein Ttigwerden des Familiengerichts fr erforderlich, hat es das Gericht anzurufen, § 8a Abs 3 S 1 Hs 1 SGB VIII. Gleiches gilt, wenn die Personensorgeberechtigten oder Erziehungsberechtigten nicht bereit oder nicht in der Lage sind, bei der Abschtzung des Gefhrdungsrisikos mitzuwirken, § 8a Abs 3 S 1 Hs 2 SGB VIII. Von jedweder akuten Kindeswohlgefhrdung unabhngig besteht 331 darber hinaus die Verpflichtung des Jugendamtes zur Inobhutnahme eines unbegleitet nach Deutschland einreisenden auslndischen Kindes oder Jugendlichen, dessen Personensorge- oder Erziehungsberechtigte sich im Ausland aufhalten, § 42 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB VIII.858 853 854 855 856 857 858

Wiesner FPR 2007, 6, 11. Dazu nher Ollmann FamRZ 2000, 261 ff. Nher bei Rçchling FamRZ 2006, 161, 163. Nher dazu DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2006, 78 f. Vgl hierzu nher ua Wiesner FPR 2007, 6, 9 ff. Nher dazu Peter JAmt 2006, 60 ff.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

3.6.3. Maßnahmen speziell im Bereich der Vermögenssorge

332 Das Gesetz stellt fr den Fall der Vermçgensgefhrdung in § 1667 BGB einen Maßnahmenkatalog bereit, der aber weder eine zwingende Rangfolge enthlt noch abschließenden Charakter hat. Zu beachten ist, dass § 1667 BGB keine eigene Eingriffsermchtigungsgrundlage enthlt. Es handelt sich vielmehr um eine reine Rechtsfolgengestaltungsnorm; die Eingriffsermchtigung ergibt sich allein aus § 1666 Abs 1 BGB. Das heißt, dass auch das Ergreifen von Maßnahmen nach § 1667 BGB voraussetzt, dass eine (Vermçgens-)Gefhrdung vorliegt, die abzuwenden die Eltern entweder nicht gewillt oder nicht in der Lage sind und dass die Maßnahme zur Abwendung der Gefahr erforderlich, verhltnismßig und geeignet ist. Die zur Gefahrenabwehr geeignete Maßnahme hat das Gericht nach pflichtgemßem Ermessen zu bestimmen. Eine Maßnahme ist nicht geeignet, wenn sie von vornherein keinen Erfolg verspricht, was anhand des Einzelfalls zu beurteilen ist. 333 Absatz 1 der Vorschrift sieht die Anordnung der Einreichung eines Vermçgensverzeichnisses und die Rechnungslegung (vgl §§ 1840 ff BGB) vor. § 1667 Absatz 2 BGB enthlt Bestimmungen ber die Art der Anlegung des Vermçgens des Kindes sowie die Verpflichtung, das Geld so anzulegen, dass eine Verfgung ohne familiengerichtliche Genehmigung nicht mçglich ist. Das Gericht kann also zB anordnen, dass die Eltern das Geld des Kindes „mndelsicher“ (vgl § 1807 BGB) anzulegen und eine Sperrabrede (vgl § 1809 BGB) zu treffen haben. Schließlich kann den Eltern nach Absatz 3 der Vorschrift das Erbringen einer Sicherheitsleistung fr das bedrohte Kindesvermçgen etwa durch Hinterlegung oder durch Einrumung von Pfandrechten auferlegt werden. Bieten diese Maßnahmen keinen ausreichenden Schutz oder scheiden sie von vornherein als ungeeignet aus, kommt auch in Bezug auf die

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Vermçgenssorge als ultima ratio deren Entzug mit anschließender Pflegerbestellung in Betracht.859 Wird das Vermçgen des Kindes durch das Verhalten eines Dritten 334 gefhrdet, kçnnen Maßnahmen gegen den Dritten nicht getroffen werden, da solche nicht von § 1666 Abs 4 BGB erfasst sind. Der Gesetzgeber verwies stattdessen auf die Mçglichkeit der Abwehr durch zivilrechtliche Schutzmaßnahmen,860 sodass auch von einer planwidrigen Regelungslcke nicht ausgegangen werden kann. 3.7. Verhältnis von §§ 1666, 1666a BGB zu anderen Vorschriften

Die Hçhe der in § 1666 BGB vorgegebenen Eingriffsschwelle, deren 335 Bedeutung noch durch § 1666a BGB betont wird, und die Eingriffsintensitt fhren zu einem Nachrang der Vorschrift gegenber anderen, deren Tatbestnde ebenfalls erfllt sind.861 So ist zB bei einem erheblichen Interessenkonflikt zwischen den in § 1796 Abs 2 BGB genannten Personen die Entziehung der Vertretungsmacht (§§ 1629 Abs 2 S 3, 1796 Abs 1 BGB) fr die in Rede stehende Angelegenheit bzw den Kreis von Angelegenheiten gegenber Eingriffen gem §§ 1666, 1666a BGB vorzuziehen, wenn damit der konkreten Gefhrdung der Kindesinteressen ausreichend entgegengewirkt werden kann. Auch Flle, in denen die Eltern an der Ausbung der Sorge kraft Gesetzes rechtlich oder auch nur tatschlich verhindert sind, werden von §§ 1666 ff BGB nicht erfasst, §§ 1673, 1674, 1773, 1909 BGB sind demgegenber Spezialvorschriften. Bei lngerfristiger tatschlicher Verhinderung kçnnen sich zwar Konflikte mit § 1666 BGB ergeben, weil § 1666 BGB auch Flle unverschuldeter Kindeswohlgefhrdung erfasst (vgl dazu Rn 214, 310, 314). Eine Feststellung nach § 1674 Abs 1 BGB mit anschließender Bestellung eines Vormunds (§§ 1773, 1774 BGB) oder eines Ergnzungspflegers, § 1909 BGB (bei bloß tatschlicher Verhinderung oder aufgrund partiellen Ruhens der elterlichen Sorge bei auf Teil859 860 861

Vgl auch OLG Frankfurt (NJW-RR 2005, 1382), wonach ein Entzug erst als letztes Mittel in Betracht kommt. BT-Drucks 13/4899 S 97; zu Recht kritisch hierzu Staudinger/Coester § 1666 Rn 200. Rauscher Rn 1068.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

bereiche der elterlichen Sorge beschrnkter Feststellung nach § 1674 Abs 1 BGB), ist aber insoweit milder, weil weniger einschneidend, als sie nicht zum Verlust des Sorgerechts, sondern nur zu einem Ausbungshindernis fhrt (vgl § 1675 BGB und § 1630 Abs 1 BGB). 3.8. Auswirkung der Kindeswohlgefährdung auf die Sorgeberechtigung des anderen Elternteils

336 Sind die Eltern gemeinsam sorgeberechtigt, fhrt der (Teil-)Entzug der Sorge eines Elternteils dazu, dass der andere insoweit ohne weiteres allein sorge- und daher auch allein vertretungsberechtigt ist, §§ 1680 Abs 3, 1, 1629 Abs 1 S 3 Alt 1 BGB. Davon unabhngig wird zumindest bei in einem Haushalt mit dem Kind lebenden Eltern in aller Regel auch zu prfen sein, ob zum Schutz des Kindes auch in dessen Sorgerecht eingegriffen werden muss. 337 Ist der Elternteil, dem die Sorge ggf zu entziehen wre, infolge einer gerichtlichen Entscheidung nach § 1671 oder § 1672 BGB allein sorgeberechtigt, hat das Familiengericht im Zusammenhang mit mçglichen Maßnahmen gem § 1666 BGB von Amts wegen zu prfen, ob diese ursprngliche Sorgerechtsentscheidung gem § 1696 Abs 1 BGB abzundern und dem zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) sorgeberechtigten Elternteil die Sorge (ggf teilweise) wieder zurckzubertragen ist.862 In einem Verhalten, das nach § 1666 BGB zu Maßnahmen fhren kçnnte, kann auch ein triftiger, das Wohl des Kindes nachhaltig berhrender Grund iSv § 1696 Abs 1 BGB liegen.863 338 Wird der nach § 1626a Abs 2 BGB allein sorgeberechtigten Kindesmutter die Sorge (teilweise) entzogen, hat das Familiengericht ebenfalls von Amts wegen zu prfen, ob dem bislang nicht sorgeberechtigten Kindesvater die Sorge (erstmals) im Umfang der Entziehung zu bertragen ist. Nach § 1680 Abs 3, 2 S 2 BGB hat die bertragung 862 863

Nher zu den weiteren grundlegenden Voraussetzungen einer nderungsentscheidung gem § 1696 BGB ua Huber FamRZ 1999, 1625 f. Vgl OLG Thringen FamRZ 2005, 52 (fehlende Erziehungseignung, offenbart durch wiederholte Verletzung des Rechts des Kindes auf gewaltfreie Erziehung); OLG Frankfurt JAmt 2005, 366 (derart enge und bermchtige Bindung des Kindes an den Elternteil, dass dieses kaum die Mçglichkeit hat, sich eigenstndig zu entwickeln).

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

281

zu erfolgen, wenn sie dem Kindeswohl dient. In diesem Zusammenhang kommt der Entscheidung des BVerfG vom 8.12.2005864 Bedeutung zu, wonach § 1680 Abs 2 S 2 BGB in einer Weise auszulegen ist, die der primren Entscheidungszustndigkeit der leiblichen Eltern gerecht wird (nher dazu Rn 193, 197). Danach ist davon auszugehen, dass eine Sorgerechtsbertragung nach § 1680 Abs 2 S 2 BGB regelmßig dem Kindeswohl dient, solange nicht konkret feststellbare Kindesinteressen der bertragung widersprechen. Die bertragung kann daher nicht (mehr) etwa mit Hinweis darauf abgelehnt werden, dass das Verbleiben des Kindes in seiner Pflegefamilie wegen vorliegender Entwicklungsstçrung im Interesse einer besonders qualifizierten Betreuung und Fçrderung erforderlich sei, weil es nicht zum Wchteramt des Staates gehçrt, Kindern gegen den Willen der Eltern eine bestmçgliche Fçrderung zu gewhrleisten. Die Ablehnung der Sorgerechtsbertragung auf den Kindesvater ist aber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn konkret feststellbare Kindesinteressen der bertragung widersprechen.865 Kommt eine bertragung auf den nicht sorgeberechtigten Elternteil 339 nicht in Betracht, ist bei Teilentzug Ergnzungspflegschaft anzuordnen (§§ 1915 Abs 1 S 1, 1774 BGB), eine Person auszuwhlen (§§ 1915 Abs 1 S 1, 1779 BGB) und zu bestellen (§§ 1915 Abs 1 S 1, 1789 BGB). Dies gilt auch fr den Fall, dass die gesamte Personensorge, nicht aber auch die (gesamte) Vermçgenssorge entzogen wurde.866 Nur wenn die gesamte Sorge, dh die Personen- und die Vermçgenssorge umfassend entzogen wurde, liegen die Voraussetzungen der Vormundschaft vor, § 1773 Abs 1 Alt 1 BGB.

864 865 866

FamRZ 2006, 385 m Anm Luthin = NJW 2006, 1723, vgl dazu auch den Besprechungsaufsatz von Jaeger FPR 2007, 101 ff. BVerfG FamRZ 2008, 381 = FuR 2008, 133 = ZKJ 2008, 165 = FamRB 2008, 72 (LS) m Anm Vçlker. BayObLG FamRZ 1997, 1553.

282

340

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

VIII.

bersichtsskizze: Folgen des (Teil-)Entzuges elterlicher Sorge

Elternteil ist nicht allein sorgeberechtigt

Elternteil ist allein sorgeberechtigt gem § 1671 oder § 1672 BGB der andere ist im Umfang § 1680 BGB ist nicht der Entziehung kraft anwendbar, § 1696 Abs 1 Gesetzes allein sorgebe- BGB, andernfalls bei Entrechtigt, § 1680 Abs 3 Alt zug der gesamten elterli1, Abs 1 BGB chen Sorge Vormundschaft (§ 1773 Abs 1 Alt 1 BGB), bei Teilentzug Ergnzungspflegschaft gem § 1909 BGB

Elternteil (= Kindesmutter) ist allein sorgeberechtigt gem § 1626a Abs 2 BGB § 1680 Abs 3 Alt 2, Abs 1 BGB: bertragung der Sorge auf den Kindesvater bei Kindeswohldienlichkeit (= positive Kindeswohlprfung), andernfalls bei Entzug der gesamten elterlichen Sorge Vormundschaft (§ 1773 Abs 1 Alt 1 BGB), bei Teilentzug Ergnzungspflegschaft gem § 1909 BGB Beachte: analoge Anwendung von § 1680 Abs 3 Alt 1, Abs 1 BGB bei nachfolgender Heirat der Kindeseltern (vgl § 1626a Abs 1 Nr 2 BGB) Folge: Vormundschaft endet kraft Gesetzes, § 1882 BGB; Pflegschaft ist aufzuheben, § 1919 BGB

3.9. Überprüfung und Aufhebung der Maßnahmen, § 1696 Abs 2, 3 BGB

341 Maßnahmen mit Dauerwirkung sind in regelmßigen Zeitabstnden von Amts wegen zu berprfen (§ 1696 Abs 3 S 1 BGB) und nicht mehr erforderliche Anordnungen aufzuheben, sobald die Umstnde es erlauben (§ 1696 Abs 2 BGB). Dabei ist aber zu bercksichtigen, dass der Wegfall des Eingriffsgrundes, der zu der Maßnahme gefhrt hat, allein nicht gengt. Vielmehr hat das Gericht vor der Aufhebung zu prfen, ob nunmehr Gesichtspunkte vorliegen, die den Fortbestand der Maßnahme gebieten.867 867

Staudinger/Coester § 1666 Rn 195.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

283

Nach dem durch das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher 341a Maßnahmen868 § 1696 Abs 3 angefgten S 2 soll das Gericht seine Entscheidung in angemessenem Zeitabstand, in der Regel nach 3 Monaten, aber auch dann berprfen, wenn es von Maßnahmen nach § 1666 oder § 1667 BGB abgesehen hat. Diese im Gesetzgebungsverfahren heftig umstrittene berprfungspflicht wurde eingefhrt, um mit einer (einmaligen869 ) berprfung der Gefahr entgegenzuwirken, dass es – entgegen der Annahme des Gerichts – nicht gelingt, die Gefhrdung fr das Kind abzuwenden und das Gericht hiervon nichts erfhrt. Gedacht wurde hierbei an die Flle, in denen das Gericht auf Zusagen der Eltern das Verfahren ohne konkrete Maßnahme abgeschlossen hat oder aber die Schwelle der Kindeswohlgefhrdung noch nicht erreicht war, eine Verschlechterung der Kindeswohlsituation aber nicht ausgeschlossen ist. Der berprfungspflicht nach § 1696 Abs 3 S 2 BGB lsst sich bei genauer Betrachtung nur entgegenhalten, dass sich daraus eine Mehrbelastung der Gerichte ergibt, der durch Schaffung entsprechender personeller und sachlicher Gegebenheiten begegnet werden muss. Zwar ließe sich das Ziel, die Eltern zu kontrollieren, zB in dem Fall, dass das Gericht im Hinblick auf die Zusage der Eltern, çffentliche Hilfen in Anspruch zu nehmen, von Maßnahmen nach § 1666 BGB abgesehen hat, auch dadurch erreichen, dass das Verfahren eben vorerst nicht abgeschlossen wird. Hat das Gericht aber von der Ergreifung von Maßnahmen gem §§ 1666, 1667 BGB abgesehen, weil die Eingriffsschranke „Kindeswohlgefhrdung“ (vgl dazu Rn 312 f) nicht erreicht war, kann eine nochmalige Befassung des Gerichts mit der Sache aber tatschlich prventiv wirken, ohne dass in dieser Kontrolle selbst ein Eingriff in die elterliche Autonomie liegt und die Eingriffsschranke des § 1666 BGB daher erreicht sein muss. Damit das Gericht ebenso wie das Jugendamt im Vorfeld ttig werden kann, ist nichts

868 869

BGBl I 2008 S 1188. Vgl BT-Drucks 16/8914 S 10, wonach keine Verpflichtung zu einer „Kettenberprfung“ geschaffen werden sollte.

284

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

dagegen einzuwenden, wenn auch die gerichtliche Kontrollschwelle hier ansetzt.870 Da es sich bei der vorgesehenen Frist um eine Regelfrist handelt, kann im Einzelfall auch eine frhere oder sptere berprfung erfolgen. Mit der Formulierung als Soll-Vorschrift wurde dem Gericht eine flexible Handhabung ermçglicht. Das Gericht kann daher von der berprfung in offensichtlich unbegrndeten Fllen auch gnzlich absehen, insbesondere wenn auch das Jugendamt keine gerichtlichen Maßnahmen (mehr) fr erforderlich hlt. 3.10. Verfahrensrechtliche Regelungen im Überblick

342 Das Ergreifen von Maßnahmen gem §§ 1666, 1667 BGB einschließlich der Prfung, ob solche erforderlich sind, obliegt dem Familiengericht. Es handelt sich um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, §§ 621 Abs 1 Nr 1, 621a Abs 1 ZPO, das von Amts wegen betrieben wird. Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, § 12 FGG. Sachlich und çrtlich ist in erster Linie das Amtsgericht zustndig, in dessen Bereich das Kind seinen Wohnsitz hat, §§ 64 Abs 1, 3 S 2, 43 Abs 1, 36 Abs 1 FGG. Bei fehlendem Wohnsitz ist der Aufenthalt maßgeblich. Bei dringendem Bedrfnis fr ein unverzgliches Einschreiten, das ein Abwarten bis zur Beendigung der erforderlichen Ermittlungen nicht gestattet und eine sofortige Maßnahme zur Abwendung der drohenden Gefahr erfordert, kann das Familiengericht auf der Grundlage vorliegender Ergebnisse bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1666 BGB eine einstweilige Anordnung treffen.871 Die Bestimmung des § 621g ZPO, die ihrem Wortlaut nach fr einstweilige Anordnungen einen Antrag verlangt, ist im Interesse des Kindes insoweit teleologisch zu korrigieren, als in von Amts wegen eingeleiteten Verfahren einstweilige Anordnungen (weiterhin) auch ohne Antrag erlassen werden kçnnen, wenn das Gericht diese zum Schutz des 870 871

AA Vogel FF 2008, 231, 233. BayObLG NJW 1992, 121; dass FamRZ 1999, 318.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

285

Kindes fr dringend geboten hlt.872 Der durch das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefhrdung des Kindeswohls neu geschaffene § 50 e Abs 4 FGG verpflichtet das Familiengericht denn nunmehr auch ausdrcklich, in Verfahren auf Gefhrdung des Kindeswohls unverzglich den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prfen.873 Diese Regelung betrifft alle Verfahren, die wegen einer Gefhrdung des Kindeswohls eingeleitet werden kçnnen, dh auch zB Verfahren, die auf eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs 4 BGB gerichtet sind.874 Funktionell ist der Richter zustndig, soweit es um Maßnahmen zur 343 Abwendung der Gefahr fr das kçrperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes geht, § 14 Abs 1 Nr 8 RPflG. Fr Maßnahmen zur Abwendung einer Vermçgensgefhrdung besteht kein Richtervorbehalt, sodass der Rechtspfleger zustndig ist, § 3 Nr 2a RPflG. Das gilt, entgegen der in der Entscheidung des OLG Frankfurt vom 4.4.2005875 anklingenden Auffassung auch fr den Entzug der Vermçgenssorge als letztes Mittel, da sich der Richtervorbehalt in § 14 Abs 1 Nr 8 RPflG nicht auf die zur Abwendung einer Vermçgensgefhrdung erforderlichen Maßnahmen erstreckt. Wird aufgrund der Entziehung die Anordnung einer Vormundschaft oder Pflegschaft erforderlich, kann das Familiengericht gem § 1697 BGB auch die Vormundschaft oder Pflegschaft anordnen und die Person auswhlen, die das Amt bernehmen soll. Hat der Richter die Sorge gem §§ 1666, 1666a BGB ganz oder teilweise entzogen, so obliegt ihm nach dem Normzweck von § 1697 BGB auch die nach dieser Vorschrift vom Familiengericht vorgenommene Anordnung und die Auswahl, weil nur er derjenige sein kann, der in dem zur Notwendigkeit der Vormundschafts- oder Pflegschaftsanordnung fhrenden vorangegangenen Verfahren Erkenntnisse ber eine als Vormund oder Pfleger geeignete Person gewonnen hat.876 872 873 874 875 876

Wick in Jansen, FGG, § 64 Rn 288. Empçrt ber diesen „gesetzlichen Rat“ ußert sich Lessing (RpflStud 2008, 1, 8), da es sich hierbei um eine Selbstverstndlichkeit handelt. Vgl BT-Drucks 16/6815 S 17. NJW-RR 2005, 1382. Vgl OLG Mnchen FamRZ 2006, 1773 = Rpfleger 2006, 263.

286

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Die Bestellung von Vormund oder Pfleger ist in jedem Fall Aufgabe des Vormundschaftsgerichts, §§ 1789 iVm § 1915 Abs 1 S 1 BGB. 343a Gem § 50 e Abs 1 FGG sind (ua) Verfahren wegen Kindeswohlgefhrdung vorrangig und beschleunigt durchzufhren. Mit dieser durch das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Kindeswohlgefhrdung eingefgten Regelung hat der Gesetzgeber ein im Rahmen der geplanten FGG-Reform vorgesehenes Vorrangund Beschleunigungsgebot vorweggenommen.877 Um eine zgige und einvernehmliche Konfliktlçsung zu fçrdern, begrndet § 50 e Abs 2 S 1 FGG die Verpflichtung des Gerichts, die Sache in einem Termin mndlich zu erçrtern, der gem S 2 sptestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden soll. Das Vorrang- und Beschleunigungsgebot soll dem Kindeswohl dienen und dem kindlichen Zeitempfinden Rechnung tragen. § 50 e Abs 2 S 3 FGG sieht vor, dass das Gericht das Jugendamt in dem Termin persçnlich hçrt. Um die Teilnahme des Jugendamtes soweit wie mçglich sicherzustellen, ist einerseits eine enge Kooperation zwischen Gericht und Jugendamt notwendig, um Terminkollisionen zu vermeiden. Andererseits ist erforderlich, dass das Jugendamt organisatorische Vorkehrungen trifft – beispielsweise durch entsprechende Vertretungsregelungen –, die es ermçglichen, dass ein Sachbearbeiter an dem Termin teilnimmt. Da das Beschleunigungsgebot aber nicht Selbstzweck ist, sondern vielmehr allein im Interesse des Kindeswohls besteht, darf es nicht schematisch gehandhabt werden. Im Einzelfall ist daher eine Verlegung des Termins (allerdings nur) aus zwingenden Grnden zulssig, § 50 e Abs 2 S 4 FGG. Ein solcher Einzelfall kann sowohl in der Sphre des Gerichts (zB keine Vertretung in Krankheitsfllen) als auch in der Sache selbst (notwendiger oder sinnvoller zeitaufwndiger zustzlicher Verfahrensschritt) begrndet sein.

877

Vgl § 155 FamFG-E (= Art 1 FGG-Reformgesetz [FGG-RG] = Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 7.9.2007, BT-Drucks 16/6308).

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

287

Die bevorzugte Erledigung des Verfahrens hat im Notfall auf Kosten anderer anhngiger Sachen zu erfolgen. Das Vorranggebot gilt in jeder Lage des Verfahrens. Whrend die Schaffung eines ausdrcklichen Vorrang- und Beschleunigungsgebots großteils akzeptiert, wenn zum Teil auch fr berflssig, weil selbstverstndlich erachtet wurde, erfuhr die strikte Vorgabe, den Erçrterungstermin binnen eines Monats anzuberaumen, vielfach heftige Kritik. Die Kritik entzndete sich zum einen daran, dass ein sinnvoller Erçrterungstermin eine umfassende Vorbereitung voraussetzt und eine grndliche und sorgfltige Sachverhaltsermittlung aber hufig mehr Zeit in Anspruch nehmen wird.878 Zudem drften auch die zu dem Termin zu ladenden Jugendmter (§ 50 e Abs 2 S 3 FGG) innerhalb dieses kurzen Zeitraums schwerlich in der Lage sein, auch nur mndlich einen umfassenden Bericht in dem kurzfristig anberaumten Termin abzugeben. Zum anderen wurde zu Recht die schlechte personelle Ausstattung der Gerichte und der Jugendmter als Argument dafr ins Feld gefhrt, dass der Gesetzgeber auch die Ressourcen zur Verfgung stellen muss, damit die gesetzliche Vorgabe erfllt werden kann. Damit das Beschleunigungsgebot nicht zu einem bloßen Programmsatz wird, steht der Gesetzgeber in der Pflicht, effektiven Kinderschutz durch Zurverfgungstellung personeller Fachkrfte, und zwar sowohl in den Jugendmtern als auch in den Gerichten, mçglich zu machen. Es bleibt abzuwarten, ob das grundstzliche Problem der berlastung der Jugendmter und der Familiengerichte gelçst oder zumindest entschrft wird, und Jugendmter und Familiengerichte personell so ausgestattet werden, dass sie den zum Schutz des Kindes erforderlichen Mehraufwand auch tatschlich leisten kçnnen. Vor der Entscheidung sind die sorgeberechtigten Eltern stets persçn- 344 lich dh mndlich zu hçren, § 50 a Abs 1 S 3 FGG.879 Nicht sorgeberechtigte Eltern hçrt das Gericht ebenfalls an, es sei denn, dass von der

878 879

Vgl zB Willutzki ZKJ 2008, 139, 142; Flgge FPR 2008, 1. Nher dazu Zorn in Jansen, FGG, § 50 a Rn 17 f.

288

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Anhçrung eine Aufklrung nicht erwartet werden kann, § 50 a Abs 2 FGG.880 Von der Anhçrung darf nur aus schwerwiegenden Grnden abgesehen werden, § 50 a Abs 3 S 1 FGG. Wird ausnahmsweise wegen Gefahr im Verzug von einer vorherigen Anhçrung abgesehen, hat sie das Gericht unverzglich nachzuholen, § 50 a Abs 3 S 2 FGG. Gem § 50 a Abs 3 S 3 FGG hçrt das Gericht einen Elternteil in Abwesenheit des anderen Elternteils an, wenn dies zum Schutz eines Elternteils oder aus anderen Grnden erforderlich ist. Letztere Regelung wurde eingefgt durch das am 12.7.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefhrdung des Kindeswohls881 und soll der besseren Bercksichtigung von Fllen huslicher Gewalt dienen. Angesprochen sind damit zum einen Konstellationen, in denen eine gemeinsame Anhçrung im Hinblick auf im Vorfeld ausgebte oder angedrohte Gewalthandlungen fr einen Elternteil mit einem besonderen Gefhrdungsrisiko verbunden wre, das etwa durch gerichtsorganisatorische Maßnahmen nicht oder nicht ausreichend sicher ausgeschaltet werden kann oder angesichts sonstiger Umstnde vermieden werden sollte. Zum anderen sind mit den anderen Grnden, die einer gemeinsamen Anhçrung entgegenstehen kçnnten, solche erfasst, in denen die gemeinsame Anhçrung aufgrund eines lnger andauernden Auslandsaufenthalts oder einer schwerwiegenden, die Mobilitt einschrnkenden Erkrankung eines Elternteils erschwert wre.882 Auch das Kind ist persçnlich anzuhçren, weil die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes zumindest in persçnlichen Angelegenheiten grundstzlich altersunabhngig fr die Entscheidung von Bedeutung sind oder zur Feststellung des Sachverhalts angezeigt sein wird, dass sich das Gericht von dem Kind einen unmittelbaren Eindruck verschafft (§ 50 b Abs 1 FGG).883 Ist das Kind 14 Jahre oder lter und nicht geschftsunfhig, ist es ebenfalls, auch bei Vermçgens880 881 882 883

Zum Beteiligungsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils in Verfahren nach § 1666 BGB ausfhrlich Orgis JAmt 2008, 243 ff BGBl I 2008, 1188. BT-Drucks 16/8914 S 16 Nher dazu Zorn in Jansen, FGG, § 50 b Rn 9 ff, 13.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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gefhrdungen, grundstzlich persçnlich anzuhçren, § 50 b Abs 2 FGG.884 Eine wegen Gefahr im Verzug unterbliebene vorherige Kindesanhçrung ist unverzglich nachzuholen, § 50 b Abs 3 S 2 FGG. Gem § 50 f Abs 1 FGG soll das Gericht in Verfahren nach §§ 1666, 344a 1666a BGB mit den Eltern und in geeigneten Fllen auch mit dem Kind erçrtern, wie einer mçglichen Kindeswohlgefhrdung begegnet werden kann, insbesondere durch çffentliche Hilfen, und welche Folgen die Nichtannahme notwendiger Hilfen haben kann. Mit dieser durch das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefhrdung des Kindeswohls geschaffenen Regelung hat der Gesetzgeber ebenfalls einen im Rahmen der geplanten FGGReform vorgesehenen eigenen Verfahrensschritt vorweggenommen,885 der neben die Pflicht zur persçnlichen Anhçrung gem § 50 a FGG tritt. In dem Termin, zu dem auch das Jugendamt geladen werden soll (§ 50 f Abs 2 S 1 Hs 2 FGG), soll das Gericht den Eltern den Ernst der Lage vor Augen fhren, auf mçgliche Konsequenzen (zB den Entzug der elterlichen Sorge) hinweisen und darauf hinwirken, dass die Eltern notwendige Leistungen der Jugendhilfe annehmen und mit dem Jugendamt kooperieren. Um das wesentliche Ziel der Regelung erreichen zu kçnnen, das darin liegt, die Beteiligten – Eltern, das Jugendamt und in geeigneten Fllen auch das Kind – an einen Tisch zu bringen, um die Eltern strker in die Pflicht zu nehmen und auf sie und erforderlichenfalls auch auf das Kind einwirken zu kçnnen, hat das Gericht das persçnliche Erscheinen der Eltern anzuordnen, § 50 f Abs 2 S 1 Hs 1 FGG. Denn das Gesprch kann nur zu einem sinnvollen Ergebnis fhren, wenn die Eltern persçnlich anwesend sind, sodass sie sich nicht von einem Anwalt vertreten lassen kçnnen. 884 885

Nher dazu Zorn in Jansen, FGG, § 50 b Rn 23 ff. Vgl § 157 FamFG-E (= Art 1 FGG-Reformgesetz [FGG-RG] = Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 7.9.2007, BT-Drucks 16/6308).

290

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Im Falle eines unentschuldigten Ausbleibens findet § 33 FGG Anwendung, sodass auch die Mçglichkeit der zwangsweisen Vorfhrung besteht.886 Eine gemeinsame Erçrterung mit dem Kind kann insbesondere notwendig sein, wenn die Drogensucht oder wiederholte Strafflligkeit des Kindes bzw Jugendlichen Anlass zu dem Verfahren gegeben hat, um auch auf das gefhrdete Kind einzuwirken. Auch ein nicht sorgeberechtigter Elternteil ist zu beteiligen, wenn er selbst Trger der Elternverantwortung nach Art 6 Abs 2 S 1 GG also rechtlicher Elternteil im Sinne von § 1591 oder § 1592 BGB ist und grundstzlich – im Rahmen einer Sorgerechtsbertragung – eine alternative Betreuungsmçglichkeit bietet. Freilich drfte sich letztere Voraussetzung hufig erst im Laufe des Verfahrens klren lassen, sodass die Beteiligung grundstzlich zu erfolgen hat. Grundstzlich sollten am Erçrterungsgesprch beide Elternteile gemeinsam teilnehmen. § 50 f Abs 2 S 2 FGG stellt indes klar, dass das Gericht zum Schutz der Beteiligten die Erçrterung erforderlichenfalls auch in Abwesenheit eines Elternteils durchfhren kann, wenn ein Zusammentreffen der Beteiligten im Hinblick auf im Vorfeld ausgebte oder angedrohte Gewalthandlungen fr einen Beteiligten mit einem besonderen Gefhrdungsrisiko verbunden wre. Ferner kann die Erçrterung in Abwesenheit eines Elternteils auch dann stattfinden, wenn dies aus anderen Grnden erforderlich ist, was etwa bei einem lnger andauernden Auslandsaufenthalt oder einer schwerwiegenden, die Mobilitt einschrnkenden Erkrankung eines Elternteils der Fall sein kann. Durch die Ausgestaltung von § 50 f Abs 1 FGG als „Soll-Vorschrift“ ist sichergestellt, dass das Gericht in offensichtlich unbegrndeten Verfahren von der Erçrterung der Kindeswohlgefhrdung absehen kann. Von der Erçrterung abgesehen werden kann darber hinaus ausnahmsweise auch dann, wenn die Erçrterung der Kindeswohlgefhrdung sinnlos wre, weil die erforderliche Kindesschutzmaßnahme (zB die Trennung des Kindes von seinen Eltern) unabwendbar ist 886

BT-Drucks 16/6815 S 18.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

291

und der Zweck des Erçrterungsgesprchs nicht erreicht werden kann.887 Unklar bleibt trotz der Erluterung des Gesetzgebers das Verhltnis dieser Erçrterungspflicht zu der Anhçrungspflicht nach § 50 a FGG. Denn nach § 50 a Abs 1 S 3 FGG sind die sorgeberechtigten Eltern vor der Entscheidung stets persçnlich dh mndlich zu hçren, § 50 a Abs 1 S 3 FGG (dazu oben Rn 344). Auch wenn diese Anhçrungspflicht primr der Aufklrung des Sachverhalts dient, sah die Vorschrift vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Kindeswohlgefhrdung ausdrcklich vor, dass mit den Eltern zu klren war, wie die Kindeswohlgefhrdung abgewendet werden kann,888 was schließlich, nicht anders als die neu geschaffene Regelung des § 50 f FGG, bereits bisher schon Hinweise der oben genannten Art und ein entsprechendes Einwirken auf die Eltern gestattete bzw erforderte. Der Unterschied zwischen der Erçrterungspflicht nach § 50 f FGG und einer solchen im Rahmen einer Anhçrung kann aber trotz der Versicherung des Gesetzgebers, dass die Schwelle fr Eingriffe in die elterliche Sorge durch das neue Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefhrdung des Kindeswohls nicht herabgesenkt wird, nur darin liegen, dass ein gerichtliches Einwirken auf die Eltern bereits ohne konkrete Kindeswohlgefhrdung erfolgen kann. Denn das Gesprch nach § 50 f FGG soll mit den Eltern bereits bei einer mçglichen Gefhrdung des Kindeswohls dh im Vorfeld und unabhngig von Maßnahmen nach § 1666 BGB gefhrt werden, whrend eine Anhçrung nach § 50 a FGG nach verbreitetem Verstndnis eine konkrete Kindeswohlgefhrdung voraussetzt.889 Soll indes zB die Anrufung des Gerichts durch das Jugendamt gem § 8a Abs 3 S 1 Hs 2 SGB VIII auch dann seinen Sinn erfllen, wenn die Eltern nicht bereit sind, bei der Abschtzung des Gefhrdungsrisikos mitzuwirken, muss klar sein, dass das Gericht auch bei einer „nur“ mçglichen Schdigung des Kindeswohls oder -vermçgens buchstblich seinem Wchteramt nachkommen und die Eltern in die Pflicht nehmen kann. 887 888 889

BT-Drucks 16/8914 S 16. Nher dazu Zorn in Jansen, FGG, § 50 a Rn 17 f. Vgl etwa Rosenboom/Rotax ZRP 2008, 1, 2, 3.

292

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Im Interesse des Kindeswohls ist gegen diese Vorverlagerung gerichtlicher Intervention im Ergebnis aber auch sonst nichts einzuwenden, insbesondere liegt kein Grundrechtsverstoß vor, weil der Staat bei der Ausgestaltung der Schutzmechanismen nicht nur die Elternrechte zu beachten, sondern diese vielmehr auch in Ausgleich zu den Grundrechten des Kindes zu bringen hat. Im brigen ließe sich auch damit argumentieren, dass der Staat in der Sache nicht in die elterliche Sorge eingreift, die Gefhrdungsgrenze fr einen solchen Eingriff also auch nicht erreicht sein muss, wenn er im Vorfeld einer Kindeswohlgefhrdung und unabhngig von Maßnahmen gem §§ 1666, 1666a BGB hier „nur“ in aufklrender, kontrollierender und warnender Funktion auftritt.890 345 Gem § 50 Abs 1 FGG ist dem Kind ein Pfleger fr ein seine Person betreffendes Verfahren zu bestellen, soweit dies zu Wahrung seiner Interessen erforderlich ist. Wird die Erforderlichkeit bejaht, ist das Gericht entgegen der Formulierung („kann“) zur Bestellung eines Verfahrenspflegers verpflichtet.891 Hier ist insbesondere auch an die in § 50 Abs 2 Nr 2 FGG genannten Tatbestnde zu denken, nach der eine Verfahrenspflegerbestellung regelmßig erforderlich ist, wenn die Trennung des Kindes von seiner Familie oder die Entziehung der gesamten Personensorge wegen Kindeswohlgefhrdung im Raum steht.892 Bei Kindeswohlgefhrdung sind ferner zu hçren das Jugendamt (§ 49a Abs 1 Nr 8 FGG) sowie, soweit vorhanden, Pflegepersonen oder betreuende Bezugspersonen, bei denen das Kind seit lngerer Zeit lebt (§ 50 c FGG). Von der Anhçrung der Pflege- oder den betreuenden Bezugspersonen kann aber abgesehen werden, wenn davon eine Aufklrung nicht erwartet werden kann. Das Jugendamt ist bereits in dem entsprechend dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot nach § 50 e Abs 1, 2 S 1 FGG anzuberaumenden Termin (§ 50 e Abs 2 S 3 FGG), der sptestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden soll, § 50 e Abs 2 S 2 FGG, zu hçren.

890 891 892

Nher dazu Coester JAmt 2008, 1 ff. Ausfhrlich dazu Zorn in Jansen, FGG, § 50 Rn 16 ff, 19. Nher dazu Zorn in Jansen, FGG, § 50 Rn 25, 26.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

293

Soll sich eine Maßnahme gegen einen Dritten richten, so ist auch der Dritte zu hçren. Gegen die Endentscheidung ist das Rechtsmittel der der Berufung 346 nachgebildeten befristeten Beschwerde gem § 621e ZPO gegeben, das innerhalb eines Monats beim OLG einzulegen ist, §§ 621e Abs 3, 517 ZPO, 119 Abs 1 Nr 1a GVG, 64 Abs 3 S 1 Hs 2 FGG. Ein Abhilferecht besteht nicht, §§ 621e Abs 3, 318 ZPO. Endentscheidungen sind die, die die Instanz beenden. Gegen Zwischenentscheidungen, das sind solche, die der Endentscheidung vorausgehen und sie vorbereiten wie zB Beweisanordnungen zur Einholung eines Sachverstndigengutachtens, ist die unbefristete Beschwerde gem § 19 FGG gegeben. 3.11. Weitergehende Überlegungen im Zusammenhang mit Kindeswohlgefährdungen

Schwerwiegende Versumnisse im Bereich der Pflege und Ernh- 347 rung des Kindes und andere spektakulre Flle von Verwahrlosung treten immer wieder zu Tage und waren nicht nur Anstoß zur nderung des SGB VIII durch das am 1.10.2005 in Kraft getretene Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe893 und fr das Gesetz zur Erleichterung famimiliengerichtlicher Maßnahmen bei Gefhrdung des Kindeswohls vom 4.7.2008894, sondern bieten nach wie vor Anlass fr weitergehende berlegungen, wie Kindeswohlgefhrdungen auch durch landesrechtliche Regelungen besser dh rechtzeitiger entgegengewirkt werden kann.895 Unstrittig ist, dass Prvention und Hilfsangebote gerade im Hinblick auf die hufig erst spt bekannt werdenden tragischen Flle von Kindesvernachlssigung ausgebaut werden mssen.

893 894 895

(Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) vom 8.9.2005, BGBl I 2729, hierzu nher ua Rçchling FamRZ 2006, 161 ff. BGBl I S 1188, in Kraft getreten am 12.7.2008. Beispielhaft kann hier auf das am 1.4.2008 in Schleswig-Holstein in Kraft getretene Gesetz zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen hingewiesen werden; zu dem Gesetz(-entwurf) nher Mnder FPR 2007, 431 ff; vgl aber auch die Anm des Bundesjugendkuratoriums zur aktuellen Debatte ber den Schutz vor Kindeswohlgefhrdung in ZKJ 2008, 300 ff.

294

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Die Lnder haben hier zum Teil bereits unterschiedliche Lçsungen entwickelt, um eine entsprechende Verbesserung der Situation zu erreichen, teilweise wird aber ber (weitere) geeignete Wege noch nachgedacht. Diskutiert werden nach wie vor sowohl die gesetzliche Verankerung eines „Zwangschecks“ fr Kinder beim Arzt mit den zum Zwecke eines schnelleren Erkennens von Missbrauch und Verwahrlosung mçglichen Untersuchungsschritten einschließlich evtl Sanktionen bei Verstoß gegen die Untersuchungspflicht,896 als auch eine andere Art von Prvention, in dem frhe Hilfsangebote durch ein enges Netzweck aus Hebammen und Familienhelfer/innen direkt in die Familien getragen werden sollen.897 Vorstellbar ist schließlich auch eine Kombination beider Anstze. Ferner soll geprft werden, wie der Schutzauftrag des Jugendamtes strker konkretisiert werden kann, indem klargestellt werden soll, dass das Jugendamt bei Verdacht auf Gefhrdung des Kindeswohls auch die Pflicht hat, einen Hausbesuch durchzufhren. Es bleibt allerdings zu hoffen, dass im Rahmen einer eventuellen Umsetzung dieser Pflicht auch daran gedacht wird, dem Jugendamt nicht nur das notwendige Personal, sondern auch die entsprechenden Instrumentarien zur Verfgung zu stellen, die es ihm ermçglichen, dieser Pflicht auch tatschlich nachzukommen. 348 und 349 – nicht (mehr) belegt

896

897

Zur misslungenen Umsetzung dieses Gedankens in Hessen durch das dort am 1.1.2008 in Kraft getretene Hessische Kindergesundheitsschutzgesetz zu Recht kritisch DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2008, 137 ff. Zur gangbaren Finanzierung des Einsatzes einer „Familienhebamme“ zum Zwecke der Prvention familirer Krisen vgl Wagener FamRZ 2008, 457 ff; siehe auch Meysen/Schçnecker FamRZ 2008, 1498 ff.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

295

4. Weitere Grenzen und Schranken der elterlichen Sorge 4.1. Verwaltungsausschluss durch Schenker oder Erblasser

§ 1638 Abs 1 BGB gestattet es demjenigen, der dem Kind etwas 350 unentgeltlich zuwendet, einen oder beide Elternteile von der Verwaltung des Zugewendeten bei der Zuwendung auszuschließen. Auch ein Erblasser kann die Eltern in einer Verfgung von Todes wegen von der Verwaltung des vom Kind von Todes wegen erworbenen Vermçgens ausschließen. Bei dem von Todes wegen erworbenen Vermçgen kann es sich handeln um das, was dem Kind durch Testament oder Erbvertrag (Erbe oder Vermchtnis) zugewendet wurde oder auch das aufgrund gesetzlicher Erbfolge sowie das dem Kind infolge Pflichtteilsberechtigung Anfallende oder das zur Erfllung dieses Anspruchs Geleistete.898 Zuwender oder Erblasser kann auch ein Elternteil selbst sein, der das dem Kind Zugewendete auf diesem Wege der Verwaltung durch den anderen Elternteil entzieht.899 Die Bestimmung kann mit einer Bedingung und/oder zeitlichen Bestimmung verbunden werden. Der Verwaltungsausschluss ist an verschiedene Tatbestnde geknpft: 351 – Das Kind muss das Vermçgen tatschlich erwerben. Der Verwaltungsausschluss kann sich daher nicht auf den Erwerb also den Schenkungs- bzw Erfllungsvertrag selbst erstrecken. Auch sind die Eltern durch den Verwaltungsausschluss nicht gehindert, das dem Kind von Todes wegen Angefallene auszuschlagen (vgl §§ 1942, 2180 BGB), weil es sich bei Annahme und Ausschlagung nicht um einen Akt der Verwaltung handelt.900 – Der Vermçgenserwerb muss unentgeltlich oder von Todes wegen erfolgen. 898 899 900

OLG Hamm FamRZ 1969, 662. BayObLG FamRZ 1989, 1342. OLG Karlsruhe FamRZ 1965, 573; Merkel MDR 1964, 113; Damrau ZEV 1998, 90.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

– Der Verwaltungsausschluss muss bei der Zuwendung901 bzw in einer letztwilligen Verfgung, also in einem Testament oder in einer einseitigen Verfgung in einem Erbvertrag angeordnet sein.902 Der Ausschluss muss nicht ausdrcklich erfolgen, das Gewollte kann sich auch im Wege der individuellen Auslegung der Verfgung von Todes wegen ergeben.903 Der Ausschluss kann zB in der Benennung einer Pflegerperson liegen (vgl § 1917 BGB). Anhaltspunkte fr den Willen des Erblassers, die Eltern von der Verwaltung des nachgelassenen Vermçgens auszuschließen, kçnnen auch in der Enterbung der Eltern,904 dem gewollten Ausschluss von der Nutznießung des berlebenden Elternteils oder auch in der Anordnung der Testamentsvollstreckung liegen, wobei aber aus der Testamentsvollstreckungsanordnung allein noch nicht zwingend auf einen gewollten Ausschluss nach § 1638 Abs 1 BGB zu schließen ist.905 Es kçnnen sich vielmehr im Einzelfall Abgrenzungsschwierigkeiten und/ oder berschneidungen zu solchen Anordnungen eines Erblassers ergeben, da dieser die Eltern des minderjhrigen Erblassers bereits durch die Ernennung einer anderen Person zum Testamentsvollstrecker (vgl §§ 2197 ff BGB) von der (aktiven) Verwaltung des Nachlasses ausschließen kann (§§ 2205, 2211 BGB). Ob darber hinaus auch ein Verwaltungsausschluss nach § 1638 Abs 1 BGB gewollt ist, der dazu fhrt, dass die Eltern auch die dem Kindeserben gegenber dem Testamentsvollstrecker zustehenden Rechte nicht wahrnehmen kçnnen,906 ist im Einzelfall durch individuelle Auslegung zu ermitteln. Aufschluss ber das Ziel des Erblassers kann die Frage geben, ob nur der Ausschluss des (minderjhrigen) Erben, primr aber nicht der der Eltern von der Verwaltung des Nachlasses beabsichtigt war. Wird dies 901 902

903 904 905 906

Ein spterer Ausschluss ist unwirksam KG FamRZ 1962, 432. Eine vertragsmßige Verfgung in einem Erbvertrag scheidet schon deshalb aus, weil ein Verwaltungsausschluss nicht vertragsmßig getroffen werden kann, vgl § 2278 Abs 2 BGB. BayObLG FamRZ 1989, 1342; dass FamRZ 2004, 1304. Vgl OLG Frankfurt FamRZ 1997, 1115. BayObLG FamRZ 1989, 1342. Vgl auch Damrau ZEV 1998, 90, 91.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

297

bejaht, ist nur Testamentsvollstreckung, nicht aber der Ausschluss gem § 1638 Abs 1 BGB gewollt. Lsst sich hingegen durch Auslegung nicht feststellen, dass der Erblasser ausschließlich Testamentsvollstreckung gewollt hat, kommt dessen Anordnung damit auch aus familienrechtlicher Sicht insoweit Bedeutung zu, als neben der Testamentsvollstreckung auch der Ausschluss der Eltern von der „Kontrolle“ des Testamentsvollstreckers als gewollt angenommen werden kann. Fr die Geltendmachung der Rechte gegenber dem TV ist daher in einem solchen Fall ein Ergnzungspfleger zu bestellen,907 wenn nicht nur einer von beiden vermçgenssorgeberechtigten Elternteilen ausgeschlossen wurde. Ein wirksamer Verwaltungsausschluss erstreckt sich gem § 1638 352 Abs 2 BGB auf das, was das Kind aufgrund eines zu einem solchen Vermçgen gehçrenden Rechts oder als Ersatz fr Zerstçrung, Beschdigung oder Entziehung erwirbt (Surrogationsprinzip). Gleiches gilt fr das durch Rechtsgeschft Erworbene, das sich auf dieses Vermçgen bezieht. Der Zuwendende kann die Regelung des Abs 2 jedoch ausschließen.908 Die Rechtsfolge eines wirksamen Verwaltungsausschlusses nur eines 353 Elternteils bei gemeinsamer elterlicher Vermçgenssorge ist in Abs 3 der Vorschrift geregelt. Ist nur einer von beiden vermçgenssorgeberechtigten Elternteilen ausgeschlossen, verwaltet der andere das Zugewendete allein mit der Folge, dass er insoweit das Kind auch allein vertritt.909 Sind beide oder der allein vermçgenssorgeberechtigte Elternteil von der Verwaltung ausgeschlossen, ist § 1638 Abs 3 BGB hingegen nicht erfllt. Da der Verwaltungsausschluss bereits mit Erwerb des zugewendeten Vermçgens besteht, handelt es sich zunchst um „verwaltungsfreies“ Vermçgen. Die Eltern sind insoweit weder zur Verwaltung dieses Vermçgens noch zur Vertretung des Kindes berechtigt.910 Es besteht daher die Notwendigkeit, eine Ergnzungs907 908 909 910

OLG Schleswig NJW-RR 2007, 1597 = DNotZ 2008, 67 = OLGR 2007, 442 = ZErb 2007, 264 = SchlHA 2008, 127 = ZFE 2007, 440 (LS). Hoppenz/van Els A I § 1638 Rn 6 mwN. OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 968 = NJW-RR 2004, 370. BGHZ 106, 96 = FamRZ 1989, 269; OLG Frankfurt FamRZ 1997, 1115.

298

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

pflegschaft gem § 1909 Abs 1 S 2 BGB anzuordnen. Das besondere Frsorgebedrfnis, das grundstzlich fr die Anordnung einer Pflegschaft vorliegen muss, wird fr den Fall eines wirksamen Verwaltungsausschlusses in § 1909 Abs 1 S 2 BGB bereits unterstellt, sodass es vom Gericht nicht gesondert zu prfen ist.911 Die Eltern sind gem § 1909 Abs 2 BGB verpflichtet, das Vormundschaftsgericht von der Erforderlichkeit der Anordnung der Pflegschaft unverzglich zu unterrichten, damit dieses entsprechend ttig werden kann. Diese Pflicht trifft selbstverstndlich auch den von der Verwaltung ausgeschlossenen allein sorgeberechtigten Elternteil. Haben die Eltern in der Zeit zwischen Anfall des Vermçgens an das Kind und Bestellung des Pflegers durch das Vormundschaftsgericht gehandelt, regeln §§ 177 ff BGB die Folgen im Außenverhltnis, whrend sich die Folgen im Innenverhltnis nach §§ 677 ff BGB bestimmen. 354 Sind die Eltern von der Verwaltung des vom Kind von Todes wegen erworbenen Vermçgens ausgeschlossen, kçnnen die Eltern weder einen Erbschein beantragen,912 noch kçnnen sie, sofern neben der Testamentsvollstreckungsanordnung auch ihre Verwaltung gem § 1638 Abs 1 BGB ausgeschlossen wurde, einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers stellen.913 Ist fr die Verwaltung ein Ergnzungspfleger bestellt, kçnnen die Eltern auch keine Auskunftsansprche gegen den bestellten Ergnzungspfleger geltend machen.914 355 Abweichend von § 1916 BGB, der eine grundstzlich bindende Benennung eines Pflegers ausschließt, gestattet §§ 1917 Abs 1, 1909 Abs 1 S 2 BGB Schenker und Erblasser eine solche ausdrcklich. Die Benennung setzt voraus, dass die speziellen Voraussetzungen des § 1909 Abs 1 S 2 BGB vorliegen. Es muss sich demnach um eine unentgeltliche Zuwendung oder um von Todes wegen erworbenes Vermçgen handeln, von dessen Verwaltung die Eltern aus911 912 913 914

BayObLG FamRZ 1989, 1342. OLG Frankfurt FamRZ 1997, 1115. BGHZ 106, 96 = FamRZ 1989, 269. LG Bonn FamRZ 1995, 1433.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

299

geschlossen sind. Daraus ergibt sich gleichzeitig, dass ein Benennungsrecht etwa fr den Abschluss eines Vertrages, an dem die Eltern mçglicherweise nicht mitwirken kçnnen oder wollen, nicht besteht.915 Die Benennung ist nur wirksam, wenn sie (wie ein ausdrcklicher Verwaltungsausschluss selbst) bei der Zuwendung bzw in einer wirksamen Verfgung von Todes wegen erfolgt.916 In der Benennung selbst liegt konkludent auch der Verwaltungsausschluss. Das Gericht ist an die Benennung gebunden (§§ 1917 Abs 1, 1778 BGB) und kann den zum Pfleger Berufenen daher nur unter den in § 1778 BGB aufgefhrten Voraussetzungen bergehen, ohne dass es dafr der Zustimmung des Zuwenders (vgl § 1917 Abs 3 BGB) bedarf.917 Ein bergehungsgrund iSv § 1778 Abs 1 Nr 4 BGB liegt beispielsweise bei einem Interessengegensatz zwischen dem Berufenen und dem Kind in einer fr die Aufgabenerfllung wesentlichen Frage vor.918 Darf der zum Pfleger Berufene bergangen werden, hat das Vormundschaftsgericht die Person des Pflegers nach §§ 1915 Abs 1 S 1, 1779 BGB auszuwhlen. Dies gilt auch, wenn der Benannte die bernahme des Amtes ablehnt, was er ohne weiteres tun kann, weil er als nicht vom Vormundschaftsgericht ausgewhlte Person zur bernahme des Amtes nicht verpflichtet ist, arg §§ 1915 Abs 1 S 1, 1785 BGB. Aus der Anordnung des Erblassers kann sich aber auch ergeben, dass es ihm allein auf die Verwaltung durch den Benannten ankam, die aber nur ber den Weg des Ausschlusses der Eltern erreicht werden konnte. Stellt sich heraus, dass der elterliche Ausschluss gleichsam nur in Kauf genommen, nicht aber das eigentliche Ziel des Erblassers war, hat das Vormundschaftsgericht bei Ablehnung des Amtes durch den „Wunschverwalter“ von der Pflegerauswahl und Bestellung abzuse915 916 917 918

Sonnenfeld Rn 468. MnchKomm BGB/Schwab § 1917 Rn 3. MnchKomm BGB/Schwab § 1917 Rn 10. BayObLGZ 1997, 93 = FamRZ 1997, 1289.

300

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

hen, weil der elterliche Ausschluss nach dem Erblasserwillen keine selbstndige Bedeutung hat. 356 Der Schenker kann sich selbst benennen. Auch die Benennung der Eltern ist mçglich, um sie auf diesem Wege in ihrer Funktion als Pfleger einer weitergehenden gerichtlichen Kontrolle zu unterstellen, als sie sonst als Eltern unterworfen sind. Streitig ist hingegen, ob der Schenker oder Erblasser auch jemanden ausschließen kann (vgl § 1782 BGB).919 357 Dem benannten Pfleger kann der Zuwender oder Erblasser auch ganz oder teilweise die in §§ 1852 bis 1854 BGB genannten Freiheiten einrumen, § 1917 Abs 2 S 1 BGB (zu den mçglichen Befreiungen vgl auch Rn 262). Die durch letztwillige Verfgung angeordneten Befreiungen kann das Vormundschaftsgericht aber außer Kraft setzen, wenn sie das Interesse des Kindes gefhrden, § 1917 Abs 2 S 2 BGB. Handelt es sich um durch den Schenker angeordnete Befreiungen, ist zu einem Außerkraftsetzen zu dessen Lebzeiten seine Zustimmung erforderlich, § 1917 Abs 3 BGB, nach dessen Tode gilt § 1917 Abs 2 BGB.920 Ist der Zuwender zur Abgabe der Erklrung dauernd außerstande oder ist sein Aufenthalt dauernd unbekannt, kann das Vormundschaftsgericht die Zustimmung ersetzen. 358 Einen gegenber dem Verwaltungsausschluss milderen Eingriff in das Elternrecht stellt die Verwaltungsanordnung gem § 1639 BGB dar. Schenker und Erblasser kçnnen anordnen, wie die Eltern das zugewendete Vermçgen zu verwalten haben. Ihnen kann etwa eine bestimmte Anlage oder die Verwendung des Vermçgens nur fr bestimmte Zwecke vorgeschrieben werden. An die Verwaltungsanordnungen, die der Schenker bei der Zuwendung bzw der Erblasser in der Verfgung trifft, sind die Eltern grundstzlich gebunden. Abweichungen sind nur unter den Voraussetzungen des § 1803 Abs 2, 3 BGB erlaubt, § 1639 Abs 2 BGB. Es bedarf demnach entweder der Zustimmung des Schenkers oder, wenn es sich um eine Erblasseranordnung handelt oder der Schenker bereits verstorben ist, einer 919 920

Fr ein Ausschlussrecht ua Palandt/Diederichsen § 1917 Rn 1; ablehnend hingegen ua Gernhuber/Coester-Waltjen § 75 Rn 47. Gernhuber/Coester-Waltjen § 75 Rn 49.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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gerichtlichen Genehmigung. Die Zustimmung des Schenkers ist zwar hnlich wie bei § 1917 Abs 3 BGB gem § 1803 Abs 3 S 2 BGB auch hier ersetzbar, eine solche Ersetzung kommt aber nur in Betracht, wenn der Zuwender zur Abgabe der Erklrung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Verweigert er die Abgabe „nur“, ist das Gericht grundstzlich nicht zur Entscheidung berufen. Etwas anderes muss aber gelten, wenn die Befolgung der Anordnungen das Vermçgen des Kindes gefhrdet. In diesem Fall muss das Gericht eine Abweichung genehmigen, um Situationen zu vermeiden, bei denen das Gericht nach § 1666 BGB eingreifen msste.921 Zustndig fr die gerichtliche Genehmigungsentscheidung und die Ersetzung gem § 1639 Abs 2 BGB ist abweichend vom Wortlaut des § 1803 BGB das Familiengericht.922 Handeln die Eltern den Anordnungen ohne Mitwirkung des Schenkers oder des Gerichts zuwider, kommen Sanktionen nur unter den Voraussetzungen des § 1666 BGB in Betracht. 4.2. Das Schenkungsverbot

Gem § 1641 S 1 BGB kçnnen die Eltern in Vertretung des Kindes 359 keine Schenkungen machen. Verboten sind damit in Vertretung des Kindes vorgenommene Schenkungen aus dessen Vermçgen. Gegen § 1641 S 1 BGB verstoßende Schenkungen sind unheilbar nichtig, § 134 BGB.923 Daran vermag auch eine etwaige Genehmigung des Familiengerichts nichts zu ndern,924 die zudem auch ins Leere ginge. Auch ein volljhrig gewordenes Kind kann eine von seinen Eltern als gesetzliche Vertreter vorgenommene Schenkung nicht genehmigen, weil ihnen nicht nur die Vertretungsmacht fehlte, sondern die Schenkung von Anfang an auch substantiell unwirksam war.925 921 922 923 924 925

Rauscher Rn 1028. Staudinger/Engler § 1639 Rn 16. Palandt/Diederichsen § 1804 Rn 1 m Nachweisen auch zur gegenteiligen Auffassung. Vgl BayObLG Rpfleger 1988, 22 = FamRZ 1988, 210 (LS). Rauscher Rn 1032.

302

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Von dem Schenkungsverbot erfasst sind nach Sinn und Zweck der Norm auch Zustimmungen der Eltern zu einer vom beschrnkt geschftsfhigen Kind selbst vorgenommenen Schenkung (§ 108 BGB),926 sowie durch berlassung von Mitteln zu freien Verfgung generalisierend vorweggenommene Einwilligungen, sodass auch das Kind selbst im Rahmen von § 110 BGB keine Schenkungen vornehmen kann.927 Dem Schenkungsverbot des § 1641 BGB unterliegen alle unentgeltlichen Rechtsgeschfte unter Lebenden iSv § 516 BGB. Hierzu gehçrt zB auch ein Rechtsgeschft, das auf die (unentgeltliche) Zuwendung der Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung des Kindes gerichtet ist.928 360 Von § 1641 BGB nicht erfasst, ist hingegen die Erfllung wirksam eingegangener Schenkungsversprechen. Ist der Minderjhrige zB Erbe, drfen und mssen die Eltern daher einen vom Erblasser wirksam geschlossenen (vgl § 518 BGB) Schenkungsvertrag erfllen. Auch Erb- und Vermchtnisausschlagung sind gem § 517 Abs 2 BGB ebenso wenig Schenkungen iSv § 1641 BGB wie ein Pflichtteilsverzicht. Sie unterliegen gem § 1643 Abs 2 BGB aber einem Genehmigungserfordernis. 361 Von dem Schenkungsverbot ausgenommen sind gem § 1641 S 2 BGB Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rcksicht entsprochen wird, wobei hinsichtlich beider Tatbestnde soweit erkennbar zumindest in Bezug auf Minderjhrige bereinstimmend fr eine enge Auslegung pldiert wird. Der Begriff des Anstands knpft an kulturelle und soziale Schenksitten an und verweist damit auf Jahresgaben zu allgemeinen und persçnlichen Feiertagen sowie zu Lebenshçhepunkten wie zB einer Hochzeit.929 Auch eine Schenkung, durch die einer sittlichen Pflicht gengt wird, kann nur mit Vorsicht bejaht werden. Dafr ist darauf abzustellen, ob 926 927 928 929

OLG Stuttgart FamRZ 1969, 39. Palandt/Diederichsen § 1804 Rn 1; Staudinger/Engler § 1641 Rn 9. OLG Hamm Rpfleger 1984, 414. Holzhauer FamRZ 2000, 1063, 1064 mwN.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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das Unterlassen der Schenkung dem Kind als Verletzung einer fr es bestehenden sittlichen Pflicht zur Last zu legen wre.930 Eine solche das Kind selbst treffende Pflicht kann einzelfallabhngig angenommen werden, wenn die Schenkung der Untersttzung Not leidender Geschwister oder anderer nicht unterhaltsberechtigter Verwandter dient,931 sowie dann, wenn die Schenkung im Interesse der Wahrung des Familienfriedens vorgenommen wird.932 Auch eine unter Bercksichtung der materiellen und immateriellen Belange der Wahrung des Familienzusammenhalts dienende und damit letztlich im Interesse des Kindes liegende Zuwendung wurde als wirksam, weil einer sittlichen Pflicht entsprechend, erachtet.933 Zu beachten ist, dass die Eltern das Kind bei einer nach § 1641 S 2 BGB wirksamen, weil zB einer sittlichen Pflicht entsprechenden Schenkung nicht vertreten kçnnen, wenn es sich bei dem Beschenkten um sie selbst, einen ebenfalls von ihnen vertretenen Dritten oder eine in § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB aufgefhrte Person handelt, da die Eltern von der Vertretung des Kindes bei Rechtsgeschften zwischen dem Kind und dem genannten Personenkreis nach § 181 BGB bzw §§ 1629 Abs 2 S 1, 1795 BGB kraft Gesetzes ausgeschlossen sind (nher dazu Rn 364 ff). 4.3. Die Pflicht zur wirtschaftlichen Vermögensverwaltung

Gem § 1642 BGB trifft die Eltern die Pflicht, das Vermçgen ihres 362 Kindes nach den Grundstzen einer wirtschaftlichen Verwaltung anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben (zB fr den Unterhalt) bereitzuhalten ist. Anders als fr Vormund und Pfleger werden den Eltern damit zwar keine konkreten Anlageformen nahe gelegt (vgl § 1807 BGB), gleichwohl muss auch die durch die Eltern vorgenommene Geldanlage wirtschaftlich und gewinnbringend erfolgen. Darber hinaus mssen auch die Eltern Kapitalanlagen whlen, die nach den fr die 930 931 932 933

BGH NJW 1984, 2939 = FamRZ 1984, 580. BGH NJW 1986, 1926 = FamRZ 1986, 1079. OLG Kçln OLGZ 1969, 263. OLG Hamm FamRZ 1987, 751 = Rpfleger 1987, 200.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Anlageform geltenden Bewertungsgrundstzen als sicher gelten. Die Wirtschaftlichkeit ist hierbei nicht an den Maßstben der eigenen Angelegenheiten (vgl § 1664 BGB), sondern an der Einschtzung einer gnstigen und sicheren Anlage durch einen wirtschaftlich denkenden Privatmann zu messen.934 363 Eine Haftung der Eltern kommt nur bei berschreitung der Grenze der eigenblichen Sorgfalt in Betracht (§ 1664 BGB). Das Familiengericht kann aber bei Gefhrdung des Kindesvermçgens durch Verstoß gegen die Verpflichtung des § 1642 BGB auch unterhalb dieser Sorgfaltsgrenze gem § 1666 BGB einschreiten und den Eltern etwa bestimmte Anlageformen vorschreiben, § 1667 Abs 1 BGB. 4.4. Gesetzliche Vertretungsausschlüsse 4.4.1. Die Tatbestandsmerkmale des § 181 BGB

364 Das Gesetz enthlt aber noch weitere, auch im Außenverhltnis wirkende Grenzen. So sind der Vertretungsmacht der Eltern bei bestimmten Konstellationen von vornherein Grenzen gesetzt (§§ 181 und 1629 Abs 2 S 1, 1795 BGB), bei deren Verletzung dann je nach der Art des Rechtsgeschfts endgltige Unwirksamkeit (§ 180 S 1 BGB) oder schwebende Unwirksamkeit (§ 177 BGB) die Folge ist. Einige vom Gesetzgeber fr besonders bedeutsam erachtete Rechtsgeschfte unterliegen darber hinaus auch bei wirksamer Vertretung des Kindes durch die Eltern einer gerichtlichen Kontrolle in Form einer Genehmigung (vgl zB § 1643 BGB, dazu Rn 419 ff). 365 § 1629 Abs 2 S 1 BGB verweist auf § 1795 BGB, dieser in Abs 2 auf § 181 BGB, der seiner systematischen Stellung im Gesetz zufolge aber auch ohne die Verweisung in § 1795 Abs 2 BGB fr die Vertretung durch die Eltern des Kindes anwendbar wre, weil § 181 BGB (anders als § 1795 Abs 1 BGB!) fr alle Arten von Vertretern gilt. § 1795 Abs 2 BGB besttigt lediglich, dass § 181 BGB auch neben den besonderen Ausschlussgrnden des Abs 1 BGB anwendbar ist.935 934 935

Rauscher Rn 1043; LG Kassel FamRZ 2003, 626. Palandt/Diederichsen § 1795 Rn 7.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Nach § 181 BGB sind Vater und/oder Mutter bei Abschluss eines Rechtsgeschfts kraft Gesetzes von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen, wenn sie selbst (Insichgeschft oder Selbstkontrahieren = Alt 1) oder ein ebenfalls von ihnen vertretener Dritter (Mehrvertretung = Alt 2) Vertragspartner des Kindes sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vater und/oder die Mutter den Dritten als gewillkrte Vertreter (Bevollmchtigte) oder als gesetzliche Vertreter (zB Geschwisterkind) vertreten. Maßgeblich ist allein, dass Vater und/ oder Mutter auf beiden Seiten des Rechtsgeschfts auftreten. § 181 BG gilt (ebenso wie § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB) grundstzlich fr 366 alle Rechtsgeschfte also auch fr einseitige wie Kndigung, Widerruf und Bevollmchtigung. Der Vertretungsausschluss besteht daher auch dann, wenn das Kind oder der gesetzliche Vertreter oder Dritte „nur“ Erklrungsempfnger ist. Geschftshnliche Handlungen wie etwa die Inempfangnahme und Mitteilung einer gerichtlichen Genehmigung (§§ 1828, 1829 BGB) sind ebenfalls von § 181 (und § 1795 Abs 1 Nr 1) BGB erfasst. Auf einen Rechtsstreit ist § 181 BGB analog anwendbar, sodass zB der die Vaterschaft anfechtende rechtliche Vater das Kind in einem Anfechtungsprozess nicht vertreten kann. § 181 BGB ist aber auf gleichgerichtete Erklrungen nicht anwend- 367 bar. Wenn die Eltern zB einen Vertrag zugleich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten und im Namen des Kindes auf der einen Seite mit einem Vertragspartner auf der anderen Seite schließen, sind sie folglich nicht von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen. Solche sog Parallelerklrungen kçnnen die Eltern abgeben, weil von einer Interessenkollision zwischen den auf einer Seite stehenden Parteien nicht auszugehen ist. Vielmehr werden diese Parteien regelmßig dieselben Interessen verfolgen. Motiv fr die Schaffung des § 181 BGB war nmlich der Schutz des Vertretenen, weil bei Rechtsgeschften, bei denen der Vertreter gegenlufige Erklrungen abgibt, ein bestehender Interessengegensatz zu einer Verletzung der (Vermçgens-)Interessen des Vertretenen fhren kçnnte.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Der gesetzliche Vertretungsausschluss liegt dessen ungeachtet aber unabhngig davon vor, ob im konkreten Fall tatschlich ein Interessenkonflikt vorliegt, weil Letzterer nicht Tatbestandsmerkmal des § 181 BGB ist. Beispiel: Die allein sorgeberechtigte Kindesmutter mçchte das ihrem zweijhrigen Kind durch Erbschaft angefallene Motorrad kaufen. Der ihr vorschwebende Kaufpreis liegt ber dem marktblichen Wert des Gegenstands. Die Kindesmutter ist wegen des Insichgeschfts unabhngig von den konkreten Vertragskonditionen von der Vertretung des Kindes bei Abschluss des Kaufvertrages ausgeschlossen. Beispiel: Die allein sorgeberechtigte Kindesmutter mçchte den von ihren minderjhrigen, beschrnkt geschftsfhigen Kindern bezglich zweier Briefmarken geschlossenen Tauschvertrag genehmigen. Die Mutter ist an der Vertretung des einen wie des anderen Kindes infolge des Mehrvertretungsverbotes gehindert. Der Vertretungsausschluss gilt nicht nur, wenn der gesetzliche Vertreter das Rechtsgeschft abschließt, sondern auch fr die nach § 108 BGB zur Wirksamkeit des von den Kindern selbst vorgenommenen Rechtsgeschfts erforderliche Genehmigung. Im Beispielsfall kommt zu dem aus § 181 BGB resultierenden Vertretungsausschluss noch der des § 1795 Abs 1 Nr 1 Alt 3 BGB hinzu, da sie mit dem jeweiligen Vertragspartner des einen wie des anderen Kindes in gerader Linie verwandt ist. Beispiel: Die allein sorgeberechtigte Kindesmutter vertritt ihre beiden Kinder bei Abschluss eines Grundstckskaufvertrages und bei der Auflassung. Die Kinder sollen das einem Dritten gehçrende Grundstck als Bruchteilseigentmer zu je 1/2 erwerben.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Die Kindesmutter kann die Kinder bei Abschluss des Kaufvertrages und bei der Auflassung vertreten. Ein Vertretungsausschluss besteht trotz der „Mehrvertretung“ nicht, da die Kinder auf einer Vertragsseite stehen, also Parallelerklrungen abzugeben sind. Streitig ist, ob dies auch dann gilt, wenn die Kinder und die Eltern 368 oder ein Elternteil als Miterbe(n) ein zum Nachlass gehçrendes Grundstck verußern wollen, um sodann den Erlçs teilen zu kçnnen. Die Eltern kçnnten bei dem Verkauf als Vertreter der Miterben vorwiegend ihre eigenen Interessen verfolgen, sodass darber nachgedacht wurde, ob in einem solchen Fall die innerhalb der Erbengemeinschaft zu treffende Entscheidung, ob berhaupt, zu welchen Konditionen sowie an wen verkauft wird, Teil der Erbauseinandersetzung ist, an deren Vornahme die Eltern sowohl als Mitglied der Erbengemeinschaft (Insichgeschft) als auch als Vertreter zweier Kinder (verbotene Mehrvertretung) gem § 181 BGB, sowie wegen § 1795 Abs 1 Nr 1 Alt 1 und 3 BGB (dazu Rn 373) ausgeschlossen sind.936 Die berwiegende Auffassung geht indes davon aus, dass ein Vertretungsausschluss fr die Verußerung an einen Dritten nicht vorliegt, weil insoweit lediglich Parallelerklrungen abzugeben sind.937 Dem Kind sei erst fr eine sptere Auseinandersetzung des Kaufpreises unter den Miterben ein Ergnzungspfleger, bei mehreren Kindern als Miterben fr jedes Kind ein eigener,938 zu bestellen.939 Nach anderer Auffassung ist diese spte Intervention unabhngig von dem Motiv fr die Verußerung940 in jedem Fall problematisch, weil ein erst dann bestellter Pfleger nur noch auf die rein rechnerische Auseinandersetzung Einfluss nehmen kçnnte, whrend die tatschlich maßgeblichen Entscheidungen (s.o.) ohne Rcksicht auf mçglicherweise 936 937

938 939 940

Wesche (Rpfleger 1996, 198, 199) in einer Anm zur Entscheidung des ThrOLG Jena NJW 1995, 3126 = FamRZ 1996, 185 = Rpfleger 1996, 26. OLG Stuttgart Rpfleger 2003, 501; ThrOLG Jena NJW 1995, 3126 = Rpfleger 1996, 26 m Anm Wesche Rpfleger 1996, 198 f; OLG Frankfurt NJW-RR 2007, 1308 = NotBZ 2007, 371 = OLGR 2007, 856 = ZEV 2007, 581 = MittBayNot 2008, 56 = Erbrecht effektiv 2007, 160 = NJW-Spezial 2007, 440. RGZ 93, 334; vgl auch BGHZ 21, 229. ThrOLG Jena NJW 1995, 3126 = FamRZ 1996, 185 = Rpfleger 1996, 26 m Anm Wesche Rpfleger 1996, 198 f. So aber Wesche (Rpfleger 1996, 198 f) in einer Anm zur Entscheidung des ThrOLG Jena (NJW 1995, 3126 = FamRZ 1996, 185 = Rpfleger 1996, 26), der die Notwendigkeit der Pflegerbestellung nur dann bejaht, wenn der Verkauf zum Zwecke der Aufteilung des Surrogates erfolgt.

308

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

gegenlufige Interessen allein vom gesetzlichen Vertreter getroffen wrden.941 Nach dieser Meinung ist der gesetzliche Vertreter stets von der Vertretung des Kindes/der Kinder bei der unter den Erben zwingend erforderlichen Einigung ber die Verußerung ausgeschlossen, whrend der anschließende Kaufvertragsschluss und die Auflassung dann aufgrund der in § 181 (und § 1795 Abs 1 Nr 1) BGB vorgesehenen Ausnahme der Erfllung einer Verbindlichkeit von den Eltern vorgenommen werden kann (nher Rn 389). 369 Zweifelsfrei nicht erfasst sind den Rechtsgeschften vorgelagerte berlegungen und Entscheidungen, weil diese weder selbst Rechtsgeschft noch Teil desselben oder geschftshnliche Handlung sind. Besteht in diesem Bereich eine erhebliche Interessenkollision, kann ihm nur mit der Entziehung der Vertretungsmacht (§§ 1629 Abs 2 S 3, 1796 BGB) begegnet werden (dazu Rn 407 ff). Ebenfalls nicht ausgeschlossen sind die Eltern in nicht streitigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Sie sind daher nicht gehindert, Registeranmeldungen vorzunehmen und Grundbuchberichtigungs- und Erbscheinsantrge zu stellen, weil es sich dabei weder um Rechtsgeschfte noch um einen Rechtsstreit iSv § 1795 Abs 1 Nr 3 BGB handelt. 370 Die Mutter oder der Vater des Kindes ist auch von der Abgabe einer Einwilligungserklrung zur Stiefkindadoption im Namen des Kindes (§ 1746 BGB) nicht nach § 181 BGB ausgeschlossen, weil es sich dabei um eine verfahrensrechtliche Handlung im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt. Da auch kein Rechtsstreit im Sinne von § 1795 Abs 1 Nr 3 BGB vorliegt, ist ein gesetzlicher Vertretungsausschluss insgesamt zu verneinen.942 Die Eltern sind auch an der Abgabe der im Namen des Kindes gem § 1618 S 3 iVm § 1617c BGB zur Einbenennung des Kindes erforderlichen Einwilligung nicht gehindert.943 371 § 181 BGB sieht Ausnahmen von dem Vertretungsausschluss fr die Erfllung einer Verbindlichkeit vor (dazu nher Rn 389). Darber 941 942 943

Sonnenfeld NotBZ 2001, 322, 325 ff. BGH NJW 1980, 1746. AG Lbeck StAZ 2002, 309; aA AG Frankfurt StAZ 2001, 270.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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hinaus ist auch die von der Rechtsprechung in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 107 BGB entwickelte Ausnahme anwendbar, nach der die Eltern das Kind bei einem fr den Minderjhren lediglich rechtlich vorteilhaften Rechtsgeschft vertreten kçnnen (dazu Rn 391 ff). IX. bersichtsskizze: Der Anwendungsbereich des § 181 BGB 372 Rechtsgeschäft zwischen Vertretenem/Vertretener und Vertreter/in (= Insichgeschäft/ Selbstkontrahieren)

anderen, ebenfalls durch den/die Vertreter/in vertretenen Personen, zB Geschwister des vertretenen Kindes (= Mehrvertretung)

(analoge Anwendung auf Rechtsstreit) Gesetzliche Ausnahme:

Erfüllung einer (glatten, dh fälligen und einredefreien) Verbindlichkeit (Gestattung für gesetzliche/n Vertreter/in nicht möglich! vgl Rn 381, 388)

Von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme:

lediglich rechtlich vorteilhaftes Rechtsgeschäft

Anwendbar für gesetzliche Vertreter/innen natürlicher Personen (Eltern, Vormund/innen, Pfleger/innen, Betreuer/innen) und juristischer Personen (zB GF einer GmbH), und auch für gewillkürte Vertreter/innen 4.4.2. Die Tatbestandsmerkmale des § 1795 Abs 1 BGB

§§ 1629 Abs 2 S 1, 1795 Abs 1 Nr 1 BGB schließt die Eltern ebenfalls 373 kraft Gesetzes von der Vertretung des Kindes aus bei einem Rechtsgeschft zwischen dem Kind auf der einen und

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

– dem Ehegatten (Alt 1) oder eingetragenen Lebenspartner (Alt 2) des (sonst) vertretungsberechtigten Elternteils oder – einem mit dem vertretungsberechtigten Elternteil in gerader Linie Verwandten (Alt 3 ) auf der anderen Seite. Die Ehe bzw eingetragene Lebenspartnerschaft mit dem sorgeberechtigten Elternteil muss im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschfts bestehen. Beispiel: Die allein sorgeberechtigte Kindesmutter will ihr Kind bei Abschluss eines Grundstckskaufvertrages und bei der Auflassung vertreten. Der Großvater mtterlicherseits will dem Kind das Grundstck zu besonders guten Konditionen verkaufen und bereignen. (Eine Schenkung ist nicht beabsichtigt.) Die Mutter kann ihr Kind bei den Rechtsgeschften nicht vertreten, da sie mit dem Vertragspartner in gerader Linie verwandt ist. 374 Bei den in der Norm genannten Tatbestnden liegt aufgrund eines unterstellten besonderen Nheverhltnisses zwischen dem Vertreter und dem Vertragspartner des Kindes eine Interessenkollision und damit eine Verletzung der (Vermçgens-)Interessen des Vertretenen besonders nahe. Gleichwohl ist eine Interessenkollision auch fr einen Vertretungsausschluss nach § 1795 BGB weder erforderlich noch ausreichend. 375 Die Aufzhlung des Personenkreises in § 1795 Abs 1 BGB ist abschließend. Nicht anwendbar ist die Norm daher trotz mçglicherweise bestehender Interessenkonflikte zB auf Rechtsgeschfte zwischen dem Kind und einem Lebensgefhrten eines Elternteils, einem Verschwgerten oder einem in der Seitenlinie mit den Eltern Verwandten.944 Erheblichen Interessengegenstzen kann hier nur ber §§ 1629 Abs 2 S 3, 1796 BGB durch Entziehung der Vertretungsmacht begegnet werden (dazu Rn 407 ff). 944

BayObLGZ 1997, 288 = BayObLG NJW-RR 1998, 869 = FamRZ 1998, 512.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Auch § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB sieht Ausnahmen von dem Vertre- 376 tungsausschluss fr die Erfllung einer Verbindlichkeit vor (dazu nher Rn 389). Darber hinaus ist auch die von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme anwendbar, nach der die Eltern das Kind bei einem Rechtsgeschft vertreten kçnnen, das fr den Minderjhrigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist (Rn 391 ff). Gemß §§ 1629 Abs 2 S 1, 1795 Abs 1 Nr 2 BGB sind die Eltern 377 kraft Gesetzes außerdem ohne Rcksicht auf den Vertragspartner oder Erklrungsempfnger von der Vornahme bestimmter Rechtsgeschfte ausgeschlossen, wenn das Kind Glubiger einer gegen sie selbst gerichteten Forderung ist, fr die dem Kind eine akzessorische Sicherheit eingerumt ist. Die Eltern kçnnen das Kind zwar ohne weiteres bei der Tilgung der Schuld vertreten, weil es sich insoweit um die Erfllung einer Verbindlichkeit handelt. Soweit es aber um die bertragung oder Belastung einer durch Pfandrecht, Hypothek oder Brgschaft gesicherten Forderung des Kindes gegen die Eltern respektive einen Elternteil oder die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit geht, sind die Eltern bzw der betroffene Elternteil von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen. Der Vertretungsausschluss erfasst nicht nur das Erfllungs-, sondern auch das Verpflichtungsgeschft und ist unabhngig davon, ob die Eltern selbst Eigentmer des mit der Hypothek belasteten Grundstcks sind. Die Eltern kçnnen das Kind deshalb zB nicht vertreten bei der Aufhebung der Hypothek (§ 875 BGB), wenn diese eine Forderung gegen sie sichert, auch wenn dieses Recht an dem Grundstck eines Dritten lastet. Klassischer Fall einer Minderung einer Sicherheit wegen Verschlechterung der Aussichten auf einen Anteil am Verwertungserlçs im Zwangsversteigerungsverfahren ist der eines Rangrcktritts gem § 888 Abs 2 BGB. Auch hier besteht der Vertretungsausschluss ohne Rcksicht darauf, wer Glubiger des vortretenden Rechts und wer Eigentmer des Grundstcks ist, wenn das zurcktretende Recht des Kindes eine Forderung gegen die Eltern sichert.

312

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Zum Teil wird davon ausgegangen, dass die Norm auch fr Sicherungsgrundschulden dh also auch fr nicht akzessorische Rechte gilt,945 obwohl in § 1795 Abs 1 Nr 2 BGB (anders als in § 1822 Nr 13 BGB) ausschließlich forderungsabhngige Sicherheiten (einzeln) aufgefhrt sind. Einvernehmen besteht hingegen insoweit, als forderungsisolierte Grundschulden nicht erfasst sind. 378 Nach § 1795 Abs 1 Nr 3 BGB fehlt den Eltern die Vertretungsmacht auch fr die Vertretung des Kindes bei einem Rechtsstreit zwischen dem Kind auf der einen und den in Abs 1 Nr 1 BGB genannten Personen auf der anderen Seite. Gleiches gilt, wenn ein Rechtsstreit ber die in Nr 2 bezeichneten Angelegenheiten zu fhren ist, ohne dass es dafr auf den Gegner ankme. 379 Ausnahmen von etwaigen Vertretungsausschlssen nach Nr 2 und Nr 3 sind im Gesetz nicht vorgesehen; die von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme ist hier nicht vorstellbar.

945

Palandt/Diederichsen § 1795 Rn 5; Stutz MittRhNotK 1993, 205, 206.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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X. bersichtsskizze: Der Anwendungsbereich des § 1795 Abs 1 BGB 380 Nr 1: Rechtsgeschäft zwischen gesetzlich Vertretenem/Vertretener und Ehegatten des gesetzlichen Vertreters/ der gesetzlichen Vertreterin

eLP des gesetzlichen Vertreters/ der gesetzlichen Vertreterin

in gerader Linie Verwandtem des gesetzlichen Vertreters/ der gesetzlichen Vertreterin

Gesetzliche Ausnahme: Erfüllung einer (glatten, dh fälligen und einredefreien) Verbindlichkeit Von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme: lediglich rechtlich vorteilhaftes Rechtsgeschäft Nr 2: Rechtsgeschäft, das zum Gegenstand hat die Übertragung oder Belastung einer durch ein akzessorisches Recht gesicherten, gegen den Vertreter/die Vertreterin gerichteten Forderung des/der Vertretenen (Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft)

die Aufhebung oder Minderung eines die Forderung des/der Vertretenen gegen den Vertreter/die Vertreterin sichernden akzessorischen Rechts (Verpflichtungsund Erfüllungsgeschäft)

(Gläubiger/in = Vertretene/r; Schuldner/in = Vertreter/in) Keine Ausnahme! Nr 3: Rechtsstreit zwischen den in Abs 1 Nr 1 genannten Personen

betreffend die in Nr 2 genannten Angelegenheiten

Keine Ausnahme! Anwendbar nur bei gesetzlicher Vertretung natürlicher Personen = Vormund/in; Eltern gem § 1629 Abs 2 S 1 BGB; Pfleger/in gem § 1915 Abs 1 S 1 BGB; Betreuer/in gem § 1908i Abs 1 BGB

314

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

4.4.3. Keine Umgehung eines Vertretungsausschlusses durch Erteilung von Vollmachten

381 Ein nach § 181 BGB oder § 1795 BGB bestehender Vertretungsausschluss kann vom Vertreter nicht dadurch umgangen werden, dass er fr das von ihm vorzunehmende Rechtsgeschft einen Vertreter bestellt,946 weil der gesetzliche Vertreter nur soviel an Vertretungsmacht weitergeben kann, wie er selbst innehat. Deshalb kann auch der andere, selbst nicht nach § 181 BGB oder § 1795 BGB ausgeschlossene Elternteil nicht von demjenigen zur alleinigen Vertretung des Kindes ermchtigt werden, der aufgrund eines Ausschlusstatbestands von der Vertretung des Kindes bei diesem Rechtsgeschft ausgeschlossen ist. Es kommt also nicht darauf an, wer rein ußerlich betrachtet handelt, sondern ob der gesetzliche Vertreter das Kind bei dem in Rede stehenden Rechtsgeschft selbst vertreten kçnnte. Letzteres ist auch der Grund dafr, dass auch ein wegen eines Insichgeschfts vorliegender Vertretungsausschluss nicht dadurch umgangen werden kann, dass sich der gesetzliche Vertreter als Vertragspartner oder Erklrungsempfnger des Kindes durch einen Bevollmchtigten vertreten lsst. Beispiel: Der allein sorgeberechtigte Kindesvater will von seinem Kind ein Grundstck kaufen. Um „Schwierigkeiten“ zu vermeiden, erteilt er seinem Freund Vollmacht, das Kind bei Abschluss des Kaufvertrages zu vertreten. Die erteilte Vollmacht ist unwirksam. Da der Vater das Kind bei Abschluss des Rechtsgeschfts nicht vertreten kann (§ 181 Alt 1 BGB = Insichgeschft/Selbstkontrahieren), kann er seinem Freund auch keine Rechtsmacht geben, die er selber nicht hat.

946

BGH NJW 1991, 691 = Rpfleger 1991, 113; KG NJW-RR 1999, 168.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Beispiel: Der allein sorgeberechtigte Kindesvater will von seinem Kind ein Grundstck kaufen. Um „Schwierigkeiten“ zu vermeiden, erteilt er seinem Freund Vollmacht, ihn selbst zu vertreten, weil er meint, das Kind dadurch bei Abschluss des Kaufvertrages vertreten zu kçnnen. Auch durch dieses Vorgehen lsst sich die notwendige Pflegerbestellung nicht vermeiden, weil der Vater das Kind bei dem Rechtsgeschft nicht vertreten kann. Die Vollmacht ndert nichts daran, dass rechtlich dieselben Personen Vertragspartner sind. 4.4.4. Teleologische Extension von § 181 und/oder § 1795 BGB

Sowohl § 181 BGB als auch § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB sind Ordnungs- 382 vorschriften, die grundstzlich nicht ber ihre Tatbestandsmerkmale hinaus anwendbar sind. Gleichwohl wurde aus dem Normzweck heraus vereinzelt eine ber den Wortlaut hinausgehende Anwendung entwickelt, die sich fr bestimmte Konstellationen auch durchgesetzt hat, whrend andere Fallgestaltungen umstritten sind. Einstiegsbeispiel fr die ausdehnende Anwendung der Normen soll 383 zunchst folgende Ausgangssituation sein: Der Ehemann setzt seine Ehefrau zur Alleinerbin ein. Einige Zeit spter wird ein gemeinsames Kind geboren; kurz danach stirbt der Ehemann und nunmehrige Kindesvater, ohne sein Testament gendert zu haben. Die Kindesmutter will nun die zu ihren Gunsten errichtete Verfgung von Todes wegen als Vertreterin ihres Kindes wegen bergehung eines Pflichtteilsberechtigten anfechten (§ 2079 BGB), mit dem Ziel, die Anordnung des Erblassers zu vernichten (§ 142 Abs 1 BGB), sodass gesetzliche Erbfolge eintritt. Die Anfechtung erfolgt damit zu dem Zweck, das Kind (neben der Mutter) zur Erbfolge gelangen zu lassen. Bei der Anfechtungserklrung handelt es sich um ein Rechtsgeschft, sodass die Mutter das Kind bei der Anfechtung nicht vertreten kçnnte, wenn sie nach § 181 oder § 1795 BGB von der Vertretung aus-

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

geschlossen wre. Bei formaler Betrachtung der Vorschriften ist sie von der Testamentsanfechtung aber weder wegen eines Insichgeschfts noch wegen Mehrvertretung (§ 181 BGB) ausgeschlossen, weil weder sie selbst, noch ein von ihr vertretener Dritter Erklrungsempfnger ist, noch ist die Erklrung gegenber einer der in § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB genannten Personen abzugeben. Die Anfechtung der hier in Rede stehenden Erbeinsetzung kann nach § 2081 Abs 1 BGB vielmehr nur gegenber dem Nachlassgericht erklrt werden. Das RG fhrte einer Grundsatzentscheidung von 1934947 indes aus, dass es fr die Beurteilung des Vertretungsausschlusses nicht auf den formellen Erklrungsempfnger, sondern auf den von der Erklrung materiell Betroffenen ankommt. Obwohl allein das Nachlassgericht Erklrungsempfnger sein kann, wurde daher aus dem Umstand, dass die gesetzliche Vertreterin selbst die Anfechtungsgegnerin war, geschlossen, dass eine Anfechtung durch die gesetzliche Vertreterin gem § 181 Alt 1 BGB wegen eines Insichgeschfts nicht htte erfolgen kçnnen. Begrndet wurde dies mit dem Schutzzweck der Norm, der es gebiete, die Vorschrift ber ihren Wortlaut hinaus, auf Erklrungen anzuwenden, bei denen der eigentliche Empfnger der gesetzliche Vertreter selbst ist. Weil jede Extension im Hinblick auf die mit den Normen zumindest auch verfolgte Rechtssicherheit in jedem Fall ein Schutzbedrfnis verlangt, stellt sich bezogen auf den hier entschiedenen aber die Frage, ob der Schutzzweck der Norm fr solche Konstellationen berhaupt bemht werden muss. Denn wenn der gesetzliche Vertreter die zu seinen Gunsten ausgefallene Verfgung von Todes wegen beseitigt, um dem Kind zu einem Recht zu verhelfen, das ihm ohne die Anfechtung nicht zusteht, kçnnte es an dem fr jede teleologische Extension von § 181 BGB (und § 1795 Abs 1 BGB) unerlsslichen Schutzbedrfnis fehlen. Die unkritische bernahme der Entscheidung verbietet sich insbesondere aber auch angesichts der verbreiteten Auffassung, dass ein mindestens 7 Jahre altes, nicht geschftsunfhiges Kind selbst anfechten kçnne, weil die Anfechtung lediglich rechtlich vorteilhaft und die Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters daher gem § 107 BGB entbehrlich sei.948 Nach § 107 BGB kann das 947 948

RGZ 143, 350. Joussen ZEV 2003, 181, 183, 184; Damrau Rn 81 mwN auch zur gegenteiligen Auffassung.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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beschrnkt geschftsfhige Kind bei lediglich rechtlich vorteilhaften Rechtsgeschften selbst wirksam handeln, weil es bei solchen Rechtsgeschften nicht schutzbedrftig ist. Fr eine extensive Auslegung der oben genannten Normen besteht daher in solchen Fllen kein Bedrfnis. Im brigen besteht Einvernehmen darber, dass § 181 BGB und § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB, selbst wenn sie ihrem Wortlaut nach gelten, auf lediglich rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschfte nicht anwendbar sind, eben weil das Kind keines Schutzes bedarf. Hlt man die Anfechtung fr lediglich rechtlich vorteilhaft, kann der Ausschluss der Eltern von der Vertretung des Kindes schließlich auch nicht mit Hinweis darauf gerechtfertigt werden, dass die Anfechtungsfrist des § 2082 BGB von den Eltern ungenutzt verstreichen und das Kind dadurch sein Anfechtungsrecht (= Gestaltungsrecht) verlieren kçnnte. Tatschlich ist der Fristablauf gem § 210 BGB gehemmt, wenn das Kind nicht ordnungsgemß vertreten ist, zB weil die Eltern das Kind bei Vornahme eines Rechtsgeschfts nicht vertreten kçnnten.949 Aus dem Umstand, dass es dem Kind zum Nachteil gereichen wrde, wenn die Eltern kein Rechtsgeschft vornehmen dh unttig blieben, kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass die Eltern von der Vornahme des Rechtsgeschfts ausgeschlossen sind. Die Fristhemmnis setzt vielmehr voraus, dass die Eltern das Kind bei dem Geschft nicht vertreten kçnnten. Ist ein Vertretungsausschluss wegen rechtlicher Vorteilhaftigkeit aber zu verneinen, liegt auch kein Fall des § 210 BGB vor. Die Unttigkeit der Eltern und die Entscheidung darber, ob angefochten wird, sind auch weder Rechtsgeschft noch Teil eines solchen (Rn 369), sodass die Eltern „davon“ auch nicht nach §§ 1629 Abs 2 S 1, 1795 oder 181 BGB ausgeschlossen sein kçnnen. Die Auffassung, nach der die Eltern ber die Anfechtung wegen der besagten Normen nicht „entscheiden“ kçnnten,950 ist daher unzutreffend. Dem bei Unttigkeit der Eltern wegen Interessenkollision vorliegenden Schutzbedrfnis kann vielmehr stets allein durch eine Entziehung der Vertretungsmacht nach §§ 1796, 1629 Abs 2 S 3 BGB entsprochen werden.

949 950

Palandt/Heinrichs § 210 Rn 3. Joussen ZEV 2003, 181, 184.

318

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Die Auffassung, nach der das Kind wegen des rechtlichen Vorteils zwar selbst anfechten kçnnte, die Eltern von der Vertretung des Kindes bei der Testamentsanfechtung aber gleichwohl ausgeschlossen wren,951 kann nach alledem weder dogmatisch noch vom Normzweck her berzeugen. 384 Eine andere Frage ist, ob die Anfechtung tatschlich ausschließlich rechtlich vorteilhaft ist, sodass das Kind und damit konsequenterweise auch die Eltern wirksam handeln kçnnten. Dies scheint trotz der Definition in § 2080 Abs 1 BGB, wonach nur derjenige anfechtungsberechtigt ist, dem die Anfechtung unmittelbar zustatten kommt, zumindest zweifelhaft, denn dass die Anfechtung zu einem unmittelbaren rechtlichen Vorteil fhrt, bedeutet nicht, dass sie ausschließlich rechtlich vorteilhaft sein muss. Zudem ist die Anfechtungsberechtigung wegen bergehung eines Pflichtteilsberechtigten in § 2080 Abs 3 BGB gesondert geregelt, ohne dass das Anfechtungsrecht ausdrcklich an einen unmittelbaren Vorteil geknpft ist. Auch dass der mit der Erbenstellung verbundene wirtschaftliche „Misserfolg“ der Haftung des Erben fr Nachlassverbindlichkeiten (vgl §§ 1967, 2058 BGB) bei der Beurteilung der rechtlichen Vorteilhaftigkeit außer Acht zu lassen sein soll, sodass der durch die Anfechtung ausgelçste Anfall der Erbschaft ohne Rcksicht auf die konkreten Verhltnisse stets rechtlich vorteilhaft wre,952 berzeugt nicht, weil rechtliche Nachteile im Sinne von § 107 BGB auch dann vorliegen, wenn den Minderjhrigen infolge des Rechtsgeschfts kraft Gesetzes persçnliche Haftungspflichten treffen, ohne dass das Rechtsgeschft selbst unmittelbar auf diese Folge gerichtet sein msste (nher dazu Rn 392, 396). Darber hinaus verliert das Kind durch eine wegen bergehung eines Pflichtteilsberechtigten erfolgende Anfechtung sowohl sein Anfechtungsrecht als auch seinen Pflichtteilsanspruch, weil es nicht (mehr) enterbt ist (vgl § 2303 Abs 1 BGB), was ebenfalls gegen den lediglich rechtlichen Vorteil spricht. 951 952

Joussen ZEV 2003, 181, 183, 184; Damrau Rn 81. In diesem Sinne Joussen ZEV 2003, 181, 183, der davon ausgeht, dass es fr die Beurteilung des rechtlichen Vorteils allein auf die rechtliche Wirkung, nicht aber den wirtschaftlichen Erfolg ankme.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass von einem Vertretungsausschluss der Eltern bei der Anfechtung einer sie selbst oder einen weiteren, ebenfalls von ihnen vertretenen oder dem Personenkreis des § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB angehçrenden Dritten begnstigenden Verfgung von Todes wegen nur derjenige ausgehen kann, der die Anfechtung fr rechtlich nachteilhaft hlt, sodass auch das Kind nicht ohne Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters anfechten kçnnte. Der rechtliche Nachteil ist damit Voraussetzung der dem primren Normzweck Kindesschutz entsprechenden extensiven Auslegung der Normen, hinter der der sekundre Normzweck der Rechtssicherheit zurckzutreten hat. Den berlegungen, den der genannten reichsgerichtlichen Entschei- 385 dung953 zugrunde liegenden Gedanken auf die Ausschlagungserklrung zu bertragen, durch die die Eltern selbst oder ein von ihnen vertretener Dritter oder eine der in § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB genannten Personen zur Erbfolge gelangen, wurde hingegen eine Absage erteilt.954 Zwar kann auch diese Erklrung nur gegenber dem Nachlassgericht abgegeben werden (§ 1945 Abs 1 Hs 1 BGB), anders als bei einer Anfechtungserklrung ist der durch die Ausschlagung Nchstberufene aber nicht der eigentliche materielle Erklrungsempfnger. Wem die Erbschaft durch die Ausschlagung anfllt, ist vielmehr in § 1953 BGB gesetzlich bestimmt. Coing955 sieht auch in dem Erfordernis einer gerichtlichen Genehmigung fr die Ausschlagung (§ 1643 Abs 2 BGB) ein ausreichendes Korrektiv, um Gefahren abzuwenden. Dem kçnnte trotz der damit verbundenen dogmatischen Probleme, die sich daraus ergeben, dass eine Genehmigung weder die Kraft noch den Zweck hat, fehlende Vertretungsmacht zu heilen oder zu ersetzen,956 mçglicherweise zugestimmt werden, denn jede ausdehnende Interpretation kann im Interesse der Klarheit und der Rechtssicherheit dort ihre Grenzen finden, wo das Gesetz anderweitige Schutzmechanismen durch ein Genehmigungserfordernis zur Verfgung stellt. Dort aber, wo das Kind allein durch die Ausschlagung des gesetzlichen Vertreters zur Erbfolge gelangt, kçnnte nach dem Wortlaut von § 1643 Abs 2 BGB eine gerichtliche Kontrolle in Form 953 954 955 956

RGZ 143, 350. Vgl ua BayObLG Rpfleger 1983, 482. NJW 1985, 6, 9 ff, insoweit zustimmend Ivo ZEV 2002, 309, 313. Worauf Buchholz (NJW 1993, 1161, 1164, 1165) zutreffend hinweist.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

einer Genehmigungsentscheidung entbehrlich sein, sodass sich die Grenzen einer derartigen Betrachtung zeigen, wenn das Kind etwa infolge der Ausschlagung „zu Gunsten“ von Geschwistern Nachteile erleidet. Die Entziehung der Vertretungsmacht gem §§ 1629 Abs 2 S 3, 1796 BGB kme in diesen Fllen zu spt, denn sie wirkt ex nunc, kann also eine bereits abgegebene Ausschlagungserklrung nicht mehr „verhindern“. Ob eine Anfechtung durchgreift, ist ebenfalls zweifelhaft, denn dafr braucht es einen Grund iSv §§ 119 ff BGB. Buchholz957 pldiert daher fr eine extensive Anwendung von § 181 BGB auf die Erbausschlagung.958 Nach wohl berwiegender Auffassung bedarf die Ausschlagung aber im Wege der teleologischen Reduktion von § 1643 Abs 2 S 2 Hs 1 BGB auch dann der gerichtlichen Genehmigung, wenn ein Elterteil, an dessen Stelle mehrere Geschwister treten, die Erbschaft fr sich und einen Teil der Kinder ausschlgt, fr den anderen hingegen nicht.959 Diese Auffassung fhrt dazu, dass das Bedrfnis fr eine extensive Auslegung entfllt, weil der unterstellte Interessenkonflikt durch das Genehmigungserfordernis kompensiert wird. 386 Der BGH960 hat § 181 BGB in Fortfhrung der in der reichsgerichtlichen Entscheidung von 1934961 zum Ausdruck kommenden Gedanken (dazu Rn 383) auch auf solche Flle ausgedehnt, in denen sachlicher Erklrungsempfnger der Vertreter selbst ist, die Erklrung daneben aber auch einer Behçrde gegenber abgegeben werden kann. Der gesetzliche Vertreter kann demnach einen Vertretungsausschluss, der ihn trfe, wrde er die Erklrung sich selbst oder einem ebenfalls von ihm Vertretenen oder einer in § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB aufgefhrten Person gegenber abgeben, nicht durch zielgerichtetes Handeln umgehen. Soweit erkennbar ist allgemein anerkannt, dass die Eltern ihr Kind etwa dann nicht vertreten kçnnen, wenn es um die Aufhebung eines dinglichen Rechts des Kindes geht (§ 875 BGB), das an 957 958 959

960 961

NJW 1993, 1161 ff. Ebenso Damrau Rn 32. Engler FamRZ 1972, 7, 9; Palandt/Diederichsen § 1643 Rn 3; Gernhuber/Coester-Waltjen § 60 Rn 95; MnchKomm BGB/Huber § 1643 Rn 25; einschrnkend auf die Flle, in denen die Motivation der Eltern fr die Ausschlagung in einem objektiv berprfbaren Verhalten zum Ausdruck kommt Ivo ZEV 2002, 309, 313. BGHZ 77, 8 = NJW 1980, 1577 = Rpfleger 1980, 336. RGZ 143, 350.

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ihrem eigenen Grundstck lastet, und zwar auch dann nicht, wenn sie die Aufgabeerklrung tatschlich dem Grundbuchamt gegenber abgeben, weil sie der Sache nach die eigentlichen Erklrungsempfnger sind. Gleiches gilt fr Erklrungen nach § 1168 Abs 2 BGB, § 876 BGB sowie solche nach § 1183 BGB, weil diese jeweils entweder gegenber dem Begnstigten bzw dem Eigentmer oder Glubiger oder dem Grundbuchamt abgegeben werden kçnnen. Eine solche teleologische Extension wird hingegen unverstndlicherweise abgelehnt, wenn die Erklrung auch anderen privaten Personen gegenber abgegeben werden kann, wenn also nicht nur der gesetzliche Vertreter, ein ebenfalls von ihm vertretener Dritter oder eine in § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB aufgefhrte Person oder das Amt, sondern eine weitere private Person Erklrungsempfnger sein kann. Dies ist zB der Fall, wenn die endgltige Wirksamkeit eines Rechtsgeschfts von der Zustimmung des Kindes abhngt. Zu denken ist hier zB daran, dass ein Elternteil Vorerbe und das Kind Nacherbe ist. Verfgt der (nicht befreite) Vorerbe ber ein zum Nachlass gehçrendes Grundstck, bedarf es zur endgltigen Wirksamkeit des Verfgungsgeschfts der Zustimmung des Nacherben, arg § 2113 Abs 1 BGB. Die Zustimmung kann gem § 182 BGB962 entweder gegenber dem Verußerer dh dem gesetzlichen Vertreter oder gegenber dem Erwerber erklrt werden. Nach inzwischen verbreiteter Auffassung ist ein Vertretungsausschluss zu verneinen, wenn der Vertreter den Vertragspartner als Erklrungsempfnger auswhlt.963 Damit hat es der gesetzliche Vertreter in der Hand, einen ihn andernfalls treffenden Vertretungsausschluss durch zielgerichtetes Handeln zu umgehen. Fr ein solches Verstndnis von § 181 BGB (diese Auffassung lsst sich ohne weiteres auf die Flle bertragen, in denen eine der in § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB genannte Personen Erklrungsempfnger sein kçnnte) wird die Rechtssicherheit hervorgehoben, welche bei teleologischer Auslegung weiterhin geboten sei. Bei nherer Betrachtung ver962

963

Zum Teil wird wegen § 2113 Abs 3 BGB der „Umweg“ ber die analoge Anwendung von § 185 BGB gewhlt, ohne dass das an dem Ergebnis der Anwendbarkeit von § 182 BGB auf diese Zustimmungserklrung etwas ndert. Ua LG Berlin Rpfleger 1987, 457; offen noch BayObLG NJW-RR 1995, 1032 = FamRZ 1995, 1297; KG Rpfleger 2004, 281 = DNotZ 2004, 391 mwN (fr den vergleichbaren Fall, dass der WEG-Verwalter, der zugleich Erwerber ist, als Vertreter der WEG Gemeinschaft die Zustimmung nach § 12 Abs 1 WEG gegenber dem Verußerer erklrt); OLG Hamm DNotZ 2003, 634.

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mag das aber nicht zu berzeugen, denn § 181 BGB und § 1795 BGB verfolgen primr den Schutz des Vertretenen vor durch Interessenkollisionen entstehende Vermçgensschden. Hinter diesem muss der sekundre Normzweck der Rechtssicherheit zurckstehen, wenn vergleichbare Sachverhalte zu im Ergebnis nicht zu rechtfertigenden Unterschieden fhren. Schließlich kçnnte das Argument der Rechtssicherheit auch gegen die Anwendung der Vorschriften auf die Testamentsanfechtung (Rn 383 f) ins Feld gefhrt werden, da deren Tatbestnde bei rein formaler Betrachtung in den Fllen, in denen die Erklrung gem § 2081 BGB ausschließlich gegenber dem Nachlassgericht abgegeben werden kann, in keinem Fall erfllt sind. 387 Eine teleologische Extension ist hingegen abzulehnen, wenn das Rechtsgeschft ausschließlich zwischen dem Kind und einem Dritten stattfindet, der weder in § 181 noch in § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB aufgefhrt ist. Schließen die Eltern als Vertreter ihres Kindes etwa mit der Bank einen Vertrag, oder erteilen sie dieser berweisungsauftrge, so liegt auch dann kein Vertretungsausschluss vor, wenn sie Gelder des Kindes auf ihr eigenes Konto bertragen.964 4.4.5. Gesetzliche Ausnahme vom Vertretungsausschluss nach § 181 und § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB

388 § 181 BGB selbst sieht zwei Ausnahmen vor, von der die erste auf die gesetzlichen Vertreter natrlicher Personen nicht anwendbar ist: Ein Selbstkontrahieren oder eine verbotene Mehrvertretung kann den Eltern nicht gestattet werden, weil es niemanden gibt, der eine solche Gestattung aussprechen kçnnte. Weder der Vertretene selbst noch das Vormundschafts- oder das Familiengericht kçnnen einen Dispens von § 181 BGB erteilen.965 Diese Ausnahme ist der systematischen Stellung der Vorschrift geschuldet, denn dem gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person (zB der Geschftsfhrer einer GmbH) und dem gewillkrten Vertreter kann das Selbstkontrahieren und/oder die Mehrvertretung durchaus gestattet werden. 964 965

BGH NJW 2004, 2517 = DB 2004, 2211 = BKR 2004, 376 m abl Anm Rein/Pfeiffer BKR 2005, 142 ff. RGZ 71, 163; LG Frankfurt Rpfleger 1990, 207; Klsener Rpfleger 1981, 258, 259.

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Beispiel: Das dem Minderjhrigen gehçrende Grundstck soll an Herrn X verkauft werden. Der allein sorgeberechtigte Kindesvater erteilt Herrn X (der weder ebenfalls von ihm vertreten wird, noch zu dem in § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB genannten Personenkreis gehçrt) unter Befreiung von § 181 BGB Vollmacht, sein Kind bei Abschluss des Vertrages zu vertreten, da er an dem Tag der Beurkundung verhindert ist. Herr X ist gewillkrter Vertreter des Kindes und kann zugleich fr sich selbst als Kufer auftreten. Da der Kindesvater das Kind bei Abschluss des Vertrages vertreten kann, kann er Herrn X wirksam bevollmchtigen und ihn ausdrcklich (oder auch konkludent) von dem Selbstkontrahierungsverbot des § 181 Alt 1 BGB befreien. Der Vater als gesetzlicher Vertreter des Kindes kann also einem gewillkrten Vertreter Befreiung von § 181 BGB erteilen, denn was er selbst an Rechtsmacht hat, kann er auch weitergeben. Die zweite in § 181 BGB ausdrcklich geregelte, mit § 1795 Abs 1 389 Nr 1 BGB bereinstimmende Ausnahme gilt auch fr den gesetzlichen Vertreter. Danach liegt kein Vertretungsausschluss bei Erfllung einer Verbindlichkeit vor. Von der Erfllung einer Verbindlichkeit nach § 181 BGB ist, ebenso wie bei § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB, im Interesse des Kindes indes nur auszugehen, wenn es sich um eine vollwirksame und „glatte“, dh fllige und einredefreie Verbindlichkeit handelt. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob das Kind zur Erfllung der Verbindlichkeit verpflichtet ist oder die Erfllung einer solchen verlangen kann. Diese Ausnahme lsst sich damit rechtfertigen, dass der Vertretene auch durch neutrale Dritte nicht vor der Erfllung seiner Verpflichtung geschtzt werden kann bzw, soweit er der Anspruchsberechtigte ist, auch nicht muss. Eine Verletzung der (Vermçgens-)interessen des Vertretenen ist indes dort denkbar, wo der Anspruch noch nicht fllig oder etwa der Hçhe nach noch verhandelbar ist. In einem solchen Fall ist dem Kind daher ein unbeteiligter Dritter als Ergnzungspfleger zur Seite zu stellen.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Beispiel: Der Minderjhrige ist Alleinerbe seines Vaters geworden. Der Erblasser hat der sorgeberechtigten Mutter des Kindes durch wirksame Verfgung von Todes wegen vermchtnisweise ein Grundstck zugewandt. Die Mutter beabsichtigt, das Grundstck als Vertreterin des Kindes an sich aufzulassen. Obwohl ein Insichgeschft vorliegt, ist die Mutter nicht von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen, weil es sich um die Erfllung eines Vermchtnisanspruchs (§§ 2147, 2174 BGB) handelt. Ein Vertretungsausschluss lge aber auch dann nicht vor, wenn die Mutter die Erbin und das Kind „nur“ Vermchtnisnehmer wre und dessen Vermchtnisanspruch erfllt werden soll.966 Beispiel: Der Minderjhrige ist durch die Einsetzung seiner Mutter zur Alleinerbin des Vaters still enterbt worden (vgl § 1937 BGB). Die Mutter des Kindes will den bisher der Hçhe nach noch nicht feststehenden Pflichtteilsanspruch des Kindes (§ 2303 Abs 1 BGB) erfllen. Da es sich nicht um die Erfllung einer glatten Verbindlichkeit handelt, kann die Mutter das Kind bei Abschluss des Rechtsgeschfts nicht vertreten, weil ein verbotenes Insichgeschft vorliegt. 4.4.6. Teleologische Reduktion von § 181 und/oder § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB

390 Ist der gesetzliche Vertreter nach der einen oder anderen Alternative des § 181 BGB oder nach § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB von der Vertretung ausgeschlossen, ist daher grundstzlich ein Ergnzungspfleger fr das Kind zu bestellen, weil die Eltern an der Erledigung dieser Angelegenheit verhindert sind, § 1909 Abs 1 S 1 BGB.

966

Vgl BayObLG Rpfleger 2004, 564.

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Etwas anderes gilt aber dann, wenn die von der Rechtsprechung ent- 391 wickelte Ausnahme eingreift. Danach besteht kein Vertretungsausschluss, wenn das Rechtsgeschft fr den (gesetzlich) Vertretenen rechtlich ausschließlich vorteilhaft ist. Die hierzu ergangene grundlegende Entscheidung des BGH967 fußt auf dem Rechtsgedanken des § 107 BGB und besagt, dass ein Vertretungsausschluss fr die Eltern dann nicht gegeben ist, wenn eine Gefhrdung der Vermçgensinteressen durch das Rechtsgeschft fr den Vertretenen nicht nur im konkreten Einzelfall, sondern abstrakt generell ausgeschlossen ist. Der Schutzzweck der Norm trifft nach dieser Entscheidung damit nicht zu, wenn das Rechtsgeschft fr den Minderjhrigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Der Minderjhrige kçnnte gem § 107 BGB in einem solchen Fall selbst wirksam handeln, es ist daher nicht einzusehen, warum dann die Eltern an der Vertretung gehindert sein sollten. § 107 BGB bildet damit ein Korrektiv gegenber einer bertriebenen formalen Handhabung der §§ 181, 1795 BGB.968 Zu beachten ist jedoch, dass lediglich der dem § 107 BGB zugrunde liegende Rechtsgedanke, nicht aber die Vorschrift selbst heranzuziehen ist, sodass die Ausnahme auch dann gilt, wenn das Kind noch nicht 7 Jahre alt oder nach § 104 Nr 2 BGB geschftsunfhig ist.969 § 181 BGB ist damit ebenso wie § 1795 Abs 1 BGB teleologisch reduziert anzuwenden. Durchweg berzeugende abstrakte Kriterien, anhand derer die 392 lediglich rechtlich vorteilhaften Rechtsgeschfte in jedem Fall von solchen abgegrenzt werden kçnnen, die es nicht sind, wurden bisher nicht entwickelt. Einigkeit besteht jedoch insoweit, als auf die Rechtsfolgen und nicht auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsgeschfts abzustellen ist.

967

968 969

BGHZ 59, 236 = NJW 1972, 2262 = FamRZ 1972, 630 = Rpfleger 1974, 105 = DNotZ 1973, 86; fortgefhrt BGH NJW 1975, 1885 = MDR 1975, 746 = JZ 1976, 66 m Anm Strner = FamRZ 1975, 480. Rasttter BWNotZ 2006, 1, 2. Vgl ua BayObLG NJW 1998, 3574 = Rpfleger 1998, 425 = DNotZ 1999, 589.

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Rechtsprechung und Literatur haben darber hinaus vorwiegend im Zusammenhang mit den praktisch bedeutsamen Grundstcksgeschften (Grundstcke, Wohnungs-, Teileigentum u)970 weitere Hinweise zur Beurteilung des rechtlichen Vorteils geliefert. Fr den rechtlichen Vorteil kommt es danach entscheidend darauf an, dass der Vertretene aus seinem Vermçgen, das er bei Abschluss des Vertrages besitzt, nichts aufgeben und dass er bei Abschluss des Vertrages keine neuen Belastungen auf sich nehmen muss, damit der Vertrag zustande kommt.971 Bei der Beurteilung, ob das Kind neue Belastungen auf sich nehmen muss oder etwas aus seinem bisherigen Besitz aufgeben muss, sind aber nicht nur die unmittelbaren aus dem Geschft resultierenden Rechtsfolgen, sondern auch solche Rechtsnachteile zu bercksichtigen, die nur mittelbar durch das Rechtsgeschft ausgelçst werden. Die Gefahr, etwas aus dem bisherigen Vermçgen zu verlieren, besteht, wenn der Minderjhrige durch das Rechtsgeschft unmittelbar oder auch nur mittelbar Verpflichtungen eingeht, fr die er nicht nur dinglich mit der erworbenen Sache, sondern auch persçnlich mit seinem sonstigen Vermçgen haftet. Ein entscheidendes Kriterium liegt daher in der Haftung des Minderjhrigen und zwar unabhngig davon, ob eine solche von den Vertragsparteien gewollt oder nur gesetzliche Folge des Rechtsgeschfts ist. Allerdings reicht die bloße Mçglichkeit des knftigen Entstehens einer persçnlichen Haftung nicht aus, die ausschließliche Lukrativitt des Rechtsgeschfts auszuschließen. 392a Einvernehmen besteht insoweit, als ein schuldrechtliches Rechtsgeschft, das den Minderjhrigen zu keiner (Gegen-)Leistung verpflichtet (= Schenkung) auch dann lediglich rechtlich vorteilhaft ist, wenn der Schenker bei der Schenkung eine Anrechungsbestimmung gem § 2050 Abs 3 BGB trifft, mit der Folge, dass die Zuwendung nach Eintritt des Erbfalls bei der Auseinandersetzung zur Ausgleichung zu bringen ist.972 Nach zutreffender Ansicht gilt dies auch, wenn der Erblasser bei der Schenkung durch einseitige Willens970 971 972

Zur rechtlichen Vorteilhaftigkeit eines GmbH-Anteils-Erwerbs Brger RNotZ 2006, 156, 162 f. BayObLGZ 1979, 49 = Rpfleger 1979, 197 = DNotZ 1979, 453. BGHZ 15, 168 = DNotZ 1955, 72.

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erklrung gem § 2315 Abs 1 BGB bestimmt, dass die Schenkung auf den Pflichtteil angerechnet werden soll.973 Dagegen wird der Erwerb von Gesellschaftsanteilen einer Personengesellschaft jedenfalls dann als rechtlich nachteilhaft zu qualifizieren sein, wenn das Kind als Gesellschafter auch mit seinem sonstigen Vermçgen haftet,974 nach anderer Auffassung hingegen allein deshalb, weil mit der Zuwendung eines solchen Anteils an einen bisherigen Nichtgesellschafter der bergang eines Bndels von Rechten und Pflichten verbunden ist.975 Streit, der durch zwei jngere BGH-Entscheidungen976 neu entfacht 393 wurde, besteht in Bezug auf die Frage, ob und wann Verpflichtungsund Erfllungsgeschft fr die Beurteilung des rechtlichen Vorteils einer Gesamtbetrachtung zu unterziehen sind. Die Gesamtbetrachtungslehre geht ebenfalls auf eine BGH-Entscheidung977 zurck. Der BGH gab darin die in den vorangegangenen Entscheidungen hervorgehobene isolierte Betrachtung von Kausal973 974 975 976

977

Everts Rpfleger 2005, 180 ff m Nachweisen auch zur gegenteiligen Auffassung. Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1629 Rn 246 mwN; zur rechtlichen Vorteilhaftigkeit eines GmbH-AnteilsErwerbs Brger RNotZ 2006, 156, 162 f. BFH NJW-RR 2006, 78 = ZEV 2005, 530 m Anm Everts = NotBZ 2006, 217 = MittBayNot 2006, 269 = DNotI-Report 2005,199 (LS) = BB 2005, 2566 (LS). BGHZ 161, 170 (Beschluss vom 25.11.2004) NJW 2005, 415 = FamRZ 2005, 359 = Rpfleger 2005, 189 = NotBZ 2005, 150 m Anm Sonnenfeld = ZEV 2005, 66 m Anm Everts = RNotZ 2005, 228 m Anm Reiß = RNotZ 2005, 224 = DNotZ 2005, 549 = JuS 2005, 457 m Anm Emmerich = ZfIR 2005, 288 m Anm Joswig und Anm Lorenz LMK 2005, 25 f = JZ 2006, 147 m Anm Mßig, vgl auch die Besprechungsaufstze von Wojcik DNotZ 2005, 655 ff; Schmitt NJW 2005, 1090 ff; Staudinger JURA 2005, 547 ff und Rçthel/Krackhardt JURA 2006, 161 ff; BGHZ 162, 137 (Beschluss vom 3.2.2005) = NJW 2005, 1430 = Rpfleger 2005, 355 = DNotZ 2005, 625 m krit Anm Fembacher = NotBZ 2005, 156 = ZEV 2005, 209 m abl Anm Everts = MittBayNotZ 2005, 413 m zust Anm Feller = FamRZ 2005, 1738 (LS); vgl auch die (Besprechungs-)Aufstze zu beiden Entscheidung von Fhr/Menzel FamRZ 2005, 1729 f, Bçttcher Rpfleger 2006, 293 ff und Wilhelm NJW 2006, 2353 ff sowie Rasttter BWNotZ 2006, 1 ff. BGHZ 78, 28 = NJW 1981, 109 = Rpfleger 1980, 463 = DNotZ 1981, 111 = MDR 1981, 37 = JuS 1981, 292 m Anm Emmerich = JR 1981, 281 m Anm Gitter = FamRZ 1981, 761 = DB 1980, 2234 = WM 1980, 1193 = JZ 1981, 109, vgl auch die Besprechungsaufstze von Gitter/Schmitt JuS 1982, 253 ff und Jauernig JuS 1982, 576.

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und Erfllungsgeschft auf,978 um auf diesem Wege den Anwendungsbereich des § 181 letzter Teilsatz BGB einzuschrnken und somit dem Schutzzweck von § 107 BGB Geltung zu verschaffen. Dem im Jahre 1981 entschiedenen Fall lag eine Schenkung eines Wohnungseigentums vom Vater an seinen minderjhrigen Sohn zugrunde. Mit Vollzug des Erfllungsgeschfts (Eigentumserwerb) htten den Minderjhrigen die von der Eigentmergemeinschaft in der Gemeinschaftsordnung gegenber den gesetzlichen Bestimmungen erheblich verschrften Verpflichtungen getroffen. Der BGH hielt es entgegen seiner bisherigen Auffassung nicht mehr mit dem Minderjhrigenschutz fr vereinbar, dem Abstraktionsprinzip folgend die Beurteilung, ob die Schenkung dem Minderjhrigen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, getrennt einerseits fr den schuldrechtlichen Vertrag (Schenkungsversprechen) und anderseits fr das dingliche Erfllungsgeschft vorzunehmen, mit der Folge, dass bei lukrativem Charakter des Grundgeschfts unbeschadet rechtlicher Nachteile, die mit der bertragung des Eigentums verbunden sind, der gesetzliche Vertreter im Hinblick auf § 181 letzter Teilsatz BGB befugt ist, den Minderjhrigen bei der Annahme der Auflassung zu vertreten oder die vom (mindestens 7 Jahre alten und nicht geschftsunfhigen) Minderjhrigen selbst erklrte Auflassung zu genehmigen. Der Schutz, den der Minderjhrige durch die Entscheidung erfuhr, wurde ausnahmslos begrßt, allein der vom BGH dabei eingeschlagene Weg, namentlich die Aufgabe des Abstraktionsprinzips, stieß auf Ablehnung. Nach Ansicht der Kritiker ließe sich dieser Schutz des Minderjhrigen auch durch teleologische Reduktion der in § 181 bzw § 1795 BGB gleich lautend geregelten Ausnahme „Erfllung einer Verbindlichkeit“ erreichen.979 Danach sollte auch das in Erfllung einer Verbindlichkeit vorgenommene Rechtsgeschft nur dann von dem Vertretungsverbot ausgenommen sein, wenn es ebenfalls lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Weiter wurden gegen die Entscheidung dogmatische Grnde vorgebracht, weil der BGH keine klare Aussage getroffen hatte, wie sich die anzustellende Gesamtbetrachtung auf das bei isolierter Betrach978 979

ZB BGHZ 15, 168 = DNotZ 1955, 72. Jauernig JuS 1982, 576 f; Feller DNotZ 1989, 66, 73 ff; Ultsch JURA 1998, 524, 528; Lçhnig JA 2002, 466, 469.

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tung rechtlich vorteilhafte Grundgeschft auswirkt, ob also ein rechtlich nachteiliges Erfllungsgeschft auf das Verpflichtungsgeschft zurckschlgt, sodass auch dieses nicht mehr rechtlich vorteilhaft ist, mit der Konsequenz, dass ein Vertretungshindernis bereits bei Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages bestnde und dieser damit ebenfalls schwebend unwirksam wre, weil die Eltern auch insoweit als Vertreter ohne Vertretungsmacht (§ 177 BGB) gehandelt htten (vgl Rn 364). Letzteres aber wrde die Durchbrechung des Abstraktionsprinzips berflssig machen, weil die Erfllung einer Verbindlichkeit in jedem Fall eine vollwirksame Verbindlichkeit, also einen vollwirksamen Verpflichtungsvertrag voraussetzt.980 Mit den erwhnten jngeren BGH-Entscheidungen ist die Diskussion nicht nur neu entbrannt, vielmehr drfte zugleich der Streit zugunsten des Abstraktionsprinzips beendet sein. In der Entscheidung vom 25.11.2004 hatte der BGH981 festgestellt, dass es dann keiner Gesamtbetrachtung bedarf, wenn das Grundgeschft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, weil die Ausnahme „Erfllung einer Verbindlichkeit“ fr das Erfllungsgeschft nicht vorliegen kann, wenn das Grundgeschft nicht vollwirksam ist. Zumindest in einem solchen Fall sind schuldrechtliches Rechtsgeschft (Schenkungsversprechen) und Erfllungsgeschft (Eigentumsbertragung) demnach stets getrennt voneinander auf ihre rechtliche Vorteilhaftigkeit zu untersuchen. Die rechtliche Vorteilhaftigkeit des Erfllungsgeschfts wird auch nicht dadurch berhrt, dass den Vertretenen mit der bereignung des Grundstcks eine bereicherungsrechtliche Verpflichtung zur Herausgabe des Eigentums trifft (§ 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB), falls der zu Grunde liegende, gem § 177 BGB schwebend unwirksame Schenkungsvertrag von dem Ergnzungspfleger nicht genehmigt werden sollte, weil die Verpflichtung ihrem Umfang nach auf den noch vorhandenen Wert der rechtsgrundlosen Leistung beschrnkt (§ 818 Abs 3 BGB) ist.

980 981

Feller DNotZ 1989, 66, 73, 74. BGHZ 161, 170 = NJW 2005, 415 = FamRZ 2005, 359 = Rpfleger 2005, 189 = NotBZ 2005, 150 = ZEV 2005, 66 = RNotZ 2005, 228 = DNotZ 2005, 549 = JuS 2005, 457 = ZfIR 2005, 288 = JZ 2006, 147.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Nach alledem kann die Auflassung ungeachtet eines (noch) schwebend unwirksamen Grundgeschfts wirksam sein und die Eintragung im Grundbuch deshalb ohne weiteres vollzogen werden, wenn das dingliche Rechtsgeschft bei isolierter Betrachtung lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Der BGH ließ in dieser Entscheidung aber ausdrcklich offen, ob er an der von ihm entwickelten Gesamtbetrachtungstheorie fr den umgekehrten Fall festhlt, also den, dass der schuldrechtliche Vertrag lediglich rechtlich vorteilhaft ist, das Erfllungsgeschft aber rechtliche Nachteile mit sich bringt. In der weiteren Entscheidung des BGH vom 3.2.2005982, in der sich der 5. Senat mit der rechtlichen Vorteilhaftigkeit des Erwerbs von vermietetem Grundeigentum zu befassen hatte, klingt indes an, dass er sich der wohl berwiegenden Auffassung annhert, nach der auch bei solchen Rechtsgeschften, bei denen der schuldrechtliche Teil rechtlich vorteilhaft ist, die in § 181 und § 1795 BGB geregelte Ausnahme („Erfllung einer Verbindlichkeit“) dem Schutzzweck der Normen entsprechend auf das Erfllungsgeschft unanwendbar ist. Diese Entscheidung hebt sich auch im Ergebnis von der aus dem Jahr 1980 insoweit ab, als der BGH ausdrcklich nur fr die Auflassung eine Pflegerbestellung fr erforderlich erklrte. Es wird daher zu Recht vor allem aus dieser Entscheidung geschlossen, dass sich (auch) der BGH von der Gesamtbetrachtung verabschiedet hat.983 Praxis und Theorie haben demzufolge zwischen den aus dem Kausalund dem Erfllungsgeschft resultierenden Folgen zu trennen, um zu ermitteln, ob und wenn ja, bei welchem Rechtsgeschft die Eltern das Kind in Ausnahme eines grundstzlich nach § 181 oder § 1795 BGB vorliegenden Ausschlusses vertreten kçnnen. 394 Auch zur Abgrenzung rechtlich vorteilhafter von den nachteiligen Rechtsgeschften wurden vom BGH in den genannten Entscheidungen ber die bereits vorliegenden berlegungen hinaus weitere an die Hand gegeben. 982 983

BGHZ 162, 137 = NJW 2005, 1430 = Rpfleger 2005, 355 = DNotZ 2005, 625 = NotBZ 2005, 156 = ZEV 2005, 209 = MittBayNotZ 2005, 413. Fhr/Menzel FamRZ 2005, 1729 f; Feller (in einer Anm zur Entscheidung des BGH vom 3.2.2005) MittBayNot 2005, 415; Bçttcher Rpfleger 2006, 293, 299.

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Soweit erkennbar bestand schon bisher Einvernehmen darber, dass etwa ein im Schenkungsvertrag fr bestimmte Flle vorbehaltenes Rcktrittsrecht oder eine vereinbarte Rckbereignungspflicht nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, wenn diese nicht allein bereicherungsrechtlichen Vorschriften unterworfen ist, weil der Minderjhrige im Fall der Rechtsausbung nicht nur das jeweilige Grundstck zurckzugewhren htte, sondern darber hinaus auch zum Wert- oder Schadensersatz, insbesondere wegen einer zwischenzeitlichen Verschlechterung des Grundstcks verpflichtet wre, wofr er auch persçnlich mit seinem bisherigen Vermçgen haftet.984 Dies gilt auch dann, wenn der aufschiebend bedingte (Rck-)bertragungsanspruch einem Dritten eingerumt wird.985 Der bedingte Rckforderungsvorbehalt ist aber ohne Einfluss auf die Lukrativitt des Erfllungsgeschfts, denn die sich daraus ergebende Haftungsfolge resultiert allein aus dem Grundgeschft.986 Es bedarf demnach einer Pflegerbestellung fr das schuldrechtliche 395 Rechtsgeschft, wenn solche oder andere Verpflichtungen in dem Schenkungsvertrag begrndet werden, fr die das Kind auch ber den Vollzug der Schenkung hinaus persçnlich haftet. In dieser Formulierung deutet sich bereits ein weiteres Kriterium an, das Bedeutung erlangt, wenn die Schenkung unter Vorbehalt einer dinglichen Belastung erfolgt. Soll das Recht im Zusammenhang mit der Eigentumsumschreibung eingetragen werden (vgl § 16 Abs 2 GBO), lçst sich die durch den Schenkungsvertrag begrndete Verpflichtung des Minderjhrigen zur Rechtsbestellung in dem Moment auf, in dem sie entsteht (vgl § 525 Abs 1 BGB), nmlich mit Leistung der geschenkten Sache (Grundstck, Wohnungseigentum o), sodass das Rechtsgeschft nicht anders zu beurteilen ist, als wre ein bereits mit diesem Recht belastetes Grundeigentum geschenkt worden. Der 984

985 986

Vgl zB Klsener Rpfleger 1981, 258, 263, 264; in diesem Sinne auch BGHZ 161, 170 = NJW 2005, 415 = FamRZ 2005, 359 = Rpfleger 2005, 189 = NotBZ 2005, 150 = ZEV 2005, 66 = RNotZ 2005, 228 = DNotZ 2005, 549 = JuS 2005, 457 = ZfIR 2005, 288 = JZ 2006, 147. OLG Kçln FamRZ 1998, 1326 = Rpfleger 1998, 159. BGHZ 161, 170 = NJW 2005, 415 = FamRZ 2005, 359 = Rpfleger 2005, 189 = NotBZ 2005, 150 = ZEV 2005, 66 = RNotZ 2005, 228 = DNotZ 2005, 549 = JuS 2005, 457 = ZfIR 2005, 288 = JZ 2006, 147; BFH NJW-RR 2006, 78.= ZEV 2005, 530 = NotBZ 2006, 217 = MittBayNot 2006, 269.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Schenkungsvertrag kann folglich in diesem Fall nicht allein wegen der dadurch begrndeten Verpflichtung rechtlich nachteilhaft sein. Bringt das Recht selbst (persçnliche) Haftungspflichten fr das Kind mit sich, ist allerdings der Vollzug, dh das Erfllungsgeschft rechtlich nachteilig. Soll das Recht jedoch erst spter bestellt werden, so bleibt das Kind ber den Vollzug des Schenkungsversprechens hinaus zur Rechtsbestellung verpflichtet, wofr es auch persçnlich haftet, sodass das Kausalgeschft ohne Rcksicht auf die Art des Rechts, welches bestellt werden soll, als rechtlich nachteilhaft zu qualifizieren ist. 396 Infolge des Erfllungsgeschfts trifft das Kind die Pflicht, die çffentlichen Lasten (Grundsteuern und Abgaben) zu tragen. Es besteht kein Zweifel daran, dass das Kind fr die aus der Eigentmerstellung resultierenden, auf çffentlichem Recht beruhenden Abgabenverpflichtung auch persçnlich haftet. Der BGH lehnte es zwar ab, allein deshalb davon auszugehen, dass diese Pflichten dem Rechtsgeschft nicht den rechtlichen Vorteil nehmen, weil es sich um gesetzliche (Neben-)Folgen des Erfllungsgeschfts handelt, denn das Vermçgen des Kindes ist nicht weniger gefhrdet, wenn der Eintritt des Rechtsnachteils zwar von den Parteien nicht gewollt, vom Gesetz jedoch als dessen Folge angeordnet ist. Gleichwohl hielt er das Erfllungsgeschft in der ihm vorliegenden Sache fr rechtlich vorteilhaft, mit der Begrndung, dass der rechtliche Vorteil zwar nicht durch den wirtschaftlichen ersetzt werden kçnne, man aber solche Rechtsnachteile aus dem Anwendungsbereich des § 107 BGB herausnehmen kçnne, die typischerweise ein ganz unerhebliches Gefahrenpotenzial haben, weil es in einem solchen Fall reiner Formalismus sei, die Mitwirkung eines Pflegers zu verlangen. Soweit der Senat dieses Ergebnis auch darauf sttzte, dass sich die Steuern und Abgaben in der Regel aus den laufenden Ertrgen aus dem Grundstck finanzieren ließen, berzeugt dieser Hinweis jedoch nicht, weil es keineswegs selbstverstndlich ist, dass berhaupt Ertrge erzielt werden.987 Ausdrcklich offen gelassen hat der BGH, ob auch fr den Fall, dass Erschließungs- und Anliegerbeitrge anfallen, von der rechtlichen 987

Kritisch dazu auch Rçthel/Krackhardt JURA 2006, 161, 165.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Vorteilhaftigkeit des Erfllungsgeschfts auszugehen ist, weil der Sachverhalt fr solche außergewçhnlichen Lasten keine Anhaltspunkte bot. Da solche Verpflichtungen aber kein unerhebliches Gefahrenpotential haben, drften sie dem Rechtsgeschft den rechtlichen Vorteil nehmen, sodass sich fr die Praxis die Frage stellt, wie berprft werden kann und soll, ob sich solche außergewçhnlichen Lasten bereits hinreichend konkret abzeichnen, die einen Einsatz des Minderjhrigenvermçgens und deshalb die Mitwirkung eines Pflegers bei Abschluss des Erfllungsgeschfts erfordern. Die bernahme von Grundpfandrechten, ohne dass zugleich auch 397 die persçnliche Schuld bernommen wird, nimmt dem Erfllungsgeschft nach ganz berwiegender Auffassung nicht den rechtlichen Vorteil, weil sich die Haftung des Minderjhrigen auf das Grundstck beschrnkt. Diese Haftung mindert zwar den im Eigentumserwerb liegenden Vorteil, beseitigt ihn jedoch nicht, weil der Minderjhrige regelmßig nur das verlieren kann, was ihm zugewendet wurde. Auch die Gefahr, dass der Minderjhrige fr die Kosten der Zwangsvollstreckung in das Grundstck mit seinem gesamten Vermçgen einzustehen htte, fhrt zumindest dann nicht zu einem rechtlichen Nachteil des Rechtsgeschfts, wenn bereits ein Vollstreckungstitel gegen den jeweiligen Eigentmer der Immobilie vorliegt.988 Bei der bernahme anderer dinglicher Rechte ist zu prfen, ob mit 398 diesen eine persçnliche Haftung des Minderjhrigen verbunden ist. Dies ist zB bei der bernahme einer Reallast zu bejahen, wenn die nach § 1108 Abs 1 BGB kraft Gesetzes entstehende persçnliche Haftung des Eigentmers nicht wirksam abbedungen ist (vgl § 1108 Abs 2 BGB). Gleiches gilt bei bernahme einer Dienstbarkeit, wenn als Inhalt der Dienstbarkeit dem Eigentmer die Unterhaltung einer Anlage obliegt, denn hierfr haftet er nach §§ 1108 Abs 1, 1021 Abs 2 BGB auch persçnlich. Im brigen wird der Minderjhrige durch bernahme beschrnkt persçnlicher Dienstbarkeiten regelmßig nicht persçnlich belastet. Namentlich Wohnungs- und Mitbenutzungsrechte belasten ausschließlich den Schenkungsgegenstand selbst, sodass das Erfllungsgeschft rechtlich vorteilhaft ist. 988

BGHZ 161, 170 = NJW 2005, 415 = FamRZ 2005, 359 = Rpfleger 2005, 189 = NotBZ 2005, 150 = ZEV 2005, 66 = RNotZ 2005, 228 = DNotZ 2005, 549 = JuS 2005, 457 = ZfIR 2005, 288 = JZ 2006, 147.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Auch die bernahme (oder mit dem Erwerb verknpfte Bestellung) eines Nießbrauchs nimmt dem Erfllungsgeschft jedenfalls dann nicht den rechtlichen Vorteil, wenn der Nießbraucher ber §§ 1042 Abs 2, 1047 BGB hinaus, auch die Kosten außergewçhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die außergewçhnlichen Grundstckslasten zu tragen hat,989 weil der Eigentmer in diesem Fall nicht zum Aufwendungs- oder Verwendungsersatz verpflichtet ist. Der rechtliche Vorteil wird aber auch dann nicht verneint, wenn der minderjhrige Eigentmer gegenber dem Nießbraucher fr Verwendungen des Nießbrauchers auf das Grundstck haftet (§ 1049 Abs 1 BGB), weil sich diese Haftung nach Bereicherungsrecht richtet (§ 1049 Abs 1 iVm § 684 BGB).990 399 Ist das Grundstck (Wohnungs-, Teileigentum, Erbbaurecht) vermietet oder verpachtet, tritt der Minderjhrige mit dem Eigentumsbergang gem §§ 566 Abs 1, 581 Abs 1, 593b BGB in smtliche Rechte und Pflichten des bestehenden Miet- oder Pachtverhltnisses ein, wozu nicht nur die Verpflichtung zur berlassung der Sache (§§ 535 Abs 1, 581 Abs 1, 585 Abs 2 BGB), sondern auch Schadensoder Aufwendungsersatzpflichten (§§ 536a, 581 Abs 2, 586 Abs 2 BGB) sowie die Pflicht zur Rckgewhr einer von dem Mieter oder Pchter geleisteten Sicherheit (§§ 566a, 581 Abs 2 BGB) gehçren. Fr diese Pflichten haftet der Minderjhrige, ohne dass er sich der persçnlichen Haftung durch Verweis auf die geschenkte Sache entziehen kann, sodass das Erfllungsgeschft rechtlich nachteilhaft ist.991 Dies gilt selbst dann, wenn der Beschenkte bereits Miteigentmer des Grundstcks ist.992 Der Eintritt in einen Miet- oder Pachtvertrag wurde auch fr den Fall als rechtlich nachteilhaft qualifiziert, dass die Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt erfolgt,993 obwohl den Beschenkten die aufgefhrten Pflichten whrend der Dauer des Nieß989 990 991 992 993

So ua bereits BayObLG NJW 1998, 3574 = Rpfleger 1998, 425 = DNotZ 1999, 589. Rasttter BWNotZ 2006, 1, 5; aA Preuß JuS 2006, 305, 308. AA Jerschke DNotZ 1982, 459 ff. BayObLG Rpfleger 2003, 579 = DNotZ 2003, 711 = FamRZ 2004, 457 (LS). OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 181 (LS); BGHZ 162, 137 = NJW 2005, 1430 = Rpfleger 2005, 355 = DNotZ 2005, 625 m krit Anm Fembacher = NotBZ 2005, 156 = ZEV 2005, 209 m abl Anm Everts = MittBayNotZ 2005, 413 m zust Anm Feller = FamRZ 2005, 1738 (LS).

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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brauchs nicht treffen. Da der Eintritt in den Miet- oder Pachtvertrag aber bei zum Zeitpunkt der Auflassung bereits vermietetem oder verpachtetem Grundstck nur von dem Erlçschen des Nießbrauchs abhngt, besteht in diesem Fall eine hinreichend konkrete Mçglichkeit, dass der Minderjhrige mit Pflichten und Rechten aus dem Mietoder Pachtvertrag belastet werden kann. Auch der Erwerb von Wohnungs- oder Teileigentum kann wegen 400 des damit verbundenen Eintritts in die Gemeinschaftsordnung auch dann nicht als rechtlich vorteilhaft angesehen werden, wenn die sich aus dem Wohnungseigentumsgesetz ergebenden Pflichten nicht (wesentlich) verschrft wurden. Denn auch wenn den Minderjhrigen kraft Gesetzes Pflichten treffen, fr die er persçnlich haftet, muss er geschtzt werden. So bewirkt schon der Eintritt in den Verwaltervertrag, dass das Erfllungsgeschft rechtlich nachteilhaft ist.994 Nach Auffassung des OLG Mnchen995 ist der rechtliche Vorteil seit dem 1.7.2007 aber selbst dann zu verneinen, wenn ein Verwalter nicht bestellt ist, weil § 10 Abs 8 WEG in der an diesem Tag in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur nderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26.3.2007996 die Haftung hnlich wie die einer Handelsgesellschaft nach §§ 128, 129 HGB ausgestaltet, sodass der Wohnungseigentmer persçnlich und unbeschrnkt, im Außenverhltnis unbeschrnkbar, primr und akzessorisch in Hçhe seines Miteigentumsanteils haftet. Obwohl dogmatisch nicht zu beanstanden, ergeben sich aus der 401 „Rckkehr zum Abstraktionsprinzip“ (vgl Rn 393) fr Praxis und Theorie gleichwohl Probleme. So weist Sonnenfeld997 zutreffend darauf hin, dass es dem Grundbuchamt nicht mçglich ist, die rechtliche Vorteilhaftigkeit des Erfllungsgeschfts und damit die ordnungsgemße Vertretung des Kindes zu prfen, denn die tatschlich auf das Kind zukommenden çffentlichen Lasten wie Erschließungsund Anliegerbeitrge (siehe Rn 396) sind aus der Auflassung nicht ersichtlich. Allein die Auflassung ist aber die Grundlage der Eintra994 995 996 997

So auch Rasttter BWNotZ 2006, 1, 7 mwN. NotBZ 2008, 161 = ZEV 2008, 246. BGBl I S 270. NotBZ 2005, 154, 155, 156,

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

gung, die dem Grundbuchamt vorliegen muss, whrend das davon unabhngige Kausalgeschft nicht Prfungsgegenstand ist. Auch die notarielle Praxis ist von der Entscheidung insoweit betroffen, als die grundstzliche Pflicht des Notars besteht, die Eigentumsbertragung ungeachtet des ggf (noch schwebend) unwirksamen Grundgeschfts zum Vollzug zu bringen (§ 53 BeurkG), mit dem Ergebnis, dass zwischenzeitlich bereits bergegangenes Eigentum bei verweigerter Zustimmung des Pflegers zurckzugewhren wre, wodurch nicht zuletzt weitere Kosten anfielen.998 Darber hinaus wird aber auch gegen die Aufgabe der Gesamtbetrachtungslehre an sich argumentiert, weil der Vertretene aufgrund eines wirksamen Kausalgeschfts in Annahmeverzug gert und damit der Kostenfolge des § 304 BGB ausgesetzt sei, wenn ein allein fr das Erfllungsgeschft „bençtigter“ Pfleger die Genehmigung dafr verweigert, sodass bei einer solchen Konstellation daher von einer hinreichend konkreten Mçglichkeit einer persçnlichen Haftung auszugehen sei.999 4.4.7. Auswirkungen der kraft Gesetzes fehlenden Vertretungsmacht eines Elternteils bei bestehender Gesamtvertretung

402 Gem § 1629 Abs 1 S 2 BGB vertreten die sorgeberechtigten Eltern das Kind grundstzlich gemeinschaftlich. Bereits daraus kçnnte abgeleitet werden, dass der nach § 1795 Abs 1 oder § 181 BGB bestehende Ausschluss eines Elternteils auch gegen den anderen Elternteil wirkt, ohne dass dieser selbst nach einer der beiden Vorschriften ausgeschlossen sein msste. Allerdings macht § 1629 Abs 1 S 3 BGB von diesem Gesamtvertretungsgrundsatz fr bestimmte Flle Ausnahmen, denn darin ist bestimmt, dass ein Elternteil auch und gerade bei gemeinsamer Sorge uU allein vertretungsberechtigt ist.

998 999

Reiß NotBZ 2005, 224, 225, 226; Rasttter BWNotZ 2006, 1, 6, 7. Fhr/Menzel FamRZ 2005, 1729, 1720; dies JA 2005, 859, 863; aA Bçttcher Rpfleger 2006, 293, 299.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Die Folgen des gesetzlichen Ausschlusses eines Elternteils auf die Vertretungsmacht des anderen Teils ergeben sich aber zwingend aus § 1629 Abs 2 S 1 BGB: Aus dem Wort „und“ ist ersichtlich, dass der Elternteil, bei dem die Voraussetzungen fr einen Ausschluss nach §§ 1795, 181 BGB selbst nicht vorliegen, gleichwohl ebenfalls von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist. Dadurch wird ein Konflikt bei dem eigentlich nicht belasteten Elternteil zwischen den Interessen des Kindes und denen des anderen Elternteils von vornherein vermieden. Da aber auch dieses Motiv nicht Tatbestandsmerkmal der Norm ist, erstreckt sich der ex lege eintretende Vertretungsausschluss eines Elternteils kraft Gesetzes in jedem Fall auf den anderen Elternteil, ohne dass die Eltern dafr (noch) verheiratet sein oder in nherer persçnlicher Verbindung zueinander stehen mssten. Voraussetzung des Ausschlusses auch des anderen ist allein die gemeinsame Sorgeberechtigung. § 1678 Abs 1 Alt 1 BGB ndert an dieser Wirkung nichts, denn diese Variante betrifft nur die tatschliche, nicht die rechtliche Verhinderung.1000 Da der Vertretungsausschluss auch nicht dazu fhrt, dass die Sorge ruht, ist auch § 1678 Abs 1 Alt 2 BGB nicht anwendbar. Ist ein Elternteil nach § 181 oder § 1795 Abs 1 BGB von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen, ohne dass die gesetzliche oder die von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme vorliegt, ist somit ein Ergnzungspfleger zu bestellen (§ 1909 Abs 1 S 1 BGB), weil auch der andere Elternteil nicht zur Vertretung berechtigt ist. Die Eltern sind gem § 1909 Abs 2 BGB verpflichtet, das Vormund- 403 schaftsgericht von der Erforderlichkeit der Anordnung der Pflegschaft unverzglich zu unterrichten, damit dieses entsprechend ttig werden kann. Diese Pflicht trifft selbstverstndlich auch den von der Vertretung des Kindes ausgeschlossenen allein sorgeberechtigten Elternteil. 4.4.8. Die Bestellung mehrerer Pfleger für mehrere Kinder

Sind mehrere Kinder an dem Rechtsgeschft beteiligt, muss jedem 404 Kind ein eigener Pfleger bestellt werden, wenn die Kinder auf ver1000

Klsener Rpfleger 1981, 258, 259.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

schiedenen Seiten stehen, also keine Parallelerklrungen abzugeben sind, weil auch der Pfleger dem Mehrvertretungsverbot (§ 181 Alt 2 BGB) unterliegt. Praktisch relevant wird dies beispielsweise im Zusammenhang mit der Grndung einer Gesellschaft unter Beteiligung mehrerer Kinder. Hierbei ergibt sich der Vertretungsausschluss der Eltern aus §§ 1629 Abs 2 S 1, 1795 Abs 1 Nr 1 Alt 3 BGB, wenn sie auch mit dem jeweils anderen Kind in gerader Linie verwandt sind. Sind sie auch gesetzlicher Vertreter des anderen Kindes, liegt auch eine verbotene Mehrvertretung vor (§ 181 Alt 2 BGB). Hinzukommen kçnnen weitere Ausschlussgrnde nach § 181 BGB und/oder nach § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB, wenn die Eltern selbst, ein von ihnen ebenfalls vertretener Dritter, ihr Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner und/oder in gerader Linie mit den Eltern verwandte Personen zB eine Familiengesellschaft grnden wollen. Gleiches gilt fr den Fall, dass mehrere Kinder einer bereits bestehenden Personen- oder Personenhandelsgesellschaft durch originren Anteilserwerb beitreten, weil die Kinder durch die Aufnahme in die Gesellschaft auch untereinander in wechselseitige gesellschaftliche Beziehungen treten.1001 Dies muss auch dann gelten, wenn nur ein Kind einer bereits bestehenden Personengesellschaft beitreten will, an der schon ein anderes Kind der Eltern beteiligt ist, wenn die Aufnahme eines „neuen“ Gesellschafters durch (nderung des) Gesellschaftsvertrag(es) erfolgt. Auch in diesem Fall bedarf es daher der Bestellung mehrerer Ergnzungspfleger. 405 Zum Teil wird das Erfordernis, jedem Kind einen eigenen Pfleger zu bestellen, aber fr den Fall eines sog derivativen Anteilserwerbs durch Abtretung eines Gesellschaftsanteils an einer Personenhandelsgesellschaft oder einer GmbH mit Hinweis darauf bestritten, dass die Kinder den Vertrag nicht miteinander, sondern nur mit dem den Gesellschaftsanteil zur Verfgung stellenden Gesellschafter abschließen. Bei der in der Praxis hufiger vorkommenden Abtretung von KG-Anteilen tritt der Minderjhrige im Wege der Sonderrechtsnachfolge in die Gesellschaft ein, ohne dass es dazu tatschlich eines Vertragsschlusses mit den brigen Gesellschaftern bedarf, wenn der Gesellschaftsvertrag 1001

BayObLGZ 1958, 373, 377 = FamRZ 1959, 125; vgl auch Maier-Reimer/Marx NJW 2005, 3025, 3027.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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die Abtretung an sich bereits gestattet oder die Gesellschafter der Abtretung gesondert zustimmen. Damit lge auch ein zwischen den Kindern zu schließendes Rechtsgeschft nicht vor, sodass die Bestellung eines Pflegers fr mehrere Kinder genge, wenn die Eltern ansonsten gem § 181 und/ oder § 1795 Abs 1 BGB von der Vertretung der Kinder ausgeschlossen wren. Der Pfleger htte nur gleichgerichtete Erklrungen abzugeben, sodass er alle auf der Erwerberseite stehenden Kinder vertreten kçnne.1002 In der Konsequenz wrde dies bedeuten, dass sich der Schutz eines jeden Kindes durch sukzessives Vorgehen umgehen ließe, in dem zunchst die Gesellschaft gegrndet und erst danach ein bereits vorhandener Anteil abgetreten wird. Schließlich kçnnte der Vertretungsausschluss durch geschicktes Taktieren gnzlich dadurch „beseitigt“ werden, dass weder die Eltern noch ein von ihnen vertretener Dritter oder ihnen iSv § 1795 Abs 1 BGB Nahestehender, sondern ein zunchst eigens dafr in die Gesellschaft aufgenommener Mitgesellschafter den Anteil abtritt, was dem Schutzzweck der Norm eindeutig zuwiderluft. Die Dogmatik allein vermag diese Auffassung daher kaum zu rechtfertigen, denn das Ergebnis ist fr die Kinder bei einem derivativen Erwerb eines Gesellschaftsanteils kein anderes als bei einem originren. 4.5. Weitere gesetzliche Vertretungsausschlüsse 4.5.1. Gesetzlicher Vertretungsausschluss gem § 52 Abs 2 S 2 StPO

Die Eltern kçnnen das selbst nicht entscheidungsfhige Kind gem § 52 406 Abs 2 S 2 StPO auch bei der Entscheidung ber die Ausbung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht vertreten, wenn sie selbst die Beschuldigten sind. Auch der nicht beschuldigte Elternteil kann das Kind nicht (allein) vertreten, wenn er die Sorge gemeinsam mit dem beschuldigten Elternteil ausbt. Es bedarf daher auch in diesem Fall der Bestellung eines Ergnzungspflegers, der das Kind insoweit zu vertreten hat. 1002

Ivo ZEV 2005, 193, 195; in diesem Sinne wohl auch Czeguhn/Dickmann FamRZ 2004, 1534; zustimmend auch fr den derivativen Erwerb von GmbH-Anteilen Brger RNotZ 2006, 156, 163.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

4.5.2. Gesetzlicher Vertretungsausschluss gem § 1629 Abs 2a BGB

406a Mit Wirkung vom 1.4.2008 hat der Gesetzgeber einen weiteren gesetzlichen Vertretungsausschluss geschaffen. Durch das an diesem Tag in Kraft getretene Gesetz zur Klrung der Vaterschaft unabhngig vom Anfechtungsverfahren1003 wurde § 1629 BGB um einen Absatz 2a ergnzt, wonach die Eltern das Kind in einem gerichtlichen Klrungsverfahren nach § 1598a Abs 2 BGB (ausfhrlich dazu oben Rn 119a ff) nicht vertreten kçnnen. Dem unter elterlicher Sorge stehenden Minderjhrigen ist daher in einem solchen Verfahren stets ein Ergnzungspfleger zu bestellen (vgl Rn 119e). 4.6. Entziehung der Vertretungsmacht bei erheblichem Interessengegensatz 4.6.1. Voraussetzungen der Entziehung

407 Sind die Eltern an der Vertretung des Kindes nicht bereits durch § 181 oder § 1795 BGB gehindert, kann das Familiengericht ihnen gem §§ 1629 Abs 2 S 3, 1796 Abs 1 BGB die Vertretungsmacht fr einzelne Angelegenheiten (zB die Entscheidung, ob ein konkret im Raum stehendes Rechtsgeschft vorgenommen oder ein Rechtsstreit gefhrt wird) oder fr einen Kreis von Angelegenheiten (zB die Abwicklung des Nachlasses) entziehen. Die Angelegenheit oder der Kreis von Angelegenheiten muss die gesetzliche Vertretung betreffen, weil die Vorschrift die Entziehung der Vertretungsmacht regelt, sodass sie im Bereich der tatschlichen Sorge nicht anwendbar ist. Angelegenheit iSd § 1796 BGB kann sowohl die aktive Absicht zum Abschluss eines Rechtsgeschfts als auch die Passivitt des sorgeberechtigten Elternteils bei Vornahme eines Rechtsgeschfts sein, das im Interesse des Kindes liegt.1004

1003 1004

BGBl I 2008 S 441. MnchKomm BGB/Wagenitz § 1796 Rn 10.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Voraussetzung der Entziehung ist ein erheblicher Interessengegen- 408 satz (§ 1796 Abs 2 BGB) zwischen den dort genannten bzw durch die Bezugnahme auf § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB erfassten Personen. Der erhebliche Interessenkonflikt muss daher bestehen zwischen dem Kind auf der einen Seite und – dem Vertreter (Vater und/oder Mutter) oder – einem ebenfalls von Vater und/oder Mutter vertretenen Dritten oder – dem Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner des Vertreters oder – einem in gerader Linie mit Vater oder Mutter Verwandten auf der anderen Seite. Vom Wortlaut der Norm ist damit auf den ersten Blick ein zwischen 409 dem von Mutter und/oder Vater vertretenen Kind und etwa dem Lebensgefhrten von Mutter/oder Vater bestehender erheblicher Interessengegensatz nicht erfasst. Der Schutz des Kindes(-vermçgens) gebietet es aber, das Interesse des Lebensgefhrten mit dem des betroffenen Elternteils gleichzusetzen, um der Gefahr zu begegnen, dass Letzterer die Interessen des Kindes aus Rcksichtnahme gegenber dem Lebensgefhrten verletzt. Die Eltern sind bereits kraft Gesetzes von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen, wenn es sich um Rechtsgeschfte oder einen Rechtsstreit zwischen dem Kind und den in §§ 181, 1795 Abs 1 Nr 1 BGB aufgefhrten Personen handelt, sodass die Anwendung von § 1796 BGB hauptschlich in den Fllen in Betracht kommt, die nicht oder noch nicht so weit entwickelt sind, dass ein gesetzlicher Vertretungsausschluss greift, also solchen, in denen im Vorstadium der Geltendmachung eines Anspruchs zu berlegen oder zu prfen ist, ob der Anspruch berhaupt geltend gemacht werden soll.1005 Besteht der erhebliche Interessengegensatz aber zwischen dem Lebensgefhrten des Elternteils und dem Kind, ist die Entziehung der Vertretungsmacht nicht nur hinsichtlich solcher berlegungen oder Entscheidungen, ob das Rechtsgeschft abgeschlossen oder der Rechtsstreit gefhrt wird, sondern auch fr das Rechtsgeschft oder den Rechts1005

Bengsohn/Ostheimer Rpfleger 1990, 189, 193.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

streit selbst zu prfen, weil es auch insoweit an einem gesetzlichen Vertretungsausschluss nach § 181 oder § 1795 Abs 1 BGB fehlt (vgl Rn 375). 410 Ein abstrakter Interessenwiderstreit gengt fr einen Eingriff nach § 1796 BGB in die elterliche Sorge nicht, vielmehr muss im konkreten Fall ein erheblicher Interessengegensatz festgestellt werden. Die bloße Mçglichkeit eines Interessenkonflikts ist demnach kein ausreichender Grund fr die Entziehung der Vertretungsmacht.1006 Auch liegt darin keine tatschliche oder rechtliche Verhinderung iSd § 1909 BGB, sodass auch kein Ergnzungspfleger bestellt und mit der Aufgabe betraut werden kçnnte, zu prfen, ob die Eltern die Rechte des Kindes pflichtgemß wahrnehmen oder ob es im Interesse des Kindes notwendig ist, gegen diese vorzugehen.1007 Es ist Aufgabe des Gerichts, festzustellen, ob ein erheblicher Interessenwiderstreit besteht, denn nur dann darf in die elterliche Sorge eingriffen werden. Schließlich entfaltet selbst eine ungerechtfertigte Pflegerbestellung die Wirkung des § 1630 Abs 1 BGB (dazu Rn 472). 411 Ein erheblicher Gegensatz im genannten Sinne liegt vor, wenn sich die Interessenlagen auf beiden Seiten in einer Weise gegenberstehen, dass das Interesse des einen nur auf Kosten des anderen zu fçrdern ist.1008 Der Elternprimat verlangt aber darber hinaus, dass mit Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass die Eltern (der Elternteil) nicht in der Lage sein werden, das Kind interessengerecht zu vertreten.1009 Der Elternteil darf also im konkreten Fall entweder nicht in der Lage oder nicht gewillt sein, seine eigenen bzw die Interessen des Dritten hinter die seines Kindes zurcktreten zu lassen. Eine solchermaßen konkrete Gefhrdung ist deshalb erforderlich, weil der Gesetzgeber die Eltern als die natrlichen Verwalter des Kindesvermçgens ihrer Kinder betrachtet und einen deren Wohl gefhrdenden Widerstreit 1006 1007 1008 1009

BGHZ 65, 93, 101. LG Braunschweig FamRZ 2000, 1184 = Rpfleger 2000, 69. Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1629 Rn 288 mwN. OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 51.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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nicht als die Regel ansieht.1010 Ein Entzug dieser natrlichen Elternrechte kann (wie bei § 1666 BGB) daher nur die Ausnahme sein und zwar dann, wenn konkrete Gefahren festgestellt werden. Zu bercksichtigten ist aber auch dann, dass dem Kind aus der familiren Bindung zu ihren Eltern ideelle und wirtschaftliche Vorteile erwachsen, die hufig nicht geringer sind, als die, die durch einen gerichtlichen Eingriff gewahrt werden sollen. Der Eingriff muss folglich verhltnismßig sein. In die berlegungen sind daher auch die Folgen fr den Familienfrieden einzubeziehen.1011 Diesem Kriterium kommt zB im Rahmen der Geltendmachung von gegen die Eltern gerichteten Pflichtteilsansprchen des Kindes Bedeutung zu. So hlt Ostheimer1012 zutreffend fest, dass solche Ansprche in intakten Familien in aller Regel nicht geltend gemacht werden. Da auch eine Verjhrung eines zB gegen einen Elternteil gerichteten Pflichtteilsanspruchs des Kindes nach § 2332 Abs 1 BGB wegen § 207 Abs 2 Nr 2 BGB nicht droht, kann das Kind nach Volljhrigkeit selbst entscheiden, ob es diesen geltend machen will. Eine Entziehung der Vertretungsmacht zur Geltendmachung und Durchsetzung des Pflichtteilsanpruchs ohne oder gar gegen den Willen des pflichtteilsberechtigten Kindes, um diese Aufgabe einem Pfleger zu bertragen, kommt daher nicht in Betracht. Im Interesse des Kindes geboten sein kçnnte allenfalls die Sicherstellung des andernfalls gefhrdeten Pflichtteilsanspruchs. Dies setzt aber ebenfalls konkrete Anhaltspunkte fr die Gefhrdung (zB elterlichen Vermçgensverfall) voraus.1013 In den Fllen, in denen der Minderjhrige Erbe ist und der Erblasser 412 dessen Vater oder Mutter zum Testamentsvollstrecker (TV) bestimmt hat, geht vor allem die obergerichtliche Rechtsprechung zum Teil davon aus, dass allein die Doppelstellung des sorgeberechtigten Elternteils Grund genug ist, ihm die Vertretungsmacht zu entziehen. Dies wird damit begrndet, dass der Elternteil, der zugleich TV ist, die Rechte des minderjhrigen Erben nicht gegen sich selbst als TV geltend machen kann. Die berwachung des TV (vgl § 2216 BGB) und die Geltendmachung der den TV treffenden Pflichten wie 1010 1011 1012 1013

BGHZ 65, 93, 101. BayObLG FamRZ 1989, 450. Rpfleger 1990, 189, 194. LG Bochum Rpfleger 1994, 418; BayObLG FamRZ 1989, 450; LG Braunschweig FamRZ 2000, 1184 = Rpfleger 2000, 69.

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zB die zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses und die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht (§§ 2215, 2218 BGB) obliegt sonst ohne weiteres den vermçgenssorgeberechtigten Eltern, die aber nicht ihr eigener Aufseher sein kçnnen. Dies gilt nach dieser Auffassung selbst dann, wenn der Erblasser den TV von dem Verbot des Selbstkontrahierens befreit und damit seinem besonderen Vertrauen in die „Redlichkeit“ des Elternteils Ausdruck verliehen hat. Denn der Erblasser kann nur dem TV, nicht aber dem gesetzlichen Vertreter das Selbstkontrahieren oder die Mehrvertretung gestatten (vgl dazu Rn 388).1014 Da die Interessenwahrnehmung aber weder Rechtsgeschft noch geschftshnliche Handlung ist und daher nicht in den Anwendungsbereich von § 181 BGB fllt, kommt zum Schutz des Kindes nur die Entziehung der Vertretungsmacht in Betracht,1015 wobei in dem Erfordernis der Wahrnehmung der berwachungsaufgaben durch einen objektiven Dritten von der erwhnten Rechtsprechung nicht nur die bloße Mçglichkeit, sondern bereits ein aktuelles Bedrfnis fr eine Pflegerbestellung gesehen wird,1016 whrend in der Literatur berwiegend eine andere Auffassung vertreten wird.1017 Letzterer Ansicht hat sich zu Recht nunmehr auch der BGH1018 angeschlossen, denn die Entziehung der Vertretungsmacht verlangt auch bei dieser Konstellation wie in allen anderen Fllen einen erheblichen Interessenkonflikt im konkreten Einzelfall, der nicht allein darin liegt, dass einem (sorgeberechtigten) Elternteil das Amt des Testamentsvollstreckers bertragen wurde. 413 Sofern die Anwendung von § 181 oder § 1795 BGB auf die Dritte im Sinne der genannten Vorschriften begnstigende Erbausschlagung verneint wird (vgl Rn 385), kommt die Entziehung der Vertretungsmacht in Betracht, wenn die Eltern die dem Kind angefallene Erb1014

1015 1016

1017 1018

BayObLG Rpfleger 1977, 440 = DAVorm 1978, 470; vgl auch OLG Schleswig OLGR 2007, 442 = ZErb 2007, 264 = NJW-RR 2007, 1597 = DNotZ 2008, 67 = SchlHA 2008, 127 = ZFE 2007, 440 (LS). AA Bonefeld ZErb 2007, 2, 3, der § 1796 BGB nur auf Rechtsgeschfte angewendet wissen will. LG Frankfurt Rpfleger 1990, 207; OLG Hamm FamRZ 1993, 1122 = Rpfleger 1993, 340; hnlich OLG Zweibrcken (Rpfleger 2004, 162 = FGPrax 2004, 30) fr den Fall, dass der gesetzliche Vertreter zugleich TV und Vorerbe und der Vertretene Nacherbe ist. Zum Streitstand vgl Bonefeld ZErb 2007, 2, 3. FamRZ 2008, 1156 m abl Anm Zimmermann = Rpfleger 2008, 421.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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schaft ausschlagen wollen und die Erbschaft dadurch dem anderen Elternteil oder einer von ihnen ebenfalls vertretenen oder in § 1795 Abs 1 Nr 1 BGB genannten Person anfallen wrde.1019 Die Entziehung der elterlichen Vertretungsmacht kann auch fr die 414 Entscheidung, ob die Vaterschaft angefochten wird, erfolgen, wenn die aufgrund eigener Interessen von den Eltern einvernehmlich getroffene Entscheidung das Kindeswohl gefhrdet. Auch der allein sorgeberechtigten Kindesmutter kann die Vertretungsmacht fr das Anfechtungsverfahren bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1796 Abs 2 BGB im Einzelfall ausnahmsweise entzogen werden (nher dazu Rn 87). Eine Entziehung der Vertretungsmacht wegen erheblicher Interessen- 414a kollision bei außergerichtlicher Uneinigkeit, ob die Klrung der Abstammung gem § 1598a BGB verlangt wird (ausfhrlich dazu Rn 119a ff), drfte nur ausnahmsweise in Betracht kommen, weil durch die anschließende Pflegerbestellung fr das Kind allein nichts gewonnen wre. Denn der Klrungsanspruch richtet sich gegen beide Elternteile, die aber nicht nur als Vertreter des Kindes in der Pflicht stnden, sondern auch aus eigenem Recht in die Untersuchung einwilligen und die Probeentnahme dulden mssten. Es liefe also in jedem Fall auf ein gerichtliches Verfahren nach § 1598a Abs 2 BGB hinaus, das das Kind aber auch dann noch betreiben kann, wenn es bereits volljhrig ist. Damit liegt in aller Regel auch dann kein die Entziehung rechtfertigender Grund vor, wenn etwa die allein sorgeberechtigte Kindesmutter die Aufdeckung der genetischen Vaterschaft aus persçnlichen Grnden verhindern will, weil dem Kind diese Mçglichkeit nicht auf Dauer vorenthalten werden kann und auch das Zuwarten bis zur Volljhrigkeit regelmßig nicht zu (rechtlichen) Nachteilen fhren wird. Auch die Entziehung der Vertretungsmacht beider Elternteile bei Verweigerung der Zustimmung als Vertreter des Kindes und aus eigenem Recht zum Zwecke der Antragstellung durch das Kind drfte aus diesem Grund nur ausnahmsweise in Betracht komen. Der Eingriff in die elterliche Sorge durch Entziehung der Vertretungsmacht etwa fr die Entscheidung, ob der Klrungsanspruch geltend gemacht 1019

BayObLG Rpfleger 1983, 482.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

wird und den ggf sich anschließenden Antrag gem § 1598a Abs 2 BGB setzt auch fr diesen Fall voraus, dass das Kind ein unaufschiebbares Interesse an der isolierten Klrung der Abstammung hat. 415 Die Entziehung wirkt ex nunc; die Vertretungsmacht endet demnach erst mit Bekanntmachung der Entscheidung an den betroffenen Elternteil, § 16 Abs 1 FGG. Bis zu diesem Zeitpunkt vorgenommene Handlungen werden durch die (nachfolgende) Entziehung in ihrer Wirksamkeit nicht berhrt. Erst mit Bekanntmachung der Entscheidung an den betroffenen Elternteil sind die Voraussetzungen einer Pflegschaftsanordnung erfllt.1020 Pflegschaftsanordnung scheidet aber selbst dann aus, wenn nicht beide sorgeberechtigten Elternteile von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen sind. 4.6.2. Wirkung der Entziehung der Vertretungsmacht eines Elternteils bei bestehender Gesamtvertretung

416 Es besteht inzwischen Einvernehmen darber, dass die Entziehung der Vertretungsmacht nur eines Elternteils bei bestehender Gesamtvertretung nicht dazu fhrt, dass auch der andere Elternteil das Kind nicht vertreten kann. Auch wenn zum Teil wegen der der Regelung des § 1629 Abs 2 S 1 BGB zugrunde liegenden Wertung dagegen Bedenken geußert werden, dass sich die Entziehung, anders als bei einem gesetzlichen Vertretungsausschluss nach § 181 oder § 1795 Abs 1 BGB, nicht ohne weiteres auch auf die Vertretungsmacht des anderen Elternteils erstreckt,1021 ist eine formale Betrachtung nicht gerechtfertigt, weil eine Entziehung nach § 1796 BGB einen erheblichen Interessengegensatz im konkreten Fall voraussetzt. Zuzugeben ist zwar, dass ein bei einem Elternteil vorliegender Interessengegensatz bei dem anderen Elternteil zu einem gleich gelagerten Interesse fhren kann.1022 Diese Erkenntnis kann aber nur dazu

1020 1021 1022

So auch Bengsohn/Ostheimer Rpfleger 1990, 189, 195. Rauscher Rn 1057 aE. OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 51.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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fhren, dass das Gericht die Voraussetzungen einer Entziehung auch in Bezug auf den anderen Elternteil zu prfen hat. Schließlich verlangt aber auch ein Eingriff nach § 1796 BGB in die Sorge des anderen Elternteils, dass die Voraussetzungen fr einen Eingriff in dessen Elternrecht vorliegen. Die bloße Vermutung, ein Elternteil kçnne das Kind nicht interessengerecht vertreten, weil bei dem anderen Elternteil ein Interessenwiderstreit festgestellt worden ist, reicht dafr nicht aus. Es wre auch nicht sachgerecht, der Entziehung nach § 1796 BGB eine strkere Wirkung beizumessen, als sie ein Teilentzug der Sorge nach § 1666 BGB hat. Ein solcher fhrt auch „nur“ dazu, dass der andere bisher „nur“ mitsorgeberechtigte Elternteil ohne weiteres allein vertretungs-, weil insoweit allein sorgeberechtigt ist, §§ 1680 Abs 3, 1, 1629 Abs 1 S 3 BGB. Die Entziehung der Vertretungsmacht nur eines Elternteils fhrt daher ebenfalls dazu, dass der andere in analoger Anwendung von § 1680 Abs 3 BGB insoweit allein vertretungsberechtigt ist.1023 Die Bestellung eines Pflegers hat in diesem Falle zu unterbleiben.1024 4.6.3. Verfahrensrechtliche Regelungen im Überblick

Die Entscheidung ber die Entziehung und die Entziehung der elterli- 417 chen Vertretungsmacht selbst obliegt dem Familiengericht in einem von Amts wegen durchzufhrenden Verfahren, §§ 1629 Abs 2 S 3, 1796 BGB. Die aufgrund einer Entziehung erforderlich gewordene Pflegschaftsanordnung und die Auswahl der Pflegerperson kann ebenfalls vom Familiengericht vorgenommen werden, § 1697 BGB. Die Bestellung des Pflegers ist hingegen Aufgabe des Vormundschaftsgerichts, §§ 1915 Abs 1 S 1, 1789 BGB. Es handelt sich um eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbar- 418 keit nach §§ 621 Abs 1 Nr 1, 621a Abs 1 S 1 ZPO.

1023 1024

Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1629 Rn 319 mwN; Sonnenfeld Rn 412; MnchKomm BGB/Huber § 1629 Rn 66. OLG Kçln FamRZ 2001, 430.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Sachlich und çrtlich ist in erster Linie das Amtsgericht am Wohnsitz des Kindes zustndig; bei fehlendem Wohnsitz ist der Aufenthalt des Kindes maßgeblich, §§ 64 Abs 1, 3 S 2, 43 Abs 1, 36 FGG. Funktionell zustndig ist der Rechtspfleger/die Rechtspflegerin gem § 3 Nr 2c RPflG, da sich aus § 14 RPflG kein Richtervorbehalt ergibt. Vor der Entscheidung hat das Familiengericht von Amts wegen die entscheidungserheblichen Tatsachen zu ermitteln (§ 12 FGG). Ferner sind die Eltern (§ 50 a FGG) und nach Maßgabe des § 50 b FGG auch das Kind persçnlich, dh mndlich zu hçren. Der Entzug ist aus rechtsstaatlichen Grnden zwingend zu begrnden. Gegen die Endentscheidung ist gem § 11 Abs 1 RPflG, § 621e Abs 1 ZPO die befristete Beschwerde gegeben, die binnen eines Monats beim Beschwerdegericht einzulegen ist (§§ 621e Abs 3, 517 ZPO). Beschwerdegericht ist das OLG, §§ 119 Abs 1 Nr 1a GVG, 64 Abs 3 S 1 FGG. Ein Abhilferecht besteht nicht, §§ 621e Abs 3, 318 ZPO. 4.7. Gerichtliche Genehmigungserfordernisse 4.7.1. Allgemeines

419 Die elterliche Sorge wird auch durch verschiedene gerichtliche Genehmigungserfordernisse eingeschrnkt. Das ist in Bezug auf solche Rechtsgeschfte der Fall, deren Wirksamkeit von der gerichtlichen Genehmigung abhngt. Hier wird von sog „Außengenehmigungen“ gesprochen. Handelt es sich dagegen um sog „Innengenehmigungen“, ist das Rechtsgeschft ungeachtet einer evtl fehlenden gerichtlichen Genehmigung wirksam; den vom Gesetz verlangten Genehmigungen kommt in solchen Fllen nur Ordnungsfunktion zu (Beispiele §§ 1645, 1810, 1811, 1823 BGB, wovon allerdings nur § 1645 BGB fr Eltern gilt).

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Solche Ordnungs- oder Sollvorschriften schrnken die Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters im Außenverhltnis nicht ein, Verstçße kçnnen aber zu Maßnahmen nach § 1666 BGB fhren. Die folgenden berlegungen beziehen sich nur auf Außengenehmigungen, von denen hier zur Verdeutlichung der auch mit den Genehmigungserfordernissen verknpften Probleme nur ein Teil vorgestellt wird. Die fr elterliches Handeln praktisch wohl bedeutsamsten Genehmi- 420 gungstatbestnde sind in § 1643 Abs 1, 2 BGB aufgezhlt bzw fr entsprechend anwendbar erklrt. Dabei handelt es sich ua um die in § 1821 BGB und § 1822 Nr 1, 3, 5 und 8 bis 11 BGB aufgefhrten Rechtsgeschfte, fr die der Vormund einer gerichtlichen Genehmigung bedarf. Die Eltern sind freier als Vormund oder Pfleger, denn die in § 1822 Nr 2, 4, 6, 7, 12 und 13 BGB enthaltenen Tatbestnde finden auf elterliches Handeln ebenso wenig Anwendung, wie die im Vormundschafts- und Betreuungsrecht praktisch außerordentlich bedeutsamen Genehmigungserfordernisse des § 1812 BGB. Die Privilegierung der Eltern ist auf ihr grundrechtlich garantiertes Elternrecht zurckzufhren. Als in erster Linie zum Schutz des Kindes und zum Bewahrer der Kindesrechte Berufene unterliegen sie nicht in dem Maße staatlicher Kontrolle wie andere gesetzliche Vertreter natrlicher Personen. Steht den Eltern fr das in Rede stehende Rechtsgeschft die Vertre- 421 tungsmacht zu, findet staatliche Kontrolle nur statt, wenn einer der erwhnten Genehmigungstatbestnde vorliegt. Ein und dasselbe Rechtsgeschft kann auch mehreren Genehmigungspflichten unterliegen wie zB der Erwerb eines Grundstcks auf Rentenbasis. Hierbei kann es sich sowohl um einen entgeltlichen Erwerb (§ 1821 Abs 1 Nr 5 BGB) als auch um einen Vertrag handeln, durch den der Minderjhrige ber den 19. Geburtstag hinaus zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird (§ 1822 Nr 5 BGB).

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Bei „Durchsicht“ der von §§ 1821, 1822 BGB erfassten Rechtsgeschfte fllt auf, dass keineswegs jedes mçgliche riskante Rechtsgeschft genehmigungspflichtig ist. Der Gesetzgeber hat vielmehr im Rahmen der Vermçgensverwaltung nur eine Reihe besonders bezeichneter Geschfte als genehmigungsbedrftig herausgegriffen, wobei entweder die Wichtigkeit des Vermçgensgegenstandes oder die gefhrliche oder sonst bedenkliche Natur des Rechtsgeschfts maßgeblich gewesen ist, sodass nicht davon gesprochen werden kann, dass damit alle besonders wichtigen und ber die Grenzen gewçhnlicher Verwaltung hinausgehenden Geschfte als genehmigungspflichtig angesehen werden mssten.1025 Eine Genehmigungspflicht kann auch nicht auf nicht vom Gesetz vorgesehene Tatbestnde ausgedehnt werden, nur weil eine staatliche Kontrolle fr zweckmßig gehalten wird. Nach stndiger Rechtsprechung des BGH1026 ist der Kreis der genehmigungspflichtigen Rechtsgeschfte um der Rechtssicherheit willen vielmehr formal und nicht nach den Umstnden des jeweiligen Einzelfalls zu bestimmen, was aber eine am Normzweck orientierte Auslegung nicht ausschließt.1027 Da die Einwilligung der Eltern in eine rztliche Behandlung ebenso wenig einem Genehmigungserfordernis unterstellt ist, wie die in den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen,1028 hngt die Wirksamkeit der elterlichen Erklrung auch nicht von einer gerichtlichen Genehmigung ab. Der daraus gezogene Schluss, dass den mçglicherweise in dieser Frage Hilfe suchenden Eltern auch keine Genehmigung erteilt werden kann,1029 scheint hingegen auch unter dem

1025 1026 1027

1028

1029

BGHZ 17, 160 = FamRZ 1955, 209. BGHZ 52, 316 = NJW 1970, 33 = FamRZ 1969, 644 (LS) = Rpfleger 1969, 422. Zutreffend Klsener Rpfleger 1990, 321, 322 mwN; vgl auch Gernhuber/Coester-Waltjen § 60 Rn 94, wonach in zweifelhaften Fllen der Normzweck die Interpretation zu leiten hat. Vgl OLG Brandenburg NJW 2000, 2361 = FamRZ 2000, 1033 = DAVorm 2000, 345 = OLGR 2000, 430; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1127 = ZfJ 2002, 482 und OLG Hamm FamRZ 2007, 2098 = NJW 2007, 2704 m krit Anm Balloff; aber auch BVerfG FamRZ 2007, 2046 m Anm Spickhoff. So aber OLG Brandenburg NJW 2000, 2361 = FamRZ 2000, 1033 = DAVorm 2000, 345 = OLGR 2000, 430.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Gesichtspunkt, dass eine Erweiterung des Kreises der im Minderjhrigenrecht genehmigungsbedrftigen Rechtsgeschfte im Wege der Analogie ausgeschlossen ist,1030 nicht zwingend. Dies macht insbesondere die Entscheidung des BVerfG vom 6.6.20071031 deutlich, nach der der Abbruch lebenserhaltender medizinischer Maßnahmen auf Wunsch der (sorgeberechtigten) Eltern aufzuschieben ist, bis das BVerfG endgltig darber entscheidet, ob dieser Wunsch der Eltern einen Sorgerechtsmissbrauch darstellt. Spickhoff1032 hebt zu Recht hervor, dass den Eltern zu ihrer eigenen juristischen Sicherheit (andernfalls) der Rat gegeben werden msste, einen gewissermaßen knstlichen Dissens zB mit dem Jugendamt herbeizufhren, um auf diese Weise eine gerichtliche Entscheidung ber die Zulssigkeit des Abbruchs lebenserhaltender Maßnahmen herbeizufhren. Unter diesem Aspekt scheint es auch angesichts der strafrechtlichen Relevanz eines ggf „unzulssigen“ Abbruchs lebenserhaltender Maßnahmen kaum nachvollziehbar, wenn die von den Eltern erbetene gerichtliche Hilfe mangels ausdrcklichen Genehmigungstatbestands verweigert wrde und zwar obwohl sie neben strafrechtlichen Folgen auch zivilrechtliche Sanktionen gem § 1666 BGB zu frchten haben. 4.7.2. Nicht genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte

Einem Genehmigungserfordernis unterliegen nur die aufgrund 422 gesetzlicher Vertretung vorgenommenen Rechtsgeschfte. Handeln die Eltern nicht in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreter des Kindes, sondern zB als Testamentsvollstrecker oder als vom Erblasser ber den Tod hinaus Bevollmchtige, untersteht ihr Handeln daher keiner (familien-)gerichtlichen Kontrolle.1033 Nach einhelliger Auffassung unterliegt das Handeln der Eltern (oder 423 Dritter) auch dann nicht der gerichtlichen Kontrolle, wenn sie als geschftsfhrende Gesellschafter einer OHG oder KG ttig werden, an der das Kind als Gesellschafter beteiligt ist.1034 Dies wurde damit begrndet, dass es sich um die der Gesellschaft und nicht um 1030 1031 1032 1033 1034

BGH NJW 1983, 1780 = FamRZ 1983, 371 = Rpfleger 1983, 148. BVerfG FamRZ 2007, 2046 m Anm Spickhoff. In Anm zu der Entscheidung des BVerfG FamRZ 2007, 2047 f. RGZ 106, 184. RGZ 54, 278.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

die dem Minderjhrigen gehçrenden (beweglichen und unbeweglichen) Gegenstnde handelt, ber die der Gesellschafter verfgt oder zu verfgen verpflichtet. Diese auf der Rechtsfhigkeit der Personenhandelsgesellschaft fußende Argumentation ergnzte der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 19701035 mit dem Hinweis, dass die von der Gesellschaft vorgenommenen Rechtsgeschfte auch deshalb keiner gerichtlichen Kontrolle unterstehen kçnnten, weil andernfalls dem Gericht in weitem Umfang die Entscheidung kaufmnnischer Zweckmßigkeitsfragen bei der Fhrung des Gesellschaftsunternehmens aufgebrdet wrde, was praktisch untragbar sei. Umstritten ist, ob die von den Gesellschaftern einer am Rechtsverkehr teilnehmenden Gesellschaft brgerlichen Rechts (= AußenGbR) vorgenommenen Rechtsgeschfte ebenfalls (ausnahmslos) von der gerichtlichen Kontrolle in Form gerichtlicher Genehmigungsentscheidungen ausgenommen sind. Die Frage stellt sich aufgrund der Entscheidung des BGH vom 29.1.20011036, durch die der BGB-Außengesellschaft Rechtsfhigkeit hnlich der KG und OHG zuerkannt wurde. Dabei stehen sich im Wesentlichen zwei Meinungen gegenber: Nach der ersten Auffassung kann Genehmigungsfreiheit nur bestehen, wenn die Beteiligung des Minderjhrigen an der Gesellschaft einer Eingangskontrolle gem § 1822 Nr 3 BGB (dazu Rn 440) unterlag1037 und das nunmehr vorgenommene, grundstzlich genehmigungspflichtige Rechtsgeschft im Rahmen des von der Genehmigung erfassten Gesellschaftszwecks liegt.1038 Die gegenteilige Meinung schließt daraus, dass Außen-Gesellschaften nicht nur solche sind, die ein Erwerbsgeschft betreiben, sondern alle, die etwa ber das bloße Halten von Immobilien und gesellschaftsinterne Geschfte (zB Vermietung eines Grundstcks an einen Gesellschafter) hinaus, Rechtsgeschfte mit Dritten abschließen und die 1035 1036 1037 1038

NJW 1971, 375 = DNotZ 1971, 424. BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 = Rpfleger 2001, 246 = ZIP 2001, 330 = NotBZ 2001, 100. OLG Naumburg FamRZ 2003, 57. OLG Koblenz NJW 2003, 1401 = FamRZ 2003, 249 = JuS 2003, 613 = ZEV 2003, 378 (LS).

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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angefhrte BGH-Entscheidung keineswegs auf Erwerbsgesellschaften beschrnkt ist, dass alle fr eine Außen-GbR vorgenommenen Rechtsgeschfte unabhngig davon, ob die Beteiligung des Minderjhrigen einer gerichtlichen Genehmigung unterlag oder ob diese von dem genehmigten Gesellschaftszweck gedeckt sind, genehmigungsfrei sind. Der erforderliche Schutz des Vermçgens des Minderjhrigen wird nach dieser Auffassung allein durch § 1629a BGB gewhrleistet, der dem gesetzlich Vertretenen nach Erreichen der Volljhrigkeit grundstzlich die Mçglichkeit gibt,1039 die Haftung fr die durch den gesetzlichen oder einen anderen Vertreter des Kindes begrndeten Verbindlichkeiten auf das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Vermçgen zu beschrnken.1040 Zu folgen ist aber der Ansicht, wonach es zu fr die Gesellschaft vorgenommenen Rechtsgeschften nur dann keiner gerichtlichen Genehmigung bedarf, wenn die Grndung der Gesellschaft unter Beteiligung des Minderjhrigen respektive dessen Beitritt einer gerichtlichen Kontrolle unterlag.1041 Dabei kann es sich nach richtiger Auffassung sowohl um eine Genehmigung nach § 1822 Nr 3 BGB gehandelt haben, wonach die Grndung der Erwerbsgesellschaft unter Beteiligung des Minderjhrigen und der Beitritt des Kindes zu einer solchen der Genehmigung bedarf, als auch um eine solche nach § 1822 Nr 10 BGB, wonach die Beteiligung des Minderjhrigen unabhngig von dem Zweck der Gesellschaft genehmigungspflichtig ist, wenn eine fremde Verbindlichkeit bernommen wird.1042 Das lsst sich vor allem mit dem von den Genehmigungstatbestnden bezweckten Minderjhrigenschutz begrnden, weil der Minderjhrige auf diesem Weg zumindest vor unkontrolliertem, mit erheblichen Risiken belastetem Erwerb einer Gesellschafterstellung geschtzt wird.

1039

1040 1041 1042

Kritisch zu der im Gesetz vorgesehenen Ausnahme, nach der die Haftung nicht beschrnkt werden kann fr Verbindlichkeiten, die zur Befriedigung persçnlicher Bedrfnisse eingegangen wurden Coester JURA 2002, 88, 89. Dmig FamRZ 2003, 1, 2. Lautner MittBayNotZ 2002, 256, 259; Schreiber (NotBZ 2002, 109, 110) in einer Anm zu OLG Schleswig FamRZ 2003, 55 = NotBZ 2002, 108. Czeguhn/Dickmann FamRZ 2004, 1534, 1536.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Diesen Schutz kann die Haftungsbeschrnkungsmçglichkeit des § 1629a BGB nicht ersetzen,1043 weil der Minderjhrige mit seinem gesamten im Zeitpunkt des Eintritts der Volljhrigkeit vorhanden Vermçgen einzustehen hat, ohne Rcksicht darauf, woher es stammt und wann es erworben wurde. Im brigen geht die Haftungsbeschrnkungsmçglichkeit auch dann nicht verloren, wenn das Rechtsgeschft genehmigt wurde, § 1629a Abs 1 S 1 Hs 2 BGB. § 1629a BGB bietet demnach neben der gerichtlichen Kontrolle in Form eines Genehmigungserfordernisses eine zustzliche Sicherheit, ersetzt sie also auch in keinem anderen Fall. 424 Obwohl zwischen der Vertretungsmacht und der Genehmigungsbedrftigkeit zu trennen ist, sodass keineswegs jedes Rechtsgeschft, von deren Vornahme die Eltern kraft Gesetzes gem § 181 oder §§ 1629 Abs 2 S 1, 1795 BGB ausgeschlossen sind, auch einer gerichtlichen Genehmigung bedarf, hat der rechtliche Vorteil eines Rechtsgeschfts (vgl dazu Rn 391 ff) auch Einfluss auf die Genehmigungsbedrftigkeit. Lediglich rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschfte sind nmlich nicht genehmigungsbedrftig,1044 da das Kind in diesem Fall keines Schutzes bedarf, die Genehmigungstatbestnde aber ebenfalls allein den Schutz des Vertretenen bezwecken. Das ergibt sich auch daraus, dass ein beschrnkt geschftsfhiges Kind mangels Schutzbedrfnisses sogar ohne jede Kontrolle des gesetzlichen Vertreters selbst wirksam handeln kçnnte (§ 107 BGB), es ließe sich daher kaum rechtfertigen, die das Kind vertretenden Eltern einer gerichtlichen Kontrolle zu unterstellen.

1043 1044

Nher zum berschuldungsschutz fr junge Volljhrige durch das Minderjhrigenhaftungsbeschrnkungsgesetz ua Coester JURA 2002, 88 ff. Vgl ua BGHZ 161, 170 = NJW 2005, 415 = FamRZ 2005, 359 = Rpfleger 2005, 189 = NotBZ 2005, 150 = ZEV 2005, 66 = RNotZ 2005, 228 = DNotZ 2005, 549 = JuS 2005, 457 = ZfIR 2005, 288 = JZ 2006, 147; Stutz MittRhNotK1993, 205, 213.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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4.7.3. Die Genehmigungserfordernisse gem §§ 1643 Abs 1, 1821 BGB im Überblick

§ 1821 BGB unterstellt Grundstcksgeschfte und die eingetragene 425 Schiffe bzw Schiffsbauwerke betreffenden Rechtsgeschfte einer gerichtlichen Kontrolle in Form von Genehmigungsvorbehalten.1045 § 1821 Abs 1 Nr 1 BGB schtzt nur bereits vorhandenes Grundvermçgen des Minderjhrigen. Anwartschaftsrechte an Grundvermçgen werden dem Vollrecht aber gleichgestellt. Auch die Zustimmung durch den Vertreter des Minderjhrigen zu einer Verfgung eines Dritten wird zum Schutz des Minderjhrigen genehmigungsrechtlich so behandelt, wie die Verfgung selbst. Genehmigungsbedrftig ist nach Abs 1 Nr 1 Alt 1 die Verfgung ber ein Grundstck, wozu auch Wohnungs- und Teileigentum sowie das Erbbaurecht als grundstcksgleiches Recht gehçren. Die erste Variante der Norm setzt voraus, dass der Minderjhrige (Mit-)Eigentmer des Grundstcks, Wohnungs-, Teileigentums oder Erbbaurechts ist. Allerdings unterliegt die Verfgung ber ein einer Personenhandelsgesellschaft gehçrendes Grundstck auch dann nicht der gerichtlichen Genehmigung, wenn ein Minderjhriger Mitgesellschafter ist (hierzu sowie zu den Einschrnkungen bei einer GbR siehe Rn 423). Verfgungen sind alle Rechtsgeschfte, die unmittelbar darauf 426 gerichtet sind, auf das Recht des Minderjhrigen einzuwirken, es zu verndern, zu bertragen oder aufzuheben.1046 Dazu gehçren ua die bertragung (§§ 873, 925 BGB) und die Belastung des Grundstcks mit einem dinglichen Recht. Zu beachten ist, dass auch die Bestellung eines Grundpfandrechts nach § 1821 Abs 1 Nr 1 Alt 1 BGB genehmigungsbedrftig ist, denn die in Abs 2 der Vorschrift geregelte Ausnahme bezieht sich nicht auf Verfgungen ber das Grundstck selbst. Die Genehmigungspflicht besteht auch dann, wenn das tatbestandlich 1045

1046

Nher dazu ua Klsener Rpfleger 1981, 461 ff, Bçttcher/Spanl RpflJB 1990, 193 ff, Stutz MittRhNotK 1993, 205, 213 ff und Brggemann FamRZ 1990, 5 ff, 124 ff. Nher zu dem Verfgungsbegriff des § 1821 BGB Brggemann FamRZ 1990, 5, 10, 11.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

von § 1821 BGB erfasste Rechtsgeschft in Erfllung einer Verbindlichkeit vorgenommen wird. Ist der Minderjhrige zB durch Erbfolge Grundstckseigentmer geworden und wird nun das Grundstck in Erfllung eines Vermchtnisses an den Vermchtnisnehmer aufgelassen, hat dies keinen Einfluss auf die Genehmigungsbedrftigkeit. Allerdings ist die Verbindlichkeit zwingend bei der Beurteilung der Genehmigungsfhigkeit zu bercksichtigen, denn eine Verweigerung der Genehmigung scheidet in diesem Fall aus, weil der Anspruch andernfalls im Klageweg durchgesetzt werden kçnnte. Die Ttigkeit des Gerichts wird sich hier allein auf die Prfung beschrnken, ob die behauptete Verbindlichkeit tatschlich besteht. 427 Steht die Belastung des Grundstcks im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstcks wird sie als sog Erwerbsmodalitt und daher genehmigungsfrei qualifiziert,1047 weil auch die bertragung eines bereits belasteten Grundstcks nicht nach § 1821 Abs 1 Nr 1 Alt 1 BGB genehmigungsbedrftig ist. Nach Auffassung des BGH1048 kommt es bei einer Grundschuldbestellung, die im Zusammenhang mit dem Grundstckserwerb geschieht, jedenfalls dann, wenn die Grundschuld den Erwerbspreis nicht bersteigt, nicht einmal darauf an, ob dadurch Mittel fr die Kaufpreisfinanzierung oder fr andere Zwecke beschafft werden sollen. Davon zu trennen ist die Frage, ob der Erwerb des Grundstcks selbst entgeltlich und daher nach § 1821 Abs 1 Nr 5 BGB genehmigungsbedrftig ist. 428 Verfgungsgeschft iSv § 1821 Abs 1 Nr 1 BGB ist auch die Umwandlung von Gesamthands- in Bruchteilseigentum (etwa im Rahmen einer Erbauseinandersetzung). 429 Die Zuschreibung eines Grundstcks zu einem anderen ist wegen §§ 890 Abs 2, 1131 BGB dann Verfgung ber das zugeschriebene Grundstck (§ 1821 Abs 1 Nr 1 Alt 1 BGB), wenn das Hauptgrundstck mit einem Grundpfandrecht belastet ist, weil sich diese Belastung kraft Gesetzes auf das zugeschriebene Grundstck erstreckt. Die 1047 1048

RGZ 108, 356; vgl auch Klsener Rpfleger 1981, 461, 466. NJW 1998, 453 = FamRZ 1998, 24 = Rpfleger 1998, 110 = DNotZ 1998, 490.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Zuschreibung kann daher genehmigungsrechtlich nicht anders behandelt werden, als wrde dieses Grundstck ohne Zuschreibung belastet. Umstritten ist, ob die Bestellung einer Eigentmergrundschuld der 430 gerichtlichen Genehmigung bedarf. Die Bestellung eines Fremdrechts bedarf zweifelsfrei einer gerichtlichen Genehmigung nach § 1821 Abs 1 Nr 1 Alt 1 BGB, denn es handelt sich um eine Verfgung ber das Grundstck. Mit der Bestellung eines Eigentmergrundpfandrechts ist aber keine (wirtschaftliche) Belastung verbunden, denn diese schmlert das Eigentmerrecht des Kindes nicht. Da die sptere Abtretung des Rechts des Minderjhrigen an dem eigenen Grundstck (§ 1821 Abs 1 Nr 1 Alt 2 BGB!) durch die Eltern wegen § 1821 Abs 2 BGB jedoch keiner gerichtlichen Kontrolle unterliegt, kçnnten die Eltern die fr die Bestellung eines Fremdrechts erforderliche Genehmigungspflicht durch sukzessives Vorgehen umgehen, in dem sie zunchst ein Eigentmerrecht bestellen und dieses erst dann abtreten. Die Abtretung des Rechts als Verfgung ber das Grundstck zu behandeln, kommt aus dogmatischen Grnden nicht in Betracht, weil es sich bei der Abtretung eben nicht um eine Verfgung ber das Grundstck (§ 1821 Abs 1 Nr 1 Alt 1 BGB), sondern um eine solche ber das Recht handelt, fr diese gilt aber die 2. Variante des § 1821 Abs 1 Nr 1 BGB mit der in Abs 2 der Vorschrift genannten Ausnahme. Nach richtiger Ansicht muss daher bereits die Bestellung des Eigentmerrechts durch die Eltern als Verfgung ber das Grundstck behandelt und damit genehmigt werden.1049 Obwohl es sich bei einer Auflassungsvormerkung (§ 883 BGB) 431 nicht um ein dingliches Recht handelt, bedarf die Eintragung der Vormerkung nach einhelliger Auffassung der gerichtlichen Genehmigung nach § 1821 Abs 1 Nr 1 Alt 1 BGB, die neben der fr den schuldrechtlichen Vertrag nach § 1821 Abs 1 Nr 4 BGB erforderlich sein soll.1050 Dies wird vornehmlich damit begrndet, dass die Vormerkung dem geschtzten schuldrechtlichen Anspruch in gewissem Umfang dingliche Wirkung verleihe und die Vormerkung die Verußerbarkeit des Grundstcks beeintrchtige.1051 Mit dieser Auffassung wird gleichzei1049 1050 1051

Bçttcher/Spanl RpflJB 1990, 193, 213. OLG Frankfurt NJW-RR 1997, 719 = FamRZ 1997, 1342 = MDR 1997, 367 = FGPrax 1997, 84 = Rpfleger 1997, 255 = MittRhNotK 1998, 15 mwN. Bçttcher/Spanl RpflJB 1990, 193, 209, 210.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

tig das praktische Problem gelçst, das sich daraus ergibt, dass die Vormerkung vollkommen von dem Bestand des zu sichernden schuldrechtlichen Anspruchs abhngt. Durch Eintragung der Vormerkung wrde das Grundbuch unrichtig, wenn der zu sichernde Anspruch mangels gerichtlicher Genehmigung des schuldrechtlichen Rechtsgeschfts (§ 1821 Abs 1 Nr 4 BGB) und Bekanntmachung derselben an den gesetzlichen Vertreter (§ 1828 BGB) sowie ggf Mitteilung an den Vertragspartner (§ 1829 BGB) nicht wirksam geworden ist. Die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrages kann das Grundbuchamt aber nicht prfen. Prfungsgegenstand sind dort stets allein die nach der GBO zum Grundbuchvollzug erforderlichen Erklrungen, im Falle der Eintragung einer Auflassungsvormerkung also nur die verfahrensrechtliche Bewilligung nach § 19 GBO. Wird die Eintragung der Vormerkung als „verfgungshnlich“ und daher genehmigungsbedrftig nach § 1821 Abs 1 Nr 1 Alt 1 BGB behandelt, kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob das zugrunde liegende schuldrechtliche Rechtsgeschft ausdrcklich genehmigt wurde, weil davon ausgegangen werden kann, dass mit der Genehmigung der „Vormerkung“ konkludent auch die nach § 1821 Abs 1 Nr 4 BGB fr den schuldrechtlichen Vertrag erforderliche erteilt wurde (vgl Rn 435). Aus familiengerichtlicher Sicht kommt eine isolierte Genehmigung der Vormerkung freilich nicht in Betracht, sodass stets das schuldrechtliche Rechtsgeschft zu prfen ist. 432 Die 2. Variante von § 1821 Abs 1 Nr 1 BGB unterstellt die Verfgung ber ein (dingliches) Recht des Minderjhrigen an einem Grundstck, Wohnungs-, Teileigentum oder Erbbaurecht einem Genehmigungserfordernis. Der Minderjhrige muss demnach Glubiger eines bereits bestehenden Rechts sein. 433 Die Verweisung in § 1643 Abs 1 BGB umfasst auch § 1821 Abs 2 BGB, sodass Verfgungen ber Grundpfandrechte und die darauf gerichteten schuldrechtlichen Vertrge nicht genehmigungsbedrftig sind. Da weder § 1822 Nr 13 BGB noch § 1812 BGB fr elterliches Handeln gilt, kçnnen die Eltern folglich ber ein Grundpfandrecht des Kindes ohne gerichtliche Genehmigung verfgen. Etwas anderes gilt freilich dann, wenn das Recht eine gegen die Eltern gerichtete Forderung sichert, weil sie dann kraft Gesetzes von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen sind, §§ 1629 Abs 2 S 1, 1795

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Abs 1 Nr 2 BGB, sodass es einer Pflegerbestellung und dieser wiederum nach §§ 1915 Abs 1 S 1, 1822 Nr 13 der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf.1052 Von § 1821 Abs 1 Nr 1 BGB sind nur die Verfgungsgeschfte 434 erfasst. Daneben ist aber auch die Eingehung einer Verpflichtung zur Verfgung nach § 1821 Abs 1 Nr 4 BGB genehmigungsbedrftig. Genehmigungspflichtig nach § 1821 Abs 1 Nr 4 BGB ist auch eine in einem Grundstcksschenkungsvertrag enthaltene Rckforderungsklausel (dazu Rn 394), weil das Kind hierdurch (aufschiebend bedingt) zur Verfgung ber ein Grundstck verpflichtet wird.1053 Dies gilt auch, wenn einem Dritten ein aufschiebend bedingter bertragungsanspruch eingerumt wird.1054 Betreffen Verpflichtungs- und Erfllungsgeschft ein und das- 435 selbe Objekt, enthlt die fr das Verpflichtungsgeschft erteilte Genehmigung in der Regel zugleich die fr das Erfllungsgeschft erforderliche, es sei denn, bei diesem wird zum Nachteil des Minderjhrigen vom Inhalt des Verpflichtungsgeschfts abgewichen. Nach § 1821 Abs 1 Nr 2 bedarf auch die Verfgung ber eine Forde- 436 rung iSd Norm der gerichtlichen Genehmigung. Nach Sinn und Zweck sind aber nur solche Verfgungen erfasst, die zu einem Rechtsverlust (zB durch Verpfndung oder Abtretung) fhren, der den Grundstckserwerb erschwert oder vereitelt, nicht also solche, durch die der Anspruch des Minderjhrigen lediglich erfllt wird (= Entgegennahme der Auflassung).1055 In § 1821 Abs 1 Nr 3 werden die Verfgung ber Schiffe und Schiffs- 437 bauwerke sowie ber die auf den Erwerb solcher gerichteten Forderungen einem Genehmigungserfordernis unterstellt. 1052

1053 1054 1055

AA Servatius NJW 2006, 334, 335, 336 der irrig davon ausgeht, dass der anstelle der Eltern wegen eines Vertretungsausschlusses ttige Pfleger nur den Genehmigungserfordernissen unterliegt, denen auch die Eltern unterliegen. Er bersieht, dass sich die Rechtsmacht des Pflegers aus dem Gesetz und nicht von den Eltern ableitet; dieser vertritt das Kind und gerade nicht die grundrechtlich tatschlich privilegierten Eltern. OLG Kçln Rpfleger 2003, 571 m Anm Bestelmeyer Rpfleger 2004, 162. OLG Kçln FamRZ 1998, 1326 = Rpfleger 1998, 159. RGZ 108, 356.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

438 Steht der Minderjhrige auf Erwerberseite bedarf der auf den entgeltlichen Erwerb gerichtete schuldrechtliche Vertrag nach § 1821 Abs 1 Nr 5 BGB einer gerichtlichen Genehmigung. Entgeltlichkeit iSv § 1821 Abs 1 Nr 5 BGB liegt auch vor bei Teilentgeltlichkeit (gemischte Schenkung), also in den Fllen, in denen das von dem Minderjhrigen zu leistende Entgelt (erheblich) unter dem Wert des zugewendeten Grundstcks liegt, und auch dann, wenn die Leistungspflicht bedingt ist sowie ferner in den Fllen, in denen das Entgelt an einen Dritten zu leisten ist. 4.7.4. Die für Eltern geltenden Genehmigungserfordernisse des § 1822 BGB im Überblick

439 Gem §§ 1643 Abs 1, 1822 Nr 1 BGB bedrfen die Eltern der gerichtlichen Genehmigung zu einem Rechtsgeschft, durch das der Minderjhrige zur Verfgung ber sein Vermçgen im Ganzen (vgl § 311b Abs 3 BGB) oder ber eine ihm angefallene Erbschaft (vgl § 2371 BGB) oder ber einen knftigen gesetzlichen Erb- oder Pflichtteil (vgl § 311b Abs 5 BGB) verpflichtet wird. Genehmigungsbedrftig ist darber hinaus auch die Verfgung ber einen Erbteil des Minderjhrigen (vgl § 2033 Abs 1 BGB).1056 Streitig ist, ob eine genehmigungsbedrftige Verpflichtung zur Verfgung ber das Vermçgen im Ganzen auch vorliegt, wenn sich das Vermçgen des Kindes in dem Gegenstand erschçpft, ber den zu verfgen er verpflichtet wird (Einzeltheorie). Wegen der andernfalls nicht zu rechtfertigenden Unsicherheit des Rechtsverkehrs ist dies aber abzulehnen und der Gesamttheorie zu folgen,1057 weil der Vertragspartner im Einzelfall nicht einschtzen kann, ob die Wirksamkeit des Kaufvertrags etwa ber ein dem Minderjhrigen gehçrendes Schmuckstck der gerichtlichen Genehmigung bedarf. 440 Nach § 1822 Nr 3 BGB sind Vertrge genehmigungspflichtig, die auf den entgeltlichen Erwerb (Alt 1) oder auf die Verußerung (Alt 2)

1056 1057

Nher dazu Klsener Rpfleger 1993, 133. Vgl BGH FamRZ 1957, 121; Klsener Rpfleger 1993, 133; aA Kurz NJW 1992, 1798, 1799.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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eines Erwerbsgeschfts gerichtet sind. Schließlich bedarf auch ein Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschfts (Alt 3) eingegangen wird, einer gerichtlichen Genehmigung. Da der rechtsgeschftliche Erwerb bzw ein Vertragsschluss verlangt wird, unterliegt ein sich kraft Gesetzes durch Erbfolge vollziehender Anfall keiner gerichtlichen Kontrolle. Alle drei Alternativen setzen voraus, dass es sich um ein Erwerbsgeschft handelt. Der Begriff des Erwerbsgeschfts umfasst jede regelmßige, auf selbstndigen Erwerb gerichtete Ttigkeit, die selbstndig, im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und mit dem Willen der Gewinnerzielung ausgebt wird und auf eine gewisse Dauer angelegt ist.1058 Aus dem letzten Kriterium wird abgeleitet, dass die Genehmigungspflicht auch zu bejahen ist, wenn die Gesellschaft zunchst „nur“ vermçgensverwaltend ttig sein soll, aber eine gewerbliche Ttigkeit fr die Zukunft nicht ausgeschlossen ist.1059 Die erste Variante von § 1822 Nr 3 BGB umfasst auch den entgeltlichen Erwerb eines Anteils an einem Erwerbsgeschft. Gleiches gilt fr die Verußerung eines Erwerbsgeschfts (= 2. Variante). Genehmigungsbedrftig sind daher grundstzlich auch der entgeltliche Erwerb bzw die Verußerung eines Gesellschaftsanteils an einem Erwerbsgeschft. Eine unentgeltliche Verußerung scheidet wegen § 1641 BGB aus. Wertenbruch1060 will § 1822 Nr 3 BGB auf alle Rechtsgeschfte anwenden, durch die der Vertretene Gesellschafter einer Außen-GbR wird, da den Minderjhrigen analog § 128 bzw § 130 HGB ein generelles Haftungsrisiko trifft (dazu nher Rn 446). Ihm zufolge kommt es fr die Anwendung der Norm nicht auf den Gesellschaftszweck, also darauf an, ob ein Erwerbsgeschft im oben beschriebenen Sinne betrieben wird, wenn die Gesellschaft im Rechtsverkehr auftritt. Dem wurde zu Recht entgegen gehalten, dass das Haftungsrisiko kein Argument fr die Erweiterung der Genehmigungsbedrftigkeit, 1058 1059 1060

BayObLG FamRZ 1996, 119 = Rpfleger 1996, 67 = DNotZ 1995, 941. Reimann DNotZ 1999, 179, 185, 186 unter Hinweis auf BayObLGZ 1997, 113 = FamRZ 1997, 842 = DNotZ 1998, 495 m Anm Spiegelberger. FamRZ 2003, 1714, 1715.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

sondern im Rahmen der Genehmigungsfhigkeit zu bercksichtigen ist,1061 was freilich voraussetzt, dass ein Genehmigungserfordernis besteht. Im brigen herrscht Streit ber die Frage, welcher Art die (knftige) Beteiligung des Minderjhrigen sein bzw welchen Umfang diese haben muss, um die Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr 3 BGB fr Erwerb und Verußerung auszulçsen. Nach wohl berwiegender Auffassung hngt die Genehmigungspflicht davon ab, dass der Minderjhrige eine unternehmerische Beteiligung erwirbt bzw verußert, ihn muss daher ber eine bloße Kapitalbeteiligung hinaus das Unternehmensrisiko treffen.1062 Der Erwerb oder die Verußerung von Aktien ist als bloße Kapitalbeteiligung genehmigungsfrei. Der Erwerb eines Kommanditanteils hingegen ist ebenso genehmigungspflichtig wie die rechtsgeschftlich erworbene Beteiligung als Komplementr, weil der Minderjhrige rechtlich Mitinhaber des Unternehmens ist und das Erwerbsgeschft selbst mit betreibt.1063 Problematischer ist dagegen der Erwerb oder die Verußerung von GmbH-Geschftsanteilen.1064 Wohl berwiegend geht die Meinung dahin, dass bei Erwerb von Anteilen einer erwerbswirtschaftlich ttigen GmbH eine Genehmigung nach § 1822 Nr 3 Alt 1 BGB nur erforderlich ist, wenn der Minderjhrige dadurch Alleingesellschafter wird1065 bzw der Alleingesellschafterstellung wirtschaftlich gesehen nahe kommt (= 50% + x1066 ).1067 Dies gilt spiegelbildlich auch fr den umgekehrten Fall, dass der Minderjhrige seine Allein- oder im og Sinne beherrschende Gesellschafterstellung durch die Verußerung von Anteilen (§ 1822 Nr 3 Alt 2 BGB) aufgibt.1068 441 Da die erste Alt voraussetzt, dass es sich um einen entgeltlichen Erwerb handelt, lsst sich der schenkweise Erwerb eines Geschfts1061 1062 1063 1064 1065 1066 1067 1068

Czeguhn/Dickmann FamRZ 2004, 1534, 1535. Palandt/Diederichsen § 1822 Rn 6 mwN. Reimann DNotZ 1999, 179, 184, 185 mwN. Ausfhrlich dazu ua Oelers MittRhNotK 1992, 69, 71 ff; Pluskat FamRZ 2004, 677 ff. Gerken Rpfleger 1989, 270, 273. BGH DNotZ 2004, 152 = ZEV 2003, 375 m krit Anm Damrau. Nher dazu Brger RNotZ 2006, 156, 165, 166. AG Ilmenau MittBayNot 2000, 461; Brger RNotZ 2006, 156, 178; aA Hueck/ Fastrich in Baumbach/Hueck GmbHG § 15 Rn 5.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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anteils dieser Variante nicht zuordnen. Allerdings kann ein solcher Anteilserwerb nach der letzten Alt des § 1822 Nr 3 BGB genehmigungsbedrftig sein. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um den Erwerb eines Anteils an einer Personen- oder Personenhandelsgesellschaft (KG, OHG) handelt, die ein Erwerbsgeschft betreibt, denn dieser ist regelmßig mit dem Abschluss eines Gesellschaftsvertrages verbunden. Genehmigungsrechtlich ist aber auch der Fall des Eintritts des Minderjhrigen in die Gesellschaft mit (ggf im bereits vorhandenen Gesellschaftsvertrag enthaltener) Zustimmung bzw dem Einverstndnis der bisherigen Gesellschafter dh ohne Vertragsschluss mit dem neu eintretenden Gesellschafter gleich zu behandeln.1069 Die Genehmigungsbedrftigkeit wird aus Grnden der Rechtssicherheit auch bei „nur“ derivativem Anteilserwerb bejaht (zu dem Begriff vgl Rn 405).1070 Nicht nach § 1822 Nr 3 BGB genehmigungsbedrftig ist die unent- 442 geltliche bertragung eines GmbH-Geschftsanteils, weil der Erwerb weder von der 1. Alt erfasst noch mit dem Abschluss eines auf den Betrieb eines Erwerbsgeschfts gerichteten Gesellschaftsvertrages (3. Alt) verbunden ist.1071 Es kann aber eine Genehmigung nach § 1822 Nr 10 BGB erforderlich sein.1072 Das ist dann der Fall, wenn zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs Nachschusspflichten (§ 26 GmbHG) oder eine Ausfallhaftung nach §§ 24, 31 Abs 3 GmbHG bestehen (streitig),1073 fr die auch der in die Gesellschaft eintretende Minderjhrige einzustehen hat, ohne dass zugleich der Rechtsvorgnger und/oder die Mitgesellschafter aus der Haftung entlassen sind. Gem §§ 1643 Abs 1, 1822 Nr 5 BGB bedrfen die Eltern auch fr den 443 Abschluss eines Vertrages, durch den der Minderjhrige zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird, einer gerichtlichen Geneh1069 1070 1071

1072

1073

AA (bei schenkweisem Erwerb) Damrau ZEV 2000, 209, 210. Ivo ZEV 2005, 193,195, 196 mwN zur hM. BGHZ 107, 23 = NJW 1989, 1926 = FamRZ 1989, 605 = Rpfleger 1989, 281 = DB 1989, 918 = GmbHR 1989, 327 = WM 1989, 606 m Besprechungsaufstzen von Gerken Rpfleger 1989, 270 ff und Winkler ZGR 1990, 131 ff. Brger RNotZ 2006, 156, 164; aA Pluskat FamRZ 2004, 677, 682 ua mit der Begrndung, dass die Tatbestnde der gesellschaftsvertraglichen Grndung, des Erwerbs und der Verußerung von Erwerbsgeschften abschließend in § 1822 Nr 3 BGB geregelt seien. Zum Streitstand vgl Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck GmbHG § 15 Rn 5.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

migung, wenn der (noch) Minderjhrige dadurch ber den 19. Geburtstag hinaus gebunden ist. Hinsichtlich der erwhnten Dauer ist grundstzlich auf die Mçglichkeit der Kndigung abzustellen: Kann der Minderjhrige binnen eines Jahres kndigen, kann er die fremdbestimmte Bindung beseitigen und das Rechtsgeschft ist regelmßig genehmigungsfrei. Der Unmçglichkeit der „rechtzeitigen“ Lçsung von der Verpflichtung steht es aber gleich, wenn sich der Minderjhrige zwar fristgerecht, aber nur unter Inkaufnahme erheblicher Vermçgenseinbußen von dem Vertrag lçsen kann. Schließen die Eltern fr den Minderjhrigen etwa einen Lebensversicherungsvertrag mit einer ber den 19. Geburtstag des Minderjhrigen fortdauernden Bindung ab, ist der Vertrag deshalb auch dann genehmigungsbebedrftig, wenn der Minderjhrige den Vertrag binnen eines Jahres kndigen kann.1074 Welcher Art die von dem Minderjhrigen zu erbringenden wiederkehrenden Leistungen sind, ist unerheblich. Die Aufzhlung in der Norm „…Miet- und Pachtvertrge“ ist nur beispielhaft wie aus der folgenden Alternative („… oder einem anderen Vertrag…“) ersichtlich ist. Unter § 1822 Nr 5 BGB fllt auch die Verpflichtung, eine einheitliche Verbindlichkeit in fortlaufenden Teilleistungen zu erbringen.1075 Von § 1822 Nr 5 BGB werden wie erwhnt nicht nur solche Vertrge erfasst, durch die der Minderjhrige zu Zahlungen verpflichtet wird. Auch die Verpflichtung zur dauernden Bereitstellung von beweglichen oder unbeweglichen Gegenstnden kann demnach einem Genehmigungserfordernis nach § 1822 Nr 5 BGB unterliegen. So ist auch der Abschluss eines Miet- oder Pachtvertrages mit dem Minderjhrigen als Vermieter oder -pchter genehmigungspflichtig, wenn das Vertragsverhltnis lnger als 1 Jahr ber die Volljhrigkeit hinaus andauern soll, ohne dass das Miet- oder Pachtverhltnis von dem Minderjhrigen gekndigt werden kann. Daraus ergibt sich zugleich, dass der Abschluss eines unbefristeten Mietvertrages ber Wohnraum des 1074 1075

BGHZ 28, 78 = FamRZ 1958, 318; OLG Hamm VersR 1992, 1502 = NJW-RR 1992, 1186 = FamRZ 1993, 591 (LS). OLG Stuttgart FamRZ 1997, 101.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Minderjhrigen stets der Genehmigung bedarf, wenn der Minderjhrige Vermieter werden soll, weil dem Vermieter die Kndigung nur sehr eingeschrnkt mçglich ist.1076 Der mit dem Erwerb einer Immobilie verbundene Eintritt in ein Mietverhltnis (vgl § 566 BGB) unterliegt indes nicht der Genehmigungspflicht des § 1822 Nr 5 BGB, weil der Eintritt gesetzliche Folge des Erwerbs ist, § 1822 Nr 5 BGB aber nur die rechtsgeschftliche Begrndung des Mietverhltnisses erfasst.1077 Umstritten ist, ob von § 1822 Nr 5 BGB auch solche Vertrge erfasst werden, die den Minderjhrigen zu fortlaufenden persçnlichen Leistungen im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstvertrages verpflichten, ohne dass er sich vor Ablauf eines Jahres nach Erreichen der Volljhrigkeit daraus (ohne Vermçgenseinbußen) lçsen kann. Dies wird zum Teil verneint mit der Begrndung, dass § 1822 Nr 6 und Nr 7 BGB gegenber Nr 5 spezieller sind und diesen deshalb verdrngen.1078 Gegen die Anwendung von § 1822 Nr 5 BGB wird weiter angefhrt, dass § 1822 Nr 6 und Nr 7 BGB – anders als Nr 5 – nicht fr Eltern gilt und die Einbeziehung von Lehr-, Dienst- oder Arbeitsvertrgen in den Geltungsbereich der Nr 5 dazu fhrte, dass der Eingriff in die elterliche Sorge in unzulssiger Weise erweitert wrde.1079 Nach anderer Ansicht steht auch die Qualifizierung von § 1822 Nr 6 und Nr 7 als Spezialregelungen der Anwendung von § 1822 Nr 5 BGB wegen des damit verfolgten Schutzzwecks nicht (ausnahmslos) entgegen.1080 Gem §§ 1643 Abs 1, 1822 Nr 8 BGB ist die Aufnahme von Geld auf 444 den Kredit des Kindes durch die Eltern genehmigungspflichtig. Fr die Genehmigungspflicht des schuldrechtlichen Vertrages ist entscheidend, ob das Geschft der Beschaffung von Geld dient, fr des1076 1077 1078 1079 1080

So berzeugend LG Wuppertal BtPrax 2007, 91 (bezogen auf die Vermietung von Wohnraum eines Betreuten). BGH NJW 1983, 1780 = FamRZ 1983, 371 = Rpfleger 1983, 148; Palandt/Diederichsen § 1822 Rn 14. Kurz NJW 1992, 1798, 1801, 1802; Schlachter FamRZ 2006, 155, 156 f. Schlachter FamRZ 2006, 155, 157. Fomferek NJW 2004, 410 ff mwN und ihm folgend Palandt/Diederichsen § 1822 Rn 14; Gernhuber/ Coester-Waltjen § 60 Rn 111 mwN zum Streitstand.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

sen Rckzahlung der Minderjhrige einzustehen hat.1081 Genehmigungsbedrftig ist jede Art Darlehensaufnahme auch im Rahmen von Kontokorrentverkehr einschließlich nicht vereinbarter berziehungskredite1082 sowie Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis (§§780, 781 BGB), die zum Zwecke der Kreditaufnahme erfolgen. Im Gegensatz zur Darlehensaufnahme im Rahmen einer Kaufpreisfinanzierung gehçren gewçhnliche Abzahlungskufe hingegen nicht zu den nach § 1822 Nr 8 BGB genehmigungspflichtigen Rechtsgeschften.1083 445 Nach § 1822 Nr 9 BGB bedarf auch die Ausstellung einer Schuldverschreibung auf den Inhaber (§§ 793 ff BGB) durch die Eltern der Genehmigung. Ferner ist auch die Eingehung einer Verbindlichkeit aus einem Wechsel oder einem durch Indossament bertragbaren Papier genehmigungspflichtig. Die Ausstellung eines Wechsels an eigene Order ist von der Genehmigungspflicht noch nicht erfasst, vielmehr unterliegt erst die Begebung des Wechsels der gerichtlichen Kontrolle in Form einer Genehmigung, weil erst dadurch die Wechselverbindlichkeit begrndet wird.1084 446 Die Eltern brauchen auch zur bernahme einer fremden Verbindlichkeit insbesondere zur Eingehung einer Brgschaft eine gerichtliche Genehmigung, §§ 1643 Abs 1, 1822 Nr 10 BGB. Zu beachten ist, dass dieser Genehmigungstatbestand nur erfllt ist, wenn es eine wirtschaftlich fremde Verbindlichkeit bleibt.1085 Dem Minderjhrigen muss nach eigener Inanspruchnahme ein Regressanspruch zustehen, denn nur dann kann von der Haftung fr eine fremde Verbindlichkeit gesprochen werden.1086 Andernfalls ist die Verbindlichkeit wie eine wirtschaftlich eigene anzusehen. Diesem Genehmigungserfordernis liegt der Gedanke zugrunde, dass allzu leicht ein Risiko bernommen wird, in der Erwartung nicht (sofort) in

1081 1082 1083 1084 1085 1086

Palandt/Diederichsen § 1822 Rn 17. Nher dazu Kunkel Rpfleger 1997, 1, 2. Kurz NJW 1992, 1798, 1802. Kurz NJW 1992, 1798, 1802. RGZ 133, 7. AA Pluskat FamRZ 2004, 677, 682.

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Anspruch genommen zu werden oder Rckgriff nehmen zu kçnnen.1087 Gedacht ist also an Flle, in denen der Minderjhrige fr die Verbindlichkeit nur neben oder hinter einem Dritten haftet oder dass er zwar allein haften soll, jedoch mit Vorbehalt des Regresses gegen den Dritten.1088 Die bernahme einer fremden Verbindlichkeit liegt demnach beispielsweise vor bei Eingehung einer Gesamtverbindlichkeit, denn hier besteht die Gefahr der Inanspruchnahme auf das Ganze, whrend im Innenverhltnis die Hoffnung auf einen Regress (§ 426 BGB) gegeben ist. bernimmt der Minderjhrige also zB in einem Grundstckskaufvertrag, durch den er und ein Dritter sich zum Ankauf je eines Miteigentumsanteils verpflichten, gesamtschuldnerisch die Haftung fr die Kaufpreisschuld des Dritten, so bedarf der Vertrag gem §§ 1643 Abs 1, 1822 Nr 10 BGB der familiengerichtlichen Genehmigung.1089 Außer der ausdrcklich erwhnten Eingehung einer Brgschaft sind die Sicherungsbereignung und die Sicherungsabtretung1090 sowie die Verpfndung einer eigenen Sache oder Hypothek1091 fr eine fremde Schuld nach § 1822 Nr 10 BGB genehmigungsbedrftig. Anders als bei § 1822 Nr 5 BGB besteht die Genehmigungspflicht auch dann, wenn die Sekundrhaftung des Minderjhrigen nicht durch eigens darauf gerichtetes Rechtsgeschft eintritt, sondern lediglich gesetzliche Nebenfolge der Erklrung ist.1092 Das Genehmigungsbedrfnis des § 1822 Nr 10 BGB ist deshalb auch zu bejahen, wenn der Minderjhrige an einer am Rechtsverkehr teilnehmenden (= Außen-) Gesellschaft brgerlichen Rechts beteiligt wird,1093 weil die Verbindlichkeiten der GbR nach der neuen BGH-Rechtspre-

1087 1088 1089 1090 1091 1092 1093

Brggemann FamRZ 1990, 5, 124, 125. RGZ 133, 7. BGHZ 60, 385. RGZ 76, 89. RGZ 63, 76. AA Winkler ZGR 1990, 131, 138; Pluskat FamRZ 2004, 677, 682. Wertenbruch FamRZ 2003, 1714, 1716; Czeguhn/Dickmann FamRZ 2004, 1534, 1535 f.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

chung1094 analog § 128 HGB primr Gesellschaftsschulden sind, sodass der Minderjhrige bei Inanspruchnahme durch Gesellschaftsglubiger einen Regressanspruch gegen die Gesellschaft hat. Tritt er in eine bereits bestehende Gesellschaft ein, haftet er zudem auch fr zu diesem Zeitpunkt bestehende Gesellschaftsverbindlichkeiten nach § 130 HGB analog,1095 sodass der Beitritt in die GbR auch deshalb nach § 1822 Nr 10 BGB genehmigungspflichtig ist. Der Erwerb eines GmbH-Anteils unterliegt ebenfalls dann der Genehmigungspflicht, wenn zum Zeitpunkt des Erwerbs Nachschusspflichten (§ 26 GmbHG) oder eine Ausfallhaftung nach §§ 24, 31 Abs 3 GmbHG bestehen (vgl Rn 442), die der Minderjhrige nicht in Anrechnung auf den Kaufpreis als eigene Verbindlichkeit bernommen hat.1096 447 Schließlich unterliegt auch die Erteilung einer Prokura (vgl §§ 48 ff HGB) durch die Eltern der Genehmigungspflicht (§§ 1643 Abs 1, 1822 Nr 11 BGB), wenn der Minderjhrige Inhaber des Handelsgeschfts also Einzelkaufmann ist. Dies gilt auch dann, wenn die Eltern den Minderjhrigen mit gerichtlicher Genehmigung bereits zum selbstndigen Betrieb des Handelsgeschfts ermchtigt haben, § 112 Abs 1 BGB. Die dadurch erreichte unbeschrnkte Geschftsfhigkeit des Minderjhrigen erstreckt sich nmlich nicht auf Rechtsgeschfte, die der gesetzliche Vertreter nur mit gerichtlicher Genehmigung vornehmen kçnnte, sodass die Prokura nur von dem gesetzlichen Vertreter mit gerichtlicher Genehmigung, nicht aber vom Minderjhrigen selbst erteilt werden kann. Eine Kontrolle durch das Gericht ist aber nicht vorgesehen, wenn nicht der Minderjhrige, sondern die Gesellschaft selbst das Handelsgewerbe betreibt. Keiner gerichtlichen Genehmigung untersteht daher

1094 1095 1096

BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 = Rpfleger 2001, 246 = ZIP 2001, 330 = NotBZ 2001, 100. BGHZ 154, 370 = NJW 2003, 1803 = Rpfleger 2003, 442 = ZIP 2003, 899. Brger RNotZ 2006, 156, 164 mwN; aA Pluskat FamRZ 2004, 677, 682 ua mit der Begrndung, dass die Tatbestnde der gesellschaftsvertraglichen Grndung, des Erwerbs und der Verußerung von Erwerbsgeschften abschließend in § 1822 Nr 3 BGB geregelt wren.

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die Erteilung der Prokura fr eine GmbH oder eine Personenhandelsgesellschaft (OHG, KG), an der der Minderjhrige beteiligt ist.1097 Diese Genehmigungspflicht wurde mit Rcksicht auf den weitgehenden Umfang der mit der Prokura verbundenen Rechtsmacht geschaffen.1098 Denn der Prokurist bedarf fr die von ihm vorgenommenen Rechtsgeschfte selbst dann nicht der gerichtlichen Genehmigung, wenn die Eltern sie bruchten, wrden sie selbst handeln. Der Umfang der Vertretungsmacht des Prokuristen bestimmt sich ausschließlich nach § 49 HGB und ist nicht durch ein Genehmigungserfordernis beschrnkt. 4.7.5. Die Genehmigungserfordernisse nach § 1643 Abs 2 BGB

Zu beachten sind auch die aus § 1643 Abs 2 S 1 BGB zu entnehmen- 448 den Genehmigungserfordernisse. Danach bedarf es fr die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermchtnisses sowie den Verzicht auf einen Pflichtteil der gerichtlichen Genehmigung. Von dieser Genehmigungspflicht macht S 2 fr den Fall eine Ausnahme, dass dem Kind die Erbschaft oder das Vermchtnis erst und allein infolge der Ausschlagung eines zumindest mitvertretungsberechtigten Elternteils angefallen ist.1099 Dass der Anfall an das Kind allein infolge der Ausschlagung erfolgt sein muss, ergibt sich daraus, dass das Gesetz eine Ausnahme von der Ausnahme vorsieht, in der die Ausschlagung trotz des Umstands, dass der Anfall an das Kind erst infolge der Ausschlagung des sorgeberechtigten Elternteils erfolgt ist, dann nicht genehmigungsfrei ist, wenn das Kind schon vor der Ausschlagung neben dem Elternteil berufen war. Beispiel: Der mitsorgeberechtigte Kindesvater ist gesetzlicher Erbe seines Vaters geworden. Er schlgt fr sich und gemeinsam mit der Mutter seines Sohnes auch fr seinen Sohn die Erbschaft nach dem Erblasser aus. 1097 1098 1099

Staudinger/Engler § 1822 Rn 146; MnchKomm BGB/Wagenitz § 1822 Rn 68. RGZ 127, 153. Ausfhrlich hierzu Ivo ZEV 2002, 309 ff.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Die Ausschlagung ist genehmigungsfrei, weil der Anfall an das Kind allein durch Ausschlagung des sorgeberechtigten Vaters erfolgte (vgl §§ 1953 Abs 1, 2, 1924 Abs 3 BGB). Beispiel: Der mitsorgeberechtigte Kindesvater ist testamentarischer Erbe seines Vaters geworden. Als Ersatzerben hat der Erblasser den Sohn des Kindesvaters (= Enkel) bestimmt. Der Kindesvater schlgt fr sich und gemeinsam mit der Mutter seines Sohnes auch fr seinen Sohn die Erbschaft nach dem Erblasser aus. Die Ausschlagung ist genehmigungsfrei, denn auch in diesem Fall fllt dem Kind die Erbschaft infolge der Ausschlagung eines sorgeberechtigten Elternteils an. Es kommt also nicht darauf an, ob das Kind gesetzlicher oder gewillkrter Erbe ist. Allerdings ist die Genehmigung auch dann erforderlich, wenn der vor dem Kind erbberechtigte Elternteil durch seine Ausschlagung nicht endgltig als Erbe ausscheidet.1100 Schlgt der Vater also nur die Erbschaft als gewillkrter Erbe, nicht aber auch als gesetzlicher Erbe aus (vgl § 1948 Abs 1 BGB), bedarf die Ausschlagung fr das Kind der gerichtlichen Genehmigung, obwohl der Anfall der Erbschaft an das Kind als Ersatzerben allein durch die Ausschlagung des sorgeberechtigten Kindesvaters eintritt. Denn durch diese aufeinander folgenden Ausschlagungen wird allein die Stellung des Kindes beseitigt, ohne dass zugleich die Anwendung der Ausnahme von dem Genehmigungserfordernis gerechtfertigt wre. Der Gesetzgeber wollte die Eltern nmlich nur dann keiner gerichtlichen Kontrolle unterstellen, wenn die Eltern die Erbschaft fr sich selbst nicht wollen, weil sie belastend und unwirtschaftlich ist. Nur fr diesen Fall kann davon ausgegangen werden, dass die Annahme des Gesetzgebers zutrifft, nach der die Ausschlagung (auch) im Interesse des Kindes ist. 1100

OLG Frankfurt FamRZ 1969, 658 = Rpfleger 1969, 386.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Beispiel: Der Kindesvater ist gesetzlicher Erbe seines Vaters geworden. Er schlgt fr sich die Erbschaft aus. Anschließend schlgt die nach § 1626a Abs 2 BGB allein sorgeberechtigte Kindesmutter die Erbschaft fr den gemeinsamen Sohn aus. Die Genehmigung ist erforderlich, weil der Anfall an das Kind nicht durch Ausschlagung eines sorgeberechtigten Elternteils erfolgte.1101 Beispiel: Der sorgeberechtigte Kindesvater ist gesetzlicher Erbe (zu 1/2) seiner Ehefrau geworden. Weiterer gesetzlicher Erbe ist der aus der Ehe mit der Erblasserin hervorgegangene Sohn. Der Vater schlgt die Erbschaft fr sich und fr seinen Sohn aus. Die Ausschlagung durch den sorgeberechtigten Kindesvater bedarf der gerichtlichen Genehmigung, da der Anfall der Erbschaft an das Kind nur zum Teil durch Ausschlagung des Kindesvaters eintrat. Das Kind war bereits vorher (zu 1/2) neben dem ausschlagenden Vater zur Erbfolge berufen, § 1643 Abs 2 S 2 Hs 2 BGB. Beispiel: Die gemeinsam sorgeberechtigte Kindesmutter ist gesetzliche Erbin ihres Vaters geworden. Sie schlgt fr sich die Erbschaft aus. Anschließend schlgt sie mit dem Kindesvater die Erbschaft nur fr eines ihrer beiden minderjhrigen Kinder aus. Nach (soweit erkennbar) einhelliger Auffassung ist die Ausschlagung der Erbschaft auch in diesem Fall genehmigungspflichtig,1102 denn in einem solchen Fall spricht einiges dafr, dass die Eltern die Erbschaft 1101 1102

Vgl auch OLG Naumburg FamRZ 2007, 1047. Engler FamRZ 1972, 7, 9; Palandt/Diederichsen § 1643 Rn 3; Gernhuber/Coester-Waltjen § 60 Rn 95; MnchKomm BGB/Huber § 1643 Rn 25; vgl auch Ivo ZEV 2002, 309, 313, der dieses Genehmigungserfordernis aber davon abhngig macht, dass die fr die Ausschlagung maßgebliche Motivation der Begnstigung des anderen Kindes in einem objektiv nachprfbaren Verhalten (zB Annahme der Erbschaft fr das andere Kind) zum Ausdruck kommt.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

nicht als belastend oder unwirtschaftlich ansehen, weil sie sie andernfalls fr beide Kinder ausschlagen wrden. Dem Schutzbedrfnis des Kindes wird durch teleologische Reduktion von § 1643 Abs 2 S 2 Hs 1 BGB gengt, weil die Norm die Freistellung der Eltern von dem Genehmigungserfordernis nur fr die Flle im Auge hat, in denen die Annahme der Erbschaft nachteilig wre, nicht aber wenn sie in eine bestimmte Richtung gelenkt wird. Der Ausschlagung der Erbschaft steht die Anfechtung der Erbschaftsannahme gleich, weil die Anfechtung gem § 1957 BGB als Erbschaftsausschlagung gilt. Sie ist daher ebenfalls genehmigungspflichtig. Zweifelsfrei nicht genehmigungsbedrftig ist die Annahme der Erbschaft, gleichgltig ob sie durch entsprechende Erklrung, konkludentes Verhalten oder das Verstreichenlassen der Anfechtungsfrist erfolgt.1103 449 Schließlich sieht das Gesetz auch außerhalb des Anwendungsbereichs von §§ 1643, 1821, 1822 BGB an verschiedenen Stellen weitere Genehmigungserfordernisse vor. So bedrfen die Eltern zB zu einem Erbverzichtsvertrag, den sie als gesetzliche Vertreter des verzichtenden Kindes abschließen, einer gerichtlichen Genehmigung, es sei denn, Vertragspartner sind das verzichtende Kind und dessen Ehegatte oder Verlobter als Erblasser, § 2347 Abs 1 S 1 Hs 2 BGB. Weiteres Beispiel fr ein Genehmigungserfordernis außerhalb des Anwendungsbereichs der erwhnten Vorschriften ist § 112 Abs 1 BGB, nach dem die Ermchtigung des Kindes durch den gesetzlichen Vertreter zum selbstndigen Betrieb eines Erwerbsgeschfts einer gerichtlichen Genehmigung bedarf, was auch fr die Eltern gilt. 4.7.6. Gegenstand der gerichtlichen Genehmigung

450 Gegenstand der Genehmigung ist stets das Rechtsgeschft, nicht (allein) die Erklrung des gesetzlichen Vertreters. Auch wenn es sich aus Grnden der Praktikabilitt mçglicherweise auch im Interesse des Grundbuchamts anbieten mag, die nach § 19 GBO zur Eintragung 1103

Vgl ua OLG Koblenz FamRZ 2008, 1031 = OLGR 2008, 231 = ZErb 2008, 119.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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erforderliche Bewilligung zu genehmigen, darf nicht aus den Augen verloren werden, dass nicht diese, sondern stets das ihr zugrunde liegende, materielle Rechtsgeschft Genehmigungsgegenstand ist. Die Frage, ob ein einseitiges Rechtsgeschft vorliegt, das grundstzlich nur vorab genehmigt werden kann (vgl §§ 1643 Abs 3, 1831 BGB), oder ein Vertrag, der auch der nachtrglichen Genehmigung zugnglich ist (§§ 1643 Abs 3, 1829 BGB), ist also allein durch Blick in das materielle Recht zu klren. Genehmigt werden kann nur ein mit Vertretungsmacht vorgenom- 451 menes Rechtsgeschft, denn die Genehmigung hat nicht die Kraft, Fehlendes zu ersetzen oder Unwirksames zu heilen. Fehlt den Eltern die Vertretungsmacht bezogen auf das genehmigungsbedrftige Rechtsgeschft zB wegen eines Vertretungsausschlusses nach §§ 181 oder 1795 BGB, kommt eine Genehmigungserteilung folglich nicht in Betracht, weil die Eltern als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt haben. Das Schicksal der von den Eltern vorgenommenen Rechtsgeschfte wird von § 180 BGB und § 177 BGB bestimmt. Es muss daher zunchst ein Ergnzungspfleger bestellt werden (§§ 1909 Abs 1, 1915 Abs 1 S 1, 1774, 1779, 1789 BGB), ehe das von ihm in Aussicht genommene (wenn die Eltern eine einseitige und daher gem § 180 S 1 BGB unwirksame Erklrung abgegeben haben) oder genehmigte Rechtsgeschft (wenn die Eltern einen gem § 177 BGB schwebend wirksamen Vertrag geschlossen haben) genehmigt werden kçnnte. Entfiel die elterliche Vertretungsmacht erst nach Vornahme des 452 Rechtsgeschfts (zB durch Tod der Eltern) aber vor Genehmigungsentscheidung, hat dies keinen Einfluss auf die Wirksamkeit einer zuvor mit Vertretungsmacht abgegebenen Erklrung. Dem nunmehr zu bestellenden gesetzlichen Vertreter obliegt damit nur die Entgegennahme der Genehmigungsentscheidung (§ 1828 BGB) sowie, bei nachtrglicher Genehmigung eines mehrseitigen Rechtsgeschfts, die Mitteilung derselben an den Vertragspartner (§ 1829 BGB), einschließlich der Entscheidung darber, ob das schwebend unwirksame Rechtsgeschft durch Gebrauchmachen von der Genehmigung vollwirksam werden soll.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

453 Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle ist auch dann das Rechtsgeschft, nicht aber etwa nur die Zustimmung der Eltern (§ 108 BGB), wenn der Minderjhrige selbst den Vertrag geschlossen oder die einseitige Erklrung abgegeben hat.1104 Gleiches gilt, wenn die Eltern einem Dritten Vollmacht zur Vornahme des Rechtsgeschfts erteilt haben. Zwar bedarf die Erteilung einer (widerruflichen) Vollmacht zum Abschluss eines Rechtsgeschfts mangels Genehmigungstatbestandes selbst keiner gerichtlichen Genehmigung.1105 Das spter in Ausnutzung der Vollmacht durch den Bevollmchtigten abgeschlossene Rechtsgeschft ist hingegen genehmigungsbedrftig, wenn das vom Bevollmchtigten vorgenommene Rechtsgeschft, htten es die Eltern selbst vorgenommen, genehmigungspflichtig wre.1106 Denn die Eltern kçnnen nicht mehr an Rechtsmacht bertragen, als ihnen selbst zusteht. Ist ihre Vertretungsmacht durch ein Genehmigungserfordernis eingeschrnkt, kçnnen sie sie auch nur so weitergeben. 4.7.7. Genehmigungsfähigkeit

454 Ist das Rechtsgeschft genehmigungspflichtig, muss sich das Gericht mit der Genehmigungsfhigkeit befassen. Maßgeblich fr die Beurteilung der Genehmigungsfhigkeit ist, ob das zu genehmigende Rechtsgeschft unter Bercksichtigung aller Umstnde im Interesse des Kindes ist.1107 In die Entscheidung einzubeziehen sind auch Zweckmßigkeits- und Ntzlichkeitsberlegungen.1108 Die Belange Dritter sind hingegen ohne Bedeutung.1109 Bei der Beurteilung der Genehmigungsfhigkeit, die die Abwgung aller mçglichen Vor- und Nachteile sowie der Risiken verlangt, hat sich das Gericht auf den Standpunkt eines verstndigen, die Tragweite 1104 1105 1106

1107 1108 1109

Sonnenfeld/Zorn Rpfleger 2004, 533. Nher dazu Schreiber NotBZ 2002, 128 ff. Pflz OLG Zweibrcken Rpfleger 2005, 193; LG Berlin Rpfleger 1994, 335; LG Saarbrcken Rpfleger 1982, 25 (= keine Genehmigungsbedrftigkeit fr die Erteilung einer widerruflichen Belastungsvollmacht, aber fr deren sptere Ausnutzung). OLG Bremen NJW-RR 1999, 876. BayObLG Rpfleger 1989, 455; dass FamRZ 1996, 119 = Rpfleger 1996, 67 = DNotZ 1995, 941. Ua OLG Hamm FamRZ 2001, 53.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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der Entscheidung berblickenden Volljhrigen zu stellen.1110 Die Prfung wird sich hierbei regelmßig auf materielle also finanzielle Aspekte beziehen. Jedoch sind diese nicht ausschließlich entscheidend. Das Gericht hat im Einzelfall durchaus auch ideelle Gesichtspunkte zu beachten, wenn diese Einfluss auf das Kindesinteresse haben. Das OLG Zweibrcken1111 hlt die Verweigerung einer von den Eltern bençtigten gerichtlichen Genehmigung nur dann fr mçglich, wenn das in Aussicht genommene Rechtsgeschft nach den im Zeitpunkt der Entscheidung zu beurteilenden Gesamtumstnden nicht dem Interesse des Kindes entspricht, wobei es davon ausgeht, dass den Eltern bei der Abwgung dieser Umstnde eine Dispositionsbefugnis bliebe, die nur beschrnkt zur berprfung des Familiengerichts stnde. Eine andere Beurteilung ist nach Auffassung des Senats mit dem Grundsatz der elterlichen Autonomie, welche die ungeschmlerte Vertretungsmacht beinhalte, unvereinbar. Diese Auffassung ist aber nicht konsensfhig, weil das Erfordernis einer gerichtlichen Genehmigung die Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters, also auch der Eltern (!), im Interesse des Vertretenen gerade einschrnkt. Auch das verfassungsrechtlich geschtzte Elternrecht (Art 6 Abs 2 S 1 GG), durch das sich die Stellung der Eltern von der anderer gesetzlicher Vertreter natrlicher Personen unterscheidet, rechtfertigt eine „großzgigere“ Beurteilung der Genehmigungsfhigkeit nicht, weil der Gesetzgeber der elterlichen Privilegierung bereits dadurch entsprochen hat, dass die Eltern keineswegs in dem Umfang der gerichtlichen Kontrolle durch Genehmigungserfordernisse unterstellt sind, wie das bei anderen gesetzlichen Vertretern natrlicher Personen der Fall ist (vgl Rn 420). Beizupflichten ist dem Senat allerdings insoweit, als (nochmals) deutlich gemacht wird, dass die Genehmigung nicht das Fernhalten jeglichen Risikos vom Vertretenen zum Ziel hat. Bei Abschluss eines Gesellschaftsvertrages hat das Gericht außer der 455 vertraglichen Stellung des Kindes in der Gesellschaft und neben vermçgensrechtlichen Aspekten auch die Mitgesellschafter hinsichtlich 1110 1111

BayObLG FamRZ 1996, 119 = Rpfleger 1996, 67 = DNotZ 1995, 941. FamRZ 2001, 181 = NJW-RR 2001, 145; dass FamRZ 2001,1236; ihm folgend OLG Koblenz Rpfleger 2005, 665.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

ihrer Vermçgensverhltnisse sowie ihrer charakterlichen und fachlichen Eignung zu beurteilen, weil die Verantwortung fr die Vermçgenslage des Kindes vorwiegend bei den geschftsfhrenden Gesellschaftern liegt.1112 Diesem Aspekt kommt insbesondere seit der Entscheidung des BGH vom 29.1.20011113 Bedeutung zu, durch die der am Rechtsverkehr teilnehmenden (= Außen-) GbR hnlich der KG und OHG Rechtsfhigkeit zuerkannt wurde, sodass die von den geschftsfhrenden Gesellschaftern vorgenommenen Rechtsgeschfte keiner (weiteren) gerichtlichen Kontrolle in Form eines Genehmigungsvorbehalts unterstellt sein sollen (vgl Rn 423).1114 Auch anlsslich einer fr eine Prokuraerteilung zu treffenden Genehmigungsentscheidung mssen „Redlichkeit“ und fachliche Eignung des ins Auge gefassten Prokuristen in die Entscheidung mit einbezogen werden, weil auch in diesem Fall die vermçgensrechtlichen Belange vorwiegend bei dem keiner weiteren gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Prokuristen liegen. 456 Kein tragfhiges, per se fr die Genehmigungsfhigkeit streitendes Argument liegt in dem Hinweis auf § 1629a BGB, der dem volljhrig Gewordenen grundstzlich die Mçglichkeit erçffnet, die Haftung fr die aus den vom gesetzlichen Vertreter oder von anderen Vertretern des Kindes geschlossenen Rechtsgeschften resultierenden Verbindlichkeiten auf das zum Zeitpunkt der Volljhrigkeit vorhandene Vermçgen zu beschrnken, womit der Gefahr, den Minderjhrigen berschuldet in die Volljhrigkeit zu entlassen, in ausreichendem Maße entgegengewirkt wre.1115 Denn das Kind hat mit all dem, was es 1112 1113 1114

1115

BayObLG FamRZ 1996, 119 = Rpfleger 1996, 67 = DNotZ 1995, 941. BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 = Rpfleger 2001, 246 = ZIP 2001, 330 = NotBZ 2001, 100. OLG Schleswig NotBZ 2002, 108 m Anm Schreiber = FamRZ 2003, 55 m Besprechungsaufsatz Dmig FamRZ 2003, 1; dass DNotZ 2002, 551 = MittBayNot 2002, 294 m Besprechungsaufsatz Lautner MittBayNot 2002, 256; differenzierend OLG Koblenz (NJW 2003, 1401 = FamRZ 2003, 249 = JuS 2003, 613), wonach eine gerichtliche Genehmigung nur entbehrlich sein soll, wenn die Beteiligung des Minderjhrigen an der GbR der „Eingangskontrolle“ des § 1822 Nr 3 BGB unterlag, was nur bei einer ein Erbwerbsgeschft betreibenden GbR der Fall ist. Vgl OLG Bremen NJW-RR 1999, 876; kritisch hierzu auch OLG Zweibrcken FamRZ 2001, 181 = NJW-RR 2001, 145.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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zum Zeitpunkt der Vornahme des genehmigungspflichtigen Rechtsgeschfts bereits hat und bis zur Volljhrigkeit noch erwirbt, fr die Verbindlichkeiten einzustehen, egal ob der Erwerb im Zusammenhang mit dem genehmigten Rechtsgeschft steht oder nicht. Mit Rcksicht auf den durch die Genehmigungserfordernisse verfolgten Schutz des Kindesvermçgens kann § 1629a BGB deshalb allenfalls dann als fr die Genehmigungsfhigkeit sprechend in die Entscheidung einbezogen werden, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschfts fast volljhrig ist und kein nennenswertes Vermçgen hat, mit dem es ggf zu haften htte. 4.7.8. Wirksamwerden des genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts1116

Die Genehmigungsentscheidung ist zwingend gegenber dem gesetz- 457 lichen Vertreter zu erklren, §§ 1643 Abs 3, 1828 BGB, der sich freilich bei der Entgegennahme auch vertreten lassen kann. Der gesetzliche Vertreter muss im Zeitpunkt des Zugangs der gerichtlichen Entscheidung (noch) vertretungsberechtigt sein. Findet zwischen der Vornahme des Rechtsgeschfts und der Erteilung (oder Versagung) der Genehmigung ein Wechsel in der Person des gesetzlichen Vertreters statt, ist sie dem „aktuellen“ Vertreter mitzuteilen. Eine zur Entgegennahme der Genehmigung erteilte Vollmacht, die zu einem Zeitpunkt erteilt wurde, in dem das Vertretungsrecht (noch) bestand, wirkt aber bis zu deren Widerruf durch den neuen gesetzlichen Vertreter fort. Einseitige Rechtsgeschfte wie zB die Prokuraerteilung bedrfen 458 nach §§ 1643 Abs 3, 1831 BGB der vorherigen Genehmigung. Ein ohne die erforderliche Vorgenehmigung vorgenommenes Rechtsgeschft ist daher grundstzlich unwirksam und auch nicht durch eine nachtrglich erteilte Genehmigung „heilbar“. Etwas anderes gilt aber fr amtsempfangsbedrftige Erklrungen wie zB die Erbausschlagungserklrung (§ 1945 Abs 1 BGB). Solche Erklrungen sind nach einhelliger Auffassung auch einer nachtrglichen Genehmigung zugnglich, freilich ohne dass sie deshalb zu mehrseitigen Rechts1116

Ausfhrlich dazu Sonnenfeld/Zorn Rpfleger 2004, 533 ff.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

geschften wrden. Die fr eine Erbausschlagungserklrung erforderliche Genehmigung kann innerhalb der Ausschlagungsfrist des § 1944 BGB nachgeholt werden, wobei die Frist nach hM bis zum Zugang der Genehmigungsentscheidung beim gesetzlichen Vertreter entsprechend § 206 BGB gehemmt ist, wenn die Erklrung selbst dem Nachlassgericht gegenber abgegeben und die fr die Wirksamkeit erforderliche gerichtliche Genehmigung beim Familiengericht innerhalb der Ausschlagungsfrist „beantragt“ (dazu Rn 463) wurde. 459 Wurde dem gesetzlichen Vertreter eine Vorgenehmigung erteilt, wird das Rechtsgeschft ohne weiteres mit Vornahme wirksam, denn die Genehmigung hat die durch das Genehmigungserfordernis eingeschrnkte Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters vervollstndigt. Bei einseitigen Rechtsgeschften kann der private Erklrungsempfnger, dem die Vorgenehmigung nicht mit der Erklrung vorgelegt wurde, das wirksame Rechtsgeschft aber vernichten, in dem er von der Mçglichkeit des § 1831 S 2 BGB Gebrauch macht und das Rechtsgeschft wegen der Nichtvorlage der (schriftlichen) Genehmigung unverzglich zurckweist. Ein solches Zurckweisungsrecht steht Behçrden jedoch nicht zu. Wurde dem gesetzlichen Vertreter eine nachtrgliche Genehmigung zu einem einseitigen Rechtsgeschft erteilt, wird das Rechtsgeschft mit Bekanntmachung der Genehmigung gegenber dem gesetzlichen Vertreter wirksam (§§ 1643 Abs 3, 1828 BGB), wenn die Erklrung einer nachtrglichen Genehmigung zugnglich war (= amtsempfangsbedrftige Erklrungen, s.o.).1117 460 Mehrseitige Rechtsgeschfte kçnnen sowohl vorab als auch nachtrglich genehmigt werden (vgl §§ 1643 Abs 3, 1829 BGB). Das mit Vorgenehmigung vorgenommene Rechtsgeschft ist sofort wirksam, ohne dass von der Genehmigung Gebrauch gemacht werden msste, weil § 1829 Abs 1 BGB das Gebrauchmachen nur fr die nachtrgliche Genehmigung verlangt. Das ohne gerichtliche Genehmigung vorgenommene Rechtsgeschft ist schwebend unwirksam. Wird die Genehmigung zu einem mehrsei1117

LG Berlin, Beschluss vom 11.7.2006 – AZ: 83 T 572/05 – (zitiert nach juris).

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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tigen Rechtsgeschft nachtrglich erteilt, bedarf es zur Wirksamkeit des Rechtsgeschfts neben der Erteilung der Genehmigung an den gesetzlichen Vertreter (§ 1828 BGB) der Mitteilung der Genehmigung an den Vertragspartner durch den gesetzlichen Vertreter, § 1829 Abs 1 BGB. Mit dieser Mitteilung wird die Genehmigung gegenber dem Vertragspartner (§ 1829 Abs 1 S 2 BGB) und damit zugleich das Rechtsgeschft (§ 1829 Abs 1 S 1 BGB) vollwirksam. Die Eltern haben es damit nach Vornahme des mehrseitigen Rechtsgeschfts und nachfolgender Erteilung der Genehmigung noch immer in der Hand, das bisher schwebend unwirksame Rechtsgeschft nicht wirksam werden zu lassen, in dem sie von der ihnen erteilten Genehmigung keinen Gebrauch machen. Das Gebrauchmachen von der Genehmigung erfordert aber wie die Entgegennahme derselben Vertretungsmacht im Zeitpunkt des Gebrauchmachens, wobei auch insoweit Stellvertretung mçglich ist (vgl Rn 457). Findet zwischenzeitlich ein Wechsel in der Person des gesetzlichen Vertreters statt, obliegt die Entscheidung ber die Mitteilung an den Vertragspartner und die Mitteilung selbst dem aktuellen gesetzlichen Vertreter. Eine zu „Vertretungszeiten“ zur Mitteilung der Genehmigung an den Vertragspartner wirksam erteilte Vollmacht wirkt aber hier bis zum Widerruf durch den neuen gesetzlichen Vertreter fort (vgl Rn 457). Wird die Genehmigung verweigert, wird das Rechtsgeschft mit Mitteilung der Verweigerung durch den (aktuellen) gesetzlichen Vertreter an den Vertragspartner endgltig unwirksam, vgl § 1829 Abs 1 S 2, 1 BGB. Wird das Kind zwischen der Vornahme des Rechtsgeschfts und der 461 Genehmigungsentscheidung volljhrig, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Familiengerichts, §§ 1643 Abs 3, 1, 1829 Abs 3 BGB. Eine Genehmigungserteilung kommt nicht mehr in Betracht. 4.7.9. Verfahrensrechtliche Regelungen im Überblick

Zustndig fr die Entscheidung ber von Eltern nach §§ 1643, 1821, 462 1822 BGB bençtigte gerichtliche Genehmigungen ist das Familiengericht, § 1643 Abs 1 BGB.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Sachlich und çrtlich ist in erster Linie das Amtsgericht am Wohnsitz des Kindes zustndig, bei fehlendem Wohnsitz ist der Aufenthalt des Kindes maßgeblich, §§ 621 Abs 1 Nr 1, 621a Abs 1 S 1 ZPO, §§ 64 Abs 1, 3 S 2, 43 Abs 1, 36 FGG. Die Entscheidung ber die nach § 112 Abs 1 BGB und § 2347 BGB (dazu Rn 449) erforderlichen gerichtlichen Genehmigungen obliegt hingegen dem Vormundschaftsgericht (streitig).1118 Die sachliche und çrtliche Zustndigkeit des Vormundschaftsgerichts ergibt sich aus §§ 35, 43 Abs 1, 36 FGG. Funktionell ist in jedem Fall der Rechtspfleger/die Rechtspflegerin zustndig (§ 3 Nr 2a RPflG), da sich aus § 14 RPflG kein Richtervorbehalt ergibt. 463 Die Erteilung der Genehmigung setzt keinen fçrmlichen Antrag voraus, das Verfahren ist von Amts wegen durchzufhren.1119 Allerdings scheidet die Erteilung einer Genehmigung ohne oder gar gegen den Willen des gesetzlichen Vertreters aus.1120 Die entscheidungserheblichen Tatsachen sind von Amts wegen zu ermitteln, § 12 FGG. Dem steht aber nicht entgegen, dass die Eltern bei der Beschaffung bestimmter Unterlagen wie zB eines Verkehrswertgutachtens, anhand dessen etwa die Angemessenheit des Grundstckskaufpreises beurteilt werden kann, oder Gesellschaftsvertrgen mitzuwirken haben.1121 464 Vor der Entscheidung sind die Eltern persçnlich zu hçren, § 50 a FGG. Gleiches gilt fr das nicht geschftsunfhige Kind, das selbst in der Lage ist, das Recht auf rechtliches Gehçr wahrzunehmen (Art 103 Abs 1GG,1122 vgl auch § 50 b FGG). Auch dieses ist daher 1118 1119 1120 1121 1122

Zum Streitstand Zorn in Jansen, FGG, § 35 Rn 8. Gernhuber/Coester-Waltjen § 60 Rn 58. MnchKomm BGB/Wagenitz § 1828 Rn 31; Erman/Saar § 1828 Rn 2; BayObLG FamRZ 1977, 141. Klsener Rpfleger 1993, 133, 140. Nach Auffassung des BVerfG ergibt sich die Pflicht zur Anhçrung in den vom Rechtspfleger/von der Rechtspflegerin durchgefhrten Verfahren nicht aus Art 103 Abs 1 GG, sondern aus der dem Art 19 Abs 4 GG entnommenen Pflicht zur Gewhrung eines fairen Verfahrens, BVerfGE 101, 397.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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anzuhçren, weil die Genehmigungsentscheidung in sein Recht eingreift. Ist das Kind geschftsunfhig oder faktisch nicht ußerungsfhig, stellt sich die Frage, ob auf die Anhçrung gnzlich verzichtet bzw auf die der Eltern als dessen gesetzliche Vertreter auch im Verfahren zurckgegriffen werden kann. Dagegen spricht aber die mehrfach vom BVerfG1123 geußerte Auffassung, dass das rechtliche Gehçr nicht durch denjenigen vermittelt werden kann, dessen Handeln im Genehmigungsverfahren berprft werden soll. Dem Kind muss daher ein unabhngiger Vertreter fr das Genehmigungsverfahren zur Seite gestellt werden, wenn es selbst (noch) nicht in der Lage ist, seine Rechte im Verfahren wahrzunehmen.1124 Zur Wahrung dieser Rechte ist dem Kind analog § 50 FGG ein Verfahrenspfleger zu bestellen.1125 Eine solch rechtzeitige Bestellung des Verfahrenspflegers ermçglicht diesem, wie vom BVerfG1126 gefordert, schließlich auch, Einfluss auf die gerichtliche Entscheidung zu nehmen. Gegen die Entscheidung des Familiengerichts ist die befristete 465 Beschwerde gem § 11 Abs 1 RPflG, § 621e ZPO gegeben, da es sich um eine Endentscheidung iSv § 621e Abs 1 ZPO handelt.1127 Die 1123

1124 1125 1126 1127

Zuletzt „besttigt“ in der viel beachteten Entscheidung zum „Vorbescheid“ im Genehmigungsverfahren, BVerfGE 101, 397 (BGBl I 2000 S 444) = NJW 2000, 1709 = FamRZ 2000, 731 = Rpfleger 2000, 205 m Anm Eickmann/Sonnenfeld/ Dmig Rpfleger 2000, 245 ff = JZ 2000, 783 m Anm Heß/Vollkommer = BWNotZ 2000, 91 m Anm Kraiß und Bhler BWNotZ 2001, 17 ff = FGPrax 2000, 103 = DNotZ 2000, 387 = ZEV 2000, 148 m Anm Langenfeld ZEV 2000, 195 = MDR 2000, 655 = CR 2000, 725 m Anm Wollweber, vgl dazu auch die (Besprechungs-)Aufstze von Gottwald FamRZ 2000, 1477 ff; Dçrndorfer FamRZ 2001, 1117 ff; Pawlowski JZ 2000, 913 ff; Habscheid Rpfleger 2001, 209 ff; Reiß MittBayNot 2000, 373 ff; Bork FamRZ 2002, 65 ff; Zorn Rpfleger 2002, 241 ff. AA OLG Koblenz Rpfleger 2005, 665. Zorn in Jansen, FGG, § 50 Rn 10 mN auch zu der die analoge Anwendung von § 50 FGG ablehnenden Auffassung. Beschluss vom 26.8.1999, 1 BvR 1403/99, gericht.de/entscheidungen/frames/ rk19990826_1bvr 140399, dazu Zorn in Jansen, FGG, § 50 Rn 36. Zorn FamRZ 2001, 1373, 1374; Bhler BWNotZ 2001, 17, 18; OLG Hamm FamRZ 2001, 53; OLG Dresden FamRZ 2001, 1307 = Rpfleger 2001, 232; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 1049; OLG Frankfurt FamRZ 2004, 713; Sonnenfeld in Jansen, FGG, § 55 Rn 4; Wick in Jansen, FGG, Vor §§ 64–64b Rn 22 (S 697); aA OLG Mnchen 2003, 392 = OLGR 2002, 477.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Beschwerde kann binnen eines Monats beim Beschwerdegericht (= OLG) eingelegt werden, §§ 621e Abs 3, 517 ZPO. Ein Abhilferecht besteht nicht, §§ 621e Abs 3, 318 ZPO. Gegen die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts ist die unbefristete Beschwerde gem § 19 FGG gegeben, der auch abgeholfen werden kann, § 18 Abs 1 FGG.1128 Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, ist sie dem Beschwerdegericht (= LG) zur Entscheidung vorzulegen, § 19 Abs 2 FGG. Nach den §§ 55, 62 FGG wird die gerichtliche Genehmigung unabnderlich und damit unanfechtbar, wenn sie einem Dritten gegenber wirksam geworden ist.1129 In den Anwendungsbereich von §§ 55, 62 FGG fallen nur Außengenehmigungen, weil nur deren Wirksamkeit von der gerichtlichen Genehmigung abhngt. Wegen §§ 621e Abs 3, 318 ZPO kommt zwar eine nderung der Verfgung durch das Familiengericht – anders als durch das Vormundschaftsgericht, s.o. – ohnehin nicht in Betracht, gem § 62 FGG kann aber auch das Beschwerdegericht die Verfgung des Familiengerichts im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs grundstzlich nur bis zu der in § 55 FGG genannten Grenze ndern. 466 Nach inzwischen verbreiteter Meinung ist eine nderung der gerichtlichen Verfgung ungeachtet der §§ 55, 62 FGG in Ausnahme des nderungsverbots aber statthaft, wenn entgegen der vom BVerfG in der Entscheidung vom 18.1.20001130 ausgesprochenen Verpflichtung kein Vorbescheid erlassen wurde.1131 Nach dieser Entscheidung ist der Rechtspfleger/die Rechtspflegerin vor Erlass einer in den Anwen-

1128 1129 1130

1131

Zu den unterschiedlichen Rechtsmittelzgen vgl Zorn FamRZ 2001, 1373 ff. Zum Eintritt des nderungsverbots ausfhrlich Sonnenfeld in Jansen, FGG, § 55 Rn 31 ff. BVerfGE 101, 397 (BGBl I 2000 S 444) = NJW 2000, 1709 = FamRZ 2000, 731 = Rpfleger 2000, 205 m Anm Eickmann/Sonnenfeld/Dmig Rpfleger 2000, 245 ff = JZ 2000, 783. OLG Schleswig NJWE-FER 2001, 258 = Rpfleger 2001, 416 = OLGR 2001, 409; dass FamRZ 2001, 52 = MittBayNot 2001, 81 m Anm Reiß = DNotZ 2001, 650 m Anm Waldner; OLG Kçln FamRZ 2001, 1167; dass FGPrax 2001, 197; dass OLGR Kçln 2001, 369; OLG Hamm NJW-RR 2004, 223 = FGPrax 2004, 23 = Rpfleger 2004, 215; OLG Frankfurt FamRZ 2004, 713.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

383

dungsbereich von §§ 55, 62 FGG fallenden Verfgung verpflichtet, diese durch einen Vorbescheid anzukndigen, wenn erkennbar ist, dass die beabsichtigte Entscheidung Rechte Dritter berhrt, denen sonst der Rechtsweg – jedenfalls faktisch – versperrt wre. Die Entscheidungsformel hat Gesetzeskraft,1132 der Erlass eines Vorbescheids steht also nicht im Belieben des Gerichts, wenn die weiteren Voraussetzungen erfllt sind. Gleichwohl ist den Kritikern der Entscheidung ohne Einschrnkung zuzugestehen, dass damit zwangslufig Verfahrensverzçgerungen verbunden sind, die dem Vertretenen (und nur auf dessen Belange kommt es im Genehmigungsverfahren an) nicht zutrglich sind.1133 Die Verpflichtung zum Erlass eines Vorbescheids wurde dem Rechts- 467 pfleger/der Rechtspflegerin auferlegt, um dem Dritten, dessen Rechte durch die beabsichtigte Entscheidung erkennbar berhrt sind, eine richterliche berprfung der vom Rechtspfleger/von der Rechtspflegerin zu treffenden Entscheidung (§ 3 Nr 2 a RPflG) zu ermçglichen, ehe diese wirksam und damit gem §§ 55, 62 FGG unabnderlich geworden ist. Von der Entscheidung erfasst sind grundstzlich sowohl die Erteilung als auch die Versagung einer gerichtlichen Genehmigung.1134 Die Versagung einer Genehmigung fllt aber nur dann in den Anwendungsbereich der Vorschriften, wenn die Erteilung einer nachtrglichen Genehmigung zu einem mehrseitigen Rechtsgeschft verweigert wird, weil nur durch die Mitteilung der Verweigerung einer

1132

1133

1134

Zorn Rpfleger 2002, 241; BayObLGZ 2002, 208 = FamRZ 2003, 479 = NJW-RR 2003, 649 = Rpfleger 2003, 82 m Anm Zorn; aA dh gegen den Erlass „eines dem FGG fremden und damit rechtswidrigen Vorbescheids“ Dmig Rpfleger 2002, 556, 559. Vgl ua Langenfeld (ZEV 2000, 195), der zu Recht frchtet, dass Schaden entstehen kann, weil der Vertragspartner wegen dieser Verzçgerung von dem Geschft Abstand nimmt. Ausfhrlich dazu Sonnenfeld in Jansen, FGG, § 55 Rn 15 mwN; vgl auch BGH FamRZ 2003, 868 = FGPrax 2003, 169 = Rpfleger 2003, 423; aA OLG Brandenburg Rpfleger 2007, 605 = OLGR 2007, 924 = MDR 2007, 1320 = FamRZ 2008, 425 m abl Anm Zorn Rpfleger 2008, 135 ff.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

nachtrglichen Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter das bis dahin schwebend unwirksame Rechtsgeschft endgltig unwirksam (vgl § 1829 Abs 1 BGB) und damit unabnderlich iSv §§ 55, 62 FGG wird. Wird hingegen die Erteilung einer vorherigen Genehmigung abgelehnt, kann der gesetzliche Vertreter das Rechtsgeschft nicht (schwebend wirksam) vornehmen, sodass dem Dritten die Mçglichkeit bleibt, gegen die Versagung Rechtsmittel einzulegen, ohne befrchten zu mssen, dass der gesetzliche Vertreter inzwischen die endgltige Unwirksamkeit eines bisher schwebend wirksamen Rechtsgeschfts durch Mitteilung der Versagung an den Vertragspartner herbeifhrt. 468 XI. bersichtsskizze: Grundstzliches Erfordernis des Erlasses eines Vorbescheides im Rahmen einer Vorgenehmigung

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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XII. bersichtsskizze: Grundstzliches Erfordernis des Erlasses 469 eines Vorbescheides im Rahmen einer Nachgenehmigung

Von dieser rein formalen Betrachtungsweise zu trennen ist indes die 470 Frage, wann nach den konkreten Umstnden davon auszugehen ist, dass die Rechte des Dritten durch die Genehmigungsentscheidung im Sinne der verfassungsgerichtlichen Entscheidung erkennbar berhrt sind. Da von jeder gerichtlichen Genehmigungsentscheidung die Rechte des Vertretenen betroffen sind, das BVerfG aber die erkennbare Berhrtheit hervorgehoben hat, kann davon ausgegangen werden, dass nicht jede in den Anwendungsbereich von §§ 55, 62 FGG fallende Genehmigungsentscheidung durch einen Vorbescheid angekndigt werden muss. Verzichtet werden kann darauf etwa dann, wenn der Dritte bei der Anhçrung sein ausdrckliches Einverstndnis gibt, oder es erkennbar keine Alternative zu dem von dem gesetzli-

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

chen Vertreter beabsichtigten genehmigungsbedrftigen Rechtsgeschft gibt.1135 471 Dritter im Sinne der verfassungsrechtlichen Entscheidung ist der Vertretene also das Kind. In dessen Recht wird durch die Genehmigungsentscheidung eingegriffen, sodass es sich bei dem Kind auch um den Vorbescheidsadressaten handelt. Da die Eltern das Kind im Genehmigungsverfahren nicht vertreten kçnnen (vgl Rn 464) und daher auch als Zustelladressat ausscheiden, ist zu klren, wem der Vorbescheid zuzustellen ist. Ist das Kind 14 Jahre oder lter und nicht geschftsunfhig, kann es in einem Verfahren, in dem es vorab angehçrt werden soll, selbstndig Beschwerde einlegen, §§ 59 Abs 3, 1 S 2, 50 b FGG. Daher ist dem beschwerdefhigen Kind selbst der Vorbescheid fçrmlich zuzustellen. Die fçrmliche Zustellung ist erforderlich, weil in dem (im Gesetz nicht geregelten) Vorbescheid von dem Rechtspfleger/der Rechtspflegerin nach pflichtgemßem Ermessen eine Frist zu bestimmen ist, binnen derer Beschwerde gegen den Vorbescheid eingelegt werden kann. Diese Frist wird durch die fçrmliche Zustellung in Lauf gesetzt.1136 Bei dieser Frist handelt es sich allerdings nicht um eine Notfrist, sodass auch ein außerhalb der gesetzten Frist eingegangener Vortrag bei der Entscheidungsfindung zwingend zu bercksichtigen ist, solange die endgltige Entscheidung noch nicht erlassen wurde. Gegen den Vorbescheid ist grundstzlich das Rechtsmittel gegeben, das auch gegen die Endentscheidung gegeben ist. Da der Vorbescheid aber nicht vollstndig an die Stelle der endgltigen Entscheidung tritt, ist auch, soweit es sich um einen vom Familiengericht erlassenen Vorbescheid handelt, nicht die befristete Beschwerde des § 621e ZPO gegeben. Eine Bercksichtigung der mit der hier angesprochenen Beschwerde vorgetragenen Argumente iS eines Abhilferechts ist trotz der gesetzten Frist daher mçglich.1137 1135 1136 1137

Nher dazu Sonnenfeld in Jansen, FGG, § 55 Rn 16; vgl aber auch Zorn Rpfleger 2008, 135 ff. Sonnenfeld in Jansen, FGG, § 55 Rn 22. Sonnenfeld in Jansen, FGG, § 55 Rn 23.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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Bleibt der Rechtspfleger/die Rechtspflegerin bei seiner Entscheidung, ist die Beschwerde dem Rechtsmittelgericht zur Entscheidung vorzulegen,1138 im familiengerichtlichen Verfahren also dem OLG (§ 119 Abs 1 Nr 1a GVG), im vormundschaftsgerichtlichen Verfahren hingegen dem LG (§ 19 Abs 2 FGG). Einem jngeren oder geschftsunfhigen Kind ist in analoger Anwendung von § 50 FGG ein Verfahrenspfleger zu bestellen, der nicht nur das rechtliche Gehçr anstelle der Eltern wahrnimmt (vgl Rn 464), sondern auch als Empfnger des Vorbescheids fungiert, gegen den er sodann auch Beschwerde einlegen kann. Wird der Verfahrenspfleger, wie erçrtert (Rn 464), rechtzeitig bestellt, kann er, wie das beschwerdefhige Kind selbst, aber auch von vornherein auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichten, sodass in diesem Fall der Erlass eines Vorbescheids gnzlich unterbleiben und die Endentscheidung sogleich erlassen werden kann. Das „leidige Vorbescheidsproblem“ im Genehmigungsverfahren kçnnte sich dadurch erledigen, dass der Gesetzgeber den Entwurf zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) vom 7.9.2007 umsetzt, nach denen Beschlsse, die die Genehmigung zu einem Rechtsgeschft zum Gegenstand haben, erst mit Rechtskraft wirksam werden sollen, was in der Entscheidung auszusprechen ist (§ 40 Abs 2 S 1, 2 FamFG-E). Die Beschwerdefrist soll auf zwei Wochen begrenzt werden (§ 63 Abs 2 Nr 2 FamFG-E). Entgegen den in der Begrndung des Entwurfs enthaltenen berlegungen sollte aber nicht nur die Erteilung der Genehmigung,1139 sondern auch die Versagung in den Anwendungsbereich der Regelung einbezogen werden, weil auch solche die Rechte des Vertretenen berhren (vgl Rn 467).1140 1138 1139 1140

Sonnenfeld in Jansen, FGG, § 55 Rn 24; aA Dçrndorfer FamRZ 2001, 1117, der sich fr eine Richtervorlage nach § 11 Abs 2 RPflG ausspricht. Vgl BT-Drucks 16/6308 S 196. So auch Sonnenfeld in Jansen, FGG, § 55 Rn 46 zu der bereits in dem Entwurf von 2005 enthaltenen (gleichlautenden) Regelung; zur Begrndung vgl auch Zorn (Rpfleger 2008, 135 ff) in einer Anm zu OLG Brandenburg Rpfleger 2007, 605 = OLGR 2007, 924 = MDR 2007, 1320 = FamRZ 2008, 425.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

5. Einschränkung der elterlichen Sorge durch Pflegerbestellung

472 Vom Zeitpunkt der Bestellung eines Ergnzungspflegers bis zur Beendigung der Pflegschaft kraft Gesetzes oder durch Aufhebung (vgl §§ 1918, 1919 BGB) ist die elterliche Sorge im Umfang des Wirkungskreises des Pflegers eingeschrnkt und zwar auch dann, wenn die Pflegschaft zu Unrecht angeordnet wurde.1141 Denn die elterliche Sorge erstreckt sich gem § 1630 Abs 1 BGB nicht auf Angelegenheiten des Kindes, fr die ein Pfleger bestellt ist. Sind die Eltern nicht tatschlich oder rechtlich an der Besorgung das Kind betreffender Angelegenheiten verhindert oder besteht kein Frsorgebedrfnis fr die Anordnung einer Pflegschaft, fhrt eine Pflegerbestellung wegen § 1630 Abs 1 BGB zu einem Eingriff in die elterliche Sorge, der aber nur aufgrund gesetzlich vorgesehener Eingriffstatbestnde erfolgen darf. Um einen unberechtigten Eingriff in das Elternrecht von vornherein zu verhindern, ist daher stets zu prfen, ob die Voraussetzungen fr eine Pflegerbestellung nach § 1909 BGB vorliegen.1142 Liegt keine tatschliche oder rechtliche Verhinderung beider sorgeberechtigter Eltern oder des allein sorgeberechtigten Elternteils etwa wegen eines gesetzlichen Vertretungsausschlusses vor, darf die Pflegerbestellung durch das dafr zustndige Vormundschaftsgericht (vgl §§ 1915 Abs 1 S 1, 1789 BGB) nur bzw erst erfolgen, wenn die Voraussetzungen zB durch Teilentzug der elterlichen Sorge oder durch Entziehung der Vertretungsmacht des allein sorgeberechtigten Elternteils bei Vorliegen der dafr nach § 1666 BGB bzw § 1796 BGB erforderlichen Voraussetzungen durch das hierfr zustndige Familiengericht herbeigefhrt wurden. Wegen dieses Auseinanderfallens der Zustndigkeiten kann – anders als nach dem bis zum 30.6.1998 geltenden Recht – bei unter elterlicher Sorge stehenden Kindern in der Pflegerbestellung selbst kein solcher (rechtmßiger) Entzug mehr gesehen werden, weil die Entzie1141 1142

Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1630 Rn 2. Ausfhrlich zu den Voraussetzungen der Bestellung eines Ergnzungspflegers Sonnenfeld Rn 402 ff.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

389

hung seit dem 1.7.1998 allein dem Familiengericht obliegt, das daraufhin auch die Pflegschaft anordnen und den Pfleger auswhlen kann (§ 1697 BGB), whrend die Bestellung des Pflegers weiterhin stets Sache des Vormundschaftsgerichts ist, §§ 1915 Abs 1 S 1, 1789 BGB. Weil eine zu Unrecht angeordnete Pflegschaft gleichwohl wirksam ist, ist sie gem § 18 Abs 1 FGG von Amts wegen aufzuheben, womit ohne weiteres auch die Wirkung des § 1630 Abs 1 BGB entfllt, weil es ohne Pflegschaft keinen Pfleger geben kann. Die geschilderten unterschiedlichen Zustndigkeiten fhren zu unnçtigen Verwicklungen und verbrauchen zudem gerichtliche Ressourcen, weil unterschiedliche Gerichte mit derselben Sache befasst sind, ohne dass sich daraus Vorteile ergben. Es wre daher sehr zu begrßen, wenn dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur bertragung aller Minderjhrige betreffenden Aufgaben auf das Familiengericht gefolgt wrde.1143 6. Einfluss der Heirat des minderjährigen Kindes auf die elterliche Sorge

Gem § 1303 Abs 1 BGB soll eine Ehe nicht vor Eintritt der Volljh- 473 rigkeit geschlossen werden. Nach § 1303 Abs 2 BGB kann das Familiengericht von dem Erfordernis der Volljhrigkeit aber auf Antrag des/der mindestens 16 Jahre alten minderjhrigen Verlobten befreien, wenn sein/ihr knftiger Ehegatte volljhrig ist. Der Zustimmung der personensorgeberechtigten Eltern zur Heirat bedarf es seit dem 1.7.1998 nicht mehr (vgl § 1303 Abs 4 BGB); diese haben nur noch ein, allerdings berwindbares, Widerspruchsrecht.1144 Das Familiengericht darf die Befreiung gegen den Widerspruch der Personensorgeberechtigten nmlich nur erteilen, wenn der Wider1143

1144

§ 151 FamFG-E (= Art 1 FGG-Reformgesetz [FGG-RG] = Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 7.9.2007, BT-Drucks 16/6308). Gernhuber/Coester-Waltjen § 57 Fn 160.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

spruch nicht auf triftigen Grnden beruht, § 1303 Abs 3 BGB. § 1303 Abs 3 BGB hat wegen der mit der Heirat verbundenen Wirkungen auf die elterliche Sorge die Qualitt einer besonderen Norm, da die auch dem mindestens 16 Jahre alten Minderjhrigen zustehende Eheschließungsfreiheit einen Eingriff in die elterliche Sorge unterhalb der Gefhrdungsgrenze rechtfertigt.1145 Widerspruchsberechtigt sind die Eltern jeder fr sich, wenn sie beide die tatschliche Personensorge innehaben. Das Widerspruchsrecht ist Ausfluss der tatschlichen Personensorge, es ist also nicht daran geknpft, dass die Eltern das Kind in persçnlichen Angelegenheiten auch vertreten kçnnten.1146 474 Die Heirat fhrt nicht zur Mndigkeit des minderjhrigen Ehegatten, die Eltern verlieren aber die tatschliche Personensorge. Diese geht auch nicht etwa auf den volljhrigen Ehegatten ber; der Minderjhrige ist in diesem Umfang vielmehr einem Volljhrigen gleichgestellt. Der Verlust der tatschlichen Personensorge, zu der neben dem Erziehungsrecht1147 (vgl § 1631 Abs 1 BGB) auch das Aufenthaltsund das Umgangsbestimmungsrecht gehçren,1148 dient dem Schutz der Ehe. Die Eltern verlieren die tatschliche Personensorge fr ihr Kind durch dessen Heirat endgltig, sie steht den Eltern also auch dann nicht mehr zu, wenn die Ehe vorzeitig, dh vor Volljhrigkeit des Kindes endet.1149 Von der Heirat unberhrt bleibt die gesetzliche Vertretung in persçnlichen Angelegenheiten und die gesamte Vermçgenssorge. Die (gesetzliche) Vertretung des minderjhrigen Ehegatten obliegt also grundstzlich vollumfnglich weiterhin den Eltern, whrend das Kind die einer Vertretungshandlung vorgelagerte Entscheidung in 1145 1146 1147 1148 1149

Gernhuber/Coester-Waltjen § 9 Rn 18. Palandt/Brudermller § 1303 Rn 7. LG Darmstadt NJW 1965, 1235. So auch Schwab Rn 543. Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1633 Rn 7 mwN.

V. Grundsätze und Schranken der elterlichen Sorge

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persçnlichen Angelegenheiten selbstndig trifft. Das verheiratete Kind kann zB selbstndig darber entscheiden, ob es sich einer rztlichen Behandlung unterziehen will. Auch die Begrndung und die Aufhebung eines Wohnsitzes obliegt dem verheirateten Kind allein, § 8 Abs 2 BGB. Die Heirat ist aber auch sonst nicht gnzlich ohne Einfluss auf die Fhigkeit des Kindes, im Außenverhltnis selbstndig wirksam zu handeln. So ist der minderjhrige Ehegatte zB gem § 607 Abs 1 ZPO in Ehesachen selbst prozessfhig. Im Verhltnis der Ehegatten untereinander gelten §§ 1353 ff BGB. 475 Leben diese im gesetzlichen Gterstand der Zugewinngemeinschaft, so wirkt die von der Heirat nicht berhrte elterliche Vermçgenssorge auch hier, weil der volljhrige Ehegatte zu einem in den Anwendungsbereich der §§ 1365, 1369 BGB fallenden Rechtsgeschft die Zustimmung der Eltern des minderjhrigen Ehegatten bençtigt.1150 Einen Ehevertrag kann das minderjhrige Kind nur selbst abschließen, bençtig gem § 1411 Abs 1 S 4 BGB hierzu aber die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Da das Kind bezogen auf die tatschliche Personensorge einem Voll- 476 jhrigen gleichsteht, kçnnen die Eltern insoweit keine Entscheidungen als Vertreter des Kindes treffen. Maßnahmen gem § 1666 BGB scheiden bezogen auf diesen Bereich daher aus. Soweit das „Kind“ infolge einer der in § 1896 Abs 1 BGB genannten 477 Krankheiten oder Behinderungen seine der tatschlichen Personensorge zuzuordnenden Angelegenheiten nicht (mehr) selbst besorgen kann, kommt in analoger Anwendung von § 1896 BGB die Einrichtung einer Betreuung fr den noch Minderjhrigen in Betracht, da das insoweit nicht mehr unter elterlicher Sorge stehende Kind sonst nicht geschtzt werden kçnnte.1151 Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Eltern und verheirate- 478 tem Kind in Angelegenheiten, die sowohl die (tatschliche) Personensorge als auch die Vermçgenssorge betreffen, ist § 1630 1150 1151

Ziege NJW 1957, 1579, 1581; ders NJW 1958, 131, 132. Sonnenfeld RpflStud 1996, 10 ff.

392

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Abs 2 BGB analog anwendbar.1152 Das Familiengericht hat aber auch einen Streit in anderen „gemischten“ Angelegenheiten in analoger Anwendung dieser Norm zu entscheiden, nmlich solche, in denen es um die Durchsetzung einer vom minderjhrigen, verheirateten Kind getroffenen Entscheidung in einer persçnlichen Angelegenheit geht, die einen Vertretungsakt erfordert, deren Vornahme die Eltern aber verweigern. 479 Wird in der Ehe ein Kind geboren, hat der minderjhrige Elternteil die elterliche Sorge zwar inne, kann sie aber gem §§ 1673 Abs 3, 1675 BGB bis auf die tatschliche Personensorge nicht ausben. Der andere Elternteil bt die elterliche Sorge kraft Gesetzes bis zur Volljhrigkeit des verheirateten Elternteils insoweit gem § 1678 Abs 1 Hs 1 Alt 2 BGB allein aus (vgl Rn 180, 229, 231, 234). Den Eltern des verheirateten minderjhrigen Kindes steht die Sorge fr ihr Enkelkind nicht zu.

VI. Ausübung der elterlichen Sorge bei gemeinsamer Inhaberschaft und Ausübungsberechtigung 1. Grundsätzliche Ausübungsbindung bei gemeinsamer Elternsorge

480 Sind beide Eltern sorge- und ausbungsberechtigt und auch nicht tatschlich verhindert, besteht grundstzlich gem § 1627 S 1 BGB die Verpflichtung der Eltern, die Sorge eigenverantwortlich und im gegenseitigen Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuben. Bei Meinungsverschiedenheiten mssen die Eltern versuchen, sich zu einigen (§ 1627 S 2 BGB). Mit der Regelung soll im Interesse des Kindes eine gegenstzliche Wahrnehmung der elterlichen Sorge vermieden werden. Diese Ausbungsbindung, die den Eltern gleichrangige Rechte einrumt und Pflichten auferlegt, schließt freilich eine (einvernehmliche) Teilung

1152

Gernhuber/Coester-Waltjen § 57 Fn 158.

VI. Ausübung der elterlichen Sorge . . .

393

hinsichtlich der von den Eltern wahrzunehmenden Aufgaben nicht aus. Neben der Wahrnehmung der tatschlichen Sorge sind Entschei- 481 dungsfindungsprozesse ebenso von der Gemeinschaftspflicht erfasst, wie die gesetzliche Vertretung. Letzteres kommt in § 1629 Abs 1 S 2 Hs 1 BGB zum Ausdruck, worin das der Gemeinschaftlichkeit der Ausbung der elterlichen Sorge durch beide Eltern entsprechende Gesamtvertretungsprinzip geregelt ist. Der Gesamtvertretungsgrundsatz soll das Kind ebenfalls vor Schden aus gegenstzlichem Elternhandeln bewahren. Gleichzeitig wird durch das Erfordernis der gemeinschaftlichen Vertretung und die damit einhergehende gegenseitige Kontrolle erreicht, dass das Kind vor treuwidriger Ausbung der Vertretungsmacht durch einen von beiden Elternteilen geschtzt ist.1153 Die Eltern mssen das Kind daher im Umfang ihrer elterlichen Sorge bei Aktivhandlungen gemeinsam vertreten. Dies gilt nicht nur zB hinsichtlich des Abschlusses von Rechtsgeschften, sondern auch fr die Einwilligung in rztliche Maßnahmen, in Verfassungsbeschwerdeverfahren1154 und sonstige Prozesshandlungen der Eltern1155 sowie fr Sozialhilfeantrge.1156 Gemeinschaftliche Vertretung bedeutet aber nicht, dass beide Eltern 482 (gleichzeitig) handeln mssten. Dem Gesamtvertretungsgrundsatz gengt auch die Zustimmung des nicht nach außen auftretenden Gesamtvertreters gegenber dem anderen Elternteil in Form einer (vorherigen) Einwilligung (§ 183 BGB) oder einer (nachtrglich erteilten) Genehmigung (§ 184 BGB). Es besteht auch Einvernehmen darber, dass ein Elternteil den anderen wie auch sonst im Rechtsverkehr ausdrcklich oder durch schlssige Handlung autorisieren kann, im Einzelfall oder in bestimmten abgegrenzten Bereichen fr ihn mitzuhandeln. Die Meinungen weichen lediglich insoweit voneinander

1153 1154 1155 1156

Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1629 Rn 30. BVerfG FamRZ 2005, 429. BGH NJW 1987, 1947. OVG Lneburg NJW 2003, 3503.

394

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

ab, als unterschiedlich beurteilt wird, ob das Vertretungsrecht durch Ermchtigung1157 analog § 125 Abs 2 S 2 HGB oder durch Bevollmchtigung1158 verliehen wird. Der Unterschied besteht darin, dass der Ermchtigte ausschließlich im eigenen Namen auftritt und die Ermchtigung gegenstandsbezogen sein soll, whrend die Bevollmchtigung zum Handeln im Namen des Vollmachtgebers also im Namen eines Dritten berechtigt und personenbezogen sein soll.1159 Praktisch wird ein Elternteil regelmßig aber nicht nach außen erkennbar im eigenen Namen als Vertreter des Kindes und als Vertreter des anderen gesamtvertretungsberechtigten Elternteils auftreten, sodass von der Ermchtigung auszugehen ist, deren Wirkung im Unterschied zur Vollmachtserteilung gerade darin besteht, dass sie die Handlungsbefugnis eines Elternteils dergestalt erweitert, dass dieser das Kind im Umfang der Ermchtigung allein vertreten kann, was mit der Autorisierung in aller Regel auch beabsichtigt sein drfte. Ein Verstoß gegen §§ 1627, 1629 Abs 1 S 2 BGB liegt darin nicht, weil auch die Ermchtigung auf der Grundlage gemeinsamer sorgerechtlicher Entscheidungen entsteht, die Einvernehmen voraussetzt. Ob sich der Erklrungsempfnger allerdings ungefragt auf das Vorliegen einer solchen Ermchtigung (oder Bevollmchtigung) verlassen kann, ist eine andere Frage. Der BGH hat dies zB bei rztlichen Maßnahmen nur fr Routinebehandlungen1160 und -impfungen1161 bejaht. Geht es dagegen um rztliche Maßnahmen schwerer Art mit nicht unbedeutenden Risiken, muss sich der Arzt vergewissern, ob der allein auftretende Elternteil die Ermchtigung des anderen Elternteils hat. Bei derartigen schwierigen oder risikotrchtigen Eingriffen liegt eine solche Alleinvertretungsmacht nicht von vornherein nahe, weil sie weder aus einer blichen Funktionsteilung zwischen den Eltern folgt, noch kann sich der Arzt, auch wenn er keinen Anhalt fr Diffe1157 1158 1159 1160

1161

Von Ermchtigung gehen aus ua Rauscher Rn 1048; Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1629 Rn 44 mwN. Von Vollmacht geht ua aus Palandt/Diederichsen § 1629 Rn 9, allerdings ohne die Unterschiede aufzuzeigen. Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1629 Rn 42. BGHZ 105, 45 = NJW 1988, 2946 = MDR 1988, 949 = JZ 1989, 93 m zust Anm Giesen = FamRZ 1988, 1142; vgl dazu auch den Besprechungsaufsatz von Pawlowski MDR 1989, 775 ff. BGH NJW 2000, 1784 = FamRZ 2000, 809.

VI. Ausübung der elterlichen Sorge . . .

395

renzen zwischen den Eltern des Kindes ber die anzustrebende Behandlung hat, darauf verlassen, dass der ihm gegenber auftretende Elternteil freie Hand hat, solche schwierigen Entscheidungen allein zu treffen.1162 Ebenfalls nicht ohne weiteres von einer Ermchtigung oder Bevollmchtigung durfte der Vertragspartner nach einer Entscheidung des AG Nrtingen1163 bei Abschluss eines Fitnessstudiovertrages ausgehen. Bei Empfangnahme von Erklrungen (= Passivvertretung) gengt 483 es, wenn die Erklrung gegenber einem Elternteil abgegeben wird, § 1629 Abs 1 S 2 Hs 2 BGB. Die Empfangszustndigkeit eines Elternteils ist aber wegen § 1629 Abs 2 S 1 BGB nur gegeben, wenn auch der andere Elternteil das Kind bei Entgegennahme der Erklrung vertreten kçnnte. MaW: Ist ein gesamtvertretungsberechtigter Elternteil von der Vertretung des Kindes bei Empfangnahme der Erklrung gem §§ 181, 1795 BGB ausgeschlossen, kann auch der andere das Kind dabei nicht (allein) vertreten, § 1629 Abs 2 S 1 BGB. 2. Ausnahmen von der gemeinschaftlichen Ausübung 2.1. Das Notvertretungsrecht gem § 1629 Abs 1 S 4 BGB

Ein Alleinvertretungsrecht des allein erreichbaren Elternteils 484 besteht gem § 1629 Abs 1 S 4 BGB bei Gefahr im Verzug im Interesse des Kindes hinsichtlich solcher Rechtshandlungen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind. Dass es sich dabei um den allein erreichbaren Elternteil handeln muss, ergibt sich neben dem Umstand, dass das sog Notvertretungsrecht eine Ausnahme von dem Gesamtvertretungsgrundsatz bei Gefahr im Verzug, also bei plçtzlich und unerwartet eintretenden Notlagen bildet, auch daraus, dass das Gesetz fr diesen Fall die unverzgliche Unterrichtung des anderen (sorgeberechtigten, nicht erreichbaren) Elternteils vorsieht, § 1629 Abs 1 S 4 Hs 2

1162 1163

BGHZ 105, 45 = NJW 1988, 2946 = MDR 1988, 949 = JZ 1989, 93 m Anm Giesen = FamRZ 1988, 1142. FamRZ 2004, 50.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

BGB. Daraus ergibt sich ferner, dass das Notvertretungsrecht kein Instrument ist, um einen Elternstreit ber zu treffende Maßnahmen zugunsten eines Elternteils zu entscheiden. Auch darf es nicht dazu benutzt werden, um die Mitentscheidung eines Elternteils zu hintertreiben.1164 Die Regelung mit Ausnahmecharakter erfordert vielmehr besondere Situationen, die ein unverzgliches Eingreifen der Eltern verlangen, um Schaden von dem Kind abzuwenden, ohne dass der andere Elternteil ggf unter Ausschçpfung der heute erleichterten Kommunikationsmçglichkeiten rechtzeitig beteiligt werden kann. Es sind daher auch nur solche Rechtshandlungen von dem Notvertretungsrecht gedeckt, die zum Wohl des Kindes notwendig sind. Dem Kind mssen andernfalls erhebliche, insbesondere gesundheitliche, ggf auch wirtschaftliche Nachteile drohen, deren Abwendung sofortiges elterliches Handeln erfordern. Bedeutung erlangt das Notvertretungsrecht damit insbesondere bei Unfllen, Krankheiten oder bei Urlaub des Kindes. 485 Die Regelung ist aber nicht nur bei gemeinsamer Elternsorge bedeutsam. Vielmehr steht auch dem nicht sorgeberechtigten und damit an sich auch nicht vertretungsberechtigten Elternteil, bei dem sich das Kind rechtmßig aufhlt, gem §§ 1687a, 1687 Abs 1 S 5, 1629 Abs 1 S 4 BGB ein Notvertretungsrecht zu. Inhaltlich Vergleichbares gilt fr den Ehegatten eines allein sorgeberechtigten Elternteils, der nicht Elternteil des Kindes ist (§ 1687b Abs 2 BGB) und den eingetragenen Lebenspartner des allein sorgeberechtigten Elternteils (§ 9 Abs 2 LPartG).1165

1164 1165

So zutreffend Palandt/Diederichsen § 1629 Rn 17. Vgl ua Schwab FamRZ 2001, 385, 394; Schomburg Kind-Prax 2001, 103, 105.

VI. Ausübung der elterlichen Sorge . . .

397

2.2. Das gespaltene Sorgerecht bei dauerhafter Trennung der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern

Das Sorgerecht wandelt bei dauerhaftem Getrenntleben der Eltern 486 seine Struktur. Dies entspricht faktischen Gegebenheiten, die der Gesetzgeber mit Schaffung des § 1687 BGB durch das KindRG gesetzlich ausgestaltet hat: Der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung (= rechtmßig) gewçhnlich aufhlt, hat gem § 1687 Abs 1 S 2 BGB die alleinige Entscheidungsbefugnis in Angelegenheiten des tglichen Lebens. Maßgebend fr die Beurteilung, wann die Eltern nicht nur vorbergehend getrennt leben, ist der Begriff des § 1567 BGB.1166 Obwohl im Gesetz nicht ausdrcklich geregelt, besteht Einigkeit darber, dass die alleinige Entscheidungsbefugnis alleinige Vertretungsbefugnis mit sich bringt.1167 Ausgangspunkt fr die gesetzliche Kompetenzzuweisung ist der 487 rechtmßige gewçhnliche Aufenthalt des Kindes bei einem Elternteil, welcher das Kind allein oder berwiegend betreut, dem auf diese Weise in Angelegenheiten des tglichen Lebens (sog Alltags- oder Tagessorge1168 ) der Zwang zur stndigen Kommunikation mit dem anderen Elternteil erspart werden sollte.1169 Problematisch sind die verschiedenen Kindesbetreuungsmodelle, auf die sich die Eltern verstndigen kçnnen. Whrend der Gesetzgeber bei Schaffung der Regelung vom sog Residenzmodell ausgegangen ist, wonach sich das Kind gewçhnlich bei einem Elternteil aufhlt, von dem es auch betreut wird, kann ein gewçhnlicher Aufenthalt des Kindes iSd Vorschrift auch bei einem Wechsel- oder Pendelmodell, also dann vorliegen, wenn sich das Kind infolge Elternvereinbarung 1166 1167

1168 1169

Schwab Rn 670. Schwab FamRZ 1998, 457, 470; ders DNotZ 1998, 437, 442; Zimmermann DNotZ 1998, 404, 418; Palandt/Diederichsen § 1687 Rn 9; Staudinger/Salgo § 1687 Rn 50. Vgl ua Willutzki Rpfleger 1997, 335, 336 (= Alltagssorge); Coester-Waltjen JURA 2005, 97 (= Tagessorge). BT-Drucks 13/4899 S 107.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

abwechselnd in dem jeweiligen Haushalt eines Elternteils aufhlt.1170 Die gleich gelagerte Interessenlage spricht auch bei einem solchen Modell dafr, dass die Alltagssorge gem § 1687 Abs 1 S 2 BGB jedenfalls dann bei dem Elternteil liegt, bei dem sich das Kind rechtmßig aufhlt, wenn sich die Phasen in den unterschiedlichen Haushalten ber mehrere Monate erstrecken. Nach anderer Ansicht weist das Gesetz fr den Fall eines strikten Wechselmodells mit gleichen Anteilen an der Betreuung eine planwidrige Regelungslcke auf, die durch analoge Anwendung von § 1687 Abs 1 S 1 BGB zu schließen sei, sodass sich die Eltern auch in Alltagssorgeangelegenheiten einigen mssten und bei Nichteinigung auch insoweit eine gerichtliche Entscheidungszuweisung gem § 1628 BGB (dazu nher Rn 494 ff) beantragen kçnnten.1171 488 Hlt sich das Kind zeitweise rechtmßig bei dem anderen mitsorgeberechtigten Elternteil dh bei dem auf, bei dem es nicht lebt, steht diesem Elternteil alleinige Entscheidungsbefugnis in Angelegenheiten der tatschlichen Betreuung zu, § 1687 Abs 1 S 4 BGB. Der Kreis dieser Angelegenheiten ist sehr eng geschnitten; gedacht ist hier an Entscheidungen wie zB solche, was das Kind zu essen bekommt und wann es schlafen geht,1172 welche Freizeitaktivitten unternommen werden, welches Fernsehprogramm das Kind wie lange sehen darf und mit wem es whrend des Aufenthalts Umgang haben darf. Mit diesem Alleinentscheidungsrecht ist grundstzlich kein Alleinvertretungsrecht verknpft.1173 Nach anderer Meinung kann der mitsorgeberechtigte Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, whrend der Dauer des (rechtmßigen) Aufenthalts bei ihm aber auch ber sachdienliche gewçhnliche rztliche Behandlungen allein bestimmen, ohne dass ein Notfall iSv § 1629 Abs 1 S 4 BGB vorliegen muss.1174 Dies msste konsequenterweise auch ein Alleinvertretungsrecht hinsichtlich solcher Entscheidungen mit sich bringen, weil andernfalls das Alleinentscheidungsrecht leer liefe. 1170

1171 1172 1173 1174

Staudinger/Salgo § 1687 Rn 15; Schilling NJW 2007, 3233, 3236, 3237; zum „Wechselmodell“ vgl auch OLG Dresden NJW-RR 2005, 7 = FamRZ 2005, 125 = FPR 2004, 619 sowie ausfhrlich Kaiser FPR 2008, 143 ff. Kaiser FPR 2008, 143, 145. BT-Drucks 13/4899 S 108. Wie hier Kaiser FPR 2008, 143, 144. Staudinger/Salgo § 1687 Rn 53 unter Hinweis auf OLG Zweibrcken FamRZ 2001, 639; MnchKomm BGB/Finger § 1687 Rn 15.

VI. Ausübung der elterlichen Sorge . . .

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Die Konflikt vermeidende Alleinentscheidungsbefugnis ist auf die 489 Alltagssorge beschrnkt, geht also nicht soweit, dass die gemeinsame elterliche Sorge zur leeren Hlle wird.1175 Das gemeinsame Sorgerecht ist folglich „gespalten“.1176 In den Angelegenheiten, in denen keine Alleinentscheidungsbefugnis nach § 1687 Abs 1 S 2 BGB besteht, sind die Eltern trotz dauerhafter Trennung (weiterhin) verpflichtet, die Sorge gemeinsam auszuben. In diesem Bereich mssen sie also Einvernehmen herstellen und das Kind auch gemeinsam vertreten, §§ 1687 Abs 1 S 1, 1629 Abs 1 S 2 BGB. Es gibt demnach Angelegenheiten, in denen elterlicher Konsens erforderlich ist und solche, in denen ein Elternteil allein ausbungsberechtigt ist. Zur Abgrenzung der beiden Bereiche ist § 1687 Abs 1 S 3 BGB 490 heranzuziehen: Kommen die Angelegenheiten hufiger vor und haben keine schwer abzundernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes, ist in der Regel von einer der Alltagssorge zuzuordnenden Angelegenheit des tglichen Lebens auszugehen. § 1687 Abs 1 S 3 BGB kann aber allenfalls als grobe Orientierungshilfe dienen. Klare Abgrenzungskriterien bietet die Regel nicht, weil es Entscheidungen gibt, die hufiger vorkommen und gerade deshalb im Ergebnis schwer abzundernde Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Andererseits sind auch selten vorkommende Einzelentscheidungen nicht zwingend von bergeordneter Bedeutung fr das Kind.1177 Konkret bedeutet das, dass neben objektiven Anhaltspunkten, die fr die Zuordnung der Entscheidung zu dem Bereich der Alltagssorge bzw andererseits dem Bereich, in dem keine Alleinentscheidungsbefugnis besteht, auch die individuellen Verhltnisse wie zB das Alter des Kindes, die Familienverhltnisse und die soziale Bedeutung des Entscheidungsgegenstandes zu bercksichti-

1175 1176 1177

BT-Drucks 13/8511 S 67. Schwab FamRZ 1998, 457, 468. Nher dazu Schwab FamRZ 1998, 457, 468, 469.

400

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

gen sind.1178 Zur Alltagssorge im Bereich der Personensorge gehçrt demnach alles, was im tglichen Leben anfllt wie zB Maßnahmen fr Ernhrung, Kleidung und Hygiene, die Bestimmung der Schlafenszeit und des Fernsehkonsums, rztliche Routineuntersuchungen und Behandlungen hufig vorkommender Krankheiten (Husten, Grippe, gewçhnliche Kinderkrankheiten),1179 Entscheidungen im Schulalltag, die Routineerlaubnis zur Freizeitgestaltung und die Beantragung von Personalpapieren fr Auslandsferienreisen.1180 Im Bereich der Vermçgenssorge gehçrt zB die Verwaltung kleinerer Geldbetrge zur Alltagssorge. 491 Zu den Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung, in denen keine Alleinentscheidungsbefugnis besteht, gehçren ua – Bestimmung des gewçhnlichen Aufenthalts des Kindes;1181 – Entscheidung ber die Teilnahme eines 3-jhrigen Kindes an einer zweiwçchigen Ferienreise in ein afrikanisches Land;1182 – Auslandsreise mit einem noch nicht 2 Jahre alten Kind mit mehrstndigem Flug;1183 – Bestimmung ber den Umgang mit dem jeweils anderen Elternteil und Bezugspersonen wie den Großeltern;1184

1178

1179 1180

1181 1182

1183 1184

Vgl OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1004, dem zufolge selbst eine Urlaubsreise des Kindes nach China mit dem sorgeberechtigten Kindesvater nach den individuellen Familienverhltnissen eine Angelegenheit des tglichen Lebens sein kann. OLG Bamberg FamRZ 2003, 1403 = FPR 2003, 333 = OLGR 2003, 104. OLG Bremen NJW-RR 2008, 163 = FamRZ 2008, 810 = OLGR 2007, 906 = ZKJ 2008, 211= JAmt 2008, 276 = NJW-Spezial 2008, 38 (LS) = FamRB 2008, 75 (LS) m Anm Giers = ZFE 2008, 82 (LS); Koritz FPR 2000, 243; aA OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1187 = ZKJ 2006, 101; weitere Beispiele fhrt Schilling auf (NJW 2007, 3233, 3236). OLG Zweibrcken FamRZ 2000, 1042. OLG Kçln NJW 1999, 295 = FamRZ 1999, 249 = DAVorm 1999, 243; OLG Kçln FamRZ 2005, 644 = NJW-RR 2005, 90 = OLGR 2004, 347 (Entscheidung ber Reisen mit kleineren Kindern in einen nicht vertrauten Kulturkreis). OLG Naumburg FuR 2000, 235 = FamRZ 2000, 1241 (LS). OLG Dresden FamRZ 2005, 1275 = NJW-RR 2005, 373 = OLGR 2005, 232.

VI. Ausübung der elterlichen Sorge . . .

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– Entscheidung ber Schulart und Schule,1185 Schulwechsel des Kindes1186 sowie die erforderlichen Entscheidungen, wenn ein Kind das Klassenziel nicht erreicht hat;1187 – Entscheidung ber das Verbringen in den Kinderhort;1188 – Entscheidung, ob und wogegen das Kind geimpft werden soll;1189 – Entscheidung, ob und welche schwerwiegenden medizinischen Maßnahmen erforderlich sind;1190 – namensrechtliche1191 und Status verndernde Angelegenheiten; – alle Geschfte, zu denen eine gerichtliche Genehmigung erforderlich ist.1192 In diesen Angelegenheiten kann bei Uneinigkeit der Eltern eine Entscheidung nach § 1628 BGB beantragt werden (dazu Rn 494). In Zweifelsfllen ist davon auszugehen, dass die Angelegenheit von erheblicher Bedeutung fr das Kind ist,1193 sodass die Sorge gemß dem Grundsatz des § 1627 S 1 BGB im gegenseitigen Einvernehmen gemeinsam auszuben ist. Die geschilderte Alleinentscheidungsbefugnis kann durch familien- 492 gerichtliche Entscheidung eingeschrnkt oder gnzlich ausgeschlossen werden, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist, § 1687 Abs 2 BGB. Funktionell zustndig fr die Entscheidung ist gem § 14 Abs 1 Nr 16 RPflG der Richter/die Richterin. Die Alleinentscheidungsbefugnis endet ohne weiteres, wenn die 493 Eltern ihr Zusammenleben wieder aufnehmen.

1185 1186 1187 1188 1189 1190 1191 1192 1193

OLG Dresden NJW-RR 2003, 148 = FamRZ 2003, 1489; OLG Nrnberg FamRZ 1999, 1160. OLG Mnchen FamRZ 1999, 111 = FuR 1998, 269 = MDR 1998, 1353. OLG Nrnberg FamRZ 1999, 673 = EzFamR aktuell 1999, 114 = FuR 1999, 332 = MDR 1999, 300 = OLGR 1999, 23. OLG Brandenburg JAmt 2005, 47 = ZfJ 2005, 81 = OLGR 2004, 440. KG FamRZ 2006, 142 = ZKJ 2006, 299. OLG Bamberg FamRZ 2003, 1403 = FPR 2003, 333 = OLGR 2003, 104. OLG Dresden OLGR 2004, 380. Weitere Beispiele fhrt Schilling auf (NJW 2007, 3233, 3234). So auch Schilling NJW 2007, 3233, 3234.

402

C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

2.3. Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis gem § 1628 BGB

494 Kçnnen sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheit der elterlichen Sorge, deren Regelung fr das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil bertragen, § 1628 S 1 BGB. Der Konflikt kann eine einzelne konkrete Angelegenheit (zB Anmeldung in einer bestimmten Schule, Durchfhrung einer mit besonderen Risiken verbundenen rztlichen Maßnahme) oder eine bestimmte Art von Angelegenheit der elterlichen Sorge (zB rztliche Betreuung des Kindes1194) betreffen, deren Regelung fr das Kind von erheblicher Bedeutung ist. Die bertragung setzt gemeinsame Sorge und Ausbungsberechtigung voraus, ohne dass es darauf ankme, ob diese kraft Ehe oder durch Sorgeerklrung besteht oder ob die Eltern getrennt- oder zusammenleben. Weitere Voraussetzung einer Sachentscheidung ist ein Antrag eines (oder beider) gemeinsam sorgeberechtigten Elternteils bzw Elternteile. Eine amtswegige Entscheidung auf der Grundlage der Vorschrift scheidet ebenso aus wie eine auf Antrag des Kindes. Darber hinaus muss eine mangelnde Einigung der Eltern in der konkreten, fr das Kind bedeutsamen (Art von) Angelegenheit vorliegen. 495 § 1628 BGB ist restriktiv auszulegen. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist daher auf situative Entscheidungen beschrnkt, er betrifft nur Einzelflle, in denen die Eltern konkrete Meinungsdifferenzen nicht allein zu berwinden vermçgen.1195 Ferner scheidet ein Antrag nach § 1628 BGB aus, wenn spezielle Regelungen vorhanden sind, nach denen das Gericht einem Elternteil das alleinige Bestimmungsrecht bertrgt (§ 7 RKEG1196 und § 1617 Abs 2 S 1 BGB). Andererseits erlaubt § 1628 BGB auch die bertragung des Aufent1194 1195 1196

Vgl OLG Bamberg FamRZ 2003, 1403 = FPR 2003, 333 = OLGR 2003, 104. OLG Zweibrcken NJW-RR 2001, 506 = FamRZ 2001, 186 = JAmt 2001, 43; OLG Mnchen OLGR 2008, 260 = FamRZ 2008, 1103. Gesetz ber die religiçse Kindererziehung vom 15.7.1921, RGBl I S 939, 1263.

VI. Ausübung der elterlichen Sorge . . .

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haltsbestimmungsrechts bei Trennungsabsicht.1197 Besteht ein grundstzlicher Dissens zB ber den Aufenthalt des Kindes, kommt bei dauerhaft getrennt lebenden Eltern aber auch eine Teilbertragung der Sorge gem § 1671 BGB in Betracht, sodass trotz der mit einer bertragungsentscheidung nach § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB verbundenen hohen Anforderungen eine Konkurrenz zur bertragungsentscheidung nach § 1628 BGB bestehen kann,1198 wenn die Eltern ihren Antrag nicht explizit auf eine Entscheidung nach § 1628 BGB oder eine solche nach § 1671 BGB gerichtet haben. Die Voraussetzungen einer Entscheidung nach § 1671 BGB und einer solchen nach § 1628 BGB sind aber nicht identisch.1199 Eine Sorgerechtsbertragung nach § 1671 BGB setzt anders als eine bertragung des Bestimmungsrechts nach § 1628 BGB ein dauerhaftes Getrenntleben der Eltern voraus. Ferner kann nach § 1671 BGB die Sorge nicht dem Antragsgegner, sondern nur dem Antragsteller bertragen werden, wohingegen das Gericht nach § 1628 BGB auch dem Antragsgegner das alleinige Entscheidungsrecht bertragen kann. Treffen aber sowohl die Tatbestandsmerkmale von § 1628 BGB als auch die des § 1671 BGB zu, ist bei der Auflçsung der angesprochenen Konkurrenz zu bercksichtigen, dass eine bertragungsentscheidung nach § 1628 BGB die elterliche Sorge des in dem Streit „unterliegenden“ Elternteils in ihrer Substanz nicht berhrt, whrend eine gem § 1671 BGB erfolgende Teilbertragung der Sorge auf den anderen Elternteil insoweit zu einem Sorgerechtsverlust fhrt, der nur durch eine nderungsentscheidung gem § 1696 BGB „rckgngig“ gemacht werden kann. Handelt es sich nur um einen sachbezogenen Elternkonflikt, sprechen daher schon die unterschiedlichen Folgen der Entscheidungen fr den Vorrang von § 1628 BGB. Das Gericht kann die Entscheidung in der streitigen Angelegen- 496 heit nicht selbst treffen, sondern nur einem Elternteil die alleinige 1197 1198 1199

BT-Drucks 13/4899 S 95. Nher dazu Staudinger/Coester § 1671 Rn 55–58. Instruktiv zur Abgrenzung von § 1628 von § 1671 OLG Mnchen OLGR 2008, 260 = FamRZ 2008, 1103.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Entscheidungskompetenz zuweisen.1200 Es hat dabei die Entscheidung zu treffen, die unter Bercksichtigung der tatschlichen Gegebenheiten und Mçglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht.1201 Umfassend zu prfen ist, welcher Elternteil am ehesten geeignet ist, eine am Kindeswohl ausgerichtete Entscheidung zu treffen, wobei auch die Vorstellungen der Eltern ber den Streitgegenstand an diesem Maßstab zu messen sind.1202 497 Der Kreis der fr das Kind iSv § 1628 BGB bedeutsamen Angelegenheiten, in denen eine bertragungsentscheidung auf Antrag eines Elternteils ergehen kann, stimmt mit dem berein, in dem nach § 1687 Abs 1 S 1 BGB Einvernehmen bestehen muss (dazu Rn 491). Außer den oben aufgefhrten Angelegenheiten wurden im Zusammenhang mit bertragungsentscheidungen nach § 1628 BGB ua als besonders bedeutsam qualifiziert: – Entscheidung ber den Vornamen des Kindes;1203 – Entscheidung ber die Ausbildungs- und Berufswahl des Kindes; – Entscheidung ber die Anlegung grçßeren Kindesvermçgens und die Ausschlagung einer Erbschaft;1204 – Entscheidung ber die Umschulung des Kindes in die Waldorfschule;1205 – Entscheidung ber den Urlaub des Kindes auf den Philippinen;1206 – Entscheidung ber eine Sprachreise des Kindes;1207 – Entscheidung ber die Kindstaufe1208 (nicht jedoch die Entscheidung ber den Zeitpunkt der Taufe1209 ); allerdings kommt diesbezglich nur eine Entscheidung nach § 7 REKG durch das Vor1200 1201 1202 1203 1204 1205 1206 1207 1208

1209

BVerfG NJW 2003, 1031 = FamRZ 2003, 511 = FPR 2003, 251 = JuS 2003, 912. OLG Dresden OLGR 2004, 380; KG FamRZ 2006, 142. BVerfG NJW 2003, 1031 = FamRZ 2003, 511 = FPR 2003, 251 = JuS 2003, 912. OLG Dresden OLG-NL 2004, 164. Vgl OLG Hamm NJW 2002, 2477 = FamRZ 2003, 172 m Anm van Els = ZEV 2002, 330 = FGPrax 2002, 181 = RNotZ 2003, 190 = OLGR 2002, 328. AG Lemgo FamRZ 2004, 49. AG Rosenheim FamRZ 2004, 49. AG Heidenheim NJW-RR 2003, 1225. BGH NJW 2005, 2080 = MDR 2005, 1112 = BGHReport 2005, 1194 = FamRZ 2005, 1167 m Anm Luthin und abl Anm Weychardt FamRZ 2005, 1534 sowie Besprechungsaufsatz Ehinger FPR 2005, 367 f; vgl OLG Schleswig FamRZ 2003, 1948 = FPR 2004, 510 m Anm Britz und Ewers FamRZ 2004, 394. AG Lbeck FamRZ 2003, 549 m Anm Sçpper FamRZ 2003, 1035.

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mundschaftsgericht in Betracht, weil diese Vorschrift gegenber § 1628 BGB spezieller ist (vgl Rn 495);1210 – Entscheidung ber den Umzug des Kindes;1211 – Entscheidung ber die Anfechtung der Vaterschaft.1212 Die Beschrnkung der bertragungsmçglichkeit auf Angelegen- 498 heiten von fr das Kind erheblicher Bedeutung soll verhindern, dass die Eltern auch wegen Nebenschlichkeiten ihre Verantwortung auf das Gericht abzuwlzen versuchen.1213 Eine Stellungnahme des Gerichts in dem Elternstreit ist daher abzulehnen, wenn das Gericht zu dem Schluss kommt, dass es sich um einen Dissens der Eltern in einer fr das Kind unerheblichen Angelegenheit handelt1214 oder wenn keiner der beiden Elternvorschlge mit dem Kindeswohl vereinbar ist.1215 Die bertragungsentscheidung kann mit Beschrnkungen in Form 499 zeitlicher Befristung oder gegenber dem Antrag eingeschrnkter bertragung der alleinigen Entscheidungskompetenz oder Auflagen verbunden werden, § 1628 S 2 BGB. Auflagen kçnnen etwa darin bestehen, dass dem Elternteil, dem die Entscheidungsbefugnis bertragen wird, die Verpflichtung auferlegt wird, dem Gericht von der Durchfhrung der ins Auge gefassten Maßnahme Meldung zu machen. Solche Auflagen sind angezeigt, wenn der Elternvorschlag der Kontrolle bedarf. Beschrnkung und Auflage drfen aber nicht dazu fhren, dass das Gericht durch „Vernderung“ des Elternvorschlags ohne deren Einverstndnis im Ergebnis an Stelle der Eltern entscheidet und damit in den verfassungsrechtlich geschtzten Elternprimat eingreift. Dass das Gericht im Rahmen des verfahrensrechtlich gebotenen Vermittlungsverfahrens (vgl § 52 FGG, dazu 1210

1211 1212 1213 1214 1215

Staudinger/Salgo Anh zu § 1631: Vorbem 8b zum RKEG; siehe auch AG Weilburg FamRZ 2003, 1308 = FPR 2003, 339, das eine Entscheidung ber den Hauptstreit der Religionszugehçrigkeit des Kindes nach § 1628 BGB ablehnte, weil hierfr gem § 7 RKEG das Vormundschaftsgericht zustndig ist, whrend ber Antrge nach § 1628 BGB das Familiengericht zu befinden hat. Haußleiter NJW Spezial 2004, 151. OLG Brandenburg OLGR 2008, 416 = FamRZ 2008, 1270 (LS). OLG Kçln FamRZ 1967, 293 (LS); Palandt/Diederichsen § 1628 Rn 3. AG Lbeck FamRZ 2003, 549 m Anm Sçpper FamRZ 2003, 1035. AG Lemgo FamRZ 2004, 49.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Rn 501) mit den Eltern gemeinsam ein Lçsungsmodell entwirft, dem sich zumindest ein Elternteil anschließt, steht dem aber nicht entgegen. Die Entscheidungsbefugnis kann auch dem Elternteil bertragen werden, der den Antrag nicht gestellt hat. Bei gleich guten Elternvorschlgen kann eine bertragung allein zwecks Beendigung des Streits angebracht sein.1216 In diesem Fall ist die alleinige Entscheidungsbefugnis dem Elternteil zu bertragen, der das Kind intensiver betreut und daher strker von den Folgen der Entscheidung betroffen wre.1217 Ist keiner der Elternvorschlge mit dem Kindeswohl vereinbar, ist das Gericht freilich nicht an die von den Eltern vorgetragenen Lçsungsmodelle gebunden; vielmehr hat es von Amts wegen zu prfen, ob Maßnahmen gem § 1666 BGB zur Abwendung einer Gefahr fr das Kindeswohl oder das Vermçgen des Kindes zu treffen sind. 500 Die bertragungsentscheidung wird gem § 16 Abs 1 FGG wirksam mit Bekanntgabe an den Elternteil, dem die Entscheidungskompetenz bertragen wurde.1218 Mit ihr erlangt der allein entscheidungsbefugte Elternteil im Umfang der bertragung zugleich die alleinige Vertretungsbefugnis, § 1629 Abs 1 S 3 Alt 2 BGB. Damit wird er in die Lage versetzt, die von ihm allein getroffene Entscheidung auch im Außenverhltnis durchzusetzen. § 1629 Abs 1 S 3 BGB gilt analog fr den Fall, dass die Entscheidungsbefugnis in einer die tatschliche Personensorge betreffenden, fr das Kind bedeutsamen Angelegenheit auf den minderjhrigen, an sich nicht vertretungsberechtigten Elternteil bertragen wird (§§ 1673 Abs 2 S 3 Hs 2, 1628 BGB),1219 wenn die Durchsetzung der von diesem Elternteil getroffenen Entscheidung eine Vertretungshandlung erfordert, weil die bertragung andernfalls ins Leere liefe. 501 Funktionell zustndig fr die bertragungsentscheidung ist gem § 1628 BGB das Familiengericht. Sachlich und çrtlich ist in erster 1216 1217 1218 1219

AG Holzminden FamRZ 2002, 560. AG Lemgo FamRZ 2004, 49. OLG Hamm NJW 2002, 2477 = FamRZ 2003, 172 m Anm van Els = ZEV 2002, 330 = FGPrax 2002, 181 = RNotZ 2003, 190 = OLGR 2002, 328. Staudinger/Coester § 1673 Rn 27.

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Linie das Amtsgericht am Wohnsitz des Kindes zustndig; bei fehlendem Wohnsitz ist der Aufenthalt des Kindes maßgeblich, §§ 621 Abs 1 Nr 1, 621a Abs 1 S 1 ZPO iVm §§ 64 Abs 1, 3 S 2, 43 Abs 1, 36 Abs 1 FGG. Jedoch obliegt die Entscheidung darber, welchem Elternteil die Entscheidung darber zu bertragen ist, welcher Religion das Kind angehçren soll, gem §§ 2, 7 RKEG1220 dem Vormundschaftsgericht.1221 In jedem Fall ist die Entscheidung dem Richter/der Richterin vorbehalten, § 14 Abs 1 Nr 5 RPflG. Vor der Entscheidung sind die Eltern (§ 50 a FGG) und nach Maßgabe des § 50 b FGG auch das Kind anzuhçren.1222 Betrifft der Elternstreit zumindest auch eine die Person des Kindes (nicht ausschließlich dessen Vermçgen) betreffende Angelegenheit, hat das Gericht im Verfahren gem § 52 FGG auf ein Einvernehmen der Eltern hinzuwirken.1223 Darber hinaus kommt in solchen Angelegenheiten nach § 50 FGG auch die Bestellung eines Verfahrenspflegers fr das Kind in Betracht.1224 Gegen die vom Familiengericht getroffene Entscheidung ist die 502 befristete Beschwerde gegeben, §§ 621 Abs 1 Nr 1, 621e ZPO, die binnen eines Monats beim Beschwerdegericht eingelegt werden kann, §§ 621e Abs 3, 517 ZPO. Beschwerdegericht ist das OLG, § 119 Abs 1 Nr 1a GVG, § 64 Abs 3 S 1 FGG. Gegen die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts gem § 7 RKEG ist die unbefristete Beschwerde zum LG gegeben, § 19 FGG. 1220 1221 1222 1223 1224

Gesetz ber die religiçse Kindererziehung vom 15.7.1921, RGBl I S 939, 1263. Vgl AG Weilburg FamRZ 2003, 1308 = FPR 2003, 339; Ehinger FPR 2005, 367, 368; Schilling NJW 2007, 3233, 3235. Vgl auch BVerfG NJW 2003, 1031 = FamRZ 2003, 511 = FPR 2003, 251 = JuS 2003, 912. Ausfhrlich dazu Zorn in Jansen, FGG, § 52 Rn 1 ff. Zorn in Jansen, FGG, § 50 Rn 9.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

2.4. Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gem § 1629 Abs 2 S 2 und Abs 3 BGB

503 Haben beide Eltern die Sorge inne, sind sie beide ausbungsberechtigt und auch nicht tatschlich verhindert, haben sie die Sorge grundstzlich auch gemeinsam auszuben (§ 1627 S 1 BGB) und das Kind gemeinsam zu vertreten, § 1629 Abs 1 S 2 BGB. Von dem Gesamtvertretungsgrundsatz macht § 1629 Abs 2 S 2 BGB aber eine gewichtige Ausnahme: Die Vorschrift sieht das alleinige Vertretungsrecht trotz gemeinsamer Sorge fr die Geltendmachung von Unterhaltsansprchen durch den Elternteil vor, in dessen Obhut sich das Kind befindet. 504 Obhut iS der Vorschrift bedeutet die tatschliche Frsorge fr das Kind, dh die Befriedigung der elementaren Bedrfnisse des Kindes wie Pflege, Verkçstigung, Gestaltung des Tagesablaufs, Erreichbarkeit bei Problemen und emotionale Zuwendung.1225 Das Kind befindet sich in der Obhut desjenigen Elternteils, bei welchem es den tatschlichen Schwerpunkt seiner Lebensverhltnisse hat. Obhut eines Elternteils im Sinne von § 1629 Abs 2 S 2 BGB kann auch vorliegen, wenn die Eltern im selben Haus getrennt leben und/ oder sich beide Eltern um das Kind kmmern. Fr die Anwendung des § 1629 Abs 2 S 2 BGB kommt es allein darauf an, ob ein Elternteil das Kind berwiegend betreut und versorgt.1226 § 1629 Abs 2 S 2 BGB gilt auch bei einem Betreuungsvorsprung von 1/3,1227 nicht aber, wenn die Eltern ein striktes Wechselmodell mit gleichen Anteilen an

1225 1226

1227

Palandt/Diederichsen § 1629 Rn 31; BGH NJW 2006, 2258 = FamRZ 2006, 1015 m Anm Luthin. OLG Dsseldorf FamRZ 1988, 1092; OLG Frankfurt FamRZ 1992, 575; OLG Stuttgart NJW-RR 1996, 67 = FamRZ 1995, 1168 (LS); Bttner FamRZ 1998, 585, 593. Palandt/Diederichsen § 1629 Rn 31; BGH NJW 2006, 2258 = FamRZ 2006, 1015 m Anm Luthin; vgl auch OLG Dsseldorf NJW 2001, 3344 = FamRZ 2001, 1235 (LS) = JAmt 2001, 298 = Kind-Prax 2001, 128 = ZfJ 2002, 36 = FuR 2002, 78 = MDR 2001, 633 = FamRB 2002, 39 = OLGR 2001, 385; Vogel (FamRZ 2003, 1316) in Anm zu OLG Mnchen FamRZ 2003, 248; aA OLG Mnchen FamRZ 2003, 248; KG FamRZ 2003, 53.

VI. Ausübung der elterlichen Sorge . . .

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der Betreuung praktizieren oder wenn sie sich erst um die Obhut des Kindes bemhen.1228 Da Obhut keine Wohngemeinschaft zwischen Kind und sorgeberechtigtem Elternteil verlangt, kann sich das Kind auch in der Obhut eines Elternteils befinden, wenn es bei Verwandten, in Familienpflege, im Internat oder in einem Heim untergebracht ist. Der Elternteil, der unter Berufung auf die eigene Obhut Kindesunterhalt verlangt, muss diese ggf beweisen.1229 Der obhtende Elternteil ist berechtigt, die gegen den anderen Eltern- 505 teil gerichteten Unterhaltsansprche des Kindes geltend zu machen, sodass es keiner Pflegerbestellung bedarf. Mit dem gesetzlich vorgesehenen Alleinvertretungsrecht erbrigt sich folglich trotz des zwischen den Eltern bestehenden Interessengegensatzes in vielen Fllen die Anordnung einer Ergnzungspflegschaft, womit einem praktischen Bedrfnis Rechnung getragen wird. Der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, ist auf diesem Wege nicht gezwungen, die (Teil-)bertragung der Sorge auf sich1230 und, soweit die Eltern miteinander verheiratet sind, die Scheidung zu verlangen. Die Alleinvertretungsmacht erstreckt sich nur auf die Geltendma- 506 chung des Unterhalts. Dazu gehçren aber auch einstweilige Verfgungs- und Anordnungsverfahren, Abnderungs- und negative Feststellungsklagen, sowie außergerichtliche Vereinbarungen ber den gesetzlichen Unterhaltsanspruch des Kindes (streitig).1231 Fr andere nicht den gesetzlichen Unterhaltsanspruch des Kindes betreffende Rechtsakte bleibt es hingegen, mit Ausnahme der sich

1228 1229 1230 1231

AG Groß-Gerau FamRZ 1991, 1466; OLG Zweibrcken FamRZ 2001, 290; ausfhrlich dazu Hennemann FPR 2006, 295 ff. OLG Hamburg FamRZ 2001, 1235. BT-Drucks 13/4899 S 96. Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1629 Rn 341 mwN auch zur gegenteiligen Auffassung.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

aus § 1687 Abs 1 BGB ergebenden Besonderheiten, bei der gemeinsamen Vertretung durch beide Eltern.1232 507 Der obhtende Elternteil kann gem § 1713 Abs 1 S 2 BGB auch eine Beistandschaft fr die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs (§ 1712 Abs 1 Nr 2 BGB) beantragen. Die Aufgabe des Beistands erstreckt sich auch auf die Vertretung des Kindes in einem Passivprozess.1233 Der Begriff „Geltendmachung von Unterhaltsansprchen“ in § 1712 Abs 1 Nr 2 BGB erfasst nmlich ebenso wie der in § 1629 Abs 2 S 2 BGB auch die Verteidigung des Kindes bei einer gegenber einem Feststellungs- oder Erhçhungsbegehren erhobenen Widerklage auf negative Feststellung oder Herabsetzung des Unterhalts. Fhrt der Beistand einen Prozess, ist der obhtende Elternteil insoweit von der Vertretung des Kindes im Prozess ausgeschlossen, § 53a ZPO. 508 Das alleinige Vertretungsrecht endet, wenn eine der in § 1629 Abs 2 S 2 BGB genannten Voraussetzungen zB die Obhut ber das Kind oder die elterliche Sorge wegfllt.1234 509 Befindet sich das Kind dagegen in der Obhut eines Dritten oder in gemeinsamer Obhut der Eltern, ist ihm fr die Geltendmachung der gegen die Eltern gerichteten Unterhaltsansprche ein Pfleger zu bestellen.1235 Dies gilt auch, soweit nur gegen einen Elternteil vorgegangen werden soll, weil der Elternteil, gegen den sich die Ansprche richten, von der Vertretung des Kindes bei Geltendmachung der Ansprche kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, § 181 BGB. Dieser Ausschluss erstreckt sich wegen des Gesamtvertretungsgrundsatzes gem § 1629 Abs 1 S 2, 2 S 1 BGB in jedem Fall auch auf den anderen mitsorgeberechtig1232 1233 1234 1235

Vgl auch AG Ldenscheid FamRZ 2002, 1207 (= Abtretungsvereinbarung mit dem Sozialhilfetrger). Knittel (JAmt 2003, 364 ff) in einer Anm zu der Entscheidung des OLG Naumburg JAmt 2003, 364. Zum Obhutswechsel im laufenden Unterhaltsprozess vgl Norpoth FamRZ 2007, 514 ff. OLG Stuttgart NJW-RR 2005, 1382 = JAmt 2005, 309.

VI. Ausübung der elterlichen Sorge . . .

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ten Elternteil (dazu Rn 402). Sind die Eltern miteinander verheiratet, ergibt sich der Vertretungsausschluss des anderen Elternteils darber hinaus auch aus §§ 1629 Abs 2 S 1, 1795 Abs 1 Nr 1 Alt 1, bei gerichtlicher Geltendmachung iVm § 1795 Abs 1 Nr 3 BGB. § 1629 Abs 3 BGB knpft zwar an das alleinige Vertretungsrecht 510 eines Elternteils nach § 1629 Abs 2 S 2 BGB an, stellt demgegenber aber auch eine Spezialregelung dar. Der Unterhaltsanspruch des Kindes kann gem § 1629 Abs 3 S 1 BGB von dem obhtenden Elternteil nur im eigenen Namen gegen den anderen Elternteil, im gerichtlichen Verfahren also als Partei in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend gemacht werden, solange die Eltern miteinander verheiratet sind, dauerhaft getrennt leben und eine Ehesache zwischen ihnen anhngig ist.1236 Mit dem Begriff der Prozessstandschaft werden solche Flle beschrieben, in denen jemand einen Prozess in eigenem Namen ber ein ihm nicht zustehendes (= fremdes) Recht fhrt. Wenn die Befugnis zur Prozessfhrung im eigenen Namen, wie hier, auf dem Gesetz beruht, wird von gesetzlicher Prozessstandschaft gesprochen. Die Regelung des § 1629 Abs 3 S 1 BGB wurde fr erforderlich gehalten, weil bei verheirateten Eltern Kindesunterhaltsverfahren mit Verfahren der Eltern in Ehesachen zusammentreffen kçnnen. Die Prozessstandschaft sorgt dafr, dass das Kind aus dem Streit der Eltern herausgehalten und nicht formell Partei des Scheidungsverfahrens wird. § 1629 Abs 3 S 1 BGB gilt gleichwohl aber auch dann, wenn der Unterhaltsanspruch des Kindes nicht im Verbundverfahren mit einer Ehesache geltend gemacht wird.1237 ber den reinen Wortlaut erfasst § 1629 Abs 3 S 1 BGB seinem Normzweck entsprechend bis zur Rechtskraft einer etwaigen Ehescheidung auch die gerichtliche Vertretung des Kindes als Prozessstandschafter auf der Passivseite gegenber dem seine Unterhalts-

1236 1237

Kritisch zu dem Erfordernis des Getrenntlebens Norpoth FamRZ 2007, 514, 518. Gçppinger/Wax/van Els Rn 2012.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

pflicht leugnenden Elternteil.1238 Die negative Feststellungsklage ist daher bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1629 Abs 3 S 1 BGB gegen den anderen Elternteil als Partei zu richten. Die gesetzliche Prozessstandschaft gilt nur im gerichtlichen Verfahren,1239 dabei aber wie erwhnt nicht nur fr Aktiv-, sondern auch fr Passivprozesse. Fr das Kind bedeutet die Prozessstandschaft den Verlust der Prozessfhrungsbefugnis; die Geltendmachung seiner Ansprche im eigenen Namen scheidet whrend der Dauer der Prozessstandschaft aus.1240 511 Beistandschaft kann der obhtende Elternteil auch dann beantragen, wenn die Voraussetzungen des § 1629 Abs 3 S 1 BGB vorliegen und er selbst die Ansprche des Kindes nur im eigenen Namen geltend machen kçnnte, da die gesetzliche Prozessstandschaft nur bei Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs durch den Elternteil eintritt.1241 Die andere Auffassung1242 ist mit dem Zweck der ffnung der Beistandschaft fr den Obhtenden trotz gemeinsamer Sorge durch das am 12.4.2002 in Kraft getretene KindRVerbG1243 nicht vereinbar, weil damit allen verheirateten Eltern die bençtigte Untersttzung ohne triftigen Grund vorenthalten wrde. 512 Eine von einem Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung und ein zwischen den Eltern geschlossener gerichtlicher Vergleich wirken auch fr und gegen das Kind, § 1629 Abs 3 S 2 BGB. Die Norm erfasst Urteile, einstweilige Anordnungen nach § 620 Nr 4 ZPO und Prozessvergleiche, nicht aber außergerichtliche Vergleiche. 1238 1239 1240 1241 1242 1243

OLG Naumburg FamRZ 2003, 1115 = OLGR 2003, 188; dass FamRZ 2007, 1334 (ein Abnderungsverfahren betreffend). Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1629 Rn 344; Hoppenz/van Els A I § 1629 Rn 19. AG Backnang FamRZ 2000, 975. Schomburg Kind-Prax 2002, 75, 78, 79; OLG Stuttgart JAmt 2007, 40 m zust Anm Knittel = ZKJ 2007, 162. AG Regensburg JAmt 2003, 366; Staudinger/Rauscher § 1713 Rn 6c. Gesetz zur weiteren Verbesserung von Kinderrechten (Kinderrechteverbesserungsgesetz – KindRVerbG) vom 9.4.2002, BGBl I S 1239.

VI. Ausübung der elterlichen Sorge . . .

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Aus einem in Prozessstandschaft ergangenen Titel kann der Elternteil, der ihn erwirkt hat, auch vollstrecken, sodass ihm auch eine Vollstreckungsklausel erteilt werden kann. Auch nach Beendigung der Prozessstandschaft kann dem Prozessstandschafter die Klausel noch erteilt werden. Nach Beendigung der Prozessstandschaft kann der Titel indes jedenfalls dann in Anwendung von § 727 ZPO auch auf das materiell berechtigte Kind umgeschrieben werden, wenn der Prozessstandschafter nicht seinerseits eine vollstreckbare Ausfertigung beantragt und der Schuldner nicht der Gefahr der Doppelvollstreckung ausgesetzt ist.1244 Der Prozessstandschafter bleibt vollstreckungsbefugt, solange nicht die Klausel auf das Kind als materiellen Anspruchsinhaber umgeschrieben worden ist.1245 Einen zwischenzeitlich eingetretenen Wegfall der Prozessstandschaft kann der zahlungspfichtige Elternteil durch Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) geltend machen.1246 Die Prozessstandschaft endet mit dem Wegfall ihrer Vorausset- 513 zungen, dh zB mit bertragung der elterlichen Sorge auf den anderen Elternteil,1247 Obhutswechsel,1248 (Wieder-)Aufnahme des Zusammenlebens der Eltern oder rechtskrftigem Abschluss der anhngigen Ehesache.1249 Dies gilt allerdings nur fr neu einzuleitende Verfahren; fr die erlangt das Kind seine Prozessfhrungsbefugnis zurck. Das Kind wird Partei und muss bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprchen, soweit es noch nicht volljhrig ist, von seinem gesetzlichen Vertreter vertreten werden. Unterhaltsprozesse, die in 1244 1245 1246 1247 1247 1248 1249

Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1629 Rn 379 mwN. BGHZ 113, 90 = NJW 1991, 839 = LM § 1629 BGB Nr 16 = NJW-RR 1991, 515 = FamRZ 1991, 295 = MDR 1991, 526 = WM 1991, 878. Ua OLG Hamm FamRZ 2000, 235 mwN; nher dazu Hochgrber FamRZ 1996, 272. BGHZ 109, 211 = NJW 1990, 3153 = NJW-RR 1990, 323 = FamRZ 1990, 283 = MDR 1990, 320 = Rpfleger 1990, 115. OLG Mnchen FamRZ 1997, 1493; OLG Frankfurt OLGR 2008, 106. Staudinger/Peschel-Gutzeit § 1629 Rn 354.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Prozessstandschaft in zulssiger Weise eingeleitet wurden, kçnnen hingegen in dieser Form abgeschlossen werden. Ein Parteiwechsel im laufenden Verfahren ist also nicht erforderlich.1250 Die gesetzliche Prozessstandschaft endet außerdem mit Volljhrigkeit des Kindes. In diesem Fall wird das whrend eines Unterhaltsprozesses volljhrig werdende Kind durch Parteiwechsel ex lege also ohne besondere Prozesserklrung Partei.1251 3. Einzelvertretung auf Grund einer Entziehung von Vertretungsmacht gem § 1796 BGB

514 Wird nur einem der gemeinsam sorgeberechtigten Elternteile gem § 1796 BGB die Vertretungsmacht entzogen, ist der andere in analoger Anwendung von § 1680 Abs 3, 1 BGB insoweit allein sorge- und daher allein vertretungsberechtigt, § 1629 Abs 1 S 3 BGB (vgl Rn 416).

VII. Die sorgerechtlichen Befugnisse des nicht sorgeberechtigten Elternteils nach § 1687a BGB

515 Hlt sich das Kind rechtmßig, dh mit Einwilligung des allein sorgeberechtigten Elternteils oder eines sonstigen Inhabers der Sorge oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung bei dem nicht sorgeberechtigten Elternteil auf, hat dieser gem §§ 1687a, 1687 Abs 1 S 4 BGB die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatschlichen Betreuung. Unerheblich ist, worauf die Nichtsorgeberechtigung beruht. Ob sich das Kind also etwa bei dem nicht mit der Mutter verheirateten Kindesvater aufhlt, der mangels Abgabe von Sorgeerklrungen nicht sorgeberechtigt ist oder bei dem Elternteil, dem die Sorge gem § 1666 BGB entzogen wurde, macht im Hinblick auf die Rechtsfolge des § 1687b BGB keinen Unterschied, wenn der Aufenthalt rechtmßig ist.

1250 1251

Gçppinger/Wax/van Els Rn 2013 mwN. Gießler FamRZ 1994, 800, 802.

VIII. Das kleine Sorgerecht der Stiefeltern

415

Der Kreis der Angelegenheiten, in denen das Alleinentscheidungs- 516 recht besteht, ist sehr eng geschnitten (Einzelheiten dazu bei Rn 488); auch ist keine Vertretungsmacht mit diesen Befugnissen verbunden. Nach Auffassung des OLG Zweibrcken1252 soll aber auch dem nicht sorgeberechtigten Elternteil, bei dem sich das Kind rechtmßig aufhlt, die Befugnis zustehen, ber gewçhnliche rztliche Behandlungen zu bestimmen, die sachdienlich sind, ohne dass dafr die Grenze des §§ 1687a, 1687 Abs 1 S 5, 1629 Abs 1 S 4 BGB erreicht sein msste (vgl Rn 488), sodass nach dieser Ansicht selbst dem sonst nicht sorge- und daher nicht vertretungsberechtigten Elternteil bezogen auf solche Angelegenheiten ein (Allein!-)Vertretungsrecht zustehen msste, weil seine Entscheidung andernfalls nicht durchsetzbar wre. Die sog Alltagssorge, dh die Befugnis zur Entscheidung in Angelegenheiten des tglichen Lebens steht ihm nicht zu (§ 1687a BGB verweist nicht auf § 1687 Abs 1 S 2 BGB). Dagegen hat auch der nicht sorgeberechtigte Elternteil gem §§ 1687a, 1687 Abs 1 S 5 iVm 1629 Abs 1 S 4 BGB das Notvertretungsrecht bei Gefahr im Verzug. Das Familiengericht kann die Alleinentscheidungsbefugnisse des 517 §§ 1687a, 1687 Abs 1 S 4 BGB einschrnken oder ausschließen (§§ 1687a, 1687 Abs 2 BGB), eine Einschrnkung oder ein Ausschluss des Notvertretungsrechts kommt hingegen nicht in Betracht.1253

VIII. Das kleine Sorgerecht der Stiefeltern gem § 1687b BGB, § 9 LPartG

Der Ehegatte eines allein sorgeberechtigten Elternteils, der nicht 518 Elternteil des Kindes ist, hat gem § 1687b Abs 1 BGB im Einvernehmen mit dem sorgeberechtigten Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des tglichen Lebens des Kindes. Gleiches gilt gem § 9 Abs 1 LPartG fr den eingetragenen Lebens1252 1253

FamRZ 2001, 639; dem folgend ua Staudinger/Salgo § 1687a Rn 4. Zweifelnd Schwab FamRZ 1998, 457, 470.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

partner eines allein sorgeberechtigten Elternteils. Mit der Einfhrung dieses sog kleinen Sorgerechts durch das LPartG1254 mit Wirkung zum 1.8.2002 hat der Gesetzgeber zumindest partiell der bereits seit langem erhobenen Forderung nach Anerkennung einer personensorgerechtlichen Beziehung zwischen Stiefkind und Stiefelternteil entsprochen.1255 Die faktische bernahme von Aufgaben der Pflege und Erziehung durch den mit dem sorgeberechtigten Elternteil zusammenlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner (= Stiefelternteil) geht auf diese Weise mit einer auch rechtlich anerkannten und abgesicherten Teilhabe des ehelichen oder lebenspartnerschaftlichen Stiefelternteils einher,1256 ohne dass dieser dadurch (Mit-)Inhaber des elterlichen Sorgerechts wrde.1257 519 Voraussetzung der gesetzlichen Mitausbungsbefugnis des Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners ist, dass der Elternteil alleiniger Inhaber der elterlichen Sorge ist. Der Gesetzgeber begrndete dies damit, dass das Entstehen einer neuen sozialen Familie zu erwarten sei, ohne dass die sorgerechtlichen Befugnisse des nicht mit dem Kind zusammenlebenden anderen Elternteils zu den Befugnissen des Stiefelternteils in Konkurrenz stnden.1258 Zutreffend wird in der Literatur1259 hervorgehoben, dass die Befugnisse des nicht sorgeberechtigten Elternteils damit eindeutig schwcher sind, als die des Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners, der nicht Elternteil des Kindes ist. Denn der nicht sorgeberechtigte Elternteil hat bei rechtmßigem Aufenthalt des Kindes bei ihm nur die Entscheidungsbefugnis in Angelegenheiten der tatschlichen Betreuung, whrend der Stiefelternteil ein Mitentscheidungsrecht in Angelegenheiten des tglichen Lebens (Alltagssorge) hat. Gergt wird darber hinaus auch die Beschrnkung der Regelung auf allein sorgeberechtigte Eltern, weil auch der „nur“ gemeinsam sorgeberechtigte Elternteil eine (neue) soziale Familie grnden und der Ehegatte oder eingetragene Lebens1254 1255 1256 1257 1258 1259

Gesetz ber die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG) vom 16.12.2001 (= Art 1 LPartG-Mantelgesetz), BGBl I S 266. Staudinger/Salgo § 1687b Rn 1 mwN. Vgl BT-Drucks 14/3751 S 39, 45. So auch Lçhnig FPR 2008, 157. BT-Drucks 14/3751 S 39, 45; kritisch zu diesem Argument nicht jedoch zu dem Ergebnis Kaiser FPR 2008, 143, 144 f. Schwab FamRZ 2001, 385, 394.

VIII. Das kleine Sorgerecht der Stiefeltern

417

partner fr das Kind faktisch Verantwortung bernehmen kann.1260 Außerdem wurde in Bezug auf die Regelung auch zu bedenken gegeben, dass ggf zwischen dem Kind und dem Stiefelternteil bestehende Probleme dadurch verschrft werden kçnnten, dass dem Stiefelternteil kraft Gesetzes und damit ohne jede Beteiligung des Kindes rechtliche Befugnisse eingerumt werden.1261 Das „kleine Sorgerecht“ der § 1687b BGB, § 9 LPartG ist rechtspolitisch daher insgesamt nicht ganz unproblematisch. Der Begriff der Angelegenheiten des tglichen Lebens des Kindes 520 ist § 1687 Abs 1 BGB entnommen. Die Mitentscheidungsbefugnis erstreckt sich daher auf die Angelegenheiten des Kindes, die hufig vorkommen und keine schwer abzundernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben (vgl Rn 489 ff). Die Mitentscheidungsbefugnis des von dem allein sorgeberechtigten 521 Elternteil nicht dauerhaft getrennt lebenden Partners entsteht kraft Gesetzes mit Heirat bzw Begrndung der eingetragenen Lebenspartnerschaft, ohne dass dadurch das alleinige Sorgerecht des Elternteils in Angelegenheiten des tglichen Lebens eingeschrnkt wird.1262 Die Mitentscheidungsbefugnis des Stiefelternteils fhrt auch nicht zu einer Begrenzung der Entscheidungsbefugnis des sorgeberechtigten Elternteils. Mit § 1687b Abs 1 S 1 BGB bzw § 9 Abs 1 S 1 LPartG wird vielmehr nur dem Stiefelternteil die Herstellung eines Einvernehmens mit dem Sorgerechtsinhaber auferlegt, weil die Norm ihm die Mitentscheidungsbefugnis (nur) im Einvernehmen mit dem Sorgerechtsinhaber einrumt. An das Einvernehmen des sorgeberechtigten Elternteils ist daher nur der Stiefelternteil gebunden (streitig).1263 Er selbst ist nicht sorgeberechtigt. Seine Befugnis ist akzessorisch zu dem (alleinigen) Sorgerecht des Elternteils, sodass er diese auch nicht gegen den Willen des sorgeberechtigten Elternteils ausben kann.1264 Gelingt dem Stiefelternteil 1260 1261 1262

1263 1264

Staudinger/Salgo § 1687b Rn 8 mwN Vgl Staudinger/Salgo § 1687b Rn 9. Gernhuber/Coester-Waltjen § 60 Rn 2, 3, die zu Recht davon ausgeht, dass eine andere Interpretation im Widerspruch zu dem verfassungsrechtlich geschtzten Elternrecht stnde. Zum Streitstand vgl Gernhuber/Coester-Waltjen § 60 Rn 2, 3. So ua auch Battes FuR 2002, 113, 116, 117; aA Staudinger/Salgo § 1687b Rn 11.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

die Herstellung des erforderlichen Einvernehmens nicht, entscheidet der sorgeberechtigte Elternteil daher auch weiterhin allein.1265 Das Einvernehmen kann folglich auch jederzeit von dem sorgeberechtigten Elternteil (einseitig) aufgekndigt werden. Diese Interpretation steht auch nicht im Widerspruch zu § 1687b Abs 3 BGB, § 9 Abs 3 LPartG, nach der das Gericht die Mitentscheidungsbefugnis einschrnken oder ausschließen kann, weil hier an Flle gedacht wurde, in denen der Stiefelternteil seine Befugnisse zum Schaden des Kindes ausbt, ohne dass der sorgeberechtigte Elternteil dies selbst verhindert. 522 Die gesetzliche Mitentscheidungsbefugnis des Stiefelternteils erstreckt sich auch auf die Vertretung des Kindes und wirkt sich im Bereich der Alltagssorge damit auch im Außenverhltnis aus. Um in solchen Angelegenheiten Interessenkollisionen zu vermeiden, ordnen § 1687b Abs 1 S 2 BGB und § 9 Abs 1 S 2 LPartG die entsprechende Anwendung von § 1629 Abs 2 S 1 BGB an. Aus der Bezugnahme in § 1687b Abs 1 S 2 BGB bzw § 9 Abs 1 S 2 LPartG auf § 1629 Abs 2 S 1 BGB wird gefolgert, dass auch die gemeinsam ausbungsberechtigten Eheleute respektive eingetragenen Lebenspartner das Kind in Alltagssorgeangelegenheiten grundstzlich gemeinschaftlich vertreten mssen.1266 Im Außenverhltnis bleibt es aber ebenfalls dabei, dass der allein sorgeberechtigte Elternteil das Kind auch allein vertreten kann, sodass nur der Stiefelternteil an die Mitvertretung des sorgeberechtigten Elternteils gebunden ist.1267 Ein nach §§ 1687b, 1629 Abs 2 S 1 BGB, § 9 LPartG den Stiefelternteil treffender Vertretungsausschluss fhrt daher nicht dazu, dass auch der (allein) sorgeberechtigte Elternteil an der Vertretung des Kindes gehindert ist. Umgekehrt fhrt aber ein Vertretungsausschluss des allein sorgeberechtigten Elternteils zur Notwendigkeit der Anordnung einer Ergnzungspflegschaft.

1265

1266 1267

Veit FPR 2004, 2004, 67, 71; Gernhuber/Coester-Waltjen § 67 Rn 7; Palandt/ Brudermller § 9 LPartG Rn 2; sowie (allerdings einschrnkend) Lçhnig FPR 2008, 157, 158; aA Staudinger/Salgo § 1687b Rn 11. Vgl Schomburg Kind-Prax 2001, 103, 105; Veit FPR 2004, 67, 72; Staudinger/ Salgo § 1687b Rn 12; Motzer FamRZ 2001, 1034, 1039. So auch Gernhuber/Coester-Waltjen (§ 60 Rn 4, 67 Rn 6), mit Hinweis darauf, dass es sich nur um eine halbseitige Gesamtvertretung handelt.

VIII. Das kleine Sorgerecht der Stiefeltern

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Neben dieser Mitentscheidungsbefugnis steht dem ehelichen oder 523 lebenspartnerschaftlichen Stiefelternteil das Notvertretungsrecht bei Gefahr im Verzug zu, § 1687b Abs 2 BGB, § 9 Abs 2 LPartG. Dem Zweck des kleinen Sorgerechts entsprechend, die tatschliche 524 bernahme von Aufgaben von Pflege und Erziehung rechtlich zu schtzen und abzusichern, bestehen die Befugnisse nicht bzw nicht mehr, wenn der sorgeberechtigte Elternteil und sein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner nicht nur vorbergehend getrennt leben, § 1687b Abs 4 BGB bzw § 9 Abs 4 LPartG. Das Mitausbungsrecht des Stiefelternteils endet auch mit Beendigung der (alleinigen) elterlichen Sorge des Elternteils und wenn dessen Sorge ruht, weil das stiefelterliche Ausbungsrecht auch die (alleinige) Ausbungsberechtigung des Elternteils voraussetzt. Das Familiengericht kann die Mitentscheidungsbefugnis nach § 1687b 525 Abs 1 BGB bzw § 9 Abs 1 LPartG einschrnken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist, § 1687b Abs 3 BGB, § 9 Abs 3 LPartG. Mit dieser Norm wurde dem Gericht eine Eingriffsbefugnis unterhalb der Schwelle des § 1666 BGB eingerumt, von der es etwa bei fortwhrenden Streitigkeiten der Eheleute oder eingetragenen Lebenspartner ber Angelegenheiten des Kindes, die nachteilige Auswirkungen auf das Wohl des Kindes haben, Gebrauch machen kann. Das Notvertretungsrecht kann hingegen nicht ausgeschlossen werden. Es handelt sich um eine Familiensache iSv § 621 Abs 1 Nr 1 ZPO, auf die gem § 621a Abs 1 S 1 ZPO grundstzlich FGG-Verfahrensrecht anwendbar ist. Sachlich und çrtlich ist in erster Linie das Amtsgericht am Wohnsitz des Kindes zustndig; bei fehlendem Wohnsitz ist der Aufenthalt des Kindes maßgeblich, §§ 64 Abs 1, 3 S 2, 43 Abs 1, 36 Abs 1 FGG. Funktionell zustndig fr die Entscheidung ist gem § 3 Nr 2a RPflG der Rechtspfleger/die Rechtspflegerin des Familiengerichts, da weder § 1687b Abs 3 BGB noch § 9 Abs 3 LPartG in § 14 (Abs 1 Nr 16) RPflG genannt sind.1268 1268

Rellermeyer Rpfleger 2001, 381, 383; Arnold/Meyer-Stolte/Rellermeyer § 14 Rn 60; aA Staudinger/Salgo § 1687b Rn 23.

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C. Inhalt und Schranken der elterlichen Sorge

Im Verfahren ist gem § 52 FGG auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinzuwirken. Gegen die Entscheidung ist die befristete Beschwerde gegeben, § 11 Abs 1 RPflG, § 621e Abs 1 ZPO, einzulegen binnen eines Monats beim OLG als Beschwerdegericht, §§ 621e Abs 3, 517 ZPO, § 119 Abs 1 Nr 1a GVG, § 64 Abs 3 S 1 Hs 2 FGG.

Sachregister Die Zahlen verweisen auf die Randnummern Abnderung gerichtlicher Entscheidungen 156, 178, 192, 195 f, 217, 223, 232 f, 199, 201, 217, 341, 465 f, 495 Abbruch lebenserhaltender oder -verlngernder Maßnahmen 245, 256, 421 Abgrenzung von § 1674 Abs 1 BGB zu § 1666 BGB 214 Abhilferecht 225, 346, 465 Abstammung 1 ff biologische ~ 5 genetische ~ 2, 5, 8, 52, 59 Klrung der leiblichen ~ 119a ff Abschluss eines Arzt- oder Krankenhausvertrages siehe Abschluss eines Behandlungsvertrages Abschluss eines Behandlungsvertrages 245, 256, 280, 287 f Abschluss eines Gesellschaftsvertrages Genehmigung zum ~ 440, 455 Abstammungsgutachten siehe Gutachten Abstammungsuntersuchung 119a ff Abwgung hçchstpersçnlicher Rechtsgter 284, 286 zwischen Erziehungsbedrftigkeit und Selbstbestimmungsfhigkeit 266 Abwendungsprimat, elterlicher 313 Abwesenheit der Eltern, rumliche 205, 210 f Adoption Elternwechsel durch ~ 120 f ~ und elterliche Sorge 181 ~ und Sorgeerklrung 135 Stiefkind~ 120, 135 Verwandtschaftsverhltnis bei ~ 120 Zweit~ 121 Adoptionsvermittlungsgesetz (AdVermiG) 5

chtung der Gewalt in der Erziehung 301 ff, 307 nderung der Sorgerechtsverhltnisse kraft Gesetzes 123, 182 ff durch gerichtliche Entscheidung 184 ff nderungsverbot 465 f rztliche Behandlung, Einwilligung in 230,245, 256, 271 ff, 421, 483, 488, 490, 516 Alleinsorge kraft Gesetzes 126 ff, 182 f durch gerichtliche Entscheidung 184 ff Alleinausbungsbefugnis 206 f, 216, 231, 489 Alleinentscheidungsbefugnis durch bertragung gem § 1628 BGB 494 ff Alleinentscheidungsbefugnisse nach § 1687 Abs 1 BGB 486 ff Ausschluss der~ 492 des Elternteils, bei dem das Kind lebt 486 ff – Ende der ~ 493 – Umfang der ~ 489 ff – Voraussetzungen der ~ 486 ff des Elternteils, bei dem das Kind nicht lebt 488 Einschrnkung der ~ 492 Alltagssorge siehe Angelegenheiten des tglichen Lebens Amtsermittlungsgrundsatz siehe auch Untersuchungsgrundsatz 223, 418 Amtsgericht 40, 103a, 172, 189, 194, 200, 224, 342, 418, 462, 501, 525 Amtspflegschaft 28, 45, 47, 54, 56 Amtsvormund/-schaft 31, 162, 180 nderungsentscheidung 190, 195 f, 199, 217 nderungsverbot im Beschwerdeverfahren 465 f Anerkennung der Mutterschaft 32

422 der Vaterschaft 22 ff – Anfechtung der~ wegen Irrtums 38 – Bedingungs- und Befristungsfeindlichkeit der ~ 39 – ~ durch beschrnkt Geschftsfhige 25, 28 f, 33 – ~ durch Betreute 25 f – ~ durch Geschftsunfhige 25 f, 28 f, 33 – Formbedrftigkeit der ~ 40 – Heilung von Unwirksamkeitsmngeln der ~ 43 – Hçchstpersçnlichkeit der ~ 25 – ~ nach Tod des Kindes 36 – ~ nach Tod der Kindesmutter 27 – prkonzeptionelle ~ 90 – qualifizierte ~ 12 ff – vorgeburtliche (prnatale) ~ 14, 32, 34 – vormundschaftsgerichtliche Genehmigung – bei ~ 25, 28 f, 47 – wahrheitswidrige ~ 37 f, 45, 73 – Widerruflichkeit der ~ 41 – zweckwidrige ~ 45, 46a, 82a Anerkennungserklrung 24 f Widerruf der ~ 41 Anfechtbarkeit von Entscheidungen 119n, 189, 194, 200 Anfechtung der Ehelichkeit 19, 67, 101, 111 ff der Erbschaftsannahme – Genehmigung der ~ 448 der Mutterschaft 6 der Vaterschaftsanerkennung 111, 116 ff der Vaterschaft 73 ff – Abstammungsvermutung im ~sverfahren 106 – Abweisung der ~sklage 79 – ~sberechtigung 46a, 74 ff, 112 f, 116, 118 – ~sfrist 93 ff, 115 ff – ~sverfahren 102 ff – Anfangsverdacht im ~sverfahren 108, 119a

Sachregister – Begrndungserfordernis bei ~ 108 f – ~bei konsentierter heterologer Befruchtung 88 – Prfungsgegenstand im ~sverfahren 59, 78 f – Vertretung bei ~ 84 ff, 114 – vormundschaftsgerichtliche Genehmigung – bei ~ 114, 116 – Zulssigkeitsvoraussetzung bei ~ 78 ff, 92 eines Testaments siehe Testamentsanfechtung Angelegenheiten der tatschlichen Betreuung 488, 515 des tglichen Lebens 161, 188, 486 f, 490, 519 f hçchstpersçnliche ~ 25, 84, 144, 157 f, 239, 253, 266, 271, 276, 278, 286 Personensorge~ 29, 229, 242 ff Vermçgenssorge~ 242 f, 247 ff ~ von erheblicher Bedeutung 161, 188, 491, 497 Anhçrung persçnliche ~ – der Eltern 119l, 189, 194, 200, 313, 344 – des Kindes 119l, 189, 194, 200, 344 der Pflegeperson 189,194, 200, 344 des Jugendamts 104, 119l, 172, 189, 194, 200, 343a, 344 Dritter 345 in Genehmigungsverfahren 464 in Vaterschaftsanfechtungsverfahren 104 in Vaterschaftsfeststellungsverfahren 107 in Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB 313, 344 Annahme als Kind siehe Adoption Anordnung der Ergnzungspflegschaft 207, 219, 223, 233 f, 339 f der Vormundschaft 207, 219, 223, 233 f, 339 f des persçnlichen Erscheinens 344a Anteilserwerb derivativer 405, 441

Sachregister Antrag auf Erteilung einer gerichtlichen Genehmigung 458, 463 Antragsverfahren Vaterschaftsanfechtungsverfahren 103 Vaterschaftsfeststellungsverfahren 61 Aufenthalt, rechtmßiger 48, 161, 188, 485 ff, 515, 519 Aufenthaltsbestimmung 245, 286, 293, 326, 474, 491, 495 Aufhebung der Ergnzungspflegschaft 178, 207, 221, 226, 228, 232, 235, 340, 472 angeordneter Befreiungen 263, 358 Aufklrung rztliche ~ 274, 278 f ber Sorgeerklrungen 136 Auflagen 325, 499 Aufnahme von Geld auf den Kredit des Kindes Genehmigung einer ~ 444 Ausbildung 245, 256, 289 f, 497 Auskunft ber Sorgeerklrungen 147 f Auslndisches Kind 318, 331 Ausnahmen von den Vertretungsausschlssen 371, 376, 388 ff, 391 ff Ausnahmen von der Gesamtvertretung aufgrund Entscheidung nach § 1628 BGB 500 bei alleiniger Ausbungsbefugnis 205 bei Geltendmachung von Unterhaltsansprchen 503 ff Ausschluss der Eltern von der Verwaltung gem § 1638 BGB 350 ff der Eltern von der Vertretung siehe Vertretung der sorgerechtlichen Befugnisse des – gemeinsam sorgeberechtigten Elternteils gem § 1687 Abs 2 BGB 492 – nicht sorgeberechtigten Elternteils 517 – Stiefelternteils 525 der Vaterschaftsanfechtung bei konsentierter knstlicher Befruchtung 88 f der Vollstreckung 119j

423 Aussetzung des gerichtlichen Klrungsverfahrens 119h Ausstellung einer Schuldverschreibung Genehmigung der ~ 445 Ausbungsberechtigung 29, 480 Ausbungsbindung 161, 178, 184, 480 ff Ausbung der elterlichen Sorge alleinige ~, trotz gemeinsamer Sorge 188, 203 ff, 216, 231, 486 ff durch nicht sorgeberechtigten Elternteil 515 ff durch Stiefelternteil 518 ff einvernehmliche ~ 163, 229, 480 ff, 489, 491, 518 gemeinsame ~ 188, 480 f Hindernisse bei ~ 203 ff berlassung der ~ durch die Eltern 203, 239 Ausbung des Zeugnisverweigerungsrechts 406 Auswirkungen der Kindeswohlgefhrdung auf die Sorgeberechtigung des anderen Elternteils 336 ff Außen-GbR 423, 440, 446, 455 Außengenehmigung 257, 419, 465 Babyklappe 5 Beaufsichtigung des Kindes 245, 318 Beendigung lebenserhaltender oder -verlngernder Maßnahmen 245, 256, 421 der Vormundschaft kraft Gesetzes 145, 162, 178, 180, 221, 228, 232, 235, 340 Befreiung des benannten Pflegers 357 des benannten Vormunds 262 vom Volljhrigkeitserfordernis bei Eheschlieschließung 145, 245, 473 Befruchtung, heterologe 88 f Befugnisse, sorgerechtliche des gemeinsam sorgeberechtigten Elternteils bei dauerhafter Trennung der Eltern 486 ff

424 nicht sorgeberechtigten Elternteils 515 ff Stiefelternteils 518 ff Begebung eines Wechsels Genehmigung der ~ 445 Begrenzungen, zeitliche 327, 499 Begrndung ~serfordernis bei Anfechtung der Vaterschaft 108 f gemeinsamer elterlicher Sorge durch – der Geburt des Kindes nachfolgende Elternheirat 134, 174 ff – Ersetzung einer Sorgeerklrung 167 ff – Sorgeerklrungen der Eltern 134, 137 ff Behandlung siehe rztliche Behandlung Beiladung des Kindes im Vaterschaftsanfechtungsverfahren 81 im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 57 Beistand fr vorgeburtliche Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung 33 Beistandschaft zwecks Geltendmachung von Unterhaltsansprchen 507, 511 Beitrittsgebiet Vaterschaft nach altem Recht im ~ 18 f, 48, 69 f, 118 Beiwohnung 60, 65, 68, 78 f Beiwohnungsvermutung 17 Bekanntgabe/-machung gerichtlicher Verfgungen 107, 221 – an die Eltern 500 Benennungsrecht der Eltern 259 ff des Erblassers oder Schenkers 351, 355 ff Beratungspflicht bei Schwangerschaftskonflikten 282, 284, 287 Berufswahl siehe Ausbildung Berufung 119, 189 Beschleunigungsgebot 343a Beschwerde

Sachregister befristete ~ 104, 119, 119n, 172, 189, 194, 200, 224, 346, 418, 465, 502, 525 – gegen gerichtlichen Genehmigungsentscheidungen 465 – gegen Sorgerechtsentscheidungen 189, 194, 200, 346 – gegen Entziehung der Vertretungsmacht 418 – gegen Ersetzung der Zustimmung zur Abstammungsuntersuchung 119n – gegen Vorbescheid 471 ~frist 104, 107, 119, 119n, 200, 214, 418, 465, 502, 525 unbefristete ~ 119n, 346, 502 nderungsverbot im ~verfahren 119n, 465 f beschwerdefhiger Vorbescheid siehe Vorbescheid Beschwerdeberechtigte 119n Beschwerdefhrung selbstndige Befhigung zur ~ 471 Beschwerdegericht Beschrnkung der Abnderungsbefugnis siehe nderungsverbot Landgericht 502 Oberlandesgericht 104, 119n, 172, 189, 194, 200, 224, 346, 418, 465, 502, 525 Bestellung eines Ergnzungspflegers 57, 81, 87, 119e, 226, 325, 333, 343, 353, 368, 389 f, 395, 402, 406, 406a, 416 f, 451, 472, 505, 509 eines Verfahrenspflegers 189, 345, 464, 471, 501 mehrerer Ergnzungspfleger 368, 404 eines Vormunds 226 Recht auf ~ – des benannten Vormunds 261 Bestimmung der Art der Anlegung des Vermçgens 333 Betreuung Einfluss der ~ auf die elterliche Sorge 158 ~ und Geschfts(un)fhigkeit 228

Sachregister Einrichtung einer ~ fr minderjhrigen Ehegatten 477 Beurkundungszustndigkeit fr Vaterschaftsanerkennung und Zustimmungen 40 fr Sorgeerklrungen 146 Bewusstseinsnderung 303, 306 Bewusstseinsstçrungen, kurzfristige 228 Beziehung, sozial-familire 46a, 58, 76 ff, 82a, 103 f, 96, 119 Beziehungsverlust 188 Brgschaft Genehmigung zur Eingehung einer ~ 446 DDR siehe Beitrittsgebiet Definition der elterlichen Sorge 122, 242 Diversion 309 Doppelvaterschaft 7 Doppelzustndigkeit 276, 278, 283, 285 DNA-Vaterschaftsnachweis, heimlicher 108 ff, 119a Dritte familiengerichtliche Maßnahmen gegen ~ 326, 334 Duldung kçrperlicher Untersuchung 62 einer Probeentnahme 119a ff Durchbrechung des Abstraktionsprinzips 393 Durchfhrung der Abstammungsuntersuchung 119i Durchsetzung allgemeiner hygienischer Prinzipien 319 des Klrungsanspruchs 119a ff des Meinungs- oder Willensvorrangs minderjhriger Eltern 230 einer Entscheidung des minderjhrigen Elternteils nach § 1628 BGB 500 von Sorgemaßnahmen 305 Ehe Vaterschaft kraft ~ 8 ff

425 Begrndung der gemeinsamen Sorge durch Ehe der Eltern 134, 174 ff Ehegatten minderjhrige 473 ff Ehelicherklrung, berleitung vterlicher Alleinsorge aufgrund 201 ff auf Antrag des Kindes 202 auf Antrag des Vaters 201 Ehelichkeit des Kindes siehe Vaterschaft kraft Ehe Ehelichkeitsvermutung 8, 17 Eheschließung siehe auch Heirat Befreiung vom Erfordernis der Volljhrigkeit 145, 245, 473 Widerspruch der Eltern, des Personensorgeberechtigten gegen ~ des Kindes 158, 473 Verlust der tatschlichen Personensorge durch ~ des Kindes 255, 474 Ehevertrag Zustimmung der Eltern zum ~ 475 Eilmaßnahmen 207, 276 Einelternsorge 182 f eingetragener Lebenspartner siehe Lebenspartner Eingriff in die elterliche Ausbungsberechtigung 222 in die elterliche Sorge 154, 178, 187, 214, 239, 241, 410, 416 Einigung, Versuch der bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern 162, 180, 229 Einschrnkung der sorgerechtlichen Befugnisse des gemeinsam sorgeberechtigten Elternteils gem § 1687 Abs 2 BGB 492 – nicht sorgeberechtigten Elternteils 517 – Stiefelternteils 525 der elterlichen Sorge durch Pflegerbestellung 472 Einsichtsfhigkeit des Kindes 245, 256, 273 ff, 286 ff, 297, 317 Einstweilige Anordnungen 342, 506, 512

426 Einvernehmen Aufkndigung des ~ 521 gegenseitiges ~ bei Ausbung der elterlichen Sorge 161, 163, 206, 229, 480 ff, 489, 491 Hinwirken auf ~ 189, 501, 525 mit dem allein sorgeberechtigten Elternteil 518 Einwilligung der Eltern in rztliche Maßnahmen siehe rztliche Behandlungen in Heirat des Kindes 145 in knstliche Befruchtung 88 f in Schwangerschaftsabbruch 281 ff Einwilligungsfhigkeit des Kindes 274 ff, 283 Einwilligungszustndigkeit/~kompetenz des Kindes 271 ff, 281 ff Einwilligungsvorbehalt Einfluss eines ~s auf die Fhigkeit, Sorgeerklrungen abzugeben 158 Einzeltheorie 439 Eispende 5 elterliche Interpretationsautonomie 237, 310 Elterliche Sorge allmhliches Zurckweichen der ~ 266 als absolutes Recht 238 als hçchstpersçnliches Recht 239 Ausbung der ~ 203, 239, 480 ff, Beginn der ~ 240 Definition der~ 122, 242 Ende der ~ 241 Entzug der ~ siehe Entziehung Grenzen der ~ 265 ff, 350 ff Grundstze der ~ 265 ff Inhalt der ~ 238, 242 ff ~ kraft Adoption 181 originre – alleinige ~ der Kindesmutter 126 ff – gemeinsame ~ 122 ff Nachwirken der~ 241 Rechtsnatur der ~ 238 ff Ruhen der ~ 208 ff Schranken der ~ 265 ff, 350 ff ~ und Entwicklung des Kindes 266

Sachregister ~ und Pflichtbindung 238 berlassung der Ausbung der~ 203, 239 Unbertragbarkeit der~ 238 Voraussetzung der ~ 1 f, 122 ff Vorwirken der ~ 32, 240 elterliches Versagen siehe Versagen elterliche Zchtigung siehe Zchtigung Eltern Anhçrung der ~ 189, 194, 200, 313, 344 Erziehungseignung der ~ 188 Erziehungsfhigkeit der ~ 188 ~-Kind-Verhltnis 267 ~primat 197, 237, 239, 267, 274, 276, 303, 310, 313, 499 ~recht als absolutes Recht 237 ~recht als Abwehrrecht 236 ~recht als Grundrecht 236 f, 265, 420 ~recht als pflichtgebundenes Recht 238, 266 ~schaft als Voraussetzung der elterlichen Sorge 1 f, 122 Grenze derLeistungsfhigkeit der~ 290 Unfhigkeit der ~ 313 Unwilligkeit der ~ 313 Vermçgensverfall der~ 324, 411 Versagen der ~ 310, 321 Verschulden der ~ 214, 313, 322 Vertretungsmacht der ~ 252 ff ~wechsel durch Adoption 120 Embryonenschutzgesetz 5 Embryonenspende 5 empfngnisverhtende Mittel 245, 279 Empfngniszeit 10, 59 f, 65, 67, 78 f Endentscheidungen 104, 346 Entlassung des Vormunds 31 entwrdigende Maßnahmen siehe Maßnahmen Entziehung der elterlichen Sorge 56, 87, 154, 178, 183, 199, 214, 239, 285 f, 288, 317, 326, 328, 333, 335, 339 f, 416 der Vertretungsmacht 56, 87, 119e, 335, 369, 375, 407 ff

Sachregister Erbausschlagung Vertretung des Kindes bei der ~ 351, 385, 414, 497 Genehmigung der ~ 360, 385, 448, 458, 468 f Erbschaft Genehmigung zur Eingehung der Verpflichtung, ber die ~ zu verfgen 439 Erbteil Genehmigung zur Verfgung ber einen ~ 439 Erbvertrag 260, 350 f Erbverzicht Genehmigung eines ~svertrages 449 Erfllung einer Verbindlichkeit 368, 371 f, 376 f, 380, 389, 393, 426 Ergnzungspflegschaft Anordnung der ~ siehe Anordnung Aufhebung der ~ siehe Aufhebung Frsorgebedrfnis 353, 472 ~ im gerichtlichen Klrungsverfahren 119e, 406a Zustndigkeit 226, 417, 472 Ergnzungspflegerbestellung siehe Bestellung Erçrterung bei Kindeswohlgefhrdung 344a Ermahnungen 325 Ermchtigung des Kindes gem §§ 112, 113 BGB 250 f, 447, 449, 462 eines Elternteils durch den anderen Elternteil 482 zur Vornahme tatschlicher Handlungen 273 Ermittlung entscheidungserheblicher Tatsachen 26, 418 Ersetzung der Einwilligung in eine Abstammungsbegutachtung 119c, 119j, 119l elterlicher Erklrungen nach § 1666 Abs 3 BGB 286, 288, 325 von Sorgeerklrungen 167 ff von Zustimmungen – der Kindesmutter zur Vaterschaftsanerkennung 27

427 – des Schenkers 357 f zu Sorgeerklrungen 145 Erwerbsgeschft 248, 250, 422, 440, 442 Genehmigung – des entgeltlichen Erwerbs eines ~s 423, 440 ff – der Verußerung eines ~s 440 ff Erwerbsmodalitt 427 Erziehung 237, 245, 293, 306 partnerschaftliche~ 267 gewaltfreie ~ 301 ff religiçse ~ 188, 245, 501 Erziehungsbedrftigkeit des Kindes 266 Erziehungsmittel, Verbot bestimmter 303 Erziehungsstil 267, 301 Erziehungsziel 244, 267 extensive Auslegung siehe teleologische Extension Fhigkeit zur gemeinsamen Sorgeausbung 188 medizinischen Selbstbestimmung 272 ff, 283 f Rechtsgterabwgung 284 Familiengericht Hinwirken auf Einvernehmen 189, 501, 525 Vorbescheidspflicht 465 ff Zustndigkeit – fr Anordnung von Pflegschaft oder Vormundschaft 226, 417 – fr Befreiung vom Erfordernis der Volljhrigkeit 145, 245, 473 – fr Entscheidungen nach – § 1598a BGB 119d, 119f, 119k – § 1628 BGB 494, 501 – § 1630 Abs 2 BGB 258, 478 – § 1671 BGB 189 – § 1672 BGB 194 – § 1674 BGB 223 – § 1678 Abs 2 BGB 200, 225, 233 – § 1680 Abs 2, 3 BGB 196, 200, 225, 233 – § 1687 BGB 492, 517 – § 1687b BGB, § 9 LPartG 525

428 – § 1696 BGB 196, 225, 233 – § 1796 BGB 417, 472 – fr gerichtliche Genehmigungen 299, 462 – fr Maßnahmen nach §§ 1666, 1667 BGB 342, 472 – fr Vaterschaftsanfechtungsverfahren 102 f – fr Vaterschaftsfeststellungsverfahren 61 – fr Verfahrenspflegerbestellung 464, 471 Fernwirkung 110 Feststellung, gerichtliche isolierte ~ der Mutterschaft 6 der Vaterschaft 52 ff – Beweis der ~ 60, 68 – des leiblichen (genetischen) Vaters im Anfechtungsverfahren 58 f – Klage-/Antragsberechtigte 53 ff – Klage-/Antragsverfahren 61 – Rechtswirkungen der ~ 63 – vorgeburtliche (prnatale) ~ 65 Feststellung tatschlicher Verhinderung 208 ff Rechtsfolge der~ 208 Voraussetzungen der ~ 209 f Feststellung des Wegfalls des Ruhensgrundes 220 Feststellungsbeschuss konstitutiver 215 Feststellungsklage, konkurrierende~n 55 negative 506, 510 Feststellungslast 323 Feststellungsprozess 27 FGG-Reform siehe Reform Form der Einwilligung in knstliche Befruchtung 89 der Sorgeerklrungen 146 der Vaterschaftsanerkennung 40 des Widerrufs der Vaterschafsanerkennung 41 Freiheitsbeschrnkende Maßnahmen 294 Freiheitsentziehende Maßnahmen 293, 298

Sachregister Freiheitsentziehende Unterbringung Genehmigung einer ~ 293 ff Freiheitsentziehung 293 ff Fremdbestimmung 277, 443 Frist fr Erbausschlagung 458, 469 fr Testamentsanfechtung 383 fr Vaterschaftsanfechtung 93 ff Gebote 325 Gefhrdung der Vermçgensinteressen 391 des Kindesvermçgens 322 ff, 363 des Kindeswohls 310 ff – Ursachen der ~ 310, 314 ff Gefahrenabwendungsprimat der Eltern 313 Gefahr im Verzug siehe auch Notvertretungsrecht 276, 329, 344, 484, 516, 523 Geheimhaltungsinteresse des Kindes 279 Geltendmachung von Unterhaltsansprchen alleiniges Vertretungsrecht gem § 1629 Abs 2 S 2 BGB 503 ff in gesetzlicher Prozessstandschaft 510 ff Genehmigung, gerichtliche 358 f Außen~ 257, 419, 465 der Anerkennung der Vaterschaft 22, 28 f der Unterbringung 293 ff durch Familiengericht 299, 462 einer Schenkung 359 ~freie Rechtsgeschfte 294, 422 f, 427, 432, 440, 443, 447 f ~sfhigkeit 299, 425, 454 ff fr Eltern geltende ~tatbestnde – gem § 1821 BGB 425 ff – gem § 1822 BGB 439 ff Gegenstand der gerichtlichen ~ 450 ff ~tatbestnde des § 1643 Abs 2 BGB 448 Innen~ 419 Nach~ 458 ff, 467, 469 nicht ~spflichtige Rechtsgeschfte 294, 422 f, 427, 432, 440, 443, 447 f

Sachregister Unabnderbarkeit bei ~ von Rechtsgeschften 465 Vor~ 459, 468 Genehmigungsverfahren 463 ff Anhçrung – der Eltern 464 – des Kindes 464 – des Verfahrenspflegers 464 Bestellung eines Verfahrenspflegers im ~ 464, 471 Vorbescheid im ~ 465 ff Gesamtbetrachtung/-slehre 393, 401 Gesamttheorie 439 Gesamtvertretung Ausnahmen von der ~ 206, 503 Grundsatz der ~ 86, 402, 481 f, 484, 503, 509 geschftshnliche Handlungen 366, 412 Geschftsfhigkeit beschrnkte ~ 163, 229 Geschftsunfhigkeit 212, 227 geschlossene Unterbringung siehe Unterbringung gesetzliches Leitbild siehe Leitbild gesetzliche Prozessstandschaft siehe Prozessstandschaft gesetzliche Vertretung siehe Vertretung gespaltene Mutterschaft 5 Gestaltungsrecht 383 Gestaltungsurteil 74 Gestattung der Vornahme tatschlicher Handlungen 273 gem § 181 BGB 388 Getrenntleben der Eltern 161, 167 ff, 184, 193, 486 ff, 494 gewaltfreie Erziehung, Recht auf 301 ff Gewalt zur Durchsetzung von Sorgemaßnahmen 305 gleichgerichtete Erklrungen siehe Parallelerklrungen Go-order 327 Grenzen der elterlichen Leistungsfhigkeit 290 elterlichen Sorge 265 ff, 350 ff

429 Grundsatz der Gesamtvertretung 86, 402, 481 f, 484, 503, 509 der Verhltnismßigkeit 186, 214, 299, 305, 325, 327 f, 332, 411 Grundstcksgeschfte Genehmigung von ~n 425 ff Gutachten siehe auch DNA-Vaterschaftsnachweis Abstammungs~ 6, 60, 79, 97, 108 ff, 119a ff Verkehrswert~ 463 husliche Gemeinschaft 37, 169 Haftung des Arztes 271 der Eltern 363 des Kindes 384, 392, 394 f, 397 ff, 401, 423, 440, 442, 446, 456 Haftungsbeschrnkung nach § 1629a BGB 423, 456 Heilung von Unwirksamkeitsmngeln der Vaterschaftsanerkennung 43 Heirat der Eltern Begrndung gemeinsamer Sorge durch Geburt des Kindes nachfolgende ~ 175 ff Einfluss fehlender mtterlicher Sorge auf Entstehung der vterlichen Sorge durch~ 178 Heirat des Kindes Verlust der tatschlichen Personensorge durch ~ 255 Heirat der Mutter zwischen Vaterschaftsanerkennung und Geburt des Kindes 34 Herausgabe des Kindes 245, 255 heterologe Befruchtung siehe Befruchtung, heterologe heterologe Insemination siehe Befruchtung, heterologe Hinwirken auf Einvernehmen 119l, 189, 501, 525 Idealeltern 312 Informationelle Selbstbestimmung 108 Inhaftierung sorgeberechtigter Eltern 205, 210

430 Innengenehmigung 419 Insemination, heterologe siehe Befruchtung, heterologe Insichgeschft siehe Selbstkontrahieren Interessengegensatz siehe Interessenkollision Interessenkollision 57, 86 f, 335, 355, 367, 369, 374 f , 383, 385 f, 407 ff, 522 Interessenkonflikt siehe Interessenkollision Interessenwiderstreit siehe Interessenkollision Interpretationsautonomie, elterliche 310 Intimsphre des Kindes 279 Jugendamt Anhçrung des ~s – in Sorgeerklrungsersetzungsverfahren 172 – in Sorgerechtsverfahren 189, 194, 200, 344 – in Verfahren nach § 1598a Abs 2 BGB 119l Aufklrung ber Sorgeerklrungen durch das ~ 136 Auskunft ber Sorgeerklrungen durch das ~ 147 Beurkundung durch das ~ 40, 146 Gefahrenabwehr durch das ~ 329 ff Inobhutnahme durch das ~ 318, 329 f Kind als Grundrechtstrger 265 Anhçrung des ~es 119l, 189, 194, 200, 344 Annahme als ~ 120 f, 135, 181 Beschwerdeberechtigung des ~es 471 Ehelicherklrung eines ~es 201 ff Einwilligungskompetenz des~es 272 ff, 281 ff Erziehungsbedrftigkeit des~es 266 Fhigkeit des ~es zur medizinischen Selbstbestimmung 272 ff, 284 Fhigkeit des ~es zur Rechtsgterabwgung 284, 286 Geheimhaltungsinteresse des ~es 279 Herausgabe des ~es 245, 255

Sachregister hçchstpersçnliche Angelegenheiten des ~es 253 Intimsphre des~es 279 Misshandlung des ~es 309, 317 religiçse Erziehung des ~es 188, 245, 501 Selbstbestimmungsfhigkeit des ~es 266, 276 Trennung des ~es von der Familie 239, 312, 328 Unterbringung des ~es 293 ff Vernachlssigung des ~es 318 Vertretung des ~es 252 ff, 500 Zeitempfinden des ~es 170 zwangsweise Zufhrung des ~es 295 Kindesannahme siehe Adoption Kindesmissbrauch 316 Kindesvernachlssigung 318 Kindeswohl 80, 230, 310 ff, 414, 494, 496, 498 f, 525 als oberste Richtschnur 237, 254 als unbestimmter Rechtsbegriff 311 dem~ nicht widersprechend 170, 191, 195 dem ~ am besten entsprechend 170, 186 Kindeswohldienlichkeit als Zulssigkeitsvoraussetzung 92 bei Ersetzung einer Sorgeerklrung 170 bei bertragungsentscheidung gem § 1672 Abs 1 BGB 193 bei bertragungsentscheidung gem § 1680 Abs 3, 2 S 2 BGB 178, 197 ff bei bertragungsentscheidung gem § 1678 Abs 2 BGB 199, 218 Kindeswohlgefhrdung 178, 186 ff, 214, 270, 274, 286, 288, 292, 310 ff Erçrterung bei ~ 344a Ursachen der ~ 310, 314 Kindeswohlprfung 73, 155, 170, 185, 218, 308 negative ~ 195, 198 positive ~ 157, 193, 197 f, 218, 340 Kindschaftssachen 104, 119k Klrung der leiblichen Abstammung 119a ff

Sachregister Klrungsanspruch 119b f Klrungsberechtigte 119b Klrungsverpflichtete 119b kleines Sorgerecht 138, 165, 518 ff Ende des ~s 165, 524 Entstehen des ~s 521 Umfang des ~s 520 ff Voraussetzungen des ~s 519 kçrperliche Bestrafungen 301, 304, 309 kçrperliche Misshandlungen 304, 317 kçrperliche Integritt 271 Kçrperverletzung 271 Kompetenzmngel, geistige und psychische 211 Kompetenzzuweisung 258, 487, 496 Kommunikationsmittel moderne ~ 205, 210, 484 Konfliktlçsung 258, konkurrierende Vaterschaftsfeststellungsklagen siehe Feststellungsklage Kontinuitt 188 Kooperationsbereitschaft, elterliche 128, 131, 170, 188 Krankenhausvertrag siehe Abschluss eines Behandlungsvertrages knstliche Befruchtung 88 f, 91, 119 kurzfristige Bewusstseinstçrungen 228 Landgericht als Beschwerdegericht 502 lebenserhaltende Maßnahmen 245, 256, 421 Lebensgefhrte 321, 375, 409 Lebenspartner, eingetragener 120, 138, 165, 373, 408, 485, 518 f, 521, 523 ff Lebensrecht des nasciturus 282 Lebenspartner Befugnisse des eingetragenen ~s 518 Lebensversicherung 359, 443 Legitimation durch nachfolgende Ehe 178 Leibesfrucht Pflegschaft fr die ~ 33 Leitbild, gesetzliches 267, 276, 303

431

Machtanspruch der Eltern 237 Maßnahmen entwrdigende ~ 301, 304 nach § 1666 BGB 325 ff, 419. 476, 499 nach § 1667 BGB 332 ff, 363 nach § 1693 BGB 207, 276 berprfung und nderungen von ~ 341 Mehrlingsgeburten und Anerkennung der Vaterschaft 35 und Sorgeerklrungen 152 Mehrvertretung 365, 367 f, 373, 383, 388, 404, 412 Meinungsverschiedenheiten Entscheidung bei ~ – bei gemeinsamer elterlicher Sorge 229, 258, 480, – bei Teilung von Personen- und Vermçgens- sorge 258, 478 – zwischen Sorgeberechtigten und verheiratetem Kind 478 – zwischen Sorgeberechtigtem und Stiefelternteil 521 Missbrauch des Kindes 316 des Sorgerechts 316 f Misshandlungen 317 Mitentscheidungsbefugnis des Stiefelternteils 518 ff Mitteilung ber Beurkundung von Sorgeerklrungen 147 Ersetzung von Sorgeerklrungen 173 Nachgenehmigung siehe Genehmigung Nachlassgericht als Erklrungsempfnger 383, 385 f, 459 Nachweis der leiblichen Vaterschaft im Anfechtungsverfahren 59 Name Neubestimmung nach – der Geburt des Kindes nachfolgender Elternheirat 176 – Sorgeerklrungen 164 negative Feststellungsklage 506, 510

432 Notar Beurkundungszustndigkeit 40, 146 Notvertretungsrecht 484 f, 516, 523, Oberlandesgericht als Beschwerdegericht 104, 119n, 172, 189, 194, 200, 224, 346, 418, 465, 502, 525 Obhut 503 ff Organspende 246 çrtliche Zustndigkeit 119o, 172, 189, 194, 200, 224, 342, 418, 462 Parallelerklrungen 367 Parteiwechsel 513 partielles Ruhen der elterlichen Sorge 213 Passivprozess 506 f, 510 Passivvertretung siehe Vertretung Pendelmodell siehe Wechselmodell Personensorge 242 ff Inhalt 244 ff tatschliche ~ 162 f, 229 f, 245 Vertretung im Rahmen der ~ 255 f Verlust der tatschlichen ~ durch Heirat 255, 474 Personensorgeangelegenheiten siehe Personensorge Persçnliche Angelegenheiten siehe Personensorge Personenstandsflschung 45 Pflege des Kindes 245, 318 Pflegeperson Anhçrung der ~ 189, 194, 200, 344 Pflegerbestellung siehe auch Bestellung Einfluss der ~ auf die elterliche Sorge 472 Pflegschaft Ergnzung~sanordnung 200, 207, 219, 223, 228, 233 f Ergnzung~saufhebung 178, 207, 221, 226, 228, 235 fr die Leibesfrucht 33 Verfahrens~ 189, 345, 464, 471,501 Pflichtbindung bei Ausbung der elterlichen Sorge 238 Pflicht zur wirtschaftlichen Vermçgensverwaltung 362 Pflichtteil 411, 488

Sachregister Genehmigung eines~sverzichts 360, 448 Genehmigung zur Eingehung der Verpflichtung, ber den knftigen ~ zu verfgen 439 Prokura Genehmigung einer ~erteilung 447, 455, 458 Prozessstandschaft, gesetzliche 510 ff Ende der ~ 513 ~ und Beistandschaft 511 Prfungsgegenstand 59, 78 f, 401, 431 Rechnungslegung 333 Recht auf Achtung des Familienlebens 328 rechtliche Vorteilhaftigkeit 252, 287, 371 f, 380, 383 f, 390 ff, 424 rechtliches Gehçr siehe auch Anhçrung in Genehmigungsverfahren 464 rechtmßiger Aufenthalt siehe Aufenthalt Rechtsausbungssperre 22, 63 Rechtsfolgen der der Geburt des Kindes nachfolgenden Elternheirat 175 ff der Feststellung tatschlicher Verhinderung 208, 215 ff, 234 eines wirksamen Verwaltungsausschlusses 353 f der Sorgeerklrungen 161 ff Rechtsgterabwgung, Fhigkeit zur 284 Rechtshngigkeitssperre 55 Rechtsmittel gegen Entscheidungen im Zusammenhang mit § 1598a BGB 119n gegen den Vorbescheid 471 gegen Sorgerechtsentscheidungen 346 gegen Genehmigungsentscheidungen des Gerichts 465 Verzicht auf ~ 471 Rechtsmittelgericht 119, 189, 471 Rechtsnatur der elterlichen Sorge 238 f der Sorgeerklrungen 143 Rechtspfleger/in Vorbescheidspflicht 465 ff

Sachregister Zustndigkeit 119o, 223, 226, 343, 418, 462, 525 Rechtsvereinheitlichung 10 Rechtswirkungen der Vaterschaftsanerkennung 22 Vaterschaftsfeststellung 63 Reform des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit 343a, 344a, 471 f Regel-Ausnahme-Verhltnis bei Entscheidungen nach § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB 187 Regressanspruch des Kindes 446 Residenzmodell 487 Richtervorbehalt 172, 194, 200, 225, 233, 343, 492, 501 Rckschau bei Ersetzung einer Sorgeerklrung 169 Rcksichtnahme auf Eignung und Neigungen des Kindes 289 f, 317 Ruhen elterlicher Sorge 180, 199, 203, 208 ff, 255 aufgrund Einwilligung in Adoption 227 aufgrund Feststellung gem § 1674 BGB 208 ff kraft Gesetzesgem § 1673 BGB 227 ff Sachliche Zustndigkeit siehe Zustndigkeit Scheidung Einfluss der ~ auf die elterliche Sorge 184 ~sverbund 510 Scheinmutterschaft 6 Scheinvaterschaft 83, 119 Schenkungsverbot 359 ff Schranken der elterlichen Sorge 265 ff, 350 ff Schwangerschaftsabbruch 240, 281 ff Einwilligung in ~ 281 ff seelische Verletzungen 301, 304 Selbstkontrahieren 365, 367 f, 373, 381, 383, 388 f, 404, 412 Sexueller Missbrauch 245, 317 Sicherheitsleistung 333 Sorgeerklrungen

433 Anfechtung von ~ 159 Aufklrung ber ~ 136 Auskunft ber ~ 147 f Bedingungs- und Befristungsfeindlichkeit der ~ 140, 142 Beschrnkung der ~ auf Teile der elterlichen Sorge 141 ~ bei qualifizierter Vaterschaftsanerkennung 155 ~ durch Betreute mit Einwilligungsvorbehalt 158 ~ durch beschrnkt Geschftsfhige 145 ~ durch Geschftsunfhige 157 Einfluss von~ auf kleines Sorgerecht des Stiefelternteils 165 Ersetzung von ~ 167 ff Form der ~ 146 Hçchstpersçnlichkeit der ~ 144 Inhalt der ~ 137 ff materielle Wirksamkeit der ~ 159 Mitteilung ber – Beurkundung von ~ 147 – Ersetzung von ~ 173 ~ nach Sorgerechtsentscheidungen gem §§ 1671, 1672, 1666 BGB 153 ff Rechtsfolgen der ~ 161 ff Rechtsnatur der ~ 143 vorgeburtliche (prnatale) ~ 149, 151 Widerruf von ~ 150, 160 Zeitpunkt der~ 149 Zustimmung zu ~ 145, 157 Sorgerechtsgeschftsfhigkeit, besondere 157 sorgerechtshindernde Wirkung 221, 232 Sorgerechtsmissbrauch 316 f Sorgerechtsregelung, vorgeburtliche 184 Sorgerechtswechsel 221, 232 sozial-familire Beziehung 46a, 58, 76 ff, 82a, 96, 103 f, 119 Sozialrechtsmndigkeit des Kindes 280, 287 f Substanztheorie 154

434 staatliches Wchteramt siehe Wchteramt Staatsangehçrigkeit 45 f, 245 Standesamt Beurkundung durch ~ 40, 48, 146 statusrechtliche Rckzuordnung des Kindes 11, 16 Statusurteil 64, 71 Statuswechsel 12 f, 15, 120 Stellvertretung, ausgeschlossene 246, 253 Sterilisation des Kindes 246, 300 Stiefeltern Adoption durch ~ 120, 135 kleines Sorgerecht der ~ siehe kleines Sorgerecht Mitentscheidungsbefugnis des ~teils siehe Mitentscheidungsbefugnis Stiefkindadoption siehe Adoption Strafverfolgung bei Verstoß gegen § 1631 Abs 2 BGB 307, 309 Tagessorge siehe Angelegenheiten des tglichen Lebens tatschliche Sorge siehe elterliche Sorge tatschliche Verhinderung der Eltern 204 ff Testamentsform 260 Testamentsanfechtung 383 f teleologische Extension 382 ff teleologische Reduktion 36, 230, 390 ff, 448 Testamentsvollstreckung/-vollstrecker 351, 354, 412 Tod der Eltern 27, 182, 190 f, 196 ff, 241, 259 f Tod des Kindes 241 Totenfrsorge 241 Trennung der Eltern 184, 193, 486 ff, 494 des allein sorgeberechtigten Elternteils und des Stiefelternteils 524 des Kindes von seiner Familie 239, 312, 328, berlassung der Ausbung elterlicher Sorge 203, 239

Sachregister berleitung durch Ehelicherklrung nach altem Recht begrndeter Sorge 201 ff bernahme einer fremden Verbindlichkeit Genehmigung der ~ 442, 446 bernahmepflicht, keine des von Schenker oder Zuwender benannten Pflegers 355 des von den Eltern benannten Vormunds 261 berprfung und nderung von Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB 341 bertragung der Alleinentscheidungsbefugnis gem § 1628 BGB 87, 229, 494 ff der elterlichen Sorge – gem § 1671 BGB 184 ff – gem § 1672 BGB 193 f – gem § 1678 Abs 2 BGB 218 – gem § 1680 Abs 2, 3 BGB 197, 199, 337, 340 Umgang des Kindes 245, 304, 317, 474, 488, 491 Umgangsrecht 122, 317 Umgangsverbot gegen Dritten 326 Unabnderbarkeit wirksam gewordener Entscheidungen 465 f Unanfechtbarkeit der Mutterschaft 6 unbefristete Beschwerde siehe Beschwerde Unfhigkeit der Eltern 313 unmittelbarer Eindruck 344 Unterbringung freiheitsentziehende ~ 293 ff unterbringungshnliche Maßnahmen 298 Untersuchungsgrundsatz im Vaterschaftsfeststellungsverfahren 62 im Vaterschaftsanfechtungsverfahren 78, 105 Unbertragbarkeit der elterlichen Sorge 239 Unwilligkeit der Eltern 313

Sachregister Ursachen der Kindeswohlgefhrdung 310, 312, 314, 321 Vaterschaft Abstammungsgutachten 60, 119a ff ~ durch Zeugung 60 ~ kraft Ehe mit der Mutter 8 ff ~ kraft Anerkennung 22 ff ~ kraft gerichtlicher Feststellung 52 ff Vaterschaftsanerkennung siehe Anerkennung Vaterschaftsanfechtung siehe Anfechtung Vaterschaftsfeststellung siehe Feststellung Vaterschaftsvermutung 8, 17, 60 Verbote 325, 327 Verbot der Wohnungsnutzung 326 f Verbundurteil 189 Verbundverfahren 510 Verfahrenspfleger Anhçrung des ~s 464 Bestellung eines ~s 189, 345, 464, 471, 501 ~ als Vorbescheidsempfnger 471 Verfassungsmßigkeit der originren Alleinsorge nach § 1626a Abs 2 BGB 127 ff, 130 der Anforderungen an eine bertragung der Sorge nach § 1672 Abs 1 BGB 132, 193 Vergleich 119l, 512 Verhltnis zwischen Ehegatten 475 zwischen Entscheidungen nach – § 1628 BGB und § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB 495 – § 1666 BGB und anderen Vorschriften 214, 335 – § 1674 Abs 1 und § 1666 BGB 211 Verhltnismßigkeitsgrundsatz 186, 214, 299, 305, 325, 327 f, 332, 411 Verhinderung der Eltern 204 ff tatschliche ~ 204 ff Wegfall der ~ 207, 232, 235 Wirksamwerden festgestellter tatschlicher ~ – mit Bekanntmachung 215

435 – mit bertragung elterlicher Sorge 215 – mit Vormundsbestellung 215 Verletzung der Vermçgensinteressen 367, 374, 389 Verlust der tatschlichen Personensorge durch Heirat des Kindes 255, 474 Vermçgen im Ganzen Genehmigung zur Eingehung der Verpflichtung, ber das ~ zu verfgen 439 Vermçgensangelegenheiten siehe Vermçgenssorge Vermçgensgefhrdung 310, 322 ff, 343, 363 Vermçgenssorge 242, 274 ff Vertretung im Bereich der ~ 257 Umfang der ~ 249 ff Vermçgensverfall der Eltern 323, 411 Vermçgensverwaltung 251, 362 f, 421 Vermçgensverzeichnis 333 Vernachlssigung des Kindes 318 f Verpflichtung siehe auch Bestellung zur Herstellung von Einvernehmen siehe Einvernehmen Versagen der Eltern 310, 321 Verschollenheitsgesetz 182, 191, 197, 256 Verschulden der Eltern 214, 313, 322 Vertretung bei der Anfechtung der Vaterschaft 84 ff, 114 bei der Klrung der leiblichen Abstammung 119e, 406a des Kindes durch – Eltern 252 ff, 503 ff – Stiefeltern 522 Passiv~ 483 Vertretungsausschluss 86, 119e, 361, 406, 406a, 483, 509, 522, Ausnahmen von den ~ausschlssen 371, 376, 388 ff, 391 ff gem § 181 BGB 361, 364 ff, 381 ff, 483 gem § 1795 BGB 361, 373 ff, 483 gem § 52 Abs 2 S 2 StPO 406 gem § 1629 Abs 2a BGB 406a

436 Vertretungsmacht Entziehung der ~ nach § 1796 BGB 56, 87, 119e, 335, 369, 375, 407 ff Vertretungsrecht, alleiniges aufgrund einer Entziehung gem § 1796 BGB 514 bei alleiniger Entscheidungsbefugnis gem § 1687 BGB 486 bei Passivvertretung 483 durch Ermchtigung 482 gem § 1629 Abs 1 S 3 BGB 206, 500 gem § 1629 Abs 1 S 4 BGB 484 f, 516, 523 gem § 1629 Abs 2 S 2 BGB 503 ff Verwaltungsanordnung gem § 1639 BGB 358 Verwaltungsausschluss gem § 1638 BGB 350 ff Verzicht auf Rechtsmittel 471 Vetorecht der Mutter 127 Vollmacht Umgehung von Vertretungsausschlssen durch ~serteilung 381 Vollstreckung 119j, 512 Vollstreckungsklausel 512 Vorbescheid 465 ff ~sadressat 471 – Beschwerde gegen ~ 471 Verfahrenspflegerbestellung 471 Verstoß gegen ~sgebot 466 Vorfhrung, zwangsweise 119j, 344a Vorgenehmigung siehe Genehmigung Vormundschaft Anordnung der ~ 234 Beendigung kraft Gesetzes 145, 162, 178, 180, 221, 228, 232, 235, 340 Vormundschaftsgericht Zustndigkeit 121, 417, 462, 501 Vorrang anderer Hilfen vor Eingriffen in die elterliche Sorge 307 der Verfahrensdurchfhrung 343a der bertragung der Sorge vor Vormundschaft oder Pflegschaft 191, 218 milderer Mittel in Sorgerechtsverfahren 317, 325

Sachregister Vorteilhaftigkeit, rechtliche 252, 287, 371 f, 380, 383 f, 390 ff, 424 Vorwirken der elterlichen Sorge 32, 240 Wchteramt des Staates 197, 236 f, 239, 310, 312, 344a, 338 Wechselmodell 487, 504 Wechsel Genehmigung der Begebung eines ~s 445 Wechsel des gesetzlichen Vertreters 457, 460 Wegfall der beschrnkten Geschftsfhigkeit 232 Geschftsunfhigkeit 232 tatschlichen Verhinderung 206f Weisungen 325 f Widerruf der Anerkennung der Vaterschaft 41 von Sorgeerklrungen 150, 160 wiederkehrende Leistungen Genehmigung eines Vertrages, der zu ~ verpflichtet 443 Willensvorrang der minderjhrigen Mutter 31, 229 f Durchsetzung des~s 230 Wirksamwerden gerichtlicher Entscheidungen – gem § 1598a Abs 2 BGB 119m – gem § 1628 BGB 500 – gem § 1674 BGB 215, 221 gerichtlicher Genehmigungsentscheidungen 457 ff Wirkung, sorgerechtshindernde 221, 232 wirtschaftliche Vermçgensverwaltung 362 f Zeitempfinden des Kindes 170 zeitliche Begrenzungen siehe Begrenzungen Zeugnisverweigerungsrecht 256, 406 Zchtigung 308 Zukunftsprognose bei Ersetzung einer Sorgeerklrung 169 Zulssigkeitsvoraussetzung der Vaterschaftsanfechtung durch den

Sachregister – genetischen Vater 78 ff – einen Vertreter 92 eines Antrags auf Ersetzung der Sorgeerklrung 171 Zurckweichen der Sorgekompetenz 266 Zustndigkeit 119o, 172, 189, 194, 200, 223, 225 f, 233, 342, 418, 462, 472, 501, 525 Zustimmung der Kindesmutter gem § 1672 BGB 193 des Schenkers 358 verweigerte ~ des Schenkers 358 zu einer Sorgeerklrung 145, 147 verweigerte ~

437 – zu einer Sorgeerklrung 145 – zur Vaterschaftsanerkennung 24 ff – der Mutter 26 f – des Kindes 28 ff, 33 zur Zustimmung zur Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung 26 ff Zuwiderhandlung 358 Zwangschecks 347 zwangsweise Vorfhrung 119j, 344a zwangsweise Zufhrung des Kindes 295 Zweckmßigkeitserwgungen 423, 454 zweckwidrige Vaterschaftsanerkennungen 45, 46a, 82a Zweitadoption, verbotene 121 Zwischenentscheidungen 346