Das neue Bayern - Staat und Politik : Von 1800 bis zur Gegenwart 3406504515

Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. 2003 Mit diesem Band wird die vollständige Überarbeitung des Spindlerschen Han

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Das neue Bayern - Staat und Politik : Von 1800 bis zur Gegenwart
 3406504515

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Das Neue Bayern Von 1800 bis zur Gegenwart Erster Teilband Staat und Politik

der bayerischen Geschichte

Band IV. 1

C. H. Beck

HANDBUCH

DER BAYERISCHEN GESCHICHTE VIERTER BAND

DAS NEUE BAYERN Von 1800 bis zur Gegenwart

Erster Teilband Staat und Politik

HANDBUCH DER

BAYERISCHEN GESCHICHTE VIERTER BAND

DAS NEUE BAYERN Von 1800 bis zur Gegenwart Erster Teilband

Staat und Politik Begründet von

MAX SPINDLER In Verbindung mit Dieter Albrecht f, Karl-Ulrich Gelberg, Heinz Hürten, Andreas Kraus, Wilhelm Volkert, Eberhard Weis, Walter Ziegler neu herausgegeben von

ALOIS SCHMID

VERLAG C.H.BECK MÜNCHEN

Die Herausgabe des Bandes wurde durch eine namhafte Zuwendung gefördert vom Sparkassenverband Bayern

Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. 2003 Verlag C. H. Beck oHG, München 2003 Satz: Dr. Anton Thanner, Schwendi-Weihungszell Druck und Bindung: Kösel, Kempten Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier (hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff) Printed in Germany ISBN 3 406 50451 5 www.beck.de

VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE

Mit den Teilbänden für Franken, Schwaben und die Oberpfalz ist die Darstel­ lung der Geschichte des staatsbayerischen Raumes im Rahmen der Neuheraus­ gabe des Handbuches der bayerischen Geschichte bis zum Ende des Alten Reiches abgeschlossen worden. Es steht noch aus die Neubearbeitung der Neuesten Zeit des 19. und 20. Jahrhunderts, die in zwei Bänden erfolgt. Die politische Geschichte wird mit diesem Band vorgelegt, der zweite Band, der die innere Entwicklung zum Thema hat, ist in Bearbeitung. Zur Erleichterung der Benützung werden die beiden Bände durch eigene Register erschlossen. Die Neubearbeitung wurde, soweit möglich, von den Autoren der Erstauf­ lage durchgeführt. Für die Abschnitte, deren Verfasser nicht mehr zur Verfü­ gung stehen, konnten neue kompetente Fachleute gewonnen werden. Alle Ar­ tikel wurden auf den aktuellen Forschungsstand gebracht, einzelne völlig neu abgefaßt. Der Band stellt eine Neubearbeitung der jüngeren und jüngsten Geschichte Bayerns auf dem derzeitigen Wissensstand dar. Eine wesentliche Änderung gegenüber der Erstauflage ist die Ausweitung des Darstellungszeit­ raumes. Endete dieser in der Erstauflage mit der Ära des Ministerpräsidenten Alfons Goppel, so fuhrt die Neubearbeitung bis ans Ende des 20. Jahrhunderts und stellt damit die Verbindung zur Gegenwart her. Wenn in der Neuauflage gerade der Nachkriegszeit breiter Raum zuerkannt wird, ist dies darin begrün­ det, daß hier das vergangene halbe Jahrhundert erstmals seine umfassende wis­ senschaftliche Aufarbeitung erfährt. Die Neuherausgabe des Bandes wurde zunächst Prof. Dr. Dieter Albrecht an­ vertraut. Die Konzeption und Organisation des Bandes ist weithin sein Werk. Er hat die Überarbeitung auf den Weg gebracht, mit Einsatz vorangetrieben und mit seiner hohen Fachkompetenz begleitet. Auch den eigenen vorzüg­ lichen Beitrag konnte er noch weithin abschließen. Der Tod hat ihn am 8. Oktober 1999 unerwartet mitten aus seinem Schaffen gerissen. Für die wert­ volle Arbeit, die er dem Handbuch immer entgegengebracht hat, gebührt ihm tiefer Dank über den Tod hinaus. Auch dieser Band ist zu den vielen Werken zu rechnen, durch die sich Dieter Albrecht um die bayerische Geschichte hohe Verdienste erworben hat. Seiner Witwe Frau Birgit Albrecht ist zu danken, daß sie alle das Handbuch betreffenden Materialien des Nachlasses zur Weiterbear­ beitung zur Verfügung stellte. Die große Aufgabe, das Werk weiterzufuhren, wurde noch im Jahre 1999 mir übertragen. Ich sehe es — auch als Schüler von Dieter Albrecht — als vornehmliche Pflicht an, den Band ganz in seinem Sinne zu Ende zu fuhren.

Es bleibt die angenehme Pflicht des Dankes an alle, die weiterhin zu diesem Werk beigetragen haben. Der Dank gilt zuallererst Prof. Dr. Andreas Kraus, der als Sachwalter des Erbes des Begründers des Handbuches, Max Spindler, auch über diesen Band seine lenkende und jederzeit fördernde Hand gehalten hat. Der Dank gilt den Autoren, die ihre jeweiligen Spezialgebiete in das Werk eingebracht haben. Der Dank gilt sodann dem Verlagshaus C. H. Beck, das «den Spindler» auch weiterhin als eines der wissenschaftlichen Glanzstücke im Programm fuhrt. Der zuständige Lektor Dr. Stefan von der Lahr war jederzeit ein nicht nur hilfreicher, sondern zudem höchst fachkundiger Ansprechpartner. Der Dank gilt weiterhin dem Sparkassenverband Bayern unter seinem früheren Vizepräsidenten Dr. h. c. Manfred Pix für die gewährte finanzielle Unterstüt­ zung. Frau Dr. Franziska Jäger-von Hoeßlin hat die eingereichten Manuskripte in bewährter Weise redaktionell bearbeitet. Herr Dr. Anton Thanner erstellte den Satz. Zahlreiche Mitarbeiter, unter denen besonders Frau Utta Bach MA hervorgehoben sei, haben in Verläßlichkeit die notwendigen Zuarbeiten erle­ digt. Dafür sei allen Beteiligten am Schluß der Arbeiten verbindlicher Dank ausgesprochen. Das Institut für bayerische Geschichte an der Universität München hat eine seiner großen wissenschaftlichen Unternehmungen mit einem gewichtigen Band weitergeführt. Diesem ist zu wünschen, daß er seine Aufgabe als ent­ scheidendes Informationsmittel zur politischen Geschichte Bayerns der Neue­ sten Zeit genauso zuverlässig und hilfreich erfüllen wird wie sein Vorgänger. München, im Herbst 2002

Alois Schmid

INHALT

Abkürzungen ................................................................................................................ XIII

A STAAT UND POLITIK (1800-1998)

I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates unter König Max I. (1799-1825). Von Eberhard Weis § i. Die neue Regierung und ihr innenpolitisches Programm. Krieg, Be­ setzung, innere Opposition, Übergang zu einer neuen außenpoliti­ schen Orientierung, die Gebietserwerbungen von 1803 ........................ a) Max Joseph und Montgelas. Das Programm........................................... b) Regierungsantritt. Zweiter Koalitionskrieg (1799-1801) ................... c) Jakobinische Bestrebungen zur Revolutionierung Bayerns 1799/ 1801 .................................................................................................................. d) Die Stellung zur altbayerischen Landschaftsverordnung..................... e) Die Entschädigungsfrage. Der Reichsdeputationshauptschluß von 1803. Säkularisation und Mediatisierung ................................................ § 2. Bayern im napoleonischen Kontinentalsystem (1805-1813). Kampf gegen Napoleon (1813-1815).......................................................................... a) Das Bündnis mit Frankreich von 1805..................................................... b) Der Dritte Koalitionskrieg, der Brünner Vertrag und der Friede von Preßburg 1805 ....................................................................................... c) Der Beitritt zum Rheinbund 1806............................................................. d) Die Kriege von 1806/07 und 1809. Bayern verhindert die verfas­ sungsmäßige Ausgestaltung des Rheinbunds.......................................... e) Der Tiroler Aufstand..................................................................................... f) Der Friede von Schönbrunn 1809 und seine Auswirkungen ........... g) Auswirkungen von Kontinentalsperre und Kontinentalsystem .... h) Der russische Feldzug von 1812, der Wechsel des Bündnissystems 1813 (Vertrag von Ried). Die Feldzüge von 1813/15. Rückblick auf die Rheinbundära .......................................................................................... § 3. Die Reformen in Staat, Verwaltung und Gesellschaft unter Montgelas (1799-1817) .......................................................................................................... a) Verselbständigung und Ausschließlichkeit des Staates ....................... b) Die Aufhebung der landsässigen Klöster und ihre Auswirkungen . .

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VIII

Inhalt c) Staat und Kirche bis 1814............................................................................. d) Die Politik gegenüber dem Adel................................................................ e) Grundherrschaft, Feudalrechte - Verbesserungen · der agrarischen Landeskultur..................................................................................................... f) Die Konstitution von 1808 und die Organischen Edikte................... g) Reformen und Reformversuche auf dem Gebietdes Rechts............... h) Neugestaltung der Verwaltung.................................................................. i) Vorübergehende Beseitigung der kommunalen Selbstverwaltung . . j) Das neue Beamtentum.................................................................................. k) Staatsfinanzen und Schulden........................................................................ l) Wirtschaftspolitik .......................................................................................... m) Heeresreform, allgemeine Wehrpflicht ................................................... n) Toleranz, konfessionelle Parität ................................................................ o) Das Judenedikt von 1813............................................................................. p) Pressefreiheit .................................................................................................. q) Bildungswesen, Wissenschaft, Kunstpflege............................................. r) Armen- und Krankenfursorge. Brandversicherung ............................. s) Schwächen des Verwaltungssystems. Montgelas’ Sturz ..................... § 4. Die Außen- und Bundespolitik Bayerns vom Wiener Kongreß bis 1825.......................................................................................................................... a) Die Frage der territorialen Entschädigung............................................. b) Der Rheinkreis (Pfalz).................................................................................. c) Bilanz der äußeren Entwicklung des Staates........................................... d) Bayern und der Deutsche Bund .................................................................. § 5. Die innere Entwicklung seit Montgelas’ Sturz (1817—1825)................... a) Umgestaltungen in der Verwaltung. Das Gemeindeedikt von 1818 b) Das Konkordat von 1817, das Religions- und das ProtestantenEdikt von 1818, die Tegemseer Erklärung von 1821........................... c) Die Entstehung der Verfassung von 1818................................................ d) Die Verfassung vom 26. Mai 1818 ........................................................... e) Die ersten Landtage (1819-1825) .............................................................

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II. Die Regierungszeit Ludwigs I. (1825-1848). Von Andreas Kraus § 6. Erziehung - Herrschaftsverständnis - Regierungssystem ........................ a) Jugend und Erziehung.................................................................................. b) Militärisch-administrative Aufgaben - Auseinandersetzung mit Napoleon.......................................................................................................... c) Verfassungsverständnisund Regierungsweise des Königs.................... d) Die Minister Ludwigs 1................................................................................ §7. Die Innere Politik: Die staatliche Konsolidierung des Neuen Bayern . a) Das «Kunstkönigtum» (Gollwitzer) Ludwigs 1......................................... b) Schule und Unterricht - Bildung und Wissenschaft .......................... c) Ludwig I. und die Kirche .......................................................................... d) Sanierung der Staatsfinanzen — Verwaltungsreform............................. e) Wirtschaft und Verkehr................................................................................ f) Ludwig I. und das Militär .......................................................................... §8. Bundespolitik upd Außenpolitik..................................................................... a) Das Ringen um die rechtsrheinische Pfalz .............................................

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Inhalt

IX

b) Bayerische Bundespolitik............................................................................. 183 c) Der Deutsche Zollverein............................................................................. 187 d) Das Verhältnis Bayerns zu Frankreich..................................................... 190 e) Bayern und Griechenland .......................................................................... 193 § 9. Verfassungskämpfe - Fortbildung der Verfassung..................................... 198 a) Reformkönigtum und Parlament - Der Landtag von 1827/28 .... 199 b) Bayern und die französische Julirevolution 1830 — Der Landtag von 1831 .................................................................................................................. 201 c) Hambach und die Folgen............................................................. 206 d) Die Epoche des Gleichgewichts (1834-1838) ........................................ 214 e) Konflikt und Ausgleich - Konfession als politisches Prinzip................. 216

§ 10. Der Ausgang der Regierungszeit Ludwigs 1................................................... a) Der Sturz Abels und seine Folgen............................................................. b) Wechselnde Minister - Der Landtag von 1847..................................... c) Persönlichkeit und Herrscherleistung .....................................................

224 224 226 232

III. Die politische Entwicklung von 1848 bis zur Reichsgründung 1871.

Von Wilhelm Volkert § 11. Die Innenpolitik zwischen 1848 und 1864.................................................. 237 a) Unruhe, Aufruhr, Befriedung in den bayerischen Landesteilen Bayern und das Frankfurter Parlament..................................................... 237 b) König und Minister....................................................................................... 244 c) Der Landtag von 1848 und die Reformgesetze..................................... 250 d) Landtag und Regierung zwischen Reaktion und Reform 1849 bis 1864 .................................................................................................................. 254 e) Sozial- und Kommunalpolitik, Wirtschafts- und Verkehrspolitik, Kultur- und Kirchenpolitik zwischen 1848 und 1869 ........................ 238 § 12. Bundes- und Außenpolitik 1849-1864.......................................................... 272 a) Bayern und der Deutsche Bund 1849 bis 1864..................................... 272 b) Außenpolitische Verwicklungen zwischen 1853 und 1864................... 278 c) Bürgerliche Bemühungen um die nationale Frage ............................. 282 § 13. Neue staatliche und kommunale Strukturen zwischen 1848 und 1870 . 283 a) Der König ....................................................................................................... 284 b) Der Landtag..................................................................................................... 287 c) Das Ministerium............................................................................................. 288 d) Neue Organisationsformen in der Staats- und Kommunalverwal­ tung .................................................................................................................... 291 § 14. Deutscher Krieg und Reichsgründung (1864-1871)................................... 292 a) Regierungsantritt König Ludwigs II............................................................ 292 b) Von der Pfordten - Schleswig-Holstein-Frage - Krieg von 1866 . . 294 c) Das Ministerium Hohenlohe 1866-1870 ................................................ 301 d) Bayern und die Reichsgründung 1870/71 ............................................. 308

IV. Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871-1918).

Von Dieter Albrecht § 15. Bayern im Reich..................................................................................................

319

X

Inhalt § 16. Parteien und Verbände ..................................................................................... a) Die liberalen Parteien ................................................................................... b) Patriotenpartei - Zentrumspartei ............................................................. c) Die Sozialdemokratische Partei................................................................... d) Der Bayerische Bauernbund........................................................................ e) Christliche Bauernvereine, Katholische Arbeitervereine, Christ­ liche Gewerkschaften ................................................................................... f) Die Freien Gewerkschaften ........................................................................ § 17. Landtag und Landtagswahlrecht ..................................................................... a) Der Landtag..................................................................................................... b) Das Landtagswahlrecht ................................................................................ § 18. Die politische Entwicklung 1871-1886 ........................................................ a) Der Kulturkampf in Bayern........................................................................ b) Ministerium und Landtag 1871-1882 .................................................... c) Krankheit, Verschuldung, Entmündigung und Tod Ludwigs II. . . .

330 330 336 345 350

353 357 362 362 366 369 369 377 383

§ 19. Die Prinzregentenzeit 1886-1912/13............................................................. 394 a) Prinzregent und Prinzregentenzeit ........................................................... 394 b) Das Ende der Ara Lutz ................................................................................ 400 c) Das Ministerium Crailsheim (1890—1903) ............................................. 402 d) Das Ministerium Podewils (1903-1912) - Die Bildung des Ministe­ riums Hertling 1912 ..................................................................................... 405 e) Der Regentenwechsel 1912, die Beendigung der Regentschaft 1913 410 § 20. Bayern im Ersten Weltkrieg 1914-1918........................................................ 413 a) Das bayerische Heer im Krieg ................................................................... 413 b) Kriegszielpolitik, Kriegszielbewegung und Friedensbemühungen .. 417 c) Kriegszustand, Ernährungslage, Volksstimmung................................... 425 d) Innenpolitische Entwicklungen und Verfassungsreformen....................431 e) Vor der Revolution........................................................................................ 435

V. Revolution und Zeit der Weimarer Republik. Von Heinz Hörten § 21. Bayern unter Eisner................................................................................................ 440 a) Eisners Aktion und Programm .................................................................. 440 b) Ziele und Hoffnungen bayerischer Politik............................................. 445 c) Eisners Scheitern............................................................................................. 450 § 22. Die Räterepubliken............................................................................................. 457 a) Räte und Landtag .......................................................................................... 457 b) Die I. Räterepublik....................................................................................... 460 c) Die II. Räterepublik und ihr Ende .......................................................... 462 § 23. Der neue Staat (1918-1920) ............................................................................. a) Grenzen föderalistischer Politik ................................................................ b) Die Verfassung des Freistaates..................................................................... c) Der Anschluss Coburgs ............................................................................... § 24. Die innere Ausgestaltung des Freistaates und seine Einbindung in das Reich....................................................................................................................... a) Machtfaktoren außerhalb des Parlaments................................................ b) «Ordnungszelle Bayern»?................................................................................ c) Konflikte mit dem Reich.............................................................................

465 465 468 470

471 471 473 475

Inhalt § 25. Die «Vaterländischen Verbände», der Hitlerputsch 1923 und die Lage in der Pfalz............................................................................................................. a) Der Aufstieg der NSDAP............................................................................. b) Neuer Konflikt mit dem Reich und der Hitlerputsch ........................ c) Separatismus und Terror in der Pfalz........................................................ § 26. Bayern unter Heinrich Held (1924-1933) .................................................. a) Stabilisierung der Eigenstaatlichkeit und das Konkordat ................... b) Der Landtag in der politischen Führung ................................................ c) Reichspolitische Ambitionen ..................................................................... d) Ausklang eines guten Jahrzehnts................................................................

XI

479 479 483 488 489 490 491 494 497

VI. Bayern im NS-Staat 1933 bis 1945. Von Walter Ziegler § 27. Aufstieg der NSDAP in Bayern und NS-Machtergreifung 1925-1934 . a) Die NSDAP in Bayern seit 1925................................................................ b) Zustimmung und Widerspruch.................................................................. c) Regierung und NSDAP................................................................................ d) NS-Machtübernahme 1933 ........................................................................ e) Konsolidierung der bayerischen NS-Regierung ................................... f) Gleichschaltung ............................................................................................. § 28. Staat, Partei und Gesellschaft Bayerns im Dritten Reich (bis 1939) ... a) Staatsgestalt ..................................................................................................... b) Die NSDAP in Bayern ................................................................................ c) Auswirkungen des NS-Regimes in der Gesejlschaft Bayerns ........... d) Zwang, Verfolgung, Ausgrenzung^........................................................... e) Gegnerschaft und Widerstand..................................................................... § 29. Bayern im Zweiten Weltkrieg ........................................................................ a) Rahmenbedingungen..................................................................................... b) Kriegsalltag an der Front und in der Heimat ........................................ c) Radikalisierung des Regimes....................................................................... d) Widerstand, Verweigerung, Nichtanpassung ........................................ e) Ausgang und Würdigung.............................................................................

500 501 507 510 514 521 525 531 531 538 544 570 577 590 590 596 607 618 631

VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ara Goppel (1943-1978).

Von Karl-Ulrich Gelberg § 30. Kriegsende............................................................................................................. 635 § 31. Unter amerikanischer Besatzung (1945-1949) .......................................... 646 a) Die amerikanische Militärregierung in Bayern (1945—1949)................. 646 b) Die Kabinette Schäffer und Hoegner I (1945-1946) ........................... 666 c) Die Kabinette Ehard I und II (1946-1950)............................................. 684 d) Die Verfassung des Freistaates Bayern vom 8. Dezember 1946 .... 701 e) Entnazifizierung und Wiedergutmachung ............................................. 725 f) Flüchtlinge und Flüchtlingspolitik .......................................................... 737 g) Neubildung von Parteien und Verbänden ............................................. 757

§ 32. Jahre der Konsolidierung (1950-1962)........................................................... 802 a) Das Kabinett Ehard III (1950-1954) ........................................................ 802

XII

Inhalt b) Die Viererkoalition (1954-1957)................................................................ c) Die Kabinette Seidel I und II sowie Ehard IV (1957-1962)............. § 33. Dynamischer Wandel und Kontinuität - Die Ära Goppel (1962-1978) a) Das Kabinett Goppel I (1962-1966) ........................................................ b) Das Kabinett Goppel II (1966-1970)........................................................ c) Das Kabinett Goppel III (1970-1974) ..................................................... d) Das Kabinett Goppel IV (1974-1978) .....................................................

817 837 857 857 873 891 927

VIU.Ausblick. Von Kahl-Ulrich Gelberg § 34. Bayern 1978-1998............................................................................................... a) Die Kabinette Strauß I, II und III (1978-1988) ................................... b) Die Kabinette Streibl I und II (1988-1993) ........................................... c) Die Kabinette Stoiber I, II und III (1993-1998)...................................

957 958 977 991

Register. Von Willy Jäger ................................................................................................... 1009

ABKÜRZUNGEN

Auswärtiges Amt Abgeordneter, Abgeordnete Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaf­ ten ACSP ................................... Archiv für Christlich-Soziale Politik der Hanns-Seidel-Stiftung, München ADAV.................................. Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein ADB ..................................... Allgemeine Deutsche Biographie AdG ...................................... Keesings Archiv der Gegenwart AidG...................................... Archiv der Gegenwart, früher Keesings Archiv AKG...................................... Archiv für Kulturgeschichte AKKR .................................. Archiv für katholisches Kirchenrecht Albrecht, Landtag................ W. Albrecht, Landtag und Regierung in Bayern am Vor­ abend der Revolution von 1918. Studien zur gesellschaft­ lichen und staatlichen Entwicklung Deutschlands von 1912 bis 1918, 1968 Albrecht, Zentrumsprotokolle ... D. Albrecht (Bearb.), Die Protokolle der Landtagsfraktion der Bayerischen Zentrumspartei 1893-1914, 5 Bde., 1989/93 Amtl. Handbuch.................. Amtliches Handbuch der Kammer der Abgeordneten des Bayerischen Landtags AO........................................ Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfran­ ken AÖG...................................... Archiv für Österreichische Geschichte Apelt ..................................... W. Apelt, Geschichte der Weimarer Verfassung, 1946, 19641 Arch......................................... Archiv Armansperg.......................... R. Gräfin Armansperg, J. L. Graf Armansperg. Ein Beitrag zur Regierungsgeschichte Ludwigs I. von Bayern, 1976 AU........................................ Archiv des Historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg AVBRD................................. Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland 1945-1949, hg. vom Bundesarchiv Koblenz u. IfZ, 5 Bde., 1976/83 (Sonderausgabe 1989) Ay........................................... K.-L. Ay, Die Entstehung einer Revolution. Die Volksstim­ mung in Bayern während des Ersten Weltkrieges, 1968 AZ.......................................... Archivalische Zeitschrift AA ........................................ Abg.......................................... Abh. München....................

Bachem................................. K. Bachem, Vorgeschichte, Geschichte und Politik der Deutschen Zentrumspartei, 9 Bde., 1927/32 (Neudr. 1967) Bastgen.................................. B. Bastgen, Bayern und der Hl. Stuhl in der ersten Hälfte des 19. Jhs., 2 Bde., 1940 Bauer ................................... F.J. Bauer (Bearb.), Die Regierung Eisner 1918/19. Ministerratsprotokolle und Dokumente, 1987 Bauer, Hauptstadt ............. R. Bauer (Hg.), «Hauptstadt der Bewegung». Bayerns Me­ tropole und der Nationalsozialismus, 1993

XIV

Abkürzungen

Bayer. Geschichtsatlas . . . . Bayer. Geschichtsatlas, hg. v. Μ. Spindler, Redaktion G. Diepolder, 1969 Bayern NS-Zeit.................. Bayern in der NS-Zeit, 6 Bde., hg. v. Μ. Broszat u.a., 1977/83 Bayern in Zahlen ............... Bayern in Zahlen. Zschr. des Bayer. Landesamtes für Satistik u. Datenverarb., 1947 fr. Bayerns Entwicklung . . . . Bayerns Entwicklung nach den Ergebnissen der amtlichen Statistik seit 1840, hg. v. Kgl. Bayer. Statistischen Landes­ amt, 1915 BayHStA.............................. Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München BayVBl.................................... Bayerische Verwaltungsblätter BBd......................................... Bayerischer Bauernbund BBL ...................................... Bayerischer Beratender Landesausschuß. Niederschriften der 1.-3. Tagung, 3 Bde., 1946 Bd., Bde................................. Band, Bände bearb........................................ bearbeitet Beckenbauer ....................... A. Beckenbauer, Ludwig III. von Bayern 1845-1921, 1987 Becker - Scharff.................. O. Becker, Bismarcks Ringen um Deutschlands Gestaltung, hg. v. A. Scharff, 1958 begr.......................................... begründet Beih......................................... Beiheft Beil.......................................... Beilage Beil. Parlament.................... Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament Beitr., Beitrr.......................... Beitrag, Beiträge Beitrr. ABK ........................ Beiträge zur Altbayer. Kirchengeschichte Beitrr. BK ............................ Beiträge zur Bayer. Kirchengeschichte Beitrr. z. Statistik ............... Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern (1850 fr.) bzw. Bayerns (1919 ff), hg. v. Bayerischen Statistischen Landes­ amt Benz, Besatzungsherrschaft W. Benz, Von der Besatzungsherrschaft zur Bundesrepublik. Stationen einer Staatsgründung 1946-1949, 1984 Benz, Süddeutschland . . . . W. Benz, Süddeutschland in der Weimarer Republik. Ein Beitrag zur deutschen Innenpolitik 1918-1923, 1970 Bezzel................................... O. v. Bezzel, Geschichte des Königlich Bayerischen Heeres von 1825-1866, 1931 BGBl....................................... Bundesgesetzblatt BGBR................................... Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg BGVB1.................................... Bayer. Gesetz- u. Verordnungsblatt; Gesetz- u. Verord­ nungsblatt für den Freistaat Bayern BHE...................................... Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten BHVB................................... Berichte des Historischen Vereins für die Geschichte des ehemaligen Fürstbistums Bamberg Bibi.......................................... Bibliothek; Bibliographie Binder................................... H.-O. Binder, Reich u. Einzelstaaten während der Kanzler­ schaft Bismarcks 1871-1890, 1971 Bismarck, Gedanken und Erinnerungen .................. O. v. Bismarck, Gedanken und Erinnerungen, 1898-1918 Bismarck, Gesammelte Werke . . . . O. v. Bismarck, Die gesammelten Werke. Friedrichsruher Ausgabe, 19 Bde., 1924/35 Bl., Bll..................................... Blatt, Blätter

Abkürzungen

XV

Blessing................................. W. K. Blessing, Staat und Kirche in der Gesellschaft: Institu­ tionelle Autorität und mentaler Wandel in Bayern während des 19. Jahrhunderts, 1982 BLfD...................................... Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege BlldLG.................................. Blätter für deutsche Landesgeschichte BLLV ................................... Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband Boberach.............................. H. Boberach (Hg.), Meldungen aus dem Reich: 1938-1945, 18 Bde., 1984/85 Böck ................................... H.H. Böck, Karl Philipp Fürst von Wrede als politischer Berater König Ludwig I. von Bayern 1825-1838, 1968 Böhm ................................... G. v. Böhm, König Ludwig II. und seine Welt, 19242 Bosl........................................ K. Bosl, Bayerische Geschichte, 1971 (w. Aufl.) Bosl, Umbruch.................... K. Bosl (Hg.), Bayern im Umbruch. Die Revolution von 1918, ihre Voraussetzungen, ihr Verlauf und ihre Folgen, 1969 BP........................................... Bayempartei BR ........................................ Bundesrat Brandmüller ........................ W. Brandmüller (Hg.), Handbuch der bayerischen Kirchen­ geschichte III: Vom Reichsdeputationshauptschluß bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil, 1991 Brandt................................... H. Brandt, Landständische Repräsentation im Deutschen Vormärz. Politisches Denken im Einflußfeld des monarchi­ schen Prinzips, 1968 Brückner.............................. J. Brückner, Kriegsende in Bayern 1945. Der Wehrkreis VII u. die Kämpfe zwischen Donau u. Alpen, 1987 Bussmann.............................. W. Bussmann, Das Zeitalter Bismarcks (Just III, 2) 19684 BV ........................................ Bayerische Verfassung von 1946 BVP....................................... Bayerische Volkspartei

CAD...................................... CDU.............................. Conze...................................

Civil Administration Division Christlich Demokratische Union Staat und Gesellschaft im Deutschen Vormärz 1815-1848, hg. v. W. Conze (Industrielle Welt 1) 19783 Corti ..................................... E. C. Conte Corti, Ludwig I. von Bayern. Ein Ringen um Freiheit, Schönheit und Liebe, 1937, 19797 CSU ..................................... Chrisdich Soziale Union

DAF ...................................... DArch..................................... DBJ........................................ DBT ..................................... Dcsacsovszky ....................... DDP ..................................... DDR...................................... Deist......................................

Demel................................... Denk......................................

Ders.........................................

Deutsche Arbeitsfront Deutschland-Archiv (bis 1967 SBZ-Archiv) Deutsches Biographisches Jahrbuch Deutscher Bundestag V. D. Dcsacsovszky, Das Ministerium des Fürsten Oettingen-Wallerstein 1832-1837, Diss. München 1932 Deutsche Demokratische Partei Deutsche Demokratische Republik W. Deist (Bearb.), Militär und Innenpolitik im Weltkrieg 1914 bis 1918, 2 Bde., 1970 W. Demel, Der bayerische Staatsabsolutismus 1806/081817, 1983 H. D. Denk, Die Christliche Arbeiterbewegung in Bayern bis zum Ersten Weltkrieg, 1980 Derselbe

XVI

Abkürzungen

Deuerlein, Briefwechsel . . E. Deuerlein (Hg.), Briefwechsel zwischen dem Staatsmini­ ster G. v. Hertling und dem Gesandten H. v. Lerchenfeld 1912-1917, 2 Bde., 1973 Deuerlein, Bundesratsausschuß . . . . E. Deuerlein, Der Bundesratsausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten 1870-1918, 1955 Deuerlein — Gruner .......... E. Deuerlein — W. D. Gruner, Die politische Entwicklung Bayerns 1945 bis 1972 (HB IV, 1) 1974, 538-644 Deutsche Verwaltungs­ geschichte [DVG] .......... Deutsche Verwaltungsgeschichte, hg. v. K. G. K. Jeserich u. a., 6 Bde., 1983/88 DG........................................ Deutsche Gemeinschaft DGB..................................... Deutscher Gewerkschaftsbund Dickerhof ............................ Dokumente zur Studiengesetzgebung in Bayern in der er­ sten Hälfte des 19. Jhs., bearb. v. H. Dickerhof, 1974 Dickopf................................. K. Dickopf, König Ludwig I. und Staatsrat Georg Ludwig von Maurer. Ein Beitrag zur Geschichte des Vormärz in Bayern (ZBLG 29) 1966, 157-198 Die CSU 1945-1948.......... Die CSU 1945-1948. Protokolle u. Materialien zur Frühge­ schichte der Christlich-Sozialen Union, hg. v. B. Fait u. A. Mintzel unter Mitarbeit v. Th. Schlemmer, 3 Bde., 1993 Dies.......................................... Dieselbe(n) Dirrigl .................................. Μ. Dirrigl, Ludwig I. König von Bayern 1825-1848, 1980 Diss. Masch............................ maschinenschriftliche Dissertation DKP ..................................... Deutsche Kommunistische Partei DNVP................................... Deutschnationale Volkspartei Dobmann............................. F. Dobmann, Georg Friedrich Frhr. v. Zentner als bayeri­ scher Staatsmann 1799-1821, 1962 Doeberl................................. Μ. Doeberl, Entwicklungsgeschichte Bayerns, 3 Bde., 1906/ 31; I 19163, II 19283, III hg. v. Μ. Spindler 1931 Doeberl, Frankf. Parlament Μ. Doeberl, Bayern und die deutsche Frage in der Epoche des Frankfurter Parlaments, 1922 Doeberl, Reichsgründung. . Μ. Doeberl, Bayern und die Bismarckische Reichsgründung, 1925 Doeberl, Sozialismus.......... Μ. Doeberl, Sozialismus, soziale Revolution, sozialer Volks­ staat, 1920 Doeberl, Unionsprojekt Μ. Doeberl, Bayern und das preußische Unionsprojekt, 1926 Doeberl, Verfassungsleben . Μ. Doeberl, Ein Jahrhundert bayerischen Verfassungslebens, 19182 Döllinger.............................. G. Döllinger, Sammlung der im Gebiete der inneren Staats­ verwaltung des Königreichs Bayern bestehenden Verord­ nungen, 20 Bde., 1835/39 Dok......................................... Dokument(e) Dokumente ......................... Dokumente zur Geschichte von Staat und Gesellschaft in Bayern, hg. v. K. Bosl u. A. Kraus, Abt. III, bisher 8 Bde., 1976 fr. Dokumente zum Aufbau . . Dokumente zum Aufbau des bayerischen Staates, hg. v. der Bayerischen Staatskanzlei, 1948 Dopsch - Spatzenegger . . . Geschichte Salzburgs. Stadt und Land, hg. v. H. Dopsch u. H. Spatzenegger, 2 Bde. in 8 Teilbdn., 1981/91

Abkürzungen

DP ........................................ dt.............................................. DUD...................................... Dunan....................................

DVP ..................................... DW........................................

EA ........................................ ebd........................................... Eckert...................................

EdG ...................................... EG ........................................ Einzelarbeiten .................... Erg.-Bd., Erg.-Heft(e) . . . Eulenburg, Briefwechsel . . ev............................................. EVG ..................................... EWG......................................

XVII

Deutsche Partei deutsch Deutschland-Union-Dienst Μ. Dunan, Napoléon et l'Allemagne. Le système continental et les débuts du royaume de Bavière 1806-1810, 1912 19842 Deutsche Volkspartei F. Ch. Dahlmann - G. Waitz, Quellenkunde zur deutschen Geschichte, 12 Bde., 1969/99

Europa-Archiv ebenda H. Eckert, Liberal- oder Sozialdemokratie. Frühgeschichte der Nürnberger Arbeiterbewegung, 1968 Enzyklopädie deutscher Geschichte Europäische Gemeinschaft Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns Ergänzungsband, Ergänzungsheft(e) Philipp Eulenburgs polit. Korrespondenz, 3 Bände, hg. v. J. C. G. Röhl, 1976 evangelisch Europäische Verteidigungsgemeinschaft Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

F............................................... Folge f., ff. ..................................... für; folgend(e) FAB ...................................... Freiheitsaktion Bayern Fait, Erneuerung.................. B. Fait, Demokratische Erneuerung unter dem Sternenban­ ner. Amerikanische Kontrolle u. Verfassungsgebung in Bay­ ern 1946, 1998 Faulhaber, Akten ............... Akten Kardinal Michael von Faulhabers 1917-194$, hg. v. L. Volk u. a., 4 Bde., 1975/2002 FDP ...................................... Freie Demokratische Partei Fenske ................................... H. Fenske, Konservativismus und Rechtsradikalismus in Bayern nach 1918, 1969 FGB........................................ Forschungen zur Geschichte Baiems (vorher Forschungen zur Kultur- und Literaturgeschichte Bayerns), 16 Bände, 1893/1908 FG Spindler ........................ A. Kraus (Hg.), Land und Reich, Stamm und Nation. Pro­ bleme und Perspektiven bayerischer Geschichte. Festgabe für Μ. Spindler zum 90. Geburtstag, 3 Bde., 1984 Finken................................... U. Finken, Gottlieb Frhr. v. Thon-Dittmer 1802-1853. Po­ litische Biographie eines bayerischen Frühliberalen, 1990 Fischer, Weltmacht............. F. Fischer, Griff nach der Weltmacht, 1961 Franz...................................... E. Franz, Ludwig Frhr. von der Pfordten, 1938 Franz-Willing....................... G. Franz-Willing, Die bayerische Vatikangesandtschaft 1803-1934, 1965 Fricke ................................... D. Fricke u. a. (Hg.), Lexikon zur Parteiengeschichte. Die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien und Verbände in Deutschland (1789-1945), 4 Bde., 1983/86 FRUS ................................... Foreign Relations of the United States. Diplomatie Papers 1945. Vol. III: European Advisory Commission; Austria; Germany, 1968

XVIII

Abkürzungen

FS FS Albrecht..........................

Festschrift W. Becker - W. Chrobak (Hgg.), Staat, Kultur, Politik. Beiträge zur Geschichte Bayerns und des Katholizismus. Festschrift für Dieter Albrecht zum 65. Geburtstag, 1992 FS Kraus 1982..................... P. Fried - W. Ziegler (Hgg.), Festschrift für Andreas Kraus zum 60. Geburtstag, 1982 FS Kraus 2002 .................... Bayern. Vom Stamm zum Staat. Festschrift für Andreas Kraus zum 80. Geburtstag, hg. v. K. Ackermann, A. Schmid und W. Volkert, (SchbLG 140) 2002 FS Spindler ......................... D. Albrecht - A. Kraus - K. Reindel (Hgg.), Festschrift für Max Spindler zum 75. Geburtstag, 1969 FS Volkert............................ D. Albrecht - D. Götschmann (Hgg.), Forschungen zur bayerischen Geschichte. Festschrift für Wilhelm Volkert zum 65. Geburtstag, 1993 Funk ..................................... Ph. Funk, Von der Aufklärung zur Romantik. Studien zur Vorgeschichte der Münchener Romantik, 1925 GB ........................................ Gesamtdeutscher Block GB, GBF, GBÖ, GBP . . . Gesandtschaftsberichte aus München 1814-1848, bearb. v. A. Chroust, 14 Bde., 1935/51- Abt. I Berichte der französi­ schen Gesandten (GBF) 6 Bde., 1935/37; Abt. II: Berichte der österreichischen Gesandten (GBÖ) 4 Bde., 1939/43; Abt. III: Berichte der preußischen Gesandten (GBP) 5 Bde., 1949/51; Reg.-Bd. V bearb. v. R. v. Bary GBl.......................................... Gesetzblatt GDP...................................... Gesamtdeutsche Partei Gelberg, Ehard.................... K.-U. Gelberg, Hans Ehard. Die föderalistische Politik des bayerischen Ministerpräsidenten 1946-1954, 1992 Ges.......................................... Gesellschaft Gesch...................................... Geschichte GG........................................ B. Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte, 4 Bde., 9. neu bearb. Aufl. hg. v. H. Grundmann, 1970/76; 10. Aufl., 2001 ff. GHA...................................... Bayer. Hauptstaatsarchiv Abt III: Geheimes Hausarchiv Ghillany................................. F. W. Ghillany, Diplomatisches Handbuch. Sammlung der wichtigsten europäischen Friedensschlüsse, Kongreßakten und sonstigen Staatsurkunden vom Westfälischen Frieden bis auf die Neueste Zeit, 3 Bde., 1855/68 Goebbels, Tagebücher .... J. Goebbels, Tagebücher 1924-1945, hg. v. R. G. Reuth, 1992/2000 Gölz ...................................... W. Gölz, Der bayerische Landtag 1831. Ein Wendepunkt in der Regierung Ludwigs I., Diss. München 1926 Görtemaker......................... Μ. Görtemaker, Geschichte der Bundesrepublik Deutsch­ land, 1999 Götschmann......................... D. Götschmann, Das bayerische Innenministerium 1825— 1864. Organisation und Funktion, Beamtenschaft und politi­ scher Einfluß einer Zentralbehörde in der konstitutionellen Monarchie, 1993 Gollwitzer, Abel.................. H. Gollwitzer, Ein Staatsmann des Vormärz: Karl von Abel (1788-1859). Beamtenaristokratie - Monarchisches Prinzip Politischer Katholizismus, 1993

Abkürzungen

Gollwitzer, Ludwig I........... Gollwitzer, Standesherren .

Graßl...................................... Greipl...................................

Grösser .................................

Gruner .................................

Grypa ................................... GuG......................................

GVB, GVB1............................ GWU ...................................

XIX

H. Gollwitzer, Ludwig I. von Bayern. Eine politische Bio­ graphie, 1986 H. Gollwitzer, Die Standesherren. Die politische und gesell­ schaftliche Stellung der Mediatisierten 1815-1918, 19642 H. Graßl, Aufbruch zur Romantik. Bayerns Beitrag zur deutschen Geistesgeschichte 1765-1785, 1968 E. Greipl, Am Ende der Monarchie 1890-1918 (Brandmüller III) 1991, 263-335 L. Grösser, Der gemäßigte Liberalismus im bayerischen Landtag von 1819-1848, Phil. Diss. München 1929 W.D. Gruner, Das Bayerische Heer 1825 bis 1864. Eine kri­ tische Analyse der bewaffneten Macht Bayerns vom Regie­ rungsantritt Ludwig I. bis zum Vorabend des deutschen Krieges, 1972 D. Grypa, Studien zu Kriegsende u. Neuanfang im Land­ kreis Altötting, 1991 Geist und Gestalt. Biographische Beiträge zur Geschichte der Bayer. Akademie der Wissenschaften, vornehmlich im zweiten Jahrhundert ihres Bestehens, 3 Bde., 1959/70 Gesetz- und Verordnungsblatt Geschichte in Wissenschaft und Unterricht

Historischer Atlas von Bayerisch-Schwaben, hg. v. W. Zorn, 1955; 2. Aufl. hg. v. P. Fried, 1982 fr. HAB...................................... Historischer Atlas von Bayern Hacker ................................. R. Hacker, Die Beziehungen zwischen Bayern und dem Hl. Stuhl in der Regierungszeit Ludwigs I. (1825-1848), 1967 Hacker, Ludwig II................ R. Hacker, Ludwig II. von Bayern in Augenzeugenberich­ ten, 1966, 1980 * Hämmerle, Schlör............... K. Hämmerle, Gustav v. Schlör. Ein Beitrag zur bayerischen Geschichte des 19. Jahrhunderts, 1926 Hanisch................................. Μ. Hanisch, Für Fürst u. Vaterland. Legitimitätsstiftung in Bayern zw. Revolution 1848 u. deutscher Einheit, 1991 Hartmannsgruber ............... F. Hartmannsgruber, Die Bayerische Patriotenpartei 1868-1887, 1986 Hartmannsgruber, Spannungsfeld.................. F. Hartmannsgruber, Im Spannungsfeld von ultramontaner Bewegung und Liberalismus (Brandmüller III) 1991, 205262 Hausberger............................ K. Hausberger, Staat und Kirche nach der Säkularisation. Zur bayerischen Konkordatspolitik im frühen 19. Jh., 1983 Hausberger - Hubensteiner K. Hausberger - B. Hubensteiner, Bayer. Kirchengeschich­ te, 19872 Haushofer, Dt. Landwirtschaft............. H. Haushofer, Die deutsche Landwirtschaft im technischen Zeitalter, 19722 HB........................................ Handbuch HBI-IV .............................. Handbuch der bayerischen Geschichte, hg. v. Μ. Spindler 1. Aufl. 1969/75; 2. Aufl. 1981 ff. HB pol. Inst........................... Handbuch politischer Institutionen u. Organisationen 19451949, bearb. v. H. Potthoff- R. Wenzel, 1983

HA v. Bayer.-Schw..............

XX

Abkürzungen

HBEKB................................. Handbuch der Geschichte der evangelischen Kirche in Bayern, hg. v. G. Müller, H. Weigelt u. W. Zorn, 2 Bde., 1998/2002 HdSW................................... Handwörterbuch der Sozialwissenschaften Heigel................................... C. Th. Heigel, Ludwig I. König von Bayern, 1872, 18882 Heintz................................... E. Heintz, Der Beamtenabgeordnete im bayer. Landtag, Diss. Berlin 1966 Hemken .............................. R. Hemken, Sammlung der vom Alliierten Kontrollrat und der Amerikanischen Militärregierung erlassenen Proklama­ tionen, Gesetze, Verordnungen, Befehle, Direktiven. Im englischen Originalwortlaut mit deutscher Übersetzung, 1945/55 Henke................................... K.-D. Henke, Die amerikanische Besetzung Deutschlands, 1995 Henzler................................. Ch. Henzler, Fritz Schäffer 1945—1967. Eine biographische Studie zum ersten bayerischen Nachkriegs-Ministerpräsidenten u. ersten Finanzminister der Bundesrepublik Deutsch­ land, 1994 Hertling................................. G. Frhr. v. Hertling, Erinnerungen aus meinem Leben, hg. v. K. Gf. v. Hertling, 2 Bde., 1919/20 Hesse...................................... H. Hesse, Die sog. Sozialgesetzgebung Bayerns Ende der sechziger Jahre des 19. Jhs., 1971 Hesse, Gesetzgeber............. H. Hesse, Gesetzgeber u. Gesetzgebung in Bayern 1848-1870, 2 Bde., 1984/87 Heydenreuter....................... R. Heydenreuter, Office of Military Government for Bava­ ria (OMGUS-Handbuch) 1994, 143-295 Hg., hg.................................... Herausgeber, herausgegeben HICOG................................. High Commission for Germany (US) Hist. Jb. (HJb.).................... Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft Hist. Ver., HV.................... Historischer Verein HK........................................ Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Hochberger A. Hochberger, Der Bayerische Bauernbund 1893-1914, 1991 Hoegner, Außenseiter . . . . W. Hoegner, Der schwierige Außenseiter. Erinnerungen ei­ nes Abgeordneten, Emigranten und Ministerpräsidenten, 1959. I9751 Hoegner, Republik............. W. Hoegner, Die verratene Republik. Geschichte der deut­ schen Gegenrevolution, 1958, 19792 Hoermann............................ L. v. Hoermann, Der bayerisch-badische Gebietsstreit 1825 bis 1832, 1938 Hofmann, Adelige Herrschaft.......... H. H. Hofmann, Adelige Herrschaft und souveräner Staat. Studien über Staat und Gesellschaft in Franken und Bayern im 18. u. 19. Jh., 1962 Hof- u. Staatshandbuch . . . Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern, hg. v. Königlich Bayerischen Statistischen Landesamt Hohenlohe............................ Chi. Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Denkwürdigkei­ ten, hg. v. F. Curtius, 2 Bde., 1906/07 HPB11...................................... Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland, hg. v. G. Phillips, G. Goerres u. a., 171 Bde., 1838/1923

Abkürzungen

XXI

Hs(s.)...................................... Handschrift(en) Hubensteiner....................... B. Hubensteiner, Bayerische Geschichte, 1954 (w. Aufl.) Huber................................... E. R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, 8 Bde., 1957/91 Huber, Dokumente .......... E. R. Huber (Hg.), Dokumente zur deutschen Verfassungs­ geschichte, 5 Bde., 1961/97 Huber - Huber .................. E. R. Huber - W. Huber (Hgg.), Staat und Kirche im 19. und 20. Jh. Dokumente zur Geschichte des deutschen Staatskirchenrechts, 4 Bde., 1973/88 Huber M................................ Μ. Huber, Ludwig I. von Bayern und die Ludwig- Maximili­ ans-Universität in München 1826-1832, Diss. München 1938 Härten ................................. H. Hürten, Aufbau, Reform u. Krise 1945-1967 (Brandmül­ ler III) 1991, 393-425 HVjschr................................... Historische Vierteljahrsschrift HZ........................................ Historische Zeitschrift

ICD ...................................... IfZ, IfZG.............................. In Verantwortung für Bayern ..............................

Integration und Neubeginn Jansen ...................................

Janssen...................................

Jb.Jbb.................................... Jb. Münch. Gesch................. Jedin...................................... JffL........................................ Jg-Jgg..................................... Jh.............................................. JR........................................... Just........................................ JZ...........................................

Kapfinger..............................

Kat........................................... KBL ...................................... Kessler

.................................

KG ........................................ KHB...................................... Kirzl......................................

Information Control Division Institut für Zeitgeschichte, München In Verantwortung für Bayern. 50 Jahre CSU-Fraktion im Bayer. Landtag 1946-1996, 1996 Integration und Neubeginn, hg. v. F. Prinz, 1984

R. Jansen, Georg von Vollmar. Eine politische Biographie, 1958 K. H. Janssen, Macht und Verblendung. Kriegszielpolitik der deutschen Bundesstaaten 1914-1918, 1963 Jahrbuch,Jahrbücher Jahrbuch für Münchener Geschichte, hg. v. K. v. Reinhardstöttner u. K. Trautmann, Jgg. 1-5, 1887/94 H. Jedin (Hg.), HB der Kirchengeschichte IV-VII, 1967/79 Jahrbuch für fränkische Landesforschung Jahrgang, Jahrgänge Jahrhundert(e) Juristische Rundschau Handbuch der deutschen Geschichte, begr. v. O. Brandt, fortgef. v. A. O. Meyer, neu hg. v. L. Just, 5 Bde., i9571ff. Juristenzeitung H. Kapfinger, Der Eoskreis 1828-1833. Ein Beitrag zur Vor­ geschichte des politischen Katholizismus in Deutschland, 1928 Katalog Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayeri­ schen Akademie der Wissenschaften R. Kessler, Heinrich Held als Parlamentarier. Eine Teilbio­ graphie 1868-1924, 1971 Kirchengeschichte Kirchliches Handbuch: Amtliches statistisches Jahrbuch d. katholischen Kirche, hg. v. F. Groner, 1975 G. Kirzl, Staat u. Kirche im Bayerischen Landtag z. Z. Max II. 1848-64, 1974

Abkürzungen

XXII

Kistler................................... KMB1......................................

Kobell...................................

Kock, Bayerns Weg .......... Kock, Landtag .................... Kock, Weltkrieg.................. Koeppel

..............................

Körner, Geschichte............. Körner, Kirche.................... Kosch, Deutschland .......... KPD ...................................... Kraus, Geschichte...............

Kraus, Kirchl. Freiheit .... Krauß ...................................

Kremer-Auenrode .............

Kritzer, Sozialdemokratie

H. Kistler, Der bayerische Landtag 1871/72, Phil. Diss. Masch. München 1957 Ministerialblatt für Kirchen- und Schulangelegenheiten 1865-1918; 1918: Amtsblatt des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus L. v. Kobell, Unter den vier ersten Königen Bayerns, 2 Bde., 1894 P. J. Kock, Bayerns Weg in die Bundesrepublik, 1983, 19881 P.J. Kock, Der Bayerische Landtag. Eine Chronik, 1991 P.J. Kock, Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg (Μ. Treml, Hg., Geschichte des modernen Bayern) 1994, 375-474 F. Koeppel, Ignaz von Rudhart, ein Staatsmann des Libera­ lismus, 1933 H.M. Körner, Staat und Geschichte im Königreich Bayern 1806-1918, 1992 H. Μ. Körner, Staat und Kirche in Bayern 1886-1918, 1977 W. Kosch, Das katholische Deutschland, 3 Bde., 1930/39 Kommunistische Partei Deutschlands A. Kraus, Geschichte Bayerns. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 19881 A. Kraus, Ringen um kirchliche Freiheit - Maximilian II. (Brandmüller III) 1991, 167-204 S. Krauß, Die politischen Beziehungen zwischen Bayern und Frankreich 1814/15-1840, 1987 Actenstücke zur Geschichte des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche im 19. Jh., hg. v. H. v. Kremer-Auenrode, 4 Bde., 1873/80 P. Kritzer, Die bayerische Sozialdemokratie und die bayeri­ sche Politik in den Jahren 1918-1923, 1969

Landesgeschichte u. Zeitgeschichte.................. Landesgeschichte u. Zeitgeschichte. Forschungsperspektiven zur Geschichte Bayerns nach 1945, hg. v. Μ. Lanzinner und Μ. Henker, 1997 Lanzinner.............................. Μ. Lanzinner, Zwischen Sternenbanner und Bundesadler. Bayern im Wiederaufbau 1945-1958, 1996 Lebensbilder Schw................ Lebensbilder aus dem bayer. Schwaben, 1-8 hg. v. G. Frhr. v. Pölnitz, ab Bd. 9 v. W. Zorn, 1952 ff. Leeb ...................................... J. Leeb, Wahlrecht und Wahlen zur 2. Kammer der bayeri­ schen Ständeversammlung im Vormärz (1818-1845), 2 Bde., 1996 Lerchenfeld............................ Aus den Papieren des k.b. Staatsministers Maximilian Frei­ herr von Lerchenfeld, hg. v. Μ. Freiherrn von Lerchenfeld, 1887 Lerchenfeld-Köfering .... H. Gf. Lerchenfeld-Köfering, Erinnerungen und Denkwür­ digkeiten 1843-1925, hg. v. H. Gf. Lerchenfeld-Köfering, I9352 Liebhart................................. W. Liebhart, Bayerns Könige. Königtum und Politik in Bayern, 19972 Liedtke ................................. Μ. Liedtke (Hg.), HB der Geschichte des bayerischen Bil­ dungswesens, Bd. III—IV, 1997

Abkürzungen

XXIII

Liefg......................................... Lieferung(en) Listl........................................ J. Listl, Die Konkordate u. Kirchen vertrage in der Bundes­ republik Deutschland, Bd. I, 1987 Lkde......................................... Landeskunde Lkr........................................... Landkreis Löffler, Reichsräte............... B. Löffler, Die Bayerische Kammer der Reichsräte 1848— 1918. Grundlagen, Zusammensetzung, Politik, 1996 LP........................................... Legislaturperiode LThK ................................... Lexikon für Theologie und Kirche, begr.v. Μ. Buchberger in 10 Bdn., 1930/38; 2. Aufl. in 10 Bdn. mit Reg.-Bd. und 3 Erg.-Bdn., hg. v. J. Höfer u. K. Rahner, 1937/68; 3. Aufl. in ii Bdn., hg. v. W. Kasper, 1993/2001 Lütge, Agrarverfassung . . . F. Lütge, Geschichte der deutschen Agrarverfassung vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, 1963, 19671 Lutz ...................................... H. Lutz, Zwischen Habsburg und Preußen. Deutschland 1825-1866, 1985 LV Abg................................... Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten LV Beil.................................... Verhandlungen des Bayerischen Landtags, Beilagenbände LV Reichsr............................. Verhandlungen der Kammer der Reichsräte

MA Mittelalter Maier ................................... J. Maier, Die Konservativen und die wirtschaftspolitischen Grundauffassungen im bayerischen Landtag 1819—1848 mit bes. Berücksichtigung der Idee des Ständestaates, Staatswiss. Diss. München 1933 Mainfr. Jb............................... Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst Maser ................................... W. Maser, Die Frühgeschichte der NSDAP. Hitlers Weg bis 1924, 1965 Mattes................................... W. Mattes, Die bayerischen Bauernräte. Eine soziologische und historische Untersuchung über bäuerliche Politik, 1921 Matthias - Miller ............... Die Regierung der Volksbeauftragten 1918/19, eingel. v. E. Matthias, bearb. v. S. Miller unter Mitwirkung v. H. Potthoff, 2 Bde.,1969 Matthias - Morsey, Max v. Baden.................. Die Regierung des Prinzen Max von Baden, bearb. von E. Matthias und R. Morsey, 1962 MdB...................................... Mitglied des Bundestags MdL ...................................... Mitglied des Landtags MdR...................................... Mitglied des Reichstags ME........................................ Ministerialentschließung Mehringer, Klassenbewegung .......... H. Mehringer (Hg.), Von der Klassenbewegung zur Volks­ partei. Wegmarken der bayerischen Sozialdemokratie 18921992, 1992 Meiboom.............................. S. Meiboom, Studien zur deutschen Politik Bayerns in den Jahren 1851-1859, 1931 (Neudr. 1974) Memoiren ............................ Die Memoiren Kg. Maximilians II. von Bayern 1848-1864, mit Einführung u. Kommentar v. A. Sing, 1997 Menges ................................. F. Menges, Reichsreform und Finanzpolitik. Die Aushöh­ lung der Eigenstaatlichkeit Bayerns auf finanzpolitischem Wege in der Zeit der Weimarer Republik, 1971

XXIV

MfA ...................................... MGM ................................... MGSLK................................. MHStud.................................. MInn...................................... Mintzel, CSU.......................

Abkürzungen

Mitteilungen für die Archivpflege in Bayern Militärgeschichtliche Mitteilungen Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde Münchener Historische Studien, Abt Bayer. Geschichte Akten des Staatsministeriums des Inneren im BayHStA A. Mintzel, Die CSU. Anatomie einer konservativen Partei 1945-1972, 1975

Mintzel, Geschichte der CSU . . . A. Mintzel, Geschichte der CSU. Ein Überblick, 1977 Mitchell................................. A. Mitchell, Revolution in Bayern 1918/19. Die Eisner-Re­ gierung und die Räterepublik, 1967 Mitt......................................... Mitteilung(en) Mitt.Pfalz.............................. Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz MJBK................................... Münchener Jahrbuch der bildenden Kunst MNN ................................... Münchener Neueste Nachrichten Möckl, Prinzregentenzeit K. Möckl, Die Prinzregentenzeit. Gesellschaft und Politik während der Ara des Prinzregenten Luitpold in Bayern, 1972 Möckl, Staat......................... K. Möckl, Der moderne bayerische Staat. Eine Verfassungs­ geschichte vom Aufgeklärten Absolutismus bis zum Ende der Reformepoche, 1979 Montgelas, Compte rendu . Denkwürdigkeiten des Grafen M.J. v. Montgelas über die innere Staatsverwaltung Bayerns (1799-1817), hg. v. G. Laubmann und Μ. Doeberl, 1908 Montgelas, Denkwürdigkeiten . . . . Denkwürdigkeiten des bayerischen Staatsministers Maximi­ lian Grafen von Montgelas 1799—1817, im Auszug aus d. franz. Original übers, v. Μ. Frhr. v. Freyberg-Eisenberg, hg. v. L. Gf. v. Montgelas, 1887 Morsey, Bundesrepublik . . R. Morsey, Die Bundesrepublik Deutschland. Entstehung u. Entwicklung bis 1969, 20004 Moser ................................... Politik in Bayern 1919-1933. Berichte des württembergischen Gesandten Carl Moser von Filseck, hg. u. kommen­ tiert v. W. Benz, 1971 Ms............................................ Manuskript MSPD................................... Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands MThStud................................ Münchener Theologische Studien MThZ................................... Münchener Theologische Zeitschrift Müller I................................. K. A. v. Müller, Aus Gärten der Vergangenheit. Erinnerun­ gen 1882-1914, 1951 Müller II .............................. K. A. v. Müller, Mars und Venus. Erinnerungen 1914-1919, >954 Müller III ............................ K. A. v. Müller, Im Wandel einer Welt. Erinnerungen 1919-1932, 1966 Müller G................................. G. Müller, Kg. Max II. von Bayern und die soziale Frage, 1964 Müller R. A............................ R.A. Müller (Red.), Kg. Maximilian II. von Bayern 18481864, 1988 Müller-Meiningen............. E. Müller-Meiningen, Aus Bayerns schwersten Tagen. Er­ innerungen und Betrachtungen aus der Revolutionszeit, 1923

Abkürzungen

MVGN .................................

XXV

Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg

NATO ................................. North Atlantic Treaty Organisation, Nordatlantikpakt Nawiasky, Reichsverf. . . . . H. Nawiasky, Grundprobleme der Reichsverfassung, Bd. I: Das Reich als Bundesstaat, 1928 Nawiasky, Verfassungsrecht H. Nawiasky, Bayerisches Verfassungsrecht, 1923 Nawiasky - Leusser............. H. Nawiasky - C. Leusser, Die Verfassung des Freistaates Bayern vom 2. Dezember 1946. Systematischer Überblick u. Handkommentar, 1948 NDB...................................... Neue Deutsche Biographie Neudr...................................... Neudruck NF ........................................ Neue Folge Niethammer, Besatzungsmacht............. L. Niethammer, Die amerikanische Besatzungsmacht zwi­ schen Verwaltungstradition u. politischen Parteien in Bayern 1945 (VZG 15) 1967, 153-210 Niethammer, Mitläuferfabrik ............... L. Niethammer, Die Mitläuferfabrik: Die Entnazifizierung am Beispiel Bayerns, 19822 Nipperdey............................ Th. Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1918, 3 Bde., 1983/95 (Sonderausg. 1998) NJW...................................... Neue Juristische Wochenschrift NL ........................................ Nachlaß NPD...................................... National-Demokratische Partei Deutschlands NPL ...................................... Neue Politische Literatur NSDAP................................. Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NZ........................................ Die Neue Zeitung NZZ............... ...................... Neue Zürcher Zeitung, Femausgabe OA........................................ Obb......................................... Oeschey.................................

Oberbayerisches Archiv Oberbayern R. Oeschey, Die bayerische Verfassungsurkunde vom 26. Mai 1818 und die Charte Ludwigs XVIII. vom 4. Juni 1814, 1914 Ofr........................................... Oberfranken OMGB ................................. Office of Military Government for Bavaria OMGBY.............................. Akten des Office of Military Government for Bavaria im BayHStA OMGUS.............................. Office of Military Government of the United States for Germany OMGUS-Handbuch.......... OMGUS-Handbuch. Die amerikanische Militärregierung 1945-1949. hg. v. Ch. Weisz 1994 Opf. ...................................... Oberpfalz Ostadal ................................. H. Ostadal, Die Kammer der Reichsräte in Bayern von 1819 bis 1848, 1968 PA ........................................

Presseausschnittsammlung der Bayerischen Staatskanzlei (1946-1970) im BayHStA, Abt. V Petermeier............................ K. Petermeier, Balthasar Daller, Politiker und Parteiführer 1835-1911. Studien zur Geschichte der bayerischen Zen­ trumspartei, Diss. Masch. München 1956

XXVI

Abkürzungen

Philippi, Weifenfonds . . . . H. Philippi, König Ludwig II. von Bayern und der Weifen­ fonds (ZBLG 23) 1960, 66-1 ii Pölnitz................................... G. Frhr. v. Pölnitz, Die deutschen Einheits- und Freiheits­ bewegungen in der Münchner Studentenschaft 1826—1830, 1930 Pözl........................................ J. v. Pözl, Lehrbuch des Bayerischen Verfassungsrechts, 1851 18775 Pol. Stud................................. Politische Studien Prantl ................................... C. Prantl, Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität in Ingolstadt, Landshut, München, 2 Bde., 1872 PR.......................................... Parlamentarischer Rat PR HA ................................. Parlamentarischer Rat, Hauptausschuß PR W................................... Parlamentarischer Rat, Vollversammlung Prot......................................... Protokoll Protokolle Ehard I ............. Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1954. Das Kabinett Ehard I: 21. Dezember 1946 bis 20. September 1947, bearb. v. K.-U. Gelberg, 2000 Protokolle Ehard II............. Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1954. Das Kabinett Ehard II: 20. September 1947 bis 18.Dezember 1950. 1. Teilband 1947/48, bearb. v. K.-U. Gelberg, 2000 Protokolle Hoegner I .... Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1954. Das Kabinett Hoegner I: 28. September 1945 bis 21. Dezember 1946, bearb. v. K.-U. Gelberg, 1997 Protokolle Schäffer............. Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1954. Das Kabinett Schäffer: 28. Mai bis 28. September 1945, bearb. v. K.-U. Gelberg, 1995 Purlitz................................... Deutscher Geschichtskalender, begr. v. K. Wippermann, hg. v. F. Purlitz u. S. Steinberg, 1887/1933 PVS........................................ Politische Vierteljahrsschrift

QFitAB

R.............................................. Rall........................................

Quellen u. Forschungen aus italienischen Archiven und Bi­ bliotheken

Reihe H. Rall, König Ludwig II. und Bismarcks Ringen um Bay­ ern 1870/71, 1973 Rassow ................................. P. Rassow, Deutsche Geschichte im Überblick, 19723 Rauh...................................... Μ. Rauh, Föderalismus und Parlamentarismus im Wilhelmi­ nischen Reich. Der Bundesrat 1890-1909, 1973 RB1.......................................... Regierungsblatt für das Königreich Bayern 1825-1918 RDH...................................... Reichsdeputationshauptschluß Reg.......................................... Register Rehlingen-Haltenberg .... H. Frhr. v. Rehlingen und Haltenberg,Beruflich-soziale Gliederung der Bevölkerung desKönigreichs Bayern nach amtlichen Quellen 1840-1907, 1911 Reidelbach............................ H. Reidelbach, König Ludwig I. von Bayern und seine Kunstschöpfungen, 1888 Reimann .............................. J. Reimann, Emst Müller-Meiningen sen. und der Linkslibe­ ralismus in seiner Zeit, 1968 Renner ................................. H. Renner, Georg Heim, der Bauerndoktor, i960, 19612 Renz...................................... F. Renz, Der bayerische Landtag 1827/28, Diss. München 1928

Abkürzungen

Rep.......................................... RGBl....................................... RGG...................................... Rhein. Vjbll............................ Richter ................................. Ringseis.................................

Ritter, Arbeiterbewegung .

Ritter, Staatskunst...............

RMG...................................... RQ........................................ Rudhart................................. Rüddenklau ......................... Rummel................................. Rummel, Kabinettschef . . .

Rupprecht, Kriegstagebuch RV ........................................

XXVII

Repertorien zu den Verhandlungen des Bayerischen Land­ tags Reichsgesetzblatt Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl. hg. v. H.D. Betz u. a., 1998 ff. Rheinische Vierteljahrsblätter W. Richter, Ludwig II., König von Bayern, 200i'4 E. Ringseis, Erinnerungen des Dr. Nepomuk v. Ringseis, 4 Bde., ergänzt u. hg. v. E. Ringseis, 1886/91 G. A. Ritter, Die Arbeiterbewegung im Wilhelminischen Reich. Die Sozialdemokratische Partei und die Freien Ge­ werkschaften 1890-1900,1959, 19632 G. Ritter, Staatskunst und Kriegshandwerk. Das Problem des Militarismus in Deutschland, 4 Bde., 1959/68 Regional Military Government Römische Quartalschrift I. Rudhart, Lieber den Zustand des Königreichs Baiem nach amtlichen Quellen, 3 Bde., 1825/27 H. Rüddenklau, Studien zur bayerischen Militärpolitik 1871 bis 1914, Phil. Diss. Regensburg 1972 F. Frhr. v. Rummel, Das Ministerium Lutz und seine Geg­ ner 1871-1882, 1935 W. v. Rummel, Ludwig II., der König und sein Kabinetts­ chef, 19302 Rupprecht von Bayern, Mein Kriegstagebuch, 3 Bde., hg. v. E. v. Frauenholz, 1929 Reichsverfassung

SA.................... ...................... Sturm-Abteilung Sachs ...................................... L. Sachs, Die Entwicklungsgeschichte des bayerischen Land­ tags in den ersten drei Jahrzehnten nach der Verfassungsge­ bung 1818-1848, 1914 SAP........................................ Sozialdemokratische Arbeiterpartei Sauer ...................................... Th. Sauer, Anton Ruland (1809—1874). Ein Beitrag zur Ge­ schichte der katholischen Restauration in Bayern, 1995 SB Berlin, Heidelberg, München ......................... Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Klasse der Akademie der Wissenschaften zu Sbl............................................ Sammelblatt Schade ................................... F. Schade, Kurt Eisner und die bayerische Sozialdemokratie, 1961 Schärl ................................... W. Schärl, Die Zusammensetzung der bayerischen Beam­ tenschaft von 1806-1919, 1955 SchbLG................................. Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte Schenkbriefe ....................... Briefwechsel zwischen Ludwig I. von Bayern und Eduard von Schenk 1823-1841, eingel. u. hg. v. Μ. Spindler, 1930 Scherzer ................................. Franken: Land, Volk, Geschichte und Wirtschaft, hg. v. C. Scherzer, 2 Bde., 1955/59; Bd. I, 19622 Schieder .............................. Th. Schieder, Die kleindeutsche Partei in Bayern in den Kämpfen um die nationale Einheit 1863-1871, 1936 Schiedet, HB....................... Th. Schieder (Hg.), Handbuch der europäischen Geschich­ te, 7 Bde., 1976/87

XXVIII

Schiel

Schiel I, II

Schimke Schlaich

Schlemmer, Aufbruch . . .

Schmidt

Schmölze Schnabel Schnorbus

Schönhoven Schott

Sehr........... Schremmer

Schrott

Schul thess

Schwaiger

Schwaiger, Monachium Sacrum . .

Schwaiger, Sailer

Schwarz, Weltkrieg . . . .

Schwend

SED . . Sendtner

Abkürzungen

H. Schiel, Bischof Sailer und Ludwig I. von Bayern. Mit ih­ rem Briefwechsel, 1932 Johann Michael Sailer, Leben und Briefe, dargest. u. hg. v. H. Schiel, Bd. I: Leben u. Persönlichkeit, 1948; Bd. II: Briefe, 1952 Μ. Schimke (Bearb.), Regierungsakten des Kurfürstentums und Königreichs Bayern 1799-1815, 1996 H. W. Schlaich, Der bayerische Staatsrat. Beiträge zu seiner Entwicklung von 1808/09 bis 1918 (ZBLG 28) 1965, 460522 Th. Schlemmer, Aufbruch, Krise u. Erneuerung. Die Christlich-Soziale Union 1945-1955, 1998 E. Schmidt, Staatsgründung u. Verfassungsgebung in Bay­ ern. Die Entstehung der Bayerischen Verfassung vom 8. De­ zember 1946, 2 Bde., 1993 (Neudr.: Beitr. z. Parlamenta­ rismus Bd. 10/1-2), 1997 G. Schmölze (Hg.), Revolution und Räterepublik in Mün­ chen 1918/19 in Augenzeugenberichten, 1969 F. Schnabel, Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert, 4 Bde., 19371 (w. Aufl.) A. Schnorbus, Arbeit und Sozialordnung in Bayern vor dem I. Weltkrieg, 1890-1914, 1969 K. Schönhoven, Die Bayerische Volkspartei 1924-1932, 1972 H. Schott, Die Amerikaner als Besatzungsmacht in Würz­ burg (1945-1949). 1985 Schrift(en) E. Schremmer, Die Wirtschaft Bayerns. Vom Hohen Mittelalter bis zum Beginn der Industrialisierung. Bergbau, Ge­ werbe, Handel, 1970 L. Schrott, Der Prinzregent. Ein Lebensbild aus Stimmen seiner Zeit, 1962 Europäischer Geschichtskalender, begr. v. H. Schulthess, 82 Bde. (1860-1941), 1861/1965 G. Schwaiger, Die altbayerischen Bistümer Freising, Passau und Regensburg zwischen Säkularisation und Konkordat 1803-1817, 1959

Monachium Sacrum. FS zur 500-Jahrfeier der Metropolitan­ kirche Zu U. L. Frau in München, hg. v. G. Schwaiger, 1994 G. Schwaiger, Johann Michael Sailer. Der bayerische Kir­ chenvater, 1982 K.-D. Schwarz, Weltkrieg und Revolution in Nürnberg, 1971 K. Schwend, Bayern zwischen Monarchie und Diktatur, Beiträge zur bayerischen Frage in der Zeit von 1918 bis 1933. 1954 Sozialistische Einheitspartei Deutschlands K. Sendtner, Rupprecht von Wittelsbach, Kronprinz von Bayern, 1934

Abkürzungen

Seydel...................................

XXIX

Μ. v. Seydel, Bayerisches Staatsrecht, i. Aufl. in 7 Bdn., 1884/94; 2. Aufl. in 4 Bdn., 1896

Seydel - Piloty Grassmann ....................... Μ. v. Seydel, Bayerisches Staatsrecht, 2 Bde., neu bearb. v. J. v. Grassmann u. R. Piloty, 19132 Siebertz................................. P. Siebertz, Karl Fürst zu Löwenstein, 1924 Siemann, Quellenkunde . . W. Siemann, Quellenkunde zur dt. Geschichte der Neuzeit IV: Restauration, Liberalismus und nationale Bewegung, 1982 Signate ................................. Signate König Ludwigs I., ausgew. und eingel. v. Μ. Spindler, hg. v. A. Kraus, Redaktion E. Riedenauer, 7 Bde., 1987/97 Simon................................... Μ. Simon, Evangelische Kirchengeschichte Bayerns, 2 Bde., 1942, 19522 Simon, HAB ....................... Μ. Simon, Die Evangelische Kirche (HAB, Kirchliche Or­ ganisation 1) i960 SM ........................................ Süddeutsche Monatshefte Söltl ...................................... J. Μ. Söltl, Ludwig I. König von Bayern und Graf von Armansperg, 1886 SPD ...................................... Sozialdemokratische Partei Deutschlands Sperl, Wirtschaft.................. G. Sperl, Wirtschaft und Staat in Bayern 1914-1924, 1996 Spindler................................. Μ. Spindler, Die Regierungszeit Ludwigs I. (HB IV, 1) 1974. 87-223 Spindler, Aufsätze............... Μ. Spindler, Erbe und Verpflichtung. Aufsätze und Vor­ träge zur bayerischen Geschichte, hg. v. A. Kraus, 1966 Spindler, Ludwig u. Napoleon I. . Μ. Spindler, Kronprinz Ludwig von Bayern und Napo­ leon I. nach Aufzeichnungen Ludwigs über Napoleon (Abh. München) 1942 (Einleitung auch in: Spindler, Aufsätze, 212-251) Spindler, Sambuga ............. Μ. Spindler, Joseph Anton Sambuga und die Jugendent­ wicklung König Ludwigs I. von Bayern, Phil. Diss. Mün­ chen 1927 Srbik ...................................... H. v. Srbik, Deutsche Einheit. Idee u. Wirklichkeit vom Hl. Reich bis Königgrätz, 4 Bde., 1935/40, Neudr. 1963 SS........................................... Schutz-Staffel Staatsminister der Justiz . . . Die Königlich Bayerischen Staatsminister der Justiz in der Zeit von 1818 bis 1918. Ihre Herkunft, ihr Werdegang und ihr Wirken. Mit einem Anhang: Die Staatsräte und die Re­ ferenten dieser Zeit, hg. v. dem Staatsministerium der Justiz, 2 Bde., 1931 Stat........................................... Statistik StB ........................................ Bayerische Staatsbibliothek München StB........................................... Verhandlungen des Bayerischen Landtags 1946-1978, Steno­ graphische Berichte StBV........................................ Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Ver­ fassungsausschusses der Bayerischen Verfassungsgebenden Landesversammlung, 1.-37. Sitzung (16. 7. - 13. 11. 1946), 3 Bde., 1947-48 Sten. Ber................................. Stenographische Berichte der Verhandlungen des Bayeri­ schen Landtags Sten. Ber. BR....................... Stenographische Berichte der Verhandlungen des Bundes­ rats

XXX

Abkürzungen

Sten. Ber. DBT .................. Stenographische Berichte der Verhandlungen des Deutschen Bundestags Sten. Ber. Rätekongreß . . . Stenographischer Bericht über die Verhandlungen des Kon­ gresses der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte vom 25. Fe­ bruar bis 8. März 1919 Sten. Ber. VLV.................... Stenographische Berichte der Verhandlungen der Verfas­ sungsgebenden Landesversammlung StK........................................ Bayerische Staatskanzlei im BayHStA StMBO ................................. Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner­ ordens und seiner Zweige StMI...................................... Staatsministerium des Innern bzw. Akten des Staatsministe­ riums des Innern im BayHStA Stoss ...................................... R. Stoss (Hg.), Parteien-Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, 2 Bde., 1983/84 Stolleis................................... Μ. Stolleis, Besatzungsherrschaft und Wiederaufbau deut­ scher Staatlichkeit (HB des Staatsrechts, Bd. I, hg. v. J. Isenseeu.a.) 1987, 173-217 Strauß................................... F.J. Strauß, Die Erinnerungen, 1989 Stud......................................... Studien SZ.......................................... Süddeutsche Zeitung Teil(e) Tätigkeitsbericht der Bayerischen Staatsregierung 19581962, hg. v. d. Pressestelle d. Bayer. Staatsregierung, 1962 TH........................................ Technische Hochschule ThQ..................................... Theologische Quartalschrift (ab Jg. 141/1961: Tübinger Theologische Quartalschrift) Thränhardt............................ D. Thränhardt, Wahlen und politische Strukturen in Bayern 1848-1953, 1973 Treitschke ............................ H. Treitschke, Deutsche Geschichte im 19. Jh., 5 Bde., 1879/94, 19086 Treml ................................... Μ. Treml, Bayerns Pressepolitik zwischen Verfassungstreue und Bundespflicht (1815-1837), 1977 Triepel ................................. H. Triepel (Hg.), Quellensammlung zum deutschen Reichs­ staatsrecht, 19223

T„ Tl(e.).............................. Tätigkeitsbericht.................

Uhde...................................... W. Uhde, Hermann Freiherr von Rotenhan. Eine politische Biographie, 1933 Ullmann, Staatsschulden . . H. P. Ullmann, Staatsschulden und Reformpolitik. Die Ent­ stehung moderner öffentlicher Schulden in Bayern und Ba­ den, 2 Bde., 1986 Unger................................... I. Unger, Die Bayempartei. Geschichte u. Struktur 1945-1957, 1979 USPD................................... Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands UuF ...................................... Ursachen u. Folgen. Vom deutschen Zusammenbruch 1918 u. 1945 bis zur staatlichen Neuordnung Deutschlands in der Gegenwart. Eine Urkunden- und Dokumentensammlung zur Zeitgeschichte, hg. u. bearb. v. H. Michaelis und E. Schraepler unter Mitwirkung v. G. Scheel, 1958/78 VB1.......................................... V erordnungsblatt Ver........................................... Verein

Abkürzungen

Verf....................................... VerfGH................................. Verh......................................... Verhandlungen PN.............

Verhandlungen PN Beil. . .

Veröffentl. d. Schwab. FG .

Verw........................................ VHN...................................... VHOR ................................. Vjschr...................................... VL ........................................

VLV ...................................... VO........................................ Vogel I-III............................

vol............................................ Volk ......................................

Volkert, Bayern II, III, IV . Volkert, Handbuch.............

Volkspartei............................

XXXI

Verfassung Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Verhandlungen Verhandlungen des Provisorischen Nationalrats Bayern im Jahre 1918/19. Stenographische Berichte Verhandlungen des Provisorischen Nationalrats Bayern im Jahre 1918/19. Beilagenband Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemein­ schaft bei der KBL Verwaltung Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg Vierteljahrsschrift Verhandlungen der Bayerischen Verfassungsgebenden Lan­ desversammlung 15. Juli bis 30. November 1946, Stenogra­ phische Berichte Nr. 1 bis 10 (1946) Verfassungsgebende Landesversammlung V erordnung(en) W. Vogel, Westdeutschland 1945-1950. Der Aufbau von Verfassungs- und Verwaltungseinrichtungen über den Ländern der drei westlichen Besatzungszonen, 3 Bde., 1956/83 volume L. Volk, Der bayerische Episkopat und der Nationalsozia­ lismus 1930-1934, 1965 W. Volkert, Bayern (Deutsche Verwaltungsgeschichte II) 1984. 503-550; (HI) 1984. 714-733; (IV) 1985. 558-567 W. Volkert, Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden u. Gerichte 1799-1980, 1983 Geschichte einer Volkspartei. 50 Jahre CSU 1945-1995, hg. v. d. Hanns-Seidel-Stiftung, 1995

Von Stalingrad zur Währungsreform............. Von Stalingrad zur Währungsreform. Zur Sozialgeschichte des Umbruchs in Deutschland, hg. v. Μ. Broszat, K.-D. Henke und H. Woller, 1989 Vorwärts, vorwärts I, II, III «Vorwärts, vorwärts sollst Du schauen...» Geschichte, Po­ litik und Kunst unter Ludwig I., hg. v. J. Erichsen u. U. Puschner, 3 Bde., 1986 VSWG ................................. Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte VU........................................ Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern von 1818 nebst den hierauf bezüglichen Gesetzen und sonstigen Bestim­ mungen, hg. vom Landtagsarchivariat, 19093 VWG ................................... Vereinigtes Wirtschaftsgebiet VZG...................................... Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte WaG...................................... Wahlen in Bayern...............

Die Welt als Geschichte Wahlen in Bayern 1946 bis 1990, umgerechnet auf den Ge­ bietsstand zum 31. Dezember 1993. Ergebnisse der Land­ tags-, Bundestags- und Europawahlen nach kreisfreien Städ­ ten, Landkreisen, Stimmkreisen u. Wahlkreisen sowie Ver-

XXXII

WAV ................................... WDGB11................................. Weber...................................

Weber, Vat. Konzil............. Wehler .................................

Weis, Montgelas.................. Weis, Säkularisation ..........

Werner, Dienst.................... Winkler.................................

Winter...................................

Wittelsbach III, i und 2 . .

Wöbking.............................. Woller, Gesellschaft .......... WV........................................

ZA ......................... ZBKG.................... ZBLG.................... Zeitler, Neubeginn

Abkürzungen

zeichnisse der Abgeordneten des Bayerischen Landtags (Beitrr. z. Statistik Bayerns 493), hg. v. Bayerischen Landes­ amt f. Statistik u. Datenverarbeitung, 1993 Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung Würzburger Diözesangeschichtsblätter K. Weber, Neue Gesetz- und Verordnungen-Sammlung für das Königreich Bayern mit Einschluß der Reichsgesetzge­ bung, 42 Bde., 1880/1919 Μ. Weber, Das I. Vatikanische Konzil im Spiegel der baye­ rischen Politik, 1970 H.-U. Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, 3 Bde., 1987/95; I—II 19892 E. Weis, Montgelas, 1759—1799. Zwischen Revolution und Reform I, 1971, 19882; II (in Vorbereitung) E. Weis, Die Säkularisation der bayerischen Klöster 1802/ 03. Neue Forschungen zu Vorgeschichte und Ergebnissen, 1983 E. Werner, Im Dienst der Demokratie: Die bayerische Sozi­ aldemokratie nach der Wiedergründung 1945, 1982 Bayern. Staat und Kirche, Land und Reich. Forschungen zur bayer. Geschichte vornehmlich im 19. Jh. Wilhelm Winkler zum Gedächtnis, hg. v. den Staatlichen Archiven Bayerns, 1960 A. Winter, Karl Philipp Fürst von Wrede als Berater des Königs Max I. Joseph und des Kronprinzen Ludwig von Bayern 1813-1825, 1968 Wittelsbach und Bayern: Krone und Verfassung. König Max I. Joseph und der neue Staat. Beiträge zur bayerischen Geschichte und Kunst, hg. v. H. Glaser, 1980 W. Wöbking, Der Tod König Ludwigs II., 1986 H. Woller, Gesellschaft u. Politik in der amerikanischen Be­ satzungszone. Die Region Ansbach u. Fürth, 1986 Weimarer Verfassung

Zeitalter Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte P. Zeitler, Neubeginn in Oberfranken 1945-1949. Die Landkreise Kronach u. Kulmbach, 1997 Zeitungsdokumentation . . Zeitungsdokumentation Ministerpräsident Dr. h. c. Alfons Goppel (1962-1978), 4 Bde., 1980 ZfP . . Zeitschrift für Politik ZGO Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins ZHVS Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben (und Neuburg) Ziegler, Landtag W. Ziegler (Hg.), Der Bayerische Landtag vom Spätmittel­ alter bis zur Gegenwart, 1995 Zimmermann L. Zimmermann, Die Einheits- und Freiheitsbewegung und die Revolution von 1848 in Franken, 1951 ZKG Zeitschrift für Kunstgeschichte ZKiG Zeitschrift für Kirchengeschichte ZO . Zentralorgan

Abkürzungen

XXXIII

W. Zorn, Bayerns Geschichte im 20. Jahrhundert. Von der Monarchie zum Bundesland, 1986 Zorn, Bayerisch-Schwaben W. Zorn, Handels- und Industriegeschichte BayerischSchwabens 1648-1870,1961 Zorn, Gesellschaft............... W. Zorn, Gesellschaft und Staat im Bayern des Vormärz (Conze) 1962, 113-142 Zorn, Kirche ....................... W. Zorn, Kirche, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft (HBEKB II) 2002, 407-414 Zorn, Wirtschaftsgesch. . . . W. Zorn, Kleine Wirtschafts- und Sozialgeschichte Bayerns 1806-1933, 1962 ZRGKA.............................. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung Zschr....................................... Zeitschrift ZschrStatLA......................... Zeitschrift des Statistischen Landesamtes Ztg........................................... Zeitung Zuber ................................... K.-H. Zuber, Der «Fürst Proletarier» Ludwig von Oettingen-Wallerstein (1791-1870). Adeliges Leben und konserva­ tive Reformpolitik im konstitutionellen Bayern, 1978 Zorn [Bayerns Geschichte]

A

STAAT UND POLITIK (1800-1998)

I

DIE BEGRÜNDUNG DES MODERNEN BAYERISCHEN STAATES UNTER KÖNIG MAX I. (1799-1825)

Allgemein. F. Schnabel, Deutsche Gesch. im 19. Jh., I u. II, dtv-Neudr. 1987 (Erstausg.

1929, 1933); K. v. Raumer-M. Botzenhart, Deutsche Gesch. im 19., Jh. Deutschland um 1800: Krise u. Neugestaltung, 1789-1815 (Just III/ia) 1980; E. Weis, Propyläen Gesch. Europas IV: Der Durchbruch d. Bürgertums, 1776-1847, 19921 (1. Aull. 1978); E. Fehrenbach. Vom Ancien Régime z. Wiener Kongreß, 20014 (1. Aufl. 1981); W. Bussmann (Hg.), Europa von der Franz. Revol. zu den nationalstaatl. Bewegungen d. 19. Jhs. (Schiedbr, HB V) 1981; Th. Nipperdey, Deutsche Gesch. 1800-1866, 1983, jüngster Nachdr. 1994; H. Möller, Fürstenstaat oder Bürgemation. Deutschland 1763-1815, 1989; W. Demel, Vom aufgeklärten Reformstaat z. bürokrat. Staatsabsolutismus, 1993 (EdG 23). - K. O. Frhr. v. Aretin, Heiliges Röm. Reich 1776-1806, 2 Bde., 1967; Ders., Das Reich, Friedensordnung u. europ. Gleichgewicht 1648-1806, 1986; Ders., Das Alte Reich 1648-1806, Bd. III (17451806), 1997; Huber I; Ders., Dokumente I; F.-L. Knemeyer, Regierungs- u. Verwaltungsre­ formen in Deutschland zu Beginn d. 19. Jhs., 1970; K. G. A. Jeserich u. a. (Hg.), Deutsche Verwaltungsgesch. Bd. I: bis 1803, Bd. II: 1803-1866, 1983 (Bayern in Bd. I behandelt von V. Press, in Bd. II von W. Volkert). - H.-U. Wbhler, Deutsche Gesellschaftsgesch. Bd. I: 1700-1815, 19963, Bd. II: 1815-1845, 19943. - H.-P. Ullmann-C. Zimmermann (Hgg.), Re­ staurationssystem u. Reformpolitik. Süddeutschland u. Preußen im Vergleich, 1996 (zu Weiterentwicklung u. Weiterwirken der Reformen im Verlauf des 19. Jhs.) - Napoleon und sein politisches System: J. Godechot, Les institutions de la France sous la Révol. et l'Empire, Paris 19853; J. Tulard, Napoleon oder d. Mythos d. Retters, 1982 (Or.1977); Ders., Frank­ reich im Zeitalter d. Revolutionen 1789-1851, 1989; Ders., Dictionnaire Napoléon, Paris 1987, supplément 1989; R. Dufraisse, Napoleon. Revolutionär und Monarch, 1994 (Or. 1987). Bayern. Doeberl II; Dunan (1942); F. Zimmermann, Bayer. Verfassungsgesch. v. Ausgang d. Landschaft bis z. Verfassungsurkunde v. 1818, I: bis 1808, 1940; Hofmann, Adelige Herr­ schaft; W. Quint, SouveränitätsbegrifF u. Souveränitätspolitik in Bayern v. d. Mitte d. 17. bis z. ersten Hälfte d. 19. Jhs., 1971; K. Möckl, Der moderne bayer. Staat. Eine Verfassungs­ gesch. vom Aufgeklärten Absolutismus bis z. Ende d. Reformepoche, 1979; H. Glaser (Hg.), Krone u. Verfassung. König Max I. Joseph u. d. neue Staat, Beitrr. z. Bayer. Gesch. u. Kunst 1799-1825, 1980 (Wittelsbach III/i - Wittelsbach III/2: Ausst.kat.); W. Demel, Der bayer. Staatsabsolutismus 1806/08-1817, 1983; Regierungsakten d. Kurfürstentums u. Königreichs Bayern 1799-1815, bearb. v. Μ. Schimke, 1996; Kraus, Geschichte, 1983; P.C. Hartmann, Bayerns Weg in die Gegenwart, 1989; E. Weis, Deutschland u. Frankreich um 1800. Aufklä­ rung - Revolution - Reform, 1990. - Bayer. Geschichtsadas. Ferner die unten in § 1 angege­ bene Lit. zu Max Joseph und Montgelas.

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

§ 1. DIE NEUE REGIERUNG UND IHR INNENPOLITISCHES PROGRAMM. KRIEG, BESETZUNG, INNERE OPPOSITION, ÜBERGANG ZU EINER NEUEN AUSSENPOLITISCHEN

ORIENTIERUNG, DIE GEBIETSERWERBUNGEN VON 1803

a) Max Joseph und Montgelas. Das Programm. Der Regierungswechsel nach dem Tode Karl Theodors im Februar 1799 leitete eine neue Epoche bayerischer Ge­ schichte ein. Die territorialen Veränderungen und vor allem die Reformen in Staat und Gesellschaft, die nun begannen, sind als Teil jenes großen Umbru­ ches der deutschen Geschichte zu sehen, der bereits im 18. Jahrhundert von vielen vorausgesehen und gewünscht, nun unter dem Einfluß der Französi­ schen Revolution und Napoleons zu einer gebiets- und verfassungsmäßigen Neuordnung Deutschlands und vor allem zum allmählichen Abbau der aus dem Mittelalter überkommenen Institutionen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft führte. Bayern nahm im Rahmen dieser Entwicklung eine Sonderstellung ein. Es war größer, es besaß eine ausgeprägtere staatliche Tradition, eine gegen Österreich exponiertere Lage und spielte eine bedeutendere politische Rolle als die anderen süd- und westdeutschen Reichsstände. Es führte unter dem Mini­ sterium Montgelas ein einheitlich konzipiertes Reformwerk durch, das nach heutiger Auffassung als dem preußischen ebenbürtig zu sehen ist. Bayern war infolge der besonderen Verhältnisse unter Kurfürst Karl Theodor von den Re­ formen des Aufgeklärten Absolutismus weniger erfaßt worden als Österreich und Preußen, aber es war am Ende der hier zu behandelnden Epoche im Ver­ gleich zu den beiden deutschen Großmächten relativ modern organisiert. Es besaß dreißig Jahre früher als jene eine Verfassung mit einer gewählten Volks­ vertretung des Gesamtstaats. Zwar gingen die Prozesse der Bauernbefreiung und der Entfesselung von Handwerk und Gewerbe hier langsamer vonstatten als in Preußen, obwohl sie in Bayern früher begonnen hatten und es hier keine Gutsherrschaft im ostdeutschen Sinne gab, aber sie gingen nicht oder kaum auf Kosten der mittleren und kleineren Bauern und Handwerker, und in Bayern wie auch in den anderen Rheinbundstaaten folgte nicht auf die Reformzeit eine derartige Restauration der Adelsherrschaft wie in Preußen. Der neue Kurfürst, Max IV. Joseph,' war 1756 als zweiter Sohn eines jünge­ ren Bruders des Herzogs Christian IV. von Zweibrücken geboren. Sein Vater, Pfalzgraf Friedrich Michael, war Reichsgeneralfeldmarschall. Durch den Tod seines kinderlosen Bruders Karl II. (Karl August) von Zweibrücken war Max Joseph 1795 überraschend vom Berufssoldaten und ehemaligen Obersten eines 1 Adalbert Prinz von Bayern, Max I. Jo­ seph von Bayern, 1957; Doeberl II 383 ff.; Weis, Montgelas I, 439-453; Glaser, Wit­ telsbach III/1 und III/2; E. Weis, Die höf. Gesellschaft in Bayern unter Kg. Max I. (K.

Möckl, Hg., Hof u. Hofges. in den dt. Staaten im 19. u. beginnenden 20. Jh.) 1990, 79-92; E. Weis, Maximilian I. (NDB 16) 1990·

§ i. Die neue Regierung und ihr innenpolitisches Programm (E. Weis)

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königlich französischen Fremdenregiments in Straßburg zum Erben des damals bereits von den Revolutionstruppen besetzten Herzogtums Zweibrücken und was wichtiger war - zum Anwärter auf die Erbschaft des Kurfürstentums Pfalz­ bayern, der drittgrößten Ländermasse des Alten Reiches, geworden. Eine so selbständige Regierungstätigkeit im Sinne absoluter Fürsten wie etwa sein Nachbar Friedrich von Württemberg oder in früheren Jahren Markgraf Karl Friedrich von Baden übte Max Joseph nicht aus, aber er behielt sich alle wich­ tigen Entscheidungen vor, und sein leitender Minister Montgelas mußte ihn vor solchen regelmäßig durch lange Denkschriften und persönliche Vorträge überzeugen. Der neue Kurfürst, der nicht zum Regieren erzogen worden war, war gleich­ wohl von der Bedeutung seiner Aufgabe durchdrungen. Und er besaß einige wichtige Qualitäten, die er sich mangels einer eigentlich fürstlichen Erziehung unverfälscht bewahrt hatte: einen guten politischen Instinkt und eine gewisse Schläue, die ihn die Lage meistens realistisch einschätzen ließ, eine aus persön­ lichem Erleben erwachsene Aufgeschlossenheit für die politischen und gesell­ schaftlichen Veränderungen der Zeit, verbunden mit Kontaktfreudigkeit, der Gabe und dem Bemühen, mit Menschen aller Bevölkerungsschichten in ihrer eigenen Sprache über ihre Probleme und Nöte zu sprechen, Eigenschaften, die ihm zur Beliebtheit verhalfen, ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger, und schließlich die Fähigkeit, sich trotz eines starken fürstlichen Selbstbewußtseins beraten zu lassen und sich gut begründeten Vorschlägen seiner Mitarbeiter, vor allem Montgelas’, wenn auch oft widerstrebend, zu fügen. Die Popularität die­ ses Herrschers bei der Bevölkerung war ein Aktivposten, der in dieser drama­ tisch bewegten Zeit mit Revolutionsgefahr, ständigen Durchzügen fremder Truppen, Annexionsbestrebungen von Seiten Österreichs, äußerster wirtschaft­ licher und finanzieller Not hoch veranschlagt werden muß. Sie erleichterte auch das Zusammenwachsen der zahlreichen neuerworbenen Territorien mit den alten Gebieten und die Bildung eines gemeinsamen Staatsbewußtseins. Max stand bis 1817 der nach Meinung Michael Doeberls «fähigste Staatsmann zur Seite, der jemals die Geschicke Bayerns geleitet hat»/ Maximilian Joseph Freiherr (seit 1809 GraJ) von Montgelas (1759—1838). Als Sohn eines aus Savoyen kommenden bayerischen Generals3 und einer aus dem Hochstift Freising stam-

2 Doeberl II 389 ff; Montgelas, Denk­ würdigkeiten (außenpolitischer Teil der Me­ moiren); Montgelas, Compte rendu (Be­ richt über seine Innenpolitik); Weis, Mont­ gelas I, über die Entstehung des Compte rendu dort 151; der abschließende 2. Bd. der Montgelas-Biographie in Vorb.; L. Doe­ berl; Maximilian v. Montgelas und das Prinzip der Staatssouveränität, 1923; Schna­ bel I 148-158; Dunan; Adalbert v. Bayern (Anm. 1); Quint (vor § 1); Glaser, Wittels­

bach III/1 und III/2; Μ. J. Graf von Mont­ gelas (Ausst.kat. d. Bayer. Hauptstaatsarchivs) 1988; Demel, Staatsabsolutismus; Weis, Deutschland und Frankreich um 1800 (vor § 1); E. Weis, Montgelas (NDB 18) 1997; Ders., Hardenberg und Montgelas. Versuch eines Vergleichs ihrer Persönlichkeiten und ihrer Politik (ZBLG 61) 1998, 191-207. 3 E. Weis, Montgelas’ Vater, Janus Frhr. v. Montgelas (1710—1767), bayer. General und Diplomat (ZBLG 26) 1963, 255-322.

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A. I. Die Begründung des modemen bayerischen Staates (1799—1825)

menden Gräfin Trauner war er in München geboren, verlor bereits als Kind seine Eltern, wurde in Freising und dann im Kolleg des in diesen Jahren aufge­ hobenen Jesuitenordens zu Nancy erzogen, studierte in Straßburg, wie vor ihm Goethe und nach ihm Metternich, bei Christoph Koch Staatsrecht und legte bereits 1777 in Ingolstadt mit ausgezeichnetem Erfolg die juristische Abschluß­ prüfung ab. Während er sich der Gunst seines Paten, des Kurfürsten Max III. Joseph, erfreut hatte, zog sich Montgelas, seit 1777 unbesoldeter Hofrat und Zensurrat in München, die Ungnade Karl Theodors zu, weil er, wie fast alle Mitglieder des Zensurkollegiums, die Literatur der Aufklärung gefördert hatte, statt sie zu bekämpfen, und weil seit 1785 seine Mitgliedschaft bei dem in die­ sem Jahr verbotenen Illuminatenorden4 bekannt wurde. In diesem Orden hatte er jedoch keine bedeutende Rolle gespielt und sich von ihm nach Bekanntwer­ den der Korrespondenz Weishaupts distanziert. Der Geheimbund besaß für die Tätigkeit des künftigen Ministers keineswegs jene richtungweisende Bedeutung — konnte sie mangels eines politischen und sozialen Programms auch nicht be­ sitzen -, an die man früher geglaubt hat. Da Montgelas infolge dieser Vorfälle und mangels eines Protektors nach zehnjähriger Tätigkeit als Hofrat noch keine Aussicht auf eine Besoldung hatte — obwohl er sowohl von französischen als auch von österreichischen Diplomaten als der bei weitem fähigste jüngere Be­ amte in München bezeichnet wurde -, folgte er 1786 einem Ruf von Hofenfels nach Zweibrücken. Montgelas war wie Hardenberg, Metternich und der badische Minister Reit­ zenstein ein durch die Aufklärung geformter Staatsmann und Diplomat: ver­ standesbetont, kühl, gewandt, scharfsinnig berechnend, ganz der Staatsräson dienend und doch - dies im Gegensatz zu dem späteren Metternich — minde­ stens bis etwa 1809 von einem reformerischen Elan erfüllt. Er wollte den ihm anvertrauten Staat unter Verwendung von Anregungen des revolutionären und des napoleonischen Frankreich modernisieren, um ihn den Stürmen der Zeit gewachsen zu machen. Der Regierungsantritt des Hauses Pfalz-Zweibrücken in Bayern war seit drei Jahrzehnten vorausgesehen worden. Als Mitarbeiter Herzog Karls II. von Zweibrücken (f 1795) hatte Hofenfels und nach dessen Tod, von 1787 bis 1793, der junge Montgelas als Legationsrat und Berater des Ministers Esebeck wesentlich dazu beigetragen, die Selbständigkeit und Integrität des bayerischen Staates gegenüber den Tausch- bzw. Annexionsplänen Österreichs zu retten. Kurfürst Karl Theodor, der keine legitimen Kinder hatte, begünstigte diese Pläne Wiens, die jedoch ohne Zustimmung des wichtigsten Agnaten und Er­ ben, Karls II. von Zweibrücken, nicht zu verwirklichen waren. Hofenfels und nach ihm Montgelas hatten bereits von Zweibrücken aus im Namen des Her­ zogs mit Hilfe von Vertrauensleuten innerhalb der bayerischen Beamtenschaft und der Landstände für den Fall des Regierungsantritts in München grundle­ 4 Ders., Montgelas I 33-81.

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gende Reformen geplant und hierfür statistische und rechtliche Erhebungen durchgeführt. Montgelas, der nach der Flucht Herzog Karls II. vor den eindringenden fran­ zösischen Truppen in dem zwischen Franzosen und Preußen umkämpften Zweibrücken als Beamter zurückgeblieben war, wurde am Hofe des Herzogs in Mannheim von seinen Gegnern der Zusammenarbeit mit den Jakobinern be­ zichtigt und blieb in Ungnade, auch nachdem er sich im Herbst 1793 nach Mannheim durchgeschlagen hatte. 1795 war er in Heidelberg mit Denkschrif­ ten über die Neugestaltung des Verhältnisses zwischen dem Staat und der Re­ formierten Kirche der Kurpfalz und über die künftige Reorganisation der Salz­ gewinnung und des Salzhandels in Bayern beschäftigt. Erst eineinhalb Jahre nach dem Tode Karls II., nämlich Anfang September 1796, schlug Montgelas’ Stunde, als ihn der landlose, vor den französischen Armeen ins preußische Ans­ bach geflohene Herzog Max Joseph von Zweibrücken zu seinem maßgebenden politischen Berater ernannte. Beide Männer verband die Vorliebe für die französische Sprache und Kultur, in der sie im Zeitalter der Aufklärung und des späten Ancien Régime erzogen worden waren, ferner die Abneigung gegen Österreich, der Kampf gegen des­ sen Annexionsabsichten gegenüber Bayern und gegen den bisherigen beherr­ schenden Einfluß der kaiserlichen Gesandten am Münchner Hof. In Max Jo­ seph lebte allerdings, im Gegensatz zu Montgelas, daneben noch ein gewisser Reichspatriotismus, so wie in seinem Nachbarn Friedrich von Württemberg. Der Kurfürst und sein Minister waren sich einig in dem Wunsch, in Bayern nach dem erwarteten Tode Karl Theodors die Mißstände radikal zu beseitigen, die unter der Regierung des alten, an seinen Staaten nur wenig interessierten Kurfürsten überhand genommen hatten: die Günstlingswirtschaft und Ver­ schleuderung von Staatsgut, die rasch steigende Verschuldung des Landes, die Ungleichmäßigkeit der Besteuerung zugunsten des Adels, die Unwissenheit und Korruption vieler Beamter. All dies waren gesamteuropäische Erscheinun­ gen am Ausgang des Ancien Régime, die auch in Preußen und Österreich durch den Aufgeklärten Absolutismus nicht hatten ausgemerzt werden können, in Bayern waren sie nach Reformansätzen unter Max III. Joseph infolge der Schwäche und des Egoismus Karl Theodors wieder stark eingerissen. Max Jo­ seph und Montgelas wußten sich in ihren Bestrebungen einig mit dem aktiv­ sten Teil der bayerischen Bevölkerung, der «Patriotenpartei», der neben jünge­ ren Beamten reformfreudige Angehörige aller drei Stände, auch maßgebende Mitglieder der Landschaftsverordnung, angehörten. Bereits am 30. September 1796 hatte Montgelas Max Joseph in Ansbach ein Programm für spätere Reformen in Bayern vorgelegt,5 das, wie auch Montgelas’

5 Ebd. 266-287; E. Weis, Montgelas’ innenpolit. Reformprogramm. Das Ansba­ cher Mémoire f. d. Herzog vom 30.9.1796

(ZBLG 33) 1970, 219-256, dort der franz. Text ediert 243-256; ferner Ausstellungska­ talog «Bayern entsteht. Montgelas u. sein

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

sonstige Denkschriften, bewährte Grundsätze der altbayerischen Verwaltungs­ und Rechtstradition mit den Ideen der Aufklärung und der Französischen Re­ volution, aber auch mit den Erfahrungen des Aufgeklärten Absolutismus in Preußen und Österreich verband. Es blieb stets im Rahmen des Realisierbaren, ließ aber Erweiterungen zu fur einen Fall, in dem dies außenpolitisch und rechtlich möglich sein würde. Im Zentrum von Montgelas’ Denken stand stets der Staat, der bayerische Staat, dem er soviel Unabhängigkeit wie jeweils reichsrechtlich möglich zudachte, vielleicht schon damals als Endziel die «sou­ veraineté pleine et entière». Hauptpunkte von Montgelas’ Programm von 1796 waren: eine Reorganisation der Zentralregierung mit strenger Trennung der Kompetenzen nach dem Res­ sortprinzip, darunter einem Generaldirektorium nach preußischem Vorbild, die Schaffung eines neuen, fachlich vorgebildeten, vom Staat ausreichend besolde­ ten, nicht mehr korrupten und nicht mehr von Sporteln und Gnadengeschen­ ken abhängigen Beamtentums, ferner Gleichheit der Besteuerung, also Aufhe­ bung der teilweisen Steuerfreiheit der privilegierten Stände, Abschaffung der Binnenzölle, eine neue Verwaltungseinteilung, die vor allem von Frankreich inspiriert war, eine Reform der Landschaftsverfassung, Abschaffung der bäuer­ lichen Fronarbeit und Fixierung der anderen Leistungen und Abgaben, die den Grundherren zu entrichten waren, Reform der niederen Gerichtsbarkeit, des Zivilrechts und Humanisierung des Strafrechts. Montgelas schlug ferner vor: Einführung der Toleranz, staatliche Kontrolle über die Verwaltung der kirch­ lichen Stiftungen aller Konfessionen, Aufhebung der Bettelordensniederlassun­ gen, Verbesserungen des Pfarrsystems sowie der Ausbildung der Geistlichen, über die der Staat eine Art Aufsicht erhalten sollte, Reform der Universitäten und Schulen, besonders der Volksschulen, «welche die Fähigkeiten der interes­ santesten Klasse der Gesellschaft entwickeln und dem Nationalgeist ihr Siegel aufdrücken» sollen, schließlich Herstellung der Presse- und Veröffentlichungs­ freiheit und gleichen Zugang aller (also auch der Nichtadeligen) zu öffent­ lichen Staatsämtem.6 Nahezu alle diese Reformen wurden später unter dem Ministerium Montgelas mehr oder weniger vollständig verwirklicht. Andere Maßnahmen, die hier nicht genannt sind, konnten später erst unter dem Ein­ fluß umwälzender politischer Ereignisse ins Auge gefaßt und ebenfalls durchgefuhrt werden. Den später durchgesetzten Grundsatz der rechtlichen und finanziellen Tei­ lung zwischen Staat und Dynastie stellte Montgelas bereits im Rohrbacher (Ans­ bacher) Hausvertrag von 1797 (1796)7 auf. Auch die äußere Umformung der aus

Ansbacher Mémoire von 1796», hg. v. Μ. Henker, Μ. Hamm u.a., 1996, mit Beitrr. v. E. Weis u. Μ. Schimke. 6 Im einzelnen Weis, Montgelas * innenpolit. Reformprogramm (Anm. $).

7 H. Rall, Pfalzbayems Probleme im Ur­ teil d. Zweibrückener Reformer (ZBLG 18) 1955, 408-434; Weis, Montgelas I 287-293 (der Vertrag wurde auf 1796 vordatiert).

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mehreren getrennten Fürstentümern bestehenden alten pfalz-bayerischen Län­ dermasse zu einem modern verwaltbaren und nach Montgelas’ Intention mit einem einheitlichen Staatsbewußtsein zu erfüllenden großen Mittelstaat, der durch Erwerbungen in Franken und Schwaben abzurunden war, hatte Mont­ gelas bereits 1797 in einer detaillierten Denkschrift und einer Instruktion für den Gesandten am Rastatter Kongreß entworfen.8 Seine damalige Planung sah bereits im großen und ganzen den später während der verschiedenen Friedens­ verhandlungen der napoleonischen Ara scheinbar fast zufällig in dieser Form entstandenen bayerischen Staat in seiner modernen geographischen Gestalt als Ziel vor. b) Regierungsantritt. Zweiter Koalitionskrieg (1799—1801). Während man auf dem Rastatter Kongreß weiter über die Entschädigungen verhandelte, andererseits der Ausbruch des Krieges der österreichisch-russisch-englischen Koalition ge­ gen Frankreich stündlich erwartet wurde, traf Kurfürst Karl Theodor der Schlag, am 16. Februar 1799 starb er. Trotz der Versuche des österreichischen Gesandten in München, vereint mit Karl Theodors Günstlingen, den sterben­ den Kurfürsten noch zur Unterschrift eines aufgesetzten Testaments zugunsten Österreichs zu bewegen, gelang es der geschickten Regie der Zweibrückener, insbesondere ihres Beauftragten in Bayern, Herzog Wilhelms von Birkenfeld,9 mit aktiver Unterstützung durch die 22jährige Gemahlin des 76jährigen Kur­ fürsten, Maria Leopoldine von Österreich-Este,10 den Regierungsantritt des neuen Herrschers, die Sicherstellung der Staatskasse und der Akten und die Entlassung von Karl Theodors Hofkamarilla reibungslos vorzubereiten und durchzuführen. Montgelas wurde Außenminister. Vom Außenministerium aus beherrschte er achtzehn Jahre lang die gesamte Regierungspolitik. Daneben führte er von 1803 bis 1806 und von 1809 bis 1817 auch das Finanz- und von 1806 bis 1817 das Innenministerium. Es war ein kritischer Augenblick der bayerischen Geschichte: Die linksrheinischen Gebiete des Hauses Wittelsbach waren an Frankreich ver­ loren, die rechtsrheinische Kurpfalz und das Herzogtum Berg mit der Haupt­ stadt Düsseldorf waren von französischen Truppen bedroht, die Finanzlage war verheerend. Österreich stand mit 109000 Mann in Bayern, die 15000 Mann starken bayerischen Truppen waren unter die kaiserlichen Einheiten aufgeteilt. Die große Frage war: Würde der Kaiser jetzt zur Annexion Bayerns schreiten und den in Wien verhaßten Thronerben Max überhaupt nicht zur Regierung kommen lassen, oder würde sich Österreich zunächst abwartend verhalten, da

8 Weis, Montgelas I, Kap. 25-27. 9 Adalbert (Anm. 1) 350-366; Weis, Montgelas I 434 u.ö., Montgelas II (in Vor­ bereitung); HB II (L. Hammermayer) 1233 f.

10 Wiss. Biographie dieser auch später ein­ flußreichen Frau: S. Krauss-Meyl, Das «en­ fant terrible» des Königshauses. Maria Leo­ poldine, Bayerns letzte Kurfurstin (17761848), 1997·

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es ohnehin die militärische Macht in Bayern ausübte? Daß es sich zu der letzte­ ren Möglichkeit entschloß, hatte mehrere Gründe: Es wollte zunächst den Aus­ gang des bevorstehenden Krieges abwarten. Vor allem wog es schwer, daß das neutrale Preußen, dessen Schwäche damals noch nicht allgemein offenbar war und das in dem kommenden Krieg das Zünglein an der Waage bilden konnte, sich zusammen mit Rußland beim Kaiser nachdrücklich für die Integrität Bay­ erns einsetzte. Frankreich stand vor einem großen Krieg gegen das Reich, es kam damals für den Schutz Bayerns gegen den Kaiser noch nicht in Betracht. Als der Krieg nach der Ermordung der französischen Unterhändler am Rastatter Kongreß durch kaiserliche Husaren — eine Tat, die in München schärfstens mißbilligt wurde - ausbrach, blieb der bayerischen Regierung in dem von kai­ serlichen Truppen besetzten Lande nichts anderes übrig, als ein Militärbündnis mit Österreich einzugehen. Auch Württemberg und Baden war in diesem Au­ genblick keine Neutralitätspolitik möglich. Der Staat, von dem sich Bayern damals noch am ersten eine Rückendeckung gegen Österreich erhoffen konnte, war Rußland, das seit dem Frieden von Teschen von 1779 Gewicht innerhalb des Reiches erlangt hatte und dessen Waf­ fenhilfe für den Kaiser wichtig war. Im Vertrag von Gatschina (1. Oktober 1799) verpflichtete sich Bayern gegenüber Rußland, über sein pflichtmäßiges Reichskontingent hinaus der Koalition gegen Frankreich 20000 Mann zur Ver­ fügung zu stellen. Rußland vermittelte an Bayern, ebenso wie an Württemberg, dafür englische Subsidiengelder. Voraussetzung für den Vertrag war es gewe­ sen, daß Bayern zunächst die bayerische Zunge des Malteserordens wiederher­ gestellt hatte, der zwar völlig nutzlos war, aber dem Zaren Paul I. als dessen Großmeister soviel bedeutet hatte, daß er nach der Nachricht von der anfäng­ lichen Aufhebung dieses Ordens durch die neue bayerische Regierung den selbst von Verbündeten gefürchteten russischen Truppen den Befehl gegeben hatte, durch Bayern zu marschieren und es als feindliches Gebiet zu betrach­ ten.11 Montgelas ließ sich in einem zweiten Subsidienvertrag zu Amberg vom 15. Juli 1800 von England den bayerischen Besitzstand garantieren. Das Ver­ hältnis der bayerischen Regierung zur österreichischen Armee wurde immer gespannter, nachdem der österreichische Feldmarschall Kray am 15. Juli 1800 in dem - von der Wiener Regierung nicht ratifizierten - Waffenstillstand von Parsdorf den bayerischen Verbündeten preisgegeben hatte. Der französische

11 Doeberl II 354ff.; A. Müller, Bayer. Politik u. bayer. Diplomaten z. Zt. Carl Theodors u. Max Josephs, 1954 (über v. Sul­ zer); A. Kleinschmidt, Der Vertrag v. Gat­ schina (FGB 6) 1898; Weis, Montgelas I 437 ff; U. Krüger-Löwenstein, Rußland, Frankreich u. d. Reich 1801-1803, 1972; LKlemmer, Aloys von Rechberg, 1975,

25-36. - Für die außenpolitischen Vorgänge der Jahre 1799/1800 grundlegend: R. Graf Du Moulin Eckart, Bayern unter d. Mini­ sterium Montgelas, Bd. I (1799-1800), 1895 (mehr nicht erseh., stützt sich auf die Archi­ ve von Berlin und Wien, das Bayer. Gehei­ me Staatsarchiv war ihm nicht zugänglich).

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Oberbefehlshaber General Moreau forderte von Bayern 6 Millionen Gulden Kriegskontributionen. Nachdem Österreich im September erneut hinter dem Rücken der bayerischen Regierung mit Moreau verhandelt und ihm die bayeri­ sche Festung Ingolstadt überlassen hatte, sagte Max Joseph den Ständen zu, die bayerischen Truppen aus der Armee des Kaisers abzuziehen. Noch bevor dies geschehen konnte, wurde das bayerische Kontingent in die vernichtende Niederlage der Österreicher bei Hohenlinden im Ebersberger Forst am 3. De­ zember 1800 mit hineingerissen und erlitt schwerste Verluste. Aufgrund dieses Sieges Moreaus und von Bonapartes Erfolgen in Oberitalien, besonders bei Marengo, wurde der Kaiser zum Frieden gezwungen. Im Frieden von Lunéville vom 9. Februar 1801 traten Kaiser und Reich endgültig das linke Rheinufer an Frankreich ab. Die beiden Garantiemächte der Reichsverfassung, Frankreich (seit 1648) und Rußland (seit 1779), verbanden sich, die Neuordnung des Reiches durchzufuhren, die durch das seit Rastatt feststehende Prinzip der Entschädigung der weltlichen Fürsten durch geistliche Territorien für ihre auf dem linken Rheinufer verlorenen Gebiete unumgänglich geworden war. Schon seit Sommer 1800 war die Unzufriedenheit gegenüber dem Kurfürsten und seinem leitenden Minister groß, auch bei führenden Ständevertretern, wie Johann Maximilian Graf Preysing12*und engsten Mitarbeitern des Ministers wie dem Gesandten Anton von Cetto,’3 die bis dahin Stützen Montgelas’ gewesen waren. Während diese Persönlichkeiten wie auch die Landschaftsverordnung die Rettung Bayerns darin sahen, schnellstens auf die von General Moreau und Außenminister Talleyrand angebotenen Verhandlungen mit Frankreich einzu­ gehen, verhinderte Montgelas solche Verhandlungen bis zum Frühjahr 1801, also bis nach dem Frieden von Lunéville. Nach diesem Termin wollte der Erste Konsul Bonaparte sie zunächst nicht mehr akzeptieren. Montgelas hatte so lan­ ge gezögert, weil er noch immer einen Sieg Österreichs oder einen Umsturz in Frankreich mit Beseitigung Bonapartes für möglich hielt und weil ohne die britischen Subsidiengelder Hof, Staat und Armee Bayerns während des Exils in Amberg völlig mittellos gewesen wären. Auch fürchtete er, durch solche Ver­ handlungen während des Krieges die Unterstützung Rußlands, Englands und Preußens zu verlieren und sich an Frankreich auszuliefern. Seine Gegner aber verbreiteten, auch in Flugschriften, er und sogar der Kurfürst seien von Eng­ land bestochen. Außerdem wurde bekannt, daß Max Joseph wie Montgelas 1800 bei Österreich und England sondiert hatten, ob man nicht Bayern vertau-

12 Zu Preysing u.a.: Weis, Montgelas I; De­ J. Seitz (Anm. 17); Μ. C. Schimke, Die Herrschaften Hohenaschau-Wildenwart u. Tutzing-Pähl 1808-1818. Unters, zu d. Folgen der bayer. Adelspolitik unter Montgelas, 1993; E. Weis, Zur Entstehungsgesch. d. bayer. Verfassung v. 1818 (ZBLG 39) 1976, 413-444. mel;

13 Zu Cetto: du Moulin Eckart (Anm. 11); Weis, Montgelas I, auch der in Vorb. befindl. Bd. II; D. Neri, Anton Frhr. v. Cetto (1756-1847), ein bayer. Diplomat der napoleon. Zeit, 1993.

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sehen könnte. Diese Nachricht isolierte in der Tat Bayern vorübergehend von allen Großmächten, die es vor Österreich schützen konnten: England, Rußland und vor allem Frankreich. Erst im Sommer 1801 kehrten Max Joseph und Montgelas allmählich zur Politik der entschlossenen Verteidigung der bayeri­ schen Integrität zurück. Man hatte in München über die Franzosen erfahren, daß bei den Verhandlungen für den Vertrag von Lunéville der kaiserliche Unterhändler versucht hatte, die Zustimmung Frankreichs zur Annexion des doch noch immer mit dem Kaiser verbündeten Bayern durch Österreich zu er­ halten. Endlich erhielt der inzwischen wieder nach Paris entsandte bayerische Unterhändler Cetto die nötigen Vollmachten, die ihm Montgelas bis dahin vorenthalten hatte. Dem Geschick Cettos war es zu danken, daß schließlich doch der bayerisch-französische Vertrag vom 24. August 1801 zustande kam, in dem Frankreich den Gebietsstand Bayerns garantierte und sich verpflichtete, diesem Land zu Entschädigungen für die verlorenen linksrheinischen Gebiete zu verhelfen. Der Vertrag war ein Gegenstück zu den viel früheren Verträgen Preußens zu Basel (1795) und des Kaisers zu Campoformio (1797) mit Frank­ reich.14 c) Jakobinische Bestrebungen zur Revolutionierung Bayerns 1799/1801. Fast ebenso verbreitet wie die Abneigung weiter bayerischer Kreise gegen Österreich war die Sympathie für Frankreich: Teile des Adels, des Bürgertums, der Beamten­ schaft und überhaupt die Befürworter von Reformen wünschten ein Bündnis mit dem konsularischen Frankreich. Alle diese Kreise, ebenso wie deren kon­ servative und österreichfreundliche Gegner, trugen zu den zahlreichen Flug­ schriften bei, die von 1799 bis etwa 1802 das Land geradezu überschwemmten. Unter ihnen befanden sich auch Flugschriften für und gegen die Regierung, für und gegen die Landschaftsverordnung, für und gegen die Landstände. Es gab unter diesen anonymen Publizisten auch eine zahlenmäßig wohl nicht große, aber rührige radikale Gruppe, die man als deutsche «Jakobiner» im Sinne von Anhängern einer Revolutionierung und Republikanisierung Süddeutschlands bezeichnen kann.15 Diese Leute kamen offensichtlich überwiegend aus dem ge-

14 Max Joseph und Montgelas mißtrauten jedoch auch in den folgenden Jahren immer wieder Bonaparte persönlich wie auch der inneren Stabilität seines Regimes. Hierzu Weis, Montgelas II. 15 Über die Flugschriften: F. Zimmer­ mann, Bayer. Verfassungsgesch. (vor § 1); H. Scheel, Süddeutsche Jakobiner. Klassen­ kämpfe u. republikan. Bestrebungen im dt. Süden Ende des 18. Jhs., 1962; Ders. (Hg.), Jakobinische Flugschriften aus d. dt. Süden Ende d. 18. Jhs., 1965; Seitz (Anm. 17); E. Weis, Kontinuität u. Diskontinuität zw. d.

Ständen d. 18. Jhs. u. d. friihkonstitutionellen Parlamenten v. 1818/19 in Bayern u. Württemberg (FS Kraus) 1982, 337—355, auch in: Deutschland u. Frankreich um 1800 (vor § 1) 218-242. Über die bayer. Jakobi­ ner: K. Th. v. Heigel, Die Jakobiner in München (Heigel, Aus drei Jhdten.) 1881; A. Fournier, Illuminaten u. Patrioten (Hist. Studien u. Skizzen) 1885; H. Fahrmbacher, Aus Münchens Zeiten d. Franzosennot ... 1800/01, 1900; L. Mabnner, Bayern vor u. in d. Franz. Revolution, 1927, weitere Speziallit. HB II § 162 (L. Hammermayer).- Zur

§ i. Die neue Regierung und ihr innenpolitisches Programm (E. Weis)

bildeten Bürgertum, und sie standen in Verbindung mit württembergischen, badischen, fränkischen und Schweizer Gesinnungsgenossen. Sie strebten offen­ bar überwiegend nicht nur eine bayerische, sondern eine süddeutsch-schweize­ rische Republik an. Die Bandbreite der Flugschriften war also groß: von stän­ disch-konservativ über reformerisch, teils im Sinne einer konstitutionellen Monarchie, bis zu einem radikalen Republikanismus. In der Tat hat es in München, wie wir heute wissen, eine größere und ein­ flußreiche Gruppe von Persönlichkeiten mit einzelnen Anhängern im ganzen Lande gegeben, die versuchte, während der französischen Besatzungszeit 1800/ 1801 den Oberbefehlshaber General Moreau und den ihm untergebenen Gene­ ral Decaen zur Mithilfe bei der geplanten Republikanisierung Bayerns zu ge­ winnen. Bei mehreren Gesprächen lehnten die französischen Generäle rund­ weg jede Unterstützung solcher Pläne ab und verbaten sich weitere Verhand­ lungen dieser Art. Die Gründe für diese Absage an die bayerischen Revolu­ tionsfreunde, die noch entschiedener war als bei dem ersten Einmarsch 1796, waren die innenpolitischen Wandlungen in Frankreich selbst, ferner, daß Frankreich wie 1796 keine einheitliche deutsche oder auch nur süddeutsche Republik als Nachbar wünschte, ebensowenig wie eine einheitliche italienische Republik, schließlich daß Frankreich die bayerischen und süddeutschen «Jako­ biner» realistisch als aussichtslose Minderheit betrachtete, auf die es seine Pläne nicht hätte aufbauen können, selbst wenn es dies gewollt hätte. Als Führer dieser republikanischen Gruppe in München wurde schon damals immer wieder Joseph Utzschneider genannt, der gleichzeitig Mitglied der Re­ gierung als Referendär (nach heutigen Begriffen etwa Staatssekretär und Mini­ sterialdirektor in einem) für Landschaftsangelegenheiten war. Seine Stellung zu den Revolutionsfreunden ist unklar. Sicher aber gehörten zu ihren führenden Persönlichkeiten der bedeutende Geologe und Mineraloge Mathias von Flurl, Direktor des Bergwerks-, Salinen- und Münzwesens, der Agrarpolitiker Joseph von Hazzi, der 1800 aus dem bayerischen in den französischen Dienst übertrat, der Buchhändler J.B. Strobl und der Kaufmann und Bankier Heinrich von Dall’Armi. Montgelas war über die Umtriebe dieser Gruppe noch früher unter­ richtet als der Kurfürst. Beide waren dann entschlossen, keine Märtyrer zu schaffen. Ausländische «Jakobiner» wurden später unauffällig ausgewiesen, ge­ gen die inländischen ging man nicht vor. Besonders mit Utzschneider und den anderen vier Genannten blieb Montgelas mit Wissen des Königs auch später in Verbindung, Utzschneider, Flurl und Dall’Armi nahmen auch später immer Vertrauensstellungen ein.16 Die Regierung wollte offenbar die aufklärungs- und

Problematik der Verwendung des Begriffes «Jakobiner» für Persönlichkeiten außerhalb Frankreichs: S. Graf, Bayer. Jakobiner? Krit. Unters, sog. «jakobinischer» Flugschriften aus Bayern am Ende d. 18. Jhs. (ZBLG 41) 1978, 117-171. Für eine weitreichende Re­

sonanz und einen nennenswerten Einfluß der «Jakobiner» in der bayer. Bevölkerung gibt es keine Beweise. 16 Weitere Einzelheiten in dem in Vorb. befindlichen Bd. Weis, Montgelas II. Inter­ essant in diesem Zusammenhang die erstma-

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frankreichfreundlichen Kreise nicht verfolgen; sie wollte zugleich den inneren Frieden bewahren. d) Die Stellung zur altbayerischen Landschaftsverordnung. Als Folge der Auflösung des Reiches 1806, durch welches die Landesverfassungen geschützt gewesen waren, endete auch die altbayerische Landschaft im Jahr 1808. Bei Beginn der Regierung Max Josephs trug jedoch die Landschaftsverordnung noch etwa 45% zu den Einnahmen des Herzogtums Bayern, d. h. Ober- und Niederbayerns, bei. Von den anderen wittelsbachischen Gebieten hatten damals das Herzogtum Berg mit der Hauptstadt Düsseldorf (das damit verbundene linksrheinische Herzogtum Jülich war von den Franzosen besetzt), Pfalz-Neuburg und PfalzSulzbach noch aktive Stände. Die Kurpfalz und das jetzt ebenfalls französisch besetzte Herzogtum Zweibrücken besaßen in der Neuzeit keine Landstände mehr, die Oberpfalz hatte nur theoretisch noch eine Ständeverfassung. Die alt­ bayerische Landschaft wurde seit 1669 nur noch durch einen Ausschuß, ge­ nannt Landschaftsverordnung (hier abgekürzt LVO), vertreten, der sich durch Kooptation ohne Zutun der Stände ergänzte. Die LVO bestand aus 8 adeligen Grundherren, 4 Prälaten (als Äbte/Pröpste landständischer Klöster) und 4 Bür­ germeistern größerer landsässiger Städte.17 In der schwierigen Lage des Jahres 1799 war die neue Regierung zunächst um die Wiederherstellung eines guten Verhältnisses zur LVO bemüht. Sie verzich­ tete auf die bisher noch nicht realisierte schwere finanzielle Belastung der stän­ dischen Klöster, für die Karl Theodor sich die Zustimmung des Papstes hatte geben lassen.18 Max Joseph sicherte der altbayerischen Landschaft die Beach­ tung ihrer Rechte und Freiheiten zu. Mit den Pfalz-Neuburgischen Landstän­ den schloß er im Oktober 1799 einen Vertrag ab, in dem er sich bereits in die Zukunft weisende Reformzugeständnisse machen ließ.19 So entgegenkommend war allerdings die bayerische Landschaft nicht. In den Jahren 1800 bis 1802 gab es zeitweise wieder heftige Konflikte zwi­ schen Regierung und LVO, die zur Steuerverweigerung führten, beispielsweise

lige Originaledition: Histoire de ma vie. Mémoires de Joh. Christian von Männlich (1741-1822), éditée par K. H. Bender - H. Kleber, hier Bd. II, 1993. 17 L. Hammermayer in HB II § 166, mit Lit.; J. Seitz, Die landständ. Verordnung in Bayern im Übergang v. d. altständ. Reprä­ sentation z. modernen Staat, 1999, betr. 1778-1808. Weitere Lit.: O. Steinwachs, Der Ausgang d. landschaftl. Verordnung in Bayern (OA 55) 1909; (OA 56) 1912; (OA 57) 1913; Zimmermann (vor § 1); K. O. Frhr. v. Aretin, Bayerns Weg zum souverä­ nen Staat. Landstände u. konstitutionelle

Monarchie 1714-1818, 1976; Möckl, Staat; Weis, Kontinuität und Diskontinuität (Anm. 15); Μ. Rauh, Verwaltung, Stände u. Finanzen. Stud. zu Staatsaufbau u. Staatsent­ wicklung Bayerns unter d. späteren Absolu­ tismus, 1988; W. Ziegler (Hg.), Der Bayer. Landtag v. Spätmittelalter bis z. Gegenwart. Probleme u. Desiderate histor. Forschung, 1995. 18 Hammermaybr in HB II § 168 mit Lit., hier insbes. S. 1281 ff. 19 Der Pfalzneuburgische Deputationsab­ schied v. 5.10.1799: Schimkb, Dok. Nr. 2.

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beim Herannahen der französischen Armeen im Frühjahr 1800. Zu den Streit­ punkten gehörte die seit 1799 erhobene Forderung der LVO nach Einberufung eines allgemeinen Landtages, des ersten seit 1669. Auf Seiten der Regierung hatte der für Landschaftssachen zuständige Geheime Referendär Utzschneider zunächst den Kurfürsten für den Gedanken der Einberufung eines Landtages gewonnen. Im letzten Moment vor der Unterzeichnung dieses Dekrets kam Montgelas hinzu und überzeugte den Kurfürsten von der Gefährlichkeit eines solchen Unternehmens. Er und die meisten anderen Minister und Referendäre waren sicher, daß eine Versammlung von mehreren hundert Angehörigen der privilegierten Stände weder das erforderliche Geld bewilligen noch die nötigen Reformgesetze beschließen, sondern jetzt, während des Krieges, den Staat in höchste Gefahr bringen würde. Montgelas konnte dabei auf die französischen Notabeinversammlungen vor der Revolution und auf die Generalstände ver­ weisen, ebenso auf die turbulenten württembergischen Landtage. Die Land­ schaftsverordnung selbst fürchtete insgeheim die Einberufung eines Voll-Landtages, der sie zweifellos abwählen würde, erhob jedoch diese Forderung weiter nach außen hin, um die Mitglieder der Gesamt-Landschaft zu beruhigen. Die Regierung, die diese Situation sehr wohl erkannte, gab der LVO zu verstehen, daß man dieses Gremium bei Wohlverhalten vor dem von ihm gegen die eige­ ne Überzeugung geforderten Landtag schützen werde. Ein anderes Mittel, die LVO gefügig zu machen, war folgendes: Wenn die LVO Schwierigkeiten bei der Bewilligung der vom Kurfürsten postulierten Steuern machte, drohte ihr die Regierung mit der Abschaffung der Steuerprivilegien und mit der Gewäh­ rung der Standschaft an die Bauern als 4. Stand. Bisher war die Rechtslage die, daß die Grundherren ihre Bauern in der Landschaft mitvertraten. Solche Dro­ hungen mit Reformen taten ihre Wirkung, obwohl Bayern rein rechtlich, so­ lange das Reich und die beiden Reichsgerichte bestanden, solche Veränderun­ gen der Landesverfassung nicht hätte durchsetzen können. Im Jahr 1803 verschwand auf Grund des Reichsdeputationshauptschlusses, also eines Reichsgesetzes, der Prälatenstand aus der Landschaft und der LVO. Die beiden übriggebliebenen Stände gerieten wegen der künftigen Sitzvertei­ lung in der neuen LVO sogleich in Streit und riefen ausgerechnet die Regie­ rung, ihren Gegenspieler, als Schiedsrichter an, die auch entschied. Trotzdem wurde die Forderung nach einem Landtag immer wieder erhoben. 1803 gelang es Montgelas, die LVO durch die Zusage ruhig zu stellen, daß der Kurfürst nun, da Friede herrsche, einen Landtag einberufen werde, daß aber vorher eine Kommission die Original-Urkunden und Abschiede der alten Landtage seit dem 13. Jahrhundert sorgfältig studieren müsse. Dieses Studium war 1806 noch nicht beendet, als das Reich sich auflöste und Bayern souverän wurde. Die Aufhebung der Landschaft, die Beschlagnahme ihrer Kasse und ihrer Akten und die Schaffung einer ganz neuen Staats- und Verwaltungsorganisation in Form der Konstitution von 1808 und der Organischen Edikte war die Folge. Auch die Verfassung von 1818 griff nicht mehr auf das Modell der alten Landschaft

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zurück, sondern schuf bereits die Grundlage für eine künftige gewählte Volks­ vertretung.20 e) Die Entschädigungsfrage. Der Reichsdeputationshauptschluß von 1803. Säkularisa­ tion und Mediatisierung. Im bayerisch-französischen Vertrag vom 24. August 1801 sicherte die Regierung des Ersten Konsuls Bonaparte Bayern vollständige Entschädigung für seine linksrheinischen Verluste zu und verzichtete auf eine Forderung aus dem Jahr 1785 auf Rückzahlung einer Bürgschaft von 6 Millio­ nen Gulden (das war mehr als eine Jahreseinnahme des bayerischen Staates) für den damaligen Herzog Karl August von Zweibrücken. Im Gegensatz zu dieser entgegenkommenden Haltung des bisherigen Feindes erhob der bisherige Ver­ bündete, Österreich, für den habsburgischen Großherzog Ferdinand von Tos­ kana Anspruch auf Bayern bis zum Inn, zunächst sogar bis zur Isar. Gleichzeitig kam es zu jahrelang andauernden Spannungen wegen der böhmischen Lehen in der Oberpfalz. Von Österreich war keine Unterstützung der bayerischen Ent­ schädigungswünsche zu erwarten, zumal der Kaiser am Fortbestand der geist­ lichen Fürstentümer und der Reichsstädte, seiner traditionellen Stützen im Reich, interessiert blieb. So war Bayern ganz darauf angewiesen, sich für die le­ benswichtigen Entschädigungsverhandlungen die Unterstützung Frankreichs, Rußlands und Preußens zu sichern, wobei Preußen Bayern immer wieder an die beiden anderen genannten Mächte verwies.21 England hatte inzwischen in Amiens (25. März 1802) einen Frieden mit Frankreich geschlossen, der aller­ dings nur ein Jahr Bestand hatte. Bayern führte seine Entschädigungsverhand­ lungen auf drei Ebenen: bei der Reichsdeputation in Regensburg, bei den gleichfalls in Regensburg tätigen Vertretern der Vermittlermächte Frankreich und Rußland und - dies war die wichtigste Ebene - bei den Regierungen die­ ser Vermittlermächte selbst in Paris und St. Petersburg, wobei Petersburg da­ mals im allgemeinen mitmachte, was Paris vorschlug. Bei den Verhandlungen auf der zweiten und dritten Ebene setzte Bayern, wie auch die anderen an Ent­ schädigungen interessierten deutschen Staaten, hohe Bestechungssummen ein.22 Der Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803 war auf der Grundlage des französisch-russischen Entschädigungsplanes vom 3. Juni 1802 zustande ge­ kommen,23 wobei die bayerische Diplomatie bis zuletzt mehrere Nachbesse-

20 S. unten § 5, dazu Weis, Kontinuität u. Diskontinuität (Anm. 15). 21 Zur Außenpolitik dieser Jahre: Montgelas, Denkwürdigkeiten 55—93; Doeberl II 397-410; Dunan 8-48; Th. Santelmann, Die Beziehungen zw. Bayern u. Preußen 1799-1805, 1905; A. Kleinschmidt, Bayern u. Hessen 1799-1805, 19022; R. Graf Du Moulin Eckart, München u. Wien 18001805 (FGB 4) 1896; P. Bailleu, Preußen u. Frankreich v. 1795 bis 1807, 2 Bde., 1881/

87; H.-G. Borck, Der Schwäb. Reichskreis im Zeitalter d. franz. Revolutionskriege (1792-1806), 1970, 177-242; KrügerLöwenstein, Rußland (Anm. 11); E. Weis, Bayern u. Frankreich in d. Zeit d. Konsulats u. d. ersten Empire (1799-1815) (HZ 237) 1983. 559-595· 22 Hierzu Weis, Bayern und Frankreich (Anm. 21). 23 Text des RDH bei Huber, Dokumente I, ferner gekürzt bei H.H. Hofmann, Quel-

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rangen erreichen konnte. Abgesehen vom Hochstift Eichstätt, das Bonaparte ursprünglich Bayern zugesagt, aber dann vertraglich an den Großherzog von Toskana übertragen hatte, gelang es Bayern dank der französischen Unterstüt­ zung, alle Territorien zu erwerben, auf die es sich nach Lage der Dinge Hoff­ nung machen konnte. Es erhielt die Hochstifte Würzburg, Bamberg, Augsburg und Freising, den jeweils kleineren Anteil an den Hochstiften Eichstätt und Passau, vom Erzstift Salzburg die Enklave Mühldorf, ferner dreizehn Reichsabteien und fünfzehn Reichsstädte in Franken und Schwaben.24 Hatte das Haus Wittelsbach mit dem Frieden von Lunéville das Herzogtum Zweibrücken (mit bedeutenden elsässischen Grundherrschaften), die linksrheinischen Teile der Kurpfalz und die Herzogtümer Simmern und Jülich, die Fürstentümer Lautem und Veldenz sowie einige Herrschaften in den Niederlanden und Belgien verloren,25 so mußte es 1802 an Baden auch noch die rechtsrheinische Kurpfalz um Mann­ heim und Heidelberg abtreten. Durch die Erwerbungen des Jahres 1802 ge­ wann der Kurfürst von Bayern für einen Verlust von ca. 200 Quadratmeilen und 730000 Einwohnern (auf dem linken Rheinufer und in der rechtsrheinischen Kurpfalz) 288 Quadratmeilen mit 843 000 Einwohnern.26 len zum Verfassungsorganismus d. Hl. Röm. Reiches, 1976, Nr. 66, und R. Freiin v. Oer, Die Säkularisation 1803 (Texte), 1970. — Protokoll d. außerordentl. Reichsdeputa­ tion zu Regensburg, 2 Bde. sowie 4 Bde. Beilagen, 1803; H. Granier (Hg.), Preußen u. d. kath. Kirche seit 1640, Bd. VIII (17971803), IX (1803-1807), 1902. Über die Ver­ handlungen: A. Scharnagl, Zur Gesch. d. Reichsdeputationshauptschlusses v. 1803 (HJb. 70) 1951, 238-259; K. D. Hömig, Der Reichsdeputationshauptschluß ... u. seine Bedeutung f. Staat u. Kirche, 1969. - Über die polit.Vorbereitung der Säkularisation der geistl. Fürstentümer seit Basel, Campoformio und Rastatt vgl. Aretin, Heiliges Röm. Reich (vor § 1) 355-462; Ders., Das Alte Reich (vor § 1) III 489-522; Huber I; Schwaiger; Weis, Montgelas I 332-403; K. Härter, Reichstag u. Revolution 17891806, 1992. Zu den mediatisierten Hochstiften im einzelnen s. HB III/3. - Einige neu­ ere Arbeiten: L. Boehm, Säkularisation u. Stadtkultur. Zur Auswirkung des RDH v. 1803 auf süddt. Bischofsstädte (Stadt u. Bi­ schof, Stadt in der Gesch., Veröff. des südwestdt. Arbeitskreises für Stadtgeschichts­ forsch. 14) 1988, 96-136; F.-R. Böck, Kempten im Umbruch ... 1799-1818, 1989; N. Keil, Das Ende d. geistl. Regierung in Freising. Fürstbischof J. K. v. Schroffenberg (1790-1803) u. d. Säkularisation d. Hoch­ stifts Freising, 1987; G. Schwaiger (Hg.),

Das Bistum Freising in d. Neuzeit, 1989, darin von Schwaiger selbst die Kap. IX-XI (18. Jh. bis 1817), 495-625; W. Brügger H. Dorsch - P. F. Kramml (Hgg.), Gesch. v. Berchtesgaden II (bis 1810) Teil 1, 1993. 24 Das Fürststift Kempten und die Reichs­ abteien Ebrach, Elchingen, Irsee, Kaisheim, Ottobeuren, Roggenburg, Söflingen (1810 an Württemberg), St. Ulrich und Afra in Augsburg,

Ursberg,

Waldsassen,

Wangen,

ferner die Reichsstädte Bopflngen, Buchhorn, Dinkelsbühl, Kaufbeuren, Kempten, Leutkirch, Memmingen, Nördlingen, Ravensburg, Ro­ thenburg, Schweinfurt, Wangen, Weißenburg, Windsheim, Ulm mit ihren Territorien, sowie die Freien Leute auf der Leutkircher Heide und die Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld (vgl. § 2 des RDH). Davon wurden Buchhorn, Ra­ vensburg und Ulm 1810 an Württemberg abge­

treten. 25 Das Marquisat Bergen op Zoom und die Herrschaft Ravenstein. Auch einige an­ dere der genannten Fürstentümer, neben Zweibrücken, hatten bis zur Revolution Grundherrschaften in Belgien und im Elsaß besessen. 26 Nach Rudhart Beil. V 12 ff. Zum Ver­ gleich: Preußen erhielt für 48 Quadratmei­ len mit 137000 Einwohnern als Entschädi­ gung 235 Quadratmeilen mit rund 600000 Menschen, Württemberg erhielt mit 29 Quadratmeilen und 120000 Einwohnern das Vierfache, Baden mit 59 Quadratmeilen und

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799—1825)

So war das seit der Mitte des 18. Jahrhunderts in der öffentlichen Diskussion immer wieder aufgetauchte, von Frankreich mit Preußen in Basel, mit Kaiser und Reich in Campoformio und Lunéville vereinbarte Projekt der Säkularisa­ tion (hier in der Bedeutung der Mediatisierung der geistlichen Fürstentümer, also deren Aufteilung unter den weltlichen Mitgliedern des Reiches) Wirklich­ keit geworden.27 Präzedenzfälle gab es bereits seit der Reformation; die Säkula­ risierungen des 16. Jahrhunderts wurden durch den Westfälischen Frieden sanktioniert, in welcher Zeit auch das Wort «Säkularisation» erstmals auftaucht. Seit Campoformio, Rastatt und Lunéville war nicht mehr das Ob, sondern nur noch das Wie der Verteilung dieser Territorien offen. Die geistlichen Fürsten­ tümer hatten zwar große Verdienste um das Reich und die Kultur. Sie waren aber - ebenso wie die kleinen weltlichen Fürstentümer - der Weiterbildung zum modernen Staat kaum fähig. Die meisten von ihnen stellten nur Konglo­ merate verschiedenartiger Herrschaftsrechte dar. Obwohl ihre Bevölkerung in der Neuzeit meist milder behandelt und weniger durch Steuern bedrückt wor­ den war als diejenige weltlicher Staaten, erfolgte die Eingliederung zumindest der Bayern zugeteilten Hochstifte ohne Widerspruch und ohne Kundgebungen der Unzufriedenheit von Seiten der Bewohner. Der Vorgang der Säkularisation (Mediatisierung) der geistlichen Fürstentümer machte die deutschen Bischöfe, die seit den Tagen Ottos des Großen ein ehemals wichtiges, doch nun nicht mehr erforderliches Element der Reichsverfassung dargestellt hatten, nach einer schwierigen Zeit des Übergangs, in der die meisten Bischofsstühle vakant wa­ ren, soweit sie nicht überhaupt erst neu fundiert werden mußten, wieder für ihre eigentlichen religiösen Aufgaben frei. Die Kurie hatte der Aufhebung der geistlichen Fürstentümer — die es, wenn man vom Kirchenstaat absieht, fast al­ lein im Reich gegeben hatte - ohne besonderen Widerstand zugesehen. Die sehr selbständigen, aristokratischen deutschen Bischöfe hatten Rom noch vor kurzem in der Krise des Febronianismus und des Streites um die Münchner Nuntiatur erhebliche Schwierigkeiten bereitet.28 Die Erneuerung des deut­ schen Katholizismus im 19. Jahrhundert wäre kaum möglich gewesen, wenn die Bischöfe Landesfursten geblieben wären. Gleichzeitig wandelte sich die so­ ziale Herkunft der deutschen Bischöfe und Domkapitulare: Sie kamen in Zu­ kunft überwiegend aus dem Bürgertum und aus dem Bauerntum und waren

237000 Einwohnern das Sieben- bis Achtfa­ che seiner Verluste. 17 Zu dem Projekt der Säkularisation geistlicher Fürstentümer und der Mediatisie­ rung von Reichsstädten durch Bayern von 1742/43, das England auf Anregung Fried­ richs II. Karl VII. vorgeschlagen hatte, s. A. Kraus in HB II 529. - Zum Begriff u. zur geistigen Vorbereitung der Säkularisation u.a.: A. Rauscher (Hg.), Säkularisierung u.

Säkularisation vor 1800, 1976; A. Langer (Hg.), Säkularisation u. Säkularisierung im 19. Jh., 1978; Μ. Heckel, Säkularisierung. Staatskirchenrechtl. Aspekte einer umstritte­ nen Kategorie (ZRG KA 97) 1980, 1-163. Ferner oben Anm. 23. Zur Diskussion über die Legalität des RDH: § 3 Anm. 12. 18 Hierzu z.B. Aretin, Hl. Röm. Reich I (vor § 1) 375-452; Ders., Das Alte Reich (vor § 1) III 237-292; Jedin V, Kap. 22.

§ i. Die neue Regierung und ihr innenpolitisches Programm (E. Weis)

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stärker nach Rom orientiert, als es ihre aristokratischen Vorgänger als Reichs­ fürsten gewesen waren. Von diesem außenpolitischen Teil der Säkularisation, nämlich der Mediati­ sierung der Hochstifte und Reichsabteien zugunsten der weltlichen Fürsten, der sog. Herrschaftssäkularisation, ist zu unterscheiden jene andere, ebenfalls als «Säkularisation» bezeichnete Maßnahme: die Aufhebung der nicht reichsunmit­ telbaren Klöster (Mediatklöster und -stifte) in den neuerworbenen wie auch in den alten (angestammten) Gebieten der weltlichen Fürsten. Diese sog. Kir­ chengutssäkularisation war in den Verhandlungen bis Ende 1802 nicht in diesem Umfang und so generell vorgesehen gewesen. Es war das Werk der bayerischen Diplomatie, insbesondere der Gesandten Cetto in Paris und Rechberg in Regensburg beim Reichstag und der Reichsdeputation, die auf Weisung von Montgelas handelten, daß mit Hilfe Frankreichs noch kurz vor der Verabschie­ dung des Reichsdeputationshauptschlusses (25. Februar 1803) in den § 35 dieses Reichsgesetzes eingefugt wurde, daß alle Klöster und Stifte nicht nur in den neuerworbenen, sondern auch in den alten Gebieten der weltlichen Fürsten auf­ gehoben werden konnten, und daß das Eigentum dieser geistlichen Institute den weltlichen Fürsten nicht nur «für Bedürfnisse des Gottesdienstes, des Unterrichts und anderer gemeinnütziger Anstalten» - was bisher schon vorge­ sehen gewesen war —, sondern «zur Erleichterung ihrer Finanzen überlassen» würde.29 Gegenüber der fränkischen Reichsritterschaft beging Bayern, wie bereits seit 1796 Preußen, Übergriffe, gegen die mit Erfolg der Reichshofrat angerufen wurde. Die Rechte der Reichsritter waren ja noch durch die Reichsverfassung geschützt.30 Die übrigen Maßnahmen der bayerischen Verwaltung in den neu­ erworbenen Territorien wurden dagegen mit Umsicht und Besonnenheit durchgefuhrt. Im würzburgischen Gebiet wirkten z.B. während der zunächst nur kurzen bayerischen Herrschaft 1803/05 zwei der fähigsten Persönlichkeiten der bayerischen Verwaltung, fohann Wilhelm Frhr. von Hompesch, der spätere Finanzminister, und Friedrich Graf von Thürheim, nach 1817 Innenminister. Im ehemaligen Hochstift Würzburg wurden jedoch die bayerischen Maßnah­ men unter der vorübergehenden Herrschaft des Habsburgers Großherzog Fer­ dinand, 1805—1814, wieder rückgängig gemacht. Würzburg und damit Unter­ franken konnten erst nach 1814 endgültig in Bayern integriert werden.31 Auch nach den umfangreichen Gebietsveränderungen, die der Reichsdeputa­ tionshauptschluß herbeigefuhrt bzw. sanktioniert hatte, besaß Bayern noch kein geschlossenes Staatsgebiet. Zu ihm gehörte auf der einen Seite noch das Herzogtum Berg am Niederrhein, andererseits wurde sein Staatsgebiet durch­

29 Unten § 3 Abschn. b. 30 Darstellung der Vorgänge bis zur Mediatisierung der Reichsritter: Hofmann, Adelige Herrschaft 211-226.

31 Vgl. Franken in HB III, 1 ferner § 2 Anm. 14.

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A. I. Die Begründung des modemen bayerischen Staates (1799-1825)

brochen von den Reichsstädten Augsburg und Nürnberg, die Bonaparte damals Bayern noch nicht zugestehen wollte, von den Fürstentümern Eichstätt und Regensburg, den preußischen Markgraftümern Ansbach und Bayreuth, den Be­ sitzungen des Deutschordens und des Malteserordens, von den kleineren welt­ lichen Fürstentümern und mehreren hundert reichsritterschaftlichen Herrschaf­ ten in Franken und Schwaben. Schon 1797 hatte Montgelas betont, wie uner­ läßlich die Konzentration und Abrundung des wittelsbachischen Besitzes in Altbayem, Schwaben und Franken sei, um eine moderne Verwaltung nach ein­ heitlichen Grundsätzen schaffen und eine aktive Außenpolitik fuhren zu kön­ nen. Nur eine solche Konzentration des Staatsgebiets gebe «allen unseren Untertanen ein gemeinsames Vaterland und ein einziges Interesse.»32 In der Er­ fassung aller Chancen, welche die dramatischen Wechselfälle der europäischen Politik in den dreizehn Jahren von 1803 bis 1816 zur Verwirklichung dieses Programms boten, ohne daß man dabei auch nur einen Schritt zu schnell und zu voreilig getan hätte, gleichzeitig in der Rettung des Staates in einigen scheinbar fast aussichtslosen Situationen, lag die außenpolitische Leistung dieser Regierung.

§ 2. BAYERN IM NAPOLEONISCHEN KONTINENTALSYSTEM (1805-1813). KAMPF GEGEN NAPOLEON (1813-1815)

a) Das Bündnis mit Frankreich von 1805. Am Münchner Hof wußte man, daß der Leiter der österreichischen Außenpolitik bis 1801, Thugut, zu dem englischen Gesandten Wickham geäußert hatte, nach seiner Überzeugung könnten die beiden Dynastien in der Art, wie sie einander gegenübergestellt seien, nicht fortbestehen.1 Daß München sich in der Einschätzung der österreichischen Ziele nicht täuschte, zeigt z. B. die Rechtfertigungsschrift des 1805 bei Ulm geschlagenen österreichischen Generals Mack von 1806, wonach die Annexion ganz Bayerns Ziel der österreichischen Kriegspartei von 1805 gewesen sei.2 Trotzdem strebten Max Joseph und Montgelas auch nach dem Vertrag mit Frankreich von 1801 keine Anbiederung an das konsularische und seit 1804 das imperiale Frankreich um jeden Preis an. Zwar wies Montgelas im Frühjahr 1804 den britischen Gesandten und Organisator einer europaweiten Verschwö­ rung gegen Bonaparte, Drake, aus Bayern aus, was den Abbruch der diplomati­ schen Beziehungen Englands zu Bayern (bis 1814) zur Folge hatte.3 Anderer32 Weis, Montgelas I 341-345.

1 Montgelas, Denkwürdigkeiten 50. Zu Thugut: K. A. Roider, Baron Thugut and Austria’s Response to the French Revolu­ tion, Princeton 1987.

2 H. K. v. Zwehl, Der Kampf um Bayern 1805, I: Der Abschluß d. bayer.-franz. Alli­ anz, 1937, 76· 3 Montgelas, Denkwürdigkeiten 87 ff.; Dunan io, 289, 688 ff.; B. Μ. Linker, Die diplomat. Beziehungen zw. Bayern u. Eng­ land in d. Jahren 1804-1818, Diss. München 1971, 1-14·

§ 2. Im napoleonischen Kontinentalsystem (E. Weis)

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seits bestärkte er seinen Kurfürsten im Herbst 1804 darin, im Interesse seiner Unabhängigkeit nicht Bonapartes Einladung zum Mainzer Fürstentag und dann zur Kaiserkrönung in Paris zu folgen.4 Je deutlicher sich jedoch seit dem er­ neuten englisch-französischen Bruch von 1803 das Herannahen auch eines neu­ en österreichisch-französischen Krieges abzeichnete, desto eindringlicher stellte Montgelas seinem Kurfürsten vor, daß Bayern im Kriegsfall eine Option für eine der beiden Parteien nicht umgehen könne, da keine von beiden Bayern eine neutrale Haltung erlauben würde. Montgelas riet bereits im Mai 1805 dazu, diese Entscheidung angesichts der österreichischen Haltung gegenüber Bayern für Frankreich zu treffen. Ihm schien nach Abwägung der beiderseiti­ gen militärischen Möglichkeiten nicht zweifelhaft, daß sich in einem künftigen Krieg «der Sieg auf die Seite der Befähigung und des Genies», also Napoleons, neigen werde.5 Frankreich glaubte nach der bisherigen freundlichen Haltung des Kurfürsten, der sich 1799 bei seiner ersten Audienz für den Gesandten Alquier als Franzose bezeichnet hatte,6 nicht, daß nun, nach einer jahrelangen französisch-bayerischen Entente, der Abschluß eines formalen Bündnisses noch auf Schwierigkeiten stoßen könne. Der Kurfürst jedoch war aus Besorgnis wegen des noch immer mächtigen österreichischen Nachbarn, aber auch aus reichspatriotischen Empfindungen und aus Mißtrauen gegenüber Napoleon so­ wie wegen des Einflusses seiner badischen Gemahlin bis zum Vorabend des Krieges von 1805 nicht für eine solche Allianz zu gewinnen. Seine Hoffnung, man könne mit Hilfe Preußens neutral bleiben, wurde durch die Erklärung der preußischen Regierung, Preußen könne außerhalb der norddeutschen Neutrali­ tätszone keinen Einfluß nehmen, zerstört.7 Am 25. August 1805 unterzeichnete Montgelas mit Ermächtigung des Kurfür­ sten den erst im 20. Jahrhundert bekanntgewordenen sogenannten Vertrag von Bogenhausen zwischen Bayern und Frankreich. Der Vertrag wurde bald von Na­ poleon ratifiziert, während der Kurfürst mit der Ratifikation zögerte. Montgelas riet dem Kurfürsten zur Abreise nach Würzburg und eventuell nach Düssel­ dorf, damit er dem Zugriff Österreichs entzogen wäre. Der Kurfürst lehnte je­ doch ab.8 Eine Neutralität Bayerns würde von beiden Großmächten, deren Heere sich auf Bayern zubewegten, unter keinen Umständen geduldet werden, 4 Th. Bitterauf, München u. Versailles 1804. Dokumente über d. Anteil Bayerns am Mainzer Fürstentag (FGB 12) 1904; Dunan 10 ff 5 Montgelas, Denkwürdigkeiten 97. 6 Weis, Montgelas I 437. 7 Über die Vorgeschichte des bayer.franz. Bündnisses von 180$: R. Ledermann, Der Anschluß Bayerns an Frankreich i. Jahr 1805, Diss. München 1901 (Teilabdr. FGB 9, 1901); J. Gmeinwiesbr, Die bayer. Politik 1805, Diss. München 1928; H. K. v. Zwehl (Anm. 2). Zwehls Band fuhrt bis zum

29.9.1805, der zweite Teil sollte den Krieg bis zum Frieden von Preßburg behandeln, erschien aber nicht. Die hierfür gesammel­ ten Aktenauszüge wurden ediert: Die bayer. Politik im Jahre 1805, Urkunden ges. u. aus­ gewertet v. H. K. v. Zwehl, mit einer Ein­ führung von A. Ritthaler, 1964; Dunan 12-19, 392-401. 8 Außer dem Vorgenannten: Montgelas, Denkwürdigkeiten 93-124; Dobberl II 401407. Die genaue Chronologie der verwikkelten Vorgänge in München gibt Zwehl (Anm. 2).

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

so betonten der Gesandte Napoleons in München, Otto, ebenso wie derjenige von Kaiser Franz, Buol, und schließlich der österreichische Feldherr Fürst Schwarzenberg, der am 6. September abends in Schloß Nymphenburg er­ schien, das Schloß umstellen ließ und vom Kurfürsten im Namen seines Kaisers und des Zaren ultimativ die Eingliederung der bayerischen Truppen in die österreichische Armee forderte. Max Joseph war im Gegensatz zu seinen ur­ sprünglichen Intentionen jetzt offenbar bereit nachzugeben, weshalb Montgelas seinen Rücktritt anbot. Es gelang jedoch auf Montgelas’ Rat, die Österreicher durch Scheinverhandlungen hinzuhalten, die bayerischen Truppen in der Oberpfalz zusammenzuziehen — diese Aktion leitete Gravenreuth - und Hof und Regierung nach Würzburg zu flüchten. Als die französischen Truppen dort eintrafen, ratifizierte der Kurfürst am 28. September den Vertrag mit Frank­ reich vom 25. August, während die Österreicher bereits Südbayern besetzt hat­ ten.9 Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt handelten wie Bayern. Die aus den späteren nationalstaatlichen Denkkategorien kleindeutscher Hi­ storiker, vor allem H. von Treitschkes, resultierende Verdammung dieser Poli­ tik der außerhalb der preußischen Neutralitätszone liegenden süddeutschen Staaten wurde von der Geschichtsschreibung schon seit der Wende zum 20. Jahrhundert mehr und mehr als unhistorisch erkannt. Es steht außer Zwei­ fel, daß wie für die anderen süddeutschen Staaten auch für Bayern, das außer­ dem noch von den österreichischen Annexionsplänen bedroht wurde, der Ab­ schluß des Bündnisses mit dem napoleonischen Frankreich einen unvermeid­ lichen Akt staatlicher und dynastischer Selbsterhaltung darstellte. Von Preußen, das selbst bereits die antifranzösische Koalition 1795 verlassen und damit zu Fall gebracht hatte, war kein anderer Rat zu erlangen als der, sich mit Frankreich gut zu stellen. Noch Mitte September 1805 empfahl der preußische Gesandte von Schladen in Würzburg Montgelas mehrfach, ein Bündnis mit Frankreich zu schließen. - Es besteht im übrigen kein Zweifel, daß diese Entscheidung des Kurfürsten und seines Ministers, die damals mit der Meinung der Mehrheit der altbayerischen Bevölkerung in Einklang stand, zugleich eine Entscheidung für

9 Zwehls von der bisherigen Auffassung abweichende These: Montgelas habe in der Krise vollkommen versagt, alle getroffenen Entscheidungen seien das Verdienst des Kur­ fürsten und des energischen Karl Emst Frhr. v. Gravenreuth, das dauernde Schwanken Max Josephs sei in Wirklichkeit nur ein überlegener machiavellistischer Schachzug gewesen, um Zeit zu gewinnen und seine Armee bis zur Ankunft der Franzosen zu retten. Diese These findet m. E. in ihren wesentlichen Punkten nicht einmal in den wichtigen von Zwehl selbst publizierten Dokumenten eine Stütze. Vgl. hierzu auch Dunan 12-19 u. 391-398 sowie Dunans

Rezension der Arbeit von Zwehl in Revue Historique 1940. Wenn auch Montgelas in einigen Momenten krank, untätig oder apa­ thisch schien, so kann doch Zwehl nicht widerlegen, daß er seit Jahren eine klare Li­ nie verfolgt hatte und auch in diesen kriti­ schen Momenten im Gegensatz zum Kurfür­ sten keinen Augenblick von dem als not­ wendig erkannten französischen Bündnis ab­ ging. Auch die Truppenmobilisierung und -konzentration war nicht nur die Idee Gravenreuths, sondern war auch schon von Na­ poleon, seinem Gesandten Otto und (am 30.8.) von Montgelas vorgeschlagen wor­ den.

$ 2. Im napoleonischen Kontinentalsystem (E. Weis)

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die modernere, gerechtere und leistungsfähigere Staats- und Verwaltungsform bedeutete. b) Der Dritte Koalitionskrieg, der Brünner Vertrag und der Friede von Preßburg 1805. Napoleons Armeen, die mit einer bis dahin unbekannten Schnelligkeit und Exaktheit operierten, fugten im Oktober und November der Koalition einen vernichtenden Schlag nach dem anderen zu: Am 17. Oktober 1805 kapitulier­ ten drei österreichische Korps unter General Mack in Ulm, am 24. Oktober zog Napoleon, von der Bevölkerung freundlich begrüßt, in München ein, be­ reits am 13. November waren die Franzosen in Wien. Am 2. Dezember siegte Napoleon in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz; Rußland schied aus dem Krieg aus, Preußen unterzeichnete, statt der Koalition beizutreten, einen Bündnisvertrag mit Frankreich.10 Österreich schloß den Waffenstillstand von Znaim vom 6. Dezember. Die seit 1801 unter persönlicher Leitung des Kurfür­ sten und unter entscheidender Mitwirkung der Generäle Triva, Deroy und Wrede reorganisierte bayerische Armee, die 25000 Mann zu Fuß und 3600 Mann zu Pferd zählte, zeichnete sich in den Feldzügen aus.11 Die Verhandlun­ gen um die grundsätzlich zugesagten Entschädigungen, die von dem ins franzö­ sische Hauptquartier entsandten militärischen Bevollmächtigten K. E. Frhr. von Gravenreuth nach den laufenden Anweisungen von Montgelas geführt wurden, führten in dem französisch-bayerischen Vertrag von Brünn (10. Dezember 1805) zu einem vollen Erfolg für Bayern, wobei Napoleon sich über den Widerstand seines in diesem Fall von Württemberg bestochenen Außenministers Talleyrand hinwegsetzte. Bayern erhielt die Markgrafschaft Burgau, die sieben Herrschaften in Vorarlberg, die Grafschaften Hohenems und Königsegg-Rothenfels, die Herrschaften Tettnang und Argen am Bodensee, die Reichsstädte Augsburg'2 und Lindau, die Reste der Hochstifte Eichstätt und Passau, ferner gegen Abtretung des Herzog­ tums Berg an Frankreich das von Preußen Frankreich zur Verfügung gestellte Markgraftum Ansbach zugesprochen. Österreich mußte im Frieden von Preßburg (26. Dezember 1805)’3 diese Erwerbungen Bayerns anerkennen. Bayern trat an den Großherzog von Toskana, der Salzburg an Österreich abgab, das 1803 er­ worbene ehemalige Hochstift Würzburg ab (zurückerhalten 1814) und bekam dafür von Österreich Tirol und die Fürstentümer Brixen und Trient. Der Tausch Ansbachs gegen Berg konnte erst aufgrund des Vertrages zwischen Napoleon und Preußen zu Schönbrunn vom 14. Dezember 1805 erfolgen.14 10 Über den von Haugwitz für Preußen mit Napoleon abgeschlossenen Vertrag von Schönbrunn vom 14. 12. 1805 und die Ver­ sagung der preußischen Hilfe an Österreich: R. Freiin v. Oer, Der Friede v. Preßburg, 1965, 150-163. 11 Die bayer. Armee war inzwischen kein Söldnerheer mehr, sondern ein Volksheer. S. unten § 3 m und dort Anm. 159.

11 R. Dietrich, Die Integration Augsburgs in d. bayer. Staat (1806-1821), 1993. IJ v. Oer (Anm. 10): Brünner Verträge: 131-140, Preßburg: 184-233, Text des Preß­ burger Friedens: 271-280. 14 Über die zu Bayern gekommenen Ge­ biete (außer Tirol): HB III/i bis III/3. Überblicke: R. Endres, Die Eingliederung Frankens in d. neuen bayer. Staat (Wittels-

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799—1825)

Gleichzeitig wurde dem Kurfürsten von Bayern (wie dem von Württemberg) das Recht auf die Annahme des Königstitels zuerkannt. Die feierliche Proklama­ tion Bayerns zum Königreich erfolgte am 1. Januar 1806. Obwohl diese Ranger­ höhung durch die Umwälzungen der napoleonischen Kriege möglich gemacht worden war, hätte Bayern sie nicht nur von Napoleon erhalten können. Schon vor dem Bündniswechsel von 1805 hatte der deutsche Kaiser seinen Gesandten in München, Graf Buol, ermächtigt, Bayern die Königskrone anzubieten für den Fall eines Anschlusses an die Koalition.15 Wesentlicher als dieser Rang war die Erringung der vollen staatlichen Souveränität, der «plénitude de la souverainité», wie es in Art. 14 des Friedensvertrages von Preßburg heißt. Die volle Souverä­ nität stellte die rechtliche Voraussetzung für die inneren Reformen der folgenden zwölfJahre dar.16 Dem glanzvollen Aufenthalt Napoleons und der Kaiserin Joséphine in Mün­ chen vom 31. Dezember 1805 bis zum 17. Januar 1806 waren Verhandlungen vorausgegangen, die kaum weniger dramatisch waren als diejenigen, die zur bayerisch-französischen Allianz geführt hatten. Als deren Ergebnis entschloß sich Max Joseph schließlich, seine älteste Tochter Auguste dem Stief- und Adoptivsohn Napoleons, Eugène Beauhamais, Vizekönig von Italien, zur Ge­ mahlin zu geben.17 Bereits seit 1804 hatte Napoleon dieses Projekt verfolgt. Er hielt es für unabdingbar für die Legitimität seiner Dynastie, daß diese sich ver­ wandtschaftlich mit alten Dynastien Europas verband. Bayern war die erste, bei der ihm dies gelang.18 Während der vorausgehenden schwierigen Verhandlun­ gen hatte er Bayern jede erdenkliche Förderung versprochen;’9 für den Fall der Ablehnung aber hatte Talleyrand die dringendsten Warnungen ausgesprochen. Der Besuch des Imperators in München markierte den Höhepunkt der Beziehun­ gen zwischen Bayern - Dynastie, Regierung und Volk - und dem napoleoni­ schen Frankreich. Bald begann das Verhältnis allmählich zu erkalten, zunächst langsam, seit 1810 immer stärker. Doch die Völker- und staatsrechtliche Ze­ mentierung dieses Bündnisses stand Anfang 1806 noch bevor.

bach III/1) 83-94; Aufs, gleichen Titels Ders. in: P. Fried (Hg.), Probleme d. Inte­ gration Ostschwabens in d. bayer. Staat, 1982, 93-113; W. Zorn, Die Eingliederung Ostschwabens in den bayer. Staat unter ... Max I. u. Ludwig I., ebd. 79-92; F. Blendinger, Die Mediatisierung d. schwäb. Reichsstädte (Wittelsbacher III/i) 101-113; W. Zorn, Die Eingliederung Augsburgs in das Kgr. Bayern (D. Albrecht u. a., Hgg., Europa im Umbruch, 1750-1850) 1995, 335-351; R. Schuh, Probleme d. bayer. Neuorganisation Frankens (ZBLG 47) 1984, 441-469; s. auch Anm. 12. 15 Montgelas, Denkwürdigkeiten iiof. 16 S. § 2 C.

17 Adalbert Prinz von Bayern, Eugen Beauhamais, 1940; Ders., Max I. Joseph von Bayern, 1957, 505 ff. Zu den politischen Vorgängen: Montgelas, Denkwürdigkeiten 90ff., 125 ff; Dunan 20f., 402-405. 11 Napoleon soll diese Heirat als einen Er­ folg bezeichnet haben, der in seiner Bedeu­ tung dem Sieg von Austerlitz ebenbürtig sei: Dunan 22. In ganz anderer Weise äußerte er sich gegenüber Montgelas: Montgelas, Denkwürdigkeiten 127. 19 «Ich werde aus Bayern einen großen, zwischen Österreich und mir gelegenen Staat machen», hatte Napoleon noch vor Austerlitz versichert: Dunan 21.

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c) Der Beitritt zum Rheinbund 1806. Bayern, Württemberg und Baden waren be­ reits als souverän erklärt worden. Ihr Verhältnis zum Reich blieb gleichwohl unklar. Die Verträge von Brünn mit den drei Staaten sprachen diesen die volle Souveränität zu, ebenso Art. 14 des Preßburger Friedens. Andererseits be­ stimmte der letztere Friedensvertrag, daß ihr bisheriges Verhältnis zum Reich unverändert bleibe (Art. 7). Überdies kam es zu schweren Streitigkeiten bis zu militärischen Zusammenstößen zwischen diesen drei Staaten, als einige von ih­ nen Gebiete besetzt hatten, die anderen zugesprochen worden waren. Vor al­ lem König Friedrich von Württemberg kannte in seinem Landhunger keine Grenzen. Manche Reichsritter und kleinere Fürsten, deren Gebiete im Umkreis Württembergs lagen, versuchten, der rücksichtslosen Herrschaft Friedrichs zu entgehen, indem sie sich schnell der milderen bayerischen Landeshoheit unter­ warfen. Solche Differenzen erschwerten es der französischen Diplomatie, die drei süddeutschen Staaten für das geplante Bündnis zu gewinnen. Der Gedanke eines Bundes der westlichen oder aller deutschen Mittelstaaten mit französi­ scher Unterstützung war nicht neu: Seine bekannteste Realisierung in der Neu­ zeit war der erste Rheinbund von 1658. Zu den deutschen Befürwortern eines neuen Rheinbundes gehörte vor allem der Kurerzkanzler Carl von Dalberg,20 der an eine Wiederbelebung der Reichsverfassung in anderer Form dachte, in der er selbst eine maßgebliche Rolle zu spielen hoffte, dazu gehörten auch die kleinen, noch nicht mediatisierten ehemaligen Reichsstände, die Schutz vor ih­ ren großen Nachbarn suchten, und gehörten die Befürworter der u. a. von Goethe bereits 1778 angeregten Trias-Idee, welche das dritte Deutschland un­ ter Ausschluß der großen Staaten mit außerdeutschen Interessen, nämlich Österreichs, Preußens und Hannovers, zusammenschließen wollten, wie z. B.

20 Zum Rheinbund: R. Graf du Moulin Eckart, München am Vorabend d. Rhein­ bundes (FGB 8) 1902, (ebd. 9) 1903; Th. Bitterauf, Gesch. des Rheinbundes I. Die Gründung d. Rheinbundes u. d. Untergang d. Alten Reiches, München 1905 (nur dies erschienen, behandelt nur die Vorgesch. des Bundes). - Quelle: Der Rheinische Bund. Eine Zeitschr. hist.-polit.-Statist.-geograph. Inhalts, hg. v. P. A. Winkopp, Bde. 1-14, 1806/10. - Forschungen, z. Gesch. des Bun­ des: Μ. Doeberl, Rheinbundverfassung u. bayer. Konstitution (SB München) 1924; Doeberl II 410-418; Dunan 22-33; RWohlfeil, Unters, z. Gesch. des Rheinbun­ des 1806-1813. Das Verhältnis Dalbergs zu Napoleon (ZGO 108) 1961, 85-108; E. Weis, Napoleon u. d. Rheinbund (A. v. Reden-Dohna, Hg., Deutschland u. Italien im Zeitalter Napoleons) 1979, 57—80 (auch abgedr. in E. Weis, Deutschland u. Frank­

reich um 1800, 1990, 186-217); Schuck, Rheinbundpatriotismus (wie Anm. 32). - Zu Dalberg (außer dem bereits Genannten): K. Frhr. v. Beaulieu-Marconnay, Karl v. Dal­ berg u. seine Zeit, 2 Bde., 1879; K. Rob, K. Th. v. Dalberg. Eine polit. Biographie für die Jahre 1744-1806, 1984; K. Μ. Färber, Kaiser u. Erzkanzler. Carl v. Dalberg u. Na­ poleon am Ende des Alten Reiches, 1988; W. Müller, Regensburg, vom Hochstift zum Dalbergschen Fürstentum (Brandmül­ ler III) 67-71; G. Schwaiger, Der Statusbe­ richt d. Erzb. K. Th. v. Dalberg über d. Bist. Regensburg (1816) (Staat, Kultur, Politik. FS Albrecht, hg. v. W. Becker u. a.) 1992, 193-205; K. Hausberger (Hg.), Carl v. Dal­ berg. Der letzte geistl. Reichsfurst, 1994; K. Rob (Bearb.), Regierungsakten d. Primatialstaates u. d. Großherzogtums Frankfurt 1806-1813, 1995. Zur Kirchenpolitik Dal­ bergs s. unten § 3 c.

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799— 162s)

der kurhessische Minister Frhr. von Waitz.21 Bayern und Württemberg dage­ gen standen solchen Plänen reserviert gegenüber. Sie wollten nicht die soeben erlangte Souveränität an einen Bund abgeben, dessen Protektor fähig schien, eine Tyrannei auszuüben, zu der kein deutscher Kaiser in der Lage gewesen war,22 sie zogen vielmehr eine Allianz souveräner Staaten vor. Am 16. Januar 1806 unterzeichneten in Anwesenheit Napoleons in München die Außenmini­ ster Talleyrand und Montgelas einen geheimen Bündnisvertrag zwischen ihren Ländern sowie Württemberg, Baden und dem Königreich Italien, dem sich später die Schweiz noch anschließen sollte. Die drei süddeutschen Staaten stimmten zu, ihre Streitigkeiten vor einer französischen Vermittlungskommis­ sion in Paris auszutragen. Aber König Friedrich von Württemberg, der im De­ zember 1805 als erster nach französischer Vermittlung gerufen hatte, verwei­ gerte die Ratifikation. Hierdurch, und weil Napoleon die Angelegenheit zu­ nächst nicht weiter verfolgte, trat der Vertrag nicht in Kraft. Am 31. Mai 1806 stimmte der Imperator einem neuen Föderationsplan seines Außenministers zu. Die wichtigsten Bestimmungen der neuen, später in einzel­ nen Punkten abgeänderten Rheinbundakte, die am 12. Juli 1806 von den Vertre­ tern 16 deutscher Fürsten unterzeichnet wurde,23 waren ein Offensiv- und De­ fensivbündnis, zu dem Bayern nach späterer Festsetzung 30000 Mann beizutragen hatte. Die Mitglieder garantierten sich gegenseitig ihren Besitz. Protektor des Bundes war der Kaiser der Franzosen und König von Italien. Ein Bundestag in Frankfurt sollte unter Vorsitz des Fürstprimas (Dalberg) tagen, dessen Nach­ folger zu bestimmen sich Napoleon vorbehielt. Die Mitglieder des Rheinbun­ des, die ihre volle Souveränität bewahrten, erhielten endgültig das Recht, die in ihrem Bereich und zwischen ihnen gelegenen kleineren Reichsstände zu me­ diatisieren. Im Gegensatz zu dem Münchner Vertrag vom 16. Januar 1806 wur­ de nun festgesetzt, daß sich die Mitglieder des Bundes vom Reiche loszusagen hätten.24 21 Dunan 23. 22 K. v. Raumer, «Préfecture française». Montgelas u. d. Beurteilung der napoléon. Rheinbundpolitik. Ein Ber. des württ. Ge­ sandten Graf Taube 1806 (Spiegel d. Gesch. Festgabe f. Μ. Braubach) 1964, 635—661. 23 Druck u. a. bei Huber, Dokumente I, 26-32; H. H. Hofmann, Quellen (§ 1 Anm. 23) 374-392. 24 Uber die Vorgänge vor u. nach der Unterzeichnung der Bundesakte u. die Kon­ troverse zwischen Cetto, der sie unterzeich­ net hatte, und Gravenreuth, der dies im letzten Augenblick auf Wunsch des Königs verhindern sollte: Doeberl, Rheinbundver­ fassung (Anm. 20) 3-13; Doeberl II 411415; Dunan 22-34, 405-421; D. Neri, Cet­ to (§ i Anm. 13) 212-253. Charakteristisch

der Satz Cettos in seinem Rechtfertigungs­ bericht (Dunan 32; Doeberl II 413): «Frankreich wird nicht immer die Machtaus­ weitung behaupten können, die es drei Viertel Europas umspannen läßt. Dieser Zu­ stand steht und fällt mit der Aktivität seines gegenwärtigen Führers ... Wenn diese An­ triebskraft eines Tages erlahmen wird, ein Ereignis, das unweigerlich eintreten wird .... dann wird der König von Bayern es nicht zu bedauern haben, sich als Mitglied eines Bündnisses zu sehen, das ihn nicht entbeh­ ren kann und das, geschickt gehandhabt, zum Werkzeug der Größe und der wahrhaf­ ten Unabhängigkeit der bayerischen Monar­ chie werden wird.» Dunan 32, übersetzt von E. W.) Sieht man von der Überbewertung des Bundes ab, die Montgelas nicht teilte, so

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Unter dem Eindruck von Montgelas’ Warnungen vor der drohenden Isolie­ rung Bayerns ratifizierte der König schließlich widerwillig den Vertrag. Der Eintritt in den Rheinbund war unvermeidlich; dessen verfassungsmäßigen Aus­ bau zu einem Bundesstaat durch das vorgesehene Fundamentalstatut wußte Bayern, wie auch Württemberg, in den folgenden Jahren aber zielbewußt zu verhindern. Der Beitritt brachte Bayern die seit 1803 angestrebte Mediatisierung der fränkischen und schwäbischen Reichsritterschaft, ferner die Mediatisierung der restlichen kleineren Fürstentümer.25 Nach der Ratifizierung der Rheinbundakte am 25. Juli 1806 erklärten die Mit­ glieder des Rheinbundes am 1. August ihren Austritt aus dem Reichsverband. Kaiser Franz II., der bereits 1804 den Titel eines Kaisers von Österreich ange­ nommen hatte, zögerte lange, seinen schon im Juli gefaßten Entschluß zur Niederlegung der deutschen Kaiserkrone zu verwirklichen; erst am 6. August vollzog er diesen Schritt nach einem Ultimatum Napoleons.26 So endete die Geschichte des neunhundertjährigen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Niemand wußte, was an dessen Stelle treten würde. Die Regierung König Max I. und seines leitenden Ministers hatte die soeben erworbene Sou­ veränität nun gegenüber einem Imperator zu behaupten, der weit mehr zu furchten war als die deutschen Kaiser. Die andere Leitidee der Montgelasschen Politik, die Einheit, Integrität und Macht des Staates nach innen und seine Er­ neuerung durch Reformen, konnte erst jetzt mit Hilfe der Rheinbundakte voll verwirklicht werden durch die Einverleibung der reichsritterschaftlichen Ge­ biete und der anderen kleineren weltlichen Territorien, die den Staat bisher so­ zusagen durchlöchert hatten, sowie in Altbayem und Neuburg durch die end­

entspricht der erste Teil des Zitats doch der Haltung der bayer. Regierung gegenüber Napoleon. - Im Gegensatz zu den Bedenken der Könige von Bayern und Württemberg befürwortete Montgelas den Beitritt, da er die Machtverhältnisse realistisch einschätzte und fürchtete, sonst werde Frankreich die das bayer, und württemb. Staatsgebiet noch durchbrechenden kleinen Territorien vor der Mediatisierung schützen und aus ihnen eine «préfecture française» machen: v. Rau­ me· (Anm. 22). 25 Nämlich der im bayerischen Bereich liegenden Teile der Fürstentümer Schwarzen­ berg, Hohenlohe, Oettingen, Fugger (diese hat­ ten sich bereits freiwillig der bayer. Herr­ schaft unterworfen), Thum und Taxis, der Grafen von Castell, Pappenheim, Schönborn, Waldbott-Bassenheim (Buxheim bei Mem­ mingen), Sinzendorf (Winterrieden bei Memmingen), Stadion (Thannhausen an der Mindel), Ortenburg und Lobkowitz-Sternstein,

der Reichsstadt Nürnberg mit ihrem großen Territorium, der Deutschordenskomtureien Rohr und Waldstetten, der Grafschaft Edelstetten (Esterhazy) und der Heerstraße von Memmingen nach Lindau einschließlich der Reichsstadt Lindau. Zu diesen Territorien s. HB III. 26 Huber, Dokumente I, Nr. 3 Austritts­ erklärung aus dem Reich, 32f. Nr. 4 Erklä­ rung des franz. Gesandten am Reichstag v. 1.8.1806, 34 f. Nr. 5 Niederlegung der Kai­ serkrone, 6.8.1806, 3J f. Vgl. die Darstel­ lungen, die vor § 1 angegeben sind, ferner: H. Ritter v. Srbik, Das österr. Kaisertum und das Ende des Hl. Röm. Reiches, 1804-1806, 1927; H. Rössler, Napoleons Griff nach der Karlskrone. Das Ende des Al­ ten Reiches 1806, 1957 (überschätzt zweifel­ los dieses Motiv für die Politik Napoleons); K. v. Raumer, Hügels Gutachten z. Frage d. Niederlegung d. dt. Kaiserkrone, 17. 5. 1806 (ZBLG 27) 1963, 390-408.

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A. 1. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

gültige Beseitigung der Landstände, die bisher durch die Reichsgerichte ge­ schützt gewesen waren. d) Die Kriege von 1806/07 un^ 1809. Bayern verhindert die verfassungsmäßige Ausge­ staltung des Rheinbunds. Bereits seit der ersten Hälfte des Jahres 1806 kündigten sich in Bayern, besonders in den nördlichen Provinzen, Zeichen eines begin­ nenden Stimmungsumschwungs gegenüber den Franzosen an. Der Begeisterung über den erfolgreichen Feldzug, über die Befreiung von den Österreichern und die Vergrößerung des Landes folgte eine wachsende Enttäuschung über die unge­ heuren Requisitionen und Kontributionen für die 1806 bis zum Feldzug gegen Preußen in Bayern stehende französische Armee, die Teile der Bevölkerung in Not brachten.27 Napoleon versprach zwar die Bezahlung aller Lieferungen, er­ setzte Bayern jedoch tatsächlich nur einen kleinen Bruchteil; den Rest betrach­ tete er als durch die Gebietszuweisungen abgeglichen. Die Disziplin der fran­ zösischen Truppen im Lande war im allgemeinen gut, was besonders das Ver­ dienst des Marschalls Berthier war.28 Das Nachlassen der Sympathien für Frankreich vollzog sich trotz der Belastungen nur allmählich. Der entscheiden­ de Wendepunkt ist erst um 1810 anzusetzen. Schriften wie die von dem Nürn­ berger Buchhändler Johann Philipp Palm verlegte «Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung», deren Autor niemals bekannt geworden ist, und die besonders unter dem Eindruck der Niederlegung der Kaiserkrone entstanden war, drück­ ten damals noch nicht die allgemeine Volksstimmung aus.29 Als Preußen am 8. Oktober 1806 nach zehn Jahren einer meist schwächlichen und schwankenden Neutralitätspolitik an Frankreich den Krieg erklärte, mußte ein bayerisches Kontingent daran teilnehmen. Die früher stets guten Beziehun­ gen zu Preußen waren seit 1803 durch Differenzen wegen Ansbach und Bay­ reuth, ferner durch die Angliederung des von Preußen Napoleon 1805 zur Verfügung gestellten Ansbach an Bayern getrübt worden.30 Ein preußischer

27 K. Uebe, Der Stimmungsumschwung in der bayer. Armee gegenüber den Franzosen 1806-1812, 1939 (vgl. dazu Dunan 423 und Rezension in Revue Historique 1940); L. Scheibeck, Die deutschnationale Bewegung in Altbayem 1806—1813, 1914; R· S1LBERschmidt, Bayer. Flugschriften, Diss. Masch. München 1923; U. Thürauf, Gesch. d. öffentl. Meinung in Ansbach-Bayreuth 17891815, Diss. München 1918; A. Ernstberger, Eine dt. Untergrundbewegung gegen Napo­ leon 1806/07, 1955; Dunan 35-48 u. 422-437. Vgl. die dort S. 43 zitierte Kritik der Gräfin Montgelas an den Franzosen. Dazu E. Weis, Bayern u. Frankreich in d. Zeit d. Konsulats u. d. Ersten Empire (HZ 237) 1983, 559-595. hier 585 f. 28 Über Berthier u. a. Dunan und Ders.

(Hg.), Nouveaux documents sur l’Allemagne napoléonienne. Lettres du Roi de Bavière au Maréchal Berthier, 1806—1813 (Revue Hi­ storique 1939, auch als Sonderdruck) Paris 1939. Berthier, der 1815 in der Bamberger Residenz starb, war ein Schwiegersohn Her­ zog Wilhelms in Bayern. 29 Die bayer. Regierung versuchte Palm zu retten, obwohl sich die Schrift auch gegen sie gerichtet hatte. Montgelas hatte Palm rechtzeitig vor seiner Verhaftung warnen lassen und ließ während dessen Haft in Braunau für ihn intervenieren. Es gelang nur, den ebenfalls zum Tode verurteilten Bayern Schoderer zu retten, Dunan 42-48, 434fr.; W. Andreas, J. Ph. Palm (ZBLG 21) 1958, 18-68. 30 Montgelas, Denkwürdigkeiten 143-154.

$ 2. Im napoleonischen Kontinentalsystem (E. Weis)

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Sieg hätte ohne Zweifel den bayerischen Interessen in Franken schweren Scha­ den zugefugt. Dennoch bemühte sich der bayerische Gesandte in Berlin, de Bray, vor Ausbruch des Krieges um eine Vermittlung. Auch nach der Beset­ zung Berlins durch die Franzosen setzte er sich dank seiner Beziehungen zu Napoleon, Talleyrand und den französischen Generälen mit Erfolg für eine Verminderung der drückenden Lasten Berlins und der umliegenden Gebiete ein.31 Die beiden bayerischen Divisionen Wrede und Deroy nahmen nicht an der Schlacht von Jena und Auerstädt teil, sondern operierten in Franken, Sach­ sen, Schwedisch-Pommern und Schlesien, wo sie die Festungen Glogau und Breslau einnahmen. Später zeichnete sich die Division Wrede, die unter dem Beistand dieses Generals Kronprinz Ludwig kommandierte, bei den Kämpfen gegen die Russen, besonders bei Pultusk (4. Mai 1807) aus. Nach dem Frieden von Tilsit (9. Juli 1807) befand sich Napoleon auf der Höhe seiner Macht. Er konnte nun der Frage des verfassungsmäßigen Ausbaus des Rheinbundes seine Aufmerksamkeit widmen. Es war dem Widerstand Bayerns und Württembergs zuzuschreiben, daß Napoleon dem Rheinbund keine neue, die Souveränität der Mitglieder einschränkende Verfassung, entsprechend den Entwürfen des französischen Außenministeriums oder Dalbergs, gegeben hat.32 Napoleon ging nicht auf die drei Entwürfe Dalbergs für eine Rheinbundverfas­ sung von 1806 und 1807 ein, die ihm zu unrealistisch erschienen, ihn, Napole­ on, zum Oberhaupt eines wiederbelebten Deutschen Reiches gemacht und die Interessen der größeren Rheinbundstaaten ignoriert hätten. In seiner Unterre­ dung mit Montgelas in Mailand im November 1807 forderte der Imperator von Bayern einen Entwurf für die Verfassung (Fundamentalstatut) des Rheinbundes,

31 Franz Gabriel Chevalier (später Graf) de Bray (1765—1832), franz. Emigrant, war ne­

ben Cetto (vgl. Anm. 24), Rechberg (vgl. Klemmer, § 4) und bis 1807 Gravenreuth der wichtigste bayer. Diplomat der napoleon. Zeit: Aus dem Leben eines Diplomaten alter Schule. Aufzeichnungen und Denk­ würdigkeiten des Grafen F. G. de Bray, 1901. Dort 199-262 über seine Rolle in Ber­ lin 1806/07. 32 Lit. zum Rheinbund oben Anm. 20, 22 und 24. Zur Rolle Württembergs: E. Hölzle, Württemberg im Zeitalter Napoleons u. der dt. Erhebung, 1937, 19-33; P- Sauer, Der schwäb. Zar. Friedrich, Württembergs erster König, 1984; Ders., Napoleons Adler über Württemberg, Baden u. Hohenzollem. Südwestdeutschland in d. Rheinbundzeit, 1987; Baden u. Württemberg im Zeitalter Napoleons, Ausstellung d. Landes BadenWürtt., Bd. II, Aufsätze, 1987; HB d. Baden-Württ. Geschichte, hg. v. H. Schwarzmaier, Bd. III (1806-1918), 1992. - Zu be-

nachbarten Rheinbundstaaten: K. Obser (Hg.), Polit. Korrespondenz Karl Friedrichs von Baden 1783-1806, 6 Bde., 1893/1915, hier Bd. IV-VI; Μ. Wierichs, Napoleon u. das «Dritte Deutschland» 1805/06. Die Ent­ stehung d. Großherzogtümer Baden, Berg u. Hessen, 1978; A. Schulz, Herrschaft durch Verwaltung. Die Rheinbundreformen in Hes­ sen-Darmstadt unter Napoleon (1803-1815), 1991; E. Treichel, Der Primat d. Bürokra­ tie. Bürokrat. Staat u. bürokrat. Elite im Her­ zogtum Nassau 1806-1866, 1991; G. Schuck, Rheinbundpatriotismus u. polit. Öffentlich­ keit zw. Aufklärung u. Frühliberalismus. Kontinuitätsdenken u. Diskontinuitätserfah­ rung in d. Staatsrechts- u. Verfassungsdebat­ ten der Rheinbundpublizistik, 1994. Ferner die von K. Rob bearbeiteten Editionen: Re­ gierungsakten des Großherzogtums Berg 1806-1813, 1992; Regierungsakten des Kö­ nigreichs Westphalen 1807-1813, 1992; Re­ gierungsakten des Primatialstaats u. des Großherzogtums Frankfurt, 1995.



A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799—1823)

den Montgelas alsbald lieferte. Darin wurden den Einzelstaaten so viele Souve­ ränitätsrechte und dem Bund so geringe Kompetenzen, wie mit dem Bundes­ gedanken überhaupt vereinbar, zugewiesen, so daß ein solches Statut für Frankreich fast mehr Nachteile als Vorteile gegenüber dem herrschenden Ver­ tragszustand geboten hätte.33 Napoleon strebte bis mindestens Februar 1808 an, den Rheinbund zu einem zentralistischen Bundesstaat unter seiner Leitung um­ zugestalten und somit fest in sein Imperium einzubauen. Sein neuer Außenmi­ nister Champagny legte dem Imperator im Februar 1808 zwei Entwürfe für das Fundamentalstatut vor, welche die neuerworbene Souveränität der Rheinbund­ staaten vollständig zunichte gemacht hätten.34 Napoleon sah, wie tief die Kluft zwischen seinen bzw. seiner Mitarbeiter Zielen und den Forderungen der gro­ ßen Rheinbundstaaten war. Da er vor dem Eingreifen in Spanien stand und auch ein neuer Krieg mit Österreich immer wahrscheinlicher wurde, zog er die Waffenhilfe seiner süddeutschen Verbündeten, also den gegenwärtigen Zu­ stand, der Erzwingung einer diesen Staaten verhaßten Rheinbundverfassung zu­ mindest für den Augenblick vor. Die Kriege sollten ihm nie mehr Zeit lassen, auf seinen ursprünglichen Plan zurückzukommen. Schon vor der Mailänder Besprechung mit Napoleon im November 1807 hatte Montgelas in einer denkwürdigen Sitzung der Geheimen Staatskonferenz am 8. Juni 1807 sich vom König den Auftrag zur Ausarbeitung einer Verfassung (Landes-Repräsentation) geben lassen. In der Mailänder Unterredung mit Na­ poleon hatte dieser auch eine stärkere Angleichung der inneren Verhältnisse, des Zivilrechts35 und der Institutionen der Rheinbundstaaten an die Frankreichs verlangt. Diese Besprechung beschleunigte die seit 5 Monaten beschlossene Ausarbeitung einer bayerischen Konstitution, die dem Land eine einheitliche Or­ ganisation geben und eigene wichtige Programmpunkte des Ministers zur Her­ stellung der Gleichheit der Rechte und Pflichten aller Staatsbürger, der Siche­ rung der Person und des Eigentums, der Toleranz, der Unabhängigkeit der Richter usw. verwirklichen sollte. Man wollte damit auch Versuchen zuvor­ kommen, solche Reformen zu Gegenständen einer etwaigen Bundesverfassung zu machen. Der Eile wegen nahm Montgelas die Konstitution des Königreichs Westfalen zum Vorbild, jedoch mit erheblichen, die viel größere Unabhängig­ keit Bayerns von Frankreich dokumentierenden Abweichungen.36 33 Gedruckt bei Dobberl, Rheinbundver­ fassung (Anm. 20) 80-88. Wichtig Mont­ gelas’ Erläuterungen für den König ebd. 65 ff., für die Geheime Staatskonferenz ebd. 73 ff 34 Weis, Napoleon u. der Rheinbund (Anm. 20). 35 Zur Frage der Übernahme des Code Napoleon s. unten § 3 g. 36 S. unten § 3 f. - Bereits lange vor der Mailänder Zusammenkunft, als es noch kein Königreich Westfalen gab, hatte Zentner

den Erlaß einer Landeskonstitution beantragt (Doeberl, Rheinbundverfassung 34f., 44 f., Anm. 20). Auch Montgelas trug sich schon lange mit solchen Gedanken: Zimmermann, Bayer. Verfässungsgesch. I 117. Man wünschte sie als Ersatz der landständischen Verfassung und zur Vereinheitlichung des Landes. Die Überlegung, einer Einmischung Frankreichs zuvorzukommen, hatte auch schon damals eine Rolle gespielt. Über die entscheidende Sitzung der Geh. Staatskonfe­ renz vom 8. Juni 1807, in der sich Montge-

§ 2. Im napoleonischen Kontinentalsystem (E. Weis)

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Um die Schaffung einer Bundespost durch Napoleon zu durchkreuzen, nahm Bayern auf Montgelas’ Antrag im Februar 1808 die Post aus der Verwaltung des Hauses Thurn und Taxis in eigene Regie, nachdem es schon vorher, Ende 1805, aufgrund seiner neu erlangten Souveränität das Postregal fur sich eingezo­ gen hatte.37 Wer die Verwaltung der Post in der Hand hatte, der hatte nach den Gepflogenheiten der Zeit auch die Möglichkeit, Briefe insgeheim öffnen und kopieren zu lassen, um sie dann wieder kunstgerecht zu verschließen. Die bayerische Verwaltung beherrschte diese Technik bald ebensogut wie die öster­ reichische, die früher die Thum und Taxissche Post kontrolliert hatte, und wie jetzt die napoleonische. Auch auf dem Erfurter Fürstenkongreß am 13. Oktober 1808, an dem König Max I. und sein leitender Minister teilnahmen, brachte Napoleon gegenüber Montgelas nochmals seine Wünsche nach Einführung eines Zivilgesetzbuches nach dem Vorbild des Code Napoléon, nach Angleichung der Staatseinrichtungeh und nach einer Verfassung des Rheinbundes zur Sprache, ohne daß Bayern (und Württemberg) seinen Wünschen entsprochen hätte. Das Verhältnis zum österreichischen Nachbarn blieb in dieser ganzen Zeit ge­ spannt. In Österreich führte im Zusammenwirken mit den Erzherzogen Karl und Johann der Staatskanzler Philipp Graf Stadion gewisse Reformen durch, de­ ren wichtigste die Errichtung einer Landwehr, eine Bewaffnung des Volkes, war. Während Österreich sich an die Spitze der nationalen, antinapoleonischen Strömungen in Deutschland setzte, sandte es einen seiner besten Köpfe, Fried­ rich Graf Stadion, den älteren Bruder und einflußreichen Berater des Staats­ kanzlers, als Gesandten nach München.3’ Hier wurde der Würzburger Dom­ herr zum Mittelpunkt detjenigen Kreise, die Napoleon, dem Rheinbund, der bayerischen Regierung und ihren Reformen feindlich gegenüberstanden. Er wurde darüber hinaus zu einem Förderer, ja Idol der romantischen Bewegung in München und Landshut und in ganz Deutschland. Gleichzeitig lenkte er von München aus ein Spionagenetz gegen Frankreich und dessen Verbündete und suchte die Bayern für die Sache Österreichs zu gewinnen. In Stadion fand Montgelas, der früher mit ihm befreundet gewesen war — auch Stadion war

las vom König den Auftrag zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung erteilen ließ: E. Weis, Landschaft, Landschaftsverordnung u. Landtag in Bayern. Zur Frage ihrer Konti­ nuität (Ziegler, Landtag 151—163, hier IJlf.) 37 Doeberl, Rheinbundverfassung (Anm. 20) 32 f.; A. Heut, Die Übernahme d. Taxis’sehen Reichsposten in Bayern durch den Staat, Diss. München 192$; W. Behrin­ ger, Thum und Taxis. Die Gesch. ihrer Post u. ihrer Unternehmen, 1990, bes. Kap. II u. III. 38 H. Rössler, Österreichs Kampf um

Deutschlands Befreiung. Die dt. Politik der nationalen Führer Österreichs 1805-1815, 2 Bde., 19472; Ders., GrafJ. Ph. Stadion, Na­ poleons dt. Gegenspieler, 2 Bde., 1966; Μ. Botzenhart, Metternichs Pariser Botschaf­ terzeit, 1967; E. Weis, München-Wien u. München-Paris. Zur Charakterisierung der österr. u. der französ. Gesandtenberichte aus München 1799-1813 (FS D. Albrecht, Anm. 20) 207-217. - Quelle: E. v. Wertheimer (Hg.), Berichte d. Grafen Friedr. Lothar Sta­ dion über d. Beziehungen zw. Oesteneich u. Bayern (1807-1809) (AÖG 63) 1882, 147-238.

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

einst Aufklärer und Illuminat gewesen —, seinen schärfsten und geistig bedeu­ tendsten Kritiker. Mit dem Kronprinzen Ludwig, dessen frankreichfeindliche Einstellung seit 1804 in Wien wohlbekannt war, verband Friedrich Stadion Freundschaft.39 Die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern blieben während der zwei Jahre von Stadions Tätigkeit in München stets gespannt, was sich besonders bei Grenz- und Wirtschaftsverhandlungen äußerte. Die Brüder Stadion arbeiteten planmäßig auf einen Krieg gegen Frankreich und seine Verbündeten hin; sie sahen ihn als deutschen Befreiungskrieg. Eine dramatische Situation ähnlich denen von 1799 und 1805 bahnte sich an, nur konnte die Stellung Bayerns jetzt keinem Zweifel mehr unterliegen. Es ging wieder um seine staatliche Existenz. Im Gegensatz zu 1805 standen französische Truppen, wenn auch wenige, im Lande. Den Hauptstoß des Gegners hatte zunächst die bayerische Armee mit ihren 40 000 Mann abzufangen. Als Österreich am 9. April 1809 den Krieg mit der Überschreitung des Inn be­ gann, blieb die von Wien erhoffte Erhebung Norddeutschlands aus, auch in den neubayerischen Provinzen, abgesehen von Tirol, blieben die österreichi­ schen Aufrufe zu gemeinsamem Vorgehen wirkungslos. Die bayerischen Trup­ pen hielten unter Deroy am 16. April bei Landshut einer sechs- bis siebenfachen österreichischen Übermacht stand. In Eilmärschen eilte Napoleon heran, unter Mitwirkung bayerischer und württembergischer Truppen schlug er den Gegner bei Abensberg (20. April) und Eggmühl (22. April). Selbst Kronprinz Ludwig, der 1807 unvorsichtigerweise in Briefen Napoleon als politischen Satan bezeichnet hatte, geriet als Zeuge noch ein letztes Mal in den Zauberbann des genialen Feldherm, als vor der Schlacht bei Abensberg Napoleon eine mitreißende An­ sprache an die bayerischen Soldaten hielt und er Franzosen und Bayern in den beiden folgenden Schlachten gemeinsam zu glänzenden Siegen führte.40 Für die französische Armee lag, nachdem noch Regensburg genommen worden war, wobei die Stadt schwer beschädigt wurde, der Weg nach Wien offen. e) Der Tiroler Aufstand. In Tirol und etwas später in Vorarlberg war beim Ein­ marsch österreichischer Truppen am 9. April der Aufstand gegen die bayerische Herrschaft ausgebrochen.41 Während sich die neuen Gebiete Bayerns in Fran­ ken und Schwaben ohne größere Schwierigkeiten in den bayerischen Staatsver­ band eingelebt und an die weitgehenden Reformen gewöhnt, ja diese sogar teilweise begrüßt hatten, war die bayerische Verwaltung bei der Aufgabe, die 39 Gollwitzer, Ludwig I., bes. 140 f.; E. Weis, Die polit. u. hist. Auffassungen Lud­ wigs I. («Vorwärts, vorwärts») 11-28, bes. 19· 40 Μ. Spindler in HB IV/i, (1. Aufl.) 96. 41 Für die Ereignisse grundlegend noch: J. Hirn, Tirols Erhebung im Jahr 1809, 19092; F. Hirn, Gesch. Tirols v. 1809-1814, 1913;

H. v. VoLTELiNi, Forsch, z. Gesch. d. Tiro­ ler Aufsundes 1809, 1909; H. Kramer, A. Hofer, Brixen 197410; Ders., P. Joachim Haspinger, 1938; H. Hochenbgg, Bibliogra­ phie z. Gesch. d. Tiroler Freiheitskampfes v. 1809, i960; J. Ribdmann, Geschichte Tirols, 1983·

§ 2. Im napoleonischen Kontinentalsystem (E. Weis)

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Tiroler zu gewinnen, vollkommen gescheitert. Das lag einmal am Freiheits­ willen der Tiroler, die sich wohl gegen jede Fremdherrschaft, ganz gleich wer sie ausgeübt hätte, zur Wehr gesetzt hätten. Das lag ferner an der intensiven Propaganda, die Agenten Wiens hier ausübten. Es lag weiter an schweren Miß­ griffen der bayerischen Verwaltung: Versetzung der fanatischsten Aufklärer und zum Teil Säkularisationsbeamten, die man jetzt in Bayern loswerden wollte, als Landrichter nach Tirol,42 Verletzung der religiösen Gefühle durch eine klein­ lich-bürokratische Kirchenpolizei, sofortige Klosteraufhebung, die hier auf noch stärkere Ablehnung stieß als in Bayern, Abschaffung der landständischen Verfassung, in der in Tirol die Bauern als eigener Stand vertreten waren, Auf­ teilung des Landes in drei unorganisch gebildete Kreise, nachdem bereits Vor­ arlberg administrativ abgetrennt worden war. Dazu kamen Härten und Taktlo­ sigkeiten der unteren Beamten. Andere, von den Tirolern im täglichen Leben noch schwerer empfundene Maßnahmen hätten sich angesichts der angespannten Lage und des Gleichheits­ grundsatzes kaum vermeiden, höchstens vielleicht abmildern lassen: Die Wie­ ner Zentralregierung hatte aus Tirol kaum etwas herausgezogen, sondern ihm sogar bestimmte, dem Kaiser zustehende Einnahmen, z. B. aus den Salinen, teilweise überlassen. Bayern dagegen ordnete das Finanzwesen grundlegend neu, erhöhte die Steuern, erhob neue Abgaben zum Unterhalt der im Lande stehenden Truppen und beanspruchte die gesamten Salineneinkünfte, setzte das österreichische Papiergeld außer Kurs, entzog den Bauern durch die staatliche Verwaltung des Stiftungsvermögens eine beliebte Kreditquelle. Das französi­ sche Schutzzollsystem schädigte den Transithandel, die Kontinentalsperre die gewerblichen Betriebe. Die Durchzüge französischer und italienischer Truppen von Italien nach Deutschland und umgekehrt im Zusammenhang mit den Kriegen bewegten sich zwangsläufig stets durch die gleichen Täler, die fast die einzige landwirtschaftlich nutzbare Fläche Tirols darstellten. Dadurch wurden dieselben Dörfer immer wieder durch Requisitionen, Einquartierung und Kon­ tributionen belastet. Besonders unbeliebt waren schließlich die Konskriptionen des Jahres 1809, die am offenen Widerstand der Bevölkerung teilweise scheiter­ ten. Die Tiroler waren früher nur für die Verteidigung ihrer Provinz mit Hilfe 42 R. v. Granichstaedten-Czerva, Die bayer. Landrichter in Tirol (1806-1814), 1962; J. Ladurner, Die bayer. Illuminaten u. d. Clerus im Burggrafenamte u. Vintschgau 1806-1809, 1898; F. Dörrer, Die bayer. Verwaltungssprengel in Tirol 1806-1814, (Tiroler Heimat 22) 1959, 83-132: A. Bund­ mann, Die Entwicklung d. polit. Verwaltung in Tirol u. Vorarlberg seit Maria Theresia bis 1918, 1961; W. Volkert, Thomas v. Bassus (VHOR 101) 1961, 121-145. Zu Tirol auch Doeberl II 438-442; Dunan 248-272, 646-671. - D. Stutzer, A. Hofer u. die

Bayern in Tirol, mit einem militärhist. Beitr. v. H. Hanko, 1983; Μ. Blaas, Die «Prie­ sterverfolgung» der bayer. Behörden in Tirol 1806-1809, 1986. Für die bayer. Verwaltung in Tirol jetzt grundlegend: Μ. Hamm, Die bayer. Integrationspolitik in Tirol 18061814, 1996. - E. Weis, Montgelas u. Tirol (1806-1814), (Veröffentl. des Tiroler Lan­ desmuseums Ferdinandeum 78) 1998, 209228; R. Stäuber, Der Zentralstaat an seinen Grenzen. Administrative Integration, Herr­ schaftswechsel und politische Kultur im süd­ lichen Alpenraum 1750-1820, 2001.

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-11)25)

einer Miliz verantwortlich; sie mußten sich aber nicht für die kaiserliche Ar­ mee rekrutieren lassen. Am allerwenigsten hatten sie Lust, dies für Bayern und gegen Österreich zu tun. Die Unzufriedenheit wurde verstärkt durch die wohl­ organisierte österreichische Propaganda, die durch englisches Geld unterstützt wurde. Auch schon der österreichische Absolutismus, vor allem unter Joseph II., hat­ te bis 1790 mehrfach zurückweichen müssen vor dem Widerstand der Tiroler gegen aufklärerische kirchenpolizeiliche Maßnahmen, gegen militärische Kon­ skriptionen, also Einziehungen zur kaierlichen Armee, höhere Besteuerung, Entmachtung der Stände. Das waren die Punkte, an denen sich auch später der Konflikt mit dem bayerischen Staat entzündete. Hinsichtlich der bayerischen Herrschaft wird heute in der Forschung anerkannt, daß Bayern neben ungeeig­ neten auch fähige Beamte nach Tirol gesandt hat, daß die städtische Bevölke­ rung Tirols und auch die italienisch sprechenden Volksteile im Trentino und bis nach Rovereto und zum Gardasee sich kaum an dem Aufstand beteiligten, sogar bayemfreundlich waren, daß ein Teil der bayerischen Maßnahmen auf längere Sicht dem Lande zugute kam und daß bei anderen, wie der Beseitigung der Stände und der kommunalen Selbstverwaltung, die bayerische Regierung im Interesse der Vereinheitlichung der verschiedenen Teile des Gesamtstaates kaum anders handeln konnte, wenngleich es den bayerischen Organen an Sen­ sibilität fehlte und sie im Gegensatz zu den habsburgischen keinerlei Erfahrun­ gen im Umgang mit anderen Völkern hatten. Schließlich ist bemerkenswert, daß Österreich nach der Rückgewinnung keineswegs die Mehrzahl der bayeri­ schen Reformen rückgängig machte, daß es nicht etwa die Selbstverwaltung und die alten Freiheiten wiederherstellte, sondern die zentralistischen Maßnah­ men Bayerns in Kraft ließ.43 Sie entsprachen voll dem Trend der österreichi­ schen Politik. Der Aufstand stellte Franzosen und Bayern vor ihnen bisher unbekannte Auf­ gaben und Schwierigkeiten. Entsprechend der napoleonischen Strategie waren fast alle Truppen zur Hauptmacht des Kaisers gezogen worden. In Tirol befan­ den sich nur einige schwache Garnisonen. So gelang es den Bauern im ersten Angriff, in wenigen Tagen (bis zum 13. April) ganz Tirol außer Kufstein von Franzosen und Bayern zu befreien und mehr als 6000 Gefangene zu machen. Bis zum 13. Mai hatten die bayerischen Divisionen Wrede und Deroy unter dem Oberbefehl von Marschall Lefebvre Innsbruck wieder besetzt. Der Kampf wurde von beiden Seiten mit großer Erbitterung und unter Ausschreitungen geführt. Lefebvre hielt das Land für befriedet und zog das Gros seiner Truppen ab. Am 25. Mai griffen die Tiroler, die bereits vom österreichischen Sieg bei Aspern wußten, unter Andreas Hofer in der zweiten Schlacht am Berg Isel wieder an, am 29. Mai siegten sie in der dritten Schlacht am Berg Isel. Das zu­ rückgebliebene bayerische Kontingent mußte sich bis Kufstein zurückziehen. 43 Zu diesen Fragen Hamm (Anm. 42).

§ 2. Im napoleonischen Kontinentalsystem (E. Weis)

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Die Tiroler und Vorarlberger drangen in kleinen Trupps nach Oberbayern bis Wolfratshausen sowie nach Bayerisch-Schwaben vor und besetzten zeitweise Kempten und Kaufbeuren, wichen aber vor einer rasch zusammengefaßten Mi­ liz wieder zurück. Nach dem Waffenstillstand von Znaitn (12. Juli) setzte Na­ poleon 40000 Mann Rheinbundtruppen von drei Seiten aus gegen Tirol in Marsch. Die Tiroler glaubten nicht an den Waffenstillstand und daran, daß Kaiser Franz sie im Stiche lassen könnte. Im August griffen sie das Korps Le­ febvre an und zwangen es in der vierten Schlacht am Berg Isel (13. August) so­ wie durch Vernichtung anderer Abteilungen zum Rückzug, ebenso die beiden übrigen Heeresgruppen. Von Mitte August bis Oktober beherrschte Andreas Hofer ganz Tirol. Der Sieg der Tiroler Bauernmiliz über die modernsten und bisher praktisch unbesiegten Armeen Europas wurde zu einem Fanal für die Welt. Er hatte auch Einfluß auf den Volkskrieg der Spanier gegen die Franzo­ sen, der allerdings auf beiden Seiten viel grausamer geführt wurde.44 Erst nach dem Frieden von Schönbrunn wurde Hofers Regierung durch die drei bayeri­ schen Divisionen unter dem Befehl des französischen Generals Drouet d’Erlon sowie durch französische und italienische Truppen beseitigt. Wredes Sieg in der fünften Schlacht am Berg Isel am 1. November beendete im wesentlichen den Aufstand. Besonders Kronprinz Ludwig und sein Schwager, der Vizekönig von Italien, Eugen Beauharnais, trugen in der Folgezeit durch Milde zur Befriedung des Landes bei, so wie Ludwig auch vorher stets versucht hatte, zwischen Ho­ fer und den Rheinbundtruppen zu vermitteln.45 Während des Feldzuges in Tirol kam es zu den ersten Zerwürfnissen zwi­ schen französischen und bayerischen Heerführern. Die Bayern, vor allem Kronprinz Ludwig, widersetzten sich dem von Napoleon geforderten brutalen Vorgehen gegen die Tiroler Bevölkerung. Andererseits gaben die Franzosen der bayerischen Verwaltung weitgehend die Schuld am Tiroler Aufstand. Es kam aus diesen Gründen und wegen der schlechten Behandlung und Be­ schimpfung der bayerischen Truppen durch den wenig fähigen französischen Oberkommandierenden Marschall Lefebvre zu heftigen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf zunächst Lefebvre und dann Napoleon selbst die Drohung aussprachen, den Kronprinzen von Bayern füsilieren zu lassen. Ludwig wurde nach diesen Erfahrungen endgültig zum Zentrum der Feinde Napoleons und Frankreichs in Bayern. 1810 wurde Ludwig zum Statthalter und Truppenkom-

44 Zu den geistigen Wechselwirkungen: R. Wohlfeil, Spanien u. die dt. Erhebung 1804-1814, 1965. 45 Auch Ludwig und Eugen konnten Ho­ fers Schicksal nicht verhindern. Hofer floh, nachdem er unter dem Druck der Extremi­ sten in seinem Lager einen neuen sinnlosen und vergeblichen Aufstandsversuch unter­ nommen hatte, obwohl er sich bereits zuvor auf Anweisung Erzherzog Johanns unter­

worfen hatte. Er wurde verraten und am 20. 2. 1810 zu Mantua auf Befehl Napoleons erschossen, weil er nach dem Waffenstill­ stand und der Amnestie nochmals die Waf­ fen erhoben hatte. Kaiser Franz verwandte sich viel zu spät für ihn, obwohl er als kom­ mender Schwiegervater wahrscheinlich bei Napoleon Erfolg gehabt hätte (vgl. Dunan 268, 670).

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A. I. Die Begründung des modemen bayerischen Staates (1799—1825)

mandanten in Salzburg und Tirol mit Residenzen in Salzburg und Innsbruck ernannt. Es gelang ihm, in Salzburg Sympathien für Bayern zu erwerben und auch in Tirol ein besseres Klima zu schaffen. Der König und Montgelas ver­ folgten damit den Nebenzweck, den unbequemen Kronprinzen von München femzuhalten. Ab 1813 nahm er jedoch einen stärkeren Einfluß auf die bayeri­ sche Politik.46 f) Der Friede von Schönbrunn 1809 und seine Auswirkungen. Da der Friede von Schönbrunn (14. Oktober 1809) nur die Abtretung österreichischer Gebiete (darunter Salzburgs, Berchtesgadens, des Inn- und eines Teils des Hausruck­ viertels) an Frankreich festsetzte, blieb die Zuteilung dieser Provinzen und die Entschädigung Bayerns und der anderen Rheinbundstaaten Verhandlungen Vor­ behalten, die im Winter 1809/10 in Paris stattfanden. Wie die Könige von Sachsen und Württemberg, so weilten auch Max I. mit der Königin und später Montgelas zu diesem Zweck in der französischen Hauptstadt. Ein Länderscha­ cher fast wie 1802 und 1806 begann. Wenn Bayern auch nicht alles erreichen konnte, was es sich erhofft hatte, so erhielt es doch — dank der zielbewußten Politik von Montgelas - durch den Pariser Vertrag vom 28. Februar 1810 Salzburg und Berchtesgaden, das Innviertel und Teile des Hausruckviertels (Salzkammergut), ferner das 1807 von Preußen an Frankreich abgetretene Bayreuth und das Für­ stentum Regensburg (bisher unter Dalberg, es war die letzte fremde Enklave im Lande gewesen). Dafür mußte Bayern abtreten: den südlichen Teil Tirols, und zwar alle Gebiete, die südlich von Klausen lagen, bis nach Rovereto und zum Gardasee, d. h. alle italienischsprachigen, aber auch einen Teil der deutschspra­ chigen Gebiete einschließlich Bozens, an das Königreich Italien (Meran und der Vintschgau blieben bei Bayern), ferner Osttirol und einen Teil Kärntens (Landgerichte Lienz, Sillian und Villach) an die jetzt zu Frankreich gehörenden Illyrischen Provinzen; außerdem größere Gebietsstreifen an Württemberg (dar­ unter Ulm) und an das Großherzogtum Würzburg. Bayern erhielt durch diese Transaktionen 706600 neue Einwohner und verlor 496000 bisherige. Vorher, am 24. April 1809, waren den Rheinbundstaaten die in ihren Territorien gele­ genen Besitzungen des Deutschordens durch Napoleon zugewiesen worden.47 46 Μ. Spindler in: HB IV/i (1. Aufl.) 96: Gollwitzer, Ludwig I. 139-146. Zu Lud­ wig ferner: Spindler, Ludwig u. Napoleon; G. Frhr. v. Pölnitz, Kronprinz Ludwig u. Graf Montgelas nach ihrem Briefwechsel von 1810-1816 (ZBLG 7) 1934, 35—85; F. Zaisbercer, Stadt u. Land Salzburg im Le­ ben Kg. Ludwig I. v. Bayern (ZBLG 49) 1986, 509-537. 47 Zum Deutschen Orden: H. H. Hof­ mann, Der Staat des Deutschmeisters, 1964. Salzburg: St. Miedaner, Salzburg unter bayer. Herrschaft. Die Kreishauptstadt u. der

Salzachkreis 1810 bis 1816 (MGSL 125) 1985· 9-306; Dopsch-Spatzenegger II/2II/4, 1991 (auch für die bayer. Zeit). Bayern vermied in Salzburg die kirchenpolit. Feh­ ler, die es in Tirol gemacht hatte. — Über Salzburg, Tirol und Vorarlberg auch wichti­ ge Beiträge in: Arbeitsgemeinschaft Alpen­ länder Kommission III, Informationsblatt Nr. 8, Bregenz 1983. - Berchtesgaden: W. Brügger - H. Dopsch - P. F. Kramml, Gesch. v. Berchtesgaden (§ 1 Anm. 23) Bd. II, i, 1993. - Bayreuth: W. Mössle, Staatspolit. u. fiskalische Interessen beim Ankauf

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Der so gewonnene Gebietszuwachs galt als Entschädigung für 22 Millionen Gulden Kriegskosten, die Bayern allein für das Jahr 1809 errechnete. Das ent­ sprach mehr als 2/3 einer Jahreseinnahme Bayerns. Der Erwerb Bayreuths und Regensburgs war für Bayern mit hohen Zahlungen verbunden, allein für die Bayreuther Domänen rund 11,2 Millionen Gulden, außerdem mußte Bayern auf den Ersatz für seine Lieferungen an die französischen Armeen seit 1806 ver­ zichten. Die Atmosphäre beim Aufenthalt Napoleons in München (20.—22. Oktober 1809) war trotz aller für den mächtigsten Mann Europas üblichen offiziellen Ehrungen merklich kühler als 1806. Obwohl Napoleon die Rheinbundstaaten als Verbündete äußerlich immer noch korrekt behandelte und zumindest in die inneren Angelegenheiten Bayerns und Württembergs — im Gegensatz zu denen Badens — nicht eingriff, wuchsen doch in München wie in den anderen deut­ schen Hauptstädten das Unbehagen und die Besorgnis. König Max und Montgelas glaubten, wie viele andere Beobachter, bereits seit 1808 eine fortschrei­ tende Veränderung im Verhalten des Imperators, einen wachsenden Zug zur Maßlosigkeit, zu Rechtsbrüchen und zu Willkür und Härte feststellen zu kön­ nen. Die Erfolglosigkeit seines Wirtschaftskrieges gegen England, der wachsen­ de Widerstand auf dem Festland, die kaum verhaltene Feindseligkeit der Presse gegen ihn, auch in Bayern, seine immer unverhüllter ausgesprochenen Welt­ herrschaftspläne rissen Napoleon zu ständig neuen Gewaltmaßnahmen hin: 1808 zum Eingreifen in Spanien, 1809 zur Annexion des Kirchenstaates und zur Deportation des Papstes, 1810 zur Einverleibung Nordwestdeutschlands bis Lübeck sowie Hollands, zu der harten Behandlung unterworfener Gebiete und der hochfahrenden Verhandlungsführung mit den Verbündeten. In München beobachtete man mit Bedenken die politische Entwicklung nach seiner Ehe­ schließung mit der Habsburgerin Marie-Louise und sein Einschwenken auf ei­ nen österreichfreundlicheren Kurs. Gegen Bayern hatte er · einen gewissen Groll, u. a. wegen des Krieges in Tirol, wegen des oppositionellen Verhaltens des Kronprinzen und wohl schon wegen der Vereitelung der Rheinbundverfas­ sung, ferner, weil er durch seine Agenten von wachsender Unzufriedenheit in Bayern, vor allem in den fränkischen Provinzen, erfuhr.48 Es gibt Äußerungen Napoleons, die zu beweisen scheinen, daß er entschlossen war, eine spätere Thronbesteigung Kronprinz Ludwigs auszuschließen, ja daß er überhaupt das

d. Fürstentums Bayreuth durch das Kgr. Bayern (ZBLG 49) 1986, 269-302. 48 Zum allmählichen Umschlag der Volks­ stimmung gegen Frankreich in Altbayern und zur Verschärfung der antifranzösischen Stimmung in Franken vgl. die in Anm. 27 angegebene Lit., dazu: F. Zobpfl, Die polit. Stimmung an der schwäb. Donau 1809 (ZBLG 21) 1958, 490-495; Th. Bittbrauf, Zur Gesch. d. öffentl. Meinung im Kgr.

Bayern i. J. 1813 bis z. Vertrag von Ried (AKG 11) 1914, 31-69; Ders., Die Zensur d. polit. Zeitungen in Bayern 1799-1825 (Riezler-FS) 1913, 305-355: Μ. Dobberl, Bayern u. d. dt. Erhebung gegen Napoleon I. (Abh. München) 1907; Doeberl II 530-539. Gro­ ße Skepsis gegenüber Napoleon bereits 1810 zeigen Montgelas’ Denkwürdigkeiten 208223, 235-238.

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Haus Wittelsbach und die anderen deutschen Fürstenhäuser entthronen wollte und die Herrschaft über ganz Europa für sich und seine Dynastie anstrebte.49 g) Auswirkungen von Kontinentalsperre und Kontinentalsystem. Wenn auch, wie Montgelas schrieb, weder die Industrie noch der Handel Bayerns durch die Kontinentalsperre wesentlich gelitten haben50 — die eigene Produktion wurde angeregt und vorübergehend von der englischen Konkurrenz befreit —, so hat sich andererseits das Kontinentalsystem51 doch sehr nachteilig für Bayern ausge­ wirkt. Unter «Kontinentalsystem» verstanden bereits die Zeitgenossen die wirt­ schaftliche Organisation, die Napoleon dem von Frankreich militärisch kon­ trollierten Festland aufzwang. Dieses System opferte die Interessen der Verbün­ deten dem wirtschaftlichen Egoismus Frankreichs. Es stellte insofern das Gegenteil einer europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, eines gemeinsamen Marktes dar. Napoleon wurde in dieser rücksichtslosen Politik noch bestärkt durch französische Wirtschaftskreise und durch die Furcht vor sozialen Schwie­ rigkeiten im eigenen Lande. Die wirtschaftliche Ausbeutung der Verbündeten war — neben der maßlosen Überspannung der eigenen militärischen Kräfte — eine der Hauptursachen für den schließlich raschen Zusammenbruch des napo­ leonischen Systems in Europa.52 Vom Beginn der Regierung Montgelas an führte Bayern ein äußerst liberales Handels- und Zollsystem ein. Es diente einerseits zunächst dem Wachstum von Handel und Gewerbe, andererseits der Schaffung eines einheitlichen Wirt­ schaftsraumes in Bayern, in den schrittweise auch die neuerworbenen Gebiete eingegliedert wurden. Bayern schuf damit seit 1807 als erster deutscher Staat, so wie England seit dem 16. Jahrhundert, Frankreich seit der Revolution, einen einheitlichen Binnenwirtschaftsraum ohne innere Zollschranken. Preußen gelang dies 1818, Österreich erst 1848. Nach der von Finanzminister J. IV. von Hom-

49 Weis, Die polit, u. hist. Auffassungen (Anm. 39) 20 f. 50 Montgelas, Denkwürdigkeiten 275, dagegen dort 224 f., 231. 51 «système continental» im Gegensatz zur Kontinentalsperre, zum «blocus continental». 52 G. Lefebvre, Napoléon, 1953, 427-479. Auf dem Thema «Bayern und das Kontinen­ talsystem» liegt der Schwerpunkt des auch sonst sehr verdienstvollen, in Deutschland wenig rezipierten Werkes von Μ. Dunan, 1942 (ein geplanter 2. Band für 1810-1813 kam nicht zustande); P. Darmstädter, Der bayer.-italien. Handelsvertrag v. 2. Januar 1808 (FGB 13) 1905; - E. P. Heckscher, The Continental System, 1922; F. L. L’huillier, Etude sur le blocus continental. La mise en vigueur des Décrets de Trianon et de Fontainebleau dans le Grand-Duché de

Bade, 1951; R. E. Cameron, France and the Economie Development of Europe 1800-1814, 1962; F. Crouzet, L’économie britannique pendant les guerres de la Révo­ lution et de l’Empire (Revue Historique 134) 1965, 71-110 (Bilanz aus seinen frühe­ ren Forschungen); R. van Roosbroeck, Be­ trachtungen über Ziele u. Wirkungen d. Kontinentalsperre (Napoleon 1. u. d. Staa­ tenwelt seiner Zeit, hg. v. W. v. Grote) 1969, 119-142; H. Berding (Hg.), Napoleo­ nische Herrschaft u. Modernisierung (Gesch. u. Gesellsch. 6, H. 4) 1980. Eingehende Darstellung: R. Dufraisse, Blocus continen­ tal (Dictionnaire Napoléon, sous la direction de J. Tulard) 1987, 219-239; Ders., L’Alle­ magne à l’époque napoléonienne. Questions d'histoire politique, économique et sociale, 1992.

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pesch ausgearbeiteten Neuordnung der Zollorganisation, die am i. Januar 1808 in Kraft trat, gehörte Bayern auf dem Gebiet des Zolls zu den freizügigsten Staaten Europas. Allerdings wurde diese Politik nicht von Frankreich mit ent­ sprechenden Gegenmaßnahmen honoriert; die Zahlungsbilanz gegenüber die­ sem Lande wurde immer stärker negativ. Vor der Verhärtung des Kontinentalsystems vom Jahre 1810 griff Napoleon in die wirtschaftlichen Verhältnisse der süddeutschen Staaten — anders als gegenüber den nordwestdeutschen Napoleonidenstaaten — nur in einem Fall direkt ein, nämlich als es um den französischen Weinexport ging. Jedoch wur­ de die eigene Zollpolitik der Franzosen gegenüber den Verbündeten immer rücksichtsloser. Der 1808 unterzeichnete Handelsvertrag Bayerns mit dem Kö­ nigreich Italien sollte insbesondere den Interessen der seit 1806 schwer geschä­ digten schwäbischen Tuch- und Wollindustrie dienen. Napoleon als König von Italien ratifizierte den Vertrag erst, nachdem durch einen französisch-italieni­ schen Handelsvertrag der französische Italienhandel vor einer eventuellen baye­ rischen Konkurrenz abgesichert war. Nun aber weigerte sich König Max I. sei­ nerseits, den Vertrag noch zu ratifizieren, dieser trat nie in Kraft. Ebensowenig waren der König und die Regierung bereit, der französischen Forderung nach gesetzlicher Ausschließung englischer Importwaren nachzugeben. Bayern ver­ mied auf diese Weise den wirtschaftlichen Bruch mit England. Englische Wa­ ren zirkulierten weiterhin im Land. In Nürnberg, Augsburg und Regensburg wurden große Lager der begehrten britischen Waren angelegt. Andererseits ging Bayern wegen des nun ausgebauten französischen Handelsmonopols in Italien und wegen seiner eigenen Finanzkalamität der alten Handelsbeziehun­ gen zu Italien verlustig. Italien seinerseits wurde von nun an dem französischen Wirtschaftsimperialismus voll geopfert. 1809 ließ Napoleon die Zollgrenze am Rhein gegen den organisierten Schmuggel stärker abdichten. Durch das Dekret von Schönbrunn (18. Juli 1809) ließ er eine Zollschranke von Rees am Rhein bis nach Bremen zur Isolierung Deutschlands von dem Schmuggelzentrum Holland ziehen, die sich allerdings bald ebenfalls als durchlässig erwies. Bayern wurde nun das wichtigste Durch­ gangsland für den fast uneingeschränkten Transithandel mit Baumwolle aus dem Orient nach Deutschland, der Schweiz und Frankreich. Bald kamen auf diesem Wege auch Baumwolle und Kolonialwaren aus Amerika, die als orientalische Waren deklariert waren. Da Napoleon zur Kontrolle 1809 die Illyrischen Pro­ vinzen Frankreichs als Riegel einschob, zu denen auch der wichtige Hafen Triest gehörte, verlagerten sich die Handelswege weiter nach Osten; sie liefen über Salzburg und das Innviertel, seitdem diese 1810 von Frankreich der baye­ rischen Verwaltung übergeben worden waren. Da Rußland immer eindeutiger die Kontinentalsperre mißachtete und mit England zusammenarbeitete, zeich­ nete sich seit 1809 immer deutlicher ein künftiger Krieg zwischen Napoleon und einer englisch-russischen Koalition ab. Diese Entwicklung, die Risse und Schwächen des napoleonischen Systems, seine Gefährdung durch die wachsen­

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de Maßlosigkeit des Imperators, der sich in das spanische Abenteuer verstrickt hatte, dies alles wurde von der bayerischen Regierung aufmerksam beobachtet. Das wirtschaftliche Interesse, nicht zuletzt das der Aufrechterhaltung des Tran­ sithandels, verband Bayern seit 1809 viel stärker mit Österreich als mit dem verbündeten Frankreich. So bereitete die wirtschaftliche Entwicklung bereits seit 1809/10 allmählich den Umschwung der Bündnisse vor, zu einer Zeit, als Napoleon auf der Höhe seiner Macht stand und zur Sicherung der Kontinen­ talblockade — auch dies eine Fehlrechnung — ganz Nordwestdeutschland annek­ tierte. Als Napoleon durch das Dekret von Trianon (5. August 1810) die Einfuhr­ zölle auf alle Kolonialprodukte bis zu 50% ihres Wertes heraufsetzte, die Ein­ fuhr von Baumwollerzeugnissen und Fertigwaren überhaupt verbot, um Eng­ land, dessen momentane Wirtschafts- und Sozialkrise er überschätzte, nun durch Behinderung seines Absatzes in die Knie zu zwingen, veranlaßte er auch seine Verbündeten durch stärksten Druck zur Übernahme dieser Maßnahmen. Bayern mußte im September 1810 die französischen Vorschläge einer neuen, nun nicht mehr liberalen, sondern prohibitiven Zollordnung akzeptieren, die nicht den Interessen des Handels und der Industrie entsprach, wenn sie auch vorübergehend die Einnahmen des Fiskus erhöhte. Alle Rheinbundstaaten hat­ ten nunmehr das Kontinentalsystem übernehmen müssen. Seine wirtschaft­ lichen und politischen Interessen mußten Bayern ein «renversement des allian­ ces» nahelegen, sobald die Übermacht Napoleons gebrochen und der Bestand des bayerischen Staates durch Napoleons Gegner garantiert sein würde. h) Der russische Feldzug von 1812, der Wechsel des Bündnissystems 1813 (Vertrag von Ried). Die Feldzüge von 1813/15. Rückblick auf die Rheinbundära. Der Ausbruch des Krieges mit Rußland unterbrach die guten Beziehungen, die Bayern während der französisch-russischen Zusammenarbeit seinerseits mit dem Zarenreich wie­ der angeknüpft hatte. Bayern mußte bei Ausbruch des Konflikts, wie die übri­ gen Rheinbundstaaten, seiner Bündnispflicht gegenüber Frankreich nachkom­ men. Seine Armee, die damals auf der Höhe ihrer Leistungsfähigkeit stand,53 rückte mit über 3 3 000 Mann unter den befähigten Divisionskommandeuren Wrede und Deroy, der in Rußland fiel, im Verband der Grande Armée nach Osten vor. Die Bedeutung des bayerischen Kontingents wird klar, wenn man bedenkt, daß Preußen und Österreich zur Großen Armee nur 20000 bzw. 30000 Mann beizutragen hatten, die kaum zum Einsatz kamen. Die bayerische Armee, die schon in den ersten Schlachten in Rußland schwere Verluste erlitt und sich besonders bei Borodino und Polozk auszeichnete, fiel in ihrem

53 Zur Heeresreform s. unten § 3 m; DobII 530 f. - Feldzüge, insbes. Rußland­ feldzug: Wittelsbach u. Bayern III/i, dort die Beiträge von R. Dufraisse, D. Mac Carthy, E. Aichner, Μ. Pizzinini, R. Braun, P. Jaeckel, 221-279; Beispiel für berl

Einzelschicksale von Soldaten: P. Leuschner, Nur wenige kamen zurück. 30000 Bayern mit Napoleon in Rußland, 1980. — W. Schmidt, Denkmäler f. d. bayer. Gefal­ lenen d. Rußlandfeldzuges v. 1812 (ZBLG 49) 1986, 303-326.

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Hauptbestand den grauenvollen Rückzugskämpfen und dem russischen Winter zum Opfer: 30000 Mann (von 33000) kehrten nicht zurück. Dieses Ereignis raubte Napoleon und Frankreich die letzten Sympathien in der öffentlichen Meinung Bayerns und zerstörte den Nimbus seiner Unbesiegbarkeit. Die neue, von Wrede kommandierte Armee von 20000 Mann, die Bayern unter Aufbie­ tung der letzten Kräfte bis zum Juni 1813 wieder aufstellen mußte, verlieh dem Land in den folgenden kritischen Monaten Rückhalt und Gewicht und machte den Staat für beide Parteien zu einem wichtigen Faktor. Bayern war bisher von Napoleon formal als verbündetes Land behandelt worden, es galt nicht, wie Norddeutschland, als unterworfenes feindliches Gebiet, seine Dynastie war dem französischen Kaiserhaus verwandt, König und Regierung hatten die Hoff­ nung noch nicht ganz aufgegeben, daß Napoleon den Vorstellungen der Ver­ bündeten in Richtung auf einen Kompromißfrieden Gehör schenken würde. Bis zu einer bindenden Erklärung Preußens und Österreichs war Napoleon der einzige, der Bayern seine neuerworbenen Gebiete garantierte. Und solange Österreich nicht selbst mit Frankreich gebrochen hatte — dies war offiziell erst am 14. August 1813 der Fall -, bestand immer die Gefahr, daß sich Österreich mit Frankreich auf Kosten Bayerns verständigte. Dies fürchtete vor allem der König. Bereits in dem russischen Aufruf vom 25. März 1813 waren die deut­ schen Fürsten aufgefordert worden, sich innerhalb einer bestimmten Zeit den Verbündeten anzuschließen, wenn sie nicht ihr Land verlieren wollten. Am 11. April besetzte russische Kavallerie Hof. Die Erhebung Preußens drohte, die Bevölkerung der vormals preußischen Gebiete Frankens mitzureißen. Im April 1813 verlangte der preußische König einen sofortigen Anschluß Bayerns an die Verbündeten; nur in diesem Fall werde sein Land nicht Ansbach und Bayreuth zurückverlangen. Auch in Tirol drohte ein neuer Aufstand; in Vorarlberg war er bereits im Gange.54 An Neutralität war ebensowenig wie 1799, 1805, 1806/07 und 1809 zu denken. Beide Kriegsparteien hielten es für wichtig, Bay­ ern nun auf ihre Seite zu ziehen, da man voraussah, daß die übrigen Mitglieder des Rheinbundes ihm folgen würden.55 Entschied man sich in München für die Verbündeten und siegte Napoleon, so wäre Bayern mit Sicherheit zu einem ausgebeuteten Nebenland des Grand Empire geworden. Blieb man aber auf Seiten Napoleons und siegten Rußland und Preußen, so war mindestens die Ausplünderung und Halbierung des Lan­ des zu erwarten, so wie sie später Sachsen widerfuhr, dessen König den Ab­ sprung von Frankreich nicht gefunden hatte, obwohl er noch früher als Bayern mit Österreich verhandelt hatte.

54 Oben Anm. 41, besonders F. Hirn, Ge­ schichte Tirols; Ders., Bayerisch Tirol im Dez. 1813, 1913. Dazu auch Winter 37-64. 55 Zu den diplomat. Verhandlungen bis zum Vertrag von Ried grundlegend: Doe-

Erhebung (Anm. 48); H. W. Schwarz, Die Vorgesch. d. Vertrages v. Ried, 1933; Winter 27-64; dazu Montgblas, Denkwür­ digkeiten 274-303. berl,

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Montgelas hatte diese Situation vorausgesehen. Bayern ließ trotz entgegenste­ hender Wünsche Napoleons seine Truppen im Lande und erreichte es, daß auch die Reste der noch in Norddeutschland stehenden Truppenteile größten­ teils nach Bayern verlegt wurden. Es lehnte unter Hinweis auf seine eigene ge­ fährdete Lage militärische Leistungen für Napoleon ab. Eben dies waren auch die einzigen Wünsche, die der Leiter der österreichischen Politik, Metternich, bei den ersten vorsichtigen Fühlungnahmen an Bayern richtete. Dem überlege­ nen Staatsmann war klar, daß man Bayern nur gewinnen konnte, wenn man auf die traditionellen österreichischen Pläne zu seiner Zerstückelung oder An­ nexion verzichtete. Metternichs Ziel war die Herstellung eines dauerhaften Friedens in Süddeutschland. Daher lehnte er das russische Angebot ab, Bayern alle Erwerbungen, die es seit 1805 gemacht hatte, abzunehmen, zumal diese Gebiete großenteils Kompensationen für abgetretene Gebiete gewesen waren. Österreich garantierte Bayern volle Entschädigung für eventuell notwendig werdende Abtretungen. Es forderte von Bayern keine vorzeitige Offenbarung des Bündnisses. Bereits vor dem Bruch zwischen Preußen und Frankreich hatten die Ver­ handlungen Bayerns mit dem damals noch neutralen Österreich begonnen. Sie zogen sich durch den ganzen Sommer 1813, immer abhängig von der Kriegsla­ ge und der Fortentwicklung der österreichischen Politik.56 Erst als Österreich am 12. August 1813 auf der Seite der Verbündeten in den Krieg eintrat, wur­ den die bayerisch-österreichischen Verhandlungen nach einer Stockung wieder aufgenommen und gelangten jetzt in das entscheidende Stadium. Österreich um­ klammerte Bayern mit 320000 Mann, also mit mehr als zehnfacher Übermacht. Von Frankreich war keine Hilfe mehr, ja nicht einmal eine Antwort auf Vor­ stellungen über die Notwendigkeit eines Friedensschlusses zu erlangen. Die Regierung ließ in Paris wiederholt erklären, daß Bayern sich, wenn es keine Hilfe erhalten könne, alle zu seiner Selbsterhaltung nötigen Schritte Vorbehal­ ten müsse. Es gab nur noch eine mögliche Entscheidung, Übergang zu den Alli­ ierten, solange diese noch unter dem Einfluß Metternichs bereit waren, Bayern seine Souveränität und seinen derzeitigen Besitzstand zu garantieren und bei Abtretungen vollen Ersatz zu leisten. Trotzdem zögerte München noch, wäh56 Die Verhandlungen von Mitte März bis Anfang August 1813 führten infolge der noch ungeklärten Kriegslage (Waffenstill­ stand 4.6. bis 20.7., Verhandlungen zu Prag, noch scheinbare Neutralitätspolitik Öster­ reichs) zunächst zu keinem Ergebnis, ebenso wie die Standpunkte des Königs und des dazu ganz im Gegensatz stehenden Kronprin­ zen, des noch abwartenden und vorsichtig lavierenden Montgelas unterschiedlich waren, während der Befehlshaber der den Österrei­ chern gegenüberstehenden bayerischen Truppen, Wrede, auf eigene Faust zunächst

eine komplizierte und gefährliche Politik gezielter Indiskretionen gegenüber den Österreichern und andererseits den Franzo­ sen und der nur halben Unterrichtung des Münchner Hofes betrieb (Schwarz, Anm. 55, 74; Winter 32 fr.). Der Kronprinz, der in Salzburg lebte, ging schon früh von der These der Neutralität zu der des Anschlusses an die Politik Österreichs und der Koalition über, Wrede und - sehr vorsichtig - Montge­ las steuerten bald das gleiche Ziel an, wäh­ rend der König noch nicht dafür zu gewin­ nen war.

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rend der Oberbefehlshaber der bayerischen Truppen, Wrede, bereits am Inn mit dem österreichischen Oberbefehlshaber Prinz Reuß und dem Gesandten Hruby verhandelte. Ursachen dieses Zögerns waren zunächst das Streben Montgelas’, die bayerischen Interessen durch ein Maximum von österreichischen Zuge­ ständnissen nicht nur für den Augenblick, sondern auch fiir die Zukunft sicher­ zustellen. Er wußte, daß auch Österreich stark an dem Bündnis interessiert war, damit es in Süddeutschland keine Streitkräfte binden mußte und seine gesamte Armee im Kampf gegen Napoleon in die Waagschale werfen konnte. Die Rheinbundstaaten spielten in diesem Augenblick die Rolle des Züngleins an der Waage. Diese Bemühungen Montgelas’ waren von Erfolg gekrönt. Die andere Ursache der Verzögerung war dagegen der König, der sich beharrlich weigerte, gegenüber Frankreich vertragsbrüchig zu werden. Es bedurfte längerer vereinter Bemühungen von Montgelas und Wrede, um den König umzustimmen.57 Schließlich wurde Wrede ermächtigt, am 8. Okto­ ber 1813 mit dem österreichischen General Prinz Reuß den Vertrag von Ried zu unterzeichnen. Dessen Hauptbestimmungen waren: Bayern verläßt den Rhein­ bund, beteiligt sich am Krieg gegen Frankreich mit mindestens 36000 Mann und unterstellt seine Armee, die ein selbständiges Korps bleiben soll, dem österreichischen Oberkommando. Dagegen garantiert Österreich in einem Ge­ heimartikel Bayern die volle Souveränität und volle Entschädigung für alle Gebietsabtretungen, die Bayern gegenüber Österreich vornehmen wird. Es war von großer Bedeutung für den Fortgang des Krieges und für die Stellung Bay­ erns gegenüber den Verbündeten, daß Bayern während der Völkerschlacht bei Leipzig (16.—19. Oktober) bereits im Lager der Gegner Napoleons stand. Die dank Metternichs Weitblick möglich gewordene Freundschaft mit Österreich beendete mehr als ein Jahrhundert der Gegensätze und Konflikte und blieb bis 1867 eine feste Größe in der deutschen Politik. Napoleon, der erst am 16. Oktober vom Vertrag von Ried erfuhr, kündigte an, er werde den bayerischen Abfall streng bestrafen und München niederbren­ nen. In Bayern meldeten sich, wie im übrigen Deutschland, zahlreiche Männer freiwillig gegen Napoleon zu den Waffen. Wrede, der eine bayerisch-österrei­ chische Armee von 50000 Mann befehligte, stieß nach der Einnahme Würz­ burgs (26. Oktober) nach Westen vor, wodurch er Württemberg, Baden, Hes­ sen-Darmstadt und Nassau zum Anschluß an die Verbündeten brachte; der Rheinbund löste sich auf. Ein Versuch Wredes, Napoleon den Rückzug zu ver­ legen, scheiterte in der zweitägigen Schlacht bei Hanau (30./31. Oktober) unter bedeutenden Verlusten, Wrede selbst wurde schwer verwundet. Er nahm je­ doch erfolgreich am Winterfeldzug nach Frankreich teil, wobei sich seine Ar-

57 Über die entscheidenden Verhandlun­ gen beider mit dem König und andererseits der bayer. Regierung über Wrede mit den Österreichern von Mitte August bis zum

7. 10., dem Vortag der Unterzeichnung des Vertrages von Ried: Schwarz (Anm. 55) 79-108; Winter 37-52.

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

mee vor allem in den Schlachten bei Brienne-sur Aube (1. Februar 1814), Barsur-Aube (26. und 27. Februar) und bei Arcis-sur-Aube (20. März) auszeichnete. Am 21. März 1814 zogen die Verbündeten in Paris ein, am 10. April dankte Napoleon ab, am 30. Mai wurde mit der wiederhergestellten französischen Monarchie der erste Pariser Friede unterzeichnet. Dieser Friede sah die Unab­ hängigkeit der deutschen Staaten und ihre Verbindung durch eine Föderation vor. In zwei bayerisch-österreichischen Verträgen zu Paris vom 2. und 3. Juni 1814 wurde vereinbart, daß Tirol und Vorarlberg (ohne das Amt Weiler) sofort an Österreich, das Großherzogtum Würzburg und Aschaffenburg sofort an Bayern ab­ getreten werden sollten. Für die Zukunft erklärte sich Bayern bereit, Salzburg (ausgenommen das Gebiet der ehemaligen Fürstpropstei Berchtesgaden und die Gerichte links der Salzach) sowie das Inn- und Hausruckviertel abzutreten, woge­ gen Österreich ihm eine Entschädigung zusagte, deren Hauptbestandteile Mainz und Hanau mit Umgebungen sowie die Stadt Frankfurt sein sollten. So hatte Bayern diese Periode gewaltigster Erschütterungen und Umwälzun­ gen des Kontinents überstanden, in der es mindestens viermal von der Vernich­ tung seiner staatlichen Existenz bedroht gewesen war und in sechzehn Jahren an sieben Kriegen der Großmächte hatte teilnehmen müssen. Der Erfolg war der Umsicht seiner Regierung zu danken, welche die Gunst der jeweiligen hi­ storischen Situation zu nutzen verstand, ebenso dem Einsatz seiner Bevölke­ rung und seiner Soldaten, die damals Bayern zu einem geschätzten Bundesge­ nossen machten. Der Staat war aus dieser Zeit des Umbruchs vergrößert und arrondiert hervorgegangen. Die neuen Provinzen in Franken, Schwaben und seit 1816 in der Pfalz verschmolzen rasch mit dem altbayerischen Kern und formten mit ihm zusammen das Königreich des 19. und den Freistaat des 20. Jahrhunderts. Diese Verschmelzung wurde durch ein geradezu revolutionä­ res innenpolitisches Reformwerk ermöglicht, das in den kurzen Pausen zwi­ schen, ja sogar während dieser dramatischen äußeren Ereignisse seine Verwirk­ lichung fand. Der wesentlichste Ertrag des Bündnisses mit Frankreich in der Rheinbundära lag für Bayern nicht im Königstitel, der eine rein äußerliche Rangerhöhung darstellte, die man auch vom Kaiser hätte erhalten können; er lag auch nicht al­ lein in der Vergrößerung des Staatsgebiets. Der Zuwachs an Territorien und an Menschen für Bayern betrug nach dem Stand von 1816 (Erwerbung der links­ rheinischen Pfalz) gegenüber dem wittelsbachischen Besitz vor der Französi­ schen Revolution etwa ein Drittel. Der entscheidende Gewinn lag vor allem, wenn man von der linksrheinischen Pfalz absieht, in der Abrundung und Kon­ zentration des Staatsgebiets und der Beseitigung aller Enklaven. Erst so konnte ein einheitliches, modernes, zentralgeleitetes, von einer gemeinsamen Zoll­ grenze umgebenes, gegen Österreich weitgehend durch natürliche Grenzen ge­ schütztes Staatswesen aufgebaut werden. Der Gewinn bestand nicht zuletzt in der durch den Frieden von Preßburg erlangten Souveränität Bayerns. Beide Mo­ mente bildeten die Voraussetzung für das innere Erneuerungswerk.

§ ). Die Reformen in Staat, Verwaltung und Gesellschaft (E. Weis)

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§ 3. DIE REFORMEN IN STAAT, VERWALTUNG UND GESELLSCHAFT UNTER MONTGELAS (1799-1817)

Montgelas, Compte rendu; Lerchenfeld; Doeberl II 452-530; Dunan (1806-1810); Zim­ mermann (vor § 1) (bis 1808); H. Rall, Kurbayern in d. letzten Epoche der alten Reichsver­ fassung 1745-1801, 1952; Μ. Rauh, Verwaltung, Stände u. Finanzen. Stud. zu Staatsaufbau u. Staatsentwicklung Bayerns unter d. späteren Absolutismus, 1988 (betr. den Zustand vor 1800); P. Wegelin, Die bayer. Konstitution v. 1808 (Schweizer Beitrr. 16) 1958, 142-206 (mit Text); Hofmann, Adelige Herrschaft; F.-L. Knemeyer (vor § 1); Weis, Montgelas I, 19882; L. Doeberl, Maximilian v. Montgelas u. das Prinzip d. Staatssouveränität, 1925; F. Dobmann, Georg Friedrich Frhr. v. Zentner als bayer. Staatsmann in d. Jahren 1799—1821, 1962; Quint (§ 1); Möckl, Staat; Wittelsbach III/1 u. III/2; Demel (grundlegend), ferner die anderen vor § 1 genannten Darstellungen. - An älteren Arbeiten noch wichtig G. Frhr. v. Lerchenfeld, Gesch. Bayerns unter König Maximilian Joseph L, 1854; H. v. Sicherer, Staat u. Kirche in Bayern v. Regierungsantritt des Kurf. Maximilian Joseph IV. bis z. Erklä­ rung v. Tegernsee, 1791-1821, 1874; Seydel (7 Bde.) und Seydel-Piloty-Grassmann, 2 Bde., 1913. Die Edikte und (soweit publiziert) Verordnungen dieser Zeit sind im Bayerischen Regierungsblatt (RB1.) (so bis 1817, dann Bayer. Gesetzblatt: GBl.) veröffentlicht; nach Sach­ gebieten zusammengestellt sind sie in den Gesetzessammlungen von Döllinger und von Weber. Im Anhangband zu der letzteren Sammlung sind auch die wichtigsten Staatsverträge der hier behandelten Zeit abgedruckt. Ein wichtiges Arbeitsinstrument jetzt: Μ. Schimke, Regierungsakten d. Kurfürstentums u. Königreichs Bayern 1799-1815 (Edition mit einleiten­ den Kommentaren u. Bibliographie), 1996.

a) Verselbständigung und Ausschließlichkeit des Staates. Hinsichtlich des Verhältnis­ ses zwischen Staat und Dynastie holten Montgelas und seine Mitarbeiter für Bayern eine Entwicklung nach, die in anderen Staaten, wie in Österreich und Preußen, schon unter dem Aufgeklärten Absolutismus des 18. Jahrhunderts an­ gebahnt worden war. Es handelte sich um die rechtliche Unterscheidung zwi­ schen Dynastie und Staat, den Bruch mit der bis dahin in Bayern noch offiziell vorherrschenden Auffassung des Staates als eines Eigentums bzw. (am Ende des 18. Jahrhunderts) als eines Fideikommisses des Fürstenhauses. Montgelas war nicht nur, wie er bereits beim Abschluß des Ansbacher (Rohrbacher) Familien­ vertrages gezeigt hatte, ein entschiedener Vertreter dieser Trennung, sondern zumindest in seiner Frühzeit ein Anhänger der Vertragstheorie. 1801 berichtet der österreichische Gesandte mit Entrüstung, der Minister habe im Hinblick auf die Leiden der Bevölkerung von der Gefahr einer Auflösung des «pacte so­ cial» gesprochen. Aber Montgelas war gleichzeitig die stärkste Stütze des Königtums. Er wußte, daß er sein Reformwerk, diese «Revolution von oben», nur mit Hilfe eines aufgeklärten Monarchen mit starker Stellung durchzufuhren in der Lage war. Indessen baute er die Monarchie in die Staatsverfassung ein.1 Durch die Konstitution von 1808 wurde der Fürst zum Organ des Staates.2 Die 1 Montgelas, Compte rendu 84-100; Seydel-Piloty-Grassmann I 84 fr., bes. 101 ff; Doeberl, Montgelas (§ 3) 13-35; Zimmermann (vor § 1) 89 fr.; K. Beyerle, Das Haus Wittelsbach u. d. Freistaat Bayern,

1921; Μ. Propst, Die Familienpolitik d. bayer. Herrscherhauses zu Beginn des 19. Jhs., 1933; Wegelin (§ 3) 184-187. 2 Zimmermann und Wegelin (wie Anm. 1).

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

«Verstaatlichung der Herrscherrechte» einschließlich des fürstlichen Kammergutes wurde durchgefiihrt. Das Haus Wittelsbach brachte hierdurch freiwillig größe­ re materielle Opfer als andere wichtige deutsche Dynastien (K. Beyerle). Die Regierungsakte des Königs bedurften der Gegenzeichnung durch den zuständi­ gen Minister. Der Souveränitäts- und Einheitsanspruch des rational durchgegliederten Staa­ tes duldete keine Enklaven, keine Ausnahmestellungen kraft eigenen, nicht vom Staate übertragenen Rechtes, keinen «Staat im Staate». Daher das von 1802 bis 1806 währende hartnäckige Ringen um die Einverleibung der Reichsritterschaft in den Staatsverband, daher die erstmalige Übernahme der Post in die staatliche Regie,3 daher die Beseitigung der Stände 1807, die Politik gegenüber den Kir­ chen und die Verstaatlichung der Kommunalverwaltungen. b) Die Aufhebung der landsässigen Klöster und ihre Auswirkungen. Lange vor der Aufhebung der Ständeverfassung wurde bereits 1802/03, ohne wirkungsvollen Widerspruch der beiden anderen Stände, des Adels und der Städte, der Erste Stand, nämlich die landsässigen Klöster und Stifte, durch die Säkularisation be­ seitigt.4 Die Niederlassungen der nichtständischen Klöster - das waren vor­ nehmlich die der Bettelorden - waren bereits 1802 aufgehoben worden. Fast sämtliche europäische Staaten hatten den aus dem Mittelalter stammen­ den großen Besitz der Klöster irgendwann reduziert oder aufgehoben: Aufge­ hoben hatten ihn die protestantischen Staaten, auch die Pfalz, während der Re­ formation und danach, in ihrer Zahl stark reduziert die meisten katholischen Staaten, auch Spanien, Portugal und ein erheblicher Teil Italiens im 18. Jahr­ hundert. Die französische Monarchie hatte auf Vorschlag eines aus Weltgeist­ lichen zusammengesetzten Gremiums etwa 400 Klöster säkularisiert, Kaiser Jo­ seph II. in seinen Erblanden rund 800. Auch geistliche Fürsten, wie die Kur­ fürsten von Mainz, hatten lange vor Bayern gewisse reiche Abteien zugunsten ihres Fürstentums eingezogen. Papst Klemens XIV. hatte 1773 den Jesuitenor­ den aufgehoben.5 Die Totalsäkularisation der Französischen Revolution, die — im Gegensatz zu den anderen Staaten — auch die Pfarreien enteignet hatte, wurde von Papst Pius VII. durch das Konkordat mit Bonaparte von 1801 aner­ kannt. Kurfürst Karl Theodor hatte 1798 von Papst Pius VI. ein Breve erlangt,

3 Oben § 2 und dort Anm. 37. 4 Über den RDH und seine Vorgeschichte sowie den einen Aspekt der Säkularisation, nämlich die Mediatisierung der geistlichen Fürstentümer zugunsten der größeren welt­ lichen Staaten (HerTschaftssäkularisation) s. oben § i e. Hier haben wir uns mit dem an­ deren Aspekt der Säkularisation, nämlich der Aufhebung der nicht reichsunmittelbaren Klöster zu befassen, also der, wie man da­ mals sagte, «Mediatklöster» oder «landsässigen»

Klöster, d. h. der Klöster und Stifte in den ei­ genen alten oder den neugewonnenen Ge­ bieten der weltlichen Fürsten, hier Bayerns. 5 Die Aufhebungsbulle «Dominus ac redemptor» (gekürzter Text bei C. Mirbt, Quellen z. Gesch. d. Papsttums u. d. Katho­ lizismus, 19345, 404 fr.) stellt mit ihrer Be­ schreibung von 13 Präzedenzfällen fast eine Anleitung für Säkularisationen und deren Rechtfertigung dar.

§ j. Die Reformen in Staat, Verwaltung und Gesellschaft (E. Weis)

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das ihm gestattete, die bayerischen Klöster mit der damals riesigen Summe von i$ Millionen Gulden zu belasten oder 1/7 ihres Vermögens einzuziehen.6 Wäre diese Maßnahme tatsächlich durchgefiihrt worden, so hätte dies schon damals zu umfangreichen Klosteraufhebungen fuhren müssen. Die Regierung Max Josephs versprach zu Beginn ihrer Amtsführung, von diesem Breve keinen Gebrauch zu machen. Sie konnte im Augenblick des Regierungsantritts und des Krieges keine inneren Konflikte brauchen. Der Kurfürst gab den ständischen Klöstern eine Garantieerklärung ihres Bestandes. Gleichwohl arbeitete die neue Regierung bereits seit 1799 insgeheim an Klo­ steraufhebungsplänen.7 Soeben hatte eine streng geheime Bestandsaufnahme des Staatshaushalts ergeben, daß Einnahmen von 5,7 Millionen 0. (Gulden) Ausgaben von 9,8 Millionen gegenüberstanden. Es waren somit nur etwa $8,$% der Staatsausgaben durch Einnahmen gedeckt. Hinzu kamen rund 30 Millionen Schulden der früheren Wittelsbacher. In der Geheimen Staatskonfe­ renz vom 4. November 1799 warnten jedoch einige hohe Beamte wie z. B der wichtige Finanzpolitiker Franz von Krenner, ein enger Mitarbeiter von Montgelas, vor einer Aufhebung der Klöster. Er rechnete vor, daß in diesem Fall der Staat die Nachfolgelasten und Schulden der Klöster übernehmen müsse, ohne, wie bisher, hohe freiwillige Abgaben dieser überwiegend gut geführten Wirt­ schaftsbetriebe erhalten zu können. Die Aktiva der Klöster lagen bei Wiener Geldinstituten, da Bayern selbst keine große Bank besaß. Tatsächlich kassierte Österreich dann bei der Säkularisation die Guthaben der bayerischen ständi­ schen Klöster und beschlagnahmte deren wertvolle Grundherrschaften und Weingüter in Südtirol und der Wachau, während Bayern die Versorgung der

6 Hierzu u. a. Rall (§ 3) 413 ff. u. vorher; Schwaiger 8-13; R. Bauer, Der kurfürstl. geistl. Rat u. d. bayer. Kirchenpolitik 17681802, 1971, 272-275, dort auch über den er­ sten Klosteraufhebungsplan der neuen Re­ gierung, bereits vom 18. 11. 1799/6. 1. 1800 (275). Diese Mittel waren bis zum Tode Karl Theodors offenbar noch nicht in Anspruch genommen worden: Seitz (§ 1 Anm. 17); W. Müller, Die Säkularisation v. 1803 (Brandmüller III 1-84) (gute Gesamtdar­ stellung), hier 18. - Über frühere Kloster­ aufhebungen unter Karl Theodor: C. Jahn, Klosteraufhebungen u. Klosterpolitik in Bayern unter Kurfürst Karl Theodor 17781784, 19947 Zum Folgenden: E. Weis, Die Säkulari­ sation d. bayer. Klöster 1802/03. Neue Forsch, zu Vorgesch. u. Ergebnissen, 1983; Müller, Säkularisation (Anm. 6), beide Ar­ beiten mit weiterer Lit. - Für die Durchfüh­ rung der Säkularisation noch unentbehrlich A. Μ. Scheglmann, Gesch. d. Säkularisation

im rechtsrhein. Bayern, 3 Bde., 1903/08 (durfte staatliche Archive nicht benützen, macht keine Quellenangaben, polemisch, aber materialreich). Zur Vorgeschichte wichtig: Bauer, Geistl. Rat (Anm. 6); W. Müller (Hg.), Im Vorfeld d. Säkularisation. Briefe aus bayer. Klöstern 1794-1803 (1812), 1989. - Vergleichend für Deutschland auf­ grund von Lit. u. gedruckten Quellen: H. Chr. Mempel, Die Vermögenssäkularisation 1803/10. Verlauf u. Folgen d. Kirchengut­ enteignung in verseh, deutschen Territorien, 2 Teile, 1979; I. Crusius (Hg.), Zur Säkula­ risation geistl. Institutionen im 16. u. im 18./19. Jh., 1996, darin bes. H. Klueting, Die sozio-ökonom. Folgen der Säkularisa­ tion ... im rechtsrhein. Deutschland, 102119. — E. Weis, Spielten die früheren Illuminaten eine entscheidende Rolle für die Klostersäkularisation in Bayern? (W. D. Gruner - W. Völkbl, Hgg., Region, Terri­ torium, Nationalstaat, Europa. FS L. Hammermayer) 1998, 115-124.

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-182})

ehemaligen Mönche, die Unterhaltung der bisher von den Klöstern getragenen Pfarreien, Schulen usw. sowie die Schulden übernehmen mußte. Auch sah Krenner richtig voraus, daß bei einer gleichzeitigen Versteigerung aller bayeri­ schen Klostergebäude und Wirtschaftsbetriebe mangels einer breiten, zahlungs­ kräftigen Käuferschicht im Lande der Erlös gering sein würde. Dies hatten die Erfahrungen der Französischen Revolution gelehrt, obwohl es dort eine breite­ re wirtschaftlich potente Käuferschicht gab. Aus anderen, humanitären und rechtlichen Gründen8 warnten Montgelas seine wichtigen Diplomaten Rechberg und Bray vor einer Totalsäkularisation, obwohl sie mitwirken mußten, hierfür die diplomatischen Voraussetzungen zu schaffen. Die Sprecher des bay­ erischen Prälatenstandes, die von den Vorbereitungen der Regierung Kenntnis hatten, protestierten nicht nur mit rechtlichen und moralischen Argumenten, sondern sie warnten auch zu Recht vor einem Zusammenbruch des Staatskre­ dits, der überwiegend auf dem Kredit der Landschaft und innerhalb derselben vor allem auf dem Kredit der Klöster und Stifte beruhte. Sie boten dem Staat eine Anleihe in Höhe von 21/2 Jahreseinnahmen der Klöster an. Montgelas und die Mehrheit der Regierung setzten sich über diese Warnungen hinweg, wobei offenbar nicht allein fiskalische, sondern auch ideologische, klosterfeind­ liche Positionen der Aufklärung eine entscheidende Rolle spielten. Auch der Kurfürst teilte eindeutig diese Auffassungen. Gemäß Montgelas’ Planung wurden bereits 1801/02 91 nichtständische Klö­ ster, vor allem solche von Bettelorden, aufgehoben, ferner 6 oberpfälzische Ab­ teien, die nicht durch die Landesverfassung geschützt waren.9 Noch vor dem Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803, der hierzu erst die recht­ liche Grundlage lieferte, wurde bereits aufgrund einer geheimgehaltenen In­ struktion vom 2$. Januar 1802 die genaue Erfassung des Vermögens-, Schul­ den- und Personalstands aller ständischen Klöster durchgeführt.,o Es wurde bereits dargelegt, daß die bayerische Diplomatie wesentlichen An­ teil an der endgültigen Formulierung von § 35 des RDH hatte, der die welt8 Weis, Säkularisation 20 u. 41. Rechberg u. Bray warnten wegen möglicher Brüskie­ rung der Bevölkerung, Gefährdung des in­ neren Friedens, Erschütterung des Rechtsbe­ wußtseins, sie übten Kritik an der Auswei­ sung der «Ausländer», d. h. der Nichtbayem unter den Bettelmönchen, ohne jede Unter­ stützung. 9 Scheglmann (Anm. 7); P. Ruf, Die Sä­ kularisation u. die Bayer. Staatsbibliothek, I. Die Bibliotheken d. Mendikanten u. Theatiner, 1799-1802, 1962 (mehr nicht erseh.); S. Arndt-Baerend, Die Klostersäkularisation in München 1802/03, 1986; G. Schwaiger, Das Ende einer geistlichen Stadt (Ders., Hg., Monachium sacrum) 1994, 193—220; C. Jahn, Die erste Säkularisationsmaßnahme d.

Regierung Montgelas. Die Aufhebung d. Paulanerklosters in München 1799 (D. Al­ brecht - K. O. v. Aretin - W. Schulze, Hgg., Europa im Umbruch 1750-1850) 1995, 319-333; weitere Lit. bei W. Müller (Anm. 6) und Weis, Säkularisation. Ober­ pfalz. Abteien: E. Weis, Ein eigenhänd. Gutachten v. Montgelas z. Säkularisation d. oberpfälz. Klöster u. z. Streit mit Herzog Wilhelm in Bayern (D. Albrecht - D. Götschmann, Hgg., Forsch, z. bayer. Gesch., FS W. Volkert) 1993, 177-196. Zur Säkularisation in den neuerworbenen Gebieten, mit Lit.: W. Müller (Anm. 6) 54-84. 10 Gedr. bei Scheglmann (Anm. 7) I 191-199, dazu Weis, Säkularisation 40.

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liehen Fürsten ermächtigte (nicht zwang), die Klöster und Stifte auch in ihren alten Besitzungen unter anderem zur Erleichterung ihrer Finanzen einzuzie­ hen.11 Aufgrund dieses Reichsgesetzes12 beschlagnahmten Kommissäre des Staa­ tes im März und April 1803 auch die bisher durch die Ständeverfassung ge­ schützten 67 Abteien und Kollegiatstifte in Altbayem.13 Alle deutschen Staaten, in denen es noch Klöster gab, und auch einige, die evangelisches Stiftungsvermögen einzogen, machten von der durch den RDH gebotenen Entschädigungsmöglichkeit Gebrauch, ausgenommen Österreich, das bereits die josephinische Klostersäkularisation hinter sich hatte, in dem allerdings wichtige alte Abteien in ihrem alten Bestand mit ihren Archiven, Bi­ bliotheken und Sammlungen weiterbestehen konnten. Einige Staaten mit pro­ testantischen Dynastien wie Preußen, Baden, Hessen und Nassau gingen mit Rücksicht auf ihre neugewonnenen katholischen Untertanen bei der Kloster­ aufhebung schonender und selektiver vor als Bayern. Die Zahl der zerstörten bedeutenden Klosterkirchen in Bayern war zum Glück nicht groß. Es wurden nur einige dieser Kirchen abgerissen - in der Regel durch die neuen Besitzer -, und zwar nur dann, wenn die Kirchen als Pfarrkirchen nicht gebraucht werden konnten und niemand für sie die Baulast übernehmen wollte. Das Zeitalter hatte wenig Verständnis für den künstlerischen Wert der Barock- und Rokoko­ kirchen. Im Gegensatz zu früheren Säkularisationswellen bemühte sich die Regierung Bayerns, besonders bei Aufhebung der ständischen Klöster, um planmäßige Si­ cherstellung wenigstens der wertvolleren Teile der Archive und Bibliotheken sowie teilweise der Kunstschätze.14 Vieles ging trotzdem verloren, zumal das

" S. oben § 1 e und Weis, Säkularisation. 12 K. D. Hömig, Der RDH vom 25.2.1803 u s. Bedeutung f. Staat u. Kirche unter bes. Berücksichtigung württ. Verhältnisse, 1969, vertritt die Auffassung, daß der RDH verfas­ sungswidrig gewesen sei (u. a., weil man die geistlichen Reichsstände nicht mit abstim­ men ließ). Wie frühere Staatsrechtsautoren bezeichnet er den RDH zwar als verfas­ sungswidrig, aber aufgrund eines revolutio­ nären Akts doch als rechtswirksam. Dagegen betont K. Härter, Reichstag u. Revol. (§ 1 Anm. 23) 396, das Verfahren sei streng legal gewesen. 13 Die Zahl nach W. Mülle» (Brandmül­ le» III) 42 (nach Abzug der 6 oberpfälz. Ab­ teien). - Zusätzlich zu der in Anm. 7 und 9 angegebenen Lit.: J. KiRMEiE» u. Μ. Treml (Hgg.), Glanz u. Ende der alten Klöster. Säkul. im bayer. Oberland 1803, 1991; V. Dotterweich u. a. (Hgg.), Die Säkul. im Bistum Augsburg (1802-1803), 1986; O. Riess, Die Abtei Weltenburg zw. Dreißig-

jähr. Krieg u. Säkularisation, 1975; Μ. A. Eder, Die Säkularisation d. Prämonstratenserklosters Schäftlarn mit einem Ausblick auf die Wiederbegründung als Bendiktinerkloster (OA 119) 1995, 147-215; W. Scher­ baum, Das Augustinerchorherrenstift Bern­ ried, 1997; ferner die in Anm. 18 angegeb. Arbeiten.- K. Hausberger (Anm. 28) 18-45 zeigt, daß Montgelas auch vor und während der Säkularisation ständig über seine Ge­ sandten in Wien, Gravenreuth, und in Paris, Cetto, mit der Kurie wegen eines Konkor­ dats verhandeln ließ. In Rom stieß man sich nach dem Konkordat mit Napoleon von 1801 kaum mehr an der Säkularisation, wohl aber an der Einführung der Gleichberechti­ gung für Protestanten in Altbayem und Franken, der Aufhebung der Zensur, der Zurückdrängung des kanonischen Rechts usw. Hierzu auch Weis, Säkularisation 15. 14 Der sachkundige Gutachter über die Bi­ bliotheken der Klöster war Joh. Christoph Frhr. v. Aretin. Was gerettet wurde, geschah



A. 1. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799—1825)

mit der Aufhebung betraute staatliche Personal zahlenmäßig gering und teil­ weise von der Aufgabe einfach überfordert, teilweise auch brutal oder korrupt war.15 Im Gegensatz zur Reformationszeit war um 1800 zumindest die große Mehrzahl der ständischen Klöster disziplinär intakt,Iti viele leisteten noch Be­ achtliches auf den Gebieten der Wissenschafts- und der Kunstpflege,17 vor al­ lem lag das ländliche Schulwesen überwiegend in ihrer Hand. Über die sozialen Auswirkungen weiß man heute dank einiger Spezialstudien Genaueres, zumindest für die grundbesitzenden ständischen Klöster und Stifte.18 Diese waren in Bayern Grundherren über etwa 28% aller Bauernhöfe des Landes. Für weitere etwa 25 % waren Grundherren Pfarreien, die grund­ sätzlich nicht enteignet wurden, sowie außerbayerische kirchliche Institutio­ nen, vor allem Bischöfe, Domkapitel, fromme Stiftungen und ausländische Or­ den, die überwiegend säkularisiert wurden. Für die Bauern der jetzt säkulari­ sierten geistlichen Grundherrschaften änderte sich im Prinzip nichts: Sie blie­ ben auf ihren Höfen und mußten in Zukunft ihre Abgaben an den Staat statt an ein Kloster oder Stift entrichten. Die staatlichen Behörden waren in der Re­ gel strenger und genauer bei der Einhebung der Abgaben, als es früher die meist nachsichtigen Klöster gewesen waren.19 Nach der Säkularisation war der Staat

überwiegend durch ihn. Bezeichnend für sein aufklärer. Sendungsbewußtsein: W. Bach­ mann (Hg.), J. Chr. v. Aretin, Briefe über meine literar. Geschäftsreise in die bayer. Ab­ teien, 1971. Dazu Weis, Säkularisation 8. 15 Beispiele von teilweise planmäßiger Zerstörung von Kulturwerten: C. Grimm, Kunstbewahrung u. Kulturverlust (Kirmeier-Treml, Hgg., Glanz u. Ende, Anm. 13) 78-85; Bibliotheken u. Archive: H. Hauke, Die Bedeutung der Säk. f. d. bayer. Bibliotheken (ebd.) 87-97; Ruf (Anm. 9); W. Jaroschka, Die Klostersäkula­ risation u. d. Bayer. Hauptstaatsarchiv (ebd.) 98-107; Kunst auch: Männlich II (§ 1 Anm. 16) 497-503. 10 Die einzige bekannte Ausnahme war das Kloster St. Veit im heutigen Neumarkt St. Veit. 17 Das Augustinerchorherrenstift Polling verfugte mit 80000 Bänden über die nach der Bayer. Hofbibliothek größte Bibliothek des Landes, die auch die wichtigsten Werke, Lexika und Zeitschriften der protestanti­ schen Staaten und der europ. Aufklärung enthielt: R. van Dülmen, Propst F. Töpsl (1711-1796) u. d. Augustiner-Chorhen-enstift Polling, 1967; A. Schmid, Aventiniana aus d. Augustiner-Chorherrenstift Polling (ZBLG 44) 1981, 693-721. Allg.: A. Schmid, Die Rolle d. Klosterbibliotheken

im wiss. Leben des 17. u. i8. Jhs. (P. Raabe, Hg., Öffentl. u. private Bibi, im 17. u. 18. Jh.) 1979, 143-186. Über ehemalige bayer. Mönche als bedeutende Naturwissenschaft­ ler: E. Weis in HB IV/2, 1975, bes. 10341043. Die vorbildliche Wetterbeobachtungs­ station des Stifts Rottenbuch auf dem Ho­ henpeißenberg konnte vom Staat erst 1878 wieder in Betrieb gesetzt werden. 18 Vor allem A. Schlittmeier, Die wirtschaftl. Auswirkungen d. Säkularisation in Niederbayern, unters, am Beispiel d. Abtei Niederalteich u. seiner (!) Probsteien (!) Rinchnach u. Sankt Oswald, 1961; R. Hadbrstorfer. Die Säkularisation d. oberbayer. Klöster Baumburg u. Seeon. Die wirtschaftl. u. sozialen Wandlungen, 1967; ferner die in Anm. 13 genannte Lit., bes. Riess, Eder u. Scherbaum; Weis, Säkularisation 47-50; D. Stutzer, Klöster als Arbeitgeber um 1800. Die bayer. Klöster als Untemehmenseinheiten u. ihre Sozialsysteme z. Zt. d. Säkulari­ sation 1803, 1986 (wichtig). Mehr volkstüm­ lich und auf die Durchführung der Säk. ab­ gestellt: D. Stutzer, Die Säkularisation 1803. Der Sturm auf Bayerns Kirchen u. Klöster, 19782. Klosterwald: H. 'Diemel, Die säkularisierten Klosterwaldungen in Altbayem, 1924. ” Stutzer, Klöster (Anm. 18).

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Grundherr über etwa 6$ % (davor über etwa 11%) der Bauernhöfe, der Adel über etwa 28 %, Städte und Märkte über etwa 1 %. Für die Bauern der früheren Klostergrundherrschaften wurde zwar durch die kurfürstliche Verordnung vom 27. Juni 180220 die theoretische Möglichkeit eröffnet, das Obereigentum des Staa­ tes abzulösen, aber es wurden keine Kreditkassen hierfür geschaffen, die meisten Bauern hatten, auch abgesehen von der Geldfrage, noch Bedenken, eine Ablö­ sung anzustreben. Sie sahen zunächst hierin keinen Vorteil und befürchteten, aus den Ablösungsraten werde eine neue Sondersteuer. Und der Staat seiner­ seits glaubte, in der damaligen Situation noch nicht auf die Masse der grund­ herrschaftlichen Abgaben verzichten zu können, die zeitweise bis zu einem Viertel seiner Jahreseinnahmen ausgemacht haben sollen. Die Ablösung des Obereigentums kam in größerem Umfang erst in den zwanziger und dreißiger Jahren, endgültig durch das Gesetz vom 4. Juni 1848, in Gang. Da in Bayern die Klöster wie auch die anderen Grundherren fast ihren ge­ samten Grundbesitz an selbständig wirtschaftende Bauern ausgegeben hatten, die an ihren Höfen das Nutzeigentum besaßen (System der Grundherrschaft westlich der Elbe), kamen nach der Klosteraufhebung für Versteigerungen nicht die von den Bauern bewirtschafteten Güter, sondern nur die bisher von den Klöstern selbst betriebenen Wirtschaftsuntemehmen (z. B Brauereien, Mühlen, Ziegeleien, Sägewerke), die Klostergebäude und der Klosterwald, des­ sen bessere Teile sich aber der Staat vorbehielt, in Betracht. Diese wurden in der Regel von wohlhabenden Bürgern, Adeligen und Bauern aus der näheren Umgebung erworben, nicht selten auch von in- oder ausländischen Spekulan­ ten, welche die Objekte bald weiterverkauften. Die Klöster hatten zahlreiche Handwerker, auch Kunsthandwerker, beschäf­ tigt. Das Kloster Niederalteich beispielsweise, das nach Tegernsee reichste Klo­ ster Altbayems, hatte 200 Häusler und Tagwerker sowie 43 selbständige Hand­ werker mit klösterlicher Konzession beschäftigt, außerdem hatte es selbst 15 weitere Gewerbekonzessionen innegehabt. Die Regierung teilte aus sozialen Gründen einen Teil der zu versteigernden Grundstücke in kleinere Parzellen auf und bot sie preisgünstig den früheren Klosterbediensteten an. Für die Handwerker und vor allem die Kunsthandwerker, die im Dienst der Klöster gestanden hatten, bedeutete die Umstellung auf den Beruf des Kleinstlandwirts meist einen Abstieg mit allmählichem Verlust ihrer beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten. Die ehemaligen Klosterdörfer verödeten teilweise.21 Welchen Gewinn zog der Staat aus der Aufhebung aller Klöster? Sicher ist zu­ nächst der Gewinn des Staates durch den Waldbesitz. Die ehemaligen Kloster­ waldungen machen noch heute etwa ein Drittel der bayerischen Staatsforsten

20 Schimke Nr. 28. 21 Die Zahlen für Niederalteich nach Schlittmeier (Anm. 18). Für die Frage nach Strukturveränderungen auch Haderstorfer

(Anm. 18). - Beispielsweise für das Gebiet von Dießen und das Westufer des Ammer­ sees begannen Jahrzehnte der Armut und Not.

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aus. Sie schlugen nicht sofort finanziell zu Buche, brachten aber dann bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts Gewinne ein. Der zweite Bereich lag auf wissen­ schaftlichem und künstlerischem Gebiet und ist daher nicht in Zahlen erfaßbar. Die Handschriften, Urkunden, Akten und Bücher, die der Staat aus den Bibliothe­ ken und Archiven der aufgehobenen Klöster sicherstellte - trotz schwerer Ver­ luste — und großenteils in München zentralisierte, trugen wesentlich dazu bei, daß die Landeshauptstadt zu einem Zentrum geisteswissenschaftlicher For­ schung wurde. Auch die naturwissenschaftlichen Sammlungen der Klöster wa­ ren für die damalige Zeit sehr beachtlich. Schließlich bildeten die Kunstwerke, die man aus den aufgehobenen Abteien — in den Kirchen selbst beließ man sie meistens — in die Galerien und Museen verbrachte, zusammen mit den älteren Sammlungen der Wittelsbacher den Grundstock der bayerischen Staatsgemälde­ sammlungen und der Museen. Wie hoch aber war der finanzielle Gewinn, der doch das eigentliche Argu­ ment für diese Maßnahmen war, für den Fiskus? Montgelas gibt den Nettoge­ winn mit jährlich einer Million Gulden während seiner Ministerzeit an.22 Ob­ wohl Montgelas’ Rechenschaftsbericht sonst in Einzelheiten ziemlich zuverläs­ sig ist, ist die vorliegende Angabe durch die Akten nicht zu bestätigen. Lange Zeit hatte die Regierung selbst offensichtlich keinen Überblick darüber, in welchem Verhältnis die Einnahmen und die sehr hohen Nachfolgelasten der Säkularisation zueinander standen. Der Staat lebte während der sieben Kriege, der Besatzungszeiten und der Erwerbung ständig neuer Gebiete finanziell sozu­ sagen von der Improvisation. Die Forschungen von Walter Demel haben für die Jahre 1812-1815 und die von Bemarda Wagner für 1825 staatliche Berech­ nungen ermittelt, die aufgrund der noch auffindbaren Rechnungen in der Rückschau genaueren Aufschluß über dieses vielschichtige Problem ermög­ lichen, ohne indessen eine vollständige und absolut sichere «Bilanz» bieten zu können.23 Nach Demel brachte die Veräußerung von Staatsrealitäten dem Fis­ kus bis 1813 zusätzlich 20 Millionen Gulden ein und trug dadurch wesentlich zur Entlastung des Staates, vielleicht zu seiner Rettung, bei. Nach der schon früher von B. Wagner aufgefundenen Endabrechnung von 1825 hätten die Nettoeinnahmen des Staates aus der Klostersäkularisation insgesamt nur höch­ stens 5 Millionen Gulden betragen, was, gemessen an den Ausgaben des Staates durch Kriege, Besatzung und Erwerb neuer Gebiete, äußerst wenig gewesen wäre.24 22 Montgelas, Compte rendu 129. 23 Demel 179-185, 202-207. Dagegen z. T. begrifflich unklar A. Schneider, Der Gewinn d. bayer. Staates v. säkularisierten landständ. Klöstern in Altbayem, 1970. Wichtig B. Wagner, Die Säkularisation d. Klöster im Gebiet d. heutigen Stadt Passau 1802-1836, 1935. - W. Demel faßt das Er­ gebnis seiner Forschungen in diesem Punkt

auch zusammen in: Die Begründung d. mo­ dernen bayer. Flächenstaates im Zusammen­ hang mit d. Säkularisation (Arbeitshefte des BLfD 65) 1995, 174-179. 24 Demel hält - anders als frühere Auto­ ren, auch Weis, Säkularisation 31-54 - den finanziellen Gewinn des Staates, wenn man den Rückgang u. das Aufhören der Pen­ sionszahlungen und den zunehmenden fi-

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Montgelas hat neben der Entlastung der Staatsfinanzen, ferner neben seiner weltanschaulichen antimonastischen Zielsetzung, noch ein drittes, ein politisches Ziel anvisiert und auch erreicht: Mit dem Prälatenstand wurde der Erste, der vermögendste Stand aus der Landschaft herausgebrochen. Es war den Zeitge­ nossen, auch den Ständevertretern selbst, klar, daß bald auch die beiden ande­ ren Stände, der Adel und die Städte, folgen würden und damit das Ende der Ständeverfassung gekommen wäre. Dies aber war die Voraussetzung für die Durchführung der geplanten Reformen der Regierung, angefangen von der Ab­ schaffung der Steuerprivilegien.2* In seinem nach der Entlassung verfaßten Re­ chenschaftsbericht an den König schilderte Montgelas die Säkularisation als ei­ nes seiner großen Verdienste um Staat und Gesellschaft, trotz mancher Mängel bei der Ausführung, die er zugibt.26 Allerdings hat er zu verschiedenen Zeiten auch geäußert, die treibende Kraft bei der Säkularisation sei nicht er, sondern Zentner gewesen.27 Dennoch wäre das Ganze nicht durchzuführen gewesen ohne den Willen und die beharrlichen Bemühungen des seit 1800 in Bayern so mächtigen Ministers. Die Regierung gliederte die Mönche, die vom Staat wie auch im übrigen Deutschland bescheidene Pensionen erhielten, möglichst bald in die Seelsorge, den Unterricht und in wissenschaftliche Unternehmungen ein, sofern sie dazu bereit waren. Das beträchtliche Eigentum der Pfarrkirchen tastete der Staat nicht an. Im Gegenteil verwirklichte Montgelas einen Punkt seines frühen Pro­ gramms von 1796, wenn er das Netz der Pfarreien dichter gestaltete, die sehr schlechte Versorgung eines Teils der Pfarrer und Vikare sowie deren Bildungs­ stand verbesserte. Montgelas führte den obligatorischen Pfarrkonkurs in Bayern ein. c) Staat und Kirche bis 1814. Bei der straffen Handhabung der staatlichen Kirchenho­ heit verbanden sich die Traditionen des bayerischen Staatskirchenrechts seit dem 16. Jahrhundert, die Montgelas eingehend studiert hatte, mit den Ideen der Aufklärung, die dem Staat die Rolle des Schiedsrichters, einer obersten Aufsichtsinstanz und teilweise des Gesetzgebers gegenüber den Kirchen zuwies. Die Abgrenzung zwischen der weltlichen und der kirchlichen Jurisdiktion wurde verschoben, zum Beispiel indem der Staat die Strafgerichtsbarkeit über Geistliche, die Ehegerichtsbarkeit, die Schulaufsicht und das Recht der Beset­ zung der früheren Klosterpfarreien an sich zog.28 nanziellen Ertrag im Lauf des 19. Jhs. be­ rücksichtigt, doch für erheblich. Für die Jah­ re 1802-1809 glaubt Dbmel, der Ertrag der Realitätenverkäufe habe den Staat mögli­ cherweise gerettet. 25 Vgl. oben § 1 d. 26 Montgelas, Compte rendu 128-131. Das Verschwinden der zu vielen Kirchen und Kapellen erwähnt er mit Stolz.

27 Weis, Säkularisation 43; Dobmann, Zentner 23-36. 28 Doeberl II 495-502; Sicherer (§ 3); A. Doeberl, Die bayer. Konkordatsverhand­ lungen in d. Jahren 1806-1807, 1924; B. Bastgen, Bayern u. d. Hl. Stuhl in d. ersten Hälfte d. 19. Jhs., 2 Teile, 1940; Schwaiger; K. Hausberger, Staat u. Kirche nach d. Sä­ kularisation. Zur bayer. Konkordatspolitik

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Die meisten Bischofsstühle waren verwaist, es war unklar, wer die Pfarrer zu bestellen hatte. Es lag nicht nur im Interesse Roms, sondern auch der bayeri­ schen Regierung, daß der bestehende, fast anarchische Zustand durch ein Kon­ kordat geregelt wurde. Bayern strebte dabei danach, eine Kirchenprovinz und Diözesen zu erhalten, die ausschließlich auf bayerischem Staatsgebiet lagen, fer­ ner den entscheidenden Einfluß auf die Ernennung der Bischöfe und Domka­ pitulare und auf die Ausbildung des Klerus ernstlich zu erhalten. Deswegen verhandelte die Regierung auch vor, während und nach der Säkularisation, die von Rom im Hinblick auf das französische Konkordat von 1801 nach 1803 im Gegensatz zu der übrigen kirchenpolitischen Gesetzgebung Bayerns nicht mehr ernstlich in Frage gestellt wurde, ferner in den Jahren 1806-1807 und wieder ab 1816 kontinuierlich mit dem Hl. Stuhl über den Abschluß eines Konkor­ dats.29 Bis 1806 zog die Kurie den Abschluß eines Reichskonkordats vor. Nach der Bildung des Rheinbundes und der Auflösung des Reiches verhandelte Bayern 1806/07 intensiv mit Rom, gleichzeitig war es, ebenso wie Württemberg be­ strebt, alle Versuche des Fürstprimas Dalberg zu durchkreuzen, mit Hilfe Na­ poleons ein Konkordat des Rheinbundes abzuschließen. Die Kurie kam, wohl ohne dies zu wissen, Montgelas zu Hilfe, da sie alle Verhandlungen mit Dal­ berg ablehnte, in dem sie einen Vertreter des alten, aristokratischen Reichsepi­ skopats sah, dessen kritische Haltung gegenüber Rom im Nuntiaturstreit von 1785 und in der Emser Punktation von 1786 zum Ausdruck gekommen war. Montgelas ließ durch seinen Gesandten in Rom, Bischof Häffelin, die Kurie in dieser Meinung bestärken. Auch Napoleon selbst hatte, besonders nachdem er 1808/09 den Kirchenstaat annektiert hatte und der Papst deportiert war, kein Interesse mehr an einem rheinbündischen Konkordat. Die bayerische Regierung ihrerseits einigte sich nach intensiven Verhandlun­ gen 1807 mit dem Nuntius della Genga auf den Text eines Konkordats, das dem von 1817 bereits stark ähnelte. Dem König von Bayern wurden u. a. das Vorschlags- und Ernennungsrecht für die Bischöfe und Domkapitulare sowie die gewünschte Diözesaneinteilung zugestanden. Die Kurie war jedoch nicht bereit, diesem Text zuzustimmen, und zwar vor allem nicht wegen der in Bay­ ern eingeführten Parität für die Protestanten und wegen der Zurückdrängung

im frühen 19. Jh., 1983; W. Müller (Brandmüller III) bes. 109-120.- Weitere Lit.: R. Wichterich, Sein Schicksal war Napoleon. Leben u. Zeit des Kardinalstaats­ sekretärs E. Consalvi, 1951; L. Ebert, Der kirchenrechtl. Terntorialismus in Bayern im Zeitalter d. Säkularisation, 1911; FranzWilling, Die bayer. Vatikangesandtschaft 1803-1934, 1965; B. Zittel, Die Vertretung d. Hl. Stuhls in München 1785-1934 (Der Mönch im Wappen) 1960, 419-494; K.

Schottenloher, Der bayer. Gesandte Kasi­ mir Haeffelin in Malta, Rom u. Neapel, 1796-1827 (ZBLG 5) 1932, 380-415; Bauer (Anm. 6); R. Fendler, J. C. v. Haeffelin, Historiker, Kirchenpolitiker, Diplomat u. Kardinal, 1980. Weitere Lit. zu Haeffelin bei L. Hammermayer in HB. II 1988, 1267 u. 1276. 29 Hausberger 23-139, auch für das Fol­ gende.

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der kirchlichen Gerichtsbarkeit, besonders im Eherecht.30 Lag in diesen Fragen die Verantwortung für den Abbruch der Konkordatsverhandlungen bei Rom, so erhöhte andererseits die rücksichtslose und bürokratische Kirchenpolizei Bayerns gegenüber den Bischöfen von Chur und Trient, die schließlich ausge­ wiesen wurden, und von Brixen, der in allem nachgab, und deren Klerus die Spannungen. Im September 1807 wurden die Konkordatsverhandlungen von beiden Seiten abgebrochen.3* Sie wurden erst nach den weiteren dramatischen politischen Veränderungen seit 1816 durch die Regierung Montgelas wieder aufgenommen.32 Mehr als die Säkularisation traf die kleinliche polizeiliche Reglementierung aller kultischen Handlungen auf den Widerstand weiter Bevölkerungskreise. Wie schon früher im Josefinismus, so wurden jetzt auch in Bayern nicht nur aber­ gläubische und geschmacklose Volksbräuche verboten, sondern auch so belieb­ te Einrichtungen wie etwa die mitternächtliche Christmette, Prozessionen, Pas­ sionsspiele und Weihnachtskrippen. Darin zeigte sich ein gewisser aufkläreri­ scher Bildungsdünkel, die Überschätzung der eigenen Erziehungsmission und ein bürokratisch-polizeistaatliches Verwaltungsdenken.33 Die Abschaffung einer Anzahl entbehrlicher kirchlicher Feiertage, die seit den siebziger Jahren in der Kirche nichts Neues war, berührte die Interessen der Handwerksgesellen und Lohnarbeiter. Daher kam es, vor allem 1802, zu Tumulten von Handwerksgesellen in München, Straubing, Aibling und an anderen Orten, die sich dagegen wehr­ ten, daß sie durch die Polizei an abgeschafften Feiertagen zur Arbeit gezwun­ gen werden sollten. Die Polizei und selbst zu Hilfe geholtes Militär zogen da­ bei zunächst meist den kürzeren.34 Wenn der größte Teil der Bevölkerung in Bayern auch damals zweifellos noch der katholischen bzw. der lutherischen Kirche verbunden war, so ist doch andererseits, so wie im ausgehenden 18. Jahrhundert in ganz Europa, bei einer starken Minderheit bereits eine Entfremdung von den Kirchen und ein gewis­ ser Mentalitätswandel festzustellen, der durch die Kriege noch verstärkt wurde. Die Forschungen hierzu, die quellenmäßig schwierig sind, sind noch im Fluß. Auch erscheint noch nicht sicher geklärt, wie sich das Wiedererstarken der Kirchen, besonders des Katholizismus, seit dem Sturz Napoleons und seit der Romantik auf die den Kirchen zuvor entfremdeten Kreise ausgewirkt hat.33

30 Ebd. 88-110, auch über Kontroversen zwischen dem für ein Entgegenkommen gegenüber Bayern eintretenden Nuntius del­ la Genga und dem Führer der ultrakonserva­ tiven Kardinalsgruppe in Rom, Antonelli. 31 Ebd. 110-121. 32 S. unten § 5 b. 33 Den Gegensatz zwischen gouvemementaler Aufklärung u. Volksfrömmigkeit unter­ sucht unter religionssoziolog. Gesichtspunk­ ten u. a. F. Μ. Phayer, Religion u. das Ge­

wöhnliche Volk in Bayern in der Zeit v. 1750-1850, 1970, bes. 51-81, 103-118. 34 W. Hansbder, Tumultuarische Auftrit­ te. Lokale Unruhen in Bayern an d. Wende vom 18. z. 19. Jh. (OA 113) 1990, 231-297. 33 Zum Mentalitätswandel u. gleichzeitig dem gesellschaftl. Wandel: W. K. Blessing, Staatsintegration als soziale Integration. Zur Entstehung d. bayer. Gesellschaft im frühen 19. Jh. (ZBLG 41) 1978, 633-700; Den., Umbruchkrise u. «Verstörung». Die «Napo-

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d) Die Politik gegenüber dem Adel. Während der früher Erste Stand des Landes, der Prälatenstand, seit der Säkularisation der Klöster und Stifte verschwunden war, blieb der Adel zwar nur bis zum Ende der Landschaft 1807 ein Stand, er verlor dann den größten Teil seiner Privilegien, aber seine oberen Schichten blieben doch bis 1918 gesellschaftlich einflußreich. Dieser Einfluß mußte sich jetzt vor allem auf Besitz stützen. Das zeigte sich bereits deutlich an der Kon­ stitution von 1808. Nach ihr sollten die Mitglieder der geplanten Reichsver­ sammlung unterschiedslos aus den Reihen der Landeigentümer, Kaufleute und Fabrikanten gewählt werden, die die höchste Grundsteuer bezahlten.36 Insge­ samt bestand immer weniger ein grundsätzlicher Unterschied zu den kapital­ kräftigen Schichten des Bürgertums, die überdies teilweise geadelt wurden. Und in der Verwaltung entstand bereits in der Ära Montgelas eine gemischt adelig-bürgerliche Bürokratie, die, wie in anderen deutschen Staaten auch, zu­ nächst die Reformen trug und auch im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts einen starken Einfluß auf den Fortgang der gesellschaftlichen Entwicklung aus­ übte. Der bayerische Adel setzte sich nach den Territorialveränderungen sehr kom­ plex zusammen: 1) Die Standesherren, also die früher reichsunmittelbaren Fürsten und Grafen. Sie genossen sowohl auf Grund der Rheinbundakte von 180637 als auch später auf Grund der Bundesakte von 1815,38 der bayerischen Verfassung von 181839 und der Beilage IV zu dieser Verfassung gewisse Vorrechte. Sie behielten ihre

leonische» Erschütterung u. ihre sozialpsycholog. Bedeutung (ZBLG 42) 1979, 75106; Ders., «Der Geist d. Zeit hat d. Men­ schen sehr verdorben...» Bem. z. Mentalität in Bayern um 1800 (E. Weis, Hg., Refor­ men im rheinbünd. Deutschland) 1984, 229— 250; Blessing, Staat u. Kirche. - Phayer (Anm. 33); H. Puchta, Zum Schicksal eines Kruzifixes v. Veit Stoß in d. Ara Montgelas (ZHVS 80) 1986/87, 13 3-140; Brandmül­ ler III, Teil 2. 36 Konstit. v. 1808, Titel 4 § 1. - Lit zu Adel u. Grundherrschaft: S. Hausmann, Die Grundentlastung in Bayern, 1892; Ch. Meu­ rer, Das Zehent- u. Bodenzinsrecht in Bay­ ern, 1898; F. Lütge, Die landesherrl. Urbarsbauem in Ober- u. Niederbayern, 1943; Ders., Die bayer. Grundherrschaft, 1949; Ders., Gesch. der dt. Agrarverfassung, 1967; Hofmann, Adelige Herrschaft; F. Haus­ mann, Die Agrarpolitik d. Regierung Mont­ gelas, 1973; D. Stutzer, Gesch. d. Bauern­ standes in Bayern, 1988, 162-191; Μ. Stolleis, Die bayer. Gesetzgebung z. Herstellung eines frei verfügbaren Grundeigentums (H. Coing-W. Wilhelm, Hgg., Wiss. u. Kodi­

fikation d. Privatrechts im 19. Jh. III) 1976, 44-117; Möckl, Staat; Demel; W. Demel, Die wirtschaftl. Lage des bayer. Adels in d. ersten Jahrzehnten d. 19. Jhs. (A. v. RedenDohna u. a., Hgg., Der Adel an d. Schwelle d. bürgerl. Zeitalters 1780-1860) 1988, 237269; Ders., Struktur u. Entwicklung d. bay­ er. Adels von d. Mitte des 18. Jhs. bis z. Reichsgründung (ZBLG 61) 1998, 295-34$; E. Feichtner, Die Bauernbefreiung in Nie­ derbayern, 1993; E. Weis, Die Reformen d. Regierung Montgelas zugunsten d. bayer. Bauern (1799-1817). Planung u. Wirklich­ keit (J. Kocka u.a., Hgg., Von der Arbei­ terbewegung z. modernen Sozialstaat, FS G.A. Ritter) 1994, 503-516; M.C. Schimke, Die Herrschaften (§ 1 Anm. 12) 199$; Schimke, Regierungsakten 83-237. Weitere Lit. oben vor § 1 und vor § 3. — Zum Ver­ gleich: W. v. Hippel, Die Bauernbefreiung im Kgr. Württemberg, 2 Bde., 1977. 37 Rheinbundakte v. 12. 7. 1806 Art. XXVII u. XXVIII und darauf erschienene bayer. De­ klaration v. 19. 3. 1807 (Schimke Nr. 8). 38 Art. XIV. 39 Titel V § 3 und Titel VI § 2 Abs. 4.

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Domänen, fast alle ihre alten Feudal- und Gerichtsrechte, den privilegierten Gerichtsstand. Nur ihre politischen Hoheitsrechte gingen an den neuen Souve­ rän, den bayerischen Landesherm, über. In Bayern und den anderen süddeut­ schen Staaten hatten sie auf Grund der Verfassungen von 1818/20 jeweils einen erblichen Sitz in der Ersten Kammer. 2) Die ehemaligen Reichsritter und die Patrizier der Reichsstädte, die in Franken und Schwaben die Masse des Adels gebildet hatten, wurden dem altbayerischen landsässigen Adel gleichgestellt. 3) Der landsässige altbayerische Adel. Auch ihm konnten die Reformen der Re­ gierung erst voll nach dem Ende des Reiches und damit der landständischen Verfassung in Bayern aufgezwungen werden. Hauptziele der bayerischen Adelspolitik waren, die Rechtsverhältnisse, so wie allgemein, auch im Hinblick auf den Adel zu vereinheitlichen, den Adel der Kontrolle des Staates zu unterwerfen, seine Privilegien abzubauen, ohne indes­ sen die gesellschaftliche Stellung und die Existenzgrundlagen dieses nach dama­ liger Auffassung für die Monarchie wichtigen Standes zu vernichten.40 Die we­ sentlichen Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele waren: Rechte wie Steuer­ hoheit, Gesetzgebung, Rechtsprechung, Kirchenaufsicht, Militärgewalt standen nun grundsätzlich dem Staat allein zu. Dem Adel blieben nur vom Staat ihm ausdrücklich zugestandene Rechte. Besonders wichtig war, daß der Adel nun im Prinzip der gleichen Steuerpflicht unterworfen wurde wie alle Staatsbürger, die Steuerprivilegien also abgeschafft wurden, ferner, daß dem Adel jedes aus­ schließliche Recht auf Staatsämter abgesprochen wurde.4142 Der Adel, der früher aus eigenem Recht dem Landesherm gegenübergestan­ den hatte, wurde, nachdem die Konstitution von 1808 im Prinzip die Gleich­ heit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verankert hatte, durch das Organische Edikt vom 28. Juli 1808 von einer königlichen Konzession abhängig gemacht. Die ersten beiden Paragraphen dieses Edikts: «Der Adel kann nur durch eine könig­ liche Konzession erlangt werden» und «Dessen politische Verhältnisse sind durch die Konstitution bestimmt» sind von Montgelas eigenhändig in den Text eingefügt worden.44 Jede Adelsfamilie mußte in Zukunft die Echtheit ihres Ti­ tels nachweisen und wurde dann durch staatliche Beamte in die Adelsmatrikel eingetragen.43 Neben dieser Bestimmung erregte das besondere Mißfallen der

40 Schimke Nr. 3, 4, 7 (letzteres Konstitu­ tion von 1808, hier Erster Teil § V); dazu Demel 211 ff, 300ff., 474fr. 41 Konstitution Erster Teil § V. 42 Schimke Nr. 11. 43 Über die geringe Effektivität dieser Kontrolle des bayer. Reichsheroldenamts: G. Müller, Das bayer. Reichsheroldenamt 1808-1825 (ZBLG 59) 1996, 533-593, bes. 561-568. Es wurden zwar nicht wenige Per­ sonen festgestellt, die einen Adelstitel zu

Unrecht führten, aber es fehlte an Mitteln und wohl auch an dem Willen, sie zu bestra­ fen oder auch nur an der Weiterflihrung dieses Titels zu hindern. Die meisten euro­ päischen Staaten kannten dieses Problem seit langem. - Zu dem auslaufenden Lehenrecht, das sich jedoch in Sonderformen noch bis ins 20. Jh. hielt: G. Pfeiffer, Das Ende d. Lehenswesens in Bayern (FG Spindler II) 1984. 383-397·

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oberen Schicht des Adels die Aufhebung der Familienfideikommisse. Dieser Schritt setzte zahlreiche Adelsbesitzungen dem Zugriff der Gläubiger und dem Zwang zur Erbteilung aus44 und ruinierte dadurch manchen Familienbesitz. Dies führte bereits seit 1808 zu Revisionsbestrebungen. Gegen den Wider­ spruch des reformfreudigen Justizministers Graf Reigersberg setzte Montgelas als Ersatz für die abgeschafften Fideikommisse die Möglichkeit zur Bildung von Majoraten für den Adel durch,45 setzte aber dabei das Mindesteinkommen zur Bildung eines Majorats so hoch an, daß nur wenige Adelige in Bayern, darun­ ter der Minister selbst dank hoher Dotationen, die Voraussetzungen hierfür er­ füllten. Montgelas wollte hiermit nach napoleonischem Muster eine auf Reich­ tum gegründete Oberschicht des Adels schaffen, die gleich den Mediatisierten der Krone am nächsten stand. Ihr gab er sogar die zuvor vom Staat beanspruch­ te hohe Gerichtsbarkeit in Zivilsachen zurück. Die Verfassung von 1818 stellte die Möglichkeit des Fideikommisses auch für kleinere Vermögen wieder her, aber es waren nach den Erschütterungen der vergangenen Jahre nur noch ganz wenige Adelsfamilien in der Lage, ein Fideikommiß zu begründen. Die Siegelmäßigkeit, d. h. das Recht des Adels, Urkunden in eigener Sache auszustellen, das auch materielle Vorteile beinhaltete, wurde in der Reform­ phase 1808 aufgehoben, durch die Verfassung von 1818, Beilage VIII, wieder­ hergestellt, aber jetzt auch auf die höheren Beamten ausgedehnt, was das Zu­ sammenwachsen dieser neuen adelig-bürgerlichen bürokratischen Führungs­ schicht unterstrich.46 Ein weiteres wesentliches Vorrecht des Adels, die Patrimonialgerichtsbarkeit, wurde in Bayern (wie in Preußen) nicht vor 1848 abgeschafft, während Würt­ temberg sie bereits 1809 und Baden 1813 beseitigt hatten. Grundsätzlich wurde nun in Bayern die Patrimonialgerichtsbarkeit von den Adeligen nicht mehr auf Grund eigenen Rechts, sondern als von der staatlichen Gerichtsbarkeit delegiert ausgeübt. Hinsichtlich der juristischen Vorbildung der Patrimonialrichter machte der Staat Auflagen, ebenso ursprünglich wegen der Unabhängigkeit des Patrimonialrichters von seinem adeligen Gerichtsherrn. Diese Art der Gerichts­ barkeit sollte eigentlich nur noch die Freiwillige Gerichtsbarkeit (Verbriefung von Rechtsgeschäften) beinhalten. Jedoch veränderte Montgelas trotz wieder­ holter Proteste des Justizministers Graf Reigersberg diese Regelungen sukzessive zugunsten des Adels. 1812 wurden den Patrimonialgerichten der größeren Adelsbesitzungen (Herrschaftsgerichte) wieder erweiterte straf- und zivilrechtli­ che Kompetenzen eingeräumt.47 Trotz gewisser Verbesserungen durch die Ver-

44 Möckl, Staat 105 f, 240 ff; Demel, Die wirtschaftl. Lage d. bayer. Adels (Anm. 36); J. Eckert, Der Kampf um d. Familienfidei­ kommisse in Deutschland, 1992; Schimke, Regierungsakten 8$ ff; Schimke, Herrschaf­ ten (Anm. 36).

45 Schimke, Regierungsakten Nrr. 18, 20, 21, 22. 46 Möckl, Staat 215 f, 240f; Demel 31; Schimke 87. 47 Hofmann 388-409; Demel 290fr.; Schimkb Nrr. 35-46; Schimke, Herrschaften (Anm. 36).

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fassung von 1818, Beilage VI, blieb dieser unbefriedigende Zustand, den man als Fremdkörper im modernen Staat empfand, bis 1848 bestehen. Warum hat Montgelas seit 1808 zunehmend den Adel, zumindest die Grund­ herren begünstigt?4* Warum setzte er sich immer öfter über die Reformanträge eines Teils seiner Spitzenbeamten und seines Kollegen, des Justizministers Graf Reigersberg, hinweg? Dies zeigte sich besonders deutlich in den Fragen der Ablösbarkeit der Grundherrschaft, der Fronen, der Beutellehen, in der Nicht­ abschaffung der Patrimonialgerichtsbarkeit und der Edelmannsfreiheit,48 4950 *ferner bei der schließlichen Ablehnung der Entwürfe für ein neues einheitliches, vom Code Napoléon beeinflußtes Zivilrecht von 1808/10, i8iis° und 1815 und in Montgelas’ Haltung zur Arbeit der Verfassungskommission von 1814/15?' Un­ ter den Motiven für diese Haltung sind einmal zu nennen die Veränderungen in der Politik Napoleons, der sich in Frankreich mit einer neuen, allerdings nicht mehr privilegierten Adelsschicht, der Noblesse d’Empire, umgab. Ferner hatte Montgelas früher als seine Mitarbeiter bemerkt, daß Napoleon seit dem Beginn des Krieges in Spanien 1808 wohl kein Interesse mehr daran hatte, den deutschen Staaten seinen Code civil aufzuzwingen. Er war nur noch an außen­ politisch zuverlässigen Verbündeten interessiert, die ihm Soldaten zur Verfü­ gung stellten. Schließlich war eine Verstärkung des Einflusses des einheimi­ schen Adels auf König Max seit etwa 1809 unverkennbar. Montgelas wurde wegen seines Adelsedikts, der Herstellung der im Prinzip gleichen Steuerpflicht und der angeblichen Ruinierung angesehener Adelsfamilien durch die Aufhe­ bung der Fideikommisse und seine Majoratspolitik vom Adel immer wieder beim König und auch in der Öffentlichkeit durch Flugblätter angegriffen. Der Minister glaubte, dem Rechnung tragen zu müssen. Vollends war die Zeit für adelsfeindliche Reformen vorbei, als Bayern seit 1813 mit Österreich, Rußland und Preußen verbündet war und Napoleon von der weltgeschichtlichen Bühne abtrat. Daß Montgelas schon 1811 die von ihm selbst entworfene Konstitution von 1808 im Staatsrat mit dem damaligen französischen Druck erklärte, sie fast entschuldigte und gewissermaßen relativierte?2 läßt vermuten, daß er schon längst Napoleons Stern im Sinken glaubte. Immerhin blieben wichtige Refor­ men auf dem Gebiet des Adels bestehen. An den wesentlichen anderen Refor48 Vgl. §§ 3 e, 3 g, 5 c, 5 d. 49 Dazu Schimke 196-237. - Zu einem alten Vorrecht adeliger Grundherren, der Edelmannsfreiheit, das Montgelas trotz der Aufhebung 1808 im Zusammenhang mit der Patrimonialgerichtsbarkeit noch weiter be­ stehen ließ: Möckl, Staat 104; Demel 285 f.; Schimke 86 f, ferner dort Nr. 9 u. ö. 50 W. Demel, Die bayer. Gesetzgebungs­ politik in d. Ära Montgelas u. d. Entstehung d. Entwurfs v. 1811 (W. Demel-W. Schu­ bert, Der Entwurf eines Bürgeri. Gesetz­ buchs f. d. Königreich Bayern v. 1811) 1986,

XLIII-LVI; W. Schubert, Der Entwurf v. 1811 u. d. Tradition d. bayer. Landrechts (ebd.) LVII-LXXXIX. Der Band enthält dann S. 1-665 die Edition des Entwurfs von 1811, hier abgek. Demel-Schubert. 51 E. Weis, Zur Entstehungsgesch. d. bay­ er. Verfassung v. 1818. Die Debatten in d. Verfassungskommission v. 1814/15 (ZBLG 39) 1976, 413-444· 52 Montgelas’ Äußerung in der Sitzung des Geh. Rates v. 6.6. 1811: Schimke Nr. 42. Hierzu Weis, Reformen (Anm. 36).

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men, die nichts mit der Adelspolitik zu tun hatten, hielt Montgelas ohnehin weiter fest.53 e) Grundherrschaft, Feudalrechte — Verbesserungen der agrarischen Landeskultur. Bay­ ern gehörte, wie mit verschiedenen Varianten, fast alle Teile des westelbischen Deutschland und weite Bereiche Westeuropas, zum Bereich der Grundherrschaft mit ihrem geteilten Eigentum: Der Grundherr hatte das Obereigentum über den Hof, der Bauer aber das Nutzeigentum.54 Der Bauer bewirtschaftete seinen Hof in eigener Regie. Das unterschied dieses System von der ostdeutschen Guts­ herrschaft.55 Während es bei den Stein-Hardenbergschen Reformen im Bereich der Gutsherrschaft darum ging, den Bauern zunächst einmal zum Eigentümer wenigstens eines Teiles seines bisherigen Pachtlandes zu machen, bestand das Problem im Bereich der Grundherrschaft, also des geteilten Eigentums, darin, daß der Bauer instand gesetzt werden sollte, das auf seinem Hof ruhende Ober­ eigentum des Grundherrn abzulösen, so daß der Bauer statt Miteigentümer Alleineigentümer würde. Beide Vorgänge werden etwas global als Bauernbe­ freiung bezeichnet. In Bayern wurde bei der besten Leiheform, dem Erbrecht, der Hof in der Fa­ milie des Bauern vererbt. Bei der zweitbesten Leiheform, dem Leibrecht, blieb der Hof nur für Lebzeiten des Inhabers, meist auch noch seiner Frau und eines Kindes, mit Sicherheit im Besitz der Famlie, konnte aber doch in der Praxis meist ebenfalls weitervererbt werden. Die beiden anderen Leiheformen, Neu­ stift und Freistift,56 waren zwar rechtlich für den Bauern ungünstiger, aber de facto konnte er auch hier, wenn er den Hof ordnungsgemäß bewirtschaftete, hoffen, daß der Hof in der Hand seiner Familie bliebe.57 Drückender als die jährlich an den Grundherrn zu entrichtenden Abgaben waren vielfach die bei Übergabe des Hofes zu leistenden Abgaben (Laudemieri), deren Gewicht je nach Region und Grundherrschaft unterschiedlich war. Rückläufig waren die unbe­ zahlten Arbeitsleistungen (Fron, in Altbayern: Scharwerk), die ein Teil der Bau­ ern zu erbringen hatte. Seit langem waren sich Kenner der Agrarverhältnisse darüber im klaren, daß ein Aufschwung der landwirtschaftlichen Produktivität nur möglich war, wenn

53 Weis, ebd. 512. 34 Lit. oben Anm. 36. 53 Zur Gutsherrschaft z. B. F. Lütge, Agrarverfassung (Anm. 36) 1967. Neue For­ schungsergebnisse in: J. Peters (Hg.), Guts­ herrschaft als soziales Modell, 1995 (= HZ Beih. 18); Ders. (Hg.), Konflikt u. Kontrolle in Gutsherrschaftsgesellschaften, 1995. - In den meisten Provinzen des ostelbischen Deutschland gab es neben der Gutsherrschaft auch Grundherrschaft, während es westlich der Elbe keine Gutsherrschaft gab.

56 Neustift: Der Hof muß nach dem Tode des Grundherrn neu erbeten und verliehen werden - diese Form kam in geistlichen GrundherTSchaften vor. - Freistift: Der Bauer kann theoretisch jedes Jahr zu Lichtmeß von seinem Hof entfernt werden. In der Praxis kam auch dies im 18. Jh. kaum mehr vor, da es sich in der Regel um «veranleitete Frei­ stifte» handelte (hierzu Anm. 37). 37 HB Bd. II: D. Albrecht 640-644 und A. Sandbbrger-P. Fried 740 f.

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alle Bauern Alleineigentümer (Allodialeigentümer) oder zunächst einmal erbli­ che Nutzeigentümer ihrer Höfe würden. Nur dann wären sie bereit, langfristig zu investieren. Außerdem forderten die modernen Wirtschaftstheorien des Physiokratismus und des Liberalismus eine Aufhebung der Gebundenheit des Bodens. Die Französische Revolution hatte die Grundherrschaft zunächst als Privateigentum geschützt, sie aber dann 1793/94 abgeschafft, um die Bauern ruhig zu stellen. Montgelas und mehr noch seine Mitarbeiter waren einerseits überzeugt, daß eine Ablösung des Obereigentums am Boden - nur 4 % der bayerischen Bauern waren freie Eigentümer, unterstanden also keinem Grundherrn — mittel- und langfristig den Bauern, der Landwirtschaft und letztlich auch dem Fiskus zugute kommen würde. Andererseits konnte es sich der Staat in der damaligen, haupt­ sächlich durch die europäischen Kriege bedingten Finanznot nicht leisten, auf seine eigenen grundherrlichen Einnahmen zu verzichten, die mindestens ein Viertel der Staatseinnahmen ausmachten.58 War doch der Staat in Altbayern nach der Säkularisation Grundherr über etwa 65 % der bäuerlichen Anwesen. Dennoch unternahm die Regierung bis 1808 wichtige Anläufe, um die Grundherrschaft ablösbar zu machen. Nachdem der Staat Grundherr der bishe­ rigen Klosterbauem geworden war, bot er noch 1803 diesen Grundholden die Möglichkeit an, das Obereigentum über ihre Höfe abzulösen.59 Das Echo war jedoch zunächst gering. Dies erklärt sich aus dem Fehlen von Kreditkassen, aber wohl auch, wie Montgelas vermutete, aus der Tatsache, daß die Beamten aus Eigeninteresse die Bauern nicht ausreichend über diese Möglichkeit aufge­ klärt hatten, was ihnen aufgetragen worden war.60 Montgelas selbst aber ver­ hinderte in einer Staatsratssitzung von 1808 zusammen mit dem Finanzminister J. W. von Hompesch, daß die Grundherren gezwungen werden konnten, einer Ablösung ihres Obereigentums zuzustimmen.61 Durch das Organische Edikt vom 28. Juli 1808 wurde festgesetzt, daß alle grundherrlichen Rechte ablösbar sein sollten, daß aber eine Ablösung nur im Einvernehmen mit dem Grund­ herrn möglich sein sollte.62 Im übrigen sieht das Edikt jedoch relativ entgegen­ kommende Regelungen für den ablösungsbereiten Bauern vor. Dies blieb im großen und ganzen die Rechtslage bis 1848. Immerhin haben in den nächsten Jahrzehnten zunehmende Zahlen von Bauern von der Möglichkeit der Ab­ lösung Gebrauch gemacht und hierfür den Konsens ihrer Grundherren erhal­ ten. Während im Herzogtum Bayern (d. h. in Ober- und Niederbayern) zu Be58 Über die Finanzlage u. den Schulden­ stand des Staates in dieser Zeit: Demel 165179; H. P. Ullmann, Staatsschulden u. Re­ formpolitik. Die Entstehung moderner äf­ fend. Schulden in Bayern u. Baden 17801820, 2 Bde., 1986. Nach der Tabelle bei Ullmann 170 betrugen die Einkünfte aus «Staatseigentum», die nicht nur, aber doch überwiegend aus den grundherrschaftlichen

Einnahmen bestanden, zwischen 1808/09 und 1818/19 jeweils ein gutes Drittel der gesamten öffentl. Einnahmen Bayerns. 59 VO v. 27.6.1803, Schimke Nr. 28. 60 Montgelas, Compte rendu 161. 61 Geh. Staatskonferenz v. 16.7.1808, Schimke Nr. 31. 62 Ebd. Nr. 32, §§ 73-85.

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ginn der Ära Montgelas nur 4% der Bauernhöfe freies Eigentum gewesen wa­ ren, waren es 1827 bereits 30%, wenn auch die Hälfte davon mit Schulden be­ lastet war.63 Die schon früh geplante Ablösung der Beutellehen und anderer, wie diese in nichtadeliger Hand befindlicher und daher zinspfiichtiger Lehen verzögerte sich wegen der Diskussionen um den angemessenen Ablösungssatz zur Entschä­ digung privater Lehensherren und kam erst spät in Gang.64 Anders als die Grundherrschaft wollten wenigstens Teile der Regierung die Fronen (Scharwerksdienste) ursprünglich entschädigungslos enteignen. Doch er­ hoben sich dagegen bald Bedenken. Das Organische Edikt über die Rechte der Grundherren von 180865 sah die Umwandlung der ungemessenen, also in der Höhe nicht begrenzten Scharwerke in gemessene (also fixierte) Dienste und deren Umwandlung in eine Geldabgabe vor. Uber deren Berechnung konnte aber keine Einigung erzielt werden. Hier wie bei der Grundherrschaft mahnte Ju­ stizminister Graf Reigersberg die bereits früher geplanten Reformen an, was auch in diesem Fall Montgelas ablehnte. Man müsse, so schrieb er 1814, die Interessen des Fiskus (Ärars), des Grundherrn und des Hintersassen gegeneinan­ der abwägen. Sowohl die Güter des Grundherrn als die des Bauern seien steu­ erpflichtig. Wegen der unterschiedlichen Verhältnisse im Königreich könne man keine allgemeinen Normen für die Umwandlung vorschreiben, man müsse die Ablösung der Fronen individuellen Vergleichen unter Mithilfe der Justizbe­ hörden überlassen.66 Montgelas setzte sich mit dieser Haltung gegen die Re­ formwünsche eines Teiles seiner Spitzenbeamten durch, er handelte aber im Einklang mit dem König, auf den seit 1809 der begüterte Adel einen zuneh­ menden Einfluß ausübte. Bis 1848 fanden nur Ablösungen von Frondiensten auf freiwilliger Basis statt. Aber sie waren offenbar zahlreicher, als man bisher annahm. In Niederbayern sollen bis 1848 etwa 31 % abgelöst worden sein.67 Im Obermainkreis waren bis 1822 schon fast alle Fronleistungen gemessen und ab­ gelöst, im Isarkreis waren sie wenigstens zu gemessenen gemacht worden. Im Untermainkreis waren bis 1827 von den 1808 noch bestehenden 5 5 000 gemei­ nen Lehen fast alle abgelöst.68 Klarer und einmütiger war die Haltung der Regierung bei der Beseitigung ei­ nes Feudalrechts, das spätestens seit der Französischen Revolution als antiquiert und mit den Menschenrechten unvereinbar galt: der Leibeigenschaft. Diese war in Alt- wie in Neubayem selten gewesen. Sie bestand nur aus einer (zu den 63 Demel 548. 64 Ebd. 491-498; Schimke Nrr. 26, 12, 16. - Belege dafür, daß die Lehenablösungen zumindest in Franken doch bis 1827 ein durchgreifender Erfolg waren: Demel 348. 65 Schimke Nr. 32, §§ 86-88. - Offenbar gab es bereits früh eine Erwartungshaltung von Bauern, die, wenn die Scharwerke ent­ gegen ihren Hoffnungen doch eingefordert

wurden, zu örtlichem Widerstand führte. Ein Beispiel: St. Kellner, Die Hofmarken Jettenbach u. Aschau in d. frühen Neuzeit, 1986, 155-158. 66 Schimke Nr. 34; Demel 456-553, bes. 546 ff. 67 E. Fbichtner, Die Bauernbefreiung in Niederbayern, 1993; Schimke 153. 68 Demel 546 fr.

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grundherrlichen Abgaben zusätzlichen) Abgabe an den «Leibherm» sowie einer gewissen Beschränkung der persönlichen wie der beruflichen Mobilität. Die Leibeigenschaft wurde nach Ankündigungen 1803 erst durch das Edikt vom 31. August 1808 samt Gesinde-Zwangsdienst entschädigungslos abgeschafft.69 Überwiegend der Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion, wenn auch unter Berücksichtigung sozialer Belange der verschiedenen Schichten der Landbevölkerung, dienten die folgenden Maßnahmen, die vor allem durch die agrarwissenschaftliche Diskussion des ausgehenden 18. und des frühen 19. Jahr­ hunderts angeregt waren: Güterzertrümmerung, Aufteilung der Gemeindegründe (Gemeinheitsteilungen), fachliche Aufklärung der Bauern z. B über die Ersetzung der Dreifelderwirtschaft durch Fruchtwechselwirtschaft, Anbau neuer Nutz­ pflanzen, Stallfutterung, Obstbau, ferner Einrichtung des Musterguts Weihenstephan und Förderung der Landwirtschafts- und Forstwissenschaften.70 Von der Zertrümmerung der Bauerngüter versprach sich die Regierung entspre­ chend der zeitgenössischen Agrarwissenschaft eine Intensivierung der landwirt­ schaftlichen Bearbeitung. Ferner sah sie darin einen sozialen Vorteil. Sie riet den Bauern, die Auszahlung deijenigen Kinder, die nicht den Hof erbten, mit Grund und Boden vorzunehmen, um sich nicht noch weiter zu verschulden. Dies setzte allerdings voraus, daß das bäuerliche Anwesen groß genug war, um Landabtretungen zu ertragen. Auch die Aufteilung der Gemeindegründe (Gemein­ weiden) sollte primär der Produktivitätssteigerung dienen. Sie rief jedoch bald vielerorts innerdörfliche Konflikte hervor zwischen den Grundherren, größe­ ren und kleineren Bauern sowie dem Teil der Dorfbewohner, die bisher gar keine Nutzungsrechte besessen hatten.7' Während die Regierung zunächst stär­ ker unterbäuerliche Bevölkerungsschichten begünstigte, ging sie allmählich aus volkswirtschaftlichen Gründen mehr zur Förderung des mittleren und größeren Bauerntums über; sie wollte keinen nicht lebensfähigen Kleinstbesitz mehr för­ dern. Dennoch war sie flexibel und richtete ihre Maßnahmen nach den jeweili­ gen Bedürfnissen der Landwirtschaft, aber auch nach gesellschaftspolitischen Rücksichten aus.71 Bereits 1809/10 war die Teilung der Gemeindegründe (Ge­ meinheitsteilungen) weit fortgeschritten, besonders im Isar- und im Lechkreis. Die Zahl der Gutszertrümmerungen erscheint daneben eher gering.73 Diese Maßnahmen zusammen mit der Propagierung und Einführung neuer Metho­ den und Anbaupflanzen bewirkten eine Ertragssteigerung der Landwirtschaft,

69 Demel 300-306; Schimke Nrr. 27, 33. 1803 waren die größten adeligen Grundher­ ren Altbayems, die Grafen Preysing und Törring-Seefeld, öffentlich dafür belobigt worden, daß sie freiwillig und ohne Ablö­ sung die Leibeigenschaft auf ihren Gütern da, wo sie noch bestanden hatte, aufgehoben hatten (Schimke Nr. 29). 70 Hausmann, Agrarpolitik (Anm. 36); Demel 76-88, 438-456; Schimke 579-593;

HB Bd. IV/2. - W. Achilles, Dt. Agrargesch. im Zeitalter d. Reformen u. d. Indu­ strialisierung, 1993. 71 Zu beiden Maßnahmen Hausmann (Anm. 36) u. Demel 438-456 u. ö., der ge­ wisse Einseitigkeiten in den Urteilen Haus­ manns korrigiert. 72 Demel 456. 73 Ebd. 449.

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die vor dem Hungeijahr 1816/17 zu sinkenden Getreidepreisen führte. Wenn die staatlich geplanten Agrarreformen auch teilweise zu Enttäuschungen und Nachteilen führten, so bereiteten sie doch den Aufschwung der Landwirtschaft im späteren Verlauf des 19. Jahrhunderts mit seiner starken Bevölkerungszu­ nahme vor.74 f) Die Konstitution von 1808 und die Organischen Edikte. Fast alle Reformen, die bereits von 1799 bis 1807 durchgeführt worden waren, wurden in ein System gebracht und meist fortentwickelt in der bayerischen Konstitution vom 25. Mai 1808 und den diese ergänzenden Organischen Edikten der Jahre 1808/09 sowie einigen späteren Gesetzen.75 Der Erlaß einer solchen Konstitution war bereits vorgesehen, bevor Napoleon in der Besprechung von Mailand76 den letzten Anstoß dazu gab. Schon seit 1799 hatten Montgelas und seine Mitarbeiter die Aufhebung der provinziellen und ständischen Sonderrechte angestrebt und die Schaffung eines neuen, einheitlichen Staatsrechts geplant. Die von ständischer und zum Teil auch von liberaler Seite geforderte Einberufung der Landstände der einzelnen Provinzen oder von Generalständen zur Beratung einer neuen Verfassung zögerte Montgelas hinaus, bis sie nicht mehr aktuell war.77 Die Re­ form konnte kaum von den an der Aufrechterhaltung ihrer Privilegien interes­ sierten Ständen kommen. Die Erwerbung einer Vielzahl von Territorien mit verschiedenen Rechten, Verfassungsformen, Institutionen und Konfessionen machte eine Vereinheitlichung erst recht unabweisbar. Bald nach dem Ende des Alten Reiches und der Erlangung der vollen Souveränität beseitigte die Re­ gierung die Ständeverfassung, aus der schon durch die Säkularisation einer der drei Stände herausgebrochen war. Sie tat dies durch das Edikt vom 8. Juni 1807. Dieses hob die Steuerprivilegien des Adels auf und verwirklichte die For­ derung, daß die finanziellen Lasten durch alle Bürger in gleicher Weise, ent­ sprechend ihrer Leistungsfähigkeit, zu tragen seien.7’ Der Landschaftsverord74 Über Erfolge u. Nachteile der Land­ wirtschaftsreformen wie Anm. 71, ferner HB IV/2. 75 Die Organ. Edikte u. die ergänzenden Gesetze mit Veröffentlichungsstellen im RB1. angegeben bei Seydel-Piloty-Grassmann I 33. Abgedr. u. a. in: Staatsverwal­ tung d. Königreichs Bayern, 5 Bde., 1809/13. Die Konstitution selbst ist nach RB1. Sp. 985-1000 mit Korrekturen nach dem Original ediert und eingehend kom­ mentiert v. P. Wege LIN, Die bayer. Konsti­ tution v. 1808 (Schweizer BeitrT. 16) 1958, 142-206. Weiterer Druck u. a. Bosl, Doku­ mente Bd. III/2, 1976, 73-79 (gekürzt); Schimke Nr. 7. - Zur Entstehung der Konst.: Doeberl, Rheinbundverfassung u. bayer. Konst. (§ 2 Anm. 20); Zimmermann

(vor § 1) bes. 85-161. Dazu auch L. Doe­ Montgelas (§ 3); Μ. Doeberl, Verfas­ sungsleben; Hofmann, Adelige Herrschaft 274-299; Quint (vor § 1) 252-274; Mont­ gelas, Compte rendu 69-75. Zur Konstitu­ tion ferner Möckl, Staat, v. a. 145-190; K. Möckl, Die bayer. Konstitution v. 1808 (E. Weis, Hg., Reformen im rheinbünd. Deutschland) 1984, 151-167; Demel, v.a. 331~337· ~ Zur Frage der Grundrechte: Möckl, Staat, 172-190 (mit der älteren Lit.); Demel 347-383 - Zur finanzpoliti­ schen Bedeutung der Konstitution: Ullmann (Anm. 58) 129-142 u. 440-447. 76 Vgl. oben § 2 d und § 2 Anm. 36. 77 Vgl. oben § 1 d. 78 Schimke Nr. 4, dazu Nr. 3; Demel 211-228, 300 ff., 474 ff.; Demel, Die wirtberl,

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nung wurde ihre Finanzhoheit, d. h. das Recht der Einhebung und Verwaltung der direkten Steuern sowie das der Verwaltung der Fonds zur Tilgung der öf­ fentlichen Schulden, entzogen. In der Sitzung der Geheimen Staatskonferenz vom 8. Juni 1807, in der dies alles beschlossen worden war, fiel noch eine an­ dere weittragende Entscheidung. Auf Anfrage von Montgelas entschied der of­ fensichtlich schon vorbereitete König, daß nach der Aufhebung der alten Land­ schaftsverfassung Bayern wieder eine «Landesrepräsentation» erhalten sollte, «aber nur vereint für das ganze Königreich», also nicht mehr für einzelne Pro­ vinzen gesondert.79 Schon vor Erlaß der Konstitution waren die Ständeverfas­ sungen der Provinzen, die überhaupt noch Stände besessen hatten, nämlich Bayerns, Neuburgs, Tirols und Vorarlbergs, aufgehoben worden. Unter dem Druck von Napoleons in Mailand geäußerten Forderungen stimmte der König in einer Sitzung vom 20. Januar 1808 einem Vorschlag Montgelas’ zu, eine Konstitution für Bayern nach «den Grundlinien» der Westfälischen Konstitu­ tion vom 15. November 1807 auszuarbeiten. Diese Verfassung sollte zwar den in Mailand ausgesprochenen Wünschen des Kaisers Napoleon Rechnung tra­ gen, aber ohne Rücksprache mit der französischen Regierung geschaffen wer­ den. Montgelas las sogleich einen bereits von ihm erstellten Rohentwurf für diese Verfassung vor, der von den führenden Beamten der Ministerien an­ schließend noch weiter ausgearbeitet werden sollte. Der dann nach weiteren Beratungen am 1. Mai 1808 verkündete Text der Konstitution enthielt charak­ teristische Abweichungen von der in Paris hergestellten Konstitution für das von Frankreich ganz abhängige, von Napoleons Bruder Jérôme regierte König­ reich Westfalen.80 Als wesentliche Motive zum Erlaß der bayerischen Konstitution von 1808 kann man zusammenfassend nennen: 1. Die Notwendigkeit, ein neues, einheitliches Staatsrecht für das aus einer großen Zahl von Territorien zusammengesetzte neue Bayern zu schaffen. 2. Die Konsequenzen aus der Abschaffung der alten Ständeverfassungen in Bayern, Neuburg, Tirol und Vorarlberg mit ihrem Dua­ lismus zwischen Fürst und Landschaft und ihrer Zementierung ständischer Pri­ vilegien zu ziehen. 3. Die bereits durch die vorangegangenen Reformgesetze hergestellten «bürgerlichen Freiheiten» und Grundrechte verfassungsmäßig zu schaftl. Lage d. bayer. Adels (Anm. 36). Das Ziel einer gleichmäßigen Steuerbelastung des Adels wurde nicht voll erreicht. Nicht nur polit, u. gesellschaftliche Widerstände und Überlegungen spielten eine Rolle, son­ dern auch technische Gründe, z. B., daß die Anlage zuverlässiger Kataster erst langsam anlief und ein Prozeß von Jahrzehnten war. Über die Probleme und Ergebnisse Dbmel 229-270. 79 Schimke Nr. 5. Zu der Sitzung: Zim­ mermann (vor § 1) 136 fr.; E. Weis, Land­ schaft, Landschaftsverordnung u. Landtag in

Bayern. Zur Frage ihrer Kontinuität (Zieg­ ler, Landtag) 1995, 151—163 u. 251-234. 80 Wichtige Dokumente: Μ. Dobberl, Rheinbundverf. u. bayer. Konstitution (§ 2 Anm. 20) Nrr. 7, 8a, 9; Schimke Nrr. 4, 5, 6. Lit. dazu s. Anm. 75. Ferner: R. Oeschey, Die bayer. Verfassungsurkunde v. 26. Mai 1818 u. die Charte Ludwigs XVIII. v. 4. Juni 1814, 1914. Druck der westfäl. Konsti­ tution: Regierungsakten d. Kgr. Westphalen 1807-1813, bearb. von K. Rob, 1992, Nr. 1, zur Entstehung dort 1-7. -

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verankern und auf die neuerworbenen Gebiete auszudehnen. 4. Eine größere Effektivität der Verwaltung und eine Verbesserung der Finanzlage des Staates als Folge der Aufhebung aller Sonderrechte, insbesondere des landschaftlichen Steuerwesens, zu erreichen. 5. Einer zentralistischen Gestaltung des Rhein­ bundstatuts und einer Einmischung Napoleons in die inneren Angelegenheiten Bayerns zuvorzukommen.8182 Die Konstitution von 1808 und die mit ihr eine Einheit bildenden Organischen Edikte faßten die wesentlichen Reformen zusammen wie: grundsätzliche Abschaf­ fung der Privilegien einzelner Stände, Familien, Provinzen, Städte usw., Gleichheit aller vor dem Gesetz, Gleichmäßigkeit der Besteuerung, gleicher Zugang aller zu öffentlichen Ämtern, Abschaffung der Leibeigenschaft, da, wo sie noch besteht, Garantie der Sicherheit und des Eigentums der Bürger, der Gewissensfreiheit und - im Rahmen bestimmter gesetzlicher Grenzen — der Pressefreiheit, Garantie des Eigentums religiöser Institutionen und Stiftungen, soweit sie der Seelsorge und dem Unterricht dienten, ein einheitliches Strafund ein einheitliches Zivilrecht für das gesamte Königreich (nur letzteres wur­ de nicht erreicht), Unabsetzbarkeit der Richter, Verpflichtung zur Begründung der Urteile für alle Gerichte, Unaufhaltsamkeit der Rechtspflege, grundsätzlich stehendes Volksheer, Bürgermiliz, im Kriege Nationalgarde, ferner Bestim­ mungen über die Neuordnung der Verwaltung auf allen drei Ebenen. Gegenüber diesen Maßnahmen, die man zu Recht in ihrer Gesamtheit stets als eine »Revolution von oben» angesehen hat, erscheinen die Bestimmungen über die Kreisversammlungen und Kreisdeputationen * 1 und über die Nationaldeputation * 3 so, daß tatsächlich von einer Volksvertretung mit Anteil an der Legislative nicht die Rede sein kann.84 Die Mitglieder der Nationalrepräsentation werden durch ein dreigliedriges Wahlverfahren bestimmt, bei dem auf jeder Stufe ein hoher Zensus vorgeschrieben ist.85 Das dreigliedrige Wahlverfahren steht dem­ jenigen der westfälischen Verfassung nahe.86 Beide Verfassungen haben das Einkammersystem und ähneln sich auch hinsichtlich der extrem beschränkten Kompetenzen der Nationalrepräsentation.87 Die Regierung scheint bis etwa 1810 beabsichtigt zu haben, die Nationalrepräsentation und die Kreisversamm­ lungen und Kreisdeputationen wählen zu lassen. Tatsächlich traten diese Gre-

81 82 83 84

S. O. §2C. Konstitution Titel 3 8 IV. Ebd. Titel 4 8 I-VII. Wegelin (Anin. 75) 170-184; Zimmer­ mann (vor 8 1) 143-149 u.ö. Montgelas’ ei­ gene, aus späterer Sicht kritische Äußerung dazu und seine Erklärung aus den Zeitum­ ständen heraus: Compte rendu 73-76; Schimke Nr. 42. 85 Konstit. Titel 3 8 IV; 4. Teil 8 HV. Wie in der westfäl. Verfassung ist nur ein Einkammersystem vorgesehen. Die Kompe­

tenzen der Nationalversammlung sind ex­ trem eingeschränkt. 86 Oeschey (Anm. 80) 3$ ff. Ein Unter­ schied bestand darin, daß in der westfäl. Konstit. auf 100 Abgeordnete 70 Grundei­ gentümer, 15 Handel- u. Gewerbetreibende, aber auch 15 Gelehrte oder sonst verdiente Bürger kommen sollten. Diese letztere Gruppe fehlt in der bayer. Konstitution. 87 Oeschey (Anm. 80) 39 f.; Wegelin (Anm. 75) 175.

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mien jedoch nie ins Leben. Montgelas gibt als Ursache hierfür die bewegten außenpolitischen und kriegerischen Ereignisse von 1809 bis 1816 an.88 Man könnte geneigt sein, die auf die National- und die Kreisrepräsentation bezüg­ lichen Teile der Konstitution als reine Farce zu betrachten — im Gegensatz zu den äußerst wichtigen Bestimmungen zur Staatsorganisation und -Verwaltung. Jedoch ist auch das Modell dieser nie realisierten Vertretungen von Bedeu­ tung. Zunächst einmal unterwarf sich die Krone erstmals gewissen rechtlichen Bindungen, wie Verpflichtung zur jährlichen Einberufung der Kammer, zur Auswahl der Wahlmänner aus bestimmten Personenkreisen, Mitberatungsrecht - wenn auch ein sehr eingeschränktes — der Volksvertretung, Abhängigkeit der Krone von Mittelzuweisungen in der Art der späteren Zivilliste. In letzterem Umstand kommt die von Montgelas durchgeführte Verstaatlichung der Herrscherrechte zum Ausdruck.89 Diese Bestimmung fehlte der westfälischen und den anderen napoleonischen Verfassungen. Wichtig ist ferner, daß das aktive und das passive Wahlrecht zwar an einen extrem hohen Zensus gebunden wa­ ren, daß aber von einer ständischen Zusammensetzung der Kammer keine Rede war. Die neue Oberschicht, die allein für die Volksvertretungen wählbar sein sollte, wäre großenteils bürgerlich gewesen. Der Unterschied zwischen Begü­ terten und weniger Begüterten ging quer durch beide Gruppen, Adel wie Bür­ gertum einschließlich der Bauern.90 Im Fehlen aller ständischen Elemente war das Verfassungsmodell von 1808 - im Gegensatz zu vielen anderen Kriterien sogar «moderner» als die Verfassung von 1818.91 Bei aller Bedeutung der Kon­ stitution und der anschließenden Gesetze wurde doch den Zeitgenossen, auch dem leitenden Minister, bald klar, daß diese Konstitution reformbedürftig sei, vor allem in Richtung auf die noch ausstehende Beteiligung der Bürger an Ge­ setzgebung und Selbstverwaltung.9*

g) Reformen und Reformversuche auf dem Gebiet des Rechts. Diese vollzogen sich auf drei Hauptgebieten: 1. der Gerichtsorganisation und dem Instanzenzug, 2. der Schaffung eines neuen Strafrechts, 3. in den letztlich nicht erfolgreichen Bemühungen um die Schaffung eines modernen, für den Gesamtsstaat gelten­ den Zivilrechts.93 88 Montgelas, Compte rendu 75 f. 89 Zimmermann (vor § 1) 148 f. 90 Ebd. 152; Hofmann, Adelige Herrschaft 277-290 u. o. § 3 c. 91 Dies hing außer mit der polit. Entwick­ lung in Bayern auch mit der in Frankreich zusammen. 1808 standen noch die napoleo­ nischen Verfassungen Modell, 1818 die fran­ zösische Charte von 1814. 92 Montgelas, Compte rendu 74 f. 93 Zu allen drei Bereichen: W. Demel, Die Entwicklung d. Gesetzgebung in Bayern unter Max I. Joseph (Wittelsbach III/i)

72-82; R. Heydenreuter, Recht, Verfassung u. Verwaltung in Bayern 1505—1946 (Ausst.kat. d. Staad. Archive Bayerns) 1981, bes. 40-56; «Gerechtigkeit erhöht ein Volk». Recht u. Rechtspflege in Bayern im Wandel d. Gesch. (Ausst.kat. d. Staad. Archive Bay­ erns) 1990, bes. die Beiträge v. R. Heyden­ reuter u. H. Rumschöttel; Volkert, Handbuch, bes. Kapitel Gerichtsbarkeit u. Justizverwaltung von W. Volkert, R. Heydenreutbr u. E. Mages 109-141; H. Rum­ schöttel, Die bayer. Staatsminister d. Justiz 1799-1866 (A. R. Lang, Hg., FS K. Bengi)

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1. Justizorganisation. Unter der Dienstaufsicht des 1799 geschaffenen Justizmini­ steriums wurden die Reformgesetze auf dem Gebiet des Rechts vorbereitet. Nach einer gewissen Experimentierphase, die mit den Territorialveränderun­ gen in Zusammenhang stand, wurde durch das Organische Edikt über die Ge­ richtsverfassung vom 24. Juli 1808 die Grundlage für die folgenden Jahrzehnte gelegt. Von Anfang an wurden die beiden wichtigsten Grundsätze gesetzlich gesichert: die Unabsetzbarkeit und damit Unabhängigkeit der Richter und die Trennung zwischen Justiz und Verwaltung auf der zentralen und auf der mitt­ leren Ebene.94 Auf der unteren Ebene, deijenigen der Landgerichte, war diese Trennung ursprünglich ebenfalls geplant, man sah aber dann davon ab wegen der zu hohen Kosten; die Landgerichte behielten bis 1862 beide Funktionen, Verwaltung und Rechtsprechung, und dazu die der freiwilligen Gerichtsbar­ keit, also der Beurkundung.95 Die Finanzverwaltung wurde jedoch bereits un­ ter Max Joseph von den Landgerichten abgetrennt. — Montgelas’ alte Forde­ rungen nach Ersetzung der für das Volk drückenden Gebühren (Sporteln) für das Gerichtspersonal durch eine geregelte und ausreichende Besoldung96 wurde verwirklicht, ebenso die Beseitigung der sogenannten Gnadenpflegen. Dies wa­ ren Land-(Pfleg-)gerichte, die an Männer oder Frauen der höfischen Gesell­ schaft verliehen waren, die ihrerseits die Amtsfunktionen durch schlecht be­ zahlte Kräfte ausüben ließen und die Haupteinnahmen des Amtes für sich be­ hielten. Es wurden von nun an klare Vorschriften für die Ausbildung, Qualifi­ kation und Besoldung des Justizpersonals erlassen. Auch auf der unteren Ebene gab es in bestimmten Fällen schon jetzt Tren­ nung zwischen Justiz und Verwaltung, nämlich bei den Stadtgerichten. Die Patrimonialgerichte bildeten nach anfänglicher Einordnung in dieses System durch die späteren adelsfreundlichen Änderungen, vor allem von 1812, bis 1848 einen Fremdkörper in der Justizorganisation.97 Nur in dem linksrheinischen Regierungs­ bezirk Pfalz, den Bayern 1816 erhielt und wo es die französischen Einrichtun­ gen bestehen ließ, blieb auch auf der unteren Ebene die Gewaltenteilung und gab es bereits damals Notariate. Patrimonialgerichte existierten dort nicht mehr. Seit 1808 war der einheitliche Instanzenzug endgültig festgelegt: Oberste Ge­ richtsinstanz für ganz Bayern war das Oberappellationsgericht in München, das 1870 zum Bayerischen Obersten Landesgericht wurde.’8 Darunter standen als 329-381; Schimkb 238-316 (Darstellg. u. Dok. Nrr. 47-60). Aus diesen Arbeiten ist die ältere Lit. zu entnehmen. 94 Auf der zentralen Ebene war diese be­ reits unter Karl Theodor durch Beschrän­ kung des Hofrats auf die Justiz 1779 erstmals durchgefiihrt worden. 95 Erst 1862 wurden die Notariate geschaf­ fen. — E. Weis, Die Trennung zw. Justiz u. Verwaltung bei d. bayer. Unterbehörden.

Zur Vorgesch. d. Gerichtsverfassungsgesetzes von 1861 (ZBLG 50) 1987, 749-766 (be­ ginnt mit der Montgelas-Zeit). 96 Weis, Reformprogramm (§ 1 Anm. 5) 228 ff., 248 f. 97 S. o. § 3 d. 98 In der linksrhein. Pfalz gab es von 1816 bis 1870 nach franz. Vorbild daneben einen Kassationshof (Heydenreuter in: Volkert, Handbuch 116 f).

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Mittelinstanzen die Appellationsgerichte, deren Zahl mit derjenigen der neuen Provinzen schwankte. 1810 waren es zehn, seit 1817 acht." Da es nicht gelang, eine neue Zivilprozeßordnung einzufiihren, wurde 1811 um der Vereinheitli­ chung willen Kreittmayrs Codex Juris Bavarici Judiciarii von 1753 in seiner Geltung auf das gesamte Land ausgedehnt. Er erschien — im Gegensatz zu Kreittmayrs Strafrecht — noch einigermaßen brauchbar. 2. Strafrecht. Als vordringlich sah die neue Regierung eine Reform des Straf­ rechts an. Kreittmayrs Strafgesetzbuch von 1753 (Codex Juris Criminalis) war ganz veraltet und enthielt noch Folter, Hexenprozesse mit Scheiterhaufen und barbarische Strafen wie Rädern und vorherige Bearbeitung der Hinrichtungs­ kandidaten mit glühenden Zangen.99 100 Bereits in ihren ersten Jahren hatte die neue Regierung die Anwendung der Folter abgeschafft. Anselm Feuerbach, zu dieser Zeit Geh. Referendar im bayerischen Justizministerium, einer der bedeu­ tendsten Strafrechtslehrer seiner Zeit,101 erhielt 1804 den Auftrag zur Schaffung eines zeitgemäßen Strafrechts. Von 1808 bis 1813 wurde sein Entwurf in ver­ schiedenen Gremien diskutiert, aber erst 1813 in Kraft gesetzt. Feuerbach war von der Aufklärung, Kant und dem französischen Recht beeinflußt. Gegen hef­ tige Widerstände in der Gesetzgebungskommission setzte er die Beachtung des Grundsatzes «nulla poena sine lege», somit das Verbot der rückwirkenden An­ wendung eines Gesetzes, durch. Er lieferte vorbildliche und für die Gerichte bindende Definitionen von Verbrechen und Vergehen und den darauf stehen­ den Strafen zur Verhinderung von Richterwillkür. Sein Strafrecht brachte be­ deutende Fortschritte im Hinblick auf die Rechtssicherheit des Bürgers. Es stellte viel höhere Anforderungen an den Beweis einer Schuld und verhinderte die bisher oft angewandte Verurteilung auf bloßen Verdacht hin. Obwohl Feu­ erbach bei einigen Delikten nicht auf die Todesstrafe verzichtete, stellte sein Strafgesetzbuch, verbunden mit seiner neuen Strafprozeßordnung, einen be­ deutenden Fortschritt auf dem Wege der Humanisierung des Strafrechts und der Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit dar. Wenn auch die Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Prozesse und die Schwurgerichte im rechtsrheinischen Bayern erst 1848 eingeführt wurden — in der Pfalz hatte sie die Französische Revolution bereits gebracht -, so galt doch das Feuerbachsche Strafrecht für 99 Überblick über die zahlr. Umgestaltun­ gen, auch in der Folgezeit: ebd. 116-126. Über die Staats- u. Verfassungsgerichtsbar­ keit (Geh. Rat u. Staatsrat) ebd. 111 ff. Alle Gerichte der oberen u. mittleren, teilw. auch der unteren Instanz waren kollegial or­ ganisiert. 100 Daß auch der Codex Juris Criminalis von 1751 in vieler Hinsicht trotz allem einen gewissen Fortschritt darstellte, zeigt R. Hey­ denreuter, Kreittmayr u. d. Strafrechtsre­ form unter Kf. Max 111. Joseph (R. Baubr-

H. Schlosser, Hgg., W. X. A. Frhr. v. Kreittmayr) 1991, 37-57. Daß andererseits dieses Strafgesetzbuch für die Zeit um 1800 nicht mehr tragbar war, wird deudich aus: H. Schlosser, Der Gesetzgeber Kreittmayr u. d. Aufklärung in Kurbayem (ebd.) 3-36. 101 Sein Biograph Gustav Radbruch, P.J. A. Feuerbach. Einjuristenleben, 3. Aufl. hg. v. E. Wolf, 1969, 44, bezeichnet ihn als mindestens auf strafrechdichem Gebiet einen «der größten Juristen seiner und aller Zei­ ten». - Zum Strafrecht: Demel 347-366.



A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799—1825)

Bayern von 1813 im 19. Jahrhundert für viele deutsche und ausländische Staa­ ten als vorbildlich. In Bayern blieb es bis 1861 in Geltung.101 3. Zivilrecht. Die Herstellung eines modernen, einheitlichen Zivilrechts wurde seit 1799 angestrebt; sie erschien um so dringlicher, je mehr neue Gebiete Bay­ ern seit 1803 erwarb. 1810 waren im Staatsgebiet je nach Definition 50 oder 114 verschiedene Zivilrechte gültig. Das bekannteste davon war das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794, das in den früheren Markgraftümern Ansbach und Bayreuth galt. Das altbayerische Zivilrecht Kreittmayrs (Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis) von 1756 war zwar nicht so antiquiert wie dessen Straf­ recht, aber nach dem Urteil von Montgelas war doch auch von ihm nur ein Drittel bis höchstens die Hälfte noch brauchbar.102 103 In Gang aber kamen die Ar­ beiten an einem neuen Zivilrecht erst 1808 nach der Mailänder Besprechung mit Napoleon.104 Der Imperator legte zumindest vorübergehend großen Wert darauf, daß sein Code civil (Code Napoléon) in den verbündeten Staaten ein­ geführt würde.105 Dieses Recht begünstigte das Bürgertum und schloß, wenn es unverändert übernommen würde, alle Feudalrechte und Privilegien, vor allem aber das geteilte Eigentum, also die Grundherrschaft, aus.106 Napoleon hatte aber schon gegenüber Montgelas geäußert, Bayern könne dieses Recht ja seinen eigenen gesellschaftlichen Einrichtungen anpassen.107 Eine bayerische Gesetzgebungskommission, in der Feuerbach die Hauptrolle spielte, legte noch 1808 eine für Bayern bestimmte Überarbeitung des Code Napoléon vor. Montgelas und Finanzminister v. Hompesch fügten nur die Be­ stimmung ein, daß die Grundherrschaft ausschließlich mit Zustimmung des Grundherrn abgelöst werden könnte, was auch schon durch das vorher veröf­ fentlichte Edikt über die Grundherrschaft entschieden war.108 Erst 1809 ver­ stärkte sich der Widerstand im Geheimen Rat, der den Entwurf zu begutachten hatte. Montgelas suchte zwar zu vermitteln, ging aber dann doch in wesent­ lichen Punkten zu der Gruppe über, die Adelsinteressen vertrat.109 Der Mini­ ster hatte früher als Feuerbach bemerkt, daß Napoleon, der für seine Feldzüge 102 Demel, Gesetzgebung (Anm. 93) 80. 103 Demel in: Demel-Schubert (Anm. 50) XLIII-LVI, hier XLV. - Ferner W. Schubert, Der Entwurf v. 1811 u. d. Tradi­ tion d. bayer. Landrechts, ebd. LVIILXXXIX. 104 S. o. § 2 d. 103 Μ. Dobberl, Rheinbundverfassung (§ 2 Anm. 20) 28-37. 106 Hierzu E. Fehrenbach, Traditionale Gesellschaft u. revolutionäres Recht. Die Einführung d. Code Napoléon in d. Rhein­ bundstaaten, 19833; Dies, auch: Vom Ancien Régime zum Wiener Kongreß, 19933, bes. 87-91, 181-187; W. Schubert, Franzos. Recht in Deutschland zu Beginn d. 19. Jhs., 1977; R. Schulze, Franzos. Recht u. europ.

Rechtsgesch im 19. Jh. (R. Schulze, Hg., Franzos. Zivilrecht in Europa während d. 19. Jhs.) 1994, 9—36. - Tatsächlich wurde der Code Napoléon damals rechtsrheinisch nur eingefuhrt in den Satellitenstaaten Großhzgt. Berg und Kgr. Westfalen, ferner mit Anpassung an die dt. Gesellschaftsstruk­ turen in den Großhzgtümem Baden u. Frankfurt. Zu Bayern auch: B. Dölemeyer, Die bayer. Kodifikationsbestrebungen (H. Coing, Hg., lus commune) 1975, 138-177. 107 Doeberl, Rheinbundverfassung (§ 2 Anm. 20) 28. 108 Edikt üb. die GrundheiTschaft v. 28. 7. 1808, Schimke Nr. 32. 109 Motive für Montgelas’ Übergang zu konservativeren Positionen s. o. § 3 d.

§ j. Die Reformen in Staat, Verwaltung und Gesellschaft (E. Weis)

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von 1808 und 1809 dringend Soldaten seiner Verbündeten brauchte, das Inter­ esse an Eingriffen in deren Gesetzgebung verlor.110 Nach dem Scheitern des Feuerbachschen Entwurfes im Geheimen Rat be­ schloß man 1811, einen neuen Entwurf für ein gesamtbayerisches Zivilrecht auf der Grundlage des den neuen Verhältnissen anzupassenden Zivilgesetzbuches Kreittmayrs von 1756 erarbeiten zu lassen. Noch im gleichen Jahr 1811 legte die Kommission, der Feuerbach und der andere bedeutende Jurist Bayerns, Gön­ ner, angehörten, ihren neuen Entwurf vor.111 Doch auch dieser Entwurf schei­ terte, weil sich die Mitglieder der Kommission über die Rechte der Bauern gegenüber den Grundherren zerstritten.“2 Es kam trotz vieler neuer Anläufe im 19. Jahrhundert nicht zur Verabschiedung eines gesamtbayerischen Zivil­ rechts bis zum BGB von 1900. Nach 1818 bildeten auch Hindernisse der Ein­ fluß der romantischen Rechtswissenschaft um Savigny, die Kodifikationen ver­ warf, und vor allem das Problem, wie man die beiden Kammern des nunmehr mitzuständigen Landtages auf einen Entwurf mehrheitlich einigen könnte. In Bayern blieben also bis 1900 die vielen Zivilrechte der einzelnen historischen Landesteile gültig. In der 1816 erworbenen linksrheinischen Pfalz war dies .der für das übrige Bayern von der Regierung abgelehnte Code Napoléon. h) Neugestaltung der Verwaltung. Schon kurz nach seinem Regierungsantritt ord­ nete der Kurfürst einen Umbau der Zentralbehörden an. Die Spitze der Verwal­ tung bildete nun ein «Geheimes Ministerialdepartement», d. h. ein aus vier (seit 1808 mit dem Kriegsministerium fünf) Fachministerien zusammengesetztes Ge­ samtministerium, das für die Gesamtheit der wittelsbachischen Staaten zuständig war.“3 Dies bedeutete für Bayern, nach Vorstufen seit 1764, den endgültigen Sieg des Realsystems (Ressortsystems) über das Regionalsystem, ein Grundsatz, dem Stein 1808 in Preußen ebenfalls zum endgültigen Durchbruch verhalf. Seit 1799 gab es in Bayern die Ministerien des Äußeren, der Finanzen, der Justiz "° Feuerbach forderte nur Widerspruch im Geh. Rat heraus, indem er sich nach wie vor auf die Revolution und auf Napoleons Wün­ sche berief und außerdem noch fur Reformen kämpfte, die längst abgelehnt oder einge­ schränkt worden waren. Schimke Nrr. 52-55. 111 Ediert durch Demel u. Schubert (Anm. 50 u. 103). 112 Demel (ebd.) LIII. “3 Verwaltung: Doebbrl II 457-472; H. Raffael, Ausbau u. Entwicklung d. Ministerialverfassung Bayerns unter Μ. v. Montgelas 1799-1808, Diss. Masch. München 1952; F.-L. Knemeyer, Regierungs- u. Verwal­ tungsreformen in Deutschland zu Beginn d. 19. Jhs., 1970; Möckl, Staat 136-145, 195205; Volkert, Handbuch 11-180 (Beitrr. v. B. Zittel, W. Volkert, R. Heydenreuter);

W. Volkert, Bayern (Dt. Verwaltungsgesch. II) 1983, 503-550; Ders., Bayerns Zentralu. Regionalverwaltung zw. 1799 u. 1817 (E. Weis, Hg., Reformen im rheinbünd. Deutschland) 1984, 169-180; Schimke 317383; Justizministerium: Rumschöttel (Anm. 93); Ders., Gesch. d. bayer. Kultusministeri­ ums v. d. Errichtung bis z. Ende d. Zweiten Weltkrieges (Tradition u. Perspektive. 150 Jahre Bayer. Kultusministerium) 1997, 45101 u. 313—326; Innenministerium: Götschmann. - Auf die Fortsetzung der in dieser Zeit begonnenen Verwaltungsreformen trotz Restauration im weiteren Verlauf des 19. Jhs. weisen die Beiträge in H.-P. Ullmann u. CI. Zimmermann (Hgg.), Restaurationssy­ stem u. Reformpolitik. Süddeutschland u. Preußen im Vergleich, 1996 hin.

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und der Geistlichen Angelegenheiten. Letzteres wurde 1806 umgewandelt in das Ministerium des Innern, dazu kam 1808 ein Armeeministerium. In einem Umwandlungsprozeß, der sich etwa von 1799 bis 1808 vollzog, übernahmen diese Ministerien neben der Beratung des Königs und der Vorbereitung der Ge­ setze auch die Funktionen einer Anzahl von früher selbständigen Fachbehörden (Dikasterien). 1799 hatte man für den Vollzug der Gesetze eine nur für Altbayem zuständige, nach dem Vorbild des preußischen Generaldirektoriums ge­ schaffene Behörde, die Generallandesdirektion, gebildet, und für die anderen Landesteile die Landesdirektionen. Erst durch die Abschaffung der ersteren und die Umwandlung der letzteren in Generalkommissariate, die Vorläufer der späte­ ren Kreis- und heutigen Bezirksregierungen, also der Mittelbehörden, wurde, wie auf so vielen anderen Gebieten, 1808 der Neuaufbau des Staates vollendet.114 Hatte es vor 1799 auf der oberen und der mittleren Ebene nur Kollegialbehör­ den gegeben, so wurde jetzt, von Ausnahmebereichen abgesehen, auf den bei­ den höheren Ebenen der Verwaltung (nicht der Justiz) das Direktorialprinzip mit alleiniger Entscheidungsgewalt des Ministers bzw. Generalkommissars einge­ führt. Um die Einheitlichkeit der Verwaltung zu sichern und die Reformen zu beraten, wurden seit 1799 nebeneinander die Geheime Staatskonferenz, bestehend aus dem Kurfürsten/König und den Ministern, sowie der Staatsrat (umfassend die Minister und die Geheimen Referendäre, der Monarch war nicht immer an­ wesend) gebildet. Der Staatsrat wurde 1804 abgeschafft; die Geheime Staatskon­ ferenz (Ministerrat) wurde seit 1812 nicht mehr einberufen. Dem 1808 zusätz­ lich geschaffenen Geheimen Rat gehörten König, Kronprinz, die Minister und etwa 12 Geheime Räte an, darunter die Spitzenbeamten der Ministerien. Er hatte die Gesetze zu diskutieren und übte die Funktion eines Verwaltungsge­ richtshofes aus. Montgelas besprach wichtige Entscheidungen mit dem König vor, außenpolitische Fragen behandelte er überhaupt nur mit ihm. 1817, nach dem Sturz des Ministers, kam dem Staatsrat vorübergehend, bis zum Thronan­ tritt Ludwigs L, wieder ein größeres Gewicht, gleichberechtigt neben dem Mi­ nisterrat, zu."5 Während Montgelas neben dem Außenministerium meistens auch das Innen- und das Finanzministerium innehatte,116 gab es nach seiner Entlassung eine solche Kumulation von Ministerien in einer Hand nicht mehr. Auch im Bereich der Mittelbehörden wurden, wie schon seit Karl Theodor in der Staatsspitze, Justiz und Verwaltung getrennt."7 Bei den Unterbehörden, den Landgerichten, wurde diese Scheidung vor allem aus finanziellen Gründen als 114 Die Umorganisationen bei den Mittel­ behörden 1799-1808: in: Volkert, Hand­ buch 35 ff., 397-413; Ders., Die bayer. Krei­ se. Namen u. Einteilung zw. 1808 u. 1838 (Gesellschaftsgesch. FS f. K. Bosl II) 1988, 308-328. - Zur Integration der neuen Ge­ biete: § 2 Anm. 12 u. 14. 115 Staatsrat usw.: H. W. Schlaich, Der bayer. Staatsrat ... 1808/09 bis 1918 (ZBLG

28) 1965, 460-522; H. Troll, Der bayer. Staatsrat u. seine Protokolle (MfA 6) 1960, H. 3/4; Dobmann (§ 3) 89-99; Demel 20-29. Vgl. § 5 a. Seit 2001 wird eine Edi­ tion der Sitzungsprotokolle aller drei Staats­ ratsgremien 1799-1817 vorbereitet. 1,6 S. o. § ib. 117 Hammermayer HB II 1238-1242.

J j. Die Reformen in Staat, Verwaltung und Gesellschaft (E. Weis)

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noch undurchführbar angesehen; bei den Stadtgerichten wurde sie jedoch bereits damals vollzogen."8 Die Landgerichte folgten in dieser Hinsicht erst 1862. Das aus verschiedenen historischen Bestandteilen zu einem einheitlichen Staat um­ geformte Land wurde nach französischem Vorbild in sog. Kreise, die damals nach geographischen Gesichtspunkten gebildeten, nach Flüssen benannten Vorläufer der heutigen Regierungsbezirke, eingeteilt. 1808 waren es 15, seit 1817 noch 8 Kreise. Die staatlichen Unterbehörden, die Landgerichte, erhielten ebenfalls durchweg eine neue räumliche Gestalt."9 Ein Netz von möglichst gleich großen und abgerundeten Verwaltungssprengeln, deren Zahl später, 1862, von rund 250 auf 143 und 1972 weiter auf 71 vermindert wurde, überzog damit das Land. Sowohl bei den Mittelbehörden (Generalkommissariaten, Kreisen) als auch bei den Unterbehörden (Landgerichten) wurden bereits 1808 die Finanzbehör­ den von der Verwaltung endgültig getrennt: als Kreisßnanzdirektionen auf der mittleren, als Rentämter auf der unteren Ebene.120 Dieser Aufbau der Verwaltung hatte im wesentlichen Gültigkeit bis 1848/49, bzw. 1862, in vielen grundsätzlichen Zügen besteht er sogar bis heute. Durch die Verwaltungsreform von 1953 ist allerdings die Selbstverwaltung der Bezirke und vor allem der Landkreise erheblich gestärkt worden. i) Vorübergehende Beseitigung der kommunalen Selbstverwaltung. Auch im Bereich des bisherigen Dritten Standes, der Städte und Märkte, nahm Montgelas grund­ legende Veränderungen vor.121 Unter maßgebender Mitarbeit der Referendäre 1,8 S. o. § 3 h. - Polizei: W. Brunbauer, Bayer. Skandalchronik. Polizei u. Krimina­ lität im München des frühen 19. Jhs., 1984. Geheimdienst: W. Brunbauer, Die Lauscher (1988). - Im linksrheinischen «Rheinkreis» (später «Pfalz»), den Bayern 1816 erwarb, war die Trennung zw. Justiz u. Verwaltung auf der unteren Ebene bereits durch die Franzosen eingefiihrt worden; Bayern be­ hielt sie hier bei. 119 W. Volkert, Die bayer. Kreise. Na­ men u. Einteilung zw. 1808 u. 1838 (Gesellschaftsgesch., FS Bosl II) 1988, 308-328. Die Landgerichtsbezirke waren bis 1848 durchbrochen von den HerTschafts- und (den Patrimonialgerichten. Zu den Landgerichten u. Stadtgerichten u. ihren Veränderungen: W. Volkert u. R. Heydenreuter (Volkert, Handbuch) 40-48, 119—126 u. 413-617; Weis, Trennung (Anm. 95). 120 K. Stadler, Der Weg z. Selbstverwal­ tung d. bayer. Landkreise, 1962, bes. 53-72; R. Bauer (Volkert, Handbuch) 145-156. 121 L. Doeberl, Montgelas (§ 3) 63-116; Doeberl II 462 ff.; S. Hiereth, Die Bildung

d. Gemeinden im Isarkreis nach d. Gemein­ deedikten v. 1808 u. 1818 (OA 77) 1952, 1-34; J. A. Weiss, Die Integration d. Ge­ meinden in d. modernen bayer. Staat. Zur Entstehung d. kommunalen Selbstverwal­ tung in Bayern (1799-1818), 1986 (die jetzt maßgebende Untersuchung, daraus die ältere Lit. ersichtlich); Möckl, Staat 125-135; De­ mel 271-277; Volkert, Handbuch 87-101; Schimke 427-492. - Zwei neuere Fallstu­ dien: F.-R. Böck, Kempten im Umbruch (betr. Reichsabtei u. Reichsstadt), 1989; R. Dietrich, Die Integration Augsburgs in d. bayer. Staat 1806-1821, 1993. - München: R. Bauer, Stadt u. Stadtverfassung im Um­ bruch ... 1767-1818 (R. Bauer, Hg., Gesch. d. Stadt München) 1992, 244-273; R. Zerback. Unter d. Kuratel d. Staates ... (1818— 1869) (ebd.) 274-306; Den., Zwischen Resi­ denz u. Rathaus. Bürgertum in München 1780-1820 (L. Gall, Hg., Vom alten z. neu­ en Bürgertum. Die mitteleurop. Stadt im Umbruch 1780-1820) 1991, 605-653; Ders., München und sein Stadtbürgertum ... 17801870, 1997; L. Gall (Hg.), Stadt u. Bürger-

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Heller v. Hellersberg, Stichaner, F. Krenner, Hertling, Ph. Arco und anderer beseitigte er von 1802 bis zu den beiden Edikten über die Gemeindebildung und das Gemeindewesen von 1808122 die Selbstverwaltung der Städte und Märkte schrittweise, aber vollständig. Gerichtsbarkeit, Polizei, Steuererhebung, Verwaltung des Gemeinde- und Stiftungsvermögens und die meisten anderen ehemals den Städten und Märkten zustehenden Rechte wurden verstaatlicht. Wenigstens in den kleineren Städten konnten die Munizipalräte unter Aufsicht der Regierung noch gewählt werden, aber jede wichtigere Amtshandlung der kommunalen Organe mußte durch eine im Innenministerium zentralisierte «staatliche Kuratel» geprüft und genehmigt werden, wodurch natürlich die Din­ ge hoffnungslos ins Stocken gerieten. Wenn man diese Maßnahmen zu verstehen sucht, die ja zu einem erheb­ lichen Teil das Gegenteil der Steinschen Städtereform in Preußen bedeuteten, so ist Folgendes zu bedenken: In Preußen hatte der Absolutismus im 18. Jahr­ hundert die gemeindliche Selbstverwaltung praktisch beseitigt. Der Staat hatte ehemalige Unteroffiziere zu Bürgermeistern ernennen und die Verwaltung der Städte durch seine Steuerräte leiten lassen können. Stein und seine Mitarbeiter sahen daher die Nachteile des Fehlens jeder Selbstverwaltung. In Bayern dage­ gen war die Selbstverwaltung zumindest der größeren Städte seit einem Jahr­ hundert nahezu unkontrolliert. Hinzu kamen die vielen bisherigen Reichsstädte sowie die landsässigen Städte der Territorien, die Bayern seit 1803 erwarb. In ihnen wie in den bayerischen Städten und Märkten hatten Familien- bzw. Zunftherrschaft, Eigennutz und Verschuldung teilweise zu schlimmen Zustän­ den geführt. Hinzu kamen zwei andere Gesichtspunkte: das Vorbild des zentra­ listischen, effektiven napoleonischen Staatsaufbaus, das freilich in Bayern nicht einfach nachgeahmt wurde, ferner die Notwendigkeit, zunächst diese Unzahl unterschiedlicher Stadt- und Marktverfassungen im gesamten Staatsgebiet zu vereinheitlichen und die Landgemeinden überhaupt erst einmal zu bilden. Die Vereinheitlichung der Gemeindeverfassungen und die erstmalige Konstituie­ rung der Landgemeinden gelangen auch trotz großer Schwierigkeiten einiger­ maßen.123 Ein weiteres positives Ergebnis war, daß es unter den Inhabern des Bürgerrechts einer Gemeinde keine Standesunterschiede mehr gab, keine Vor­ rechte des Patriziats und keine Zunftherrschaft. Dies war ein weiterer wichtiger Schritt zur Bildung einer Gesellschaft von gleichberechtigten Staatsbürgern. Im übrigen erwiesen sich die Gemeindegesetzgebung von 1808 und die Zen­ tralisation aller gemeindlichen Stiftungsvermögen als nicht praktikabel. Führen­ de Beamte wiesen immer dringlicher auf die Notwendigkeit von Änderungen und auch der Gewährung einer stärkeren Partizipation der Bürger hin. Montgelas war aber erst ab 1813 bereit, auf diesem Gebiet wieder eine gewisse Detum im Übergang v. d. traditionalen z. modemen Gesellschaft, 1993. 122 Schimkb Nrr. 88 u. 89. 123 Schwere Hindernisse fiir die Gemein-

debildung stellten allerdings der Fortbestand der Patrimonialgerichte und die großen Unterschiede der Verhältnisse in den neuen Provinzen dar.

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Zentralisierung einzufiihren. Wirkliche Abhilfe brachte erst das Gemeindeedikt von 1818.124

j) Das neue Beamtentum. Voraussetzung für die Konzeption und die Ausführbar­ keit der zahlreichen und grundlegenden Neuerungen war die Schaffung eines Beamtentums neuen Typs. Dies war schon ein wichtiger Punkt in Montgelas’ Programm von 1796 gewesen. Bereits bei Beginn seines Ministeriums wurden die bis dahin verbreitete Käuflichkeit und Erblichkeit der Ämter und das Sy­ stem der teilweisen Bezahlung der Beamten durch Sporteln (Gebühren), das der Aussaugung der Bevölkerung und der Korruption Vorschub geleistet hatte, abgeschafft, desgleichen gewisse staatliche Pfründen, die mit keiner Arbeitslei­ stung ihrer Inhaber verbunden waren. Durch die von dem Landshuter Rechts­ professor N. T. Gönner und dem Geh. Referendar F. v. Hartmann ausgearbeitete Staatsdienerpragmatik von 1805 wurden die folgenden Grundsätze in eine gesetz­ liche Form gebracht: angemessene, gegenüber früher erhöhte, für jede Funk­ tion genau festgelegte Besoldung mit Pensionsberechtigung und einer (wenn auch noch bescheidenen) Versorgung der Hinterbliebenen als Rechtsanspruch (nicht mehr als fürstliche Gnadensache), Entlaßbarkeit nur auf Grund eines Ge­ richtsurteils, also Rechtssicherheit auch gegenüber dem Dienstherm, ferner eine im einzelnen festgelegte Vorbildung, Staatsprüfungen, laufende Qualifika­ tionen und Visitationen. Ziel dieser Regelungen, die für Bayern im Prinzip bis zu der Fortentwicklung des Beamtenrechts von 1908 Gültigkeit behielten, war es, ein qualifiziertes, nicht mehr korruptes, leistungsbereites Beamtentum zu schaffen. Dieses Beamtentum stand zwar loyal zum Monarchen und zum Staat, aber es besaß doch, zumindest in seinen höheren Rängen, auch geistige und moralische Unabhängigkeit. Aus Fürstendienern waren Staatsdiener geworden. Ähnliche Regelungen erließen nach Bayern die meisten anderen Rheinbund­ staaten, erst in der zweiten Jahrhunderthälfte auch Preußen.125

124 Die in staatl. Verwaltung übernomme­ nen ktftnmunalen Stiftungen, die meist für örtliche kulturelle und karitative Zwecke bestimmt waren, besaßen ein geschätztes Vermögen von etwa 100 Mio. fl., das war fast so viel wie die Gesamtschulden des Staa­ tes. Dieser versuchte jedoch nicht, dieses Vermögen für seine eigenen Zwecke zu ver­ einnahmen, aber er war personell auch nicht in der Lage, es treuhänderisch für die Ge­ meinden zu verwalten. So stagnierten die Stiftungsaktivitäten, funktionierten ferner die gesamte Gemeindeverwaltung wie auch das Umlagewesen für die Gemeinden nicht zufriedenstellend. Von 1813 bis zum Sturz Montgelas’ 1817 beriet und experimentierte man bezüglich von Verbesserungen und traf auch bereits einige Grundsatzentscheidun­

gen. Zur Rückgabe des Gemeindever­ mögens, der Stiftungen sowie zur Wieder­ herstellung wenigstens einer beschränkten Selbstverwaltung kam es aber erst durch das Gemeindeedikt von 1818 (s. unten § 5 a). 125 Beamtentum: Montgelas, Compte rendu 53-59; Schärl; B. Wunder, Privile­ gierung u. Disziplinierung. Die Entstehung des Berufsbeamtentums in Bayern u. Würt­ temberg (1780-1825), 1978; Ders., Die Re­ form d. Beamtenschaft in d. Rheinbundstaa­ ten (E. Weis, Hg., Reformen im rheinbünd. Deutschland) 1984, 181-193; Ders., Rolle u. Struktur staad. Bürokratie in Frankreich u. Deutschland (H. Bbrding u. a., Hgg., Frank­ reich u. Deutschland im Zeitalter der Franz. Revolution) 1989, 139-176; Möckl Staat 141-151; W. Demel, Beförderungen u. Ver-

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Die Personalkosten des bayerischen Staates stiegen von 1801 bis 1807 auf das Achtfache,126 vor allem durch die Folgen von Säkularisation und Mediatisie­ rungen. Allein die neue Versorgung der Staatsdiener verdreifachte die Perso­ nalausgaben. Daher setzte es Finanzminister J. W. v. Hompesch 1807 durch, daß die Pragmatik auf die höheren Beamten (akademisch Gebildete und ihnen Gleichgestellte) beschränkt wurde. Die Konstitution von 1808 engte diesen Kreis noch weiter ein; die Masse der Akademiker schied man jetzt ebenfalls aus. 1810/11 wurde der Kreis wieder leicht erweitert.127 1818 wurde die Prag­ matik erneut auf sämtliche Beamten ausgedehnt; auch vorher hatten in der Pra­ xis mangels Durchführungsverordnungen viele mittlere und untere Beamte diese Rechte weiter genossen. Ludwig I. ließ 1825/26 im Zuge seiner Spar­ maßnahmen die Grenze der pragmatischen Beamten endgültig knapp unterhalb der Akademiker festlegen.128 Noch vor der neuen Gesetzgebung von 1908 hat­ ten nur etwa 1/7 der Beamten pragmatische Rechte.129 Die nicht unter die Pragmatik Fallenden behielten immerhin den Vorzug der Sicherheit des Ar­ beitsplatzes. Pensionen bzw. Unterstützungen konnten ihnen gewährt werden. Nach außen waren nach französischem Vorbild die bayerischen Beamten wie auch die der meisten anderen deutschen Staaten durch Dienstuniformen mit Rangabzeichen gekennzeichnet. Der Grundsatz der Auswahl und Beförderung der Beamten aufgrund von Prüfungen und Leistung statt nach der Herkunft und persönlichen Beziehun­ gen war durch die Französische Revolution verkündet worden; in Frankreich wurde er jedoch auch am Anfang des 19. Jahrhunderts noch nicht konsequent

Setzungen. Zur Personalpolitik Montgelas’ 1814/16 (ZBLG 42) 1979, 107-125; Demel 99-116; Schimke 384-427 (Staatsdienerprag­ matik dort Nr. 76); R. Wendt, Die bayer. Konkursprüfung d. Montgelas-Zeit, 1984; auswärt. Dienst: J. Rudschies, Die bayer. Gesandten 1799-1871, 1993; zu den wich­ tigsten Gesandten oben § 2 Anm. 31.- Allg. Lit. zur Geschichte des dt. Beamtentums: W. Bleek, Von d. Kameralausbildung z. Ju­ ristenprivileg, 1972; H. Hattenhauer, Gesch. des dt. Beamtentums I, 19933; H. Henning, Die dt. Beamtenschaft im 19. Jh., 1984; K. G. A. Jeserich, Die Entwicklung d. öffentl. Dienstes (1800-1871) (Dt. Verwaltungsgesch. II) 301-326; B. Wunder, Die Gesch. d. Bürokratie in Dtl., 1986. - Für den Versorgungsgesichtspunkt, nicht für an­ dere Bestandteile der Pragmatik, hatten Gönner u. Hartmann Vorbilder bereits in der Gesetzgebung Maria Theresias und Jo­ sephs II. für ihre Erblande gefunden. In England und Frankreich war die Unabsetz­ barkeit (Inamovibilität) nur für die Richter

eingeführt worden. Daß diese auf alle Beam­ ten ausgedehnt wurde, war damals ein deut­ sches Phänomen, das wohl ursächlich mit den Vorschriften des RDH für die Versor­ gung der Bediensteten der säkularisierten und mediatisierten Fürstentümer und Reichsstädte zusammenhing (Wunder, Pri­ vilegierung 123-130; Ders., Rolle u. Struk­ tur 158-163). 126 Ders., Privilegierung (Anm. 125) 150. Abweichend die Tabelle bei Ullmann (Anm. 134) 151, die einen noch höheren Anstieß der Personalkosten zeigt. 127 Über diese Veränderungen Wunder, Privilegierung (Anm. 125) 134-156; Schim­ ke Nrr. 79-81. Über die damals enorm gro­ ßen Unterschiede zwischen der Besoldung der hohen und der unteren Beamten: Demel 102-105. 128 Wunder, Privilegierung (Anm. 125) 137. 150. 154· 129 W. Zorn, Die Sozialentwicklung d. nichtagrarischen Welt (HB IV/2,) 1975, hier 856.

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befolgt. In Bayern konnten nach der neuen Gesetzgebung auch Beamte nicht­ adeliger Herkunft theoretisch zu allen Rängen gelangen. In der Praxis waren zunächst noch Ministerstellen hiervon ausgenommen; das erste Kabinettsmit­ glied bürgerlicher Herkunft war Zentner als Justizminister ab 1823. Gerade der Kreis der Spitzenbeamten (Referendäre, später Generaldirektoren der Ministe­ rien), der die Reformgesetze der Montgelas-Zeit entwarf und mit den Mini­ stern freimütig und oft kontrovers beriet, war ein hochqualifiziertes Team ade­ liger wie bürgerlicher Herkunft.130 Allerdings waren unter den höheren Beamten noch nicht alle Schichten der Bevölkerung vertreten, was in der damaligen Zeit nicht verwunderlich ist. Eine gewisse Selektion zugunsten wohlhabenderer Familien wurde u. a. durch das geforderte sechsjährige Volontariat bewirkt. Das Zusammenwachsen dieser nicht mehr ständisch begrenzten adelig-bürgerlichen Führungsschicht wurde außer durch die Pragmatik auch durch gemeinsame neue Privilegien begünstigt wie Siegelmäßigkeit, gewisse Vorrechte vor Gericht und für die Söhne bei Mili­ tär wie auch bei der zivilen Ausbildung, Verleihung des Personaladels im Zu­ sammenhang mit Ordensverleihungen an die meisten höheren Beamten bür­ gerlicher Herkunft. Auch in diesem Punkt hatte das napoleonische Frankreich teilweise Pate gestanden, auch hier verlief die Entwicklung in den anderen süd­ deutschen Staaten ähnlich. Bis mindestens in die dreißiger Jahre des 19. Jahr­ hunderts wurde diese obere Beamtenschicht, der «allgemeine Stand», wie He­ gel sie bezeichnete, der Motor der Reformen wie überhaupt der Staatstätigkeit in Deutschland. Für alle Schichten des Beamtentums stellte der Dienst am Staat hohe Ansprü­ che. Urlaub gab es normalerweise nicht; einer der aktivsten Referendäre erhielt beispielsweise erstmals nach 25 Dienstjahren und nur als Ausnahme eine Ur­ laubserlaubnis.131* Samstags war normaler Dienst; auch sonntags mußte der Be­ amte abrufbereit sein. In den Ruhestand konnte man, abgesehen von schwerer Krankheit, erst nach Vollendung des 70. Lebensjahres oder nach 40 Dienstjah­ ren (ohne Anrechnung der Vorbereitungsstellen) treten.'32 Kaum jemals dürf­ ten mit so wenigen Beamten solche außerordentlichen und umwälzenden Lei­ stungen vollbracht worden sein wie im Bayern der Montgelas-Zeit.'33

130 B. Wunder betont in seinen grundle­ genden Arbeiten den Gesichtspunkt der Dis­ ziplinierung der Beamten sehr stark. Sicher sind aber die höheren Beamten nicht nur durch die Aussicht auf Belohnungen, die unteren durch Strafandrohungen motiviert worden. Die hohen Beamten der Montge­ las-Zeit dachten selbständig und verteidigten bei Beratung der Reformgesetze, scharf ar­ gumentierend, selbständige Konzeptionen.

131 Demel 109. 132 Staatsdienerpragmatik v. 1805, XVII B bis D (Schimke Nr. 75, S. 405 f.). 133 Das Justizministerium z. B. bestand trotz der Gesetzesflut in dieser Zeit aus nie mehr als 13 bis 15 Personen, unteres Perso­ nal eingerechnet: Rumschöttel, Staatsmini­ sterium d. Justiz (Anm. 93) hier 344 f.; Innenministerium: Götschmann; Landrich­ ter: Weis, Trennung (Anm. 95).



A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

k) Staatsfinanzen und Schulden. Die Innen- und die Außenpolitik Bayerns in dieser Zeit des Umbruchs lassen sich nur zutreffend beurteilen, wenn man be­ rücksichtigt, daß der Staat unter Montgelas’ Führung in dieser Zeit europäi­ scher Kriege und Veränderungen ständig mit einer erdrückenden Schuldenlast, mit Defiziten und dem Zwang zur Aufnahme immer neuer Kredite konfron­ tiert war. Erstaunlich war, daß es immer noch gelang, den Staatsbankrott zu vermeiden.'34 Nach einer Zusammenstellung des Finanzministeriums von Juli 1799 betru­ gen die damaligen Einnahmen des Staates rund 5 Mio. fl., die Ausgaben aber 9,8 Mio.134 135 Zusätzlich zu diesem Fehlbetrag, der die Einnahmen um fast 100% überstieg, mußte der Staat beim Regierungsantritt Max Josephs über 28,2 Mio. fl. Schulden übernehmen.'36 Die Kriege von 1799/1801, 1805 und 1806/07, die Militär- und Besatzungskosten, aber auch die Übernahme der Schulden und der Pensionskosten der vielen durch Säkularisation und Mediatisierung gewon­ nenen Gebiete und Besitzungen sowie die nötigen Neuverschuldungen erhöh­ ten die Schulden bis 1807 auf 80,5 Mio.'37 Der Gewinn aus der Klostersäkulari­ sation von 1802/03 war niedriger als erhofft ausgefallen und wurde großenteils durch die nach dem RDH erforderlichen Pensionszahlungen aufgezehrt.138* Im Haushaltsjahr 1808/09 waren die Ausgaben des vergrößerten Bayern auf 37,5 Mio, die Einnahmen aber nur auf 25,6 Mio. angewachsen. Von den Ausgaben machte der Schuldendienst 20% aus.'39 1817/18 betrugen die Ausgaben 27,3 Mio., die Einnahmen 23,2 Mio. Ab 1818/19, nach Montgelas’ Sturz, erschie­ nen Einnahmen und Ausgaben scheinbar ausgeglichen, aber das Defizit von über 3 Mio. war nur kaschiert, da der Fehlbetrag aus dem ordentlichen Haus-

134 Staatsfinanzen u. Schulden: L. Hoff­ Die Gesch. d. direkten Steuern in Baiem vom Ende des XIII. bis z. Beginn des XIX. Jhs., 1883; F. Stbffan-W. Diehm, Die bayer. Staatsbank 1780-1955, 1955; Dunan 172-185 u. 560-570 (bis 1810); H. Klotz, Der bayer. Staatshaushalt v. 1799-1818, Diss. Masch. München 1953; H. Schnee, Die Hoffinanz u. der moderne Staat. Gesch. u. System der Hoffaktoren an d. dt. Fürsten­ höfen im ZA d. Absolutismus IV, 19642; Ders., Die Familie Seligmann-Eichthal als Hoffinanciers an süddt. Fürstenhöfen (ZBLG 25) 1962, 163-201. Über die Staatsfinanzen u. Schulden heute auf Aktengrundlage: W. Steitz, Feudalwesen u. Staatssteuersystem I: Die Realbesteuerung d. Landwirtschaft in d. süddt. Staaten im 19. Jh., 1976; Ders. auch: Zur Etablierung d. Realbesteuerung in d. süddt. Staaten... 1806-1850 (VSWG 63) 1976, 145-179; jetzt v. a. Demel 165-270 und H.-P. Ullmann, Staatsschulden u. Re­ formpolitik. Die Entstehung moderner öfmann,

fentl. Schulden in Bayern u. Baden 17801820, 2 Bde., 1986; zusammenfassend: Ders., Die öffentl. Schulden in Bayern u. Baden 1780-1820 (HZ 241) 1986, 31-67. Ferner Schimke 22-30. 135 Ullmann, Staatsschulden (Anm. 134) 83. 130 Ebd. 119. 137 Ebd.; Demel 186. Insgesamt hat Bayern bis Ende 1809 durch die neuen Gebiete rd. 90 Mio. fl. Schulden übernommen, für die es jährlich, abgesehen von der Tilgung, we­ nigstens 3 Mio. Zinsen aufbringen mußte (Demel 186 f). Die höchsten Schuldenpo­ sten waren Altbayem (18 Mio.), Schwaben (18,9 Mio.), Tirol (14 Mio.) und die ehern. Reichsstadt Nürnberg, die allein mit 11 Mio. belastet war (das zuletzt preußische Mark­ graftum Ansbach dagegen nur mit 2 Mio.). 138 S.o. § 3 b. 139 Ullmann, Staatsschulden (Anm. 134) 357> 171·

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halt herausgenommen und im außerordentlichen Etat verborgen war.'40 In der Folgezeit wurde der Haushalt allmählich entlastet, u. a. durch die Abnahme der Pensionisten, die Bayern seit Säkularisation und Mediatisierung unterhalten mußte. Vor 1807 wußte die Regierung nicht einmal genau, wo und bei welchen Be­ hörden es noch Schulden gab. In dieser Hinsicht wurde eine große organisato­ rische Leistung vollbracht. In Bayern war durch den Ansbacher Hausvertrag und die Schuldenpragmatik von 1804 eine strenge Trennung von öffentlicher und privater Schuld des Fürsten vorgenommen worden. Seit 1807 gab es im König­ reich nach dem Wegfall der Landschaftsverfassungen nur noch Staatsschulden, keine Landschulden der Stände mehr. Doch war das Problem, daß die Stände als Vertreter der Grundbesitzer im Lande zwar viel, der Landesherr und der Staat aber wenig Kredit besaßen. Dies war einer der Gründe, weshalb auch Montgelas und seine Mitarbeiter nach einer Verfassung mit Repräsentation strebten. Nachdem das Repräsentativorgan der Konstitution von 1808 nie ein­ berufen worden war, brachte erst die Verfassung von 1818 die Absicherung der Kreditfähigkeit des Staates. Doch auch in der Zwischenzeit hatte die Regierung wesentliche Schritte ge­ tan zur Erfassung, Konsolidierung und Verwaltung der Schulden. Die öffentliche Schuld wurde vereinheitlicht, die Schuldenverwaltung, die, wie überall im al­ ten Europa, auf ungezählte Einzelkassen verstreut gewesen war, wurde zentrali­ siert. 1811 gingen Zentral- und Provinzialschulden in einer einzigen Schulden­ masse auf. Schwieriger gestaltete sich die Fundierung der öffentlichen Schuld durch Schaffung einer Schuldenverwaltung. Dieser Verwaltung wurden auf Dauer bestimmte Staatseinnahmen (indirekte Steuern wie Malzaufschlag, Tabakregie, Konsumtionsaufschlag) zur Verzinsung und Tilgung langfristiger Verbindlich­ keiten zugewiesen.141 Doch die Mittel dieser Administration reichten ange­ sichts der von Napoleon verlangten Rüstung für den Rußlandfeldzug und wohl auch angesichts der Einnahmeausfälle durch die Kontinentalsperre bei weitem nicht aus. Die Schuldenverwaltung stand 1814 am Rande der Insolvenz. Seit­ dem wurden die Staatsgläubiger nur noch nach Maßgabe der verfügbaren Mittel befriedigt. Dies führte zu einer weiteren Krise des öffentlichen Kredits, die zwar nach dem Ende der napoleonischen Kriege nicht mehr so bedrohlich war, aber erst nach der Verfassungsgebung von 1818 aufgefangen werden konnte. — Neu war ein Prozeß der Kommerzialisierung der öffentlichen Schuld seit etwa 1807: Banken gewannen die Schlüsselrolle in ihrer Abwicklung; sie nah­ men dadurch einen raschen Aufschwung. Am Frankfurter Kapitalmarkt wurde auch ein erheblicher Teil der Schulden Bayerns untergebracht. Die meisten an­ deren deutschen Mittelstaaten machten ebenfalls diesen Modernisierungsschub des territorialstaatlichen Schuldenwesens vom Ancien Régime zur Schulden­ wirtschaft des modernen Staates zwischen 1780 und 1820 durch. Die Schulden 140 Ebd. 234 ff.

141 Ebd. 194-214, 440-514.

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799—1825)

selbst wurden in Bayern nach der stürmischen Periode der napoleonischen Kriege erst in der Friedenszeit unter Ludwig I. wieder auf ein normales Maß reduziert. Doch wäre der moderne bayerische Staat ohne diese riskante Finanz­ politik nicht zu schaffen gewesen. Solange die alte Ständeverfassung bestand, war an Steuerreformen nur Stück­ werk möglich. Erst 1807 konnte Finanzminister J. W. v. Hompesch eine ori­ ginelle und wirksame Steuerreform vorlegen und durchsetzen. Ihr wichtigstes Ziel war die Beseitigung der Steuerprivilegien des Adels.'41 Der Grundsatz allge­ meiner Steuerpflicht wurde damit endgültig verwirklicht, wenngleich nach 1811 und mehr noch nach 1818 der Adel steuerlich wieder etwas schonender behandelt wurde als nach 1807/08. Die Bedeutung des Erreichten wird klar, wenn man bedenkt, daß in den alten Provinzen Preußens die Steuerfreiheit des Adels erst 1861 abgeschafft wurde und nur gegen Entschädigung. Das zweite Ziel war es, die bisher, wie auch in anderen Staaten, völlig unübersichtliche und uneinheitliche Vielfalt der Steuern zu vereinheitlichen und möglichst gerecht und zugleich effektiv zu gestalten. Nach Hompeschs Reform gab es nur noch vier direkte Steuern: Rustikal- (= Grundsteuer), Dominikal- (= Gefällesteuer, vor al­ lem für grundherrschaftliche Einnahmen), Häusersteuer und Gewerbesteuer. Diese Steuern standen bereits in der Mitte zwischen überkommener Vermö­ gens- und moderner Einkommensbesteuerung.142 143 Daneben wurde anstelle der vielfältigen alten Personalsteuem nun ein Familienschutzgeld erhoben, dem die von den anderen Steuern nicht erfaßten Personen (Familienoberhäupter und ledige Männer) unterlagen. Es ging dabei um Bezieher von Besoldungen, Löh­ nen und Kapitalerträgen. Große Schwierigkeiten lagen in der Bestimmung der Bemessungsgrundlagen, vor allem für die Rustikal- und die Dominikalsteuer. Als Voraussetzung hierfür wurde im Isarkreis bereits 1814 eine Katastervermes­ sung durchgeführt; in den anderen Regierungsbezirken folgte sie, nunmehr mit verfeinerten Methoden, erst ab i828.'44 Obwohl Kapitalerträge und andere nicht auf dem Besitz von Grund und Bo­ den beruhende Einkommen zum Teil noch nicht erfaßt wurden und auch die regionalen Unterschiede noch lange erheblich blieben, war das neue Steuersy­ stem doch deutlich gerechter als das alte. Es begünstigte Verbesserungen in der Landwirtschaft, auch gerade in kleineren Betrieben, sowie im Handwerk und erhöhte und sicherte die Einnahmen des Staates.145 Auch die indirekten Steuern

142 Anm. 40; Demel 208-228; Ullmann, Staatsschulden (Anm. 134) 123-129. 143 Ebd. 162. 144 J. Hbidbr, Das bayer. Kataster, 1954; Th. Ziegler, Vom Grenzstein z. Landkarte. Die bayer. Landesvermessung in Gesch. u. Gegenw., 1989; Ders., Die Entstehung d. bayer. Katasterwerkes, 1992. Uber die unge-

mein schwierigen, häufig geänderten Steuer­ verfahren, die Motive, Diskussionen und ge­ fundenen Kompromisse sowie über das jahr­ zehntelange Nebeneinander von «Proviso­ rium» und «Definitivum»: Demel 229-270. 143 Ullmann, Staatsschulden (Anm. 134) 164 f.

§ j.

Die Reformen in Staat, Verwaltung und Gesellschaft (E. Weis)

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wurden vereinheitlicht und modernisiert. Doch erfolgte dies zunächst teilweise zu Lasten der Kommunen.146

1) Wirtschaftspolitik. Auch wirtschaftlich gesehen stellte die Integration eine wichtige Aufgabe dar angesichts der unterschiedlichen Strukturen der verschie­ denen Provinzen und beispielsweise des Gewichts, das auch im 19. Jahrhundert die ehemaligen Reichsstädte Augsburg und Nürnberg sogar gegenüber der Lan­ deshauptstadt München hatten. Bayern war überwiegend ein vorindustrielles Agrarland.147 Manufakturen spielten eine relativ geringe Rolle, ausgenommen bei Luxusgütem.'48 Das Land hatte aber eine vergleichsweise hohe Gewerbedichte, wozu das Landhandwerk, das vielfach von Nebenerwerbsbauem bzw. Nebenerwerbs­ handwerkern betrieben wurde, wesentlich beitrug. Dagegen war die Gewerbe­ dichte in München geringer als im Landesdurchschnitt und weit geringer (etwa halb so dicht) wie die von Berlin.149 Handwerkliche Kleinbetriebe mit maximal zwei Gesellen überwogen in Bayern. Anders war es freilich bei Bäckern, Metz­ gern und Brauern. Im Gegensatz zum städtischen Handwerk war das Landhandwerk meist nicht zünftisch gebunden. Doch hatten die Landesherren auch in den Städten zunft­

14 Zollpolitik s. in Abschnitt 1 (Wirt­ schaft) u. oben § 2 g. 147 Zorn, Wirtschaftsgesch.; Ders., Bayerisch-Schwaben; desselben Beiträge über Wirtsch. u. Gesellschaft in HB IV/2, 1979, §§ 40, 45, 46; Ders., Die wirtschaftl. Ent­ wicklung Bayerns unter Max I. Joseph (Wit­ telsbach u. Bayern III/i) 1980, 281-299; J· Hazzi, Statist. Aufschlüsse über d. Herzog­ tum Bayern, 4 Bde., 1801/08; Rudhart; Schremmer; Ders., Gewerbe u. Handel. Zweiter Teil: Die Epoche d. Merkantilismus (HB II) 19881, 754-801 (bis um 1800); fer­ ner die Beiträge in HB IV/2, 2. Aufl. — H. Mauerbr, Entwicklung u. Funktionswechsel d. Märkte in Altbayem seit 1800, 1971; De­ mel 88-97, 383-437, 499-505, 564-566; Schimke 593-642. - Allgemein: W. Zorn (Hg.), HB der dt. Wirtschafts- u. Sozialgesch. II, 1976; W. Fischer u. a. (Hgg.), HB der europ. Wirtschafts- u. Sozialgesch. IV (17. - Mitte 19. Jh.), 1993; H.-U. WEHLER, Dt. Gesellschaftsgesch. I, 19963; W. Abel, Agrarkrisen u. Agrarkonjunktur, 1978. 148 Schremmer (Anm. 147); O. Reuter, Die Manufaktur im fränkischen Raum, 1961; G. Slawinger, Die Manufaktur in Kurbayem, 1740-1833, 1966; K. F. Schädler, Ma­ nufakturen in Bayern. Von d. Anfängen bis z. Ende d. 18. Jhs., 1982; C. Grimm-R. A.

Müller-K. v. Zwehl (Hgg.), Aufbruch ins Industriezeitalter (betr. Bayern 1750-1850) 1985; R. A. Müller (Hg.), Unternehmer Arbeitnehmer. Lebensbilder aus d. Frühzeit d. Industrialisierung in Bayern, 1985; J. Kocka, Weder Stand noch Klasse. Unter­ schichten um 1800, 1990; Ders., Arbeitsver­ hältnisse u. Arbeiterexistenzen, 1990 (bes. Kap. 7); ferner die Lit. in Anm. 147. 149 U. Puschner, Handwerk zw. Tradi­ tion u. Wandel. Das Münchener Handwerk an d. Wende vom 18. z. 19. Jh., 1988. Handw. u. Gewerbe ferner: A. Popp, Die Entstehung d. Gewerbefreiheit in Bayern, 1928; E. Anegg, Zur Gewerbestruktur u. Gewerbepolitik Bayerns während d. Regie­ rung Montgelas, Diss. München 1965; I. Birnbaum, Das Münchener Handwerk im 19. Jh. (1799-1868), 1984; E. Spilker, Bay­ erns Gewerbe 1815-1965, 1985; R. Bbttger, Das Handwerk in Augsburg beim Übergang d. Stadt an d. Kgr. Bayern, 1979; R. Reith, Arbeits- u. Lebensweise im städt. Hand­ werk. Zur Sozialgesch. Augsburger Hand­ werksgesellen im 18. Jh. (1700-1806), 1988; A. Kraus (Bearb.), Quellen z. Berufs- u. Gewerbestatistik Deutschlands 1816-1875: Süddeutsche Staaten, 1995, 89-124; ferner die in Anm. 147 angegebene Lit.

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freien Handwerkern gelegentlich die Niederlassung gestattet («Hofschutzver­ wandte»). Auch Wirte und Händler waren in den Städten meist unzünftisch. Schon im 18. Jahrhundert war immer wieder die allgemeine Abschaffung des Zunftzwanges gefordert worden, denn die Zünfte hemmten den ökonomischen Fortschritt und versperrten Außenstehenden Betätigungsmöglichkeiten und Aufstieg. Während unter Montgelas einige Referendäre die Aufhebung der Zünfte und der Realgerechtigkeiten'50 forderten, hob die Regierung 1804 den Zunftzwang, nicht aber die Zünfte als solche und auch nicht die Realgerechtig­ keiten grundsätzlich auf.150 151 Am Ende der gesetzgeberischen Neuerungen stand seit 1811, daß der Zunftzwang zwar wegfiel, aber zur Aufnahme eines Hand­ werksbetriebes eine staatliche Konzession nötig war. Während Preußen unter Hardenberg bereits 1810 die völlige Gewerbefreiheit einführte,152 behielt Bay­ ern dem Staat eine Zulassungsfunktion vor. Dies war ein Punkt, in dem die preußischen Reformen weiter gingen als die der süddeutschen Staaten, was wichtig für die spätere Industrialisierung werden sollte. In den meisten anderen Reformbereichen, besonders in der Adels-, Steuer- und Verfassungspolitik so­ wie in der Verwaltung, gingen Bayern und die anderen süddeutschen Staaten weiter als Preußen. - Die bayerische Regelung hinsichtlich der staatlichen Konzessionierung der Handwerksbetriebe wurde durch das noch durch Max I. unter­ zeichnete, vom Landtag erlassene Gewerbegesetz von 1825 grundsätzlich bestä­ tigt. Der Staat wollte sicherstellen, daß es nur lebensfähige Handwerksbetriebe gab. Die vollständige Gewerbefreiheit wurde in Bayern erst 1868 eingeführt.153 Die Landwirtschaft,154 der weitaus wichtigste Wirtschaftszweig des Landes, unterlag starken konjunkturellen Schwankungen, ebenso wie schweren Bela­ stungen durch die Kriege. Nachdem durch agrarische Fortschritte die Produk­ tion gestiegen und damit die Preise gesunken waren, brachten dramatische Veränderungen die Mißernte mit Teuerung und Hungersnot von 1816/17 und unvermittelt darauf die Überproduktionskrise von 1817 bis 1821 mit einem für die gesamte ländliche Bevölkerung katastrophalen Preisverfall.155 Den Handel, der bis 1798 nach merkantilistischen Grundsätzen kontrolliert worden war, liberalisierte die Regierung Montgelas seit 1799 systematisch. Auch bisherige Zwangsrechte auf dem Gebiet der Lebensmittelversorgung, vor 150 K. Einhorn, Wirtschafti. Reformlit. in Bayern vor Montgelas, 1909; Schimke 610 (dort Belege). 151 Schimke Nrr. 121-124. Realgerechtig­ keiten waren vererbbare oder verkaufbare Berechtigungen zur Führung eines Hand­ werksbetriebes; sie sind zu unterscheiden von radizierten, d. h. an ein bestimmtes Ge­ bäude gebundenen Gewerberechten. Zum Kampf um die Realgewerbsgerechtigkeiten Demel 414-426; zur Reform der Zunftver­ fassung und der Einführung des Gewerbe­ konzessionssystems Demel 426—438.

152 B. Vogel, Allgem. Gewerbefreiheit. Die Reformpolitik d. preuß. Staatskanzlers Hardenberg (1810-1820), 1983. 153 Zur bayer. Handwerkspolitik u. den Argumenten der maßgebenden Beamten: Demel 414-438, ferner oben Anm. 149. 154 S. oben § 3 e sowie die Lit. Anm. 147. 155 Vgl. die graph. Darstellung bei Zorn in Wittelsbach u. Bayern III/1 (Anm. 147) 285, nach Abel. - Zur Krise von 1816/18: G. Müller, Hunger in Bayern 1816-1818. Politik u. Gesellsch. in einer Staatskrise d. frühen 19. Jhs., 1998.

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allem der Bierzwang — die Bauern durften nur das von ihrem eigenen Grund­ herrn gebraute Bier trinken wurden beseitigt. Bayern war auf die Einfuhr von Fertigwaren angewiesen, seine wichtigsten Exportgüter waren Getreide, Vieh und Salz. Bayern wurde bereits 1807, früher als Preußen (1818), durch Wegfall der Binnenzölle zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum.'56 Entsprechend den damals in der bayerischen Regierung vorherrschenden wirtschaftsliberalen Grundsätzen wurden die Außenzölle niedrig gehalten. Erst unter dem Einfluß der französi­ schen Schutzzollpolitik und des Dekrets von Trianon von i8io‘57 ging die Re­ gierung mit ihrer nach französischem Vorbild geschaffenen Zollordnung von 1811 zu einer Art von Schutzzollsystem über. In diesen Jahren benötigte sie die höheren Zolleinnahmen auch dringend zur Finanzierung der Armee und der Schulden. Nach dem Vertrag von Ried von 1813 wurden die Schutzzölle wie­ der abgebaut; damit wurde in der Folgezeit das stärkere Einströmen britischer Waren ermöglicht, das neue Probleme schuf. Die bayerische Wirtschaftsentwicklung wurde unter Montgelas wesentlich begünstigt durch die Förderung der Kameralwissenschaften, der Landesvermessung (Topographie), der Statistik und den Ausbau der Infrastruktur, d. h. vor allem durch Straßen- und Brückenbau, ferner durch Verbesserungen in der Salzgewinnung und durch die landesweite Vereinheitlichung der Münzen, Maße und Gewichte 1809.156 158 157 m) Heeresreform, allgemeine Wehrpflicht. Die bayerische Armee erwies sich im Krieg von 1799-1801 als ineffektiv und stark vernachlässigt. Da die Zahl der 156 Schimke Nr. 127; E. J. Häbbrle, Zoll­ politik u. Integration im 18. Jh. Unters, zur wirtschaftl. u. polit. Integration in Bayern von 1765 bis 1811, 1974, bes. 146-151; J. Rode, Der Handel im Kgr. Bayern um 1810, 2001. 157 S. o. § 2g. Zur Zollpolitik bis 1810: Dunan; Häberle (Anm. 156); Schimke Nrr. 126 u. 127; bis 1817: Demel 93-97 u. 408-414; Zorn (wie Anm. 147); R. Dufraisse, L’Allemagne à l’époque napoléo­ nienne, Bonn 1992 (Aufsätze zur Wirtsçhafts- u. Handelspolitik). 158 Kameralwissenschaften: Zorn (Anm. 147); E. Weis, Bayerns Beitrag z. Wissen­ schaftsentwicklung im 19. u. 20. Jh. (HB IV/2) 1979, 1034-1045. - Landesvermes­ sung, Topographie: Heider (Anm 144); Ziegler (ebd.); E. THaler, Die Entwicklung d. Geländeaufnahme u. d. Geländedarstel­ lung in d. amtl. topograph. Karten in Bayern v. 1801 bis 1919, 1982. - Infrastruktur: Zu­ sammenstellung der einschlägigen Gesetze u. VO für Wasser-, Brücken- u. Straßenbau:

Schimke 623 ff. — Salzgewinnung: siehe HB IV/2. Jetzt: Μ. Treml - W. Jahn - E. Brockhoff (Hgg.), Salz macht Geschichte. Aufsätze (Haus d. Bayer. Gesch.) 1995; St. Deutinger, Neue Wege im bayer. Salzwe­ sen. Der Bau der Soleleitung von Reichen­ hall nach Rosenheim 1807 bis 1810 (ZBLG 60) 1997, 925—961. — Vereinheitlichung der Münzen, Maße u. Gewichte: die entschei­ dende VO v. 28.2.1809: Schimke Nr. 128. - H. Kellenbenz, Zahlungsmittel, Maße u. Gewichte seit 1800 (Aubin-Zorn, HB der dt. Wirtsch.- u. Sozialgesch. II, hg. v. W. Zorn) 1976, 934-958. - Die Entwicklung der Gesellschaft wird in einem eigenen Kapi­ tel in HB IV/2 behandelt. Vgl. auch die oben § 3 c Anm. 35 angeg. Lit. Ferner E. L. Shorter, Social Change and Social Policy in Bavaria 1800-1860, 2 Bde., Cambridge Mass. 1967 sowie die Lit. vor § 1, zu § 4 so­ wie § 3 Anm. 147 bis 149. Außerdem P. Nolte, Staatsbildung als Gesellschaftsreform. Polit. Reformen in Preußen u. den süddt. Staaten 1800-1820, 1992.

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angeworbenen Söldner — vielfach Ausländer - nicht reichte, wurden, wie schon unter Karl Theodor, Arbeitsscheue und Kriminelle zwangsrekrutiert. Die Mannschaften waren mangelhaft ausgebildet und ausgerüstet, Desertion war, wie auch im übrigen Deutschland, an der Tagesordnung. Die Subalternoffiziere und Unteroffiziere waren schlecht besoldet, unzufrieden und ungebildet. Die höheren Ränge wurden oft nach Beziehungen besetzt. Es gab zu viele und zu alte Generäle. In den deutschen Staaten ließ man damals oft Generäle von mehr als 70 oder 80 Jahren im Dienst, um Pensionen zu sparen. Max Joseph als erfahrener Berufssoldat war entschlossen, einen Wandel zu schaffen, der in An­ betracht der Überlegenheit des französischen Volksheeres unabweisbar war.159 Der Kurfurst/König, der zunächst sein eigener Kriegsminister war, bediente sich der wohl besten damals verfügbaren Kräfte: für die Neuorganisation des Generals und späteren Kriegsministers Joh. Nepomuk Graf v. Triva, der bereits seit 1802 Chef des Generalstabs war, und für die Führung der Truppen des Ge­ nerals Bernhard Erasmus Graf v. Deroy, der in Rußland fiel, und, vor allem seit 1813, des Generalfeldmarschalls und Fürsten (beides seit 1814) Karl Philipp von Wrede. An die Spitze der Kommission, die die Reformen von 1804/05 ausar­ beitete, berief er Montgelas. Das Ergebnis war zunächst das Kantonsreglement vom 7. Januar 1805, das für Bayern im Prinzip die allgemeine Wehrpflicht und die Verwendung ausschließlich von Landeskindem in der Armee einführte. Ausgenommen von der Wehr­ pflicht blieben allerdings u. a. Adelige, siegelmäßige Beamte und deren Söhne, die Söhne von Offizieren sowie praktisch das gesamte Bildungs- und das Wirt­ schaftsbürgertum, z. T. einschließlich der Söhne, ferner die Bergarbeiter und ein Teil der Handwerker. Die Dienstzeit betrug 8, seit 1809 6 Jahre, Kriegsjah­ re zählten doppelt. Loskauf und Stellvertretung wurden verboten. Im Grunde mußten nur Kleinbürger, Bauern und Angehörige unterbürgerlicher Schichten ihre Söhne tatsächlich stellen. Da die Konstitution von 1808 grundsätzlich keine Bevorzugung einzelner Stände mehr erlaubte, ließ die VO vom 29. Februar 1812 nun für ledige Män-

159 Gesch. des bayer. Heeres V (17781803), 1930, u. VI/i (1804-1825), 1933, bei­ de von O. Bezzel, ferner VI/2, Die Feldzü­ ge ... 1805-1815, v. Μ. Leyh, 1935; E. v. Frauenholz, Der Übergang vom Söldnertum z. Volksheer unter d. ersten bayer. Kriegsminister Grafen Triva (ZBLG 9) 1936, 47-93, 209-233; Den., Die Eingliederung v. Heer u. Volk in d. Staat in Bayern 1597-1815, 1940; R. Wohlfeil, Vom Ste­ henden Heer d. Absolutismus z. Allg. Wehr­ pflicht (Deutsche Militärgesch. 1648-1939, I) 1964, Nachdr. 1983, hier 64-68, 197; Gruner, bes. 37-69; Möckl, Suat 157 ff.; E. Aichner, Das bayer. Heer in d. napoleon.

Kriegen (Wittelsbach u. Bayern III/1) 239-253, in diesem Bd. noch weitere Beitr. zur bayer. Armee in den napol. Kriegen; G. Heyl, Kapitel «Militärwesen» in: Volkert, Handbuch 330-397; N. Lorch, Der bayer. Generalstab von seiner Gründung bis z. Ab­ schluß d. bayer. Heeresreform (1792-1870), 1987; Demel 165-177; Schimke 702-732, mit Dok.; G. Heyl, Die Belohnung d. bay­ er. Soldaten unter Max I. Joseph (ZBLG 55) 1992, 171-178; K. Demeter, Das dt. Offi­ zierskorps in Ges. u. Staat 1650-1945, 1962; Chr. LAnkes, München als Garnison im 19. Jh., 1993.

§ j. Die Reformen in Staat, Verwaltung und Gesellschaft (E. Weis)

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ner vom 19. bis zum 23. Jahr keine Ausnahmen mehr zu, jedoch wurde jetzt die Stellung eines Stellvertreters durch Geldzahlung nach französischem Vorbild wieder möglich, wie vor 1805. Die VO v. 21. Oktober 1814, nach den Befrei­ ungskriegen, gliederte die Streitkräfte, wie es in Bayern bereits seit 1808/09 verfugt worden war und wie es ähnlich in Preußen erfolgte, in die aktive Ar­ mee, die Nationalgarde I., II. und III. Klasse (Landwehr). Letztere, die alle nicht zu den beiden anderen Kategorien gehörenden wehrfähigen Männer bis 60 Jahre umfaßte, durfte nur im Inland verwendet werden. Noch stärker als 1812 wurde jetzt mit Freiwilligen gerechnet. Diese Grundlagen der Wehrver­ fassung blieben bis 1868 gültig. Schon seit 1801 wurden schrittweise die Rechtssicherheit und die soziale Lage der Soldaten und Offiziere, die Versorgung ihrer Witwen sowie die Ver­ waltung und Organisation der Armee verbessert, der Kauf von Offiziersstellen und die Rekrutierung von Kriminellen verboten, das Beforderungssystem, die Militäijustiz und der Sanitätsdienst grundlegend reformiert. Im Gegensatz zu Preußen wuchs in Bayern im Lauf des 19. Jahrhunderts der Anteil von Bürger­ lichen am Offizierskorps, abgesehen von der Generalität, kontinuierlich. Die Auswirkungen des Militärdienstes auf die mentale Integration des neuen Bay­ ern dürften nicht zu unterschätzen sein. Der Erfolg der Militärreform machte sich in den Kriegen von 1805 bis 1813/15 zunehmend bemerkbar. Die Existenz dieser nun leistungsfähigen, für die Großmächte als Verbündeter wichtigen Armee (numerische Stärke 1799: 16000 Mann, 1809: 62000, 1815: 87000, trotz des Verlustes der Rußlandarmee von 1812) trug entscheidend dazu bei, daß Bayern als Staat überleben konnte.

n) Toleranz, konfessionelle Parität. Bereits in den frühesten überlieferten persön­ lichen Schriften Montgelas’ aus den achtziger Jahren, sodann in seinem Ansba­ cher Mémoire von 1796 zeigt sich sein entschiedenes Eintreten für Toleranz und Gewissensfreiheit, ferner für Gleichberechtigung der drei in Bayern vor­ handenen christlichen Konfessionen, für die Rolle des Staates als konfessionell neutrale Aufsicht über den Religionsgemeinschaften und als Schiedsrichter zwi­ schen ihnen, für eine Zurückdrängung der kirchlichen Gerichtsbarkeit, z. B in Ehesachen und in Strafprozessen gegen Geistliche, sowie schließlich für staatli­ che Kontrolle über eine dem Gemeinwohl förderliche Verwendung der from­ men Stiftungen.'60 Während die wittelsbachischen Gebiete am Rhein (Jülich, Berg, Kurpfalz und Zweibrücken) von jeher gemischtkonfessionell waren, waren Altbayem und die Oberpfalz (mit Ausnahme Sulzbachs) seit der Gegenreformation für Prote­ stanten verschlossen. Dieser Zustand ließ sich nicht weiter aufrechterhalten.160

160 Weis, Montgelas I 113-143, 266-287, 3iof; E. Weis, Montgelas’ innenpolit. Reformprogramm (ZBLG 33) 1970, 219-256;

ferner der Band «Bayern entsteht» (§ 1 Anm. 5).

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A. I. Die Begründung des modemen bayerischen Staates (1799-1825)

Mit Max Joseph kamen zahlreiche, auch protestantische, zweibrückische und kurpfälzische Beamte und Flüchtlinge, später auch Kolonisten für die Moorge­ biete nach Altbayern. Seit 1803 gewann Bayern zunehmend protestantische oder gemischtkonfessionelle Territorien und Reichsstädte. 1815, also noch vor der Angliederung der großenteils reformierten linksrheinischen Pfalz, zählte Bayern bei 3,16 Mio. Einwohnern 732000 Lutheraner und Reformierte, also etwa ein Viertel. Für die Toleranzpolitik waren die philosophischen und hu­ manitären Positionen der Aufklärung, aber auch politische, staatsrechtliche und wirtschaftliche Gesichtspunkte maßgebend. Die erste wesentliche Station der Einführung von Toleranz und Parität in Bayern war die von Montgelas persönlich ausgearbeitete Religionsdeklaration für die Kurpfalz vom 9. Mai 1799, die vorbildlich für die übrige bayerische Ge­ setzgebung wurde.161 Seit der gleichen Zeit hielt der evangelische Kabinetts­ prediger der Kurfürstin für eine größere Gemeinde in Nymphenburg Gottes­ dienste ab. 1800 wurde angeordnet, daß Protestanten beim Kauf von Landgü­ tern in ganz Bayern gleichberechtigt zu behandeln seien. 1801 mußte der Münchner Magistrat auf Befehl des Kurfürsten dem aus Mannheim kommen­ den protestantischen Weinwirt Michel das Bürgerrecht verleihen. Nicht nur der Magistrat, sondern auch die Landschaft hatten Widerstand dagegen gelei­ stet. Bei diesem Verhalten, wie umgekehrt bei dem Widerstand gegen Ertei­ lung des Bürgerrechts in der Reichsstadt Nürnberg an Katholiken 1800, spielte wohl die Furcht vor Konkurrenz die Hauptrolle. Grundlegend wurde dann das Religionsedikt vom 10. Januar 1803, das in der Herstellung nicht nur der Toleranz, sondern der Gleichberechtigung von Katholiken, Lutheranern und Reformier­ ten auch weiter ging als Österreich unter Joseph II. 1781 und Preußen 1788. Dieses Edikt bildete die Grundlage für die Konfessionsneutralität des Staates gegenüber seinen Bürgern und Beamten. Niemand durfte wegen seiner Kon­ fession bevorzugt oder benachteiligt werden. Die Religionsedikte vom 24. März 1809 und vom 26. Mai 1818 bauten auf dem von 1803 auf. Die baye­ rische Gesetzgebung auf diesem Gebiet wurde zum Vorbild für Württemberg und Baden, obwohl beide Staaten162 gegenüber den in dort in der Minderheit befindlichen Katholiken nicht ganz so weit gingen. Die mittleren und kleine­ ren nord- und mitteldeutschen Staaten verzichteten überhaupt auf vergleichba­ re gesetzliche Regelungen. Auch über Mischehen und deren religiöse Kinder­ erziehung erließ der konfessionsneutrale bayerische Staat Bestimmungen. 1808

161 G. Pfeiffer, Die Umwandlung Bayerns in einen parität. Staat (Winkler) 35-109; Weis, Montgelas I 301-311. Zum Folgenden ferner: Möckl, Staat 114-118; Demel 366373; ebd. 306-329; Hausberger (§ 3 Anm. 28) 125-136; W. Müller (Brandmüller III) 99-107; Schimke 493-541; C. Henke, Die Anfänge d. evangel. Kirche in Bayern. F. I.

Niethammer u. d. Entstehung d. prot. Ge­ samtgemeinde, 1974; Fallstudie zur Reichs­ stadt Augsburg: E. François, Die unsichtba­ re Grenze. Protestanten u. Katholiken in Augsburg 1648-1806, 1991. Vgl. auch oben § 3 C· 162 Pfeiffer (Anm. 161) 95-103.

§ j. Die Reformen in Staat, Verwaltung und Gesellschaft (E. Weis)

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wurde die Evangelische Landeskirche endgültig konstituiert. Ihre Spitze bildete unter dem König das protestantische Generalkonsistorium, das dem Innenmini­ sterium eingegliedert wurde. Gewissensfreiheit und Toleranz galten auch für Anhänger aller anderen Religionsgemeinschaften, wenn diese auch nicht diesel­ ben Rechte hatten wie die christlichen Kirchen.

o) Das Judenedikt von 1813. Die Befreiung der Juden von dem rechtlichen Aus­ nahmezustand, unter dem sie seit Jahrhunderten standen, wurde für Bayern erst besonders aktuell nach der Erwerbung der fränkischen und schwäbischen Ge­ biete, in denen es teilweise alte jüdische Gemeinden gab. In Altbayem und der Oberpfalz lebten 1799 nur etwa 360 jüdische Familien. 1812 dagegen gab es in dem vergrößerten Staat mehr als 5000 jüdische Familien mit etwa 37000 Perso­ nen. Die wohlhabenden Bankiers, die früheren Hoffaktoren, ohne deren Anlei­ hen der bayerische Staat sich während der napoleonischen Kriege finanziell kaum hätte behaupten können, an ihrer Spitze Aron Elias Seligmann, der 1814 zum Freiherrn von Eichthal erhoben wurde, stellten natürlich kein gesellschaft­ liches Problem dar, auch nicht jüdische Unternehmer und Gebildete. Das Pro­ blem waren vielmehr aus der Sicht der Regierung die vielen armen, der sie umgebenden Gesellschaft nicht angepaßten Juden, die, da ihnen der Zugang zum Handwerk und anderen bürgerlichen Berufen verwehrt war, großenteils vom Hausierhandel lebten. Als «Juden» galten, wie überall in Deutschland, die Anhänger der mosaischen Religion. Wer zu einer christlichen Kirche übertrat, galt nicht mehr als Jude. Rassistische Vorstellungen gab es nicht. Die Regierung war sich bewußt, daß man den Juden aus humanitären, wirt­ schaftlichen und gesellschaftspolitischen Gründen die vollen Bürgerrechte ver­ leihen müsse, und sie ließ von Anfang an regierungsinterne Gutachten und Plä­ ne hierzu anfertigen, ergriff auch bereits kleinere und örtliche Schritte zugun­ sten der Juden. Entscheidend war dann das Edikt «über die bürgerlichen Ver­ hältnisse der Juden in Bayern» vom 10. Juni 1813, das später in die Verfassung von 1818 übernommen wurde. Den Juden wurden darin nahezu alle Gewerbs­ zweige eröffnet, ebenso die Erwerbung von Grundbesitz zur Eigennutzung wie zum Handel. Sie genossen Religionsfreiheit, die jüdischen Kinder unterlagen der allgemeinen Schulpflicht. Die jüdischen Gemeinden durften auch eigene Schulen errichten. Von den Rabbinern und den Lehrern an jüdischen Schulen wurde der Nachweis einer qualifizierten Ausbildung gefordert. Während viele Bestimmungen des Edikts zweifellos im Interesse der Juden und ihrer gemeind­ lichen Organisation lagen, wurden der Erwerb des Bürgerrechts und die Ehe­ schließung durch die im Gesetz enthaltene Matrikelordnung erschwert. Sie sollte gewährleisten, daß die Zahl der Juden im Lande immer gleich blieb. Sie verhinderte einen freien Zuzug von außen und die Mobilität der Familien im Lande. Das Hardenbergsche Judenedikt für Preußen von 1812 war demgegen­ über großzügiger, doch galt es bis 1848 nicht für alle Provinzen Preußens. Ob­ wohl Montgelas nach seinem Sturz erkennen ließ, daß er das Edikt von 1813

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1823)

für verbesserungsbedürftig und zu hart hielt, blieb doch die umstrittene bayeri­ sche Matrikelordnung bis 1861 in Kraft, die volle bürgerliche und rechtliche Gleichstellung der Juden wurde in Bayern erst 1871 erreicht.'63 p) Pressefreiheit. Gemäß Montgelas’ bereits in eigener Zensorentätigkeit prakti­ zierter und im Ansbacher Mémoire ausgedrückter Grundauffassung'64 trat er von Anfang seiner Regierung an für die Presse- und Meinungsfreiheit ein, je­ doch mit gewissen Einschränkungen im Interesse der Sicherheit und der Staats­ räson.'65 Nach dem entsprechenden Passus der Konstitution von 1808166 blieb die Zensurbehörde zwar abgeschafft wie seit 1799, aber Zeitschriften unterla­ gen einer staatlichen Nachkontrolle durch die Polizei. Geschützt werden soll­ ten die öffentliche Ordnung, Religion und Moral sowie die Ehre von Einzel­ personen. Vor allem aber sollten politische Artikel in Zeitschriften durch eine politische Zensur im Außenministerium vorab geprüft werden, damit die außenpolitischen Beziehungen zu anderen Staaten nicht gefährdet würden. Hier lag das Hauptproblem der Pressefreiheit unter Montgelas. Bis 1813 ließ Napoleon die Verlautbarungen bayerischer Presseorgane aufmerksam überwa­ chen; Berichte über französische Mißerfolge oder publizistische Sympathieäu­ ßerungen für England oder Österreich zogen schärfste französische Drohungen nach sich. Nach Napoleons Abtritt von der Weltbühne, seit 1814, wurde die bayerische Zensur sogar noch rigoroser gehandhabt, nicht auf dem Gebiet der Gewissensfreiheit, die uneingeschränkt blieb, wohl aber auf dem politischer Publikationen und sogar mündlicher politischer Äußerungen.'67 Der König, Montgelas und ein Teil ihrer Mitarbeiter waren wegen zunehmender Kritik an der Regierung besorgt. Die tatsächliche Überwachung der Presse blieb, nach

163 St. Schwarz, Die Juden in Bayern im Wandel d. Zeiten, 1963 (Nachdr. 1980); Gesch. u. Kultur d. Juden in Bayern, Aufsät­ ze, hg. von Μ. Treml u. a. 1988; desgl. Le­ bensläufe, hg. v. Μ. Treml u. a., 1988; hier­ zu Ausstellungskatalog Gesch. u. Kultur d. Juden in Bayern, hg. v. G. Bott, 1988; W. Müller (Brandmüller III) 107 ff.; Schimke 541-578 (gibt weitere moderne Arbeiten zur Judenemanzipation im damaligen Deutschi, an); H. Kilian, Die jüdische Gemeinde in München 1813-1871. Eine Großstadtge­ meinde im Zeitalter d. Emanzipation, 1988; C. Prestel, Jüdisches Schul- u. Erziehungs­ wesen in Bayern 1804-1933, 1989; U. Gehring-Münzel, Vom Schutzjuden zum Staatsbürger. Die gesellschaftl. Integration der Würzburger Juden 1803-1871, 1992; Montgelas, Compte rendu 138-142. 164 Weis, Montgelas’ innenpolit. Reform­ programm (Anm. 160) 238 f; 255 f.

165 Zur Presse- und Zensurpolitik: Th. Bitterauf, Die Zensur d. polit. Zeitungen in Bayern (§ 2 Anm. 48); Dunan 93 ff, 498505, 515-520; Möckl, Staat 181-183; De­ mel 373-383; Μ. Treml, Bayerns Pressepo­ litik zw. Verfassungstreue u. Bundespflicht (1815-1837), 1977; W. Siemann, «Deutsch­ lands Ruhe, Sicherheit u. Ordnung». Die Anfänge d. polit. Polizei 1806-1866, 1985; Ders., Die Franzos. Revolution in d. Publi­ zistik d. süddt. Rheinbundstaaten (R. Dufraisse, Hg., Revolution u. Gegenrevol. 1789-1830) 1991, 121-142. '“ Konstitution von 1808 Titel I § 7: «Der Staat gewährt allen Staats-Bürgern Si­ cherheit der Person und des Eigenthums vollkommene Gewissensfreiheit - Preßfrei­ heit nach dem Zensur-Edikt vom 13. Junius 1803 und den wegen der politischen Zeit­ schriften am 6. September 1799 und 17. Fe­ bruar 1806 erlassenen Verordnungen.» 167 Beispiele bei Demel 377-383.

§ 3· Oie Reformen in Staat, Verwaltung und Gesellschaft (E. Weis)

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einer anfänglichen Lockerung 1817, auch unter Rechberg bestehen, zumal jetzt die Einwirkung der Metternichschen Politik fühlbarer wurde. Montgelas trieb, wie Hardenberg, gleichzeitig eine aktive und wirksame ei­ gene Pressepolitik. Er ließ Zeitungen und Zeitschriften mit regierungsfreund­ lichen Artikeln beliefern und den zahlreichen Flugschriften, die gegen ihn ge­ richtet waren, solche entgegensetzen, die seine Politik vertraten und verteidig­ ten.168

q) Bildungswesen, Wissenschaft, Kunstpflege.'69 Mit Eifer suchte die neue Regie­ rung auch das Schul- und Bildungswesen zu reformieren. In einer ersten Phase, etwa bis 1807, standen die pädagogischen Veränderungen im Zeichen der Auf­ klärung, deren Ausdruck der Lehrplan zweier reformerischer Geistlicher, Jo­ seph Wismayr und Kajetan Weiller, von 1804 war. Ihr Ziel war, die Dominanz der alten Sprachen in den Gymnasien zugunsten von Mathematik, Naturwis­ senschaften, deutscher Literatur, modernen Sprachen, Geschichte, Geographie und technischen Kenntnissen zurückzudrängen. Auch in den Elementarschu­ len, die zur Vorstufe für die Gymnasialausbildung wurden, sollten den Schülern auch «nützliche» handwerklich-technische Kenntnisse vermittelt werden, die ihrem beruflichen Fortkommen und der Wirtschaft des Landes zugute kommen sollten. Diese Grundsätze wurden 1808 abgelöst durch das Niethammersche Nor­ mativ, das einen Ausgleich zwischen realem und neuhumanistischem Lehrpro­ gramm, jedoch mit Schwerpunkt auf der letzteren Richtung, suchte.170 Beide Programme, die von 1804 und von 1808, strebten, wenn auch auf un­ terschiedlichen Wegen, danach, den ständischen Charakter der Schulausbildung aufzuheben. Seit 1816 wurden auch Niethammers Reformen im Zeichen von Neuhumanismus und Romantik rückgängig gemacht, die Durchlässigkeit zwi­ schen Elementarschule und Gymnasium wurde erschwert, die den Gymnasien früher gleichgestellten Realschulen mit Schwerpunkt auf den nichthumanisti­ schen Fächern und der Technik wurden allmählich alle wieder aufgehoben.

168 Die aktive Pressepolitik Montgelas' wird am Beispiel der Zeitschrift «Allemannia» und «Neue Allemannia» (beide 1815/16) untersucht von W. Pibreth, Bayerns Presse­ politik u. d. Neuordnung Deutschlands nach den Befreiungskriegen, 1999. 169 Für ausführlichere Angaben wird auf Bd. IV/2 verwiesen, bis zu dessen Neubear­ beitung weiterhin auf den verbess. Nach­ druck von 1979, dort die Beiträge C I, Das Schulwesen, v. A. Reble; C II, Das akadem. Bildungswesen in seiner Organisator. Ent­ wicklung v. L. Boehm; C III, Bayerns Bei­ trag zur Wissenschaftsentwicklung v. E. Weis.- Ferner: Möckl, Staat 159-172; Vol­ kert, Handbuch 182-225; Dokumente Bd.

III/8, 1983, 15-26, 40-153; Schimke 643668. 170 Reble (Anm. 169), 949-965; Schimke 643-668, mit Dokumenten; Μ. Liedtke (Hg.), HB d. Gesch. d. bayer. Bildungswe­ sens I: Gesch. d. Schule in Bayern v. d. An­ fängen bis 1800, 1991, II: von 1800 bis 1918, 1993; zu den Lehrplänen von Wismayr u. Niethammer auch Müller (Anm. 171) I 102-138, Texte II 456-485; Gesamtdeutsch­ land: HB d. dt. Bildungsgesch. III, hg. von K.-E. Jeismann - P. Lundgreen, 1987; W. Schmale - N. L. Dodde (Hgg.), Revolution des Wissens? Europa u. seine Schulen im Zeitalter der Aufklärung (1750-1825), 1991, darin über Deutschland: Schmale 627-767.

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A. I. Die Begründung des modemen bayerischen Staates (rygg-iS^ft

Unter dem Einfluß Friedrich Thierschs trat 1830 eine Stabilisierung des Gymna­ siums ein, das jedoch - gegen Thierschs Wunsch — auch nicht-altsprachliche Fächer beibehielt. Von bleibender Bedeutung waren die endgültige Durchsetzung der allgemei­ nen Schulpflicht 1802, die Regelung der Ausbildung der Volksschul- und der Gym­ nasiallehrer, die beide zu eigenständigen Berufsständen wurden, sowie Ansätze zur Fortbildung der Schulentlassenen (Feiertagsschuleri). Sogar Sonderschulen für behinderte Kinder wurden erstmals geschaffen. Das Unterrichtswesen wurde zentralisiert und vereinheitlicht. Die geistlichen Schulinspektoren blieben trotz ursprünglich anderer Pläne. Die Reformwellen und -diskussionen gingen auch nicht an den Lyzeen vorbei.17' Dies waren philosophisch-theologische Spezial­ schulen, die zwischen Gymnasium und Universität eingeschaltet waren und sich meist in Städten befanden, in denen früher Universitäten gewesen waren. Die Lyzeen dienten der Ausbildung von Geistlichen - hierin waren sie den Theologischen Fakultäten gleichberechtigt —, aber beispielsweise auch von Gymnasiallehrern. Sie waren die Vorläufer der späteren Theologisch-Philoso­ phischen Hochschulen. Das Zeugnis der Reife (Abitur) wurde als zwingende Voraussetzung für die Aufnahme an eine Universität oder ein Lyzeum als kol­ legiale Prüfung eingeführt. Wie im Schulwesen so wurden auch auf dem Gebiet der Wissenschaften grundlegende Reformen durchgeführt. Die Verlegung der altbayerischen Landes­ universität von Ingolstadt nach Landshut 1800, wo sie bis zu ihrem neuerlichen Umzug nach München 1826 verblieb, ging parallel mit einer weitgehenden personellen Neubesetzung dieser Universität, an die bedeutende Gelehrte wie Savigny, Feuerbach und Sailer berufen wurden, die aber auch zum Austra­ gungsort erbitterter Auseinandersetzungen zwischen Aufklärern und Romanti­ kern wurde.'72 Auch die Universitäten Würzburg (1803-1805 und ab 1814) und Erlangen (seit 1810) erfuhren eine weitgehende Förderung, die sich unter Ludwig I. fortsetzte. Montgelas, der in politischer Hinsicht so stark die Souve­ ränität des bayerischen Staates betonte, machte auf dem Gebiet der Wissen­ schaften die Freizügigkeit und den kulturellen Austausch innerhalb Deutsch­ lands zu seinem Grundsatz.'73 — Die 1790 gegründete Veterinärschule, ferner

171 Lyzeen: R. A. Müller, Akadem. Aus­ bildung zw. Staat u. Kirche. Das bayer. Lyzealwesen 1773-1849, 2 Bde., 1986. Text der VO über Einrichtung der Reifeprüfung v. 7. 8. 1809 dort II 484 f. 172 Ph. Funk, Von d. Aufklärung z. Ro­ mantik, 1925; Ludwig-Maximilians-Univ. Ingolstadt, Landshut, München 1472-1972, hg. v. J. Spörl u. L. Boehm, 1972; Die Ludwig-Maximilians-Univ. in ihren Fakultäten, hg. v L. Boehm u. J. Spörl, 2 Bde., 1972; W. Müller, Universität u. Orden. Die bay-

er. Landesuniv. Ingolstadt zw. d. Aufhebung d. Jesuitenordens u. der Säkularisation, 1773-1803, 1986; S. v. MoiSY, Von d. Auf­ klärung z. Romantik, geistige Strömungen in München (Bayer. Staatsbibi., Ausst.kat.) 1984; A. Beckenbauer, Die Ludwig-Maximilians-Univ. in ihrer Landshuter Epoche, 1800-1826,1992. 173 R. Burkhard, Die Berufungen nach Altbayem unter d. Ministerium Montgelas, 1927; Dunan 94-100, 489-494. Zu den Universitäten Erlangen, die Montgelas ei-

§ j. Die Reformen in Staat, Verwaltung und Gesellschaft (E. Weis)

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die seit 1803 (mit einigen Unterbrechungen) bestehende Forst- und Landwirt­ schaftsschule Weihenstephan wurden im Interesse der Landesentwicklung ge­ fördert. Max I. und seine Regierung schickten begabte junge Kräfte mit Staats­ stipendien zum Studium ins europäische Ausland.174 Die Regierung führte zur Ermittlung der fähigsten jungen Leute Konkursprüfungen ein, z. B für Juristen und Kameralisten, Mediziner, Philologen und Theologen, aber auch für Spezi­ alsparten wie Diplomaten, Archivare und Vermessungsbeamte (Topogra­ phen).175 Schon seit 1799 erörterte die Regierung unter Federführung Zentners Mög­ lichkeiten zu einer Reorganisation der 1759 gegründeten Akademie der Wissen­ schaften.176 Hierzu kam es mit dem Edikt vom 1. Mai 1807. Der Akademie wurde zunächst das Recht zur Wahl ihrer Präsidenten, Sekretäre und Mitglie­ der entzogen, sie wurde «in eine königliche Staatsanstalt umgewandelt».177 Ein Hauptpunkt der Neuordnung war die Berufung von hauptamtlichen, hochbe­ soldeten Mitgliedern durch den König. Diese konnten zwar frei forschen, mußten aber auch praktische Aufgaben und Gutachten für den Staat überneh­ men.178 In den folgenden Jahren standen die neuen Akademiemitglieder im Mittelpunkt des öffentlichen Streits zwischen den «Nordlichtern» und einhei­ mischen Gelehrten, aber auch Streits der Berufenen untereinander.179 Die Re­ form bewährte sich nicht. Erst 1827 erhielt die Akademie ein für längere Zeit gültiges Statut.180 Gleichfalls wurden die staatlichen Archive und die staatlichen Bibliotheken, al­ len voran die Bayer. Staatsbibliothek (damals Hof- und Zentralbibliothek) neu geordnet.181 1808 wurde die Akademie der Bildenden Künste in München ge­ gründet, 1799 die Zentral-Gemälde-Galeriedirektion zur Betreuung der um­ fangreichen Gemäldesammlungen des Landes. Von 1811 bis 1818 wurde an dem von Karl von Fischer entworfenen und erbauten Nationaltheater unter schwieri­ gen finanziellen Bedingungen gearbeitet. Es erhielt nach seiner Fertigstellung gentlich auflösen wollte, und Würzburg s. Neubearbeitung von HB IV/2; E. Weis in: HB IV/2, 1979, 1034-1046. 174 Weis ebd. 1037 f. 175 R. Wendt, Die bayer. Konkursprüfung d. Montgelas-Zeit, 1984. 176 L. Hammermayer, Freie Gelehrtenasso­ ziation oder Staatsanstalt? Zur Gesch. d. Bayer. Akad. d. Wiss. in d. Zeit d. Spätauf­ klärung u. Reform (1787-1807) (ZBLG 34) 1991, 139-202. Der bis 1807 führende Bd. III von L. Hammermayer, Gesch. d. Bayer. Akad. d. Wiss., ist in Vorbereitung. 177 Μ. Stoermer (Geist u. Gestalt, Erg.Bd. Erste Hälfte) 1984, XII. 178 Die Namen der sechs 1804-06 berufe­ nen «hauptamtlichen» Akademie-Mitglieder bei Hammermayer, Gelehrtenassoziation

(Anm. 176) 193 f. Es kamen später noch ei­ nige hinzu. - Da die Univ, in Landshut war, wurden der Akademie die Medizinische Spezialschule, die Staatsbibliothek und die Kunst- und Wissenschaftssammlungen in München unterstellt: W. Bachmann, Die Atttribute d. Bayer. Akad. d. Wiss. 18071823, 1966. 179 Hierzu zuletzt W. Altgeld, Akademi­ sche «Nordlichter». Ein Streit um Aufklä­ rung, Religion u. Nation nach d. Neueröff­ nung d. Bayer. Akad. d. Wiss. i. J. 1807 (AKG 67) 1985, 339-388. ,8° Stoermer (Anm. 177) XIII ff. Hierzu auch L. Boehm in HB IV/2, 1979, 10091012. 181 Volkert, Handbuch 197-200, mit wei­ terer Lit.

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Λ. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799—1825)

einhelliges Lob der Zeitgenossen, brannte aber 1823 ab. Es war der Initiative Max’ I. zu danken, daß es nach Fischers Plänen von Klenze wieder aufgebaut wurde. Der König, der sich mit Recht vom Theater eine integrierende Wir­ kung auf die Gesellschaft erhoffte, eröffnete es in seinem letzten Lebensjahr 1825 wieder.'82 - Der Hofgarten sowie die königlichen Gemäldesammlungen und Bibliotheken wurden erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. - So wurde bereits unter Max I. der Grund gelegt für den unter Ludwig I. und Max II. fortgesetzten Ausbau Münchens als eines deutschen Zentrums für Wis­ senschaft und Kunst, neben Wien und Berlin. r) Armen- und Krankenfürsorge. Brandversicherung.'gi Wie auf dem Gebiet des Bil­ dungswesens, so übernahm der Staat auch in der Armenfürsorge Aufgaben, die früher weitgehend von Orden, Klöstern, Städten und Stiftungen wahrgenom­ men worden waren. Geregelt wurde dies durch die VO über die Armenpflege vom 22. Februar 1808. Die Unterstützungen sollten jetzt nicht mehr unter­ schiedslos gegeben werden - dies machte man den kirchlichen Instituten zum Vorwurf—, sondern nur an Menschen, die nicht arbeiten konnten oder in be­ sonderer Not waren. Nach der Bedarfsprüfung wollte der Staat allerdings u. U. nicht kleinlich sein und die Bedürftigen auch medizinisch betreuen. Mit der Prüfung aller Einzelfälle aber war die staatliche Bürokratie überfordert, so daß der Staat die Zentralisierung der Armenpflege seit 1811 schrittweise wieder ab­ baute und den ganzen Bereich 1816 den Kommunen überantwortete. Erfolgreicher und dauerhafter war die Neuordnung des Medizinalwesens. Or­ ganisatorisch wurde es verstaatlicht und mit den drei Verwaltungsebenen koor­ diniert. Auf der untersten Ebene sollten die Gerichtsärzte der Landgerichtsbe­ zirke dem Ärztemangel auf dem Lande abhelfen. Sie durften neben ihrem Amt eigene Arztpraxen führen, wodurch der Staat einen Teil ihrer Gehälter sparte. Sie mußten aber Arme kostenlos behandeln. Die Ausbildung der Apotheker, der Hebammen und Tierärzte wurde vom Staat in die Hand genommen, jede Behandlung durch Laien seit 1808 verboten. Die Krankenhäuser in den Städ­ ten, besonders in München, wurden wesentlich gefordert.184 1807 führte Bay­ ern als erster Staat die obligatorische Pockenschutzimpfung ein. Seit 1810 stellte diese Seuche bereits keine Gefahr mehr dar.

182 O. Hederer, Karl v. Fischers National­ theater in München (Wittelsbach u. Bayern III/1) 395-402; C. Ulrich, Das kgl. Hofund Nationaltheater unter Max I. von Bay­ ern, 2000. - H. Lehmbruch, Ein neues München. Stadtplanung u. Stadtentwicklung um 1800. Forschungen u. Dokumente, 1987. 183 Zu allen drei Bereichen: Schimke 668-702. Armenpflege: Μ. Doege, Armut in Preußen u. Bayern (1770-1840), 1991; Ch.

Sachsse - F. Tennstedt, Gesch. d. Armen­ fürsorge in Deutschland, 1980; H. Rumschöttel - R. Heydenreuter - I. Krüger (Hgg.), Armenfursorge u. Daseinsfursorge (Ausst.kat. d. Staatl. Archive Bayerns 31) 1992. 184 Ch. Probst, Die Reform d. Medizinal­ wesens in Bayern zw. 1799 u. 1808 (E. Weis, Hg., Reformen im rheinbünd. Deutschland) 1984, 185-212.

§ j. Die Reformen in Staat, Verwaltung und Gesellschaft (E. Weis)

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Seit 1799 wurde eine Brandversicherung auf freiwilliger Basis eingeführt, 1811 für den Gesamtstaat eine allgemeine Versicherungsanstalt errichtet.185 s) Schwächen des Verwaltungssystems. Montgelas' Sturz. Bis mindestens 1809 war Montgelas nicht nur der planende Geist, sondern auch der Motor, der alles in Bewegung hielt. «Man muß die Geister aus ihrer Lethargie herausreißen», schrieb er. Eine geradezu fieberhafte Arbeits- und Verwaltungstätigkeit suchte gleichsam in wenigen Jahren nachzuholen, was Generationen versäumt hatten. Wohl selten sind mit so wenigen Beamten so viele und so umwälzende Verän­ derungen durchgeführt worden wie im damaligen Bayern.186 Die beiden schwächsten Punkte in der Verwaltung der Ara Montgelas waren zweifellos der extreme Zentralismus und gelegentlich weltfremde Bürokratismus der Ministe­ rien und die Überforderung der Verwaltung von den unteren Beamten bis zu dem mächtigen Minister selbst. Dies zeigte sich an dem Fiasko der zentralen staat­ lichen Stiftungsverwaltung, der Undurchführbarkeit des Gemeindeedikts von 1808 und der ständigen Überlastung der Beamtenschaft durch die einander ja­ genden, sich vielfach widersprechenden Gesetze, Verordnungen und Reskripte. Es ist nicht ganz zutreffend, wenn man die Schuld an dem übersteigerten Zen­ tralismus allein dem Minister zuschreibt. Altere kurbayerische Verwaltungstra­ ditionen, der Einfluß der Aufklärung und des französischen Vorbildes, die völ­ lige Neuordnung aller Verhältnisse und die Notwendigkeit, Hunderte von neuerworbenen Gebieten mit ganz unterschiedlichen Verwaltungstraditionen zu integrieren, bewirkten, daß auch Montgelas’ Mitarbeiter, die ihn später kri­ tisierten, wenigstens bis etwa 1809 alles Heil in der Zentralisation sahen. An­ läßlich der Übertragung eines dritten Ministeriums, des Finanzministeriums, an ihn 1809 legte Montgelas dem König in einer Denkschrift dar, daß das bisheri­ ge Verwaltungssystem die Kräfte auch des «tätigsten Geschäftsmannes» überstei­ ge. Seit 1809 wurden Montgelas die Nachteile der übertriebenen Zentralisation voll bewußt. Möglicherweise ging diese Über-Zentralisierung mehr als auf ihn auf den im übrigen erfolgreichen Finanzminister J. W. von Hompesch (f 1809)187 zurück. Von nun an leitete Montgelas selbst eine Straffung der Ministerialarbeit und eine Verlagerung gewisser Aufgaben auf die Mittel- und Unterbehörden ein, ein Prozeß, der bei seinem Sturz noch nicht abgeschlossen war.188 Im gan­ zen jedoch blieb die zentralistische Struktur der Verwaltung bestehen, die bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts nachwirkte. In der damaligen Um­ bruchszeit mit ständigen schwersten außen- und finanzpolitischen Gefahren für den Staat konnte ein solches System nur ein leitender Minister von ganz außer­ ordentlicher Intelligenz, Sachkenntnis, Arbeits- und Entschlußkraft beherr­ schen. Sobald Montgelas längere Zeit abwesend war, wie in Paris 1810, oder 185 Das Feuer hat zwei Gesichter. 18111961. Festgabe z. hundertfiinfzigjähr. Beste­ hen d. Bayer. Landesbrandversicherungsan­ stalt, 1961; Volkert, Handbuch 81-84.

186 S. oben § 3 h u. j. 187 Knembyer (Anm. 113) 121 f.; Ullmann, Staatsschulden I (Anm. 58) 130-143. 188 Montgelas, Compte rendu 46-52.

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A. I. Die Begründung des modemen bayerischen Staates (1799—1823)

seine Arbeitsfähigkeit einmal nachließ, wie 1816, stagnierte die gesamte Regie­ rungstätigkeit. In der ersten Hälfte des Jahres 1816, in dem Montgelas für Bayern u. a. die linksrheinische Pfalz gewonnen hatte, kam es zu einer gesundheitlichen Krise und zu einer Art Lähmung der Aktivität des erst 57jährigen Ministers. Unklar bleibt, warum er im Winter 1816 nicht seinen König, wie vorgesehen, nach Wien begleitete, nachdem er schon dem Wiener Kongreß ferngeblieben war. Infolgedessen hatte eine Verschwörung, an deren Spitze sich Kronprinz Ludwig, Feldmarschall Wrede und Montgelas’ wichtigster Mitarbeiter Zentner befanden, und die bereits ein fertiges Regierungsprogramm bei sich trug, Gelegenheit, den gerade heimgekehrten König in einem wohlvorbereiteten Coup zu überre­ den, Montgelas, den Mann, dem er im wesentlichen seine Erfolge verdankte und der 21 Jahre lang sein volles Vertrauen besessen hatte, zu entlassen. Er tat dies am 2,, Februar 1817, ohne dem Minister Gelegenheit zu einer Aussprache und zu einer Rechtfertigung gegen die großenteils unbegründeten Anschuldi­ gungen seiner Gegner wegen angeblichen Versagens zu geben.1’9 Gegenüber der Öffentlichkeit wurde erklärt, Montgelas habe aus Gesundheitsgründen um seine Entlassung gebeten. Der König beließ ihm ein doppeltes Ministergehalt und erwog später mehrfach seine Rückberufung, wich jedoch vor den Prote­ sten des Kronprinzen zurück. Andere ihm angebotene Ämter, wie das des Ge­ sandten in Paris, lehnte Montgelas ab. Der Minister behauptete später, er habe von der Verschwörung gewußt, es aber verschmäht, etwas dagegen zu unter­ nehmen. Es handelte sich hier nicht nur um eine Hofintrige, sondern um das Ergebnis eines Generationenunterschiedes und der schon jahrzehntelangen per­ sönlichen Abneigung des nunmehr einflußreich gewordenen Kronprinzen ge­ gen den Mann, der so lange die Politik Bayerns und seines Königs bestimmt hatte. Es wurde früher vermutet, daß die österreichische Regierung den König in Wien gegen Montgelas eingenommen hätte. Metternich wurde jedoch, wie K. O. v. Aretin gezeigt hat, von der Nachricht über den Sturz des Ministers überrascht; sie kam ihm durchaus nicht gelegen.190 Dafür, daß Montgelas jetzt die Gunst des Königs verloren hatte, spielte zweifellos auch der Konflikt um den Heeresetat eine Rolle. Obwohl der Krieg endlich vorüber war, wollten die ,8’Ebd. 1—11; Montgelas, Denkwürdig­ keiten $64 ff. - R. Graf du Moulin Eckart, Bayern bei Montgelas’ Sturz (FGB 11) 1903, 69-95; A. Doeberl, Wer gab die Veranlas­ sung zu Montgelas’ Sturz? (HPBU. 157) 1916, 574 ff.; K.O. Frhr. v. Aretin, Der Sturz d. Grafen Montgelas (ZBLG 20) 1957, 83-135; Winter, Wrede, 261-285; Quint (vor § 1) 429-463; K.O. v. Aretin, Bayerns Weg z. souveränen Staat, 1976, Kap. III bis V. Zum Verhältnis zw. Montgelas und Kronprinz Ludwig: G. Frhr. v. Pölnitz, Kronprinz Ludwig v. Bayern u. Graf Mont-

gelas (nach ihrem Briefwechsel 1810-1816) (ZBLG 7) 1934, 35-85; Gollwitzer, Lud­ wig I. 120-212; Weis, Die polit. u. hist. Auffassungen Ludwigs I. in d. Kronprinzen­ zeit (§ 2 Anm. 39) 11-28. 190 Die mögliche Bedeutung außen- bzw. bundespolitischer Faktoren für den Sturz Montgelas’ erörtern v. a. Aretin u. Quint (vor § 1), letzterer z. B. 452 f. Aretin, Bay­ erns Weg (Anm. 189) 198 f. macht es jedoch sehr wahrscheinlich, daß Metternich nichts mit Montgelas’ Entlassung zu tun hatte, daß ihm diese auch nicht gelegen kam.

§ jf. Die Außen- und Bundespolitik Bayerns vom Wiener Kongreß bis 1825 (E. Weis)

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Vertreter der Armee, an ihrer Spitze Wrede, der offenbar bayerische Groß­ machtpläne verfolgte, den Heeresetat noch um 1/5 des Gesamthaushalts auf­ stocken lassen. Montgelas lehnte dies in der zweiten Hälfte 1816 kategorisch ab, da es Bayern in den Bankrott oder zur Annullierung seiner früher eingegan­ genen Verpflichtungen (z. B Staatsdienerpragmatik) und vieler Reformen ge­ trieben hätte. Damals stellte sich der König, dessen Lieblingskind die Armee war, in dieser Frage gegen den Minister.191 Anscheinend wurde dieser persönli­ che Riß zwischen beiden nicht mehr gekittet. Wie sich später zeigte, trieben auch Montgelas’ Nachfolger keine grundsätzlich andere Finanzpolitik als er. Auf anderen Gebieten jedoch brachte die Entlassung zunächst der Innenpoli­ tik neue Impulse. Unter maßgeblicher Unterstützung durch den Kronprinzen konnten nun Montgelas’ frühere Mitarbeiter, wie Zentner, Thürheim und Ler­ chenfeld, das große, noch unter Montgelas vorbereitete,192 aber damals wegen immer neuer Bedenken nicht zum Abschluß gebrachte Werk, die Verfassung von 1818, ebenso wie das Gemeindeedikt von 1818 mit der begrenzten Einführung der gemeindlichen Selbstverwaltung vollenden.193

§ 4. DIE AUSSEN- UND BUNDESPOLITIK BAYERNS VOM WIENER KONGRESS BIS 1825 Gedruckte Quellen. J. L. Klüber (Hg.), Acten d. Wiener Congresses in d. Jahren 1814 u. 1815, Bde. 1-8 (nebst Suppl.), Bd. 9, 1815-1818, 1835 (Nachdr. 1966); GBF, GBÖ, GBP; Huber, Dokumente I; K. Müller (Bearb.), Quellen z. Gesch. d. Wiener Kongresses, 1986; W. Siemann (Bearb.), Restauration, Liberalismus u. nationale Bewegung (1815-1870), 1982 (= Quellenkunde z. dt. Gesch. d. Neuzeit 4). Literatur. Allgemein: Vor § 1, bes. Schnabel; v. Raumer u. Botzenhart; Huber I; Weis; Bussmann; Nipperdey; Möller. Dazu für die Zeit ab 1815: H. Lutz, Zwischen Habsburg u. Preußen. Deutschland 1815-1866, 1985; K.-G. Faber, Dt. Gesch. im 19. Jh., Restauration u. Revol., 1815-1851, 1979 Qust 3/I b); D. Langewiesche, Europa zw. Restauration u. Revol. 1815-1849, 20024; W. Siemann, Vom Staatenbund z. Nationalstaat. Deutschl. 1806-1871, 1995; ferner R. Koch, Dt. Gesch. 1815-1848, 1985; P. Burg, Der Wiener Kongreß. Der Dt. Bund im europ. Staatensystem, 1984, 19933; Ders., Die dt. Trias zw. Idee u. Wirklichkeit v. d. Auflösung d. Rheinbundes bis z. Gründg. des Dt. Zollvereins, 1813-1834, 1981; W. Hardtwig, Vormärz. Der monarch. Staat u. d. Bürgertum, 1985; R. Rürup, Deutschl. im 19. Jh., 1815-1871, 1984; W. D. Gruner, Die dt. Frage, ein Problem d. europ. Gesch. seit 1800, 1985; Ders., Großbritannien, der Dt. Bund u. d. Struktur d. europ. Friedens im frühen 19. Jh., 1979· Bayern: Montgelas, Denkwürdigkeiten; Ders., Compte rendu; Doebbrl II 530-574; Quint (vor § 1) 275-555; K. O. Frhr. v. Aretin, Bayerns Weg z. souveränen Staat, 17141818, 1976, 177-268; Dobmann, Zentner (§ 3) 152-191; Winter 129-260; L. Klemmer, Aloys v. Rechberg als bayer. Politiker (1766-1849), 1975, 42-202. - Μ. Doeberl, Kronprinz Ludwig u. die dt. Frage (Festgabe f. Heigel) 1903; Gollwitzer, Ludwig I. 165-261; zu Lud­ wig ferner die in § 2 Anm. 39 u. 46 angegeb. Lit. - Noch wichtig die ungedr. Dissertatio-

191 Demel 171-179; Ullmann, Staatsschulden I (Anm. 58), 223-228; Montgelas, Denkwürdigkeiten 527-530. 192 S. unten § 5.

195 Die in seiner Sicht wichtigsten Leistungen seiner 18jährigen Ministerzeit faßt Montgelas 1817 nach seinem Sturz in seinem für den König bestimmten Compte rendu (10 f.) zusammen.

A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799—1825)

nen: Μ. Hertnbr, Die Beziehungen Österreichs u. Bayerns vom Abschi, des Vertr. v. Ried bis zu d. Karlsbader Beschlüssen, Diss. Wien 1943; W. Keil, Die Beeinflussung d. Wiener Kongresses durch Bayern unter d. Ministerium Montgelas, Diss. Erlangen 1950; v. a. K. O. Frhr. v. Aretin, Die dt. Politik Bayerns in d. Zeit, der staatl. Entwicklung d. Dt. Bundes, 1814-1820, Diss. Masch. München 1932. - Beziehungen zu einzelnen Staaten: B.M. Linker, Die diplomat. Beziehungen zw. Bayern u. England in d. Jahren 1804-1818, Diss. München 1971; Gruner, Großbritannien (wie oben); Frankreich: K. Hammer, Die Franz. Diplomatie d. Restauration u. Deutschland, 1814-1830, 1963; S. Krauss, Die polit. Beziehungen zw. Bayern u. Frankreich 1814/15-1840, 1987 (mit Dokumenten); U. Eich, Rußland u. Europa. Stud. zur russ. Deutschlandpolitik in d. Zeit d. Wiener Kongresses, 1986 (behandelt die rus­ sische Politik gegenüber den süddeutschen Staaten).

Entsprechend dem doppelten Ziel des Wiener Kongresses, eine europäische Friedensordnung und eine neue Verfassung für Deutschland zu schaffen, stell­ ten sich für die bayerische Diplomatie zwei Aufgaben: 1. Man mußte eine ange­ messene, im Prinzip bereits in den Verträgen von Ried 1813 und Paris 1814 zu­ gesagte Entschädigung für die Abtretung Salzburgs und des Innviertels an Österreich erreichen. 2. Die bayerische Regierung war entschlossen, so viel wie möglich von ihrer im letzten Jahrzehnt errungenen Souveränität zu bewahren, wenn sie sich auch im ersten Pariser Vertrag vom 30. Mai 1814 und in dem Geheimabkommen Metternich-Wrede vom 3. Juni 1814 bereits grundsätzlich mit der Schaffung eines deutschen Staatenbundes einverstanden erklärt hatte. Hinsichtlich beider Probleme bestand für Bayern kein großer Verhandlungs­ spielraum. Der Rahmen war durch die Großmächte seit 1813/14 schon vorge­ zeichnet. Dies war wohl auch, neben Überlegungen innenpolitischer und per­ sönlicher Art, der Grund, warum Montgelas dem Wiener Kongreß fernblieb und sich durch den Feldmarschall Karl Philipp Fürst von Wrede vertreten ließ.

a) Die Frage der territorialen Entschädigung. Während Bayern infolge seines ener­ gischen Eintretens gegen Preußen für die Erhaltung Sachsens auf dem Wiener Kongreß in der Verfassungsfrage schließlich aus der Isolierung herauskam und sich Österreich wieder zum Verbündeten machte, erlitt es durch seine Hilfestel­ lung für Sachsen andererseits Nachteile: Es mußte auf Mainz, Frankfurt und Umgebung verzichten, die ihm ursprünglich zugesagt worden waren, denn Preußen mußte dafür, daß es nur einen Teil Sachsens erhielt, am Mittelrhein und Main entschädigt werden, und Hessen-Darmstadt erhielt dafür Mainz. Nach mehijährigen, zähen, wechselvollen Verhandlungen, in deren Verlauf Metternich von der Militärpartei am Wiener Hof wegen zu weitgehenden Ent­ gegenkommens gegenüber Bayern zweimal fast gestürzt worden wäre, wurde im Münchner Vertrag vom 14. April 1816 der endgültige Gebietsausgleich zwi­ schen Bayern und Österreich vereinbart und damit der Schlußstein der territo­ rialen Neuordnung Mitteleuropas nach vierundzwanzig Jahren der Kriege und Veränderungen gesetzt.1 Bayern trat Salzburg mit Ausnahme der Gebiete auf 1 Über diese Verhandlungen: A. SahrPfalz oder Salzburg?, 1921. Würdi-

mann,

gung der Ergebnisse: Μ. Spindler, Die Pfalz in ihrem Verhältnis z. bayer. Staat in d. er-

§ 4- Die Außen- und Bundespolitik Bayerns vom Wiener Kongreß bis 1825 (E. Weis)

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dem linken Ufer der Saalach und Salzach, das Inn- und Hausruckviertel und das tirolische Amt Vils (das übrige Tirol nebst Vorarlberg war schon 1814 im Austausch gegen Würzburg und Aschaffenburg wieder österreichisch geworden) endgültig an Österreich ab. Es behielt also vom Lande Salzburg die links von Saalach und Salzach gelegenen Ämter Waging, Tittmoning, Teisendorf und Laufen. Für die Abtretung Salzburgs und des Innviertels wurde es durch die zuletzt von Österreich verwalteten Gebiete aus der Eroberungsmasse der Verbündeten ent­ schädigt:2 links des Rheins durch den Rheinkreis, also den späteren Regierungsbe­ zirk Ffalz einschließlich der Saarpfalz, rechts des Rheins durch die fuldischen Ämter Hammelburg, Brückenau und Teile von Bieberstein, das böhmische Amt Redwitz, die hessischen Ämter Alzenau, Miltenberg, Amorbach und Heubach. In zusätzlichen Geheimartikeln wurde festgelegt: Im Falle des Aussterbens der re­ gierenden Linie des Hauses Baden wurde Bayern die Anwartschaft auf die rechtsrheinische Pfalz mit Heidelberg und Mannheim und auf den Main- und Tauberkreis in Aussicht gestellt. Ferner wurden ihm für sofort der nördliche Teil des badischen Amtes Wertheim und eine Verbindungs-Heerstraße von Würzburg nach Frankenthal, also zum Rheinkreis, durch Baden und Hessen zugesagt. Bis zur Übertragung des Main- und Tauberkreises sagte Kaiser Franz Bayern einen jährlichen Betrag von 100000 Gulden zu, der tatsächlich bis 1918 gezahlt wurde. Im übrigen erwiesen sich die in den Geheimartikeln gemachten Zusagen als unrealisierbar, zumal sich Bayern nicht auf Teilzugeständnisse einlas­ sen wollte. Baden beugte den Abtretungen im Fall des voraussehbaren Ausster­ bens der regierenden Linie durch seine Erbfolgeordnung von 1817 und seine Verfassung von 1818 vor. Im Frankfurter Generalrezeß von 1819 widerriefen die Großmächte die Bayern 1816 gegebenen Zusagen hinsichtlich der rechtsrhei-

sten Hälfte d. 19. Jhs. (Spindler, Aufsätze) 280-300; Ders, Vor 150 Jahren entstand d. Bezirksverband Pfalz (Stimme der Pfalz 17) 1966 Nr. 5, 3-6; E. Weis, Der Münchner Vertrag v. 1816 zw. Bayern u. Österreich (ebd. 17) 1966 Nr. 1, 4-8.- H. Becker, Die Wiedererstehung d. Pfalz. Zur Erinnerung, an d. Begründung d. bayer. Herrschaft auf d. linken Rheinufer u. deren Begründer, F. X. v. Zwackh-Holzhausen, 1916. 2 Über diese Gebiete 1813-1816: P. Graf v. Kielmannsegg, Stein u. d. ZentralVerwal­ tung 1813/14, 1964; F. Schmitt, Die provisor. Verwaltung d. Gebietes zw. Rhein, Mo­ sel u. französ. Grenze durch Österreich u. Bayern i. d. Jahren 1814-1816, Diss. Mainz 1961.- Über die vorausgegangene 2ojähr. französische Verwaltung des linksrheinischen Gebiets u. die durch sie hervorgerufenen ad­ ministrativen, rechtlichen u. wirtschaftlich­ sozialen Auswirkungen u. a.: H. Molitor, Vom Untertan zum Administré. Stud. z.

franz. Herrschaft u. z. Verhalten d. Bevölke­ rung im Rhein-Mosel-Raum v. d. Revolu­ tionskriegen bis z. Ende d. napoleon. Zeit, 1980; Μ. Müller, Säkularisation u. Grund­ besitz. Zur Sozialgesch. d. Saar-Mosel-Raumes 1794-1813, 1980; W. Schieder - A. Cube, Säkularisation u. Mediatisierung. Die Veräußerungen der Nationalgüter im RheinMosel-Departement 1803-1813, 1987; G.B. Clemens, Immobilienhändler u. Spekulan­ ten. Die sozial- u. wirtschaftsgesch. Bedeu­ tung der Großkäufer bei den Nationalgüter­ versteigerungen in d. rhein. Departements (1803-1813), 1995; C. Hudbmann-Simon, L’Etat et la santé. La politique de santé pu­ blique ou «police médicale» dans les quatre départements rhénans, 1794—1814, Sigmarin­ gen 1995; C. Dipper - W. Schieder - R. Schulze (Hgg.), Napoleonische Herrschaft in Deutschland u. Italien - Verwaltung u. Justiz, 1995.

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1823)

nischen, jetzt badischen Pfalz. Sie wollten, darin einem Memorandum Steins folgend, verhindern, daß Bayern seine südwestdeutschen Nachbarn Württem­ berg und Baden territorial vom übrigen Deutschland abschloß und damit be­ herrschen konnte. Die Höfe von Karlsruhe, Stuttgart und Darmstadt wurden von dem ihnen dynastisch verbundenen Rußland unterstützt. Preußen erhielt übrigens selbst keine Landbrücke zu seinen westfälischen und rheinischen Pro­ vinzen. Kronprinz bzw. König Ludwig konnte später nie den Verlust der rechtsrheinischen Pfalz ebenso wie den Salzburgs verwinden. Die bayerisch-ba­ dischen Beziehungen blieben im gesamten 19. Jahrhundert, besonders aber un­ ter Ludwig L, durch den Unterschied in der Rechtsauffassung in der badisch­ pfälzischen Frage belastet. Ludwigs Haltung in der Pfalzfrage war bis zu seinem Tode irrational.3 Dennoch war die Entscheidung Bayerns von 1816, die durch das Entgegen­ kommen Metternichs, Montgelas’ geschickte Verhandlungsführung und die rechtzeitige Kompromißbereitschaft des Königs ermöglicht worden war, zwei­ fellos richtig. Die Alternative wäre Isolierung und eventuell Ablehnung jeder Entschädigung gewesen. Der durchgeführte Tausch aber brachte Bayern einen Zuwachs von rund 96000 Einwohnern. Im Zuge der Industrialisierung wog später, was man freilich damals noch kaum voraussehen konnte, die linksrhei­ nische Pfalz zunehmend schwerer als Salzburg und das Innviertel. Noch be­ deutsamere Ergebnisse waren für die Zukunft Bayerns die enge, 129 Jahre wäh­ rende politische, kulturelle und wirtschaftliche Gemeinschaft mit der Rhein­ pfalz, die Erwerbungen im Rhön- und Maingebiet und die Herstellung dauer­ hafter, gutnachbarlicher Beziehungen zu Österreich, die an die Stelle einer mindestens dreihundertjährigen Rivalität traten. b) Der Rheinkreis (Pfalz). Der 1816 zu Bayern gekommene Rheinkreis, ab 1838 Pfalz genannt, war nicht identisch mit dem linksrheinischen Teil der alten Kurpfalz, die seit 1214 im Besitz des Hauses Wittelsbach gewesen und 1777 mit Bayern unter einem Kurfürsten vereinigt worden war. Das Gebiet des neuen

3 v. Hoermann; Huber I 324-328; GollLudwig I. 181-298; Krauss, Bayern u. Frankreich (§ 4) 190-231; ferner A. Kraus in diesem Bande des HB. - 1813 hat­ te Max I. seinen Schwiegersohn Eugen Beauhamais, den ehemaligen Vizekönig von Ita­ lien und Stiefsohn Napoleons (§ 2 b) in Bay­ ern aufgenommen. England, Rußland u. Österreich erwarteten von Max, daß er Eu­ gen versorgte. Max ernannte ihn 1818 zum Herzog von Leuchtenberg u. Fürsten von Eichstätt u. stellte ihn den Standesherren gleich. Dazu L. Hintermayr, Das Fürsten­ tum Eichstätt der Herzöge von Leuchten­ berg 1817-1833, 2000. Dies bewirkte jahrwitzer,

zehntelange Gehässigkeiten Ludwigs (I.) ge­ gen Eugen u. dessen Gemahlin, Ludwigs Schwester Auguste. Auch gab es Spannun­ gen mit dem Frankreich der Restauration, das Eugen für ein Haupt bonapartistischer Emigranten hielt. Montgelas, Denkwürdig­ keiten 531 ff.; Adalbert Prinz v. Bayern, Eugen Beauhamais, 1940; Ders., Max Joseph (vor § 1); Ders., Die Herzen der Leuchten­ berg, 1963; B. Μ. Linker, Territorium oder Finanzausgleich. Das Problem Eugen Beau­ hamais 1813-1818 u. d. Rolle d. engl. Di­ plomatie (ZBLG 43) 1980, 159-183; Gollwitzer, Ludwig I. 242-247; Krauss, Bayern u. Frankreich (§ 4) 131-150.

§ 4- Die Außen- und Bundespolitik Bayerns vom Wiener Kongreß bis 1S25 (E. Weis)

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Kreises und späteren Regierungsbezirks hatte vor der französischen Invasion aus Gebieten 43 verschiedener Reichsstände bestanden. Allerdings hatten etwa 60% des Gebietes den beiden wittelsbachischen Linien gehört: den Kurfürsten von der Pfalz und den Herzögen von Zweibrücken. In den 20 Jahren der französi­ schen Herrschaft hatten die Pfalz wie auch der linksrheinische Teil der späteren preußischen Rheinprovinz tiefgreifende Wandlungen erfahren.4 Es war ein hi­ storisches Verdienst Bayerns unter Montgelas, die in der Pfalz durch die Fran­ zosen eingeführten Neuerungen auf den Gebieten des Rechts, der Verwaltung, der Wirtschaft und der Gesellschaft, die weiter reichten als die inzwischen in Bayern eingeführten Reformen, anzuerkennen und bestehen zu lassen. Nach einer anfänglich harten Zeit der Besetzung und Ausbeutung hatte das linksrhei­ nische Gebiet unter dem Schutz des immer wachsenden Großraumes der fran­ zösischen Republik bzw. des Empire, seit 1795 von Kriegen kaum mehr be­ rührt, eine starke wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung erfahren. Die Errungen­ schaften der Revolution und der napoleonischen Ära empfanden die Pfälzer und Rheinländer als echten Fortschritt, den sie auch nach dem Anschluß an Bayern nicht mehr missen wollten: Modernisierung der Verwaltung und der Justiz, als Zivilrecht den Code Napoléon, eine vorbildliche Reform der Finanzverwal­ tung und des Steuerwesens, Befreiung des einzelnen Bürgers von allen wirt­ schaftlichen und korporativen Fesseln, die Begünstigung von Gewerbe und Handel durch das französische Zivil- und Handelsrecht, die Gleichstellung der Bekenntnisse und die Einführung der staatsbürgerlichen Gleichheit vor dem Gesetz (beides war inzwischen auch in Bayern verwirklicht worden), vor allem aber die völlige Beseitigung aller ständischen Sonderrechte. Worum man im rechtsrheinischen Bayern bis 1848 noch kämpfte: Abschaffung der Grundherr­ schaft, der Patrimonialgerichtsbarkeit und anderer Vorrechte des Adels, Einfüh­ rung der Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Rechtspflege, Schwurgerichte, Trennung von Justiz und Verwaltung auch auf der unteren Ebene, dies alles bestand in der Pfalz bereits seit der französischen Zeit, und die bayerischen Re­ gierungen pflegten bzw. duldeten hier, was sie rechts des Rheins unter Lud­ wig I. noch zu verhindern suchten. In der Instruktion der bayerischen Regierung für den Hofkommissar und er­ sten Regierungspräsidenten der Pfalz, Frhr. v. Zwackh, vom 21. April 1816 wurde der bedeutsame Grundsatz bekräftigt, daß man diesem Gebiet die bishe­ rigen Einrichtungen, das geltende Recht und die Finanzverwaltung unverändert belassen wolle. Gerüchte, «als ob Wir der Kirche die Zehnten, dem Adel die Fronden, Jagden und Feudalrechte restituiren würden», seien unbegründet und zurückzuweisen.5 Die bayerische Regierung handelte mit ihrem Entschluß, das

4 Vgl. Anm. 1 u. 2. 5 Die Instruktion gedr. bei H. Haan (Bearb.), Hauptstaat - Nebenstaat. Briefe u. Ak­ ten z. Anschluß d. Pfalz an Bayern 1815/17,

1977, Nr. 44. Vgl. auch dort Einleitung 31 f. Dieser Band enthält die wichtigsten Doku­ mente zur Angliederung der linksrhein. Pfalz an Bayern, ferner zu der Entscheidung der

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

Recht und die administrativen Einrichtungen der Pfalz bestehen zu lassen, an­ ders als bei ihren übrigen Territorialerwerbungen. Die sonst zentralistische Re­ gierung Montgelas war sogar bereit, der Pfalz den Charakter eines «Neben­ staats» neben dem «Hauptstaat» Bayern zuzuerkennen.6 Die pfälzische Verwal­ tung mit Ausnahme der Justiz wurde dem Außenministerium unterstellt. Die Motive für diese schonende Sonderbehandlung der Pfalz waren: Die Münchner Regierung wollte die Sympathien der Pfälzer für Bayern gewinnen. Sie hätte andererseits in manchen Bereichen, z. B. im Zivilrecht, den Pfälzern keinen adäquaten Ersatz für die französischen Einrichtungen, vor allem den Code Na­ poléon, bieten können, da es ja im rechtsrheinischen Bayern nicht gelungen war, ein neues einheitliches Zivilrecht zu schaffen. Es ist auch zu vermuten, daß Montgelas und seine Mitarbeiter, besonders die in der Pfalz tätigen, daran dachten, eines Tages zumindest einen Teil der pfälzisch-französischen Einrich­ tungen für ganz Bayern nutzbar zu machen.7 Obwohl nach dem Sturz von Montgelas auch sein Vertrauensmann in der Pfalz, Zwackh, als Generalkom­ missar entlassen und die organisatorische Betreuung der Pfalz in München ver­ ändert wurde, übertrug man 1829, also unter Ludwig I., die bewährte pfälzi­ sche Einrichtung des «Landrats» (ursprünglich Departementalrats), d. h. einer gewählten Vertretung des Kreises (des späteren Regierungsbezirks), auch auf das rechtsrheinische Bayern. Der Code Napoléon blieb geltendes Zivilrecht in der Pfalz, wie im linksrheinschen preußischen Gebiet, bis zur Einführung des BGB i.J. 1900. Auch Preußen behielt in seiner Rheinprovinz die französischen Einrichtungen bei, entließ aber, im Gegensatz zu Bayern, die in der Franzosen-

Regierung Max I. und Montgelas’, die ffanzös. Einrichtungen in der Pfalz beizubehal­ ten. 6 Haan (Anm. 5). Ferner H. Gruber, Die Entwicklung d. pfälz. Wirtschaft unter bes. Berücks. d. Zollverhältnisse, 1816-1834, 1962; H. Haan, Zur hist. Wirtschaftskarte d. bayer. Rheinkreises (Geschichtl. Landeskun­ de 5) 1968, 238-279; Ders., Die Anfänge d. Industrialisierung in der Pfalz (FS Spindler) 1969, 633-655; Ders., Bayern u. d. Pfalz 1816-1870. Eine histor. Falluntersuchung z. Problem d. Gebietsintegration, Habilschr. Masch. Regensburg 1972; Ders., Kontinuität u. Diskontinuität in der pfälz. Beamtenschaft im Übergang von d. ffanzös. z. bayer. Herr­ schaft (1814-1818) (Jb. f. westdt. Landesgesch. 2) 1976, 285-309, darin die unten er­ wähnte Tatsache, daß Ludwig I. nach Ham­ bach über 200 «napoleonische» Beamte in der Pfalz entließ; H. Haan, Die Berufung v. Pfälzern in die obersten bayer. Staatsbe­ hörden (1816-1870) (ebd. 4) 1978, 271-280. Hier wird übrigens gezeigt, daß im Gegen­

satz zu der Zeit Karl Theodors und Max Jo­ sephs (vor 1816), zumindest bis 1870 die linksrheinische Pfalz unter den höheren bay­ erischen Staatsbeamten sehr stark unterrepräsentiert war. Dies ging zweifellos auf die Furcht vor dem pfälz. Liberalismus zurück und machte sich besonders bemerkbar in den Jahren nach 1832 und nach 1848. Dieses eindeutig auch nach den Tabellen bei Götschmann, Innenministerium 293 ff. - H. Haan, Die Stellung d. Pfalz in der bayer. Verfassung von 1818 (FG Spindler II) 1984, 453-464; K.-G. Faber, Die südl. Rheinlande 1816-1956 (F. Petri - G. Droege, Hgg., Rhein. Geschichte Bd. 2) 1976, 366-474; Möckl, Staat 243-250. - Vgl. auch unten § 5 d (Wahlgesetze). 7 Hierzu Haan, Hauptstaat - Nebenstaat (Anm. 5), Einleitung 34 ff. Dagegen hätten nach 1832 Ludwig I. und Wrede es für bes­ ser gehalten, wenn man 1816 die französi­ schen Einrichtungen beseitigt hätte: Haan ebd. und Böck 156-165; Gollwitzbr, Lud­ wig I. 461 ff.

J 4- Die Außen- und Bundespolitik Bayerns vom Wiener Kongreß bis 1825 (E. Weis) 101 zeit eingesetzten Beamten. In der bayerischen Pfalz blieben diese - die führen­ den Franzosen hatten das Land freiwillig verlassen — im Amt. Allerdings entließ später Ludwig I. nach dem Hambacher Fest von 1832 ebenfalls die aus der fran­ zösischen Zeit noch übriggebliebenen pfälzischen Beamten.

c) Bilanz der äußeren Entwicklung des Staates. Mit dem Münchner Vertrag von 1816 hatte das bayerische Staatsgebiet seine endgültige Form gewonnen, die, von Grenzberichtigungen abgesehen, bis heute nur verändert worden ist durch die Abtretung der Bezirksämter Gersfeld und Bad Orb 1866 an Preußen, den Anschluß Coburgs durch Volksabstimmung 1919 und die Abtrennung des Re­ gierungsbezirks Pfalz 1945. Während man den bayerischen Staat modernisiert hatte, hatte es die Regierung Max’ I. und Montgelas’ fertiggebracht, nicht nur die viermal aufs äußerste gefährdete Unabhängigkeit dieses Staates zu bewah­ ren, sondern auch diesen Staat zu vergrößern und zu arrondieren. Das Pfalz­ bayern Karl Theodors hatte aus einer Reihe von Fürstentümern zwischen dem Niederrhein und den Alpen bestanden mit verschiedenartigen Verfassungen, ei­ genen Finanzen und getrennten Wirtschaftsgebieten. Nachdem die Gebiete am Rhein bis 1802 verlorengegangen waren, hatte Bayern von 1803 bis 1816 die Gebiete von etwa 230 ehemaligen Reichsständen erworben, geistliche und weltliche Territorien, darunter Fürstentümer, Stadtrepubliken und reichsritterschaftliche Zwergherrschaften, katholische, lutherische und reformierte und jü­ dische, bayerische, fränkische, schwäbische und pfälzische Bewohner. Es war erstaunlich, wie schnell es gelang, dieses Konglomerat zu einem einheitlichen Staat mit gemeinsamem Staatsbewußtsein, zu einer administrativen, wirtschaft­ lichen und kulturellen Einheit zusammenzuschweißen, ein Prozeß, der sich freilich noch in die Zeit Ludwigs I. hinzog. Eine zuverlässige Bevölkerungsstatistik beginnt in Bayern wie im übrigen Deutschland erst seit den zwanziger Jahren. Auch für die durch Gebietsverän­ derungen hinzugekommenen Einwohner gibt es nur ziemlich globale Angaben, die nicht den natürlichen Zuwachs der Bevölkerung erkennen lassen. Nach ei­ ner auf amtlichen Berichten beruhenden, aus dem Jahr 1824 stammenden statisti­ schen Aufstellung hätte Pfalzbayern vor 1801 2328294 Einwohner gehabt. Seine Verluste durch Gebietsabtretungen (auch von inzwischen gemachten Neuer­ werbungen) von 1801 bis 1816 hätten 2551079, seine Gewinne 1803 bis 1819 3 769 875 Personen ausgemacht. Der Differenzbetrag, also der Gewinn an Be­ wohnern, belief sich demnach auf 1214796. Hiernach hätte Bayern 1819 rund 3,5 Millionen Einwohner gehabt.8

8 Nach Rudhaht Beil. 5.

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A. 1. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-182})

d) Bayern und der Deutsche Bund. Das andere große, auch für Bayern überragend wichtige Problem war die Schaffung des Deutschen Bundes9. Montgelas und sei­ ne Mitarbeiter, von denen der wichtigste Zentner war, wünschten den Deut­ schen Bund nur als ein Bündnis souveräner Staaten ohne gemeinsame Verfas­ sung, ohne Bundesgericht, ohne Appellationsrecht der Untertanen an den Bund, ohne Beschränkung der Gesetzgebungshoheit, der Außen-, Wirtschafts­ und Militärpolitik der einzelnen Mitglieder. Einziger Zweck des Bundes sollte nach ihrer Vorstellung die gemeinsame Verteidigung sein. Nur der Kronprinz wäre vorübergehend bereit gewesen, wenigstens auf eine eigene Außenpolitik Bayerns zu verzichten. Montgelas und Zentner unterschätzten ohne Zweifel den Willen der beiden deutschen Großmächte, eine engere verfassungsmäßige Klammer zwischen allen deutschen Staaten zu schaffen. Sie glaubten nicht an die Dauerhaftigkeit der Zusammenarbeit der Bundesglieder, vor allem der Großmächte. Ihre Hoffnung war, daß statt des Bundes eine einfache militäri­ sche Allianz geschaffen würde. Sie waren, ebenso wie der König, entschlossen, eine Preisgabe wesentlicher Rechte der mühsam errungenen und von den Alli­ ierten 1813/14 garantierten Souveränität wenn möglich zu verhindern. Würt­ temberg verfocht einen ähnlichen Standpunkt wie Bayern. Beide Regierungen verhinderten besonders alle durch Preußen mit Unterstützung der kleinen Staa­ ten Mittel- und Norddeutschlands, teilweise auch Österreichs, unternommenen Versuche zur Fortentwicklung der Staatenbundprojekte in Richtung auf einen Bundesstaat. Die Verhandlungen schienen bald zu einer Isolierung Bayerns und zur Bildung eines Bundes unter Ausschluß dieses Staates zu führen, bald dage­ gen wiederum zum Versuch einer Isolierung und Hinausdrängung Preußens aus dem Bunde (Bündnis Österreich — England - Frankreich vom 3. Januar 1815 zur Erhaltung Sachsens, dem auch Bayern, Hannover und Hessen-Darm­ stadt beitraten). Unter dem Eindruck des Feldzuges gegen den zurückgekehrten Napoleon, für den man die 60000 Mann starke bayerische Armee zu benötigen schien, kam Österreich mit einem neuen Entwurf schließlich Bayern weit ent­ gegen. Man verzichtete Bayern zu Gefallen auf das Bundesgericht. Hierauf unterzeichnete der bayerische Vertreter am 10. Juni 1815 die Bundesakte. Der Bund stellte eine unauflösliche Gemeinschaft «zur Erhaltung der äußeren und inneren Sicherheit Deutschlands und der Unabhängigkeit und Unverletz­ barkeit der einzelnen deutschen Staaten» dar (Art. 2 der Bundesakte). Aber er war eben nur ein Staatenbund, kein Bundesstaat. Sein einziges gemeinsames Organ war gemäß der Bundesakte die Bundesversammlung (der Bundesrat) in Frankfurt, ein Gesandtenkongreß unter dem Vorsitz Österreichs, der sich je nach der zu behandelnden Materie als engerer Rat oder als Plenum konstituie­ ren konnte. Obwohl der politisch interessierte Teil der deutschen Bevölke-

9 Lit. zu § 4, bes. Doeberl II 547-59; Dobmann 152-167; Quint (vor § 1) 275400; Winter 161-260; Arbtin, Bayerns Weg

(vor § 4) 120-174 (bis 1818); Klemmer, Rechberg (§ 4) 70-83.

§ 4- Die Außen- und Bundespolitik Bayerns vom Wiener Kongreß bis 1825 (E. Weis)

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rung, auch der bayerischen, als Ergebnis der Befreiungskriege wohl lieber einen deutschen Bundesstaat oder eine Wiedererrichtung des Kaisertums gesehen hät­ te, so gewährte doch die durch den Wiener Kongreß geschaffene neue Organi­ sation den Deutschen das, was sie sich zunächst mehr als alles andere wünsch­ ten: Frieden und Sicherheit. Die deutschen Grenzen waren besser geschützt als im Alten Reich, die Sicherheit und die Rechte der anfangs 38 bzw. 39 Mitglie­ der besser gewährleistet, als es für die mehreren hundert Reichsstände vor 1803/06 der Fall gewesen war. Im Unterschied zum Alten Reich hatten die deutschen Staaten nun viel mehr innere Bewegungsfreiheit, wie die erlassenen einzelstaatlichen Verfassungen trotz der Diskussionen um den Art. 13 der Bun­ desakte10*zeigen. Es war einer der wenigen grundlegenden Fehler von Montgelas, daß er die Bedeutung dieser Föderation lange nicht erkannte, daß seine Instruktionen für die bayerischen Bundestagsgesandten sich in starren Vorbehalten gegen jeden Versuch der Ausgestaltung der Bundesverfassung erschöpfte. Hierdurch geriet die bayerische Politik im Lauf des Jahres 1816 am Bundestag in die Isolierung, ja 1817 bestand die Möglichkeit, daß sich die Mehrheit des Bundestags von Bayern trennte, um die noch ausstehende endgültige Regelung der Bundes­ kompetenzen in bundesstaatlicher Richtung durchzuführen. Auch in München erwog man unter dem Einfluß Zentners vorübergehend den Austritt aus dem Deutschen Bund, verwarf ihn aber dann aus guten Gründen. Auch nach der Ablösung eines unzulänglichen bayerischen Bundestagsgesandten durch den in den vorhergehenden zwanzig Jahren bewährten Diplomaten Aloys Graf Rech­ berg," dann, als Rechberg nach dem Sturz von Montgelas (2. Februar 1817) Außenminister wurde, durch Johann Adam Frhr. von Aretin, änderte sich dieser Zustand der Isolierung zunächst nicht, obwohl man in München seine Gefähr­ lichkeit erkannte und um eine neue Politik bemüht war. Montgelas selbst hatte noch im Januar 1817 hinter dem Rücken seiner Beamten Kontakt mit Metter­ nich aufgenommen und von diesem bereits ein wichtiges Zugeständnis er­ reicht, indem Metternich die gegen Bayern gerichteten Pläne seines Bundes­ tagsgesandten Buol verwarf.12 Für die Zeit von der Unterzeichnung der Bundesakte 1815 bis zu derjenigen der Wiener Schlußakte von 1820 sind drei Phasen der bayerischen Politik zu er­ kennen: In der ersten versuchte Montgelas, beraten durch Zentner, Bayern eine gleichberechtigte Stellung neben den beiden deutschen Großmächten zu sichern und jede Einflußmöglichkeit des Bundes auf die Verfassung und die in­ neren Angelegenheiten der Einzelstaaten zu verhindern. Angesichts der Un­ möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen, strebten in der zweiten Phase nach Montgelas’ Sturz der neue Außenminister Graf Rechberg und der bayerische 10 Hierzu F. Mager, Das Problem d. landständ. Verfassungen auf d. Wiener Kongreß 1814/15 (HZ 217) 1973, 296-346, fer­ ner die zu § 4 sowie in Anm. 9 angegeb. Lit.

" Klemmer, Rechberg (§ 4). 12 Aretin, Bayerns Weg (§ 4) 192-200.

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A. I- Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

Bundestagsgesandte Johann Adam von Aretin in Frankfurt eine enge Zu­ sammenarbeit des «Dritten Deutschland» der Mittel- und Kleinstaaten gegen­ über den beiden Großmächten an. Diese Politik, die von 1817 bis 1819 verfolgt wurde, konnte zwar die Fronten auflockern und den drohenden Ausschluß Bayerns aus dem Bund sowie eine entscheidende Stärkung der Bundesgewalt verhindern. Sie verbesserte auch das Verhältnis Bayerns zu den anderen Mittel­ staaten, obwohl mit den für Bayern wichtigsten, Württemberg und Baden, un­ überwindliche Spannungen aus dynastischen und territorialen Gründen beste­ hen blieben. Auf diesem Wege waren die Probleme Bayerns und des Bundes nicht zu lösen. Ab 1819 - und dies war der Beginn der dritten Phase - strebte Rechberg konsequent nach einem guten Einvernehmen mit Österreich, dessen Unterstüt­ zung er als unerläßlich erkannt hatte. L. Klemmer hat anhand von Rechbergs Privatkorrespondenz, besonders mit Metternich, nachgewiesen, daß Rechberg sich, bis zu seiner Entlassung durch Ludwig I. 1825, ganz an Metternich an­ lehnte und sich von ihm geradezu beraten ließ, ohne indessen seine Pflicht gegenüber Bayern zu verletzen. Wie früher Montgelas, so übte jetzt Metter­ nich mit psychologischem Geschick einen dominierenden Einfluß auf diesen Diplomaten bzw Minister aus.13 Metternich war klug genug und gewann die bayerische Regierung hierdurch, daß er nach 1818 von einem allgemein erwar­ teten Angriff auf die Verfassungen der süddeutschen Staaten, die Gentz für un­ vereinbar mit dem monarchischen Prinzip erklärt hatte, Abstand nahm. Metter­ nich wußte, daß er sich sonst die deutschen Mittelstaaten entfremdete. Er hoff­ te außerdem, die Schwierigkeiten mit den eigenen Landtagen würden die süd­ deutschen Staaten zu einer stärkeren Anlehnung an Österreich zwingen. Dies war noch kurz zuvor nicht selbstverständlich gewesen. Noch bei den Münchner Konferenzen von Ende Juli 1819 hatte Metternich den König, Rechberg und Wrede bewogen, sich bereit zu erklären, die bayerische Verfassung abzuändem, wenn die Bundesversammlung dies wünsche. Bei der Karlsbader Konferenz im August 1819 verteidigte indessen Rechberg — trotz einer Nachgiebigkeit befeh­ lenden Instruktion des Königs — die bayerische Verfassung, erklärte sich aber bereit, den Karlsbader Beschlüssen zuzustimmen, die eine weitgehende Ein­ schränkung der Pressefreiheit und eine strenge Überwachung der Universitäten beinhalteten. Daß diese Beschlüsse dennoch in Bayern nicht in dieser Schärfe durchgefuhrt wurden, war dem entschlossenen Widerstand des Kronprinzen und Lerchenfelds zu danken, die es durchsetzten, daß die Karlsbader Beschlüsse in Bayern mit dem Zusatz verkündet wurden, sofern sie der Souveränität, der Verfassung und den bestehenden Gesetzen nicht entgegenstünden.14

13 Klemmer, Rechberg (§ 4) 108 f, 145181. 14 Doeberl II 565-571; Adalbert Prinz v. Bayern, Max Joseph (vor § 1) 782-792;

Quint (vor § 1) 496-502; Klemmer, Rech­ berg (§ 4) 175-181, Verkündungsformel dort 179. Allgemein: E. Büssem, Die Karlsbader Beschlüsse von 1819, 1974.

§ 4- Die Außen- und Bundespolitik Bayerns vom Wiener Kongreß bis 1825 (E. Weis)

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Diese hinsichtlich der bayerischen Verfassung positive und konsequente Hal­ tung wurde in wirksamem Maße auch durch Zentner bei den Wiener Mini­ sterkonferenzen von 1819/20 vertreten. Ebenso war Max I. später bei den Be­ suchen Zar Alexanders I. und Kaiser Franz’ I. in Tegernsee 1822 und Metter­ nichs im gleichen Jahr sowie 1824, beraten durch den Kronprinzen, Wrede und die Minister, nicht zu bewegen, einer Einschränkung der bayerischen Verfas­ sung zuzustimmen. Um so mehr erscheint es als ein schwer verständliches und bis heute nicht voll aufgeklärtes Zwischenspiel, daß Außenminister Graf Rechberg 1819, nach dem ersten Ärger des Königs und der Regierung mit dem erst­ mals einberufenen Landtag, beim preußischen Gesandten in München und dann auch mehrmals beim preußischen Außenminister direkt anfragen ließ, wie sich Preußen dazu stellen würde, wenn der König von Bayern den Landtag auflösen und die Verfassung wieder auflieben würde, was einen Staatsstreich bedeu­ tet hätte. Die preußischen Antworten waren zunächst zurückhaltend, etwas ironisch, da ja Bayern seine Verfassung gegen den Wunsch der noch verfas­ sungslosen deutschen Großmächte erlassen und auch gegen diese verteidigt hat­ te. Dann aber riet Preußen von einem derartigen Gewaltakt entschieden ab. Dies könne schlimme Folgen haben. Die gleiche Reaktion kam auf ähnliche bayerische Anfragen aus Wien und Dresden. Μ. Doeberl hatte, in Ausein­ andersetzung mit der Meinung Treitschkes, in diesen Schritten einen Allein­ gang Rechbergs gesehen. Das ist zweifellos unzutreffend. Rechberg wurde zwar immer skeptischer gegenüber der Verfassung, obwohl er sie danach in Karlsbad verteidigte, aber als erfahrener Diplomat mußte er sehen, wie diese hilflos er­ scheinende Anfrage dem Ansehen Bayerns bei den beiden deutschen Groß­ mächten schadete. Die Demarche kann nur auf eine persönliche Initiative des ängstlichen Königs zurückgegangen sein.15 Sie wurde später nicht wiederholt. Bei den Wiener Konferenzen von 1819/20 gelang es Zentner als bayerischem Ministerialgesandten, die Stagnation der Verhandlungen und die Gefahr einer Iso­ lierung Bayerns zu überwinden.16 Dank seiner Arbeitskraft und Geschäfts­ kenntnis fiel ihm dort in wichtigen Ausschüssen die Federführung zu. Er ge­ wann einen maßgebenden Einfluß auf die Formulierung der Wiener Schlußak­ te von 1820, die zusammen mit der Bundesakte die eigentliche Verfassung des Deutschen Bundes darstellte. Zentner verhinderte jede Beschränkung der

15 GBP I 204, 13.3.1819; Antwort des preuß. Staatsministers Graf Bernstorff 11. Mai 1819, 209. Doeberl, Verfassungsle­ ben 65-70 und Ders. II 563 ff; dazu jedoch Quint (vor § 1) 495 f., 500f.; Aretin, Deut­ sche Politik (vor § 4) 157; Adalbert v. Bay­ ern, Max Joseph (§ 1 Anm. 1) 782 fr.; Hu­ ber I 360-369; Winter 340ff; wichtig die Darstellung bei Klemmer, Rechberg (§ 4) 140-150. - Sehr viel konkretere Formen ha­ ben im Mai 1820 Staatsstreichpläne des badi­

schen Ministers von Berstett angenommen, von denen Metternich mit Entschiedenheit die bad. Regierung abbrachte: Huber I 378 f. 16 Während Dobmann i 52-191 in Ausein­ andersetzung mit der ungedr. Diss. von Are­ tin, Deutsche Politik (§ 4) die Rolle und die Verdienste Zentners sehr hoch veranschlagt, macht Quint (z. B. 502 ff, 552) hieran wie­ derum Abstriche. Positiv zur Rolle Zentners, den Rechberg unbegründet hart kritisierte: Klemmer (§ 4) 182-190.

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A. 1. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799—1825)

Kompetenzen der Landtage durch Bundesbeschlüsse und jedes Recht des Bundes auf Abänderung der einzelstaatlichen Verfassungen (§ 56 der Wiener Schlußakte). Die einzelstaatlichen Verfassungen konnten nur «auf verfassungs­ mäßigem Wege» geändert werden, das hieß in Bayern, durch den König zu­ sammen mit zwei Dritteln des Landtages. Zentner hatte hiermit möglicher­ weise die bayerische Verfassung gerettet. Die Erteilung von Kuriatstimmen an die Mediatisierten am Bundestag, was einen Schritt rückwärts zur Zersplitte­ rung in der Art des Alten Reiches und zur Auflösung der inzwischen geschaffe­ nen modernen souveränen Staaten bedeutet hätte, konnte verhindert werdenI7. Es gelang Zentner ferner u. a., die Schutzfunktion des Bundes für seine Mit­ glieder klar hervortreten zu lassen, umgekehrt eine Kriegserklärung des Bundes von der Zustimmung von zwei Dritteln der Plenarversammlung abhängig zu machen. Er setzte die Einrichtung eines Austrägalverfahrens (Schiedsverfahrens) für den Fall von Streitigkeiten zwischen Mitgliedern des Bundes durch (Art. 21-24), womit auch jetzt auf ein ständiges Bundesgericht verzichtet wurde. Dem Bund wurde die notwendige Exekutivgewalt gegeben, jedem Mißbrauch derselben durch die Großmächte aber vorgebeugt. Unter maßgeblichem Ein­ fluß Zentners hatte Bayern sich 1819/20 wieder den beiden deutschen Groß­ mächten angenähert, mit denen allein durch die Wiener Schlußakte jener Bundesverfassung endgültige Gestalt gegeben werden konnte, die Mitteleuropa nach fünfundzwanzig Jahren der Kriege ein halbes Jahrhundert überwiegenden äußeren Friedens sicherte, dabei den wirtschaftlichen Fortschritt und den Zu­ sammenschluß im Zollverein zwar nicht bewirkte, aber doch möglich machte.18

§ 5. DIE INNERE ENTWICKLUNG SEIT MONTGELAS’ STURZ (1817-1825)

a) Umgestaltungen in der Verwaltung. Das Gemeindeedikt von 1818. Noch am Tage von Montgelas’ Entlassung, am 2. Februar 1817, erließ der König eine Verord­ nung, die eine Fortbildung der Konstitution von 1808 darstellen sollte.1 Darin wurde festgelegt, daß in Zukunft nicht mehr mehrere Ministerien in einer Hand vereinigt werden sollten, was in der Tat auch, von kurzen Ausnahmen abgesehen, nie mehr geschah. Der unter Montgelas bedeutungslos gewordene

17 Zum Mediatisiertenproblem: GollwitStandesherren. 18 Im Hinblick auf einen künftigen Zoll­ verein zumindest Süddeutschlands gingen er­ ste Anregungen von Bayern aus, die Rechberg dann auf Wunsch Metternichs 1822 praktisch widerrief. Doch legte eine bayerisch-württembergische Konferenz von zer,

1824/25 die später wieder aufgegriffenen Grundlagen für den bayerisch-württembergischen Zollvertrag von 1828: Klemmer, Rechberg (§ 4) 190-194. 1 Doeberl, Verfassungsleben 37; Aretin, Bayerns Weg (§ 4) 218-232; Möckl, Staat I95-I99·

§ 5. Die innere Entwicklung seit Montgelas’ Sturz 1817-1825 (E. Weis)

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Staatsrat erhielt eine neue Organisation und einen neuen Aufgabenkreis. Dieses Gremium sollte zu dem unter dem König zentralen Organ des Staates und zu einer Art von Beamtenparlament als Gegengewicht gegen monarchische oder ministerielle Allein- oder Kabinettsherrschaft werden. In dem neuen Staatsrat waren neben den fünf Ministern tonangebend die Generaldirektoren der Mini­ sterien und Feldmarschall Wrede. Von einer Verfassung war in der Verordnung keine Rede. Wenn der Staatsrat auch die Funktionen, die ihm sein geistiger Urheber Zentner zugedacht hatte, nicht voll erfüllte und schon 1820 wieder in seinen Kompetenzen zugunsten des Ministerrates beschnitten wurde, so war er doch maßgebend an der Ausarbeitung des Gemeindeedikts, der Verfassung von 1818 und der Organischen Edikte hierzu beteiligt.2 1817 wurde auch die durch die territorialen Veränderungen von 1813/16 notwendig gewordene neue Verwaltungseinteilung durchgeführt. Bayern wurde nunmehr in acht Kreise eingeteilt, die bereits großenteils den heutigen Regie­ rungsbezirken entsprachen. Aus den bisherigen Generalkommissariaten und Fi­ nanzdirektionen wurden die Kreisregierungen gebildet, die aus je einer Kammer des Innern und der Finanzen bestanden.3 Während alle diese Maßnahmen nur Fortentwicklungen der bisherigen Ver­ waltungsorganisation darstellten, erfolgte eine echte Wende auf dem Gebiet der Gemeindeverfassung. Wie die Vorarbeiten für die neue Verfassung und für das Konkordat, so reichen auch diejenigen für das Gemeindeedikt von 1818 noch in die Zeit der Regierung Montgelas zurück. Wie zumindest hinsichtlich der Ver­ fassung so machte auch hinsichtlich der Herstellung einer wenigstens begrenz­ ten gemeindlichen Selbstverwaltung erst der Rücktritt des aufgeklärt-absoluti­ stischen Ministers den Weg zu einer wesentlichen Kursänderung frei. Die Verstaatlichung der Gemeinden sowie des Gemeinde- und des Stiftungs­ vermögens4 hatte sich als Fehlgriff erwiesen. Die beiden Gemeindeedikte von 1808 waren nicht voll realisierbar. Man kann wohl nicht sagen, daß sie voll­ ständig gescheitert sind, aber ihre organisatorische Durchführung war so wie vorgesehen nicht möglich.5 Positiv war, daß es erstmals zu einer Vereinheitli­ chung des Gemeinderechts und zur Bildung der Landgemeinden kam, ferner, daß ständische Unterschiede zwischen den Gemeindebewohnern beseitigt wur2 Dobmann 89-99; ferner § 3 Anm. 115 (Schlaich, Troll, Demel). 3 Volkert, Handbuch 35-40 u. 145 ff; W. Volkert, Die bayer. Kreise. Namen u. Ein­ teilung zw. 1808 u. 1838 (FS Bosl II) 1988, 308-323. 4 S. oben § 3 i. - K. Helmreich, Die ge­ schieht!. Entwicklung d. bayer. Gemeinde­ verfassung v. Ende d. 18. Jhs. bis z. J. 1818, Diss. jur. Erlangen 1909; W. Imhof, Die ge­ schieht!. Entwicklung d. Gemeindewahl­ rechts im rechtsrhein. Bayern seit d. Jahre 1818, Diss. jur. Erlangen 1927; H. Clement,

Das bayer. Gemeindeedikt v. 17.5. 1818, 1934; Μ. Probst, Die Entwicklung d. gemeindl. Selbstverwaltung in Bayern, Diss. jur. Würzburg 1975; S. Hiereth, Die Bil­ dung d. Gemeinden im Isarkreis nach d. Ge­ meindeedikten v. 1808 u. 1818 (OA 77) 1952, 1-34; summarisch: Ders., Die bayer. Gerichts- u. Verwaltungsorganisation v. 13. bis z. 19. Jh., Einführung zu HAB, 1950; Hofmann, Adelige Herrschaft, bes. 307-321; jetzt v. a. J. A. Weiss, Gemeinden (§ 3 Anm. 121). 5 Ders. 100-120, bes. ii2f.

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

den. Doch hatte sich der Staat damit, daß er alle gemeindlichen Aufgaben selbst in die Hand nehmen wollte, überfordert. Montgelas erkannte zwar diese technischen Schwierigkeiten, unterschätzte aber wohl, im Gegensatz etwa zu Zentner, die Bedeutung der gemeindlichen Selbstverwaltung für die Integra­ tion des Bürgertums in den Staat.6 Auch in der bayerischen Bürokratie gewann damals die Überzeugung immer mehr an Boden, die dem Steinschen Städteedikt und anderen preußischen Re­ formen zugrunde lag. Zentner formulierte sie in seinem einleitenden Vortrag zum Entwurf des Gemeindeedikts von 1818 so: «Ohne eine dem Geiste der Zeit und der Cultur des Volkes entsprechende Gemeinde-Verfassung ist eine allgemeine Staats-Verfassung nicht denkbar; sie ist eine Grundlage aller politi­ schen Institutionen im Staate, und ohne eine solche läßt sich eine organische Ausbildung des Staats-Körpers nicht ausführen. ... Jedem Gemeinde-Gliede muß ein ihm angemessener Grad von Teilnahme an den gemeinsamen Angele­ genheiten zugestanden werden; wenn der Einzelne sich dadurch selbst als un­ mittelbares Glied eines Ganzen, einer öffentlichen Gemeinschaft empfindet, so hört er auf, sein Selbst allein zum Zwecke zu nehmen, es wird ein Sinn für das Öffentliche, ein Gemein-Sinn wieder entstehen, sey’ er auch anfänglich nur lo­ kal, sobald es den Gemeinde-Gliedern gestattet ist, mit eigener Kraft für ihr ge­ meinsames Interesse zu sorgen, und sie nicht beständig durch fremde Einwir­ kungen in ihren Handlungen gelähmt werden.»7 Solche Gedanken hatte Zent­ ner bereits 1813 vertreten; schon damals hatte er eine völlige Revision des Ge­ meindeedikts gefordert, dazu 1814 die Rückgabe des Kommunal- und des Stif­ tungsvermögens an die Gemeinden. 1815 und 1816, also noch unter Montgelas, kündigten Edikte eine entsprechende Neuordnung beider Bereiche an.8 Nach dem Wechsel der Regierung wurde 1817/18 das Gemeindeedikt unter maßgebender Mitwirkung Zentners fertiggestellt, wobei den Ministern Thürheim und Lerchenfeld wohl die Durchsetzung vor allem zu verdanken war. Es konnte planmäßig kurz vor der Verabschiedung der Verfassung am 17. Mai 1818 verkündet werden.9 In der Präambel zur Verfassung wird darauf Bezug genommen. Das Edikt hatte gewiß aus der Sicht der Nachwelt noch gravieren­ de Schwächen. Sein Vollzug auf dem Lande wurde durch das Fortbestehen der Herrschafts- und Patrimonialgerichte des Adels sowie der Grundherrschaft ein­ geschränkt. Hinsichtlich der Selbstverwaltung der Ruralgemeinden ging es nicht viel weiter als die Edikte von 1808, die allerdings für die Landgemeinden 6 Ebd. 7 Zit. nach Dobmann 103. Zu Zentners Verdienst auch Weiss, Gemeinden (§ 3 Anm. 121) Kap IV, z. B. 240. - Daß im übrigen die preuß. Städteordnung Steins auf die bayerische nur geringen Einfluß hatte: ebd. 230 ff. 8 Dobmann 106; Weiss, Gemeinden (§ 3 Anm. 121) 163-202.

9 Text: GBl. 49 fr.; Dokumente Bd. III/3, 1977, Nr. 67 (Edikt), dazu Nr. 68 (Gemein­ dewahlordnung v. 5.8.1818), beides leicht gekürzt. Dazu Seydel I/2 122 ff; Seydel-Piloty-Gbassmann 506-520, Gesetzgebung in der Pfalz ebd. 5146".; Analyse des Edikts auch bei Weiss, Gemeinden 241-56.

§ 5. Die innere Entwicklung seit Montgelas’ Sturz 1817—1825 (E. Weis)

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mehr Freiheit gelassen hatten als für die Städte. Immerhin war es in Bayern überhaupt zu einer Ordnung für die Landgemeinden gekommen. In den öst­ lichen Provinzen Preußens geschah dies erst 1891. Die gemeindlichen Amtsträ­ ger wurden in den Städten indirekt durch Wahlmänner, auf dem Lande direkt gewählt. Es gab in Bayern (wie in Preußen nach Steins Städteordnung bis 1831) noch keine Einwohnergemeinde, sondern nur eine Bürgergemeinde, d. h. nur ein Teil der Stadtbewohner - in vielen Städten nur eine Minderheit - besaß das aktive Wahlrecht. Für das passive Wahlrecht bestand in den Städten ein ho­ her Zensus, so daß vielfach nur ein kleiner Teil der Bürger fiir Ämter wählbar war. Die Wahlen waren öffentlich und mündlich, Parteibildung war verboten. Aber die meisten dieser Einschränkungen oder ähnliche bestanden auch in Frankreich und Preußen, um nur die beiden europäischen Staaten mit den da­ mals modernsten Gemeindeverfassungen zu nennen. In England lagen die Din­ ge in diesem Punkt vor 1835 noch stärker im argen. Trotz der genannten Mängel bedeutete das Gemeindeedikt von 1818 einen sehr erheblichen Fortschritt.10 Es stellte die gemeindliche Selbstverwaltung wie­ der her, indem es die freie Wahl der Gemeindeorgane vorschrieb und den Ge­ meinden einen umfassenden eigenen Wirkungskreis zuteilte, der vor allem die Verwaltung des nun zurückerstatteten Gemeinde- und Stiftungsvermögens, die Erhebung und Verwendung der Gemeindeumlagen, die Aufnahme von Bür­ gern, die Erteilung von Gewerbebewilligungen, soweit diese nicht Sache des Staates war, sowie Einfluß auf die örtlichen Kirchenverwaltungen und das Volksschulwesen beinhaltete. Im übertragenen Wirkungskreis oblag den Ge­ meinden die Ortspolizei. Die Gemeinden blieben allerdings einer straffen Staatsaufsicht (Kuratel) unterworfen, deren Rechte und Grenzen nicht genü­ gend definiert waren. Die gewählten Mitglieder der Magistrate und Gemeinde­ ausschüsse bedurften der Bestätigung durch die Aufsichtsbehörde. Der Selbst­ verwaltung günstig war das Gesetz über die Umlagen für die Gemeindebedürf­ nisse vom 22. Juni 1819. Das Gemeindeedikt von 1818 galt nur für das rechts­ rheinische Bayern. Zu einer teilweisen Angleichung dieses Gemeinderechts und desjenigen der Rheinpfalz, die im wesentlichen das französische Gemein­ derecht behalten hatte, kam es erst 1869, zu einer Beseitigung der Staatskuratel erst durch die Gesetzgebung von 1919. Dennoch stellte das Gemeindeedikt von 1818 einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zur modernen Selbstverwal­ tung dar. b) Das Konkordat von 1817, das Religions- und das Protestanten-Edikt von 1818, die Tegernseer Erklärung von 1821. Die Regierung Montgelas hatte 1816 die seit 1807 unterbrochenen Verhandlungen mit Rom wegen eines Konkordats wieder auf­ genommen, nachdem sie seit 1814 bereits in den Ministerien vorbereitet wor­

10 Vorzüge u. Schwächen des Edikts: ebd. 175-262.

IIO

A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

den waren.11 Die Kurie beantwortete die durch den bayerischen Bevollmäch­ tigten in Rom, Bischof (später Kardinal) von Häffelin, überbrachten Vorschläge durch Gegenvorschläge, die weit über die von Bayern als Verhandlungsgegen­ stand betrachteten Fragen hinausgingen und die drohten, das neue, auf dem Religionsedikt von 1809 beruhende moderne Staatskirchenrecht mit Parität und starken Aufsichtsrechten des Staates in Frage zu stellen. Die neue Regierung Rechberg-Thürheim-Lerchenfeld setzte die Linie ihrer Vorgängerin fort und lehnte die Vorschläge Roms ab. Einen weiteren, von Häffelin ausgehandelten Entwurf akzeptierte die Regierung ebenfalls nicht. Häffelin, einst Illuminat und dann einer der Hauptvertreter des bayerischen Staatskirchentums, kam jedoch der Kurie weit entgegen und unterzeichnete, nachdem er geringfügige Ände­ rungen erreicht hatte, am 5. Juni 1817 eigenmächtig das Konkordat.12 Um einen Eklat zu vermeiden, hielt die bayerische Regierung zunächst den Text geheim, sah jedoch davon ab, ihn zu verwerfen und ließ ihn nach Aus­ handlung einiger Änderungen am 24. Oktober 1817 durch den König unter­ zeichnen. Der Text enthielt einige zumindest sehr mißverständliche Formulie­ rungen, die den Eindruck erwecken konnten, als wolle Bayern wieder auf To­ leranz und Parität sowie auf seine sämtlichen alten und neuen Kirchenhoheits­ rechte verzichten.13 Die Regierung beschloß, dieser Auslegungsmöglichkeit durch eine einseitige authentische Erklärung im Sinne des bayerischen Staates vorzubeugen. Dies wurde um so nötiger, als die Veröffentlichung des Textes durch die Kurie im Dezember 1817 Entrüstung und Besorgnis auf Seiten der Protestanten und der liberalen Katholiken auslöste. Das Bestreben, hier Klar­ heit zu schaffen und die Aufrechterhaltung der Parität deutlich zu machen, war eines der Hauptmotive für die rasche Fertigstellung der Verfassung und des ihr beigegebenen Religionsedikts sowie des Protestantenedikts im Frühjahr 1818. Der Gewinn des Staates lag in folgenden Hauptpunkten des Konkordats: 1) Es wurde eine mit den Landesgrenzen übereinstimmende neue Kirchenorganisa­ tion geschaffen, nach der Bayern zwei Erzbischöfe (München-Freising, Bam­ berg) mit je drei Suffraganbischöfen (Augsburg, Passau, Regensburg bzw. Würzburg, Eichstätt, Speyer) erhielt. Bayern hatte eigentlich nur einen Erzbi­ schof gewünscht; die Kurie wollte jedoch keinen Ansatz für einen bayerischen Primat schaffen. 2) Der König erhielt das Recht der Nomination für alle acht Bischofssitze. Dem Papst blieb dann nur noch die kanonische Einsetzung (In­ “ Vgl. oben § 3 c. Lit. ebd. Anm. 28. Zu den Verhandlungen v. a. Hausberger sowie W. Müller (Brandmüller III) 99-129; fer­ ner H.-J. Busley, Das kgl. Nominations­ recht f. d. Bischöfe in Bayern. Stud. z. bayer. Konkordat v. 1817 (ZBLG 56) 1993, 317-339. 12 Häffelin, der noch 1810 mit zynischer Freude die Maßnahmen Napoleons gegen Papst und kirchliche Institutionen begrüßt

hatte, strebte jetzt nach dem Kardinalshut, den er auch erhielt: Hausbercer 132, 167-201. Zu Häffelin ferner Fendler (§ 3 Anm. 28). 11 Text des Konkordats lateinisch u. deutsch GBl. 1818 Stück XVIII, abgedruckt bei Hausbercer 309-329; ebenfalls bei Hu­ ber-Huber 170-177; Dokumente Bd. III/8, 1983, 380-386. Dazu Sicherer (§ 3) 189236; ferner oben Anm. 11.

§ 3- Die innere Entwicklung seit Montgelas’ Sturz 1817—1823 (E. Weis)

in

stitution) der vom König benannten Bischöfe. Der Monarch, also der Staat, er­ hielt ferner das Recht auf Nomination der Domdekane immer und der Domka­ noniker in den sechs ungeraden (päpstlichen) Monaten sowie die Präsentations­ rechte für die bisher schon landesherrlichen Pfarreien und für diejenigen Pfar­ reien, für die eines der aufgehobenen geistlichen Institute das Präsentations­ recht besessen hatte, schließlich das Bestätigungsrecht für die übrigen Pfarreien. Der Papst konnte nur die Dompröpste ernennen; in drei Monaten des Jahres hatten die zuständigen Bischöfe das Nominationsrecht für die Domkanonikate, nur in drei Monaten stand die Wahl der Domkanoniker den Domkapiteln zu. Die Erzbischöfe und Bischöfe hatten einen Treueid auf den König abzulegen. Die Zugeständnisse des Staates an die Kirche lagen dagegen in dem Verzicht auf die aus dem 16. bis 18. Jahrhundert überkommenen bzw. in der napoleoni­ schen Zeit noch zusätzlich erworbenen Kontrollrechte über die Kirche (z. B. hinsichtlich des Verkehrs mit Rom, der kirchlichen Verordnungen und ihrer Verkündigung, der Ausbildung der Geistlichen und der das Kirchengut ein­ schränkenden Amortisationsgesetze), ferner in der Verpflichtung des Staates zum Unterhalt der Bischöfe und Domkapitel, deren eigener Besitz ja in der Säkularisatioh eingezogen worden war, und zur Wiederherstellung einiger Klö­ ster für Unterricht, Seelsorge und Krankenpflege, sowie zu gewissen anderen Hilfeleistungen an die Kirche. Die stark eingeschränkte Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte wurde wieder ausgedehnt. Betrachtet man diesen Inhalt des Konkordats, so hat man den Eindruck, als habe der Staat dabei mehr gewonnen. Kein anderer deutscher Staat besaß im 19. Jahrhundert einen solchen ausschlaggebenden Einfluß auf die Besetzung fast aller höheren und vieler niederen katholischen Kirchenämter. Auch vor 1803 hatte kaum ein deutscher Staat solche Rechte gegenüber den Bischofsstühlen gehabt, da ja die Bischöfe selbst Reichsfürsten waren und seit dem Wormser Konkordat durch die Domkapitel gewählt worden waren. Was die Vertreter des Staatskirchentums, die liberalen und die evangelischen Kreise gegen das Konkordat so aufbrachte — selbst Metternich hielt es für einen «Greuel» und meinte, der Staat könne es sich nicht leisten, es auszuführen —, waren vor allem einige allgemeine Deklarationen,'4 die den Anschein erweckten, als verzichte der Staat auf alle seine Hoheitsrechte gegenüber der Kirche und auf seine Tole­ ranzgesetzgebung. Darum erließ die Regierung auf Vorschlag Zentners14 15 ein neues Religionsedikt nach dem Vorgang der Organischen Edikte von 1802, mit denen Frankreich das Konkordat von 1801, das übrigens auf das bayerische von 1817 von Einfluß gewesen ist, modifiziert hatte.

14 Die für Regierung, liberale Katholiken und Protestanten anstößigen Stellen: Art. 1, 16, 17 des Konkordats. Außer der Lit., auf die in Anm. 11 verwiesen wird, auch G.

Schaudt, Das bayer. Konkordat v. J. 1817 im Lichte d. Publizistik, Diss. Masch. Mün­ chen 1927. 15 Dobmann 145 flF.

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A. I. Die Begründung des modemen bayerischen Staates (1799—1825)

Als Beilage II zur bayerischen Verfassung vom 26. Mai 1818 wurde das «Edikt über die äußeren Religionsverhältnisse der Einwohner des Königreichs Bayern», das sog. Religionsedikt,16 am 17. Juni 1818 verkündet. Es bestätigte die bisher geltende Toleranz- und Paritätsgesetzgebung, beanspruchte die Interpre­ tation der mehrdeutigen Stellen des Konkordats im Sinne des staatlichen Stand­ punktes und führte eine Reihe von Aufsichtsrechten des Staates (z. B. Placet, Recursus ab abusu) wieder ein. Als Anhang zu diesem Religionsedikt wurden etwas später, am 22. Juli 1818, gleichzeitig das Korikordat und ein «Edikt über die inneren kirchlichen Angelegenheiten der protestantischen Gesamt-Gemein­ de», das sog. Protestantenedikt, veröffentlicht. Während das Religionsedikt Be­ standteil der Verfassung war, wurden das Konkordat und das Protestantenedikt als einfache Gesetze verkündet. Nicht nur aus dieser formalen Nachordnung, sondern auch aus dem Inhalt des Religionsedikts geht klar hervor, daß nach dem Willen des Gesetzgebers der Verfassung und dem Religionsedikt Vorrang vor dem Konkordat und dem Protestantenedikt zukam, denen nur zusätzliche, subsidiäre Geltung, und zwar für die inneren Kirchenangelegenheiten beider bzw. aller drei Konfessionen zugesprochen wurde.'7 Durch das Protestanten­ edikt wurde, entsprechend den Wünschen der lutherischen und der nur im linksrheinischen Bayern bestehenden reformierten Kirche - beide schlossen sich im August 1818 zu einer Union zusammen -, die Leitung der protestanti­ schen Kirchenangelegenheiten einem dem Innenministerium nachgeordneten Oberkonsistorium übertragen. Unter ihm standen drei Konsistorien in Ans­ bach, Bayreuth und Speyer. Die Unterordnung des Konkordats unter das Religionsedikt veranlaßte die Kurie und gewisse katholische Kreise zu erregten Protesten. Ein Teil der ka­ tholischen Geistlichkeit und der katholischen Mitglieder der Kammern lehnte den durch die Verfassung vorgeschriebenen Eid aller Bürger auf dieselbe ab. Nach langen Verhandlungen mit Rom gab König Max I. am 15. September 1821 die sog. Tegemseer Erklärung ab.18 Sie besagte u. a., daß der Eid auf die Verfassung sich lediglich auf die bürgerlichen Verhältnisse beziehe und daß niemand dadurch veranlaßt werden solle, seinem Gewissen und den kirchlichen Vorschriften zuwider zu handeln. Diese Erklärung, die im Laufe des 19. Jahr­ hunderts verschiedenartig interpretiert wurde, verdeckte nur den Widerspruch zwischen Konkordat und Religionsedikt, ohne ihn aufheben zu können. Die bayerische Staatspraxis richtete sich nach dem Religionsedikt. Dennoch fand

10 GBl. Stück IX v. 17.6.1818; Abdruck bei Hausberger 331-344; ferner Dokumen­ te Bd. III/8, 391-399. 17 GBl. 1818, 437; Dokumente Bd. III/8, 387-391. Obwohl später veröffentlicht, ist es auch schon vom 26. Mai datiert. Zum Pro­ testantenedikt u. a.: Sicherer (§ 3) 257-276; Seydel III/2, 435 ff.; Seydbl-Piloty-Grass-

mann 444ff.; Dobmann 146 ff.; Huber I 427 fr.; Hausberger 210-260; W. Müller (Brandmüller III) 112-129. 18 RB1. 1821, 803; Druck auch HuberHuber I 196; Dokumente Bd. III/8, 400. Dazu Hausbergbr 235-291; Müller (Brandmüllbr III) 125-129.

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man einen modus vivendi. Das weitestgehende Vorrecht des Staates, das Nominationsrecht auf die Bischofsstühle, wurde bis zum Ende der Monarchie aus­ geübt. c) Die Entstehung der Verfassung von 1818. Die Konstitution von 1808 und die sie ergänzenden Organischen Edikte hatten ihren Hauptzweck erfüllt, Bayern zu einem einheitlichen, modern durchorganisierten Verwaltungs- und Rechtsstaat zu machen.19 Dieser räumte seinen Bürgern zwar noch nicht die politischen Freiheiten ein. Die vorgesehenen Kreisversammlungen und die National-Repräsentation konnten im Zeitalter Napoleons hier ebensowenig Bedeutung er­ langen wie ähnliche Einrichtungen in anderen Staaten Kontinentaleuropas. Aber die Konstitution hatte die sogenannten bürgerlichen Freiheiten, vor allem die Gleichheit vor dem Gesetz und vor der Steuer, eine leistungsfähige Verwal­ tung, eine unabhängige Justiz, die Sicherung der Toleranz und der konfessio­ nellen Parität vorbildlich verankert. Bereiche, in denen noch unbefriedigende Verhältnisse bestanden, wie die abgeschaffte kommunale Selbstverwaltung und das noch nicht geordnete Verhältnis zwischen dem Staat und den Kirchen, be­ durften einer Neuregelung.20 Ein neues Zeitalter war mit den Befreiungskrie­ gen und der Romantik angebrochen, eine neue Generation fand im Kronprinzen einen aktiven und entschlossenen Vertreter. Politischer Ausdruck ihrer Zielset­ zung war damals eine Konstitution mit Volksvertretung. Dem leitenden Minister Montgelas waren zwar Romantik und nationale Be­ wegung persönlich fremd, nicht aber der Gedanke der Verfassung und Volks­ vertretung, den er als junger Mann zur Zeit der Französischen Revolution selbst vertreten hatte. Doch zögerte er jetzt, dieser Bewegung Vorschub zu lei­ sten, da sie unberechenbare Elemente in die Politik zu bringen schien. Den­ noch gab er nach dem Sturz Napoleons und dem Zerbrechen des Rheinbundes gleichzeitig mit dem Beginn des Wiener Kongresses durch einen Bericht an den König vom 14. September 1814 und durch die Aufstellung von Leitsätzen für den auszuarbeitenden Entwurf den Anstoß und die Unterlage zu einer könig­ lichen Entschließung vom 17. September, die einen Ausschuß mit der Revision der Konstitution von 1808 und der Organischen Gesetze beauftragte. Seine Moti­ ve hierfür waren wohl die Überzeugung, daß man sich den Wünschen der Zeit, vor allem der Gebildeten, nicht verschließen dürfe, ferner daß eine Ver­ fassung die Souveränität des Staates und das Staatsbewußtsein seiner Mitglieder stärken könnte, daß Bayern hierdurch auch seine Unabhängigkeit nach außen noch besser dokumentieren, Eingriffsmöglichkeiten einer etwaigen Bundesge­ walt zuvorkommen und daß eine Verfassung der Regierung Rückendeckung bei Konkordatsverhandlungen gewähren könnte. Zweifellos kam dem Drängen des Kronprinzen und von Männern wie Wrede und Zentner ein maßgeblicher

” Oben § 3 f·

20 § 3 b und c; § 5 b.

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1299—1825)

Einfluß zu.21 Unmittelbaren Anstoß für den Auftrag hatten der Erlaß der Char­ te Ludwigs XVIII. von Frankreich vom 4. Juni 1814 sowie der bevorstehende Wiener Kongreß gegeben.22 Ein Vorteil einer Verfassung bestand für Bayern wie für die anderen süddeutschen Staaten auch darin, daß durch die Konstruk­ tion der Ersten Kammer die mediatisierten Fürsten in den neuen Staat einge­ gliedert werden konnten, ein Problem, das man jetzt lösen mußte, um den Forderungen der Mediatisierten auf Wiederherstellung ihrer Unabhängigkeit beim Wiener Kongreß zuvorzukommen. Bereits in den von Montgelas verfaßten Leitsätzen sind eine Reihe der wich­ tigsten Elemente enthalten, die in die spätere Verfassung von 1818 eingingen, wie das Zweikammersystem, die Zusammensetzung der Kammer der Reichsrä­ te, die Bestimmungen über die Immunität und die Entschädigung der Abge­ ordneten. Auch eine Reihe von Aufgaben und Zuständigkeiten der beiden Kammern (Festlegung der direkten Steuern, Zuständigkeit für die Staatsschul­ den, für die Veräußerung von Staatsgut) sind ebenfalls hier bereits als Grund­ satz aufgestellt. Weiter als die spätere Verfassung ging Montgelas sogar in dem Vorschlag eines jährlichen Zusammentritts des Landtages und einjähriger Fi­ nanzperioden. Hinter den Erwartungen der Zeitgenossen zurück blieben seine Leitlinien dagegen, indem sie die indirekten Steuern vom Steuerbewilligungs­ recht des Parlaments ausnahmen, indem sie der Krone die alleinige Gesetzesini­ tiative zuerkannten und vor allem, indem sie den Grundholden, d.h. über der Hälfte der Bevölkerung, das passive Wahlrecht absprechen wollten.23 Bei den sehr intensiven Kommissionsberatungen wurde bald heftige Kritik an diesen Richtlinien des königlichen Reskripts vom 17. September 1814 geäußert, vor allem durch eine liberale Minderheit um Max Frhr. von Lerchenfeld. Lerchen­ felds Kritik richtete sich nicht zuletzt gegen den Ausschluß der Grundholden vom passiven Wahlrecht, wodurch ganze Provinzen wie Franken und Schwa­ ben fast völlig um die ihnen zugesagte Repräsentation gebracht würden. Ein anderer Gegenstand der Auseinandersetzung war der Wirkungskreis der Stän-, deversammlung. Die sehr freimütige Kritik sollte nun unterbunden werden durch ein wohl von Montgelas veranlaßtes königliches Reskript vom 10. De­ zember 1814, in dem die Kommission in scharfem Ton aufgefordert wurde, in Zukunft nur solche Gegenstände zu erörtern, zu denen sie sich nach dem Re­ skript vom 17. September äußern sollte. 21 Zur Verfassungsfrage Montgelas, Compte rendu 82 ff.; Seydel I/2, 199-220; Doeberl, Verfassungsleben 18-62; Ders. II 589-593; Dobmann 127-151; Huber I 319— 322; Winter 286-296; Quint (vor § 1) 463-492; Aretin, Bayerns Weg (§ 4) Kap. IV und V; Möckl, Staat, Kap. VI u. VII. 22 Dobmann 131 ff. 23 Montgelas bekennt sich in dem nach seinem Sturz verfaßten Rechenschaftsbericht

an den König voll zu diesen Leitlinien: Compte rendu 76-84. Dazu Doeberl, Ver­ fassungsleben 20-33. Außer der in Anm. 21 genannten Lit.: G. Frhr. v. Lerchenfeld, Geschichte (vor § 3) 353; Lerchenfeld; E. Weis, Zur Entstehungsgesch. d. bayer. Ver­ fassung v. 1818. Die Debatten in d. Verfas­ sungskommission v. 1814/15 (ZBLG 39) 1976, 414-444.

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Der durch diese Kommission 1815 fertiggestellte Verfassungsentwurf beschnitt unter dem Eindruck des Reskripts vom 10. Dezember mit einer knappen Stim­ menmehrheit die Rechte der Wähler und der Kammern in einer Weise, die in einigen Punkten noch über das hinausging, was das königliche Reskript gefor­ dert hatte.24 Für die meisten Teile der Verfassung hatte diese Kommission je­ doch wertvolle Vorarbeit geleistet, auf die man 1818 zurückgreifen konnte. Die Schöpfer der Verfassung von 1818 verwendeten jedoch daneben auch das Min­ derheitsvotum, das ebenfalls 1815 dem König vorgelegt worden war.25 Wir­ kungsvollster Kritiker des restriktiven Mehrheitsentwurfs wurde Kronprinz Lud­ wig. Am 14. März 1815 ordnete der König mit einem Schreiben aus Wien an Justizminister Reigersberg eine neue Überarbeitung des Entwurfes unter Be­ rücksichtigung der Wünsche des Kronprinzen an.26 Schon zuvor war eine neue Kommission, bestehend aus den wichtigsten Mitgliedern der früheren, zu die­ sem Zwecke gebildet worden. Ihre Beratungen im Frühjahr 1815 wurden je­ doch nach wenigen Sitzungen beendet. Montgelas gibt für den Abbruch der Arbeiten eine Reihe gewichtiger außen- und innenpolitischer Gründe an.27 Andererseits wollte der Minister zweifellos den Erlaß einer Verfassung so weit wie möglich hinausschieben. Noch wenige Tage vor seinem Sturz äußerte er gegenüber dem französischen Gesandten in München, die Regierungsform, die Frankreich seit dem Erlaß der Charte von 1814 besitze, sei für den gegenwärti­ gen Stand der Völker in Deutschland nicht geeignet, wo nur ein kleiner Teil der Bevölkerung einige Vorteile aus einer solchen Verfassung ziehen könne. «Denn alle Welt bedarf der bürgerlichen Freiheit, aber wie wenige Menschen

24 Doeberl, Verfassungsleben 28; Weis, Entstehungsgesch. (Anm. 23) 434—440. 25 Doeberl, Verfassungsleben 29; Weis, Entstehungsgesch. (Anm. 23). Das Minder­ heitsvotum wandte sich gegen den Aus­ schluß der Grundholden vom passiven Wahlrecht, gegen die endgültige Auswahl des Drittels der gewählten Kandidaten, das allein Mitglied der Abgeordnetenkammer werden sollte, durch den König (TemaVorschlag), gegen die Beschränkung des Steuerbewilligungsrechts auf die direkten Steuern, gegen die ausschließliche Gesetzes­ initiative der Krone, gegen die Kammer der Reichsräte und überhaupt gegen einen zu starken politischen Einfluß des Grundbesit­ zes; es verlangte Ministerverantwortlichkeit. Diesem Minderheitenvotum schloß sich in seinem Schlußbericht Justizminister Graf Reigenberg an. Bei den vorhergehenden lebhaften Diskussionen über die Vorrechte des Adels verliefen die Fronten nicht zwi­ schen den altadeligen und den bürgerlichen

oder neu geadelten Mitgliedern der Verfas­ sungskommission; in aller Regel waren die Meinungen der Mitglieder beider Gruppen in diesen Fragen geteilt (Weis, Entstehungs­ gesch., Anm. 23). 26 Zum Einfluß des Kronprinzen in der Verfassungsfrage: H.-M. Körner, Das Ver­ fassungsgutachten d. Kronprinzen Ludwig v. Bayern vom 9. März 1815 (ZBLG 49) 1986, 421-448 (Edition des Gutachtens dort 429-448). Zur damaligen Haltung des Kron­ prinzen allgemein: Gollwitzbr, Ludwig I. 213-235; Weis, Auflassungen (§ 2 Anm. 39); A. Kraus, Der «liberale» Kronprinz (ZBLG 58) 1995. 39-7927 Montgelas, Compte rendu 83: Danach Gründe für die Verzögerung: Krieg, Terri­ torialverhandlungen 1816, die andererseits zu einem Beschluß über die Schaffung von Kreisversammlungen am 17.6.1816 führten, ferner dringende Maßnahmen auf dem Ge­ biet der Finanzen, Reisen des Königs und Montgelas’ Erkrankung.

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

gibt es in einem Staate, welche die Rechte der politischen Freiheit genießen, ja selbst nur verstehen können?»28 Erst der Sturz des leitenden Staatsmannes scheint die Bahn für den Erlaß der Verfassung frei gemacht zu haben. Zunächst wurde jedoch nicht mehr für eine neue Verfassung getan als zuvor, obwohl die Aufgabe der Revision der Verfas­ sung und der zugehörigen Edikte durch den König am 10. Mai 1817 dem neu­ organisierten Staatsrat zugewiesen wurde als einer der «Gegenstände ersten Ranges».29 Erst am 16. Februar 1818 ordnete der König den sofortigen Beginn von Verfassungsberatungen an und legte diese Aufgabe in die Hände einer Ministerialkonferenz, die tatsächlich innerhalb weniger Monate, bis zur Verkün­ dung am 26. Mai 1818, die neue Verfassung schuf. Diese entscheidende Wendung ist nicht zuletzt dem Drängen des Kronprinzen und Wredes zuzuschreiben, das jedoch kaum das Zögern der Minister über­ wunden hätte, wenn nicht wichtige innen- und außenpolitische Umstände jetzt den Abschluß der Verfassung als dringend geboten hätten erscheinen las­ sen: Von einem Landtag erhofften Regierung und Öffentlichkeit die Vermei­ dung des drohenden Staatsbankrotts, die Wiederherstellung des Kredits des Staates und die Schaffung eines geordneten Staatshaushaltes.30 Ferner glaubte man, das von Häffelin vorschnell abgeschlossene Konkordat am besten durch eine Verfassung korrigieren zu können.31 Metternich unterbreitete Bayern im Winter 1817/18 ziemlich konkrete Verfassungsvorschläge, die in krassem Widerspruch zu dem bisherigen Werk und den Plänen der bayerischen Regie­ rung standen.32 Einmischungsversuche nicht nur Österreichs, sondern auch Preußens und Rußlands in die bayerische Verfassungsfrage waren weiterhin zu befurchten. Dem wollte Bayern durch Schaffung einer eigenen, einigermaßen liberalen Verfassung zuvorkommen. Schließlich bildete der bayerisch-badische Interessenkonflikt wegen der rechtsrheinischen Teile der ehemaligen Kurpfalz ein Motiv für beide Staaten, in der Fertigstellung einer modernen Verfassung zu wetteifern. Baden wollte außerdem sein Haus- und Familienstatut von 1817, das die Unteilbarkeit des Landes und die Erbfolge der Linie Hochberg festge­ setzt hatte, durch seine Verfassung sanktionieren.33 Aus dem Verfassungswett­ lauf zwischen beiden Staaten ging Bayern knapp als Sieger hervor, während Württemberg erst 1819, hier nicht durch Oktroi, sondern durch Vertrag zwi­ schen König und Ständen, zu einer Verfassung gelangte.34 Die Ministerialkonferenz, die von Mitte März bis Mitte Mai 1818 in 36 Sitzungen die endgültige

28 Doebbrl Verfassungsleben 33; Ders. II 579; Aretin, Bayerns Weg (§ 4) 209; Krauss, Bayern u. Frankreich (8 4) 88-91. 29 Vgl. § 5 a. 30 Staatshaushalt: § 3 k, s; dazu Demel 171-179, 200 ff., 270; Ullmann (§3 Anm. 134) I 214-240. 31 Vgl. § 5 b.

32 K. O. Frhr. v. Aretin, Metternichs Ver­ fassungspläne 1817/18 (HJb. 74) 1955, 718727; Ders. auch: Bayerns Weg (§ 4) Kap. V. 33 Vgl. § 4 a. 34 J. Gerner, Vorgesch. u. Entstehung d. württ. Verfassung im Spiegel d. Quellen (1815-1819), 1989.

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Form der bayerischen Verfassung ausarbeitete, legte ihrer Arbeit den Entwurf von 1814/15 einschließlich des Minderheitenvotums, die Bemerkungen des Kronprinzen hierzu und die Protokolle der beiden späteren Sitzungen von 1815 zugrunde. Vieles wurde jedoch noch geändert. Der führende Kopf des Gremiums, dem die entscheidenden Formulierungen zu danken sind, war Zent­ ner. 35 d) Die Verfassung vom 26. Mai 1818. Die bayerische Verfassung von 181836 wies viele Parallelen zu den anderen süddeutschen Verfassungen auf, nämlich Badens (22. August 1818), Württembergs (1819) und Hessen-Darmstadts (1820). Diese waren zwar später fertiggestellt, aber doch mit Ausnahme der letzteren etwa gleichzeitig ausgearbeitet worden. Alle waren stark von der Charte Ludwigs XVIII. von 1814 beeinflußt.37 Die bayerische wie die genannten an­ deren Verfassungen verankerten das Monarchische Prinzip. Danach vereinigte der Monarch allein die Souveränität und damit alle Staatsgewalt in sich. Vom Absolutismus aber unterschied ihn, daß er seine Macht unwiderruflich durch eine Verfassung begrenzt hatte, welche Regeln für die Ausübung und die Gren­ zen dieser Macht aufstellte. In Titel II § 1 der Verfassung wird dies so formu­ liert: «Der König ist das Oberhaupt des Staats, vereinigt in sich alle Rechte der Staats-Gewalt und übt sie unter den von Ihm gegebenen in der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde festgesetzten Bestimmungen aus.» Das «monarchische Prinzip» war die Doktrin der konstitutionellen Monarchien Deutschlands bis

35 Dobmann 141-151, aber auch die ältere Lit. seit Doeberl, Verfassungsleben 44, er­ kennt dies an. Metternich nannte Zentner den «Vater der bayerischen Verfassung» (Aus Metternichs nachgelassenen Papieren III, 134). Zu Wredes Anteil: Winter 288-296. 36 Text der Verfassung GBl. v. 10. Juni 1818 (S. 101); Huber, Dokumente I Nr. 51; Dokumente III/2 Nr. 27. Die Verfassung war begleitet von zehn Edikten (Beilagen), diese GBl. ab S. 141. In Stichworten betref­ fen sie: I Indigenat, II Religionsedikt, III Frei­ heit der Presse u. des Buchhandels, IV Mediati­ sierte, V-VIII Rechtsverhältnisse des Adels, IX Staatsdiener, X Ständeversammlung (Wahlrecht), ferner als Anhänge zum Religionsedikt, aber nur als einfache Gesetze: Konkordat und Edikt über die inneren Angelegenheiten der pro­ testantischen Gesamtgemeinde (s. § 5 b). In Do­

kumente Bd. III/2 ist nur die X. Beilage «Ständeversammlung» mit Wahlrecht, abgedr. als Nr. 27. 37 Oeschey (§ 3 Anm. 80). - Vergleichen­ de Betrachtung der bis 1830 verkündeten 1$ deutschen Konstitutionen bei Huber I

314-360. Die bayerische, badische und württembergische Verfassung abgedr. bei Huber, Dokumente I 141-200. - Die Ver­ fassungen Bayerns u. Badens wurden aus einseitigem Willensentschluß des Monar­ chen verliehen, die württembergische (s. Anm. 34) und «verschleiert» (Huber I 336) auch die hessische waren dagegen Ergebnis eines Vertrages zwischen Monarchie u. Volksvertretung. Vergleichende Untersu­ chung hinsichtlich des Budgetrechts: K. H. Friauf, Der Staatshaushaltsplan im Span­ nungsfeld zw. Parlament u. Regierung, I (behandelt 1815-1833) 1968. Staatstheorie bzw. Grundrechte s. unten Anm. 38, 41, 51 u. 53. Die bayerische Verfassung war seit 1814 die siebente in Deutschland, aber die erste eines größeren Staates (Huber I 317). Weitere Lit.: Aretin, Bayerns Weg ( $ 4) Kap. IV u. V.; Möckl, Staat 191-281; P. Μ. Ehrle, Volksvertretung im Vormärz. Stud. z. Zusammensetzung, Wahl u. Funktion d. deutschen Landtage im Spannungsfeld zw. monarchischem Prinzip u. ständischer Re­ präsentation, 2 Teile, 1979.

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1918.38 Änderungen der Verfassung durften allein vom König den Ständen vor­ geschlagen werden, die mit einer qualifizierten Mehrheit darüber beschließen konnten. Auch das Recht der Gesetzesinitiative lag in dieser frühen Zeit allein beim König, wenngleich dies auch nicht eindeutig aus der Verfassung zu ent­ nehmen ist.39 De facto übte in Bayern wie auch in den anderen deutschen Staaten der Monarch seine Gewalt durch ein nach dem Ressortprinzip organi­ siertes Ministerium aus, wenn auch Ludwig I. sich als König weit stärker ein­ schaltete als andere Monarchen. Die Verfassung verankerte die Verantwortlich­ keit der Minister und der anderen Beamten. Die Stände waren berechtigt, gegen ei­ nen höheren Staatsbeamten wegen vorsätzlicher Verfassungsverletzung vor dem obersten Gerichtshof des Landes Anklage zu erheben, wenn beide Kammern die Anklage vertraten.40 Wie die französische Charte und die drei anderen süddeutschen Verfassun­ gen, so beruhte auch diejenige Bayerns auf dem Zweikammersystem. Für alle Konstitutionen war in diesem Punkt das Modell der britischen Verfassung maßgebend. Von der Ersten Kammer versprachen sich auch die Schöpfer der bayerischen Verfassung ein mäßigendes, konservatives Gegengewicht gegen die Zweite Kammer und zugleich eine Möglichkeit, den mediatisierten Fürsten eine verfassungsmäßig begründete Ehrenstellung im Staat zu verleihen, ohne ihnen damit irgendeine Teilhabe an der Souveränität einzuräumen.41 Die Erste Kammer, also die Kammer der Reichsräte, bestand aus den volljährigen Prinzen des königlichen Hauses, den obersten Kronbeamten, den beiden Erzbischöfen, den Häuptern der ehemals reichsständischen fürstlichen und gräflichen Fami­ lien, einem vom König ernannten Bischof und dem jeweiligen Präsidenten des

38 Art. 57 der Wiener Schlußakte von 1820 schrieb es auch bundesrechtlich für die Bundesmitglieder (mit Ausnahme der Freien Städte) vor. Aus der umfangreichen Lit. zu dieser Frage sei genannt: Huber I 336 f., 651-656; Brandt, Landständische Reprä­ sentation; E.-W. Böckenförde, D. Vetfassungstyp d. dt. konstitutionellen Monarchie im 19. Jh. (Ders., Hg., Moderne dt. Verfassungsgesch. 1815-1918) 1972, 146-170; Möckl, Staat 250-261; P. Μ. Ehrle (Anm. 37) T. 1, 229-282; D. Grimm, Dt. Verfassungsgesch. 1776-1866, 1988, 113-116; W. Füssl, Professor in der Politik: F.J. Stahl (1802-1861), 1988, bes. 42-50; E. Fehrenbach, Verfassungen u. Nationenbildung 1815-1871, 1992; Gollwitzer, Abel, bes. 44-51; J. Leeb, Wahlrecht u. Wahlen zur Zweiten Kammer der bayer. Ständever­ sammlung im Vormärz (1818-1845), 2 Bde., 1996, 52; B. Löffler, Die bayer. Kammer der Reichsräte 1848-1918, 1996, 549-568; St. Korioth, «Monarchisches Prinzip» u.

Gewaltenteilung - unvereinbar? (Der Staat 37) 1998, 27-55; »He mit weiterer Lit. Die Konflikte des Vormärz und der Reaktions­ zeit nach 1848 waren durch diese Rechts­ konstruktion vorprogrammiert. 39 X § 7. - Huber I 347; Seydel-PilotyGrassmann 222-228; Möckl, Staat 256, 270 f. 40 X § 6. 41 Vgl. § 4 d; Gollwitzer, Standesherren; Dobberl, Verfassungsleben 53; Huber I 341 f; Dobmann 142 f; Hofmann, Adelige Herrschaft 358. Vergleich mit der französi­ schen Charte: Obschey 69 f; Verhältnis zur englischen Verfassung: Lenk (Anm. 51) Wredes Wirksamkeit als Präsident der Ersten Kammer: Winter 370-394; Einordnung des Adels allgemein § 3d und e; Hofmann, Adelige Herrschaft 367-426, 466-481. Entstehung, Zusammensetzung u. Bedeu­ tung der Ersten Kammer. Ostadal 6-82; Löffler, Reichsräte (Anm. 38); Leeb, Wahlrecht, 52 ff.

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Generalkonsistoriums, ferner aus den vom König erblich oder lebenslänglich zum Reichsrat Berufenen.42 Obwohl die Sitzungen der Ersten Kammer nicht öffentlich stattfanden, nur unzureichende Protokolle überliefert sind und sich die Presse wenig mit dieser Kammer befaßte, kommt der Ersten Kammer im Vormärz doch eine größere Bedeutung zu, als man früher gemeint hatte.43 Der liberale Flügel der Ersten Kammer konnte nicht einem Ausschließungsparagra­ phen unterworfen werden wie die Abgeordneten der Zweiten Kammer. Den­ noch hat die Kammer der Reichsräte sich zumindest auf den frühen Landtagen tatsächlich erwartungsgemäß als eine Stütze der Regierung gegen die Zweite Kammer erwiesen.44 Die Zweite Kammer, die Kammer der Abgeordneten, bestand zu 1/8 aus adligen Gutsbesitzern (mit gutsherrlicher Gerichtsbarkeit), zu 1/8 aus katholischen und protestantischen Geistlichen, zu 1/4 aus Vertretern der Städte und (größeren) Märkte, zur Hälfte aus Vertretern der übrigen Landeigentümer ohne gutsherrli­ che Gerichtsbarkeit. Im Rahmen der letzteren Gruppe besaßen - im Gegensatz zu dem Entwurf von 1814/15 — auch zumindest die Grundholden mit Erb­ recht, nicht jedoch die mit Leibrecht oder Freistift, das aktive und passive Wahlrecht, soweit sie den Zensus erfüllten. Hinzu kam je ein Vertreter der drei Universitäten.45 Der Monarch war verpflichtet, die Kammern wenigstens alle drei Jahre einzu­ berufen,46 die Sitzungsperiode sollte nicht länger als zwei Monate dauern. Der König konnte die Kammern vorzeitig auflösen. Die Abgeordneten wurden für sechs Jahre gewählt. Sie hatten, wie in dem Eid der Kammermitglieder auf die Verfassung zum Ausdruck kommt, «nur des ganzen Landes allgemeines Wohl und Beste ohne Rücksicht auf besondere, Stände oder Klassen» nach ihrer «In­ nern Überzeugung» zu vertreten.47 Ein imperatives Mandat war also ausge­ schlossen. Dies war einer der Unterschiede gegenüber dem Landtag bzw. der Landschaftsverordnung früherer Jahrhunderte, in denen die einzelnen Abge­ ordneten — trotz entgegengesetzter Theorien, besonders Ende des 18. Jahrhun­ derts - Vertreter und Beauftragte ihres Standes waren.48 Bei dem neuen Zwei­ kammer-Parlament handelte es sich, trotz der auf Vorschlag Zentners bewußt gewählten Bezeichnung «Ständeversammlung» anstelle von «Nationalrepräsen­ tation» um eine echte Volksvertretung, nicht um eine ständische Versamm­ lung.49 Andererseits stellte der neue Landtag «kein Rechtssubjekt neben dem

42 VI § 2. 43 Spindler in HB IV/i (1. Aufl.) 136f.; Ostadal; Gollwitzer, Standesherren; Ders., Ludwig I. 44 Ostadal 82. 45 VI § 9. — Grundholden mit Leibrecht, Freistift oder Neustift waren vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen: Leeb, Wahlrecht 437-45°· 46 VII § 22, seit 1865 alle zwei Jahre.

47 VII § 25. 4‘ Seydbl-Piloty-Grassmann 215 fr.; E. Weis, Kontinuität u. Diskontinuität zw. d. Ständen d. 18. Jhs. u. den frühkonstitutio­ nellen Parlamenten von 1818/1819 in Bay­ ern u. Württemberg (FS A. Kraus) 1982, 337_355 (auch abgedr. in: E. Weis, Deutsch­ land u. Frankreich um 1800, 1990) 218-242. 49 Dobbbrl, Verfassungsleben 54 f; Möckl, Staat, Kap. VI u. VII; Weis (Anm. 48).

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Herrscher» dar;50 er war nicht, wie die alte Landschaft, eine Körperschaft eige­ nen Rechts, die gleichberechtigt neben dem Fürsten stand. Jeder Anklang an die dualistische Konstruktion der alten Landesverfassung wurde von den Schöpfern der Verfassung von 1818 bewußt vermieden. Die Volksvertretung — und hierin liegt einer der Kernpunkte der Verfassung — erhielt das Steuerbewilligungsrecht und eine entscheidende Mitwirkung an der Gesetzgebung, daneben das Petitions- und Beschwerderecht. Die Mitglieder der Kammern genossen Immunität. Das Steuerbewilligungsrecht bezog sich im Gegensatz zu dem Entwurf von 1814/15 nicht nur auf die direkten Steuern, sondern auch auf Neueinführung oder Veränderung bestehender indirekter Steuern.51 Für die Aufnahme neuer Staatsschulden war die Zustimmung der Kammern erforderlich. Das ebenfalls weitgehende Gesetzgebungsrecht wurde erstmals in einer deutschen Verfassung so formuliert: «Ohne den Beyrath und die Zustimmung der Stände des Königreichs kann kein allgemeines neues Ge­ setz, welches die Freyheit der Personen oder das Eigenthum der Staats-Angehörigen betrifft, erlassen, noch ein schon bestehendes abgeändert, authentisch erläutert oder aufgehoben werden.»52 Ein sehr wesentlicher, allerdings schon unter Montgelas verwirklichter Grundsatz des modernen Rechts- und Verfas­ sungsstaates wird in Titel VIII der Verfassung verankert: die Unabhängigkeit der Rechtsprechung und Unabsetzbarkeit der Richter. Auch der Fiskus mußte in «streiti­ gen Privatrechts-Verhältnissen» vor den ordentlichen Gerichten Recht nehmen. Einer der wichtigsten Teile der Verfassung, nämlich die Präambel, formuliert als Grundzüge dieses Werkes die Grundrechte, die in Bayern bereits schrittweise seit 1799 verwirklicht worden waren und die großenteils auch in den anderen süddeutschen Verfassungen ihren Niederschlag fanden:53 Gewissens- und Mei­ nungsfreiheit, gleiches Recht aller Bürger zu allen Graden des Staatsdienstes, Gleichheit vor dem Gesetz, Gleichheit gegenüber der Wehrpflicht und der Steuerpflicht, Unparteilichkeit und Unaufhaltsamkeit der Rechtspflege, Ord-

50 Seydel-Piloty-Grassmann 217. 51 VII § 1. Die Kammern hauen zwar noch kein volles Budgetrecht im Sinne einer Beschlußfassung über den Gesamtetat, je­ doch mußte dieser ihnen zu Beginn einer jeden der sechsjährigen Haushaltsperioden zur Prüfung vorgelegt werden, bevor sie Steuern bewilligten (VII § 4). Vgl. Friauf (Anm. 37); ferner W. Lassen, Die Anfänge d. konstitutionellen Budgetwirtschaft, Diss. München 1911; H. Hitzlberger, Das Steu­ erbewilligungsrecht d. Landstände in Kurbayem im Zeitalter d. Absolutismus u. seine Auswirkung auf d. Verfassung v. 1818, Diss. Masch. Erlangen 1949; L. Lenk, Das Modell England in d. bayer. Verfassungsdiskussion zw. 1770 u. 1818 (FS Bosl I) 1969, 271-299; Möckl, Staat 269 ff.

51 VII § 2. Die Einschränkung des Geset­ zes auf Eingriffe in Freiheit u. Eigentum des einzelnen findet sich auch in den Bemer­ kungen Steins zu Hardenbergs Entwurf der Bundesverfassung Sept 1814 (Huber, Doku­ mente I 151). 53 Vergleichende Betrachtung der Grund­ rechte in den deutschen Konstitutionen: Huber I 350-360; Friauf (Anm. 37) 34-63; Brandt; W. v. Rimscha, Die Grundrechte im süddeutschen Konstitutionalismus. Zur Entstehung u. Bedeutung d. Grundrechtsar­ tikel in d. ersten Verfassungsurkunden v. Bayern, Baden u. Württemberg, 1973; Möckl, Staat, passim.

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nung des Staatshaushalts und Schutz des Staatskredits, Wiederherstellung der gemeindlichen Selbstverwaltung, eine Ständeversammlung, «hervorgehend aus allen Klassen der im Staate ansässigen Staatsbürger, Sicherung der Verfassung gegen willkürlichen Wechsel, aber Eröffnung der Möglichkeit ihrer Fortent­ wicklung nach der Sammlung von Erfahrungen». Der bedeutsamste Unterschied der bayerischen Verfassung wie derjenigen al­ ler anderen deutschen Staaten bis 1918 zum modernen Parlamentarismus war, entsprechend dem Monarchischen Prinzip der konstitutionellen Monarchie, daß die Kammern kein Recht besaßen, die Bildung, die Erhaltung oder Abbe­ rufung einer Regierung zu bestimmen. Die Gewaltenteilung war nur insoweit durchgeführt, als die Kammern keinen Einfluß auf die Exekutive (einschließ­ lich der Außen- und der Militärpolitik) hatten, während umgekehrt jedoch die Exekutive an der Gesetzgebung beteiligt war. Nur die Justiz war von den bei­ den anderen Gewalten getrennt und unabhängig. Dies alles gehörte zum Wesen des Konstitutionalismus und wurde von den Zeitgenossen zunächst im allge­ meinen nicht beanstandet. Demgegenüber fand eine Reihe anderer Bestim­ mungen der Verfassung von Anfang an Kritik, wie die Wahl der Abgeordneten nach Berufsgruppen, die Höhe des Zensus, die alleinige Gesetzesinitiative des Königs, das Fortbestehen der Grundherrschaft, die Unvollständigkeit der Mini­ sterverantwortlichkeit und der Pressefreiheit. Diesen Klagen wurde durch die Gesetzgebung des Jahres 1848 und der folgenden Zeit weitgehend Rechnung getragen, ebenso wie der Forderung nach Mündlichkeit der Rechtsprechung und der Einführung von Schwurgerichten. Die ebenfalls geforderte Trennung von Justiz und Verwaltung auch auf der unteren Ebene wurde aus finanziellen Gründen erst 1862 verwirklicht,54 die Gewerbefreiheit erst 1869 eingefuhrt. Ein Gegenstand der Kritik war vor allem die Sonderstellung, die — anders als in der Konstitution von 1808 — dem Adel eingeräumt wurde und die den prokla­ mierten Gleichheitsgrundsatz in einer Reihe von Punkten verletzte. Im Gegen­ satz zu Württemberg und Baden behielt Bayern die Patrimonialgerichtsbarkeit bei (bis 1848), wenn auch die Adelsgerichte der staatlichen Aufsicht unterstellt wa­ ren. Dazu kam die Wiederherstellung eines besonderen Gerichtsstandes für Adel und Geistlichkeit, die Beibehaltung der - politisch allerdings wenig bedeutsamen - Siegelmäßigkeit des Adels, die nun auch auf höhere Beamte ausgedehnt wur­ de, und schließlich die Bevorzugung der Söhne des Adels und der höheren Be­ amten beim Militär. Ins Gewicht fiel schließlich die dominierende Stellung des Adels in der Kammer der Reichsräte und die Tatsache, daß auch das erste Ach­ tel der zweiten Kammer fast ausschließlich aus Adeligen, darunter nur wenigen Neunobilitierten, bestand.55

54 § 3 h; Weis, Trennung (§ 3 Anm. 95). 55 § 3d u. e. - Die umstrittenen §§ 7—12 u. 14 von Titel VI der Verfassung hinsichtl. der Zusammensetzung der Zweiten Kammer

u. des Wahlrechts wurden aufgehoben u. er­ setzt durch das Gesetz über die Wahl der Landtagsabgeordneten v. 4.6.1848 (GBl. S. 77).

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Während die Verfassung für die Zeit ihrer Entstehung relativ modern war — trotz gewisser restriktiver Elemente erscheint aus der Rückschau das Wahl­ recht sehr rückständig.56 Wie alle damaligen europäischen Staaten mit Verfas­ sungen, hatte auch Bayern ein Zensuswahlrecht. Wahlberechtigt und wählbar waren praktisch nur Angehörige der Ober- und der grundbesitzenden bzw. ge­ werbetreibenden und Steuern zahlenden Mittelschicht. Das war für diese und auch noch für spätere Epochen normal, ebenso wie die Tatsache, daß in Bay­ ern in den Städten und auf dem Lande die Wahlen indirekt waren, also Wahl­ männer eingeschaltet waren. Aber der Zensus in Bayern für das aktive und für das passive Wahlrecht der Klassen IV (Städte) und V (Grundbesitzer ohne guts­ herrliche Gerichtsbarkeit, also Landbevölkerung) zur Zweiten Kammer war vergleichsweise hoch. Dies hatte zur Folge, daß 1818 die Zahl der aktiv Wahl­ berechtigten etwa 1,8%, die Zahl der passiv Wahlberechtigten etwa 0,4% der Gesamtbevölkerung ausmachte.57 Nach der Verfassung58 sollte auf je 7000 Fa­ milien ein Abgeordneter entfallen. Tatsächlich aber entfiel beim gerichtsherr­ lichen Adel (Klasse I) ein Abgeordneter auf 67,5 Familien, bei den Landeigen­ tümern ohne eigene Gerichtsbarkeit (Klasse V) ein Abgeordneter auf 12 041 Fa­ milien59. Nach einer anderen Rechnung, die bereits auf den Zeitgenossen Rudhart zurückgeht, waren bei der Landbevölkerung (Klasse V) von etwa 671 000 Familien nur 7181 Männer passiv wahlfähig. Bezogen auf die anteilige Einwoh­ nerzahl von etwa 3 Millionen bedeutete dies 0,24%.60 In manchen Orten oder Landgerichten mit armer Bevölkerung oder vielen Inhabern von Freistift-Hö­ fen gab es nicht genügend Wählbare, so daß hier mehrere Wahlbezirke zu­ sammengelegt werden mußten. In den Städten war selbst der größte Teil der Inhaber des Bürgerrechts — dies war teilweise eine Minderheit unter den tat­ sächlichen Einwohnern — von der Beteiligung an der Bestellung der Gesamtre­ präsentation ausgeschlossen.61 Bei den Landgemeinden waren 1818, nach Krei­ sen (Regierungsbezirken) aufgeschlüsselt, jeweils zwischen 7 und 8 %, in einem Fall 12% der Familienhäupter urwahlberechtigt. Eine Ausnahme bildete nur der Rheinkreis, also die linksrheinische Pfalz. Hier waren wegen des 1818 dort noch bestehenden französischen Wahlrechts 74% der Familienhäupter urwahl­ berechtigt, was die unterschiedliche Auswirkung dieser beiden Wahlrechte zeigt. Das änderte sich, nachdem Bayern der Pfalz das rechtsrheinische Wahl­ recht aufoktroyiert hatte: Bei der Wahl zum Landtag 1824 waren im rechts­ rheinischen Bayern von den Familienhäuptem im Durchschnitt pro Regie-

56 Wahlordnung (Beilage X der Verfas­ sung) oben Anm. 36. Lit.: L. Hubbauer, Die geschichtl. Entwicklung d. bayer. Landtags­ wahlrechts mit Beschränkung auf d. Kam­ mer d. Abgeordneten, Diss. jur. Erlangen 1908. Jetzt umfassende Untersuchung des Wahlrechts u. der Wahlen: Lebb, Wahl­ recht.

57 Leeb, Wahlrecht 666 ff. 58 VI § 8. 59 Leeb, Wahlrecht 59, etwas andere, noch krassere Zahlen dort 666. 60 Möckl, Staat 267, dort weitere Anga­ ben nach Rudhart. 61 Leeb, Wahlrecht 94 ff.

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rungsbezirk 8,2% urwahlberechtigt, in der Pfalz jetzt auch nur noch 15,8%.62 Im Vergleich zum bayerischen Wahlrecht war das gleichzeitige Württembergs etwas, das Badens ganz erheblich bürger- und bauernfreundlicher.63 Das baye­ rische Wahlrecht wurde durch die Gesetzgebung von 1848 verbessert und das Klassenwahlrecht beseitigt. Von da ab waren wenigstens 17% der Bevölkerung aktiv wahlberechtigt.64 Der weitere Verlauf des Jahrhunderts brachte Verbesse­ rungen, während Preußen, das bis 1848 keine Verfassung gehabt hatte, 1849 sein Dreiklassenwahlrecht einführte, das bis 1918 in Geltung blieb. Trotz des hohen Zensus und der indirekten und nicht geheimen Wahl sowie des Verbots von Parteibildungen zeigte sich in der Vormärzzeit in Bayern wie auch in den meisten anderen deutschen und europäischen Staaten mit Verfas­ sungen, daß sich selbst unter den auf derart elitäre Weise gewählten Abgeord­ neten eine aktive und lebhafte liberale Opposition bilden und daß es in den Kammern — in Bayern nicht nur in der Zweiten, sondern auch in der Ersten Kammer — zu lebhaften politischen Debatten kommen konnte. Übrigens fan­ den in der bayerischen Zweiten Kammer trotz anfänglichen Widerstrebens der Regierung und gelegentlicher Urlaubsverweigerungen (diese seit 1825) sofort viele Beamte als Abgeordnete Eingang, wo sie entsprechend ihrer Vorbildung gegenüber der großen Zahl der adligen und nichtadligen Landwirte alsbald eine führende Rolle spielten. Bereits seit dem ersten Zusammentritt der Ständever­ sammlung 1819 machten die Beamten ein Drittel der Abgeordnetenkammer aus, ein Anteil, der sich bis 1848 kaum verringerte und der die Rolle der Büro­ kratie als der zugleich den Staat und die Reformen tragenden Schicht unter­ streicht.65 Trotz des äußerst restriktiven Wahlrechts und anderer, erst 1848 oder später behobener Mängel stellte diese erste Verfassung eines größeren deutschen Staa­ tes, die sich nach Reformen bis 1918 bewährte, eine damals in Deutschland be­ achtete und überwiegend anerkannte Leistung dar, deren Ansehen um so grö­ ßer wurde, je deutlicher sich zeigte, daß die beiden deutschen Großmächte keine Verfassungen erließen.66

62 Ebd. 428. 63 Hierzu vergleichend Hubbr I; Ehrle (Anm. 37); Μ. Hörner, Die Wahlen z. ba­ dischen zweiten Kammer im Vormärz, 1987, ferner Gerner (Anm. 34). Freilich kam es auch in den Landtagen dieser beiden Staaten zu heftigen Debatten u. Verfassungskonflik­ ten. Vgl. H. Brandt, Parlamentarismus in Württemberg 1819—1870. Anatomie eines dt. Landtages, 1987; eine entsprechende Ar­ beit für Bayern bereitet D. Götschmann vor; H. Schwarzmaibr (Hg.), Handbuch der Baden-Württ. Gesch. III (1806-1918), 1992; C. Zeile, Baden im Vormärz. Die Politik d. Ständeversammlung sowie d. Regierung zur

Adelsfrage, Grundentlastung u. Judeneman­ zipation 1818-1843, 1989; P. Nolte, Ge­ meindebürgertum u. Liberalismus in Baden 1800-1850, 1994. 64 Lbeb, Wahlrecht 671. Vgl. auch Anm. 55. 65 E. Heintz, Der Beamtenabgeordnete im bayer. Landtag, 1966, 55 ff. 66 Über das Lob dieser Verfassung auch von liberaler Seite und von Seiten des Aus­ landes sowie über Kritik von «rechts» und «links» vgl. G. v. Lbrchbnfbld, Geschichte (5 3) I 94 ff·: Μ. v. Lerchenfeld, Die bayer. Verfassung u. d. Karlsbader Beschlüsse, 1983. Eine zeitgenöss. Stimme der Kritik an

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e) Die ersten Landtage (1819-1825). Ähnlich wie in Baden, kam es bereits auf dem ersten bayerischen Landtag (1. Februar bis 25. Juli 1819) zu heftigen Ausein­ andersetzungen zwischen einem Teil der Zweiten Kammer und der Regierung. Schon von Zeitgenossen wurde der kleinliche Charakter dieser Auseinanderset­ zungen mißbilligt.67 Andererseits konnte es nicht wundemehmen, daß es den Abgeordneten wie den Regierungen der frühkonstitutionellen Staaten noch an Erfahrung und an Geschick im parlamentarischen Leben und im Umgang mit dem politischen Gegner fehlte. Zudem war das tatsächliche Übergewicht der Regierung und der Bürokratie einerseits, und die, wie man heute sagen würde, Profilneurose eines Teils der Abgeordneten andererseits noch so groß, daß eine sachliche Auseinandersetzung oder Zusammenarbeit nur selten zustande kam. Es gab noch keine politischen Parteien, sondern nur lockere Formen politischer Zusammenarbeit zwischen Gesinnungsfreunden in der Abgeordnetenkammer.68 Zwischen den Konservativen und den radikal liberalen Abgeordneten — die Sprecher der letzteren waren der Bamberger Advokat und Bürgermeister J. P. von Homthal und der Würzburger Professor der Rechte und seit 1821 Bürger­ meister M.W.J. Beht69 - gab es eine gemäßigt-liberale Mittelgruppe, zu der ehemalige altbayerische Aufklärer wie Johann Christoph von Aretin und die ein­ stigen Illuminaten Utzschneider und Pfarrer Socher70 gehörten. Während die Ra­ der Verfassung u. gewissen Rückschritten gegenüber 1808: Staatsrat (J.) v. Hazzi, Lie­ ber d. Standpuncte d. baier. Verfassungs-Ur­ kunde v. 1818 in Beziehung anderer Consti­ tutionen, 1819. Weitere Lit.: R. Oeschey, Einige gleichzeitige Stimmen z. bayer. Ver­ fassungsurkunde (OA 57) 1913, 285-321; Doeberl, Verfassungsleben 47-62; Franz, Verfassungskämpfe (Anm. 67) 3-55; Hof­ mann, Adelige Herrschaft 364 fr. u. ö.; B. ZiTTBL u. B. Hubensteiner (A. Goppel - B. Hubensteinbr - B. Zittel, i 50 Jahre bayer. Verfassung) 1968, 17-52. 67 E. Franz, Bayer. Verfassungskämpfe. Von d. Ständekammer zum Landtag, 1926, z. B. 81 ff. - Zu den Landtagen dieser Zeit ferner Doeberl II 594-601. 68 L. Grösser, Der gemäßigte Libera­ lismus im bayer. Landtag von 1819-1848, Diss. München 1929; F. Kastner, Das Auf­ treten d. Pfälzer auf d. ersten bayer. Landtag 1819/22, Diss. München 1916; L. Sachs, Die Entwicklungsgesch. d. bayer. Landtags in den ersten drei Jahrzehnten nach d. Ver­ fassungsgebung, 1818-1848, o.J.; A. Hoff­ mann, Die kath. geistl. Abgeordneten d. Pfalz in d. bayer. Ständeversammlung 18191848 (ZBLG 32) 1969, 767-812; F. W. Kantzenbach, Protestant. Pfarrer in Politik u. Ges. d. bayer. Vormärzzeit (ZBLG 39)

1976, 171-200; Heintz (Anm. 65); J. Kum­ Der Einfluß d. Parlaments auf d. Fi­ nanzwesen im konstitutionellen Staat in Bayern 1808-1918, Diss. jur. München 1964; R.D. Conklin, Politics and Politicians in Baden and Bavaria 1815-1848. A socio­ political comparison of Landtag deputies, Ann Arbor 1972; D. Götschmann, Parla­ ment an der Longe. Zur Geschäftsordnung d. bayer. Landtags im Vormärz (FS Volkert) • 993. 219-236; D. Götschmann, Quellenla­ ge z. Verhältnis v. Staat u. Landtag im 19. u. 20. Jh.: Von Seiten des Landtags; H.-J. BusLEY, Die Quellen z. bayer. Landtag des 19. u. 20. Jhs. im Bayer. Hauptstaatsarchiv, bei­ de in: Ziegler, Landtag 225-239 bzw. 241249, dort Inventar über die Quellen zum bayer. Landtag im Bayer. Hauptstaatsarchiv v. H.-J. Busley 269-316; - Leeb, Wahl­ recht, mit weiterer Lit. und Verzeichnis der Abgeordneten; D. Götschmann, Die Be­ schwerden an d. Kammer d. Abgeordneten des Bayer. Landtags 1818-1918, 2 Bde.,1997 (Bd. I: 1819-1848). 69 U. Wagner (Hg.), W.J. Behr. Doku­ mentation zu Leben u. Werk eines Würz­ burger Demokraten, 1985, darin bes. W. Ziegler, Ludwig I. und Behr 63-112. 70 Zu Socher: E. Schmitt, Joseph Socher. Der bayer. Abbe Sieyes? (ZBLG 30) 1967, mer,

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dikalliberalen fast ausschließlich aus Franken und der Pfalz kamen, befanden sich gemäßigt Liberale unter den Alt- wie unter den Neubayem. Unter dem Eindruck der Auseinandersetzungen auf dem Landtag von 1819 und der gleich­ zeitigen Vorgänge in Deutschland, zuletzt der Ermordung Kotzebues, nahm die gemäßigt liberale und verfassungsfreundliche Regierung bald eine konservative Abwehrhaltung ein. Zunächst versuchte die Kammer der Abgeordneten auf dem Weg über eine häufige Inanspruchnahme des ihr zustehenden Petitions­ rechtes eine Art von Gesetzesinitiative zu gewinnen. Die Kammer stellte auf dem Gebiet der Rechtspflege bereits die Forderungen auf, die großenteils 1848 bzw. 1862 verwirklicht wurden, wie Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Rechtspflege, Einführung von Schwurgerichten, Trennung von Justiz und Ver­ waltung auch auf der unteren Ebene der Landgerichte. Auch auf anderen Ge­ bieten wurden der Verwaltung nützliche Anregungen durch die Abgeordne­ tenkammer gegeben. An tatsächlicher gesetzgeberischer Arbeit kam jedoch außer einer Prozeßrechtsnovelle, dem Gesetz über die Gemeindeumlagen von 1819 und einer modifizierten Verlängerung des Schutzzollgesetzes von 1811 nur das erste Finanzgesetz (Budget) für die Finanzperiode 1819—1825 zustande. Der erste größere Konflikt zwischen Regierung und liberaler Opposition ent­ zündete sich an der Forderung des Abgeordneten Homthal auf Vereidigung des Heeres auf die Verfassung. Die Armeen der Zeit waren traditionell auf die Mon­ archen vereidigt. Die Gegner dieses Antrages sahen in ihm die Gefahr einer Politisierung der Streitkräfte. Auch über die vom Landtag durchgesetzte Redu­ zierung des Militärbudgets gab es Streit. Die Regierung drohte unter Berufung auf die Bundesakte, den Militäretat zu überschreiten, falls die Verpflichtungen gegenüber dem Bund dies erforderlich machten.71 In der Zwischenzeit zwi­ schen den Landtagen wurden die Zollorganisation (1819), der Forstdienst (1821) und die Staatsflnanzen reorganisiert, die Soleleitung von Berchtesgaden nach Reichenhall zur Hebung der Salzproduktion gebaut, was durch die von G. von Reichenbach erfundene Wassersäulenmaschine ermöglicht wurde. Der zweite Landtag von 1822 (21. Januar bis 2. Juni) verabschiedete das von Gönner ausgearbeitete, für andere Staaten vorbildliche Hypothekengesetz.72 Im übrigen gab es auch jetzt Auseinandersetzungen mit der Opposition unter Hornthal und Behr, unter anderem über den Verfassungseid des Heeres und die Militärausgaben.73 Doch kamen offensichtlich König und Regierung bzw. Kö­ nig und Rechberg nicht mehr auf die während des ersten Landtages 1819 und kurz danach erwogene Idee zurück, die Verfassung durch einen Staatsstreich wieder zu beseitigen, wovon ihnen auf Anfrage die preußische Regierung ebenso wie die sächsische und dann wohl auch die österreichische Regierung 264-297; P. Segl, Joseph Socher (1755— 1834). Leben u. Werk, 1982. 71 Vgl. § 3 n und t; Demel u. Ullmann (§ 3 Anm. 134). Stellung der ersten Landtage zur Armee: Gruner 50-69.

72 Μ. Stollbis, Das bayer. Hypothekenge­ setz v. 1822 (H. Coing - W. Wilhelm, Hgg., Wissenschaft u. Kodifikation d. Pri­ vatrechts im 19. Jh. III) 1976, 240-272. 73 Anm. 71, ferner Winter 335-358.

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A. I. Die Begründung des modernen bayerischen Staates (1799-1825)

entschieden abgeraten hatten.74 Es ist wahrscheinlich, daß die Initiative zu die­ ser unrühmlichen Sondierung vom König ausgegangen war, nicht von Rechberg. Der letztere hätte solche Pläne in Bayern gegen den Kronprinzen, Ler­ chenfeld und Wrede, die damals für strikte Beachtung der Verfassung eintraten, niemals durchsetzen können. Der Landtag von 1825 (25. Februar bis 12. September) verlief ruhiger, unter anderem, weil Homthal nicht wiedergewählt und Behr als Beamter mit dem Mittel der Urlaubsverweigerung aus der Kammer gedrängt worden war. Trotz solcher Praktiken, wie sie damals auch in anderen Staaten mit Konstitutionen angewandt wurden, hielten der König und seine Regierung an der Verfassung fest, der König nach seinem vorübergehenden Schwanken im Sommer 1819. Kurz danach hatte Rechberg im August 1819 in Karlsbad mit Festigkeit und Ge­ schick die Angriffe auf die bayerische Verfassung abgewehrt.75 Bei den Wiener Konferenzen von 1819/20 war es Zentner, der die bayerische Verfassung rette­ te.76 Die bayerische Regierung, wirksam unterstützt durch den Kronprinzen, blieb bei dieser Haltung und wußte allen Versuchen des Bundes zu begegnen, eine Einschränkung der politischen Freiheiten im Lande zu erzwingen. Sie war sich bewußt, daß es nicht im Bereich ihrer Aufgaben und Möglichkeiten liegen konnte, die Entwicklung eines stürmischen Vierteljahrhunderts rückgängig zu machen.

74 § 4 d mit Anm. 15. 75 Darstellung bei Klemmer, (§4)151-181.

Rechberg

76 Dobmann, Zentner 171-191; Klemmer, Rechberg (§ 4), 182-190.

II

DIE REGIERUNGSZEIT LUDWIGS I. (1825-1848)

Allgemein. Quellen und Literatur: GG III 97ff.; Siemann, Quellenkunde. - Deutsche Geschichte:

Treitschkb III-V; Schnabel I-IV; H. v. Srbik, Deutsche Einheit. Idee u. Wirklichkeit vom Hl. Reich bis Königgrätz I, 19403, 217-314; Ders., Metternich, I u. II 19573 (unv. Nachdr. v. 19251), III 1954; Th. ScHiEDBR, Vom Deutschen Bund zum Deutschen Reich 1815-1871 (GG III) 99-159; A. Scharff, Deutscher Bund u. Verfassungsbewegung (Rassow 392-429); Conze; Huber I, II; Ders., Dokumente I; Nipperdey; Lutz; R. Koch, Deutsche Geschichte 1830-1848/49, 1998. Bayern. Bibliographie: HB I, Hilfsmittel 561 ff; DW9; DW‘°. - Ältere Literatur s. bes. den Alten Realkatalog der StB (bis 1952), Auswahl bei Doeberl III 587ff; E. Krausen, Schriften zum 200. Geburtstag König Ludwigs I. und zum 100. Todestag Kg. Ludwigs II. von Bayern (HJb. 108) 1988, 231-247; Auswahlbibliographie: ZBLG 58 (1995) 125-140. Quellen: Ministerial- u. Kabinettsakten, Staats- u. Ministerratsprotokolle: S. hierzu Μ. Piendl, Die Ministerialakten im BayHStA (MfA 1) 1955, 36-38; B. Zittel, Der bayer. Ministerrat u. seine Protokolle (ebd. 3) 1957, 9-15; H. Troll, Der bayer. Staatsrat u. seine Protokolle (ebd. 6) 1960, H. 34; Nachlaß Ludwigs I. (GHA, StB), hierzu W. Winkler, Der schriftl. Nachlaß Ludwigs I. (AZ 36) 1926, 226-229; zum Nachlaß auch Dirrigl 1043-1056; Gollwitzer, Ludwig I. 249 (ebd. 249f. Ikonographie); VU; LV Abg. 1825ff; Verh. d. ersten Kammer (erst von 1847 an vollständig veröffentlicht und Namen der Redner genannt, vorher nur dürftige Protokolle von geringem Quellenwert, von 1825, 1827/28 liegt überhaupt nichts vor, s. Ostadal); Die Thronreden u. Adressen im bayer. Landtag während d. Zeit von 1819-1892, München 1893; RBL 1825fr.; Döllinger, Verordnungensammlung; GVB1.; Signate Kg. Lud­ wigs I. Ausgewählt u. eingel. v. Μ. Spindler, hg. v. A. Kraus, Redaktion: E. Riedenauer, 7 Bde., München 1987 ff. (= Materialien z. bayer. Landesgesch.); Gesandtschaftsberichte aus München 1814-1848: Abt. 1: Die Berichte der franz. Gesandten, bearb. v. A. Chroust, 6 Bde., 1935/37; Abt. 2: Die Berichte der Österreich. Gesandten, bearb. v. A. Chroust, 4 Bde., 1939/47; Abt. 3: Die Berichte der preuß. Gesandten, bearb. v. A. Chroust, 5 Bde. (Bd. V = Register, bearb. v. R. v. Bary, 1951) 1949/51. - Zur Biographie des Königs: Aufzeichnungen und Briefe: Μ. Spindler, Kronprinz Ludwig von Bayern und Napoleon I. nach Aufzeichnung Ludwigs über Napoleon. (Abh. München) 1942; Schenkbriefe; Schiel; Schiel I u. II; W.J. Thiersch (Hg.), Friedrich Thiersch's Leben (1784-1860), 2 Bde., 1866 (Briefsammlung); L. Trost, Kg. Ludwig I. in seinen Briefen an seinen Sohn, den Kg. Otto v. Griechenland, 1891; G. Frhr. v. Pölnitz, Kronprinz Ludwig v. Bayern u. Graf Montgelas nach ihrem Brief­ wechsel 1810-1816 (ZBLG 7) 1934, 35-85; W. Andreas, Beziehungen Kg. Ludwigs I. v. Bayern zu Weimar. Briefe d. Königs, Karl Augusts u. d. Kanzlers v. Müller (Staat u. Volkstum. FG f. K.A. v. Müller) 1933; Ders., Gespräche König Ludwigs mit d. Weimarischen Kanzler v. Müller über dt. Zollpolitik (ZBLG 7) 1934, 209-220; H. Tümmler, Kg. Ludwig v. Bayern u. Caroline v. Heygendorf in ihren Briefen (1830-1848). Späte Zeugnisse einer Jugendfreundschaft. Kulturgeschichtl. Miniaturen der Nachklassik u. d. Vormärz (Bei­ hefte zum AKG Bd. 15) 1981; W. Frhr. v. Pölnitz, Ludwig I. v. Bayern u. Joh. Martin v. Wagner, 1929; R. Messerer, Briefwechsel zw. Ludwig u. Georg v. Dillis, 1807-1841, 1967. Veröffentlichungen u. Dichtungen d. Königs: Gedichte des Kgs. Ludwig von Bayern, 2 Bde., München 1829; Gedichte Ludwigs des Ersten, Königs von Bayern, T. 1 u. 2 München 1829, 18393; T. 3 München 1839; T. 4 München 1847; R. Grbinz (Hg.), Gedichte Kg. Ludwigs I. von Bayern. Auswahl, Leipzig 1905; G. Laubmann (Hg.), 1848-1868. Gedichte Ludwigs des Enten, Königs von Bayern, München 1888; Ludovici Regis Bavariae Augustissimi Carmina, quibus Italia et Sicilia celebrantur. Latine reddidit Franciscus Fiedler, Vesaliae 1831; Der

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A. II. Die Regierungszeit Ludwigs I. (1825-1848)

bayerische Schwan. Gedichte des Kgs. Ludwig I. von Bayern, hg. v. L. Merkle, 1979; H.S. Macher (Hg.), König Ludwig I. von Bayern, Gedichte, 1980; Schauspiele von Kg. Lud­ wig L, bearb. v. U. Huber, hg. v. J. Erichsen (Vorwärts, vorwärts III), München 1986; Walhalla’s Genossen, geschildert durch Kg. Ludwig den Ersten von Bayern, den Gründer Walhalla’s, München 1842. - Memoiren von Zeitgenossen: E. Ringseis, Erinnerungen des Dr. Nepomuk v. Ringseis, 4 Bde., 1886/91; Μ. Frhr. v. Lerchenfeld (Hg.), Aus den Papieren des k.b. Staatsministers Maximilian Freiherm von Lerchenfeld, 1887; H. Schmidt (Hg.), Clemens von Neumayr. Ein bayer. Beamtenleben zw. Aufklärung u. Romantik (ZBLG 35) 1972. 591-690; L. Krbtzenbacher (Hg.), Das Kgl. Bayern von 1824. Aus dem Reisebericht eines ital. Gelehrten (ZBLG 49) 1986, 327-379; H.-J. Kissling (Hg.), Ein zeitgenöss. schwed. Bericht über d. Entstehung d. ludwigischen München: T.G. Rudbeck’s Det nya München (ZBLG 43) 1980, 633-654; H.-J. Weitz, Boisseree, Sulpiz: Tagebücher, 3 Bde., Darmstadt 1978/83. Darstellungen: Biographien Ludwigs I. - Gesamtdarstellungen: Doeberl III 3-168 (erstmaliges, besonders aufgrund der Ministerialakten gezeichnetes Bild des Regenten, noch ohne Kennt­ nis der Gesandtschaftsberichte, nicht abgeschlossen); Corti (Lebenschronik, wertvoll bes. wegen d. zahlr. Zitate aus bisher unbek. Quellen, nach d. ungekürzten 1. Aufl. benützt), zur Kritik: A. Chroust, Eine neue Biographie Ludwigs I. (ZBLG 11) 1938, 121-131; Spindler; Dirrigl; Gollwitzer, Ludwig L; Ludwig I. Kolloquium d. Inst. f. Bayer. Gesch. a. d. Univ. München 1994 (ZBLG 58) 1995, 89-140. - Lebensbilder: NDB 15, 1987, 367-374 (A. Kraus); L. Hüttl, Ludwig L, König u. Bauherr, 1986; W. Liebhart, «Gerecht und beharrlich». Zum Königtum Ludwigs I. v. Bayern (Kath. Akad. Augsburg, Akademiepublikationen 80) 1987; K. Möckl, Kg. Ludwig I. u. d. Einheit d. neuen Bayern (Vorwärts, vorwärts) 187-197; G. Schwaiger, Kg. Ludwig I. v. Bayern (Christenleben im Wandel d. Zeit, hg. v. G. Schwai­ ger, Bd. 2) 1987, 52-67; Ders., Kg. Ludwig I. v. Bayern (1825-1848). Ein Lebensbild (ZBLG 58) 1995, 11-37; H. Glaser, «Dies merkwürdige, vielbewegliche Individuum auf dem Throne». Rückblicke auf Kg. Ludwig I. v. Bayern (ZBLG 50) 1987, 127-152; Ders., Wittelsbach. Kurfürsten im Reich - Könige v. Bayern (Vier Kapitel aus d. Gesch. d. Hauses Wittelsbach im 18. und 19. Jh., hg. v. R. Baumstark) 1993, 56-73; Brandmüller III. Staatsorgane (Minister - Staatsrat - Kammern - Beamtenschaft): K. Schwabe (Hg.), Die Regie­ rungen d. dt. Mittel- und Kleinstaaten 1815-1933, 1983; Dobmann; Böck; Armansperg; Schenkbriefe; Zuber; Gollwitzer, Ludwig L; Ders., Abel; Dickopf; Finken; Staatsminister der Justiz; L. Klemmer, Aloys v. Rechberg als bayer. Politiker (1766-1849), 1975. - H.W. Schlaich, Der bayerische Staatsrat. Beiträge zu seiner Entwicklung von 1808/09 bis 1918 (ZBLG 28) 1965, 460-522. - F.X. Freninger, Die Kammern d. Landtags d. Königreichs Bayern. Matrikel oder Verzeichnis d. Direktorien u. Mitglieder d. beiden Hohen Kammern v. 1819-1870, 1870; Ostadal; Gollwitzer, Standesherren; Löffler, Reichsräte; Leeb, Wahl­ recht. - Schärl; Seydel. Staatspolitik: Μ. Spindler, Der neue Staat - Montgelas u. Ludwig I. (Bilder aus d. bayer. Gesch., hg. v. A. Fink) 1953, 220-229; H. Gollwitzer, Kg. Ludwig I. u. d. bayer. Staat d. 19. Jhs. (ZBLG 49) 1986, 597-609; H. Haan, Vom Nebenstaat zur Provinz - Bayern u. d. Pfalz von 1816-1849 (Strukturwandel im pfälz. Raum vom Ancien Regime bis zum Vormärz. Referate und Aussprachen d. Arbeitstagung v. 10. bis z. 11. Okt. 1975 in Speyer) 1982, 72-82; H. Glaser, Souveränität u. Integration - Leitschienen bayer. Politik im Vormärz (Biedermeiers Glück u. Ende, hg. v. H. Ottomeyer u.a.) 1987, 9-21; Die Pfalz und Bayern 1816-1956, hg. v. H. Fenske, 1998. - Staat und Kirche: Bastgbn; Hacker; A. Kraus, Lud­ wig I. u. d. bayer. Prälaten. Prinzipien u. Realität bei d. Ernennung von Bischöfen u. Dom­ pröpsten in Bayern 1815-1848 (Annuarium Historiae Conciliorum) 1997, 857-873.

Der Wiener Kongreß hatte Großes geleistet, er hatte der europäischen Staaten­ welt eine neue Ordnung gegeben und lange Jahrzehnte des Friedens geschenkt, aber er hatte die Revolution doch nur äußerlich überwunden. Die Sprengkraft des Nationalismus hatte man nicht einmal gesehen, die drängenden Forderun­ gen des selbstbewußt gewordenen Bürgertums nach Mitbestimmung über das eigene Schicksal hatten die Fürsten ignoriert, die Probleme, die mit der begin-

§ 6. Erziehung - Herrschaftsverständnis — Regierungssystem (A. Kraus)

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nenden Industrialisierung heraufkamen, fielen noch kaum ins Auge. Jene deut­ schen Staaten, die durch die Säkularisation der geistlichen Fürstentümer, durch die Mediatisierung der Reichsstädte, der Reichsritter und der kleineren Reichs­ fürsten, insgesamt durch die Arrondierungspolitik der Jahre des Zerfalls der Reichsgewalt ihren Umfang besonders stark ausgedehnt hatten, Preußen, Würt­ temberg, Baden und Bayern vor allem, hatten darüber hinaus noch zusätzliche Schwierigkeiten. Es galt, die neugewonnenen Gebiete in den Gesamtstaat zu integrieren. Dabei wog am schwersten, schwerer als die verschiedenartige staat­ liche oder wirtschaftliche Entwicklungsstufe, die man jeweils antraf, der kon­ fessionelle Gegensatz. Auch in Bayern waren 1825, als der neue König die Herrschaft übernahm, erst Grundlagen gelegt, noch waren Franken, Schwaben und die Pfalz mit dem alten Bayern nicht wirklich zusammengewachsen; das zu ändern war die eine Hauptaufgabe, die Ludwig I. gestellt war. Nicht weniger schwer wog die zwei­ te. Zwar stand Bayern dank der Verfassung von 1818 im Deutschen Bund in der ersten Reihe jener Staaten, welche die Zeichen der Zeit erkannt hatten, doch eben die Verfassung verschärfte noch den Antagonismus zwischen büro­ kratischem Staat und dem Verlangen der Bürger nach Selbstbestimmung, solan­ ge kein Gleichgewicht der Kräfte erreicht war. Die Frage war, würde das der neue Herrscher erkennen und als natürliche Folge der Freigabe der Diskussion akzeptieren. Und ohne Widerstand fugte sich auch der protestantische Teil Nordbayems nicht der Herrschaft des katholischen Summepiskopus, so wenig neu ein solches Verhältnis etwa für die Pfälzer eigentlich war. Bayern trat in jedem dieser Belange in keiner Weise aus der Reihe der Mäch­ te des Deutschen Bundes heraus, von einer Sonderrolle kann nicht die Rede sein. Daß die bayerische Entwicklung jedoch in mancher Hinsicht beispielhaft wurde, hing weniger mit seiner Bedeutung als größtem Mittelstaat zusammen als mit der Persönlichkeit des neuen Königs. Kraft und Wille Ludwigs I. haben die Epoche bis 1848, den sog. Vormärz, für Bayern in solchem Maß geprägt, daß er auch in jeder Hinsicht zu den herausragenden Fürstengestalten seiner Epoche zu zählen ist.

§ 6. ERZIEHUNG - HERRSCHAFTSVERSTÄNDNIS REGIERUNGSSYSTEM

a) Jugend und Erziehung Am 25. August 1786 wurde Ludwig in Straßburg geboren. Sein Vater war da­ mals Oberst des Regiments D’Alsace, sein Taufpate war Ludwig XVI.; Ludwig der Heilige, König von Frankreich, war sein Namenspatron. Seine Mutter, Au­ guste Wilhelmine von Hessen-Darmstadt, starb zehn Jahre nach seiner Geburt. Seine Erziehung lag weitgehend in den Händen des Hofmeisters J.F.A. von

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Kirschbaum, ehemals Lehrer an der Kriegsschule zu Vendôme, der aber das Herz seines Schülers nicht zu gewinnen vermochte, und des ehemaligen Pfar­ rers zu Herrnsheim, Joseph Anton Sambuga,' eines Vertreters der gemäßigten ka­ tholischen Aufklärung, der konfessionelle Toleranz predigte und eine Religion der Güte und Milde lehrte. Gleichzeitig war er aber auch ein vorbehaltloser Anhänger der Lehre vom monarchischen Gottesgnadentum und erzog den Prinzen nicht nur zu strengem Pflichtgefühl, sondern forderte auch jenes über­ steigerte Sendungsbewußtsein, das wohl am meisten zu den Schwierigkeiten mit Landtag und Ministern beigetragen hat, die Ludwigs ganze Regierungszeit durchziehen. Aber auch der lebendige historische Sinn des Königs ist größten­ teils eine Frucht dieser Erziehung. Auffallend ist auch die Sprachbegabung Ludwigs. Neben Französisch, das er fließend sprach, lernte er auch Italienisch und Spanisch, selbstverständlich Latein; noch im Alter griff er immer wieder zur Lektüre der Klassiker. Besonders nachhaltiger Einfluß ging von den Lehrern seiner Universitätsjahre aus. Der Aufenthalt in Landshut im Sommersemester 1803 und in Göttingen von Oktober 1803 bis Juni 1804 war nicht für eine wissenschaftliche Ausbil­ dung bestimmt, sondern sollte ihm nur Einblicke in verschiedene Studiengänge vermitteln. In Landshut hörte er die Juristen C. von Savigny, N.Th. Gönner und A. Feuerbach. Entscheidend war aber vor allem die Begegnung mit J.M. Sailer, dessen Predigten er hörte und der ihm ein ganzes Semester hindurch ein Privatissimum über «Die Moral des Regenten in christlichen Maximen» vor­ trug.12 Sailer blieb für Ludwig bis zu seinem Tod ein wichtiger Ratgeber. Die Auffassung von der Notwendigkeit «gegenseitiger Durchdringung von Staat und Religion» (Gollwitzer), die ihm schon Sambuga vermittelt hatte, gewann durch Sailer an Tiefe; auch Sailer bestärkte Ludwig in seiner entschiedenen Überzeugung, Werkzeug der Vorsehung zu sein.3 In Göttingen dagegen, wo Ludwig A.L. Schlözer, den großen Publizisten und Historiker, hörte, wurde er mit Vorstellungen gänzlich anderer Art bekannt; Schlözer lehnte das Gottes­ gnadentum ab und trat für eine freiheitliche Verfassung wie in England ein/ Diesen ersten Bildungsabschnitt vervollständigte 1804/05 eine Reise nach Italien, die ihn über Venedig und Rom nach Neapel führte und, in Begegnungen mit 1 Spindler, Sambuga; G. Schwaiger, Briefe J. A. Sambugas an Μ. Wittmann (1819-1824) (FG Spindler III) 399-436; W. Winkler, Die Mutter Ludwigs I. nach ungedr. Briefen (Der Wächter 7) 1924, 52153$; Aktenstücke z. Jugendgesch. d. späteren Kgs. Ludwig I. von Bayern, hg. v. A. Chroust (ZBLG 5) 1932, 446-455; doku­ mentarische Zeugnisse: Vorwärts, vorwärts 38-43· 2 Spindler 90f.; G. Immler, J.M. Sailers Staatsphilosophie. Ein Beitr. zu d. Bezie­ hungen zw. Sailer u. Kg. Ludwig I. (ZBLG

49) 1986, 399-419; wieder in: Von Aresing bis Regensburg. FS zum 250. Geburtstag von Johann Michael Sailer, hg. v. K. Baumgart­ ner u. P. Scheuchenpflug (BGBR 35) 2001, 131-151; G. Schwaigbr, Die persönl. Reli­ giosität Kg. Ludwigs I. (ZBLG 49) 1986, 388 fr. 3 Ebd. 389^; s. auch Spindler 106 Anm.5. 4 H. Thiersch, Ludwig I. v. Bayern u. die Georgia-Augusta, 1927, 15-20, 27-32; Gla­ ser, Wittelsbach (vor $ 6) 63 fr.; Ders., «Dies merkwürdige» (vor § 6) 133 (Lit.).

§ 6. Erziehung — Herrschaftsverständnis — Regierungssystem (A. Kraus)

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Canova, Thorwaldsen und Angelika Kauffmann, das erste Erlebnis großer europäischer Kunst brachte und Ludwig ein für allemal der Welt des Schönen zuführte.5 Was in seiner unmittelbaren Wirkung überhaupt nicht erfaßbar ist, ist die ausgedehnte Lektüre dieser Jahre, die sein Tagebuch ausweist, vor allem Geschichtsschreiber der Gegenwart und die großen klassischen Dichter von der Antike bis zu Schiller und Goethe.6 b) Militärisch-administrative Aufgaben — Auseinandersetzung mit Napoleon

Das Bündnis Bayerns 1805 mit Napoleon war für ihn, der seit dem Verlust sei­ ner pfälzischen Heimat im Verlauf der Revolutionskriege das revolutionäre Frankreich glühend haßte, ein schwerer Schock. Trotzdem fanden es sein Vater und Montgelas für notwendig, daß der Kronprinz einer Einladung an den Hof Napoleons folgte. Von Februar bis September 1806 weilte er in Paris, sein Tage­ buch7 ist Zeugnis für die spannungsreiche innere Auseinandersetzung mit dem Korsen, den er haßte und gleichzeitig bewunderte; die grandiose Bautätigkeit Napoleons war für den späteren König Herausforderung und Ansporn. Das äu­ ßere Verhältnis Ludwigs zu Napoleon war bestimmt von den politischen Not­ wendigkeiten; der Kronprinz, für den eine militärische Laufbahn selbstver­ ständlich war, machte 1807 als Generalleutnant den Feldzug nach Polen mit, 1809 die Schlacht bei Abensberg, gleichzeitig faßte er 1807, angeregt von Jo­ hannes von Müller, dem Geschichtsschreiber der Schweiz, in Berlin den Plan zur Errichtung der Walhalla8 und brachte im Vorfeld des Krieges von ,1809 im Beisein des österreichischen Gesandten zu München ein Pereat auf Napoleon aus. Im November 1809, nach der Teilnahme an der letzten Schlacht am Berg Isel, beendete er seine militärische Laufbahn und kehrte nach München zu­ rück, am 12. Oktober 1810 schloß er, nachdem Bemühungen um Katharina von Rußland (1807) und Marie-Louise von Österreich (1809) an Napoleon ge­ scheitert waren, die Ehe mit Therese von Sachsen-Hildburghausen, einer Nichte der Königin Luise von Preußen, und übernahm am 14. Oktober 1814 als Generalgouvemeur des Inn- und Salzachkreises mit Residenz in Innsbruck und Salzburg seine erste große administrative Aufgabe, die ihm besonders wertvolle Erfahrungen in der Finanzverwaltung brachte. In Tirol, wo er schon im Krieg von 1809 stets für milde Behandlung der Aufständischen eingetreten war und

5 Ebd. 134fr.; vor allem Spindler 103 fr.; Gollwitzer, Ludwig I. 99 fr., 113 f.; E.J. Greipl, Ludwig I. v. Bayern u. Italien (ZBLG 50) 1987, 571-590. 6 Gollwitzer, Ludwig I. 104fr., 109fr. 7 Spindler, Kronprinz Ludwig (vor J 6); ohne die Aufzeichnungen Den., Aufsätze, 212-251; Spindler 93-97; Gollwitzer, Ludwig I. 122-147; Glaser, Wittelsbach (vor § 6) 58; Ders., «Dies merkwürdige»

(vor § 6) 137; zum Phänomen im allgemei­ nen: W.K. Blessing, Umbruchkrise u. «Verstörung». Die «Napoleonische» Erschüt­ terung u. ihre sozialpolit. Bedeutung (ZBLG 42) 1979, 75-106; A. Erb, «Vergangenheit wird Gegenwart». Studien zum Geschichts­ bild Ludwigs I. von Bayern (Mannheimer Histor. Forschungen 16) 1999, 159fr.; Dirrigl 779 fr. 8 Dazu § 7 a (Lit.).

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A. II. Die Regierungszeit Ludwigs I. (1825-1848)

mit dem französischen Oberkommandierenden Marschall Lefebvre schwere Zusammenstöße nicht gescheut hatte, genoß er in der Bevölkerung Sym­ pathien, doch rechnete er nie mit einer bayerischen Herrschaft von Dauer,9 den Verlust Salzburgs, seiner Lieblingsresidenz, verschmerzte er aber nie.10* Den Abschluß seiner Reifezeit (Spindler) bildete die Italienreise von 1817/18," die ihn mit der persönlichen Entdeckung der Kunst des Mittelalters, vor allem in der Begegnung mit der Cappella Palatina zu Palermo und der Kunst der Na­ zarener in Rom, empfänglich machte für den Stimmungsgehalt der Romantik. Im Grunde blieb er auch jetzt in der Mitte der damals rivalisierenden Strömun­ gen,12 und wie ernst es ihm mit seinem Bekenntnis in Rom zur politischen Zeichenhaftigkeit war, die man damals mit dem Tragen der sog. altdeutschen Tracht verband als «Zeichen vaterländischer und republikanischer Gesin­ nung»,13*muß wohl offenbleiben. In Deutschland, auch in Bayern, war sie ver­ boten; sicherlich setzte sich Ludwig damit in Gegensatz zu seinem Vater, des­ sen franzosenfreundliche Politik und dessen antikirchliche Reformen er hart verurteilte,'4 aber mehr als eine «liberale Demonstration» (Gollwitzer) darf man darin sicher nicht sehen, republikanische Gesinnung lag ihm absolut fern. Die nationale Gesinnung Ludwigs stand jedoch außer Frage, sie fand ihren lebendigsten Ausdruck in Gedichten der Zeit und im Drama «Teutschlands Errettung», das zur Zeit des Wiener Kongresses entstand und in dem er den Kampf um Deutschlands Befreiung von Napoleon dichterisch verklärte, im Zentrum mit dem Freiherm vom Stein.'5 Das hinderte ihn jedoch nicht, in ei­ ner Denkschrift dieser Zeit den Plänen des Freiherrn zur Wiederherstellung der alten Kaiserherrlichkeit mit einem eigenen, sehr realistischen und klaren politi­ schen Entwurf zu widersprechen, der entschieden von der zu Ried garantierten

9 Gollwitzer, Ludwig I. 143 f., 149; vgl. auch J. Fontana (Hg.), Gesch. d. Landes Ti­ rol II, 1986, 54of.; J. Riedmann, Gesch. Ti­ rols, 1983, i77f. 10 F. Zaisberger, Stadt u. Land Salzburg im Leben von Kg. Ludwig I. (ZBLG 49) 1986, $09-337; St. Miedaner, Salzburg un­ ter bayer. Herrschaft 1810 bis 1816 (MGSLK 125) 1985, 9-305; Dopsch-Spatzenegger II/2, 1988, 611-619, 650-660. " Spindler 104; Gollwitzer, Ludwig I. 114 fr.; zum romantisch-ästhetischen Histo­ rismus Ludwigs s. ebd. 340, 344, 360, 363 ff., 381; Glaser, «Dies merkwürdige» (vor § 6) 134. S. Anm. 5. 12 Gollwitzbr, Ludwig I. 117, 159. S. auch § 7 a. 13 Spindler 10$; Gollwitzer, Ludwig I. 231; B. Deneke, Kronprinz Ludwig u. d. altdeutsche Rock (Vorwärts, vorwärts II) 153-169; G. Bott, Kronprinz Ludwig in alt­ deutscher Tracht in Rom (ebd.) 175-184,

Zitat 176; W. Schmitz, Der Deutscheste der Deutschen [...] Ludwig I. u. d. nationale Bewegung (ebd.) 125-152. S. auch Corti 669 u.ö. 14 Zum Generationsproblem u. zur «Kron­ prinzenpartei» s. Gollwitzer, Ludwig I. 187, 196-200. 15 Teutschlands Errettung. Schauspiel in gebundener Rede mit Chören in fünf Auf­ zügen von Ludwig Bayerns Kronprinzen 1820, aus d. Handschrift übertragen u. bearb. v. U. Huber (Vorwärts, vorwärts III) 135-295. Einführung v. U. Huber (ebd. 9-24), Nachwort v. W. Schmitz (ebd. 433-442). Vgl. dazu A. Kraus, Der «libe­ rale» Kronprinz. Ein vergessenes Zeugnis zum Selbstverständnis Kg. Ludwigs I. (ZBLG 58) 1995, 39-79. Dokumentation; Vorwärts, vorwärts I 44—62; A. Erb, Der mythische Zeitgenosse. Napoleons Fortleben im Geschichtsbild Ludwigs I. von Bayern (ZBLG 63) 2000, 541-575. S. Anm. 7.

$ 6. Erziehung — Herrschaftsverständnis - Regierungssystem (A. Kraus)

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Souveränität Bayerns ausging.16 Wohl forderte er die Rückgewinnung des El­ saß, aber der Wunsch nach Wiedererlangung der Pfalz für sein Haus und nach der endgültigen Einverleibung Salzburgs war ebenfalls kein Ausdruck politi­ scher Romantik mehr. Wie sehr man in München mit dem Realpolitiker Ludwig rechnen mußte, zeigt sein Anteil am Sturz des allmächtigen Ministers Montgelas im Zusam­ menwirken mit Feldmarschall Wrede und den Münchner Spitzenbeamten; die einleitenden Intrigen gehören schon in die Monate des Aufenthalts zu Wien 1814/15, Ludwig schaltete wiederholt sogar Kaiser Franz I. ein.17 Allerdings blieb der Kronprinz von den eigentlichen Staatsgeschäften weiterhin ausge­ schaltet,18 auch wenn er immer wieder versuchte, seine Auffassung in Denk­ schriften zur Geltung zu bringen. Seit 1812 wurde ihm allerdings größerer Ein­ fluß auf das Bauwesen eingeräumt, und als Statthalter in Würzburg seit 1816 sammelte er reiche Verwaltungserfahrung. Größeren Einfluß erlangte er jedoch nur in der kirchlichen Personalpolitik;19 vor allem die Ernennung Sailers zum Koadjutor in Regensburg war dem Kronprinzen zu danken. Die Folgen der Säkularisation, woran ihm sehr am Herzen lag, vermochte er jedoch vor 1825 nicht zu mildern, den Widerspruch zwischen Konkordat und Religionsedikt, den er aufs heftigste kritisierte, vermochte er nicht hintanzuhalten. Außerordentlich machte er sich aber in Bayern verdient durch sein Eintreten für die Verfassung von i8i82° und ihre energische Verteidigung noch 1819. Be­ reits im ersten Stadium der Beratungen wurde er beigezogen, seine Denkschrift vom 9. März 1815 empfiehlt erstaunlich weitgehende Zugeständnisse. Der Kronprinz trat dabei, wie Spindler feststellt, nicht auf «als Anwalt der Krone, sondern des Volkes und der ihm zu gewährenden Rechte und Freiheiten». Lud­ wig galt seither für viele seiner Zeitgenossen, vor allem für Metternich, aber auch für seinen Vater, als «liberal». Dieses Urteil scheint eine Szene in Ludwigs Drama «Teutschlands Errettung» zu bestätigen, in welcher er den Freiherm vom Stein Metternich mit entschiedenen freiheitlichen Vorstellungen für die staatliche Erneuerung Deutschlands gegenübertreten läßt, doch gerade diese Szene zeigt bei genauerer Analyse, wie völlig verschieden, was schon Spindler andeutet,21 die geistigen Grundlagen des politischen Freiheitsverständnisses Ludwigs und der Liberalen waren.22 Anregungen, die ihm von Schiller, den er

16 Gollwitzer, Ludwig I. 171 ff. 17 Ebd. 201-211; K. O. v. Aretin, Bayern vom Rheinbund zum Deutschen Bund. Kronprinz Ludwig u. d. Politik der Jahre 1810-1820 (Vorwärts, vorwärts II) 111-124. S.o. § 3 t. 18 Gollwitzer, Ludwig I. 229-242. ” Ebd. 240 ff. 20 S.o. § jd. Dazu auch Spindler ioo; Gollwitzer, Ludwig I. 222-228; Weis (vor § 6) 22ff.; Dobmann I77f. Druck d. Denk­

schrift: H.-M. Körner, «Bemerkungen über d. Entwurf d. Verfassung für Baiem». Das Verfässungsgutachten d. Kronprinzen Lud­ wig v. Bayern v. 9. März 1815 (ZBLG 49) 1986, 421-448. S. auch Anm. 25. 21 Spindler 138: «Über Ausmaß und Tiefe des Gegensatzes scheint sich Ludwig nicht von Anfang an völlig klar gewesen zu sein ...». 22 Ebd.; H. Gollwitzer, Fürst u. Volk. Betrachtungen z. Selbstbehauptung d. bayer.

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außerordentlich verehrte, zugeflossen waren, von Johannes von Müller, von Adam Müller, dessen Staatslehre als Hauptwerk der politischen Romantik gilt, nicht zuletzt vom Freiherrn vom Stein, dem er sich geistesverwandt fühlte, verwob er zu einem Gedankengebäude, das man, oberflächlich gesehen, durch­ aus als Übereinstimmung mit vielen liberalen Grundsätzen deuten kann. In den wichtigsten Elementen zeigt sich aber bei Ludwig ein fundamentaler Gegen­ satz. Er betrifft das Festhalten am Gottesgnadentum, die Ablehnung jedes An­ spruchs auf Gewaltenteilung, das Fehlen jeder naturrechtlichen Begründung für die Gewährung von Freiheitsrechten an das Volk. Statt dessen wird ausschließ­ lich die pädagogische Funktion der Verfassung betont, vor allem im Hinblick auf die Bedeutung von Liebe und Einsicht der Staatsbürger als Garantie der Fe­ stigkeit des Staates. Ludwig ging es um «gesetzliche Freiheit» als Damm gegen den Umsturz,23 um unvermeidliche Zugeständnisse an den Zeitgeist. Sein Freiheitsbegriff ist literarisch-ästhetisch,24 nicht philosophisch-doktrinär. Er hat Schiller gelesen, aber keinesfalls ganz rezipiert. Die ausgesprochene Subjek­ tivität in der Begründung seines Freiheitsbegriffs, die starken Berührungen mit dem Gedankengut der Romantiker Adam Müller und Görres rücken Ludwigs Auffassung in die Gedanken- und Gefühlswelt der Romantik, doch liegt der Verdacht auch nahe, daß romantische wie liberale Elemente nicht die existen­ tielle Begründung darstellen, sondern nur Literatur sind. Romantisch scheint allerdings, wenn man die künftige Haltung Ludwigs im Auge hat, die umfas­ sende Wandlungsfähigkeit, die man auch bei seinen romantischen Gewährs­ leuten feststellen kann. Aber weit stärker ausgeprägt ist in seiner Grundhaltung doch die unveränderliche Konstante: das unbeirrbare Festhalten an Königsrecht und Königspflicht, die unerschütterliche Treue zur überkommenen Religion.

c) Verfassungsverständnis und Regierungsweise des Königs 1. Das Verfassungsverständnis Ludwigs I. Als Kronprinz hatte Ludwig unter den Freiheitsrechten, die er 1815 für die Volksvertretung gefordert hatte, so schwerwiegende Komplexe wie Pressefreiheit, Gesetzesinitiative, Petitionsrecht bei Verfassungsverletzungen, das Recht zur Ministeranklage und uneinge­ schränktes Steuerbewilligungsrecht angesprochen, und er war bestimmt und entschieden, nicht im Sinne der Bewegungspartei, sondern im Geist der politi-

Herrscherhauses im 19. u. 20. Jh. (ZBLG 50) 1987, 723-747; Kraus (Anm. 15). 23 Spindler ioo Anm. 4; zum Begriff «ge­ setzliche Freiheit» bei Kant s. u. a. G. de Ruggiero, Storia del liberalismo europeo, Bari 1925, 237; C. Antoni, Der Kampf wi­ der die Vernunft. Zur Entstehungsgesch. d. dt. Freiheitsgedankens, 1951, 293 f., 316 (= La lotta contro la ragione, Rom 1942). Im wesentlichen ist gemeint: Freiheit, einge­

schränkt durch das Gesetz. Dazu auch Kraus (Anm. 1$) 48. 14 In seinem Vermächtnis an seinen Bru­ der Carl, geschrieben 1807 vor der Schlacht bei Pultusk, liest man: «Freiheit ist eine schöne Sache ...» (Corti 85). Vgl. auch ei­ nen Tagebucheintrag Ludwigs, wo er sagt: «Jedem das schöne Recht, zu sagen und zu schreiben, was er denkt ...» (zit. Weis 23, vor § 6). S. auch Kraus (Anm. 15) 77fr.

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sehen Romantik eines Adam Müller, für lebendige Fortbildung der Verfassung eingetreten.25 Die 1818 in Kraft getretene Verfassung war ihm nicht freiheitlich genug,26 und in seiner Thronrede von 1827 sprach er das berühmte Wort «Nicht von Mängeln frei ist unsere Verfassung».27 Bestärkt in seiner freiheit­ lichen Einstellung wurde der König auch durch seinen geistlichen Mentor Sai­ ler28 und das Sendschreiben des Publizisten Joseph Görres, das dieser 1825 an den jungen König richtete.29 Diese dynamische Auffassung, die der zweite bayerische König zunächst vom Wesen einer Verfassung besaß, überdauerte aber nur mit Mühe die ersten Stürme des Landtags 1827/28, im Verlauf der europäischen Verfassungskrise des Jahres 1830 wich sie einer streng formalisti­ schen, mit penibler juristischer Interpretation vom strikten Wortlaut ausgehen­ den Behandlung der Verfassungsurkunde, die bisweilen geradezu den Eindruck eigentlicher Verfassungsfeindlichkeit hervorrief, zumal sie von entsprechenden Äußerungen begleitet war.30 In Wirklichkeit war auch nach 1831 seine Haltung noch nicht ein für allemal festgelegt, wie ein Gedicht aus dieser Zeit beweist.31 Dann wieder riet er 1835 seinem Sohn Otto, dem König von Griechenland, von einer Verfassung überhaupt abzusehen,32 und im Mai 1843 wollte er sogar die geplante Feier zum Verfassungsjubiläum im Landtag verbieten.33

25 Körner (Anm. 20) 425, 447: «Das ver­ mögen Menschen nicht, etwas für immer anzuordnen.» Zum Einfluß der Gedanken­ welt Adam Müllers auf den Kronprinzen s. Kraus (Anm. 15) 64-67. Über die zunächst durchaus fließenden Grenzen zwischen Frühliberalismus u. politischer Romantik s. u. a. E.-W· Böckenförde, Die Einheit von nationaler u. konstitutioneller polit. Bewe­ gung im dt. Frühliberalismus (Moderne dt. Verfassungsgesch. [1815-1918], hg. v. E.-W. Böckenförde) i9812, 27-39. 26 Körner (Anm. 20) 422. 27 Thronreden u. Adressen (vor § 6), zit. Spindler 138. Vgl. auch Gollwitzbr, Lud­ wig I. 378f. 28 Das Ideal einer christlichen Staatsord­ nung war nach Sailer wie für Kant (Anm. 23) «Freiheit, gemäßigt durch die Autorität der Gesetze» (zit. Immler 405, s. Anm. 2). 29 J. Görres, Der Kurfürst Maximilian d. Erste an d. Kg. Ludwig v. Baiern bei seiner Thronbesteigung (Joseph Görres, Ges. Schriften 14, hg. v. H. Raab) 1987, 102116; vgl. dazu H. Raab, Joseph Görres, 1978, 64 f.; H. Gollwitzbr, Vom Funk­ tionswandel polit. Traditionen. Zum Bild Kurfürst Maximilians I. u. Tillys in d. bayer. Überlieferung (FG Spindler II) 63 fr.; Kraus (Anm. 15) 68-72.

30 Wrede mußte 1832 einen Tadel des Königs hinnehmen, weil er die Verbesserungsfahigkeit der Verfassung angesprochen hatte (Signate [vor § 6] 1832 n. 102, 280, zit. bei W. Ziegler, Ludwig I. u. Behr [W. J. Behr. Dokumentation zu Leben u. Werk ei­ nes Würzb. Demokraten, hg. v. U. Wagner, 1985, 101]). Weitere Zeugnisse bei Spindler 173 Anm. 1, 178, 187 Anm. 9, 204 Anm. 5. 31 Gedichte (vor § 6) II, 18193, 191 f: «Herrlich! Über freyes Volk zu walten, / Nicht nach Willkühr gränzenlos zu schalten, / Sondern in den Schranken, die bestehn» (zit. Spindler 106 Anm. 1). 32 Zit. Gollwitzer, Ludwig I. 483: «Nicht zu reiflich überdacht kann die Ein­ führung einer Verfassung werden. Es ist die Höhle des Löwen, aus der keine Fußstapfen gehen; sie hat Folgen, die man gar nicht voraussieht. Oh, möchten doch die trauri­ gen, auch hierin gemachten Erfahrungen Bayerns Hellas zum Nutzen gereichen, in­ dem es die Fehler vermeidet, die begangen wurden» (s. auch Spindler 173 Anm. 1, 178). 33 Gollwitzer, Abel 3o6f. Mit Mühe ge­ lang es Abel, das zu verhindern; an der Feier nahm Ludwig I. jedoch nicht teil.

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An der einmal beschworenen Verfassung selbst hielt er allerdings trotz aller Bedenken unverbrüchlich fest, nicht zuletzt aus religiösen Gründen,34 aber mit Überzeugung stand er längst nicht mehr hinter jenem Hulderweis, den das Königtum, seinem monarchischen Selbstverständnis nach, einst den Untertanen gewährt hatte — ohne die geringste Anerkennung eines rechtlichen Anspruchs. Im Grunde war sein Verfassungsverständnis auch vor 1818 keineswegs eindeu­ tig. In seinem Drama «Teutschlands Errettung» läßt er den Freiherrn vom Stein, der sich Metternich gegenüber energisch für eine freiheitliche Verfas­ sung einsetzt, einräumen, daß Stände nicht unbedingt erforderlich seien, sofern der Herrscher nur das Gute wolle; notwendig seien sie nur, um den Fürsten zu hindern, Böses zu tun.35 Dieses höchst subjektive Verfassungsverständnis, das sich in positiver oder negativer Stellungnahme ständig an der zustimmenden oder oppositionellen Haltung der Kammern orientierte, fand seine Rechtferti­ gung in dem unerschütterlichen Sendungsbewußtsein Ludwigs, das ihn bis in die Krise von 1847/48 hinein nie verließ. Er war sich des göttlichen Auftrags an den Monarchen sicher, bestärkt darin schon von seinen Erziehern Sambuga und Sailer36 und von Joseph Hormayr,37 den er für den bedeutendsten katholi­ schen Historiker seiner Zeit hielt; sogar der zeitweilige Sprecher der liberalen Gruppe im Landtag, Ignaz von Rudhart, stimmte einer solchen Auffassung zu.38 Ludwig I. berief sich allerdings in seinen öffentlichen Äußerungen nur auf das Monarchische Prinzip, auf welchem die gesamte Verfassung beruhte, doch sei­ ne strikte Ablehnung des Prinzips der Gewaltenteilung39 verkannte die Realität; die praktische Teilung der Gewalten war durch Verzicht des Königs auf die Verfügung über die ganze Fülle der staatlichen Gewalt längst vollzogen. Mit seinem Widerstand vertiefte Ludwig I. nur die Gegensätze, ohne mehr zu be­ wirken als eine Verzögerung der Entwicklung. Er verkannte die Realität auch in seiner Ablehnung der Funktion des Königs als Organ des Staates,40 in seiner anachronistischen Behauptung der unmittelbaren Verbindung von Volk und Dynastie, in seinem Festhalten am «patriarchalischen Königtum».41 Es scheint 34 Ebd. 157, 186; Ders., Ludwig I. 256. 35 Vorwärts, vorwärts III 232 v. 82-85. 36 S. Anm. i u. 2. 37 S. Krauss, Joseph v. Hormayr. Sein Geschichtsdenken u. sein Einfluß auf Lud­ wig I. (Vorwärts, vorwärts II) 87. 38 Rudhart II 324, zit. Gollwitzer, Abel 51: «Nach dem Monarchischen Prinzip aber ist seine Würde ebenso eine Gewalt als eine Pflicht, von keinem Menschen geliehen, der König, die Majestät, heilig und unverletzlich (Tit. III § 1), sein einziger Richter — nach Gott - die Geschichte.» Zum Gottesgnadentum bei Ludwig I. s. auch Gollwitzer, Ludwig I. 398. 39 Ludwig I. an Wrede 1837 IX 20: «Es gibt nur eine, nämlich die Königliche Ge­

walt im Staate, welche in den beyden Kam­ mern nicht etwa zwey besondere Gewalten neben sich, sondern zwey beratende und nach Umständen zustimmende und bewil­ ligende Reichsorgane hat» (zit. bei Spindler 108 Anm. 1, nach Ostadal iii). S. auch Gollwitzer, Ludwig I. 385; Ders., Abel 45-51 (Lit.); Finken 193; Treml 274-281. Zum Monarchischen Prinzip s. auch § 5 d. 40 Spindler 178; s. auch Dirrigl 1047; Gollwitzer, Ludwig I. 345 f, 391; Ders., Abel 50; Μ. Spindler, Ludwig I. als Regent (Vorwärts, vorwärts II) 33. S. auch K. Möckl, Ludwig I. u. d. Staat (ZBLG 58) 1995. 95-9941 Spindler 108 Anm. 2. S. auch «Teutschlands Errettung» (Vorwärts, vor-

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nicht, als hätte Ludwig I. zu irgendeiner Zeit tiefergehende theoretische Über­ legungen über die Grundlagen des Königtums angestellt; was er an Grund­ sätzen aufgrifF, diente ausschließlich dazu, seine Leidenschaft zu herrschen zu rechtfertigen. Er war «zum Herrscher geboren» (Spindler). 2. Die Regierungsweise des Königs. Als «Selbstherrscher», als den er sich auch be­ zeichnete/2 konnte er sich unmöglich mit der sich mehr und mehr verfestigen­ den konstitutionellen Theorie abfinden, deren Grundgesetz bekanntlich laute­ te: «Le roi règne et ne gouverne pas.» Das Werkzeug für den Selbstherrscher war das königliche Kabinett.43 Nach dem Willen Ludwigs I. sollte sich die Ein­ heit der Regierung ausschließlich in der Person des Königs manifestieren; sollte diese Absicht auch realisiert werden, bedurfte der König eines brauchbaren Werkzeugs, mit dem er, da es einen die Gesamttätigkeit der Ministerien koor­ dinierenden Minister nicht gab, diese Aufgabe selbst zu meistern in der Lage war. Es ist erstaunlich, mit wie wenig Personal Ludwig I. dabei auskam; das war nur möglich, weil er selbst über außerordentliche Arbeitskraft verfugte. Das königliche Kabinett bestand aus zwei Sekretären, bürgerlichen Juristen, die rangmäßig den Generalsekretären der Ministerien gleichgestellt waren. Ihnen standen zwei Schreiber zur Verfügung. Einer der Sekretäre — das war die ganze Regierungszeit Ludwigs hindurch J.H. von Kreutzer44 - war für die Privat­ angelegenheiten des Königs zuständig, das zweite Büro hatte die Staatsgeschäfte zu bearbeiten. Der bedeutendste Leiter dieses Büros war Bernhard Grandaur (1828-1838, seit 1831 Staatsrat).45 Er war der Nachfolger Joseph Martins (18251828), ihm folgte 1838 Max von Schilcher. Dieses Instrument der königlichen Willensbildung, das als Zwischeninstanz zwischen der Krone und den Mini­ stern fungierte, leitete königliche Handschreiben an die Minister und gab die «allerunterthänigsten Anträge» der Ministerien an den König weiter. Die Entscheidungen des Königs auf solche Anträge erfolgten durch Signate, Rand­ entschließungen, die der König in der Regel eigenhändig verfaßte und unter­ schrieb. Die Ministerien wieder hatten diese königlichen Befehle zu vollzie­ hen. Diese Weise der königlichen Selbstregierung aus dem Kabinett hatte ihre Vorzü­ ge, aber auch viele Schwächen. Angesichts der wachsenden Staatsaufgaben war

wärts III) 234 v. 137-144; dazu Kraus (Anm. 15) 61 f. 42 Spindler 108. Zur Rolle des Königs be­ tont Ludwig I. einmal ausdrücklich: «In Bayern herrscht und regiert der König» (zit. ebd. Anm. 1). S. auch ebd. 177; Ders., Das Kabinett unter Ludwig I. (Spindler, Auf­ sätze) 258; Gollwitzer, Ludwig I. 391 ff.; Ders., Abel 295; Dickopf (vor § 6) 186, 189. 43 Spindler, Kabinett (Anm. 42) 252-263; Ders. 176 f., 179; Ders., Regent (Anm. 40)

3of.; Gollwitzer, Ludwig I. 370, 391; Fin­ 168 ff. 44 U. Huber, J. H. J. v. Kreutzer. Kabi­ nettssekretär Ludwigs I. von 1810 bis 1848 (Vorwärts, vorwärts II) 71-84. 45 Μ. Spindler, Bernhard Grandaur, Ka­ binettssekretär u. Staatsrat unter Ludwig I. (Spindler, Aufsätze) 264-279; Gollwitzer, Ludwig I. 372f., 394. ken

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es einem einzelnen nicht mehr möglich, auf allen Gebieten gleich gründlich informiert zu sein; im Grunde stand auch Ludwig I. der Bürokratie «unver­ meidlich als Dilettant gegenüber»/6 die Selbstherrschaft war sicher nicht mehr zeitgemäß. Sie stieß auch bereits nach sechs Jahren im Landtag auf erbitterten Widerstand, dem sich auch die wichtigsten Minister Ludwigs I. anschlossen,44 *47 welche Entscheidungen verantworten mußten, die sie selbst nicht getroffen hatten. Gerade das Zustandekommen eines Gesamtministeriums, das sie, ent­ sprechend der Konstitution von 1808, forderten, ausgestattet mit politischer Entscheidungsbefugnis, wollte der König durch die Kabinettsregierung verhin­ dern, er gab also nicht nach. Auch die Finanzierung aus Staatsgeldem, an der Anstoß genommen wurde, behielt er bei, allerdings nicht mehr unter einem ei­ genen Titel, sondern über den Etat der Ministerien. Seine Art der Regierung aus dem Kabinett wurde also dadurch nur verschleiert. Die Opposition seiner Minister 1831 beantwortete Ludwig I. mit ihrer Ent­ lassung, die neuen Minister erfuhren durch eine eigenhändige Denkschrift des Königs,4’ wie dieser über die Stellung der Minister dachte. Er äußerte sich darin u.a.: «Ein bayerischer Minister soll nicht streben, das sein zu wollen, was ein französischer oder englischer ist, wie denn auch Bayern eine andere Verfassung hat, und Bayerns König wird sich nie zu der Rolle bequemen, welche deren Könige haben. In den Schranken der Verfassung wird sich Bayerns König hal­ ten, aber keine anderen von seinen Ministern sich ziehen, sich nicht den Ge­ schäftsgang von ihnen vorschreiben lassen. Mühevoll ist es, König zu sein, nicht mehr sollen dies die Minister erschweren, nicht wenn der König etwas entschieden hat, wieder darauf zurückkommen, sei es unmittelbar oder mittel­ bar, und gar Partei gegen ihren König machen.» Angesichts dessen meinte der preußische Gesandte 1830, es sei «gewiß die schwierigste Aufgabe von der Welt», Minister des Königs von Bayern zu sein.49 Nach Ludwigs Auffassung unterschied sich ihre Stellung nicht von der anderer seiner Diener. Der König lebte ständig in der Angst, die Minister könnten ihm über den Kopf wachsen, ein neuer Montgelas könnte ihm drohen. Bisweilen hat man den Eindruck, er habe seine Minister geradezu als Feinde betrachtet.50 Deshalb hielt er für jeden seiner Minister «Gegengewichte bereit»51 und spielte sie gegeneinander aus. Deshalb bestand er auch unerbittlich darauf, daß keiner seiner Minister Ruhm und Verdienst mit ihm, dem König, teile,52 aber sein ständig wacher Argwohn 44 Götschmann 17; vgl. ebd. 114. 47 Spindler 179; Doeberl III 94f., in, 126; Gollwitzer, Ludwig I. 456; s. auch ebd. 391 ff., 39$; zum Gesamtministerium s. auch Götschmann i8f. S. auch § 9b. 48 Zur Denkschrift von 1831 VI 25 s. Gollwitzer, Ludwig I. 457; s. auch Spind­ ler 155. 49 GBP II 163, zit. bei Gollwitzer, Lud­ wig I. 49$. Zum Folgenden s. ebd. 388, 495ff; Götschmann 93-103.

50 Er äußerte etwa 1828, zum Ende des Landtags: «Durch meine Festigkeit nicht nur den Sieg in den Kammern, sondern über meine eigenen Minister davongetragen habe ich» (zit. Gollwitzbr, Ludwig I. 838 Anm. 732); weitere Beispiele ebd. 386f, 498. 51 Gollwitzer, Ludwig I. 444; s. auch Ders., Abel i83f, 464; Treml 17$, 178. 52 Beispiele bei Gollwitzer, Ludwig I. 402, 735; Ders., Abel 188.

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machte ihn auch anfällig für Intriganten und Denunzianten. Ludwig I. war si­ cherlich nicht bewußt, wie widersprüchlich sein Verhalten gegenüber seinen Ministern und seine Auffassung von ihrem Amt waren. Er verlangte von seinen Ministern, die er schlechterdings nicht besser als seine Sekretäre oder andere Diener einschätzte,53 unbedingten Gehorsam, er duldete keinen Widerspruch, verlangte Treue und persönliche Anhänglichkeit, ohne sie aber im mindesten zu erwidern. Noch jeden seiner bedeutenderen Minister hat er geradezu da­ vongejagt, den einzigen, der ihm persönlich etwas bedeutete, Schenk, hat er 1831 dem Widerstand der Kammern geopfert. Er verbot 1836 die Formulie­ rung «der König und die Staatsregierung», da er die Auffassung vertrat, daß es «in einem monarchischen Staat nur die in dem König concentrierte Staats­ regierung gebe»,54 legte aber gleichzeitig Wert darauf, gegebenenfalls von sei­ nen Ministern unterschieden zu werden. Dieser Widerspruch störte ihn nicht im geringsten. 1836 nämlich erlegte er, im Gegensatz zu seinem Wunsch, als der wirkliche Regent anerkannt zu werden, auch für Maßnahmen, die aufgrund königlicher Handschreiben und Signate getroffen worden waren, die volle Verantwortung den Ministern auf, indem er anordnete, die Quelle solcher Verordnungen nur mit seiner Genehmigung aufzudecken.55 Er war sich also sehr wohl klar über die Gefährdung der monarchischen Unverletzbarkeit, die er mit seiner Haltung heraufbeschwor, aber bis zuletzt blieb er auf seinem Standpunkt stehen: «Ich brauche gar keine Minister. Ich bin mein Minister, die Minister sind meine Schreiber.»56 Nicht zuletzt deshalb, um nicht von den Mi­ nistern und vom Landtag gleichzeitig abhängig zu sein, regierte er mit Vorliebe nur mit Verordnungen, da er allein dem König das Recht zum Erlaß von Verordnungen zubilligte.57 So wenig diese Selbsteinschätzung Ludwigs I. auch zutraf, in einer Hinsicht wird man ihm folgen dürfen, ein Regierungssystem wie zur Zeit seines Vaters hat es nicht mehr gegeben, keiner seiner Minister hat ihn beherrscht. Einfluß­ reich und mächtig war nur der Minister, der in allem auf den König einging.58 In diesem Punkt war Ludwig I. allerdings auch am anfälligsten. Die Minister Oettingen-Wallerstein oder Abel waren geschickt genug, sich den Wünschen des Königs scheinbar anzupassen und sie gerade dadurch nach eigenen Vorstel­ lungen zu lenken, freilich nur in engen Grenzen und nie in wirklich zentralen Fragen.

53 So soll er einmal Abel ins Gesicht ge­ sagt haben: «Ich will und habe keine Mini­ ster, sondern nur Sekretäre, welche meinen Befehlen Form und Verwirklichung geben. Nicht wahr, Abel, so ist es?» Klenze fährt bei seinem Bericht fort: «Eine tiefe Verbeu­ gung war die Antwort» (zit. Gollwitzer, Abel 182). Zur Forderung nach absolutem Gehorsam bei seinen Ministern s. auch ebd.

174, 187, zum allgemeinen Verhältnis ebd. 315, 330; Ders., Ludwig I. 508. 54 Götschmann 116; Gollwitzer, Abel >94. 273; Finken 192, 218. 55 Spindler 179; Götschmann 116. 56 Zit. Gollwitzer, Ludwig I. 401. S. auch Corti 489f.,49$. 57 Spindler 178; Huber (vor § 6) 19. 58 Spindler 209.

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A. II. Die Regierungszeit Ludwigs I. (1825-1848)

d) Die Minister Ludwigs I.

Die Erkenntnis, daß Ludwig I. selbst den politischen Kurs und seine Einhal­ tung bestimmte, nicht nur überwachte, verbietet die Gliederung der Regie­ rungszeit nach den Amtszeiten der leitenden Minister. Andererseits war der König in ihrer Auswahl von bemerkenswertem Scharfblick; die Mehrzahl sei­ ner Minister bestand aus durchaus eigenständigen, herausragenden Persönlich­ keiten, deren Geschäftskunde und Charakterstärke Bewunderung abnötigen, sie waren keinesfalls nur willfährige Werkzeuge königlicher Willkür oder bloße Liebediener des Königs.59 Der Vorrang der inneren Politik in den Jahrzehnten des Vormärz, der auch deutlich wird aus dem jeweiligen Ministerwechsel nach kritischen Landtagen, hatte geradezu automatisch auch die an Rang und Ansehen, freilich auch in größtem Maß an Gefährdung herausragende Position des jeweiligen Innen­ ministers zur Folge. Allenfalls Fürst Wrede,60 der sich aber lange Zeit wegen der Sparpolitik des Königs, die besonders die Militärausgaben betraf, zurückge­ setzt fühlte, der aber auch den innenpolitischen Kurs des Königs vor 1831 miß­ billigte, kam der allgemeinen Bedeutung der Inhaber des Innenministeriums zeitweilig nahe. Er war Minister ohne Portefeuille und Staatsrat, politisches Gewicht besaß er vor allem als Präsident der Ersten Kammer. Für den Landtag 1830 hatte ihm Ludwig I. eine besondere Rolle zugedacht, er sollte die Zweite Kammer in Schach halten und die Ministerien koordinieren; im Ministerrat führte er den Vorsitz, ohne freilich die Erwartungen des Königs zu erfüllen. Das mag der Grund dafür gewesen sein, daß Ludwig I. die Umbesetzung der Ministerien im Januar 1832 «ohne Vorwissen Wredes» vollzog,61 doch hatten für ihn die Vorfälle dieses Jahres das erneute Vertrauen des Königs zur Folge; er wurde im Juni als außerordentlicher Hofkommissär in die Pfalz geschickt, um Ordnung und Frieden wiederherzustellen, auch gelang es ihm, der seit lan­ gem, ohne den Außenminister Armansperg einzuweihen, in vertraulichem Briefwechsel mit Metternich stand, den König auf dessen innenpolitische Linie einzuschwören. Den Innenminister Oettingen-Wallerstein übergingen dabei der König wie sein Berater Wrede.62 Nun waren Armansperg und Oettingen-Wallerstein Inhaber der wichtigsten Ministerien und Persönlichkeiten von hohem Selbstgefühl, die solche Brüskie­ rung auf Dauer nicht hinnahmen. Noch weniger Rücksicht nahm der König auf Minister, deren Ressort ihm weniger wichtig war,63 z. B. das Justizministe59 Gollwitzer, Ludwig I. 496. 60 Zu Wrede s. vor allem §§ 3-5; zu sei­ ner Stellung unter Ludwig I. s. Winter; Böck; Spindler iii£, 137, 154 u.ö.; Goll­ witzer, Ludwig I. 494 u.ö. S. auch § 9a/b. 61 Spindler 175; ebd. 184 zum Folgenden. Zur Korrespondenz mit Metternich s. V. Bibl, Metternich in neuer Beleuchtung. Sein

geh. Briefwechsel mit d. bayer. Staatsminister Wrede, 1928. 62 Spindler 185, 190; Treml 158, 161, 167 ff. 6j Verzeichnis der Minister im Anhang zu HB IV/2. Charakteristik der Minister seit 1837 bei Gollwitzer, Abel i97f.

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rium, dessen Inhaber wenig in Erscheinung traten, ausgenommen vielleicht Zentner, der «Vater der bayerischen Verfassung» von 1818, dessen große Zeit allerdings 182$ zu Ende war und der 1828 Armansperg das Außenministerium überlassen und 1831 als Mitglied der ministeriellen Opposition gegen Ludwig I. seinen Abschied auch als Justizminister nehmen mußte.6* Von herausragender Bedeutung waren auch die Finanzminister Ludwigs I. nicht, auch nicht Ar­ mansperg, der dieses Amt bis 1832 bekleidete, aber zur Hauptsache genau umrissene Weisungen des Königs auszufuhren hatte.64 65 Enge Grenzen waren ihm auch als Außenminister gezogen, da der König die Bundes- und Außenpolitik als seine eigenste Domäne betrachtete. Der Freiherr August von Gise, der die­ ses Amt von 1832 bis 1846 bekleidete, trat kaum in Erscheinung und wurde 1846, ohne einen ernsthaften Anlaß gegeben zu haben, nach einer Intrige Abels plötzlich in Ungnade entlassen.66 In der inneren Politik war der König auf geschulte und allgemein respektier­ te Juristen und Verwaltungsfachleute angewiesen, auch bedurfte er ihrer vollen Unterstützung auf den Landtagen, wenn er die von ihm angeregten Gesetzes­ vorhaben oder seinen Etat durchbringen wollte. Es war also gar nicht möglich, sie von öffentlichen Auftritten femzuhalten; um so mehr waren sie dem Miß­ trauen und der Eifersucht des Königs ausgesetzt. Das gilt bereits für den ersten Innenminister Ludwigs I., den Grafen Armansperg,67 dessen Persönlichkeit Spindler wie folgt beschreibt: »Joseph Ludwig Graf Armansperg, aus altem nieder­ bayerischem, mit Land und Volk verwachsenem Ministerialenadel stammend, mit französischem Einschlag von der mütterlichen Seite, mit dem König fast gleichaltrig und von ähnlichem Temperament wie dieser, hervorragend begabt, von brennendem Ehrgeiz, herrisch, stolz, weltmännisch im Auftreten, gehörte zu jener Generation junger altbayerischer Juristen, die im aufgeklärten Lands­ hut namentlich bei Gönner ihre Schulung empfangen hatten, ganz im Sinn des Staatsideals Montgelas’, dessen rückhaltloser Bewunderer er wurde. Er war alt­ bayerischer Patriot, freigeistig, liberal, antifeudal, antiklerikal. Er war ein Mann der Geschäfte, wie ihn der König sich wünschte, dazu ein Kenner der pfälzi­ schen Institutionen, der unter Zwackh gelernt hatte, was ihn besonders emp­ fahl. ... Sein Staatsideal war der rationale Staat, er suchte zu vollenden, was Montgelas nicht völlig geglückt war.» 64 Zu Zentner s. §§ 3-5; s. auch § 9. Die Biographie bei Dobmann. 65 S. § 7d. Zur Einschätzung eines seiner Finanzminister, Arnold v. Miegs (1832 I 6 1833 IV), ist ein Tagebucheintrag des Kö­ nigs bezeichnend: «sehr redlich, tätig und geschickt, befolgt auch seine Befehle pünkt­ lich, allein - ohne Herz und Enthusiasmus. Dies der Grund, warum er seit einem Jahr gesucht habe ihn loszuwerden» (zit. Gollwitzer, Abel 182). Zu Ludwig v. Wirschinger (1835-1840) notierte er: «Er entsprach

mir, wünsche keinen anderen, folgsam war er, er liebte mich» (ebd.). S. auch D. Götschmann, Ludwig Wirschinger - bayer. Finanzminister (1781-1840) (Berühmte Re­ gensburger, hg. v. K.-H. Dietz u. G. Waldherr) 1997, 217-224. 66 Gollwitzer, Abel 482. 67 Zu Joseph Ludwig Graf Armansperg (1787-1853) s. Armansperg; Spindler 115 f. u. ö.; Gollwitzer, Ludwig I. 370 ff. u. ö.; Götschmann 197-202. S. auch §§ 7-9.

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1819 und 1825 war er als Führer der liberalen Gruppierung der Zweiten Kammer hervorgetreten, seit dem 1. Januar 1826 war er gerade deshalb, weil ihn Ludwig I. für seine Reformpolitik für den rechten Mann hielt, Innen- und Finanzminister. Am 1. September 1828 wechselte er in das Außenministerium, das Finanzministerium behielt er bei. 1831 wurde er zusammen mit Zentner und mit Stürmer, dem Nachfolger Schenks, ohne Dank entlassen. Als Innenmi­ nister trat er vor allem für straffe Verwaltungsgliederung mit weitgehender De­ legation der Aufgaben an untergeordnete Behörden zu selbständiger Erledigung ein. Während des Landtags 1827/28 enttäuschte er den König, da er wegen sei­ ner «Selbstherrlichkeit, seiner Härte und seiner Pressefeindlichkeit» heftig ange­ griffen wurde68 und trotz seiner liberalen Herkunft die Opposition nicht zu zähmen vermochte, auch stand er den Bemühungen Ludwigs I. um eine kirch­ liche Erneuerung Bayerns verständnislos gegenüber. In voller Übereinstim­ mung mit dem König führte er nur sein Amt als Finanzminister; «Sparmansperg» nannte man ihn, da er den Kurs des Königs «hart und leidenschaftlich» durchführte, aber auch entsprechend erfolgreich. Seine Leistung, die Ordnung des Rechnungswesens und der völlige Abbau des Haushaltsdefizits, blieb von Bestand. 1831 verärgerte er aber auch in dieser Position den König, da er sich während des Landtags ausdrücklich von der Verantwortung für die Bauaus­ gaben distanzierte und sie dem Innenminister anlastete.69 Auch in den außen­ politischen Auffassungen machten sich, nachdem in der Gründungsphase des Zollvereins noch volle Harmonie zwischen König und Minister geherrscht hat­ te, immer heftigere Differenzen geltend. In seiner Bundespolitik orientierte er sich an Preußen, auch trat er für eine Annäherung an Frankreich ein; beides war gegen Österreich gerichtet, auf das Ludwig I. in der Sponheimer Frage im­ mer noch rechnete, außerdem führte die Neuorientierung in der inneren Bundespolitik seit der Julirevolution in Frankreich zu einer Verständigung mit Metternich, der die Entlassung Armanspergs forderte und mit Hilfe Wredes auch durchsetzte. Noch war Armansperg mit seiner reichen Verwaltungs­ erfahrung und mit seinen außenpolitischen Kontakten unentbehrlich. Sein Nachfolger als Außenminister, Freiherr von Gise, schlug ihn 1832 als Präsi­ denten der Regentschaft für König Otto von Griechenland vor, 1835 bis 1837, nach Ende der Regentschaft, wurde er griechischer Erzkanzler, doch dann fiel er endgültig in Ungnade, nicht ohne eigenes Zutun.70 Sein Nachfolger als Innenminister wurde am 1. September 1828 Eduard von Schenk,71 der bisherige Leiter des obersten Kirchen- und Schulamts. Schenk

68 Spindler 142. 69 Armansperg 120. 70 S. § 8c. 71 Zu Eduard v. Schenk (1788-1841) s. Schenkbriefe; Spindler i i 8 ff. u. ö.; Gollwitzer, Ludwig I. 370-373 u. ö.; Götschmann 202-211; S. Krauss, E. v. Schenk, die

Gesch. u. sein Verhältnis zu Ludwig I. (Vor­ wärts, vorwärts II) 101-108; E. Emmerig, Eduard von Schenk — der erste Regierungs­ präsident der Oberpfalz (1788-1841) (Be­ rühmte Regensburger, hg. v. Dietz u. Waldherr) (Anm. 65) 225-231.

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war gebürtiger wittelsbachischer Untertan, er stammte aus Düsseldorf, der Hauptstadt von Jülich-Berg. Sein Vater war von Hompesch als Geheimer Finanzreferendär nach München geholt worden, so studierte Schenk in Landshut, und zwar bei Savigny und Gönner, tief beeinflußt auch von Sailer. 1817 kon­ vertierte er zum Katholizismus. Seine berufliche Laufbahn führte ihn bald ins Justizministerium, als dessen Generalsekretär empfahl er sich dem König durch «die Gleichheit der Gesinnung, der Staats- und Weltanschauung» (Spindler). Ludwig I. schätzte ihn, den gefeierten Dichter des «Beiisar» (1826), auch als literarischen Ratgeber. Als er ihn zum Innenminister berief, sprach der König die Erwartung aus, daß in Zukunft ein «religiöserer Geist, ein von Kunst und Wissenschaft durchdrungener» im Ministerium des Inneren lebe.72 Als Schenks Programm mag gelten, was er in einem Brief vom Februar 1828 als Ziel seines Wirkens bekannte: «Vereinigung der Religion und der monarchischen Grund­ sätze mit der Freiheit, des Glaubens mit dem Wissen».73 Schenk folgte den Vorstellungen Ludwigs I. in voller Überzeugung, um so tragischer war sein Sturz als Innenminister; Schenk opferte sich für den König, der gegen seinen Rat die Zensur wieder auf den Stand von 1825 zurückführen wollte. Er wurde aber weiterhin vom König als Ratgeber eingeschaltet, als Generalkommissär (Regierungspräsident) in Regensburg, lebenslanger Reichsrat und Staatsrat im ordentlichen Dienst. Unverändert im Besitz der königlichen Huld starb er 1841. Schenks Nachfolger wurde am 27. Mai 1831 der aus Würzburg stammende Johann Baptist von Stürmer, die «Koryphäe des Beamtenliberalismus».74 Seine Karriere, die im Innenministerium begonnen hatte, führte bis 1823 zum Staats­ rat im ordentlichen Dienst, er war für Armansperg und Schenk unentbehrlich, wichtige Gesetzesvorlagen stammten von ihm. Ludwig I. hoffte, nachdem er Schenk geopfert hatte, durch seine Ernennung zum Verweser des Ministeriums die liberale Kammermehrheit zu besänftigen, um den Landtag von 1831 noch zu retten. Wie seine Kollegen Zentner und Armansperg trat er aber im Juni 1831 für Pressefreiheit und größere Entscheidungsbefugnisse der Minister ein. Er war von Anfang an nur als Übergangslösung gedacht, sein Rücktrittsgesuch wurde am 31. Dezember 1831 vom König angenommen, er schied gleichzeitig mit Armansperg und Zentner aus der Regierung aus, blieb aber weiterhin Staatsrat, 1848 trat er in den Ruhestand. Als Ludwig I. zu Stürmen Nachfolger am 2. Januar 1832 den Fürsten Ludwig von Oettingen-Wallerstein75 ernannte, waren wieder dieselben Spekulationen maßgebend wie bei der Wahl Armanspergs und Stürmen, der König wollte mit 72 Schenkbriefe 60, zit. bei Spindler 143. 73 Schenkbriefe 43, zit. bei Spindler 121. 74 Gollwitzbr, Ludwig I. 446; zu Johann B. v. Stürmer (1777-1856) s. Götschmann 211-214. 75 Zu Ludwig Fürst zu Oettingen-Wallerstein (1791-1864) s. Zuber; Spindler 175 f.

u. ö.; U. Huber (vor 7 b) 12-23, 260-269; Götschmann 215-224; Gollwitzbr, Standesherren 104-108; Ders., Ludwig I. 494-512, 613-620 u. ö.; Ders., Abel 179, 271, 281, 334, 464 u.ö.

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einem liberalen Innenminister der Opposition den Wind aus den Segeln neh­ men und gleichzeitig mit einem ihm persönlich ergebenen, wie er glaubte, Mi­ nister königliche Politik durchsetzen. Erst sehr viel später sah er ein, daß er sich von einem Schmeichler und gänzlich unzuverlässigen Menschen hatte blenden lassen.76 Die Urteile über Oettingen-Wallerstein stimmen in dieser Hinsicht völlig überein.77 Er gilt als «raffinierter Taktiker und Intrigant», als Meister darin, «anderen das Wasser abzugraben», allerdings wird ihm auch außerordentliche Begabung bescheinigt: «ein staatsmännisches Talent, einfalls­ reich, ein meisterhafter Redner, von reicher, ja übersprudelnder politischer Phantasie».78 Seine immerhin fünf Jahre anhaltenden Erfolge beim König ver­ dankte er nicht zuletzt seiner Fähigkeit, «die eigenen Absichten als die des Kö­ nigs hinzustellen und das Verdienst an allen Erfolgen der Politik letztlich dem König zuzuschreiben».79 Es ist erstaunlich, daß Ludwig I. diesem Mann so lan­ ge Zeit sein Vertrauen schenkte, denn er war auch finanziell zeit seines Lebens ein Hasardeur, ein hemmungsloser Verschwender.80 1812 Chef der Familie geworden, machte er bis 1821 Schulden in Höhe von zwei Millionen Gulden, so daß ihm die alleinige Verfügungsgewalt über das Vermögen des Hauses ent­ zogen werden mußte. Der König, der gerade in Finanzfragen besonders streng war, wußte das; ob ihn die Überlassung eines großen Teils seiner altdeutschen Meister 1820 für den Fürsten gewonnen hat oder schon sein patriotisches Auf­ treten 1814 als Kreiskommandant der Nationalgarde, mag offenbleiben, be­ kannt war er dem Kronprinzen auch als Standesherr und Mitglied der Reichs­ ratskammer wie als Inhaber des Kronobersthofmeisteramts. Durch eine nicht standesgemäße Ehe verlor er 1823 alle diese Würden, wurde aber vom neuen König 182$ wieder in sein Kronamt eingesetzt. 1828, nachdem er als Reichsrat in der Ersten Kammer für die Vorschläge der Regierung eingetreten war, wur­ de er Generalkommissär des Oberdonaukreises. Der König erwartete von sei­ nem neuen Innenminister, wie er in der ersten Ministerratsitzung 1832 ausführ­ te, daß er ihn bei seinem Bestreben unterstütze, dem «Geist des Aufruhrs, ja der Auflösung» mit allen gesetzmäßigen Mitteln entgegenzutreten, namentlich einer Fraktion, die «offen den Umsturz aller Throne und alles Bestehenden» er­ strebe.81 Dabei hatte sich Oettingen-Wallerstein 1831 noch entschiedener als Armansperg für Ministerverantwortlichkeit und Pressefreiheit ausgesprochen,82 ohne sich aber einer Richtung entschieden anzuschließen. Der König hatte of­ fenbar seine Hoffnung immer noch nicht aufgegeben, auch die Opposition für sich zu gewinnen. Für die dabei unerläßliche Beschwichtigungspolitik nach al­ len Seiten schien Oettingen-Wallerstein, der Mann der Mitte,83 die geeignete

76 Zuber 205. 80 Zuber i86ff., 3i6ff. 77 Spindler 175; Zuber 99f.; Gollwitzer, 81 Zit. Gollwitzer, Ludwig I. 500. Ludwig I. 457, 497; Ders., Abel 464. 81 Zuber 86. 78 Gollwitzer, Ludwig I. 494; s. auch 83 Treml 173f., i7öf. zur «Politik der Mitebd. 179; Ders., Abel 334. te»; dazu auch Gollwitzer, Ludwig I. 499. 79 Gollwitzer, Ludwig I. 497.

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Persönlichkeit. Das Ziel des neuen Ministers, «den gemäßigten Liberalismus an den Staat zu binden» und «für die Regierungspolitik eine starke öffentliche Meinung» zu schaffen, war in Wirklichkeit damals bereits unerreichbar. Das Ergebnis war, daß der Innenminister einerseits unter dem Druck seiner Kolle­ gen und des Königs seit dem Frühjahr 1832 um repressive Maßnahmen nicht mehr herumkam, daß er sich aber trotzdem mit seiner Kompromißpolitik keine Freunde gewinnen konnte, trotz unbestreitbarer Leistungen auf den Gebieten vor allem der Wirtschafts-, Verkehrs- und Sozialpolitik.’4 Als er erkannte, daß der König sich von ihm abzuwenden begann, inszenierte er seinen Sturz selbst, indem er sich bei den Angriffen gegen die alleinige Verfügung des Königs über die sog. Erübrigungen 1837 auf die Seite der Opposition stellte. Am 4. No­ vember 1837 wurde er kurz vor Landtagsschluß als Minister entlassen, in Aner­ kennung seiner vor dem Landtag geleisteten Dienste. Am 10. März 1838 trat er unter Verzicht auf Rang und Pension in den Ruhestand. Im Reichsrat stand er in den nächsten Jahren in Opposition zu seinem Nachfolger Abel; erst 1843 wurden die Differenzen wirklich beigelegt, als Oettingen-Wallerstein im Rin­ gen um das «Verfassungsverständnis» dieses Jahres dem König wie dem Minister außerordentliche Dienste leistete.’5 Der König ernannte ihn jetzt zum Staatsrat mit 6000 Gulden Gehalt und sandte ihn 1843/44 in außerordentlicher Mission nach Paris und London, 1846 wurde er für zehn Monate Gesandter in Paris. Noch einmal spielte er in der Ära Ludwigs I. seit Dezember 1847 eine ver­ hängnisvolle Rolle,84 8687 85 *um sich dann ganz in die Arme der Liberalen zu werfen als ihr Wortführer im Landtag bis 1858, unter erneuter Aufgabe seines Kron­ amtes und seines Sitzes im Reichsrat. 1862 wurde er wegen seiner Schulden verhaftet; in Luzern ist er dann 1864 gestorben, völlig gescheitert. Die eindrucksvollste Gestalt unter den Ministern Ludwigs I. war zweifellos Karl von Abel.’7 Seine Persönlichkeit und seine Amtsführung sind gleichzeitig auch besonders bezeichnend für das Herrschaftsverständnis Ludwigs I. Abel stammt nicht aus Bayern, sein Vater war Reichskammergerichtsprokurator zu Wetzlar. 1809 trat der Sohn in den bayerischen Staatsdienst, bis 1819 war er in verschiedenen Ämtern tätig; verwandtschaftliche Verbindungen mit F. X. von Zwackh, dem Generalkommissar der Pfalz, dem Vorgesetzten Armanspergs, brachten ihn in Verbindung mit dem späteren Innenminister, der ihn 1827 ins Innenministerium holte. Auch Schenk förderte den tüchtigen Beamten, ob­ gleich er als «typischer Repräsentant des antifeudalen und antiklerikalen Beam­ tentums»” zu erkennen war. Er trat für Pressefreiheit ein und handhabte die 84 Dazu Gollwitzes, Ludwig I. 502; aus­ führlich Zuber 148-164. 85 Zu den Vorgängen dieser Jahre s. Zu­ ber 186-209; Spindler 189-193; Goll­ witzes, Ludwig I. 619-623; s. auch § 9b. 86 S. § 10 a. 87 Zu Karl v. Abel (1788-1859) s. Gollwitzer, Abel; Ders., Der Roturier als Staats­

mann. Vergleichende Betrachtungen zur vormärzlichen Regierungspolitik (Liberalitas. FS E. Angermann) 1992, 17-36; Götschmann 224-234, 388-426 (Beamtenschaft un­ ter Abel); U. Huber (§ 7 b) 276-490 zur Hochschulpolitik Abels. 88 Gollwitzes, Ludwig I. 605.

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Zensur mit großer Liberalität. Während des Landtags 1831, wo er als Ministerialkommissär auftrat und bei der Opposition nichts erreichte, fiel er beim König in Ungnade’9 und sollte auf einen Auslandsposten abgeschoben werden. Armansperg erbat 1832 seine Abstellung als Mitglied des Regentschaftsrats für Otto I., doch bald kam es zu unüberbrückbaren Differenzen, die 1834 seine Abberufung und erneut die königliche Ungnade zur Folge hatten. OettingenWallerstein erreichte trotzdem seine Rückversetzung ins Innenministerium, wo ihm ein umfassender Tätigkeitsbereich zugeteilt wurde.89 90 Noch 1835 lehnte er die «Kongregation» ab, die erste Formierung einer katholischen politischen Gruppierung, doch 1836 trat jene Wendung ein, zeitlich zusammenfallend mit dem langen Leiden und Sterben seiner ersten Frau, welche die Zukunft Abels entscheidend prägen sollte. Sie war schon den Zeitgenossen ein Rätsel und man brachte sie in Verbindung mit seinem politischen Aufstieg; in der Tat gewann Ludwig I. neues Interesse an diesem hohen Beamten, der gerade um diese Zeit einen lebenslangen Briefwechsel mit dem Regensburger Bischof Schwäbl auf­ nahm,91 dem Nachfolger Sailers. Diese Verbindung war es zweifellos, die ihn dem König als Nachfolger Oettingen-Wallersteins empfahl, zunächst vom 1. Oktober 1837 an als Verweser des Ministeriums, seit dem 31.März 1838 als Mi­ nister. Was jedoch, so Gollwitzer,92 «gegen den Eindruck simulierten Gesin­ nungswandels spricht, ist die Geschlossenheit von Abels staatsmännischem Handeln wie seinem privaten Verhalten seit Mitte der dreißiger Jahre bis zu seinem Tode im Sinne grundsätzlicher kirchlicher Priorität». Gollwitzer be­ stätigt damit das Urteil Spindlers, der feststellt: «Allein sein Wandel zu tiefer Gläubigkeit und betontem Konservativismus ging in den Kern seines We­ sens.»93 Die Wahl des Königs war aber nicht nur deshalb auf Karl von Abel gefallen, weil er von der Übereinstimmung der religiösen Anschauungen und politi­ schen Prinzipien ausging — so hatte sich Abel im Landtag 1837 für die königli­ che Auffassung von der Verwendung der «Erübrigungen» ausgesprochen94 —, sondern auch, weil er gleichzeitig «Meister in allen Angelegenheiten des Ge­ schäftsganges» war, aber nicht nur ein brillanter Beamter von «stupender Über­ legenheit», sondern mehr, ein außerordentlich gewandter Politiker von «vulka­ nischem Ehrgeiz». Ludwig I. nannte ihn einmal einen «Staatsmann».95 Die Kehrseite seines unbedingten Willens zur Macht waren Reizbarkeit und Ag­ gressivität im Umgang mit seinen politischen Gegnern. Er scheute auch vor In89 Ders., Abel 119 fr., 128-152; Ders., Ludwig I. 478. 90 Ebd. 485f, 606; Ders., Abel 153 ff. 91 W.M.P. Hahn, Romantik u. kathol. Restauration. Das kirchl. u. schulpolit. Wir­ ken d. Sailer-Schülers u. Bischofs v. Regens­ burg Franz Xaver v. Schwäbl (1778-1841), 1970, 269 ff. Zum Verhältnis Abels zu Schwäbl u. Diepenbrock s. auch A. Loi­

chinger, Μ. Diepenbrock. Seine Jugend u. sein Wirken im Bistum Regensburg (17981845), 1988, 31 1—314 u.ö. 92 Gollwitzer, Abel 160; s. auch Ders., Ludwig I. 606. 93 Spindler 198. 94 Gollwitzer, Ludwig I. 509. 95 Ders., Abel 386; ebd. 200, 272 zu seiner Amtsführung; Ders., Ludwig I. 611-614.

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trigen und Verleumdungen nicht zurück, gegen Günstlinge seines Vorgängers benahm er sich z.T. «überaus schäbig und rücksichtslos»,96 wie er denn auch stets in Unfrieden von seinen bisherigen Gönnern schied. Daß ein Mann von solch unerschütterlicher Überzeugung von seiner Über­ legenheit und von solch ungebärdigem Temperament zehn Jahre lang der gehorsame Diener seines Herrn sein konnte, war ein Ergebnis ungemeiner Selbstbeherrschung im Umgang mit dem König. Ludwig I. traute ihm durchaus zu, daß er die Versuchung spüre, sich «des Königs zu bemächtigen und so der wahre Regent Bayerns zu werden»,97 aber diesen Argwohn vermochte Abel stets zu zerstreuen, indem er sich dem König auf eine geradezu «raffinierte Weise» anpaßte, vor keiner Schmeichelei zurückschreckte, alle Erfolge allein dem König zuschrieb. Auch wo er dem König widersprechen mußte, tat er es «mit äußerstem Geschick», und er verstand es bei aller «verbalen Unterwürfig­ keit» aber auch nicht selten, den König von seinen ursprünglichen Absichten abzubringen.98 Wo es freilich nicht gelang, Ludwig I. von einem eigenen Vor­ schlag zu überzeugen, so 1845 im Hinblick auf ein Gesetz zur «Fixation der unständigen gründ- und besitzherrlichen Renten und Lasten», vertrat er mit Bravour im Landtag auch eine Auffassung, die der seinen völlig entgegen­ gesetzt war, auch wenn er damit den Kronprinzen zum Gegner hatte.99 Nicht nur in diesem Fall war der König der bestimmende Teil. In der Regel geschah alles, was an wichtigen Regierungshandlungen zwischen 1837 und 1847 zu ver­ zeichnen ist, auf Initiative und mit Billigung des Königs. Zur Ausführung war freilich die juristische Sachkunde des Ministers und der Bürokratie unerläßlich, und es wird immer schwierig sein zu entscheiden, wie weit dabei auch der Mi­ nister den König beeinflußt hat.100 Selbst in seinem kirchenpolitischen Kurs, in dem er «relativ selbständig» war,101 ging die Übereinstimmung mit dem König sehr weit; bei keiner der aufsehenerregenden Affären 1842 handelte Abel ohne Wissen des Königs, in der Kniebeugungsaffäre war der König selbst der Initiator.102 Daß trotzdem ge­ rade in diesen Zusammenhängen die Entfremdung zwischen König und Mini­ ster einsetzte, gehört zu den tragischen Wendungen im Leben Abels, denn er hat auch seine konfessionelle Politik «mit einem Wirklichkeitssinn betrieben, der sich kaum nüchterner hätte äußern können».103 Die grundsätzliche Übereinstimmung zwischen König und Minister in der «Überzeugung, daß von der katholischen Kirche allein eine moralische und politische Erneuerung des Kontinents ausgehen könne»,104 verschaffte Abel vor

96 Ebd. 33of. S. auch Finken 209. 97 Gollwitzer, Abel 177. 98 Ebd. i87f., I94f, 307; Ders., Ludwig I. 608. 99 Ders., Abel 515, 521 f. 100 Ebd. 188 ff. ,0' Ebd. 190.

102 S. § 7c. 103 Gollwitzer, Abel 497; vgl. auch ebd. 179. 104 Ebd. 494; vgl. Ders., Ludwig I. 609ff.; Spindler 198 f. Zur Kirchenpolitik s. auch Holzfurtner (vor § 6) 250.

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allem weitgehend freie Hand in seiner Personalpolitik, die nicht stets die konfessionelle Neutralität wahrte und dadurch oft Anstoß erregte. Lange Zeit waren auch seine Vorschläge für die Ernennung der bayerischen Bischöfe für den König maßgebend.105 Abels Einfluß im Umfeld der Ereignisse von 1838 bestärkte den König ungemein in seiner Auffassung, eine «historische Aufgabe» als Protektor der deutschen Katholiken zu erfüllen.106 Allerdings gelang es Abel nicht, das nie versiegte Mißtrauen seines Herrn gegen die «Kongregation» zu überwinden, ohne daß der König jedoch vor 1842 erkenntlich Anstoß genom­ men hätte an Abels Verbindungen zu Erzbischof Reisach und seinem General­ vikar Windischmann107 oder an der betonten Förderung des Görreskreises.108 Von einer «bewußten Klerikalisierung»109 kann aber bei der Kirchenpolitik Abels nicht entfernt die Rede sein, sie wäre auch angesichts der Auffassung des Königs von seinen Hoheitsrechten gegenüber der Kirche nie möglich gewesen. Abel blieb Werkzeug des Königs bis zu seinem Abgang; auch als 1846 ein eigenes «Ministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten» geschaffen wurde, wodurch ihm wichtige Befugnisse entzogen wurden, ließ seine angespannte Tätigkeit auf allen seinem Ministerium zugeordneten Berei­ chen nicht im geringsten nach. Bemerkenswert ist sein Verständnis für Sozial­ politik, die bereits den Arbeiterschutz einschloß; trotz geringen Interesses für Wirtschaftspolitik setzte er 1842 die Einführung der Handelskammern durch, er hatte Verständnis für die Notwendigkeit einer systematischen Verkehrspolitik, in der Finanzpolitik stand er voll hinter dem Sparkurs des Königs.110 Abel war zweifellos «einer der bedeutendsten bayerischen Staatsmänner des vergangenen Jahrhunderts», wie Spindler feststellt,111 für die Epoche Ludwigs I. kann seine Bedeutung kaum überschätzt werden.112 Ob er auch den Umbruch von 1848 überstanden hätte, wenn er nicht wegen der Affäre Ludwigs I. mit Lola Montez vorzeitig abgetreten wäre, mag man sich immerhin fragen; trotz seiner oft bewiesenen Beweglichkeit wird man ihm kaum zutrauen, daß er die­ sem Beben, das ganz Europa erschütterte, das Metternich zu Fall brachte, hätte die Stirn bieten können. Sein System war einfach überlebt. Daß er im Februar 1847 seine Entlassung herbeiführte, hat aber zweifellos rein persönliche Gründe. Er mußte schon seit längerer Zeit feststellen, daß sich der König vor ihm verschloß; er wußte, was mit seinen Vorgängern geschehen war, und sah auch sein Schicksal klar voraus. Mit seinem Rücktrittsangebot,

105 Spindler 203; Gollwitzbr, Abel 220 ff. 106 Gollwitzer, Abel 495 f.; vgl. auch Spindler 199. Zum Gesamtzusammenhang s. 87c. 107 Gollwitzer, Abel 221 ff.; Den., Lud­ wig I. 517-546; Holzfurtner (vor § 6) 156-165. IoS Ebd.; Spindler 198. 109 K. Hausberger, Suat u. Kirche nach

d. Säkularisation, 1983, 302 ist hier zu ein­ seitig. "“Gollwitzbr, Abel 343-359; zur Spar­ politik ebd. 203. 111 Spindler 198. 1,2 Gollwitzer, Abel 188: «Ohne Abels Geschick und Beistand hätte das ludovicianische System in seiner primär defensiven Phase kaum zehn Jahre bestehen können.»

§ 7· Die innere Politik: Die staatliche Konsolidierung des neuen Bayern (A. Kraus)

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dem sich auch seine Kollegen anschlossen, sicherte er sich einen seines Rufes und seines Charakters würdigen Abgang. Das respektlose Memorandum an den König, ob nun Abel mit der indiskreten Publikation zu tun hatte oder nicht, gehörte zu dem Bild, das man von ihm hatte, dem «Mann mit der eisernen Stirn».113 Abel hatte sich selbst allerdings damit keinen Dienst erwiesen; die eigene Partei wollte von ihm nichts mehr wissen, als er, zunächst als Gesandter nach Turin abgeschoben, 1848 als Abgeordneter in der Zweiten Kammer einen neu­ en politischen Anlauf machte. 1849 legte er deshalb nach großen Enttäuschun­ gen sein Mandat nieder und zog sich auf sein Lehensgut Stamsried in der Oberpfalz zurück. Seit 1852 war er insgeheim als «wichtiger Berater» Maximi­ lians II. tätig, um die Mitte der fünfziger Jahre war sein Einfluß aber erloschen. Daß in den Historisch-Politischen Blättern kein Nachruf auf ihn erschien,"4 ist bezeichnend für die totale Vereinsamung seiner letzten Lebensjahre, bezeich­ nend aber auch für die neue Geileration katholischer Politiker, die auch einem milden Staatskirchentum, wie es einst Abel gehandhabt hatte, den Kampf ange­ sagt hätte. Überlebt hatte er sich damit auch auf seinem ureigensten Feld, dem des Vorkämpfers des «katholischen Prinzips».

§ 7. DIE INNERE POLITIK: DIE STAATLICHE KONSOLIDIERUNG DES NEUEN BAYERN

Die Probleme, die sich mit der Vergrößerung des Herrschaftsgebiets der Wittelsbacher um mehr als die Hälfte ergaben, waren in der kurzen Phase der Neuorganisation durch Montgelas und seine Mitarbeiter noch längst nicht ge­ löst, die Integration Neubayerns stand noch in den Anfängen, als durch die Verfassung von 1818 neue, ungleich schwierigere Probleme dazukamen. Die Mitwirkung der Volksvertretung an der Gestaltung des Gemeinwillens vollzog sich noch ohne allseits akzeptierte Regeln, nicht einmal gemeinsame Ziele wa­ ren selbstverständlich, König und Regierung mußten erst einen Weg finden, der den Interessen beider Partner gerecht wurde. Die Arbeit in und mit dem Landtag bildete deshalb den Schwerpunkt der Regierungspolitik; um in den Verhandlungen mit dem Landtag bestehen zu können, war aber nicht nur die geschickte Vertretung durch die Innenminister während der Sitzungsperioden wichtig, sondern noch mehr eine innere Politik, die auf Zustimmung bei der Mehrheit der Abgeordneten rechnen konnte. Die eigenwillige Auffassung Ludwigs I. von seinem Herrscheramt machte es den Ministern nicht leicht, einen Kurs zu steuern, der zu einem solchen Er­ gebnis führen mochte. Der König setzte in seiner inneren Politik ohne Rück-

1,3 Doebbrl III 127.

"4 Gollwitzer, Abel 589; zu seinen letz­ ten Jahren ebd. 557-631.

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A. II. Die Regierungszeit Ludwigs I. (1825—1848)

sicht auf Widerstände vor allem in drei Bereichen mit oder ohne Beihilfe sei­ ner Minister seinen Willen durch, als Bauherr und Förderer der bildenden Kunst, als Initiator der Wiedergutmachung der Schäden durch die Säkularisa­ tion, die ihm ein Herzensanliegen war, und als ein unerbittlicher Sachwalter einer soliden Finanzpolitik. Anregungen von seiner Seite auf anderen Feldern, etwa der Wirtschaftspolitik, oder für die Gestaltung des Unterrichts und für die Pflege der Wissenschaften fehlten aber ebenfalls nicht, allenthalben spürbar war die unnachsichtige Kontrolle jedweder Regierungs- und Verwaltungstätigkeit durch den König. a) Das «Kunstkönigtum» (Gollwitzer) Ludwigs I. Μ. Spindler, Kg. Ludwig I. als Bauherr (Spindler, Aufsätze) 322-338; H. Bauer, Kunst­ anschauung u. Kunstpflege in Bayern v. Karl Theodor bis Ludwig I. (Wittelsbach u. Bayern) III 1, 345-355; Gollwitzer Ludwig I. 745-765 («Kunstkönigtum und mäzenatische Politik»); Hüttl (vor § 6); R. Horn - R. Rückert (Hg.), Ludwig I. v. Bayern. Der königl. Mäzen, 1986 (Katalog); Vorwärts, vorwärts I (Katalog); Ein griechischer Traum. Leo v. Klenze. Der Archäologe (Ausstellung 1986 in der Glyptothek München) 1986; Biedermeiers Glück u. Ende ... Die gestörte Idylle 1815-1848, hg. v. H. Ottomeyer (Katalog), 1987; O. Hederer, Klassizismus, 1976; W. Nerdinger (Hg.), Klassizismus in Bayern, Schwaben u. Franken, 1980 (Katalog); Ders. (Hg.), Romantik u. Restauration. Architektur in Bayern unter Kg. Ludwig I., 1987 (Katalog); C. Friedrichs-friedländer, Architektur als Mittel polit. Selbst­ darstellung im 19. Jh. Die Baupolitik d. Wittelsbacher, 1980; H. Bauer. «Der Herrschaft Größe vor d. Kunst verschwindet ...». Die Bedeutung d. Kunst bei Ludwig I. v. Bayern (FS W. Messerer) 1980, 315-324; W. Frühwald, Ästhetische Erziehung. Idee u. Realisation d. Kunstpolitik Ludwigs I. am Beispiel d. Walhalla (Hölderlin-Jb. 22) 1980/81, 295-310; Kissling (vor § 6); J. Erichsen, «Aus dem Gedächtnis ins Herz». Zum Verhältnis v. Kunst, Gesch. u. Politik unter Kg. Ludwig I. (Vorwärts, vorwärts II) 385-417; H. Glaser, Zum Verhältnis v. Kunstpolitik u. Staatspolitik (ZBLG 58) 1995, 114-119; V. Plagemann, Die Bildprogramme d. Münchner Museen Ludwigs I. (Alte u. moderne Kunst 15) 1970, 16-27; G. Leinz, Ludwig I. v. Bayern u. die Gotik (ZKG 44) 1981, 399-444; Greipl (§ 6 Anm. 5); H. Lehmann, Ludwig I. u. Etrurien (ZBLG 52) 1989, 615-622; N. Lieb, München. Die Gesch. seiner Kunst, 19884; St. Ludwig in München. 150 Jahre Pfarrei 1844-1994, hg. v. H. Hempfer - P. Pfister, 1994. - Die kunsthistorische Würdigung der Ludovicianischen Epo­ che s. HB IV/2.

Wenn man die Höhe der finanziellen Aufwendungeri, die der König dem Landtag zur Bewilligung abnötigte, aber auch aus der Kabinettskasse und der Privatschatulle bestritt, zum Maßstab für das vorwaltende Interesse in all den Jahren seiner Regierungszeit nimmt, kann kein Zweifel daran bestehen, daß auch Ludwig I. die Leidenschaft großer Herrscher am meisten beherrschte, die Leidenschaft zu bauen.1 Allein für seine Großbauten wendete er an die 11 Millionen Gulden auf, weitgehend aus der Kabinettskasse. Kaum geringer war seine Sammelleidenschaft; schon als Kronprinz hatte er begonnen, wertvolle Antiken zu sammeln. Dafür gab er Summen aus, die seine Einkünfte weit über-

1 Spindler, Bauherr (§ 7 a) 322 fr.; Ders. 103 f; s. auch A. Kraus, Die Residenz u. ihre geistigen, künstlerischen, sozialen u.

wirtschaftl. Auswirkungen im 19. Jh. Dargest. am Beispiel Münchens (BlldLG 123) 1987, 100 ff. (Lit.).

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stiegen. Er sammelte nie planlos, sondern sehr zielbewußt, beraten und unter­ stützt durch einen Künstler von Rang wie Dillis (j i84i) 2 und durch Johann * Martin Wagner, der von 1810-1858 als Kunstagent, als Vermittler von Ankäu­ fen bedeutender Kunstwerke, für Ludwig tätig war.3 Innerhalb von acht Jahren kam so jene bedeutende Sammlung von antiken Skulpturen zusammen, die heute noch in der Glyptothek zu bewundern ist. Allerdings, als das Raum­ programm ausgefüllt war, erlosch das Interesse Ludwigs an weiteren Erwerbun­ gen,4 seine Aufmerksamkeit galt nach seinem Italienaufenthalt 1817/18 in erster Linie der Malerei des Mittelalters. Auch auf diesem Feld gelangen ihm wert­ volle Erwerbungen; 1820 kaufte er einen Teil der Sammlung Altdeutscher Meister des Fürsten von Oettingen-Wallerstein, 1827 die berühmte Sammlung Boisseree.5 Gleichzeitig legte er auch, schon als Kronprinz, vor allem aber nach 1825, die Grundlage für die Sammlung Altägyptischer Kunst.6 Der Kronprinz bereits legte diese überaus kostspieligen Kunstsammlungen nicht für sich an, von Anfang an plante er, sie in neu zu erbauenden Museen der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, dem Volk den Zugang zur großen Kunst zu eröffnen. Als erstes Bauwerk plante er die Glyptothek.7 Aus dem Preisausschreiben von 1814 ging Leo von Klenze als Sieger hervor, der aller­ dings auch Bestandteile des Entwurfs von Karl von Fischer in seinen Plan ein­ bezog. 1816 wurde der Grundstein gelegt, 1830 das Museum zum Besuch frei­ gegeben, als erstes öffentlich zugängliches Antikenmuseum in Deutschland. Den Bau der Alten Pinakothek,8 welche die Altdeutschen Meister und die Düsseldorfer Sammlung der Pfalzgrafen aufhehmen sollte, begann der König noch im ersten Jahr seiner Regierung 1826, 1836 war er vollendet. Auch dieses Museum wurde alsbald der Öffentlichkeit zugänglich. Architekt war wieder Klenze.

2 Messerer, Briefwechsel (vor § 6); Ch. Heilmann (Hg.), J.G. v. Dillis 1759-1841. Landschaft u. Menschenbild, 1991 (Katalog). 3 W. Frhr. v. Pölnitz, Ludwig I. v. Bay­ ern u. Joh. Martin v. Wagner. Ein Beitr. z. Gesch. d. Kunstbestrebungen Kg. Lud­ wigs I., 1929; Ludwig I. Eine Darst. seiner Sammeltätigkeit, hg. v. R. an der Heiden u. G. Goldberg, 1986 (Katalog); Vorwärts, vorwärts I 236-248; Haller v. Hallerstein in Griechenland, hg. v. H.G. Bankel, 1986. 4 R. Wünsche, «Göttliche, paßliche, wünschenswerthe und erforderliche Antiken». Leo Klenze u. d. Antikenerwerbungen Lud­ wigs I. (Ein griechischer Traum, s. § 7 a) 82fr.; Die erträumte Nation (§ 8e). 3 Spindler 175; Vorwärts, vorwärts I 237. 6H.W. Müller, Beitr. z. älteren Erwerbungsgesch. d. in d. staatl. Sammlung Ägyp­

tischer Kunst zu München befindl. Skulptu­ ren u. Altertümer (FG Spindler III) 101-155. 7 Spindler 103 ff.; Wünsche (Anm. 4) 37 ff.; Glyptothek - München 1830-1980, 1980 (Katalog); W. Schlegel, Kronprinz Ludwigs Gründung d. Glyptothek u. d. Rol­ le Maler Müllers als Kunstagent (Pfälzer Heimat 37) 1986, ioi-m; B. Schwahn, Die Glyptothek in München. Baugesch. u. Ikonologie, 1983; Dirrigl 277-286; vgl. auch I. Springorum-Kleiner, Karl v. Fi­ scher 1782-1820, hg. v. W. Nerdinger, 1983. 1 Dirrigl 258-266; P. Böttger, Die Alte Pinakothek in München. Architektur, Aus­ stattung u. museales Programm, 1972; «Ihm, welcher der Andacht Tempel baut ...». Lud­ wig I. u. d. Alte Pinakothek. FS zum Jubilä­ umsjahr 1986, 1986; s. auch Anm. 12.

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Das war jener Künstler, den Ludwig I. allen anderen, die er beschäftigte, vor­ zog. Auch wenn er sich in seinen vielen Bauten nicht auf einen Stil festlegen lassen wollte, sondern frei sein wollte, nach Bauzweck und lokalen Gegeben­ heiten aus der Fülle historischer Vorbilder selbst auszuwählen, so wirkte doch das große Jugenderlebnis der Begegnung mit der Antike in Rom und Süditalien in ihm so kraftvoll nach, daß ihn Klenze, dieser rückhaltlose Bewunderer klas­ sischer Kunst, immer wieder für die Formensprache des griechischen Tempels begeistern konnte. Klenze9 kam aus Mecklenburg, 1815 hatte ihn der Kron­ prinz für seine künftigen Pläne gewonnen, 1816 kam er nach München, seine Absicht, «Großes und Außerordentliches» (Gollwitzer) zu leisten, konnte er in den langen Jahren fruchtbarer und spannungsreicher Zusammenarbeit mit dem König in reichem Maße verwirklichen, als schöpferischer Architekt wie als ge­ nialer Organisator der gesamten Bautätigkeit des Königs, der ihn an die Spitze der neugeschaffenen Obersten Baubehörde gestellt hatte. Konflikte des selbst­ bewußten Künstlers mit dem König, noch mehr mit den anderen großen Künstlern, die Ludwig in seine Dienste gezogen hatte, mit Gärtner,10 dem Er­ bauer der Ludwigskirche und der Staatsbibliothek, mit Ziebland,11 den der Kö­ nig nach Italien geschickt hatte, um die großen frühchristlichen Basiliken, das Vorbild für St. Bonifaz in München, zu studieren, mit Peter von Cornelius,12 der die Fresken für die Glyptothek, später die Loggia der Alten Pinakothek und die Fresken für St. Ludwig schuf, resultierten vor allem aus der großarti­ gen Einseitigkeit Klenzes, der nur die klassische Kunst der Antike und ihre Nachahmung in der italienischen Renaissance gelten lassen wollte. Klenze war der einzige unter den Architekten Ludwigs I., dem es dabei gelang, im Neo­ klassizismus der Alten Pinakothek eine neue, gültige Stilform zu schaffen. Der König selbst war bei aller Übereinstimmung mit Klenze nicht gewillt, sich von ihm allein abhängig zu machen, und spielte, auch um ihren Ehrgeiz anzuspor­ nen und jeweils die ihm als ideal erscheinende Lösung zu erzwingen, die Künstler gegeneinander aus, während er sie gleichzeitig aufs großartigste för-

9 N. Lieb, Klenze u. d. Künstler Lud­ wigs I. Aus dem Schriftwechsel d. Königs u. d. Architekten (FS Snindler) 657-676; O. Hederer, L. v. K. Persönlichkeit u. Werk, 19812; H. Habel, Der Königsplatz in Mün­ chen als Forum d. Philhellenismus (Jb. d. Bayer. Denkmalpflege 33) 1981, 175-198; G. Haltrich, L. v. K. Die Allerheiligenhof­ kirche in München, 1983; Ein griech. Traum (§ 7 a); A. v. Buttlar, Leo v. Klenze. Leben - Werk - Vision, 1999; H. Glaser, Leo v. Klenzes Bericht über seine ersten Begegnun­ gen mit Kronprinz Ludwig v. Bayern (FS Kraus II) 2002, 285-319. S. auch Anm. 19. 10 K. Eggert, F. v. Gärtner. Der Baumei­ ster Kg. Ludwigs I., 1963; O. Hederer, F. v.

G. 1792-1847. Leben, Werk, Schüler, 1976; W. Nerdinger (Hg.), F. v. G. Ein Architek­ tenleben 1791-1847. Mit den Briefen an J.M. v. Wagner (Katalog), 1992. " B.-V. Kamapp, G.F. Ziebland 18001873 (OA 104) 1979, 7-116. 12 St. Bielmeier, Gemalte Kunstgesch. Zu den Entwürfen von Peter Cornelius f. d. Loggien d. Alten Pinakothek, 1983; H. Grassl, Die Fresken von P. C. f. d. Glypto­ thek u. d. Alte Pinakothek (Vorwärts, vor­ wärts II) 441-454; F. Büttner, P. C. Fres­ ken u. Freskenprojekte I, 1980; Ders., Bau u. Ausmalung d. Ludwigskirche (St. Ludwig, s. § 7 a) 121-166.

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derte, Ziebland, Schwanthaler,'3 Peter Heß, Carl Rottmann, Joseph Stieler, J. Schnorr von Carolsfeld und die jungen Maler, die er in Rom kennengelemt hatte,’4 vor allem Peter Cornelius. 1818 hatte ihn der Kronprinz aus Düsseldorf nach München geholt, für kurze Zeit war er Direktor der Kunstakademien in beiden Städten, bis er sich ganz für München entschied, mit großem Enthusias­ mus,13 1516und hier eine bedeutende Schule begründete, nicht unangefochten, 14 auch vom König zuletzt verkannt, der für das romantisch-theologische Bild­ programm der Ludwigskirche keinen Sinn hatte. 1841 folgte er verärgert einem Ruf nach Berlin, erst nach langen Jahren kam es wieder zur Versöhnung mit dem alten König, dem er nachträglich außerordentliche Verdienste um die Kunstpflege in Deutschland bescheinigte.'6 Das Urteil des großen Malers gilt nicht nur für seine Kunstgattung, die in der Tat in München in den Jahrzehnten Ludwigs I. aufblühte wie nie zuvor, son­ dern in erster Linie für die Architektur. Der König wollte nicht nur Napoleon nachahmen oder gar übertreffen, wenn er das auch einmal gesagt hat, jedenfalls ist er bald über jene ängstliche Beflissenheit hinausgewachsen, die jeder bloßen Nachahmung eignet. Er wollte Großes und hat es erreicht. Sein Bauprogramm war königlich,'7 die Bauten das Werk eines Königs, politisch bestimmt und politisch wirksam, nicht Ausdruck reinen Mäzenatentums. Auch die Museen, die Glyptothek, die Alte Pinakothek, zu denen 1846—1853 noch die Neue Pina­ * kothek' hinzukam und 1838-1848 die Neue Staatsgalerie von Ziebland, be­ stimmt für die Werke zeitgenössischer Malerei, hatten neben der pädagogi­ schen auch ihre fundamentale politische Funktion. Sie dienten in ihrer Monu­ mentalität der Repräsentation königlicher Größe, nicht anders als jene Bauten, denen jeder praktische Bezug fehlte, die großen, von ihm z.T. schon in der Kronprinzenzeit geplanten Nationaldenkmäler,'9 in München die Ruhmeshalle 13 F. Otter, L. Μ. Schwanthaler 18021848, 1970. 14 G. Scheffler, Dt. Künstler um Lud­ wig I. in Rom. Katalog z. Ausstellung d. Staad. Graph. Sammlung in München, 1981; Kg. Ludwig I. v. Bayern u. d. romant. Künst­ ler aus d. Pfalz (Katalog), 1986; Greipl (§ 6 Anm. 5); U. v. Hase, Joseph Stieler 17811858. Sein Leben u. sein Werk, 1971; Vor­ wärts, vorwärts I 31-37, 97-104, 265-286. 15 Am 31. Oktober 1824 schrieb er an Graf Thürheim: «Mein persönliches Ver­ hältnis zu dem humanen und kunstliebenden Hof in München, besonders zum Kron­ prinzen, ist eines der glücklichsten, deren je Künstler zu ihren Fürsten sich erfreuen; die Aussicht auf künftige, praktische Ausübung in der Kunst ist wahrhaft großartig» (zit. Dirrigl 237). 16 «Was Er mir auch im Leben zu leide getan, Er ist doch deijenige, der der neuen

Kunst eine Heimat bereitet, ohne den wir in Deutschland kein Kunstleben hätten, und vor diesem Verdienst schweigt jedes persön­ liche Interesse» (zit. Dirrigl 256). 17 Zum politischen Bezug von Ludwigs Bauprogramm s. vor allem Gollwitzer, Ludwig I. 745-765; C. Friedrichs-Fried­ länder (§ 7 a). 18 W. Mittelmeibr, Die Neue Pinakothek in München 1843-1854. Planung, Baugesch. u. Fresken. Mit einem Beitr. über d. Samm­ lung Ludwigs I. v. Ch.H. Heilmann, 1977. 19 Ludwig I., Walhalla’s Genossen (vor § 6); Körner, Geschichte 252-271; H. Scharf, Nationaldenkmal u. nationale Frage in Deutschland am Beispiel d. Denkmäler Ludwigs I. v. Bayern u. deren Rezeption, Diss. Frankfurt/M. 1985; A. v. Buttlar, L. v. Klenzes Entwürfe z. Bayer. Ruhmeshalle (Architectura 1) 1985, 13-32; Frühwald (§ 7 a); Gollwitzer, Ludwig I. 107; R.

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(1843-1853), als dorische Säulenhalle von Klenze konzipiert, die zur Aufnahme von Büsten verdienter Bayern bestimmt war, bei Donaustauf die ebenfalls von Klenze erbaute Walhalla, geweiht dem Andenken großer Deutscher, und die Befreiungshalle bei Kelheim (1842—1863), mit deren Bau er beauftragt war, die an den Sieg über Napoleon erinnern sollte, das gemeinsame Werk der deut­ schen Fürsten. Auch der Abschluß jenes der Residenz zugeordneten Platzes, auf dem die Glyptothek und die von Klenze geschaffenen Propyläen stehen, hatte nicht nur eine ästhetische, sondern eine eminent politische Funktion; sie, die Nachbildung der Propyläen der Akropolis zu Athen, waren Symbol für die Be­ freiung Griechenlands und Denkmal des Anteils, der Ludwig I. und seinem Sohn Otto, der ganz Bayern daran zukam.20 Als Nationaldenkmäler galten ihm auch jene großartigen Bauwerke des deutschen Mittelalters, die aus romanti­ schem Geist endlich vollendet werden sollten, der Dom zu Köln,21 dessen gesamtdeutsche Symbolhaftigkeit Ludwig I. durch Stiftung kostbarer Glasfen­ ster unterstreichen wollte, nicht zuletzt, um ein Gegengewicht gegen alleinige preußische Ambitionen zu setzen, und die Dome zu Regensburg und Speyer,22 deren Erneuerung und, zu Regensburg, schließlicher Abschluß dem König- als urbayerisches Anliegen galten. Auch die Kirchenbauten Ludwigs L, die er selbst aufführen ließ oder anregte und aus der Kabinettskasse unterstützte, sind nicht einfach Zeugnisse frommen Sinns, am ehesten noch die Mariahilfkirche in der Au (1831-1839), entworfen von Ziebland, ausgeführt durch J.D. Ohlmüller, auch ihnen kommt in den herausragenden Denkmälern eine gewisse politische Bedeutung zu, so der Kir­ che von St. Bonifaz, der ein Kloster beigegeben wurde, die monumentale Grablege für den König selbst, oder der Kirche St. Ludwig23 in der LudwigStraße. Geweiht König Ludwig dem Heiligen, seinem Namenspatron, war ihr Standort bereits Programm. An der Prachtstraße gelegen, die nach dem König benannt werden sollte und die in ihrer Funktion vor allem auf die Residenz be­ zogen war,24 das politische, damit auch moralische Zentrum des Landes, lag sie, Stolz, Die Walhalla. Ein Beitr. z. Denkmals­ gedanken im 19. Jh., 1977; V. Loers, Wal­ halla zw. Historie u. Historismus (VHOR 119) 1979, 345-370; J. Traeger, Die Wal­ halla. Idee, Architektur, Landschaft, 19802; J. Erichsen, Walhalla als Programm. Zum Thema d. Ausstellung (Vorwärts, vorwärts I) 13-19; U. PusChner u. I.-U. Paul, «Wal­ halla’s Genossen» (ebd. II) 469-495; Schmitz (§ 6 Anm. 13); E. Schmid, Die Planungsgesch. d. Walhalla-Giebelfelder 1809-1842 (Ars Bavarica 67/68) 1992, in-157. 20 Habel (Anm. 9). 21 Körner, Geschichte 265-269; H.-J. Busley, Ludwig I. v. Bayern u. d. Kölner Dom (FG Spindler III) 75-100. S. auch Dirrigl 214-218; Gollwitzer, Ludwig I. 742.

22 V. Loers, Die Barockausstattung d. Regensburger Doms u. seine Restauration unter Kg. Ludwig I. v. Bayern (1827-1839) (Beitr. z. Gesch. d. Bistums Regensburg 10) 1976, 229-266; S. Raasch, Restauration u. Ausbau d. Regensburger Doms im 19. Jh. (ebd.) 137-304; J. Zink, Ludwig I. u. d. Dom zu Speyer, 1986. Vgl. K. Möseneder, Denkmalkirche - Museumskirche (FS Kraus II) 2002, 370. 23 St. Ludwig in München (8 7 a). 24 Μ. Bringmann, Das Siegestor als Ruhmesmal d. Ludwigstraße. Versuch einer Deutung (Denkmäler im 19. Jh. Deutung u. Kritik, hg. v. H.-E. Mittig u. V. Plage­ mann) 1972, 69-106; H. Lehmbruch, Seit Nero keiner mehr. Die LudwigstTaße u. d.

§ 7· Die innere Politik: Die staatliche Konsolidierung des neuen Bayern (A. Kraus)

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bestimmt zur Universitätskirche, der Universität gegenüber, seinem geistigen Zentrum. Bei der Planung der Ludwigstraße trat Ludwig I. unmittelbar in Kon­ kurrenz zu Napoleon I., dessen Prachtstraße, die Pariser Champs-Elysées, als Vorbild unübersehbar ist, bis hin zum triumphalen Abschluß durch das Sieges­ tor. In unüberbietbarer Hartnäckigkeit brachte Ludwig I., vor allem gegen den Widerstand der sparsamen Stadtväter, ein Bauprogramm zum Abschluß, das mehr als alles andere Ludwigs Sinn für das Große, Monumentale sinnfällig vor Augen fuhrt. Wenn auch der grandiose Bau der Staatsbibliothek (1832-1842), ein Werk Gärtners, wie die Universität (1835-1846) besonders herausragen, so war doch die ganze Straße ein Gesamtkunstwerk in einheitlicher Grundform, deren Vorbilder im Florenz und Rom der Renaissance erstanden waren. Die Anfänge der Pläne Ludwigs I. zur Ausgestaltung seiner zukünftigen Hauptstadt gehen schon in die Kronprinzenzeit zurück. Klenze war an ihnen beteiligt, vor allem bei der Planung der von der Residenz ausgehenden Brienner Straße und ihrem wirkungsvollen Abschluß durch den Königsplatz und die Propyläen; die Ludwigstraße gestaltete weitgehend Gärtner. Die Residenz25 selbst, für die Ludwig I. von 1826 bis 1835 Klenze den Königsbau am Max-Jo­ seph-Platz und von 1832 bis 1842 den Festsaalbau am Hofgarten errichten ließ, als Hofkapelle nach dem Vorbild der Capella Palatina zu Palermo die Aller­ heiligenhofkirche (1826—1837), stellte in den Augen Ludwigs I. sicherlich die Krönung der gesamten Bautätigkeit seiner Regierungszeit dar, sie war damals einmalig in Deutschland und erregte auch entsprechendes Aufsehen. In Bayern, vor allem im Landtag und in der Stadt München selbst, deren Repräsentanten in ihrer Kurzsichtigkeit nicht einmal die unmittelbaren Vorteile dieser Bautä­ tigkeit für Arbeitsbeschaffung und Heranbildung eines leistungsfähigen Kunst­ gewerbes begriffen, dominierten Ablehnung und Widerstand. Auch in der Ge­ genwart finden sich Stimmen, die hämisch auf die zornigen Ausbrüche über «Kunstknebelei» und dergleichen verweisen, die Klenze seinem Tagebuch an­ vertraute, und die so ungerecht waren wie seine Ausfälle gegen andersden­ kende Kollegen,26 doch stehen sie allein und stoßen meist auf Ablehnung.27 Soweit die historistische Grundeinstellung Ludwigs zur Kunst, seine grundsätz­ lich vermittelnde Haltung zwischen der antikisch-humanistischen Richtung und der patriotisch-romantischen, christlich-historischen Kritik weckt, wie schon bei Klenze, wird man nicht umhin können, den Charakter der Epoche

Stadtplanung Ludwigs I. für München (Ro­ mantik u. Restauration, s. $ 7 a) 17-34; Kraus, Residenz (Anm. 1) 95-110. 25 Ebd.; E.-M. Wasem, Die Münchner Residenz unter Ludwig I. Bildprogramme u. Bildausstattung d. Neubauten, 1981; s. auch Körner 269 fr. 16 Dazu Spindler, Bauherr (§ 7 a) 337. 27 Zur einseitigen, nur negative Zeugnisse registrierenden, Zeitströmungen und subjek­

tive Absichten des Königs weithin ignorie­ renden Kritik bei W. Nerdinger, Weder Hadrian noch Augustus. Zur Kunstpolitik Ludwigs I. (Romantik und Restauration, s. §72) 9-16, s. Liebhart (vor $ 6) 8of.; Glaser, «Dies merkwürdige» (vor $ 6) 136 u. ö.; vgl. auch die Diskussion des Kollo­ quiums zu Ludwig I. (ZBLG 58) 1995, 118, 123 f.

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selbst zu bedenken.28 Es kam dem König überhaupt nicht, darauf weist H. Gla­ ser hin,29 «primär auf die formal-künstlerische, sondern auf eine inhaltlich-poli­ tische Aussage», in erster Linie auf die emotionale Wirkung der künstlerischen Vergegenwärtigung einer großen Vergangenheit,30 auf eine pädagogische Wir­ kung an, die mittelbar und unmittelbar auf eine politische zielte. Die «Monumentalisierung des Königtums», von der Hermann Bauer spricht3' und die als Antrieb nicht geleugnet werden soll, das bewußte Streben nach hi­ storischer Größe durch einzigartige Kunstpflege, ist eine politische Handlung; «der Monarchie eine höhere Weihe zu geben», wie Gollwitzer den gleichen Sachverhalt benennt,32 dient aber nicht nur der Glorifizierung seiner eigenen Person. Für Ludwig I. war das Königtum an sich ein Wert außerhalb jeder Dis­ kussion, und so war auch der Kult der Dynastie, der sich im Denkmal äußert, als Mittel zur Erzielung staatsbürgerlichen Bewußtseins unverzichtbar, nicht zuletzt auch in seiner Wirkung im Hinblick auf die Integration Alt- und Neu­ bayerns.33 Zusammenhalt bedarf der Mitte; das Bewußtsein, einen großen Herrscher zu haben, war zu allen Zeiten der stärkste gemeinschaftsbildende Impuls. Ludwig I. hat nicht nur für sich und sein Augenblicksprestige gebaut. Die Museen waren auch damals schon für das Volk bestimmt, wir freuen uns heute noch daran. Selbst wer den Nationaldenkmälern nicht in ihrer ursprünglichen Intention folgen will, wird ihren großen Eindruck nicht leugnen, zahllose Be­ sucher wollen sie sehen. «Bleibende Spuren»,34 mehr noch, bleibende Wirkung, hinterließ der König in seiner Hauptstadt, die er, wie Treitschke sagt, «zu einer der großen Bildungsstätten» erhob, «deren das deutsche Leben nicht mehr ent­ behren kann».35 Dem Urteil von Gollwitzer, das er von Hermann Bauer ohne Einschränkung übernommen hat, darf sich auch der nüchterne Betrachter gegenwärtiger Zeiten anschließen: «Welche Gesamtleistung! Sie steht im Deutschland und Europa der Zeit Ludwigs I. ohne Vergleich da».36 b) Schule und Unterricht — Bildung und Wissenschaft Zur Entwicklung der Studienordnungen, Lehrpläne und dem Wandel der Organisations­ formen, zur personellen und inhaltlichen Seite von Bildung und Wissenschaft s. HB IV/2. Ludwig I. v. Bayern. Der königl. Mäzen (§ 7 a) 45-64 (Lit.); U. Huber, Universität u. Ministerialverwaltung. Die hochschulpolit. Situation der Ludwig-Maximilians-Univ. Mün­ chen während d. Ministerien Oettingen-Wallerstein u. Abel (1832-1847), 1987; L. Boehm,

18 So Spindler, Bauherr (§ 7 a) 322; Gollwitzer, Ludwig I. 117; s. Anm. 17, 24 u. 25. 29 Glaser, «Dies merkwürdige» (vor § 6) 136; Ders. (§ 7 a). 30 Erichsen (§ 7 a). 31 H. Bauer, Geschichtstaler, Münzen u. Geschichtsbewußtsein unter Kg. Ludwig I., 1983, zit. bei Gollwitzer, Ludwig I. 765.

32 Gollwitzer, Ludwig I. 765 33 Körner, Geschichte 114-126; s. auch ebd. 226-233, 565 f.; Gollwitzer, Ludwig I. 15734 Glaser, Wittelsbach (vor § 6) 61. 35 H. v. Treitschke, Dt. Gesch. im 19. Jh. III, 19086, 348, zit. bei Gollwitzer, Lud­ wig I. 765· 36 Ebd.; vgl. auch ebd. 745.

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Katholizismus, Bildungs- u. Hochschulwesen nach d. Säkularisation (Katholizismus, Bildung u. Wiss. im 19. und 20. Jh., hg. v. A. Rauscher) 1987, 9-39; W.K. Blessing, Allgem. Volks­ bildung u. polit. Indoktrination im bayer. Vormärz. Das Leitbild d. Volksschullehrers als mentales Herrschaftsinstrument (ZBLG 37) 1974, 479-568; R. Roth, Polit. Bildung in Bay­ ern. Eine hist.-polit. Untersuchung d. Bemühungen um polit. Bildung an d. Volksschulen Bayerns in d. Zeit der Monarchie, 1974; F. Sonnenberger, Stagnation oder Konsolidierung? Zur Entwicklung d. bayer. Volksschule unter Ludwig I. (Schulgesch. im Zusammenhang d. Kulturentwicklung, hg. v. L. Kriss-Rettbnbeck u. Μ. Liedtke) 1983, 168-183; hl. Liedtke, Handbuch d. Gesch. d. bayer. Bildungswesens II, 1993; Erb (§ 6 Anm. 7).

In einer gewaltigen Kraftanstrengung suchte Ludwig I., das ist einer der wichtigsten Aspekte seiner Bautätigkeit für München, die Entwicklung der Loslösung Münchens als Kapitale von der Residenz aufzuhalten oder doch zu erreichen, daß München immer noch und trotzdem Residenzstadt blieb, gestal­ tet von einem einzigen Willen, dem des Herrn der Residenz. Und seine Bau­ tätigkeit war nicht so sehr die eines Mäzens, der Schönes schaffen wollte für seine Zeit und die Nachwelt, sondern das Werk eines Staatsmannes, der damit zeigte, daß er König sein und bleiben wollte, trotz der Entwicklung zum «Or­ gan des Staates». Legitimerweise steht deshalb auch heute noch, oder gerade heute, dieser Ausschnitt aus seiner Regierungstätigkeit im Vordergrund. Hier wird sein Wollen und Streben in voller Größe unverhüllt sichtbar; es wäre kleinlich, die Motive bis ins einzelne zu zergliedern. Gleiches läßt sich nicht von allen Bereichen sagen, doch ist bei der gesamten inneren Politik sein be­ stimmender Wille vorauszusetzen, auch wenn nicht stets Plan und Absicht des Königs nachweisbar sind. Das gilt vor allem für den kulturellen Sektor insge­ samt. Hier sind die unmittelbaren Eingriffe des Königs nicht immer so leicht zu verfolgen wie bei seiner Bautätigkeit, die sich immer komplexer gestaltenden Verhältnisse verboten solches auch mehr und mehr. Daß ihm aber vor allem der Bereich von Schule und Unterricht, Bildung und Wissenschaft sehr am Herzen lag, zeigt bereits eine seiner ersten großen Regierungsmaßnahmen, die Errichtung einer eigenen Sektion für diesen Bereich im Innenministerium, dem Obersten Kirchen- und Schulrat, am 31. Dezember 1825.37 Die Leitung er­ hielt der bisherige Generalsekretär im Justizministerium Eduard von Schenk, ihm unterstanden die Universitäten und das gesamte Schulwesen, auch hatte er im Hinblick auf die Kirchenpolitik des Königs größten Einfluß.38 In allen Grundsatzfragen, im Bereich der Personalpolitik an den Universitäten und Ly­ zeen, nicht zuletzt in der Behandlung der Finanzen - Ludwigs Sparpolitik war auf diesem Sektor so drückend wie auch sonst39 — war die Hand des Königs unmittelbar zu spüren.

1. Die Universitäten. Dies gilt vor allem für die Universität, jenen Raum, der für die Erziehung und Ausbildung der künftigen Bildungsträger von entscheiden-

37 Spindler 118; Huber (§ 7b) 15. ” S. §7c.

39 Huber (§ 7 b) 469fr. u.ö.; Gollwitzer, Abel 391 f, 419.

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der Bedeutung ist. Zwar wird im Universitätsbereich auch weithin die eigene Handschrift der Minister sichtbar,40 doch bedeutet das nicht, daß dabei nicht die Generallinie durch den König vorgegeben und mit gewohnter Ent­ schiedenheit durchgesetzt wurde. Das herausragende Ereignis in diesem Be­ reich war die Verlegung der altbayerischen Landesuniversität von Landshut nach München.4' Seit 1815 bereits erwogen, wurde sie entsprechend der Denkschrift von Schenk vom 13. April 1826 ins Werk gesetzt, am 15. November 1826 war die feierliche Eröffnung mit etwa 900 Studenten, notdürftig untergebracht im Wilhelminum in der Neuhauser Straße. 1835 bis 1840 entstand das Universitätsgebäude an der Ludwigstraße, 1842 konnte es bezogen werden. Die von Ludwig I. bei der Verlegung verfolgten Absichten waren typisch für ihn: einerseits Steigerung der wissenschaftlichen Bedeutung der Universität durch personelle Verbindung mit der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, an­ dererseits die daraus resultierenden Einsparungen an Gehältern. Den Haupt­ zweck erreichte er trotzdem, durch die Universität gewann die Residenzstadt München in Deutschland ein erhöhtes Ansehen. Die Berufungspolitik des Königs und seines Beraters Eduard von Schenk war nicht nur von wissenschaftlichen Erwägungen bestimmt — denen der König wenig Bedeutung zumaß -, sie zielte auf die Gewährleistung eines christlich­ konservativen Grundcharakters der Universität, vor allem auf Abwehr des Gei­ stes der Aufklärung. Die Berufung von Schelling und der Einfluß des Ludwig I. nahestehenden Arztes J. N. von Ringseis, insgesamt der lange Zeit spürbar do­ minierende Görreskreis, im Bereich der Theologie der Einfluß Sailers sicherten diese Zielsetzung, doch bedeutete das zunächst keine spürbare Minderung des wissenschaftlichen Ranges.41*Der Physiologe Lorenz Oken, der aus Jena beru­ fen wurde, der Botaniker Philipp Martius, der Erforscher der Flora Brasiliens, und der Naturforscher Gotthilf Heinrich Schubert gehörten zu den ersten Ver­ tretern ihrer Fächer in Deutschland. Die Berufung von Joseph Görres auf den Lehrstuhl für Geschichte, nachdem die Versuche, Friedrich von Raumer oder Ranke zu gewinnen, gescheitert waren, war nicht von wissenschaftlichen Gesichtspunkten diktiert, sondern erfolgte auf den Rat von Schenk, Ringseis und Sailer hin im Hinblick auf die Görres zugeschriebene allgemeine Bedeu­ tung als sprachgewaltiger Interpret der christlichen Weitsicht.43 Bedeutenden

40 Huber 503. 41 Spindler 121 ff.; Dirrigl 466-679 (der jedoch alles, auch die wissenschaftlichen Leistungen, auf den König zurückfuhrt); Gollwitzer, Ludwig I. 549-559; Theol. Realenzyklopädie XXIII, 1994, 403 ff.; L. Boehm u. J. Spörl (Hgg.), Ludwig-Maximi­ lians-Univ. Ingolstadt-Landshut-München, 1472-1972, 1972; Dies. (Hg.), Die LudwigMaximilians-Univ. in ihren Fakultäten, 2 Bde., 1972/80; Ludwig-Maximilians-Univ.

München 1472-1972, hg. v. Rektorats­ kollegium d. Univ. München, 1972. 41 Zur wissenschaftlichen Bedeutung der Professoren d. bayer. Universitäten zur Zeit Ludwigs I. s. Spindler 123 ff.; HB IV/2. Zur Einflußnahme verschiedenster Art s. auch Huber (5 7 b) 457 u.ö. 41 Zu Görres s. Anm. 108. Zum Einfluß Sailers bei seiner Berufung nach München s. auch Loichinger (§ 6 Anm. 91) 136fr

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Rang als Gelehrte besaßen der Erforscher des Sanskrit Othmar Frank, der Philologe Friedrich von Thiersch, der auch für die Studienordnung an den Gymnasien entscheidende Richtlinien entwarf, und der mit der Münchner Theologie für das ganze 19. Jahrhundert verbundene Kirchenhistoriker Ignaz Döllinger. Auch unter Ludwig I. berufen wurden Max von Pettenkofer, der Bahnbrecher der modernen Hygiene, der Physiker C.A. Steinheil, der liberale Staatsrechtler J. C. Bluntschli, der große Chemiker Justus von Liebig und Adam Möhler, der führende Dogmatiker in Deutschland. Es wäre grundfalsch, aus der beengenden politischen Situation an der Münchner Universität auf wissen­ schaftlichen Niedergang zu schließen.44 Für München wollte der König zwar den bestimmenden Einfluß christlicher Grundanschauung, aber ohne das ausgeprägte Übergewicht einer Konfession, wenngleich seit 1837 deutliche Bevorzugung katholischer Interessen spürbar wurde. Vorwiegend katholisch geprägt sollte dagegen die Universität Würz­ burg sein,45 rein evangelisch die Universität Erlangen.46 Entsprechend war die Berufungspolitik;47 Berufungen erfolgten seit 1831 in der Regel «ohne Befra­ gung der Senate und Fakultäten», wobei den König vor allem interessierte, ob die in Aussicht genommenen Professoren «gute Gesinnung» hätten; maßgebend war für ihn daneben auch der finanzielle Aspekt.48 Seit 1832, besonders dann unter Abel, verschärften sich die politischen und weltanschaulichen Kriterien bei Personalentscheidungen noch, bis zur Undurchsichtigkeit.49 So wurde Schellings Weggang 1841 geradezu begrüßt, nachdem der Okens 1832 bereits richtiggehend erzwungen worden war. F.J. Stahl, der herausragende Staats­ philosoph Bayerns, wurde 1837 wegen seiner Haltung zum Landtag gemaßre­ gelt, 1840 wurde von der Pfordten aus Würzburg entfernt, der spätere bayeri­ sche Minister, 1845 ging Harleß, führender Erlanger Theologe, nach Leipzig. Abel strebte vor allem für München eine systematische Konfessionalisierung an, wobei ihm aber Anhänger der Sailerschen Irenik nicht mehr genehm waren. Die Universität Würzburg war insgesamt in Verruf und wurde regelrecht ge­ säubert; über 30% der Professoren waren, da liberaler Gesinnung verdächtig, davon betroffen.50 Die Forstschule Aschaffenburg wurde 1832 wegen ihrer po­ litischen Haltung aufgelöst und nach München übertragen.51 Diese extreme Bevormundung der Universitäten, mit der übrigens Bayern im Zeitalter der Demagogenverfolgung nicht allein war,52 stand nicht am Anfang der Regierungszeit Ludwigs I., sie war eine Folge der politischen Ereignisse seit 1831. Zunächst war für die bayerischen Universitäten, unter der Federführung

44 Vgl. auch A. Kraus, Wissenschaft u. Schule unter Maximilian II. (Brandmüller III) 199 f 45 FS 400 Jahre Univ. Würzburg, hg. v. P. Baumgart, 1982. 46 A. Wendehorst, Gesch. d. Univ. Er­ langen 1743-1993. 1993·

47 Huber (§ 7 b) 73-165. 48 Ebd. 20, 133 u.ö. 49 Ebd. 492f., 115fr., 448. 50 Gollwitzer, Ludwig I. 555 ff.; Ders., Abel 407-419. 51 Huber (§ 7b) i54f. 52 Gollwitzer, Abel 41 if.

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von Thiersch, mit der Satzung von 1827 das Vorbild der Göttinger Liberalität maßgebend; die Satzungen von 1835 und 1838 verschärften aber dann die Staatsaufsicht ungemein, erst 1847 zeichnete sich wieder eine Lockerung ab. Von Freiheit der Forschung und der Lehre konnte nicht mehr die Rede sein, noch weniger von Freiheit des Studiums. Der König kontrollierte sogar per­ sönlich die Vorlesungsverzeichnisse.33 Die Verschärfung der Staatsaufsicht seit 1832 traf vor allem die Studenten­ schaft. Noch 1829 hatte Ludwig I. selbst die Bildung von Burschenschaften ge­ nehmigt,34 im Januar 1832 forderte er vom neuen Innenminister OettingenWallerstein strenge Maßnahmen gegen sie, befahl die Wiedereinsetzung eines außerordentlichen Ministerialkommissärs zur Überwachung der Studenten­ schaft an den Universitäten, entsprechend den 1819 angeordneten Maßnahmen, die Disziplinarmaßnahmen schlossen auch Wohnungsdurchsuchungen ein. Nicht erst unter Abel war das Kontrollsystem an den Universitäten perfekt.33 Den Schock der Münchner Studentenunruhen im Dezember 1830 hat Lud­ wig I. nie verwunden. 2. Lyzeen — Gymnasien — Volksschule. Eine Zwischenstellung zwischen den Uni­ versitäten und Gymnasien nahmen seit 1773 die Lyzeen53 *56 ein, wurden aber durch die Gymnasialreform von Thiersch, der selbst am Münchner Lyzeum ge­ lehrt hatte, zu einer philosophischen Vorschule zur Universität, 1829/30 aus der allgemeinen Schulorganisation herausgenommen, trotz des Widerstands von Schenk. Das philosophische Propädeutikum wurde in die letzte Gymna­ sialklasse verlegt. Seit 1831 galt das besondere Interesse des Königs diesen Bil­ dungsanstalten wegen ihrer strengen Disziplin und Prüfungs- wie Studien­ ordnung. Jeder Regierungsbezirk sollte in Zukunft ein solches Lyzeum erhal­ ten. Durch das «Grundgesetz der bayerischen Lyzeen» (R. A. Müller), das Orga­ nische Statut von 1833, erhielten die Lyzeen, weithin gleichgestellt mit den Universitäten, einen umfassenden Bildungsauftrag, der neben Theologie Philo­ sophie, Geschichte und Naturwissenschaften umfaßte. Die Studiendauer war auf fünf Jahre festgelegt, ein Jahr länger als an einer Universität. Die Professo­ ren mußten durch Habilitation ihre Qualifikation nachweisen, ihre Besoldung entsprach jener der außerplanmäßigen Universitätsprofessoren. Die Absicht des Königs jedoch, in den Lyzeen straff disziplinierte Bildungsanstalten allgemeinen Charakters zu gewinnen, scheiterte an der längeren Studiendauer, die Studen­ tenzahlen sanken rapide, im wesentlichen beschränkte sich der Zugang auf 53 H. Dickerhof, Dokumente z. Studien­ gesetzgebung in Bayern in d. ersten Hälfte des 19. Jhs., 197s; Ders., Bildung u. Aus­ bildung im Programm d. bayer. Universitä­ ten im 19. Jh. (HJb. 95) 1975, 142-169; Hu­ ber (§ 7b) 183 f, 232f; Gollwitzbr, Lud­ wig I. 553—559; Ders., Abel 4ooff., 420. 34 Gollwitzer, Ludwig I. 554.

55 Huber (§ 7b) 20, 189-199, 209fr., 214; Gollwitzbr, Abel 421-426. 56 Spindler 129; Huber (§ 7b) 132, 229; Gollwitzer, Abel 402 f; R. A. Müller, Akad. Ausbildung zw. Staat u. Kirche. Das bayer. Lyzealwesen 1773-1848/49, 1986; Holzfurtner (vor § 6) 140.

§ 7· Die innere Politik: Die staatliche Konsolidierung des neuen Bayern (A. Kraus)

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künftige Theologen, letzten Endes blieben sie nur als theologische Spezial­ anstalten erhalten, Vorläufer der späteren Philosophisch-Theologischen Hoch­ schulen. Den Lyzeen gleichgestellt war die 1833 neugegründete Technische Hochschule zu München.57 Die Gymnasien erhielten durch den von Thiersch mit Unterstützung Schel­ lings durchgesetzten neuen Schulplan von 1825 einen allgemeinen Bildungs­ auftrag, dessen strenger neuhumanistischer Charakter in der Schulordnung vom Februar 1829 noch verschärft wurde, 1830 aber wieder eine Revision mit einer stärkeren Berücksichtigung der Realien erfuhr. Der König, der in ihnen in er­ ster Linie Erziehungsanstalten, nicht Ausbildungsstätten sah, griff bei dieser Schulgattung bis in Kleinigkeiten ein, kümmerte sich selbst um Schulbücher, Lehrpläne und um die Auswahl der Lehrer, vor allem legte er den allgemeinen Erziehungsauftrag fest: Erziehung zu Gehorsam, Gottesfurcht, Treue gegenüber dem König.5* Durchdringung mit dem Geist des Christentums war Ludwigs Haupt­ forderung an die Schule überhaupt,59 in erster Linie galt das für die Volksschule. In vielen Äußerungen wandelte der König diese seine Erziehungsgrundsätze ab,60 immer stehen Religiosität und Moralität im Zentrum, auch in der Schul­ ordnung von 1833 mit der Vollzugsinstruktion von 1836 und dem Lehrerbil­ dungsregulativ von 1836. Während die angestrebte konfessionelle Trennung bei den Gymnasien nicht durchzusetzen war, beharrte der König bei den Volksschulen — die er lieber «Teutsche Schulen» genannt wissen wollte — auf strikter bekenntnismäßiger Trennung. Die Schulaufsicht lag in den Händen der Geistlichkeit, mit schwachen Tendenzen zur »Ent-Klerikalisierung» (Gollwit­ zer). Strenge Kontrolle der Lehrerschaft erschien dem König besonders seit 1830 erforderlich; die Auffassung Ludwigs, die Lehrer durch Abhängigkeit ge­ fügig erhalten zu können, nicht nur die rigorose Anwendung seines Sparkurses auf Schule und Lehrerschaft, war verantwortlich für die schlechte wirt­ schaftliche Stellung der Lehrer. Man sollte aber auch nicht übersehen, daß ge­ rade Ludwig I. auch für eine umfassende pädagogische Versorgung seines Lan­ des bemüht war, daß erstmals unter ihm von einer wirklichen Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht gesprochen werden kann.

57 Huber (§ 7 b) 150-159. 58 Gollwitzer, Ludwig I. 546 ff.; Ders., Abel 394-398; s. auch Dirrigl 483; Abdruck d. Ordnung d. latein. Schulen von 1830 bei J. Lindauer, F. Thiersch u. d. bayer. Gym­ nasium (Jahresber. d. Wilhelmsgymn. Mün­ chen) 1980/81, 40-60. 59 Spindler 129. 60 Ein bezeichnendes Signat vermittelt Spindler (Vorwärts, vorwärts II) 37: Die

Volksschule solle «keine Vielwisser, keine Kopfhänger» heranbilden, sondern «gute Christen und brauchbare Hausväter. Uber diesen Zweck soll nicht hinausgegangen werden.» Zur Volksschulbildung unter Lud­ wig I. s. Gollwitzer, Ludwig I. 537-544; Ders., Abel 387-392; Blessing (§ 7 b); Son­ nenberger ($ 7b); Liedtke (§ 7 b).

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A. II. Die Regierungszeit Ludwigs I. (1825—1848)

3. Literatur und Wissenschaft. Es ist erstaunlich, daß Ludwig I., der doch selbst als Dichter — mit weithin politischer, weniger literarischer Absicht freilich61 an die Öffentlichkeit trat, der Goethe zu seinem Geburtstag 1827 persönlich in Weimar das Großkreuz seines Hausordens überreichte, der sich als Freund und Gönner Schillers fühlte, der Jean Paul hochschätzte, überhaupt die Dichter sei­ ner Zeit, der mit der großen Weltliteratur vertraut war wie wohl kaum einer seiner Standesgenossen, keine Anstalten machte, seine Hauptstadt, wie für die Kunst, auch zu einer Pflegestätte der schönen Literatur zu machen. Er forderte als einzigen Dichter Platen, Schenk berief er in hohe und höchste Staatsämter, für Schiller hatte er als Kronprinz Großes vor, Goethe hätte er 1827 gern noch nach München geholt, aber ein System ist in diesen Absichten nicht zu finden. Was er sich wirklich angelegen sein ließ, war eine «Wiedererweckung und Bele­ bung des historischen Sinnes» (Spindler). Die Erziehungsziele, die er der Volks­ schule und der höheren Schule gesetzt hatte, «Religion, Tugend, Vaterlands­ liebe, Liebe und Verehrung gegen den Fürsten, Achtung gegen das Bestehen­ de», erforderten gebieterisch eine herausragende Stellung des Geschichtsunter­ richts.62 Die gleiche Zielsetzung hatte die vom König, darin bestärkt von Jo­ seph von Hormayr, dem Tiroler Politiker von 1809 und nicht unumstrittenen Historiker,63 intendierte «Vermählung von Geschichte und Kunst», besonders durch Errichtung von Nationaldenkmälern, aber auch durch Einführung von Nationalfesten, und die von ihm angeregte und mit Nachdruck überwachte, 1835 auch institutionalisierte systematische Denkmalspflege64 und die Grün­ dung Historischer Vereine mit ihrer Aufgabe der Erhaltung und Pflege ge­ schichtlicher Denkmäler und der lokalen Geschichtsforschung.65 Zeugnis seines 01 Zu Bedeutung, Wirkung u. Aufnahme d. Gedichte Ludwigs I. sei verwiesen auf: Spindler 127 f; Gollwitzer, Ludwig I. 108 f; Dirrigl 850-1010; W. Frühwald, Der König als Dichter. Zur Absicht u. Wir­ kung d. Gedichte Ludwigs d. Ersten, Kgs. von Bayern (Dt. Vjschr. f. Literaturwiss. u. Geistesgesch. 50) 1976, 127-157; Ders., Der König u. d. Literatur. Zu d. Anfängen hist. Dichtung in Deutschland (Vorwärts, vor­ wärts II) 365-384; Ders. (§ 7 a); Th. Rolle, Auf meine Reisen im Königreich. Zur Ent­ stehung u. d. Hintergründen eines Gedichtes Ludwigs I. (ZBLG 50) 1987, 203-214; K.-H. Fallbacher, Literar. Kultur in München z. Zt. Ludwigs I. u. Maximilians II., 1992, 4349. Zur Beurteilung der Gedichte durch GörTes, J. Grimm und Brentano s. H. Raab (Hg.), Joseph Görres (1776-1848). Leben u. Werk im Urteil seiner Zeit (1776-1876), 1985, 292 Nr. 444. Vgl. auch die Einleitun­ gen zu den verschiedenen Ausgaben der Ge­ dichte Ludwigs (vor § 6). S. auch § 10 Anm. 39. 43-

62 Spindler 13i; W. Weigand, Ziele u. Inhalte des Fachs Geschichte a. d. Schulen z. Zt. von Ludwig I. (Vorwärts, vorwärts II) 289-306; Körner, Geschichte 417-562. 63 Krauss (§ 6 Anm. 37). 64 Erichsen (§ 7 a); Ders. (Vorwärts, vor­ wärts I) 23-150; Körner, Geschichte 113170, 325-412; W. Lübbeke, «Vergangenheit und Gegenwart in eins». Zur Gesch. d. Pfle­ ge u. Erhaltung von Denkmalen unter Kö­ nig Ludwig I. (Vorwärts, vorwärts II) 307323; Μ. Mende, Ludwig I. u. d. Nürnberger Dürer-Denkmal (ebd.) 521-534; Μ. Hen­ ker, «Auf daß die Baiern recht oft an ihr Vaterland denken». Hist. Elemente in Fest­ zügen im Bayern Kg. Ludwigs I. (ebd.) 497520; Dokumentation ebd. I 136-150. S. auch Spindler 132; Gollwitzer, Ludwig I. 742-751; Glaser, Wittelsbach (vor § 6) 70 f; Erb (§ 6 Anm. 7). S. Anm. 19-24. 63 Spindler 132; S. Wenisch, König Lud­ wig I. u. d. histor. Vereine in Bayern (Vor­ wärts, vorwärts II) 323-340; H. Glaser, «Der geschichtliche Boden ist ein fester».

§ 7· Die innere Politik: Die staatliche Konsolidierung des neuen Bayern (A. Kraus)

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historischen Sinnes war auch die 1837 verfugte Umbenennung der Kreise, die statt wie die französischen Departements wie bisher nach Flüssen, in Zukunft nach den frühmittelalterlichen Stämmen benannt wurden und damit, wie Ludwig I. meinte, wieder die Namen der «alten, geschichtlich geheiligten Marken» er­ hielten und «auf die ehrwürdigen Grundlagen der Geschichte zurückgefuhrt» wurden. Auch in der großen Titulatur griff er auf die Namen der Stämme zu­ rück.66 Geschichte als Wissenschaft hat jedoch Ludwig I. im Grunde kaum interessiert, der Lehrstuhl an der Universität war durch Görres im Grunde zweckentfrem­ det, Görres war kein Historiker von Fach, die historische Methode war ihm durchaus fremd,67 aber auch an der Akademie der Wissenschaften, deren Mit­ glieder ja seit 1826 weithin mit den Ordinarien aller wichtigen Fächer an der Universität München identisch waren, war zur Zeit Ludwigs I. nach dem Tode Konrad Mannerts kein Historiker von Format mehr zu finden.68 Unter der Lei­ tung Lorenz Westenrieders waren noch zwei erfahrene Benediktiner-Histori­ ker, Joseph Moritz von Ensdorf und Placidus Braun von St. Ulrich und Afra in Augsburg, einige Jahre mit der Herausgabe der Monumenta Boica beschäftigt, 1835 endete auch diese Phase bayerischer Geschichtswissenschaft, die noch an die alte große Zeit der Bavaria Sancta anschloß.69 Eine Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde des Freiherm vom Stein kam nicht zustande. An der Akademie der Wissenschaften interessierte den Kö­ nig vor allem die personelle Seite. Als er sehen mußte, daß von ihm geforderte Gelehrte nicht aufgenommen wurden, änderte er unter dem Verdacht, daß Ka­ tholiken «unterdrückt» würden, 1841 die Statuten; in Zukunft wurde der Vor­ stand vom König bestimmt, zwölf Mitglieder durften gewählt werden, sechs weitere ernannte der König. Diese Regelung galt bis 1849.70 Auch Joseph Gör­ res scheint nur durch Ernennung von Seiten des Königs 1842 Mitglied der Aka-

Festrede z. 150-Jahr-Feier d. Hist. Vereins v. Obb. (OA 113) 1989, 7-22; Dokumente zum Thema: Vorwärts, vorwärts I 287—310. 66 Spindler 133 f; Glaser, Wittelsbach (vor § 6) 72 f.; Gollwitzer, Ludwig I. 362; Ders., Abel 340 (Lit.). Vgl. auch K. Bosl, König Ludwig I. u. d. Stämme. Bayern ein Stämmestaat? (Vorwärts, vorwärts II) 219236; V. Strohbach, Geschichtsbewußtsein u. vermittelte Geschichtsbilder in Bayern an der Wende vom 18. zum 19. Jh. (ebd.) 247 f; zu den Wappen der Kreise s. ebd. I 176-186; A. Erb, Vergangenheit u. Gegen­ wart. Studien zum Geschichtsbild Ludwigs I. v. Bayern, 1999. 67 A. Kraus, Görres als Historiker (HJb. 96) 1976, 93-122. 61 F. Menges, Geschichtsforschung a. d.

Bayer. Akad. d. Wiss. (Vorwärts, vorwärts II) 275-288. Bedeutende Vertreter benach­ barter Fächer waren allerdings der Rechtshi­ storiker G. L. v. Maurer, der Orientalist J. Ph. Fallmerayer und der Kirchenhistori­ ker I. Döllinger. 69 A. Kraus, Die hist. Forschung an d. Churbayer. Akad. d. Wiss. 1759-1806, 1959, 159-162 (Moritz), 102 (Braun); Ders., Die benediktin. Geschichtsschreibung im neuzeitl. Bayern (Ders., Bayer. Geschichts­ schreibung in drei Jahrhunderten. Ges. Auf­ sätze) 1979, 127, 130, 134, 143. 70 Gollwitzer, Ludwig I. 559; Ders., Abel 426. Abel sah die Akademie geradezu als «Stützpunkt des Protestantismus und Ra­ tionalismus» an (U. Huber 495, s. § 7 b; s. ebd. 445).

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A. II. Die Regierungszeit Ludwigs I. (1825—1848)

demie geworden zu sein71 — 1838 Sprecher des katholischen Deutschland, seit­ her hochangesehen bei Ludwig I.

c) Ludwig I. und die Kirche Μ. Spindler, Die kirchl. Emeuerungsbestrebungen in Bayern im 19. Jh. (Spindler, Aufsätze) 40-54; Ders., 193-196; Hausberger-hubensteiner 298-323 (Lit.); Holzfurtner (vor § 6); F. Μ. Phayer, Religion u. d. gewöhnliche Volk in Bayern 1750-1850, 1970; Hausberger (§ 6 Anm. 109); W.K. Blessing, Staat u. Kirche in d. Gesellschaft. Institutionelle Autorität u. mentaler Wandel in Bayern während d. 19. Jh. 1982; Ders., Ludwig I. u. d. Religion (ZBLG 58) 1995, 103-114; Schwaiger, Monachium Sacrum 229-237; Ders., Kg. Ludwig I. v. Bayern (vor § 6); Bastgen; Hacker; Von d. Aufklärung z. Romantik. Geistige Strömun­ gen in München (Bayer. Staatsbibi. Ausst.kat. 29) 1989; HBEKB II 75-79.

i. Die persönliche Frömmigkeit des Königs. Daß Görres es 1825, zum Regierungs­ antritt Ludwigs, wagen konnte, ihm in den enthusiastischsten Wendungen na­ hezulegen, ein wahrhaft christlicher König zu sein,72 ist Zeichen dafür, wie man den jungen König allgemein einschätzte. In der Tat hielt die religiöse Prä­ gung, die Ludwig I. in seiner Kindheit durch Sambuga und in Landshut durch Sailer erfahren hatte, allen Stürmen seines bewegten Lebens stand, die Thron­ rede von 1827 und viele Äußerungen, darunter auch ein tiefempfundenes Ge­ dicht von 1847 oder ein Testament von 1868, geben Zeugnis von seiner un­ beirrbaren Überzeugung.73 Der Einfluß Sailers war auch nach den Kronprinzen­ jahren unvermindert wirksam; weit über das persönliche Verhältnis zum König hinaus waren Sailer und seine Schüler beteiligt an der «religiösen Wieder­ geburt» (Schnabel) Bayerns überhaupt.74 Sailer betrachtete Ludwig I. «geradezu als das weltliche Haupt der religiösen Erneuerung».75 Genuin religiöse Über­ zeugungen und durchaus vordergründige staatspolitische Motive wirkten zu­ sammen im Hinblick auf die religionspolitischen Maßnahmen des Königs; er sah in der Religion, wie Gollwitzer sagt, «das metaphysische Zentrum der Per­ sönlichkeit, aber auch von Staat und Gesellschaft», von der Irreligiosität drohte seiner Ansicht nach «Sturz der Throne».76 Schenk, vor allem Abel bestärkten ihn in dieser Auffassung nachhaltig.77 Noch war allerdings das Volk für eine

71 Acten betr. Wahlen neuer Mitglieder der k. Akad. d. Wiss. i. J. 1842, Bd. IV 52, Archiv d. Bayer. A. d. W. (zit. Kraus, 93, s. Anm. 67). S. auch Huber (§ 7 b) 450. Men­ ges (Anm. 68) 286 geht von einer Wahl aus. 72 S. § 6 Anm. 29. 73 Spindler, Sambuga 103 ff.; Gedicht Ludwigs I. «Das christliche Seyn» (Lud­ wig I., Gedichte IV, 1847, 41-43). Vgl. auch sein Drama «Teutschlands Errettung» von 1814/20 (Vorwärts, vorwärts III 140, 145, 159; dazu Kraus, 64f., s. § 6 Anm. 15). Zur

Religiosität Ludwigs I. allgemein: Corti 85, 669 (Testament); Spindler 91, io6f.; Goll­ witzer, Ludwig I. 157, 368, 513; Ders., Abel 494; Schwaiger (§ 6 Anm. 2). 74 Zum Einfluß Sailers Spindler H9ff; Schwaigbr, Sailer; Schnabel IV 50; Loi­ chinger (§ 6 Anm. 91) 183, 188; Von Are­ sing bis Regensburg. FS zum 250. Geburtstag von Johann Michael Sailer (§ 6 Anm. 2). 75 Gollwitzer, Ludwig 1. 522. 76 Ebd. 513; vgl. auch das Motiv des Ministerwechsels von 1828 (s. § 6 Anm. 72). 77 Gollwitzer, Abel 301.

§ 7- Die innere Politik: Die staatliche Konsolidierung des neuen Bayern (A. Kraus)

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Neubelebung des religiösen Sinns durchaus empfänglich; an «der Masse der bäuerlichen und kleinbürgerlichen Bevölkerung Altbayerns war das Aufklä­ rungszeitalter weitgehend vorübergegangen»,78 so daß die Wiederzulassung von Wallfahrten, die Ludwig verfügte, von Bittgängen, Passionsspielen, Bruder­ schaften, schließlich auch der Beitrag des Königs zum Kirchenbau im Land mit Begeisterung begrüßt wurden.7980 Einzigartig war, und zwar nicht nur in der neueren Geschichte und nicht nur für Bayern, seine Bedeutung für die «Regeneration der Bavaria Sancta» (Goll­ witzer) als Klostergründer. * 0 Ungeachtet aller Widerstände der Mehrzahl seiner Minister, der Bürokratie, der Kammermehrheit und der Presse, selbst einiger Kirchenmänner, ohne Benehmen mit Rom, weit über die im Konkordat zuge­ standene Wiederherstellung von einigen Klöstern beiderlei Geschlechts mit der Aufgabe der Jugenderziehung und Krankenpflege hinaus,81 stolzer Selbstherr­ scher und demütiger Christ zugleich, gründete Ludwig I. bis 1848 132 Klöster aus 23 verschiedenen Orden, dotiert z.T. aus der Kabinettskasse, z.T. aus vom König veranlaßten Spenden, nach Möglichkeit auf alten monastischen Grund­ lagen räumlicher und spiritueller Art. St. Bonifaz in München wurde erst nach 1848 besiedelt, Schäftlarn erst 1866.82 Er beschränkte sich nicht auf Orden mit caritativen oder seelsorgerlichen bzw. pädagogischen Aufgaben, denen einst Joseph II. allein Existenzberechti­ gung zuerkannt hatte, sondern stiftete auch Klöster beschaulicher Orden. Aus historischen Gründen, aber auch als Träger des höheren Schulwesens bevor­ zugte er aber deutlich die Benediktiner;83 15 Abteien umfaßte sein ursprüng­ licher Plan, zwei für jeden Regierungsbezirk. Aber nicht nur die Dotierung, auch die personelle Besetzung machte große Schwierigkeiten. Von 293 noch

78 Gollwitzer, Ludwig I. 354. 79 Ebd. 379; s. auch Blessing, Staat u. Kirche (§ 7 c) 84-97; Glaser, «Dies merk­ würdige» (vor § 6) 142 fr.; s. auch Schwai­ ger, König Ludwig (vor § 6) 25. 80 Ebd. 18-25, 34; Ders., Monachium Sa­ crum 231 f.; Spindler 129fr, 192f; Goll­ witzer, Ludwig I. 380 ff., 523-527; Ders., Abel 433; Holzfurtner (vor § 6) 142; H. Rall, Die Gründung von St. Bonifaz in München durch Kg. Ludwig I. (StMBO 97) 1986, 126-133; Th. Rolle, Beitr. z. Gesch. d. Gründung d. Benediktinerabtei St. Ste­ phan in Augsburg durch Kg. Ludwig I. (ebd.) 32-125; W. Mathäser u. O. Lech­ ner, Kg. Ludwig I. u. d. Benediktiner (ebd.) 9-31; G. Schwaiger, Die benediktin. Klo­ stergründungen Ludwigs I. (Andechs. Der Hl. Berg, hg. v. K. Bosl u.a.) 1993, 84-94; F. Renner, Die Restauration d. Benedik­ tiner- u. Zisterzienserordens seit 1830 (Brandmüllbr III) 737-742 (Lit.); R. Rum-

mel u. I. Wetter, Die nichtmonast. Ordens­ gemeinschaften (ebd.) 755, 760-763, 773780, 802 f. (Lit.); Μ. Kaufmann, Säkula­ risation, Desolation u. Restauration in d. Benediktinerabtei Metten (1803-1840), 1993; zu den Klostergriindungen in Schwa­ ben s. W. Zorn, Bayehsch-Schwaben in d. Signalen König Ludwigs I. (ZBLG 58) 1995, 82 f.; Ch. Knauer, Frauen unter dem Ein­ fluß von Kirche und Staat. Höhere Mäd­ chenschulen u. bayer. Bildungspolitik in d. ersten Hälfte des 19. Jhs., 1995; S. ArndtBaerbnd, Die Restauration d. Frauenklöster unter König Ludwig I. (Europa im Um­ bruch 1750-1850, hg. v. D. Albrecht u.a.) 54 ff. 28 F. Herre, Der bayer. Gesandte Pergier v. Perglas u. d. Bismarcksche Regierung (HJb. 74) 1955. 532-545· 29 Binder 134 fr. 30 Lerchenfeld-Köfering; Deuerlein, Briefwechsel; NDB 14, 313 f. 31 Bisher am eingehendsten: Deuerlein, Briefwechsel, Einleitung. Vgl. auch Binder; Rauh (§ 15); Möckl, Prinzregentenzeit; H. v. Lerchenfeld-Köfering, Kaiser Wil­ helm II. als Persönlichkeit u. Herrscher, 1985.

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-d. W V°n der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871—1918)

auch für Hessen, seit 1887 auch für Baden) und Sachsen. Entsprechend befan­ den sich Gesandte Preußens, Sachsens, Badens,32 Württembergs und (bis 1882) Hessens in München. Dabei waren die preußischen Gesandten (Werthern, Rantzau, Eulenburg, Monts, Schlözer, Treutier), unter diesen vor allem der ziel­ strebig-schroffe, antikatholische, unitarische Georg Frhr. v. Werthern (18671888 in München) sowie der ähnlich agierende Philipp Graf Eulenburg (18811888 Gesandtschaftssekretär, 1891-1894 Gesandter in München) intensiv be­ müht, die reichsfreundlichen Kräfte in Bayern zu stärken.33 Konsularische Ver­ tretungen im Ausland waren ausschließlich Reichssache, jedoch waren die Bundesstaaten berechtigt, «auswärtige Konsuln bei sich zu empfangen und für ihr Gebiet mit dem Exequatur zu versehen».34 Weiterhin konnten die Einzel­ staaten bei den anderen Einzelstaaten Konsulate unterhalten. Bei Friedensver­ handlungen nach Bundeskriegen war lt. Novemberverträgen auch ein bayeri­ scher Bevollmächtigter beizuziehen, der jedoch durch den Reichskanzler in­ struiert werden sollte; dementsprechend war bei den Verhandlungen von BrestLitowsk und Bukarest 1917/18 Graf Podewils beteiligt.35 Inßnanzieller Hinsicht36 waren die Einnahmequellen zwischen dem Reich und den Einzelstaaten geteilt. Das Reich erhielt unmittelbar die Einnahmen aus den Zöllen und Verbrauchssteuern (Tabak-, Zigaretten-, Zucker-, Salz-, Branntwein­ steuer etc.) sowie der Post- und Telegraphenverwaltung (außer der bayerischen). Die Einzelstaaten erhielten die Erträgnisse aller übrigen, insbes. der direkten Steuern, Bayern außerdem den sog. Malzaufschlag; davon entrichteten sie dem Reich Matrikularbeiträge nach Maßgabe ihrer Bevölkerungszahl (Art. 70 RV). Als seit 1879 durch die Einführung des Schutzzolls und die Erhöhung der Ta­ baksteuer die Reichseinnahmen erheblich steigen mußten, wurden aufgrund der Franckensteinschen Klausel (Reichsgesetz vom 15. Juli 1879) die Reichseinnahmen aus Zöllen und Tabaksteuer auf jährlich 130 Millionen Mark begrenzt; der Mehreingang (bis zu 500 Millionen) mußte auf die Einzelstaaten verteilt wer­ den. Da 130 Millionen für den Reichsbedarf nicht ausreichten, hatten die Ein32 G. Haselier, Die badische Gesandt­ schaft in München (AZ 73) 1977, 99-111. 33 Rummel; I. v. Barton-Stedmann, Die preuß. Gesandtschaft in München als Instru­ ment d. Reichspolitik 1871-90, 1967; H. Rall, Kg. Ludwig II. u. Bismarcks Ringen um Bayern 1870/71, 1973 (für 1869-1871), bes. 146 f; Möckl, Prinzregentenzeit; E. Naujoks, Bismarcks ausw. Pressepolitik, 1968; D. Albrecht, Kg. Ludwig II. u. Bis­ marck (HZ 270) 2000, 39-64; Werthern als Agentenfuhrer: Rüddenklau 13; Ph. Eulen­ burgs polit. Korrespondenz, hg. v. J. C. G. Röhl, 3 Bde., 1976/84; Erinnerungen u. Ge­ danken d. Botschafters A. Graf Monts, hg. v. K. E Nowak, 1932; K. H. Janssen, Die Graue Exzellenz [Treutier], 1971.

34 Die Konsulate u. Konsuln verzeichnet Hof- und Staatshandbuch 1871fr.; G. Het­ zer, Die bayer. Konsulate u. ihre archivische Überlieferung (FS W. Jaroschka) 1997, 139—15535 Becker-Scharff 758 f. (Lit.); Der Frie­ de v. Brest-Litowsk, bearb. v. W. Hahlweg, 1971,222, 252, 446. 36 Seydel-Piloty-Grassmann II 1 ff. u. 88 ff.; Lit. bei Huber III 944 ff.; J. Hock, HB d. ges. Finanzverwaltung im Kgr. Bayern, 4 Bde., 1882/87, hier I 3 ff. (materialreich); G. Alber, Zollverwaltung u. Zollerträgnisse in Bayern seit d.J. 1819, 1919.

§ 15. Bayern im Reich (D. Albrecht)

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zelstaaten weiterhin Matrikularbeiträge zu leisten, die aber aus den Überwei­ sungen des Reiches leicht gedeckt werden konnten. Damit kam die Zoll- und Finanzreform von 1879 mehrenteils den Einzelstaaten zugute. Davon profitier­ ten besonders auch die bayerischen Finanzen. Der bayerische Staatshaushalt hatte sich, nach kurzem Aufschwung durch die französische Kriegsentschädi­ gung, in den siebziger Jahren zunehmend defizitär gestaltet; seit 1882 wurden dagegen erhebliche, sich steigernde Mehreinnahmen erzielt.37 Durch das System von 1879, in das in der Folge auch eine Reihe neu eingeführter Reichssteuern einbezogen wurde, konnten allerdings die wachsenden Reichsausgaben, insbes. auf dem Gebiet der Rüstung, auf die Dauer nicht gedeckt werden, so daß die Franckensteinsche Klausel 1904 praktisch aufgehoben wurde.3839Hierdurch und durch die Einführung direkter Reichssteuern in den Jahren 1906, 1911 und 1913 steigerten sich die Reichseinnahmen erheblich, und es entwand sich das Reich zunehmend der finanziellen Abhängigkeit von den Einzelstaaten. Im Militärwesen19 war Bayern bezüglich der Schaffung neuen Rechts der Mili­ tärgesetzgebung des Reiches unterworfen.40 Bezüglich des überlieferten Militär­ rechts galt das herkömmliche preußische Militärrecht seit 1871 in allen deut­ schen Kontingenten unmittelbar; nur für Bayern bedurfte es gemäß November­ verträgen zur Einführung der preußischen Militärgesetze jeweils einer besonde­ ren Vereinbarung. Durch die Reichsmilitärgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898 wurde die bisherige eigene bayerische Militärstrafgerichtsbarkeit beendet. In dem 1899 neuerrichteten Reichsmilitärgerichtshof wurde daher ein eigener (III.) bayerischer Senat geschaffen, der zwar seinen Sitz in Berlin hatte, aber speziell für das bayerische Kontingent zuständig war und dessen Mitglieder der König von Bayern ernannte. Jedoch konnte dieses Zugeständnis die Vorzüge der bisherigen bayerischen Militärgerichtsbarkeit (u.a. Öffentlichkeit des Verfahrens) nicht ersetzen, auch wurde durch die Errichtung des Reichsmilitärgerichts ein bayerisches Reservatrecht berührt.41 Das bayerische Heer bildete, ebenso wie das sächsische, württembergische und preußische Heer, ein organisatorisch selbständiges Kontingent des Reichs-

37 Vgl. die Aktiv- bzw. Passivreste bei der Abgleichung von Einnahmen u. Ausgaben des Staatshaushaltes seit 1871: 1871: + 2,6 Millionen; 1872: + 12; 1873: + 11,8; 1874: + 9,2; 1875: + 9,2; 1876: + 6,2; 1877: 7,5; 1878: - 9,7; 1879: - 13,4; 1880: - 6,5; 1881: -2,1; 1882:+ 6,0; 1889: + 45; 1890: + 38.Vgl. Bayerns Entwicklung 126. 38 Huber III 952 ff; P Ch. Witt, Die Fi­ nanzpolitik d. dt. Reiches 1903-1913, 1970; Rauh (§ 15) 262 ff. (bayer. Anteil!). 39 Seydel-Piloty-Grassmann II 603 ff.; Huber III 992 ff; Rüddenklau (Lit.). Wei­ tere Lit. unten § 20 a Anm. 1.

40 Die wichtigsten Reichsmilitärgesetze 1871-1913 verzeichnet Seydel-PilotyGrassmann II 605 ff.; vgl. auch Huber IV 520. 41 Seydel-Piloty-Grassmann I 386 ff.; Möckl 377ff.; Rauh (§ 15) isiff.; H. Berndt, Zur Reform d. Militärstrafgerichts­ ordnung 1898 (MGM 2) 1973, 7-30; J. An­ ker, Die Militärstrafgerichtsordnung d. Dt. Reiches v. 1898, 1993 [Auseinandersetzungen Preußen-Bayern]; U. Hettinger, Der Mi­ litärstrafvollzug im Kgr. Bayern bis 1914, 1995·

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A. IV. Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871-191S)

heeres.42 Darüber hinaus war die Militärhoheit des Königs von Bayern zahlrei­ chen Beschränkungen nicht unterworfen, denen die übrigen Kontingentsherren zugunsten des Reiches und des Kaisers unterlagen; statt Art. 61-68 RV galt für Bayern Abschn. III § 5 Ziff. I-VI des Bündnisvertrags vom 23. November 1870, mit dem Hauptsatz: «Das Bayerische Heer bildet einen in sich geschlossenen Bestandteil des Bundesheeres mit selbständiger Verwaltung, unter der Militärho­ heit S.M. des Königs von Bayern; im Kriege - und zwar mit Beginn der Mobi­ lisierung — unter dem Befehle des Bundesfeldherrn.» Der Kaiser besaß also Kommandogewalt über das bayerische Kontingent nur im Krieg, die Befehlsge­ walt und das Verordnungsrecht im Frieden (und nach bayerischer Auffassung auch die von der Kommandogewalt zu unterscheidende Militärhoheit im Krieg)43 blieben beim König von Bayern. Jedoch war letzteres Verordnungsrecht durch den Bündnisvertrag eingeschränkt: «In Bezug auf Organisation, Formati­ on, Ausbildung und Gebühren, dann hinsichtlich der Mobilmachung, wird Bay­ ern volle Übereinstimmung mit den für das Bundesheer bestehenden Normen herstellen [...]. Der Bundesfeldherr hat die Pflicht und das Recht, sich durch Inspektionen von der Übereinstimmung in Organisation, Formation und Aus­ bildung sowie von der Vollzähligkeit und Kriegstüchtigkeit des bayerischen Kontingents Überzeugung zu verschaffen ,..»44 Bezüglich Bewaffnung, Ausrü­ stung und Dienstabzeichen schloß sich Bayern ebenfalls dem Bundesheer an, während die Bezeichnung der Regimenter, Uniformierung, Garnisonierung und vor allem das Personal- und Militärbildungswesen (insbes. Kriegsakademie) von Bayern frei geregelt werden konnten.45 Zur gegenseitigen Information wurden zwischen Bayern und Preußen Militärbevollmächtigte ausgetauscht, letztere hatten vor allem die geforderte Angleichung zu kontrollieren und vor­ anzutreiben. Insgesamt waren der Militärhoheit des Königs von Bayern seit 1871 sehr enge Grenzen gesetzt, sie noch weiter einzuengen ging die Tendenz seit Wilhelm II., der Erste Weltkrieg bestätigte die Entwicklung. Durch die Reichsverfassung und die durch sie konstituierten Reichskom­ petenzen und Reichsinstitutionen war Bayern mit dem Reich in bestimmten bundesstaatlichen Formen von Anfang an fest verbunden. In den folgenden Jahrzehnten ist diese Verbindung sowohl rechtlich, durch den Ausbau der Reichsgesetzgebung und die damit verbundene Ausdehnung der Reichskompe­ tenzen, als vor allem auch praktisch, durch die politische, parteipolitische, wirt­ schaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung im Reichsganzen erheblich ver­ stärkt und verengt worden. Hierauf wirkten von bayerischer Seite fordernde wie hemmende Momente ein.

42 Lit. unten § 20 a Anm. 1 u. 2. Zum Pro­ blem Reichsheer - Kontingentsheer vgl. Seydel -Piloty- Grassmann II 608; entge­ gengesetzter Ansicht Huber III 992. 43 Vgl. auch u. § 20 c.

44 Inspektionsrecht u. polit. Hintergründe: Rüddenklau. ‘ 45 Bayer. Heeresetat: Seydel-Piloty Grassmann II 615 fr. Kriegsakademie: Hackl (§ 20 a Anm. 1).

§ 15. Bayern im Reich (D. Albrecht)

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Im Rahmen des Reichsganzen die speziellen einzelstaatlichen Rechte und Ge­ sichtspunkte zur Geltung zu bringen, war lt. Reichsverfassung Kompetenz und Aufgabe des Bundesrates.46 So hat sich auch Bayern nach 1871 über den Bundes­ rat in der Reichspolitik engagiert, und zwar, da die Außenpolitik praktisch ent­ zogen war, in der Reichsinnenpolitik, vor allem in Finanz-, Justiz- und Wirt­ schaftsfragen. Liberal mit konservativem, national mit bayerisch-patriotischem Einschlag, dem bayerischen Staatsinteresse verpflichtet, aber insgesamt von frag­ loser Reichsverbundenheit, waren die bayerischen Ministerien bemüht, durch Mit­ wirkung an der sehr umfangreichen Gesetzgebungstätigkeit des Reiches nach 1871 ihre einzelstaatlichen Auffassungen zur Geltung zu bringen und ihre Son­ der- und Reservatrechte zu sichern. Hierzu veranlaßten auch die Auseinander­ setzungen mit der konservativ-patriotischen Landtagsopposition und später mit der sozialistischen Bewegung wie überhaupt die Sorge um die Unabhängigkeit des Ministeriums gegenüber Parlament und Parlamentarismus. Hierdurch wurde die Verklammerung mit außerbayerischen Institutionen und Instanzen in recht­ licher Qesuitengesetz, Sozialistengesetz) wie politischer Hinsicht verstärkt und gleichzeitig deren Einfluß auf bayerische Angelegenheiten47 intensiviert. Die Bindung an das Reich und die Zusammenarbeit mit dem Reichskanzler wurden erleichtert, insofern Bismarck es verstand, sich den Einzelstaaten als Garant des bundesstaatlichen und monarchischen Charakters des Reiches sowie der einzel­ staatlichen Sonderrechte darzustellen. Insbesondere Bayern hat hinsichtlich sei­ ner Reservatrechte sehr viel mehr Unterstützung bei Bismarck und Preußen als bei den übrigen, teils konkurrierenden Bundesstaaten gefunden.48 In einer Pra­ xis der «Vorverständigung» mit Preußen hat es seine Rechte gesichert und zu­ sammen mit Preußen erheblichen Einfluß im Bundesrat ausgeübt. Die Beto­ nung des bundesstaatlichen und monarchischen Charakters des Reiches basierte bei Bismarck auf dem Konzept, das vom Reichstag verkörperte unitarische und demokratische Moment auszubalancieren, wie auch aus den Briefen Bismarcks an Ludwig II.49 deutlich wird. Der Bismarcksche Föderalismus war gutenteils ein Antiparlamentarismus.50 Diese Tendenz wurde wesentlich verstärkt nach der sog. innenpolitischen Wende von 1878/79, als der Bundesrat die Aufgabe er­ hielt, dem Reichstag gegenüber «nicht [nur] ein föderalistisches, sondern ein ministerielles Gegengewicht zu bilden».5' Indem Bismarck dem Bundesrat in dieser Weise eine erhöhte Bedeutung zuschrieb, suchte er ihn zugleich mehr als

46 Huber III 848 f.; Dt. Verwaltungsgesch. III 109 fr.; Rauh (§ 15); Fenske; W. P. Fuchs (Hg.), Großhg. Friedrich I. v. Baden u. d. Reichspolitik 1871-1907, 4 Bde., 1968/80. 47 Vgl. etwa Denkwürdigkeiten Waldersees, hg. v. H. O. Meisner II, 1923, 59 f. (betr. Lutz). 48 Vgl. Lerchenfeld-Köfering 196 f.; Rauh (§ 15) 95.

49 Vgl. § 18 c. 50 Verkannt von den bayer. Verfechtern der Bismarckschen Reichslösung in der Wei­ marer Republik, z. B. Μ. Doeberl.- H. Reichold, Bismarcks Zaunkönige. Duodez im 20. Jh., 1976. 51 Binder 164; eingehend auch Rauh (§ 15) 75 ff-

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A. IV. Von der Reichsgriindung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871-1918)

zuvor als Instrument seiner Politik zu verwenden. Bei manchem - auch erfolg­ reichem — Widerstreben im einzelnen hat die bayerische Regierung diese Ent­ wicklung wie überhaupt die insgesamt geringe politische Bedeutung des Bun­ desrats doch hingenommen. Maßgebend für ihre Zurückhaltung war neben der schonenden Behandlung der einzelstaatlichen Sonderinteressen durch Bismarck und der staatskonservativen Übereinstimmung mit ihm nicht zuletzt die Ein­ sicht, daß die Existenz der Regierung, deren starker Mann zwischen 1871 und 1890 unverändert J. v. Lutz gewesen ist, angesichts der Schwäche des Königs in erheblichem Maße auf dem Wohlwollen des Reichskanzlers beruhte. Der abnehmende Spielraum zur Mitgestaltung der Reichspolitik hat so in den bayerischen Führungskreisen das Hineinwachsen ins Reich zunächst nicht gehin­ dert. Dies entsprach auch zumeist den Wünschen des bayerischen liberalen Bür­ gertums, das überwiegend protestantisch oder konfessionell ungebunden war, das von einer engeren Verbindung Bayerns mit dem Norden ein Gegengewicht zur altbayerisch-bäuerlich-katholisch-konservativen Welt erhoffte und das ins­ gesamt in der Reichseinigung das Ziel auch der bayerischen historischen Ent­ wicklung erblickte, weswegen das neunzehnte Jahrhundert «das glücklichste Jahrhundert bayerischer Geschichte»52 geworden sei. Diese Reichsbegeisterung wurde von dem ländlich-katholisch-konservativen Bevölkerungsteil, dessen Wortführer großdeutsche Ziele verfolgt hatten und der sich nun in der Patrio­ tenpartei repräsentiert sah, nicht oder nur teilweise und nur mit mannigfachen Vorbehalten geteilt. So hat die patriotische Opposition in den siebziger und achtziger Jahren in Landtag und Publizistik einen scharfen, manchmal auch überspitzten Kampf für die Erhaltung bayerischer Eigentümlichkeiten und Son­ derrechte geführt, und der Kulturkampf war nicht geeignet, ihre Reichsfreudig­ keit zu heben. Eine grundsätzliche, separatistische Revision der Entscheidung von 1871 stand jedoch auch in diesem Lager nicht zur Diskussion. Mit dem Abflauen des Kulturkampfes reduzierten sich im Laufe der Jahre auch im katholischen Bevölkerungsteil manche Vorbehalte gegen den National­ staat und seine Ziele,53 auch beförderte die Mitwirkung führender bayerischer Reichstagsabgeordneter, liberaler wie konservativer, an den großen Fragen der Reichsinnenpolitik die Verklammerung mit dem Reich,54 wenn auch unter Be­ tonung des bundesstaatlichen Prinzips, wie die Franckensteinsche Klausel er­ weist. Andererseits hat die «reichspolitische Entfremdung» mancher Parlamenta­ rier (etwa Hertlings) in Verbindung mit der Reichswirtschaftspolitik zu Beginn der neunziger Jahre und der prinzipiell reichsfreundlichen Haltung der libera­ len Ministerien bemerkenswerte partikularistische Strömungen herausgefordert,

52 S. Riezler, Das glücklichste Jahrhundert bayer. Gesch., 1906, 19113; Ders., Ebbe u. Flut dt. Gesinnung in Bayern (Festrede z. 80. Geb. d. Regenten), 1901; Körner, Ge­ schichte, bes. 235 ff. u. 288 ff.; N. Freytag,

Sedantage in München (ZBLG 61) 1998, 383-406. 53 Morsey (§ 19 d Anm. 61). 54 P. Molt, Der Reichstag vor d. improvi­ sierten Revolution, 1963.

§

A. IV. Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871-1919)

§ 16. PARTEIEN UND VERBÄNDE W. Mommsen (Hg.), Dt. Parteiprogramme, 19642; Huber IV 3-128; D. Fricke u. a. (Hg.), Le­ xikon z. Parteiengesch. (1789-1945), 4 Bde., 1983/86; G. A. Ritter, Die dt. Parteien 18301914, 1985; O. Büsch - Μ. Wölk - W. Wölk (Hgg.), Wählerbewegung in der dt. Gesch. Reichstagswahlen 1871-1933, 1978; J. Schmädeke, Wählerbewegung im Wilhelminischen Deutschland. Reichstagswahlen 1890-1912, 2 Bde., 1995; Ch. Nonn, Parteien u. Wahlen im Wilhelminischen Deutschland 1890-1914 (NPL 41) 1996, 30-42. H. Gollwitzer, Zur Gesch. d. bayer. Parteiwesens (Unser Geschichtsbild, hg. v. K. Rüdinger, I) 1954, 181-188; J. Gasteiger, Programme u. Leistungen d. polit. Parteien in Bayern 1893-1906, 1907; J. Gasteiger, Polit. ABC-Buch f. bayer. Landtagswähler mit Programm der Vereinigten Liberalen u. Demokraten Bayerns u. Landtagswahlgesetz nebst Wahlkreiseintei­ lung, 1907; Möckl, Prinzregentenzeit; D.Thränhardt, Wahlen u. polit. Strukturen in Bayern 1848—1953, 1973; I. Fischer, Industrialisierung, sozialer Konflikt u. polit. Willensbildung in d. Stadtgemeinde 1977 (Augsburg 1840-1914); W. Chrobak, Polit. Parteien,Verbände u. Vereine in Regensburg 1869-1914 (VHOR 119-121) 1979-81; E. O. Bräunche, Parteien u. Reichs­ tagswahlen in d. Rheinpfalz 1871-1914, 1982; R. Weidner, Wahlen u. soziale Strukturen in Ludwigshafen/Rh. 1871-1914, 1984; R. Martin, Polit. Parteien u. Wahlen in Aschaffenburg 1848-1918, 1992; S. Brewka, Zentrum u. Sozialdemokratie in d. bayer. Kammer d. Abgeord­ neten 1893-1914, 1997.-Vgl. auch die Lit. zu § 17 sowie die Tabelle der Wahlergebnisse in: HB IV/2. a) Die liberalen Parteien

GG III §§ 34 u. 37 b; Huber IV 63 ff. (Lit.); J. J. Sheehan, Der dt. Liberalismus 1770-1914, 1983; D. Langewiesche, Liberalismus in Dtschl., 1988; L. Gall - D. Langewiesche (Hg.), Li­ beralismus u. Region, 1995. Doeberl III; Th. Schieder, Die kleindt. Partei in Bayern in d. Kämpfen um d. nationale Einheit 1863/71, 1936 (Lit.); Rummel; H. Steinsdorfer, F. Frhr. Schenck v. StaufFenberg als bayer. u. dt. Politiker, Phil. Diss. Masch. München 1959; P. Wentzke (Bearb.), Dt. Liberalismus im Zeitalter Bismarcks, II (1871/90) 1926, Neudr. 1967; H. Kalkoff, Nationalliberale Parla­ mentarier 1867-1917 d. Reichstage u. d. Einzellandtage, 1917; J. Reimann, E. Müller-Meinin­ gen sen. u. d. Linksliberalismus in seiner Zeit, 1968; G. Eisfeld, Die Entstehung d. lib. Partei­ en in Dtschl. 1858/70, 1969; Ch. Stäche, Bürgeri. Liberalismus u. kathol. Konservativismus in Bayern 1867/71, 1981; Möckl, Prinzregentenzeit; P. Müller, Liberalismus in Nürnberg 1800-1871, 1990; F. Möller, Bürgerliche Herrschaft in Augsburg 1790-1880, 1998, 355 ff.

Die bayerische Fortschrittspartei in ihrem Erscheinungsbild um 1870 war das Ergebnis vielfältiger Entwicklungen innerhalb der liberalen und demokratischen Gruppierungen der sechziger Jahre, die vor allem durch das wechselnde Verhält­ nis zum Problem der Lösung der deutschen Frage hervorgerufen wurden. Die große gemäßigt liberale Mittelgruppe (Zentrum) in der Zweiten Kam­ mer, die mit ihren Führern G. Frhr. v. Lerchenfeld (1806-1866) und F. Graf Hegnenberg-Dux noch in die Zeit der altliberalen Opposition vor 1848 zurückreichte, hatte nach der Revolution zunächst die ministerielle Politik un­ terstützt, war aber seit der reaktionären Wendung 1852 zur großen Oppositions­ partei Lerchenfeld geworden, deren Widerstand 1859 zur Entlassung des Mini­ steriums Pfordten-Reigersberg führte. Seither zerfiel jedoch die Gruppierung in mehrere selbständige Parteikörper. Die Initiative lag beim linken Flügel, den kleindeutsch orientierten Jungliberalen, die sich im März 1863 zunächst als ei­

§ i6. Parteien und Verbände (D. Albrecht)

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gene Kammerfraktion von der großdeutsch gesinnten Hauptgruppe um Hegnenberg abspalteten. Am 15. März 1863 wurde dann in Nürnberg als Zweig der 1861 gegründeten Deutschen Fortschrittspartei die «Deutsche Fortschrittspartei in Bayern» gegründet.1 Ihr Programm war: Reform der Ersten Kammer, des Wahl­ rechts, Abkürzung der Finanzperioden, konfessionelle Gleichberechtigung, So­ zialgesetzgebung, Begrenzung des kirchlichen Einflusses im Schulwesen. Die Gründung war das Werk einer Handvoll Männer,2 die, fast ausschließlich Juri­ sten und durchwegs Neubayern, in den folgenden Jahren das parlamentarische Leben in Bayern nachhaltig mitbestimmten: der idealistische Karl Brater (1819— 1869),3 1859-69 im Landtag, seit 1859 Herausgeber der «Bayer. Wochenschrift»; Marquard Barth (1809-1885),4 ein Taktiker mit starkem Ehrgeiz, der parlamenta­ rische Führer der Partei, 1855-75 im Landtag, 1871-74 im Reichstag; der All­ gäuer Josef Völk (1819-1882),5 eine vitale Figur, national, antiklerikal, fort­ schrittsgläubig, 1855-82 im Landtag, 1871-81 im Reichstag. Zu diesem Grün­ derkreis traten alsbald der Erlanger Staatsrechtler Heinrich v. Marquardsen (1826— 1897),6 1869-977 im Landtag, 1871-97 im Reichstag, mit zahlreichen Verbin­ dungen über die Grenzen Bayerns hinaus, und der von hohen Idealen erfüllte, erst national-, dann linksliberale Franz Frhr. v. Stauffenberg (1834-1901), 1866—99 im Landtag, 1871-93 Mitglied des Reichstags. Als Forum der gut organisierten Partei8 existierte der Große Ausschuß (Lan­ desausschuß), der als selbständiger Verein organisiert war und mehrere hundert Mitglieder umfaßte, die die eigentlichen Parteimitglieder darstellten. Eine Mit­ gliedschaft für breitere Kreise gab es nicht, diese waren in örtlichen, von der Partei unabhängigen Vereinen (Bürgervereine, Liberale Vereine, Fortschrittsver­ eine) organisiert. Die Führung der Partei hatte ein geschäftsführender Aus­ schuß, dessen Vorsitzender (bis 1869 Brater, bis 1897 Marquardsen) war der ei­ gentliche Parteiführer. 18649 wurde als Parteinachrichtendienst die sog. Auto­ graphische (Erlanger) Korrespondenz begründet, 1865 die in Erlangen verlegte «Wochenschrift der Fortschrittspartei in Bayern», die bis zu ihrem Eingehen 1873 das wichtigste Organ der bayerischen Nationalliberalen bildete.10 Der Fortschrittspartei verbunden waren weiterhin der Landshuter Kurier, Fränki­ sche Zeitung und Fränkischer Kurier, die Kaiserslauterner Zeitung, die Augs-

1 Text des Programms: K. A. v. Müller, Bayern im Jahre 1866, 1909, 268 f. Zur Revi­ sion von 1864: Eisfeld (§ 16 a) 127 fr. 2 Über sie Schieder 6 ff. 3 NDB 2, 538 (Lit.). 4 NDB 1, 605 f.; H. Steinsdorfer, Μ. Barth (Augsb. Beiträge z. Landesgesch. 3) 1985, 191-213. 5 H. Steinsdorfer, J. Völk (Internat.. Kirchl. Zschr. 74) 1984, 203-232; R. Käst­ ner, J. Völk u. die dt. Frage in Bayern 1866-70 (ZHVS 54) 1941,7-59.

6 Wentzke II (§ 16 a): K. A. v. Müller, Die Briefe Miquels an Μ. (SM) 1912/13 u. 1913. 7 Steinsdorfer, Stauffenberg (§ 16 a); G. Seeber, Zw. Bebel u. Bismarck, 1965. 8 Zur Organisation Eisfeld (§ 16a) 130fr. 9 Vgl. auch Nipperdey (§ 16 c Anm. 106) Ulf. 10 Hierzu Eisfeld (§ 16 a) 133 ff.

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burger Abendzeitung und nicht zuletzt die einflußreichen, schließlich linkslibe­ ralen Münchener Neuesten Nachrichten (seit 1862 Verlag Hirth, seit 1881 Ver­ lag Knorr u. Hirth), 1862—81“ redigiert von August Napoleon Vecchioni (18261908).11 12 Auch der Verlag C. H. Beck in Nördlingen bekannte sich unter seinem Inhaber Ernst Rohmer (1818—97), einem Freund Braters, mit Entschiedenheit zur Fortschrittspartei, der bei Beck jährlich erscheinende «Europäische Geschichts­ kalender» von Schultheß wurde ganz im national-liberalen Sinne redigiert.13 Die Wähler der Partei stellte hauptsächlich das Besitz- und Bildungsbürgertum in den neubayerischen Gebieten, soweit protestantisch, also in Ober- und Mit­ telfranken und starken Teilen Schwabens sowie in den großen Städten über­ haupt, während die Pfalz zunächst überwiegend demokratisch-großdeutsch wählte. Schon bei den Landtagswahlen von 1863 errang die Fortschrittspartei 16 Mandate. Ihr künftiges Problem war, ihre liberale Grundhaltung mit ihrem (bei den einzelnen Führern unterschiedlich ausgeprägten) Kleindeutschtum in Übereinstimmung zu bringen, d.h. für eine kleindeutsche Lösung der deutschen Frage einzutreten und sich gleichzeitig von der Bismarckschen Innenpolitik dieser Jahre zu distanzieren. Seit 1866 bekannte sich auch die bayerische Fort­ schrittspartei, wie viele andere,'4*unter national-liberalem Vorzeichen zur Bis­ marckschen Lösung des deutschen Problems. Zur gleichen Zeit nahm sie den größeren Teil der bisher rechts von ihr stehenden Mittelpartei und der bisher links von ihr befindlichen Demokraten auf, wodurch eine einheitlich als «Fort­ schrittspartei» firmierte große liberale Gruppe entstand. Die 1863 geschwächte Mittelpartei (s. o.) wurde im gleichen Jahr nochmals ge­ spalten: Die rechte Gruppe unter Lerchenfeld und Hegnenberg wurde um 1866 als «rechtes Zentrum» oder einfach als «die Rechte» bezeichnet;'s sie zerfiel als­ bald, ein Teil ging in der Patriotenpartei, der andere in der Fortschrittspartei auf. Die linke Gruppe unter Gustav v. Schlör (1820-1883)16 und dem Staatsrechtler Josef v. Pözl (1814—1881) konstituierte sich als neue Mittelpartei (linkes Zentrum), gemäßigt liberal, aber großdeutsch. Ihr Hauptorgan war die Augsburger Allge­ meine Zeitung,jdaneben der Nürnberger Korrespondent von und für Deutsch­ land und die Neue Würzburger Zeitung. Auch für sie bedeutete das Jahr 1866 den Übergang vom Großdeutschtum zur «Anerkennung der Realitäten»;'7 seit-

11 L. Heid, Georg Hirth 1841-1916 (Dt. Presseverleger des 19. u. 20. Jhs., hg. v. H. D. Fischer) 1975; NDB 9, 239 f. 12 K. A. Holz, Münchner Neueste Nach­ richten (Dt. Zeitungen d. 17.-20. Jhs., hg. v. H. D. Fischer) 1972, 191-208 (Lit.); H. Rau, Die Entwicklung d. dt. Frage im Spiegel d. MNN 1848-71, 1926; MöCKL, Prinzregen­ tenzeit; Vecchioni: Dt. Biogr. Jb. 13, 1911, 242 fr.; Urteil StaufFenbergs: Wentzke II (§ 16 a) 62.

13 Materialien in: FS z. 200-jähr. Bestehen d.Verlags C. H. Beck 1763-1963, 1963. 14 K. G. Faber, Realpolitik als Ideologie (HZ 203) 1966, 1-45. 15 Während die bisherige Rechte zur «äußersten Rechten» wird. 16 K. Hämmerle, G. v. Schlör, 1926. 17 Vgl. Doeberl III 449 f.

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dem stimmte sie in der deutschen Frage mit der Fortschrittspartei. Unter Ho­ henlohe galt sie als die eigentliche Partei des Ministeriums, das sie u. a. durch Gründung der «Bayerischen Landeszeitung» 1869 forderte. Die politische Nähe zur Fortschrittspartei wurde ihr jedoch zum Schicksal, 1869 erhielt sie nur noch 6 Mandate, 1875 war sie als eigene Gruppe nicht mehr im Landtag vertreten. Die Ende der fünfziger Jahre am weitesten links stehende Gruppe im Land­ tag, die bürgerlichen Demokraten, waren z. T. republikanisch, vor allem aber groß­ deutsch ausgerichtet und überwiegend in der Pfalz (u. a. Georg Friedrich Kolb [1808-1884]),18 aber auch in Franken (Karl Cramer [ 1808-1902])19 beheimatet, ihre publizistischen Organe waren der Nürnberger Anzeiger und die Pfälzer Volkszeitung. 1865 verbanden sich Demokraten und Fortschrittspartei (unter Ausklammerung der «Frage der deutschen Zentralgewalt») im Landtag zur Fraktion der « Vereinigten Linken»;20 nach 1866 schlossen sie sich, nun betont un­ ter kleindeutsch-nationalem Vorzeichen, noch enger als «die Linke» zusam­ men.21 Das Zusammenwirken von Fortschrittspartei, linkem Zentrum und bürgerli­ cher Demokratie seit 1866 hat den Liberalen im Landtag das Gewicht verlie­ hen, den parlamentarischen Rückhalt für die Politik der Ministerien Hohenlohe und Bray zu bilden. Andererseits hatte die heterogene Zusammensetzung der Vereinigten Liberalen nach 1871 vielfache Spannungen zur Folge. Die Unter­ schiede in der politischen Schattierung traten klar hervor, als sich im Reichstag von 1871 die 30 bayerischen liberalen Abgeordneten den dortigen Fraktionen22 anschlossen: 9 (u. a. Stauffenberg, Marquardsen, Schauß,Völk) gingen zur Natio­ nalliberalen Fraktion,23 6 (Crämer, Herz u. a.) zur Fortschrittspartei. 15 (darun­ ter Hohenlohe, Barth, Fischer-Augsburg, Hörmann) traten der neugegründeten Liberalen Reichspartei bei;24 als sie sich 1874 auflöste, ging die Mehrzahl der bayerischen Mitglieder zu den Nationalliberalen. In der Nationalliberalen Frak­ tion und Partei und im Zusammenhang ihrer Spaltungen25 spielten einige der bayerischen Mitglieder eine erhebliche Rolle.26 Der Gruppierung der Liberalen im Reichstag entsprach diejenige im bayeri­ schen Landtag. Die stärkste Gruppe, etwa zwei Drittel aller liberalen Abgeordne­ ten, bildeten stets die Nationalliberalen, vornehmlich das fränkische und pfälzi­ sche protestantische Bürgertum repräsentierend.27 Fraktionsführer und damit praktisch Parteiführer war bis 1897 Marquardsen, bis 1905 (aber nicht im Land­ tag) Georg Kreß v. Kressenstein (1840-1911), bis 1918 der Bayreuther Oberbür18 E. Krautkrämer, G. F. Kolb, 1959; Lebenserinnerungen 1808-1884, hg. v. L. Merckle, 1976. '9 NDB 3, 386 f. 20 Niederschrift vom 5.4.1886: Müller (Anm. 1) 269 f. 21 Vgl. Schieder 129. 22 G. Stoltenberg, Der dt. Reichstag 1871/73, 1955, 15 ff.

23 Vgl. auch Lasker an Stauffenberg, 14. 3. 1871: Wentzke II (§ 16a) 11. 24 Vgl. auch Hohenlohe II 48. 23 Überblick Huber IV 67 ff. 26 Vgl. vor allem die zahlreichen Briefe von und an Stauffenberg bei Wentzke II (§ 16a). 27 Vgl. auch Albrecht, Sozialstruktur (§ 17 a).

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germeister Leopold Casselmann (1858-1930). Links davon standen die Fortschritt­ lichen, die sich seit den Spaltungen und Zusammenschlüssen der achtziger Jahre auf Reichsebene ebenfalls in Deutsch-Freisinnige bzw. seit 1893 Freisinnige Volkspartei und einige wenige Anhänger der Freisinnigen Vereinigung glieder­ ten;28 sie verdankten ihr Mandat dem städtischen Kleinbürgertum vor allem in Ober- und Mittelfranken, daneben besonders in Kaiserslautern und München. Die am weitesten links stehende liberale Gruppe der Demokraten (Deutsche Volkspartei) war seit 1887 mit einem, seit 1905 mit zwei Abgeordneten im Landtag vertreten, von denen der Historiker und Pazifist Ludwig Quidde (1858— 1941; MdL 1907-18) zu nennen ist.29 Von 1875 (76 Mandate = 49%) bis 1905 (24 Mandate = 16%) nahmen die Landtagsmandate der Vereinigten Liberalen kontinuierlich ab. Es war ein relati­ ver Rückgang, insofern die zahlreichen Mandate aus den Wahlen von 1869, 1875 und 1881 z. T. durch die Wahlkreisgeometrie der Regierung zustandegekommen waren und erst bei den folgenden Jahren die Übereinstimmung von Mandats­ zahl und (relativ weitaus niedrigerer) Stimmenzahl einigermaßen hergestellt wurde. Es war aber auch die Folge eines absoluten Rückganges an liberalen Wählern, insbesondere bei den Reichstagswahlen, wo der Anteil der bayerischen liberalen Stimmen von 58,3% i.J. 1871 auf 21% i.J. 1912 sank. Gewinner war auf dem Land die Patriotenpartei, in den Städten die Sozialdemokratie. Auf Reichsebene wirkte sich die Trennung Bismarcks von den Nationalliberalen seit 1879 aus, die anschließenden Spaltungen im liberalen Lager, die parlamentari­ sche Zusammenarbeit Bismarcks mit dem Zentrum. In Bayern selbst hatte die Mehrzahl der Liberalen wesentliche ihrer politischen Prinzipien zugunsten ih­ res Antiklerikalismus preisgegeben und dadurch an politischem Kredit verloren. Gegenüber ihrem weltanschaulichen und politischen Hauptgegner, der Patrio­ tenpartei, hatten sie sich mit dem ebenfalls antiklerikalen, im übrigen aber staatsautoritären Ministerium verbündet und dabei im Kulturkampf manche Einengung staatsbürgerlicher Freiheit unterstützt. Ungeachtet seiner Verdienste um eine modernere Gestaltung des Staatsganzen hat so der bayerische Liberalis­ mus nach 1870 lange Zeit nur einen begrenzten Beitrag zur Intensivierung des parlamentarischen Einflusses im Staat und gegenüber dem Ministerium gelei­ stet. Die verschiedenen liberalen Richtungen bildeten im Landtag die Fraktionsge­ meinschaft der «Liberalen Vereinigung».30 Das Problem war, ob auch ein program­ matischer und organisatorischer Zusammenschluß gelingen konnte, der nach der mehrfachen Aufspaltung des Linksliberalismus seit 1880 und den schweren Niederlagen bei den Reichstagswahlen 1898 und den Landtagswahlen 1899 be­ sonders drängend wurde. Die Wahlbündnisse zwischen Zentrum und Sozialde28 Hierzu auch Möckl, Prinzregentenzeit 292 fr., 353 f. 29 R. Rürup, L. Quidde (Dt. Historiker III, hg. v. H.U.Wehler) 1972, 124-147.

30 Für 1871: Wentzke II (§ 16a) 15, 18 84 fr.; für 1893-1914: Albrecht, Zentrums­ protokolle I—IV.

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mokratie bei den Landtagswahlen 1899 und 1905 zwangen die Liberalen zudem zu einem Zweifrontenkrieg. Für die Jahre seit 1899 wurde daher eine von linksliberalen Gruppen getragene liberale Sammlungsbewegung charakteri­ stisch,3' die letztlich auch auf Zusammenarbeit mit der Sozialdemokratie zielte. Dies mußte eine Linksverschiebung des bayerischen Liberalismus nach sich zie­ hen, beinhaltete aber auch die Gefahr einer Abspaltung des rechten Flügels der Nationalliberalen. Die Bewegung wurde zunächst getragen von der seit 1900 wirksamen Jungliberalen Bewegung, der u. a. die linksliberalen Gruppen der bayerischen Lehrerschaft verbunden waren. Von stärkerem theoretischen Gehalt waren die Nationalsozialen Friedrich Naumanns; 1896 hatten der Historiker Walter Goetz (1867-1958) und der spätere Archäologe Ludwig Curtius (18741954) den Münchner Nationalsozialen Verein als ausgesprochenen Akademikerzir­ kel gegründet, in dem alsbald auch der Mediziner Georg Hohmann (1880— 1970) (mit Verbindung zur Sozialdemokratie) und der Publizist Wolf Dohrn (1878-1914) (mit Verbindung zum Werkbund) hervortraten.31 32 Ihren Mittelpunkt bildete der Münchner Nationalökonom Lujo Brentano (1844—1931), in dessen «Kathedersozialismus» sie die Verbindung zwischen liberalen und sozialen For­ derungen erblickten und dem seinerseits der Revisionismus G. v. Vollmars in ge­ wissem Ausmaß entgegenkam.33 Nach der Auflösung des Nationalsozialen Ver­ eins durch Naumann 1903 gingen die Münchner Mitglieder großenteils zu den Freisinnigen über. Die linksliberalen Einigungsbemühungen führten nach mancherlei Vorstufen am 1. März 1910 in Nürnberg zur Vereinigung der Freisinnigen und Demokraten in der Fortschrittlichen Vblkspartei unter Ernst Müller-Meiningen (1866-1944).34 Diese Linksbewegung bewirkte die Konstituierung des rechten Flügels der Nationalli­ beralen als Bayerische Reichspartei (Glied der Freikonservativen Reichspartei) un­ ter Wilhelm Frhr. v. Pechmann im Oktober I9ii.35 Die Linksbewegung ermög­ lichte aber auch ein von den Liberalen lange erstrebtes,36 von Vollmar lange hinausgeschobenes Wahlbündnis aller liberalen Gruppen mit der Sozialdemo­ kratie sowie dem Bayerischen und dem Deutschen Bauernbund (sog. Großblock) bei den Reichstags- und Landtagswahlen von 1912; es brachte den Liberalen gegenüber 1907 mit einem Zugewinn von 5 Mandaten insgesamt 30 Mandate.

31 Reimann 83 fr.; O. Gessler, Reichs­ wehrpolitik in d. Weimarer Zeit, hg. v. K. Sendtner, 1958, 543 ff. (bayer. Liberalismus vor 1914). 32 Reimann 89; W. Goetz, Historiker in meiner Zeit, 1957; L. Curtius, Deutsche u. antike Welt, 1950; G. Hohmann, Ein Arzt er­ lebt seine Zeit, 1954;Th. Heuss, Erinnerun­ gen, 1963; Ders., E Naumann, 1949; L. Bren­ tano, Mein Leben, 1931; E J. Bauer, Bür­ gerwege u. Bürgerwelten, 1991 (Dohrnj.

33 Über ergebnislose Sondierungen Nau­ manns bei Vollmar 1899 vgl. Heuss, Nau­ mann (Anm. 32); über Verbindungen Brenta­ nos zuVollmar s.Jansen ioi. 34 Reimann 128; vgl. Schwarz, Weltkrieg 92 ff. 33 Reimann 142 f. 36 Jansen ioi f.

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b) Patriotenpartei — Zentrumspartei GG III § 37 b; Bachem II-VIII; Huber IV 49 fr. (Lit.); G. G. Windell, The Catholics and German Unity 1866—71, Minneapolis 1954; R. J. Ross, Beleagered Tower. The Dilemma of Political Catholicism in Wilhelmine Germany, Notre Dame/London 1976; J. K. ZEENDER.The German Center Party 1890-1906, Philadelphia 1976; J. Schauff, Das Wahlverhalten d. dt. Ka­ tholiken im Kaiserreich u. d. Weimarer Republik, hg. v. R. Morsey, 1975; U. Mittmann, Frak­ tion u. Partei. Ein Vergleich v. Zentrum u. Sozialdemokratie im Kaiserreich, 1976; D. Blackbourn, Class, Religion and Local Politics in Wilhelmine Germany. The Centre Party in Württemberg before 1914, 1980; W. Loth, Katholiken im Kaiserreich, 1984; Fricke IV 552-635; W. Becker (Hg.), Die Minderheit als Mitte. Die dt. Zentrumspartei in d. Innenpoli­ tik d. Reiches 1871-1933, 1986; K.-E. Lönne, Polit. Katholizismus im 19. u. 20. Jh., 1986; F. Klein, Reichsfinanzpolitik u. «Nationalisierung» d. Zentrums unter E. Μ. Lieber (HJb. 108) 1988, 114 fr. K. Petermeier, B. Daller, Politiker u. Parteiführer 1833-1911, Diss. Masch. München 1957 (Lit.); R. Kessler, H. Held als Parlamentarier 1868-1924, 1971 (Lit.); Möckl, Prinzregenten­ zeit; F. Hartmannsgruber, Die Bayer. Patriotenpartei 1868-1887, 1986 (Hauptwerk); A. Knapp, Das Zentrum in Bayern 1893-1912, Phil. Diss. München 1973; Rechenschaftsbericht der Zentrumsfraktion d. bayer. Abgeordnetenkammer 1899-1904, 1904 (desgleichen für 1905-1907, 1907; 1907-1911, 1911); D. Albrecht (Bearb.), Die Protokolle d. Landtagsfraktion d. bayer. Zentrumspartei 1893-1914, 5 Bde., 1989/93; F. D. Wright jr.,The Bavarian Patriotic Party, 1868-1871, Ann Arbor/Mich. 1976; D. W. Hendon, The Center Party and the agrarian interest in Germany 1890-1914, Diss. Emory University 1976; Μ. Friedrich, Die Parteitage des Zentrums in Bayern (ZBLG 36) 1973, 834—876; Albrecht, Sozialstruktur (§ 17 a); Hart­ mannsgruber, Spannungsfeld 2i7fF.; Greipl, Am Ende 325-330; W. Volkert, Die Landtags­ fraktion des bayer. Zentrums u. d. bayer. Staatsverwaltung um 1900 (FS Albrecht) 1992, 301-312; Brewka, Meinungsbildung (§ 16).

Die Anfänge der bayerischen Patriotenpartei lagen in dem Zusammenschluß ei­ ner »Patriotischen Fraktion» in der bayerischen Zweiten Kammer im Sommer 1869 auf dem Untergrund einer breiten katholisch-konservativ-großdeutschen Strömung im Lande.37 Eine eigentliche Parteigründung fand also nicht statt, wie auch von einer festen Parteiorganisation lange Zeit nicht gesprochen wer­ den kann. Der Zusammenschluß einer starken Gruppe Gleichgesinnter im Landtag reichte über das Parlament hinaus und fand eine breite Basis in den zahlreichen katholisch-konservativen Vereinigungen (Katholische Kasinos, Christli­ che Bauernvereine usw.), die zur gleichen Zeit im Land entstanden waren, dar­ unter auch der am 18. Februar 1868 in München gegründete «Verein der baye­ rischen Patrioten», der der Fraktion, der Bewegung und der Partei den Namen gab, ohne als «Urzelle» der Partei bezeichnet werden zu können.38 Die «Patrio­ tenpartei» war also zunächst eine Parlamentsfraktion, die von einer breiten Wahlbewegung getragen wurde. Dem Vorgang lagen Motive allgemeiner wie spezifisch bayerischer Natur zu­ grunde. Die neue «Partei» stand im Strom der christlich-demokratischen Bewe­ gung, welche im Parlamentarismus das zeitgemäße Mittel zur Behauptung ka­ tholisch-kirchlicher Interessen gegenüber Staatskirchentum und weltanschauli­ 37 Hartmannsgruber 18 ff. mit weiterer Lit.; Stäche (§ 16a).

38 Hartmannsgruber 55.

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chem Liberalismus erblickte; sie stand in der Tradition universalistischer Vorstel­ lungen, welche den Nationalismus und Individualismus in Staat und Gesell­ schaft bekämpfte; sie vertrat ein konservatives Gesellschafts- und Wirt­ schaftsprinzip, innerhalb dessen der Platz der überkommenen Exponenten der Agrargesellschaft, Adel und Bauerntum, gegenüber der modernen bürgerlichen Industriegesellschaft festgehalten wurde. «Bayern ... ist vorherrschend noch ein Agricultur-Staat, in dem die alten historischen Stände durch die Maßnahmen des modernen Liberalismus zwar geschwächt, aber doch entfernt noch nicht zur Auflösung gebracht werden konnten. Daher kommt es nun, daß der Kampf der Parteien in Bayern den ausgesprochenen Charakter einer Reaktion gegen die maßlose Herrschsucht der einen socialen Classe von Seite der andern socialen Classen trägt und tragen muß. Es ist der Widerstreit der alten historischen Stän­ de gegen die begehrliche Suprematie jenes modernen Gebildes, welches unter dem Namen der Bourgeoisie aus der Auflösung der alten bürgerlichen Korpo­ rationen in Bayern wie überall entstanden ist» (J. E. Jörg).39 Schließlich — und das drückte sich auch in der Namengebung aus — war die Bewegung groß­ deutsch orientiert, sie lehnte einen deutschen Nationalstaat unter preußischer Führung und bei Ausschluß Österreichs ab. In der Politik des Ministeriums Ho­ henlohe und der Fortschrittspartei, die wechselseitig identifiziert wurden, sahen die Patrioten mehr oder weniger alle ihre prinzipiellen Zielsetzungen bedroht: die staatliche Selbständigkeit und politische Unabhängigkeit Bayerns in der deutschen Politik Hohenlohes, den katholischen Charakter des Landes in seiner Kirchen- und Schulpolitik, den Wohlstand und die überkommene soziale Struktur Bayerns in seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik, nicht zuletzt in der durch die Militärverträge mit Preußen notwendigen neuen, finanziell aufwendi­ gen Militärverfassung. Gegen kleindeutschen Nationalismus, Preußentum, libe­ ralen Protestantismus, kapitalistisches Bürgertum, Militarismus fand sich also die neue Bewegung zusammen zu organisierter Verteidigung politischer, weltan­ schaulicher, sozialer Prinzipien: der bayerischen Eigenstaatlichkeit, kirchlicher Rechte und katholischer Interessen, der konservativen, agrarisch bestimmten Gesellschaftsordnung. Man konnte dabei anknüpfen an die christlich-konserva­ tiven Sammlungsbestrebungen im Vormärz, an die «Konföderierten» des ersten Landtages, an Eos- und Görreskreis, an den «Verein für konstitutionelle Monar­ chie und religiöse Freiheit» von 1848, an die zahlreichen «konstitutionell-mon­ archischen Vereine», die nach 1848 entstanden waren.40

39 HPB11. 64, 1869, 654. 40 H. Gollwitzer, Bemerkungen z. polit. Katholizismus im bayer. Vormärz u. Nach­ märz (Staat und Parteien. FS Morsey) 1992, 283-304, hier 303 f.: Nachweis einer «organi­ satorisch zwar schwachen, aber nach Zahl

der Anhänger schon beträchtlichen katho­ lischen und politischen Bewegung auch in der Übergangszeit zwischen 1848/49 und dem parteipolitisch-parlamentarischen Durchbruch Ende der 1860er Jahre».

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Die Verbindung zwischen den Bestrebungen beider Jahrhunderthälften stellte sich dar in dem geistigen und politischen Führer der Partei, Josef Edmund Jörg (1819—1901; seit 1866 Archivar auf der Trausnitz ob Landshut), als Publizist und Politiker eine der markantesten Gestalten im deutschen Katholizismus des 19. Jahrhunderts.41 Der aus dem Görreskreis hervorgegangene Jörg war von 1852 bis zu seinem Tode Herausgeber und wichtigster kontinuierlicher Beiträ­ ger des bedeutendsten Organs des süddeutschen Katholizismus, der «HistorischPolitischen Blätter für das katholische Deutschland» («Gelbe Hefte»). Hier hat Jörg ein Halbjahrhundert lang die politischen, kirchlichen und gesellschaftli­ chen Vorgänge des Tages in die großen Zusammenhänge gestellt und in weitge­ spannten, nicht selten polemischen Analysen zu den großen Bewegungen des Jahrhunderts in katholisch-konservativ-großdeutscher Gesinnung Stellung be­ zogen: mit intensivem Bewußtsein der gewaltigen Umbrüche in Staat und Ge­ sellschaft durch Revolution und Industrialisierung; gegen den Nationalstaat, ge­ gen den Liberalismus in Religion, Staat, Gesellschaft und Wirtschaft, gegen die preußisch-kleindeutsche Lösung der deutschen Frage; im Bewußtsein der Be­ deutung der sozialen Frage und mit starkem sozialpolitischen Engagement. Zwar nicht eigentlich ein Mann der Tat, und doch eine genuin politische Na­ tur, ist Jörg schließlich auch in die praktische Politik eingetreten: 1868/69 im Zollparlament, 1874-1878 im Reichstag und vor allem 1865-1881 im bayeri­ schen Landtag als Führer der Patriotenpartei. Jörg war sich bewußt, daß er und seine Partei ein vorwiegend defensives Konzept verfochten, das zwar eine breite soziale Schicht zu mobilisieren vermochte, aber angesichts der Heterogenität dieser Schicht nur ein sehr allgemeines politisches Programm gestattete: «Die Patriotische Partei besitzt und vertritt keine Doktrin, sie will niemandem ein System oktroyieren und sie würde sehr in Verlegenheit kommen, wenn sie ein in die staatsrechtlichen Einzelheiten eingehendes Programm aufstellen sollte. Sie weiß nur sehr genau, was sie nicht will» (Jörg). Die soziale Basis der Patriotenpartei stellten zu Beginn wie später die katholi­ sche Landbevölkerung in Ober- und Niederbayern, der Oberpfalz, Oberschwa­ bens und Unterfrankens, ein katholisch-konservatives Kleinbürgertum, der ka­ tholische Klerus, der katholische (insbes. hohe) Adel.42 Die Wähler der Partei rekrutierten sich also überwiegend, wenn auch nicht ausschließlich, aus den

41 J. E. Jörg, Briefwechsel 1847-1901, bearb. v. D. Albrecht, 1988 (Lit.); D. Al­ brecht - B. Weber (Bearb.), Die Mitarbei­ ter der Hist.-Pol. Blätter 1838-1923, 1990. Von der älteren Lit. vgl. bes. Μ. Poll, E. Jörgs Kampf für eine christl. u. großdt. Volks- u. Staatsordnung, 1936; H. Gollwitzer,J. E.Jörg (ZBLG 15) 1949, 125-148; EJ. StbgmäSin, Von d. ständischen Sozialreform z. staatl. Sozialpolitik, 1965; K. H. Lucas, Konservative Publizistik zw. Revolution u.

Reichsgründung, 1969; V. Conzemius, 1. v. Döllinger u. E.Jörg (FS Spindler) 1969, 743-766; Hartmannsgruber. 42 Vgl. die Konfessionskarte 1871 (Bayer. Geschichtsatlas 28 d) mit der Wahlkarte 1881 (ebd. 42 a); Hartmannsgruber 142 fr.; Al­ brecht, Sozialstruktur (§ 17a); W. Becker, Zur polit. Stellung u. sozialen Zusammenset­ zung d. bayer.-patriot. u. kathol. Vereinswe­ sens in Passau u. Niederbayern (Ostbair. Grenzmarken 39) 1997, 89-117.

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ländlichen Gegenden Bayerns; bei den erfolgreichen Wahlen vom Mai 1869 konnten nur drei Städte, drei Bischofsstädte (Freising, Regensburg, Bamberg) er­ obert werden. Wie die übrigen Parteien besaßen auch die Patrioten zunächst und für lange Zeit keine feste Parteiorganisation,43 auch keine eigentliche Par­ teimitgliedschaft. Ihre Anhänger und Wähler sammelten sich in den zahlreichen katholischen Vereinen und Standesorganisationen, in den seit 1866 gegründeten «Katholischen Kasinos», vor allem auch in den Christlichen Bauernvereinen, deren zumeist geistliche Leiter die Rolle von örtlichen Parteifunktionären übernahmen. Jedoch verstand sich die Patriotenpartei, ebenso wie in Preußen das Zentrum, durchaus als «politische», nicht «kirchliche» Partei. Jedoch war die Partei insofern «konfessionell», als sie fast ausschließlich von Katholiken gewählt wurde, während der protestantische Konservativismus sich im Landtag in der zahlenmäßig meist schwachen Fraktion der «Konservativen» (s. u.) zum Aus­ druck brachte. Die Kandidaten für die Wahlen wurden von Wahlkomitees (oder auf dem Land einfach von Klerus und Adel) aus im Vereinsleben verdienten Honoratioren nominiert; in den Städten existierten auch Wahlvereine. Die Führung der Partei lag bei der Landtagsfraktion bzw. deren maßgebenden Per­ sönlichkeiten.44 Im Unterschied zur Masse der Wähler entstammten die Abge­ ordneten zunächst überwiegend einer mittelbürgerlichen Schicht und dem Bil­ dungsbürgertum sowie auch dem Adel, wenngleich die Verbindung zur Landbe­ völkerung durch mancherlei Verbindungen, etwa durch die Herkunft (beim Klerus) vielfach gegeben war.45 Die führenden Mitglieder der Fraktion waren häufig zugleich auch Reichstagsabgeordnete und Akademiker, vielfach Geistli­ che: in den ersten Jahrzehnten Dr. Jörg, der Bibliothekar Dr. Ruland,46 der Theologe Dr. Rittler, seit den achtziger Jahren die Theologen Dr. Daller,47 Dr. Pichler,48 Dr. Schädler,49 der Philologe Dr. Orterer,50 der Nationalökonom Dr. Heim,5* der Journalist H. Held.52 Von Gewicht innerhalb der Partei war die Stimme einer Reihe konservativer Mitglieder der Kammer der Reichsräte,53 die z. T. auch im Reichstag saßen: des Fürsten Karl zu Löwenstein,54 des Grafen Konrad v. Preysing,55 der Freiherrn Georg v. u. z. Franckenstein, Georg v. Hertling und Maximilian von Soden-Fraunhofen.56

43 Nipperdey (§ 16 c Anm. 106) 226 fr. gilt auch für Bayern; Hartmannsgruber 173 ff.; Umorganisation; Kessler 91 ff.; Knapp (§ 16 b) 104 ff. 44 Hartmannsgruber 306 ff.; Albrecht, Zentrumsprotokolle I 29* ff.; Knapp (§ 16 b) 21 ff. 45 Vgl. die Listen sämtl. Abgeordneter der Fraktion 1869-1887 bei Hartmannsgruber 405 ff. sowie 1887-1918 bei Albrecht, Zen­ trumsprotokolle I 484 ff. 46 Th. Sauer, A. Ruland (1809-1874), 1994. 47 Petermeier; Albrecht, Zentrumspro­ tokolle, pass.

4“ Bachem VIII (§ 16 b) 35 f; Albrecht, Zentrumsprotokolle, pass. 49 Bachem VIII (§ 16 b) 33 f.; Albrecht, Zentrumsprotokolle, pass.; R. Fendler, F. X. Schädler (1852-1913), 1994. 50 Vgl. Anm. 43. 51 Vgl. § 16 e Anm. 137. 52 Kessler; Albrecht, Zentrumsprotokol­ le, pass. 53 Löffler, Reichsräte 167 ff. 34 Siebertz; K. Buchheim, Ultramontanismus u. Demokratie, 1963. 55 Löffler, Reichsräte 168 ff. 56 Ebd. 173 ff·

A. IV Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871-1918)

Schon die Zusammensetzung der Führungsschicht verweist darauf, daß in der Patriotenpartei bereits von Anfang an zwei unterschiedliche Strömungen ent­ halten und wirksam waren, die sich später deutlicher profilierten, eine mehr bäuerlich-kleinbürgerlich-demokratische Richtung und eine aristokratisch­ reichsfreundlich-konservative, die erstere zunächst repräsentiert durch Jörg, spä­ ter Schädler, Heim und zeitweise Held, mit Rückhalt in Bauernschaft, niederem Klerus und z.T. Arbeiterschaft, die zweite zunächst vertreten durch Arco-Zinneberg und Preysing, später durch Hertling, Pichler und Malsen, unterstützt vom Episkopat und Teilen des Adels und des gehobenen Bürgertums. Die Presse der Patriotenpartei57 reichte — abgesehen von den vierzehntägig erscheinenden Hi­ storisch-Politischen Blättern - von der gemäßigten Augsburger Postzeitung58 über den Bayerischen Kurier und die Pfälzer Zeitung bis zum (demokratischen) Volksboten für den Bürger und Landmann E. Zanders59 und zum extremen Bayerischen Vaterland Dr. Sigls.60 Schon bei den Wahlen zum deutschen Zollparlament 1868 errangen die Pa­ trioten, vom direkten Wahlrecht begünstigt, 30 von 48 bayerischen Mandaten.61 Dieser Erfolg wurde bekräftigt durch die Ergebnisse der beiden mit prinzipiel­ ler Schärfe zwischen Fortschrittspartei und Patrioten umkämpften Landtags­ wahlen von 1869: Im Mai 1869 erhielten sie 79, nach den Neuwahlen im No­ vember 1869 80 von 154 Mandaten. Das Jahr 1869 bedeutete für Bayern nach den Worten Jörgs die Umkehrung des Jahres 1847. Von hier bis 1918 hat die Pa­ triotenpartei (seit 1887 Zentrum) ununterbrochen die stärkste Fraktion in der Zweiten Kammer gestellt. Der Dualismus zwischen Patrioten (bzw. Zentrum) und Liberalen beherrschte seit 1869 das parlamentarisch-politische Leben in Bayern, seit 1893 traten als weitere Fraktionen die Sozialdemokratie und der Bayerische Bauernbund hinzu. Die Partei erlebte ihre erste große Krise 1870/71, als das nationale Moment die Fraktion spaltete, zuerst in der Frage der Kriegserklärung an Frankreich,62 dann bezüglich der Annahme der Versailler Verträge.63 Auch in der Folge bestand die Aufspaltung in eine Jörg-Gruppe und eine links davon stehende, nationale Huttier-Gruppe, wenn auch die Mehrheit mit Jörg stimmte. 1871 bildete sich dazu noch eine rechtsaußen stehende Sondergruppe, die sog. Katholische Volks­ partei («Rote Katholiken») unter dem extrem partikularistisch-katholischen

57 Hartmannsgruber 60 ff.; Möckl, Prinz­ regentenzeit. 58 F. Hartmann, Die Augsb. Postzeitung, 1913; I. Demmler, Die Augsb. Postzeitung 1870-88, Diss. Masch. München 1936; Hartmannsgruber. 39 E. Roeder, Der konservative Journalist E. Zander, 1972. 60 R. Sigl (Hg.), Dr. Sigl, 1977. 61J. Schmidt, Bayern u. d. Zollparlament,

1973; Hartmannsgruber 33 ff., auch für das Folgende. 62 Die Debatte bei Schieder 255 ff. 63 Debatte ebd. 282 fr.; Hartmannsc.ruber 322 ff. u. 362 ff. Namen der Dissentie­ renden bei Kistler 322 Anm. 157; über ihren Führer Max Huttier: A. Meiner, Μ. Huttier (100 Jahre Manz-Verlag) 1930, 65-82; Kistler 71 ff. mit Lit.

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Journalisten Dr. Joh. B. Sigl mit drei Abgeordneten. Als Antwort auf diese Krise, aber auch unter dem Einfluß der nationalen Stimmung, erhielten die Patrioten bei den Reichstagswahlen von 187164 nur 38% (= 19 von 48 Mandaten) der bayerischen Stimmen. Der Kulturkampf brachte dann zwar neue Wähler (Reichstagswahlen 1874: 59,5% der bayerischen Stimmen = 32 von 48 Mandaten),65 bewirkte aber auch die zweite große Parteikrise. In den heftigen Auseinandersetzungen mit dem Mi­ nisterium stand die Partei vor der Frage, gegebenenfalls zur Budgetverweige­ rung oder sogar zur Lahmlegung der Zweiten Kammer durch geschlossene Mandatsniederlegung zu schreiten, nachdem sie die Mehrheit stellte. Es war Jörg, der hierbei zur Mäßigung riet, mit dem Argument, daß die Patrioten keine konfessionelle Gruppierung darstellten, sondern eine politische Partei mit poli­ tischen Zielen und Methoden, die grundsätzlich auf dem Boden des modernen Verfassungsstaates stehe, sich seiner Mittel bediene, aber sich auch an seine Spielregeln halte.66 Hiergegen erhob sich seit 1876 ein extremer rechter Flügel, der eine betont «katholische» Politik forderte. Er konstituierte sich unter der Wortführung des Theologen Dr. Aloys Rittler (1839—1890)67 und seiner Wo­ chenschrift «Die katholische Fahne» sowie des Dr. Sigl mit dem «Bayerischen Vaterland» im März 1877 in München als eigene «Katholische Volkspartei» mit dezidiert konfessionell-partikularistischer Zielsetzung.68 Jedoch schlossen sich ihre Abgeordneten dann doch mit den «Gemäßigten», also der Mehrheit der Pa­ trioten, zur «Vereinigten Rechten» zusammen, die meist einheitlich stimmte. Eine Spaltung war aber doch eingetreten; Versuche des Fürsten Löwenstein in den Jahren 1877/78 und 1881, die divergierenden Gruppen auf ein gemeinsa­ mes Programm zu einigen, um dann mit Budgetverweigerung das Ministerium zum Rücktritt zu veranlassen, blieben ergebnislos.69 Die Kardinalfrage der Pa­ triotenpartei im Kulturkampf, wie sich eine streng monarchistische Partei ge­ genüber einem liberalen Ministerium, das fortgesetzt gegen die Kammer­ mehrheit regiert, aber vom König gehalten wird, verhalten solle, blieb damit unentschieden. Zur Arbeitsgemeinschaft der «Vereinigten Rechten» gehörten seit 1881 auch die wenigen Abgeordneten der «National-Konservativen Partei» (seit 1876 «Deutsch-Konservative Partei»), in der der lutherische Konservativis­ mus vor allem Mittelfrankens seine politische Heimat sah. Die 1872 bzw. 1873 unter Führung des Juristen und Staatsbeamten August Emil Luthardt (1824—

64 Kistler 74 ff. 65 Weitere Reichstagswahlergebnisse der Patrioten- bzw. Zentrumspartei: 1877: 54,2%; 1878: 53,7%; 1881: 55,2%; 1884: 55,2%; 1887: 49,9%; 1890: 47,3%; 1893: 42,4%; 1898: 38,9%; 1903: 43,2%; 1907: 44,8 %; 1912: 38,7%. “ Hartmannsgruber 344 ff. u. 388 ff.

67 Möckl, Prinzregentenzeit 68 ff.; Hart­ mannsgruber; Rummel 98 ff. 68 Programm: Kremer-Auenrode IV nr. 6163. 69 Programm von 1877: Kremer-Auenro­ de IV nr. 6164. Vgl. auch ebd. 409 ff.; SlEbertz 173 ff.; Buchheim (Anm. 54) 271 ff.

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1906) gegründete Partei70 mit ihren Presseorganen «Süddt. Reichspost», «Süddt. Landpost» und «Freimund» sah sich insbes. durch die liberale Schulpolitik der bayer. Regierungen herausgefordert und erhielt starke Unterstützung durch die bekenntnistreue lutherische Pfarrerschaft. 1881 zog sie mit vier Mandaten71 erstmals in den Landtag ein. Seit Anfang der achtziger Jahre, nach dem Rückzug Jörgs aus der Politik (1881), traten in der Patriotenpartei neue Kräfte in den Vordergrund (u. a. Daller, Orterer). Im Februar 1887 beschloß die Obmännerversammlung der Partei, sich unter der Bezeichnung «Bayerische Zentrumspartei» dem Reichszentrum an­ zuschließen, nachdem kurz zuvor auch die bayerisch-patriotischen Reichstags­ abgeordneten mit der Zentrumsfraktion gegen die Septennatsvorlage gestimmt hatten. Im April 1887 einigten sich die verschiedenen Gruppen der bisherigen Patrioten schließlich mehrheitlich auf ein gemeinsames «Programm der Bayeri­ schen Zentrumspartei.»72 Dieses zielte auf die Verwirklichung christlicher Grundsätze in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, insbes. im Erziehungs­ wesen, und betonte die Treue zum Reich, aber auch den bundesstaatlichen Cha­ rakter des Reiches, zum einen die Wahrung der Rechte des Monarchen, zum andern auch die des Landtags; mit besonderem Nachdruck hob es «die der staatlichen Ordnung drohenden Gefahren» hervor, «welche aus dem sich täglich vergrößernden Gegensatz zwischen arm und reich sowie aus dem Niedergang eines kräftigen Mittel- und seßhaften Bauernstandes erwachsen», und forderte daher Hilfe für die Landwirtschaft, für Gewerbe und Handwerk, für den Arbei­ terstand. Die Einigung auf dieses Programm und der Anschluß an das Reichszentrum bedeuteten eine Konsolidierung des bayerischen Zentrums nach einer Periode unruhiger Spannungen. Die starke Betonung des wirtschaftlich-sozialen Moments im Programm von 1887 verwies jedoch auf eine Problematik, die in den näch­ sten Jahren zur schwersten Krise führte, die das bayerische Zentrum bis Kriegs­ ausbruch zu bestehen hatte. Bis in die achtziger Jahre hinein hatte der Kampf gegen das System Lutz, die Anspannung des kirchen- und kulturpolitischen Moments mehr oder weniger genügt, um der Partei die Unterstützung der bäu­ erlichen Bevölkerung zu sichern. Darüber war die politische Vereins- und Agi­ tationsarbeit unter den Bauern vernachlässigt worden, was mit der Beruhigung der kirchenpolitischen Situation offenbar wurde; denn unter der Klammer der gemeinsamen Konfession waren doch ziemlich heterogene soziale Gruppen zu­ sammengefaßt. Weiterhin fanden sich die entschiedenen Partikularisten in der 70 A. E. Luthardt, Mein Werden u. Wir­ ken im öffentl. Leben, 1901; R. Stölzle, Ein bayer. conservativer Politiker (HPB11. 127) 1901, 851-860; Μ. Kittel, Kulturkampf u. «Große Depression». Zum Aufbruch der Bayer. Nationalkonservativen in der antilibe­ ralen Strömung der 1870er Jahre (HJb. 118) 1998, 131-200.

71 F. Hörmann (München I); K. Lembert (Augsburg I); A. E. Luthardt (Augsburg I); J. K. Löfflad (Nördlingen).Vgl. Hartmanns­ gruber 171. 72 Hartmannsgruber 335 ff.Teildruck des Programms bei Möckl, Prinzregentenzeit 221 Anm. 173.

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Partei durch den gewissen Unitarismus vor den Kopf gestoßen, den der An­ schluß an das Reichszentrum seit 1887 bedeutete. Darüber hinaus wurden die sozialen Unterschiede innerhalb der Partei und vor allem die bäuerlichen Inter­ essen berührt, als das Reichszentrum und mit ihm die bayerischen Zentrumsab­ geordneten entweder vollständig oder mit ihren adligen Mitgliedern einer Rei­ he von Reichsgesetzen zustimmten (Heeresvorlage 189073; erste Caprivische Handelsverträge 1891), die sich insgesamt nachteilig auf die bayerischen Bauern auswirkten, die ohnehin unter einer langfristigen Agrarkrise litten. Das Ergebnis war eine starke Separationsbewegung unter den bisherigen bäuerlichen Zen­ trumswählern. Sie äußerte sich vor allem in der Gründung des partikularistischen, antiklerikalen, adelsfeindlichen Bayerischen Bauernbunds 1893 und dem entsprechenden Rückgang des Zentrums bei den Landtagswahlen des gleichen Jahres von 81 auf 74 Mandate, überwiegend zugunsten des Bauernbundes. Die Bedrohung durch den Bauernbund, der nach dem eigentlichen Wählerstamm der Partei griff, wurde von der Zentrumsfuhrung zurecht als überaus ernst ein­ geschätzt. Die Lösung wurde jedoch schließlich nicht in einer Trennung vom Reichszentrum gesehen, wie z.B. von G. Heim 1899 gefordert wurde, sondern in einer verstärkten agrarpolitischen Aktivität auf dem Land und im Landtag, durch Intensivierung der Christlichen Arbeiterbewegung74 und der Bauernver­ eine, weiterhin durch Separierung vom Reichszentrum bei einer Reihe wichti­ ger Abstimmungen (Handelsvertrag mit Rumänien 1893, mit Rußland 1894, Flottengesetz 1898),75 schließlich auch, indem in der Agitation die Distanzie­ rung von Berlin, ja das partikularistische Moment mehr als in den vergangenen Jahren betont wurde, was durch die unitarischen Tendenzen Wilhelms II. auch herausgefordert worden ist. Die Frage, wie weit hierbei gegangen werden kön­ ne, hat bis zum Weltkrieg die Partei immer wieder heftig bewegt. Einen zwei­ ten Weg, dem Bauernbund (und den Liberalen) zu begegnen, sah man in einer partiellen Zusammenarbeit mit der Sozialdemokratie, die seit 1893 im Landtag vertreten war, in den Landtagswahlbündnissen von 1899 und 1905 und dem Reichstagswahlbündnis von 1907.76 Auch über die Opportunität dieses zeitwei­ ligen Zusammengehens gab es tiefgehende Meinungsverschiedenheiten inner­ halb der Partei.77 Insgesamt haben die deutlicher hervortretenden wirtschaftlichen und sozialen Interessen und Probleme der neunziger Jahre in Verbindung mit der großen Spannweite des Zentrums von unterbäuerlichen Schichten bis zu Teilen des ge­ hobenen Bürgertums und des Adels dazu geführt, daß die in der Partei seit Be­

7J Bei der Heeresvorlage von 1890: Ba­ chem V 139 fr. 74 Albrecht,

Zentrumsprotokolle I 45 * ff. Vgl. auch Höchberger, Bauernbund (§ i6d). 75 Vgl. § 16 e. Zentrum u. Arbeiterschaft: Denk 375 ff.

76 Vgl. Albrecht, Zentrumsprotokol­ le V 335, 346 f., 479 f.; Petermeier 149 f. Als einziger bayer. Zentrumsabgeordneter stimmte Hertling für das Flottengesetz. 77 Vgl Möckl 314, 486fr.; Bräunche (§ 16).

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ginn ohnehin vorhandenen, durch die konfessionelle Gemeinsamkeit über­ brückten Gegensätze sich nun stärker profilierten. Einer mehr bürgerlich-kon­ servativ-reichsfreundlichen Richtung trat eine mehr bäuerlich-demokratischpartikularistische Richtung gegenüber, jedoch mit zahlreichen Übergängen und je nach Sachthemen auch mit wechselnder Zusammensetzung.7“ Der Exponent des linken Flügels war Dr. Georg Heim (§ 16 e), der als ungemein populärer Füh­ rer des mitgliederstarken Christlichen Bauernvereins dem Zentrum in der Aus­ einandersetzung mit dem Bauernbund unersetzlich war. In Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten (u. a. Held) gelang es ihm um die Jahrhundertwende, auf den Kurs der Landtagsfraktion im Sinne des linken Flügels Einfluß zu nehmen, was sich eben in der Distanzierung vom Reichszentrum, den genannten Wahl­ bündnissen zur Herbeiführung des direkten Wahlrechts 1906 und in entschiede­ nerer Frontstellung gegen die Regierung Crailsheim äußerte. Das Zentrum er­ hielt (wieder) in starkem Maße den Charakter einer Partei sozialer und demo­ kratischer Forderungen auf katholischer Grundlage. Dieser Entwicklung hat sich die bürgerlich-konservative Richtung widersetzt und hierbei zunehmende Zustimmung in der Fraktion gefunden, da Heim in überspitzter Selbstbezogen­ heit verschiedentlich die notwendige Einheit der Fraktion gefährdete. Seine Widersacher waren vor allem der kenntnisreiche und in sozialen Fragen sehr aufgeschlossene Passauer Domkapitular Dr. Franz Seraph Pichler (1852-1927; MdL 1893—1918; MdR 1893-1911)78 79 und der Philologe Dr. Georg 0. Orterer (1849-1916; MdL 1883-1916; MdR 1884-1893; 1899-1916 Präsident der Abge­ ordnetenkammer),80 letzterer laut Hertling «nicht nur der einzige politische Kopf aus der ganzen Gesellschaft, sondern auch der beste Redner und Debatteur». Eine vermittelnde Position zwischen den beiden Gruppierungen wurde eingenommen von dem Freisinger Kirchenrechtler Dr. Balthasar Datier (1835-1911; MdL 1871-1911),81 von 1891-1911 respektierter Vorsitzender der Zentrumsfraktion in der Zweiten Kammer, und dem Organisator der Zen­ trumspartei in der Rheinpfalz und späteren Bamberger Domkapitular Dr. Franz X. Schädler (1852-1913; MdL 1890-1912; MdR 1890-1913),“2 der als langjähriger Landtags- und Reichstagsabgeordneter prinzipiellen Konservativis­ mus mit großer sozialpolitischer Aufgeschlossenheit und Flexibilität verband. Die Gruppierung Pichler-Orterer hatte ihre Prinzipien, folgte aber auch dem taktischen Gesichtspunkt, sich für ein weltanschaulich konservatives Ministeri­ um zu präsentieren, das mit dem Niedergang der Liberalen und dem Aufstieg 78 Petermeier i 50; Möckl, Prinzregen­ tenzeit; Bachem VI 411; Grauert in: Hoch­ land 10/2, 1912/13,18. 79 Hierzu zahlreiche Mitteilungen bei Möckl, Prinzregentenzeit; Kessler; Knapp (§ 16b); Albrecht, Zentrumsprotokolle IIIV. 80 Bachem VIII 35 f.; Kessler; Möckl, Prinzregentenzeit. Zu Pichler u. den im fol­

genden Genannten vgl. stets auch Al­ brecht, Zentrumsprotokolle I-V. 81 NDB 19, 598; Bachem VIII 3of.; A. Dürrwächter, G. v. Orterer (Hochland 14/II) 1916/17, 579-602; K. Linhart, Dr. v. Orterer, 1916; Kessler; Möckl, Prinz­ regentenzeit; Knapp (§ 16 b). 82 Vgl. Petermeier; Kessler; Möckl, Prinzregentenzeit; Knapp (§ 16 b).

§ i6. Parteien und Verbände (D. Albrecht)

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der Sozialdemokratie immer mehr an Wahrscheinlichkeit gewann.83 Unter hef­ tigen Auseinandersetzungen mit Heim und seinen Anhängern festigte sie seit etwa 1905 ihre Position, auch unter Förderung des Episkopats, bestimmter Hof­ kreise und von Mitgliedern der Ersten Kammer, vor allem auch Hertlings.®4 1911 zog sich Heim schließlich aus der Partei- und Parlamentsarbeit zurück, im gleichen Jahr wurde (nach dem Tod Dallers) der Fraktionsvorsitz auf einen Mann gemäßigter Richtung, Franz X. Lerno (1911—1914), übertragen; 1914— 1918 folgte Heinrich Held. * 5 c) Die Sozialdemokratische Partei Bibliographie z. Gesch. d. dt. Arbeiterbewegung: Von den Anfängen bis 1863, bearb. v. D. Dowe, 1976; desgleichen 1863-1914, bearb. v. K.Tenfelde - G. A. Ritter, 1981; desgleichen 1914-1945, bearb. v. K. Klotzbach, 19762. - GG III § 37; Huber IV 91 ff.; G. A. Ritter, Die Arbeiterbewegung im Wilhelm. Reich, 19632; G. A. Ritter (Hg.), Der Aufstieg d. dt. Arbeiter­ bewegung, 1990; G.A. Ritter - K.Tenfelde, Arbeiter im Dt. Kaiserreich 1871-1914, 1992; G. A. Ritter, Arbeiter, Arbeiterbewegung u. soziale Ideen in Deutschland, 1996; G. Schildt, Die Arbeiterschaft im 19. u. 20. Jh., 1996. H. Hirschfelder, Die bayer. Sozialdemokratie 1864-1914, 2 Teilbände, 1979; Die Sozialde­ mokratie im Bayer. Landtag 1893/99. Handbuch für Landtagswähler, 1899 (desgleichen für 1899/1905, 1905 u. für 1905/07, 1907); H. Eckert, Liberal- oder Sozialdemokratie. Frühgesch. d. Nürnberger Arbeiterbewegung, 1968; K. Schönhoven, Zwischen Revolution u. So­ zialistengesetz. Die Anfänge d. Würzburger Arbeiterbewegung 1848-1878, 1976; D. Rossmeissl, Arbeiterschaft u. Sozialdemokratie in Nürnberg 1890-1914, 1977; E. Schneider, Die Anfänge d. Sozialist. Arbeiterbewegung in d. Rheinpfalz 1864—1899, Diss. Masch. Mainz 1956; R. Jansen, G. v.Vollmar, 1968; A. Schnorbus, Arbeit u. Sozialordnung in Bayern v. d. 1. Welt­ krieg (1890-1914), 1969; F. Schade, K. Eisner u. d. bayer. Sozialdemokratie, 1961; K. H. Pohl, Die Münchener Arbeiterbewegung 1890-1914, München 1992; K. D. Schwarz, Weltkrieg u. Revolution in Nürnberg, 1971; G. Müller, Arbeiterleben u. Arbeiterbewegung in der Ober­ pfalz 1848-1919, 1988; H. Zwahr, Die dt. Arbeiterbewegung im Länder- u. Territorienvergleich 1875 (Gesch. u. Ges. 13) 1987, 448-507; D. Hennig, Johannes Hoffmann, 1990; Μ. Niehuss, Die Stellung d. Sozialdemokratie im Parteiensystem Bayerns, Württembergs u. Badens (G. A. Ritter, Hg., Der Aufstieg d. dt. Arbeiterbewegung) 1990, 103—126; K.Tenfelde, Bayer. Industrialisierung u. Entwicklung d. Sozialdemokratie (ebd.) 135-138; W. Albrecht u. a. (Hg.), «Freiheit für den Freistaat». Kleine Gesch. d. bayer. Sozialdemokratie, 1990; H. Mehringer (Hg.), Von d. Klassenbewegung z. Volkspartei. Wegmarken d. bayer. Sozialdemokratie 1892-1992, 1992; W. H. Schröder, Sozialdem. Parlamentarier in d. dt. Reichs- u. Landtagen 1867-1933. Ein Handbuch, 1995; Brewka, Zentrum u. Sozialdemokratie (§ 16; Lit.). - Bei­ spiele von Ortsverbänden: W. Chrobak (§ 16) 184-219 (Regensburg); K. H. Pohl, Die dt. So­ zialdemokratie in der Provinz (GWU 46) 1995, 494-508 (Kempten).

Die Geschichte der bayerischen Sozialdemokratie beginnt — ungeachtet aller vorhergehenden demokratischen und liberalen Arbeiterassoziationen in Bay­ ern86 - im März 1864 mit dem Beitritt einer Gruppe Augsburger Arbeiter zu

83 Bachem VIII 33 u. IX 375 ff.; Kess­ Möckl, Prinzregentenzeit; Fendler (Anm. 49). 84 Vgl. Möckl, Prinzregentenzeit 535 ff.; Petermeier 145 fr.; auch G. Frhr. v. Hertling, Erinnerungen, 2 Bde., 1919/20, hier II 248 f. ler;

85 Hertling, Erinnerungen II 301 f. (Brief an Preysing). 86 F. Balser, Sozial-Demokratie 1848/4963, 2 Bde., 1962; K. Rüdinger, Die Arbeiter­ bewegung in Bayern 1848-50, 1934; L. Lenk, Revolutionär-kommunist. Umtriebe im Kgr. Bayern 1848-64 (ZBLG 28) 1965, 555-622;

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A. IV. Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871-1918)

dem 1863 in Leipzig von F. Lassalle gegründeten «Allgemeinen Deutschen Arbei­ terverein» (ADAV).87 1868/69 entstanden Mitgliedschaften des ADAV auch in München, Ansbach und Würzburg, seit Juli 1869 erschien als Verbandsorgan der «Proletarier»;88 im selben Monat bat der König den Innenminister besorgt um «Angabe der Mittel, mit welchen die Regierung dieser außergewöhnlichen Be­ wegung, welche immer größere Dimension annimmt, entgegenzutreten geson­ nen ist».89 Hatte das Ministerium 1850 die Vereine der «Arbeiterverbrüderung» rigoros unterdrückt,90 so hielt sie sich jetzt zurück, da sie erkannte, daß die lassalleanische Dominanz in Bayern ihren Höhepunkt bereits überschritten hatte. 1870/71 traten die Münchner, Augsburger und Nürnberger Lassalleaner der 1869 in Eisenach gegründeten «Sozialdemokratischen Arbeiterpartei» (SAP) Bebels und Liebknechts bei. Damit war der ADAV im rechtsrheinischen Bayern91 bis auf wenige Splittergruppen aufgelöst, das Feld beherrschte künftig die Partei Bebels. Die Gegner Lassalles, die in Bayern vor allem in Arbeiterbildungsvereinen in Nürnberg und Fürth vertreten gewesen waren,92 hatten sich mit diesen Verei­ nen 1863 im demokratischen «Vereinstag deutscher Arbeitervereine» zusam­ mengeschlossen, dessen Führung alsbald bei Bebel und Liebknecht lag. Die Mehrheit dieses Vereinstages - und mit ihr auch eine Reihe bayerischer Arbei­ tervereine - war 1869 in Eisenach bei der Gründung der «Sozialdemokratischen Arbeiterpartei» (SAP) Bebels beteiligt. Diese faßte also sofort mit ihrer Grün­ dung auch in Bayern Fuß. Am 24. August 1869 wurde die erste bayerische Mit­ gliedschaft der SAP in Nürnberg gegründet, im gleichen Jahr folgten Gründun­ gen in Fürth, Regensburg, München, Augsburg und Lechhausen.93 Die Zahl der Mitglieder wuchs in den folgenden Jahren rasch,94 freilich angesichts der man­ gelnden Industrialisierung Bayerns nur relativ, das Schwergewicht lag auf Mit­ telfranken und hier wieder auf Nürnberg. Unter dem energischen Führer der Nürnberger Sozialdemokratie Karl Grillenberger (1848-1897; MdL 1893-97; MdR 1881-97)95 wurde die Stadt unter Überflügelung Augsburgs und Mün­

W. Fischer, Die Fürther Arbeiterbewegung v. ihren Anfängen bis 1870, Diss. ErlangenNürnberg 1965; Eckert 87 fr.; T. Offermann, Arbeiterbewegung u. liberales Bür­ gertum 1850-63, 1979; H. Schlechte (Bearb.), Die Allg. Dt. Arbeiterverbrüderung 1848-50, 1979. 87 Eckert 156 ff. u. 307; D. Dowe (Hg.), Protokolle u. Materialien des ADAV, 1980; W. Albrecht, L. Tauscher u. d. ADAV in Bayern (Mbhringer, Klassenbewegung) 34-39. 88 Letzte Nummer 18.6.1871. 89 Eckert 160 Anm. 19. 90 Balser (Anm. 86) 299 ff.; Rüdinger (Anm. 86) 39 ff

91 Anders in der Pfalz: Schneider (§ 16 c) 37 ff. 92 Fischer (Anm. 86); D. Dowe (Hg.), Be­ richte über d. Verhandlungen d. Vereins­ tage dt. Arbeitervereine 1863-69, 1980; S. NE’EMAN,Von d. Arbeiterbewegung z. Arbei­ terpartei. Der 5. Vereinstag 1868 in Nürn­ berg, 1976. 93 Liste bei Eckert 305. 94 1871: 274 Mitgl.; 1873: 1085; 1874: 1651; 1875: 1762 (ebd. 299). 95 G. Gärtner, K. Grillenberger, 1930; Eckert 216 ff.; Schwarz, Weltkrieg 40 ff.; Rossmeissl (§ 16 c); E. Müller (Bearb.), Das rote Nürnberg. Dokumente z. Gesch. d.

§ 16. Parteien und Verbände (D. Albrecht)

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chens für viele Jahre zum Zentrum der bayerischen Sozialdemokratie; 1874 wohnte fast die Hälfte der bayerischen Mitglieder in Nürnberg. Nachdem schon 1874/75 eine Reihe sozialdemokratischer Mitgliedschaften und Gewerkschaften aufgrund des bayerischen Vereinsgesetzes von 1850 (zeit­ weise) verboten worden waren,96 unterlagen in den folgenden Jahren auch die bayerischen Sozialdemokraten den Bestimmungen des Sozialistengesetzes von 187s,97 insbesondere durch Auflösung der sozialdemokratischen Ortsvereine und verwandter Organisationen, durch Druckschriftenverbote, Überwachungen und sonstige Behinderungen. Wie im übrigen Reich gelang es den Sozialdemo­ kraten auch in Bayern, in Ausweichorganisationen (Fachvereinen, Wahlvereinen) den Zusammenhalt jedenfalls teilweise zu wahren, und stieg auch in Bayern ihr Stimmenanteil bei den Reichstagswahlen trotz aller Behinderungen nahezu gleichmäßig an;9* 1881 wurde mit Grillenberger (Wahlkreis Nürnberg) der erste bayerische Sozialdemokrat in den Reichstag gewählt. 1888 wurde die «Münchner Post», das Hauptorgan der bayerischen Sozialdemokratie, gegründet, seit 1890 herausgegeben von G. v.Vollmar.99 Jetzt wie später konnten SPD-Mit­ glieder angesichts ihrer revolutionären Theorie keine Staatsbeamten werden. Die Nichterneuerung des Sozialistengesetzes 1890 gab in Verbindung mit der fortschreitenden Industrialisierung, dem Bevölkerungswachstum und der Bes­ serstellung der Arbeiterschaft durch die sinkenden Preise der achtziger und frühen neunziger Jahre auch der bayerischen Sozialdemokratie neue Impulse. Bei den Reichstagswahlen 1890 erhielten die Sozialdemokraten 13,9 % (1893: 16,3%; 1912: 17,3%) der bayerischen Stimmen. 1893 gelangte die Sozialdemo­ kratie mit fünf Mandaten erstmals in die Zweite Kammer, bis 1912 stieg sie dort auf 30 Mandate, die größte sozialdemokratische Fraktion in einem deutschen Landtag.'00 1914 zählte die Partei in Bayern 100 288 Mitglieder. 1894 wurde in Nürnberg unter Μ. Segitz das erste sozialdemokratische Arbeitersekretariat in Deutschland eröffnet.101 Der erste Parteitag der bayerischen Sozialdemokraten

Arbeiterbewegung in Nürnberg III: 18901918, 1984; D. Rossmeissl, Die Mehrheit in der Minderheit (Mehringer, Klassenbewe­ gung) 62-70. 96 Eckert 186 ff., z. T. unklar. 97 Überblick und Lit.: Huber IV 1153 fr. u. GG III § 47; Bayern: Hirschfelder (§ 16c) ii 355—4319“ Reichstagswahlen 1871: 0,4% der gülti­ gen Stimmen in Bayern; 1874: 2,2%; 1877: 3,7%; 1878: 3,3%; 1881: 4,5%; 1884: 5,5%; 1887: 6,6%; vgl. Bayerns Entwicklung 132. 99 Zur Presse der bayer. Sozialdemokratie vgl. Die Presse d. Arbeiterklasse u. d. soz. Be­ wegungen, bearb. v. A. Eberlein, 5 Bde., 1968/70; K. Koszyk - G. Eisfeld, Die Pres­ se d. dt. Soz.-Dem., 19802; U. Hess, L. Vier­ eck u. seine Münchner Blätter f. Arbeiter

1882-89 (Dortmunder Beitrr. z. Zeitungs­ forsch. 6) 1961, 1-50; G. Rückel, Die Fränk. Tagespost, 1964; A. Knaus, Die «Münchner Post» während d. Weltkriegs, Diss. München 1940; Schwarz, Weltkrieg; Hirschfelder (§ 16c) 234fr. u. 413fr.; Pohl (§ 16c) 398 fr.; Rossmeissl (§ 16c); H. O. Rollwa­ gen, H. Rollwagen u.d. Schwäb.Volkszeitung (Mehringer, Klassenbewegung) 82-93. 100 Rechenschaftsberichte: Die Soz.-Dem. im bayer. Landtag 1893-1907 (§ 16 c). Brewka, Zentrum u. Sozialdemokratie (§ 16); Albrecht, Zentrumsprotokolle I-V; Albrecht, Sozialstruktur (§ 17 a). 101 K. Böhmer, Die Arbeitersekretariate Bayerns mit bes. Berücksichtigung d. Nürn­ berger, 1915; F. Schüler, Das Nürnberger Arbeitersekretariat 1894/95-1914 (MVGN 72)

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A. IV. Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871-1918)

1892 in Regensburg vereinigte erstmals Vertreter aller bayerischen Regierungs­ bezirke.102 Insbesondere war hier erstmals die pfälzische Sozialdemokratie ver­ treten, die sich — bis 1875 überwiegend lassalleanisch - unter der Führung von Franz Josef Ehrhart (1853-1908)103 mit Schwerpunkten in Speyer, Neustadt, Frankenthal und Ludwigshafen, bis 1884 in enger Verbindung mit der badischen Sozialdemokratie, rege entwickelt hatte.104 Jedoch erst 1898, nach Wegfall des hindernden Vereinsgesetzes von 1850, konnte eine gesamtbayerische Parteiorgani­ sation geschaffen werden, gegliedert in drei Gauverbände,105 über denen ein Landesvorstand (bis 1905 identisch mit der Landtagsfraktion) als Parteispitze waltete.106 Dieses Organisationssystem war auf die drei führenden Persönlich­ keiten der Partei zugeschnitten, Vollmar in München, Grillenberger bzw. Segitz in Nürnberg, Ehrhart in Ludwigshafen. Unter ihnen war Georg v. Vollmar (1850—1922) von 1889 bis zum Weltkrieg der anerkannte Führer der bayerischen Sozialdemokratie.107 Durch Kriegsverlet­ zung behindert, aber finanziell unabhängig, war Vollmar, bei allen Qualitäten als parlamentarischer Debattierer und volkstümlicher Agitator, eine sensible Natur, dabei kein Theoretiker, vielmehr dem Praktischen, Realisierbaren zugewandt. Vollmars Bedeutung für die deutsche Sozialdemokratie lag darin, daß er inner­ halb der Partei das Programm des Reformismus erstmals klar formulierte und hier­ von trotz heftigster Auseinandersetzungen mit Bebel und Kautsky nicht ab­ zurücken brauchte, da er fortgesetzt vom Vertrauen der süddeutschen Sozialde­ mokratie gestützt wurde. In den sog. Eldorado-Reden 1891 «Über die nächsten Aufgaben der deutschen Sozialdemokratie» forcierte er angesichts des «Neuen Kurses» nach Bismarcks Sturz die Preisgabe einer auf revolutionäre Veränderung der bestehenden Gesellschaftsordnung zielenden Praxis zugunsten reformeri­ scher Umgestaltung. Es entspräche «dem Interesse der Arbeiterbewegung und des Gemeinwesens überhaupt und ist auch dem aller Utopie und Spekulation 1985, 263-332; B. Schossig, Die Akad. Ar­ beiter-Unterrichtskurse (bes. München), 1985; K. H. Pohl, Sozialdemokratie u. Bil­ dungswesen. Das «Münchener Modell» (ZBLG 53) 1990, 79-101; K. Tenfelde, Ar­ beitersekretäre. Karrieren in der dt. Arbeiter­ bewegung vor 1914, 1996. 102 R. Ehm, Sozialdemokraten vor d. To­ ren. Der Landesparteitag 1892 (Mehringer, Klassenbewegung) 40-44; G. Müller, Die Arbeiterbewegung in der Oberpfalz bis z. 1. Weltkrieg (ebd.) 94-102. 103 E. Schneider, EJ. Ehrhart (Pfälzer Le­ bensbilder I) 1964, 273-319; H. Blinn, F. J. Ehrhart u. die Sozialdemokratie in der Pfalz (Mehringer, Klassenbewegung) 71-81. E. war MdL 1893-1908, MdR 1881-1908. 104 Vgl. Schneider (§ 16 c); G. Herzog, Die Anfänge d. Arbeiterbewegung u. d. Gründung d. SPD in Kaiserslautern (1867-

1905), 1974; W. Breunig, Soz. Verhältnisse d. Arbeiterschaft u. sozialistische Arbeiterbewe­ gung in Ludwigshafen 1869-1919, 1976; Bräunche (§ 16). 105 Ober- u. Niederbayern, Schwaben; Franken, Oberpfalz; Pfalz. 106 Schneider (§ 16 c) 155 fr.; Jansen 94 ff. Allgemein: Ritter, Arbeiterbewegung 44 ff.; Th. Nipperdey, Die Organisation d. dt. Parteien vor 1918, 1961. 107 P. Kampffmeyer, G. v. Vollmar, 1930; Jansen (Lit.); G. v.Vollmar, Schriften u. Re­ den z. Reformpolitik, hg. v. W. Albrecht, 1977; D. S. Rosen, German Social Demo­ cracy between Bismarck and Bernstein, Ann Arbor/Mich. 1976; F. L. Carsten, G. v.Voll­ mar (Journal of Continental History 25) 1990. 317-335 V. war MdL 1893-1918, MdR 1890-1918. Hierzu aber Jansen i 10 u. i 12.

§ i6. Parteien und Verbände (D. Albrecht)

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fernen, im besten Sinne realpolitischen Wesen unserer Partei nicht zuwider, wenn wir den Weg der Verhandlung betreten und suchen, auf Grundlage der heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung Verbesserungen wirtschaftlicher und politischer Art herbeizufiihren».108 Vollmars Bedeutung für die bayerische Sozialdemokratie lag darin, daß es ihm gelang, diese auf den Weg des Reformismus zu fuhren und hierbei die Bedeu­ tung der bisher von der zentralistischen Parteiführung unterschätzten Wirksam­ keit in den einzelstaatlichen Landtagen zu beweisen. Schon das Wahlprogramm von 1892 stellte die praktische Reformarbeit heraus, die seit 1893 existierende Landtagsfraktion hat in diesem Sinne als Opposition innerhalb des bestehenden Systems gewirkt. Wenn dabei die Zustimmung zum Staatsbudget ebenso be­ zeichnend war, wie auf die übrige Partei schockierend wirkte, und wenn mehr­ mals Wahlbündnisse mit dem bayerischen Zentrum eingegangen wurden, so hat auch Vollmars Zielsetzung, daß die bayerische Sozialdemokratie, um zu einer Massenpartei zu werden, auch die Bauern109 mobilisieren müsse, in der übrigen Partei Unruhe und vor allem bei Bebel heftigen Widerspruch hervorgerufen.110* Sie entsprang jedoch Vollmars Auffassung von der besonderen politischen, sozia­ len, wirtschaftlichen und kulturellen Situation in Altbayern,1“ der man gerecht werden müsse, der der Zentralismus in der Partei ebenso widerspreche wie der von der Parteileitung betonte Unitarismus im Verhältnis von Reich und Einzel­ staaten. Indem Vollmar einem pointierten Föderalismus huldigte, hat die bayeri­ sche Sozialdemokratie jene charakteristische Ausprägung erhalten, die sie — zu­ sammen mit der badischen und württembergischen Partei - von der übrigen Partei unterschied, aber wiederum auch dazu beitrug, ihren eigenen «reform­ orientierten und staatserhaltenden»"2 Charakter in Zielsetzung und Methoden lange zu behaupten. Vollmars Absicht, auch die wirtschaftlich bedrohten bäuerlichen Schichten in die Agitation einzubeziehen, brachte nur geringe Erfolge. Mit dem konjunktu­ rellen Aufschwung der Landwirtschaft seit 1896, gezielten agrarpolitischen Maßnahmen der Regierung und intensivierten Bemühungen der Zentrumspar­ tei um die Landbevölkerung erwies sich das ländliche Wählerreservoir für die Sozialdemokratie bald als erschöpft, zumal auch eine dauerhafte engere Zu108 G. v. Vollmar, Über die nächsten Auf­ gaben d. dt. Sozialdemokratie, 1891. Vgl. Jansen 37fr. mit Lit.; Ritter, Arbeiterbewe­ gung 87 ff. 109 G. v. Vollmar, Bauernfrage u. Sozial­ demokratie in Bayern, 1896. 1,0 Vgl. H. G. Lehmann, Die Agrarfrage in d. Theorie u. Praxis d. dt. u. Internat. Soz.Dem., 1970 (Lit.), mit ausführlichen Darle­ gungen zur bayer. Soz.-Dem.; Ritter, Arbei­ terbewegung 134 ff.; W. H. Maehl, German Social Democratic Agrarian Policy 1890—95 reconsidered (Central European History 13)

1980, 121-157; Ch. Landgrebe, Zur Ent­ wicklung d. Arbeiterbewegung im südostbayer. Raum (Kolbermoor), 1979. 111 Charakteristisch Vollmar an Mehring, 29.3.1894, bei: Kampffmeyer (Anm. 107) 95 f· 112 K. H. Pohl, Der Sondercharakter d. bayer. Sozialdemokratie vor d. 1. Weltkrieg (Mehringer, Klassenbewegung) 20-33; Ders., Kathol. Sozialdemokraten oder sozialdemokr. Katholiken in München, ein Iden­ titätskonflikt (O. Blaschke, Hg., Religion im Kaiserreich) 1966,233-254.

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sammenarbeit zwischen der Partei und dem Bauernbund nicht erreicht worden ist.113114 116 115 Ergiebiger gestalteten sich statt dessen die Wahlbündnisse mit dem Zentrum bei den Landtagswahlen von 1899 und 1905 und den Reichstagswahlen von 1907 in bestimmten Wahlbezirken;“4 beide Parteien profitierten auf Kosten der Liberalen, wodurch das Landtagswahlgesetz von 1906 durchgebracht werden konnte. Dieses vom Zentrum angestrebte Ergebnis sowie die folgende Links­ schwenkung des größeren Teils der bayerischen Liberalen beendete jedoch die partielle Zusammenarbeit. Die Entwicklung führte statt dessen bei den Land­ tagswahlen von 1912 zum Wahlbündnis der Sozialdemokraten mit Liberalen und Bauernbund (Großblock), das die sozialdemokratischen Mandate auf 30 er­ höhte."5 Dieses Bündnis deutete auch auf eine Verschärfung des Kurses der Partei, insbesondere in Verfassungsfragen, was sowohl mit den betont antisozial­ demokratischen Tendenzen des Ministeriums Hertling als auch dem allmähli­ chen Zurücktreten Vollmars und dem Aufkommen einer neuen Führungs­ schicht (Segitz, Auer, Hoffmann)“6 zusammenhing. In scharfer Opposition zum Ministerium Hertling ging die bayerische Sozialdemokratie in den Ersten Welt­ krieg, den sie, wie mehrheitlich die Gesamtpartei, als einen vaterländischen Krieg begriff, der allerdings im Innern zu neuen verfassungsmäßigen Gestaltun­ gen führen sollte."7

d) Der Bayerische Bauernbund A. Hundhammer, Gesch. d. Bayer. Bauernbundes, 1924; Ders., Die landwirtschaftl. Berufsver­ tretung in Bayern, 1926; A. Höchberger, Der Bayer. Bauernbund 1893-1914, 1991 (Lit.);W. Fritsch - H. Gottwald, Bayer. Bauernbund 1895-1933 (Fricke I) 1983, 135-151; H.-J. Bergmann, Der Bayer. Bauernbund u. d. Bayer. Christi. Bauernverein 1919-1928, 1986; R. Anzenberger-Meyer, Bedingungen bäuerl. Politisierung 1880-1933, dargestellt am Beispiel von Oberbayern, Phil. Diss. Innsbruck 1993.

Seit den sechziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts entstand auch in Bay­ ern eine Reihe landwirtschaftlicher Vereinigungen, welche die bäuerliche In­ teressenvertretung vornehmlich auf wirtschaftlichem Gebiet bezweckten: 1869 der Bayerisch-Patriotische Bauernverein zu Tuntenhausen, 1880 der Fränkische Bauernverein des Frhrn. H.K. v. Thüngen-Rossbach, 1885 der Mittelfränki­ sche Bauernverein unter Friedrich Lutz. In den neunziger Jahren gewann dar­ über hinausgehend der Gedanke einer eigenen parlamentarischen Interessenvertre­ tung der Bauern an Boden. Nach der Stagnation der achtziger Jahre, die sich auch in verstärkter Auswanderung äußerte,“8 waren breite klein- und mittel-

113 MöCKL, Prinzregentenzeit 480 fF. 114 Ebd. 486 fr.; Bräunche (§ 16). 115 Jansen ioi ff.; Albrecht, Landtag 456 ff. 116 Zu Segitz vgl. F. J. Bauer (§ 20 e), zu Auer unten § 20 e Anm. 122, 123, zu Hoff­ mann Hennig (§ 16 c).

117 GG IV, i § 17 (Lit.); D. Groh, Negative Integration u. revol. Attentismus. Die dt. So­ zialdemokratie am Vorabend d. 1. Weltkriegs, 1973. Vgl. Vollmar bei V. Naumann, Profile, 1925, 83. "* Bayerns Entwicklung I7f.

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bäuerliche Schichten in ihrer Existenz bedroht, als durch die Caprivischen Handelsverträge (1891—1893) und die gleichzeitige Überschwemmung des Weltmarkts mit amerikanischem Getreide die Brotgetreide- und Viehpreise rasch absanken, während die Betriebe durch steigende Löhne,119 Sozialabgaben und wachsende Besteuerung stärker belastet wurden.120 Jedoch stimmte das Zentrum, in Bayern mehrheitlich die Partei der Bauern, im Reichstag manchen wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu, die von den Bauern selbst abgelehnt wurden; auch stand das Kleinbauerntum dem starken Einfluß von Adel, Geist­ lichkeit und Agrariern im Zentrum kritisch gegenüber und waren von der Zentrumsfiihrung im Zusammenhang des Kulturkampfes wirtschaftspolitische gegenüber kulturpolitischen Fragen vernachlässigt worden. Diese Voraussetzun­ gen, wie überhaupt die Tendenz der neunziger Jahre zu schärferer Geltendma­ chung materieller Gruppeninteressen durch Begründung großer Interessenver­ bände,121 führten 1893, kurz nach Gründung des norddeutschen «Bundes der Landwirte»122 und in Konkurrenz mit den «Christlichen Bauernvereinen» zur Gründung des «Bundes der niederbayerischen Landwirte und Gewerbetreiben­ den» als Wahlvereinigung, als politische Partei. Dieser errang noch im gleichen Jahr in betontem Gegensatz zum Zentrum drei Reichstagsmandate und sieben Mandate in der bayerischen Zweiten Kammer.123 Ebenfalls noch 1893 wurden der «Oberbayerische Bund der Landwirte und Gewerbetreibenden» und der «Fränkische Bauernbund», 1894 der «Schwäbische Bund der Landwirte und Ge­ werbetreibenden» gegründet. Sie alle, außer dem oberbayerischen, schlossen sich am 2. März 1895 in Regensburg zum «Bayerischen Bauernbund» unter dem Vorsitz des fränkischen Gutsbesitzers H. K. v. Thüngen-Rossbach zusammen, dessen Nähe zum großagrarischen «Bund der Landwirte» allerdings stark ange­ feindet wurde. Die Ziele des Bauernbunds waren zunächst ausschließlich wirt­ schaftlicher Natur,124 diese sollten durch die Wahl von Abgeordneten verwirk­ licht werden, «welche bereit sind, die Interessen der Landwirtschaft und des Ge­ werbes energisch wahrzunehmen und Bürgschaft dafür zu leisten, daß sie das Wohl dieser Bevölkerungsklassen nicht politischen oder Parteirücksichten un­ terordnen, sondern in wichtigen Fällen im Einverständnis mit dem Bundesvor­ stand stimmen und handeln werden». Das wirtschaftliche Programm erhielt ei­ nen allgemeinpolitischen Zusatz, als am 26. September 1897 auch der ober­ bayerische Bund (seit 1895 «Bayerischer Bauern- und Bürgerbund») dem Bau­

"9 A. Schnorbus, Die ländl. Unterschich­ ten in d. bayer. Gesellschaft am Ausgang d. i9.Jhs. (ZBLG 30) 1967,824-852. 120 Haushofer, Dt. Landwirtschaft 205 ff. u. 2iiff.; Nipperdey I 192ff; Hochberger (§ 16 d) 15 fr. 121 Huber IV 973 ff. 122 Bund der Landwirte: Mattes 37 fr.; H.-J. Puhle, Agrarische Interessenpolitik u. preuß. Konservativismus 1893-1914, 1966;

Fricke I 135 ff.; K. Heller, Der Bund d. Landwirte bzw. Landbund u. seine Politik mit bes. Berücksichtigung d. fränk. Verhält­ nisse, 1936. 123 Wahlen von 1893: Möckl, Prinzregen­ tenzeit 454 ff.; Albrecht, Zentrumsproto­ kolle I. 124 Regensburger Programm: Hochberger (§ i6d) 114 ff. — Bauernbundpresse: ebd. 149 ff-

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ernbund beitrat. U. a. wurden jetzt gefordert125 Aufrechterhaltung der bayeri­ schen Eigenstaatlichkeit, Verstaatlichung des gesamten Schulwesens, Abschaffung der Ersten Kammer, Wahlrechtsreform, was alles einer betont föderalistischen, demokratischen und antiklerikalen Tendenz vor allem der altbayerischen Bauernbündler entsprach. Überwiegend aus Mittel- und Kleinbauern bestehend, lehnte der Bund auch eine engere Zusammenarbeit oder gar die Vereinigung mit dem «Bund der Landwirte» entschieden ab. Die folgende Geschichte des Bauernbunds war eine Kette immer neuer Aus­ einandersetzungen zwischen seinen verschiedenen landschaftlichen Zweigen, in dem die politisch radikaleren Niederbayern den gemäßigteren Franken und Schwaben gegenüberstanden, sowie zwischen den meist eigenwilligen führen­ den Persönlichkeiten im Bund, unter denen der Bauer Franz Wieland aus Hierlbach (Ndb.),Vorsitzender 1896—1900, der gemäßigte Georg Eisenberger aus Ruh­ polding,126 Vorsitzender 1901-1930, der polemisch-grobe Journalist Dr. Jo­ hann Baptist Sigl (gest. 1902) mit seinem «Bayerischen Vaterland», der Geistliche und Sozialreformer Dr. Georg Ratzinger (1844-1899)127 und Frhr. H.K. v. Thüngen-Rossbach, Vorsitzender 1895-1896, hervortraten. Die Untergruppierung des Bauernbunds nach den sieben rechtsrheinischen Regierungsbezirken128 so­ wie nach Altbayern (Ober- und Niederbayern, Oberpfalz; Zentrum München; Organ «Neue Freie Volkszeitung») und Neubayern (Ober-, Mittel- und Unter­ franken, Schwaben; Zentrum Würzburg; Organ «Neue Bayerische Landeszei­ tung», Redakteur A. Memminger) wurde durch die weitgehende organisatori­ sche Verselbständigung dieser Teile stark betont. So bildete das Ganze mehr eine Arbeitsgemeinschaft landschaftlicher Einzelbünde, die gleichbleibend insgesamt etwa 13—15000 Mitglieder umfaßten, als eine einheitliche Partei. Die Parla­ mentsmandate, deren Gewinnung der eigentliche Bundeszweck war, gingen lau­ fend zurück, im Reichstag von 4 (1908) über 2 (1903) auf o (1907), im Landtag von 5 (1899) über 4 (1905). auf 3 (1907). Die Ursachen lagen, neben den dau­ ernden inneren Auseinandersetzungen, in der Agitation des Zentrums ver­ mittels der Christlichen Bauernvereine, den Erfolgen des besser organisierten Bundes der Landwirte sowie in den (vergeblichen) Versuchen, auch den Mittel­ stand zu gewinnen, wodurch die Geschlossenheit des Bauernbundprogrammes leiden mußte. 1910/11 gingen sämtliche fränkischen Gruppen zum «Deutschen Bauern­ bund»129 und dem «Bund der Landwirte» über, so daß sich der Bund hinfort auf die Altbayern (zu denen bereits 1905 die Schwaben übergewechselt waren) be­ schränkte. Seit dieser Schrumpfung hat der Bauernbund wieder begrenzte Be­ deutung im politischen Leben Bayerns gewonnen, eng verknüpft mit einer stei125 Vgl. ebd. 92 f. und 115 ff. 126 Ebd. passim. 127 A. Hochberger, G. Ratzinger (Staat, Kultur, Geschichte. FS Albrecht) 1992, 249256.

128 Die Pfalz war nie am Bauernbund beteiligt. 129 Mattes 39 f.; Fricke II 33 ff.; HochBERGER (§ i6d) io6ff.

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genden Animosität gegen das Zentrum. «Wie für die Arbeiterschaft die Sozial­ demokratie, so war auf dem flachen Lande der Bauernbund die Partei der Op­ position gegen das herrschende System.»'30 So kam es bei den Reichstags- und Landtagswahlen von 1912 zur Blockbildung aus Bauernbund, Liberalen und So­ zialdemokratie, mit Erfolgen auch für den Bauernbund, der im Reichstag wie­ der zwei, im Landtag fünf Mandate errang.130 131 Es war symptomatisch und beför­ derte die Radikalisierung des Bundes selbst wieder, daß seit 1912 der weit links stehende Karl Gandorfer (1875—193 2)132*gegenüber den Gemäßigten (G. Eisen­ berger, Th. Dirr) steigenden Einfluß im Bauernbund gewann und schließlich auch zum Gelingen der Revolution beitrug. Um seine eigentlichen wirtschaftspolitischen Ziele zu erreichen, war der Bauernbund bzw. warin seine Parlamentsfraktionen stets zu klein. Dennoch hat er dem politischen Leben Bayerns nicht nur Farbe verliehen, sondern auch Wirkungen gezeitigt, insofern er in bäuerlichen Kreisen anstelle von Liberalis­ mus und Sozialdemokratie die Stelle einer Oppositionspartei vertrat und damit wesentlich dazu beitrug, die Zentrumsführung nachdrücklicher zur Berücksich­ tigung der Interessen der bäuerlichen Zentrumswähler zu veranlassen. e) Christliche Bauernvereine, Katholische Arbeitervereine, Christliche Gewerkschaften A. Hundhammer, Die landwirtschaftl. Berufsvertretung in Bayern, 1926; A. Schlögl (Hg.), Bayer. Agrargesch., 1954, 566 ff.; Renner (§ iöeAnm. 137); Fricke IV 344 ff. H. D. Denk, Die christl. Arbeiterbewegung in Bayern vor d. 1. Weltkrieg, 1980 (Haupt­ werk); D. Μ. Krenn, Die christl. Arbeiterbewegung in Bayern vom 1. Weltkrieg bis 1933, 1991 (umfassend); J. Mooser, Arbeiter, Bürger u. Priester in d. konfess. Arbeitervereinen im dt. Kaiserreich 1880-1914 0. Kocka, Hg., Arbeiter u. Bürger im 19. Jh.) 1986, 79-105; Greipl, Am Ende 313 ff.; L. Holzfurtner, Kirche u. Industrialisierung (Brandmüller III) 465-475; M.Ammich, Die kathol. Arbeitervereine im Bistum Regensburg 1849—1939, 1991 ;W. Loth, Soziale Bewegungen im Katholizismus d. Kaiserreichs (Gesch. u. Ges. 17) 1991, 279-310; A. Schmid, Weltklerus u. Landwirtschaft (E. Gatz, Hg., Gesch. d. kirchl. Lebens IV) 1995. 3 19-345·

Im Bemühen um die Politisierung der bäuerlichen Bevölkerung wurde bereits in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine Reihe Christlicher Bauernver­ eine mit dem Ziel der Verteidigung der religiösen, politischen und wirtschaftli­ chen Belange der Bauern gegründet, wobei vielfach der Westfälische Verein von 1862 (Schorlemer-Alst) zum Vorbild diente. Am bedeutendsten war der von Graf L. zu Arco-Zinneberg und B. Daller 1869 gegründete «Bayerisch-patriotische Bauernverein zu Tuntenhausen»,'33 bei dessen jährlichen Septembertagungen re130 Hundhammer, Bauernbund (§ 16 d) 118. 131 Hinzu kamen die 3 Mandate, die der Deutsche Bauernbund errang. Die 5 Abge­ ordneten des Bundes der Landwirte bildeten mit den 2 Konservativen die «Freie Vereini­ gung»; vgl. Albrecht, Zentrumsproto­ kolle V, 15* ff. mit den Namen.

132 Bergmann (§ i6d) passim. 133 G. Ratzinger, «Die Erhaltung d. Bau­ ernstandes». Ein Reformprogramm d. Hochsel. Grafen L. zu Arco-Zinneberg, 1883; Pbtermeier 42 f.; 60 Jahre bayer.-patriot. Bau­ ernverein zu Tuntenhausen, 1929; F. Kramer (Hg.), Tuntenhausen. Vom Herrenhof zum Wallfahrtsdorf, 1991.

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A- IV. Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871-1918)

gelmäßig führende Vertreter der Patriotenpartei bzw. des Zentrums zu aktuellen Tagesfragen sprachen. Die große Agrarkrise des letzten Jahrhundertdrittels und die intensiveren Bemühungen des Zentrums zur Gewinnung des Landvolks führten dann in den neunziger Jahren, parallel zu den ersten Bauernbünden und in Konkurrenz zu ihnen, zur Gründung christlicher Bauernvereine für alle rechtsrheinischen Regierungsbezirke: 1893 für Niederbayern, Unterfranken und Schwaben, 1894 für Oberfranken, 1895 für die Oberpfalz,'34 1897 für Mittel­ franken und Oberbayern.'33 Am 4-/5. Oktober 1898 schlossen sie sich in Ingol­ stadt zum «Bayerischen Christlichen Bauernverein» zusammen.'36 Er umfaßte i.J. 1913 158000 Mitglieder, seine Presseorgane waren das «Bayerische Bauernblatt» und «Der Genossenschafter». Im Unterschied zum Bauernbund, der die bäuerli­ che Situation auf parlamentarischem Wege zu verbessern suchte, basierte der Bauernverein auf dem Gedanken der unmittelbar-praktischen Interessenforde­ rung durch die Betroffenen selbst. Jedoch hat der Bauernverein, dem Zentrum stets nahestehend, über das Zentrum, das sich seinerseits durch ihn die bäuerli­ chen Wähler in Konkurrenz zum Bauernbund zu erhalten suchte, in agrari­ schen Fragen auch auf Landtag und Reichstag eingewirkt und also indirekt manchen politischen Einfluß ausgeübt. Die wichtigste verbindende Klammer zwischen Bauernverein und Zentrum bestand in der Person des Dr. Georg Heim (1865-1938).134 137 Gescheit, einfalls- und 136 135 energiereich, rastlos tätig, volkstümlich, aber auch voll verletzender Schärfe, in gefährlicher Mischung selbstbewußt und empfindlich, war Heim lange Jahre eine der markantesten und imponierendsten Gestalten im politischen Leben Bayerns, im Landtag nur von 1897-1911, im Reichstag 1898—1912 und 1919— 1924. Zunächst in der Christlichen Arbeiterbewegung wirkend, wandte sich Heim 1894 im Zusammenhang mit der sog. Fuchsmühler Bauernschlacht'3tl der Organisierung bäuerlicher Selbsthilfeeinrichtungen zu. Seit 1898 als Geschäfts­ führer, seit 1910 als ständiger Vorsitzender, hat er den Bauernverein durch inten­ sive praktische Wirksamkeit und vielfältige handgreifliche Ergebnisse zu starker Geltung im öffentlichen Leben Bayerns gebracht. 1900 gründete Heim die 134 O. Büttner, Die Entstehung u. zahlen­ mäßige Entwicklung d. Oberpfalz. Christi. Bauernvereins, 1920; Chrobak (§ 16) Teil II 300 ff. 135 F. Augustin, 25 Jahre Oberbayer. Christi. Bauernverein, 1922. 136 G. Heim - Fr. X. Zahnbrecher, Die bayer. Bauernvereine in Vergangenheit, Ge­ genwart u. Zukunft, 1906. Ein pfälzischer Christi. Bauernverein entstand erst nach dem 1. Weltkrieg; der «Pfälzer Bauernverein» von 1894 schloß sich dem bayer. Verein nicht an. 1900 schloß sich der bayer. Verein mit zahlreichen anderen dt. Bauernvereinen zur «Vereinigung der deutschen Bauernvereine» zusammen; vgl. Fricke IV 344 ff.

137 H. Renner, G. Heim als Agrarpolitiker, Diss. Masch. München 1957; Ders., G. Heim d. Bauerndoktor, 19602; F. Münch, Die agi­ tatorische Tätigkeit d. Bauernfiihrers Heim im 1. Weltkrieg (Bosl, Hg., Umbruch) 301344; NDB 8, 267 f. (Lit ); L. Lenk, G. Heim (Fränkische Lebensbilder 3) 1969, 347-362. Gute Charakteristik bei K. A. v. Müller, Mars u. Venus, 1954, 140 f. Zahlreiche Hin­ weise in: Albrecht, Zentrumsprotokolle I-IV. '3"W. Albrecht, Die Fuchsmühler Ereig­ nisse v. Oktober 1894 (ZBLG 33) 1970, 307354; A. Wolfsteiner, Die Fuchsmühler Bau­ ernschlacht 1894,1993.

§ 16. Parteien und Verbände (D. Albrecht)

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«Landwirtschaftliche Zentralgenossenschaft des bayerischen Bauernvereins» mit Sitz in Ansbach, seit 1907 in Regensburg,'39 mit deren Gewinnen er eine Reihe bäuerlicher Wohlfahrts- und Fortbildungseinrichtungen, u. a. die sog. Bauern­ universität in Regensburg 1907—1932, finanzierte. Als Wortführer der bäuerli­ chen Zentrumswähler hat Heim innerhalb des bayerischen Zentrums zeitweise starken Einfluß besessen und den bäuerlich-linken Flügel mit Vehemenz vertre­ ten. In Abwehr von Bauernbund und Sozialdemokratie, aber vor allem unter dem positiven Aspekt wirksamer sozialer und wirtschaftlicher Hilfe, hat er jah­ relang mit anderen die Hinwendung des Zentrums zu Arbeitern und Bauern propagiert. Mit seinen provozierend vorgetragenen Tendenzen konnte sich Heim jedoch auf die Dauer nicht gegen den bürgerlichen Zentrumsflügel durchsetzen, zumal er schließlich auch die Arbeitervertreter gegen sich hatte. 1911 zog er sich von der Politik zurück, widmete sich Genossenschaftsfragen und im Krieg Ernährungsproblemen, um dann 1918 der eigentliche Gründer der vom Reichszentrum unabhängigen Bayerischen Volkspartei zu werden.'40 Die Zuspitzung der sozialen Probleme in den achtziger und neunziger Jahren beförderte auch - in bewußter Konkurrenz zur Agitation der Sozialdemokratie - die Gründung und Zusammenfassung christlicher bzw. katholischer Arbeiter­ vereine, die allerdings angesichts der begrenzten industriellen Entwicklung Bay­ erns erst allmählich an Umfang und Einfluß gewannen. Der erste christliche Arbeiterverein Deutschlands war bereits 1849 in Regensburg entstanden; aber erst die Empfehlungen des Amberger Katholikentags von 1884 und die Grün­ dung des «Volksvereins für das kath. Deutschland» 1890 förderten vor dem Hintergrund der allgemeinen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Ent­ wicklung die Erkenntnis der Probleme und die Bereitschaft zum Handeln, wo­ bei das bayerische Vereinsgesetz von 1850 und die Auswirkungen des Kultur­ kampfes bezüglich geistlicher Leitung von Vereinen hemmend wirkten. 1891 wurde in München als Dachverband für Bayern, Württemberg und Baden der «Verband Süddeutscher Katholischer Arbeitervereine» gegründet, der zunächst über­ wiegend bayerische Vereine umfaßte. Er wurde 1891—1903 von dem eigentli­ chen Promotor der bayerischen christlichen Arbeiterbewegung, dem mit star­ kem sozialen Impetus erfüllten Präses Lorenz Huber (1862—I9io)'4' geleitet und umfaßte 1915 1 086 Vereine mit rund 116 000 Mitgliedern, als Presseorgan figu­ rierte der 1891 gegründete, von Lorenz Huber redigierte «Der Arbeiter», 1912 mit einer Auflage von 70000. Als Nachfolger Hubers wirkte bis 1933 der Geist­ liche Karl Walterbach (1870-1952), der auch als Landtagsabgeordneter (MdL Zentrum 1907-1924) die Arbeiterinteressen zur Geltung zu bringen suchte. 1906 wurde der parallele «Verband süddeutscher katholischer Arbeiterinnenver­ eine» gegründet, der 1912/13 136 Vereine mit rund 20 000 Mitgliedern umfaßte 139 Renner, Bauerndoktor (Anm. 137) 53 ff; Die landwirtschaftl. Zentralgenossen­ schaft d. Bayer. Bauernvereins. Eine Jubi­ läumsschrift z. 25jähr. Bestehen, 1925.

140 Schwend 122 ff.; Renner, Bauerndok­ tor (Anm. 137) 162 ff. 141 C. Schirmer, Mons. L. Huber u. seine Zeit, 1931; Denk 57 ff. u. ö.

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A. IV Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871—1918)

(Organ: «Die Arbeiterin»).'42 Neben den Organisationen für katholische Indu­ striearbeiter und -arbeiterinnen wurden gleichzeitig auch solche für Dienst­ mädchen, kaufmännische Gehilfinnen und ländliche Dienstboten geschaffen.142 143 Nur begrenzte Erfolge wurden bei der Organisierung evangelischer Arbeiter erzielt.'44 Die stets unter der Leitung geistlicher Präsides stehenden Arbeitervereine wa­ ren Standesvereine mit dem Hauptziel, durch religiös-sittliche Hebung, Bildung und Schulung Selbstbewußtsein und Selbstverantwortlichkeit, positives Standesbewußtsein des Arbeiters zu eigener aktiver Gestaltung seines Daseins auf christlicher Grundlage zu entwickeln,'45 daneben Unterstützung durch Hilfs­ kassen und Rechtsberatung zu leisten.'46 Da also politische und wirtschaftliche, die Lohn- und Arbeitsverhältnisse betreffende Zielsetzungen ausgeschlossen wa­ ren, mußten zu deren Realisierung eigene Organisationen, Gewerkschaften, ge­ schaffen werden. Treibende Kraft in entsprechenden Bemühungen war ein Münchner Kreis um Lorenz Huber, den Steinmetz Hans Braun und den Schlosser Carl Schirmer (1864-1932), die sich an westdeutschen Vorbildern orientierten. Erstes Ziel war, entsprechend den Bemühungen Georg Heims und in Verbindung mit diesem, die bayerische Zentrumspartei den sozialpolitischen Forderungen der Arbeiterschaft zu öffnen. Hierzu wurde 1893 in München der «Arbeiterwahlverein der Zentrumspartei» gegründet;147 1899 wurde Schirmer als erster Arbeiter in die Zentrumsfraktion des Landtags gewählt (bis 1907; 1907—1928 im Reichstag). Weiterhin und vor allem wurde eine nach Berufs­ gruppen gegliederte gewerkschaftliche Organisation der christlichen Arbeiter'48 mit der unmittelbaren Zwecksetzung der Verbesserung der Lohn- und Arbeits­ verhältnisse angestrebt. So entstanden in den neunziger Jahren außerhalb und unabhängig von den Arbeitervereinen eine ganze Reihe gewerkschaftlicher Fachverbände,'49 häufig unter Angriffen der Sozialdemokratie, vom hohen Kle­ rus teils gefordert, teils mit Mißtrauen betrachtet.150 Die Fachverbände fanden ihren Rückhalt zunächst in Dachverbänden wie dem Münchner «Arbeiter­ schutz» (189$), entwickelten sich aber alsbald zu gesamtdeutschen Zentralver­ bänden (Μ. Erzberger: «Die Wiege der Christlichen Gewerkschaften stand in München») bzw. gliederten sich solchen an, die sich ihrerseits 1900 im «Ge­ samtverband christlicher Gewerkschaften Deutschlands» zusammenschlossen.151 1912 zählten die Christlichen Gewerkschaften in Bayern rund 60000 Mitglie­ der, das waren 16,8% der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter. Nahezu die 142 Denk 166 ff. 143 Ebd. 197 ff. 144 Ebd. 23 ff. 145 Ebd. 71 ff. u. 154 ff. 146 Ebd. 150 ff. Am 1.1.1894 wurde in München das erste süddt. christliche Arbei­ tersekretariat gegründet, im Juni 1894 folgte in Nürnberg das erste sozialdemokratische Arbeitersekretariat in Bayern.

147 Denk 109 ff. 148 K. H. Schürmann, Zur Vorgesch. d. christl. Gewerkschaften, 1958 (Lit.). 149 Denk 248 ff. 150 Ebd. 305 ff. 151 Ebd. 267-368: Christi. Gewerkschaften bis zum 1. Weltkrieg. Zum Gesamtverband vgl. Fricke II 729 ff.

§ i6. Parteien und Verbände (D. Albrecht)

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Hälfte davon gehörte dem Bayerischen Eisenbahnerverband an, der 1896 von Moritz Schmid mit Unterstützung führender Zentrumsabgeordneter gegründet worden war und sich 1905 den Christlichen Gewerkschaften angeschlossen hatte.152 Nicht zuletzt die Gegensätze zwischen dem Bayerischen Eisenbahnerverband und dem sozialdemokratisch orientierten Süddeutschen Eisenbahnerverband trugen seit 1906 zu einer Polarisierung zwischen Christlichen und Freien Ge­ werkschaften bei.'53 Im sog. Gewerkschaftsstreit dieser Jahre hingen sowohl die süddeutschen Arbeitervereine wie die süddeutschen Gewerkschaften der «Mön­ chengladbacher Richtung» an, die den überkonfessionellen Charakter der Christlichen Gewerkschaften betonte.154 1907 ging die Führung der Christli­ chen Gewerkschaften in Bayern auf den Arbeitersekretär und Zentrumsabge­ ordneten Heinrich Oswald über (MdL 1905-1928; 1920-1928 Minister für So­ ziale Fürsorge). Oswald und die Arbeitersekretäre Georg Schwarz (MdL 1905— 1911, MdR 1912-1918), Heinrich Königbauer (MdL 1907-1912 und 19191929; 1920-1929 Landtagspräsident) und Franz X. Dauer (MdL 1907-1912) wa­ ren bemüht, in der Zentrumspartei und der Zentrumsfraktion des Landtags die spezifischen Arbeiterinteressen zur Geltung zu bringen.155 f)

Die Freien Gewerkschaften

W. Troeltsch - P. Hirschfeld, Die dt. soz.-dem. Gewerkschaften. Untersuchungen u. Mate­ rialien über ihre geogr. Verbreitung 1896-1903, 1905; W. Albrecht, Fachverein — Berufsge­ werkschaft - Zentralverband. Organisationsprobleme d. dt. Gewerkschaften 1870-1890, 1982; K. Schönhoven, Die dt. Gewerkschaften, 1987; Ders., Die Gewerkschaften in Weltkrieg u. Revolution, 1985; Ders., Die regionale Ausbreitung d. dt. Gewerkschaften im Kaiserreich 1890-1918 (G. A. Ritter, Hg., Der Aufstieg d. dt. Arbeiterbewegung) 1990, 345-378 (Lit.); Huber IV 1134 ff. (Lit.). Gesch. der Gewerkschaften in Bayern. Eine Bibliographie, zusammengest. v. W. Kucera — L. Tietmann, 1995. - Eckert; Fischer; Rossmeissl; Pohl; Schneider; Schnorbus (alle § 16 c); G. Gärtner, Mit uns zieht die neue Zeit, 1928, 197 ff. (Nürnberg); Denk, Arbeiterbe­ wegung; Μ. Hengge, Die Gewerkschaftsbewegung in Augsburg, 1913; K.Tenfelde, Proletari­ sche Provinz (Penzberg), 1982, 55-68; G. Bott (Hg.), Leben u. Arbeiten im Industriezeitalter, 1985; E. Jüngling, Streiks in Bayern (1889-1914), 1986; W. Kucera, Die Augsburger «Mit­ gliedschaft des Verbandes der Dt. Buchdrucker» u. die Arbeiterbewegung 1890-1920, 1994; S. Mutert, Die bayer. Gewerkschaften im 19. Jh.Von den Anfängen bis z. Ende d. Sozialisten­ gesetzes (1868/69-1890), 1997; L. Eiber - R. Riepertinger - E. Brockhoff (Hgg.), Acht Stunden sind kein Tag. Gesch. der Gewerkschaften in Bayern, 1997. Vgl. auch die Literatur zu § 19a Anm. 14.

Schon bevor der Gedanke einer gewerkschaftlichen Organisation der Arbeiter und Gesellen von der lassalleanischen Arbeiterbewegung auf dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterkongreß 1868 in Berlin vorgetragen wurde, bestanden auch in Bayern gewerkschaftliche Organisationen zur Verbesserung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse, wobei vor allem solche der Buchdrucker Verbreitung er'S2 F. Dauer, Geschichte d. Bayer. Eisenbahnerverbandes 1896-1926, 1927; Denk 339fr.

,s) Denk 332 ff. 154 Ebd. 286-330. 155 Albrecht, Zentrumsprotokolle III—V.

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A. IV. Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (1871-1918)

langten.156 Sie existierten hauptsächlich in München, Augsburg und Nürnberg, aber auch in weniger industrialisierten Städten wie Regensburg.157158 Bezüglich des Koalitionsrechts hatte das bayerische Strafgesetzbuch von 1813 (§ 415) Ver­ abredungen zur Arbeitseinstellung mit hohen Strafen bedroht. Das Strafgesetz­ buch von 1861 (Art. 141) ließ aber dann solche Verabredungen zu, sofern dabei kein Druck auf die Obrigkeit ausgeübt und allein wirtschaftliche Ziele ange­ strebt wurden. Als die Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes von 1869, die in § 152 die Koalitionsfreiheit festlegte, 1873 auch in Bayern Geltung er­ langte, wurde also die Zulässigkeit von Gewerkschaftsgründungen nur bestätigt. Jedoch war dieses Koalitionsrecht durch das bayerische Vereinsgesetz von 1850 eingeschränkt, aufgrund dessen gewerkschaftliche Vereinigungen relativ leicht zu politischen Vereinen erklärt und mit Hilfe des sog. AfFiliationsverbots (bis 1898) verboten werden konnten. Seit Herbst 1868 traten in einer Reihe bayerischer Städte, insbesondere in München, Nürnberg und Augsburg, drei gewerkschaftliche Richtungen hervor, die sich alle drei an politischen Gruppierungen orientierten: die HirschDunckerschen Gewerkvereine, die der liberalen Fortschrittspartei nahestanden, weiterhin Gewerkvereine, die sich dem lassalleanischen Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) verbunden fühlten, schließlich die Gewerkgenossen­ schaften, die sich politisch an der Bebel-Liebknechtschen Richtung der deut­ schen Arbeiterbewegung orientierten.'58 Die drei Richtungen waren in den bayerischen Industriestädten in unterschiedlichem Umfang und mit unter­ schiedlichen Organisationsstrukturen vertreten und schwankten auch in der (insgesamt bescheidenen) Mitgliederzahl. Im übrigen verloren die lassalleanisch orientierten Gewerkschaften gegenüber den Bebelschen rasch an Zahl und Mitgliedern, während sich die Hirsch-Dunckerschen in bestimmtem Umfang halten konnten. Mit dem Sozialistengesetz von 1878 wurden praktisch alle so­ zialistisch orientierten Gewerkvereine aufgelöst, die aber ihre Aktivitäten zum Teil in Unterstützungskassen und sonstigen Selbsthilfeeinrichtungen fortretten konnten.'59 Bereits zu Ende der achtziger Jahre, vor Ablauf des Sozialistengeset­ zes, wurden erneut gewerkschaftliche Fachvereine gegründet.‘6o Von hier an be­ gann der eigentliche Aufstieg der sozialistisch orientierten Freien Gewerkschaf­ ten.16' Diese entwickelten sich in der Folge auch in Bayern zur eindeutig domi­ nierenden Gewerkschaftsrichtung gegenüber den Hirsch-Dunckerschen und

156 U. Engelhardt, Nur vereinigt sind wir stark. Die Anfänge d. dt. Gewerkschafts­ bewegung 1862/63-1869/70, 1977; Eckert (§ 16 c) 243 fr.; Fischer (§ 16 c Anm. 86) 250 ff. Zur industriellen Entwicklung in Bayern als Voraussetzung von Gewerkschafts­ gründungen vgl. Mutert (§ 16 f) 18 ff. 157 Chrobak (§ 16) Teil III, 219 fr. 158 Mutert (§ 16 f) 41fr.; Engelhardt

(Anm. 1) 374 fr.; Eckert (§ 16 c) 247 fr.; Fi­ (§ 16c Anm. 86) 250fr.; Chrobak (§ 16) Teil III 220 fr. 159 Mutert (§ i6f) 139 fr. 160 Ebd. 148 fr. ,949)· 304 Zum Folgenden Gelbbrg, Ehard 274-295. 305 Die Voraussetzung für die Vertretung bayer. Politik in Bonn im Bundesrat, gegen­ über Bundesregierung u. Bundestag wurde durch die Vertretung des Freistaates Bayern beim Bund geschaffen. Es war das Verdienst des Ministerialdirektors Claus Leusser, von 1951-1962 Bevollmächtigter Bayerns beim Bund, die Vertretung zum wirksamen In­ strument der Staatsregierungen entwickelt zu haben; vgl. zur Vertretung in Bonn U. Münch, Freistaat im Bundesstaat. Bayerns Politik in 50 Jahren Bundesrepublik Deutschland, 1999, 48-80; Die Vertretung des Freistaates Bayern beim Bund in Bonn und Berlin, in: Bayern u. die Bundesrepu­

blik. Eine Ausstellung d. BayHStA in d. Vertretung d. Freistaates Bayern bei d. Europ. Union (Kleine Ausstellung Nr. 4) 1996, 13-17; Gelbbrg, Ehard 295-300. 306 Vgl. Wbngst, Auftakt (5 31 c). 307 Vgl. Wbngst, Staatsaufbau (5 31 c). 308 Eine weitere Facette föderalistischer Politik kam in der von Kultusminister Hundhammer betriebenen Institutionalisie­ rung der Ständigen Konferenz der Kultusmi­ nister der Länder im Herbst 1949 zum Aus­ druck, um einem Anspruch des Bundes auf den Bereich der Kultur, ein Kernstück der Eigenständigkeit der Länder, erst gar keinen Ansatzpunkt zu bieten; W. Müller, Die Gründung d. Ständigen Konferenz d. Kul­ tusminister d. Bundesrepublik Dtschl. (HJb. 114) 1994, 76-106.

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ära Goppel (1945—1978)

date)309 die starke Reserve eines erheblichen Teils der bayerischen Bevölkerung gegenüber der Bundesrepublik aus. Das Wahlresultat schwächte die Stellung des Ministerpräsidenten bei den in Bonn anstehenden Verhandlungen, zumal in München unter anderem eine Landtagsauflösung diskutiert wurde. Auf Bun­ desebene lagen CDU/CSU, die auch im Bundestag eine Fraktion bildeten,310 mit 31% knapp vor der SPD mit 29,2%.311 Konrad Adenauer, der Vorsitzende der CDU der britischen Zone, brauchte die CSU für sein Ziel, eine bürgerli­ che Koalition zu bilden;312 anfangs hatte er auch der BP Avancen gemacht.313 Am 20. August 1949 erreichte Adenauer bei einer Besprechung in Frankfurt Ehards Zustimmung zur Bildung einer Bundesregierung unter Ausschluß der SPD.3'4 Dafür sicherte er dem Ministerpräsidenten zu, dessen Wahl zum ersten Präsidenten des Bundesrates zu unterstützen.3’5 Mit dieser Absprache hatte Ehard, der zuvor der entschiedenste Verfechter eines einheitlichen Auftretens der Ministerpräsidenten gewesen war, die Loyalität gegenüber seinen Länder­ kollegen verletzt und sich isoliert. Erster Bundesratspräsident wurde daher am 7. September 1949 der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Karl Arnold.316 Diese Niederlage Ehards, der sich ausgerechnet hatte, als erster Präsident des Bundesrates die Praxis dieses föderalistischen Organs selbst prägen zu können, wurde nicht durch die von Adenauer nun konzedierte stärkere Berücksich­ tigung der CSU in seinem ersten Kabinett kompensiert. Die CSU war mit Schäffer als Finanzminister, Wilhelm Niklas3’7 als Landwirtschaftsminister und Hanns Schuberth als Postminister mit drei der 13 Ressortchefs in der ersten aus CDU (115 Mandate), CSU (24), FDP (52) und DP (17) gebildeten Bundesre­ gierung überproportional vertreten.3’8 Die Niederlage Ehards schuf die Chance

309 Die SPD erzielte 22,8%, die WAV 14,4% u. die FDP 8,5%. In den Regierungs­ bezirken Oberpfalz (CSU 23,3 %, BP 26,8 %) u. Niederbayern (CSU 26,8%, BP 33,9%) hatte die BP die CSU überflügelt; vgl. Hbnzlbr, Chrisdich-Soziale Union (§ 31c) 15 5 f. Zu Kandidatenaufstellung u. Wahler­ gebnis der CSU vgl. Schlemmer, Aufbruch 346-364; zum Wahlergebnis der BP vgl. Ungbr 93-100. Auf die Bundesrepublik be­ zogen hatte die CSU 3,8% der gültigen Stimmen erhalten (von den 31% der CDU/CSU insgesamt), die BP 4,2%; Da­ tenhandbuch z. Gesch. d. Dt. Bundestages 1949 bis 1982, bearb. v. P. Schilder, 1984· 40, 43. S. im Detail: Die erste Bundestags­ wahl in Bayern am 14. August 1949 (Beitrr. z. Statistik Bayerns 130) 1930; Bayern in Zahlen 1949, 189-193; s. ferner: U. Kranenpohl, Zw. Bonn u. Bogen. Die Bayern­ partei im ersten Dt. Bundestag (Ostbair. Grenzmarken 42) 2000, 209-219.

3,0 H. Heidemeyer (Bearb.), Die CDU/ CSU-Fraktion im Dt. Bundestag. Sitzungs­ protokolle 1949-1933, 1998, XIII-CII. 3" Datenhandbuch (Anm. 309) 34. 3,1 H.-P. Schwarz, Adenauer. Der Auf­ stieg: 1876-1952, 1986, 619-638. 3,3 Ebd.; Unger 155. 314 Wengst, Auftakt (§ 31 c) 30-32. 313 Auf der lange für die Bildung einer bürgerlichen Koalition als entscheidend ein­ gestuften Rhöndorfer Konferenz, einem Treffen von 24 führenden Unionspolitikem einen Tag später, wurde das Ergebnis der Besprechung zwischen Ehard u. Adenauer nur bestätigt; Wengst, Auftakt (§ 31c) 3341; vgl. Gelbbrg, Ehard 282 f. 3,6 D. Hüwbl, Karl Arnold. Eine polit. Biographie, 1980. 317 NDB 19, 1999, 260 f. 3,8 Gelbbrg, Ehard 292 f.; Datenhandbuch (Anm. 309) 304 f. Auch gehörten die aus Bayern stammenden Politiker Thomas Deh-

§ ji.

Unter amerikanischer Besatzung 1945—1949 (K.-U. Gelberg)

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für Fritz Schäffer,319 der zu diesem Zeitpunkt das Vertrauen Adenauers genoß, als Bundesfinanzminister - anfangs auch als Chef der CSU-Landesgruppe,3“ die nach seiner Wahl ins Kabinett Franz Josef Strauß übernahm -, rasch zum ein­ flußreichsten CSU-Repräsentanten in Bonn aufzusteigen. Mit Schäffer, einem Mann mit nach wie vor starkem Führungsanspruch, erwuchs dem Landespoliti­ ker Ehard nicht nur der härteste Widersacher der kommenden Jahre in fiskali­ schen Fragen. In den Konflikten der beiden wurde auch das Muster für einen bis heute bestehenden Interessenkonflikt in der CSU angelegt.321 Er erwuchs aus der Tatsache, daß die Regierungsmitglieder der CSU in München föderali­ stische Forderungen stellten, denen ihre in die Bundesregierung eingebunde­ nen Parteifreunde häufig mit Indifferenz oder gar Ablehnung gegenüberstan­ den.

d) Die Verfassung des Freistaates Bayern vom 8. Dezember 1946 Quellen. Stenograph. Berichte über d. Verh. d. Verfassungs-Ausschusses d. Bayer. Verfas­ sunggebenden Landesversammlung, 1.-37. Sitzung (16. 7.-13. 11. 1946) 3 Bde., 1947/48 (StBV.); Verh. d. Bayer. Verfassunggebenden Landesversammlung 15. Juli bis 30. November 1946, Stenograph. Berichte Nr. 1 bis 10., (1946) (VL); K.-U. Gelbbrg, Die Prot. d. SPDFraktion in d. Bayer. Verfassunggebenden Landesversammlung 1946 (ZBLG 60) 1997, 1051-1093; Prot. d. CSU-Fraktion der Verfassunggebenden Landesversammlung;322 Nawiasky - Leusser; A. Wenzel, Bayer. Verfassungsurkunden. Dokumentation z. bayer. Verfas­ sungsgeschichte, 19952; Die Auseinandersetzung um d. Länderverfassungen in Hessen u. Bayern 1946, hg. v. Inst. f. Marxist. Stud. u. Forsch., 1978 [Dok. zu Bayern 213-327]; Hoecner, Außenseiter (Lit.) 248-258; Ders., Besatzungsmacht u. bayer. Verf. v. 1946 (BVB1. 2) 1956, 353 f; H. Ehard, Tatsachen u. Zusammenhänge aus meiner elfjähr. Mini­ sterpräsidentschaft, 1964, 6-9. Forschungsüberblick. Fait, Erneuerung 24-34. Darstellungen. Schmidt; Fait, Erneuerung; Dies., «In einer Atmosphäre von Freiheit». Die Rolle d. Amerikaner bei d. Verfassunggebung in d. Ländern d. US-Zone 1946 (VZG 33) 1985, 420-45$; Dies., Der Weg z. Bayer. Verfassung («Angesichts des Trümmerfeldes...». Begleith. z. Ausst. anläßlich d. 40. Jahrestages d. Bayer. Verfassung, hg. v. S. Boenke - K. v. Zwehl) 1986, 205-236 (unter dem Titel: Auf Befehl der Besatzungsmacht? Der Weg zur Bayer. Verfassung, in: W. Benz, Hg., Neuanfang in Bayern 1945-1949, 1988, 36-63); A. Zimmer, Demokratiegründung u. Verfassunggebung in Bayern. Die Entstehung d. Verf. d. Freistaates Bayern v. 1946, 1987; Schlemmer, Aufbruch 123-148 (CSU-Fraktion und Staats­ präsidentenfrage); Den., Amerikaner in Bayern (§ 31a) 67-99; K.-U. Gelberg, Die Entste­

ler (FDP) als Justizminister, Ludwig Erhard als Wirtschaftsminister u. Jakob Kaiser (bei­ de CDU) als Bundesminister für gesamt­ deutsche Fragen dem ersten Kabinett an. S. Die Kabinettsprotokolle d. Bundesregierung. Bd. I: 1949, bearb. v. U. Enders u. K. Rei­ ser, 1982. 319 Henzler (Lit.) 293-303. 320 Vgl. Schlemmer, Aufbruch 381-404; A. Mintzbl, Die Rolle d. CSU-Landesgruppe im polit. Kräftespiel d. Bundesrepublik Dtschl. (Polit. Studien Sonderheft 1) 1989, 113-134; H. Heidemeyer (Bearb.), Die

CDU/CSU-Fraktion im Dt. Bundestag. Sit­ zungsprotokolle 1949-1953, 1998 Einleitung XLVIII f; H. Oberreuter, Konkurrierende Kooperation - Die CSU in d. Bundespolitik (Volkspartei) 319-332; s. ferner § 31 g. 321 Schlemmer, Aufbruch 394 ff. 322 Die viel umfangreicheren Protokolle der CSU-Fraktion werden von R. Höpfingbr für eine Edition in der Reihe «Unters, u. Quellen z. Zeitgesch.» der Hanns-SeidelStiftung bearbeitet. Auszüge der Sitzungs­ protokolle vom 15.7. u. 2.9.1946 in: In Verantwortung f. Bayern 60-76.

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ära Goppel (1945—1978)

hung d. Bayer. Senats in Verf. u. Senatsgesetz 1946/1947 (Der Bayer. Senat) 1998, 23-60; Kronawitter (§ 31c) 56-97 (zum Hauptteil Wirtschaft u. Arbeit); R. Schmidt, Zur Verfas­ sung d. Freistaates Bayern (R. L. Bocklet, Hg., Das Regierungssystem d. Freistaates Bayern II) 1979. 79-107; R. L. Bocklet, Volksbegehren u. Volksentscheid in Bayern (Ders., Hg., Das Regierungssystem d. Freistaates Bayern II) 1979, 295-445; U. Wbngst, Thomas Dehler 1897-1967, 1997, 114-118; Heydenreuter 207-211; Kritzer, Hoegner (§ 31b) 188-213; Mehringer, Knoeringen (§ 31c) 280-289; K· Unterpaul, Die Grundsätze d. Landeswahl­ rechts nach d. Bayer. Verfassung im Lichte d. Entwicklung v. 1946 bis 1989, 1992; H. F. Za­ cher, Vom Lebenswert d. Bayer. Verf. (FG Spindler III) 485-530; H.-U. Gallwas, Die Ver­ fassungsentwicklung in Bayern v. 1946-1996 (50 Jahre Bayer. Verfassung - Entstehung, Bi­ lanz, Perspektive) 1996, 166-183.

Initiator der Verfassunggebung in den Ländern der US-Zone war die amerika­ nische Militärregierung.323 Zu Beginn des Jahres 1946 legte der stellvertretende Militärgouvemeur und Chef von OMGUS, General Lucius D. Clay, einen prä­ zisen Zeitplan vor, nach dem bis zum Jahresende in den Ländern der USZone324 Verfassungen und parlamentarisch legitimierte Regierungen entstehen sollten. Für seine Entscheidung, den Deutschen rasch wieder politische Verant­ wortung auf Landesebene zu übertragen, waren gleichermaßen demokratisches Sendungsbewußtsein und die nüchterne besatzungspolitische Überlegung aus­ schlaggebend, den teuren Militärregierungsapparat schnell zu reduzieren.325*Er setzte sich damit über die Vorbehalte seiner Berater hinweg.320 Auch zahlreiche

323 Der Verfassungsprozeß in der USZone lag zeitlich vor der Entwicklung in den übrigen Besatzungszonen; vgl. Fait, Er­ neuerung 11. 324 Die Verfassungsentwürfe von Hessen u. Württemberg-Baden lagen in Bayern vor; vgl. BayHStA NL Ehard 1635. Auf die For­ mulierung des Art. 180 (Kompetenzübertra­ gung auf den Länderrat bzw. bizonale Insti­ tutionen) hatte sich Hoegner z.B. mit den Ministerpräsidenten von Württ.-Baden u. Hessen geeinigt; vgl. Hoegner, Außenseiter 249; vgl. ferner Schmidt II, 153 f. Eine ver­ gleichende Analyse der Verfassungsberatun­ gen in der US-Zone stellt ein Desiderat dar; vgl. ansatzweise Fait, Atmosphäre (§ 31 d). Vgl. zu Württemberg-Baden: P. Sauer (Bearb.), Quellen zur Entstehung d. Verf. von Württ.-Baden, 2 Bde., Bd. I: Protokolle d. Verfassungsausschusses d. Vorläufigen Volks­ vertretung (März-Juni 1946), 1995, Bd. II: Prot. d. Sitzungen d. Verfassungsausschusses d. Verfassunggebenden Landesversammlung (Juli-September 1946), 1997 [ein Bd. III steht noch aus]; P. Feuchte, Verfassungsgesch. v. Baden-Württ., 1983 [kursorisch auch zu den Verf. der drei südwestdt. Län­ der]; Ders., Quellen z. Entstehung d. Verf. v. Baden-Württ., 9 Bde., 1986/95; Ders.,

Quellen z. Entstehung d. Verf. d. Landes Baden v. 1947, 1999; zu Hessen: H. Berding, Die Entstehung d. Hessischen Verf. v. 1946. Eine Dokumentation, 1996; «...der Demokratie entgegengehen». Die Sitzungsprot. d. Beratenden Landesausschusses v. Groß-Hessen im Jahr 1946, bearb. v. B. Parisius - J. Scholl-Seibert, 1999; D. Hei­ den, Sozialisierungspolitik in Hessen 19461965, 2 Bde., 1997; W. Mühlhausen, Hes­ sen 1945-1950, 1985, 231-270; Die Kabi­ nettsprotokolle d. Hess. Landesregierung. Kabinett Geiler 1945-1946, hg. v. A. Hed­ wig, 2000, LX1I-LXVI. Texte der Verfas­ sungen bei K. Schultes, Die süddt. Länder­ verfassungen, 1948, 99-126 (Hessen); 127148 (Württ.-Baden). Vgl. ferner zur Entste­ hung der Länderverfassungen in der sowjeti­ schen Besatzungszone 1946/47 G. Braas, Verfassungsgebung auf Landes- u. zonaler Ebene (SBZ-Handbuch) 19932, 358-380. 325 Vgl. Fait, Weg (§ 31 d) 207; Schmidt 1, 98. 326 Schmidt I 78 fE; J. K. Pollock, Besat­ zung u. Staatsaufbau nach 1945. Occupation Diary and Private CorTespondence 19451948, hg. v. I. Krüger-Bulckb, 1994, 8of.; Fait, Atmosphäre ($ 31 d) 425.

§ ji. Unter amerikanischer Besatzung 1945-1949 (K.-U. Gelbeig)

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deutsche Politiker reagierten zunächst reserviert auf die zu diesem frühen Zeit­ punkt überraschende amerikanische Initiative,327 zumal die Parteien gerade erst begonnen hatten, sich zu formieren.328 Am 30. Januar 1946 teilte Ministerpräsident Hoegner seinem Kabinett mit, daß er von der Militärregierung den Auftrag erhalten habe, «eine Kommission für die Ausarbeitung einer bayerischen Verfassung in Vorschlag zu bringen».329 Am 8. Februar 1946 erhielt er den offiziellen Auftrag dazu von General Walter J. Muller (OMGB).330 Er berief in den neunköpfigen Ausschuß, in dem er selbst den Vorsitz übernahm, die Kabinettsmitglieder Innenminister Josef Sei­ fried (SPD), Arbeitsminister Albert Roßhaupter (SPD), der häufig wegen Krankheit von seinem Staatssekretär Heinrich Krehle (CSU) vertreten wurde, Sonderminister Heinrich Schmitt (KPD), den Staatssekretär im Justizministe­ rium Hans Ehard und den Leiter der Staatskanzlei Anton Pfeiffer (beide CSU) sowie ferner den Münchner Oberbürgermeister Karl Schamagl (CSU) und Bür­ germeister Thomas Wimmer (SPD). Als Sachverständigen zog Hoegner den Stäatsrechtsprofessor Hans Nawiasky hinzu,331 mit dem er im Schweizer Exil Gespräche über eine neue Verfassung geführt hatte. Orientierungspunkt der gesamten Verfässungsdebatte war die im Reich und in Bayern gescheiterte erste demokratische Republik von Weimar, wofür auch Fehler der Bamberger und der Weimarer Verfassung verantwortlich gemacht wurden. Erklärtes Ziel waren keine vordemokratischen Zustände,332 sondern eine stabilere demokratische Verfassung als diejenige, die nach dem Ersten Weltkrieg geschaffen worden war. Auf der konstituierenden Sitzung des Vorbereitenden Verfassungsausschus­ ses333 am 8. März 1946 präsentierte Ministerpräsident Hoegner einen Vorentwurf der «Verfassung des Volksstaates Bayern».334 Mit der Vorlage seines auf Vorarbei­ ten im Schweizer Exil zurückgehenden Entwurfs schöpfte Hoegner die diesem

327 Fait, Erneuerung 118 f. 328 Vgj. 5 31g. 329 Vgl. Protokolle Hoegner I, Nr. 16 TOP VI. 330 Muller an Hoegner, 8. 2.1946 (BayHStA NL Pfeiffer 147); vgl. mit falscher Da­ tierung Hobgneb, Außenseiter 248. S. allg. zum Vorbereitenden Verfässungsausschuß ■Fait, Erneuerung 116-151; vgl. W. Hoegneh, Die Verh. d. Vorbereitenden Verfas­ sungsausschusses von 1946 (BVB1. 9) 1963, 97-100. 331 Zu Nawiasky s. NDB 19, 1999. Na­ wiasky, 1919-1933 Prof. Univ. München u. 1933 in die Schweiz emigriert, war an der Ausarbeitung der Bamberger Verfassung von 1919 beteiligt, der Verfasser des einschlägi­ gen Kommentan: Bayerisches Verfassungs­

recht, 1923, sowie als Gutachter für die Staatsregierung tätig gewesen; vgl. W. Hoegner, Prof. Dr. Hans Nawiasky u. die Bayer. Verf. v. 1946 (Staat u. Wirtschaft. FS z. 70. Geb. v. H. N.) 1950, 1—16. 332 Diese Ausrichtung sieht Fait, Erneue­ rung, bei Teilen der CSU mit ihren Verfas­ sungszielen Staatspräsident u. Zweite Kam­ mer. 333 Zwischen dem 8. 3. u. 3. 5. 1946 kam der Ausschuß 14 mal zusammen und traf sich am 24. 6. 1946 auf Befehl der Militärre­ gierung noch einmal; Protokolle in BayHStA NL Ehard 1628. 334 Text in BayHStA StK 10902. Abdruck in: F. Pfetsch (Hg.), Verfassungsreden u. Verfassungsentwürfe. Länderverfässungen 1946-1953. 1986, 333-352·

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ara Goppel (1945—1978)

Gremium von den Amerikanern zugewiesene Rolle in weitest möglichem Um­ fang aus.335 Der Entwurf strukturierte nicht nur die Arbeit dieses Ausschusses, sondern präjudizierte auch die Beratungen der Verfassunggebenden Landesver­ sammlung und ihres Verfassungsausschusses. Der in die drei Hauptteile «Aufbau und Aufgaben des Staates», «Grundrecht und Grundpflichten» sowie «Wirtschaftsleben» gegliederte Entwurf336 orientier­ te sich stark an der Weimarer Verfassung. Daneben enthielt er Elemente der Bamberger Verfassung337 und war vom Schweizer Vorbild inspiriert. Die Ei­ genstaatlichkeit Bayerns betonte er durch eine bayerische Staatsbürgerschaft und die vom Vorbereitenden Verfassungsausschuß beschlossene Sprachrege­ lung, durchgängig anstelle von Landesregierung später im Entwurf von Staats­ regierung, Staatsministem etc. zu sprechen.338 Im Unterschied zu der verab­ schiedeten Verfassung enthielt der Entwurf keine Zweite Kammer. Auch den im Verlauf der Verfassungsberatungen heftig umstrittenen Staatspräsidenten hatte Hoegner nicht vorgesehen. Der Ministerpräsident und seine Minister konnten, auch hier wich der Entwurf von der späteren Verfassung ab, durch Mißtrauensvotum abberufen werden. Die Konzeption der Schulverfassung, die im Unterschied zu sozialdemokratischen Positionen den Vorrang der Bekennt­ nisschule anerkannte, belegt Hoegners Bemühungen um einen Ausgleich mit allen gesellschaftlichen Kräften.339 Beim Wahlsystem verzichtete der Vorent­ wurf auf eine Sperrklausel. Der erste Abschnitt des dritten Teils «Wirtschafts­ leben» trug zwar die Überschrift «Die Planwirtschaft». Dahinter verbarg sich bei Hoegner jedoch kein von marxistischen Ideen gespeister zentralistischer Staatssozialismus, sondern ein vom Genossenschaftsgedanken ausgehendes Kon­ zept eines maßvoll steuernd in den Wirtschaftsprozeß eingreifenden Staates.340 Dieses Wirtschaftskonzept war 1946 konsensfähig, da auch die CSU damals die Sozialisierung von Grundindustrien befürwortete341 und angesichts der Not auf Anordnung der Militärregierung das nationalsozialistische Bewirtschaftungs­ system von der Staatsregierung fortgesetzt wurde. Die Beratungen des Vorbereitenden Ausschusses342 brachten einige Modifi­ zierungen, die in die Verfassung Eingang fanden: Das galt für den Wegfall des Mißtrauensvotums, an dessen Stelle die von Nawiasky vorgeschlagene feste Amtsdauer des Ministerpräsidenten trat.343 Beim Wahlrecht wurde eine Sperr­ klausel von zehn Prozent auf Regierungsbezirksebene eingefügt. Andererseits

335 Vgl. Heydenreuter 208. 336 Vgl. zum Inhalt des Entwurfs Fait, Er­ neuerung 125-134. 337 Vgl. G. Lichtenberger, Verbindungs­ linien zw. d. Bamberger Verf. v. 1919 u. d. Bayer. Verf. v. 1946 (W. Wagbnhöfbr - R. Zink, Hgg., Räterepublik oder parlamentar. Demokratie. Die «Bamberger» Verf. 1919) 1999. 135-151· 338 Fait, Erneuerung 152.

339 Vgl. ebd. 131 u. 559. 340 Schmidt II 89. 341 Die dreißig Punkte der Union, auf der Landesausschußsitzung der CSU am 31.10. 1946 angenommenes Programm, Abdruck in: Die CSU 1945-1948, 1734-1741, hier Punkt 19. 342 Vgl. Fait, Erneuerung 135-151. 343 Schmidt I 222-227; Ehard, Tatsachen (§ 31 d) 7 reklamiert dies für sich.

$ 31. Unter amerikanischer Besatzung 1945-1949 (K.-U. Gelberg)

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traten in der Wahlrechtsfrage deutliche Meinungsunterschiede zwischen der CSU, die das Mehrheitswahlrecht befürwortete und der SPD hervor, die ein Verhältniswahlrecht favorisierte. Den beiden strittigsten Komplexen «Staatsprä­ sident» und «Zweite Kammer» — beides unerfüllte Forderungen der BVP aus den zwanziger Jahren344 — nahm Hoegner die Spitze, indem er vorschlug, dazu der Verfassunggebenden Landesversammlung einen Alternativentwurf vorzule­ gen. Der Wirtschaftsteil des Hoegner-Entwurfs passierte die Beratungen ohne Widerspruch.345 Nach Abschluß der Beratungen des Vorbereitenden Verfassungsausschusses legte Hoegner der Militärregierung vor dem 20. Mai 1946 den Verfassungsent­ wurf sowie einen kurzen Bericht vor. Ein bei OMGUS in Berlin gebildetes «Interdivisional Committee on German Governmental Structure» legte seine Überlegungen zu den Verfassungsentwürfen der Länder der US-Zone in der Denkschrift «Report and Recommendations on Drafts of Constitutions for Ba­ varia, Württemberg-Baden and Hesse» nieder.346 Über deren Inhalt informier­ ten die Amerikaner die deutsche Seite. Ihre kritischen Einwände ergänzten die Vorlagen des Vorbereitenden Verfassungsausschusses und bildeten gemeinsam mit ihnen den Rahmen für die Beratungen der Verfassunggebenden Landesver­ sammlung.

Parteien und Verfassung.347 Auch wenn die CSU eine heterogene Sammlungspar­ tei war und infolge ihrer starken innerparteilichen Differenzen keinen eigenen Verfassungsentwurf vorlegte,348 sind einige Positionen klar auszumachen. Die Forderung nach einem Staatspräsidenten hatte eine «außenpolitische» und eine landespolitische Funktion. Der Staatspräsident sollte einerseits das sichtbare Symbol der staatlichen Qualität Bayerns sein und damit für die Beratung einer künftigen Bundesverfassung im föderalistischen Sinne Fakten schaffen. Das Ne­ gativbeispiel der Verfassungsberatungen von 1918/1919 - die damals zuerst ver­ abschiedete Reichsverfassung hatte den Spielraum der Bamberger Beratungen erheblich eingeengt — war für die in der Tradition der föderalistischen Politik der BVP stehende CSU konstitutiv.349 Innerbayerisch entsprach die Forderung nach einem Staatspräsidenten, daneben auch die nach einer Zweiten Kammer, negativen verfassungspolitischen Erfahrungen in den Jahren der Weimarer Re­ publik. Im übrigen gingen zahlreiche Positionen der CSU auf christliche Grundüberzeugungen zurück (Würde des Menschen, Ehe, Familie, Erzie-

Aufbruch 128 ff.; O. AlSchäffer als Politiker d. Bayer. Volkspanei 1888-194$, 1993, Bd. I, 243-258. 345 Vgl. Fait, Erneuerung 148 ff. 346 IfZ Selected Records MA 1420/9. Vgl. zur Kritik am bayer. Entwurf Fait, Erneue­ rung 169-172; Zimmer (§ 31 d) 87 f.

344 Schlemmer, tendorfbr, Fritz

347 Vgl. Schmidt II 186-199. 348 Vgl. zur Tätigkeit des «Ausschusses für Verfassungsfragen» der CSU Fait, Erneue­ rung 205-208. 349 Vgl. Gblbbrg, Ehard 21-25; R· Heydbnreuter. Das Werden d. Bamberger Verf. (W. Wagbnhöfbr - R. Zink, Räterepublik, s. Anm. 337) 115—133.

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ära Goppel (1945—1978)

hungsrecht, Bekenntnisschule). Ihre wirtschaftspolitischen Positionen waren undeutlich. Angesichts der materiellen Not und aus christlicher Motivation stand sie einem am Gemeinwohl orientierten dirigistischen Wirtschaftskonzept näher als einer freien Marktkräften Raum gebenden kapitalistischen Wirt­ schaftsordnung. Die Positionen der SPD wurden stark von Hoegners Vorstellungen beein­ flußt.350 Durch ihn waren an die Stelle der traditionell zentralistischen Haltung der Weimarer SPD pointiert föderalistisch-eigenstaatliche Positionen getreten. Wichtig waren daneben eine dominierende Stellung der Legislative (Landtag) wie 1919, woraus die mehrheitliche Ablehnung von Staatspräsident und Zwei­ ter Kammer resultierte. Alternativ hatte bereits Hoegners Vorentwurf auch die unmittelbare Beteiligung des Volkes an der Gesetzgebung durch Volksbegehren und Volksentscheid vorgesehen.351 Ferner trat die SPD für das Verhältniswahl­ recht, die gemeindliche Selbstverwaltung und eine vom Genossenschaftsgedan­ ken geprägte Wirtschaftskonzeption ein, die dem Staat erheblichen Einfluß si­ cherte. Hinsichtlich Ehe, Familie, Elternrecht sowie der Stellung der Kirchen näherte sich die SPD den Positionen der CSU stark an; lediglich mit der fakul­ tativen Forderung nach einer Gemeinschaftsschule setzte sie einen eigenen Ak­ zent.352 Die verfassungspolitischen Ziele der KPD orientierten sich an den Vorgaben des Berliner Zentralkomitees mit dem Endziel eines sozialistischen deutschen Einheitsstaates, weshalb die KDP den Staatspräsidenten kategorisch ablehnte. Ferner forderte sie eine Bodenreform, die Sozialisierung aller öffentlichen Be­ triebe und eine gleichberechtigte Mitwirkung der Betriebsräte in den Unter­ nehmen.353 Das markanteste Element der von Alfred Loritz bestimmten Verfassungspoli­ tik der WAV war eine erhebliche Stärkung plebiszitärer Elemente: Haushalt und Steuergesetze sollten durch das Volk direkt und nicht durch den Landtag beschlossen werden. Aus dieser Position ergab sich zwangsläufig die Ablehnung von Staatspräsident und Zweiter Kammer.354 Die FDP stand einer Verfassunggebung zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich distanziert gegenüber und orientierte sich in ihrer Haltung am gesamtstaat­ lichen Primat. Ihr Sprecher Thomas Dehler lehnte daher insbesondere die In­ stitution des Staatspräsidenten, die seiner Meinung nach eine «Überbetonung des bayerischen Staates»355 und insofern ein Hindernis für eine künftige Verfas­ sung Deutschlands bedeute, für die FDP ab. Weiterhin war sie wie die KPD für

350 Der von Hoegner dem Vorbereitenden Verfassungsausschuß vorgelegte Verfassungs­ entwurf war zuvor nicht in den Gremien der bayer. SPD beraten worden; vgl. Khonawitteb, Wirtschaftskonzeptionen (631c) S8. 351 Vgl. Fait, Erneuerung 129.

351 Schmidt II 188-191. 353 Vgl. ebd. 191 ff; Die Auseinanderset­ zung um d. Länderverfassungen in Hessen u. Bayern 1946, 230-234. 354 Vgl. Schmidt II 194 ff. 355 Wbngst, Dehler (§ 31 d) 117.

$ ji. Unter amerikanischer Besatzung 194J-1949 (K.-U. Gelberg)

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die Trennung von Staat und Kirche und sprach sich gegen die Bekenntnisschu­ len aus. Als einzige Partei vertrat sie im Wirtschaftsteil dezidiert marktwirt­ schaftliche Positionen.356

Verfassunggebende Landesversammlung und ihr Verfassungsausschuß. Die verfas­ sungspolitischen Ziele der Parteien spielten in dem kurzen Wahlkampf zur Verfassunggebenden Landesversammlung eine eher untergeordnete Rolle.357 Gerade bei der aus unterschiedlichen Wurzeln hervorgegangenen CSU358 lag dies auch am fehlenden innerparteilichen Klärungsprozeß.359 Die Wahlen zur Verfassunggebenden Landesversammlung am 30. Juni 1946 ergaben für die CSU 58,3% und 109 Sitze. Die SPD erzielte 28,8% (51 Sitze), die KPD 5,3% (9), die WAV 5,1 % (8) und die FDP 2,5 % (3).360 Die absolute Mehrheit der CSU besaß keine ausschlaggebende Bedeutung für die Beratungen und Beschlüsse der Landesversammlung, da zwischen den füh­ renden Politikern von CSU und SPD Einigkeit darüber bestand, daß nur eine in weitgehendem Konsens361* verabschiedete Verfassung Aussicht auf Bestand und breite Akzeptanz versprach.361 Diese Konsensorientierung blieb für die ge­ samten Verfassungsberatungen bestimmend. Verstärkt wurde sie dadurch, daß mit einer erfolgreichen Verfassunggebung ein Zuwachs an Eigenverantwortung verbunden war (im Falle eines Mißerfolges waren die Folgen ungewiß) und eine gute Ausgangsbasis für die Beratung einer Bundesverfassung gelegt wurde. Bei der SPD, besonders bei Hoegner, wirkte zusätzlich konsensfördemd, daß die SPD nur wenn sie der Verfassung zustimmte nach den Landtagswahlen im Dezember koalitionsfähig war.363 Zentrales Gremium der Beratungen war der Verfassungsausschuß der Verfas­ sunggebenden Landesversammlung.364 Von seinen 21 Mitgliedern stellte die

356 Vgl. Schmidt II 197 ff. 357 Vgl. Fait, Erneuerung 193. 358 Vgl. § 31g. 359 Vgl. Fait, Erneuerung 205—208. 360 Vgl. zur Wahl zur Verfassunggebenden Landesversammlung: Mitteilungen d. Bayer. Statist. Landesamtes 1946/13 sowie Statist. Jb. f. Bayern 1947, 1948, 316-325. Vgl. die Liste der Abgeordneten der Verfassungge­ benden Landesversanunlung in: Bayer. Staatsanzeiger 13.7.1946 sowie im Anhang zu VL. Eine Liste der SPD-Abgeordneten bei Gelbebg, Protokolle (§ 31 d) 1060f., der CSU-Abgeordneten in: Verantwortung f. Bayern (Lit.) 76 f. 341 Zimmer (§ 31 d) 429 spricht von der «großen Koalition von CSU und SPD» bei den Verfassungsberatungen. 361 Fait, Erneuerung (8 31 d) 209 ff., 558 f.; Gelberg, Entstehung (§ 31 d) 31 f.;

Schlemmer, Amerikaner in Bayern (§ 31a) 91. 363 Gelberg, Protokolle (§ 3id) 1055; Mehringer, Knoeringen (§ 31 c) 286. 364 Vgl. deren ausführliche Beratungspro­ tokolle: StBV. Zusammensetzung des Ver­ fassungsausschusses: An den Beratungen be­ teiligten sich: der Präsident Michael Horlacher (CSU), der II. Vizepräsident Lorenz Sedlmayr (CSU); die Ausschußmitglieder. Lo­ renz Krapp (CSU), Vors.; Josef Seifried (SPD), Stellv. Vors.; Hans Ehard (CSU) 1. Schriftführer; Thomas Dehler (FDP), II. Schriftführer; Wilhelm Fischer (SPD), Wil­ helm Hoegner (SPD), Alois Hundhammer (CSU), Albert Kaiser (CSU), Alfred Loritz (WAV), Josef Müller (CSU), Adolf Pfeuffer (CSU), Johann Pittroff (SPD), Wolfgang Prechtl (CSU), Friedrich von Prittwitz und Gaßfron (CSU), Albert Roßhaupter (SPD),

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A. VII. lÄ>m Kriegsende bis zum Ausgang der Ära Goppel (1945-1978)

CSU 12, die SPD 6, KPD, WAV und FDP jeweils einen Abgeordneten.365 Ton­ angebend im Verfassungsausschuß blieben einige Politiker von SPD und CSU, die bereits dem Vorbereitenden Verfassungsausschuß angehört hatten: Neben Ministerpräsident Hoegner waren dies seine sozialdemokratischen Kabinetts­ kollegen Roßhaupter366 und Seifried sowie Staatssekretär Ehard. Seifried als stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses und Ehard als Schriftführer hat­ ten auch formal herausgehobene Positionen inne. Dazu kamen erneut die Münchner Kommunalpolitiker Schamagl und Wimmer und der von Hoegner wiederum als Sachverständiger hinzugezogene Nawiasky. Neu zu diesem Kreis hinzu traten der Vorsitzende der CSU-Fraktion Alois Hundhammer, der die Mehrheitspositionen innerhalb der CSU-Fraktion artikulierte,367 ferner der Vorsitzende der Landesversammlung Michael Horlacher. Der CSU-Landesvorsitzende Müller, ebenfalls Mitglied des Verfassungsausschusses, blieb hingegen unauffällig.368 Bei der SPD erstaunte die geringe Beteiligung Knoeringens. Zu einzelnen Abschnitten der Verfassung trugen auch weitere Abgeordnete in sub­ stantieller Weise bei.369 Einige Vertreter von KPD (Hermann Schirmer, Ri­ chard Scheringer), FDP (Thomas Dehler) und WAV (Alfred Loritz) zeichneten sich zwar durch engagierte Debattenbeiträge aus, die jedoch infolge ihrer Min­ derheitenposition und ihrer grundsätzlich ablehnenden Haltung zur Verfassung keinen Einfluß auf deren Gestalt gewannen.370 Alle wesentlichen Kompromiß­ formeln stimmte eine kleine Gruppe um Hoegner, Hundhammer, Ehard und

Peter Schacher (CSU), Hermann Schirmer (KPD), Josef Schwaiber (CSU), Johannes Seniler (CSU), Thomas Wimmer (SPD), Jo­ sef Zahn (CSU); vertretungsweise die Abg.: Rosa Aschenbrenner (SPD), Hermann Bauer (CSU), Leonhard Baumeister (CSU), Maria Deku (CSU), Christian Endemann (SPD), Franz Fendt (SPD), Ludwig Ficker (KPD), Fritz Gräßler (SPD), Franz Haas (SPD), Au­ gust Haußleiter (CSU), Josef Jörg (CSU), Elisabeth Kaeser (SPD), Waldemar von Knoeringen (SPD), Heinrich Krehle (CSU), Carljörg Lacherbauer (CSU), Georg Lill (CSU), Fritz Linnert (FDP), Elisabeth Mey­ er-Spreckels (CSU), Adalbert Neckermann (CSU), Franz Op den Orth (SPD), Max Rief (CSU), Christian Roith (SPD), Karl Scharnagl (CSU), Otto Schefbeck (CSU), Richard Scheringer (KPD), Gustav Schiefer (SPD), Alois Schlögl (CSU), Karl Schmid (CSU), Georg Schneider (FDP), Adam Sühler (CSU), Max Zwicknagl (CSU); als Sachver­ ständiger. Hans Nawiasky: vgl. StBV. Bd. 1 sowie Bayer. Staatsanzeiger 20.7.1946. Er kam zwischen dem 16.7. u. 13.11. 1946 zu 37 Sitzungen zusammen; vgl. zum Personal auch Fait, Erneuerung 197-205. Das Ple-

num trat hingegen bis zur Verabschiedung der Verfassung lediglich zehnmal zusammen. 365 Schmidt I 130 ff. Der Präsident u. Vi­ zepräsident der Landesversammlung sowie der Sachverständige Prof. Nawiasky waren teilnahme- jedoch nicht stimmberechtigt. 366 Roßhaupter war gleichzeitig Vorsitzen­ der der SPD-Fraktion in der Verfassungge­ benden Landesversammlung; vgl. Gelberg, Protokolle (§ 31 d) 1057. 367 Vgl. O. Braun, Das polit. Weltbild A. Hundhammers (1900-1974), M.A. Regens­ burg 2000; zur CSU-Fraktion der Landes­ versammlung Schlbmmer, Aufbruch 123127· 368 Vgl. Fait, Erneuerung 202, 204; F?H· Hettler, Josef Müller («Ochsensepp»). Mann d. Widerstandes u. erster CSU-Vorsitzender, 1991, 240-250. 3#9 Vgl. die divergierende Einstufung des Anteils von Einzelpersonen an der Verfas­ sung bei Fait, Erneuerung 199—205 u. Schmidt II 136-146. 370 Einen wesentlichen Einfluß nahmen sie lediglich bei der Frage des Staatspräsidenten, der auch durch ihre insgesamt 20 Stimmen zu Fall kam; Fait, Erneuerung 567.

§3i. Unter amerikanischer Besatzung I945~i949 (K.-U. Gelberg)

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Horlacher bei informellen Beratungen ab.371 Mit Ausnahme des Staatspräsiden­ ten waren sie dabei erfolgreich. Als Ergebnis der Tätigkeit des Vorbereitenden Verfassungsausschusses lagen der Landesversammlung und ihrem Verfassungsausschuß ein «Entwurf einer Bayerischen Verfassung» sowie zu den strittigen Fragen (Staatspräsident u. Zweite Kammeiy~ein ergänzender «Bericht des Bayerischen Vorbereitenden Verfassungsaus­ schusses an die Bayerische Verfassunggebende Landesversammlung» vor.372*

Kontroversen. Kontrovers beraten wurden im Verfassungsausschuß der Verfas­ sunggebenden Landesversammlung die Frage des Staatspräsidenten sowie eine Zweite Kammer, das Wahlrecht, die Schulfrage und in diesem Zusammenhang die Rolle der Kirchen sowie die Wirtschaftsverfassung. Dabei standen diese Themenblöcke nicht unverbunden nebeneinander. Zugeständnissen der SPD etwa im Schulbereich stand ein Nachgeben der CSU auf dem Felde des Wahl­ rechts gegenüber; entscheidend blieb die Orientierung am Gesamtkonsens, der es den Fraktionen von CSU und SPD ermöglichen würde, der Verfassung zu­ zustimmen. In allen Stadien der Verfassungsberatungen war die amerikanische Militärregierung ein wesentlicher Akteur, dessen Präsenz und Genehmigungs­ vorbehalt die Kompromißbereitschaft von CSU und SPD wesentlich beein­ flußte. Staatspräsidentenfrage.173 Dem Staatspräsidenten waren zwei Funktionen zuge­ dacht, nach außen sollte er, so Hans Ehard am 2. September 1946 im Verfas­ sungsausschuß für die CSU-Fraktion, «die staatsrechtlich sichtbare Repräsenta­ tion der Eigenstaatlichkeit» bilden.374 Im Innern war er als Stabilisierungsfaktor der Demokratie für den Fall gedacht, wenn in einer Krisensituation keine sta­ bile Landtagsmehrheit und keine handlungsfähige Regierung existieren sollten. Hintergrund war die Erfahrung der Zeit zwischen 1919 und 1933, die von ge­ ringer Kompromißfähigkeit der Parteien geprägt war, mit der Folge, daß ab 1930 die Regierung Held nur noch geschäftsführend und dadurch erheblich ge­ schwächt im Amt gewesen war.375

371 Gelberg, Entstehung (§ 3id) 32; Den., Protokolle (§ 3id) 1081; Fait, Er­ neuerung (248) spricht von der «HoegnerEhard-Hundhammer-Troika», die insofern auch die Bedeutung des Verfassungsaus­ schusses reduziert habe (368). Die von Fait behauptete Bedeutungslosigkeit der Fraktio­ nen von CSU und SPD («eher Akklama­ tionsorgane als Entscheidungsträger», Fait, Erneuerung (568)) trifft nicht zu. So verwei­ gerte die SPD-Fraktion Hoegner in der Staatspräsidentenfrage die Gefolgschaft; vgl. Gelberg, Protokolle (§ 31 d) 106$. In bezug

auf die CSU-Fraktion ist die Frage auf der Basis der demnächst vorliegenden Fraktions­ protokolle zu prüfen. 372 StBV. 1-16. 373 S. Schmidt I 205-222; Fait, Erneue­ rung 288-375; Schlemmer, Aufbruch 128148. 374 StBV. 591. Vgl. Fait, Erneuerung 328; Schmidt I 206. 373 Das Urteil, die Forderung der CSUAbgeordneten nach einem Staatspräsidenten zeige die «starke Behamingskraft obrigkeits­ staatlichen Denkens» (Fait, Erneuerung 560),

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ara Goppel (1945—1978)

Die in der Altematiworhge an die Verfassunggebende Landesversammlung zunächst weiter gefaßten Rechte des Staatspräsidenten376 wurden zuletzt am 3. September 1946 in einem von Hoegner, Ehard und Horlacher formulierten Gemeinschaftsentwurf abgeschwächt,377 um auch für Teile der SPD akzeptabel zu sein.378 Die wichtigste Kompetenz des vom Landtag gewählten Staatspräsi­ denten war nun das Auflösungsrecht des Landtags, nachdem ein Ministerprä­ sident zurückgetreten und der vom Staatspräsidenten daraufhin vorgeschlagene Nachfolgekandidat vom Parlament abgelehnt worden war. Ferner sollte er über ein reduziertes Notstandsrecht verfugen. Um Gerüchten die Grundlage zu ent­ ziehen, über den Staatspräsidenten wolle eine Gruppe innerhalb der CSU um Hundhammer die Monarchie wieder einfuhren,379 sollte der Staatspräsident nach seiner Wahl eine eidesstattliche Erklärung abgeben,380 die ihn an die re­ publikanische Staatsform band. Überlagert wurde die Auseinandersetzung um das Amt des Staatspräsidenten durch den Flügelstreit innerhalb der großen Parteien. In der CSU wurde das Votum pro oder contra Staatspräsident zur Machtfrage zwischen dem Schäf­ fer/ Hundhammer-Flügel, der seine Einführung befürwortete, und dem Landes­ vorsitzenden Müller.381 Am 2. September 1946 votierten in der CSU-Fraktion 71 Abgeordnete für den Staatspräsidenten, 29 überwiegend fränkische Anhän­ ger Müllers waren dagegen.382 Da sich auch KPD, WAV und FDP gegen den Staatspräsidenten aussprachen, mußte das Votum der SPD bei der Abstimmung in der Landesversammlung den Ausschlag geben. Deren Fraktion war ebenfalls gespalten. Hoegner und die Regierungsmitglieder der SPD befürworteten in­ zwischen das Amt des Staatspräsidenten.3*3 Die Mehrheit der Fraktion lehnte das Amt hingegen ab.3*4 Hoegner und seine Ministerkollegen Seifried und Roßhaupter argumentierten am 25. August 1946 in der Fraktion,385 die CSU werde sich bei einem Scheitern ihrer Leitforderung Staatspräsident auch nicht mehr an die Vereinbarungen auf den Feldern Schule, Wahlrecht und Senat ge-

wird den Intentionen nicht gerecht, durch die Institution des Staatspräsidenten Vorkeh­ rungen gegen eine zeitweise Funktionsunfahigkeit der Demokratie zu treffen; vgl. Schmidt I 213. 376 Vgl. StBV. I4f. Die für den Staatsprä­ sidenten vorgesehene Machtfiille, nicht seine Existenz an sich hatten auch die Amerikaner zunächst kritisiert; vgl. Fait, Erneuerung 171. 377 StBV. 598-606. 378 Fait, Erneuerung 333-336. 379 SZ ii. 10.1946. 380 Nach Intervention der Militärregierung wurde daraus ein Verfässungseid; vgl. Schmidt I 216; Fait, Erneuerung 338. 381 Schlemme», Aufbruch 128-148. 382 Vgl. Fait, Erneuerung 315, 326.

383 Angesichts der zentralistischen Ent­ wicklung in der Bizone ging es ihnen primär um die föderalistische Symbolwirkung dieses Staatsorgans; vgl. Fait, Erneuerung 3iof. Zu den Gerüchten, Hoegner habe das Amt angestrebt, vgl. Hoegner, Außenseiter 254; Schlemmer, Aufbruch 137. 384 Vgl. Mbhringer, Knoeringen (§ 31c) 282 f. Für die SPD stellte sich ferner die Fra­ ge, ob sie im Falle einer Entscheidung zu­ gunsten des Staatspräsidenten die Verfassung insgesamt ablehnen sollte. Hier kristallisierte sich in der Fraktion ein Mehrheit heraus, die mit Blick auf die Koalitionsfähigkeit der SPD der Verfassung trotzdem zustimmen wollte, Gblberg, Protokolle (§ 31 d) 1054. 385 Vgl. ebd. 1063.

§31. Unter amerikanischer Besatzung 1943-1949 (K.-U. Gelberg)

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bunden fühlen. Hier habe die SPD mehr erreicht, als sie vor den Verfassungs­ beratungen erhoffen konnte. Vor der Abstimmung im Plenum der Verfassung­ gebenden Landesversammlung hoben CSU und SPD den Fraktionszwang auf. Am 12. September 1946 lehnte die Verfassunggebende Landesversammlung mit 85 zu 84 Stimmen (bei vier Enthaltungen) den Staatspräsidenten schließlich ab;3* ’6 eine erneute Abstimmung am 20. September, nachdem Hundhammer be­ antragt hatte, den in erster Lesung gestrichenen Abschnitt über den Staatspräsi­ denten wiederherzustellen, brachte mit 87 Nein-Stimmen eine noch deutliche­ re Mehrheit für die Gegner dieser Einrichtung.387 Das Scheitern des Staatspräsidenten führte zum Bruch innerhalb der CSU.388 Ferner rechnete die Militärregierung nach der Abstimmung am 12. September 1946 damit, daß nunmehr alle zwischen CSU und SPD erzielten Verfassungs­ kompromisse wieder zur Disposition stehen würden.389 Tatsächlich beschloß die CSU-Fraktion, auf eine Stärkung des Senats und eine Änderung des Wahl­ rechtskompromisses zu dringen. Dies verhinderte jedoch der CSU-Fraktionsvorsitzende Hundhammer, da er am 20. September den oben erwähnten zwei­ ten Anlauf unternahm, den Staatspräsidenten durchzusetzen;390 damit jedoch scheiterte. Senat.39* Von 1818 bis 1918 hatte es in Bayern eine Zweite Kammer gege­ ben.392 Die BVP hatte sich 1923/24 erfolglos um eine Reaktivierung bemüht.393 Im Wahlkampf zur Verfassunggebenden Landesversammlung hatte die Forde­ rung nach einer Zweiten Kammer bei der CSU gleich hinter der Einführung des Staatspräsidenten rangiert. Ein Landesvorstandsbeschluß band die SPD, ne­ ben dem Staatspräsidenten jede Form der Zweiten Kammer als unvereinbar mit der im Landtag zum Ausdruck kommenden Volkssouveränität abzulehnen.394 Die Erfahrungen mit der Kammer der Reichsräte, die als Widerlager gegen eine volle Demokratisierung gewirkt hatte, prägten dabei die Position der SPD. Auf der 6. Sitzung des Vorbereitenden Verfassungsausschusses am 1. April 1946 wa3“ VL 122 f. (12.9. 1946); ebd. das Ergeb­ nis der namentlichen Abstimmung. Mit der Mehrheit der CSU-Abgeordneten stimmten die SPD-Abgeordneten Hoegner, Roßhaupter, Seifried, Fendt und Gentner für den Staatspräsidenten; vgl. Schlemme», Auf­ bruch 143. Das abweichende Votum der Ministemege der SPD hatte auch Rückwir­ kungen auf die SPD-Fraktion. Roßhaupter als Fraktionsvorsitzender wurde abgelöst; Mehringbr, Knoeringen (§ 31c) 284; vgl. auch Gelberg, Protokolle (§ 31 d) 1054. 3,7 VL 194 (20.9.1946). Vgl. Fait, Er­ neuerung 364-370. Um eine Spaltung der SPD-Fraktion zu verhindern, hatten die vier Regierungsmitglieder der SPD vor der er­ neuten Abstimmung über den Staatspräsi­

denten am 20.9. 1946 das Plenum der Lan­ desversammlung verlassen; vgl. Gelberg, Protokolle (§ 31 d) 1034.

388 8 31g. 389 Fait, Erneuerung 371. 390 Ebd. 371 f. 391 Gelberg, Entstehung (§ 31 d); Fait, Erneuerung 256-287; Schmidt I 195-204. 392 Vgl. B. Löffler, Die Bayer. Kammer d. Reichsräte 1848 bis 1918, 1996. 393 K. Schönhoven, Bayer. Volkspartei, 1972, 89 f; Gelberg, Entstehung (§ 3id) 25· 394 Entschließung des Landesvorstands, з. 6.1946; vgl. W. Behr, Sozialdemokratie и. Konservativismus (§ 31 g 1) 164; Mehringer, Knoeringen (§ 31c) 281.

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ära Goppel (1945-1978)

ren die Argumente pro und contra Zweite Kammer zum ersten Mal ausge­ tauscht worden.395 Nawiasky schlug eine berufsständische Zusammensetzung aus Vertretern der «sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und kommunalen Körperschaften des Landes» vor.35*6 Die Kompetenzfrage, denkbar war ein dem Landtag gleichberechtigtes Organ bei der Gesetzgebung oder eine lediglich be­ ratende Kammer, war offengeblieben. In ihrer Stellungnahme zu dem Bera­ tungsergebnis des Vorbereitenden Verfassungsausschusses billigten die Amerika­ ner eine Zweite Kammer grundsätzlich. Auflagen machte die Militärregierung jedoch für die Nominierung der Vertreter der Handwerks- und Industrie- und Handelskammern. Da sie diese als «associated with totalitarian govemment» ab­ lehnte,397 forderte sie für die Rekrutierung der Vertreter dieser Gruppen aus­ drücklich demokratische Wahlen.3’8 Nachdem eine Vertagung einen Klärungsprozeß zwischen und in den Frak­ tionen von CSU und SPD ermöglicht hatte, erklärte im Juli 1946 die SPD in interfraktionellen Gesprächen, einer berufsständisch zusammengesetzten Zwei­ ten Kammer dann zuzustimmen, wenn diese lediglich gutachtlich am Gesetzge­ bungsverfahren beteiligt werde.399 Dieses Zugeständnis war Teil eines größeren Kompromißpaketes, das auch das Wahlrecht und die Bekenntnisschule ein­ schloß.400 Wenig später akzeptierte die SPD den von Horlacher stammenden Vorschlag für die Zusammensetzung des Senats.401* Am 26. August beriet der Verfassungsausschuß den von Ehard und Nawiasky formulierten Entwurf des Verfassungsabschnitts401 für die nunmehr Senat titulierte Zweite Kammer. Ehard trug als Berichterstatter zur Begründung vor: «Die Zweite Kammer soll vor allem — ich will es so nennen — ein Stabilisierungsfaktor sein. Sie soll ein Gegengewicht gegen das bloß parteipolitische Denken und den bloß parteipo­ litischen Aufbau der Repräsentation des Volkes bilden. Sie soll einen Schutz vor übereilten Beschlüssen, vor Zufallsbeschlüssen und Zufallsergebnissen ge­ währen. Sie soll an sich nicht gezwungen sein, politische Gegensätze auszutragen, ihre Aufgaben sollen vielmehr nicht eigentlich politischer Natur sein. Sie soll mehr rein sachliche Arbeit leisten.»403 Das Motiv für eine Zweite Kam-

395 Gelberg, Entstehung (§ 31 d) 27 ff. 396 6. Sitzung des Vorbereitenden Verfas­ sungsausschusses, 1.4.1946 (BayHStA NL Ehard 1628). 397 Gelberg, Entstehung (§ 31 d) 30; vgl. §3ig2· 398 Der Bericht, den der Vorbereitende Verfassungsausschuß der Landesversanunlung gemeinsam mit dem Verfassungsentwurf vorlegte, enthielt dann in vier Artikeln ei­ nen «Landesrat», der auf Hoegner zurück­ ging; vgl. StBV. 15 f. Formal ging Hoegner damit auf die Forderung der CSU nach ei­ nem zweiten Organ ein, das jedoch sowohl in der Zusammensetzung als auch in der

Funktionsbestimmung keine Einschränkung des Primats des Parlamentarismus bedeutete, eines Eckpfeilers sozialdemokratischer For­ derungen. Insofern war es nicht verwunder­ lich, daß der «Landesrat» im Verfassungsaus­ schuß bei der Kompromißfindung keine Rolle spielte; vgl. Fait, Erneuerung 266 f; Gelberg, Entstehung (§ 31 d) 34 f. 399 Vgl. zur Durchsetzung dieser Linie in der SPD-Fraktion, Gelberg, Protokolle (§ 31 d) 1064 f. 499 Gelberg, Entstehung (§ 31 d) 3$. 491 Ebd. 37 491 Abdruck ebd. 58. 403 StBV. 488.

§ ji.

Unter amerikanischer Besatzung 1945—1949 (K.-U. Gelberg)

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mer404 lag also auf der gleichen Linie wie die Argumentation für den Staatsprä­ sidenten. Das Negativbild der Parteien und Parlamente in der Weimarer Repu­ blik, die häufig unfähig zu konstruktiver Gesetzgebungsarbeit gewesen waren und Fundamentalopposition der Übernahme von Regierungsverantwortung vorgezogen hatten, ließ eine solche Vorsorge notwendig erscheinen.405 Am 27. August nahm der Verfassungsausschuß mit allen Stimmen von CSU und SPD den Ehard-Nawiasky-Entwurf an. Die SPD hatte ihre Wahlkampfposition auf­ gegeben, die CSU erhielt eine berufsständische Zusammensetzung,406 jedoch unter Preisgabe einer substantiellen Mitwirkung bei der Gesetzgebung. Daß die CSU diese Amputation der Kompetenzen akzeptierte, muß im Zusammenhang mit der Hoffnung gesehen werden, die Zustimmung der SPD zum Staatspräsi­ denten zu erhalten. Pläne zur Stärkung des Senats (Vetorecht)407 nach dem Scheitern des Staatspräsidenten verhinderte dann wie erwähnt Hundhammer. Die Einwände der Amerikaner konzentrierten sich weiter auf die Wahl der Se­ natoren.

Wahlrecht. Hinsichtlich des Wahlrechts408 waren zwei Aspekte umstritten: Soll­ te die Wahl nach dem Mehrheits- oder dem Verhältniswahlrecht erfolgen und in welcher Höhe sollte eine — grundsätzlich unumstrittene — Sperrklausel den Einzug von Splitterparteien in das Landesparlament verhindern. Neben grund­ sätzlichen Erwägungen spielten in diesem Bereich auch wahltaktische Überle­ gungen eine Rolle, da das Mehrheitswahlsystem große Parteien begünstigt409 und immanent die Tendenz zum Zweiparteiensystem enthält. Für die Verhält-

404 Vgl. zu weiteren Erwägungen Gel­ Entstehung (§ 31 d) 40. 405 Vgl. Hoegner, Außenseiter 249 fr.; Schmidt I 198. Die Aufhebung des Senats zum i. i. 2000, unabhängig von den tages­ politisch motivierten Argumenten, liegt in der Logik einer Nachkriegsentwicklung, die stabile politische Verhältnisse und einen «funktionierenden» Landtag brachte. Damit verlor der Senat seine eigentliche fiir Krisen­ zeiten konzipierte Funktion. 406 Vgl. zur Zusammensetzung Gelberg, Entstehung (§ 3id) 42; Schmidt I i99f Der 60 Mitglieder umfassende Senat setzte sich schließlich wie folgt zusammen: 11 Ver­ treter der Land- und Forstwirtschaft, 5 Ver­ treter der Industrie und des Handels, 5 Ver­ treter des Handwerks, 11 Vertreter der Ge­ werkschaften, 4 Vertreter der freien Berufe, $ Vertreter der Genossenschaften, 5 Vertre­ ter der Religionsgemeinschaften, 5 Vertreter der Wohltätigkeitsorganisationen, 3 Vertre­ ter der Hochschulen und Akademien, 6 Ver­ berg,

treter der Gemeinden und Gemeindeverbän­ de. Vgl. zur Debatte über die Berücksichti­ gung von Frauen als Gruppe Gelberg, Ent­ stehung 42 f; Fait, Erneuerung 278-283. 407 Zu diesem Zeitpunkt hätten auch die Amerikaner der Ergänzung der Verfassung durch ein Vetorecht des Senats widerspro­ chen; vgl. Gelberg, Entstehung (§ 31 d) 48. Vgl. in diesem Zusammenhang jedoch die Konzession der SPD im Senatsgesetz 1947, dem Senat die Einsetzung von Untersu­ chungsausschüssen zur Prüfung der wirt­ schaftlichen, sozialen und kulturellen Ver­ hältnisse des Landes zuzubilligen, was sie bei den Verfassungsberatungen noch abgelehnt hatte; Gelbbrg, Entstehung 47-56. 408 Vgl. Fait, Erneuerung 224-255. 409 Unter Anwendung des Mehrheitswahl­ rechts hätte die CSU bei der Wahl zur Ver­ fassunggebenden Landesversammlung mehr als 80% der Mandate erhalten; vgl. Fait, Er­ neuerung 233.

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ära Goppel (1945-1978)

niswahl sprach dessen Einführung 1918/19 auch in Bayern410411 *sowie die größere Gerechtigkeit, da bei der Mehrheitswahl eine große Zahl von Stimmen unbe­ rücksichtigt bleibt. Ein Präjudiz für den im Verlauf der Beratungen gefundenen Kompromiß für den Wahlrechtsartikel hatte Hoegner durch seinen Entwurf ei­ nes Gesetzes für die Wahl der Verfassunggebenden Landesversammlung am 30. Juni 1946 geschaffen. Dieser fußte grundsätzlich auf dem Prinzip der Verhält­ niswahl, hatte es jedoch bereits mit Elementen der Mehrheitswahl verknüpft und war vom Ministerrat einstimmig angenommen worden.4" CSU und SPD einigten sich im Verlauf der Beratungen auf einen Kompro­ miß, nach dem die Hälfte der Landtagsmandate nach dem Mehrheitswahlsystem in Stimmkreisen vergeben werden; die andere Hälfte wird nach dem Verhält­ niswahlsystem über Listen, die die Parteien aufstellen, bestimmt. Indem man dies als «verbessertes Verhältniswahlrecht» bezeichnete, wurde der Eindruck er­ weckt, als habe die SPD in diesem Bereich das von ihr vertretene Prinzip durchsetzen können, obwohl man sich auf eine paritätische Lösung geeinigt hatte. Anders verhielt es sich in der Sperrklauselfrage, die naturgemäß von den klei­ nen Parteien KPD, WAV und FDP im Verfassungsausschuß abgelehnt wurde. Die CSU setzte mit ihrer Mehrheit im Ausschuß die 10 %-Hürde auf Wahlkreis-(=Regierungsbezirks-)Ebene durch.4" Versuche der SPD, die 10% nur als Höchstgrenze einzufügen, um damit im Ausführungsgesetz Spielraum zu ha­ ben,4'3 lehnte die CSU ab.4'4 Für die Wahl des ersten Landtags erließ die Staatsregierung das Gesetz Nr. 45 betr. des Volksentscheids über die Bayerische Verfassung und die Wahl des Bayerischen Landtags vom 3. Oktober 1946.415 Für die nächsten Landtags­ wahlen mußte ein neues Gesetz erlassen werden. Die Beratung im Ministerrat läßt erkennen,4'6 daß die Formulierung der Verfassung noch erheblichen Spiel­ raum für die Ausgestaltung des Wahlsystems ließ.4'7 Trotz wiederholter Kritik der SPD kam es erst 1949 zum Erlaß des Landeswahlgesetzes,418 gegen das die

410 Vgl. Landeswahlgesetz 12.5.1920 (GVB1. 195); Unterpaul (§ 31 d) 36-41; H. Nawiasky, Bayer. Verfassungsrecht, 1923, 147-154· 411 Gesetz Nr. 36 für die Wahl einer Ver­ fassunggebenden Landesversammlung vom 14. Februar 1946 (GVB1. 261); Protokolle Hoegner I, Nr. 17 TOP VIII. 4,1 Fait, Erneuerung 247 f.; Schmidt I 182 f. 413 Hierzu kam die Anregung von der Mi­ litärregierung. Vgl zur Position der Militär­ regierung in der Wahlrechtsfrage insgesamt und ihrer hier zurückhaltenden Intervention trotz erheblicher Bedenken Schmidt I 183 sowie Fait, Erneuerung 250-254.

414 Tatsächlich waren auf der Basis der 10 %-Sperrklausel auf Regierungsbezirksebe­ ne mehr kleine Parteien im Landtag vertre­ ten als nach der 1973 erfolgten Änderung auf landesweite 5 %. 4.5 GVB1. 309. Vgl. Protokolle Hoegner I, Nr. 46 TOP II, Nr. 51 TOP I u. Nr. 52 TOP I; ferner Unterpaul (§ 3 i d) 71 ff. 4.6 Vgl. Protokolle Ehard II, Nr. 30 TOP VI, Nr. 32 TOP V, Nr. 34 TOP IV u. Nr. 50 TOP VII. 417 Vgl. Unterpaul (§ 31 d) 73 ff. 4111 Landeswahlgesetz vom 29. März 1949 (GVB1. 69). Erst auf seiner Basis existierte auch eine gesetzliche Grundlage für Volks­ begehren u. Volksentscheid.

§ ji. Unter amerikanischer Besatzung 1945-1949 (K.-U. Gelberg)

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SPD-Opposition wegen der darin festgeschriebenen Wahl von 100 Stimmkreis­ abgeordneten (von 204 insgesamt) nach dem Mehrheitswahlprinzip den Verfas­ sungsgerichtshof anrief, der die Klage jedoch abwies.419

Kirchen- und Schulartikel.420 Die Formulierung der Schulartikel wurde in beson­ derem Maße von dem Bruch der bayerischen Schultradition durch die Natio­ nalsozialisten bestimmt, die bis 1938 die Bekenntnisschule durch die Gemein­ schaftsschule ersetzt hatten.421 Über die Wiederherstellung des Rechtszustandes gemäß Konkordat und Kirchenverträgen (192$) bestand Konsens. Für die Be­ reitschaft Hoegners, den Kirchen - im Gegensatz zu sozialdemokratischer Pro­ grammatik und früheren eigenen Aussagen422 - weit entgegenzukommen,423 war jedoch zudem seine Überzeugung ausschlaggebend, daß der Staat für einen sittlichen Neuanfang in dem stark religiös geprägten Land424 auf die Kirchen nicht verzichten konnte.425 Als Vorlage diente das im Januar 1946 vom Ministerrat beschlossene und im Benehmen mit den Kirchen vorgelegte «Gesetz über die Rechtslage der Religionsgemeinschaften in Bayern»,426 dessen Formu­ lierungen in den Hoegnerschen Vorentwurf Eingang gefunden hatten. Im Kem bedeutete dies, daß die SPD die Bekenntnisschule als Regelfall ak­ zeptierte; die von ihr eigentlich vorgezogene Gemeinschaftsschule sollte es in gemischt konfessionellen Orten auf Antrag geben.427 Aus dem Text des Verfas­ sungsartikels (Art. 135) war diese Gewichtung nicht so ohne weiteres herauszu­ lesen.418 Die Formulierung verbarg das deutliche Nachgeben der SPD zugun-

419 Kock, Landtag 56; Unterpaul (§ 31 d) 77-80. 420 Fait, Erneuerung 376-407; St. Täsch­ ner, Schule in Bayern im Spannungsverhält­ nis v. Staat, Eltern u. Kirche. Eine verfassungsrechtl. Unters, v. d. Aufklärung bis z. Bayer. Verf. v. 2. Dezember 1946, 1997, 133-204; Schmidt II 73-80. 421 Vgl. 8 3. 551 H. Wollbr, Die Loritz-Partei. Gesch., Struktur u. Politik d. Wirtschafti. AufbauVereinigung (WAV) 1945-1955, 1982; Pro­ tokolle Ehard I, LX.

§ 31. Unter amerikanischer Besatzung 1945—1949 (K.-U. Gelbeig)

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brik»). So wurden ab der zweiten Jahreshälfte 1947551 552 zahlreiche Ministerialbeamte, die inzwischen als Mitläufer oder Entlastete eingestuft worden waren, wieder in den Münchner Ministerien eingestellt («Renazifizierung»).553554 Diese Praxis hatte andererseits zur Folge, daß die Fälle zahlreicher Betroffener der Kategorien I und II erst später vor den Spruchkammern verhandelt wurden. Angesichts des Kalten Krieges hatte jedoch ab 1948 der Abschluß der Entnazifi­ zierung Vorrang vor strenger Bestrafung gewonnen. Davon profitierten nun gerade die politisch am stärksten Belasteten, denen verschiedentlich auch noch Entlastungszeugnisse («Persilscheine») ausgestellt wurden.534 Die im Nürnberger Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher555 freigesprochenen Franz von Papen und Hans Fritzsche gelangten in Bayern ebenfalls vor die Spruchkammer und wurden im Frühjahr 1947 unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit zu langjährigen Arbeitslagerstrafen verurteilt.556 Ab Oktober 1946 mußte die Staatsregierung auf Befehl der Militärregierung auch die bislang unter amerikanischer Kontrolle stehenden Internierungslager in ihre Verwaltung übernehmen. Am 30. November 1946 befanden sich darin 23 586 im Zuge des Automatic Arrest 194$ verhaftete Nationalsozialisten in Führungspositionen und bereits im Spruchkammerverfahren zu Arbeitslager verurteilte Häftlinge.557 Im Jahre 1947 - dies muß auch als Richtwert für die Hauptschuldigen und Belasteten (Kategorien I und II) in Bayern gelten — wa-

551 Rechtsgrundlage war die Verordnung Nr. 113 zur Regelung der Rechtsverhältnisse der vom Gesetz zur Befreiung von National­ sozialismus und Militarismus betroffenen Beamten vom 29. Januar 1947 (GVB1. S. 82), vgl. Protokolle Ehard I, Nr. 6 TOP VI u. Nr. 10 TOP XVIII; Wollbr 113; dem­ nächst: K.-U. Gelberg, Die Oberste Baube­ hörde zw. 1932 u. 1949. Zur Kontinuität ei­ ner bayer. Zentralbehörde (H. RumschÖttbl - W. Ziegler, Hgg., Staat u. Partei in Bayern i933“i945) 2003. 333 Protokolle Ehard I, CXVI f; Protokol­ le Ehard II, Nr. i TOP XVI, Nr. 7 TOP XXII u. XXIII, Nr. 9 TOP XI, Nr. 11 TOP X, Nr. 26 TOP XII, Nr. 29 TOP XIV u. Nr. 43 TOP XII; vgl. Zeitler, Neubeginn (8 3i e) 179£ 554 Henke, Grenzen (8 31 e) 130. 335 Der Prozeß gegen d. Hauptkriegsver­ brecher vor d. Internat. Militärgerichtshof Nürnberg (14. 11. 1945-1. 10. 1946), 42 Bde., 1947-1949. Vgl. UuF 24, 388-429; Henkb, Trennung (8 31 e) 68 f. Zu weiteren Nachkriegsprozessen vor Militärgerichten der westlichen Besatzungszonen vgl. Enzy­ klopädie d. Nationalsozialismus, hg. v. W.

Benz u. a., 1997, 592-59$; R. Sigel, Im Interesse d. Gerechtigkeit. Die Dachauer Kriegsverbrecherprozesse 1945-1948, 1992. 534 Am 24. 2. 1947 verurteilte die Spruch­ kammer Nürnberg Papen u. a. zu 8 Jahren Arbeitslager und zog sein Vermögen mit Ausnahme eines Betrages von 5000 RM zur Wiedergutmachung ein. Nach einem Beru­ fungsverfahren wurde Papen im Januar 1949 aus dem Internierungslager entlassen. Vgl. den Spruch der Spruchkammer in: Nürn­ berg 1945-1949. Quellen z. Nachkriegsgesch., 3 Bde, 1989, 1038 f. Fritzsche war am 31. 1.1947 zu 9 Jahren Arbeitslager sowie vollständigem Vermögenseinzug verurteilt worden; im September 1950 wurde er aus dem Internierungslager Eichstätt entlassen. 337 W. Hoegnbr, Aufbau in Bayern. Er­ klärung z. pol. u. wirtschaftl. Lage abgege­ ben v. Ministerpräsident Dr. W. H. im Bay­ er. Landtag am 16. Dezember 1946, o.J. (1946), 9; Abdruck in: Dokumente III/9 45-67. S., jedoch keineswegs erschöpfend, Horn; allgem. Knigge-Tesche; Nietham­ mer, Alliierte Internierungslager (sämtl. 8 3 e). *

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ren von den circa 26000558 Internierten 640 rechtskräftig zu Arbeitslager Ver­ urteilte.559 Die Mißstände in den Lagern stellten ein Dauerproblem dar.560 1951 waren nur noch eine Handvoll Internierte in Haft, als das letzte Lager (Eich­ stätt) zum Jahresende aufgelöst wurde.561 In der US-Zone waren insgesamt bis Ende 1949 1654 Personen als Hauptschuldige und 22 122 als Belastete eingestuft worden.562 Alle Staatsregierungen betrachteten die Durchführung der Entnazifizierung und die Verantwortung für die Internierungslager als Belastung, bemühten sich mit Blick auf die Amerikaner um eine angemessene Durchführung, jedoch ohne innere Überzeugung.563* Zusätzlich diskreditiert wurde die Entnazifizie­ rung auch dadurch, daß ab 1948 die Militärregierung eine radikale Wendung vollzog, auf einen raschen Abschluß des Verfahrens drängte504 und im selben Jahr auch die Überwachung der deutschen Entnazifizierungsbehörden einstell­ te, die bis dahin bei Special Branch OMGB gelegen hatte.565 Zum 31. März 1950 wurde das Staatsministerium für Sonderaufgaben aufgelöst.566 Das Gesetz zum Abschluß der politischen Befreiung vom 27. Juli 1950 verfügte die Ein­ stellung der meisten Verfahren, hob noch bestehende Tätigkeitsbeschränkun­ gen auf und reduzierte die Entnazifizierung nunmehr auf Verfahren gegen Hauptschuldige und Belastete.567 Das Dritte Abschlußgesetz zur politischen Be­ freiung zog 1960 einen endgültigen Schlußstrich unter die Entnazifizierung in Bayern.568 Die Entnazifizierung beeinflußte die gesetzliche Regelung aller Lebensbereiche. So verbot z. B. ein Gesetz vom 16. Oktober 1945 Mitgliedern der NSDAP oder ihrer Gliederungen das Führen von Personenkraftwagen.569 Die Militärregie­ rung wies Ministerpräsident Hoegner 1946 an, das Wahlgesetz für Landtags­ wahl und Volksentscheid über die Verfassung in Einklang mit den Vorschriften des Befreiungsgesetzes zu bringen und bestimmte Gruppen von der Wahl aus-

558 Diese Zahl bezieht sich auf Anfang des Jahres 1947. In seiner Regierungserklärung am 24. 10. 1947 gab Ehard für den 10.10. 1947 17706 Internierte an: Doku­ mente III/9 132-157, hier 149. Vgl. Bayer. Staatsanzeiger 3. 7. 1948. 559 Die auf Grund des Automatic Arrest teilweise seit 1945 in Internierungslagern verbrachte Zeit wurde auf die Verurteilung zu Arbeitslager im Spruchkammerverfahren angerechnet, so daß zu Arbeitslager Verur­ teilte teilweise ihre Haftstrafe durch den Automatic Arrest bereits verbüßt hatten. 540 Vgl. Kabinett Ehard I, Nr. 5 TOP XIII u. Nr. 9 TOP XVII sowie Zeitler, Lager­ alltag (§ 31 e); F. Achatz, In d. Internie­ rungslagern v. Nattemberg u. Plattling. Aus d. Tagebuchaufzeichnungen v. F. Achatz

sen. (Deggendorfer Geschichtsbl. 21) 2000, 333-354; H. Pflanz, Das Internierungslager Moosburg 1945-1948. Wie es Landsberger Bürger u. andere erlebten, 1993. 561 Statist. Jahrbuch f. Bayern 1952, 429. 502 Vollnhals - Schlemmer, Entnazifi­ zierung (§ 31 e) 23. 543 Vgl. Protokolle Ehard I, CXV. 544 Rauh-Kühne (§ 31 e) 36. 545 Heydenreuter (Lit.) 220 f. 544 Vgl. Lanzinner 64. 547 Gesetz zum Abschluß der politischen Befreiung vom 27. Juli 1950 (GVB1. 107). 548 Drittes Gesetz zum Abschluß der poli­ tischen Befreiung vom 3. Februar 1960 (GVB1. 11). 549 GVB1. Nr. 6 12. 12. 1945, 1.

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zuschließen.570 Auch die Zuteilung von Wohnraum an ehemalige Parteimit­ glieder nach Abschluß ihres Spruchkammerverfahrens unterlag einer gesonder­ ten Regelung.571 Zu dem Komplex gehörte auch die Beseitigung nationalsozia­ listischer Straßennamen sowie aller Denkmäler nationalsozialistischen oder mi­ litaristischen Inhalts;572 exemplarisch stand dafür die Sprengung der Ehrentem­ pel am Münchner Königsplatz im Januar 1947.573 Von weitreichender Wirkung war die auf der Basis des Militärregierungsge­ setzes Nr. 52 vom 14. Juli 1945 «Sperre und Kontrolle von Vermögen»574 ent­ faltete Tätigkeit der amerikanischen Property Control, die Staatsvermögen, Vermögen der NSDAP, unrechtmäßig enteignetes Vermögen (z. B. aus «Arisie­ rungen») sowie Betriebe von NSDAP-Mitgliedem (Personenkreis des Gesetzes Nr. 8) und von Internierten etc. beschlagnahmte und unter Verwaltung stell­ te.575 Zur Dimension dieser Maßnahmen, die jahrelang die bayerische Wirt­ schaft wesentlich prägten, eine Zahl: Nachdem zahlreiche Betriebe, Wertpapie­ re und Konten im Laufe des Jahres 1948 wieder an ihre Eigentümer zurückge­ geben worden waren, standen Ende 1948 in Bayern noch immer 30000 Ver­ mögen unter Kontrolle.576 Die beschlagnahmten Betriebe (auch landwirtschaft­ liche Betriebe) und Vermögen wurden von Treuhändern verwaltet. Strategi­ sche Weichenstellungen in den Unternehmen konnten bis zur Entlassung aus der Vermögenskontrolle, mit der in der Regel die endgültige Klärung der Eigentümerfrage verbunden war, nicht getroffen werden. Die Einsetzung der Treuhänder lag zunächst de jure allein bei der Militärregierung, de facto setz­ ten unterschiedlichste amerikanische und deutsche Stellen Treuhänder ein. Be­ rechtigte und unberechtigte Klagen über die Treuhänder beziehungsweise über die Vergabe der Treuhänderstellen bestimmten infolgedessen das Alltagsbild.577 Im Sommer 1946 ging die Durchführung der Vermögenskontrolle (Reichsver­ mögen, nach Gesetz Nr. 32 und in Durchführung des Befreiungsgesetzes be­ schlagnahmtes Vermögen) und damit auch die Einsetzung der Treuhänder in

570 Vgl. Protokolle Hoegner I, Nr. 39 TOP IV u. TOP VI. Bei den ersten Land­ tagswahlen am 1.12.1946 waren 278000 Einwohner aus politischen Gründen (Zuge­ hörigkeit zur NSDAP etc.) nicht in die Wählerliste aufgenommen worden; vgl. Maximilianeum 8 (1996) 86 f. 571 Vgl. Protokolle Hoegner I, Nr. 44 TOP XI. 572 Kontrollrats-Direktive Nr. 30 Beseiti­ gung dt. Denkmäler u. Museen militärischen und nationalsozialistischen Charakters vom 13. Mai 1946: Amtsblatt d. Kontrollrats 154. S. ferner Μ. Etzel, Die Aufhebung nationalsozialist. Gesetze durch d. Alliierten Kon­ trollrat, 1992.

573 Protokolle Ehard I, CXVII. 574 Protokolle Schäffer 208 Anm. 86. 575 Heydenreuter 270 f. 576 Woller 256; Zeitler, Neubeginn 429 (beide § 31 e). Infolge der Entnazifizierung war auch der Anfall weiteren Vermögens zu erwarten, das nach Spruchkammerverfahren eingezogen und unter Treuhandverwaltung gestellt wurde. Vgl. zum Treuhänderwesen und seinen Auswirkungen Woller 249-256; Zeitler, Neubeginn 428-435. 577 Vgl. Protokolle Hoegner I, Nr. 4 TOP XI; Woller 250; Zeitler, Neubeginn 430 ff. (beide § 31 e).

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deutsche Hände über.57’ Dazu wurde Anfang Juli 1946 ein Bayerisches Landes­ amt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung errichtet.579 Neben der personellen Säuberung und dem Treuhänderwesen gehörten zum Komplex der Entnazifizierung auch die rasch versandete Bodenreform,580 die Dekartellisierung der deutschen Großindustrie sowie die Re-education.581 Ei­ nen weiteren Bereich stellen die strafrechtliche Verfolgung von NS-Straftätem durch die deutsche Justiz5’1 sowie die Verurteilung von Kriegsverbrechern durch die amerikanische Militärregierung dar.5’3 Das lange Zeit dominierende Urteil eines vollständigen Scheiterns der Entna­ zifizierung5’4 beruht auf der Einschätzung, daß die große Zahl aktiver Natio­ nalsozialisten, die als Entlastete oder Mitläufer eingestuft wurden, zu milde da­ vongekommen und Anfang der fünfziger Jahre wieder in Amt und Würden ge­ wesen sei.5’5 Eine wesentlich rigorosere Durchführung und die Anlegung eines härteren Strafmaßes hätte bedeutet, daß Zehntausende von Nationalsozialisten

578 Vgl. Protokolle Hoegner I, Nr. 25 TOP II sowie Nr. 49 TOP XI Anm. 48. sto Vgl Protokolle Hoegner I, Nr. 26 TOP XI; Protokolle Ehard I, Nr. 9 TOP XIII. S. Hbydbnreuter 271. 580 U. Enders, Die Bodenreform in d. amerik. Besatzungszone 1945-1949 unter bes. Berücks. Bayerns, 1982. 581 W. G. Dbmmbl, Das außerschulische Jugenderziehungsprogramm d. amerik. Be­ satzungsmacht in Bayern (Liedtke III) 679-690; D. Grypa, Stud. zu Kriegsende u. Neuanfäng im Lkr. Altötting, 1991, 59-71; H. Schott, Die Amerikaner als Besatzungs­ macht in Würzburg (1945-1949), 1985, 115-158. S. weitere Literatur von amerika­ nischer Seite in § 31 a. 582 Vgl. u. a. das Gesetz Nr. 22 zur Ahn­ dung nationalsozialistischer Straftaten vom 31. Mai 1946, Protokolle Hoegner I, Nr. 24 TOP II. S. SZ 11. 10. 1958; vgl. zu weiteren Regelungen Protokolle Ehard I, CXVII. 583 Μ. Broszat, Siegeijustiz oder Strafrechtl. «Selbstreinigung». Aspekte d. Vergan­ genheitsbewältigung d. dt. Justiz während d. Besatzungszeit 1945-1949 (VZG 29) 1981, 477-544; P. Steinbach, NS-Gewaltverbrechen. Die Diskussion in d. dt. Öffendichkeit nach 1945, 1981; G. Jasper, Wiedergutma­ chung u. Westintegration. Die halbherzige justizielle Aufarbeitung d. NS-Vergangenheit in d. frühen Bundesrepublik (West­ deutschland 1945-1955, hg. v. L. Herbst) 1986, 183-202; R. B. Birn, Die Strafverfol­ gung nationalsozialist. Verbrechen (H.-E. Volkmann, Hg., Ende d. Dritten Reiches -

Ende d. Zweiten Weltkrieges) 1995, 393-418. Vgl. zur Verurteilung von Kriegs­ verbrechern durch die Amerikaner Th. A. Schwartz, Die Begnadigung dt. Kriegsver­ brecher, John. J. McCloy u. die Häftlinge in Landsberg (VZG 38) 1990, 375-414. 584 Ausgehend von Niethammer, Mitläu­ ferfabrik; vgl. Anm. 520. 585 Auf Bundesebene vollzog sich die Rückkehr der weitaus größten Zahl der Be­ amten in den fünfziger Jahren in vergleich­ bare Stellungen des öffentlichen Dienstes auf der Basis einer zu schematisch-großzügigen Regelung für ehemalige Nationalsozialisten über das Gesetz zur Regelung der Rechtsver­ hältnisse der unter Art. 131 GG fällenden Personen: Morsey, Bundesrepublik 49; vgl. Jasper (Anm. 583) 199. S. U. Wengst, Be­ amtentum zw. Reform u. Tradition. Beam­ tengesetzgebung in d. Gründungsphase d. Bundesrepublik 1948-1953, 1988; C. Gar­ ner, Schlußfolgerungen aus d. Vergangen­ heit? Die Auseinandersetzungen um d. Zu­ kunft d. dt. Berufsbeamtentums nach d. Ende d. Zweiten Weltkriegs (Volkmann, Hg., Ende, s. Anm. 583) 607-674. Zum Umgang mit der nationalsozialistischen Ver­ gangenheit s. den Forschungsüberblick bei Morsey, Bundesrepublik 186-189 sowie Brochhagen; Frei (beide § 31 e); D. Sieg­ fried, Zw. Aufarbeitung u. Schlußstrich. Der Umgang mit d. NS-Vergangenheit in d. beiden dt. Staaten 1958 bis 1969 (A. Schildt - D. Siegfried - K. Ch. Lammers, Hgg., Dynam. Zeiten) 2000, 77-113.

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noch in den fünfziger Jahren in Bayern in Arbeitslagern interniert gewesen wä­ ren. Hier stellt sich die Frage nach der Integration586 dieses «Heeres von Entna­ zifizierungsgeschädigten»587 in eine demokratische Gesellschaft. Andererseits wird heute anerkannt, daß eine positive Wirkung der Entnazifizierung in der kategorischen Kriminalisierung der nationalsozialistischen Ideologie bestand. Zumindest im Bereich der Politik kam es zu einem Elitenwechsel, konnten ehemalige Nationalsozialisten landesweit keine Führungspositionen mehr be­ setzen.588 Die Untersuchung einzelner Personengruppen589 belegt ferner, daß aktive ehemalige Nationalsozialisten bis zur Einstufung als Mitläufer oder Ent­ lastete oft mehrere Jahre benötigten.590 Sie blieben auch anschließend zumeist beruflich und sozial isoliert und erfuhren dadurch langfristig eine deutliche De­ klassierung.591 Mit der Liquidation der Herrschaft des Nationalsozialismus ebenfalls ursäch­ lich verknüpft war der Komplex der Wiedergutmachung.592 Die in der Nach­ kriegszeit in diesem Kontext erlassenen Gesetze definierten nur begrenzte Gruppen als Opfer des Nationalsozialismus593 und schlossen die zahlenmäßig größten Opfergruppen aus, etwa die ausländischen Zwangsarbeiter.594 Unter den Oberbegriff Wiedergutmachung fällt die Rückerstattung von Ver­ mögen, die im Gefolge der nationalsozialistischen Herrschaft entzogen wurden (vor allem im Zuge der sogenannten Arisierungen)595 und die Entschädigung596 von persönlichen Schäden infolge erlittener Verfolgungsmaßnahmen (Haft etc.).597 Treibende Kraft beim Erlaß des Rückerstattungsgesetzes598 waren auf Druck jüdischer Organisationen die Amerikaner. Auf deutscher Seite wurde die Wiedergutmachung aus moralischen Gründen gutgeheißen wie auch aus politischem Kalkül - als Voraussetzung für die Wiederaufnahme in die Staaten-

586 Zur Integration vgl. Henke, Grenzen (8 31 e) 132 f. 587 Woller (§ 31 e) 163. 588 Eine Ausnahme war Th. Oberländer; vgl. 8 32 a. 589 Vgl. Fait, Kreisleiter (831 e). 390 Für viele NS-Aktivisten bedeutete die Intemierungshaft bis zum Spruchkammer­ verfahren die eigentliche Strafe; vgl. Vollnhals in: Volkmann (8 31 e) 377. Beamte traf der Wegfall der Bezüge nach der Entlassung und bis zum Abschluß des Verfahrens am härtesten; vgl. ferner Wollbr 163 ff.; Henke, Grenzen 132 f; Zbitlbr, Neubeginn 237 ff. (sämd. 8 31 e). 591 Vgl. Lanzinner 66 ff. 392 Hierzu erschöpfend auf der Basis der US-Zone und besonders am Beispiel Bay­ erns Goschlbr, Wiedergutmachung; als Überblick Hockbrts (beide 8 31 e). 593 Goschlbr, Nachkriegsdeutschland 318 f.

594 Vgl. zu ihnen 8 31 f. 395 Vgl. als Überblick Μ. Rappl, «Arisie­ rungen» in München (ZBLG 63) 2000, 123-184. 596 Vgl. Gesetz Nr. 35 über die Bildung eines Sonderfonds zum Zwecke der Wieder­ gutmachung vom 1. August 1946 (GVB1. 258); Gesetz Nr. 73 über die Bildung eines Sonderfonds zum Zwecke der Wiedergut­ machung vom 1. August 1947 (GVB1. 164); Gesetz zur Wiedergutmachung nationalso­ zialistischen Unrechts (Entschädigungsge­ setz) vom 12. August 1949 (GVB1. 193); vgl. zur Entstehung Goschler, Wiedergutma­ chung (3 31 e). 397 Ebd. 12. 398 Gesetz Nr. S9 der Militärregierung Deutschland vom 10. November 1947: Rückerstattung feststellbarer Vermögens­ gegenstände (GVB1. 221). Vgl. Goschler, Nachkriegsdeutschland (3 31 e) 328 ff.

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gemeinschaft — akzeptiert. Kritik entzündete sich jedoch an der Dimension der Leistungen z.B. beim Rückerstattungsgesetz von 1947, die in den Augen der Regierung Ehard den Wiederaufbau massiv in Frage stellte, zumal das Rücker­ stattungsgesetz wie das Befreiungsgesetz für die US-Zone eine härtere Rege­ lung als in den übrigen Besatzungszonen vorsah.599 Vor allem für die Kontrolle beschlagnahmter nationalsozialistischer Vermö­ genswerte errichtete die Staatsregierung, wie erwähnt, im Oktober 1946 das Landesamt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung,600 das zunächst dem Ministerpräsidenten, ab 1. Januar 1948 dem Finanzministerium unter­ stand.601602 Der Titel zeigt an, daß daran gedacht war, die Kosten der Wiedergut­ machung aus dem Erlös des Betriebs oder Verkaufs nationalsozialistischen Ver­ mögens zu bestreiten beziehungsweise die entzogenen Vermögen direkt zu­ rückzugeben. Der Streit um die Nutzung des sogenannten «Kräutergartens Dachau» 1947/48 belegt exemplarisch die Schwierigkeiten dieses Ansatzes.601 Tatsächlich bestand dann die Aufgabe des Landesamtes neben der Vermögens­ verwaltung in der Rückerstattung entzogener Vermögenswerte. Zur unmittelbaren sozialen Betreuung der rassisch und politisch Verfolgten, häufig Konzentrationslagerhäftlingen, und bevor die Entschädigung auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden war, hatte Ministerpräsident Hoegner 1945/1946 einen Staatskommissar für die Betreuung der Juden und einen Staatskommissar für die politisch Verfolgten berufen. Beide gingen im Oktober 1946 im Staatskommissariat für die Opfer des Faschismus auf,603 das Anfang 1947 auf Anordnung der Militärregierung in Staatskommissariat für die rassisch, religiös und politisch Verfolgten umbenannt wurde. Staatskommissar Philipp Auerbach,604 selbst ehemaliger jüdischer KZ-Häftling, gelang es mit Unterstüt­ zung der Militärregierung, dessen Zuständigkeiten erheblich auszuweiten; dies galt primär für den Bereich der Entschädigung.605 Nachdem Auerbach, dessen Amtsführung von Anfang an umstritten war, die Gunst der Militärregierung verloren hatte, entzog die Staatsregierung ihm durch die organisatorische Neu­ ordnung der Wiedergutmachung606 im November 1948 wesentliche Teile sei­ ner Kompetenzen607 und unterstellte ihn dem Finanzministerium. Zeitgleich mit der Eingliederung der Flüchtlingssonderverwaltung608 läßt die Auflösung

599 Vgl. Protokolle Ehard I, CXVI1I, Nr. 7 TOP II u. Nr. 13 TOP XI. 600 Protokolle Ehard I, Nr. 9 TOP XIII. 001 Protokolle Ehard II, Nr. 3 TOP VII u. Nr. 7 TOP VIII. Vgl. Volkert 167 f. 602 Protokolle Ehard II, Nr. 12 TOP IX, Nr. 13 TOP II, Nr. 20 TOP VII u. Nr. 39 TOP VI. 603 ProtokoUe Hoegner I, LXXXIV. 604 C. Goschler, Der Fall Philipp Auer­ bach. Wiedergutmachung in Bayern (Wie­ dergutmachung in d. Bundesrepublik

Deutschland, hg. v. L. Herbst - C. Goschlbr) 1989, 77-98; Ders., Wiedergutmachung (§ 31e) 160-164. 003 Vgl. Goschler, Auerbach (Anm. 604) 82 f.; Protokolle Ehard I, CXVIII. 604 Verordnung über die Organisation der Wiedergutmachung vom 3. November 1948 (GVB1. 248). 007 Goschler, Auerbach (Anm. 604) 90 f.; Ders., Wiedergutmachung (§ 31e) 160; vgl. Protokolle Ehard II, Nr. 47 TOP II. 608 Vgl. § 31 f.

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des Staatskommissariats den Versuch der Staatsregierung erkennen, die organi­ satorische Sonderstellung dieser Gruppen zu beenden. Im November 1949 sah sie sich jedoch gezwungen,609 die Entmachtung Auerbachs wieder rückgängig zu machen. Dieser war bis 1951 an der Spitze des neugeschaffenen Bayerischen Landesentschädigungsamtes erneut für den gesamten Komplex der Entschädi­ gung zuständig.610 Das 1950/1951 gegen ihn eingeleitete Verfahren, das sich auf Mißstände im Landesentschädigungsamt stützte und mit einer Verurteilung und Auerbachs Selbstmord im August 1952 endete, kann nicht allein strafrechtlich bewertet werden. Es symbolisiert gleichzeitig eine Zäsur in der Praxis der Wiedergutmachung: Nach der pragmatischen Phase unter dem sicherlich an­ fechtbaren Auerbach verlor die Entschädigung ihren Sonderstatus. Das Staats­ ministerium der Finanzen bestimmte fortan den Kurs.6" f) Flüchtlinge und Flüchtlingspolitik Quellen. Allgemein: Dok. d. Vertreibung d. Deutschen aus Ost-Mitteleuropa, hg. v. Bundes­ min. f. Vertriebene, Flüchtlinge u. Kriegsgeschädigte, Bd. IV, 1 u. V: Die Vertreibung d. dt. Bevölkerung aus d. Tschechoslowakei, 1957; Dok. dt. Kriegsschäden - Evakuierte, Kriegs­ sachgeschädigte, Währungsgeschädigte - die geschichtl. Entwicklung, hg. v. Bundesmin. f. Vertriebene, 5 Bde, 1958/64; zur dt. Heimatvertriebenenpresse s. das Bestandsverzeichnis v. H. Chmielewski u. G. Hagelweide, 1982. Bayern: Μ. Kornrumpf, In Bayern angekommen. Die Eingliederung d. Vertriebenen. Zahlen - Daten - Namen, 1979; W. Jaenicke, Erster Jahresbericht über d. Tätigkeit d. Bayer. Flüchtlingsverwaltung, 1947; Ders., Zweiter Jahresbericht, 1948; Ders., Dritter Jahres­ bericht, 1949; Vier Jahre Betreuung d. Vertriebenen in Bayern 1945-1949, 1950; Die Ver­ triebenen in Bayern. Ihre berufl. u. soziale Eingliederung bis Anfang 1950 (Beitrr. z. Statistik Bayerns 151) 1950; Bayern u. sein Flüchtlingsproblem, hg. vom Bayer. Staatsmin. d. Innern, 1953; Bayern in Zahlen; 25 Jahre Vertriebene u. Flüchtlinge in Bayern, hg. v. Bayer. Staats­ min. f. Arbeit u. Soziale Fürsorge, 1970; Lastenausgleich in Bayern, Kriegsfolgen - 30 Jahre Arbeit f. d. Geschädigten, hg. v. Staatsmin. f. Arbeit u. Sozialordnung, 1978; Integration u. Neubeginn; Μ. Glbttler (Hg.), Landtagsreden z. bayer. Vertriebenenpolitik 1946-1950, 1993; Μ. Kornrumpf, 46 Protokolle 1946 bis 1950. Flüchtlingsausschuß d. Bayer. Landtags, 1981; E. Nittner, Dokumente z. Sudetendt. Frage 1916-1967, 1967; G. Hbtzer, Die Be­ stände d. Bayer. Landesflüchtlingsverwaltung im BayHStA (D. Hoffmann u. a., Hgg., Ver­ triebene in Deutschland) 417-420; W. Becher, Zeitzeuge. Ein Lebensbericht, 1990; G. Goetzendorff, «Das Wort hat der Abgeordnete...». Erinnerungen eines Parlamentariers d. ersten Stunde, 1989; H. Schütz in: Abgeordnete d. Dt. Bundestages. Aufzeichnungen u. Er­ innerungen, hg. v. Dt. Bundestag, Bd. II, 1983, 189-234; H. Hupka, Unruhiges Gewissen. Ein dt. Lebenslauf. Erinnerungen, 1994, 56-67; K. Jbring, Überleben u. Neubeginn. Auf­ zeichnungen eines Deutschen aus d. Jahren 1945/46, 1979; Μ. Kornrumpf, Mir langt’s an «Großer Zeit» 1934-1945, 1995; Th. Oberländer, Bayern u. sein Flüchtlingsproblem, 1953; P. Strbnkert, Eingliederung d. Vertriebenen u. Flüchtlinge in Bayern, 1963; F. Pirkl, Auf­ gabe u. Verpflichtung. Ausgew. Reden u. Aufsätze d. Bayer. Staatsministers f. Arbeit u. So­ zialordnung zu Fragen d. dt. Heimatvertriebenen u. d. dt. Ostens, 1975; vgl. ferner Manu­ skript des Zeitzeugeninterviews v. W. Stain, Haus d. Bayer. Geschichte (Augsburg); K. Schubert (Landesobmann d. Union d. Vertriebenen), Die Heimatvertriebenen u. d. Christ­ lich-Soziale Union (1945-1954) (Polit. Jb. d. CSU) 1954, 155-175.

609 Zweite Verordnung über die Organisa­ tion der Wiedergutmachung vom 22. No­ vember 1949 (GVB1. 276). 610 Goschler, Auerbach (Arun. 604) 87-91.

611 Ebd. 93-98; Ders., Wiedergutmachung (§3ie) 160-164. Zum Bundesentschädi­ gungsrecht s. Goschler, Wiedergutma­ chung, 286-305; Hockerts (§31 e).

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§ ji. Unter amerikanischer Besatzung 1945—1949 (K.-U. Gelberg)

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74°

A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ära Goppel (1945—1978)

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Die Jahre 1945-1949. Bayern zählte neben Schleswig-Holstein und Niedersach­ sen nach dem Krieg zu den Ländern mit dem höchsten Anteil von Flüchtlingen und Vertriebenen6'2 an der Bevölkerung.6'3 In absoluten Zahlen war es das

6,1 Im weiteren Text wird, wenn nicht von Evakuierten die Rede ist, durchgängig der Begriff Flüchtlinge verwendet; vgl. zur Terminologie Ziegler, Die Vertriebenen 9 sowie Bauer, Flüchtlinge 20 (8 31 f).

013 Schleswig-Holstein 31%, Niedersach sen 27% und Bayern 21 % (1950); vgl. Zieg­ ler, Die Vertriebenen 7f.

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Land, das mit langfristig rund 2 Millionen Menschen die größte Zahl von ih­ nen aufnahm.614 Entsprechend besaß die Flüchtlingsfrage eine besondere Be­ deutung.615 Die Flucht im Osten hatte aufgrund der sowjetischen Sommeroffensive 1944 begonnen. Die Zwangsvertreibung der Deutschen aus Polen, der Tschechoslo­ wakei und Ungarn, die bereits unmittelbar nach Kriegsende eingesetzt hatte, akzeptierten die USA und Großbritannien im Kommunique der Potsdamer Konferenz vom 2. August 1945.616 Die Bevölkerungszahl Bayerns hatte 1939 (ohne Pfalz und sudetendeutsche Landkreise) etwa 6,8 Millionen Personen betragen. Sie lag nach Kriegsende in der zweiten Hälfte des Jahres 1945 um rund 2,2 Millionen höher. Den größten Anteil daran in Höhe von etwa 1,1 Millionen stellten zu diesem Zeitpunkt die nichtbayerischen Evakuierten, die im Zuge der Ausweitung des alliierten Luft­ kriegs aus Ballungsgebieten des Deutschen Reiches nach Bayern gekommen waren.6*7 Die Zahl der Flüchtlinge war zu diesem Zeitpunkt noch geringer.6*8 Zwei weitere große Gruppen waren Wehrmachtsangehörige in Durchgangs­ und Kriegsgefangenenlagern sowie Lazaretten (380000) und rund 455 ooo6*9 ausländische Zwangsarbeiter sowie von der US-Armee befreite nichtdeutsche KZ-Häftlinge, die sogenannten Displaced Persons. Da insgesamt 15% aller

614 Niedersachsen 1,8 Millionen, Schles­ wig-Holstein 856000; vgl. ebd. 615 Die Flüchtlingspolitik stellt das Sachge­ biet der bayer. Nachkriegszeit dar, das zeit­ lich als erstes durch die wegweisende Arbeit von Baue·, Flüchtlinge (1982) erforscht wurde. Es ist auch das Thema, zu dem mit Abstand die meisten Arbeiten vorliegen. Zu den übrigen Ländern der US-Zone vgl. S. Schraut, Die Flüchtlingsaufilahme 19451949 in Württ.-Baden. Amerik. Besatzungs­ ziele u. demokr. Wiederaufbau im Konflikt, 06,1 Die Zahlen schwanken zwischen 170000 (Klee 209) und einer halben Mil­ lion; vgl. Baubr, Flüchdinge (§ 31 f) 23. 619 Klbb (§ 31 f) 210; lt. Protokolle Hoegner I, 56, nur 325 000.

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ära Goppel (1945—1978)

Wohnungen, vor allem städtische, zerstört waren, stellte die Wohnraumknapp­ heit noch vor der Ernährung das größte Problem angesichts dieser großen Zahl von Menschen dar,6“ zumal auch noch Wohnungen für die amerikanische Mi­ litärregierung geräumt werden mußten. Während die nichtbayerischen Evakuierten teilweise zurückkehrten bezie­ hungsweise geordnet zurückgeführt wurden (zum 1.4.1946 betrug ihre Zahl 410 747),621 erhielt das Flüchtlingsproblem vor allem durch die organisierte Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei622 im Jahre 1946 eine neue Dimension.623 Im Oktober 1946 hielten sich in Bayern etwa 1660000 Flüchtlinge auf. Im Jahr 1947 trat das neue Phänomen einer steigenden Zahl von Flüchtlingen aus der Sowjetzone hinzu.624 Bei der Volkszählung vom 13. September 1950 wurden 1,93 Millionen Flüchtlinge gezählt. Davon waren die größten Gruppen 1,03 Millionen Sude­ tendeutsche625 und 459000 Schlesier.626 Damit stammten die weitaus meisten Flüchtlinge aus stärker industrialisierten Gebieten.627 Eine größere Zahl von ih­ nen war jahrelang in Flüchtlingslagern untergebracht.628 Knapp drei Viertel al­

620 S. Haertle, Wohnungssituation (§ 31 f); Integration u. Neubeginn 918-988; zu Mün­ chen Ellenrieder (§ 31 £). 611 Klee 192. Zum Schicksal der Evaku­ ierten (1947 290000 aus der brit., franz, so­ wie der Ostzone), 1952 lebten noch ca. 42800 in Bayern, sowie zu dem Phänomen der sog. Binnenevakuierten, die vor allem um die zeistörten Städte Würzburg und Nürnberg lebten, vgl. im Detail Kleb (§ 3i f)· 611 Zur Vertreibung s. Odsun (§ 31 f)613 Lt. Bauer, Flüchtlinge (8 31 f) 25 im Jahr 1946 786000 Ausgewiesene in organi­ sierten Transporten und 176000 Einzelgän­ ger· 624 Vgl. Kabinett Ehard I, Nr. 29 TOP VII u. Nr. 30 TOP IV. S. Heidembyer, The Number (§ 31 f). Diese waren zunächst ge­ meinsam mit denjenigen, die bereits seit 1945 aus der Ostzone und Berlin nach Bay­ ern gekommen waren, in Statistiken als «Ostevakuierte» bezeichnet worden. Als die politische Situation ihre Rückkehr unwahr­ scheinlich machte, wurden sie zunehmend wie Flüchtlinge behandelt. Im Januar 1949 wurden 84398 aus der Ostzone und 65424 aus Berlin gezählt. 1953 überstieg die Zahl der Zuwanderer aus der SBZ und Berlin in Bayern 250000. Davon waren allerdings rund 140000 bereits vor Kriegsende als Eva­ kuierte nach Bayern gekommen. Rund 90000 waren Berliner, davon ein nennens­

werter Teil Westberliner; vgl. Oberländer (§ 3if) Jf· 625 Dies war 1/3 der dt. Bevölkerung der sudetendt. Gebiete; vgl. Die Sudetendeut­ schen, in: Ziegler, Die Vertriebenen vor der Vertreibung (§ 31 f) 497-640. 626 Vgl. S. Rehm, Provinz Schlesien (Ziegler, Die Vertriebenen) 303-405. Zu den weiteren Herkunfrsgebieten s. ebd. 7 f. 627 Barbarino (§ 31 f) 394. Grosser, In­ tegration (§ 31 f) 69. Zu den beruflichen und sozialen Umschichtungen durch die Flüchtlinge vgl. Handl - Herrmann (§ 31 f). 628 Lt. Kornrumpf, In Bayern angekom­ men (§ 31 f) 33-49, hier 33, waren es am 29·. Oktober 1946 145827 in 1381 Massenlagem. Am 1. 1.1949 waren es noch 95993 in 514 Flüchtlingslagern (ebd. 262); Bauer, Flüchtlinge (§ 31 f) 182 ff.; E. Pschbidt, Die Flüchtlingslager (Integration u. Neubeginn) 197-270; ferner Dokumente ebd. 861—916; S. Maier, Grenzdurchgangslager Furth im Wald 1946-1957, 1999; W. König, Flücht­ lingslager Wülzburg. Ankunft u. Integration d. Heimatvertriebenen in Weißenburg, 1990; E. Brantl, Das Flüchtlingslager Michaelsbuch (Deggendorfer Geschichtsbl. 7) 1986, 103-128; J. Greim, In einer neuen Heimat, 1990 (zum Flüchtlingslager HofMoschendorf), 178-193; Th. Vibhweg, Die Plassenburg - ein Vorzeigelager? (Bayerns vierter Stamm) 21-53; W. Seibt, Die Stadt Würzburg u. d. Problem d. Flüchtlinge u.

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ler Flüchtlinge lebten infolge der begrenzten Aufnahmefähigkeit der teilweise schwer bombengeschädigten Städte zunächst auf dem Land.629 Die bereits wäh­ rend des Krieges durch zahlreiche Fremdarbeiter und Evakuierte stark gewan­ delte dörfliche Struktur geriet nun teilweise ganz aus den Fugen; der Anteil der ortsfremden Bevölkerung betrug durchschnittlich 30%; teilweise lag er noch höher. Die unterschiedlichen Besitz- und Bildungsverhältnisse630 der Einheimi­ schen und Ortsfremden, die ganz verschiedene ländliche und bei den Flücht­ lingen meist städtische Prägung sowie die krisenhafte Emährungs- und Woh­ nungssituation führten zu zahllosen zum Teil auch massiven Konflikten. Nicht selten entluden sie sich aus Angst vor Überfremdung im Stereotyp des Preu­ ßenhasses.631 Hinzu kam, daß die Flüchtlinge in nennenswerter Zahl auch Funktionen übertragen bekamen, die Einheimischen aufgrund der anfangs rigo­ rosen Entnazifizierungspraxis verwehrt waren, darunter Richterstellen632 sowie Bürgermeister- und Landratsposten.633 Auch änderte sich die Konfessionsstruktur. Zwar gab es insgesamt prozentual durch die Flüchtlinge dabei keine Verschiebung: Es blieb bei rund 70% Katho­ liken und circa 28 % Protestanten. Regional gab es jedoch deutliche Verschie­ bungen: In Ober- und Mittelfranken stieg der katholische Bevölkerungsanteil, in Ober- und Niederbayern sowie der Oberpfalz der evangelische Anteil.634 Lokal waren die Auswirkungen noch gravierender: Von im Jahre 1939 1424 rein katholischen Gemeinden existierten 1946 noch neun; von den 140 rein evangelischen keine mehr.635 Unterschiedliche Formen der Frömmigkeit führ­ ten zu Konflikten, gaben jedoch auch manche Impulse.636

Vertriebenen 1945-1950 (Univ. Würzb., Zulassungsarbeit Lehramt Gymn.) 1982. 629 Erker, Revolution (§ 31 f) 369. 630 S. Handl - Herrmann; Herrmann (beide § 31 f). 631 Gipfelpunkt dieser Aversion war die auch im Ausland für Aufsehen sorgende Äu­ ßerung des zum radikalen Flügel der Bayempartei zählenden Kreisdirektors des Bay­ er. Bauernverbandes, Jakob Fischbacher, im Frühjahr 1947, die Ehe zwischen bayeri­ schen Bauemburschen und evakuierten «ge­ schminkten Weibsen mit lackierten Finger­ nägeln» sei eine Blutschande; vgl. Protokolle Ehard I, Nr. 18 TOP XXI. S. allgem. Bauer, Flüchtlinge (§ 31 f) 371 ff.; K.-U. Gelberg, Hans Ehard u. d. bayer. Preußen­ bild - Schlaglichter aus d. Entstehungszeit d. Grundgesetzes (1947-1949) (Bayern & Preu­ ßen & Bayerns Preußen) 1999, 146-153, hier 148 ff.; Kleb (8 31 f) 212 f. 632 Vgl. Protokolle Schäffer 200 f; Proto­ kolle Hoegner I, Nr. 42 TOP XI.

633 Protokolle Schäffer 123; Protokolle Hoegner I, Nr. 6 TOP II, Nr. 9 TOP VI, Nr. 15 TOP X. Vgl. Erker, Revolution (§ 3if) 4i2f. 6,4 Vgl. Volks- u. Berufszählung am 13. September 1950 in Bayern (BeittT. z. Stati­ stik Bayerns 171) 1952, 20. 635 Erker, Revolution (§ 31 f) 382 f.; Fox (§ 31 f) n8f. 636 Erker, Revolution 395-400; vgl. F. Spiegel-Schmidt, Relig. Wandlungen u. Probleme im ev. Bereich (Lemberg Edding III) 23-91; A. Kirchmann, Relig. Wandlungen u. Probleme im kath. Bereich (ebd.) 92-158. Zum Kirchenbau vgl. E. Schmid (HB d. KG III) 1991, 888-891; C.-J. Robpke, Die Protestanten in Bayern, 1972. 433-444; H. Rudolph, Ev. Kirche u. Vertriebene 1945 bis 1972, 2 Bde., 1984/85; H. Baier, Vom Flüchtling z. Neubürger (HBEKB II) 363-375·

744

A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ära Goppel (1943—1978)

Die Siegermächte hatten dem Zustrom von Millionen Flüchtlingen in ihre Besatzungszonen durch die Anerkennung der Zwangsvertreibung aus dem Osten im Potsdamer Abkommen zugestimmt. Dies bedeutete, daß sie von An­ fang an — im Unterschied zu den deutschen Landesregierungen — von deren dauerhaftem Verbleib in Deutschland ausgingen. Für das Vorgehen der ameri­ kanischen Militärregierung637 hieß das zweierlei: Sie verfolgte mit Nachdruck die Gleichberechtigung der Flüchtlinge gegenüber der einheimischen Bevölke­ rung. Angesichts verschiedener diskriminierender Maßnahmen der Staatsregie­ rung war sie immer wieder zu Intervention und Kritik gezwungen. Ferner för­ derte sie die Assimilation der Flüchtlinge, weshalb sie anfänglich jede Interes­ senvertretung der Flüchtlinge verhinderte (Lockerung im Februar 1947), ihre Ansiedlung in reinen Flüchtlingsgemeinden ablehnte oder wenigstens nicht fa­ vorisierte und bis zur Gründung der Bundesrepublik die Bildung von Flücht­ lingsparteien verbot.638 Das erste Nachkriegskabinett unter Ministerpräsident Fritz Schäffer unter­ schätzte 1945 die Ausmaße des mit den Evakuierten und Flüchtlingen zu­ sammenhängenden Problemkreises.639 Es nahm wie die beiden folgenden Re­ gierungen Hoegner I und Ehard I in der Frage primär die Position einer Inter­ essenvertretung der einheimischen Bevölkerung ein. Im Ministerrat debattierte man das Flüchtlingsproblem unter dem Schlagwort der «Überfremdung». Am deutlichsten kam die 1945/1946 bestehende kaum verhohlene Ablehnung in dem Bemühen zum Ausdruck, durch ein Bayerisches Staatsangehörigkeitsgesetz die Flüchtlinge zu Bürgern zweiter Klasse zu machen, was jedoch an dem Nein der Militärregierung scheiterte.640 Entsprechend zögerlich begann der Aufbau einer Flüchtlingsverwaltung. Zunächst mußten Landkreise und Gemeinden das Problem allein angehen.641 Erste rechtliche Grundlagen für die Betreuung der Flüchtlinge schufen die Verordnung Nr. 3 über das Flüchtlingswesen vom 2. November 1945642 und das Flüchtlingsnotgesetz vom 14. Dezember 1945.643

637 Schraut, Wesd. Besatzungsmächte (§ 31 f) 34 ff; vgl. zu den anderen Besat­ zungszonen Schraut - Grosser (§ 31 f). 638 Schraut, Wesd. Besatzungsmächte (§ 31 f); Th. Grosser, Das Assimilations­ konzept d. amerik. Flüchtlingspolitik in d. US-Zone nach 194$ (Ch. Grosser u. a., Hg., Flüchdingsfrage - d. Zeitproblem, § 31 f) 11—54; Bauer, Flüchtlinge (§ 31 f) 251-280; s. dazu auch D. E. Rogers, Trans­ forming the German Party System: The United States and the Origins of Political Moderation, 1945-1949 (The Journal of Modem History 65) 1993, 512-541, hier 524 f. Vgl. § 31 g. 639 Kabinett Schäffer 45, 123.

640 Protokolle Hoegner I, Nr. 5 TOP I; Protokolle Ehard I, Nr. 10 TOP X, Nr. 22 TOP VI. Vgl. die entsprechende Interpreta­ tion der Amerikaner zu den Bestimmungen über die Staatsangehörigkeit in der Verfas­ sung des Freistaates Bayern, Fait, Erneue­ rung 170. Vgl. ferner $ 31 d. 641 Bauer, Flüchtlinge (§ 31 f) 41. 642 GVB1. Nr. 6 12. 12. 1945, 4; Abdruck bei Kornrumpf, In Bayern angekommen (§ 31 f) 17. 043 Gesetz Nr. 5 über die Befugnisse des Staatskommissars für das Flüchtlingswesen usw. vom 14. Dezember 1945 (Flüchtlings­ notgesetz) (GVB1. 1946, 4). Abdruck in: In­ tegration u. Neubeginn 932. Vgl. Korn­ rumpf, In Bayern angekommen (S 31 f) I7f.

§ ji.

Unter amerikanischer Besatzung 1945-1949 (K.-U. Gelberg)

745

Durch die Verordnung wurde mit dem Staatskommissar für das Flüchtlingswe­ sen644 — er unterstand dem Innenminister —, den Regierungsflüchtlingskommis­ saren bei den Regierungen und den 166 Flüchtlingskommissaren bei den Land­ räten und Oberbürgermeistern eine Flüchtlingssonderverwaltung geschaffen. Das Flüchtlingsnotgesetz erteilte ihnen weitreichende Kompetenzen vor allem im Bereich der Wohnraumbewirtschaftung (Beschlagnahmung von Wohnraum, Unterstellung der Wohnungsämter), was zu zahlreichen Reibereien vor allem mit Landräten und Oberbürgermeistern führte. Die Wahrnehmung der Flücht­ linge durch die einheimische Bevölkerung wurde in den ersten Nachkriegsjah­ ren durch die Beschlagnahmungen und Zwangseinweisungen von Flüchtlings­ familien bestimmt, die von den Flüchtlingskommissaren angeordnet wurden.645 Hans Ehard sprach im Ministerrat von der «Diktatur der Flüchtlingskommissa­ re».646 Individuelle Beispiele belegen jedoch, daß die Tätigkeit der Flüchtlings­ kommissare eine differenzierte Bewertung erfordert.647 Staatskommissar wurde der ehemalige Regierungspräsident von Breslau Wolf­ gang Jaenicke. Von Januar 1947 bis Ende 1950 gehörte er dann den Kabinetten Ehard I und II als parteiloser Staatssekretär für das Flüchtlingswesen an. Eine neue gesetzliche Grundlage erhielt die Aufnahme und Eingliederung der Flüchtlinge durch das für die US-Zone insgesamt geltende Flüchtlingsge­ setz vom 19. Februar 1947,648 dessen Entstehung von der «ermahnenden Bera­ tung»649 der Militärregierung begleitet worden war. Es brachte eine Gleichstel­ lung der Flüchtlinge mit den Einheimischen in den Bereichen Arbeit und Be­ ruf, Anspruch auf angemessene Unterbringung sowie eine bevorzugte Versor­ gung mit Kleidung. Durch das Flüchtlingsgesetz wurde andererseits das Be­ schlagnahmerecht der Flüchtlingskommissare deutlich eingeschränkt.650 Noch weiter als das Flüchtlingsgesetz gingen die Ausführungsbestimmungen vom 8. Juli 1947.651 Sie formulierten insbesondere die weitgehende Gleichstellung der Flüchtlinge im öffentlichen Dienst.652 Diese Regelungen bildeten die recht­ liche Grundlage für die am Prinzip der Gleichberechtigung mit der einheimi­ schen Bevölkerung orientierte Eingliederung der Flüchtlinge.653 Die Beratun­ gen des Gesetzes sowie der Ausführungsbestimmungen im Kabinett zeigen, daß

644 Zu den Akten der Landesflüchdingsverwaltung s. Hetzer (§ 31 f). 645 Bauer, Flüchtlinge (§ 31 f) 76, iiif.; Zeltler, Neubeginn 390; s. z. B.: Integra­ tion u. Neubeginn 957-967. Ein erster grup­ penbiographischer Ansatz bei Bauer, Flüchtlinge 98-101. 646 Protokolle Hoegner Nr. 50 TOP X. 647 Vgl. Zeitler, Neubeginn 392-395; Fox (§ 31 f) 29-32; Wolff (§ 31 £) 11. Vgl. auch Ministerpräsident Ehard in Protokolle Ehard I, Nr. 21 TOP IV.

648 GVB1. 51. Abdruck in: Integration u. Neubeginn 923. 649 Vgl. Grosser, Integration d. Vertrie­ benen (§ 31 f) 59. 650 Vgl. Protokolle Ehard I, Nr. 10 TOP VI. 651 GVB1. 153. 652 Zur Entstehung der Ausfuhrungsbestimmungen und ihrer Interpretation Bauer, Flüchtlinge (§ 31 f) 323-328; vgl. Protokolle Ehard I, Nr. 23 TOP IV, Nr. 24 TOP V u. Nr. 26 TOP VII. 653 Vgl. Bauer, Flüchdinge (§ 31 f) 303.

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ara Goppel (1945—1978)

dies in diesem Maße nicht der Auffassung der Staatsregierung entsprach. Sie fugte sich jedoch trotz Skepsis054 angesichts der Notsituation aus Pflicht­ gefühl655 und wegen des andernfalls zu erwartenden massiven Drucks der ame­ rikanischen Militärregierung.656 Gegen die Gleichstellung der Flüchtlinge inter­ venierten verschiedene Berufsgruppen, insbesondere Arzte657 und Juristen.65® Das Flüchtlingsgesetz von 1947 hatte zwar die Sondervollmachten des Flüchtlingskommissars reduziert, die dreigliedrige Flüchtlingssonderverwaltung jedoch nicht aufgehoben. Seit 1947 verstärkten Staatsregierung, Ministerialbürokratie, Landräte, Oberbürgermeister und die CSU den Druck, den Sonder­ status der Flüchtlingsbehörden aufzuheben und ihre Aufgaben der ordentlichen Verwaltung zu übertragen.659 Ein erster Schritt dazu war die Verordnung über die behördliche Organisation der Wohnraumbewirtschaftung und des Flücht­ lingswesens660 vom Oktober 1948.661 Danach blieb zwar Jaenicke als Staatsbeauftragter/Staatssekretär weiter tätig, die Regierungsflüchtlingskommissare ver­ schwanden jedoch und auf der unteren Verwaltungsebene traten an die Stelle der Flüchtlingskommissare Flüchtlingsämter, die integraler Bestandteil der Landratsämter wurden.662 Mit der Eingliederung der Flüchtlingssonderverwal­ tung in das Innenministerium fand diese Entwicklung im Frühjahr 1949 ihren Abschluß.663 Auf die «Demontage» seines Geschäftsbereichs reagierte Jaenicke zwar mit dem Angebot seines Rücktritts, er blieb jedoch dann bis zum Regie­ rungswechsel im Dezember 1950 — entmachtet — im Amt. Von Anfang an gab es auch eigene Flüchtlingshilfsorganisationen. Vor allem die Sudetendeutsche Hilfsstelle664 bemühte sich hier bis zu ihrem Verbot durch die Militärregierung im April 1946.665 Zugelassen wurde dafür im Juli 1946 der Hauptausschuß der Flüchtlinge und Ausgewiesenen in Bayern,666 dessen Mit-

634 Vgl. dafür exemplarisch Hoegner in Kabinett Ehard I, Nr. 23 TOP IV. 655 Bauer, Flüchtlinge (§ 31 f) 317. 656 Vgl. zur Entstehung des Gesetzes ebd. 301-322. Vgl. ferner: Protokolle Hoegner I, Nr. 47 TOP VIII, Nr. 48 TOP II u. Nr. 50 TOP X; Protokolle Ehard I, Nr. 10 TOP IV. 657 Vgl. Protokolle Hoegner I, Nr. 47 TOP II; Protokolle Ehard I, Nr. I TOP XVI u. Nr. 15 TOP IV. 658 Vgl. Protokolle Ehard I, Nr. 10 TOP V. 459 Vgl. zu dieser Auseinandersetzung Bauer, Flüchtlinge (§ 31 f) 101-160; vgl. ver­ gleichend R. Mbssbrschmidt, Die Flücht­ lingsfrage als Verwaltungsproblem im Nach­ kriegsdeutschland (Hoffmann - Krauss Schwartz, § 31 f) 167-186. 440 GVB1. 207.

661 Bauer, Flüchtlinge 14, 124-149; vgl. Protokolle Ehard II, Nr. 43 TOP II u. Nr. 45 TOP IV. 642 Bauer, Flüchtlinge (§ 31 f) 150 ff. 641 Innenminister Ankermüller setzte dies mittels Ministerialentschließung vom 16.2. 1949 durch, Bauer, Flüchdinge 133. 444 Ebd. 251-267; W. Stblzle in: Integra­ tion u. Neubeginn 83-96. 445 Zum BRK sowie kirchlichen Hilfsstel­ len s. Kornrumpf, In Bayern angekommen (§ 31 f) 136-209; U. Enders, Die Kirchl. Hilfsstelle München (Integration u. Neube­ ginn) 171-186; W. Stblzle, Die Ev. Kirche u. d. Vertriebenen (ebd.) 187-196. 444 Bauer, Flüchdinge 280-301; Ders., Der Hauptausschuß d. Flüchdinge u. Ausge­ wiesenen - Akteur u. Instrument d. Flücht­ lingspolitik (Integration u. Neubeginn) 97-112; Kornrumpf, In Bayern angekom­ men (§ 31 f) 132-136.

§ ji.

Unter amerikanischer Besatzung 1945—1949 (K.-U. Gelberg)

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glieder von den Parteien delegiert und von der Staatsregierung ernannt wur­ den. Vorsitzender wurde der Sudetendeutsche Hans Schütz667 (CSU), sein Stellvertreter der Schlesier Willibald Mücke (SPD). Der Ausschuß besaß eine Zwitterstellung als Vertreter sehr heterogener Flüchtlingsinteressen gegenüber Regierung und Verwaltung sowie als Interpret staatlicher Politik gegenüber den Flüchtlingen.668 Die zu einem wesentlichen Teil mit dem Zustrom der Flüchtlinge zu­ sammenhängende «Gründungskrise»669 der Bundesrepublik wurde überwunden, ohne daß es zu Radikalisierungen kam, für die es die stärksten Anzeichen im Krisenjahr 1948 vor der Währungsreform infolge hoher Arbeitslosigkeit unter den Flüchtlingen gegeben hatte.670 An der Entschärfung der Situation hatten das beispiellose Wirtschaftswachs­ tum der fünfziger und sechziger Jahre und die Sozialpolitik der Bundesregie­ rung maßgeblichen Anteil. Im Zentrum eines ganzen Bündels von Leistungsge­ setzen für die durch Krieg und Kriegsfolgen Benachteiligten stehen das Bundesvertriebenengesetz671 und das Lastenausgleichsgesetz von 1952,672 eine Art Sondersteuer auf Vermögen der Einheimischen mit dreißigjähriger Laufzeit.673 Angesichts des ökonomischen Aufschwungs waren dagegen Eingriffe in die Vermögenssubstanz der Aufnahmegesellschaft nicht notwendig. Der Lastenaus­ gleich ließ sich allein durch die Verteilung des Vermögenszuwachses finanzie­ ren, was ganz wesentlich für dessen Akzeptanz war.674 Das flüchtlingsreiche Bayern mußte insgesamt 13,2 Milliarden DM für den Lastenausgleich aufbrin­ gen, im Gegenzug wurden 23,4 Milliarden in Bayern ausgezahlt.675 Die rund 10 Milliarden Lastenausgleichssaldo (bis 1995) trugen wesentlich zur Eingliederung

647 Vgl. Schütz (S 3 i f). 668 Er existierte bis in die siebziger Jahre; vgl. BayHStA, Sammlung Komrumpf. 669 Hockerts, Integration d. Ges. (8 31 f). Dazu trug auch bei, daß die große Bevölke­ rungsgruppe der Flüchtlinge eine besonders konservativ-leistungsorientierte Einstellung besaß; vgl. Morsey, Bundesrepublik 209. 670 Vgl. Bauer, Flüchtlinge (§ 31 f) 292 ff.; Protokolle Ehard II, Nr. 42 TOP II, Nr. 43 TOP II u. Nr. 48 TOP III. 671 Vom 19. Mai 1933 (BGBl. I 201); zu dem Gesetz u. seinen Ergänzungen s. Heidemeyer, Flucht (8 31 f). 672 Vgl. zu Bayern Stelzle - Kumpbrt (§ 31 f); s. allgem. Schillincer (8 31t); Wiegand (8 31 £); J. Frerich - Μ. Frey, HB d. Gesch. d. Sozialpolitik in Deutsch­ land III, 19961, 32-37. Vgl. ferner: 10 Jahre Lastenausgleich. Ein Zwischenbericht, hg. v. Präsidenten d. Bundesausgleichsamtes, 1939.

Seit 1989 befindet sich das Lastenausgleichs­ archiv als Außenstelle des Bundesarchivs in Bayreuth; vgl. U. Ringsdorf, Die Bestände d. Lastenausgleichsarchivs (Hoffmann Krauss - Schwartz) 421-426. 673 Hockerts, Integration d. Ges. (§ 31 f) 33· 074 Grosser, Integration d. Vertriebenen (8 31 f) 64. 675 Zum Lastenausgleich in Bayern vgl. H. Singbartl, Der Lastenausgleich - Erfolgsre­ zept nachkriegsdt. Eingliederungspolitik (Flucht u. Vertreibung. Neue Heimat Sulz­ bach-Rosenberg, s. 8 31 0 57-70, hier 65 f; andere, teils ältere Zahlen bei Stelzle Kumpert (8 31 f) 385; Kornrumpf, In Bay­ ern angekommen (8 31 f) 328 und Lanzinner; vgl. auch: Lastenausgleich in Bayern (8 31 f)- Zu Organisation und Tätigkeit der Lastenausgleichsverwaltung vgl. Korn­ rumpf, In Bayern angekommen 317-362.

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ara Goppel (1945-1978)

der Flüchtlinge bei.676 Die wirkungsvollste Initiative der bayerischen Staatsre­ gierung zur Eingliederung war die frühzeitige Gewährung von Flüchtlingspro­ duktivkrediten,677 von denen nach der Währungsreform reger Gebrauch ge­ macht wurde. Eine feste institutionelle Form erhielt die finanzielle Förderung von Existenzgründungen der Flüchtlinge durch die Errichtung der Landesan­ stalt für Aufbaufinanzierung (LfA)678 im Dezember 1950. Sie übernahm nun die Ausfallbürgschaften (in Höhe von 90%) für Kredite, die den Flüchtlingen von den Geschäftsbanken gewährt wurden und refinanzierte diese Kredite auch zu 50%. Nur in Höhe von 5% der Kreditsumme mußte der Staat in Gestalt der LfA später als Bürge eintreten.679 Haltbar ist sicherlich die Aussage, daß die dezentrale Ansiedlung der Flücht­ linge die Entstehung einer breit gestreuten Industrie in Bayern beförderte und damit die dezentrale Landesentwicklung unterstützte.680 Die These, die Neu­ bürger hätten Bayern insgesamt nach 1945 eine «importierte Industrialisie­ rung»681 beschert, wird hingegen inzwischen als überzogen zurückgewiesen.682 Zu einer möglicherweise zu starken Betonung der Rolle der Flüchtlingsindu­ strie und damit zu einer Verengung hat die dominierende Fragestellung nach dem Anteil der Flüchtlinge an der Modernisierung des Landes beigetragen. Diese Leitfrage ist auch für die Mehrzahl der Arbeiten bestimmend, die in ei­ nem vom Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und

676 Zur Bedeutung und Höhe der Aus­ gleichszahlungen für die einzelnen Geschä­ digten vgl. Grosser, Integration d. Vertrie­ benen (§ 31 f) 65 f. 677 K.-M. Haertle, Der gesetzgeberische Rahmen u. d. ersten Maßnahmen d. Kredit­ vergabe (Integration u. Neubeginn) 317-360. Die wirtschaftl. Wirkung der vom Staate verbürgten Flüchtlingsproduktivkre­ dite, Bayern in Zahlen 1951, 374 ff. 678 Barbarino, Wirtschaftl. Wiederein­ gliederung (§ 31 f); Ders., Lebenslauf (9 32a) 53-64; Ders., Die Gründung d. Bayer. Lan­ desanstalt f. Aufbaufinanzierung (Integration u. Neubeginn) 396-407; «Hilfe vom Schwarzen Peter». LFA stützt nicht nur Schwache. Interview mit LFA-Präsidenten Hans Peter in: H. Bössenecker, Bayern, Bosse und Bilanzen, 1972, 96-101; Pscheidt, Die Kreditierung d. heimatver­ triebenen Spezialindustrie (Integration u. Neubeginn) 404-439 sowie demnächst F. Hartl, Die Bayer. Landesanstalt f. Aufbau­ finanzierung. Organisation u. Tätigkeitsfel­ der 1951-1966. 679 Barbarino, Lebenslauf (§ 32 a) 63. 680 Barbarino, Wirtschaftl. Wiederein­ gliederung (§ 31 f) 395; Grosser, Integra-

tion d. Vertriebenen (9 31 f) 70; W. Guthsmuths, Die Eingliederung als Gegenstand d. Landesplanung (Zschr. f. Raumordnung u. Landesplanung 16) 1958, 129-139; vgl. Bau­ er, Zw. Wunder u. Strukturzwang (§ 31 f). S. ferner Ch. Boyer, Zw. Zwangswirtschaft u. Gewerbefreiheit. Handwerk in Bayern 1945-1949, 1992. 681 K. Schreyer, Bayern - ein Industrie­ staat. Die importierte Industrialisierung, 1969, 288. Vgl. Kornrumpf, In Bayern an­ gekommen (§ 3i f) 313 f. 682 Erker warnt vor einer Überschätzung des Modernisierungseffekts. Das Arbeitskräf­ tepotential der Flüchtlinge habe wirtschaftl. Innovationen eher verzögert, P. Erker, Zeitgesch. als Sozialgesch. Forschungsstand u. Forschungsdefizite (Gesch u. Ges. 19) 1993, 202-238, hier 222. Erker befindet sich damit auch im Gegensatz zu Bauer, Zw. Wunder u. Strukturzwang (9 31 f). Vgl. Lanzinner 281. Eine jüngere Arbeit (Hefele s. 9 31 f) lenkt den Blick darauf, daß auch die Verlagerung von Industrie- und Dienstleistungsuntemehmen aus der SBZ/DDR bis zum Bau der Mauer 1961 nach Bayern eine wichtige Rolle spielte.

§ ji. Unter amerikanischer Besatzung 1945—1949 (K.-U. Gelberg)

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Gesundheit geförderten Projekt entstanden sind beziehungsweise noch erarbei­ tet werden.6*3 Eine im Vergleich zum übrigen Deutschland beachtliche Zahl geschlossener Flüchtlingssiedlungen entstand bis auf eine Ausnahme (Wildflecken/Rhön) in Südbayem, und zwar auf ehemaligen reichseigenen Liegenschaften (Munitions­ lagern- beziehungsweise -fabriken etc.). Teilweise gelang dort die geschlossene Ansiedlung ganzer Flüchtlingsindustrien.6*4 Ein großer Teil der aus Gablonz vertriebenen Schmuckwarenindustrie (6000 Arbeitskräfte) siedelte sich in Kauf­ beuren an. 1946 hatte im Ministerrat als Standort auch Oberfranken zur Debat­ te gestanden.6*3 Indiz für die keineswegs von Anfang an ohne Brüche verlaufe­ ne Integration ist die Tatsache, daß die 1952 erfolgte Umbenennung des Ge­ meindeteils Kaufbeuren-Hart in Kaufbeuren-Gablonz 1947 noch vom bayeri­ schen Kabinett abgelehnt worden war.6’6 Neben Neugablonz6’7 kam es zur ge­ schlossenen Ansiedlung der Graslitzer Musikinstrumentenhersteller in Kraiburg,6” seit 1950 Waldkraiburg,6’9 der Haida-Schönhauser Glasindustrie in Vohenstrauß und Umgebung690 und der Schönbacher Geigenbauer in Buben­ reuth bei Erlangen.691 Flüchtlingssiedlungen mit weniger homogener Wirt­ schaftsstruktur entstanden in Obertraubling (seit 1951 Neutraubling),691 Gerets­ ried,693 Traunreut,694 Piding und Ebenhausen, in Franken in Neuwildflecken und Weidenberg. 1948 bis 1950 hatte die Arbeitslosenquote der Flüchtlinge noch doppelt so hoch wie die der Einheimischen gelegen. Dies gab sich jedoch im Laufe der Hochkonjunktur.693 Im Bereich der Landwirtschaft brachte das

o*3 Vgi Müller (§ 31 f); zur staatl. geför­ derten Flüchtlingsforschung in Baden-Würt­ temberg s. Grosser (8 31 f) 21. 684 G. D. Roth, Ein Wirtschaftspotential in Bayern. Sudetendt. Siedlungen (Bayerland 80) 1978, 37-42; Barbarino, Wirtschafti. Wiedereingliederung (§ 31 f) 399 f. 685 Vgl. Protokolle Hoegner I, Nr. 25 TOP VI u. Nr. 46 TOP XIII; s. B. DusiK, Die Gablonzer Schmuckwarenindustrie (In­ tegration u. Neubeginn) 482—313. 686 Protokolle Ehard I, Nr. 30 TOP XV. 687 Vgl. Lanzinner 273-276. 688 E. Pscheidt, Die Ansiedlung d. Gras­ litzer Musikinstrumentenhersteller auf d. Montan-Gelände in Kraiburg (Integration u. Neubeginn) 560-595. 689 Integration u. Neubeginn 1001-1021; J. Amberger, Neusiedlung auf ehern. Wehr­ machtsgelände in Oberbayern mit bes. Berücks. d. neugegr. Gemeinden Waldkrai­ burg, Geretsried, Traunreut, 1952 [Inst. f. Bayer. Gesch.]; K. Kern (Red.), Waldkrai­ burg erzählt. Gesch. einer jungen Stadt, 1999.

690 B. DusiK, Die- Haida-Schönhauser Glasindustrie (Integration u. Neubeginn) 464-481. 691 E. Pscheidt, Die Schönbacher Streich- u. Zupfinstrumentenhersteller (In­ tegration u. Neubeginn) 514-559; Ch. u. J. Rbnzikowski (§ 3 i f) 496-499. 691 W. Roloff, io Jahre Industriegemein­ de Neutraubling, 1961; Integration u. Neu­ beginn 1032 f.; K. Uhl, Neutraubling als Beisp. einer neuen Siedlungsgemeinde, 1959 [Inst. f. Bayer. Gesch.]. 693 Edlin (§ 31 f); G. Fechner, 20 Jahre Geretsried, 1970; Integration u. Neubeginn 990-1000. 694 Integration u. Neubeginn 1022-1031. 993 Lanzinner 276. Er spricht allerdings auch davon, daß die berufliche Integration der Flüchtlinge auf Kosten ihrer beruflichen Stellung ging. Sie wiesen auch Anfang der sechziger Jahre einen weit höheren Anteil abhängig Beschäftigter auf als die Einheimi­ schen.

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ara Goppel (1945-1978)

von der amerikanischen Militärregierung durchgesetzte Bodenreformgesetz696 für die Ansiedlung von Flüchtlingslandwirten nur bescheidene Ergebnisse. Ihre Nachfrage nach Siedlungsland wurde auch auf der Grundlage des Flüchtlings­ siedlungsgesetzes vom 10. August 1949 nicht annähernd gedeckt.697 Neben der Wirtschaftskonjunktur, der Sozialpolitik der Bundesregierung und den Anreizen, die von den Kreditangeboten der Staatsregierung für die Flücht­ lingsindustrie ausgingen, stellte der soziale Wohnungsbau den vierten Eckpfei­ ler für das Gelingen der Flüchtlingsintegration dar.698 Im Zentrum steht hier das Bundeswohnungsbaugesetz von 1950. Verbunden mit den Baumaßnahmen waren Umsiedlungsaktionen, die die Zusammenballung der Flüchtlinge auf dem Lande beseitigten699 und nach Möglichkeit den Notwendigkeiten des Ar­ beitsmarktes entsprachen.700 Den wichtigsten quantifizierbaren Indikator für soziale Integration stellt das Heiratsverhalten dar. Dabei waren die Aussichten für männliche Flüchtlinge, eine einheimische Frau zu heiraten, infolge des kriegsbedingten Frauenüberschusses günstig. Einen kräftigen Anstieg erfuhr die Zahl der Ehen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen Anfang der fünfziger Jahre, also nachdem die größte materielle Not der Flüchtlinge behoben war.701 Auf dem Land blieb die Zahl dieser «Mischehen» immer hinter der in indu­ striell-gewerblich geprägten Regionen und den Städten zurück.702

696 Gesetz Nr. 48 zur Beschaffung von Siedlungsland und zur Bodenreform vom 18. September 1946 (GVB1. 326). 697 U. Enders, Die Bodenreform in d. amerik. Besatzungszone 1945-1949 unter bes. Berücks. Bayerns, 1982; Bauer, Bayer. Bauernverband (§ 31 f); Kornrumpf, In Bayern angekommen (§ 31 f) 290-296; W. Ruhenstroth-Baubr, Die Bayer. Landes­ siedlung GmbH als Instrument bayer. Agrar­ politik unter bes. Berücks. d. Eingliederung heimatvertriebener Landwirte (Bayer. Land­ wirtschafti. Jb. 55) 1978, 407-432; Lanzinner 111-114; Fox (§ 31 f) 95-100; Grosser, Integration d. Vertriebenen (§ 31 f) 65. S. ferner: Bauernverband d. Vertriebenen e.V. (Hg.), Die Vertreibung der ostdt. Bauern u. ihre Eingliederung, 1995. S. allg. d. bilanzie­ renden Bericht des Landwirtschaftsministeri­ ums über d. Durchführung d. Bodenreform in Bayern, 23.6.1952; BBd. 1950/54 Nr. 347°. 698 S. allgem. G. Schulz, Wiederaufbau in Deutschland. Die Wohnungsbaupolitik in d. Westzonen u. d. Bundesrepublik v. 1945 bis i9$7> 1994; W. Hasiweder, Gesch. d. staatl. Wohnungsbauforderung in Bayern, 1993;

Μ. Langen, Ev. Wohnungsbau in Bayern. Innerkirchl. Diskussion u. Durchführung bis 1957· 1997; RE. Simon, Wohnungsbau ist heute in Wahrheit Dombau. Kath. Kirche u. Wohnungsbau in Bayern 1945-1955, 1995; Landeswohnungsfürsorge Bayern GmbH (1936-1961), Organ d. Staatl. Wohnungs­ baupolitik, 1961; vgl. auch die zusammenfas­ senden Aufsätze von Langen u. Simon in: Bayerns vierter Stamm (§ 31 f) 55-75 u. 77-94; St. Bruno-Werk (Hg.), 50 Jahre St. Bruno-Werk. Fränk. Wohnungsgenossen­ schaft in Würzburg eG. Rückschau u. Aus­ blick 1949-1999, 1999. Vgl. Lanzinner 279. Für Oberfranken s. Zeitler, Neubeginn (§ 31 f) 399-405; für den Lkr. Fürstenfeld­ bruck Fox (§ 31 f) 63-72. 699 Hockerts, Integration d. Ges. (5 31 f) 34; Erker, Revolution (§ 31 f) 370. 700 Vgl. zur Verknüpfung von Wohnungs­ bau und Arbeitsmarktpolitik: Barbarino, Wirtschafd. Eingliederung (§ 31 f) 396. 701 Der Anteil betrug etwa ein Drittel aller Ehen; Fox 117; Erker, Revolution 400-403. 702 Vgl. Grosser, Integration d. Vertrie­ benen (§ 31 f) 71-74; Bayern in Zahlen 1952, 347 fr.

§ ji. Unter amerikanischer Besatzung 1945-1949 (K.-U. Gelberg)

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Von 1949 bis in die fünfziger fahre. Das Jahr 1949 bedeutete zunächst eine Verän­ derung durch die Bildung der Landsmannschaften. Die bedeutendsten in Bay­ ern waren die Sudetendeutsche Landsmannschaft703 sowie die Landsmannschaft Schlesien.704* Neben wechselseitiger Hilfe stand die Pflege des geselligen und kulturellen Lebens im Vordergrund der Aktivitäten. Politisch forderten die Landsmannschaften von der Bundesregierung eine Politik, die friedlich An­ spruch auf die deutschen Gebiete im Osten erhob und damit die Möglichkeit zur Rückkehr in die Heimat offenhielt.703 Ihre Entstehung war auch Ausdruck der Anfang der fünfziger Jahre noch dominierenden Rückkehrbereitschaft,706 die erst im Zuge der Verschärfung des Kalten Krieges einerseits und der öko­ nomischen Integration andererseits ihre Bedeutung einbüßte. Da bis 1949 Flüchtlingsparteien von der Militärregierung nicht erlaubt wur­ den, bemühten sich zunächst die lizenzierten Parteien um sie. Die SPD, die Anfang 1946 einen Landesflüchtlingsaussschuß gebildet hatte und im April 1946 einen ersten Aufruf an die Flüchtlinge richtete, der ihnen Unterstützung ver­ sprach,707 hatte dabei mehr Erfolg als die CSU. Zahlreiche Kreisverbände der SPD wurden von sudetendeutschen Flüchtlingen aufgebaut.708 Durch ihren starken Antikommunismus verstärkten sie eher den rechten Flügel der SPD.709 Einige sudetendeutsche Sozialdemokraten wie Volkmar Gabert gehörten später zur Führungsgruppe der bayerischen SPD. Andererseits gab es auch innerhalb der SPD, die teilweise als Partei der Ortsfremden galt, Widerstände gegen die

703 B. Sonnewald, Die Entstehung u. Entwicklung d. ostdt. Landsmannschaften v. 1947-1952, 1975; zur Gründung des Landes­ verbands Bayern der Sudetendt. Landsmann­ schaft 159 ff; E. Hahn, Die Sudentendt. in d. dt. Ges.: ein halbes Jh. pol. Gesch. zw. «Heimat» u. «Zuhause» (H. Lemberg u. a., Hg., Im geteilten Europa. Tschechen, Slo­ waken u. Dt. u. ihre Staaten 1948-1989) 1998, iii—133; R. Ohlbaum, Bayerns vier­ ter Stamm - die Sudetendeutschen, 19811; Bayerland 80/4 (1978). Zur Rolle der kath. sudetendt. Ackermann-Gemeinde vgl. B. Piegsa, Auf d. Gratwanderung zw. «Verzichtlertum» u. «Revanchismus» (Bayerns vierter Stamm) 119-168; zur Seliger-Gemeinde, der Gemeinschaft der sudetendt. Sozialdemokraten: H. Kronawitter, Ein polit. Leben. Gespräche mit Volkmar Ga­ ben, 1996, nof; Dokumente zu Acker­ mann- u. Seliger-Gemeinde sowie dem Wi­ tiko-Bund bei Nittner. S. ferner: Weg u. Ziel. Eine Chronik d. heimatvertriebenen Sudetendeutschen, 1974. 704 Zur Gründung der Landsmannschaft Schlesien s. H. Hupka, Unruhiges Gewis­ sen. Ein dt. Lebenslauf. Erinnerungen, 1994.

705 Fox (§ 31 f) 134; vgl. Nittner (§ 31 f). 700 Noch 1950 erklärten über 80% der Flüchtlinge, daß sie bald zurückkehren woll­ ten; vgl. Erker, Vom Heimatvertriebenen 117; Grosser, Integration d. Vertriebenen (beide § 31 f) 75. 707 W. Behr, Sozialdemokratie u. Konser­ vatismus, 1969, 162 f. 708 Wie hoch der Anteil der Flüchtlinge in der SPD tatsächlich war, bleibt unklar; vgl. Bauer, Flüchtlinge (8 31 f) 99. E. Werner, Im Dienst d. Demokratie. Die bayer. Sozial­ demokratie nach d. Wiedergründung 1945, 1982, 152-163, hier 154 spricht von 54770 in Bayern, was der Hälfte der SPD-Mitglie­ der 1947 entspräche. Die Militärregierung schätzte, daß 1948 von 120000 SPD-Mit­ gliedern % Flüchtlinge waren, Erker, Vom Heimatvertriebenen (8 31 f) 102; zu den su­ detendt. Sozialdemokraten in Bayern vgl. V. Gabert - E. Werner, In d. Goethestraße liefen die Fäden zusammen (Μ. Schröder, Hg., Bayern 1945: Demokr. Neubeginn) 1985, 37-48; s. allg. Martin (§ 3 i f). 709 Vgl. Erker, Vom Heimatvertriebenen (6 31 0 102 f.

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ära Goppel (1945—1978)

Einbindung der Flüchtlinge.710 Die CSU mit bäuerlichem und mittelständisch— kleinstädtischem Wählerschwerpunkt hatte es schwerer, die Flüchtlinge zu in­ tegrieren. Trotzdem bildete sich innerhalb der Partei 1947 die Union der Aus­ gewiesenen (UdA),7" deren erster Vorsitzender Hans Schütz wurde.712713 *716 714 Anders als in der SPD neigten die Flüchtlinge innerhalb der Union, die dort jedoch nie eine vergleichbare Rolle wie in der SPD spielten, eher dem liberalen Flügel zu.7'3 Die Wahlerfolge unabhängiger Flüchtlingslisten bei den bayerischen Kom­ munalwahlen (Stadt- und Landkreiswahlen) im Jahre 1948 (landesweit i2,6%)7'4 zeigten, daß es CSU und SPD keineswegs vollständig gelungen war, die Flüchtlinge zu integrieren. Bei der ersten Bundestagswahl im August 1949 ging mit dem Wahlbündnis von Wirtschaftlicher Aufbau-Vereinigung (WAV)7'5 und dem von Günter Goetzendorff geschaffenen Neubürgerbund7'6 eine verdeckte Flüchtlingspartei an den Start. Die Landesliste wurde paritätisch zwischen WAV und Flüchtlingskandidaten aufgeteilt.717 Das gute Wahlergebnis von 14,4% war vor allem Flüchtlingsstimmen zu verdanken. Am 17. September 1950 entstand auch in Bayern mit dem Block der Heimat­ vertriebenen und Entrechteten (BHE) schließlich eine Flüchtlingspartei.718 Eine führende Position nahm zunächst der spätere Bundesvertriebenenminister Theo­ dor Oberländer ein. Bei der Landtagswahl 1950 trat der BHE im Wahlbündnis mit der Deutschen Gemeinschaft (DG) auf und erzielte auf Anhieb 12,3% der

710 W. Behr, Sozialdemokratie (Anm. 707) 94 f711 Bauer, Flüchtlinge (§ 31 f) 275 ff; A. Mintzel, Die CSU. Anatomie einer konserv. Partei 1945-1972, 1975, 207-210; zu lokalen Unabhängigkeitsbestrebungen der UdA vgl. Erker, Vom Heimatvertriebenen (8 3i f) H3f. Am 4.75.7. 1953 Umbenen­ nung in: 4· 44 Zunächst hatte die SPD noch Erhal­ tungssubventionen für die Gruben gefordert, vgl. Kock, Landtag 160. 45 Kronawitter, Polit. Leben (§ 31 gi) 84 fr. Vgl. Gabert, Mut (§ 33 a). 46 Deutinger, Lebensfrage (§ 32 b Anm. 175) 70 ff.; In Verantwortung f. Bayern (Lit.) 172; zu Penzberg vgl. H. Fehn, Luftbildatlas Bayern, 1973, I2öf.

47 Er wurde dem Landtag am 29.1.1964 von Kultusminister Maunz vorgelegt; vgl. BBd. II 1962/66 Nr. 936; Lanzinner, Reor­ ganisation (§ 32 c) 82 sowie die Haushaltsre­ de v. Maunz StB. 1962/66 1339-1333, zum Schulentwicklungsplan 1343 (3.3.1964). In der ersten Stufe waren 3$ Gymnasien, 38 Realschulen, 27 Berufsaufbau- und 7 Han­ delsschulen geplant (insgesamt 107). Der Plan wurde beständig fortgeschrieben. 196$ wurden 21, 1966 25 Gymnasien, Realschulen und Berufsaufbauschulen neu errichtet. Ins­ gesamt waren Ende 1966 80 Maßnahmen durchgefiihrt, Kulturpolitik d. Länder (§ 32 c) 1965 u. 1966, 40 f. S. demnächst: N. Lbhning, Bildungspolitik u. Strukturwandel in Bayern. Der Ausbau d. gymnasialen Schulwesens 1949-1972. 48 Vgl. § 32 c.

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ara Goppel (1945—1978)

dem Gebiet der Kulturpolitik, die im Dezember 1962 ihren symbolischen Aus­ druck in dem neugeschafFenen Bundesministerium fiir wissenschaftliche For­ schung fanden, wies er scharf zurück. Der Föderalismus war in den sechziger Jahren insgesamt in der Defensive, er verlor gegenüber dem Bund auf verschiedenen Feldern an Terrain.49 Dies war in der Kultur- und in der Finanzpolitik besonders gravierend. Einen positiven Impuls setzte die Staatsregierung hingegen bereits im März50 und Juli 196351 mit Informationsbesuchen zunächst des Bayerischen Bevollmächtigten und Staatsministers für Bundesangelegenheiten Franz Heubl sowie anschließend ei­ ner bayerischen Regierungsdelegation mit Goppel an der Spitze bei der EWGKommission in Brüssel, der weitere folgten.52 Bayern machte damit zum Arger Bundeskanzler Adenauers53 den Anspruch der Länder deutlich, im Rahmen der Europapolitik beteiligt zu werden. Goppel konnte die bayerische Initiative auch mit dem im EWG-Vertrag festgelegten Prinzip der Regionalpolitik legiti­ mieren.54 Als Erfolg im Sinne föderalistischer Kulturpolitik wurde das Verwaltungsab­ kommen zwischen Bund und Ländern vom 4. Juni 196455 angesehen, das später mehrfach verlängert wurde. Es sicherte langfristig die Finanzierung zahlreicher Forschungseinrichtungen und betonte die Gleichrangigkeit von Bund und Län­ dern bei dieser gemeinsamen Aufgabe.56 Daß die Länder nicht länger den An­ spruch erhoben, auf diesem Feld allein zuständig zu sein, zeigt allerdings ihre defensive Position in diesen Jahren. Nach dem Vorbild des Wissenschaftsrates (1957), als Reaktion auf die Klagen über Defizite im Bildungsbereich (Schlagwort «Bildungskatastrophe»)57 sowie als Präventivmaßnahme gegenüber einem immer wieder diskutierten Bundes­ kultusministerium schlossen die Länder am 15. Juli 1965 mit dem Bund ein Ab­ kommen über die Errichtung eines Deutschen Bildungsrates.58 Dieser sollte Bedarfs- und Entwicklungspläne fiir das deutsche Bildungswesen entwerfen,

49 U. Münch, Die Diskussion um eine Reform d. bundesdt. Föderalismus vor d. Hintergrund d. Entwicklungslinien d. dt. Bundesstaates vor u. nach d. Vereinigung (R. C. Meier-Walser - G. Hirscher, Hgg., Krise u. Reform d. Föderalismus) 1999, 89-110, hier 97 ff. 50 Tagesanzeiger 16.3.1963 u. FAZ 28.6. 1963 (PA 1963 I7f-z). 51 Augsburger Allgemeine 10.7.1963 (PA 1963 I7f-z); vgl. Photo bei Sibbers-Gfaller (§ 33 a) 46. 52 Vgl. SZ 6. 11. 1964, Nürnberger Nach­ richten 17.3.1964 (PA 1964 i7a-e) sowie K. Zumschlinge, Das Verhältnis d. Bundes­ länder zu d. Europ. Gemeinschaften (EG) (Die Verwaltung 22) 1989, 217-236; D.

Fuhrmann-Mittlmbibr, Die dt. Länder im Prozeß d. Europ. Einigung, 1991; R. Hrbek - U. Thaysen (Hgg.), Die Dt. Länder u. d. Europ. Gemeinschaften, 1986. 51 Zeitzeugeninterview mit Franz Heubl, in: Volkspartei (Lit.) 559. 54 Goppel, Reden (§ 33 a) 34 f. Vgl. § 33 d. 55 Abdruck in: Kulturpolitik d. Länder (§ 32 c) 1963 u. 1964, 40f; Vgl.: Deutsche Verwaltungsgeschichte V, 1987, 685. 56 Führ - Furck, Bildungsgeschichte (§ 32 c) 70. 57 G. Picht, Die dt. Bildungskatastrophe. Analyse u. Dok., 1964. Vgl. Lanzinner, Re­ organisation (§ 32 c) 78 f. 51 Abdruck in: Kulturpolitik d. Länder (§ 32 c) 1965 u. 1966, 3i9f.

§ 33. Dynamischer Wandel und Kontinuität 1962-1978 (K.-U. Gelberg)

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Vorschläge für die Struktur des Bildungswesens machen (Zahl, Struktur und Finanzbedarf der Ausbildungseinrichtungen) und Empfehlungen für eine lang­ fristige Planung auf den verschiedenen Stufen des Bildungswesens von der Vor­ schulerziehung bis zur Erwachsenenbildung geben.59 Seine Entstehung bringt ebenfalls die reduzierten Ansprüche der Länder zum Ausdruck, mißt man das Abkommen an dem von Bayern grundsätzlich vertretenen Standpunkt der Kul­ turhoheit der Länder. Der Bildungsrat war andererseits Ausdruck der in dieser Zeit in Bund und Ländern herrschenden Bildungs- und Planungseuphorie.60 Kommunalpolitische Akzente setzte der Ministerpräsident mit der Ankündi­ gung, die finanzielle Situation der Gemeinden durch verschiedene im soge­ nannten Eberhard-Plan61 zusammengefaßte Maßnahmen zu stärken. Zum Auf­ takt wurde bereits 1963 den Gemeinden und Gemeindeverbänden unter ande­ rem das gesamte Aufkommen der KfZ-Steuer zum Ausbau der Gemeindestra­ ßen überlassen (in Höhe von ca. 305 Millionen DM).62 Neben dem kommuna­ len Straßenbau bildete die Wasserwirtschaft (Wasserversorgung und Abwasser­ beseitigung)63 einen weiteren Schwerpunkt, der planmäßig in Angriff genom­ men wurde.64 Ferner erkannte man die Bedeutung, die der «Verhütung von Zivilisationsschäden»65 (Kampf gegen Lärm und Verunreinigung, Reinhaltung von Luft66 und Wasser) zukünftig zukam. Dies war der Anfang einer Umwelt­ schutzpolitik. Am 21. November 1963 konnte das 1943 zerstörte Nationaltheater in Mün­ chen nach fünfjähriger Bauzeit feierlich wiedereröffnet werden.67 Die Inbe­ triebnahme als Spielstätte der Bayerischen Staatsoper symbolisierte auch den Abschluß des architektonischen Wiederaufbaus der Landeshauptstadt.68 59 Führ — Furck, Bildungsgeschichte (§ 32 c) 77fF.; H. Mäding, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte V, 1987, 1046 f; Vgl. E. Höhne, Der Neuaufbau d. Schulwesens nach d. Bildungsgesamtplan, 19743. 60 Vgl. A. Kenkmann, Von d. bundesdt. «Bildungsmisere» z. Bildungsreform in d. 60er Jahren (Schildt - Siegfried - Lam­ mers, § 33 a) 402-423. 61 Der Eberhard-Plan war eine kommmunale Finanzreform, mit dem Ziel, die Ge­ meinden und Gemeindeverbände finanziell zu stärken. Finanzminister Eberhard stellte seine Vorstellungen zum ersten Mal im Zu­ sammenhang in seiner Haushaltsrede vor, StB. 1958/62 3000-3011 (17. 10. 1961). Vgl.: Der Eberhard-Plan, hg v. Bayer. Staatsmin. d. Finanzen, 1964. 62 Gall, Straßen (§ 32 c Anm. 294) 176180; Gesetz z. Änderung d. Gesetzes über d. Finanzausgleich zw. Staat, Gemeinden u. Gemeindeverbänden, d. Bayer. Straßen- u. Wegegesetzes u. d. Gesetzes über Beihilfen d. Bayer. Staates f. d. kommunalen Schul­

hausbau vom 14. Juni 1963 (GVB1. 142). Vgl. ferner StB. 1962/66 824-837 (30.5. 1963) sowie: Die Gemeindestraßen in Bay­ ern, Bayern in Zahlen 1963, 171-174 sowie ebd. 470-474. 63 «Abwasserbehandlung als öffentliche Aufgabe in Bayern», Bayern in Zahlen 1966, 254 fr. 64 Hier war Innenminister Junker feder­ führend, vgl. Junker (§ 33 a) 22 sowie Do­ nau-Kurier 26.9.1964 (PA 1964 17 a—e). Vgl. § 33 d. 65 Junker (§ 33 a) 24. 66 Vgl. «Investitionen f. d. Reinhaltung d. Luft in d. bayer. Industrie im Jahre 1965», Bayern in Zahlen 1967, 225 ff. 67 Vgl. die Festansprache in: Goppel, Re­ den (§ 33 a) 119-123. 68 Vgl.: Festl. Oper. Gesch. u. Wiederauf­ bau des Nationaltheatets in München, 1964; K. Hemmeter, Bayer. Baudenkmäler im Zweiten Weltkrieg. Verluste - Schäden Wiederaufbau, 1995, n8f.

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ara Goppel (1945-1978)

Am 24. Juni 1964 bildete Goppel sein Kabinett ein erstes Mal um. Finanzmi­ nister Rudolf Eberhard wechselte zum 1. Juli 1964 an die Spitze der Bayeri­ schen Staatsbank.69 Sein Abschied aus dem Kabinett war auch seiner Resigna­ tion zuzuschreiben, nicht über die Rolle des ewigen Zweiten hinausgelangen zu können. Neuer Finanzminister wurde der bisherige Staatssekretär im Kul­ tusministerium Konrad Pöhner, wie Eberhard Franke und Protestant. Gleich­ zeitig löste der bisherige Staatssekretär Hans Schütz Paul Strenkert an der Spit­ ze des Arbeitsministeriums ab. Ungefähr zur gleichen Zeit, im Juni 1964, waren in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW)7° massive Vorwürfe gegenüber Kultusminister Maunz erhoben worden, für das diktatorische Regime der Nationalsozialisten in juristi­ schen Publikationen Legitimationshilfe geleistet zu haben. Die Opposition griff die Vorwürfe auf.71 Am 10. Juli 1964 bot Maunz seinen Rücktritt an, den Gop­ pel am 16. Juli annahm.72 Der Ministerpräsident erntete aus den eigenen Rei­ hen scharfe Kritik dafür, sich nicht eindeutig für Maunz ausgesprochen zu ha­ ben. Der Rücktritt von Maunz, der im übrigen keine Selbstrechtfertigung unternahm, ist vor allem bemerkenswert, weil die 1964 erhobenen Vorwürfe seit Jahren bekannt und auch bei seiner Ernennung 1957 bereits durch die Presse gegangen waren.73 Wenn man das tagespolitische Interesse der Opposi­ tion an seinem Sturz abzieht, war dafür ausschlaggebend, daß sich die Kate­ gorien für die Bewertung des Nationalsozialismus in den sechziger Jahren ge­ wandelt hatten (Vergangenheitsbewältigung).74 Erst Anfang Oktober berief Goppel den Fraktionsvorsitzenden Ludwig Huber,75 der in Personalunion künftig das Kultusressort und die CSU-Fraktion leitete.76 Huber, der als «kon­ servativer Katholik mit dem Mut zur Reform»77 galt, betrieb nun eine wesent­ lich aktivere Kulturpolitik und versuchte, die Kritik der SPD/FDP dadurch zu ersticken, daß er noch weiter ging als deren Forderungen. Zur Halbzeit der Legislaturperiode gab Goppel am 29. Oktober 1964 eine zweite Regierungserklärung ab.78 Sie beschäftigte sich fast ausschließlich mit der Verbesserung der bayerischen Wirtschaftsstruktur vor allem im Grenzland,

69 Die Welt 18. 10. 1963 (PA 1963 I7a-e). Vgl. R. Eberhard, «7 Jahre Verantwortung in Bund, Land u. Gemeinden», Bayer. Staatszeitung 26.6.1964 sowie den Kom­ mentar «Standortwechsel - nicht Abgang», Münchner Merkur 18.6.1964 (PA 1964 I7a-e). 70 K. Redeker, Bewältigung d. Vergan­ genheit als Aufgabe d. Justiz (NJW 11.6. 1964). 71 Nürnberger Nachrichten 27.6.1964 (PA 1964 17 e [Fall Maunz]); H. HammBrücher, Vorkämpfer f. Demokratie u. Ge­ rechtigkeit in Bayern u. Bonn, 1974, 24-32.

72 SZ ii. u. 17.7. 1964. Vgl. Kock, Land­ tag 3 54· 73 Vgl. Deutsche Woche, 30. 10. 1957: «Porträt eines Opportunisten» (PA 1964 17 e [Fall Maunz]). 74 Vgl. den Kommentar: G. Gaus, «Der Fall Maunz», SZ 8. 7. 1964. 75 Vgl. zur Kandidatensuche PA 1964 17 e [Fall Maunz]. Huber wurde am 7. 10. 1964 im Landtag vereidigt. 76 Huber, Weg (Anm. 2) 70 ff.; vgl. PA 1964 i7a-e. 77 Die Welt 15. 7. 1964 (PA 1964 i7e [Fall Maunz]). 78 StB. 1962/66 1918-1928 (29. 10. 1964).

§ jj.

Dynamischer Wandel und Kontinuität 1962-1978 (K.-U. Gelberg)

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dem 40 Kilometer tiefen Streifen der bayerischen Grenze zur DDR und Tsche­ choslowakei im Norden und Nordosten des Landes, der ein Viertel des bayeri­ schen Territoriums ausmachte. Nicht nur symbolisch kandidierte Goppel seit 1966 im strukturschwachen Stimmkreis Nabburg-Oberviechtach-Vohenstrauß in der Oberpfalz für den Landtag.79 Anlaß, dieses Thema in den Mittelpunkt zu stellen, war das sich ständig vergrößernde ökonomische Gefälle zwischen eini­ gen prosperierenden städtischen Zentren in Bayern und vor allem dieser Re­ gion. Die Folge waren eine starke Landflucht sowie eine wachsende Zahl von Fern- und Saisonpendlern.80 So betrug der Wanderungsverlust aus Niederbay­ ern z. B. zwischen 1950 und 1964 215 000 Menschen oder 20 Prozent der Ein­ wohnerschaft. Der «Zug zur Stadt», so Goppel, lasse sich nur aufhalten, wenn die ländlichen Lebensverhältnisse durch massive Anstrengungen spürbar verbes­ sert würden. Goppel sah die Stabilität des Staates gefährdet, wenn es nicht ge­ lingen würde, Industrialisierung und zumindest ansatzweise städtische Lebens­ formen in die Regionen zu bringen und gleichzeitig die auf der Landwirtschaft beruhende dörfliche Sozialstruktur zu erhalten. Hinter dieser Auffassung stand alternativ das Gespenst der Proletarisierung mit all ihren negativen Folgen. Hatte Goppel 1962 noch davon gesprochen, wer Bauer bleiben wolle, könne Bauer bleiben, so setzte er nun einen anderen Akzent. Er referierte die sinken­ de Zahl der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft (von 1950 bis 1961 minus 422000) und die wachsende Zahl größerer Betriebe.8' Wer nun nicht mehr Landwirt sein wollte beziehungsweise konnte oder nur noch Nebenerwerbs­ landwirt, sollte in der Heimat bleiben und arbeiten können. Zur Strukturver­ besserung zunächst in den Räumen mittlerer Bayerwald, östlicher Oberpfälzer Wald und Bayerische Rhön erstellte das Wirtschaftsministerium Raumordnungs­ pläne.82 Neben Straßenbaumaßnahmen sowie Krediten etc. als direkten Anrei­ zen für Unternehmer, sich im Grenzland anzusiedeln, sollte auch die Schaffung leicht erreichbarer weiterführender Schulen Unternehmern und Arbeitnehmern die Entscheidung erleichtern, ihren Betrieb beziehungsweise Arbeitsplatz in den Ballungsräumen mit der Provinz zu vertauschen.83 Insofern standen auch

79 Vgl. Stimmkreisakten (1966-1978) im BayHStA StK 12348-12536. Vgl. zum Grenzland bzw. zur Grenze des Zonenrand­ gebietes (40 km-Zone) die Karte in: 30 Jahre Grenzlandbeauftragter (Anm. 38) 11. 80 Vgl. Die Auspendler in Bayern im Jahre 1961. Bayern in Zahlen 1963, 456-459; fer­ ner: Die Berufspendler 1961 nach Wirt­ schaftsbereichen, benutzten Verkehrsmitteln u. benötigten Wegzeiten: Bayern in Zahlen 1964, 386—389; Die Wochenendpendler in Bayern (1964): ebd. 1967, 359-362; ebd. 1969, 239-242, zu München 315 fr. Zu Nürnberg, Fürth, Erlangen: ebd. 1970, 8 ff.; vgl. auch ebd. 345-349.

81 Vgl. Wandlung d. Agrarstruktur in Bay­ ern: Bayern in Zahlen 1963, 325-328; Die kreisfreien Städte und Landkreise Bayerns (1950-1961): ebd. 1964, 113-116. 82 Schlemmer - Grüner - Balcar (§ 32 c). Goppels Regierungserklärung war in dieser Hinsicht auch die Antwort auf Vorwürfe der SPD, die Möglichkeiten des Raumordnungsgesetzes nicht auszuschöpfen, vgl. Kock, Landtag 152. 83 Nicht nur für Führungskräfte der Wirt­ schaft, auch für die Gamisonsplanungen der Bundeswehr im strukturschwachen Grenz­ gebiet spielten schulische Einrichtungen eine Rolle; vgl. W. Schmidt, «Eine Garnison

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der Schulentwicklungsplan und der erste Teil des von Kultusminister Huber im Mai 1965 vorgelegten Verbandsschulplans84 im Dienste einer Verbesserung der Wirtschaftsstruktur. An der Jahreswende 1964/1965 befand sich Goppel in einem Popularitäts­ tief.85 Vor allem die Umstände der zweimaligen Regierungsumbildung hatten seinem Renommee geschadet. Allerdings erholte sich Goppel wieder. Aus­ schlaggebend dürfte dafür vor allem die stabile wirtschaftliche Lage gewesen sein. Denn die Expansion der Wirtschaft verlief weiter dynamisch. Das Brutto­ inlandsprodukt lag z.B. 1964 und 1965 über dem Bundesdurchschnitt.86 We­ sentlichen Anteil daran hatte auch die Steigerung des Exports.87 Die Nachfrage nach Arbeitskräften88 war trotz einer stetigen Zunahme ausländischer Arbeits­ kräfte (30.9.1962: 220000, 30.9.1964: 283 778)’’ nicht zu befriedigen. Bezüg­ lich der Haushaltslage, die mehrere Jahre so gut war, daß Bayern Schulden til­ gen konnte, trat mit dem ersten Etat des neuen Finanzministers Pöhner90 im Herbst 1964 eine Wende ein.91 Die enormen Anstrengungen im Bildungsbe­ reich und zur Strukturverbesserung führten zu einer wenn auch noch maßvol­ len Ausweitung der Verschuldung. Das von 13 Staaten unterhaltene Europäische Kernforschungszentrum CERN (Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire) plante seit 1961 die Errich­ tung eines weiteren Teilchen-Beschleunigers (Protonen-Synchrotron) für die kernphysikalische Grundlagenforschung. Ministerpräsident Goppel bemühte sich darum, dieses wissenschaftlich-technische Großprojekt (Finanzvolumen 1,5 Milliarden DM) nach Bayern zu holen und bot als Standort den Ebersberger Forst bei München an.92 Die angesichts des internationalen Konkurrenzkampfes

wäre eine feine Sache.» Die Bundeswehr als Standortfaktor in Bayern 1955 bis 197$ (Schlemmer - Woller, § 32 b) 357-441. 84 Bayer. Staatszeitung 21. 5. 1965. 85 Die Zeit 26. 2. 1965: «Weit hinten in der Goppelei. Bayerns Regierungschef hat keine Fortüne» (Zeitungsdokumentation, § 33 a); vgl. «Er hat eben keine fortune...», Ücker (§ 33 a) (3.10.1964) 101 ff. sowie Münchner Merkur 9.9. 1964 (PA 1964 17 e [Fall Maunz]). 86 Bayern in Zahlen 1965, 105-112; ebd. 1966, 1—7. Vgl. P. Erker, Wachstum, Wett­ bewerb, Visionen. Bayern u. d. Bund in wirtschaftshist. Perspektive (Bayern & Preu­ ßen & Bayerns Preußen) 1999, 154-167. 87 Bayern in Zahlen 1966, 183-186. Bay­ ern profitierte auch überdurchschnittlich von den Rüstungsaufträgen der Bundewehr. So betrug 1960 der bayer. Anteil an den in­ ländischen Rüstungsaufträgen 32%; vgl. Zorn, Geschichte 666; s. P. Wilke - H. Wulf, Rüstungsproduktion in d. Bundesrep.

Industrielle Überkapazitäten u. staatl. Finan­ zierungsengpässe (Aus Politik u. Zeitgesch. B 2/86) 1986, 26-39. 88 Vgl. Die am Erwerbsleben beteiligte Bevölkerung Bayerns in d. Jahren 1958 u. 1961: Bayern in Zahlen 1963, 76—80. Da­ nach waren u. a. im Oktober 1961 rund 44 % der verheirateten Frauen erwerbstätig. 89 Bayern in Zahlen 1963, 6 ff.; ebd. 1965, 3-6· 90 «Auf der Durststrecke». Haushaltsrede am 30. 10. 1964, 1964 (Exemplar in PA 1964 i7a-e). 91 Vgl. Bayerns Staatsaufgaben 1964 u. ihre Deckung: Bayern in Zahlen 1966, 28 ff. 92 St. Deutinger, Europa in Bayern? Der Freistaat u. d. Planungen v. CERN zu einem Forschungszentrum im Ebersberger Forst bei München 1962-1967 (I. Schneider u.a., Hgg., Oszillationen. Naturwissenschaften u. Ingenieure zw. Forsch, u. Markt) 2000, 297-324·

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um das Prestigeprojekt zunächst äußerst zurückhaltende Informationspolitik der Staatsregierung löste Ängste aus. In den Gemeinden des betroffenen Landkrei­ ses bildete sich eine Protestbewegung.93 Der Ministerpräsident trat die Flucht nach vorne an und informierte den Landtag am 3. Februar 1965 ausführlich.94 Infolge der innerbayerischen Akzeptanzprobleme schied Bayern jedoch frühzei­ tig aus dem Kreis der Bewerber aus.9596Gebaut wurde der Beschleuniger schließlich am Sitz von CERN bei Genf. Ein Ereignis war am 21. Mai 1965 der Staatsbesuch von Königin Elisabeth II. von England in der Landeshauptstadt.90 Goppel nahm den Besuch zum Anlaß, die Bayernhymne wieder zum festen Bestandteil des Protokolls bayerischer Staatsempfänge zu machen.97 Bei der Bundestagswahl vom 19. September 196$ erreichte die CSU wie 1961 eine deutliche absolute Mehrheit der Zweitstimmen (55,6%)98 und trug damit wesentlich zum Wahlsieg Erhards99 bei. Der CSU-Vorsitzende Strauß blieb jedoch bei der Regierungsbildung erneut unberücksichtigt.100 Bundeskanzler Erhard berief in sein zweites Kabinett erstmals fünf Bundesminister der CSU. Höcherl wechselte an die Spitze des Bundeslandwirtschaftsministeriums, Stücklen, Niederalt und Dollinger blieben in ihren Ämtern, Richard Jaeger kam als Justizminister neu hinzu.101 Der neue und reformfreudige Kultusminister Huber102 forcierte seit 1964 den Ausbau der Verbandsschulen (Zusammenfassung häufig noch einklassiger 93 W. Webersinke, Die Schutzgemein­ schaft z. Erhaltung d. Ebersberger Forstes u. ihr Kampf gegen die in d. sechziger Jahren geplante Großbeschleuniger-Anlage (Der Lkr. Ebersberg. Gesch. u. Gegenwart 3) 1991, 94-105. 94 Erklärung Goppels vor dem Landtag, StB. 1962/66 2448-2455 (3.2.1965); vgl. Kock, Landtag 159. 95 Vgl. B.-A. Rusinek, Europas 300GeV-Maschine. Der größte Teilchenbe­ schleuniger d. Welt an einem westfäl. Stand­ ort (Gesch. im Westen 11) 1996, 135-153, hier 143. 96 Bayer. Staatszeitung 28. 5. 1965; Vogel, Amtskette (§ 33 a) 259. 97 Dies löste teilweise Irritationen aus; vgl. zur Rechtfertigung MinRat Stollreither, Bayern-Hymne, Bayer. Staatszeitung 15.7. 1966; vgl. PA 1966 20 a (Jan.-Aug.); ferner U. Stoll, Bayern - Ein Land ohne Identi­ tätsprobleme? (Gesch. im Westen 16) 2001, 20-37; s. I. Schnelling-Reinicke, Eine Hymne für Niederrhein-Westfalen? - Die Pläne d. Ministerpräs. Franz Meyers z. He­ bung d. Landesbewußtseins (NordrheinWestfalen. Ein Land in seiner Gesch.) 1996, 329-334-

98 Die SPD steigerte sich um 3 % auf 33,1%, die FDP erhielt 7.3%· Die CSU stellte 1965 49 Bundestagsabgeordnete (1961: 50), die SPD 30 (1961: 28) und die FDP 7 (1961: 8); Bayern in Zahlen 1965, 369-372; Fünfte Bundestagswahl in Bayern am 19. Sept. 1965 (Beitrr. z. Statistik Bayerns 272 a u. b [Text in Teil b 9-84]), 1966. 99 Erhard (CDU) hatte am 16. 10. 1963 Konrad Adenauer als Bundeskanzler abge­ löst, die vier Bundesminister der CSU waren im Amt geblieben. 109 Zur Regierungsbildung s. Hildebrand (§ 332) 154-159; vgl. Strauss 426. 101 Vgl. Ücker (§ 33 a) 125. S. ferner R. Kunz, Richard Stücklen (W. L. Bernecker - V. Dotterweich, Hgg., Persönlichkeit u. Politik in d. Bundesrep. Deutschland. Pol. Porträts II) 1982, 209-217; ferner die Zeitzeugen-Interviews mit Werner Dollinger, Richard Jaeger u. Richard Stücklen in: Volkspartei 525-540, 563-580, 581-603 so­ wie die Porträts aller fünf CSU-Bundesminister bei W. Henkels, 99 Bonner Köpfe, 19663. 102 Vgl. seine Ausführungen betr. Koordi­ nierung d. Kulturpolitik StB. 1962/66 2206-2220 (3. 12. 1964), hier 22iof.

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Zwergschulen zu Verbandsschulen, um die Schüler in Jahrgangsklassen unter­ richten zu können) unter anderem durch eine intensive Aufklärungskampagne auf dem Lande.103 Dies brachte immer häufiger die Zusammenlegung von Be­ kenntnisschulen verschiedener Konfessionen mit sich, was jedoch durch die geltende Rechtslage (Verfassung und Konkordat) nicht gedeckt war. Deshalb, sowie ferner, um die innere Struktur der Volksschulen neu auszurichten (Unterteilung der Volksschule in Grund- und Hauptschule/9. Schuljahr), legte das Kultusministerium im Sommer 1966 den Entwurf eines neuen Volksschul­ gesetzes vor.104 Zuvor hatte Kultusminister Huber Einvernehmen mit den bei­ den christlichen Kirchen erzielt, die sich dem ganz auf Reform eingestellten öf­ fentlichen Klima nicht mehr entziehen konnten, beziehungsweise wie Kardinal Döpfner die sich wandelnden Verhältnisse anerkannten.105 Sie waren bereit, dem weitverbreiteten Wunsch nach moderneren und leistungsfähigeren Schu­ len Rechnung zu tragen, ohne allerdings zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich das Bekenntnisschulprinzip aufzugeben. Am 17. November 1966 beschloß der Landtag gegen die Stimmen von SPD und FDP das neue Volksschulgesetz,106 das an die Stelle des Schulorganisationsgesetzes von 1950 trat. Danach waren Jahrgangsklassen obligatorisch. Dafür entfiel der Grundsatz, daß in jeder Ge­ meinde eine Volksschule bestehen müsse. Für die Bekenntnisminderheit an ei­ ner Verbandsschule gab es ab 35 Schülern einen sogenannten «Minderheiten­ lehrer» ihres Bekenntnisses für den Religionsunterricht, der jedoch auch Unter­ richt in anderen Fächern erteilte.107 Damit war das Bekenntnisschulprinzip hin­ sichtlich des Lehrpersonals durchbrochen. Ab 1964 begann die Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe (Umgestaltung nach dem Lehrgangsprinzip, Schwerpunktbildungen).108 Sie ging auf eine Rah­ menvereinbarung der Kultusministerkonferenz von 1960 zurück und sollte die Studierfähigkeit der Abiturienten sichern.109 Bereits am 25. Juni 1965 hatte der Landtag ein Sonderschulgesetz110 erlassen. Dessen Schwerpunkt lag in der Er-

103 L. Huber, Schulreform aus erster Hand. Von d. Bekenntnisschule zu einer modernen Schulstruktur (Böck, § 33 a) 89-110, hier 90 f.; Wiater, Geschichte (§ 33 a) 842-836. Vgl. Bayern in Zahlen 1967, 94· 104 Richtbr, Schule (§ 32c) 110-121; Lanzinner, Reorganisation (§ 32 c) 86. 105 In der Praxis wurden kath. und ev. Be­ kenntnisschulen vielfach auch von Schülern der anderen Konfession besucht. Im Schul­ jahr 1965/66 wurden von 1369 ev. Be­ kenntnisschulen nur 261 ausschließlich von evangelischen Kindern besucht, von den 4931 kath. Schulen waren nur 1790 «reine» Bekenntnisschulen; vgl. Seibert, Bildungs­ wesen (§ 33 a) 756.

106 Volksschulgesetz vom 17. November 1966 (GVB1. 403). S. auch: Kulturpolitik d. Länder (§ 32 c) 1965 u. 1966, 34. 107 Vgl. Huber, Schulreform (Anm. 103) 91· 108 Die Reform der Oberstufe der höheren Schulen: Bayern in Zahlen 1964, 163-165; vgl. Die soziale Herkunft der Schüler der Gymnasien u. Realschulen: Bayern in Zah­ len 1966, 298-301. 109 Seibert, Bildungswesen 770-774; Wia­ ter, Reform (beide § 33a). 1,0 Gesetz über die Errichtung und den Betrieb von Sonderschulen vom 25. Juni 1965 (GVB1. 93); vgl. Seibert, Bildungswesen (§ 33 a) 767ff·; O. Speck, Sonderschulen (Liedtke III) 914-924.

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richtung überregionaler Sonderschulen für Lernbehinderte auf dem Lande so­ wie in der weiteren Differenzierung der Sonderschultypen. Das Begabtenforde­ rungsgesetz vom 12. Juli 1966"’ förderte als erstes seiner Art in der Bundesre­ publik überdurchschnittlich begabte Schüler und Studenten durch Ausbil­ dungsbeihilfen.112 Während die CSU das Gesetz in erster Linie als Gesetz zur Förderung der Leistung, nicht als Sozialgesetz interpretierte, kritisierte die Op­ position, daß nur Hochbegabte in den Genuß der Förderung kämen. Im Herbst 1965 wurde der Grundstein für die vierte Landesuniversität in Re­ gensburg gelegt, an der mit dem Wintersemester 1967/68 der Vorlesungsbe­ trieb begonnen wurde. Die innere Struktur der dezidiert als bayerische Re­ formuniversität gestalteten Neugründung bestimmte ein nunmehr von Kultus­ minister Huber eingesetzter Strukturbeirat.113 Am 12. Juli 1966 entschied der Landtag, in der Hauptstadt des Regierungsbezirks Schwaben in Augsburg eine Fakultät oder Hochschule für ein wirtschafts- und sozialwissenschaftliches Stu­ dium zu errichten. Dies war der Startschuß zur fünften Landesuniversität in Augsburg.114 Das Internationale Olympische Komitee beschloß am 26. April 1966 die Ver­ gabe der Olympischen Sommerspiele des Jahres 1972 an München. Im Vorfeld hatte sich Münchens Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel um verbindliche finanzielle Zusagen von Land und Bund bemüht. Goppel, so Vogel, habe die Angelegenheit von Anfang an unterstützt.115 Einwände gab es jedoch aus dem Finanzministerium mit Blick auf die Kosten."6 Die Olympiabauten117 und die damit verbundenen Infrastrukturmaßnahmen — bereits im Februar 1965 fiel der Startschuß zum Bau der Münchner S- und U-Bahn,"8 an deren Kosten sich das Land zu einem Drittel beteiligte - veränderten den städtischen Charakter der Landeshauptstadt grundlegend, die 1964 als «Heimliche Hauptstadt Deutsch­ lands» bezeichnet worden war."9 Der Bundesinnenminister beanspruchte an­ fänglich die Planungskompetenz für die olympischen Sportstätten,120 doch bün-

1,1 GVB1. 230. 112 Kulturpolitik der Länder 1965 u. 1966, 31. 113 St. Schadl, Die Gründung d. Univ. Regensburg (Zulassungsarbeit 1998, Inst. f. Bayer. Gesch. München); E. u. H.J. Höl­ ler, Vom langgehegten Wunsch z. Ziel. Gründung, Struktur u. Außenwirkung d. Univ. (Gesch. d. Stadt Regensburg, hg. v. P. Schmid) 2000, 533-571; Gelehrtes Regens­ burg - Stadt d. Wiss. Stätten d. Forschung im Wandel d. Zeit, 1995, 212-215; neuer­ dings: W. Müller - I. Schröder - Μ. Mösslanc, «Vor uns liegt ein Bildungszeit­ alter.» Umbau u. Expansion - d. bayer. Bil­ dungssystem 1950 bis 1975 (Schlemmer Woller, § 32 b) 273-355, hier 341-344. 1,4 Vgl. K. Böck, Die Gründung d. Univ. Augsburg (Böck, s. § 33 a) 115-132.

115 Vogel, Amtskette (§ 33 a) 95-112, hier 98. 116 Vgl. Kock, Landtag 161. Lt. SiebersGfaller (§ 33 a) 56 hatte auch Goppel zu­ nächst Einwände wegen der Kosten gehabt. 1,7 Vogel, Amtskette (§ 33 a) 113-132. 118 SZ 5.2.1965; vgl. Vogel, Amtskette 69-85· Vgl. § 33 c. 1,9 Der Spiegel: «München: Heimliche Hauptstadt Deutschlands», 23.9.1964, Titel u. 42-52. Vgl. K. Bosl, München «Deutsch­ lands heimliche Hauptstadt». Hist. Bemer­ kungen zur Strukturanalyse d. modernen Hauptstadt- u. Großstadttypus in Deutsch­ land (ZBLG 30) 1967, 298-313. 120 Ücker (§ 33 a) 137 ff.

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delte Wirtschaftsminister Schedl die Aufgaben in einer Arbeitsgruppe in seinem Ressort.121 Im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen stellte sich auch die Frage nach einem Ausbau des Flughafens München-Riem oder nach einem Neubau.122 Am 11. Mai 1966 verabschiedete der Landtag gegen die Stimmen der SPD und einiger CSU-Landräte das sogenannte Rechtsstellungsgesetz.123 Damit wur­ de gemäß dem Prinzip der Gewaltenteilung124 die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat (Inkompatibilität) für den Landtag sowie für die Gemeinderäte, Stadträte und Kreistage eingeführt. Dies hatte gravierende Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Parlamente. Aus dem Landtag, dem zuletzt 27 Land­ räte und Oberbürgermeister angehört hatten, verschwanden ab dem 1. Novem­ ber 1970 alle kommunalen Wahlbeamten.125 Die dritte Regierungserklärung Goppels war ein Rechenschaftsbericht, den er am 22. Juni 1966 dem Landtag präsentierte.126 Dies geschah auch mit Blick auf die Landtagswahlen. Der Ministerpräsident setzte inhaltlich zwei Akzente: Strukturverbesserung und Verbesserung der Möglichkeiten für Bildung und Ausbildung. In diesem Zusammenhang wiederholte Goppel die Überzeugung, daß eine Spitzenstellung in der Wissenschaft die Voraussetzung für eine wett­ bewerbsfähige Wirtschaft sei. Bemerkenswert war die Standortbestimmung sei­ ner Regierung: Goppel bezeichnete seine Amtsübernahme im Winter 1962 als Zäsur. Die unmittelbare Nachkriegszeit mit der Bewältigung der Kriegsfolgen und die Integration der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen seien zu diesem Zeitpunkt weitgehend abgeschlossen gewesen.127 Die Lösung der sich nun stel­ lenden Aufgaben müsse sich an Prognosen über die zukünftige Entwicklung des Landes (Bevölkerung, Arbeitsplätze, Investitionsaufwand, Rationalisierung etc.) orientieren, die das Statistische Landesamt bis zum Jahr 1980 berechnet hatte. Auch andere Themen in dieser Erklärung firmierten unter der Überschrift: mittelfristige Planung.128 Dazu gehörten Raumordnungspläne, die Inangriffnah-

121 Bayer. Staatszeitung 29.4.1966, in: Zeitungsdokumentation (§ 33 a). Vgl. § 33 c. 122 Vgl. § 33 c. 123 Rechtsstellungsgesetz vom 23. Juni 1966 (GVB1. 195); W. Panz, Das bayer. Rechtsstellungsgesetz (BVB1. 12) 1966, 333-337. 373-376. 124 O. Kollmann, Hütet das Recht! Rand­ bern. z. Beratung d. Rechtsstellungsgesetzes (BVB1. 12) 1966, 145-148. 125 Für die Gemeinderäte, Stadträte und Kreistage trat das Gesetz erst ab 1.5. 1972 in Kraft. Vgl. K. Untbrpaul, Die Grundsätze d. Landeswahlrechts nach d. Bayer. Verfas­ sung im Lichte d. Entwicklung v. 1946 bis 1989, 1992, 141.

126 StB. 1962/66 3839-3848 (22.6.1966). Vgl. Pressereaktionen auf diese Erklärung in: BayHStA PA 1966 20 a (Jan.-Aug.). 127 Vgl. die Formel vom «Ende der Nach­ kriegszeit», die Bundeskanzler Ludwig Er­ hard am 10. ii. 1965 in seiner ersten Regie­ rungserklärung geprägt hatte, H. Mäding in: Deutsche Verwaltungsgesch. V, 1987, 1047. Vgl. Morsey, Bundesrepublik 87. Vgl. ferner die Formulierung in Goppels letzter Regierungserklärung StB. 1974/78 6178 (11.7.1978). ,2! Vgl. A. Goppel, Ein Land plant seine Zukunft (E. Schmacke, Hg., Bayern auf d. Weg in d. Jahr 2000) 1971, 11-29; vgl. allgem. Μ. Ruck, Ein kurzer Sommer d. kon-

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me einer mehrjährigen mittelfristigen Finanzplanung, was die Opposition schon seit längerem gefordert hatte, sowie die Ankündigung eines neuen Lan­ desplanungsgesetzes.129 Ein ganz wesentlicher näherliegender Orientierungs­ punkt war der 1. Juli 1968, an dem die letzten Zollschranken innerhalb der EWG fielen. Bis dahin mußte die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaft und Landwirtschaft ein erhebliches Stück vorangekommen sein. Indiz für den wachsenden Wohlstand waren die zahlreicher werdenden Ur­ laubsreisen in der ersten Hälfte der sechziger Jahre.130 Goppel sprach auch be­ reits das mit dem wachsenden Wohlstand verbundene Problem der «Bewälti­ gung der Freizeit» an. Der Schlüssel zur Lösung dieses Problems lag für ihn in einer «verfeinerten Bildung».131 Am Ende der Legislaturperiode warf die seit Jahren diskutierte Finanzreform zwischen Bund und Ländern ihre Schatten voraus. Als ihre Folge drohte eine Umgestaltung der Finanzverfassung zu Ungunsten der Länder.

b) Das Kabinett Goppel II (1966—1970) Quellen. Verh. d. Bayer. Landtags. Stenograph. Berichte (StB.) u. Beilagen (BBd.); Ein Pro­ gramm f. Bayern I (22.4. 1969), hg v. Bayer. Staatsmin. f. Wirtschaft u. Verkehr, 1969; Ein Programm f. Bayern II (29.7. 1970), hg v. Bayer. Staatsmin. f. Wirtschaft u. Verkehr, 1970; Goppel, Programmatisches (§ 33 a); Bayern, Deutschland, Europa (§ 33 a); Bayern im Wan­ del (§ 33 a); Von Utopia nach Europa (§ 33 a); Strauss (Lit.); Nüssel, Lebenserinnerungen (§ 33 2); B. Merk, Klarstellungen (Heimatkundl. Schriftenreihe f. d. Lkr. Günzburg 18) 1996; Gabert, Mut z. Vernunft (§ 33 a); Kronawitter, Polit. Leben (§ 31 gi); Vogel, Amtskette (§33 a); H. Eisenmann. Ein Leben f. seine bayer. Heimat. Dok. bayer. Agrarpoli­ tik 1969-1987, hg. v. A. Schuh - O. Bauer, 1988 (Reden 1969-1987); Ücker (§ 33 a); Zei­ tungsdokumentation (§ 33 a) II: 1966-1970; In Verantwortung f. Bayern (Lit.); Zeitzeugen­ interview (§ 33 a); Bayern in Zahlen; Kulturpolitik der Länder (§ 33 a); Listl. Darstellungen. Zorn, Bayern (§ 33 a); Bitterhoff - Höpfinger (§ 33 a); Gelberg, A. G. (§ 33 a); Friemberger, Kommunalpolitiker (§ 33 a); Krieger, Zweite Epoche (§ 32c); Deutinger, Agrarland (§ 32 c); Eichmüller, Landwirtschaft (§ 31 g2); Schlemmer - Grüner Balcar (§ 32c); Seibert, Bildungswesen (§ 33 a); Wiater, Universitäten (§ 32b); Richter, Schule (§ 32 c); H. Maser, Ev. Kirche im demokrat. Staat. Der Bayer. Kirchenvertrag v. 1924 als Modell f. d. Verhältnis v. Staat u. Kirche, 1983, 180-240; Lanzinner, Reorganisa­ tion (§ 32 c); J. Falter, Chronik d. Polizeipräsidiums München, 19952; 1968. 30 Jahre da­ nach, hg. v. V. Schubert, 1999; Wirz, Guttenberg (§ 33 a); Hildebrand (§ 33 a); G. Stol­ tenberg, Wendepunkte. Stationen dt. Gesch. 1947-1990, 1999.

kreten Utopie — Zur westdt. Planungsgesch. d. langen 60er Jahre (Schildt - Siegfried Lammers, § 33 a) 362-401. 129 Dies war eine Reaktion auf das 1965 erlassene Bundesraumordnungsgesetz; vgl. Schlemmer - Grüner - Balcar (§ 32 c); W. Buchner, 25 Jahre Landesplanungsge­ setzgebung in Bayern (BVB1. 28) 1982, 705-708; W. Terhalle, Die Landesplanung im Bayer. Staatsmin. f. Wirtschaft u. Ver­

kehr 1945 bis 1970 (Beitrr. z. Entwicklung d. Landesplanung in Bayern: Arbeitsmaterial d. Akad. f. Raumforsch, u. Landesplanung 125) 1988, 11-61. 130 Vgl. die erstmalige statistische Erhe­ bung der «Erholungs- und Urlaubsreisen der bayer. Bevölkerung im Fremdenverkehrsjahr 1961/62»: Bayern in Zahlen 1964, 316 ff. 131 Vgl. kritisch zum Wohlstand Ücker (§ 33 a) 124.

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Bei den Landtagswahlen vom 20. November 1966132 erhielten CSU und SPD 48,1 (+0,6%) beziehungsweise 35,8% (+0,5%) der Stimmen. Die Nationalde­ mokratische Partei Deutschlands (NPD) kam auf 7,4%, die FDP auf 5,1% der Stimmen.133 Die CSU verfugte mit 110 Landtagsmandaten erneut über die ab­ solute Mehrheit, die SPD stellte 79 Abgeordnete. Da die NPD im Wahlkreis Mittelfranken mit 12,2% die Zehn-Prozent-Hürde übertroffen hatte,134 erhielt sie 15 Sitze,135 die FDP136 scheiterte hingegen an der io-Prozent-Hürde. Der Erfolg der NPD war auf die 1966 existierende Sorge vor einer Wirt­ schaftskrise zurückzufiihren. Er fand erhebliche Beachtung in der internationa­ len Presse.137 Im Landtag wurde sie jedoch von CSU und SPD isoliert138 und entfaltete keine Wirkung. Das Wahlergebnis — Verschwinden von FDP und Erfolg der NPD - wurde als Argument für die Bildung einer Großen Koalition im Bund interpretiert.139 Am 30. November 1966 wurde in Bonn Bundeskanzler Erhard gestürzt und am 1. Dezember 1966 die Große Koalition zwischen CDU/CSU und SPD mit Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) gebildet.140 Anfang November 1966 hatte auch Ministerpräsident Goppel öffentlich den Rücktritt Bundes­ kanzler Erhards gefordert.141 Nach vieljähriger Pause kehrte der CSU-Vorsitzende Strauß als Bundesfinanzminister ins Bonner Kabinett zurück.142

132 Vgl. im Detail: Bayern in Zahlen 1967, 1-4; Wahl z. Bayer. Landtag am 20. Nov. 1966 (Beitrr. z. Statistik Bayerns 277 a-c [Text in Teil c]) 1967. 133 Die BP erreichte noch 3,4%, die GDP 0,2%. 134 Sie hatte in Mittelfranken 94 000 Wäh­ ler, in ganz Bayern 391 000. Bei der Bundes­ tagswahl 1963 hatte sie 4,6% erzielt. 135 W. Fink, Die NPD bei d. bayer. Land­ tagswahl 1966. Eine ökolog. Wahlstudie, 1969; H. Maier - H. Bott, Struktur u. Ideologie einer nationalen Rechtspartei, 19682; vgl. zum Personal der NPD in Bayern auch Zorn, Geschichte 683; s. ferner Die Zeit 25. 11. 1966 (PA 1966 22 a [Nov.Dez.]) sowie Ucker (§ 33 a) 134-137. 136 Vgl. zur Vorbereitung der Wahl: FDPBundesvorstand. Die Liberalen unter d. Vorsitz v. Erich Mende. Sitzungsprot. 19601967, bearb. v. R. Schiffers, 1993, 672f. 137 Vgl. Kock, Landtag 165; «Britische Stimmen zur Bayemwahl», NZZ 25. 11. 1966; SZ 22. u. 23. 11. 1966 (PA 1966 22 a [Nov.Dez.]). 138 Durch eine Änderung der Geschäfts­ ordnung verhinderten CSU u. SPD, daß die NPD einen stellv. Landtagspräsidenten stell-

te; vgl. Kock, Landtag 166; vgl. ferner: In Verantwortung f. Bayern 183. 139 Vgl. Strauss 430 f. sowie Rheinischer Merkur 23. 11. 1966; FAZ 18. 11. 1966; NZZ 17. 11.1966; Augsburger Allgemeine 2. ii. 1966 (PA 1966 22a [Nov.-Dez.]). 140 Hildebrand (§ 33a); K. Schönhoven, Entscheidung f. d. Große Koalition. Die So­ zialdemokratie in d. Regierungskrise im Spätherbst 1966 (W. Pyta - L. Richter, Hgg., Gestaltungskraft d. Politischen) 1998, 379_397; zum bayer. Anteil an deren Zu­ standekommen s. Wirz (§ 33 a). 141 PA 1966 20 a (Sept.-Dez.); vgl. A. Mintzel, Der Fraktionszusammenschluß nach Kreuth: Ende einer Entwicklung? (Zschr. f. Parlamentsfragen 8) 1977, 58-76, hier 64-70. 142 Höcherl (CSU) übernahm wieder das Landwirtschaftsministerium, Dollinger (CSU) wurde Bundespostminister und der maßgeb­ lich an der Koalitionsbildung mit der SPD beteiligte CSU-Bundestagsabgeordnete Karl Theodor von und zu Guttenberg wurde Staatssekretär im Bundeskanzleramt; vgl. Zorn, Geschichte 683 f; Wirz (§ 33 a). Käte Strobel (SPD) aus Nürnberg wurde Ministerin für Gesundheitswesen in der

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Am 5. Dezember 1966 wählte der Landtag Goppel mit 104 von 197 gültigen Stimmen zum zweiten Mal zum Ministerpräsidenten.143 Bei der Bildung des Kabinetts Goppel II144 war der Ministerpräsident in der Auswahl der Kabinetts­ mitglieder freier als 1962. Innenminister wurde Bruno Merk,145 Arbeitsminister Fritz Pirkl. Neuer Justizminister wurde Philipp Held, ein Sohn des bayerischen Ministerpräsidenten der Jahre 1924—1933, Heinrich Held. Die Vertriebenen stellten erstmals weder Minister noch Staatssekretär im Arbeitsministerium.146 Goppels Bemühungen, bereits 1966 die Landesplanung aus dem Wirtschaftsmi­ nisterium herauszunehmen und ein Staatsministerium für Landesplanung und Raumordnung zu schaffen, scheiterten am Widerstand Wirtschaftsminister Schedls.147 Insgesamt markierte das neue Kabinett einen Generationswechsel. Im März 1969 schied mit Alois Hundhammer auch die letzte Leitfigur aus der Gründergeneration der CSU aus.148 Seine Nachfolge als Landwirtschaftsminister trat Hans Eisenmann149 an. Als stärkster Mann im Kabinett galt Kultusminister Huber, der weiter in Personalunion CSU-Fraktionsvorsitzender blieb. Das Amt des Ministerpräsidenten, so die Presse, versperre ihm lediglich die «biologische Grenze», da er das Wahlalter von 40 Jahren noch nicht erfülle.150 Die erste wirtschaftliche Rezession nach Jahren der Hochkonjunktur in der Bundesrepublik Deutschland151 prägte die Regierungserklärung Goppels am 25. Januar 1967.152 Der Schwerpunkt lag daher auf der Finanzpolitik. Sparsamkeit war nach einer jahrelangen Ausweitung von Leistungen sowie Investitionen in Infrastruktur und beim Schul- und Hochschulbau die Devise der Stunde, zur Fortführung begonnener Maßnahmen eine moderate Neuverschuldung unaus­ weichlich.153 Goppel kündigte auch eine Reduzierung freiwilliger staatlicher Leistungen an. Zum ersten Mal seit Jahren gab es 1967 wieder eine nennens­ Großen Koalition; Werner, Dienst 297; vgl. R. Kölbel, Käte Strobel (1907-1996): Eh­ renbürgerin d. Stadt Nürnberg u. Bundes­ min. f. Jugend, Familie u. Gesundheit (MVGN 88) 2001, 233-253. 143 StB. 1966/70 10 (5. 12. 1966). 144 Kabinettsliste bei Kock, Landtag 410; vgl. Biogramme in Bayer. Staatszeitung 9. 12. 1966. 143 Vgl. Merk, Klarstellungen (§ 33 b). 146 Vgl. jedoch F. Pirkl, Aufgabe u. Ver­ pflichtung. Ausgew. Reden u. Aufsätze d. Bayer. Staatsmin. f. Arbeit u. Sozialordnung zu Fragen d. Dt. Heimatvettriebenen u. d. Dt. Ostens, 1975. Zu Pirkl s. ferner Th. Walker, Die Arbeitnehmer-Union in d. CSU: Gesch. u. Strukturen d. CSA v. 1953 bis 1990, 1999, 192-246. 147 «Goppels Sehnsucht nach Raumord­ nung», SZ 25. 11. 1966 u. Augsburger Allge­ meine 2. 12. 1966 1966 (PA 1966 17 f-z). Vgl. Main-Echo 6. 12. 1966 u. Nürnberger

Nachrichten 6. 12. 1966 (PA 1966 20 b-z). Minister des neuen Ressorts sollte Staatsse­ kretär Gerhard Wacher werden, der es dann vorzog, Vorstandsmitglied der Bayer. Berg-, Hütten- und Salzwerke AG zu werden. 148 Vgl. seine Abschiedsrede im Landtag StB. 1966/70 3014-3020 (5.2.1969) sowie den Kommentar von Ucker (§ 33 a) 196 f. 149 Eisenmann, Leben (§ 33 b). 150 SZ 6. 12. 1966. 131 Morsey, Bundesrepublik 91—95; vgl. Bayerns Wirtschaft im Herbst 1966: Bayern in Zahlen 1967, 4-11 sowie ebd. 127-135 und für 1967 ebd. 262-268, 385-391. 152 StB. 1966/70 26-35 (25.1.1967). Vgl. Pressereaktionen in: PA 1967 25 i-u/z. 133 Bayern besaß 1967 nach NordrheinWestfalen die geringste Pro-Kopf-Verschul­ dung der Bundesrepublik. Vgl. den bereits wieder wesendich besseren Staatshaushalt 1967: Bayern in Zahlen 1969, 22-25.

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werte Arbeitslosigkeit von 4,6% (165000). Zur geplanten Finanzreform bezog er eindeutig Position: Er lehne es ab, das Dotationssystem, durch das der Bund Aufgaben der Länder finanziere, anstatt es den Ländern zu ermöglichen, diese Leistungen durch eigene Steuereinnahmen zu gestalten, durch die sogenannten Gemeinschaftsaufgaben «auch noch verfassungsrechtlich» zu sanktionieren. Da­ mit verbunden war ein Plädoyer für den Föderalismus, der in der von Reform­ eifer geprägten zweiten Hälfte der sechziger Jahre als «gewalthemmender Me­ chanismus» grundsätzlich dem Verdacht unterlag, « und zu produzieren».154 Fördern wolle die Staatsregierung auch in Zukunft die re­ gionale Strukturpolitik und den Ausbau des Schul- und Hochschulwesens. Dazu kündigte Goppel ein neues Landesplanungsgesetz, die Aufstellung eines Landesentwicklungsprogramms, die Umsetzung weiterer Maßnahmen aus dem Schulentwicklungsplan, den Bau des Klinikums in Großhadern sowie ein Hochschulgesetz an. Im letzten Abschnitt widmete sich der Ministerpräsident der Reform der Verwaltung155 sowie der Gebietsreform: «Diese Gebietsreform wird sich anschließen an die Entwicklung im Lande auf neue Mittelpunkte hin, zu neuen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen, örtlichen und regionalen Ein­ heiten.» Die zweite Regierungserklärung Goppels im November 1967 war der mittel­ fristigen Finanzplanung gewidmet.156 In seiner dritten Erklärung157 zur Mitte der Legislaturperiode Anfang November 1968 waren nach dem Einmarsch der Warschauer Pakt-Staaten am 21. August 1968 in die Tschechoslowakei zum er­ sten Mal die Verteidigungspolitik und die militärische Sicherheit an der öst­ lichen Grenze des Landes ein Thema (356 km Grenze mit der CSSR).158 Gop­ pel nutzte die Gelegenheit dazu, um für Verständnis für die «Anlage von Ver­ teidigungseinrichtungen» zu werben, gegen die es in der Vergangenheit zuneh­ mend Proteste gegeben habe. Nachdrücklich wehrte sich Goppel erneut gegen eine «Modernisierung des Föderalismus», die hinter euphemistischen Floskeln («kooperativer Föderalismus»)159 den Bundesstaat durch einen Einheitsstaat er­ setzen wolle, und erhielt dafür Beifall auch von den Oppositionsbänken. Damit aufs engste verknüpft war die Frage der Finanzreform. Angesichts der Rezession in der ersten Hälfte der Legislaturperiode, so Goppel weiter, habe die Staatsre­ gierung durch ein Konjunkturprogramm auf den Verlauf der Konjunktur steu-

154 U. Münch, Die Diskussion um eine Reform d. bundesdt. Föderalismus vor d. Hintergrund d. Entwicklungslinien d. dt. Bundesstaates vor u. nach d. Vereinigung (R. C. Meier-Walser - G. Hirscher, Hgg., Krise u. Reform d. Föderalismus) 1999. 89-110, hier 98 f. I5i Um die Leistungsfähigkeit an der Spit­ ze der Exekutive zu steigern, führte Goppel 1968 den dem Elitegedanken verpflichteten Lehrgang für Verwaltungsfiihrung ein; vgl.

F. Baer, Erster Fortbildungslehrgang f. Be­ amte d. höheren Dienstes in Bayern (Die Verwaltung 2) 1969, 97 ff. Vgl. Bayer. Staatszeitung 23. 10. 1998, 22. 2.2002. 156 StB. 1966/70 1055-1063 (28. 11. 1967). 157 StB. 1966/70 2410-2420 (7. 11. 1968). 158 Vgl. Ücker (§ 33 a) 184-187. 159 F. Heubl, Die gegenwärtige Lage un­ serer foderalist. Struktur (BVB1. 14) 1968, 4I3-4I7·

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ernd eingewirkt. Das Gesetz zur zusätzlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Struktur in entwicklungsfähigen Gebieten160 mit einem Investitionsvolumen von 60 Millionen DM sei erfolgreich gewesen. 1968 sei nahezu wieder Vollbe­ schäftigung (0,8% Arbeitslosigkeit) erreicht worden. Tatsächlich erholte sich die Wirtschaft 1968 spürbar und der Konjunkturaufschwung steigerte sich bis 1970.161 Trotz einer weiter stark steigenden Zahl ausländischer Arbeitskräfte (März 1969 182 000) blieb der Arbeitskräftemangel ein Dauerproblem.162 Im Rahmen der Strukturpolitik163 (Landesplanungsgesetz, Landesentwick­ lungsprogramm) legte Goppel besonderen Wert auf die «Verbesserung der Le­ bensverhältnisse auf dem Lande», um die ländliche Sozialstruktur zu erhalten. Die Staatsregierung legte ein 90-Millionen-DM-Programm auf (Strukturent­ wicklungsprogramm), unter anderem, um gewerbliche Dauerarbeitsplätze164 auf dem Lande zu schaffen, und kündigte eine finanzielle Ausweitung dieser Maß­ nahmen an.'65 Sie verfolgte insgesamt eine Politik des organischen und nicht des radikalen Wandels auf dem Lande. Sie setzte weiterhin auf eine breite Streuung landwirtschaftlicher Betriebsformen und betonte auch ihre Verant­ wortung gegenüber den landwirtschaftlichen Neben- und Zuerwerbsbetrieben (ca. 250000).166 Aus dem Bereich der Bildungspolitik hob der Ministerpräsident unter ande­ rem die praktische Umsetzung der Neuordnung des Volksschulwesens sowie den Fortschritt beim Schulentwicklungsplan hervor: Seit der Vorlage des Plans 1964 seien 113 höhere Schulen neu gegründet worden.167 Weiterhin gab Gop-

160 Vom 21.2.1968 (GVB1. 29). Zur unterschiedlichen Entwicklung der Wirt­ schaftsstruktur vgl. die Aufstellung über das Bruttoinlandsprodukt in den Regierungsbe­ zirken Bayerns 1957-1966, Bayern in Zahlen 1969, 149-156. 161 Bayern in Zahlen 1968, 217-224, 329335; ebd. 1969, 1-8, 86 ff., 103-111, 233239, 349-356; ebd. 1970, 1-8, 109-116, 217-225, 337-345· 162 Bayern in Zahlen 1969, 239; ebd. 1970, 224 f. 163 Vgl. zum Straßenbau z. B. Die Länge des bayerischen Straßennetzes; Bayern in Zahlen 1967, 326-331 sowie ebd. 393-399; s. H. Zimmermann - R.-D. Postlep, Ent­ wicklungslinien d. regionalen Strukturpoli­ tik (Deutsche Verwaltungsgesch. V) 1987, 863-874. 164 Arbeitsplätze gingen verloren 1968 durch die Stillegung der einzigen Steinkoh­ legrube in Stockheim, der Pechkohlengrube in Peiting (vgl. Bayer. Staatszeitung 12.7. 1968) sowie in Amberg durch die Stillegung von Hochofen und Kokereibetrieb der Luit-

poldhütte (vgl. Bayer. Staatszeitung 26.4. 1968). In Vohburg wurde hingegen die fünf­ te Erdölraffinerie Bayerns eröffnet. 165 Vgl. Schlemmer - Grüner - Balcar (8 32 c). 166 Eichmüller, Landwirtschaft (§ 31 g2) 95 f 167 StB. 1966/70 2410-2420 (7.11.1968), hier 2417; vgl. die Übersichtskarte der neu­ errichteten Schulen 1964-1968 in: Ein Pro­ gramm für Bayern I (22. 4. 1969), 57. 1967 wurden 18, 1968 17 Gymnasien, Realschu­ len, Berufsaufbauschulen u. Handelsschulen neu errichtet oder erweitert: Kulturpolitik d. Länder (§ 33 a) 1967 u. 1968, 45. 1969 u. 1970 waren es weitere 16 Gymnasien: Kul­ turpolitik d. Länder 1969 u. 1970, 40. Vgl. ferner: Ausgaben von Staat u. Gemeinden für das Schulwesen in Bayern 1966 u. in frü­ heren Jahren: Bayern in Zahlen 1968, 341-345; O. Barbarino, Bildungs- u. Hochschulpolitik aus Volks- u. finanzwirtschaftl. Sicht, 1971. Vom Staatshaushalt des Jahres 1967 in Höhe von ca. 9 Mrd. DM stellte der Posten Schulen u. Hochschulen

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pel die Einführung der elektronischen Datenverarbeitung in der Verwaltung bekannt.168 Durch das Gesetz über die elektronische Datenverarbeitung im Freistaat Bayern vom 12. Oktober 1970 wurde das Landesamt für Datenverar­ beitung geschaffen.169 Die Große Finanzreform'70 von 1969 weitete die Bundeskompetenzen aus und bedeutete insofern den Tiefpunkt der Entwicklung des bereits in der er­ sten Hälfte der sechziger Jahre in die Defensive geratenen Föderalismus.171 Je­ doch erteilte Bayern im Mai 1969 dem Finanzreformgesetz, das die Finanzver­ fassung des Grundgesetzes änderte, seine Zustimmung. Für dieses widersprüch­ liche Verhalten gibt es mehrere Gründe. Angesichts der anerkannten Notwen­ digkeit, die Finanzverhältnisse zwischen Bund und Ländern zu reformieren, wollte auch die Staatsregierung nicht für ein Scheitern der Reform verantwort­ lich sein. Ferner zwang der CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß, als Finanzmi­ nister der Großen Koalition einer der Protagonisten der Reform,172 Goppel zur Rücknahme seiner Positionen. Kernstück und zentraler Konfliktpunkt der Fi­ nanzreform waren die sogenannten Gemeinschaftsaufgaben (Artikel 91 a und b GG).‘7J Danach sollte der Bund bei für die Gesamtheit bedeutenden Landesauf­ gaben durch eine gemeinsame Planung von Bund und Ländern sowie eine fi­ nanzielle Beteiligung des Bundes bis zu 50% mitwirken. Die Bundesregierung schlug zunächst einen Katalog von neun Gemeinschaftsaufgaben vor.174 Einer kategorischen Ablehnung folgte schließlich im Frühjahr 1968 eine Einigung mit den Ministerpräsidenten auf drei Gemeinschaftsaufgaben, die dann auch in

mit mehr als 2 Mrd. DM den mit Abstand größten Titel dar: Bayern in Zahlen 1969, 24. 168 Vgl. J. Scheubel, Die Koordinierung d. Datenverarbeitung in Bayern, Bayer. Staatszeitung 2. 8. 1968. ■«9 GVB1. 457. Vgl. Bayer. Staatszeitung 9. 10. 1970; J. Scheubel, Das Bayer. Daten­ verarbeitungsgesetz (BVB1. 17) 1971, 205-209; A. Goppel, Die Bedeutung d. Da­ tenverarbeitung f. d. öffentl. Verwaltung (BVB1. 17) 1971, i f.; A. Langseder, Ge­ danken z. Aufbau eines bayer. Informations­ systems (BVB1. 17) 1971, 2-7; Datenverar­ beitung in der bayer. Verwaltung, hg. v. Landesamt f. Datenverarbeitung in d. Bayer. Staatskanzlei, 1971; 1982 erfolgte die Zu­ sammenfassung zum Bayer. Landesamt für Statistik u. Datenverarbeitung. S. H. Geiger - J. Schneider, Der Umgang mit Compu­ tern. Möglichkeiten u. Probleme ihres Ein­ satzes (Bayer. Landeszentrale f. polit. Bil­ dungsarbeit A 46) 1975. ■7° Vgl. H. Läufer - U. Münch, Das fö­ derative System d. Bundesrep. Deutschland,

19977, 196-203; W. Renzsch, Finanzverfas­ sung u. Finanzausgleich. Die Auseinander­ setzungen um ihre polit. Gestaltung in d. Bundesrep. Deutschland zw. Währungsre­ form u. dt. Vereinigung (1948-1990), 1991, 209—260. S. zeitgenössisch: F. Klein, Große Finanzreform u. Föderalismus (BVB1. 13) 1967, 406-410; PA 1968 19 e (Sonderakt Fi­ nanzreform) . 171 Der Föderalismus hatte zu dieser Zeit auch keine öffentliche Resonanz, vgl. Ücker (§ 33 a) 163 f. sowie Stichworte der Haushaltsrede von Minister Heubl, 24. 1. 1968 (PA 1967 26). 172 Renzsch (Anm. 170) 220; F. Voss, Franz Josef Strauß. Der Finanzminister d. Großen Koalition (P. Μ. Schmidhuber u. a., Hg., Beitr. zur pol. Ökonomie) 1989, 283-292. Für die CSU bedeutete die Fi­ nanzreform eine parteipolitische Zerreißpro­ be. Eine Analyse steht noch aus, vgl. z. B. SZ 27. 1. 1969. 173 Zur aktuellen Praxis s. Läufer Münch (Anm. 170) 197-203. 174 Renzsch (Anm. 170) 222.

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Dynamischer Wandel und Kontinuität 1962-1978 (K.-V. Gelberg)

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das Grundgesetz gelangten:175 Ausbau und Neubau von Hochschulen, Verbes­ serung der regionalen Wirtschaftsstruktur und Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes. Der Landtag lehnte die Finanzreform am 12. Dezem­ ber 1968 einmütig ab.176 Eine Vorentscheidung hinsichtlich der Haltung Bay­ erns im Bundesrat fiel schließlich Ende Januar 1969, als Strauß mit Goppel den «Münchner Kompromiß» aushandelte, der als taktischer Erfolg von Strauß be­ zeichnet wird.177 Neben den drei genannten Gemeinschaftsaufgaben (Artikel 91 a) sowie für Bildungsplanung und Förderung der wissenschaftlichen Forschung (Artikel 91 b) schuf die Finanzreform in Artikel 104 a Absatz 4 unter bestimmten Voraus­ setzungen für den Bund auch die Möglichkeit, Investitionen von Ländern und Gemeinden mitzufinanzieren.178 Weiter wurden eine Neuregelung der Steuer­ verteilung und des Finanzausgleichs beschlossen. Die Reform bedeutete mit ih­ ren Gemeinschaftsaufgaben vor allem einen Verlust an Gestaltungsmöglichkei­ ten für die Landesparlamente;179 die Regierungen der Länder blieben hingegen über den Bundesrat in die Entscheidungen eingebunden. Der Verlust an Kom­ petenzen im Zuge der Finanzreform wurde dadurch teilweise kompensiert, daß sich die Änderungen des Reformpakets auf das Steueraufkommen des Freistaa­ tes günstig auswirkten, also keine Einbuße an finanziellen Mitteln brachten.'80 Trotz der Dominanz wirtschaftspolitischer Themen und der Finanzreform war das bedeutendste Ereignis und die tiefgreifendste Reform der Legislaturpe­ riode die Ersetzung der Bekenntnisschule,181 die auf einer Verordnung aus dem Jahre 1883 beruhte,182 durch die Christliche Gemeinschaftsschule. Gemeinsam mit der sukzessiven Eingliederung der Pädagogischen Hochschulen in die Lan­ desuniversitäten (Abschluß 1972),183 die auch das Ende der konfessionellen

175 Vgl. Stoltenberg (§ 33 b) 176 f. 176 StB. 1966/70 2739-2761 (12. 12. 1968). 177 Renzsch (Anm. 170) 248. Vgl. Nürn­ berger Nachrichten 27. 1. 1969 (PA 1968 19 e [Sonderakt Finanzreform]); vgl. ferner Münch, Freistaat (§ 3 3 c Anm. 566) 20-23. 178 «In der Folgezeit erwiesen sich die Be­ fürchtungen mancher Landespolitiker als nicht unbegründet, daß dies ein Ansatzpunkt zur Aushöhlung ihrer verbleibenden Kom­ petenzen werden könnte», Stoltenberg (§ 33 b) 177; vgl. R. Caesar - K.-H. Hansmeyer, Die finanzwirtschaftl. Entwicklung seit 1949 (Deutsche Verwaltungsgesch. V) 1987, 919—954, hier 945 ff. 179 Läufer - Münch (Anm. 170) 199 f.; H. Klatt, Die Rolle d. Parlamente im föde­ ralen Entscheidungsprozeß (Jb. z. Staats- u. Verwaltungswiss. 3) 1989, 119-156; K.-U. Gelberg, Bayer. Landtag u. Föderalismus in Deutschland nach 1945 (Der Bayer. Landtag

v. Spätmittelalter bis z. Gegenwart. Proble­ me u. Desiderate hist. Forschung, hg. v. W. Ziegler) 1995, 185-204; H. Oberreuter, Landesparlamentarismus in Bayern. Wieder­ begründung u. Entwicklungstendenzen v. 1946 bis heute (St. Immerfall, Hg., Par­ teien, Kulturen u. Konflikte. FS f. A. Mintzel) 2000, 139-164. l8° Steueraufkommen u. Steuereinnahmen 1970 u. ihre Entwicklung, Bayern in Zahlen 1971, 160-165; vgl. ebd. 1972, 177-182. 181 Bayern war zu diesem Zeitpunkt das einzige Land der Bundesrepublik, in dem die Bekenntnisschule noch Regelschule war; vgl. Richter, Schule (§ 32 c) 122-132. 182 Verordnung vom 26. August 1883, die Errichtung der Volksschulen u. die Bildung der Schulsprengel betreffend (GVB1. 407). 183 Gesetz zur Eingliederung der Pädago­ gischen Hochschulen in die Landesuniver­ sitäten u. die Gesamthochschule Bamberg

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Trennung in der Volksschullehrerausbildung brachte, bedeutete dies Ende der sechziger Jahre einen fundamentalen Wandel. Dahinter verbarg sich - was die Terminologie eher verschleiert — eine Säkularisierung der Volks- beziehungs­ weise Grundschule.184 Damit fand das Thema, das zwei Jahrzehnte185 die Lan­ despolitik über weite Strecken beherrscht hatte, seinen Abschluß.186 Das Volksschulgesetz (1966) hatte noch einmal den Versuch unternommen, den Konzentrationsprozeß und die Modernisierung der Volksschule in Gestalt von Grund- und Hauptschule (Verbandsschulen) bei zumindest formeller Er­ haltung des Bekenntnisschulprinzips zu realisieren, an das die Staatsregierung durch Konkordat, Kirchenvertrag und Verfassung (Artikel 135) gebunden war. Im Schuljahr 1966/67 wurden in über 50% der Bekenntnisschulen die Kinder bereits in gemischt konfessionellen Klassen unterrichtet.187 Die Zusammenle­ gung der Volksschulen zu Verbandsschulen verwischte die Trennung noch mehr. Ausschlaggebend für die Reform der Volksschulstruktur waren jedoch nicht die praktischen Folgen der seit einigen Jahren betriebenen Verbandsschulre­ form, sondern, daß einige der politischen Akteure ihre Positionen änderten. Für den Positionswechsel der katholischen Kirche unter Führung Kardinal Ju­ lius Döpfners war der Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) wichtig, das die Ökumene neu und positiv bewertete. Dies hatte auch für die evangelische Kirche Bedeutung. Für die Kirchenvertreter und führende Reprä­ sentanten der CSU, an ihrer Spitze Kultusminister Huber, war ferner entschei­ dend, daß die Gliederung der Schule nach pädagogischen und nicht nach kon­ fessionellen Gesichtspunkten Priorität erhielt. Innerparteilich bedeutete das Umschwenken der CSU auf die Christliche Gemeinschaftsschule188 den end­ gültigen Sieg des von Strauß geführten liberalen CSU-Flügels189 gegenüber der aus der BVP-Tradition kommenden Gruppierung. Der Rückzug ihres jahr­

vom 25. Juli 1972 (GVB1. 292); vgl. Seibert, Bildungswesen (§ 33 a) 815. 184 Lanzinner, Reorganisation (§ 32 c) 84. 185 Huber, Schulreform (§ 33 a Anm. 103) 91 bezeichnet die Bekenntnisschule sogar als «das innenpolitische Streitthema Nr. i> seit mehr als 100 Jahren. 186 Vgl. zum Folgenden am detailliertesten Richter, Schule (§ 32 c), allerdings mit zu enger Quellengrundlage zur CSU. S. ferner die Darstellungen der Beteiligten Strauss; Huber, Schulreform (§ 33 a Anm. 103); Maser, Ev. Kirche (§ 33 b); K. Böck, Die Änderung d. Bayer. Konkordats v. 1968 (In­ formationen f. Religionslehrer an Grund-, Haupt- u. Sonderschulen Nr. 29/1989) 1989; Im Brennpunkt d. Bildungspolitik. W. Ebert z. 75. Geb., 1998, 57-63; Gabert in:

Kronawitter, Polit. Leben (§ 31 gi) 87100 u. Hamm-Brücher (§ 31 gi Anm. 976); PA 1968/69 32 c (Sonderakt Volks­ schulreform). 187 Richter, Schule (§ 32 c) 182. 188 Angesichts einer relativ dichten Litera­ tur zur Einführung der Christlichen Ge­ meinschaftsschule überrascht es, daß darin die Auseinandersetzungen innerhalb der CSU nur marginal erwähnt werden und nicht untersucht worden sind. Strauss deu­ tet in seinen Erinnerungen (533) eine scharfe Kontroverse an: «Im Parteivorstand hatte ich gegen eine Woge aus Engstirnigkeit, Fehl­ einschätzung und mangelndem Problembe­ wußtsein anzukämpfen.» 189 Vgl. Krieger, Zweite Epoche (§ 32 c) 185.

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zehntelang unangefochtenen Sprechers Alois Hundhammer 1969 aus der Politik besaß in dieser Hinsicht symbolische Bedeutung. Insoweit markiert die Ab­ schaffung der Bekenntnisschule auch eine inhaltliche Positionsverschiebung der CSU.190 Die maßgeblich von Strauß eingeleitete und dem kontinuierlichen Sä­ kularisierungstrend folgende Wendung, die die CSU vom Klerikalismusvorwurf befreite, erwies sich mit Blick auf die auch in den folgenden Jahren regelmäßi­ gen absoluten CSU-Mehrheiten als politisch instinktsicher. Ministerpräsident Goppel hielt bis zuletzt, in Verkennung der gewandelten kirchlichen Positio­ nen, an der Bekenntnisschule fest. Die maßgebliche Beteiligung der SPD belegt ihren Einfluß auf die Landespolitik auch aus der Opposition heraus,19' hatte je­ doch keine Auswirkungen auf das Wahlverhalten bezüglich der SPD. Die Befürworter der Gemeinschaftsschule, SPD, FDP und der BLLV mit sei­ nem Präsidenten Wilhelm Ebert, strebten mit Ausnahme des Religionsunter­ richts eine wertneutrale Schule an. Daß sie in der Auseinandersetzung explizit die Christliche Gemeinschaftsschule anstrebten (Plakat: «Gemeinsam zur Schule. Ja zur Christlichen Gemeinschaftsschule»), war innerhalb der SPD umstritten,'92 hing jedoch mit der Rechtslage zusammen. Eine Schule ohne das Attribut christlich bot keine gemeinsame Verhandlungsgrundlage mit den Kirchen. Die katholische Kirche lehnte allerdings dann den Begriff der Gemeinschaftsschule auch in Verbindung mit dem Attribut christlich ab.'93 Die SPD- und FDP-Opposition hatte die Staatsregierung bereits seit Jahren auf kulturpolitischem Feld, wo der Schwerpunkt der Länderkompetenzen lag, angegriffen und versucht, ihr das Stigma bildungspolitischer Rückständigkeit aufzudrücken. Am 18. April 1967 brachte die SPD einen Gesetzentwurf für ein verfassungsändemdes Schulgesetz ein, wonach die christliche Gemeinschafts­ schule die Regelschule, die Bekenntnisschule die Antragsschule werden sollte, also die Umkehrung dessen, was Artikel 135 der Verfassung bisher besagte.'94 Der Text des SPD-Entwurfs bewegte sich im Rahmen von Kirchenvertrag und Konkordat.195 Nach Ablehnung des Gesetzentwurfs durch die CSU-Mehrheit lief im Juli das von der SPD angekündigte Verfahren für ein Volksbegehren an.'96 Inzwischen hatte der Vatikan signalisiert, daß das Bekenntnisschulprinzip nicht länger eine conditio sine qua non für die katholische Kirche sei.'97 In

, 190 Minister Huber bezeichnete dies inner­ parteilich als «Auffangstellung»; vgl. Mintzel, Geschichte der CSU 310 ff. 191 Vgl. Kronawitter, Polit. Leben (§ 31 gi) 70. 192 Richter, Schule (§ 32 c) 151 f. 193 Ebd. 157, 206. 194 BBd. 1966/70 Nr. 199. Abdruck bei Seibert, Bildungswesen (§ 33 a) 759; Kock, Landtag 169.

195 Richter, Schule (§ 32 c) 162. Vgl.: Gemeinsam z. Schule. Dokumentation z. Volksbegehren Christi. Gemeinschaftsschule, hg. v. SPD-Landesverband Bayern 1967; fer­ ner E. Werner, Aschenbrödel Volksschule. 200 Jahre Schulpolitik in Bayern. Eine Do­ kumentation d. bayer. SPD, o.J. (1977/78). 194 Begründung des Volksbegehrens bei Richter, Schule (§ 32 c) 164. 197 Huber, Schulreform (833 a Anm. 103) 94 f-

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A. VII. Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ara Goppel (1945—1978)

Kenntnis dieser Konzessionsbereitschaft entwickelte Huber einen Sechs-Punk­ te-Vorschlag, der bei der evangelischen Landeskirche und der Bayerischen Bi­ schofskonferenz auf Zustimmung stieß * 98 und eine völlige Abkehr von der bis dahin von der CSU vertretenen Position bedeutete. * 99 Am 18. Juli beschloß der CSU-Landesvorstand ein eigenes Volksbegehren, das auf den ersten vier Punk­ ten des Vorschlags von Huber beruhte.200 Sowohl das von der SPD initiierte Volksbegehren als auch dasjenige der CSU waren erfolgreich. Entsprechend den Bestimmungen der Verfassung hatten die Bürger über beide in einem Volksentscheid zu befinden. Am 9. November 1967 unterzeichneten Kardinal Döpfner und Landesbischof Dietzfelbinger gemeinsame «Leitsätze für den Unterricht und die Erziehung nach gemeinsamen Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse».20* Erstmals leg­ ten die christlichen Kirchen gemeinsam ihr Anforderungsprofil für die Volks­ schule vor.202 Daran hatten sich die Parteien zu orientieren. Die Angst vor einer Niederlage bei dem im Frühjahr des kommenden Jahres bevorstehenden Volksentscheid203 sowie die komplizierte rechtliche Situation forderten zu diesem Zeitpunkt die Gesprächsbereitschaft zwischen CSU und SPD/FDP, die bislang an der Weigerung der Staatsregierung gescheitert war.204 Eine Verhandlungskommission von CSU, SPD und FDP trat zusammen, um einen gemeinsamen verfassungsändemden Gesetzentwurf zu Artikel 135 und den Entwurf eines entsprechend angepaßten Volksschulgesetzes zu erarbeiten. Die CSU war neben Strauß205 durch Kultusminister Huber, Heinrich Lades und Generalsekretär Streibl vertreten, die SPD mit Gabert, Rothemund sowie Vogel und die FDP mit ihrem Vorsitzenden Dietrich Bahner, Josef Ertl und Georg Letz. Wilhelm Ebert wurde teilweise hinzugezogen.206 Ministerpräsident Goppel nahm erst an der zweiten Sitzung teil.207 Am 6. Februar 1968 einigte

*9’ Abdruck ebd. 97. 199 Auszug der Rede Hubers vor dem CSU-Landesausschuß, 30.6. 1967: ebd. 99 f. 200 Abdruck von Text und Begründung bei Seibert, Bildungswesen (§ 33 a) 759. Vgl.: Nur noch eine Schule fiir alle Kinder. Christi. Volksschule, 1 Dokumentation, hg. v. Generalsekretariat der CSU in Bayern e.V., 1967; Abdruck beider Volksbegehren mit Begründung in BBd. 1966/70 Nr. 736. 201 Abdruck bei K. Böck, Die Änderung d. Bayer. Konkordats v. 1968. Das Ende d. Auseinandersetzungen über d. Bekenntnis­ schule u. d. rechd. Sicherung d. kath. Erzie­ hung in Bayern (Informationen f. Religions­ lehrer an Grund-, Haupt- u. Sonderschulen Nr. 29/1989) 1989, 51 f. 202 Vgl. Richter, Schule (§ 32 c) 196205.

203 Vgl. Strauss 533; Richter, Schule (§ 32 c) 189. 204 Vgl. ebd. 190. 203 Vgl. Strauss 533 f.; Kronawitter, Polit. Leben (§ 31 g 1) 93· 206 Richter, Schule (§ 32 c) 211 auf der Basis eines Gedächtnisprotokolls aus der Sit­ zung. Vgl. die abweichenden Angaben zum Teilnehmerkreis bei Strauss 534; Huber, Schulreform (§ 33 a Anm. 103) 102 u. Kro­ nawitter, Polit. Leben (§ 31 gl) 94; vgl. das Foto von einem dieser Gespräche bei Kock, Weltkrieg 454. Der BLLV hatte am 3.12. 1968 «Leitsätze zur Änderung des Art. 135 BV» vorgelegt, die fiir die Konsensfin­ dung in den Gesprächen wichtig wurden, Richter, Schule (§ 32 c) 208-211; Huber, Schulreform (§ 33 a Anm. 103) 102. 207 Richter, Schule (§ 32c) 213.

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man sich über die Änderung der Verfassung und des Volksschulgesetzes.208 Ar­ tikel 135 sollte zukünftig lauten: «Die öffentlichen Volksschulen sind gemeinsa­ me Schulen für alle volksschulpflichtigen Kinder. In ihnen werden die Schüler nach den Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse unterrichtet und erzogen. Das Nähere bestimmt das Volksschulgesetz.» Eine Anmerkung dazu garantierte bekenntniseinheitliche Klassen. Ferner kamen die Parteien überein, daß die Ausbildung der Volksschullehrer an den Pädagogischen Hochschulen des Staa­ tes künftig gemeinsam erfolgen sollte.209 Der Parteienkompromiß war die Basis für Verhandlungen mit den Kirchen. Die Gespräche mit der evangelisch-luthe­ rische Landeskirche verliefen problemlos. Nach zähen Verhandlungen210 wurde auch mit der katholischen Kirche durch die Neuformulierung der Schulartikel des Konkordats ein Konsens gefunden. Die Einigung zwischen Parteien und Kirchen wurde in der Niederschrift einer Schlußbesprechung am 25. April 1968 festgehalten.211 Am 29. April 1968 wurde der Gesetzentwurf zur Änderung von Artikel 135 der Verfassung in der am 6. Februar von den Parteien festgelegten Fassung auf gemeinsamen Antrag von CSU- und SPD-Fraktion mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit im Landtag angenommen.212 Am 7. Juli 1968 fand schließ­ lich der erste Volksentscheid seit 1946 zur Änderung der Bayerischen Verfas­ sung statt.2*3 Eine deutliche Mehrheit von 76,3% sprach sich am 7. Juli 1968 für den gemeinsamen Entwurf aus. Die Wahlbeteiligung betrug 40,7%.214 Die Änderung von Artikel 135 trat zum 1. August 1968 in Kraft. Am 7. Oktober 1968 wurden die entsprechenden Verträge über die Änderung des Bayerischen Konkordats mit dem Hl. Stuhl und des Vertrags mit der evangelisch-lutheri­ schen Kirche in Bayern unterzeichnet.2*5 Am 10. Dezember stimmte der Land-

208 Abdruck des Schlußprotokolls der Ver­ handlungskommissionen von CSU, SPD und FDP, 6. 2. 1968, bei Listl 392 ff. 209 Maser, Ev. Kirche (§ 33 b) 219. Vgl. Richter, Schule (§ 32 c) 217 fr. 210 Vgl. Huber, Schulreform (§ 33 a Anm. 103) 102-106; Richter, Schule (§ 32 c) 224-227. 211 Abdruck der Niederschrift über die Schlußbesprechung zur Änderung der Kir­ chenverträge im Hinblick auf die im Schlußprotokoll der CSU, SPD und FDP vom 6. Februar 1968 vorgesehene Neufas­ sung des Art. 135 der Bayerischen Verfas­ sung und des Volksschulgesetzes am 25. April 1968 in der Bayerischen Staatskanzlei in München bei Maser, Ev. Kirche (§ 33 b) 289-295; vgl. Richter, Schule (§ 32 c) 227233-

212 BBd. 1966/70 Nr. 1016. 213 Vgl. den Kommentar von Ücker (§ 33 a) 181-184. Zur Abstimmung standen

das Volksbegehren von SPD/FDP (Kenn­ wort: Christliche Gemeinschaftsschule), das Volksbegehren der CSU (Kennwort: CSUChristliche Volksschule) sowie der im Land­ tag von CSU u. SPD gemeinsam angenom­ mene verfassungsändemde Gesetzentwurf; vgl. Abdruck der Bekanntmachung der Bay­ er. Staatsregierung, 15.5.1968, betr. den Volksentscheid, Münchner Merkur 17.6. 1968 (PA 1968/69 32 c [Sonderakt Volks­ schulreform]). 214 Richter, Schule (§ 32 c) 236; vgl. da­ von abweichend das vorläufige Endergebnis, Bayer. Staatszeitung 12. 7. 1968. 215 Vgl. zur Unterzeichnung PA 1968/69 32 c (Sonderakt Volksschulreform), darin u. a. die Ansprachen von Nuntius Corrado Bafile, Landesbischof Dietzfelbinger sowie Ministerpräsident Goppel zur Unterzeich­ nung der Verträge; Vertrag vom 7. Oktober 1968 zwischen dem Hl. Stuhl u. dem Frei­ staat Bayern zur Änderung u. Ergänzung der

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tag zu. Am selben Tag beschloß er auch den aus den Kompromißverhandlungen hervorgegangenen gemeinsamen Gesetzentwurf von CSU und SPD216 zur Änderung des Volksschulgesetzes.217 Nunmehr bestand die rechtliche Grundlage für eine nicht nur Schritt für Schritt vorgehende Verbandsschulreform. Als das Ausmaß der damit verbunde­ nen Veränderungen - in den zwei Jahren nach der Verfassungsänderung wur­ den nicht weniger als 2300 Volksschulen aufgelöst218 — deutlich wurde, gab es nicht unerhebliche Widerstände, die sich in zahlreichen Boykottaktionen der Eltern gegenüber den neuen, meist weiter entfernten Schulen ihrer Kinder ma­ nifestierten.219 Ein zunächst vom Ministerrat beschlossenes Junktim zwischen der Bildung von Schulverbänden und der künftigen Gebietsreform mußte die Staatsregie­ rung nach massiven Protesten zurücknehmen.220 Hier kündigten sich weitere Auseinandersetzungen an. Das abschließende Resümee Kultusminister Hubers lautete: «Die innere und äußere Reform der bisherigen Volksschule bildet eine der Voraussetzungen für ein auf Leistung hin ausgerichtetes Bildungssystem.»221 Charakteristisch für die Studentenunruhen der Jahre 1967-1969 (die unter der Chiffre «1968» zusammengefaßt werden) waren deren Internationalität und der hohe Grad allgemeiner Politisierung, auch wenn sie zunächst von Kritik an der Struktur der Universität und den mit der starken Vergrößerung der Stu­

Art. $ und 6 des Bayer. Konkordats vom 29. März 1924. Bekanntmachung vom 13. De­ zember 1968 (GVB1. 398), Abdruck bei Listl 383-390; Vertrag vom 7. Oktober 1968 zwischen dem Freistaat Bayern u. der Evang.-Luth. Kirche in Bayern zur Ände­ rung des Vertrags zwischen dem Bayer. Staate u. der Evang.-Luth. Kirche in Bayern vom 15. November 1924. Bekanntmachung vom 13. Dezember 1968 (GVB1. 401), Ab­ druck bei Listl 556-559, synoptische Über­ sicht des Kirchenvertrags von 1924 u. 1968 bei Masbr, Ev. Kirche (§ 33 b) 296-328; synoptische Übersicht der wesendichen Neuerungen von Kirchenvertrag und Kon­ kordat bei Seibert, Bildungswesen (§ 33 a) 761 ff. S. ferner W. Hofmann, Das neue Schulrecht d. Bayer. Verfassung u. d. Kir­ chenverträge (BVB1. 15) 1969, 261-265; Kir­ che in Bayern. Verhältnis zu Herrschaft u. Staat im Wandel d. Jahrhunderte, 1984, 272 f.; J. Listl, Die konkordatäre Entwick­ lung v. 1817 bis 1988 (Brandmüller III) 458-463; H. Böttcher, Rechts- u. Bil­ dungswesen (HBEKB II) 400 f. 216 Vgl. BBd. 1966/70 Nr. 1542.

117 Gesetz zur Änderung des Volksschul­ gesetzes vom 13. Dezember 1968 (GVB1. 402). Vgl. synoptischer Abdruck mit dem Volksschulgesetz vom 17. 11.1966 bei Sei­ bert, Bildungswesen (§ 33 a) 764 fr. 218 Die Zahl öffentlicher Volksschulen sank von 5501 auf 3206 zu Beginn des Schuljahres 1970/71, Kulturpolitik d. Länder (§ 33 a) 1969 u. 1970, 39. Vgl. Huber, Schulreform (§ 33 a Anm. 103) 106 sowie Bayern in Zahlen 1970, 379-382. 2,9 Vgl. dazu zahlreiche Artikel in: PA 1968/69 32 c (Sonderakt Volksschulreform). 220 Die Welt 2. 11. 1968, Münchner Mer­ kur 31.10.1968 (PA 1968/69 32c [Sonder­ akt Volksschulreform]). Vgl. Huber, Schul­ reform (§ 33 a Anm. 103) 107: «Ich hatte da­ mals die Kirchen und die innere Verwaltung gebeten, die drei Reformen (Schule, Ge­ meinde, PfärTei) gemeinsam zu organisieren, um dann großräumige neue Gemeindeein­ heiten in der Verbindung der drei Elemente Gemeinde, Schule und Kirche zu schaffen.»; vgl. «Kirchen beginnen mit der Raumord­ nung», Bayer. Staatszeitung 16.8. 1968. 221 Kulturpolitik der Länder (§ 33 a) 1967 u. 1968, 45.

§ 33- Dynamischer Wandel und Kontinuität 1962-1978 (K.-U. Gelberg)

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dentenzahlen einhergehenden Engpässen in der Lehre ihren Ausgang genom­ men hatten.222 Ziele der Kritik waren vor allem die 1968 von der Großen Ko­ alition im Bundestag verabschiedeten Notstandsgesetze, von denen ein Zerrbild als Einfallstor zur Diktatur gezeichnet wurde, sowie die Kriegführung der Ver­ einigten Staaten in Vietnam. Den Wortführern des Protests diente die Gesell­ schaftskritik des Neomarxismus der Frankfurter Schule (Herbert Marcuse)223 als «ideelles Bezugssystem».224*Wesentlich war ferner die sich mit den Studenten­ unruhen ausbreitende Gegenkultur (Haartracht, Kleidung, Musik, neue Ein­ stellung zur Sexualität).223 Höhepunkt der Unruhen waren die Demonstratio­ nen an den Ostertagen 1968 (nach dem Anschlag am Gründonnerstag auf Rudi Dutschke in Berlin). Am 1$. April 1968 fanden bei der Blockade der Ausliefe­ rung der BILD-Zeitung in der Münchner Schellingstraße ein Journalist und ein Student den Tod.226 Es folgten die Vorlesungsstreiks an den Münchner Hoch­ schulen im Mai 1968 vor der Verabschiedung der Notstandsgesetze im Bundes­ tag am 30. Mai 1968227 unter anderem mit Verkehrs- und Gleisblockade am Hauptbahnhof und 1969, als die bundesweite Entwicklung bereits abflaute, am 30. Januar 1969 die Senatsbesetzung, im Februar die Räumung des Zeitungs­ wissenschaftlichen Instituts sowie im Juni 1969 ein Vorlesungsstreik gegen das geplante Hochschulgesetz. Radikaler als an der Universität artikulierte sich der

222 Vgl. H.G. Hockerts, betont wird, hat der Senat auch weiter­ hin herausragende Bedeutung. Als beratendes Gremium repräsentiert er wichti­ ge gesellschaftliche Bereiche, fuhrt deren Anliegen zusammen und bringt sie in die parlamentarische Willensbildung ein.»364

sen (Schnftenr. d. Senatsverwaltung f. Ar­ beit, Berufl. Bildung u. Frauen [Berlin]), 1998; vgl. Köpf (§ 34) 229 f. 356 Zu seiner Entstehung vgl. § 31 d. 357 Vgl. allg. zur Politikverdrossenheit An­ fang der neunziger Jahre die Hefte: Aus Po­ litik u. Zeitgesch. B 21/90 (Mai 1990) u. B 34-33/92 (August 1992), u. a. mit Beiträgen v. E. K. Scheuch u. H. H. v. Arnim sowie Pol. Studien Sonderheft 8/1993. 338 Zur Person: Maximilianeum 6 (1994) lif., 24; zu seinen Äußerungen: Die

Abendzeitung 30.10.1996, SZ 6.11.1996 sowie StB. 1994/98, 4400-4408 (3. 11.1996). 339 Die Entwicklung bis zu seiner Auflö­ sung dokumentiert: H. Schmöger, Der Bayer. Senat. Ergänzungsbd., 2001, 24-112; ebd. 134-160 auch eine ergänzte Bibliogra­ phie. 360 Kock, Landtag 378. 361 Schmöger (Anm. 359) 26. 362 Ebd. 46. 363 Ebd. 27. 364 Ebd. 52.

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A. VIII. Ausblick

Parallel zur Diskussion über Fortbestand oder Reform des Senats hatten sich alle Landtagsfraktionen (CSU, SPD, Grüne) auf eine Verfassungsreform geei­ nigt.365 Verhandlungsführer von CSU und SPD waren Manfred Weiß und Klaus Hahnzog. Neu waren der Europa-Artikel (Art. 3 a) sowie das Staatsziel Sport (Art. 140) und die Verankerung von Behindertenrechten (Art. 118 a). Gestärkt wurden ferner die Rechte der Opposition in Untersuchungsausschüs­ sen (Art. 25); sie kann nun auch den Vorsitzenden stellen. Eine Aufwertung für das Parlament bedeutete die künftige Wahl des bayerischen Datenschutzbeauf­ tragten sowie des Präsidenten des Bayerischen Rechnungshofs durch den Land­ tag. Neu war auch dessen Recht, mit einem Fünftel der Stimmen EnqueteKommissionen einzusetzen. Die Zahl der Abgeordneten im Landtag wurde ab 2003 auf 180 Mandate (vorher 204) begrenzt und die Mitgliederzahl der Staats­ regierung bereits ab 1998 auf 18. Ferner erreichte die CSU eine Verlängerung der Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre. Mit einem neuen Wahlmodus für die Verfassungsrichter (2/3-Mehrheit) konnte sich die Opposition hingegen nicht durchsetzen. Das Reformpaket wurde den Bürgern nach der Zustimmung des Landtags im Sommer und Herbst 1997 mit 2/3-Mehrheit in zwei Gesetz­ entwürfen zur Annahme per Volksentscheid präsentiert. Damit lagen den Wahlberechtigten beim Volksentscheid vom 8. Februar 1998 insgesamt gleich vier Gesetzentwürfe vor:366 I. Gesetzentwurf «Schlanker Staat ohne Senat», II. Senatsreformgesetz (der CSU-Fraktion), III. Verfassungsreformgesetz, Weiterentwicklung im Bereich der Grund­ rechte und Staatsziele, IV. Verfassungsreformgesetz, Reform von Landtag und Staatsregierung. Angenommen wurden die beiden Verfassungsreformgesetze (Grundrechte u. Staatsziele, Landtag u. Staatsregierung)367 und der Gesetzentwurf der ÖDP («Schlanker Staat ohne Senat»). Bei einer Wahlbeteiligung von 39,9% sprachen sich nur 23,6% für das Senatsreformgesetz aus, das damit abgelehnt war. Hin­ gegen stimmten 69,2% für den Gesetzentwurf zur Abschaffung des Senats.368 Im November 1998 beschloß der Senat, ein Verfahren zur verfassungsrecht­ lichen Prüfung des Volksentscheids zur Abschaffung des Senats einzuleiten.369 Nach seiner Ansicht sei es verfassungsrechtlich bedenklich, daß ein Verfas­ sungsorgan durch einen verfassungsändemden Volksentscheid (ohne Zustim­ mung des Landtags) abgeschafft werde, bei dem sich weniger als 40% der Ab­ stimmungsberechtigten beteiligt und lediglich 27,3 % aller Stimmberechtigten für die Abschaffung des Senats ausgesprochen hatten. Angelpunkt der Argu-

365 Maximilianeum 9 (1997) 25 f., 88, 97 f.; FAZ 7.2. 1998. 3“ Vgl. die Bekanntmachung der Bayer. Staatsregierung vom 24. 11. 1997 zu den Volksentscheiden am 8. 2. 1998.

367 Gesetze vom 20. 2. 1998 (GVB1. 38, 39)· 368 Bayern in Zahlen 1998, 136-142; Ma­ ximilianeum 10 (1998) 23 f.; Bayer. Staatsan­ zeiger 20. 2. 1998. 369 Schmöger (Anm. 359) 60 f.

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mentation war die Tatsache, daß weder die Verfassung (Art. 74 BV) noch das Landeswahlgesetz Beteiligungs- bzw. Zustimmungsquoren enthielten. Der Se­ nat hielt ein Zustimmungsquorum von 50% der Abstimmungsberechtigten für erforderlich. In seiner Entscheidung vom 17. September 1999,370 mit der er den Antrag des Senats abwies, stellte der Bayerische Verfassungsgerichtshof zwar fest, daß für Verfassungsänderungen im Wege der Volksgesetzgebung beim Volksent­ scheid ein Quorum erforderlich sei, das in der Verfassung fehle; diese Lücke könne jedoch durch Auslegung geschlossen werden. Der Verfassungsgerichts­ hof hielt ein Zustimmungsquorum von 25 % für angemessen. Daher bezeich­ nete er die Zustimmungsquote von 27,3 %, die das Gesetz zur Abschaffung des Bayerischen Senats am 8. Februar 1998 erhalten hatte, für ausreichend.371* Die Auflösung des Verfassungsorgans Bayerischer Senat zum 1. Januar 2000 (Streichung des 3. Abschnitts der BV Art. 34-42)371 war keineswegs zwangsläu­ fig. Zu seiner Beseitigung trug wesentlich bei, daß es der Senat versäumt hatte, seine qualitativ und quantitativ bedeutende Mitwirkung an der Gesetzgebung kontinuierlich in einer der Mediendemokratie angemessenen Weise zu präsen­ tieren. Zum Verhängnis wurde ihm ferner, daß er sich lange geweigert hatte, seine Zusammensetzung den veränderten gesellschaftlichen Strukturen anzupas­ sen.373 Während der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion Glück für den Se­ nat eintrat, hielten sich der Ministerpräsident und die Staatsregierung eher be­ deckt.374 Parallel zur Auflösung des Senats wurden auch der Sinn und Zweck der Bayerischen Bezirke öffentlich intensiv diskutiert.375 Eine Schwächung des Landtags hatte die intensivere Anwendung der Volksgesetzgebung in Bayern in den neunziger Jahren nicht zur Folge. Sie wurde vielmehr ausdrücklich als be­ lebend für den Landesparlamentarismus bewertet.376 Versuchen der ÖDP und anderer Initiativen, auf der Welle dieses Erfolges weitere Volksbegehren zu starten,377 unter anderem mit dem Ziel, die Verfassungsrichter in Bayern künf-

370 Entscheidung sowie Urteil des Verfas­ sungsgerichtshofs ebd. 62-99. Vgl. auch Maximilianeum 11 (1999) 127 f. 371 Vgl. C. Thum, Zur Ausgestaltung d. Mehrheitsprinzips in d. unmittelbaren De­ mokratie. Systemat. Überlegungen z. Frage eines Quorums bei Bürger- u. Volksent­ scheiden (BVB1. 46) 2000, 33-43. Aufgrund des Urteils des Verfassungsge­ richtshofs vom 17.9. 1999 wurde durch das Gesetz zur Änderung des Landeswahlgeset­ zes vom 28.6. 2000 (GVB1. 365) bei Volks­ entscheiden über verfassungsändemde Ge­ setze ein Zustimmungsquorum von 25 % der

Stimmberechtigten eingefuhrt; vgl. Schmögbr (Anm. 359) 109. 371 Gesetz zur Abschaffung des Bayer. Se­ nats, 20. 2. 1998 (GVB1. 42). 373 Vgl. § 33 d. 374 Vgl. z. B. Handelsblatt 10. 2.1998. 375 Vgl. B. Merk, Reform der Bezirke? (BVB1. 45) 1999, $45 ff.; Maximilianeum 11 (i999) iO4f.; 13 (2001) 17 ff. 376 Vgl. C. Giersch, Föderalismus u. Län­ derparlamentarismus nach d. dt. Einheit (P. R. Weilemann u. a., Macht u. Zeitkritik. FS H.-P. Schwarz) 1999, 637-648, hier 645. 377 SZ 16. 2., 11. 3., 6. 7. u. 28. 8. 1998.

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A. VIII. Ausblick

tig mit Zweidrittelmehrheit durch den Landtag wählen zu lassen, blieb der Er­ folg versagt.378 1998 legte das Sozialministerium erstmals einen «Bericht der Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern» vor. Er bestand aus einem Bericht der Exekutive und einem Material- und Analyseband einer wissenschaftlichen Projektgruppe. Mit dem Sozialbericht reagierte die Staatsregierung unter Sozialministerin Stamm auf die Ergebnisse des im Auftrag des DGB Bayern 1994 vorgelegten Armutsberichts379 sowie die seit längerem vorgetragene Forderung des DGB nach einer systematischen Armutsberichterstattung. Auch die Staatsregierung, die in ihrer Darstellung Armut anders definierte, als dies im Analyseteil der Fall war, mußte einräumen, daß es trotz der erfolg­ reichen bayerischen Struktur- und Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahr­ zehnte, die insgesamt einen beachtlichen Einkommenszuwachs in Bayern be­ wirkt hatte, eine nennenswerte Zahl von Haushaltungen gab, die daran nicht teilhatte und daß diese weiter wuchs.380 Der Sozialbericht reagierte darauf mit einem Bündel von Maßnahmen, unter anderem gegen Überschuldung. 1998 forderte Ministerpräsident Stoiber in einer Regierungserklärung381 zum Föderalismus mehr Wettbewerb unter den Ländern (Wettbewerbsföderalismus im Unterschied zum bisherigen Beteiligungsföderalismus).382 Im Kern handelt es sich um die Übertragung des im Bereich der Ökonomie selbstverständlichen Konkurrenzprinzips auf die Politik, um damit einen Innovationswettbewerb unter den Ländern auszulösen. Im ersten Schritt ging es dem Regierungschef um eine Änderung des Länder­ finanzausgleichs, in den Bayern erst seit 1989383 einzahlte.384 Bayern wollte er­ reichen, daß den Geberländem mindestens 50% ihrer Steuermehreinnahmen verblieben (Halbteilungsgrundsatz). Die bayerische SPD, die seit den siebziger Jahren den «Spagat zwischen bayerischer Verortung und bundespolitischer Orientierung»385 durch eine Koppelung des föderalistischen Bekenntnisses an den solidarischen Grundsatz gleicher Lebensbedingungen in allen Ländern zu überwinden versucht hatte, kritisierte diese Forderung scharf als Entsolidarisie-

378 SZ 24.5.2000; Nürnberger Nachrich­ ten 23. 5. 2000; FAZ 24. 5. 2000. 379 DGB Bayern, Hg., Leben ohne Wür­ de, Armut in Bayern. Bayer. Armutsbericht 1994. I9963. 380 1997 bezogen mit 9,5% insgesamt 495000 Haushalte in Bayern Niedrigein­ kommen unter der 50 %-Einkommens­ schwelle. Überproportional betroffen waren: Arbeitslosenhaushalte, Haushalte von Allein­ erziehenden mit i oder 2 Kindern, Familien mit drei und mehr Kindern, alleinlebende Frauen ab 60 sowie Haushalte mit ausländi­ scher Bezugsperson; vgl. Sozialbericht (§ 34) 65 f.

381 StB. 1994/98, 7031-7040 (4.2. 1998). 382 Maximilianeum 10 (1998) 17; vgl. H. KLATT, Plädoyer f. einen Wettbewerbsföde­ ralismus (R. C. Meier-Walser - G. HirSCHER, Hgg., Krise u. Reform d. Födera­ lismus) 1999, 64-78; R. Sturm, Föderalismus in Deutschland, 2001, 49-52. 383 Bis 1986 gehörte Bayern zu den Neh­ merländern; vgl. Der Spiegel 5/2002, 72, 76. 384 Zu diesem Thema gehört ferner die Frage der Länderneugliederung; vgl. zur Diskussion um Länderfinanzausgleich u. Länderneugliederung K. Eckart - H. Jenkis Hgg., Föderalismus in Deutschland, 2001. 385 Münch (§ 34) 29.

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rung. Ministerpräsident Stoiber hielt dem entgegen, es gehe nicht um Aufkün­ digung der Solidarität, sondern um die «Beseitigung der leistungsfeindlichen Übernivellierung».386 Durch die Praxis des Finanzausgleichs könnten die Erfol­ ge einer guten Landespolitik im Lande selbst immer weniger sichtbar gemacht werden. Das Credo des Ministerpräsidenten lautete: «Gerade der föderale Wettbewerb weckt Kreativität, spornt zur Leistung an, bringt letztendlich Vor­ teile für alle, für die Länder und für ganz Deutschland.»387 Sollte bei einer Änderung des Finanzausgleichs keine Lösung im Konsens möglich sein, stellte er eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Aus­ sicht. Auf Klage Bayerns, Baden-Württembergs und Hessens stellte das Bundes­ verfassungsgericht schließlich am 11. November 1999 fest, in seiner jetzigen Form sei der Länderfinanzausgleich verfassungswidrig, und setzte der Politik enge Vorgaben und eine Frist (1.1.2003) zu dessen Reform.388 Bund und Län­ der einigten sich im Sommer 2001 darauf, die Geberländer ab 2005 zu entla­ sten. Die Lasten übernimmt der Bund. Ministerpräsident Stoiber begrüßte die­ ses Verhandlungsergebnis: Damit sei das Tor für mehr Leistung und Wettbe­ werb unter den Ländern aufgestoßen.389 Dies war allerdings nur der erste Schritt.390 Bei der Landtagswahl am 13. September 1998 wurde das Landesparlament erstmals auf fünf Jahre statt auf vier gewählt.391 Die CSU hielt ihr Ergebnis von 1994 und kam auf 52,9% (+0,1%). Die SPD erreichte 28,7% (—1,3%), Grüne 5,7% (-0,4%), Republikaner 3,6% (-0,3%), ÖDP 1,8% (-0,3) und die FDP 1,7% (— i,i)·392 Die Freien Wähler, seit Jahrzehnten auf kommunaler Ebene eine feste Größe, die erstmals landesweit antraten und denen man vor Jahres­ frist Chancen eingeräumt hatte, ins Maximilianeum einzuziehen, erzielten le­ diglich 3,7% der Stimmen. Die CSU stellte nunmehr im Landtag 123 (+ 3) Ab­ geordnete, die SPD 67 (- 3) und die Grünen wie zuvor 14.393 Nach Ansicht der Meinungsforschungsinstitute gaben das Ansehen des Amts­ inhabers («Stoiber-Wahl»), der zum zweiten Mal gegen Renate Schmidt ange­ treten war, sowie die gute Wirtschaftslage des Landes den Ausschlag für den

386 Vgl. Regierungserklärung Stoibers; StB. 1998/03, 47-59 (29. 10. 1998), hier 51. 387 Vgl. Regierungserklärung Stoibers; StB. 1998/03, 2422-2430 (22.3.2000), hier 2426. 388 R. Sturm, Föderalismus in Deutsch­ land, 2001, ioo-iii; vgl. Regierungserklä­ rung Stoibers; StB. 1998/03, 2422-2430 (22. 3. 2000); Bayer. Staatszeitung 24. 3.2000. 389 Maximilianeum 13 (2001) 81 f. 390 «Eine Finanzreform im Föderalismus ist deshalb nur sinnvoll, wenn sie mit einer Neustrukturierung des Verhältnisses von

Bund und Ländern, einer Reföderalisierung der staatlichen Aufgabenverteilung, verbun­ den ist»; R. Sturm, Föderalismus in Deutschland, 2001, in. Vgl. Regierungser­ klärung Stoibers; StB. 1998/03, 2422-2430 (22. 3. 2000). 391 Maximilianeum 10 (1998) 85-90. 392 Bayern in Zahlen 1999, 105-109. 393 Die CSU erzielte wie 1994 99 Direkt­ mandate, die SPD fünf. Die Frauenquote er­ reichte den Rekordstand von 22,5 % (45 von 204 Abgeordneten).

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A. VIII. Ausblick

Wahlsieg der CSU.394 Ministerpräsident Stoiber wurde am 29. September 1998 vom Landtag mit 123 Stimmen zum zweiten Mal wiedergewählt.395 Bei der Regierungsbildung39* Anfang Oktober - dem Kabinett gehören nach der bei der Verfassungsreform 1998 beschlossenen Begrenzung der Kabinetts­ mitglieder nur noch 18 Personen an - kam es zu einem größeren Revirement und einer deutlichen Veijüngung. Neuer Landwirtschaftsminister wurde Josef Miller, neuer Justizminister Alfred Sauter. An die Spitze des Umweltressorts berief der Ministerpräsident den Kronacher Landrat Werner Schnappauf. Im Kabinett verblieben Innenminister Beckstein, Wirtschaftsminister Wiesheu und Sozialministerin Barbara Stamm, künftig anstelle von Wissenschaftsminister Zehetmair auch Stellvertreterin des Ministerpräsidenten. Das Kultusministerium wurde zum zweiten Mal nach 1986 geteilt, was auch die Opposition begrüßte. Der bisherige Kultusminister Zehetmair leitete nunmehr das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Chefin des wesentlich größeren Res­ sorts für Unterricht und Kultus wurde seine frühere Staatssekretärin Monika Hohlmeier. Erwin Huber, erst Ende 1993 aus der Staatskanzlei an die Spitze des Finanzministeriums gewechselt, kehrte dorthin zurück. Er tauschte den Po­ sten mit Kurt Faltlhauser, der nun an die Spitze des Finanzministeriums trat. Neuer Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten, ebenfalls in der Staatskanzlei, wurde der bisherige Landwirtschaftsminister Bocklet. Diese «Machtfülle» in der Regierungszentrale wurde von der Opposition heftig kriti— siert. Der scheidende Umweltminister Thomas Goppel übernahm das Amt des CSU-Generalsekretärs.397

394 Forschungsgruppe Wahlen (Hg.), Eine Analyse d. Wahl v. 13. Sept. 1998 (Berichte d. Forschungsgruppe Wahlen 90) 1998. 393 StB. 1998/03, 21 (29.9.1998). 394 Maximilianeum 10 (1998) 91. 397 Die Frage der Verantwortung für Ver­ luste der Landeswohnungs- und Städtebau­ gesellschaft Bayern (LWS) in den neuen Ländern in Höhe von 400 Millionen DM, die dem Aufsichtsratsvorsitzenden der LWS in den Jahren 1993-1998, Justizminister Sau­ ter, angelastet wurde, der seinerseits Mini­ sterpräsident Stoiber eine maßgebliche Mit­ schuld gab, veranlaßten den Ministerpräsi­ denten am $.9. 1999, Sauter den Geschäfts­ bereich des Staatsministers der Justiz zu ent­ ziehen und die Zustimmung des Landtags zu seiner Entlassung zu beantragen. Der Entlas­ sung kam Sauter durch seinen Rücktritt zu­ vor. Am 13.9. 1999 wurde Manfred Weiß zum neuen Justizminister ernannt; vgl. Ma­ ximilianeum ii (1999) 116; StB. 1998/03, 1610-1653 (13· 9· 1999)· Der BSE-Skandal an der Jahreswende

2000/2001 sowie Vorwürfe an die Adresse des für den Verbraucherschutz zuständigen Sozial- und des Landwirtschaftsministeriums zwangen Ministerpräsident Stoiber am 30. 1.2001 zur Regierungsumbildung. Sozi­ alministerin Stamm schied aus. Sie wurde durch Christa Stewens ersetzt. Landwirt­ schaftsminister Miller blieb im Amt. Aus Abteilungen des Sozial- und Landwirt­ schaftsministeriums wurde ein neues Ver­ braucherschutzministerium (Bayer. Staatsmi­ nisterium für Gesundheit, Ernährung u. Verbraucherschutz) unter dem unterfränki­ schen Abgeordneten Eberhard Sinner gebil­ det. Sinner war die zweite Wahl Stoibers, der zunächst den Präsidenten der TU-München, Prof. Wolfgang Herrmann, nominiert hatte, der jedoch wegen eines anhängigen Steuerverfahrens dann doch nicht für das Amt zur Verfügung stand. Stellv. Minister­ präsident wurde nunmehr Innenminister Beckstein; vgl. u. a. mit dem kritischen Kommentar der Opposition: Maximilianeum 13 (2001) i f.

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Das bedeutendste politische Ereignis des Jahres 1998 war die Niederlage der Union bei der Bundestagswahl vom 27. September 1998.398 Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bildete die erste rot-grüne Bundesregierung aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen.399 Erstmals seit 45 Jahren rutschte auch die CSU bei einer Bundestagswahl unter 50%.400 Durch die bundespolitische Niederlage der CSU verlor der seit 1988 amtierende CSU-Vorsitzende Theo Waigel seine Machtbasis. Er zog die Konsequenzen und verzichtete auf eine abermalige Kandidatur. Am 16. Januar 1999 wählte die CSU Ministerpräsident Edmund Stoiber zum Parteivorsitzenden. Damit hat er sich, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung, als der eigentliche «Erbe» von Franz Josef Strauß erwiesen. Wie in den siebziger Jahren hatte die parteipolitische Frontstellung zwischen Bundesregierung und Staatsregierung zur Folge, daß bundespolitische Themen in der Landespolitik besonders akzentuiert wurden. Noch mehr als damals setz­ ten Staatsregierung und Ministerpräsident, der die Staatskanzlei mehr als je zu­ vor zu einer mit umfassenden Kompetenzen versehenen Regierungszentrale ausgestaltet hatte, in ihrer Argumentation für die Interessen des Landes und ge­ gen die rot-grüne Bundesregierung auf Konkurrenz zwischen einer reform­ orientierten Bundes- und einer wertkonservativen sowie leistungsorientierten Landespolitik, nunmehr unter dem Schlagwort des Wettbewerbsfoderalismus. Wichtigstes Forum ihrer Politik blieb dabei der Bundesrat. Am 29. Oktober 1998 legte der Ministerpräsident im Landtag seine Regie­ rungserklärung für die Jahre bis 2003 vor.401 Darin transportierte er im Kem die in dem folgenden Satz zusammengefaßte Überzeugung: «Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, daß wir durch Abschottung gegen die Globalisierung we­ der unsere Arbeitsplätze noch die finanzielle Leistungskraft unseres Sozialsy­ stems retten können. Wir müssen uns dem Wettbewerb mit Offenheit gegen­ über Technik und Fortschritt stellen.»402 Als Schlüssel zur Stärkung der interna­ tionalen Wettbewerbsfähigkeit des Landes galt die Fortsetzung der 1994 begon­ nenen High-Tech-Offensive, die der Ministerpräsident als einzigartigen «lan­ despolitischen Kraftakt»403 bezeichnete. Der Regierungschef zeigte jedoch auch

398 Vgl. Münch (§ 34) 32 fr. Bund: SPD 40,9%, CDU/CSU 35,1%, Bündnis 90/Die Grünen 6,7%, FDP 6,2% und PDS 5,1 %. 399 Dem Landesverband Bayern der SPD gehörten Bundesinnenminister Otto Schily sowie die Parlamentarischen Staatssekretäre im Arbeits- und Verteidigungsministerium Ulrike Mäscher und Walter Kolbow an. Das gilt ferner für den im Januar 2001 berufenen Staatsminister beim Bundeskanzler und Be­ auftragten der Bundesregierung für Angele­ genheiten der Kultur und der Medien, Julian Nida-Rümelin.

400 Bayern: CSU 47,7% (-3,5%), SPD 34,4% (+4,8%), Bündnis 90/Die Grünen 5,9% (-0,4%), FDP 5,1% (-1,3%). Von den 93 Abgeordneten aus Bayern stellten: CSU 47, SPD 34, Grüne 6, FDP 5 und PDS 1; Bayern in Zahlen 1998, 500; www.Stati­ stik. bayem.de. 401 StB. 1998/03, 47-59 (29. 10. 1998). Vgl. die Erwiderungen der Opposition: Re­ nate Schmidt (SPD) ebd. 59-69; Ruth Paulig (Grüne) ebd. 69-78. Vgl. Maximilianeum 10 (1998) 97 f402 Ebd. 47. 403 Ebd. 49.

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A. VIII. Ausblick

Problembewußtsein für die Effekte der Modernisierung und Technisierung, wenn er abschließend formulierte: «Gleichzeitig müssen wir die kulturellen Werte und die sozialen Anker in unserer Gesellschaft festigen. Keine Genera­ tion vor uns mußte das Spannungsverhältnis zwischen menschlich und modern, zwischen Tradition und Fortschritt, zwischen Effizienz und Mitmenschlichkeit so sorgsam austarieren wie gerade wir jetzt.»404

404 Ebd. 59.

REGISTER (W. Jäger)

Folgende Abkürzungen wurden verwendet: A. = Anmerkung; Abg. = Abgeordneter; B. = Bischof; B.-W. = Baden-Württemberg; Dir. = Direktor; Eb. = Erzbischof; Frhr. = Frei­ herr; frz. = französisch; Gern. = Gemahl (in); Gf. = Graf; Hg. = Herzog; Hl. = Heiliger; K. = Kaiser; Kf. = Kurfürst; Kg. = König; KZ = Konzentrationslager; Lkr. = Landkreis; Min. = Minister(in); MinPräs. = Ministerpräsident; NRW = Nordrhein-Westfalen; NS = nationalsozialistisch; OB = Oberbürgermeister; Präs. = Präsident; Rhld.-Pf. = RheinlandPfalz; RMG = Regional Military Government; Sekr. = Sekretär; TU = Technische Uni­ versität; Vors. = Vorsitzender Abkürzungen d. Landkreise (in Klammem nach d. Ortsnamen): A = Augsburg; AB = Aschaffenburg; AIC = Aichach-Friedberg; AN = Ansbach; AO = Altötting; AS = Amberg-Sulzbach; BA = Bamberg; BGL = Berchtesgadener Land; BT = Bayreuth; CHA = Cham; C = Coburg; DAH = Dachau; DEG = Deggendorf; DGF = Dingolfing-Landau; DON = Donau-Ries; EBE = Ebersberg; ED = Erding; EI = Eichstätt; ER = Erlangen; ERH = Erlangen-Höchstadt; FO = Forchheim; FS = Freising; GAP = Garmisch-Parten­ kirchen; GZ = Günzburg; HAS = Haßberge; HO = Hof; IN = Ingolstadt; KC = Kronach; KEH = Kelheim; KG = Bad Kissingen; KT = Kitzingen; KU = Kulmbach; LA = Lands­ hut; LL = Landsberg a. Lech; M = München; MB = Miesbach; MIL = Miltenberg; MSP = Main-Spessart; MN = Unterallgäu; MU = Mühldorf a. Inn; N = Nürnberg; NEA = Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim; NES = Rhön-Grabfeld; NEW = Neustadt a.d. Wald­ naab; NM = Neumarkt i.d. Opf.; NU = Neu-Ulm; OA = Oberallgäu; OAL = Ostallgäu; PAF = Pfaffenhofen a.d. Ilm; R = Regensburg; RO = Rosenheim; SAD = Schwandorf; SR = Straubing; STA = Starnberg; SW = Schweinfurt; TIR = Tirschenreuth; TÖL = Bad Tölz; TS = Traunstein; WM = Weilheim; WÜ = Würzburg; WUG = Weißenburg-Gun­ zenhausen; WUN = Wunsiedel Aachen (NRW) 182, 488 Abel, Carl August v. (1788-1859), Min. 135 A. 33, 139, 139 A. 53, 141, 145-149, i59f., 164, 166-169, 171 ff, I7öff., 181, 184, 186 f., 189, 195, 206, 216-227, 286, 288 f. Abensberg (KEH), Schlacht (1809) 32, 131 Absberg (WUG) 613 Adam, Wilhelm (1877-1949), General 589 Adenauer, Konrad (1876—1967), Bundes­ kanzler (1949-1963) 477, 670, 694, 698, 700f, 768, 796, 803, 809, 816, 832, 839, 846, 850 f, 851 A. 374, 852, 861 A. 24, 864, 959, 976 Adria 841 Adrianopel (Türkei), Friede (1829) 193 Ägypten 192, 598

Aenderl, Franz Xaver, Redakteur 575, 657 A. 52 Afrika 598 Agliardi, Antonio, Nuntius 401 Aicher, Otl (1922-1991), Designer 920 Albert I. (1875-1934), Kg. v. Belgien (1909-1934) 421 - I. (1828-1902), Kg. v. Sachsen (18731902) 379 Albrecht, Ernst (geb. 1930), MinPräs. v. Niedersachsen 963 Alexander I. (1777-1825), Zar (1801-1825) 105 Allgäu 464, 642 Alpen 101, 912 Alquier, Charles J. Μ. de, ffz. Gesandter in Bayern 21

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Register

Altbayem 14, 20, 27, 49, 49 A. 13, 51, 57, 6of, 63 A.69, 72, 78 A. 137, 85fr., 90, 165 f, 173, 186, 238-241, 307, 321 A. 8, 349. 352. 5i6, 546, 588, 754, 784; s. a. Bayern, Niederbayern, Oberbayern Altmeier, Peter (1899-1977), MinPräs. v. Rhld.-Pf. 833 Altmühltal 949 Altötting (AÖ), Lkr. 640 A. 38, 641, 668 A. 126, 781 A. 930; Papstbesuch (1980) 975 A. 166 Alverdes, Paul (1897-1979), Erzähler 561 Alzenau (AB) 97, 640 A. 38 Amann, Max (1891-1957), Präs. d. Reichspressekammer 501, 608 Amberg 10, 355, 877 A. 164 Amerika, Amerikaner s. Vereinigte Staaten V. Nordamerika (USA) Amiens (Nordfrankreich), Friede (1802) 16 Ammersee 51 A. 21, 487, 636 Amorbach (MIL) 97 Andechs (STA), Kloster 166 Angermeier, Georg (1913—1945), bischöfl. Justitiar in Würzburg 623 Anif (b. Salzburg) 445 Ankermüller, Willi (1901-1986), Min. 687, 687 A. 221, 693, 746 A. 663, 839, 847 Ansbach 85, 88, 346, 355, 533 A. 11, 636, 638, 640 A. 38, 668 A. 126, 730 A. 550, 781; Konsistorium 112, 271; Vertrag (1796) 8, 45, 79 - Markgraftum 7, 20, 23, 28, 41, 70, 78 A. 137 Antonelli, Giacomo (1806—1876), Kardinalstaatssekr. 55 A. 30 Arcis-sur-Aube (Frankreich), Schlacht (1814) 44 Arco, Philipp, Referendär 74 Arco-Valley, Anton Gf. v. (1897-1945) 457. 464. 487 —Zinneberg, Ludwig Gf. v. (1840-1882) 340. 353 Aretin, Georg Frhr. v. 201 - Johann Adam Frhr. v. (1769-1822) 103 f. -Johann Christoph Frhr. v. (1772-1824) 49 A. 14, 124 - Karl Otmar Frhr. v. (geb. 1923) 94 Argen (Bodensee), Herrschaft 23 Armansperg, Josef Ludwig Gf. v. (17871853), Min., Staatskanzler Kg. Ottos I. v. Griechenland 140-146, 174 f, 181, 183

A. 19, 186, 188-192, I94f, 200-203, 205 f, 214 Arndts, Carl Ludwig (1803-1878), Jurist, Abg. z. Frankfurter Nationalversamm­ lung 243 Arnold, Friedrich Christian v., Oberkonsistorialpräs. 271 - Karl (1901-1958), MinPräs. v. NRW 700 Aschaffenburg 44, 97, 159, 211, 461, 636 f, 792, 805, 840 A. 291, 859 f. Aschenbrenner, Joseph v., Min. (1849— 1858) 249 Aschenbrenner, Rosa (1885-1967), Abg. 708 A.364 Asien 177 Aspern (Wien), Schlacht (1809) 34 Athen 154, 196 Auer, Adolf v., Reichsrat 407 - Erhard (1874-1945), Min. 350, 436 f, 443 ff, 445 A. 15, 452. 454 f, 457. 466, 574 Auerbach, Philipp (gest. 1952), Staatskom­ missar 736 f, 806 Augsburg 39, 230, 414, 621, 639 f, 640 A. 38, 645, 666, 668 A. 126, 781, 806, 840 A. 291, 933 A. 648, 945 A. 743. 975, 987 A. 247; Goldener Saal 606; Eisen­ bahn 177; Kirchen u. Klöster: St. Ste­ phan 166, St. Ulrich u. Afra 17 A. 24, 163; Lechhausen 346; NS-Zeit 519, 524, 539. 541. 55°. 610. 632; Parteien 345 f., 358fF., 369, 435, 458, 460 A. 29, 799; Rä­ terepublik 460 A. 29, 461, 463 f; Reichs­ stadt 20, 23, 81; Rundfunk 563; Theater 560; Universität, Fachhochschulen 871, 886, 887 A. 240; 902, 905 A. 389; Wirt­ schaft 39, 260, 263 f, 791 A. 1004, 792 A. 1012, 822; Zeitungen, Presse 193, 307. 331 f. 340 - Bischof, Bistum, Diözese 17, no, 317 Auguste (1788-1851), Tochter Kg. Max. I. Joseph v.B., Gern. v. Eugen Beauhamais 24, 98 A. 3 - Wilhelmine Maria v. Hessen-Darmstadt (1765-1796), Gem. Kg. Max. I. Joseph v. B. 129 Auschwitz (Polen), KZ 593, 617, 855 Austerlitz (Tschechien), Schlacht (1805) 23, 24 A. 18 u.19

Baader, Franz v. (1765-1841), Philosoph 168

Register

-Joseph (1763-1835), Ingenieur 177 Bad Aibling (RO) 55, 598 Bad Booklet (KG) 950 Bad Brückenau (KG) 97, 950 Bad Dürkheim (Rhld.-Pf.) 489 Baden 10, 13, 17, 17 A. 26, 22, 25 f., 37, 43. 49. 58, 70 A. 106, 86, 97f, 104, n6f., 121, 123 f., 129, 182f., 185, 188 ff., 198, 209, 240, 294 f., 298 f., 313, 319. 323 f·. 355. 448 f-, 452. 466f„ 496, 498; Großherzogtum 275, 279, 314 —Württemberg 649, 654, 661 A. 80, 702 A. 324, 722 A. 482, 753 A. 721, 832, 982f., 992, 1000, 1003; s. a. Württem­ berg Bad Ems (Rhld.-Pf.) 488; Punktation (1786) 54 Bad Gastein (Salzburg), Konvention (1865) 295 fBad Kissingen (KG) 542, 611, 831, 950; Gefecht (1866) 298 Bad Orb (Hessen) 101, 298 Bad Reichenhall (BGL) 831, 850; Solelei­ tung 125 Bad Sieben (HO) 950 Bad Wiessee (MB) 525 Bad Windsheim (NEA) 627 A. 192 Bäumer, Hartmut (geb 1948), Abg. 972 Bafile, Corrado (geb. 1903), Kardinal, Nun­ tius 883 A.215 Bahner, Dietrich (1913-1987), Abg. 785, 882 Balan (Nordfrankreich), Schlacht (1870) 311 Balke, Siegfried (1902-1984), Bundesmin. 817, 836 Baltikum 418 Bamberg 197, 339, 525, 606, 638, 766, 840 A. 291; Gesamthochschule 902 A. 365, 903, 904 A. 389; Juden 576; Konferenz (1854) 279; Landtag (1919) 468; LudwigDonau-Mainkanal 265; Oberlandesge­ richt 546; Programm (1920) 477; Regie­ rung (1919) 461 f., 469; Verfassung 703 ff., 719, 721; Wirtschaft 263 f. -Bischof, Bistum, Diözese 17, no, 668 A. 126 Barbarino, Otto (1904-1999), Prof. 948 A. 764 Bar-sur-Aube (Frankreich), Schlacht (1814) 44 Barth, Marquard (1809-1875), Jurist, Poli­ tiker 243, 257, 317, 331, 333

ion

Barzel, Rainer (geb. 1924), Politiker 897 Basel (Schweiz), Vertrag (1795) 12, 18 Bassenheim, Friedrich Karl Gf. v., Reichs­ rat 200; s. a. Waldbott-Bauer, Christoph, Abg. z. Frankfurter Nationalversamm­ lung 243 - Hermann (1905-1983), Abg. 708 A. 364 - Hermann, Gymnasialprof. 483 - Hermann, Prof. 156 -Josef (1881-1958), NS-Funktionär 528, 565, 583 Baumann, Hans (geb. 1914), Schriftsteller 561 f. Baumeister, Leonhard (1904-1972), Abg. 708 A.364 Baumgartner, Joseph (1904-1964), Min. 677, 687, 693, 697, 783, 783 A. 952, 784 f., 796, 804, 819, 822f, 832 - Thomas (geb. 1892 ), Maler 561 Bayerische Fortschrittspartei s. BFP Bayerische Patriotenpartei s. BPP Bayerische Volkspartei s. BVP Bayerischer Bauernbund s. BBB Bayerischer Wald 508, 536, 546, 549, 812, 867, 887, 951 Bayern, Herzogtum 14, 61, 180; König­ reich 44, 62, 66, 79, 112, 180, 185, 199, 242 f„ 247 f., 254, 258, 267, 275, 279, 281, 286 f, 292, 314, 329 A. 59, 365; Kurfürstentum 180; s. a. Alt-, Nieder-, Oberbayern Bayempartei s. BP Bayreuth 333, 549, 638, 943 A. 723; Archiv 747 A. 672; Industrie 263, 791 A. 1004; Konsistorium 112, 221, 271; NS-Zeit 502. 539. 543. 560, 618, 632; Opernhaus 558; Universität 565, 902, 904 A. 389, 944; Wagner-Festspiele 506, 563 - Markgraftum 20, 28, 36 f., 41, 70 Bazeilles (Nordfrankreich), Schlacht (1870) 311 BBB (Bayerischer Bauernbund ) 329, 335, 340. 343 f·. 35°~355. 368, 399. 403. 407. 424. 433. 442, 445. 455. 459, 474. 476, 483, 492 f„ 497, 522, 526, 768 Beauhamais, Eugen (1781-1824), Hg. v. Leuchtenberg, Vizekg. v. Italien (18051815) 24, 35, 35 A. 45, 98 A. 3 Bebel, August (1840-1913), Politiker 346, 348. 358 Becher, Walter (geb. 1912), Abg. 753 Beck, C. H., Verlag 332

1012

Register

Beckstein, Günther (geb. 1943), Min. 978, 99i> 995. 1006, 1006 A. 397 Befreiungshalle (b. Kelheim) 134, 184 Behr, Wilhelm Josef (1775-1851), Staats­ rechtler, OB v. Würzburg 124 fr., 204, 212 f. Beimler, Hans (1895-1936), Politiker 526; s. Herker-Beimler Beisler, Hermann v. (1790-1859), Min. 243, 247, 289 Belgien 17, 191, 323, 415, 418 f, 422, 480 Benediktiner 165 f., 171, 585, 623; Bene­ diktinerinnen 166 Benelux-Staaten 695, 832 Benisch, Günter (geb. 1922), Architekt 920 Berchem, Gf. Maximilian v. (1841-1910), Diplomat 312 Berchtesgaden (BGL) 36, 506, 633, 636; Nationalpark 951; Obersalzberg 506, 535. 549. 582, 596, 609, 634, 636, 666, 999 A. 345; Soleleitung 125 - Fürstpropstei 44 Berg, Herzogtum (Niederrhein) 9, 14, 19, 23, 70 A. 106, 85 Berg (STA), Schloß 390, 394 Bergen op Zoom (Niederlande), Marquisat 17 A. 25 Berghofer-Weichner, Mathilde (geb. 1931). Min. 929, 973. 978, 985, 991 Bergreichenstein (Tschechien) 535, 650 A. 10 Bergzabern (Rhld.-Pf.) 489 Berks, Franz v. (1792-1873), Min. 227230, 247 Berlin 400, 441, 460, 483, 485 ff., 494, 498, 549, 560, 617, 619, 621, 623, 706, 742 A. 624, 779 fr, 900 A. 357; bayer. Ge­ sandtschaft 533; Besetzung (1806) 29; Blockade (1948) 695; Friede (1866) 298; Kapitulation (1945) 639, 649; KappPutsch (1920) 472 f; Karlshorst 642; Konferenz (1919) 453; Kongreß (1868) 357, (1919) 454! Kontrollrat 650; Kunst u. Wissenschaft 92; NS-Zeit 515 fr, 518, 520, 535, 538, 634; OMGUS s. Vereinig­ te Staaten v. Nordamerika; Presse 563; Protokoll (1922) 478; Regierung 279, 343, 424, 448 f., 466, 476, 532, 984; Re­ volution (1848) 232 A. 30, (1918) 452, 463; Universität 153, 245, 266; Vertrag (1866) 314; Wirtschaft 81 Bem 323, 447, 456

Berr, Georg v. (1830-1919), Min. 379 Berthier, Alexandre (1753-1815), frz. Mar­ schall 28 Bertram, Adolf Johannes (1859-1945), Eb. v. Breslau 616, 623 Berstett, Wilhelm Friedrich (1769-1837), bad. Min. 105 A. 15 Besold, Anton (1904-1991), Abg. 783 A.952 Bestelmeyer, German (1874-1942), Archi­ tekt 560 Bethel (Bielefeld, NRW) 613 Bethmann Hollweg, Theobald v. (1856-1921), Reichskanzler (1909-1917) 418 ff. Beust, Friedrich Ferdinand Gf. v. (18091886), sächs. u. österr. Staatsmann 3i2f. Beyerle, Konrad (1872-1933) 46 Bezold, Otto (1899-1984), Min. 786, 823, 839, 847 BFP (Bayerische Fortschrittspartei) 256, 302, 306fr., 311, 330-333. 358, 367. 371 BHE (Block d. Heimatvertriebenen u. Entrechteten) 752, 765, 803 fr., 861; s. a. GB/BHE Bieberstein (Hessen), Amt 97 Bismarck, Otto v. (1815-1898), Reichs­ kanzler (1871-1890) 173, 197, 278, 282, 296-299, 305 f., 308-317, 327, 327 A. 50, 332, 334, 348, 370, 373, 375, 379-382, 386-390, 392, 402, 417, 634 Bizone s. Frankfurt a. Main Block, Elisabeth (geb. 1943) 616 Block d. Heimatvertriebenen u. Entrechte­ ten s. BHE Bluntschli, Johann Caspar (1808-1881), Staatsrechtler 159 Bocklet, Reinhold (geb. 1943), Min. 991, 995, 1006 Bodelschwingh, Friedrich v. (1877-1946), Theologe 613 Bodensee 636 Bodenstedt, Friedrich v. (1819-1892), Dichter 268 Böckler, Hans (1875-1951), Gewerkschaf­ ter 798 Böddrich, Jürgen (geb. 1933), Abg. 901 Böhm, Dominikus (1880-1955), Baumei­ ster 560 -Johann (geb. 1937), Landtagspräs. 995 Böhmen 12, 264, 297, 986 Böhmerwald 535 f.

Register

Böhringer, Eugen, Industrieller 548 Boepple, Ernst, Min. (1935/36) 538 Bötsch, Wolfgang (geb. 1938), Min. 985 A. 238, 990, 996 Boisseree, Sulpiz (1783-1854), Sammlung 151 Boids, Clarence Μ. (1903-1958), Militärre­ gierung 654 f, 655 A. 43 Bomhard, Eduard v. (1809-1886), Min. 294, 301 Bonaparte, Jerome (1784-1860), Kg. v. Westfalen 65 Bonhoeffer, Dietrich (1906-1945), Geist­ licher 614 Bonn 658 A. 63; Deutschlandvertrag (1952) 663; Parlamentarischer Rat 662, 696-700; Regierung 7oof., 776, 783, 803 f, 816, 835. 839, 874, 889, 900, 928, 933, 939, 958 f., 967, 976, Regierungssitz 984; Zentralismus 896 A. 316 Bopfingen (B.-W.), Reichsstadt 17 A. 24 Bormann, Martin (1900-1945), NS-Funktionär 608 £, 622 Borodino (b. Moskau), Schlacht (1812) 40 Bosl, Karl (1908-1993), Historiker 823 Bosporus 197 Boßlet, Albert (1880-1957), Architekt 560 Bothmer, Felix Gf. v. (1852-1937), Gene­ raloberst 416 Bouhler, Philipp (1899-1945), NS-Funktionär 501 Bourgoing, Paul Baron de, frz. Gesandter in München 197 Bozen (Südtirol) 36 BP (Bayernpartei) 676, 693, 697-700, 700 A. 309, 764 f., 769, 771 f, 783 fr., 796, 803-806, 809 f., 814, 816, 818 f, 821 ff., 829, 831, 836 ff., 846 f., 847 A. 340, 859, 861, 862 A. 31, 874 A. 133, 980 BPP (Bayerische Patriotenpartei) 307 f, 310, 313 A.73, 317, 323. 328, 332, 334342, 354. 367. 376, 378, 380 f, 399 f, ,410 Bradford, John P., Militärregierung 721 A.478 Brandt, Willy (1913-1992), Bundeskanzler (1969-1977) 755, 776, 889, 897, 900, 925, 928, 959 Brasilien 158, 617 Brater, Karl (1819-1869), Publizist 257, 282, 302, 331 f. Braun, Eva (1912-1945) 506

1013

- Hans, Steinmetz 356 - Otto (1872-1955), preuß. MinPräs. 520 - P. Placidus (1756-1829), Historiker 163 Braunau (Oberösterreich) 28 A. 29 Braunschweig, Herzogtum 188 Bray, Franz Gabriel Gf. de (1765-1832), Gesandter in Berlin 29, 29 A. 31, 48 ---- Steinburg, Otto Gf. v. (1807-1899), Ministerratsvors. (1870-1871) 181, 225, 247, 249, 298, 308f., 311 ff., 317, 333, 378 Breitensee (NES) 943 A. 723 Breker, Arno (1900-1991), Bildhauer 561 Bremen (Hansestadt, Land) 39, 462, 654 A. 33, 661 A. 80, 753 A. 721, 789 Brenner, Eduard (1888-1970), Staatssekr. 806, 823 A.156 Brentano, Lujo (1844-1931), Nationalöko­ nom 335 Breslau 623, 745; Festung 29 Brest-Litowsk (Weißrußland) 324 Brettreich, Friedrich v. (1858-1938), Min. 405. 43b 434. 444 Breunig, Georg v. (1855-1933), Min. 409 Brienne-sur-Aube (Frankreich), Schlacht (1814) 44 Brixen (Südtirol), Bischof 55; Fürstbistum 23 Bröger, Karl (1886-1944), Arbeiterdichter 561 Brokdorf (Schleswig-Holstein) 931 Bromage, Arthur W. (1904-1979), Militär­ regierung 654 Bronzell (b. Fulda, Hessen) 274 Bruckmühl (RO) 579 Brüning, Heinrich (1885-1970), Reichs­ kanzler (1930-1932) 512 Brünn (Tschechien), Vertrag (1805) 23, 25 Brüssel, bayer. Informationsbüro 971; In­ stitut Pasteur 989 A. 274; Kommissionen 864, 976 A. 167; Zentralismus 949 Buback, Siegfried (1920-1977), General­ bundesanwalt 943 Bubenreuth (ERH) 749 Buchhorn (=Friedrichshafen, B.-W.), Reichsstadt 17 A. 24 Buchberger, Michael (1874-1961), Eb. v. Regensburg 582 Bürckel, Josef (1895-1944), NS-Gauleiter 502 f., 524, 536, 538, 541, 609, 632 Bürklein, Friedrich v. (1813-1872), Bau­ meister 267 Buhl, Franz v. (1867-1921), Reichsrat 420

ioi4

Register

Bukarest (Rumänien) 324 Bundesrepublik Deutschland 662 f., 687 f, 694. 744. 747. 764. 771. 791. 803, 805 f, 808 f., 826 f., 829, 832, 834, 856, 87$, 897. 899, 907. 927 f. 945. 954. 989; s.a. Deutschland Buol-Schauenstein, Johann Rudolf Gf. v. (1763-1834), österr. Gesandter 22, 24, 103 Burgau (GZ), Markgrafschaft 23 Burghausen (AÖ) 507 Buttmann, Rudolf (1885-1947), Direktor der Staatsbibi. 452f, 506, 511, 522 Buxheim (MN) 27 A. 25 BVP (Bayerische Volkspartei) 355, 446, 455. 457. 461. 468, 471, 474. 476-479, 482, 491-498, 506, 510-520, 522 f, 527, 574, 580, 668 ff., 673 f, 677, 686, 705, 711, 761 A.762, 767f„ 771 f, 793, 806, 859, 880 Byrnes, James F. (1879-1972), US-Außenmin. 653

Campoformio (Oberitalien), Vertrag (1797) 12, 18 Canaris, Wilhelm (1887-1945), Admiral 614 Canova, Antonio (1757-1822), Bildhauer Ui Caprivi, Georg Leo Gf. v. (1831-1899), Reichskanzler (1890-1894) 343, 351 Carl, Prinz v. Bayern (1795-1875), Feld­ marschall, Bruder Kg. Ludwigs I. v. Bay­ ern 134 A. 24, 178, 194, 200, 216, 226, 297. 379 Caroline (1776-1841), Prinzessin v. Baden, 2. Gern. v. Kg. Max 1. v. Bayern 167, 173. 223 Carossa, Hans (1878-1956), Dichter, Arzt 561 Carstens, Karl (geb. 1914), Bundespräsident (1979-1984) 963 Casselmann, Leopold (1858-1930), OB v. Bayreuth 334, 434 Castell, Gfn. v. 27 A. 25 —Rüdenhausen, Clementine zu, NSFunktionärin 554 CDU (Christlich-Demokratische Union) 694, 697 f„ 700, 700 A. 309, 755, 770 ff, 817, 836, 850, 850 A. 372, 851, 874, 896 A. 316, 897, 897 A. 334, 898fr., 902 A. 365. 923. 925. 933. 937ff. 958 ff,

964, 967, 975, 981, 983, 990, 996, 1007 A. 398 Cetto, Anton Frhr. v. (1756-1847), Diplo­ mat 19, 26 A. 24, 29 A. 31, 49 A. 13 Cham (CHA) 264 Champagny, Jean-Baptiste de (1756-1834), frz. Außenmin. 30 Chemnitz (Sachsen) 505 Chiemgau 472 f. Chiemsee 566, 666 Choden, die 535 f. Christian IV., Hg. v. Pfalz-Zweibrücken (1735-1775) 4 Christlich-Demokratische Union s. CDU Christlich-Soziale Union s. CSU Chur (Graubünden), B. v. 35 Churchill, Winston (1874-1965), brit. Staatsmann, Premiermin. 605, 657 A. 52 Clay, Lucius D. (1897-1987), US-General, Militärgouvemeur 658, 661 f, 695, 702, 722, 722 A. 489, 723 f, 724 A. 505, 762 Clemenceau, Georges Benjamin (18411929), frz. Staatsmann 447 Closen, Carl Frhr. v. (1786-1850), Politi­ ker 204 Cobden, Richard (1804-1865), brit. Wirt­ schaftspolitiker 276 Coburg 505, 668 A. 126, 943 A. 723; Fach­ hochschule 887 A. 240; Freistaat 470; Handwerskammer 792 A. 1012; Indu­ strie- u. Handelskammer 791 A. 1004; Residenzstadt 282 - Herzogtum 101 Cohen, Hermann (1842-1918), Neukantia­ ner 441 Corinth, Lovis (1858-1925), Maler 561 Cornelius, Carl Adolf v. (1819-1903), Hi­ storiker 266 - Peter v. (1783-1867), Maler 152 f, 232 A. 35 Cossmann, Paul Nikolaus (1869-1942), Publizist 420 Cotta, Johann Friedrich Frhr. v. (17641832), Verleger 188, 202 Crämer, Karl (1818-1902), Abg. 257, 333 Crailsheim, Friedrich Krafft Frhr. v. (18411926), Ministerratsvors. (1890-1903) 344, 381, 389, 389 A. 124, 391, 392 A. 139, 401 f, 404 f. CSU (Christlich-Soziale Union) 670, 674 f, 677, 679, 684-695, 697-700, 700 A. 309, 701, 704-709, 709 A. 371, 7ioff.,

Register

712 A. 398, 713, 713 A. 409, 714, 7i6ff., 724f., 746, 751 f., 753 A.725, 754C, 763, 765-776, 778, 781, 783 fr., 788, 796, 802-806, 8o9f., 814, 816-824, 831. 833, 836-839, 844-847, 850 A. 371 u. 372, 851, 858-862, 866, 869, 871 f, 874Î, 878 A. 172, 880-884, 889 f., 892-895, 895 A. 310, 896, 896 A. 316, 897, 897 A. 334, 898 ff., 900 A. 353, 902, 902 A. 365, 905, 907, 909, 911, 915, 917ff, 923 ff, 927ff., 933. 934 A. 651, 936-939. 943. 946 A. 746, 748 u. 751, 947 A. 758 u. 761, 958 f., 964f·, 967. 969. 971. 975 ff·. 980 f., 983 ff., 989, 989 A. 274, 990-994, 996ff, 1001 f., 1005 ff, 1007 A. 398 u. 400 Culmann, Christian, Advokat, pfälz. Abg. z. Frankfurter Nationalversammlung 204, 243 Curtius, Ludwig (1874-1954), Archäologe 335

Dachau (DAH) 463, 580, 781; KZ 518, 525 f·. 553, 573 f-, 614, 639. 670, 690, 736, 999 A.345 Dänemark 241, 294 f. Dahn, Felix (1834-1912), Schriftsteller, Ju­ rist 266 f. Dalberg, Carl Theodor v. (1744-1817), Fürstprimas, Kf. v. Mainz 25 f., 29, 36, 54 Dalferes, Roy L., Colonel, Militärregierung 654 A.39 Dall’Armi, Heinrich v., Kaufmann 13 Daller, Dr. Balthasar (1835-1911), Theolo­ ge, Politiker 339, 342, 344f, 353, 403 Dandl, Otto v. (1868-1942), Ministerratsvors. (1917-1918) 422 f„ 431, 434, 445 Danzig 519 Dard, Émile (1871-1947), frz. Gesandter in München 479 Darmstadt 98, 309, 476; Konferenzen (1822/23) 187 Darré, Walther (1895-1953), NS-Funktionär 545 f. Dauer, Franz Xaver, Abg. 357 Daume, Willi (1913-1996), Sportfunktio­ när 920 Dauser, Hans, Staatssekr. 522 Daxenberger, Sebastian Franz v. (Pseudo­ nym: Karl Femau, 1809—1879), Abg. 243, 286

1015

DB (Deutscher Block) 788 DBB (Deutscher Bauernbund) 335, 352 DDP (Deutsche Demokratische Partei ) 447. 455. 459. 47ri 474, 476, 493, 498, 768, 785 Decaen, Charles (1769-1832), frz. General 13 Dehler, Klaus (geb. 1926), Abg. 785 - Thomas (1897-1967), Bundesmin. 700 A. 318, 706, 707 A. 364, 708, 785 f. Deinlein, Michael v. (1800-1875), Eb. v. Bamberg 372 Deku, Maria (1901-1983), Abg. 708 A. 364 Delbrück, Rudolf v. (1817-1903), Politiker 312 Delors, Jacques (geb. 1925), frz. Politiker 979 Delp, P. Alfred (1907-1945) 580, 620 f. Deroy, Bernhard Erasmus Gf. v. (17431812), General 23, 32; Division 29, 34, 40 Deutsche Demokratische Partei s. DDP Deutsche Demokratische Republik (DDR) 780 A. 922, 808, 811, 841, 867, 897, 898 A. 334, 899, 943, 967 f., 980, 982, 986ff. Deutsche Fortschrittspartei s. DFP Deutsche Gemeinschaft s. DG Deutsche Partei s. DP Deutscher Bauernbund s. DBB Deutscher Block s. DB Deutscher Bund (1815-1866) 102-106, 126, 129, i8of., 183-187, i9if., 202, 209, 217, 230, 240, 247, 261, 273 f., 277-280, 282, 294-297, 299 f., 319 Deutscher Orden 20, 27 A. 25, 36 Deutscher Zollverein 177, 181, 186-190, 261, 264, 276 f, 281, 281 A. 19, 295, 300, 306, 306 A. 47, 307 f.. 313, 316 Deutsche Soziale Union s. DSU Deutsches Reich (1871-1945) 242, 319329. 373 f-, 379 f·, 382 f., 386, 389, 418, 424 f., 430, 448 f., 453 f., 465 f., 467 A. 9, 468 ff., 475 f., 479, 483 f, 486, 488, 490 f, 505, 507, 5I2f., 517, 519, 522f„ 532, 535 ff·. 539. 542, 548, 551, 591, 635, 727, 741, 744, 761 Deutsche Volkspartei s. DVP Deutschland 4, 31, 33, 39, 60, 60 A. 55, 76, 87, 96, 98, ioif, 104, 115, 117, 123, 125, I32f., 151, 153, i55f., 158f., i69f., 172, 183 f., 186, 188 f., 208 f., 240, 247, 268, 273, 279, 281 f., 298, 305, 312, 347, 382, 410, 430f., 441, 447, 453, 480, 483,

1016

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494. 501. 509. 516. 532. 55ό£, 571, 577 ff., 588 f., 592 f., 596, 604, 611, 613, 615, 630, 633, 635, 649, 651, 653, 657 Λ. 52, 662, 694, 696; Mittel- 102, 188, 243, 281 £, 505; Nord- 32, 41 f., 102, 189, 243, 264, 281 f., 295, 298, 430, 475, 484, 496, 525, 603, 963; Nordwest- 37, 39 f; Ost- 281; Süd- 12 f., 39, 42 f., 57, 82, 104, 106 A. 18, 114, 118, 178, 187, 191, 281 f, 297, 299, 305 f., 309-314, 319, 448 f., 451, 466, 475, 634, 657 A. 52, 694; Südwest- 208, 243, 282; West- 264; s. a. Bundesrepublik Deutschnationale Volkspartei s. DNVP DFP (Deutsche Fortschrittspartei) 283, 302, 331 DG (Deutsche Gemeinschaft) 752 d’Hondt, Victor (1841-1901), Jurist 993 Dick, Alfred (geb. 1927), Min. 894, 940, 960, 985 Diels, Rudolf (1900-1957), Regierungspräs. in Köln u. Hannover 573 Diepenbrock, Melchior Ferdinand Joseph Frhr. v. (1798-1853), Kardinal, Fürstb. v. Breslau 168, 225 A. 4, 233 A. 43 Dießen a. Ammersee (LL) 51 A. 21 Diestel, Peter-Michael (geb. 1952), Min. 983 Dietl, Eduard (1890-1944), General 598 Dietramszell (TÖL) 515 Dietrich, Sepp (1892-1966), General 598 Dietzfelbinger, Hermann (1908-1984), Landesbischof 882, 883 A. 215 Dill, Hans (1887-1973), SPD-Politiker 579 Dillingen 641 A. 38 Dillis, Georg v. (1759-1841), Maler 151 Dinkelsbühl (AN), Reichsstadt 17 A. 24 Dirks, Walter (1901-1991), Publizist 527 Dirr, Theodor, Politiker 353 DNVP (Deutschnationale Volkspartei) 447, 491-494, 508, 513, Si6f, 523, 793 Doeberl, Michael (1861-1928), Historiker 5, 105, 308, 385 Döllgast, Hans (1891-1974), Architekt 829 Döllinger, Johann Joseph Ignaz v. (17991890), Kirchenhistoriker 159, 163 A. 68, 168, 222, 243, 371, 375, 401 Dönitz, Karl (1891-1980), Großadmiral 633, 642 Doenniges, Wilhelm v. (1814-1872), Hi­ storiker 245, 281, 286

Döpfner, Julius (1913-1976), Kardinal, Eb. v. München-Freising 769, 870, 880, 882, 954 Dollfuß, Engelbert (1892-1934), österr. Bundeskanzler 535 Dollinger, Werner (geb. 1918), Bundesmin. 861 A. 24, 869, 874 A. 142, 964 A. 75 Domarus, Max, Historiker 213 Donau 177, 222, 638, 996; -dampfschifffahrtsgesellschaft 178 Donauwörth (DON) 641 A. 38 Dorfen (ED) 636 Dorn, Walter (1894-1961), Historiker 675 Dortmund (NRW) 904 A. 381 Douhet, Giulio (1869-1930), ital. General 605 DP (Deutsche Partei) 700, 817, 836 Drake, Sir Francis, engl. Diplomat 20 Drasch, Rudolf, Abg. 783 A. 952 Dresden 272, 482; Hof 105; Konferenzen (1850/51) 274 Drexel, Joseph Ernst (1896-1976), NSVerfolgter 621 Drexler, Anton (1884-1942), Parteigründer 501 Droste-Vischering, Clemens August Frhr. v. (1773-1845), Eb. v. Köln 169, 171 Drouet d'Erlon, Jean-Baptiste (17651843), frz. General 35 DSU (Deutsche Soziale Union) 983, 983 A. 219 Düsseldorf 9, 14, 21, 143; Galerie 151, 314; Kunstakademie 153 Duncker, Franz (1822-1888), Politiker 358 ff, 436 Dutschke, Rudi (1940-1979), Studenten­ führer 885 DVP (Deutsche Volkspartei) 334, 447, 493, 498, 508, 768, 785 Ebeling, Hans-Wilhelm (geb. 1934), Pfar­ rer 983 Ebenhausen (PAF) 749 Eberhard, Rudolf (1944-1998), Min. 821 A. 136, 837ff, 839 A. 281, 842 A. 306, 847, 849, 858, 861, 865 f., 919 A. 517, 929 A.61i Eberlein, August Ritter v. 489 Ebersberger Forst 11, 868 Eberstein, Friedrich Karl v. (1894-1979), NS-Funktionär 540, 572, 595

Register

Ebert, Friedrich (1871-1925), Reichspräs. (1919-1925) 452, 461, 478, 483 f, 493 - Wilhelm (geb. 1923), Vorsitzender d. Bayer. Lehrer- u. Lehrerinnenverbandes 819, 823, 881 f., 895 Ebrach (BA), Zisterzienserabtei 17 A. 24 Eckart, Dietrich (1868-1923), Publizist, Schriftsteller 481, 558 Edel, Karl Friedrich Wilhelm (1806-1890), Abg. z. Nationalversammlung in Frank­ furt 243, 283 Edelstetten (GZ), Grafschaft 27 A. 25 Egger, Alois (geb. 1899), Generalsekr. d. Bayer. Bauernverbandes 794 A. 1024 Eggmühl (R), Schlacht (1809) 32 Egk, Werner (1901-1983), Komponist 562 Eglhofer, Rudolf (1896-1919), Matrose 463 f. Ehard, Hans (1887-1980), MinPräs. (19461954, 1960-1962) 580, 655, 659, 661 ff., 665, 671, 676f, 678 A. 177, 679, 685701, 703, 707 A. 364, 708 f, 709 A. 371, 710, 7i2f, 719, 719 A.455, 732 A. 558, 736, 744 f., 753. 767 f·. 768 A. 828, 769 f, 774, 782, 784, 786, 788, 803 f, 805-810, 813, 815-822, 829, 832 A. 223, 838, 849853, 858 f, 859 A. 11, 861, 924, 948 Eher-Verlag 501 Ehrenfried, Matthias (1871-1948), B. v. Würzburg 582, 623 Ehrhardt, Hermann (1881-1971), Kapitän 489 Ehrhart, Franz Josef (1853-1908), Partei­ funktionär 348 Eibach (N) 588 Eichstätt (EI) 498, 628, 640 A. 38, 668 A. 126, 685, 692, 731 A. 556, 732; Bene­ diktinerinnen 166; Fürstentum 20; Kapu­ ziner 509; Landkreis 909; Pädagogische Hochschule 844; Universität 902 A. 365, 903, 904 A.389 - Bischof, Bistum, Hochstift 17, 23, 110, 586, 623 Eichthal, Aron Elias v., Bankhaus 87 Eicke, Theodor (1892-1943), KZ-Kommandant in Dachau 573 Eilles, Kurt (1914-1960), Staatssekr. 822 Eisenach (Thüringen) 346 Eisenberger, Georg, Vorsitzender d. Bau­ ernbundes 352 f.

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Eisenhower, Dwight D. (1890-1979), USPräsident 639, 650 A. 9, 656, 675 f., 682, 798 Eisenmann, Gottfried W. (1795-1867), Pu­ blizist 202, 207, 212 f. - Hans (1923-1987), Min. 875, 887 A. 246, 895. 9. 96. IM. 128, 148, 156, 170, 177, 180 f., 194, 208, 214, 260; Kontinental- 113; Mittel- 96, 106, 180; Ost- 979; West- 60, 276 - Gemeinschaft (EG) 923, 971 - Union (EU) 810 A. 54, 971, 978, 988 f. - Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) 797, 810 A. 54, 814, 832, 848, 862 ff, 873, 888 Ewinger, Karl, Rechtsanwalt 463

FAB (Freiheitsaktion Bayern) 641, 669 A. 127 Fäustle, Johann Nepomuk v. (1828-1887), Min. 322, 378, 381 Falckenberg, Otto (1873-1947), Regisseur 528, 563 Falkner v. Sonnenburg, Alphons v., Leiter d. Zensurstelle 421 Fallmerayer, Jakob Philipp (1790-1861), Orientalist 163 A. 68, 266 Faltlhauser, Kurt (geb. 1940), Min. 995, 1006 Faulhaber, Michael v. (1869-1952), Kardi­ nal, Eb. v. München-Freising 477, 510, 516, 527, 530, 582, 585 f, 586 A. 275, 587, 613, 616, 620, 623, 642 A. 42, 655, 669 FDP (Freie Demokratische Partei) 676, 684ff., 697, 699f., 700 A. 309, 706 ff, 710, 714, 724, 764 f., 785-788, 803, 816-820, 823, 829, 836, 838 f., 846f., 850, 850 A. 371 u. 372, 858 f., 861, 866,

869 A. 98, 870, 874, 881 f., 889, 892, 896 A. 316, 900 A. 353. 902 A. 365, 915, 918, 918 A. 305, 928, 931, 936 A. 672, 947, 95°. 958f„ 961, 9ö4f., 967, 971, 975, 980 f., 985, 990, 993 f., 996, 1001, 1007 A. 398 u. 400 Fechenbach, Felix (1894-1933), Sekr. Kurt Eisners 443, 477 Feder, Gottfried (1883-1941), NS-Funktionär 550 Feilitzsch, Max Frhr. v. (1834-1913), Min.. 381, 404 f. Feldafing (STA) 566, 756 Fendt, Franz, Min. 677, 683, 708 A. 364, 711 A.386, 715 A. 427, 814 A. 89 Ferdinand III. (1769-1824), Großhg. v. Toscana, Großhg. v. Würzburg, Kf. v. Salzburg 16 f, 19, 23 Feuerbach, Anselm v. (1775-1833), Straf­ rechtler 69 ff, 71 A. no, 90, 130 Feury, Otto Frhr. v. (1906-1998), Präs. d. Bauernverbandes 794 A. 1023, 795 f. Ficker, Ludwig (1904-1947), Abg. 708 A. 364. 779. 782 Fiehler, Karl, OB v. München 523, 568 Figl, Leopold (1902-1965), österr. Bundes­ kanzler 834 A.234 Finnland 416 Fischbacher, Jakob (1886-1972), Funktio­ när d. Bayer. Bauernverbandes 743 A. 631, 783 A. 952 Fischer, Amo, Ingenieur 568 - Franz (1889-1962), Staatssekr. 687 - Fritz, Intendant 562 - Georg (1906-1980), Staatssekr. 679, 779, 779 A.918, 782 - Karl v. (1782-1820), Architekt 91 f., 151 - Karl August (1885-1975), Min. 670, 673 - Ludwig (1832-1900), Abg. 333 - Wilhelm (1904-1951), Abg. 707 A. 364 Fladungen (NES) 943 A. 723 Flandern 416 Fleischer, Manfred (geb. 1954), Abg. 972 Florenz 155 Flossenbürg (NEW), KZ 614, 620, 639, 690, 999 A. 345 Flurl, Mathias v. (1756-1823), Mineraloge 13 Föhrenwald (b. Wolfratshausen, TÖL) 756 Foerster, Friedrich Wilhelm (1869-1966), Pädagoge, bayer. Gesandter in d. Schweiz 447, 454

Register

Foertsch, Hermann, General 642 Foggia (Apulien) 605 Fontainebleau (b. Paris) 313 Forchheim 668 A. 126 Forster, Karl (1928-1981), Akademiedirek­ tor 826 Fortschrittliche Volkspartei s. FVP Franckenstein, Georg Arbogast Frhr. v. u. zu (1825-1890), Politiker 317, 339, 379-382, 388, 390, 393; -Klausel 324, 328, 379 Frank, Alois v., Zentrumspolitiker 434 - Anne (1929-1945) 616 - Hans (1900-1946), Min. 503, 521 f., 525, 573 - Othmar, Orientalist 159 - Walter, Historiker 567 Franken 9, 13, 17, 19f., 29, 32, 37, 41, 44, 49 A. 13, 57, 62 A. 64, 114, 125, 129, I72f., 185, 208, 218, 231, 238f., 241, 259, 298, 331, 333, 441, 546, 575. 588, 754, 766, 768, 979; Main- 533, 611; Mittel- 175, 189, 332, 334. 341, 34«. 352, 354. 502, 508, 524, 533 A. ii, 571, 588, 645 A. 63, 691, 725 A. 515, 743, 786, 874, 892, 909, 928, 980; Ober- 189, 239. 263, 332, 334, 352, 354, 435, 502, 533 A. ii, 645 A. 63, 668 A. 126, 689, 691, 725 A. 515, 743, 749, 788; Unter19, 240, 315, 338, 352, 354, 431, 5O2f., 517. 533. 584, 603, 628, 631 f., 645 A. 65, 725 A. 515, 859, 892 A. 276 Frankenthal (Rhld.-Pf.) 348, 525 Frankfurt a. Main 44, 96, 264, 676, 678, 695, 700; Bizone 661, 681, 691, 693 ff-., 710 A. 383; Bundestag (1850) 274; Deut­ scher Bund 102, 104; Deutscher Natio­ nalverein 281; Deutscher Reformverein 282; Fürstentag (1863) 277 f, 283; Gene­ ralrezeß (1819) 97,182; Großherzogtum 70 A. 106; Handels- u. Gewerbeverein 187; Nationalversammlung (1848/49) 213, 239-244, 248, 273, 281, 286, 289 f.; Rheinbund 26; Wachensturm (1832) 210; Wirtschaftsgebiet, -rat 661, 691-695 Frankreich, Franzosen, französisch 6-16, 18-24, 28, 30, 30 A. 36, 31-44, 46, 54, 59. 65. 67 A. 91, 69, 76, 76 A. 125, 77, 83. 85, 99-102, 109, in, 115, 118, 122, 131, 142, 173, 179, 182, 185-194, 197, 208 f, 240, 253, 257, 276, 278-281, 291, 300. 305. 309. 311. 3i6. 323. 340. 455.

1019

470, 474, 480, 488, 495, 598 f., 602 ff., 635 f., 639, 642, 650, 695, 832 f, 935 A. 660, 979; Nord- 416; - Revolution 4, 8, 44, 46, 48, 61 f., 69, 113, 142, 199, 202, 208 Franz II. (1768-1835), röm. K. (17921806), als Franz I. K. v. Österreich (1804-1835) 22, 27, 35. 35 A.45, 97. 105, 133, 189 -Joseph I. (1830-1916), K. v. Österreich (1848-1916) 389 Franziskaner 510 Frauenchiemsee (RO), Kloster 166 Frauendorfer, Heinrich v. (1855-1921), Min. 405 f., 445. 454, 457 A. 2, 459, 474 Freiburg i. Breisgau 630 Freie Demokratische Partei s. FDP Freiheitsaktion Bayern s. FAB Freilassing (BGL) 264 Freising 6, 339, 636; Bischofskonferenz (1850) 270, 623 - Bistum, Erzbistum München-, Hochstift 6, 17, 168, 582, 586 A. 275; EB no, 317 Frey, Gerhard (geb. 1933), Parteivors. 981 Freyberg, Karl Frhr. v., Min. (1919/20) 471 Freyberg-Eisenberg, Max Prokop Frhr. v. (1789-1851), Akademiepräs. 227 Freyschlag, Ignaz v., Chef d. Geheimkanz­ lei 396, 403 Frick, Wilhelm (1877-1946), Min. 503, 515, 517 f-, 521, 537. 573. 595. 608 Frieb, Hermann (1909-1943), Widerstands­ kämpfer 621 Friedberg (AIC) 640 A. 38, 668 A. 126 Friedrich II. d. Große (1712-1786), Kg. v. Preußen (1740-1786) 18 A. 27 - II. (I.), Hg. (1797). Kf. (1803), Kg. v. Württemberg (1806-1816) 5, 7, 25 f., 26 A. 24 - Michael, Pfalzgf. v. Zweibrücken (17241767) 4 - Wilhelm (1831-1888), Kronprinz, als Friedrich III. dt. K. u. Kg. v. Preußen (1888) 192, 245, 310 - Wilhelm IV. (1795-1861), Kg. v. Preu­ ßen (1840-1858 entmündigt) 171, 225 A. 7, 242 f. - Wilhelm I. (1802-1875), Kf· v. HessenKassel 27 Fritzsche, Hans (1900-1953), Journalist 731 Fröbel, Julius (1805-1893), Publizist 283

1020

Register

Frommknecht, Otto (1881-1969), Min. 687 Fuchsmühl (TIR) 354 Fürstenfeldbruck 920 Fürth 579, 638, 640, 640 A. 38, 668 A. 126, 678, 798, 840 A. 291; Arbeiterschaft 260, 346, 359; Eisenbahn 177, 263; Juden 575; Räteregierung 459, 461 A. 38 Fugger, Fürstentum 27 A. 25; Haus 239 - zu Glött, Joseph Emst Fürst (18951981), Widerstandskämpfer 620 Fulda (Hessen), Ämter 97; Bischofskonfe­ renzen $30, 623 Funk, Walter (1890-1960), NS-Politiker 595 Furth i. Wald (CHA) 264 FVP (Fortschrittliche Volkspartei) 335

Gaben, Volkmar (geb. 1923), Politiker 751. 775. 775 A. 883, 776 t, 863, 882, 892 f, 918, 954 Gablonz (Tschechien) 680, 749 Gärtner, Friedrich v. (1792-1847), Bau­ meister 152, 155, 267 Gaibach (KT) 212 f, 213 A. 58 Galen, Clemens August Gf. v. (18781946), B. v. Münster 613 f. Galizien 416 Gandorfer, Karl (1875-1932), Politiker 353, 433, 442, 474 - Ludwig (1880-1918), Bruder v. Karl 442 Garching (M) 826 f, 994 Gardasee (Oberitalien) 34, 36 Gareis, Karl (gest. 1921), Abg. 476 Garmisch-Partenkirchen (GAP) 461, 549, 666, 831 Gasser, Rudolf Frhr. v. (1829-1904), bayer. Gesandter in Stuttgan 378 ff. Gatschina (St.Petersburg), Vertrag (1799) 10 Gaulle, Charles de (1890-1970), frz. Staatspräs., General 857 Gauweiler, Peter (geb. 1949), Min. 973 f., 977 f·. 985, 991. 993 GB/BHE (Gesamtdeutscher Block/Bund d. Heimatvertriebenen u. Entrechteten) 676, 753, 789, 816-819, 822, 829, 836839, 846 f., 847 A. 340; s. a. BHE GDP (Gesamtdeutsche Partei) 753, 859, 874 A.133 Gebsattel, Lothar Anselm Frhr. v. (17611846), Eb. v. München-Freising 168

Geibel, Emanuel (1815-1884), Dichter 266, 268 Geiger, Hugo, Staatssekr. 687, 693 - Ludwig (1884-1946), Präs. d. Reichs­ postdirektion München 670 Geislhöringer, August (1886-1963), Min. 785, 822 Geissel, Johannes v. (1796—1864), B. v. Speyer 171 Genf 869 Genga, Annibale della (1760-1829), Nun­ tius 54, 55 A. 30 Genscher, Hans-Dietrich (geb. 1927), Bundesmin. 967, 988 Gentner, Hans, Staatssekr. 692 A. 256, 711 A. 386 Gentz, Frdr. v. (1764-1832), Publizist, Po­ litiker 104, 170 Genua 841 Geretsried (TÖL) 749 Gerhardinger, Constantin (1888—1970), Maler 561 Gerlich, Fritz Michael (1883-1934), Chef­ redakteur 509, 525 Germersheim (Rhld.-Pf.) 488 f; Festung 179 Gerngroß, Rupprecht (1915-1996), Haupt­ mann, Führer d. FAB 641 Gersfeld (Hessen), Bezirksamt 101, 298 Gesamtdeutsche Partei s. GDP Gesamtdeutscher Block/Bund d. Heimat­ vertriebenen u. Entrechteten s. GB/BHE Gesell, Silvio (1862-1930), Räterat 461 Geßler, Otto (1875-1955), Min. 580, 620 GDP (Gesamtdeutsche Partei) 753, 859, 874 A. 133 Giebelstadt (WÜ) 666 Giech, Carl Gf. v. (1795-1863), Publizist, Regierungspräs. v. Mittelfranken 175, 222, 226 Giesebrecht, Wilhelm (1814-1889), Histo­ riker 266 Giesler, Paul (1895-1945), NS-Gauleiter, MinPräs. (1942-1945) 541, 609, 627, 632 f., 636, 641, 649 - Architekt 559, 609 Gise, August Frhr. v. (1783-1860), Min. 141 f, 181, 186, 189, 206 Glöggler, Hans (geb. 1910), Industrieller 933. 934 A. 651 Glogau a. d. Oder (Niederschlesien), Fe­ stung 29

Register

Glotz, Peter (geb. 1939), Politiker 918, 984 Glück, Alois (geb. 1940), Politiker 973, 976, 996 A. 323, 1003 - Gebhard (geb. 1930), Min. 985, 991, 995. 995 A. 315 Gochsheim (SW), Reichsdorf 17 A. 24 Godesberg (NRW), SPD-Programm 774, 777 Goebbels, Josef (1897-1945), NS-Politiker 563, 576 , 586, 600, 610, 622 Gönner, Nikolaus Thaddäus v. (17641827), Jurist 71, 75, 76 A. 125, 125, 130, 141. 143 Göring, Hermann (1893-1946), Reichsmar­ schall 501 f, 533, 567, 594, 598, 619 Görres, Joseph v. (1776—1848), Publizist I34f, 158, 163 f, 166, 168 ff, 199, 227 f. —Kreis 148, 158, 227, 337 f, 408 Goethe, Johann Wolfgang v. (1749-1832) 6, 23, 131, 162, 233 Göttingen (Niedersachsen), Max-PlanckInstitut 826; Universität 130, 160, 245 Goetz, Walter (1867-1958), Historiker 335 Goetzendorff Günter (geb. 1917), Funk­ tionär 752 Goldhammer, Bruno (1905-1971), Funk­ tionär 779, 783 Golling, Alexander, Intendant 562 Gollwitzer, Heinz (1917-1999), Historiker 130, 132, 146, 152, 156, 161, 164fr., iö9f., 172, 178, 186, 193 f., 197, 2Ilf, 214, 218 ff, 222 f, 227, 232 f. Gombart, Lukas Ludwig (1792-1874), Abg. z. Frankfurter Nationalversammlung 243 Goppel, Alfons (1905-1991), MinPräs. (1962-1978) 687, 721 A. 473, 753 A. 725, 772, 776, 785, 839, 844 A. 317, 847, 858— 864, 866 f, 867 A. 82, 868 f, 871-879, 88if, 883 A.215, 886f, 889f, 892fr., 896, 898 fr., 904 A. 381, 914, 920, 923 f, 926-930, 932f, 935, 938, 938 A. 681, 939. 939 A. 692 u. 698, 940 f, 943-946, 948 f, 951-956, 958, 960 fr., 978, 990f. - Thomas (geb. 1947), Min. 985, 993, 995, 1006 Gorlice (Polen), Schlacht (1915) 416 Goslar (Niedersachsen) 771 Gräßler, Fritz (1904-1972), Abg. 708 A. 364 Graf, Oskar Maria (1894-1967), Schriftstel­ ler 561, 575 - Ulrich, NS-Funktionär 503

1021

- Willi (1918-1943), Mitglied d. Wider­ standsgruppe Weiße Rose 629 f. Grafeneck (b. Stuttgart) 613 Grafenrheinfeld (SW) 931, 93 J A. 630 Grafenwöhr (NEW) 666 Grandaur, Bernhard (1776—1838), Kabinettssekr. Kg. Ludwigs I. v. Bayern 137, 205 f. Graslitz (Tschechien) 749 Grassmann, Josef v., Staatsrechtler 320 A. 4 Grauert, Hermann (1850-1924), Historiker 4°3 Gravenreuth, Karl Ernst Frhr. v. (1771— 1826) 22, 22 A. 9, 23, 26 A. 24, 29 A. 31, 49 A. 13 Gregor XVI., Papst (1831-1846) 171 Greifenstein (FO), Burg 619 Greim, Robert Ritter v. (1892-1945), Ge­ neralfeldmarschall 598 Gresser, Franz v., Min. (1866—1869) 290 A. 14, 301, 304, 307 Griechenland 154, 179, 181, 185 f, 190, 193-197, 218, 220, 278 f, 323, 923 A. 558 Grillenberger, Karl (1848-1897), Abg. 346 ff. Groener, Wilhelm (1867-1939), General, Politiker 512 Großbritannien 323, 650, 660, 691, 695, 741, 757, 775; s. a. England Grotewohl, Otto (1894-1964), Politiker 782 Gruber, Max v. (1853-1927), Bakteriologe 420 Grüne, Bündnis 90/Grüne 965, 970 ff, 974 f, 980 f, 985, 993 f, 997, 1001 f, 1005, 1007, 1007 A. 398 Gudden, Bernhard v. (1824-1886), Psych­ iater 389, 391 Gümbel Karl Wilhelm v. (1823-1898), Geologe 267 Günzburg 617 Gürtner, Franz (1881-1941), Min. 476, 481, 515, 613 Gulbransson, Olaf (1873-1958), Zeichner 561 Gundremmingen (GZ) 841, 863, 922 A. 547. 931 Gustav-Adolf-Verein 253, 269, 271 Guthsmuths, Willi (1901-1981), Staatssekr. 753, 805, 823

1022

Register

Guttenberg, Karl Theodor v. u. zu (19211972), Staatssekr. 874 A. 142

Haas, Albrecht (1906-1970), Min. 785 f., 823, 847 - Franz (1904-1989), Abg. 708 A. 364 Habsburg, Haus 242, 621 - Otto v. (geb. 1912) 516, 621 Haecker, Theodor (1879-1945), Philosoph 629 Häffelin, Kasimir (1737-1827), Kardinal 54, 110, 116 Hänel, Albert (1833-1918), Jurist 320 A. 4 Hagen, Lorenz (1885-1965), Gewerkschaf­ ter 798, 799 A.1066 Hagenauer, Ludwig (1883-1949), Min. 687 f., 693 A. 264 Hahnzog, Klaus (geb. 1936), Abg. 1002 Halder, Franz (1884-1972), Generalstabs­ chef 598, 619 Hale, Oron J. (geb. 1902), Historiker, USKommissar 656 Halifax, Lord, Edward Wood Vise. (18811959), engl. Staatsmann 535 Hambach (Rhld.-Pf.), Fest (1832) 100 A. 6, 101, 185, 208 f., 211 f. Hamburg 941; Aufstand (1918) 484 f.; Ge­ samtschule 900 A. 357; Handelsrecht 275; Swing-Jugend 628; Widerstandsgruppe Weiße Rose 630 Hamm, Eduard (1879-1944), Min. 471, 589, 620 f. —Brücher, Hildegard (geb. 1921), Politi­ kerin 786 f. Hammelburg (KG) 666; Amt 604 Hanau (Hessen) 44; Schlacht (1813) 43 Hanauer, Rudolf (1908-1992), Landtagspräs. 850, 859 Handlos, Franz (geb. 1939), Abg. 980 Hanfstaengl, Familie 506 Hannover 188, 692; Königreich (18141866) 25, 102, 242 f, 273-276, 279, 296 f, 310 Harbers, Guido (1897-1977), Architekt 550 Hardenberg, Karl August Fürst v. (17501822), preuß. Staatsmann 6, 60, 82, 87, 89, 120 A. 52 Harleß, Adolf Gottlieb Christoph v. (18061879), Theologe 159, 221, 271 Hamier, Adolf Frhr. v. (1903-1945), Widerstandskämpfer 579 f., 589, 621 Hartheim (b. Linz, Oberösterreich) 613

Hartinger, Josef, Staatsanwalt 580 Hartl, Albert, Priester 585 Hartmann, F. v., Referendar 75, 76 A. 125 Hartwimmer, Hans (1902-1944), Wider­ standskämpfer 621 Hasselfeldt, Gerda (geb. 1950), Bundesmin. 985 A.238 Haßfurt (HAS) 579 Haugwitz, Christian Gf. v. (1752-1832), preuß. Staatsmann 23 A. 10 Hausegger, Siegmund v. (1872-1948), Komponist, Dirigent 562 Hausenstein, Wilhelm (1882-1957), Schriftsteller 561 Hausham (MB) 863 Haushofer, Georg Albrecht (1903-1945), Geograph, Historiker 506, 620 - Heinz (1906-1990), Historiker 567 Hausruckviertel (Oberösterreich) 36, 44, 97 Haußleiter, August (1905-1989), Politiker 708 A. 364, 803 A. 2 Hazzi, Joseph v. (1768-1845), Politiker 13 Heckel, Max v. (geb. 1935), Stadtkämme­ rer zu München 954 Hegnenberg-Dux, Friedrich Adam Gf. v. (1810-1872), Ministerratsvors. (18711872) 283, 302, 330 ff., 378 Heidelberg 7, 489; Abtretung (1802) 17; bayer. Anwartschaft 97, 182, 191 Heim, Georg (1865-1938), Politiker 339 f, 343 ff., 354ff., 408, 420, 446, 446 A. 15, 467 A. 9, 474, 492, 494, 574 Heintz, Carl Friedrich v., Min. (1848/49) 247 Heinz (-Orbis), Franz Josef (1884-1924), Pfälzer Separatist 488 f. Heisenberg, Werner (1901-1976), Physiker 826 Held, Heinrich (1868-1938), MinPräs. (1924-1933) 339f. 344f·. 420. 424. 434. 469, 491-498, 511, 513 f., 516, 518-521, 527, 574, 669, 709, 810, 875 - Philipp (1911-1993), Min. 875, 895, 897 A. 324 Helfer, Wilhelm, NS-Funktionär 540 Heller v. Hellersberg, Carl Sebastian (1772-1808), Jurist 74 Hellingrath, Philipp v. (1862-1939), Min. 422 f„ 431, 434, 444 Hellmuth, Otto (1895-1968), NS-Gauleiter 503, 524, 541, 622, 632

Register

Helm, Standgericht 637 A. 8 Helmerich, Michael (1885-1974), Min. 678 Helmstadt (WÜ), Gefecht (1866) 298 Henlein, Konrad (1868-1945), NS-Politiker 520 Hensoltshöhe (WUG) 588 Herker-Beimler, Centa 627 Hermann, Friedrich Benedikt v. (17951868), Abg. 243, 246, 277, 286, 300 Herrenchiemsee (RO), Schloß 384, 696 Herrmann, Wolfgang (geb. 1948), Präs. d. TU München 1006 A. 397 Herrnsheim (b. Worms, Rhld.-Pf.) 130 Herron, George D. 423, 447 Hertling, Georg Gf. v. (1843-1919), Reichskanzler (1917-1919), Ministerratsvors. (1912-1917) 74, 328, 339f, 344f·. 350, 376, 402, 407 fr., 409 A. 69, 410 f., 418-423, 430f. Herz, Carl, Abg. 333 Herzog, Roman (geb. 1934), Bundespräs. (1994-1999) 992 Herzogau (CHA) 632 Herzogsägmühle (WM) 553 Heß, Peter v. (1792-1874), Maler 153 - Rudolf (1894-1987), NS-Politiker 501, 506, 588, 609 Hesselberg (AN), der 546, 565 Hessen 49, 97, 184, 188, 274 f, 279, 296 f, 313. 319, 324. 449. 466, 513, 520, 649, 654, 661 A. 80, 702 A. 324, 722 A. 482, 753 A.721, 787, 941, 961, 1003; Groß­ herzogtum 314 —Darmstadt 22, 43, 96, 102, 117, 277, 295 f, 298, 300; Großherzogtum 274 —Kassel, Großherzogtum 275, 279 Heubach (B.-W.), Amt 97 Heuberger, Anton, Pfarrer 585 Heubl, Franz (1924-2002), Min. 847, 848 A. 354, 850, 861, 864, 895, 929, 940, 943, 960 Heufeld (RO) 263 Heydeck, Carl Wilhelm Frhr. v. (17871861), Oberstleutnant 193, 195 Heydrich, Reinhard (1904-1942), NSFunktionär 572, 618 Heyse, Paul v. (1830-1914), Schriftsteller 268 Hierl, Konstantin (1875-1955), NS-Funktionär 464 - Michael, Gewerkschafter 360 Hierlbach (SR) 352

1023

Hiersemann, Karl-Heinz (1944-1998), Abg. 971, 975. 979 A. 187, 984 f Hillermeier, Karl (geb. 1922), Min. 929, 947 A. 758, 960, 965, 973 Hilz, Sepp, Maler 561 Himmler, Heinrich (1900-1945), NSFunktionär 502 f., 517, 521, 524 f., 572f, 593, 608, 610, 614, 618f. Hindemith, Paul (1895-1963), Komponist 562 Hindenburg, Paul v. (1847-1934), Reichspräs. (1925-1934) 416, 494. 5i2f·, 515“ 518, 528, 579 Hipp, Otto (1885-1952), Min., OB v. Re­ gensburg 670, 673 f, 683, 814 A. 89 Hirsch, Max (1832-1905), Kaufmann 358 ff., 436 Hirth, Georg (1841-1916), Verleger 332 Hitler, Adolf (1889-1945) 480-483, 486 ff, 501-512, 514-522. 525-528, 530-535. 537, 539. 541. 544f·. 548ff·. 553. 556566, 569 f, 576, 578, 582, 588-594, 598 f, 605, 607 fr., 611, 613, 618 f., 622, 624, 631-634, 636 f„ 642, 686, 695, 787 Hitzhofen (EI) 585 Hochberg, Linie 116, 182 Höcherl, Hermann (1912-1989), Bundes­ min. 783 A. 952, 851, 861 A. 24, 869, 874 A. 142 Hoegner, Wilhelm (1887-1980), MinPräs. (1945-1946, 1954-1957) 436, 509, 526, 575. 655, 657, 657 A. 52, 659 A. 71, 67of, 675-681, 683-688, 692, 702 A. 324, 703-707, 707 A. 364, 708, 709 A. 371, 710, 711 A. 386, 712 A. 398, 714720, 722, 722 A. 489, 725, 729, 732, 736, 744, 756 A. 754, 762, 764, 774 f., 775 A. 883, 777, 780, 800, 805, 814, 819, 821 f., 822 A. 147, 823-826, 828, 830834, 834 A.234, 835, 837, 840, 855 A. 411 Hollerer, Julius (1903-1968), Abg. 787 A.987 Höltermann, Arthur (1906-1981), Staatssekr. 693 A. 264 Hoermann, Joseph v. 211 f. Hörmann v. Hörbach, Winfried v., Min. (1868/69) 308, 333 Hof a. d. Saale 578, 638, 725 A. 515, 943; Arbeiterschaft 260, 473; Besetzung (russ., 1813) 41; Bevölkerungsverluste 952;

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Register

Theater 563; Verkehr 177, 264, 549; Wirtschaft 263 Hofer, Andreas (1767-1810), Freiheits­ kämpfer 34f., 35 A. 45 Hofenfels, Johann Christian Frhr. v. (17441787), Zweibrückener Min. (1744-1787) 6 Hoffmann, Johannes (1867-1930), MinPräs. (1919-1920) 350, 434, 444f„ 451, 456, 459 f, 460 A. 29 u. 32, 461-464, 468, 471, 473 f, 488, 493 Hofoldinger Forst (M) 890, 916 A. 482 Hohenems (Vorarlberg), Grafschaft 23 Hohenfels (NM) 666 Hohenlinden (EBE), Schlacht (1800) 11 Hohenlohe, Fürstentum 27 A. 25 —Schillingsfürst, Chlodwig Fürst zu (1819-1901), Reichskanzler (1894-1900), Ministerratsvors. (1866-1870) 301, 3o6ff, 333, 337, 378; Ministerium 258, 299. 302, 305, 367. 371 Hohenpeißenberg (WM), der 50 A. 17 Hohenschwangau (OAL), Schloß 384, 390 Hohenzollem, Haus 516 Hohlmeier, Monika (geb. 1962), Min. 968, 991, 1006 Hohmann, Georg (1880-1970), Mediziner 335 Holland 37, 39, 602; s. a. Niederlande Holnstein, Max Gf. v., Oberststallmeister 315 f-, 386, 390 Holstein, Herzogtum 274 Holz, Karl (1895-1945), NS-Gauleiter 632 Holzhaid, Hildegund (geb. 1936), Präs. d. Bayer. Verfassungsgerichtshofs 991 Homburg (Saarland) 208, 536, 571; Verein­ barung (1923) 487, 490 Hompesch, Johann Wilhelm Frhr. v. (1761-1809), Min. 19, 38 f., 61, 70, 76, 80, 93. 143 Honecker, Erich (1912-1994) 968 Horlacher, Michael (1888-1957), Landtagspräs. 686, 707 A. 364, 708 ff, 712, 716 A. 440, 722 A. 489, 724 Hormayr, Joseph Frhr. v. (1782-1848) 136, 162, 169 A. 103, 202 Hornthal, Franz Ludwig v., OB v. Bam­ berg 124 fr. Horthy, Nikolaus v. (1868-1957), ungar. Staatsmann 535 Hruby, Karl Frhr. v., österr. Gesandter in München 43

Huber, Erwin (geb. 1946), Min. 991, 995, 1006 - Johann Baptist (1892-1942), Pfarrer 587 - Kurt (1893-1943), Philosoph 566, 629 f. - Lorenz (1862-1910), Präses 355 f. - Ludwig, Min. 852, 859, 866, 868-871, 875, 880, 881 A. 190, 882, 884, 886, 895, 897 A. 331, 900, 929, 936, 940, 960 Hundhammer, Alois (1900-1974), Min. 509, 515, 574, 677, 685, 685 A. 211, 686 ff, 693, 698, 699 A. 308, 707 A. 364, 708, 709 A. 371, 7iof, 713, 725, 767, 769, 772, 783, 796, 803 ff, 815, 815 A. 93, 818, 819 A. 126, 820 f., 839, 844, 858, 875, 881 Hunsrück 182 Huttier, Max, Abg. 340 Hutzelmann, Emma (1900-1944), Wider­ standskämpferin 627 - Hans (1906-1945), Widerstandskämpfer 625

Illuminaten 6, 32, 110, 124 Ingolstadt 625, 638, 640 A. 38, 668 A. 126, 910 A. 434; Festung 11, 179, 215; Indu­ strie 841, 862 f.; Universität 6, 90 Inn 16, 32, 43, 639; -kreis 131; -viertel 36, 39, 44. 96 ff., 464 Innsbruck (Tirol) 34, 36, 131 Irsee (OAL), Reichsabtei 17 A. 24 Isar 16, 639; -kreis 62 f. Isel, Berg (b. Innsbruck), Schlacht (1809) 34 f. 131 Isengau 472 Israel 756, 920 f. Italien 13, 26, 33, 35 f., 39, 46, 130, 151, 280ff, 295, 323, 416, 421, 495, 579, 602 f, 605, 832, 923 A. 558, 935 A. 660; Nord- 951; Ober- 11; Süd- 152 Jaeger, Hans-Jürgen (geb. 1931), Abg. 787 - Richard (1913-1998), Bundesmin. 869 Jägerstetter, Franz (hingerichtet 1943) 626 Jaenicke, Wolfgang (1881-1968), Staats­ kommissar 680, 688, 693 A. 264, 745 f. Jaffe, Edgar, Min. (1918/19) 445, 457 A. 2 Jakobiner 7, 12 f, 13 A. 15 Jaumann, Anton (1927-1994), Min. 895, 913, 922, 924, 929, 949, 952, 960, 976 Jaurès, Jean (1859-1914), frz. Politiker 441 Jean Paul (= Richter, Johann Paul Fried­ rich, 1763-1825), Literat 162

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Jena, Universität 158; - u. Auerstädt, Schlacht (1806) 29 Jerusalem 855 Jesuiten 6, 46, 168, 221 f., 225, 225 A. 7, 373 f., 510. 580, 587 Jettingen (GZ) 619 Jodi, Alfred (1890-1946), General 598, 619 Jörg, Josef, Abg. 708 A. 364 -Joseph Edmund (1819-1901), Politiker, Publizist 299, 307, 310, 317, 337-342. 380 Johann, Erzhg. v. Österreich (1782-1859), Reichsverweser 31, 35 A. 45, 241 Johannes Paul II. (geb. 1920), Papst (seit 1978) 975 Jolly, Johann Philipp v. (1809-1884), Phy­ siker 265 Joseph 11.(1741-1790), röm. Kg. (1764), K. (1765-1790) 34, 46, 49, 76 A. 125, 86, 165 Josephine (1763-1814), Gern. Napoleons I. 24 Juden 271, 531, 571, 574fr., 586, 586 A. 275, 613, 615 fr., 625, 755 f.; Edikt (1813) 87, 262; Freizügigkeit 272; Gleichstellung 255 Jülich, Herzogtum 14, 17, 85 Jugoslawien 598 f, 923 A. 558 Jung, Edgar (1894-1934), Publizist 508 Jungholz (Tirol) 535, 650 A. 10 Junker, Heinrich (1911-1993), Min. 839, 865 A.64, 926 A.588 Kärnten (Österreich) 36 Kaeser, Elisabeth (1882-1953), Abg. 708 A. 364 Kahl a. Main (AB) 828 Kahr, Gustav Ritter v. (1862-1934), MinPräs. (1920-1921) 472-475, 481-487, 525 Kainz, Joseph (1856—1935), Schauspieler 384 Kaiser, Albert (1893-1962), Abg. 707 A. 364 -Jakob (1888-1961), Bundesmin. 701 A. 318 Kaisheim (DON), Abtei 17 A. 24 Kaiserslautern (Rhld.-Pf.) 334, 488, 832; Presse 331 Kalkbrenner, Helmut, Abg. 783 A. 952 Kandinsky, Wassily (1866-1944), Maler 561 Kant, Immanuel (1724-1804) 69, 441

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Kanzler, Rudolf 472, 475 Kapp, Wolfgang (1858-1922), - -Putsch (1920) 427 f, 475 Kappodistrias, Joannes Antonios (17761831), Regent Griechenlands (1827/281831) 194 Kapuziner 509 Karl X. Philipp (1757-1836), Kg. v. Frank­ reich (1824-1830) 193 f., 213 Karl, Erzhg., Hoch- u. Deutschmeister (1801-1804), Hg. v. Teschen (18221847) 31 Karl II. (August), Hg. v. Zweibrücken (1775-1795) 4. 6f, 16 Karl Friedrich (1728-1811), Mgf. v. Baden (1738), Kf. (1803), Großhg. (1806) 5, 182 f. Karl Theodor (1724-1799), Pfgf. (1733), Kf. v. d. Pfalz (1742) u. v. Bayern (1777-1799) 4. 6f., 9, 14, 46, 47 A. 6, 68 A. 94, 72, 84, 100 A. 6, 101 Karlsbad (Tschechien), Konferenzen (1819) 104 f, 126, 210 Karlsruhe (B.-W.) 309, 826; Bundesverfas­ sungsgericht 852, 899; Hof 98 Karoline Friederike Wilhelmine v. Baden (1776—1841), 2. Gern. Maximilians IV. (I.) v. Bayern 21 Karpaten 416 Katharina v. Rußland, Großfürstin 131 Kaufbeuren 35, 640, 749; Industrie 263, 680; -Neugablonz 749; Reichsstadt 17 A. 24 Kaufering (LL) 614 Kaufimann, Angelika (1741-1807), Schweizer Malerin 131 Kaukasus 416 Kautsky, Karl (1854-1938) 348 Keegan, Charles E. (1893-1966), Militärre­ gierung 654, 655 A. 43, 669 Kelheim (KEH) 265 Keller, Eugen, Major 667 Kempten (Allgäu) 638, 640, 640 A. 38, 668 A. 126, 781 A. 934; Besetzung (1809) 35; Industrie 263; Räteregierung 460 A. 29; Reichsstadt 17 A. 24 - Fürststift 17 A. 24 Kerenski, Alexander (1881-1970), russ. Po­ litiker 454 A.65 Kern, Helmut (1892-1941), Pfarrer 588 Kesselring, Albert (1885-1960), General 598, 636 f., 642

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Register

Keßler, Rainer (1919-2002), Leiter d. Staatskanzlei 962 Keupp, Erich, Rektor 588 Kiechle, Ignaz (geb. 1939), Bundesmin. 967, 98$ A.238 Kiesinger, Kurt Georg (1904-1988), Bundeskanzler (1966-1969) 874 Kiesl, Erich (geb. 1930), OB v. München 778, 954 Kirschbaum, Joseph F. A. v., Hofmeister 129 f. Klein, Emil (geb. 1905), NS-Funktionär 535. 54°. 554 Klemens XIV., Papst (1769-1774) 46 Klenze, Leo v. (1784-1864), Baumeister 139 A. 53, ijif., ij4f., 176, 196, 232 A. 35 Klingenbeck, Walter (1925-1943), Wider­ standskämpfer 628 Klotz, Xaver, Widerstandskämpfer 618 A. 142 Kluckhohn, August (1832-1893), Histori­ ker 266 Knab, Otto, Redakteur 586 Knappertsbusch, Hans (1888-1965), Diri­ gent 562 Knilling, Eugen Ritter v. (1865-1927), MinPräs. (1922-1924) 409, 434, 479, 481, 483 f„ 491, 493 Knoeringen, Waldemar Frhr. v. (19061971), Politiker 708, 708 A. 364, 756 A. 754, 774f., 775 A. 833, 816, 819-822, 824-828, 830 Knorr u. Hirth, Verlag 332 Koch, Christoph (1737-1813), Staatsrecht­ ler 6 - Fritz, Min. 805, 822 f. - Nikolaus v., Min. (1864-1866) 290 A. 14, 294, 301 - Robert, Gefängnisdirektor 525 Köglmaier, Max (geb. 1902), NS-Funktio­ när 535 Köln, Dom 154, 171; Wirren (1837) 169, 171 ff König, P. Lothar (1906-1946), Wider­ standskämpfer 620 Königbauer, Heinrich, Landtagspräs. 357 Königgrätz (Tschechien), Schlacht (1866) 297 Königsegg-Rothenfels, Grafschaft 23 Königshofen (NES) 943 A. 723 Königstein (Hessen) 852

Kohl, Helmut (geb. 1930), Bundeskanzler (1982-1998) 937 ff., 958, 960, 963 f., 966, 975. 983.985 A. 238 - Michael 943 Kolb, Georg Friedrich (1808-1884), Jour­ nalist 222, 243, 333 - Richard, Sendeleiter 563 Kolbe, Georg (1877-1947), Bildhauer 561 Kolbenhayer, Erwin Guido (1878-1962), Schriftsteller 529, 561 Kolbermoor (RO) 464 Kolbow, Walter (geb. 1944), Staatssekr. 1007 A.399 Kollmann, Ottmar (1886-1969), Jurist 830 Kommunistische Partei Deutschlands s. KPD Korea 808 Korff, Wilhelm (1901-1975), Abg. 786 Korherr, Richard, NS-Funktionär 617 A. 135 Kornrumpf, Martin, Autor 566 Kotzebue, August v. (1761-1819), Drama­ tiker 125 KPD (Kommunistische Partei Deutsch­ lands) 460 f., 474, 491, 493, 497, 507 f., 517, 523. 526. 528, 578, 673 ff., 677, 679, 684, 706 fr., 710, 714, 724, 756, 761 A. 762, 763, 767, 774, 779ff, 781 A. 930, 782 f., 800, 803, 974 Krafft v. Dellmensingen, Konrad (18621953). Generalstabschef 415 Kraiburg (MÜ) 749 Krapp, Lorenz (1882-1947), Abg. 707 A. 364 Kraus, Hans, Leiter d. Staatskanzlei 678 A. 177, 679, 687 - Johannes (1890-1974), Domkapitular 586 -Johann Georg, Min. (1946-1950) 660 A. 71 Krauss, Clemens (1893-1954), Dirigent 562 f. Kray v. Krajowa, Paul Frhr. v. (17351804), österr. Feldmarschall 10 Krehle, Heinrich (1892-1969), Min. 677 f., 693, 703, 708 A. 364, 716 A. 440, 806 Kreisauer Kreis 580 Kreittmayr, Wiguläus Xaver Alois Frhr. v. (1705-1790) 69 ff Krenner, Franz v. (1762-1819), Finanzpoli­ tiker 47 f., 74 Kreß v. Kressenstein, Georg (1840-1911), Abg. 333

Register

- Otto Frhr. v. (1850-1929), Min. 409, 431 Kreußel, Alfons (1910-1963), Abg. 770 Kreuth, Wildbad (MB) 771, 938, 960 Kreutzer, Heinrich v., Kabinettssekr. Kg. Ludwigs I. v. Bayern 137 Knebel, Hermann, Oberstleutnant 482, 508 - Karl, Wehrkreiskommandant 619 Krim 598; -Krieg 197, 278, 281 Kroatien 926 Kronach 542, 823, 943 A. 723; Lkr. 640 A. 38 Kronawitter, Georg (geb. 1928), OB v. München 777 Kuchtner, Eberhard, Ministerialdir. 823 A. 157 Kufstein (Tirol) 264 Kühne, Erich, Abg. 787 A. 987 Künneth, Walter, Theologe 588 Kuhl, Hermann v. (1856-1958), General 416 Kulmbach (KU), Lkr. 640 A. 38 Kurland (Lettland) 416, 422 Kursk (Mittelrußland) 598 Kurtz, Walter H., Colonel 667

Lacherbauer, Carljörg (1902-1967), Staatssekr. 708 A. 364 Lades, Heinrich (1914-1990), Politiker 882 Lagarde (Lothringen) 415 Lamont, Johann (1803—1879), Astronom 265 Landau (Rhld.-Pf.) 310, 414 Landauer, Gustav (1870-1919), Schriftstel­ ler 455. 464 Landmann, Robert v. (1845-1926), Min. 404 f. Landsberg a. Lech 444, 554, 598, 639 A. 28; Juden 756; Rüstungsindustrie 611 Landshut 639; Appellationsgericht 211, 213; Gefecht (1809) 32; Kriegszerstörun­ gen 645; NS-Zeit 502, 507, 569; -er Ro­ mantik 31; Trausnitz 338; Universität 90, 91 A. 178, 130, 143, 158, 164; Zeitung 331 Landstuhl (Rhld.-Pf.) 565 Lang, Richard (Gustl) (geb. 1929), Min. 929. 965. 973. 985. 991 Lange, Karl Arthur (1881-1947), Min. 670, 672 f. Langensalza (Thüringen) 297

1027

LasauLx, Emst v. (1805-1861), Mitglied d. Frankfurter Nationalversammlung 227, 243 Lassalle, Ferdinand (1825-1864) 346, 358 Lauenstein (KC) 943 A. 723 Laufen (BGL), Amt 97 Lautem, Fürstentum 17 Lechkreis 63 Lechner, Joseph, Theologe 586 Leeb, Hermann (geb. 1938), Min. 991, 995 - Wilhelm Ritter v. (1876-1956), General­ feldmarschall 518 A. 106, 598, 619 Lefebvre, Pierre François Joseph (1755— 1820), franz. Marschall 34 f., 132; Korps 35 Leicht, Johann, Abg. 494, 527 Leiningen, Karl Fürst v. (1804-1856) 230 Leipelt, Hans Konrad (1921-1945), Wider­ standskämpfer 630 Leipzig 346, 628, 983; Reichsgericht 322, Universität 159, 272; Völkerschlacht (1813) 43 Lempp, Albert (1884-1943), Buchhändler 625 Lentner, Joseph Friedrich (1814-1852), Schriftsteller, Maler 267 Leo XIII., Papst (1878-1903) 400 f. Leonrod, Ludwig Frhr. v. (1906-1944), Widerstandskämpfer 620 f. Leopold, Prinz v. Bayern (1846-1930), Ge­ neralfeldmarschall 416 Leoprechting, Hubert Frhr. v., Journalist 479 Lerchenfeld, Gustav Frhr. v. (1806-1866), Min. 247, 249, 253, 283, 302, 330, 332 - Maximilian Emanuel Frhr. v. (17781843), Min. 95, 104, 108, no, 114, 126, 202, 382, 389 A. 124, 393 - auf Köfering u. Schönberg, Hugo Gf. v. u. zu (1843-1925), Gesandter in Berlin 320 A. 6, 323, 407 f„ 419, 423 f. - Hugo Gf. v. u. zu (1871-1944), MinPräs. (1921-1922) 476, 478 f. Lemo, Franz Xaver, Abg. 345 Lerpscher, Michael, Pazifist (1940 hinge­ richtet) 626 Le Suire, Wilhelm v., Min. (1848/49), Ge­ neral 249 Letz, Georg, Abg. 882 Leusser, Claus (1909-1966), Ministerialdir. 699 A.305, 832 A. 223, 861 A. 27

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Register

Leutkirch (B.-W.), Reichsstadt 17 A. 24; -er Heide 17 A. 24 Levien, Max (1885-1937) 456 A. 74, 460, 462 f. Levine, Eugen (1883-1919) 460, 462 fr. Lex, Hans v. (1893-1970), Führer d. Bayemwacht 518 Ley, Robert (1890-1945), NS-Politiker 553 Liberale 334, 368 f, 403 fr., 407, 411, 420, 491 Liebel, Willy (1897-1945), OB v. Nürn­ berg 569 Liebeneiner, Wolfgang (1905-1987), Re­ gisseur 614 Liebig, Justus v. (1803-1873), Chemiker 159, 263, 265, 268 Liebknecht, Karl (1871-1919), Politiker 432 - Wilhelm (1826-1900), Politiker 346, 358 Lienz (Osttirol), Landgericht 36 Lill, Georg, Abg. 708 A. 364 Lindau 639; Besatzungszone 642, 650, 654; Eisenbahn 177, 264; Industrie- u. Han­ delskammer 791 A. 1004; Räteherrschaft 464; Reichsstadt 23, 27 A. 25; Zugehö­ rigkeit 656, 682, 832 Linderhof (GAP), Schloß 384 Linnert, Fritz (1885-1949), Abg. 708 A. 364, 786 Linsert, Ludwig, Gewerkschafter 799 A. 1066 Linz (Oberösterreich) 639 Lipp, Franz (geb. 1855) 461 Lippi, Alois Johannes (1903-1957), Schrift­ steller 561 List, Friedrich (1789—1846), Nationalöko­ nom 187 Litauen 416, 422 Livland (Baltikum) 422 Lobkowicz, Nikolaus Fürst v. (geb. 1931), Prof. 886 A. 228 Lobkowitz-Stemstein, Gfn. v. 27 A. 25 Locarno (Tessin) 494; Vertrag (1925) 495 Löhe, Wilhelm (1808-1872), Pfarrer 271 Löher, Franz v. (1818-1892), Jurist 286 Löwenstein, Haus 239 —Wertheim-Freudenberg, Karl Friedrich Fürst zu (1781-1849), Staatsrat 241 —Wertheim-Rosenberg, Karl Heinrich Fürst zu (1834-1921), Politiker 339, 341, 401 f.

Löwenstein, Gabriel, Gewerkschafter 360 Loewenich, Hermann v. (geb. 1931), Lan­ desbischof 997 A. 326, 998 Lohr a. Main (MSP) 461, 641 A. 38 Loire (Frankreich) 311 Lombardei (Oberitalien) 280 London 145, 489; Konferenzen (1830) 193 f-, (1948) 695 Loritz, Alfred (1902-1979), Abg. 678 f., 706, 707 A. 364, 708, 730, 787, 787 A. 987, 788 f. Lossow, Otto v. (1868-1938), General 484-487 Lothringen 415 f., 536 Louis Philippe, Kg. v. Frankreich s. Lud­ wig Philipp Luber, Georg, Staatskommissar 521 f. Lublin (Polen) 616 LudendorfF, Erich (1865-1937), General, Politiker 416, 422, 475, 480, 486 f, 494, 509 Ludwig IX. d. Heilige (1215-1270), Kg. v. Frankreich (1226-1270) 129, 154 - XIV. (1638-1715), Kg. v. Frankreich (1643-1715) 384 - XVI. (1754-1792), Kg. v. Frankreich (1774-1792) 129 - XVIII. (1755-1824), Kg. v. Frankreich (1814/5-1824) 114, 117 - 1. (1786-1868), Kg. v. Bayern (18251848) 72, 99 f, 100 A. 6 u. 7, 101, 104, 140f, 237f, 240, 246fr., 272, 383, 396, 559; Kronprinz 29, 32, 35, 35 A. 46, 36 f, 42 A. 56, 72, 94, 98, 102, 104 f, 113, 115fr., 126, 131, 133, 144, 150-153, 162, 164, 167, 167 A. 87, 173 f, 180, 193, 199, 212, 214, 232; Persönlichkeit u. Persönliches 98 A. 3, 129—132, 139, 199202, 220, 224, 227 fr., 231-234, 269; Ein­ stellung z. Geschichte 133, 134 A. 24, z. Herrscherberuf u. Politik 118, 134, 136-140, 142, I44f, 149, i8of., 183fr., - z. Kirche u. Religion 132 f, 143, 146 fr., 164-173, 289, - z. Militär u. Krieg 131, 178 fr.; Finanzen 76, 80, 140, 148, 150, 174F.; Frankreich 188-193; Gebietsverluste 98, 132, 182; Griechen­ land 193-197, 218, 220; Kunst- u. Kul­ turpflege 92, 132 f, 150-156; monarchi­ sches Prinzip 136, 206, 213, 218, 224, 226, 285, 288; Verfassung 134 fr, 198223, 229f, 250, 253; Verwaltungsreform

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175 f; Wissenschaftspflege 90, 150, 157-164 - II. (1845-1886), Kg. v. Bayern (18641886) 245, 277, 285, 293 fr., 3oof, 3083ii, 313 fT., 3i6f„ 319, 327f·. 37°. 375— 380, 382-390, 390 A. 127, 391fr., 393 A. 130, 394, 394 A. 150, 396, 417 - 111.(1845-1921), Regent (1912/13), Kg. v. Bayern (1913-1918) 407, 410 ff., 417 ff-, 421. 423 f- 434. 438, 445. 477 - Philipp (1773-1850), Kg. v. Frankreich (1830-1848) 191, 194, 229 Ludwig-Donau-Main-Kanal 177 f., 265 Ludwigsburg (B.-W.) 856 Ludwigshafen (Rhld.-Pf.) 348, 369, 832 Lübeck (Schleswig-Holstein) 37 Lüttwitz, Walther Frhr. v. (1859-1942), General, Putsch (1920) 472 f., 475 Luise v. Preußen (1776-1810), Königin v. Preußen 131 Luitpold (1821-1912), Prinzregent v. Bay­ ern (1886-1912) 222, 316, 389-392, 392 A. 139, 395 ff., 400, 402-408, 410 flf. Luneville (Frankreich), Friede (1801) iif, 17 f. Luppe, Hermann, OB v. Nürnberg 510 Luthardt, August Emil (1824-1906), Abg. 341 Luther, Hans (1879-1962), Reichskanzler (1925-1926) 495 - Martin (1483-1546), Reformator 529 Lutz, Eduard v. (1810-1893), Min. 301, 3°9. 3i2f. - Friedrich 350 -Johann Frhr. v. (1826-1890), Ministerratsvors. (1880-1890) 290 A. 14, 317, 328, 370-373. 375 f. 378 ff, 389. 391 f. 392 A. 139, 393, 401 ff; Ministerium 380 f., 400; System - 342, 381 Luxemburg 186 Luxemburg, Rosa (1870-1919) 442 Luzem (Schweiz) 145

Maag, Johann (1898-1976), Staatssekr. 806 Maas 416 Maastricht (Niederlande), Vertrag 810 A. 54, 948 A. 768, 971, 978, 988 Mack, Karl Frhr. v. (1752-1828), österr. General 20, 23 Mac Mahon, Marie-Edme-Patrice de Gf. v. (1808-1893), Marschall 311 Madeira (Portugal) 553

Männle, Ursula (geb. 1944), Min. 995 März, Josef, Fleischfabrikant 988 Magenta (Oberitalien), Schlacht (1859) 280 Maier, Hans (geb. 1931), Min. 895, 900 ff, 904 A. 383 u. 384, 927, 929, 936, 939 A. 692, 944, 960, 973 -Johann (1906-1945), Domprediger 623, 639 Maier-Leibnitz, Heinz (geb. 1911), Physi­ ker 827 Mailand 29 f, 30 A. 36, 64f, 70 Maillinger, Joseph v. (1820-1901), Min. 381 Main 96, 98; -kreis 97 Mainfranken s. Franken Mainz 21, 44, 96; Kurfürstentum 46 Maiziere, Lothar de (geb. 1940), Min. 983 Malsen-Waldkirch, Konrad Frhr. v. (18691913). Abg. 340 Malterserorden 10, 20 Mann, Thomas (1875-1955), Schriftsteller 529, 561, 575 Männert, Konrad (1756-1834), Historiker 163 Mannheim 7, 17, 86, 97, 182, 191 Mansholt, Sicco (1908-1995), niederländi­ scher Politiker 797 Mantua (Oberitalien) 35 A. 45 Marburg (Hessen) 441 Marc, Franz (1880-1916), Maler 561 Marengo (Oberitalien), Schlacht (1800)

II Maria Leopoldine v. Osterreich-Este (1776-1848), Gern. v. Kf Karl Theodor v. Bayern 9 - Theresia (1717-1780), Gem. K. Franz I. 76 A.125 - Theresia v. Österreich-Este (1849-1919), Gern. v. Kg. Ludwig III. v. Bayern 477 Marie v. Preußen (1825-1889), Gern. v. Kg. Maximilian II. v. Bayern 245 - Louise, Erzherzogin v. Österreich (17911847), 2. Gern. v. Napoleon I. 27, 131 Markt Eisenstein (Tschechien) 535, 650 A. 10 Marktredwitz (WUN) 781 Marne 416 Marokko 441 Marquardsen, Heinrich v. (1826-1897), Staatsrechtler 331, 333 Martin, Joseph, Kabinettssekr. v. Kg. Lud­ wig I. v. Bayern 137

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Register

- Benno (1893-1975), Polizeipräs. v. Nürnberg 569 Martius, Karl Friedrich Philipp v. (17941868), Botaniker 158 Marx, Karl (1818-1883) 449 - Wilhelm (1863-1946), Reichskanzler (1923-1924, 1926-1928) 494 Mäscher, Ulrike (geb. 1938), Staatssekretä­ rin 1007 A.399 Maunz, Theodor (1901-1993), Min. 840, 844, 851, 863 A. 47, 866 Maurer, Georg Ludwig Ritter v. (17901872), Min. 163 Λ. 68, 195 f., 225 f., 226 A. 13, 227, 291 - Hans (geb. 1933), Min. 985, 991 Maurice, £mil (1897-1979), Stadtrat 506 Maximilian III. Joseph (1727-1777), Kf. v. Bayern (1745-1777) 7 - IV. (I.) Joseph (1756-1825), Kf. v. Bayern (1799-1805), Kg. v. Bayern (1806-1825) 4-7, 9, nf., 12 A. 14, I4f„ 17, 20ff., 22 A. 9, 24, 26 A. 24, 27, 31, 36f, 39, 42 A. 56, 43, 47f., 53 f., 59, 62, 65, 68, 71 f„ 78, 82, 84, 86, 91 f., 94f., 98 A. 3, 100 A. 5, 101, 104ff., no, 112, H5f., 125f., 129, 131 ff., 139, 169 f., 182, 184 - II. (1811-1864), Kg. v. Bayern (18481864) 92, 149, 178, 230 f., 238, 240, 242, 244-250, 256, 266-269, 271 f·. 278, 284ff, 288 f., 294, 383, 396, 964 Max, Prinz v. Baden (1867-1929), Reichs­ kanzler (1918) 423 Maxhütte-Haidhof (SAD) 361, 604 Mayer, Josef (1895-1976), Ministerialdir. 823 A.157 - P. Rupert (1876-1945) 510, 580, 585 f., 975 McCloy, John J. (1895-1989), Hoher Kommissar 658 A. 62, 808 McNamey, Joseph T., Militärgouvemeur d. US-Zone 660 Mecklenburg 152; -Schwerin 275; -Strelitz 275 Mehmet Ali (1769-1842), Statthalter v. Ägypten 192 Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutsch­ lands s. MSPD Meiningen (Thüringen) 805 Meinzolt, Hans (1887-1967), Staatssekr. 670, 674, 677 f., 823 Meiser, Hans (1881—1956), Landesbischof 529, 587 f., 613, 669 f, 770

Meißner, Karl (geb. 1920), Abg. 787 A. 987, 788 Meixner, Georg (1887-1960), Abg. 770, 805, 815, 818, 820, 821 A. 136, 844 Memmel, Theo (1891-1973), OB v. Würz­ burg 569 Memmingen 27 A. 25, 542, 604, 640 A. 38; Reichsstadt 17 A. 24 Memminger, Anton (1846-1923), Redak­ teur 352 Mengele, Josef (1911-1979), KZ-Arzt 617 Menzel, Walter (1901-1963), Min. 698 Meran (Südtirol) 36 Mering (AIC) 373 Merk, Bruno (geb. 1922), Min. 875, 886, 895, 906 f., 920, 925, 929, 938, 940, 960, 964 Mertz v. Quirnheim, Albrecht (19051944), Widerstandskämpfer 619 Mesopotamien 416 Metten (DEG), Kloster 166, 166 A. 85 Metternich, Klemens Lothar Wenzel Fürst v. (i773~i859), österr. Staatskanzler (1821-1848) 6, 42 f, 89, 94, 96, 98, 103 ff., 105 A. 15, 106 A. 18, in, 116, 117 A. 35, 133, 136, 140, 142, 148, 170, i84ff., 188 f., 192 ff., 209 ff., 227, 232 A. 30 Metz (Elsaß) 632 Metz, Adalbert François Alexandre de, frz. General 488 Meyer, Otto (1882—1969), Industrieller 801 —Spreckels, Elisabeth (1890-1974), Abg. 708 A.364 Michel, Johann Balthasar, Weinwirt 86 Mieg, Arnold Ritter v. (1778-1842), Min. 141 A. 65, 206, 210 Mies (Tschechien) 579 Miller, Josef (geb. 1947), Min. 1006 Miltenberg 97, 640 A. 38 Miltner, Ferdinand v. (1856-1920), Min. 405 Minden (NRW), Festung 169, 660 Minoux, Friedrich (1877—1945), Industriel­ ler 485 Mittelberg (Kleinwalsertal) 535, 650 A. 10 Mittelfranken s. Franken Mittelpartei 332f., 476, 493, 497, 510 Mittnacht, Hermann Frhr. v (1825-1909), württemb. MinPräs. (1870-1900) 312 Mödlareuth (HO) 982 A. 207 Möhl, Arnold Ritter v. (1867-1944), Ge­ neral 462, 473, 491

Register

Möhler, Johann Adam (1796-1838), Theo­ loge 159 Moeller van den Bruck, Arthur (1876— 1925), Publizist 308 Molo, Walter v. (1880-1958), Schriftsteller 563 Moltke, Helmuth Gf. (1907-1945), Diplo­ mat, Organisator d. Kreisauer Kreises 620 Montebello (Oberitalien), Schlacht (1859) 280 Montez, Lola (Gräfin v. Landsfeld, 18181861) 148, 224-229, 231, 233, 237, 247, 289 Montgelas, Maximilian Joseph Gf. v. (1759-1838), Min. 4-9, ii f, 12 A. 14, 15, 19, 21 f, 22 A. 9, 23, 24 A. 18, 26, 26 A. 24, 27, 28 A. 29, 29 f, 30 A. 36, 31, 3öff., 42, 42 A. 56, 43. 45. 47 f. 49 A. 13, 52-59, 59 A. 49, 60 ff, 64 f, 66 A. 84, 67 f, 70, 72-75, 77, 77 A. 130, 78 f„ 82-90, 93 ff, 96, 98 ff, 100 A. 5, 101 ff, 106-109, H3ff, 131, 133, 138, 141, 149, 184, 208, 232, 270, 288, 291, 383 Monts, Anton Gf. v. (1852-1930), preuß. Gesandter in München 324 Moosburg (FS) 604 Moreau, Jean Victor (1763-1813) 11, 13 Moritz, P. Joseph (1769—1834), Historiker 163 Mosel 415 Moskau 410, 461, 502, 935; Vertrag (1970) 897, 897 A. 334 Motz, Friedrich v. (1775-1830), preuß. Min. 188 f. MSPD (Mehrheitssozialdemokratische Par­ tei Deutschlands) 433, 435 ff, 440 ff, 444. 455. 458. 461 Muckermann, Friedrich (1883-1946), Pu­ blizist 527 Muckle, Friedrich, bayer. Diplomat in Berlin 448 Mücke, Willibald (1904-1984), Abg. 747 Mühldorf a. Inn (MÜ) 512, 611, 639, 980; Enklave 17 Mühsam, Erich (1878-1934), Schriftsteller 454 A. 65, 455. 458 f Müller, Adam v. (1779-1829), Staatstheo­ retiker 134 f. - Hans (1884-1961), Staatsrat 671, 677, 678 A.177

1031

- Heinrich (1900-1945), Gestapochef 618 - Hermann (1876-1931), Reichskanzler (1920, 1928-1930) 497 -Johannes v. (1752-1809), Historiker 131, 134 -Josef (1898-1972), Politiker 620, 670, 673 ff., 677, 685 fT., 693, 707 A. 364, 708, 710, 766 ff, 768 A. 828, 783, 805 f, 821 A. 137. 839, 959 - Karl Alexander v. (1882-1964), Histori­ ker 506, 566 f. - Ludwig August v. (1846-1895), Min. 403 f - Vinzenz (1894-1961), General 598 ---- Meiningen, Emst (1866-1944), Min. 335. 434, 471 Münchberg (HO) 473, 806 München 6, 36 f, 143, 162, 184, 225, 227, 272 f, 286, 293, 381, 384, 390, 414, 425 f, 437, 466 f, 473, 476, 549, 568, 580, 596, 617, 621, 632 f, 639, 640 A. 38, 641 f, 668 A. 126, 675 f, 686, 697, 7oof, 731, 774. 777f. 781 f. 835. 840 A.291, 842, 943; Akademien 91, 153, 158, 163, 227, 266, 825, 849, 886; Altkatholiken 375; Arbeiterschaft 55, 344, 346, 356 A. 146, 358-361, 603, 789 f, 933 A. 648; Archive 52; Baudenkmäler 153 ff, 443, 487, 518, 849, 988; Behörden 68, 86, 152. 524. 546, 670f, 945 A.743, 946, 992; Bibliotheken 52, 91, 91 A. 178, 92, 152, 155; Bombardierung 605 f, 645; Bürgerschaft 229 f, 237 f, 334, 997 A. 332; Dekanat 271; Eisenbahn 177; Gärten 92, 155, 961, 979; Gebäude 92, 155, 158, 205, 230, 265, 443, 462, 486 f, 506, 517, 525. 554. 559f. 589. 961. 992; Hof 7, 20; Juden 516, 575 f, 586, 586 A. 275, 615 f, 682, 756; Katholikentag (1890) 397. 402, (1889) 401, (1922) 477, (1960) 849; Kirchen 152-155, 173, 477, 558; -tag (1959) 849; Klöster, Orden 165, 234; Konferenzen (1819) 104, (1866) 298, (1863) 300, (1870) 3i2f, (1938) 535. (1946) 681, (1947) 691. 756. (1954) 817. (1976) 948. 955 A. 834,(1989) 979. (1990) 982; Kunst, Kultur 396, 561, 563, 975; Lola Montez s. Motez; Militär­ regierung 652 f, 656, 667 f, 680, 729; Museen, Galerien, Sammlungen 92, 151-154, 156, 205, 266f, 575, 682, 798, 829, 854, 944, 961 f, 979, 986, 969, 999;

1032

Register

Napoleon 23, 37, 43; NS-Zeit 501, 503, 507, 511, 513, 519, 523fr., 530, 539fr., 543 f-, 550, 558, 572, 591, 605, 627 f, 633 f.; Nuntiatur 18, 323, 376, 470, 533, 810; Olympische Sommerspiele 871, 920; Papstbesuche (1980) 975 A. 166, (1987) 975; Parteien, Vereine 348, 352, 355, 368 f, 435, 473, 764, 766, 780, 787. 796, 801, 928, 954; Plätze 155, 487, 506, 557. 559f·. 569. 682, 733, 998, 999 A. 345; Politik 9, 12 f., 22, 24, 31, 42, 100, 103, 115, 133, 184, 188, 309, 324, 371. 379. 420. 478 f; Räterepublik 441, 444. 447 f·. 450. 452 f.. 455. 455 A. 68, 456f, 461, 463; Rundfunk 645 A. 59, 671, 848, 917, 966, 969; Schlösser, Palais 22, 155, 157, 220, 229, 502, 517, 524, 584, 945; Schulen 159, 211, 445, 464, 583 f.; Stadtteile: Allach 560, 603; Au 154; Bogenhausen 21, 620, 894 A. 297; Feldmoching 560; Freimann 641; Gie­ sing 625; Großhadem 876; Laim 560; Nymphenburg 85, 177, 560; Obermen­ zing 560; Oberwiesenfeld 919; Pasing 444, 560, 565; Ramersdorf 550; Riem 872; Stadelheim 527, 670, 945; Theresienhöhe 550; Schwabing 857; Straßen 154f., 158, 229, 267, 443, 524, 559, 641, 654, 756, 977, 992; Theater 91 f., 446, 562, 830, 865; Theresienwiese 442 f., 481; Universität, Hochschulen, Institute 9, 155, 157-163, 168f., 203, 211, 227fr., 265, 286, 376, 408, 512, 565 f., 622, 629 f., 686, 823, 825 fr., 827 A. 180, 855, 885, 887 A. 240, 905 A. 389; Vertrag (1806) 21, 26, (1816) 96, 101, 182 f; Wirtschaft, Verkehr 81, 263, 265, 548, 611, 672, 791 A. 1004, 792 A. 1012, 811, 913, 916, 916 A. 482, 919, 949, 966, 973, 986, 988; Zeitungen, Zeitschriften 169 f., 283, 332. 347. 352, 430. 441. 454. 483 f·. 501, 504, 506, 509, 528, 554, 561, 564, 885 ---- Freising, Erzbistum s. Freising Münster (Westfalen) 613 Münsterschwarzach (KT) 560, 624 Muhler, Emil (1892-1963), Parteifunktio­ när 673 Muller, Walter (1895-1967), US-General 654 f., 655 A. 43, 703 Mulzer, Karl Christoph Frhr. v., Min. (1859-1864) 249, 256, 291

Murnau (GAP) 604, 629 Mussolini, Benito (1883-1945) 535, 560 Muth, Carl (1867-1944), Schriftsteller 629

Naab, P. Ingbert (1885-1934), Wider­ standskämpfer 509 f., 575 Nancy (Frankreich) 6, 415 Napoleon I. Bonaparte (1769-1821), Erster Konsul (1799), K. (1804-1815) 4, 6, 9, ii, 12 A. 14, 16f., 20ff, 22 A.9, 23 f, 24 A. 18 u. 19, 26 f., 27 A. 24, 28-32, 35, 35 A.45, 36-44. 46, 49 A. 13, 54f., 59, 64fr, 67 A.91, 70, 71 A. no, 74, 77, 79f, 87f, 99, 102, no A. 12, in, 113, 131 f., 153 ff, 169, 180, 184, 329 A. 59 Narvik (Norwegen) 598 Nassau (Rhld.-Pf.) 492; Herzogtum 43, 49, 188, 198, 277, 279 Nationaldemokratische Partei Deutschlands s. NPD Nationalliberale 333 ff. Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter­ partei s. NSDAP Naumann, Friedrich (1860-1919), Politiker 335. 335 A.33 Nawiasky, Hans (1880-1961), Staatsrecht­ ler 512, 566, 703 f., 708, 708 A. 364, 712 f. Nazarener, die 132 Neapel 130 Neckermann, Adalbert (1890-1970), Abg. 708 A.364 Neppig, Andreas, Generalsekr. d. Bayer. Bauernverbandes 794 A. 1024 Nerreter, Paul (1905-1981), Staatssekr. 805 Neubauer, Franz (geb. 1930), Staatssekr. 966 Neubiberg (M), Universität 903 Neuburg a. d. Donau, Herzogtum 27; Lkr. 640 A.38 Neuenburg, Fürstentum 279 Neuem (Tschechien) 579 Neuhäusler, Johannes (1888-1973), Weihb., Domkapitular 586 f. Neumarkt i. d. Oberpfalz 558, 637 - -St. Veit (MÜ), Kloster 50 A. 16 Neumayr, Max v. (1810-1881), Min. 243, 248 f., 256, 291 Neuschwanstein (OAL), Schloß 384, 390 Neustadt b. Coburg (CO) 547, 943 A. 723 - a. d. Weinstraße (Rhld.-Pf.) 348, 488, 539

Register

Neutraubling (R) 749 Neu-Ulm (NU) 666 Neuwildflecken (KG) 749 Nida-Rümelin, Julian (geb. 1954), Bundes­ min. 1007 A.399 Niederalt, Alois (geb. 1911), Bundesmin. 836 A. 257, 861 A. 24, 869 Niederalteich (DEG), Kloster 51 Niederaichbach (LA) 970 Niederbayern 14, 61 f., 195, 238, 338, 352, 354, 502, 517, 533 A. ii, 571, 625, 645 A. 63, 691, 700 A. 309, 725 A. 515, 743, 769, 785, 812, 859, 867, 892 A. 276, s. a. Bayern, Altbayern, Oberbayern Niederlande 17, 323; s. a. Holland Niedernburg (RO) 616 Niedersachsen 740, 741 A. 614, 753 A. 721, 902 Niekisch, Emst (1889-1967), Politiker, Pu­ blizist 458, 460 A. 29, 463, 508, 589 Niethammer, Friedrich Immanuel (17661848), Theologe, Pädagoge 89 Niklas, Wilhelm (1887-1957), Bundesmin. 677, 700, 796 Nikolsburg (Tschechien) 298 Nipperdey, Thomas (1927-1992), Histori­ ker 208 Nizza 234 Nördlingen (DON) 332; Reichsstadt 17 A. 24 Norddeutscher Bund 298 fr., 305 fr., 309, 311—315, 319, 358 Nordrhein-Westfalen (NRW) 875 A. 153, 900 A. 357, 926, 941, 982 Norwegen 323 Noske, Gustav (1868-1946), Min. 462 f NPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) 874, 892 NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) 479f., 483, 485 fr., 490, 496ff„ 501, 503-531, 535, 537, 539-544, 548, 550, 552. 555. 566, 568fr., 577, 582 f., 587, 591 r„ 607, 609, 630, 643, 670, 682, 715 f, 719 A. 455, 72öf, 732 f., 733 A. 570, 734fF., 760, 762f, 779, 792, 831, 860 Nürnberg 275, 414, 426, 473, 561, 569, 579, 596, 640 A. 38, 668 A 126, 725 A. 515, 731, 840 A. 291, 842; Arbeiter­ schaft 358-361, 798 f., 933; Besetzung (1866) 298, (1945) 638; Bombardierung 605 f., 637, 645, 742 A. 621; Burg 558;

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Eisenbahn 177, 263; Fachhochschule, Universität 887 A. 240, 905 A. 389; Juden 575 ft, 616; Jugendbanden 628; Kirchen u. Klöster 558; Landeskirche, ev. 588; Museen, Galerien 986, 999; NS-Zeit 502, 506 ft, 511, 517, 525, 539, 543, 550, 557, 559 f·, 564, 632, 638, 999 A. 345; Oberlandesgericht 546; Parteien 331, 335, 346fE, 356 A. 146, 369, 435, 459, 461, 461 A. 38, 766, 781, 785; Reichsstadt 20, 27 A. 25, 78 A. 137, 86; RundFunk 563; Schulen 583; Wirtschaft 39, 81, 263, 265, 429, 548, 558, 791 A. 1004, 792 A. 1012; Zeitungen 332 ft, 441, 564 Nüssel, Simon (geb. 1924), Min. 975, 985 Nußbaum, Johann Nepomuk Ritter v. (1829-1890), Chirurg 265 Oberbayern 14, 35, 61, 238, 267, 338, 352, 354, 475, 502, 535, 539, 548 f, 580, 596, 633, 636, 645 A. 63, 725 A. 515, 743, 769, 812, 909, 997; s. a. Bayern, Altbayem, Niederbayern Oberdonaukreis 144 Oberfranken s. Franken Oberländer, Theodor (1905-1998), Staatssekr. 752 f., 805 Obermainkreis 62 Obemburg a. Main (MIL), ehemaliger Lkr. 641 A.38 Obersalzberg s. Berchtesgaden Oberschlesien 476 Oberpfalz 14, 16, 22, 48, 85, 87, 226, 238, 261, 338, 352, 354, 502, 517. 533 A. ii, 625, 645 A.63, 691, 700 A.309, 725 A. 515, 743, 867, 892 A. 276 Obertraubling (R) 749 Ochsenfurt (WÜ) 769 Odenwald 315 Oechsle, Richard (1898-1986), Min. 805 ODP (Ökologisch-Demokratische Partei) 997, 1001 ff., 1005 Oerlenbach (KG) 943 A. 723 Österreich 4-12, 16, 20-23, 25, 30-34, 38, 40ff., 42 A. 56, 43 ff., 47, 49, 59, 86ft, 94, 96 ff, 98 A. 3, 102, 104, 116, 125, 142, 171, 173, I79f, 182-186, i89f., 192, 194, 197, 242 f„ 247, 257, 273 f·. 276-283, 294-300, 305 f., 308, 310, 313 f·, 323, 337, 424, 475. SU, 5i6, 520, 527, 535, 538, 551. 558, 571, 575. 579, 589, 59öf., 621, 634, 657 A. 52, 676,

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Register

68if, 789, 834 A. 234, 923 A. $58, 93$ A. 660 —Ungarn 442 Oettingen, Fürstentum 27 A. 25 —Wallerstein, Haus 239 —Wallerstein, Ludwig Fürst v. (1791-1870), Min. 139 f., 143, 145 f., 151, 160, 164, 171, 176 ff., 188, 206f, 214-219, 221 f., 227-230, 289 Offenburg (B.-W.) 476 Ohlmüller, Joseph Daniel (1791-1839), Ar­ chitekt 154 Ohm, Georg Simon (1787-1834), Physiker 265 Ohrdruf (Thüringen) 462 Ohu (LA) 931, 970 Oken, Lorenz (1779-1851), Physiologe 158 f. Oldenburg (Niedersachsen) 624; Großher­ zogtum 276, 419 Oldenburg, Helmuth, NS-Funktionär 540 Olmütz (Tschechien), Punktation (1850) 274. 297 Olschewski, Wilhelm (1871-1943), Wider­ standskämpfer 621 OMGUS (Office of Military Government US-Zone) s. Vereinigte Staaten v. Nord­ amerika Oppenheimer, Benno (gest. 1940), Vieh­ händler 575 Op den Orth, Franz (1902-1970), Abg. 708 A. 364 Orff, Carl (1895-1982), Komponist 562 Orléans (Frankreich), Schlacht (1870) 311 Ortenburg, Gfn. v. 27 A. 25 Orterer, Georg v. (1849-1916), Philologe 339. 342, 344. 410 A. 70, 413 A. 76 Ostheim vor d. Rhön (NES) 650 A. 10 Oswald, Heinrich, Min.(i92O-i928) 357 Otto 1. der Große (912-973), Kg. (936), K. (962-973) 18 - I., Kg. v. Griechenland (1833-1862) 135, 142, 146, 154, 194f., 197, 245, 278 - I. (1848-1916), Kg. v. Bayern (18861912, nominell) 245, 293, 315, 389 f., 395. 41 if· Otto, Louis (1754-1817), Gesandter Napo­ leons in München 22, 22 A. 9 Ottobeuren (MN) 598; Reichsabtei 17 A. 24, 166 Oven, Emst v. (1861-1935), General 464

Pacelli, Eugenio, Nuntius s. Pius XII., Papst Palästina 575, 756 Palermo (Sizilien), Capella Palatina 132, 155 Palm, Johann Philipp (1766-1806), Buch­ händler 28, 28 A. 29 Palmerston, Lord (1784-1865), engl. Politi­ ker 195 Panholzer, Joseph (1895-1973), Staatssekr. 783 A. 952, 822, 847 A. 340 Papen, Franz v. (1879-1969), Reichskanzler (1932) 498, 512 f, 516, 731 Pappenheim, Gfn. v. 27 A. 25 Paris 12, 16, 42, 49 A. 13, 93 f., 131, 145, 169, 188, 190f., 194, 197, 323, 575; Bela­ gerung (1870) 311; Friede (1814) 44; Ge­ sandtschaft, bayer, 468 A. 15; Kaiserkrö­ nung (1804) 21; Konstitution (1808) 65; Verträge (1801) 12, 19, (1806) 26, (1810) 36, (1814) 44, 96. (1955) 826, 831, 833 Parsdorf (EBE), Waffenstillstand (1800) 10 Parzham, Konrad v. (= Konrad Bimdorfer, 1818-1894), HL, Kapuzinerpater in Alt­ ötting 533 Pasadena (Kalifornien) 651 Passau 640 A. 38, 668 A. 126; Besetzung (1945) 639; Eisenbahn 264; Handwerks­ kammer 792 A. 1012; Industrie- u. Han­ delskammer 548, 791 A. 1004; Nibelun­ genhalle 560; Oberhaus, Festung 213; Theater 557; Universität 903, 904 A. 389, 944; Verkehr 549 - Bischof, Bistum, Hochstift 23, 100 Patch, Alexander Μ. (1889-1945), US-General 636 Patton, George S. (1885-1945), US-General 636, 654, 673 ff., 728 Paul I. (1754-1801), Zar (1796-1801) 10 Paur, Adolf v. (1802-1871), Politiker 243 Pechmann, Heinrich Frhr. v. (1774-1861), Kanal- u. Brückenbauer 177 -Johann Wilhelm Frhr. v., Min. (18661868) 225, 301 - Wilhelm Frhr. v., Vors. d. Bayer. Reichspartei (1911) 335 - Wilhelm Frhr. v., Präs. d. Bayer. Lan­ dessynode 529 Peißenberg (WM) 863 Peiting (WM) 877 A. 164 Pentzoldt, Emst (1892-1955), Schriftsteller 561

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Penzberg (WM) 578, 625, 641, 863 Pergier v. Perglas, Maximilian Frhr. v. (1817-1893), bayer. Gesandter in Berlin 323 Persien 323 Pettenkofer, Max v. (1818-1901), Hygieni­ ker 159, 265 Petzet, Michael (geb. 1933), Denkmalpfle­ ger 939 Pfaff, Hermann v. (1846-1933), Min. 405 Pfalz, bayer. Regierungsbezirk 97, 129, 133, 179, 189, 243, 309, 312, 425 f, 474, 502, 524, 558, 564, 597, 631, 721, 741; Ab­ trennung 536, 539 f., 596, 609, 646, 650, 634, 656 A. 32, 682, 832; Besetzung (1918/20) 455, 488 f., 497, 833, (1945) 636, 642; Erwerb (1816) 44, 94; Gemein­ deordnung (1869) 303; Institutionen 200; Justizwesen 68, 71, 73 A. 118, 99f, 100 A. 5, 101, 211, 257, 291; Kirche 493; Konsistorium 252, 271; Parteien 123, 204, 239, 241, 332f., 348, 368, 3O2f, 317; po­ litische Unruhen 140, 172, 183, 208, 239f., 239, 488; Presse 333, 340; Wahl­ recht 122 f.; Wirtschaft 263 f., 567; s. a. Rhein-, Rheinland-, Saar-, Rheinkreis - Kurfürstentum 3, 7, 9, 14, 17, 46, 69, 85, 98 f., 116 - linksrheinische 68, 71, 73 A. 118, 86, 98, 100 A. 6, 122, 182, 237, 279 —Neuburg 14, 65 - rechtsrheinische (badische) 98, 116, 181, 192, 417 —Sulzbach 14 Pfeffer, Franz, NS-Funktionär 503 Pfeiffer, Anton (1888-1957), Leiter d. Staatskanzlei 649, 677, 679, 685, 694, 696, 703, 806 Pfeufer, Benno Heinrich v., Min. (1859— 1866) 249, 301 - Sigmund Heinrich Frhr. v. (1824-1894), Min. 378, 381 Pfeuffer, Adolf (1875-1956), Abg. 707 A. 364 Pfistermeister, Franz Seraph v. (18201912), Kabinettssekr. Kg. Max. II. 269, 285 f. Pfordten, Ludwig Frhr. v. d. (1811-1880), Minis terra tsvors. (1849-1859, 18641866) 139, 243, 249f, 236, 238, 260f, 272f., 276-279, 281 f, 284, 286, 288f., 291, 294-301, 330

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Pfretzschner, Adolph Frhr. v. (1820-1901), Ministerratsvots. (1872-1880) 301, 37838i Pfiilf, Toni, SPD-Politiker 526 Phillips, George (1804-1872), Abg. 243 Piaski (Polen) 616 Pichler, Franz Seraph v. (1852-1927), Domkapitular, Politiker 339 f., 344, 410 A. 70, 413 A. 76 Piding (BGL) 749 Pieck, Wilhelm (1876-1960), Politiker 782 Pietzsch, Albert, NS-Funktionär 348 Piloty, Robert (1863-1926), Jurist 320 A. 4 Pilsen (Tschechien) 639 Pilsting (DGF) 384 Piräus (Griechenland) 279 Pirkl, Fritz (1925-1993), Min. 875, 894, 929, 942, 960 Pirmasens (Rhld.-Pf.) 361, 489 Pittinger, Otto, Sanitätsrat 472, 473 Pittroff, Claus (1896-1958), Staatssekr. 687, 692 A.256 - Johann, Abg. 707 A. 364 Pius VI., Papst (1775-1799) 46 - VII., Papst (1800-1823) 46 - IX., Papst (1846-1878) 373 - XL, Papst (1922-1939) 552 - XII., Papst (1939-1958) 421, 477 Platen, August Gf. v. (1796-1835), Dichter 162 Podewils-Dümiz, Clemens Frhr. v. (18501922), Ministerratsvors. (1903-1912) 324, 405 ff., 409 Pöhner, Ernst (1870-1925), Polizeipräs. v. München 475 - Konrad (1901-1974), Min. 866, 868, 893 A. 288, 919 A. 317, 929 A. 611 Pözl, Joseph (1814-1881), Staatsrechtler, Reichsrat 243, 283, 332 Polen 131, 422, 592, 398, 6o2f., 741, 755, 757. 934 A. 634, 979 A. 182 Polignac, Jules Fürst v. (1780-1847), frz. Staatsmann 190 Polling (WM), Kloster 30 A. 17 Polozk (Rußland), Schlacht (1812) 40 Pommern 303; Schwedisch- 29 Ponten, Josef (1883-1940), Schriftsteller 561 Ponto, Jürgen (1923-1977), Bankdir. 945 Portalis, frz. Außenmin. 190 Portugal 46, 323

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Potsdam (Brandenburg), Konferenz (1945) 650· 673. 741. 744, 761 Prachatitz (Tschechien) 535, 650 A. 10 Prag 42 A. 56, 535, 563, 579, 585, 805; Friede (1866) 298, 313; Vertrag (1973) 897 Pranckh, Sigmund Frhr. v. (1821-1888), Min. 301, 303, 309, 313, 378, 413 Prantl, Karl v. (1820-1888), Historiker 266 Prechtl, Wolfgang (1883-1964), Abg. 707 A. 364 Preger, Konrad v., Diplomat 466 Preßburg (Slowakei) 890 A. 266; Friede (1805) 23 fr., 44 Preuß, Hugo (1860-1925), Staatsrechtler 465 A. 3, 466 Preußen 4, 7f, ioff, 16, 17 A. 26, 18-23, 25, 28, 36, 38, 40ff., 45, 49, 58 f., 70 ff., 74 f., 80, 82 f., 85 fr., 96, 98, 100 ff., 105, 108 f., 116, 123, 125, 129, 142, 166 A. 87, 169 f., 179 f., 182 ff., 186-192, 202, 239 f., 242, 244, 247, 259, 266, 273-283, 294-300, 303, 305 f., 308 ff., 313 f., 3i6f., 321 A. 8, 323 ff., 327, 329 A. 59, 337, 339, 359, 374 ff·, 382, 389, 4°°, 4U, 417f., 422, 424, 426, 430, 433, 452, 466, 475, 498, 513 f·, 519 ff, 533, 537, 567, 573, 596, 609, 619, 633, 743; Ost- 508 Preysing, Gfn. v. 63 A. 69 - Johann Maximilian Gf. v. 11 - Konrad Gf. v. (1880-1950), B. v. Eich­ stätt u. Berlin 339 f., 402, 408, 586, 623 Prittwitz u. Gaffron, Friedrich v. (18841955). Abg. 707 A. 364 Probst, Christoph (1919-1943), Mitglied d. Widerstandsgruppe Weiße Rose 629 f. - Maria (1902-1967), Abg. 836 A. 257 Pultusk (Polen) 29, 134 A. 24 Quadt zu Wykradt u. Isny, Eugen Gf. v., Min. (1933) 522, 527 Quidde, Ludwig (1858-1941), Historiker 334, 445 Quinger, Gebhard, Generalsekr. d. Bayer.Bauernverbandes 794 A. 1024 Radowitz, Joseph Maria Frhr.v. (17971853), General, preuß. Min. 273 Raisting (WM) 969 Ranke, Leopold v. (1795-1886), Historiker 158, 245, 266, 286

Rantzau, Kuno Gf. zu (1843-1917), preuß. Gesandter in München 324 Rappershausen (NES) 943 A. 723 Rascher, Sigmund (1909-1945), Arzt 614 Rastatt (B.-W.), Reichskongreß (17971799) 9 ff, 18 Rathenau, Walther (1867-1922), Indu­ strieller, Politiker 478, 489 Rattenhuber, Ernst, Min. 667, 670, 675, 677 Ratzinger, Georg (1844-1899), Geistlicher 352 - Joseph (geb. 1927), Kardinal 954 Raumer, Friedrich v. (1781-1873), Histori­ ker 158 - Hans v. (1870-1965), Politiker 243 Ravensburg (B.-W.), Reichsstadt 17 A. 24 Ravenstein (Belgien), Herrschaft 17 A. 25 Rebdorf (EI) 553 Rechberg u. Rothenlöwen, Aloys Gf. v. (1766-1849), Min. 29 A. 31, 48, 89, 103 f, 106 A. 18, no, 125 f., Redemptoristen 373 f., 401 Redwitz, Amt 97; s. a. Marktredwitz Rees (NRW) 39 Reese, Robert A., Militärregierung 654, 654 A. 39 Regenkreis 208 Regensburg 133, 143, 208, 414, 533 A. 11, 550, 617 A. 135, 640 A. 38, 668 A. 126, 840 A. 291; Bauten 560; Besetzung (1809) 32, (1945) 638; Dalbergisches Für­ stentum 20, 36 f.; Einwohnerwehr 472; Eisenbahn 264, 473; Jesuiten 373; Juden 616; Kirchen u. Klöster 154, 560; NSZeit 569, 606, 617, 623 f., 632; Parteien 346, 348, 351, 355, 358, 446, 766, 799; Reichsdeputationshauptschluß 15 f., 19, 48 f., 76 A. 125, 78 ; Reichstag 19; Schiff­ fahrt 178; Universität, Hochschulen 854, 871, 886, 887 A. 240, 902, 905 A. 389, 944; US-Armee 666; Wirtschaft 39, 791 A. 1004, 792 A. 1012, 973; Zeitungen 492, 563 f- Bischof 110, 582 Rehau (HO) 578, 777 Reichenbach, Georg v. (1772-1826), Ma­ schinenbauer 125 Reichsdeputationshauptschluß (RDH) s. Regensburg Reigersberg, Heinrich Aloys Gf. v. (17701865), Min. 58 f., 62, 115

Register

- Lothar August Gf. v. (1815-1888), Min. 248 ff., 255 f., 261, 284, 291, 330 Reims (Nordfrankreich), Kapitulation (1945) 642 Reindl, Karl, Domdekan 167 Reinhausen (R) 859 Reinhardt, Walther (1872-1930), General, Min. 465 A. 2 Reisach, Karl August Gf. v. (1800-1869), Kardinal, Eb. v. München-Freising (1846-1856), B. v. Eichstätt (1836-1846) 148, 168, 171, 227, 269 f. Reitzenstein, Sigismund v. (1766-1847), bad. Min. 6 Renner, Karl (1870-1950), österr. Bundespräs. 681 Republikaner (Partei) 967, 971, 973, 975, 980 f., 984 f, 993 f, 1005 Reuß, Prinz v., Heinrich XV., österr. Ge­ neral 43 Reuter, Georg (1902-1969), Gewerkschaf­ ter 798 Rhein iif, 16 f., 39, 85, 96, 101, 192, 240, 415; -Main-Donau-Kanal 177, 841, 914, 916, 949, 964, 966, 988, 992; -bund (1658) 25; (1806) 4, 25, 27-31, 35 ff, 4of, 43 f., 54, 75, 113, 191; -akte 26, 26 A. 24, 27, 56; -Verfassung 29, 31, 37, 66; -kreis 73 A. 118, 97-101, 122, 175, 188; -land 628f., 655; -land-Pfalz 832; -pfalz 98, 109, 188, 315, 344, 469, 536; -provinzen 99 f. Rhön 98, 417, 546, 867 Rhöndorf (NRW) 700 A. 315 Ried (Oberösterreich), Vertrag (1813) 43, 83, 96, 132 Riedel, Emil v. (1832-1906), Min. 302, 381, 404 f. Rief, Max (1893-1980), Abg. 708 A. 364 Riehl, Wilhelm Heinrich v. (1823-1897), Kulturhistoriker 267 Rindt, Eugen (geb. 1907), Abg. 686 Ringelmann, Friedrich v. (1803-1870), Min. 249, 256, 289 - Richard (1889-1965), Staatssekr. 806 Ringseis, Johann Nepomuk v. (1785-1880), Mediziner 158, 168, 216, 227 Rittler, Aloys (1839-1890), Theologe 339, 341 Rockinger, Ludwig v. (1824-1914), Rechtshistoriker 266

Rodenstock, Rolf (1917-1997), Industriel­ ler 802 A. 1097 Röhm, Ernst (1887-1934), Staatskommissar 480 f, 501 ff, 517 fr., 521-525, 573 Römer, Beppo (1892-1944), Widerstands­ kämpfer 619 A. 146, 621 Römmelt, E., NS-Funktionärin 555 Rösch, P.Augustin (1893-1961), Wider­ standskämpfer 580, 620 f, 623 Roggenburg (NU), Reichsabtei 17 A. 24 Rohmer, Emst (1818-1897), Verleger 332 Rohr (GZ), Deutschordenskomturei 27 A. 25 Rohrbach (B.-W.), Hausvertrag (1797) 8, 45 Roith, Christian (1905-1969), Abg. 708 A. 364 Rom 130, 152f, 155, 227, 502; bayer. Ge­ sandtschaft 323, 468 A. 15; Nazarener 132; Neues Forum 560; Verträge (1957) 832 - Vatikan, Kurie 18 f, 37, 49 A. 13, 54f, 109 fr., 165-168, 171, 323, 371, 374 fr., 421, 468 A. 15, 477, 527, 530, 533, 587, 620, 674, 810, 881, 883, 904 A. 389; Konzil (1869) 307, 370 fr., 375, (1963/65) 880, 927 Roos, J. Handwerksmeister 548 Rosenberg, Alfred (1893-1946), NS-Ideologe 503, 586, 588 - Arthur (1889-1943) 451 Rosenhaupt, Karl (1885-1952), Präs. d. Reichsbahndirektion München 670 Rosenheim 636; Besetzung (1945) 639; Fachhochschule 887 A. 240; KZ-Außenlager 614; NS-Zeit 507; Räteherrschaft 461, 464; Republikaner 980 Roßbrunn (WÜ), Gefecht (1866) 298 Roßhaupter, Albert (1878-1949), Min. 360, 445, 451, 526, 670, 675 A. 160, 677 f., 703, 707 A. 364, 708, 710, 711 A. 386, 774. 78o Rotenhan, Hermann Frhr. v. (1800-1858), Abg. 218-222, 231, 243 Roth, Christian, Min. (1920/21) 475 - Friedrich v. (1780-1852), Oberkonsistorialratspräs. 172, 271 - Josef, Priester 585 Rothe, Wilhelm, Gewerkschafter 799 A.1066 Rothenburg o. d. Tauber (AN) 508, 558, 641 A. 38, 805; Reichsstadt 17 A. 24

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Register

Rothemund, Helmuth (geb. 1929), Abg. 775 A. 883, 777, 882, 899. 908, 954, 958, 960, 964, 966 Rothermel, Fridolin (1895-1955), Präs. d. Bayer.Bauernverbandes 794 A. 1023, 796 Rottal-Inn, ehemaliger Lkr. 641 A. 38 Rottenbuch (WM), Kloster 50 A. 17 Rottmann, Carl (1798-1850), Landschafts­ maler 153 Rovereto (Oberitalien) 34, 36 Ruckdeschel, Ludwig, NS-Gauleiter 632 Rucker, August (1900-1978), Min. 823, 828, 830 Rudhardt, Gideon v., Diplomat 323 Rudhart, Ignaz v. (1790-1838), Abg. 136, 195, 206, 214 f. Ruhpolding (TS) 352, 553 Ruhrgebiet 480, 482 Ruland, Anton (1809-1874), Abg. 269, 339 Rumänien 343, 462 A. 51, 757, 934 A. 654, 979 A.182 Rumigny, Marie-Théodore, Gf. v. (17891860), frz. Gesandter in München 188, 191 f. Ruperti-Winkel (BGL) 681 Rupprecht, Kronprinz v. Bayern (18691955) 41S f·. 418, 423 f, 43°f·. 437. 445. 477. 482, 515. 579. 621 Rußland, russisch 9-12, 16, 23, 29, 39 ff., 59, 79, 84 f., 98, 98 A. 3, 116, 170, 183, 193 f·. 197. 278 f, 298, 310, 323, 343. 421, 629; s. a. Sowjetunion

Saalach (Fluß) 97 Saarbrücken 415, 536, 629 Saargebiet, -land 469 f., 519, 536, 571 Saarpfalz 97, 536 Sachs, Camille (1880-1959), Richter, Staatssekr. 688, 692 A. 256, 693 A. 264 Sachsen 29, 96, 102, 125, 188, 359, 379, 466, 482, 484 f, 496, 513, 519, 982 f, 986, 1000; Kg. v. - 36, 41; Königreich 242 f., 273 fr., 279, 294-297, 320, 324 f, 422 —Coburg 470 —Coburg-Gotha 18 —Meiningen 188 —Weimar 198 Sackmann, Franz (geb. 1920), Staatssekr. 927, 934 A. 651 Safferling, Benignus v. (1825-1899), Min. 403

Sailer, Johann Michael (1751-1832), B. v. Regensburg (1829-1832) 90, 130, 133, 135 f., 143, 146, I58f., 164, i66ff. Salzach (Fluß) 44, 97; -kreis 131; -viertel 464 Salzburg 36, 39, 42 A. 56, 13 if., 549, 596, 633; Territorium 23, 36, 44, 96ff., 133 - Erzstift 17 Sambuga, Joseph Anton (1752-1815), Er­ zieher v. Kg. Ludwig I. v. Bayern 130, 136, 164, 168 St. Ingbert (Saarland) 536, 571 St. Ottilien (LL), Kloster 623, 626 St. Petersburg 16, 323 SAP (Sozialdemokratische Arbeiterpartei) 346 Sattler, Dieter (1906-1968), Staatssekr. 687, 756 Sauckel, Fritz (1894-1946), NS-Gauleiter 603, 610 Sauter, Alfred (geb. 1950), Min. 1006 Savigny, Friedrich Karl v. (1779-1861), Rechtshistoriker 71, 90, 130, 143 Savoyen 5 Schacher, Peter (geb. 1888), Abg. 708 A. 364 Schachleiter, Alban, Abt in Prag 585 Schacht, Hjalmar (1877-1970), Finanzpoli­ tiker 548 Schädler, Franz Xaver (1852-1913), Dom­ kapitular, Politiker 339 f., 344 Schäffer, Fritz (1888-1967), MinPräs. (1945), Bundesmin. 497, 513 ff., 518, 527, 574, 621, 643, 654, 656, 656 A. 49, 668-677, 681, 685 A. 211, 700 f., 710, 715 A. 427, 728, 744, 762, 767, 769, 783, 803 ff., 810, 8i6ff., 819 A. 126, 836, 836 A. 257, 959 Schäftlarn (M), Kloster 165 Schäuble, Wolfgang (geb. 1942), Bundes­ min. 989 Schalck-Golodkowski, Alexander 987 f. Schamagl, Karl (1881-1963), OB v. Mün­ chen 522, 621, 667, 671 A. 144, 703, 708, 708 A. 364 Schauß, Friedrich v. (1831-1893), Abg. 333 Schedl, Otto (1912-1995), Min. 837, 839, 841, 851, 863, 872, 875, 893 Scheel, Christine (geb. 1956), Abg. 772 - Walter (geb. 1919), Bundespräs. (19741979) 889, 897

Register

Schefbeck, Otto (1900-1972), Abg. 708 A. 364 Schelling, Friedrich Wilhelm v. (17751854), Philosoph 158 f., 161 Schemm, Hans (1891-1935), NS-Gauleiter 503, 521 ff·. 534, 541. 549. 564 f· Schenk, Eduard v. (1788-1841), Min. 139, 142f., 145, I57f., 160, 162, 164, 176, 201, 203 ff., 207 f. Schenk v. Stauffenberg, Familie 621, 628 - Claus Gf. v. (1907-1944), Widerstands­ kämpfer 619 f. - Franz August Frhr. (1834-1901), Politi­ ker 331, 333 Scheringer, Richard (1904-1986), Abg. 708, 708 A. 364, 779, 782 Scherm, Karl, Gewerkschafter 360 Scheyern (PAF), Kloster 166 Schiefer, Gustav (1876-1956), Gewerk­ schafter 708 A. 364, 798, 799 A. 1066 Schilcher, Max v., Staatsrat, Kabinettssekr. 137. 286 Schiller, Friedrich v. (1759-1805) 131, 133 f, 162 - Karl (1911-1994), Bundesmin. 959 Schily, Otto (geb. 1932), Bundesmin. 1007 A. 399 Schirach, Baldur v. (1907-1974), NS-Politiker 503, 554 Schirmer, Carl (1864-1932), Abg. 356 - Hermann (1897-1981), Abg. 708, 708 A. 364, 799 Schladen, Ludwig v., preuß. Gesandter 22 Schlesien, Schlesier 29, 742, 747, 751 Schleswig-Holstein 278, 281, 283, 294 fr., 740, 741 A. 614, 753 A. 721, 754 A. 735 Schleyer, Hanns Martin (1915-1977), In­ dustrieller 931 A. 630, 945 Schlittenbauer, Sebastian (1874-1936), Abg. 420, 446 A. 15 Schlögl, Alois (1893-1957), Min. 693, 708 A. 364, 716 A. 440, 718, 794, 794 A. 1024, 796, 805, 813 Schlör, Gustav v. (1820-1883), Min. 301, 309. 332, 378 Schlözer, August Ludwig (1735-1809), Hi­ storiker 130 - Kurd v. (1822-1894), preuß. Gesandter 324 Schlund, P. Erhard 510 Schmid, Albert (geb. 1945), Abg. 995 - Karl (1883-1958), Abg. 708 A. 364

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- Moritz 357 Schmidhuber, Peter (geb. 1931), Min. 960, 976 A. 167 Schmidt, Helmut (geb. 1918), Bundeskanz­ ler (1974-1982) 928 f„ 945, 959, 964 - Renate (geb. 1943), Bundesmin. 987, 989, 990 A. 279, 994 ff, 1005 Schmitt, Heinrich (1895-1951), Min. 678 f., 703, 780, 782 Schmitt-Glaeser, Walter (geb. 1933), Senatspräs. 1001 Schmorell, Alexander (1917-1943), Mit­ glied der Widerstandsgruppe Weiße Rose 629 f. Schnabel, Franz (1887-1966), Historiker 164, 168, 171 Schnappauf, Werner (geb. 1953), Min. 1006 Schneider, Georg (1902-1972), Abg, 708 A.364 - Oscar (geb. 1927), Bundesmin. 964 A. 75 - Werner, Generalsekr. d. Bayer. Bauern­ verbandes 794 A. 1024 Schneidhuber, Münch. Polizeipräs. 524 Schneppenhorst, Ernst (1881-1945), Min. 460 A. 29, 463 Schnorr v. Carolsfeld, Julius (1794-1872), Maler 153 Schoderer, Kaufmann aus Donauwörth 28 A. 29 Schöfberger, Rudolf (geb. 1935), Abg. 777, 893. 987 Schönbom, Gfn. v. 27 A. 25, 239 - Franz Erwein Gf. v., Reichsrat 212 Schönbrunn (Wien), Dekret (1809) 39; Friede (1809) 35 f.; Vertrag (1805) 23 Schönhuber, Franz (geb. 1923), Journalist 980 f. Schönwerth, Franz Xaver (1810-1886), Sekr. v. Kg. Max II. v. Bayern 267 Schömer, Ferdinand (1892-1973), General 598 Schösser, Fritz (geb. 1947), Gewerkschafter 999 Scholl, Hans (1918-1943), Mitglied d. Wi­ derstandsgruppe Weiße Rose 555, 629 f. - Sophie (1921-1943), Mitglied d. Wider­ standsgruppe Weiße Rose 629 f. Scholz, Rupert (geb. 1937), Bundesmin. 989 Schongau (WM) 907 A. 411, 958 Schorlemer-Alst, Burghard Frhr. v. (18251895), Politiker 353

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Register

Schottenheim, Otto (1890-1980), OB v. Regensburg 569 Schrenck v. Notzing, Karl Frhr. v. (18061864), Ministerratsvors. (1859-1864) 249, 256, 277, 281, 286, 289, 294, 300 - Sebastian Frhr. v. (1774-1848), Min. 223 Schröder, Gerhard (geb. 1944), Bundes­ kanzler (seit 1998) 1007 Schubert, Gotthilf Heinrich (1780-1860), Naturforscher 158 Schuberth, Fritz, NS-Funktionär 546 - Hanns (1897-1976), Bundesmin. 700 Schüler, Friedrich (1791-1873), Abg. 204 f., 208, 243 Schütz, Hans (1901-1982), Min. 747, 752, 753 A. 725, 861, 866 Schultze, Walter 568 Schumacher, Kurt (1895-1952), Politiker 677, 692, 774, 781 Schuman, Robert (1866-1963), frz. MinPräs. 809 Schwabach 668 A. 126, 823 Schwaben 9, 17, 20, 32, 39, 44, 57. 78 A. 137, 114, 129, 166, 173, 189, 208, 231, 238 f, 241, 259, 263, 321 A. 8, 332, 338, 352. 354. 502f·. 533. 546, 575. 636, 725 A. 515, 754, 871, 892 A. 276; Bayerisch 35, 681 Schwäbl, Franz Xaver (1778-1841), B. v. Regensburg 146, 167 Schwaiber, Josef (1902-1969), Min. 708 A. 364, 805 Schwanthaler, Franz (1760-1820), Bildhau­ er 153 Schwandorf (SAD) 966, 971; Braunkohle 689 Schwarz, Franz Xaver, NS-Funktionär 501 - Georg, Abg. 357 Schwarzenberg, Felix Fürst zu (18001852), Staatsmann 273 - Fürstentum 27 A. 25 Schwede, Franz (1888-um i960), NS-Gauleiter 505 Schweden 323 Schweinfurt 781, 840 A. 291, 997; Beset­ zung (1945) 638; Fachhochschule 887 A. 240; Industrie 605, 690, 791 A. 1004; Räteregierung 461; Reichsstadt 17 A. 24 Schweinheim (AB) 838 Schweiz 13, 26, 39, 131, 181, 240, 279f, 323, 423, 447, 454, 521, 575, 675 f., 703 f, 774, 779, 788

Schweizer, Albert C. (1900-1949), Militär­ regierung 653 f, 721 A. 478 Schwend, Karl (1890-1968), Leiter d. Staatskanzlei 520, 807 Schweyer, Franz, Min. (1921-1924) 481, 509 SED (Sozialistische Einheitspartei Deutsch­ lands) 781 ff. Sedan (Nordfrankreich), Schlacht (1780) 311 Sedlmayr, Lorenz (1887-1971), Staatssekr. 687, 707 A. 364, 717 A. 442 Seeckt, Hans v. (1866-1936), General­ oberst 484 f. Seehofer, Horst (geb. 1949), Bundesmin. 985 A. 238, 996 Seeling, Otto (1891-1955), Arbeitgeberpräs. 802 A. 1097 Segitz, Martin (1853-1927), Min. 347 f, 350, 360, 434 Seidel, Hanns, MinPräs. (1957-1960) 687, 693, 768 A. 828, 769 fr., 785 f, 805, 818, 819 A. 126, 820f., 821 A. 136 u.143, 822 A. 147, 823 A. 157, 829, 837-840, 842-847, 849 fr., 860, 862, 959 Seidl, Alfred (1911-1993), Abg. 895, 898, 929. 940, 946 A. 746, 748 u. 753, 947 A. 761, 960 Seidlein, Lorenz v. (1856-1935), Min. 409 Seifried, Josef (1892-1962), Min. 677, 703, 707 A. 364, 708, 710, 711 A. 386, 774 Seinsheim, Karl Gf. v., Min. (1840-1847) 169, 212, 216, 232 A. 35 Seipel, Ignaz (1876-1932), österr. Bundes­ kanzler 51 I Seisser, Hans Ritter v. (1874-1973) 485 ff. Selb (WUN) 781 Seligenthal (LA), Kloster 166 Seligmann s. Eichthal Semler, Johannes (1898-1973), Abg. 708 A.364, 717 A. 440 Senestrey, Ignaz v. (1818-1906), B. v. Re­ gensburg 402 Senfft-Pilsach, Friedrich Ch.L. Gf. v., österr. Gesandter 227 Sennfeld (SW), Reichsdorf 17 A. 24 Sepp, Johann Nepomuk (1816-1909), Hi­ storiker, Abg. 243, 310 Serbien 416, 603 Seuffert, Johann Adam (1794-1857), Jurist, Politiker 204 Seutter v. Lötzen, Wilhelm, Widerstands­ kämpfer 579

Register

Seydel, Max v. (1846-1901), Staatsrechtler 320 A. 4, 391, 467 Shuster, George N. (1894-1977), US-Landeskommissar in Bayern 65$, 653 A. 43, 656, 663 Siebenpfeiffer, Philipp Jakob (1789—1845), Publizist 208 f., 212 Siebert, Ludwig, MinPräs. (1933-1942) 521 f„ 527, 534, 536 f., 547, 568, 608 Sigl, Johann Baptist (1839-1902), Publizist 340f-, 352 Sillian (Osttirol), Landgericht 36 Simmel, Erich (1885-1974), Staatssekr. 753, 823 Simmern, Herzogtum 17 Simon, Joseph (1865-1949), Min. 360, 621 Sinner, Eberhard (geb. 1944), Min. 1006 A. 397 Sinzendorf, Gfn. v. 27 A. 25 Slowakei 602 Sobibor (Polen), Vernichtungslager 617 Soden, Oscar v. 575 ---- Fraunhofen, Maximilian Frhr. v. (18441922), Min. 339, 409, 431 Soder, Joseph (1775-1834), Theologe 124 Söflingen (B.-W.), Reichsabtei 17 A. 24 Solf, Wilhelm (1862-1936), Staatssekr. 448 Solferino (Oberitalien), Schlacht (1859) 280 Sonnenstein b. Pirna (Sachsen) 613 Sonnleitner, Gerd (geb. 1948), Präs. d. Bayer. Bauernverbandes 991 A. 290 Sonthofen (OA) 565, 650 A. 10, 938 A. 681 Sowjetunion (UdSSR) 462, 575, 592 f., 598 f., 604, 607, 630, 646, 650, 757, 761, 828, 890, 897, 921, 979 A. 182; s. a. Ruß­ land - Zone 697, 742, 783, 811 Sozialdemokratische Arbeiterpartei s. SAP Sozialdemokratische Partei Deutschlands s. SPD Sozialistische Einheitspartei Deutschlands s. SED Spanien 30, 35, 37, 46, 59 Spartakus 452, 455 f, 456 A. 74 SPD (Sozialdemokratische Partei Deutsch­ lands) 334f·. 340. 343. 345. 347~35O, 353. 355 f·. 360, 368f., 381, 399f., 403, 406 f., 412, 420, 424, 432 f., 441, 443446, 451, 455 f., 458 ff., 460 A. 29, 461, 471, 474. 481 f.. 488, 491, 493. 497f·. 507, 509, 513, 5iöf., 519, 522 f„ 526,

1041

528, 578 f, 668, 670, 673-677, 679, 684692, 697-700, 700 A. 309, 705-709, 709 A. 371, 710-713, 7(3 A. 407, 714-718, 724f., 751 f, 754, 756 f., 761 A. 762, 763, 765, 767. 77°. 772-782, 787 f·. 797 A. 1056, 798, 800, 803-896, 809, 813, 815, 818 f., 822 f., 827, 829, 831, 836, 839, 845 ff., 850 A. 371 u. 372, 854, 856, 858 f., 863, 866, 867 A. 82, 869 A. 98, 870, 872, 874, 881-884, 886, 888 ff., 892 ff., 896 A. 316, 900 A. 353, 902 A. 365, 904, 908 f., 915, 917 f, 918 A. 505, 924, 927f., 931, 936f., 936 A. 670, 937, 937 A. 677, 940 A. 703, 943, 946 A. 746, 748 u. 751, 947, 947 A. 758 u. 761, 958 f., 961, 964 f., 969-971, 975, 979ff, 987, 989, 989 A. 274, 990, 990 A. 279, 993 f., 996 ff, 1001 f., 1004, 1007, 1007 A.398 u. 400 Speck, Karl Friedrich (1862-1942), Min. 434. 471 Speer, Albert (1905-1981), Architekt, NSFunktionär 559, 610 Spellman, Francis Joseph (1889-1967), Kardinal 655 A. 43 Sperling, Fritz (1911-1958), Funktionär 779. 779 A. 918, 782 Sperr, Franz (1878-1945), bayer. Gesandter in Berlin 580, 589, 620 f. Spessart 496 Speyer (Rhld.-Pf.) 348, 488 f., 832; Dom 154; Konsistorium 112, 271; Zeitungen 222 - Bischof no Spindler, Max (1894-1986), Historiker 132 f., 137, 141, 143, 146, 148, 162, 171, 175. 196. 217. 219. 224. 227, 231 f, 855 Spitzemberg, Hildegard Baronin v. (18431914) 321 A. 8 Spitzner, Hans (geb. 1943), Staatssekr. 985 Sponheim, Grafschaft 142, 182 f., 187, 190 f. Sponheimer, Franz, Abg. 783 A. 952 Spranger, Carl-Dieter (geb. 1939), Bundes­ min. 985 A. 238, 996 Spruner, Karl v., Flügeladjutant 286 Stadion, Gfn. v. 27 A. 25 - Friedrich Gf. v. (1761-1811), österr. Ge­ sandter 31 f. - Philipp Gf. v. (1763-1824), österr. Staatskanzler 31 f. Stärker, Hubert (geb. 1936), Arbeitgeberpräs. 999

10^2

Register

Stahl, Friedrich Julius (1802-1861), Rechts­ philosoph 159 - Wilhelm, Staatswissenschaftler 243 Stain, Walter (1916-2001), Min. 753, 805, 822 f., 839 Stalingrad (Rußland) 598, 629 Stamm, Barbara (geb. 1944), Min. 995, 1004, 1006, 1006 A. 397 Stamsried (CHA) 149 Stang, Georg (1880-1931), Landtagspräs. 318, 621, 803 Stark, Johannes (1874-1957), Nobelpreis­ träger (Physik) 508 Starnberg (STA) 640 Stauffenberg s. Schenk v. Stauffenberg Stegerwald, Adam (1874-1945), Politiker 621, 668 A. 126, 673 f, 681, 761 A. 766, 766 f. Stein, Karl Reichsfrhr. vom (1757-1831), preuß. Staatsmann 60, 71, 74, 98, 108 f., 120 A. 32, 132ff, 136, 163, 180, 184 Steinheil, Carl August v. (1801-1870), Op­ tiker 139 Stempfle, P. Bernhard 325 Stewens, Christa (geb. 1943), Min. 1006 A. 397 Stichaner, Joseph v. (1769-1856) 74, 175 Stieler, Joseph (1781-1858), Maler 153 Stockheim (KC), Steinkohlegrube 877 A. 164 Stöhr, Willy (1903-nach 1982), NS-Gauleiter 341, 609, 632 Stoiber, Edmund (geb. 1941), MinPräs. (seit 1993) 941, 963, 965, 973, 977 f. 984 f., 987, 989-992. 994 ff·. 997 A. 326, 998 f, 1004-1007 Stollreither, Konrad (geb. 1922), Daten­ schutzbeauftragter 933 A.820 Straßburg 3 f., 129 Strasser, Gregor (1892-1934), NS-Funktionär 302 - Otto (1897-1974), Publizist 509, 389 Straubing 55, 639, 768 Strauß, Franz Josef (1913-1988), MinPräs. (1978-1988), Bundesmin. 670, 701, 768 A. 828, 770-773, 817, 820, 820 A. 126, 821, 821 A. 136, 826, 833, 842 A. 300, 846, 847 A. 340, 849 fr., 831 A. 374, 838, 839 A. il, 860f., 869, 874, 878-882, 886, 889, 892, 895, 895 A. 307, 897 A. 333 u. 334, 898 ff, 907, 907 A. 411, 911, 918, 919 A. 517, 924. 929. 933. 93öf., 939.

939 A. 692, 694 u. 698, 940, 944 f, 934 A. 814, 956, 958-970, 973-980, 985, 987 f, 991, 996, 1007 - Marianne (gest. 1984), Gattin v. Franz Josef Strauß 968 Strauss, Richard (1864-1949), Komponist 328, 362 Streibl, Max (1932-1998), MinPräs. (19881993) 810 A. 34, 882, 886, 894, 913, 915, 929, 940, 960, 977 ff., 982, 984fr., 988, 99° f. 993 Streicher, Julius (1883-1946), NS-Gauleiter 501 f., 524, 541, 544, 557, 569. 575. 632 Strenkert, Paul (1899-1989), Min. 839, 866 Stresemann, Gustav (1878-1929), Reichs­ kanzler (1923) 482 fr., 494 Strobel, Käte (1907-1996), Bundesmin. 874 A. 142, 889 A.261 Strobl, Johann Baptist (1748-1805), Verle­ ger 13 - Otto, NS-Funktionär 548 Stücklen, Richard (geb. 1916), Bundesmin. 836, 836 A. 257, 861 A. 24, 869, 898 Stürmer, Johann Baptist v. (1777-1856), Min. 142 f., 202 f, 203 f. Stützei, Karl (1872-1935), Min. suff., 518 f. Sturm, Josef, Präs. d. Bayer. Bauernverban­ des 794, 794 A.1023 Stuttgart 309, 378, 549, 653; bayer. Ge­ sandtschaft 333; Hof 98; Konferenzen (1824/23) 187, (1918) 449, 466; Länder­ rat 638f., 662, 680f., 693, 722 A.489; Rumpfparlament 243 Sudetendeutsche 741 f, 74öf., 751, 753 ff, 757. 775. 79i; -land 533 f„ 567, 575, 778 Sühler, Adam (1889-1964), Staatssekr. 708 A. 364 - Gustav, Präs. d. Bayer. Bauernverbandes 794 A. 1023 Sulzbach-Rosenberg (AS) 83, 604 Suttner, Bernhard (geb. 1949), Parteivors. 1001 Swinemünde (Polen), Depesche (1902) 404 Sybel, Heinrich v. (1817-1893), Historiker 266, 286

Talleyrand, Charles Maurice, Fürst v. Benevent (1754-1838), frz. Staatsmann 11, 23 f, 26, 29 Tandler, Gerold (geb. 1936), Min. 960, 962, 965. 976 ff, 983. 993

Register

Tann, Heinrich Frhr. v. d. (gest. 1848), Abg. 219 - Ludwig Frhr. v. d. (1815-1881), General 286, 311 Tauberkreis 97 Tauffkirchen, Karl Gf. v. (1826—1895), Di­ plomat 305, 312, 376 A. 37 Tegernsee (MB) 105; Erklärung (1821) 112, 372, 376; Kloster 51 Teisendorf (BGL), Amt 97 Tempel, Karl, 2. Bürgermeister in Mün­ chen 569 Terhalle, Fritz (1889-1962), Min. 678 Teschen (Tschechien), Friede (1779) 10 Tettnang (B.-W.), Herrschaft 23 Thallmair, Heribert (geb. 1936), Präs. d. Bayer. Gemeindetags 1001 Thann, Ludwig v. d. s. Tann Thannhausen (GZ) 27 A. 25 Thayer, Charles W., US-Generalkonsul 656, 665 Thelemann, Heinrich v. (1851-1923), Min. 4°9 Therese v. Sachsen-Hildburghausen (17921854), Gern. v. Kg. Ludwig I. v. Bayern 131, 231 Theresienstadt (Tschechien) 616 Thiers, Adolphe (1797-1877), frz. Staats­ mann 192 Thiersch, Friedrich Wilhelm (1784-1860), Philologe 90, 159 fr., 193 f. Thoma, Ludwig (1867-1921), Schriftsteller 420 Thon-Dittmer, Gottlieb Carl Frhr. v. (1802-1853), Min., OB v. Regensburg 208, 225 A. 7, 23of., 247-250, 253 Thorak, Josef (1889-1952), Bildhauer 561 Thorwaldsen, Bertel (1770-1844), Bild­ hauer 131 Thüngen-Rossbach, Karl Hans (18511926), Frhr. v., Gutsbesitzer 350 ff. - Karl Frhr. v., General 620 f. Thürheim, Friedrich Gf. v. (1763-1832), Min. 19, 95, 108, no, 153 A. 15, 180 Thüringen 298, 470, 482, 484 f, 505, 520, 541, 546, 554, 603, 609, 650 A. 10, 982 f. Thüringer Wald 996 Thugut, J.A.F. de Paula, Frhr. v. (17361818), österr. Staatsmann 20 Thunig, Ewald (1897-1991), Staatssekr. 779

1043

Thum u. Taxis, Fürsten 27 A. 25, 264; Post 31, 264 Tilsit, Friede (1807) 29 Timm, Johannes (1866-1945), Min. 360, 445. 452. 454 Tirol 23, 32-37, 41, 44, 65, 78 A. 137, 97, 131, 442, 615; Ost- 36; Süd- 47, 495, 596 Tirpitz, Alfred v. (1844-1930), Großadmi­ ral 419 Tirschenreuth (TIR), Lkr. 640 A. 38, 952 Tittmoning (TS), Amt 97 Tobel, Carl, Industrieller 548 Tocqueville, Alexis de (1805-1859), frz. Schriftsteller 232 Todt, Fritz (1891-1942), NS-Funktionär 549 Töpen (HO) 943 A. 723 Törring-Jettenbach, Hans Veit Gf. v. 421 —Seefeld, Gfh. v. 63 A. 69 Toller, Emst (1893-1939), Schriftsteller 463 Torregrossa, Alberto Vasallo di (18651959). Nuntius in München 530 A. 174 Trauner, Maria Ursula, Gräfin 6 Traunreut (TS) 749 Treitschke, Heinrich v. (1834-1896), Hi­ storiker 22, 105, 156 Trentino (Oberitalien) 34, 421 Treutier, Karl Georg v. (1858-1933), preuß. Gesandter 324 Trianon (Versailles), Dekret (1810) 40, 83 Trient (Oberitalien), Fürstbistum 23; Bi­ schof 55 Triest (Oberitalien) 39, 841 Trifels (Rhld.-Pf.) 558 Triva, Johann Nepomuk Gf. v. (17551827), General 23, 84 Troost, Ludwig (1878-1934), Architekt 559 Truman, Harry S. (1884-1972), US-Präs. 643 A. 51 Trunk, Richard, Musiker 562 Tschechoslowakei, Tschechien 520, 575, 603, 741 f., 841, 867, 876, 890 A. 266, 897 Tschernobyl (Ukraine) 970 f. Tübingen (B.-W.), Universität 187 Türkei 192, 245, 278, 923 A. 558 Tuntenhausen (RO) 350, 353, 483 Turin (Oberitalien) 149, 227 Tutzing (STA) 825

1044

Register

UdSSR s. Sowjetunion Ulbricht, Walter (1893-1973), SED-Funk­ tionär 781 Ulm 20, 23, 36; Reichsstadt 17 A. 24 Unabhängige Sozialistische Partei Deutsch­ lands s. USP, USPD Ungarn 273, 462, 475, 741, 755 Unterdießen (LL) 618 A. 142 Unterfranken s. Franken Unterleitner, Hans, Min. (1918/19) 444, 457 A. 2 Untermainkreis 62 Ursberg (GZ), Reichsabtei 17 A. 24 US, USA s. Vereinigte Staaten v. Nord­ amerika USP, USPD (Unabhängige Sozialistische Partei Deutschlands) 424, 435 f, 442, 445. 455. 457-460, 472 ff·. 476 Utzschneider, Joseph v. (1763-1840), ge­ heimer Referendär 13, 15, 124

Villafranca (Oberitalien), Friede (1859) 280 f. Vils (Tirol), Amt 97 Vintschgau (Südtirol) 36 Völk, Franz Joseph (1819-1882), Abg. 257, 331. 333 Vogel, Hans-Jochen (geb. 1926), Bundes­ min., OB v. München 775 A. 883, 77öff, 831, 871, 882, 887 A. 261, 918, 927. 929. 987 - Johann Georg Carl v., Min.(1866) 301 Vogesen 415 f. Vohburg (PAF) 877 A. 164 Vohenstrauß (NEW) 749 Voigt, Ekkehard, Abg. 980 Volkach (KT) 213 Vollmar, Georg v. (1850—1922), Politiker 335. 347-350, 406, 436, 441 fVorarlberg (Österreich) 23, 32, 41, 44, 65, 97

Vecchioni, August Napoleon (1826-1908), Redakteur 332 Veit, Friedrich, Kirchenpräs. 529 Veldenz, Fürstentum 17 Vendôme (Frankreich) 130 Venedig 130 Venetien 280 Verdun (Nordfrankreich) 416 Vereinigte Staaten v. Nordamerika (USA) 39, 171, 575, 592, 605, 607, 642, 642 A. 42, 643, 650, 660, 669, 695, 726, 728, 741, 756, 773, 801, 827, 885, 987 A. 247 - Armee 635-640, 642, 654, 666 f, 675, 741, 755 -Besatzungszone 645 f., 654, 654 A. 33, 657-662, 680 f, 702, 721, 724, 727, 729, 735 A. 592, 736, 762 - Militärregierung (OMGUS) 644, 650-658, 658 A. 65, 659 ff, 661 A. 80, ■ 662-666, 669, 671-674, 677-680, 682, 690 f., 695 f., 702 f„ 703 A. 333, 704 f, 712 f., 713 A. 407, 7iöf., 720-724, 729 A. 535. 731-734, 744ff, 75°, 755. 76of, 764, 782, 792, 800 Versailles 315 F.; Friedensvertrag (1919) 469 ff, 494, 504, 655; Verträge (1870) 313 ff. 317, 319. 340. 425 Vetter, Emst (1906-1990), Staatssekr. 822 Vielweib, Georg, OB v. Landshut 569 Viemstein, Theodor 568 Villach (Kärnten), Landgericht 36

Wachau (Niederösterreich) 47 Wacher, Gerhard (1916-1990), Staatssekr. 875 A.147 Wackersdorf (SAD) 813, 970, 979 Wächtler, Fritz (1892-1945), NS-Gauleiter 534, 538, 541, 632 Wager, Josef (1890-1944), Widerstands­ kämpfer 621 Waging (TS), Amt 97 Wagner, Adolf (1890-1944), NS-Gauleiter 502, 5i7f, 521-527, 534, 537f, 541, 554, 562, 568f, 573, 595, 609, 622, 624, 632 - Bernarda 52 (Zitat) - Cosima (1837-1930) 395 A. 150 - Eduard, General 619, 621 -Johann Martin (1777-1858), Bildhauer 151, 231 A. 28 - Richard (1813-1883), Komponist 285, 293. 301, 384. 394 A. 150, 557, 562 Wagoner, Murray D. Van (1898-1986), US-Gouverneur in Bayern 655, 655 A.43 Wahl, Karl (1892-1981), NS-Gauleiter 503, 519, 524, 541, 610, 632, 730 A. 546 Waigel, Theodor (geb. 1939), Bundesmin. 965, 977, 982 f, 985 A. 238, 986, 988, 990 ff, 996, 1007 Waitz, Friedrich Siegmund v. (1745-1808), kurhess. Min. 26 Walchensee (TÖL), Kraftwerk 689

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Waldbott-Bassenheim, Gfn. v. 27 A. 25 Waldenfels, Georg v. (geb. 1944), Min. 976. 985. 991, 995 Waldhäuser, Josef (1896—1965), Staatssekr. 678 Waldkraiburg (MÜ) 749 Waldmünchen (CHA) 535, 650 A. 10 Waldsassen (TIR), Zisterzienserabtei 17 A. 24 Waldstetten (GZ), Deutschordenskomturei 27 A. 25 Walhalla (R) 131, 154, 172, 184 Walleck, Oskar, NS-Funktionär 562 f. Wallenreiter, Christian (1900-1980), In­ tendant 852 Wallnöfer, Eduard, Landeshauptmann v. Tirol 914 Walterbach, Karl (1870—1952), Geistlicher 355 Wangen (B.-W.), Reichsabtei 17 A. 24; Reichsstadt 17 A. 24 Wappes, Lorenz, Regierungsdir. 489 Wamke, Jürgen (geb. 1932), Bundesmin. 964 A.75 Warschau 598; Pakt 876; Vertrag (1970) 897, 897 A.334 Wartburg (Eisenach, Thüringen) 529 Washington 653, 724, 724 A. 505 Wasserburg a.Inn (RO) 640, 910 A. 434, 911 WAV (Wirtschaftliche Aufbau-Vereini­ gung) 679, 685 ff, 700 A. 309, 706 ff., 710, 714, 724, 752, 763, 787fr., 803 Weber, Christian (1883-1945), NS-Funk­ tionär 503, 569, 608 Wehgartner, Robert, Parteifunktionär 783 A. 952, 561 f. Wehner, Anton v. (1850-1915), Min. 405 f. Wehrte, Alois (1899—1944), Beichtvater 620 f. Weichs, Maximilian Frhr. v., Generalfeld­ marschall 598 Weiden in d. Opf. 604 Weidenberg (BT) 749 Weihenstephan (FS) 91, 887 A. 240 Weilheim 642 Weiller, Kajetan (1762-1826), Schulrefor­ mer 89 Weimar 162, 511, 677, 706; Republik 443, 447. 453 ff·, 459, 465 ff, 47° f·, 474, 49°, 532, 537, 562, 579, 669, 676, 703, 705, 713, 763-766, 772, 782, 787, 799, 810,

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813; Verfassung 467, 469f, 491 f, 495, 520, 532, 703 f, 716, 719 Weinkamm, Otto (1902-1968), Min. 806 Weinzierl, Hubert (geb. 1935), Vors. des Bundes Naturschutz 916 Weis, Ludwig, Politiker 256, 283 Weisenberger, Karl, Wehrkreiskomman­ dant 619 Weismantel, Leo (1888—1964), Erzähler 56i Weishaupt, Adam (1748-1830), Philosoph 6 - Carl (1787-1853), General, Min. 247, 249 Weiß, Manfred (geb. 1944), Abg. 1002 Weißenburg in Bayern (WUG) 564, 583; Reichsstadt 17 A. 24 - (Elsaß), Schlacht (1870) 311 Weißhäupl, Karl (1916-1989), Staatssekr. 822, 855 A. 411 Weizsäcker, Julius, Historiker 266 Wells, Roger H. (geb. 1894), Professor 721, 723 Weltenburg (KEH), Kloster 166 Wendel, Joseph (1901-1960), Kardinal, Eb. v. München-Freising 824 Wendland, August Frhr. v., Ministerialrat 286 Wertheim (B.-W.), Amt 97 Werthern, Georg Frhr. v. (1816-1895), preuß. Gesandter in München 309fr., 315, 324, 378, 381 f. Wertingen (DLG) 641 A. 38 Wesel (NRW) 606 Westenrieder, Lorenz v. (1749-1829), Hi­ storiker 163 Westfälischer Friede (1648) 18 Westfalen, Königreich 30, 30 A. 36, 65 f., 66 A. 85, 70 A. 106; s. a. Nordrhein— Wetter, Friedrich (geb. 1928), Kardinal, Eb. v. München-Freising 997 A. 326, 998 Wettschurek, Wilhelm, NS-Funktionär 540 Wetzlar (Hessen) 145 Wickham, William (1761-1840), engl. Ge­ sandter 20 Wiedenmann, Peter v. (1847-1917), Gene­ ral, Chef d. Geheimkanzlei 396, 405, 407 Wieland, Franz (1896-1900), Vors. d. Bau­ ernbundes 352 Wien 23, 94, 115, 133, 180, 232 A. 30, 557, 579; Banken 47; bayer. Gesandte 49

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A. 13, 323; Friede (1864) 295; Konferen­ zen (1819/20) 103, 126, (1834) 185, 210; Kongreß (1814/15) 94, 96, 103, U3f, 128, 132, 180, 280; Kultur 92; Putsch (1934) 535; Regierung 6, 9, 32 f„ 105, 279; Reichskleinodien 558; Schlußakte (1820) 103, 105 f., 203, 220 Wiesbaden 597 Wiesheu, Otto (geb. 1944), Min. 991, 995 Wild, Wolfgang (geb. 1930), Min. 973 Wildenwart (RO) 445 Wildflecken (KG) 666, 749 Wilhelm I. (1797-1888), Kg. v. Preußen (1861), K. (1871-1888) 278, 310, 314fr., 319. 387 - II. (1859-1941), K. (1888-1918) 326, 329. 343. 386, 404, 413 A. 83, 419, 423 f, 440 - I. (1781-1864), Kg. v. Württemberg (1816-1864) 187, 191 - v. Birkenfeld, Hg. (1752-1837) 9 Wilson, Woodrow (1856-1924), US-Präs. 423, 447 Wimmer, Sepp, Emigrant 779 - Thomas (1887-1964), OB v. München 703. 708, 708 A. 364 Windischmann, Friedrich (1811-1861), Generalvikar 148, 173 Windscheid, Bernhard (1817-1892), Jurist 266 Windsheim (NEA), Reichsstadt 17 A. 24 Windthorst, Ludwig (1812-1891), Politiker 373. 380, 402, 766 Winterrieden (MN) 27 A. 25 Wintersberger, Carl, Staatsanwalt 580 Winterstein, Theodor v. (1861-1945), Regierungspräs. d. Pfalz 474 Wirschinger, Heinrich, Regierungspräs. v. Niederbayern 673 - Ludwig v. (1781-1840), Min. 141 A. 65 Wirth, Johann Georg August (1798-1848), Jurist, Publizist 208 f., 212 -Joseph (1879-1956), Reichskanzler (1921-1922) 478 Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung s. WAV Wismayr, Joseph (1767-1858), Pädagoge 89 Wittelsbach, Haus 38, 46, 52, 71, 99, 173, i8if., 194, 469, 477, 482, 621; Aus­ gleichsfonds 479; Besitz 8, 14, 17, 20, 44, 83, 98, 149; Familienvermögen 47;

Landesstiftung f. Kunst u. Wissenschaft 479 - Zweibrücken 85 Wöhrle, Alois (1903-1985), Gewerkschaf­ ter 798 Wölfel, Johann, Rechtsanwalt 586 Wönner, Max (1896-1960), Gewerkschaf­ ter 799 A.1066 Wörth (Elsaß), Schlacht (1870) 311 Wohlmuth, Georg, Politiker 498, 527 Wolfratshausen (TÖL) 35, 910 A. 434 Worms (Rhld.-Pf.), Konkordat in Wrede, Karl Philipp Fürst v. (1767-1838), Feldmarschall, Diplomat 23, 29, 35, 40f., 42 A. 56, 43, 84, 94 fr., 100 A. 7, 104 f, 107, 113, 116, 126, 133, 135 A. 30, 140, 142, 178, 184, 186, I9if., 205, 209f, 216, 222; Division 29, 34 - Carl v. 221 Württemberg 10, 13, 15, 17 A. 24 u. 26, 22-26, 26 A. 24, 27, 29, 31 f, 36 f, 43, 54, 58, 86, 98, 102, 104, n6f, 121, 123, 129, 177, 187 f., 198, 200, 242 f., 274 f., 277, 279, 294 fr., 298 fr., 305, 313 f, 3i9f., 3* ff·. 355. 379, 417, 449. 45 *. 462, 466f., 496, 513, 519, 613, 619; s.a. Baden- Kg. v. 36, 116, 187, 191, 397 A. 11 Würzburg 143, 213 A. 58, 283, 396, 554, 636, 668 A. 126, 840 A. 291, 860; Armee 414, 426, 598; Ausweichquartier f. Münchner Hof (1805) 21 f; Bischofssyn­ ode (1971/75) 927; Einnahme (1813) 43, (1945) 638; Gebiet 19; Juden 616; Kon­ ferenz (1848) 270; Literatur 561; NSZeit 524, 539, 541, 550, 569, 573, 618; Parteien 346, 352, 766, 799; Räteregie­ rung 461; Statthalterschaft (1816) 133; Universität, Hochschulen 90, 159, 211, 272, 565 f, 887 A. 240, 905 A. 389; Un­ ruhen (1831) 212 f; US-Armee 666, 987 A. 247; Wirtschaft 791 A. 1004, 792 A. 1012; Zeitungen 170, 202, 207, 332; Zerstörungen 605 f., 637, 645, 742 A. 621 - Großherzogtum 36, 44, 97 - Bistum, Hochstift 17, 19, 23, 624, 927; Bischof 110, 582, 584, 623 Wunsiedel (WUN) 952 Wyhl (B.-W.) 931 Young-Plan 497

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Zähringen, Haus 182 Zahn, Josef (1888-1965), Abg. 708 A. 364 Zander, Emst (1803-1872), Publizist 170, 307. 340 Zdralek, Franz (1894-1970), Abg. 806 Zech, Julius Gf. v., Gesandter 479 Zehetmair, Hans (geb. 1936), Min. 973, 985, 991, 995, 1006 Zenetti, Johann Baptist (1785-1856), Min. 226 Zentner, Georg Friedrich v. (1752-1835), Min. 30 A. 36, 77, 91, 94f., i02f., 105108, in, 113, 117, 119, 126, 141fr., 180, 186, 203, 205 f. Zentrum (Partei) 329, 339f., 342fF., 349fr., 353-357, 367ff., 375 f., 379, 381, 399409, 411, 420, 424, 433, 446, 451, 468, 494. 514, 527, 673, 766, 771 Ziebland, Georg Friedrich (1800-1873), Architekt 152 fr Ziegler, Adolf, Künstler 561 - Friedrich v. (1839-1897), Kabinettssekr, 385 Zietsch, Friedrich (1903-1976), Min. 806, 822 f, 839 Zimmermann, Friedrich (geb. 1925), Bundesmin. 821 A. 137, 938 f, 963, 964 A.75 - Gottfried, Parteivors. 787 A. 987

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Zimmet, Karl (1895-1969), Widerstands­ kämpfer 625 Zisterzienserinnen 166 Znaim (Tschechien), Waffenstillstand (1805) 23, (1809) 35 Zoller, Friedrich v. (1843-1900), Chef d. Geheimkanzlei 396 Zöberlein, Hans (1895-1964), Schriftsteller 561 Zorn, Philipp (1850-1928), Jurist 320 A. 4 - Rudolf (1893-1966), Min. 687, 774, 806 Zott, Josef (1901-1945), Widerstandskämp­ fer 579 Zu Rhein, Friedrich Frhr. v. (1802-1870), Min. 212, 226, 226 A. 13, 289, 291 - Maximilian Joseph Frhr. v. (1780-1832), Min. 206 Zwackh, Franz Xaver Frhr. v. (17551843), Hofrat 99 f., 141, 145 Zwehl, Theodor v. (1800-1875), Min. 248 fr, 289 f. Zweibrücken (Rhld.-Pf.) 7, 208 f, 536, 546, 832; Appellationsgericht 240 - Herzogtum 5 f, 14, 17, 99 Zwick, Eduard, Unternehmer 993 Zwickau (Sachsen) 505 Zwicknagl, Max (1900-1969), Abg. 708 A. 364

Mit diesem Band wird die vollständige Überarbeitung des Spindlerschen Hand­ buchs der bayerischen Geschichte fortge­ setzt. Er bietet einen eindrucksvollen Über­ blick über die staatliche und politische Entwicklung Bayerns von 1800 bis zur Gegenwart. Sowohl der Herausgeber Alois Schmid als auch die Bearbeiter der einzel­ nen Sachgebiete sind ausgewiesenc Fachleu­ te auf dem Gebiet der bayerischen Landes­ geschichte. In ihrer großen Darstellung spannen sie den Bogen von der Begründung des modernen bayerischen Staates unter Kö­ nig Max I. zu Beginn des 19.Jahrhunderts bis zu der Rcgierüngszeit der Ministerpräsiden­ ten Strauß, Streibl und Stoiber. Sie informie­ ren kompetent, detailreich und allgemein­ verständlich über zentrale Ereignisse aus 200 Jahren deutscher Geschichte in ihrer spezifisch bayerischen Ausprägung - bei­ spielsweise über die Machtentfaltung Napo­ leons, den Vormärz und die 48er Revolution, die Reichsgründung 1871, die Zeit der Welt­ kriege, der Revolution und des Faschismus’ sowie über die Nachkriegszeit und den Auf­ schwung, den Bayern in Wirtschaft und Politik bis zur Gegenwart genommen hat. Es wird deutlich, daß Bayern zu allen Zeiten ein selbständiger und wirkungsmächtiger Faktor der deutschen Geschichte gewesen und geblieben ist.

Der Herausgeber Alois Schmid lehrt als Ordinarius für Baye­ rische Geschichte und Vergleichende Landesgcschichte an der Ludwig MaximiliansUniversität, München, und ist Vorsitzender der Kommission für bayerische Landesge­ schichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Die Beiträger Professor Dieter Albrecht (t); Dr. KarlUlrich Gelberg; Professor Heinz Hütten; Professor Andreas Kraus; Professor Wil­ helm Volkert; Professor Eberhard Weis; Professor Walter Ziegler.

Aus der Reihe Handbuch der bayerischen Geschichte herausgegeben von Max Spindler und Andreas Kraus sind folgende Bände lieferbar:

Baud 1: Das Alte Bayern. Das Stammesherzogtum bis zum Ausgang des 12. Jahrhun­ derts, “1981. Baud 2: Das Alte Bayern. Der Territorial­ staat vom Ausgang des 12. Jahrhunderts bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, 2i988. Band 3,1: Geschichte Frankens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, 31997. Baud 3,2: Geschichte Schwabens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, 32OOI. Band 3,3: Geschichte der Oberpfalz und des bayerischen Reichskreises bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, 31995.