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German Pages 314 Year 2012
Schriften zum Gesundheitsrecht Band 25
Das Krankenhaus im System der ambulanten Versorgung gesetzlich Krankenversicherter Von Jan-Hendrik Simon
Duncker & Humblot · Berlin
JAN-HENDRIK SIMON
Das Krankenhaus im System der ambulanten Versorgung gesetzlich Krankenversicherter
Schriften zum Gesundheitsrecht Band 25 Herausgegeben von Professor Dr. Helge Sodan, Freie Universität Berlin, Direktor des Deutschen Instituts für Gesundheitsrecht (DIGR) Präsident des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin a.D.
Das Krankenhaus im System der ambulanten Versorgung gesetzlich Krankenversicherter
Von Jan-Hendrik Simon
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover hat diese Arbeit im Jahre 2011 als Dissertation angenommen.
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Meiner Familie
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2010/2011 von der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover als Dissertation angenommen. Die Idee hierzu entstand aus den praktischen Erfahrungen als Justiziar an der Medizinischen Hochschule Hannover heraus. Zum Zeitpunkt der Konzepterstellung gab es nur sehr wenige einschlägige Darstellungen etwa zum allgemeinen Vertragsarztrecht. Diesbezüglich hat sich die Situation zwischenzeitlich zwar positiv verändert. Noch immer hält sich die Anzahl der umfassenderen und zusammenhängenden Arbeiten jedoch in Grenzen. Dies gilt noch mehr für Projekte mit einem vertieften Blick auf das Krankenhaus. Die wesentliche Zielsetzung der Arbeit war und ist es vor diesem Hintergrund, einen möglichst umfassenden Überblick zu den derzeitigen Möglichkeiten und Grenzen der ambulanten medizinischen Behandlung im Krankenhaus innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung zu geben und hierbei eine Einordnung in das Gesamtgefüge der Versorgungsstrukturen zu leisten. Literatur und Rechtsprechung konnten insgesamt bis zum Mai 2010 berücksichtigt werden. Speziell im Hinblick auf § 115b SGB V und § 116b Abs. 2 SGB V wurden auch noch Hinweise auf später – bis zum August 2011 – ergangene wichtige gerichtliche Entscheidungen aufgenommen. Zu allererst und besonders möchte ich Herrn Prof. Dr. Hermann Butzer danken, der die Arbeit betreut und das Erstgutachten erstellt hat. Seine Hinweise bei der Themenfindung und Schwerpunktsetzung zu Beginn der Arbeit und bei der Planung der einzelnen Projektschritte haben sich als außerordentlich hilfreich herausgestellt. Diese Investition in der Anfangsphase hat sich im weiteren Verlauf immer wieder ausgezahlt. Sehr dankbar bin ich ihm auch für sein jederzeit offenes Ohr, die intensive Auseinandersetzung mit der reifenden Arbeit und die konstruktive und verbessernde Kritik in der Schlussphase. Nicht zuletzt hat er es bei alledem verstanden, auf seine besondere persönliche Art zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Worte zu finden, um die Motivation für die jeweils nächsten Schritte zu unterstützen. Weiterhin danke ich Herrn Prof. Dr. Gunther Schwerdtfeger sehr für die außerordentlich zeitnahe Erstellung des Zweitgutachtens. Schließlich danke ich meiner Familie und meinen Freunden ganz herzlich für das unermüdliche Interesse am Fortgang der Arbeit und noch mehr für den stetigen und immer wieder bestärkenden Zuspruch. Ganz besonders danke ich
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Vorwort
meiner Frau Katrin Simon. Ohne ihre große Unterstützung durch alle Phasen der Arbeit hindurch wäre diese nicht möglich gewesen. Hannover, im Oktober 2011
Jan-Hendrik Simon
Inhaltsverzeichnis Einleitung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Teil Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . I.
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21 23
Vollstationäre Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Systematische Zuordnung zum stationären Sektor . . . . . . . . . . . . . . 2. Umfang der vollstationären Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zugang zur vollstationären Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Dreiecksbeziehung bei der vollstationären Behandlung . . . . . . . . . .
23 23 26 27 29
II. Teilstationäre Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Systematische Zuordnung zum stationären Sektor . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzungsüberlegungen des Bundessozialgerichts . . . . . . . . . . . . 3. Anmerkungen zum Ansatz des Bundessozialgerichts . . . . . . . . . . . . 4. Vorteil einer Legaldefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32 33 33 34 37
III. Vor- und nachstationäre Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Ambulantes Operieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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V.
Das ultima-ratio-Prinzip des § 39 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Stationäre Pflegesätze im Wandel – Auswirkungen auf das Versorgungssystem I.
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Prinzip der dualen Krankenhausfinanzierung nach dem KHG . . . . . . . .
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II. Vom Tagessatz zur DRG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundstrukturen der BPflV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundstrukturen des DRG-Systems und des KHEntgG . . . . . . . . . . 3. Vergütung teilstationärer Krankenhausleistungen . . . . . . . . . . . . . . .
49 49 53 57
III. Ergebnis und Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis 2. Teil Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
A. Ambulante Versorgung im Krankenhaus innerhalb des vertragsärztlichen Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.
Vertragsärztliche Versorgungsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragsarztrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kassenärztliche Vereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sicherstellungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vergütung vertragsärztlicher Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Teilnahmeformen an der vertragsärztlichen Versorgung . . . . . . . . . . a) Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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65 65 65 70 73 76 77 85 85 87 88
II. Wege für Krankenhäuser in das vertragsärztliche System . . . . . . . . . . . . 90 1. Persönliche Ermächtigung von Krankenhausärzten . . . . . . . . . . . . . . 91 a) Persönliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 b) Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 c) Sachliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 d) Rangfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 aa) Rangfolge der Systemzugänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Defensiver Konkurrentenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 e) Beschränkungen der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 f) Persönliche Leistungserbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 g) Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Institutsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 a) Sachliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Rangfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Beschränkungen der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 d) Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 e) Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3. Medizinische Versorgungszentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 a) Sachliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 aa) Gründer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 bb) Zulässige Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 cc) Fachübergreifende Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 dd) Ärztliche Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 ee) Selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung . . . . . . . . . . . . . 135
Inhaltsverzeichnis
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ff) Angestellte Ärzte oder Vertragsärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rangfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vertragsärztliche Praxis im Krankenhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Notdienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
136 138 139 139 142 144
III. Sonderfall: Die Ambulanzen nach §§ 117 bis 119 SGB V . . . . . . . . . . . 1. Hochschulambulanzen gemäß § 117 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sachliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rangfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschränkungen der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Dreiseitige Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Psychiatrische Institutsambulanzen gemäß § 118 SGB V . . . . . . . . . a) Sachliche Voraussetzungen und Zielrichtung . . . . . . . . . . . . . . . b) Rangfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschränkungen der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sozialpädiatrische Zentren gemäß § 119 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . a) Sachliche Voraussetzungen und Zielrichtung . . . . . . . . . . . . . . . b) Rangfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschränkungen der Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
146 146 147 149 151 152 154 160 161 164 165 166 166 167 170 171 171 172
B. Ambulante Versorgung im Krankenhaus außerhalb des vertragsärztlichen Systems (im Rahmen „neuer Versorgungsformen“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 I.
Vor- und nachstationäre Behandlung gemäß § 115a SGB V . . . . . . . . . 174 1. Sachliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 2. Verhältnis zur vertragsärztlichen Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 3. Unterrichtung des einweisenden Arztes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 4. Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
II. Ambulantes Operieren im Krankenhaus gemäß § 115b SGB V . . . . . . . 1. Dreiseitige Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzliche Zulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis zur vertragsärztlichen Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Leistungserbringung durch „Honorarärzte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
184 186 189 191 193 196
III. Ambulante Behandlung im Krankenhaus gemäß § 116b Abs. 1 SGB V 200 1. Teilnahme an einem strukturierten Behandlungsprogramm nach § 137g SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
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Inhaltsverzeichnis 2. Erforderlichkeit der ambulanten Leistungserbringung durch Krankenhäuser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertrag nach § 116b Abs. 1 S. 1 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verhältnis zur vertragsärztlichen Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ambulante Behandlung im Krankenhaus gemäß § 116b Abs. 2 SGB V 1. Katalog erfasster Leistungen und Krankheitsbilder . . . . . . . . . . . . . 2. Bestimmung zur ambulanten Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Antrag eines zugelassenen Krankenhauses . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes . . . . . . . . . . . c) Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation . d) Eignung des Krankenhauses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gebundene Entscheidung und Nebenbestimmungen . . . . . . . . . f) Rechtsmittel antragstellender und dritter Krankenhäuser . . . . . . 3. Anforderungen gemäß der Richtlinie nach § 116b Abs. 4 SGB V . . 4. Verhältnis zur vertragsärztlichen Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verordnung von Leistungen nach § 116b Abs. 6 SGB V . . . . . . . . . V. Integrierte Versorgung gemäß §§ 140a ff. SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Inhaltliche Freiräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verhältnis zur vertragsärztlichen Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Weiterhin im Fluss: Wettbewerbsrecht / Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
203 204 204 204 205 208 209 210 210 212 215 216 219 220 224 231 234 235 239 245 248 251 253 255 258 269
C. Verfassungsrechtliche Bewertung der Systemöffnung für Krankenhäuser am Beispiel des § 116b Abs. 2 SGB V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Berufsfreiheit niedergelassener Vertragsärzte nach Art. 12 Abs. 1 GG . . 1. Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hilfsweise: Verletztheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundrechte nach Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis und gesetzgeberischer Handlungsspielraum . . . . . . . . . . . . . . .
274 276 276 280 286 292 295
Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Einleitung und Gang der Untersuchung Die Gesundheitspolitik berührt jeden einzelnen Bürger existentiell und unmittelbar. Zudem geht es um eine Menge Geld. Im Jahr 2007 lagen die Ausgaben für Gesundheit in Deutschland bei rund 253 Milliarden Euro. 1 Eine Folge dieser beiden Aspekte ist, dass die zu führenden Debatten sich selten nur um die Sachaspekte drehen, sondern einer hohen emotionalen Aufladung unterliegen. In Zeiten des Bundestagswahlkampfs besinnen sich die Parteien regelmäßig auf ihre dogmatischen Grundüberzeugungen und stellen vor deren Hintergrund mehr oder weniger konkrete Reformierungsansätze in ihren Wahlprogrammen zur Debatte. Nach der Wahl wird es dann meist schnell wieder ruhiger, denn zu den beiden oben genannten Aspekten kommt noch ein dritter hinzu: Das System des deutschen Gesundheitswesens ist unbestritten zu einem so komplexen Beziehungsgeflecht herangewachsen, dass auch ausgewiesene Fachleute selten alle Facetten überblicken können. Reformansätze sind daher nur behutsam und mit langfristiger Konzeption erfolgversprechend umsetzbar. Ein Beispiel für die nicht selten von Polemik geprägte öffentliche Diskussion ist das meist undifferenziert ins Feld geführte Szenario der „Kostenexplosion“ im Gesundheitswesen. Mit diesem – bereits in der Mitte der 1970er-Jahre eingeführten – plakativen Begriff soll dann in der Regel impliziert werden, dass die zunehmenden finanziellen Schwierigkeiten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) maßgeblich durch überproportionale Ausgabensteigerungen bedingt seien. Nach heutigem Stand der gesundheitsökonomischen Fachdiskussion ist diese These aber zumindest kritisch zu hinterfragen. Eine isolierte Betrachtung der Entwicklung der Höhe der Gesundheitskosten blendet nämlich die allgemeine Wirtschafts- und Preisentwicklung aus. Setzt man aber die Kostenentwicklung der Vergangenheit ins Verhältnis zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts, so relativiert sich das Bild. Die Gesamtausgaben für das Gesundheitswesen bewegten sich im Gebiet der alten Bundesländer in den Jahren 1975 bis 1991 recht konstant in einer Höhe von ca. 9% des Bruttoinlandsprodukts. 2 Die Steigerung der Gesundheitsausgaben Anfang der 1990er- und dann ab Mitte 1
Datenquelle: Statistisches Bundesamt. Recherchiert über die „Gesundheitsberichterstattung des Bundes“ des Robert-Koch-Instituts und des Statistischen Bundesamts, http:// www.gbe-bund.de (Stand: 10. 05. 2010). 2 Vgl. Simon, Michael, Das Gesundheitssystem in Deutschland, S. 109.
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Einleitung
der 1990er-Jahre wird in erster Linie auf die Veränderungen der Rahmenbedingungen durch die Wiedervereinigung und die Einführung der Pflegeversicherung zurückgeführt. 3 Zwischen den Jahren 1992 bis 2007 erhöhte sich der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt von 9,8 % auf 10,4 %. Für den Zeitraum zwischen dem Jahr 2003 und dem Jahr 2007 war insofern sogar eine insgesamt rückläufige Tendenz auszumachen. 4 11 10,5 10 9,5 9
1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
Quelle: Statistisches Bundesamt. Abbildung 1: Gesundheitsausgaben in Deutschland als Anteil am Bruttoinlandsprodukt in Prozent.
Betrachtet man andere ausgewählte OECD-Länder, so blieb die Entwicklung der Gesundheitskosten in Deutschland seit Mitte der 1990er-Jahre vergleichsweise stabil. 17 15 13 11 9 7 5
1996 2000 2004 2007 Deutschland
Frankreich
Italien
GB
USA
Quelle: Statistisches Bundesamt und eigene Berechnung. Abbildung 2: Entwicklung der Gesundheitsausgaben in ausgewählten OECD-Ländern als Anteil am Bruttoinlandsprodukt in Prozent.
3 Vgl. Hensen, in: Roeder / Hensen, Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem und öffentliche Gesundheitspflege, S. 8 f; Simon, Michael, Das Gesundheitssystem in Deutschland, S. 112 f. 4 Datenquelle: Statistisches Bundesamt. Recherchiert über http://www.gbe-bund.de (Stand: 10. 05. 2010).
Einleitung
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Die relative Stabilität der deutschen Entwicklung in den dargestellten Jahren 1996 bis 2007 dürfte zwar auch als „statistisches Artefakt“ der vorausgegangenen überproportionalen Bremsung des gesamtdeutschen Bruttoinlandsprodukts in der Zeit nach der Wiedervereinigung zu bewerten sein. 5 Von einer „Explosion“ der Kosten im deutschen Gesundheitswesen wird man aber wohl kaum sprechen können. Den erheblich größeren Anteil an den Finanzierungsproblemen insbesondere in der GKV scheint jedenfalls in der Vergangenheit vielmehr die unterproportionale Entwicklung auf der Seite der Einnahmen gehabt zu haben. Als Gründe werden hier vornehmlich die anhaltende relativ hohe Arbeitslosigkeit, die Zunahme von Teilzeitbeschäftigungen und Tätigkeiten auf dem so genannten Niedriglohnsektor genannt. 6 Die Erkenntnis, dass es eine echte „Explosion“ der Gesundheitskosten bislang nicht gab, sollte allerdings auf der anderen Seite keineswegs zu der Annahme verleiten, alles könne so weiterlaufen wie bisher. Erstens ist die gedämpfte Entwicklung der zurückliegenden Jahre ja auch schon Produkt zahlreicher Eingriffe des Gesetzgebers. Zweitens ist die nachhaltige Neukonzeption der Finanzierungsbasis der GKV noch nicht ansatzweise abgeschlossen, und drittens stehen die wirklich großen Herausforderungen dem deutschen Gesundheitswesen – ebenso wie vielen Systemen anderer Länder – erst noch bevor. Der rasante medizinisch-technische Fortschritt führt zu immer neuen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten. 7 Das ist in erster Linie natürlich ein höchst erfreulicher Prozess. Verkürzte „Innovationszyklen“ führen jedoch auch zu erhöhten finanziellen Belastungen, denn die Kosten für Forschung und Entwicklung, die klinische Testung, den Aufbau einer Produktion etc. müssen letzten Endes auch von den Trägern der Behandlungskosten beglichen werden. Hinzu kommt der demographische Wandel, der nach allen Prognosen in den nächsten Jahrzehnten zu einer starken Zunahme der älteren gegenüber den jüngeren Bevölkerungsschichten führen wird. So wird vorhergesagt, dass die Größe der deutschen Bevölkerung zwischen den Jahren 2008 und 2050 um ca. 15 % von 82 auf 69,4 Millionen abnehmen werde. In der Altersgruppe der „Erwerbsfähigen“ (hier mit 20 bis 64 Jahren angenommen) werde es zu einer Reduzierung um ca. 28 % von 49,7 auf 35,7 Millionen kommen, was die Einnahmenbasis der GKV in ihrer heutigen Struktur massiv erschüttern würde. Auf der anderen Seite werde die Gruppe der Menschen im Alter von 65 Jahren und darüber zwischen den Jahren 2008 und 2050 um ca. 37 % von 16,7 auf 23 Millionen ansteigen. 8 5 Hensen, in: Roeder / Hensen, Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem und öffentliche Gesundheitspflege, S. 9. 6 Simon, Michael, Das Gesundheitssystem in Deutschland, S. 113 f. 7 Vgl. Hensen, in: Roeder / Hensen, Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem und öffentliche Gesundheitspflege, S. 5.
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Die tatsächliche Entwicklung wird von vielen Faktoren beeinflusst und wird im Detail natürlich von den Prognosen abweichen. Die Grundtendenz ist jedoch klar beschrieben und erfordert langfristig angelegte Operationen an den Strukturen des Gesundheitswesens. Neben dem sich abzeichnenden immer stärkeren Einnahmeproblem in der GKV wird nämlich die ansteigende Zahl älterer Personen einerseits länger und andererseits auch relativ zur Gesamtbevölkerung mehr Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen. 9 Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Krankenhausbereich, denn die Anzahl der akutstationären Behandlungsfälle ist eng mit dem Alter der Patienten verknüpft. Ab einem Alter von ca. 60 Jahren steigt die Häufigkeit von Krankenhausfällen stark an. Vergleicht man beispielhaft für das Jahr 2008 die „stationäre Morbidität“ – hier ausgedrückt in der Fallzahl vollstationärer Krankenhausfälle je 100.000 Einwohner – der Gruppe der 45 bis 64 Jahren alten Personen mit derjenigen der 65 Jahre und älteren Personen, so ergibt sich eine Steigerung um rund 134 %. 10 Bereits heute wird in Deutschland ungefähr ein Viertel der gesamten Gesundheitsausgaben für den Krankenhausbereich aufgewandt. 11 Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung wird sich die kostenmäßige Relevanz des Krankenhaussektors zukünftig noch verstärken. Es ist davon auszugehen, dass – trotz Reduktion der Gesamtbevölkerung – die Anzahl der Behandlungsfälle im Krankenhaus sowohl in der nahen Zukunft 12 als auch langfristig zunehmen wird. Will man also das Gesundheitssystem auf der Ausgabenseite zukunftsfest gestalten, so stellt die Krankenhausversorgung einen der Kernbereiche dar. Der Gesetzgeber hat in der zurückliegenden Zeit bereits diverse Schritte zur Kostendämpfung im Bereich der Krankenhausversorgung unternommen. Die wichtigste Entwicklung der letzten Jahre war dabei die Einführung und Fortentwicklung eines neuen Abrechnungssystems der stationären Krankenhausversorgung. Das mit dem Jahr 2004 für alle somatischen Krankenhausabteilungen 8
Datenquelle: Statistisches Bundesamt. Recherchiert über http://www.gbe-bund.de, 12. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, Variante 1-W1 (Stand: 10. 05. 2010). Siehe weitergehend zur Hochrechnung auf die Entwicklung bei der Häufigkeit ausgewählter Erkrankungen Beske / Katalinic / Peters / Prizkuleit, Morbiditätsprognose 2050, Ausgewählte Krankheiten für Deutschland, Brandenburg und Schleswig-Holstein, Kiel 2009, S. 16. 9 Vgl. Hensen, in: Roeder / Hensen, Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem und öffentliche Gesundheitspflege, S. 6. 10 Die Fallzahl steigert sich dabei von 19.544 Fällen auf 45.685 vollstationäre Krankenhausfälle je 100.000 Einwohner in der jeweiligen Altersgruppe. Datenquelle: Statistisches Bundesamt. Recherchiert über http://www.gbe-bund.de (Stand: 10. 05. 2010). 11 Im Jahr 2008 waren es (Bereinigte Kosten ohne Aufwendungen für den Ausbildungsfonds) ca. 62 Milliarden Euro. Datenquelle: Statistisches Bundesamt. Recherchiert über http://www.gbe-bund.de (Stand: 10. 05. 2010). 12 Siehe zur Entwicklung bis zu den Jahren 2015 und 2030 Bruckenberger, in: Bruckenberger / Klaue / Schwintowski, Krankenhausmärkte zwischen Regulierung und Wettbewerb, S. 94.
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verbindlich eingeführte Fallpauschalensystem (System der „Diagnosis Related Groups / DRG“) setzt starke Anreize für die Krankenhäuser zur Steigerung der Effizienz der Prozesse und zur Betrachtung von Behandlungsleistungen (auch) unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. 13 Die bereits in den Jahren zuvor mit dem Ziel der Kostendämpfung eingezogenen Budgetregelungen im stationären Bereich, die Einführung der DRG und der medizinisch-technische Fortschritt, der für bestimmte Erkrankungen eine immer kürzere Verweildauer oder sogar eine nur ambulante Versorgung ermöglicht, haben zu einer signifikanten Reduzierung der durchschnittlichen stationären Verweildauer in der Vergangenheit geführt. Diese sank zwischen den Jahren 1992 und 2008 von 13,2 auf 8,1 Tage. 14 15
13 11 9 7 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 20 04 20 05 20 06 20 07 20 08
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Quelle: Statistisches Bundesamt und eigene Berechnung. Abbildung 3: Entwicklung der durchschnittlichen stationären Verweildauer im Krankenhaus in Tagen in den Jahren 1992 bis 2008.
Im Rahmen des beschriebenen Entwicklungsprozesses sind sicherlich – gerade zu Beginn – auch überkommene „Effizienzreserven“ in der stationären Krankenhausversorgung realisiert worden. Andererseits ist jedoch nicht zu verkennen, dass der auf den Krankenhäusern lastende Druck in den letzten Jahren enorm gewachsen ist. Zudem liegt es auf der Hand, dass eine vom Gesetzgeber aus Kostengründen gewünschte Reduzierung der stationären Verweildauer nicht grenzenlos vorangetrieben werden kann, ohne dass es vermehrt zu unerwünschten Nebeneffekten wie Komplikationen und notwendigen Wiederaufnahmen kommen würde. Die Entwicklung scheint sich insofern zwischenzeitlich auch zu verlangsamen. Es bleibt abzuwarten, ob in den nächsten Jahren an dieser Stelle noch große Schritte gegangen werden können.
13 Vgl. zur historischen Entwicklung und zu dem mit der Einführung der DRG endgültig besiegelten gesundheitspolitischen Paradigmenwechsel in der Krankenhausfinanzierung Hensen, in: Roeder / Hensen, Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem und öffentliche Gesundheitspflege, S. 10 ff. 14 Datenquelle: Statistisches Bundesamt. Recherchiert über http://www.gbe-bund.de (Stand: 10. 05. 2010).
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Neben rein medizinischen Fakten wirken bei alledem gerade im deutschen Gesundheitswesen anerkanntermaßen auch strukturelle Faktoren limitierend auf die Effizienz der Behandlungsabläufe ein. Heute sind beinahe 90 % der Bevölkerung in der GKV versichert. 15 Das System der medizinischen Versorgung in der GKV ist daher prägend für die deutschen Versorgungsstrukturen. Die ambulante medizinische Versorgung der Versicherten obliegt in der GKV traditionell den niedergelassenen Vertragsärzten. Erkrankt der Versicherte schwer oder ist ein komplexer Eingriff notwendig, so ist das Krankenhaus zuständig. Dort verbleibt man, bis die Entlassung und eventuelle anschließende Weiterbehandlung in der ambulanten Regelversorgung möglich ist. Insbesondere im Anschluss an eine stationäre Krankenhausbehandlung und bei chronischen gesundheitlichen Einschränkungen können unter Umständen auch Rehabilitationsmaßnahmen wahrgenommen werden. Solange der Blick lediglich an der Oberfläche verweilt, scheint damit alles in vorteilhaft geordneten Bahnen zu verlaufen. Als stark verbesserungswürdig gilt aber schon seit längerer Zeit das Zusammenspiel der verschiedenen Sektoren der Versorgung, denn die oben aufgezählten Bereiche werden ihrerseits allesamt durch höchst unterschiedliche rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen geprägt. Im Ergebnis entstehen finanzielle Reibungsverluste (z. B. durch vermeidbare Doppeluntersuchungen) und Fehlerquellen in der Behandlung (z. B. durch lange Wartezeiten auf eine Anschlussbehandlung oder einen lückenhaften Informationstransfer zwischen den jeweils zuständigen Leistungserbringern). Eine individuell am Patienten orientierte Behandlungskette über die Sektorengrenzen hinweg ist nur sehr schwer zu organisieren. Diese Problematik tritt unter den geschilderten Bedingungen des medizinischen Fortschritts und der veränderten demographischen Strukturen sogar noch verschärft zu Tage. 16 Bei vielen quantitativ hochrelevanten Erkrankungen (z. B. gilt dies für den Bereich der onkologischen Erkrankungen), die in der Vergangenheit vornehmlich stationär versorgt wurden, ist aus medizinischer Sicht zunehmend eine ambulante Behandlung möglich. Ambulante Phasen stehen dabei jedoch oftmals im Wechsel mit stationären Phasen, so dass eine koordinierte Versorgung „aus einer Hand“ sinnvoll erscheint. Um auch zukünftig den Transfer über die „Schwelle“ 17 zwischen 15 Vgl. Rau, in: Roeder / Hensen, Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem und öffentliche Gesundheitspflege, S. 173. 16 Zusammenfassend zur weitestgehend unstrittigen „Befunderhebung“ hinsichtlich der Kernprobleme der Leistungserbringungsstrukturen in der GKV: Lang, Sektorale Trennung von ambulanter und stationärer Krankenbehandlung in der Gesetzlichen Krankenversicherung – Koordinationsprobleme und Lösungsoptionen, VSSR 2008, 111, 114 f. 17 Um die hohe Relevanz dieses Prozesses zu erfassen ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, dass ein großer Anteil stationärer Aufenthalte unter einer Verweildauer von 3 Tagen bleibt. Im Jahr 2007 lag die Verweildauer bei immerhin rund 2,5 Millionen Krankenhausfällen im DRG-System sogar nur bei einem Tag, vgl. Leber, Perspektive: Ambulante Versorgung (Kurzdarstellung zu einer Vortragsveranstaltung), f&w 2009, 129.
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dem stationären und dem ambulanten Sektor gemäß den sukzessive wachsenden medizinischen Möglichkeiten zu fördern, macht es Sinn, den Krankenhäusern den Weg in die ambulante Versorgung zu eröffnen. Anders als privat Krankenversicherte und so genannte „Selbstzahler“ haben die Versicherten der GKV – von Notfällen einmal abgesehen – nämlich traditionell nur ausgesprochen selektiv Zugang zu einer ambulanten Versorgung in einer Krankenhausambulanz. Die Debatte über den Abbau der Sektorengrenze zwischen stationärer und ambulanter Versorgung wird darüber hinaus maßgeblich durch das Stichwort „doppelte Facharztschiene“ geprägt. In Zeiten knapper Sozialkassen wird zunehmend die Frage danach gestellt, inwieweit gerade spezialisierte Ressourcen sowohl im Bereich der Krankenhäuser als auch im vertragsärztlichen Bereich vorgehalten werden müssen. Hier könnten die im Krankenhaussektor vorhandenen Mittel bei einem aus gesamtsystematischer Sicht effektiveren Einsatz helfen, (Vorhalte-)Kosten der fachärztlichen Versorgung zu reduzieren. Schließlich könnte eine solche Entwicklung auch den für die Zukunft erwarteten Versorgungsproblemen „in der Fläche“ – also in den ländlichen Regionen – entgegenwirken. Gerade dort, wo sowohl ärztliche Praxen als auch rein stationär orientierte Krankenhäuser für heranwachsende Ärztegenerationen und Investoren als finanziell unhaltbar erscheinen, kann die Entwicklung integrativer Behandlungszentren an Krankenhausstandorten im Wege einer Mischkalkulation einen Weg zu deren Aufrechterhaltung bieten. 18 Sowohl die angedeuteten Gesichtspunkte der Qualität der Versorgung als auch die geschilderten finanziellen Erwägungen haben den Gesetzgeber in der jüngeren Vergangenheit bereits dazu bewogen, die Sektorengrenzen verschiedentlich zu durchstoßen und damit insgesamt durchlässiger zu gestalten. Sektorenübergreifende Strukturen sollen hierdurch gefördert werden. Es besteht heute eine Vielzahl an Rechtsgrundlagen im Leistungserbringungsrecht der GKV, die den Krankenhäusern zumindest grundsätzlich den Weg in die ambulante Versorgung gesetzlich Versicherter eröffnet. Die insofern wesentlichen neuen und die alten Möglichkeiten werden im Rahmen dieser Arbeit näher beschrieben und untersucht. Neben der systematischen Darstellung wird dabei ein verstärktes Augenmerk auf die in der praktischen Anwendung auftretenden Handhabungsprobleme gerichtet werden, um so Ansatzpunkte für die Fortentwicklung und Harmonisierung des Rechtsgebiets aufzeigen zu können. Zu Beginn der Untersuchung (1. Teil) erfolgt die Auseinandersetzung mit den grundlegenden rechtlichen Zusammenhängen im Bezug auf die stationäre Es gibt also durchaus eine beachtliche Anzahl an Fällen, die grundsätzlich das Potential zu einem Transfer in den ambulanten Bereich aufweisen dürfte. 18 Vgl. Bruckenberger, in: Bruckenberger / Klaue / Schwintowski, Krankenhausmärkte zwischen Regulierung und Wettbewerb, S. 101.
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Krankenhausbehandlung. Dabei werden insbesondere die Abgrenzungskriterien zwischen der akutstationären und der ambulanten Versorgung herausgearbeitet (1. Teil A.). Der Aufbau folgt damit dem vorgezeichneten Weg des Krankenhauses vom vornehmlich stationären Leistungserbringer hin zu einem eher diversifiziert tätigen Zentrum medizinischer Behandlungsleistungen. Für das Verständnis der besonderen Relevanz des Themas ist es zudem wichtig, sich mit den sektorenübergreifenden Auswirkungen der zurückliegenden Reformen im Bereich des Rechts der stationären Krankenhauspflegesätze vertraut zu machen (1. Teil B.). Im Anschluss wird zunächst das System der vertragsärztlichen ambulanten Regelversorgung in seinen themenrelevanten Grundzügen dargestellt (2. Teil A. I.), um nachfolgend detailliert die speziellen Rechtsgrundlagen einer ambulanten Versorgung der gesetzlich Versicherten durch Krankenhäuser innerhalb (2. Teil A. II.) und außerhalb (2. Teil B.) der vertragsärztlichen Strukturen herauszuarbeiten. Am Beispiel von § 116b Abs. 2 SGB V wird schließlich der Frage nachgegangen, ob einer zunehmenden Öffnung des ambulanten Versorgungssektors für die Krankenhäuser verfassungsrechtliche Gesichtspunkte entgegenstehen (2. Teil C.). Im Fokus steht dabei die Diskussion darüber, inwieweit entsprechende Reformschritte eine Verletzung der Grundrechte niedergelassener Vertragsärzte bedeuten könnten. Dabei wird auch der generelle verfassungsrechtliche Rahmen aufgezeigt, in dem der Gesetzgeber bei der Reformierung des Leistungserbringungsrechts der GKV agieren kann.
1. Teil
Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV Will man sich mit der derzeitigen und mit der zukünftigen Rolle der Krankenhäuser in der ambulanten Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten auseinandersetzen, so ist es hilfreich, zunächst auch die Rechtsverhältnisse der stationären Leistungserbringung zu betrachten. Dabei sollen der sachliche und rechtliche Gesamtkontext sowie die Abgrenzung zwischen den heute bestehenden Sektoren der Versorgung herausgearbeitet werden. Die Untersuchung gerade dieser Aspekte ist wiederum für das Verständnis des Zusammenspiels der verschiedenen Leistungsbereiche bzw. -sektoren unerlässlich. Gerade die Optimierung dieses Zusammenspiels ist es ja, die sich der Gesetzgeber mit der Schaffung neuer Zugangswege der Krankenhäuser zur ambulanten Versorgung erhofft. Die stärkere Verzahnung des ambulanten und des stationären Sektors – also eine vermehrt sektorenübergreifende Versorgung der Patienten – soll gefördert werden. Zudem soll im 1. Teil der Arbeit dargestellt werden, wie die zurückliegenden grundlegenden Veränderungen des Vergütungssystems für stationäre Krankenhausleistungen die Fortentwicklung der Versorgungsstrukturen – und dies eben nicht nur bezogen auf den Krankenhausbereich – beeinflussen. Das hergebrachte „Kernaufgabengebiet“ der Krankenhäuser ist im deutschen Gesundheitswesen die (akut-)stationäre 1 Versorgung. Dies lässt sich bereits aus den Legaldefinitionen des Krankenhausbegriffs im Krankenhausfinanzierungsrecht und im Recht der GKV entnehmen. Krankenhäuser im Sinne des § 2 Nr. 1 KHG sind Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen Krankheiten, Leiden und Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. Nach § 107 Abs. 1 SGB V muss die Einrichtung der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen (Nr. 1), unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und über ausreichende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen sowie nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten (Nr. 2). Weiterhin muss sie in 1
Der Begriff der „akutstationären Versorgung“ wird häufig zur begrifflichen Abgrenzung der stationären Krankenhausbehandlung von den gesondert geregelten stationären Rehabilitationsleistungen verwandt.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
der Lage sein, durch den Einsatz von jederzeit verfügbaren ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeitern Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten (Nr. 3). Schließlich müssen auch nach der Definition des § 107 Abs. 1 SGB V Patienten untergebracht und verpflegt werden können (Nr. 4). 2 Der Krankenhausbegriff des SGB V geht also von der Formulierung des KHG aus, stellt aber weitergehende organisatorische und personelle Anforderungen an das Krankenhaus. Er zeigt insofern bereits eine leistungsrechtliche Tendenz. 3 Beiden Krankenhausbegriffen ist jedenfalls gemein, dass die Möglichkeit zur Unterbringung und Verpflegung der Patienten unbedingte Voraussetzung für die Anerkennung einer Einrichtung als Krankenhaus ist. Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich aber im Umkehrschluss auch, dass eine Unterbringung und Verpflegung der Patienten keineswegs bei allen versorgten Patienten erfolgen muss. Es genügt, wenn nach der Zielsetzung und Zweckbestimmung der Einrichtung die Möglichkeit hierzu besteht. 4 Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen Krankenhausbehandlung nur durch im Sinne von § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser erbringen lassen. Dies sind nach § 108 Nr. 1 SGB V die nach Landesrecht anerkannten Hochschulkliniken, nach § 108 Nr. 2 SGB V die im Krankenhausplan des jeweiligen Landes (vgl. § 6 KHG) aufgenommenen (Plan-)Krankenhäuser und nach § 108 Nr. 3 SGB V die so genannten Vertragskrankenhäuser, die aufgrund eines Vertrags mit den Krankenkassen an der Versorgung teilnehmen. § 108 SGB V ist im Zusammenhang mit § 109 SGB V zu lesen, der sich – anders als seine Überschrift vermuten lässt – nicht allein mit Vertragskrankenhäusern, sondern mit allen in § 108 genannten Einrichtungen beschäftigt. Nach § 109 Abs. 4 S. 1 f. SGB V wird ein Krankenhaus mit einem Versorgungsvertrag für die Dauer des Vertrags zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen und ist damit im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Behandlung der gesetzlich Krankenversicherten berechtigt und verpflichtet. Für Hochschulkliniken und Plankrankenhäuser wird nach § 109 Abs. 1 S. 2 SGB V das Bestehen eines Versorgungsvertrags fingiert, so dass gleichfalls § 109 Abs. 4 SGB V zum Tragen kommt. 5 Die Gesetzessystematik legt fälschlich nahe, dass der Versorgungsvertrag der regelmäßige Weg zur Zulassung eines Krankenhauses sei. Dem ist jedoch nicht so. Die ganz überwiegende Zahl der Krankenhäuser nimmt als Plankrankenhaus aufgrund der 2 Darstellung bei Genzel, in: Laufs / Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 83, Rdnr. 12 ff. 3 Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 24, Rdnr. 37. 4 Genzel, in: Laufs / Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 83, Rdnr. 10 f. 5 Vgl. Klückmann, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 109, Rdnr. 40. Siehe zum Zulassungsrecht der Krankenhäuser insgesamt Szabados, Krankenhäuser als Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 41 ff.
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche
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Aufnahme in den jeweiligen Landeskrankenhausplan als Leistungserbringer in der GKV an der Versorgung teil.
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche Das sprachliche Bild der „Krankenhausbehandlung“ ist ohne nähere Konkretisierung recht unscharf und sagt – abgesehen von der Tatsache, dass eine medizinische Versorgung räumlich in bzw. an einem Krankenhaus gemeint sein dürfte – zunächst einmal wenig über die genaue Art einer Behandlung (stationär oder ambulant) aus. Auch der Blick ins Gesetz führt da nicht zur zwanglosen Klärung, sondern verstärkt eher noch die Ahnung, dass sich dahinter in der Versorgungspraxis äußerst vielschichtige Konstellationen verbergen können. Der Begriff der Krankenhausbehandlung gesetzlich Krankenversicherter zerfällt nach § 39 Abs. 1 S. 1 SGB V nämlich in mehrere hierunter zu fassende Leistungsbereiche. Genannt werden die vollstationäre, die teilstationäre, die vor- und nachstationäre Versorgung sowie das ambulante Operieren. Nachfolgend werden die verschiedenen in § 39 Abs. 1 SGB V aufgezählten Bereiche unter Herausarbeitung der Abgrenzungskriterien jeweils systematisch der stationären und der ambulanten Versorgung zugeordnet. Dabei wird auch auf einige der grundlegenden rechtlichen Aspekte der stationären Versorgung eingegangen, sofern diese für die Darstellung der Gesamtzusammenhänge bedeutsam sind.
I. Vollstationäre Behandlung 1. Systematische Zuordnung zum stationären Sektor Eine Legaldefinition der stationären Krankenhaushandlung gibt es nicht. Den offenkundigen „Prototyp“ stellt jedoch die vollstationäre Versorgung dar. Die vollstationäre Behandlung ist wiederum nach dem unmittelbaren Wortlaut des Gesetzes durch die Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus gekennzeichnet (vgl. § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V). Die Aufnahme erfolgt mit der physischen und organisatorischen Eingliederung des Versicherten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses. 6 Der Lebensmittelpunkt des Patienten verlagert sich also für die Dauer der Behandlung aus seiner gewohnten privaten Umgebung in das Krankenhaus. 7 6 Vgl. Begründung zum Entwurf des Gesundheits-Strukturgesetzes 1993 (GSG), BT-Drucks. 12/3608, S. 82; Noftz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 39, Rdnr. 46. 7 Vgl. Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 26, Rdnr. 28.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
Begrifflich klärungsbedürftig bleibt dabei, wann genau eine solche Verlagerung des Lebensmittelpunkts angenommen werden kann. Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat sich in seinem Urteil vom 04. 03. 2004 grundlegend mit der Abgrenzung vollstationärer, teilstationärer und ambulanter Leistungen im Krankenhaus auseinandergesetzt. 8 Im zu entscheidenden Fall waren einer damals 14 Jahre alten gesetzlich krankenversicherten Patientin in einer vom klagenden Krankenhausträger betriebenen Klinik für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie die Weisheitszähne operativ entfernt worden. Der komplikationslose Klinikaufenthalt dauerte von 7:00 bis 17:00 Uhr desselben Tages. Das Gericht weist in seiner Entscheidungsbegründung darauf hin, dass eine vollstationäre Behandlung nicht etwa schon deshalb unterstellt werden könne, weil die Versicherte sich im Krankenhaus zur operativen Versorgung aufgehalten habe. Hinzukommen müssten weitere Gesichtspunkte, die geeignet seien, eine solche Behandlung von einer ambulanten oder teilstationären Leistung abzugrenzen. Auch die Durchführung einer Vollnarkose, die postoperative Lagerung des Patienten in einem Ruhebett und selbst eine postoperative intensive Überwachung seien hierfür nicht ausreichend, da diese in der Praxis auch in Fällen rein ambulant durchführbarer und durchgeführter Operationen erfolgten. Schließlich erklärt das Gericht das Kriterium der „Aufnahme“ als ungeeignet zur Abgrenzung zwischen ambulanter und stationärer Behandlung im Krankenhaus. Eine Abgrenzungsschwierigkeiten weitestgehend vermeidende Definition vollstationärer, teilstationärer und ambulanter Krankenhausbehandlung müsse vom Merkmal der geplanten Aufenthaltsdauer ausgehen. Die bei der vollstationären Krankenhausbehandlung vorausgesetzte, zeitlich umfassende Integration in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses sei jedenfalls anerkanntermaßen dann gegeben, wenn der Patient einen Tag und eine Nacht im Krankenhaus verbleibe. Hierbei komme es allerdings nicht in erster Linie auf die tatsächliche Dauer des Aufenthalts, sondern auf die nach der ärztlichen Prognose geplante Aufenthaltsdauer an. Wenn der Patient beispielsweise gegen ärztlichen Rat das Krankenhaus früher verlasse, so sei dies unschädlich. Der 6. Senat des Bundessozialgerichts schloss sich in seinem Urteil vom 09. 09. 2004 9 der dargestellten Sichtweise des 3. Senats an. Der 3. Senat baute seine Rechtsprechung zunächst mit Urteil vom 17. 03. 2005 weiter aus. In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall wurde ein Patient auf eine stationär geplante Operation vorbereitet. Als sich im Rahmen der präoperativen Diagnostik herausstellte, dass der Patient unter Bluthochdruck litt, wurde der Patient noch am Aufnahmetag um 17:00 Uhr in die hausärztliche Behandlung entlassen. Die Operation wurde später nachgeholt. Das Bundessozialgericht entschied, dass eine vollstationäre Krankenhausbehandlung auch dann vorliege, wenn zwar eine tag- und nachtdurchgängige Behandlung geplant sei, von diesem Plan aber 8 9
BSGE 92, 223. BSG MedR 2005, 609.
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche
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aufgrund von Änderungen im tatsächlichen Geschehensablauf im Nachhinein abgewichen werde. 10 Mit Urteil vom 28. 02. 2007 verfolgte der 3. Senat diese Linie dann weiter, indem er entschied, dass allein schon die Einlieferung eines Patienten auf der Intensivstation eines Krankenhauses „zur Beobachtung“ eine vollstationäre Behandlungssituation entstehen lasse, ohne dass es hierbei auf die erst im Nachhinein feststehende tatsächliche Dauer des Aufenthalts ankomme. Intensivmedizinische Abteilungen seien in technischer und personeller Hinsicht von anderen Einheiten im Krankenhaus zu unterscheiden. Sie würden in Anspruch genommen beim Verdacht auf akut lebensbedrohliche Erkrankungen und böten ein Höchstmaß an Behandlungsintensität. Somit stelle der Aufenthalt auf einer Intensivstation die nachhaltigste Form der Integration in einen Krankenhausbetrieb dar und sei gewissermaßen als „Prototyp“ einer stationären Behandlung zu betrachten. 11 Der vom Bundessozialgericht vertretenen 12 Abgrenzungssystematik zwischen der vollstationären und der ambulanten Krankenhausbehandlung ist aus rechtlichen und nicht zuletzt aus praktischen Erwägungen 13 heraus zuzustimmen. In der Tat kann heute angesichts des medizinischen Fortschritts, der das ambulante Operieren bei immer weitergehenden Formen von Behandlungsleistungen zulässt, eine stationäre Krankenhausbehandlung nicht schon deshalb angenommen werden, da ein chirurgischer Eingriff, eine Vollnarkose oder ein postoperativer Aufenthalt in einem Aufwachraum erfolgt. Das Kriterium der grundsätzlich geplanten Aufenthaltsdauer von mindestens einem Tag und einer Nacht vermeidet Abgrenzungsschwierigkeiten und ist auch in der Praxis nachvollziehbar umzusetzen. Fraglich bleibt allenfalls, ob man – so wie es das Bundessozialgericht tut 14 – das in weiten Teilen der Literatur und in den einschlägigen Gesetzgebungsmaterialien erwähnte Kriterium der Aufnahme als „nicht handhabbar“ ansehen muss. Auch das Bundessozialgericht selbst stellt ja letztlich auf die physische und organisatorische Eingliederung des Versicherten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses (was ja gerade die „Aufnahme“ ausmacht) ab. Es ergänzt dieses Abgrenzungskriterium allein um den Aspekt der geplanten Aufenthaltsdauer. Insofern kann zur Abgrenzung der vollstationären Krankenhausbehandlung von den anderen Leistungsbereichen durchaus auch weiterhin auf die in § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erwähnte Aufnahme abgestellt werden. Der Begriff ist jedoch unter Zugrundelegung des dargestellten Ansatzes 10
BSG NZS 2006, 88. BSG NZS 2007, 657, 659. 12 Der aufgegriffene Ansatz war allerdings zuvor auch schon in der Literatur vertreten worden. Hinweise hierzu gibt Thier, Teilstationäre Krankenhausleistungen, das Krankenhaus 2006, 969, 970. 13 So u. a. auch Trefz, Abgrenzung vollstationärer, teilstationärer und ambulanter Behandlung im Krankenhaus, Pflege- & Krankenhausrecht 2004, 106, 108. 14 BSGE 92, 223, 228. 11
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
dahingehend auszulegen, dass eine „Aufnahme“ zur vollstationären Behandlung dann gegeben ist, wenn der Patient nach der ex-ante Betrachtung der beteiligten Krankenhausärzte mit dem geplanten zeitlichen Horizont einer tages- und nachtdurchgängigen Behandlung in das „Versorgungssystem Krankenhaus“ integriert wird. Eine vollstationäre Aufnahme liegt zudem regelmäßig dann vor, wenn ein Patient aufgrund im Raum stehender schwerwiegender gesundheitlicher Risiken auf eine Intensivstation gelegt wird. Hier liegt es in der Natur der Sache, dass bei der ungeplanten Aufnahme (oftmals über die Notfallaufnahme) zunächst gar keine belastbare Prognose zu Verlauf und Dauer des Aufenthalts möglich ist. Ziel ist es jedoch, den Patienten so lange wie eben nötig zu beobachten und / oder zu versorgen, um eine Lebensgefahr ausschließen bzw. eine Stabilisierung erreichen zu können. 2. Umfang der vollstationären Behandlung Nach § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V umfasst die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind. Dies betrifft insbesondere die ärztliche Behandlung, die Krankenpflege, die Versorgung mit Arznei-, Heilund Hilfsmitteln sowie Unterkunft und Verpflegung. Die akutstationäre Behandlung beinhaltet auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Der Anspruch des Versicherten erstreckt sich demnach auf alle nach der konkreten Sachlage notwendigen Maßnahmen. Gemeint sind nicht ausschließlich medizinische, sondern auch die hiermit in notwendigem Zusammenhang stehenden Leistungen. Durch die Formulierung des § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V („...insbesondere ärztliche Behandlung ..., Krankenpflege, Versorgung mit Arznei, Heil- und Hilfsmitteln ...“) wird klargestellt, dass die enthaltene Aufzählung nicht abschließend ist. Die unterschiedlichen Einzelleistungen werden in der Krankenhausbehandlung zu einer nicht mehr zu trennenden Gesamtleistung zusammengeführt und verlieren ihre rechtliche Eigenständigkeit. 15 Der Begriff der Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V ist identisch mit dem der so genannten „allgemeinen Krankenhausleistungen“ nach § 2 Abs. 2 S. 1 KHEntgG und BPflV. 16 Die alles Notwendige umfassenden Krankenhausleistungen sind vom Krankenhaus nach § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V im Rahmen des ihm zukommenden „Versorgungsauftrags“ sicherzustellen. Der Versorgungsauftrag ergibt sich spiegelbildlich als Verpflichtung aus der Zulassung des Krankenhauses zur Erbrin15 16
Noftz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 39, Rdnr. 111 f. Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 179; Tuschen / Quaas, BPflV, S. 175.
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche
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gung von Krankenhausleistungen gegenüber den gesetzlich Krankenversicherten (vgl. § 109 Abs. 4 S. 1 f. SGB V). Hinsichtlich der allgemeinen Krankenhausleistungen regeln § 2 Abs. 2 S. 1 KHEntgG und BPflV, dass deren Umfang sich nach der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Krankenhauses richtet. Dies bedeutet, dass das gesamte im Krankenhaus versammelte medizinische Können und Wissen, auch soweit es nur bei besonders spezialisierten Ärzten oder Chefärzten besteht, in die Behandlung des Patienten eingebracht werden muss, sofern es im Einzelfall angezeigt ist. 17 Notwendige Maßnahmen, welche zwar über die Möglichkeiten des Krankenhauses hinausgehen, die aber zur Erfüllung seines Versorgungsauftrags erforderlich sind, hat das Krankenhaus durch Dritte zu veranlassen, also von externen Anbietern „einzukaufen“. 18 3. Zugang zur vollstationären Behandlung Die gesetzlich Krankenversicherten haben nach dem Wortlaut des § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf vollstationäre Krankenhausbehandlung. In der Regel erfolgt die Aufnahme eines Patienten zur stationären Behandlung auf Einweisung durch einen Vertragsarzt (vgl. § 73 Abs. 4 SGB V). In Rechtsprechung und Lehre besteht die verbreitete Auffassung, es handele sich hierbei sogar um eine konstitutiv-formale Leistungsvoraussetzung. Erlässlich sei die Verordnung jedenfalls nur im Notfall. 19 Nach anderer Ansicht könne der Patient, auch ohne dass er zuvor zwingend einen niedergelassenen Vertragsarzt konsultiert haben müsse, einen Anspruch auf die Aufnahme im Krankenhaus haben. Es bestehe rechtlich durchaus die Möglichkeit zur „Selbsteinweisung“ durch den Patienten. Der Versicherte, der sich ohne oder trotz Ablehnung der Einweisung eines Vertragsarztes in stationäre Behandlung begebe, trage jedoch das Risiko, die Kosten der Behandlung selbst tragen zu müssen, wenn die Krankenhausbehandlung nicht notwendig oder nicht wirtschaftlich sei. 20 Der letztgenannten Ansicht ist zu folgen. Für den Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung hat der Gesetzgeber mit § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V ausdrücklich eine Regelung geschaffen, die den gesetzlich Krankenversicherten die kostengedeckte Inanspruchnahme von nicht innerhalb des vertragsärztlichen Systems stehenden Leistungserbringern nur für den Notfall gestattet. Eine ent17
BVerfGE 106, 225, 234; Tuschen / Trefz, S. 180. Noftz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 39, Rdnr. 113. 19 Vgl. BSGE 86, 166, 169; Schmidt, in: Peters, SGB V, § 39, Rdnr. 199, 296 und 299; Noftz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 39, Rdnr. 113. 20 Genzel, in: Laufs / Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 87, Rdnr. 8. 18
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
sprechende Norm hat er für die Inanspruchnahme von stationären Krankenhausleistungen ohne vertragsärztliche Einweisung nicht implementiert. Auch stellt § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V in seinem Wortlaut gerade nicht auf das Vorliegen einer Einweisung als Voraussetzung für die stationäre Krankenhausbehandlung ab. Allerdings ist in praktischer Hinsicht zu beachten, dass die jeweils auf der Landesebene geschlossenen so genannten „Sicherstellungsverträge“ nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 a) SGB V oftmals besondere Regelungen enthalten, nach denen eine Einweisung dann doch zur konstitutiven Voraussetzung der stationären Behandlung (abgesehen von Notfällen) gemacht wird. Wie bereits erwähnt wurde, geht der vollstationären Aufnahme in der Praxis jedenfalls regelmäßig die Einweisung durch einen Vertragsarzt voraus. Der Vertragsarzt darf nach § 73 Abs. 4 S. 1 SGB V die Krankenhausbehandlung nur verordnen, wenn eine ambulante Versorgung des Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreichend ist. Nach § 73 Abs. 4 S. 2 SGB V ist weiter die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung bei deren Verordnung durch den Vertragsarzt zu begründen. Auch bei einer Einweisung durch einen Vertragsarzt ist allerdings der prüfende Krankenhausarzt nicht an diese Entscheidung gebunden. Er kann sich auch nicht schlicht auf die Richtigkeit der Einweisung verlassen. Vielmehr kann und muss er selbst die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung gemäß § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V überprüfen. 21 Das gilt auch für die Frage, ob das Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrags rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, die erforderliche Krankenhausbehandlung zu erbringen. 22 Die Einweisung durch den Vertragsarzt hat nach § 73 Abs. 4 S. 3 SGB V in geeigneten Fällen bereits die nächsterreichbaren und für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Geeignete Fälle sind hierbei solche, in denen nach den örtlichen Verhältnissen und nach der Art der Erkrankung zwei oder mehr Krankenhäuser in Betracht kommen. 23 Analog der entsprechenden Regelung zur freien Arztwahl (vgl. § 76 Abs. 2 SGB V) regelt § 39 Abs. 2 SGB V, dass den Versicherten, die ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus aufsuchen, die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden können. Somit besteht grundsätzlich auch eine „freie Krankenhauswahl“ für den Patienten. Es steht jedoch im Ermessen der Krankenkasse, ihm ggf. entstehende Mehrkosten in Rechnung zu stellen. 24 In praktischer Hinsicht kann festgehalten werden, dass die ambulant tätigen Vertragsärzte durch ihre Einweisungspraxis maßgeblich die Patientenströme zu den einzelnen Kliniken steuern. 25 21 22 23 24
Siehe hierzu ausführlich 1. Teil A. V. (Das ultima-ratio-Prinzip des § 39 SGB V). Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 26, Rdnr. 15. Klückmann, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 73, Rdnr. 28. Zu Details siehe Noftz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 39, Rdnr. 114 ff.
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche
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4. Dreiecksbeziehung bei der vollstationären Behandlung Von grundlegender Bedeutung für die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten bei der vollstationären Krankenhausbehandlung in der GKV ist das Naturalleistungsprinzip (vgl. § 2 Abs. 2 S. 1 SGB V). Die Versicherten erhalten die Leistungen danach grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen. Der spezifische Anspruch des gesetzlich Krankenversicherten auf Bereitstellung der Krankenhausbehandlung in natura folgt dann aus §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 Nr. 5, 39 Abs. 1 S. 2 SGB V. Ergänzend werden nach der Konzeption des § 112 SGB V auf Landesebene zwischen den Verbänden und Vereinigungen der Kostenträger und der Krankenhäuser die schon erwähnten Verträge über die konkrete Ausgestaltung der mit der Krankenhausbehandlung zusammenhängenden Abläufe geschlossen. Neben Maßgaben zur Aufnahme und Entlassung der Patienten sind hier regelmäßig nähere Bestimmungen zur Kostenübernahme durch die Krankenkassen und zur Abrechnung der Entgelte enthalten (vgl. § 112 Abs. 2 SGB V). Bei der stationären Krankenhausbehandlung liegt eine rechtliche Dreiecksbeziehung zwischen dem gesetzlich Krankenversicherten, seiner Krankenkasse und dem zur Versorgung der gesetzlich Versicherten zugelassenen Krankenhaus vor: Zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und ihren Mitgliedern besteht erstens ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis kraft Gesetz. 26 Der Versicherte hat aufgrund des Naturalleistungsprinzips einen Anspruch gegenüber seiner Krankenkasse auf Gewährung der jeweiligen Leistungen. Die Krankenkassen haben jedoch in der Regel keine Möglichkeit, die Leistungen nach dem SGB V unmittelbar zu erbringen. So genannte Eigeneinrichtungen sind nur unter den engen Voraussetzungen des § 140 SGB V gestattet. 27 Sie bedienen sich stattdessen der zur Versorgung innerhalb der GKV zugelassenen Leistungserbringer. An zweiter Stelle steht das Rechtsverhältnis zwischen dem Krankenhaus und der Krankenkasse. Dieses ergibt sich aus dem tatsächlich bestehenden oder gesetzlich fingierten Versorgungsvertrag (vgl. § 109 Abs. 1 S. 1 f., Abs. 4 S. 1 f. 25 Entscheidend hierfür sind natürlich in aller Regel qualitative und sonstige sachliche Aspekte, denn die niedergelassene Ärzteschaft kennt die örtlichen Verhältnisse meist sehr genau und kann daher einschätzen, welcher Patient in welcher Klinik am besten aufgehoben ist. In Zeiten eines zunehmenden Wettbewerbs zwischen den verschiedenen Leistungserbringern können solche wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnisse aber auch problematisch sein. So ist es kein Geheimnis, dass in der Diskussion insbesondere um die Möglichkeiten zur ambulanten Versorgung durch Krankenhäuser nach § 116b Abs. 2 SGB V mancherorts ein verändertes Einweisungsverhalten in Aussicht gestellt worden sein soll, falls Krankenhäuser diesen Weg beschreiten sollten. 26 Vgl. Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 26, Rdnr. 1. 27 Fastabend / Schneider, Leistungsrecht der GKV, S. 27.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
SGB V). Das Krankenhaus wird nach § 109 Abs. 4 S. 1 f. SGB V berechtigt und gleichzeitig verpflichtet, gesetzlich versicherte Patienten zu behandeln. Im „dritten Schenkel“ des Dreiecks steht die Rechtsbeziehung zwischen dem gesetzlich versicherten Patienten und dem Krankenhaus. Bei der Aufnahme von Patienten in ein Krankenhaus wird regelmäßig ein schriftlicher Krankenhausaufnahme- oder Krankenhausbehandlungsvertrag mit diesem abgeschlossen. Dies gilt auch für gesetzlich Krankenversicherte. Selbst wenn die Krankenhausaufnahme nicht aufgrund einer „Selbsteinweisung“ durch den Patienten, sondern auf Basis einer entsprechenden Verordnung eines niedergelassenen Vertragsarztes erfolgt, so bleibt es doch immer die freie Entscheidung des Patienten, ob er die Krankenhausbehandlung wünscht oder nicht. Die Privatautonomie des Patienten wird insofern nicht dadurch eingeschränkt, dass er gesetzlich krankenversichert ist. 28 Der Krankenhausaufnahmevertrag dokumentiert die Absicht bzw. das Einverständnis des Patienten, in einem bestimmten Krankenhaus stationär behandelt zu werden. Er präzisiert weiterhin den Umfang der jeweils zu erbringenden Krankenhausleistungen. Dieser ist zwar für den sozialversicherten Patienten bereits teilweise durch das Leistungsrecht des SGB V beschrieben. Über diesen gesetzlichen Leistungsanspruch hinaus kann aber auch der gesetzlich Krankenversicherte mit dem Krankenhaus so genannte „Wahlleistungen“ nach § 17 KHEntgG 29 vereinbaren. Gesondert berechnungsfähige Wahlleistungen sind dann möglich, wenn diese über die allgemeinen Krankenhausleistungen nach § 2 Abs. 2 S. 1 KHEntgG und BPflV hinausgehen (vgl. § 17 Abs. 1 S. 1 KHEntgG). In der Praxis haben sich drei Typen von Krankenhausaufnahmeverträgen herausgebildet: Beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag schuldet das Krankenhaus die gesamte notwendige Krankenhausbehandlung in dem Maß, wie es durch die Regelungen des Pflegesatzrechts (§§ 2 Abs. 2 S. 1 KHEntgG und BPflV) als so genannte allgemeine Krankenhausleistungen beschrieben wird. 30 Wie oben dargestellt wurde, ist dieser Leistungsumfang deckungsgleich mit dem Umfang der Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V, deren Kosten für den gesetzlich krankenversicherten Patienten von seiner Krankenkasse getragen werden. Das Krankenhaus hat demnach beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag im Rahmen seines Versorgungsauftrags sämtliche Leistungen zu erbringen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung des Patienten notwendig sind. Dies umfasst neben der ärztlichen Behandlung insbesondere auch die Unterkunft, Verpflegung und Pflege des Patienten. Der Vertrag enthält demnach Elemente eines Dienst-, Werk-, Beherbergungs-, Miet28
Genzel, in: Laufs / Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 92, Rdnr. 5. Sofern für das Krankenhaus die BPflV zur Anwendung kommt, gelten gleichfalls die Regelungen des KHEntgG zu Wahlleistungen, vgl. § 22 Abs. 1 S. 2 BPflV. 30 Genzel, in: Laufs / Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 92, Rdnr. 3. 29
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche
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und Kaufvertrags. 31 Vertragspartner des Patienten wird in dieser Konstellation allein das Krankenhaus, welches die ärztlichen Leistungen durch angestellte oder beamtete Ärzte erbringen lässt. Im Gegenzug stehen Honorarforderungen im Außenverhältnis allein dem Krankenhaus zu. Haftungsrechtlich sind beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag die behandelnden Ärzte Erfüllungsgehilfen im Sinne von § 278 BGB. In deliktischer Hinsicht werden sie als Verrichtungsgehilfen (§ 831 Abs. 1 S. 1 BGB) oder Organe (§ 89 Abs. 1 i.V. m. § 31 BGB) des Krankenhauses tätig. 32 Beim so genannten gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag bestehen doppelte Vertragsbeziehungen. Auf der einen Seite schuldet das Krankenhaus dem Patienten (wie beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag) die Krankenhausversorgung. Allerdings sind hiervon die ärztlichen Leistungen ausgenommen. Auf der anderen Seite übernimmt z. B. ein leitender Krankenhausarzt im Verhältnis zum Patienten die Verpflichtung, die notwendigen ärztlichen Leistungen zu erbringen oder durch Dritte erbringen zu lassen. Das Grundmodell des aufgespaltenen Krankenhausaufnahmevertrags entspricht damit der Konstellation bei der belegärztlichen Behandlung. Nach § 18 Abs. 1 S. 1 KHEntgG 33 sind Belegärzte nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel vollstationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten (vgl. auch § 121 Abs. 2 SGB V). Als Leistungen des Belegarztes gelten nach § 18 Abs. 1 S. 2 KHEntgG seine persönlichen Leistungen und der ärztliche Bereitschaftsdienst für Belegpatienten. Weiterhin sind mit eingeschlossen die von ihm veranlassten Leistungen nachgeordneter Ärzte des Krankenhauses, die bei der Behandlung seiner Belegpatienten in demselben Fachgebiet tätig werden sowie die von ihm veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses. Nach § 121 Abs. 3 S. 1 SGB V werden die belegärztlichen Leistungen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet. Diese Besonderheit wird als sach- und systemgerecht gesehen, da die belegärztliche Behandlung regelmäßig die Fortsetzung der ambulanten vertragsärztlichen Behandlung darstelle. 34 Das Krankenhaus auf der anderen Seite darf bei Belegpatienten nicht dieselben Pflegesätze abrechnen, wie dies für alleinige Patienten des Krankenhauses der Fall ist. Nach § 18 Abs. 2 KHEntG 35 werden gesonderte Fallpauschalen, Sonderentgelte oder Belegpflegesätze vereinbart. Eine trennscharfe Aufteilung der 31
Vgl. BGHZ 2, 94; 63, 306, 309; 76, 249, 261; 97, 273, 277. Vgl. z. B. Clausen / Schröder-Printzen, Wahlleistungsvereinbarung / Privatliquidation bei stationärer Behandlung, S. 5. 33 Ggf. heranzuziehen i.V. m. § 22 Abs. 1 S. 1 BPflV. 34 Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 336. 35 Für nach der BPflV abrechnende Krankenhäuser gilt zusätzlich § 13 Abs. 2 S. 2 BPflV. 32
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
einzelnen Leistungsbereiche ist beim gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag nicht immer möglich. 36 Das Konstrukt birgt daher in der Praxis das Risiko von Abgrenzungsschwierigkeiten und unerwarteten haftungsrechtlichen Konsequenzen. Der totale Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag kombiniert die beiden oben geschilderten Modelle. Das Krankenhaus schuldet hierbei die umfassende Erbringung der Krankenhausbehandlung inklusive der ärztlichen Behandlung. Zusätzlich schließen jedoch der Patient und ein liquidationsberechtigter Arzt des Krankenhauses – in der Regel betrifft dies die Chefärzte der jeweiligen medizinischen Abteilungen – einen Vertrag über dessen persönliche ärztliche Leistungserbringung ab. Regelmäßig hat der Patient hierbei die Intention, sich über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinaus die besondere Qualifikation und Erfahrung des jeweiligen Wahlarztes „hinzuzukaufen.“ Aus dem Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag folgt daher eine doppelte Verpflichtung hinsichtlich einer einzigen Leistung. Sowohl der Krankenhausträger (abstrakt) als auch der liquidationsberechtigte Arzt (persönlich) schulden dem Patienten die jeweilige ärztliche Behandlung. Für den Patienten besteht neben der Inanspruchnahme der besonderen Qualifikation des Wahlarztes der rechtliche Vorteil, dass in dieser Konstellation der Krankenhausträger und der jeweilige Arzt gesamtschuldnerisch für etwaige Behandlungsfehler haften. 37 Mit den vorstehenden Ausführungen zur vollstationären Behandlung wurde das maßgebliche Kriterium zur Abgrenzung zwischen einer stationären und einer ambulanten Krankenhausbehandlung – die „Aufnahme“ in das Krankenhaus – beschrieben. Weiter wurden die grundlegenden rechtlichen Zusammenhänge der vollstationären Versorgung als „reinste Form“ der stationären Behandlung dargestellt. Im nunmehr folgenden Abschnitt wird auf den teilstationären Bereich als zweite in § 39 Abs. 1 S. 1 SGB V erwähnte Art der Krankenhausbehandlung eingegangen.
II. Teilstationäre Behandlung Die Ausführungen zu den rechtlichen Zusammenhängen bei der vollstationären Krankenhausbehandlung gelten für den Bereich der teilstationären Behandlung größtenteils entsprechend. Auch der teilstationären Behandlung geht regelmäßig die vertragsärztliche Einweisung nach § 73 Abs. 4 SGB V voraus. Die grundsätzlichen Rechtsbeziehungen im Dreiecksverhältnis zwischen der gesetzlichen Krankenkasse, dem Versicherten / Patienten und dem Krankenhaus entsprechen im Wesentlichen denen, die im Rahmen der Beschreibung der voll36 37
Genzel, in: Laufs / Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 92, Rdnr. 4. Wilk, Rechtsstellung des Belegarztes, S. 121.
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche
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stationären Versorgung dargestellt wurden. Allerdings sind bei der teilstationären Behandlung einige Besonderheiten zu beachten. Dies betrifft insbesondere den Aspekt der nicht unproblematischen Abgrenzung zu den übrigen Leistungsbereichen und dabei insbesondere zur ambulanten Versorgung, auf den nachfolgend eingegangen wird. 1. Systematische Zuordnung zum stationären Sektor Eine Legaldefinition der stationären Behandlung besteht – wie bereits dargestellt wurde – nicht. Auch eine gesetzliche Erläuterung des Begriffs der teilstationären Behandlung sucht man vergeblich. Schon begrifflich wird aber nahe gelegt, dass es sich bei der teilstationären Krankenhausbehandlung um eine systematisch dem stationären Sektor zuzuordnende Form der medizinischen Versorgung handelt. Auch die Begründung zum Entwurf des Gesundheitsstrukturgesetzes 1993 (GSG) 38 geht davon aus, dass es sich um eine „echte“ Form der stationären Krankenhausbehandlung handele. Anders als bei den ambulanten Behandlungsformen erfolge nämlich eine Aufnahme in das Krankenhaus. Bei der teilstationären Behandlung ist die physische und organisatorische Integration der Versicherten in das Versorgungssystem des Krankenhauses andererseits gerade nicht zeitlich und inhaltlich allumfassend. 39 Die Patienten befinden sich beispielsweise tagsüber oder nachts in so genannten Tages- oder Nachtkliniken im Krankenhaus. Als Anwendungsbereiche der teilstationären Behandlung sind insbesondere die Psychiatrie, die Onkologie, der Bereich der Hämatologie, die Behandlung von Suchterkrankungen und der Bereich der Geriatrie zu erwähnen. 40 Da sich der Patient bei der teilstationären Behandlung – anders als dies bei der vollstationären Versorgung zumindest geplant sein muss – nicht durchgängig im Krankenhaus aufhält, bedarf es zur Abgrenzung der teilstationären Behandlung von den ambulanten Behandlungsformen weiterer Überlegungen. 2. Abgrenzungsüberlegungen des Bundessozialgerichts Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat sich in seinem Urteil vom 04. 03. 2004 41 nicht nur mit der Abgrenzung der vollstationären Behandlung zur ambulanten Versorgung, sondern auch mit den Voraussetzungen einer teilstationären Leistungserbringung im Krankenhaus auseinandergesetzt. Danach werde für die 38
Vgl. Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 82. Noftz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 39, Rdnr. 49. 40 Vgl. Noftz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 39, Rdnr. 50; Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 26, Rdnr. 28; BSGE 92, 223, 229. 41 BSGE 92, 223. 39
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
teilstationäre Behandlung insbesondere mit Blick auf die praktischen Anwendungsbereiche erkennbar, dass sie zwar keine „Rund-um-die-Uhr-Versorgung“ der Patienten darstelle. Jedoch erschöpfe sich die Behandlung bei einer Gesamtbetrachtung doch nicht allein in dem jeweiligen zeitlich beschränkten Aufenthalt. Aufgrund der im Vordergrund stehenden Krankheitsbilder werde vielmehr deutlich, dass die Behandlung regelmäßig auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet sei. Weiterhin werde die medizinisch-organisatorische Infrastruktur eines Krankenhauses benötigt, ohne dass gleichzeitig die ununterbrochene Präsenz des Patienten im Krankenhaus erforderlich sei. Das Urteil geht weiter auf solche Fälle ein, bei denen die Behandlung im Krankenhaus in der Regel nicht täglich, wohl aber in mehr oder weniger kurzen Intervallen erfolge. Dies sei z. B. bei Dialysepatienten der Fall, die zwar nicht jeden Tag, aber mehrmals in der Woche für einige Stunden im Krankenhaus versorgt würden. Eine derartige Form der Behandlung stelle einen Grenzfall zwischen teilstationärer und ambulanter Behandlung dar. In der Praxis würde diese nicht selten als teilstationär eingestuft. Nach der zuvor entwickelten Definition sei sie aber wohl dem Bereich der ambulanten Behandlung zuzurechnen. Speziell für die Dialyse sah sich das Bundessozialgericht hierbei auch durch die seinerzeitige Neufassung des § 2 Abs. 2 S. 3 BPflV zum 01. 01. 2004 42 bestätigt, welcher besagt, dass die Dialyse nicht zu den Krankenhausleistungen zählt. 43 3. Anmerkungen zum Ansatz des Bundessozialgerichts Die allgemeinen Ausführungen des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 04. 03. 2004 gehen weit über eine Urteilsbegründung in dem zur Entscheidung anstehenden Fall hinaus. Es kann davon ausgegangen werden, dass sie noch kein abschließendes Meinungsbild des Gerichts zum Begriff der teilstationären Behandlung widerspiegeln. 44 Das Gericht hat dies in den Entscheidungsgründen selbst relativ deutlich zum Ausdruck gebracht. Insbesondere die angedeutete Tendenz des Bundessozialgerichts, die Behandlung von Dialysepatienten sei wohl nicht als teilstationäre, sondern als ambulante Leistung einzustufen, wurde in der Literatur kritisiert. Speziell der Hinweis auf die zum 01. 01. 2004 mit dem „GKV-Modernisierungsgesetz“ (GMG 2003) in Kraft getretene neue Fassung des § 2 Abs. 2 S. 3 SGB V sei nicht geeignet, die vom Gericht angedeutete Sichtweise zu stützen. Das Gericht habe den Hintergrund der Neufassung bei seinen Überlegungen nicht richtig erfasst. 45 Dem ist 42
Per Gesetz vom 23. 04. 2002, BGBl. I, S. 1412. BSGE 92, 223, 230. 44 Quaas / Dietz, Vollstationäre, teilstationäre oder ambulante Behandlung durch das Krankenhaus ?, f&w 2004, 513, 516. 43
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche
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zuzustimmen. Gemäß § 1 Abs. 1 BPflV in der ab dem 01. 01. 2004 gültigen Fassung werden nach der BPflV nur noch jene teil- und vollstationären Leistungen der Krankenhäuser oder Krankenhausabteilungen vergütet, die nach § 17b Abs. 1 S. 1 2. HS KHG nicht in das DRG-System einbezogen sind. Ihre Regelungen sind also nur noch für die psychiatrischen Krankenhäuser und die psychiatrischen Abteilungen von Allgemeinkrankenhäusern sowie für die Krankenhauseinrichtungen für Psychosomatik oder psychotherapeutische Medizin anzuwenden. Im Umkehrschluss kann man aus der Neufassung des § 2 Abs. 2 S. 3 BPflV auch keinerlei Rückschlüsse für Allgemeinkrankenhäuser bzw. deren nicht-psychiatrische Abteilungen ziehen, die von der BPflV gar nicht erfasst werden. Auch der Blick in die amtliche Begründung zum Entwurf des Fallpauschalengesetzes (FPG) bestätigt diese Sichtweise. Danach soll bei psychiatrischen Krankenhäusern die Dialyse nicht zu den Krankenhausleistungen gehören. Auch psychiatrische Abteilungen an Allgemeinkrankenhäusern hätten keine Dialyseeinrichtungen. Werde von diesen Abteilungen die Dialyseeinrichtung des Allgemeinkrankenhauses genutzt, so gehöre dieser Teil der Behandlung nicht zu den Krankenhausleistungen der Psychiatrie. Er sei vielmehr als Krankenhausleistung des Allgemeinkrankenhauses gesondert in Rechnung zu stellen. 46 Im Übrigen wurde die Regelung des § 2 Abs. 2 S. 3 BPflV a. F. sogar unmittelbar in § 2 Abs. 2 S. 3 KHEntG übernommen und ist insofern für die nicht von der BPflV erfassten Krankenhäuser unverändert anzuwenden. 47 Aus der Regelung ergibt sich im Wege des Umkehrschlusses eindeutig, dass eine Dialyse Teil der allgemeinen Krankenhausleistungen sein kann. Auch generell ist den Ausführungen des Bundessozialgerichts zur teilstationären Behandlung nicht in Gänze beizutreten. Zwar ist es richtig, dass die Fälle einer intervallartigen, nicht täglich erfolgenden Behandlung im Krankenhaus eine besondere Konstellation darstellen. Hier ist die Abgrenzung gerade zur ambulanten Behandlung in der Tat schwieriger, da es kein klar erkennbares temporäres Element gibt, welches die einzelnen Aufenthalte im Krankenhaus auch für den medizinischen Laien als eine zusammenhängende teilstationäre Versorgung erkennbar machen würde. Weder mit dem Wortlaut des Gesetzes noch mit der Gesetzessystematik wäre es jedoch zu begründen, wenn man solche intervallartigen Behandlungen generell aus der teilstationären Versorgung ausklammern wollte. 48
45 Quaas / Dietz, Vollstationäre, teilstationäre oder ambulante Behandlung durch das Krankenhaus ?, f&w 2004, 513, 516 f.; Trefz, Abgrenzung vollstationärer, teilstationärer und ambulanter Behandlung im Krankenhaus, Pflege- & Krankenhausrecht 2004, 106, 109; Thier, Teilstationäre Krankenhausleistungen, das Krankenhaus 2006, 969, 971. 46 BT-Drucks. 14/6893, S. 36. 47 Quaas / Dietz, Vollstationäre, teilstationäre oder ambulante Behandlung durch das Krankenhaus ?, f&w 2004, 513, 517.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
Das insbesondere aus § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V abzuleitende gestufte System von der ambulanten hin zur teilstationären und schließlich zur vollstationären medizinischen Versorgung als ultima-ratio stützt zunächst eine der Ausgangsüberlegungen des Gerichts: Die teilstationäre Behandlung kann regelmäßig nur dann indiziert sein, wenn die medizinisch-organisatorische Infrastruktur eines Krankenhauses benötigt wird, ohne dass gleichzeitig die ununterbrochene Präsenz des Patienten im Krankenhaus erforderlich wäre. Es mag des Weiteren sein, dass es zutrifft, dass eine Vielzahl der teilstationären Fälle auf eine längerfristige Behandlungsdauer ausgerichtet ist. Dies im Umkehrschluss zu einer konstitutiven Voraussetzung der teilstationären Behandlung erheben zu wollen, wäre jedoch (ebenso wie der Ausschluss intervallartiger Krankenhausaufenthalte) nicht durch den Wortlaut des Gesetzes oder den sonst wie erkennbaren Willen des Gesetzgebers gedeckt. So wie es das Gericht auch selbst zunächst formuliert hat, kann es sich dabei allenfalls um Anhaltspunkte bzw. Hilfskriterien handeln, welche die Abgrenzung zur ambulanten Behandlung im Einzelfall erleichtern können. Der Referentenentwurf zum 2. Fallpauschalenänderungsgesetz 49 sah folgende Beschreibung der teilstationären Krankenhausbehandlung vor: „Teilstationär ist eine Behandlung, die insbesondere auf Grund ihrer Komplexität oder bestehender Risiken in einem Krankenhaus erbracht werden muss, ohne eine vollstationäre Aufnahme zu erfordern; sie wird im Rahmen eines stationären Behandlungskonzepts in der Regel an mehreren aufeinander folgenden Tagen oder Nächten sowie für eine bestimmte Behandlungsperiode mit tageweisen Unterbrechungen (Intervallbehandlung) in einem direkten Bezug zu einer Fachabteilung des Krankenhauses durchgeführt.“ Eine entsprechende Legaldefinition wurde dann jedoch nicht in § 39 SGB V eingebracht. Der Ausgangspunkt der im damaligen Referentenentwurf vorgeschlagenen Regelung ist systematisch gut nachvollziehbar. Kennzeichnend für das „Versorgungssystem Krankenhaus“ sind die organisatorische Bündelung breit gefächerter technischer Möglichkeiten und ausdifferenzierter fachlicher Kompetenz sowie die Option eines jederzeitigen Übergangs in die vollstationäre Versorgung im Akutfall. Diese Vorteile kommen insbesondere in komplexen Behandlungsfällen, die eine enge Zusammenarbeit und zeitnahe Kommunikation verschiedener Fachdisziplinen erfordern, zum Tragen. Weiterhin kann die erhöhte Hintergrundsicherheit des Krankenhauses 50 in den Fällen notwendig sein, in denen besondere medizinische Risiken bestehen, welche die „latente Gefahr“ einer medizinischen Krisensituation implizieren. 48 Trefz, Abgrenzung vollstationärer, teilstationärer und ambulanter Behandlung im Krankenhaus, Pflege- & Krankenhausrecht 2004, 106, 108 f.; ders., Anm. z. BGH, Urt. v. 04. 03. 2003, SGb 2005, 46, 47. 49 Zu finden z. B. unter http://www.dkgev.de/pdf/419.pdf, S. 13 (Stand: 10. 05. 2010). 50 Ebenda, S. 29. Siehe hierzu auch Thier, Teilstationäre Krankenhausleistungen, das Krankenhaus 2006, 969, 973.
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche
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4. Vorteil einer Legaldefinition Die im Referentenentwurf zum 2. Fallpauschalenänderungsgesetz vorgesehene Legaldefinition der teilstationären Krankenhausbehandlung wurde insbesondere deshalb nicht umgesetzt, da von Seiten der gesetzlichen Krankenkassen Bedenken geäußert wurden, man würde hiermit de facto die Krankenhäuser weitgehend zur Erbringung tatsächlich ambulanter Leistungen gegenüber gesetzlich Krankenversicherten zulassen. Bei dieser Kritik spielten für die Krankenkassen allerdings vermutlich weder rechtliche noch qualitäts- oder versorgungsorientierte Argumente die wesentliche Rolle. Vielmehr stand sicherlich die in der ambulanten ärztlichen Versorgung der gesetzlich Versicherten dominierende Vergütungssystematik im Vordergrund. 51 Wie später 52 noch näher darzustellen sein wird, entrichten nach § 85 Abs. 1 SGB V die Krankenkassen nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche (ambulante) Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen. Seitens der Krankenkassen bestand die Sorge, bei einer Ausweitung teilstationärer Leistungen der Krankenhäuser für solche Behandlungsmaßnahmen gesondert aufkommen zu müssen, die bis dahin bereits mit der Gesamtvergütung finanziell abgegolten gewesen wären. 53 Aus der juristischen Perspektive sollte das offenkundig bestehende Abgrenzungsproblem aber nicht ignoriert werden. Es wäre begrüßenswert gewesen, wenn der Gesetzgeber den Ansatz des Referentenentwurfs zum 2. Fallpauschalenänderungsgesetz aufgegriffen hätte. Die ständige Fortentwicklung der medizinischen Technologie und Wissenschaft wirkt sich nicht zuletzt dahingehend aus, dass immer schonendere Behandlungsverfahren (im chirurgischen Bereich z. B. im Rahmen „minimal-invasiver“ Operationsmethoden) zur Verfügung stehen. Ein Ergebnis dieser Entwicklung ist, dass die durchschnittliche stationäre Verweildauer immer kürzer wird und auch eine zunehmende Anzahl von Patienten tagesklinisch behandelt werden kann. 54 Es wäre im Hinblick auf diese Entwicklung kontraproduktiv anzunehmen, dass es grundsätzlich nur eine einerseits ambulante oder andererseits „bettengebundene“ stationäre Versorgung geben könne. Sicher ist es nicht von der Hand zu weisen, dass manche Leistung, die sich nach den obigen Ausführungen als teilstationäre Krankenhausleis51
973.
52
So auch Thier, Teilstationäre Krankenhausleistungen, das Krankenhaus 2006, 969,
Vgl. 2. Teil A. I. Degener-Hencke, Rechtliche Möglichkeiten der ambulanten Leistungserbringung durch Krankenhäuser, VSSR 2006, 93, 96. 54 Neubauer, Teilstationäre DRGs: Spalten-, Zeilen- oder Abschlagslösung ?, das Krankenhaus 2005, 410. 53
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
tung darstellen könnte, als solche auch in breit aufgestellten (Fach-)Arztzentren bzw. Medizinischen Versorgungszentren zu erbringen wäre. 55 Auch in diesen Fällen verbleibt jedoch immer noch die Besonderheit der jederzeit möglichen vollstationären (ggf. auch intensivmedizinischen) Versorgung, die im Krankenhaus gewährleistet ist. Die teilstationäre Krankenhausbehandlung stellt ein sinnvolles Bindeglied zwischen der ambulanten und der vollstationären Versorgung dar. Der Gesetzgeber sollte durch eine gesetzliche Klarstellung diese Form der Leistungserbringung absichern und somit im Ergebnis fördern. Der im Referentenentwurf zum 2. Fallpauschalenänderungsgesetz enthaltene Definitionsansatz enthält bereits alle für die teilstationäre Krankenhausbehandlung wesentlichen Aspekte. Eine solche Definition würde einerseits die unbedingt notwendige Klarheit und Rechtssicherheit schaffen. Andererseits würde durch ihre inhaltlich relativ flexible Gestaltung der Tatsache Rechnung getragen, dass sich durch den medizinischen Fortschritt und die Entwicklung der Versorgungsstrukturen im ambulanten Bereich durchaus auch relativ kurzfristig Veränderungen ergeben können, die eine ambulante Versorgung möglich machen, wo zuvor noch die (teil-)stationäre Behandlung das Mittel der Wahl war.
III. Vor- und nachstationäre Behandlung Durch das Gesundheitsstrukturgesetz 1993 (GSG) hat der Gesetzgeber mit § 115a SGB V eine gesetzliche Grundlage zur Erbringung so genannter vorund nachstationärer Leistungen im Krankenhaus geschaffen. Diese Form der Behandlung wurde zeitgleich auch in § 39 Abs. 1 S. 1 SGB V ausdrücklich aufgenommen, um dem neuen Leistungsspektrum der Krankenhäuser Rechnung zu tragen. 56 Die vor- und nachstationäre Behandlung wird rechtsdogmatisch teilweise als „Krankenhausbehandlung eigener Art“ gesehen, da sie weder eindeutig dem stationären noch dem ambulanten Bereich zuzuordnen sei. 57 Teilweise wird sie sogar als stationäre Leistung gesehen. 58 In der Tat ist ihre Besonderheit, dass die Behandlung untrennbar mit einer zuvor oder im Anschluss stattfindenden vollstationären Behandlung zusammenhängt. Gleichwohl ist die vor- und nachstationäre Behandlung systematisch dem ambulanten Bereich zugehörig. 59 Sie erfordert gerade keine „Aufnahme“, also keine Eingliederung des Patienten in das 55 Neubauer, Teilstationäre DRGs: Spalten-, Zeilen- oder Abschlagslösung ?, das Krankenhaus 2005, 410. 56 Vgl. Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 81. 57 Steege in: Hauck / Noftz, SGB V, § 115a, Rdnr. 7. 58 Hencke, in: Peters, SGB V, § 115a, Rdnr. 2. 59 Ebenso Schmidt, in: Peters, SGB V, § 39, Rdnr. 142; Noftz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 39, Rdnr. 43.
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche
39
„Versorgungssystem Krankenhaus“. Diese ist aber das wesentliche Abgrenzungskriterium zwischen dem ambulantem und dem stationären Bereich. Inhaltlich wird auf die vor- in nachstationäre Behandlung als ambulante Versorgungsform weiter unten 60 eingegangen.
IV. Ambulantes Operieren Die Rechtsgrundlage für das ambulante Operieren im Krankenhaus, § 115b SGB V, wurde ebenfalls mit dem GSG eingeführt. Auch diesbezüglich wurde ein Verweis in § 39 Abs. 1 S. 1 SGB V aufgenommen. Das ambulante Operieren stellt seitdem einen weiteren speziellen Zugangsweg für Krankenhäuser zur ambulanten Versorgung gesetzlich Krankenversicherter dar. Ebenso wie die vorund nachstationäre Behandlung wird das ambulante Operieren weiter unten 61 detailliert untersucht.
V. Das ultima-ratio-Prinzip des § 39 SGB V § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V besagt, dass die gesetzlich Versicherten dann einen Anspruch auf vollstationäre Krankenhausbehandlung haben, wenn die (vollstationäre) Aufnahme nach Überprüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht teilstationär, vor- und nachstationär oder ambulant bzw. durch häusliche Krankenpflege erreicht werden kann. Der Gesetzgeber hat also eine Hierarchie von der ambulanten Versorgung als primär heranzuziehendem Leistungsbereich bis hin zur vollstationären Versorgung als „ultima ratio“ 62 des Systems der medizinischen Versorgung geschaffen. Nur wenn das Behandlungsziel nach der Prüfung des Krankenhauses nicht teilstationär, vor- und nachstationär oder ambulant bzw. durch häusliche Krankenpflege erreicht werden kann, ist die Aufnahme zur vollstationären Behandlung zulässig. Die Regelung basiert auf den allgemeinen Grundsätzen der §§ 2 Abs. 1 und Abs. 4, 12 Abs. 1 S. 1, 70 Abs. 1 S. 2 SGB V. 63 Danach haben Leistungen nach dem SGB V grundsätzlich quantitativ und qualitativ ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.
60 61 62 63
Vgl. 2. Teil B. I. Vgl. 2. Teil B. II. Noftz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 39, Rdnr. 43. Vgl. Noftz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 39, Rdnr. 68.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
Prüfung durch das Krankenhaus: Nach der Formulierung des § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V überprüft das Krankenhaus, ob die vollstationäre Aufnahme und Behandlung eines Patienten erforderlich ist. Dem Krankenhaus – oder genauer gesagt dem Krankenhausarzt – kommt somit eine Schlüsselstellung bei der Konkretisierung des Leistungsanspruchs des Versicherten zu. Mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten entsteht grundsätzlich auch zugleich die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses und der Leistungsanspruch des Versicherten korrespondieren also miteinander. 64 Voraussetzung für den Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus ist, dass der vorliegenden behandlungsbedürftigen Erkrankung mit den spezifischen Mitteln des Krankenhauses begegnet werden muss, um diese zu heilen oder zu bessern, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. 65 Für die Überprüfung der Erforderlichkeit einer stationären Aufnahme durch den Krankenhausarzt galten in der Vergangenheit in rechtspraktischer Hinsicht die vom 3. Senat des Bundessozialgerichts entwickelten Prinzipien. Das Gericht ging davon aus, dass dem Krankenhausarzt, der für seine Handlungen schließlich die strafrechtliche und zivilrechtliche Verantwortung trage, bei seiner Entscheidung ein gewisser Einschätzungsspielraum zuzubilligen sei. Seine Entscheidung müsse sich aus medizinischer Sicht jedoch als „vertretbar“ darstellen. Sie sei dann nicht vertretbar, wenn sie im Widerspruch zu allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrungen stehe oder medizinische Standards verletze. In diesem Zusammenhang komme es auf die ex-ante Perspektive des behandelnden Arztes an. 66 Zudem legte der 3. Senat (bedeutsam insbesondere im Hinblick auf langfristige psychiatrisch bedingte Krankenhausaufenthalte) Wert darauf, dass bei der Prüfung der grundsätzlichen Notwendigkeit eines Krankenhausaufenthalts und dessen erforderlicher Dauer eine am konkreten Sachverhalt orientierte Betrachtungsweise maßgeblich sei. Es reiche nicht aus, von theoretisch vorstellbaren, besonders günstigen Sachverhaltskonstellationen auszugehen, welche einen (weiteren) Krankenhausaufenthalt entbehrlich erscheinen ließen. Es sei vielmehr zu hinterfragen, welche ambulanten Behandlungsalternativen im Einzelfall konkret zur Verfügung stünden. Nur so könne die kontinuierliche medizinische Versorgung eines Versicherten gewährleistet werden. Wenn ein Patient auf Grund seines körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitszustands einstweilen 64
BSGE 86, 166, 168; 92, 300, 302. BSGE 47, 83 f.; 92, 300, 305. 66 Vgl. insbesondere BSGE 92, 300, 308; BSG GesR 2005, 558. Einen umfassenden Überblick zur Entwicklung und zu den praktischen Konsequenzen der seinerzeit aktuellen Rechtsprechung des BSG gibt: Pilz, Die „Schlüsselstellung“ des Krankenhausarztes, NZS 2003, 350. 65
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche
41
oder auf Dauer nicht mehr in die eigene Wohnung zurückkehren könne, so komme eine Entlassung aus dem Krankenhaus erst in Betracht, wenn geklärt sei, wo der weiterhin behandlungsbedürftige Patient nach der Entlassung wohnen werde und ob dort die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt sei. Solange nur die theoretische Möglichkeit einer alternativen Behandlung im Raum stehe, könne der Patient nicht aus dem Krankenhaus entlassen werden. Die stationäre Behandlung sei dann weiterhin erforderlich im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V. 67 Der 1. Senat des Bundessozialgerichts kritisierte diese Rechtsprechung des 3. Senats mit Beschluss vom 04. 04. 2006 u. a. dahingehend, dass dem Krankenhausarzt zwar eine faktische Schlüsselstellung bei der Leistungskonkretisierung zukomme, gleichwohl müsse aber die Notwendigkeit der stationären Behandlung anhand von objektiven, auch im Nachhinein zu ermittelnden Kriterien überprüfbar sein. Andernfalls würde dem Krankenhausarzt eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Entscheidungsbefugnis, die letztlich zu Lasten der Versichertengemeinschaft der gesetzlich Versicherten ginge, eingeräumt. 68 Nachdem der 3. Senat anschließend nach einer gemeinsamen Erörterung mit dem 1. Senat per Beschluss vom 03. 08. 2006 angekündigt hatte, an seiner Rechtsprechung festhalten zu wollen, 69 hat sich mit Beschluss vom 25. 09. 2007 der Große Senat des Bundessozialgerichts einer Klärung des zwischen beiden Spruchkörpern bestehenden Dissenses angenommen. Der Große Senat hat entschieden, dass die Frage, ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren sei, anhand der „medizinischen Erfordernisse“ zu beantworten ist. Reiche nach den Krankheitsbefunden eine ambulante Therapie aus, so habe die Krankenkasse die Kosten eines Krankenhausaufenthalts auch dann nicht zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen eine spezielle Unterbringung oder Betreuung benötige und wegen des Fehlens einer geeigneten Einrichtung vorübergehend im Krankenhaus verbleiben müsse. Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig sei, habe das Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen. Es habe dabei von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissensund Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. Eine Einschätzungsprärogative komme dem Krankenhausarzt nicht zu. 70 In seinem Urteil vom 10. 04. 2008 hat sich dann wiederum der 3. Senat des Bundessozialgerichts sehr umfassend mit der Umsetzung dieser vom Großen Senat dargelegten Grundsätze auseinandergesetzt. Insbesondere beschäftigt sich die Begründung mit der Frage, wie der vom Großen Senat verwandte unbestimmte 67 68 69 70
BSGE 92, 300, 307. BSG GesR 2006, 472. BSG Sozialrecht aktuell 2006, 215. BSG NJW 2008, 1980, 184.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
Rechtsbegriff „aus medizinischen Gründen“ konkret auszufüllen sei. Entscheidend hätten dabei immer die medizinischen Erfordernisse im Einzelfall zu sein. Ein „objektiver Patient“ und dessen abstrakte Krankheitsgeschichte könne nicht zum Maßstab erhoben werden. Die Auslegung müsse deshalb stets eine Bewertung aller Umstände des Einzelfalls einschließen. Der Große Senat gehe offenbar davon aus, dass sich der in Rede stehende unbestimmte Rechtsbegriff regelmäßig unschwer durch Auslegung so konkretisieren ließe, dass sein Inhalt eindeutig feststehe. Dies möge in einfach gelagerten Fällen auch so sein. Problematisch bleibe die Auslegung jedoch in Fällen mit komplexen medizinischen Sachverhalten wie beispielsweise bei langwierigen psychiatrischen Erkrankungen und bei schwierigen Prognoseentscheidungen, die ein Abwägen der Erfolgsaussichten mit den Risiken nötig machten. Hier könne die medizinische Komponente durchaus durch soziale, familiäre oder humanitäre Aspekte mitgeprägt werden. 71 Grundsätzlich könne man drei Fallgruppen unterscheiden: Zunächst einmal könne zweifelhaft sein, ob die Behandlung einer Krankheit überhaupt besonders intensiver medizinischer Betreuung bedürfe und deshalb stationär durchzuführen sei oder ob sie ohne Inanspruchnahme der besonderen Mittel eines Krankenhauses – also insbesondere ambulant – erfolgen könne (Fallgruppe 1). Dies sei immer an Hand der Umstände des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Allerdings ließe sich die Frage, ob eine ambulante oder eine stationäre Behandlung angezeigt sei, nicht immer eindeutig beantworten. Für die ärztliche Entscheidung, Behandlungsverfahren ambulant oder stationär durchzuführen, seien nämlich vor allem Risikoabwägungen ausschlaggebend. Dabei komme es beispielsweise auf den Gesundheitszustand des Versicherten an. Andere Faktoren könnten jedoch auch eine Rolle spielen. Eine medizinische Versorgung, die als solche nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse in der Regel ambulant vorgenommen werde, könne gleichwohl auf Grund besonderer Gegebenheiten des Einzelfalles eine stationäre Krankenhausbehandlung erfordern. Zudem müsse eine nach den Regeln der ärztlichen Kunst geeignete ambulante Variante auch tatsächlich zur Verfügung stehen und für den Versicherten in zumutbarer Weise erreichbar sein. 72 In anderen Fällen könne problematisch sein, in welchem zeitlichen Rahmen eine stationäre Behandlung erfolgen müsse und ab wann eine ambulante Weiterbehandlung ausreichend sei (Fallgruppe 2). Grundsätzlich gelte hier, dass eine ambulante Weiterbehandlung nach der Art der Erkrankung und den Verhältnissen des Einzelfalles möglich und zumutbar und das Behandlungsrisiko konkret beherrschbar sein müsse. Durch die Entlassung des Versicherten in die ambulante Weiterbehandlung dürfe kein gesundheitlicher Nachteil drohen. Nach den Vorgaben des Großen Senats vom 25. 09. 2007 73 seien dabei nur medizinische 71 72
BSG NZS 2009, 273, 276. BSG NZS 2009, 273, 277 f.
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche
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Erwägungen maßgeblich. Sofern nach den Krankheitsbefunden eine ambulante Therapie ausreiche, habe die Krankenkasse die Kosten eines Krankenhausaufenthalts nicht zu tragen, wenn der Versicherte zunächst aus anderen, nicht mit der Behandlung zusammenhängenden Gründen im Krankenhaus verbleibe. Allerdings weist der 3. Senat auch daraufhin, dass der Zweck der Krankenbehandlung die „Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit oder Besserung des Gesundheitszustands“ sei (vgl. § 1 S. 1, 27 Abs. 1 S. 1 SGB V). Grundsätzlich richte sich der Leistungsanspruch des Versicherten auf die Wiederherstellung des Zustandes vor Eintritt der Krankheit, möglichst im Sinne einer völligen Gesundung. Der Anspruch auf Krankenhausbehandlung ziele daher in aller Regel auf die Wiederherstellung der Gesundheit zur Alltagstauglichkeit und nicht etwa zur anschließenden Heim- oder Pflegeunterbringung. Dies gelte insbesondere auch für psychisch Kranke, deren besonderen Bedürfnissen bei der Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 S. 3 SGB V Rechnung zu tragen sei. 74 In der Vergangenheit sei oftmals umstritten gewesen, ob eine weitere Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit auch dann anzunehmen sei, wenn zwar noch eine behandlungsbedürftige Krankheit vorliege, diese jedoch nicht mehr zwingend in einem Krankenhaus behandelt werden müsse, gleichwohl aber eine Unterbringung des Versicherten aus anderen Gründen – namentlich aufgrund von Pflegebedürftigkeit, Verwahrlosung, Selbst- oder Fremdgefährdung – notwendig sei (Fallgruppe 3). Ein Anspruch auf Fortführung der Krankenhausbehandlung bestehe nicht, wenn zur Behandlung der vorliegenden Krankheit nicht die besonderen Mittel eines Krankenhauses notwendig seien, selbst wenn infolgedessen eine anderweitige Unterbringung erforderlich werde. Weder die (krankheitsbedingte) Notwendigkeit zur Hilfe bei den Verrichtungen des täglichen Lebens noch das Ziel, eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern, würden einen Anspruch nach § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V begründen. In solchen Fällen stünde nicht mehr eine akute medizinische Behandlung in Rede, sondern die Stabilisierung eines schon erreichten Zustandes oder die Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte. 75 Eine „Einschätzungsprärogative“ komme dem Krankenhausarzt bei seiner Prüfung auf die Notwendigkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung nach der Rechtsprechung des Großen Senats vom 25. 09. 2007 76 zwar nicht zu. Auch der Große Senat erkenne aber ausdrücklich an, dass bei einer nachträglichen Fehlbelegungsprüfung in rechtlicher Hinsicht die Besonderheit bestehe, dass die Berechtigung der Krankenhausbehandlung nicht rückschauend aus der spä73 74 75 76
BSG BSG BSG BSG
NJW 2008, 1980. NZS 2009, 273, 278 f. NZS 2009, 273, 279. NJW 2008, 1980, 1984.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
teren Sicht des Gutachters zu beurteilen sei. Stattdessen sei zu fragen, ob sich die stationäre Aufnahme oder Weiterbehandlung bei Zugrundelegung der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Kenntnisse und Informationen zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt habe. 77 Eine weitergehende Auseinandersetzung mit der Entwicklung der jüngeren Rechtsprechung zu § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V ist an dieser Stelle nicht erforderlich. Zum Systemverständnis und zur Abgrenzung der Leistungssektoren voneinander kommt es lediglich auf die Darstellung der wesentlichen Grundsätze der stationären Versorgung in der GKV an. Zudem ist die geschilderte Rechtsprechung zumindest nicht in allen Punkten so revolutionär, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. So war auch nach der ursprünglichen Rechtsprechung des 3. Senats, die begrifflich von einer „Einschätzungsprärogative“ des Krankenhausarztes ausging, durchaus schon immer eine Überprüfung anhand objektiver Kriterien im Nachhinein möglich. Die Entscheidung des Krankenhausarztes musste sich ja auch bei Anwendung dieser Systematik bzw. Terminologie als fachlich vertretbar – also ärztlich „kunstgerecht“ – darstellen und so im Zweifel auch vor einem gerichtlich bestellten Fachgutachter Bestand haben. Insgesamt bleibt jedenfalls abzuwarten, wie die zukünftige Rechtsprechung die vom Großen Senat des Bundessozialgerichts entwickelten Prinzipien auf die jeweils zur Entscheidung anstehenden Einzelfälle umsetzen wird. Es wäre mit der Realität des ärztlichen Berufs schlichtweg unvereinbar, jeglichen ärztlichen Bewertungsund Entscheidungsspielraum negieren zu wollen. Bei ärztlichen Entscheidungen handelt es sich naturgemäß regelmäßig um von einer Vielzahl von Faktoren geprägte Abwägungsprozesse. Dabei muss der Arzt – bei den im Krankenhaus vermehrt auftretenden schwerwiegenden und komplexen Erkrankungsgeschehen nicht selten auch noch unter einem hohen zeitlichen Handlungsdruck und bei bisweilen unklarer Datenbasis – eine Prognose über die weitere Entwicklung anstellen. Auf der Grundlage dieser Prognose wird dann über die einzuleitenden medizinischen Maßnahmen entschieden. Hierbei gibt es oftmals gerade nicht nur eine einzige objektiv richtige Entscheidung. Das Bundessozialgericht wird sich mit diesem Themenkomplex mit Sicherheit auch weiterhin intensiv beschäftigen müssen. Die Entscheidung des Großen Senats vom 25. 09. 2007 wirft jedenfalls mindestens ebenso viele Fragen auf, wie sie zunächst einmal vermeintlich beantwortet hat. Besondere Mittel des Krankenhauses: Der Anspruch auf Krankenhausbehandlung setzt voraus, dass die Krankheit einerseits behandlungsbedürftig ist und dass ihr andererseits mit den spezifischen Mitteln des Krankenhauses begegnet werden muss, um sie zu heilen oder 77
BSG NZS 2009, 273, 280.
A. Abgrenzung ambulanter und stationärer Leistungsbereiche
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zu bessern, eine Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. 78 Wenn also eine medizinische Behandlung ebenso gut auch außerhalb eines Krankenhauses durchzuführen ist, so scheidet ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung aus. Eine grundsätzlich denkbare Alternative kann neben der ambulanten Behandlung in einer Arztpraxis z. B. auch die ärztliche Behandlung in der Wohnung des Versicherten in Kombination mit häuslicher Krankenpflege nach § 37 SGB V sein. Wie bereits oben dargestellt wurde, ist ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung zudem dann ausgeschlossen, wenn kein Erfordernis einer „akut-medizinischen“ Behandlung einer Krankheit besteht, sondern die medizinische Rehabilitation (dann ggf. in einer Rehabilitationsklinik) oder die dauerhafte Pflege (dann ggf. in einem Pflegeheim) ausreichend wären. 79 Die medizinisch notwendige Behandlung darf also ausschließlich mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses möglich sein. Die vollstationäre Krankenhausbehandlung stellt regelmäßig ein komplexes Leistungsgeschehen aus ärztlichen, pflegerischen, medikamentösen und apparativen Mitteln dar. Von besonderer Bedeutung sind dabei nicht allein die Einzelfaktoren, sondern das gleichzeitige Zusammenwirken all dieser im Krankenhaus vorhandenen Ressourcen. 80 Es ist daher auch bei der Frage nach der Notwendigkeit der stationären Behandlung eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen sowie den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt. Im Falle einer psychiatrischen Erkrankung kann beispielsweise die Nutzung krankenhausspezifischer Technik vollständig in den Hintergrund treten und dafür der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründen. 81
VI. Ergebnis Im vorausgehenden Abschnitt wurde die Abgrenzung der in § 39 Abs. 1 SGB V genannten stationären von den ambulanten Arten der Krankenhausbehandlung vorgenommen. Das maßgebliche Kriterium für eine stationäre Behandlung sowohl im Rahmen der vollstationären als auch im Rahmen der teilstationären Versorgung ist die „Aufnahme“ des Patienten in das Krankenhaus. Die Aufnahme ist grundsätzlich durch die physische und organisatorische Eingliederung des Versicherten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses 78 79 80 81
BSGE 47, 83, 85. BSGE 92, 300, 305. Vgl. Noftz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 39, Rdnr. 72 ff. BSGE 92, 300, 305.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
gekennzeichnet. Schwierigkeiten kann insbesondere die Abgrenzung teilstationärer Leistungen von der ambulanten Versorgung bereiten. Um hier größere Rechtssicherheit zu gewährleisten und teilstationäre gegenüber vollstationären Versorgungsmodellen zu fördern, wäre eine Legaldefinition wünschenswert. Neben der definitorischen Abgrenzung zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor wurden auch ausgewählte rechtliche Zusammenhänge der stationären Krankenhausversorgung dargestellt. Die aufsteigende Systematik gemäß § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V von der ambulanten Behandlung als „mildestes Mittel“ zur vollstationären Krankenhausversorgung als „ultima ratio“ und die jüngere Entwicklung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Notwendigkeit der vollstationären Behandlung wurden angesprochen. Der nachfolgende zweite Abschnitt des 1. Teils der Arbeit baut auf dem ersten Abschnitt auf. Er beschäftigt sich mit der zurückliegenden Reformierung des Vergütungssystems der stationären Krankenhausleistungen, um hieraus wesentliche Aspekte für die sich ändernde Rolle der Krankenhäuser in der transsektoralen Versorgung herzuleiten und zu erläutern.
B. Stationäre Pflegesätze im Wandel – Auswirkungen auf das Versorgungssystem In den zurückliegenden Jahren wurde aufgrund der Vorgaben des Gesetzgebers eine grundlegende Umstrukturierung des Systems der Abrechnung stationärer Krankenhausleistungen vorgenommen. In Teilbereichen dauert dieser Veränderungsprozess weiter an. Wesentliches Merkmal ist dabei, dass die Höhe der Abrechnung nunmehr vornehmlich durch die im konkreten Einzelfall festgestellten Diagnosen und die durchgeführten Maßnahmen bestimmt wird. Da die Basis des deutschen Abrechnungssystems einem australischen diagnosebezogenem Abrechnungsmodell entliehen wurde, spricht man von „Diagnosis Related Groups“ (DRG). Die Erwartung ging dabei dahin, dass es durch die Auswirkungen des DRGSystems zu maßgeblichen Veränderungen der Krankenhausstrukturen und der gesamten medizinischen Versorgungslandschaft kommen werde. So wurde in diesem Zusammenhang insbesondere vorausgesagt, dass eine Verkürzung der vollstationären Behandlungsphasen und ein Abbau der Krankenhausbettenzahlen zugunsten einer Ausweitung der ambulanten Behandlungskontakte und teilstationärer Leistungen erfolgen werde. 82 Um die Hintergründe dieser Erwartungshal82
Vgl. beispielsweise Bruckenberger und Schwintowski, in: Bruckenberger / Klaue / Schwintowski, Krankenhausmärkte zwischen Regulierung und Wettbewerb, S. 84 und 149 ff.
B. Stationäre Pflegesätze im Wandel
47
tung aus der juristischen Perspektive darstellen zu können, wird im Folgenden das Recht der Krankenhausfinanzierung und dabei insbesondere die zurückliegende Entwicklung des Pflegesatzrechts aufgearbeitet. Anschließend wird näher auf die wesentlichen Zielsetzungen der Reformen und ihre Auswirkungen auf die Versorgungspraxis eingegangen.
I. Prinzip der dualen Krankenhausfinanzierung nach dem KHG Die Grundlagen des Krankenhausfinanzierungsrechts gibt das „Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze“ (Krankenhausfinanzierungsgesetz / KHG) vor. Dessen Zweckbestimmung ist in § 1 Abs. 1 KHG enthalten. Danach ist das mit dem KHG verfolgte Ziel des Gesetzgebers die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Mit Schaffung des Gesetzes wurde das Prinzip der „dualen Krankenhausfinanzierung“ eingeführt. Dem Grundsatz der dualen Krankenhausfinanzierung liegt die Überlegung zu Grunde, dass die Vorhaltung der Krankenhäuser als öffentliche Aufgabe zu sehen und daher aus Steuermitteln zu finanzieren sei. 83 Die so genannten Investitionskosten werden in der Folge grundsätzlich von der öffentlichen Hand getragen. Die laufenden Betriebs- und Behandlungskosten werden dagegen über behandlungsfallbezogene Pflegesätze finanziert, die die Patienten oder deren Krankenkassen zu entrichten haben. 84 Niedergelegt ist dieser Grundsatz in § 4 KHG. Nach § 4 Nr. 1 KHG werden Krankenhäuser dadurch wirtschaftlich gesichert, dass ihre Investitionskosten im Wege der öffentlichen Förderung übernommen werden. Nach § 4 Nr. 2 KHG sollen sie daneben (insbesondere zur Deckung der Betriebskosten) 85 leistungsgerechte Erlöse aus den Pflegesätzen sowie Vergütungen für die vor- und nachstationäre Behandlung und für ambulantes Operieren erhalten. Das KHG findet grundsätzlich Anwendung auf alle Krankenhäuser, es sei denn, sie sind nach § 3 von dessen Anwendung ausgeschlossen. Bei bestimmten Krankenhäusern ist das KHG zwar anzuwenden, eine Förderung nach § 4 Nr. 1 KHG zur Finanzierung der Investitionskosten ist jedoch ausgeschlossen (vgl. § 5 Abs. 1 KHG).
83
Simon, Michael, Das Gesundheitssystem in Deutschland, S. 280. Vgl. Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 6, 18 ff. 85 In bestimmten Fallkonstellationen können nach Maßgabe des KHG allerdings auch Investitionskosten pflegesatzfähig sein (vgl. beispielsweise § 17 Abs. 4 Nr. 1 2. Alt. KHG). 84
48
1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
Im zweiten Abschnitt (§§ 8 ff.) des KHG werden die Grundsätze der Investitionsförderung näher geregelt. Insbesondere wird definiert, welche Kosten als Investitionskosten im Sinne des KHG gelten. Voraussetzung für die Förderung eines Krankenhauses ist die Aufnahme in den Krankenhausplan des jeweiligen Bundeslandes (vgl. § 8 Abs. 1 S. 1 1. Alt. KHG). Auch neu zu errichtende Krankenhäuser können eine initiale Förderung erhalten, wenn sie in das Investitionsprogramm aufgenommen werden (vgl. § 8 Abs. 1 S. 1 2. Alt. i.V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 KHG). Nach § 6 Abs. 1 KHG ist es Aufgabe der Länder, zur Verwirklichung der in § 1 KHG genannten Ziele Krankenhauspläne und Investitionsprogramme aufzustellen. Seit längerer Zeit bestehen aber teilweise erhebliche Defizite bei der Refinanzierung der tatsächlichen Investitionskosten durch die Länder. 86 Auch vor diesem Hintergrund wurde zuletzt in den Jahren 2007/2008 der schon länger hörbare Ruf nach einem monistischen System der Krankenhausfinanzierung 87 immer lauter. Zwar konnte sich dieser Ansatz – wohl insbesondere aufgrund einer kritischen Tendenz der Länder 88 – bislang nicht durchsetzen. Der Gesetzgeber hat aber mit Wirkung zum 25. 03. 2009 mit § 10 KHG 89 den Beteiligten auf der Landes- und Bundesebene den Auftrag erteilt, mittelfristig die Umsetzung eines Systems leistungsorientierter Investitionspauschalen anzustreben. Der dritte Abschnitt (§§ 16 ff.) des KHG enthält allgemeine Rahmenvorschriften über die insbesondere zur Betriebskostendeckung zu entrichtenden Krankenhauspflegesätze im Sinne des § 4 Nr. 2 KHG. Das bis zur Einführung der DRG gültige System der Abrechnung von Krankenhausleistungen wurde weitergehend durch die BPflV geregelt. Für bestimmte Einrichtungen kommt auch weiterhin die BPflV zur Anwendung. Zwar enthielt die BPflV bereits Regelungen, die eine Abrechnung einzelner Krankenhausleitungen über Pauschalen (so genannte Fallpauschalen und Sonderentgelte) ermöglichte. Nach ihrer Grundstruktur war sie aber ausgerichtet auf die Abrechnung nach Tagessätzen. Im System der DRG tritt dagegen die Anzahl der stationären Behandlungstage in den Hintergrund. Es sind hauptsächlich die festgestellten Diagnosen und durchgeführten medizinischen Prozeduren, die sich in den zu berechnenden Fallpauschalen niederschlagen. Die angedeuteten Details sowie die historische Entwicklung der 86
Siehe hierzu z. B. Bruckenberger, Investitionsoffensive für Krankenhäuser, http:// www.bruckenberger.de/pdf/ifk.pdf, S. 18 f. (Stand: 10. 05. 2010); Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 25, Rdnr. 10. 87 Die Folge wäre die komplette Finanzierung zugelassener Krankenhäuser (also der laufenden Betriebs- und Behandlungskosten sowie der Investitionskosten) durch die gesetzlichen Krankenkassen und die „sonstigen Nutzer“ bzw. Behandlungskostenträger. 88 Unmittelbar mit der dualistischen Krankenhausfinanzierung ist ja auch die Krankenausplanung durch die Länder verknüpft. Dieses Instrument zur Steuerung der Lage der Krankenhausversorgung und ihrer Sicherstellung insbesondere auch in ländlichen Gebieten werden die Länder voraussichtlich auch zukünftig nicht aufgeben wollen. 89 BGBl. I 2009, S. 534.
B. Stationäre Pflegesätze im Wandel
49
Pflegesatzsystematik bzw. des Pflegesatzrechts in den zurückliegenden Jahren werden im nachfolgenden Abschnitt näher untersucht.
II. Vom Tagessatz zur DRG 1. Grundstrukturen der BPflV Ab dem Jahr 1974 richteten sich die Pflegesätze der Krankenhäuser nach der BPflV. Rechtsgrundlage der BPflV war (und ist) § 16 KHG. Sie wurde mehrfach durch neue eigenständige Versionen abgelöst oder abgeändert. Bis zum Jahr 2002 war sie grundsätzlich für alle Krankenhäuser maßgebend. 90 Vom Jahr 2004 an ist sie nur noch für die psychiatrischen Krankenhäuser und die psychiatrischen Abteilungen von Allgemeinkrankenhäusern sowie für die Krankenhauseinrichtungen für psychosomatische Medizin oder Psychotherapie anzuwenden (vgl. § 17b Abs. 1 S. 1 2. HS KHG). 91 Für die Zukunft hat der Gesetzgeber mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) vom 17. 03. 2009 auch für diesen Bereich die Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems vorgesehen. 92 Die Grundlage sollen aber weiterhin tagesbezogene Entgelte bilden (vgl. § 17d Abs 1 S. 1 KHG). § 10 BPflV in der aktuell gültigen Fassung 93 lautet wie folgt: „§ 10 Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen (1) Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden vergütet durch 1. einen Gesamtbetrag nach § 12 (Budget) sowie tagesgleiche Pflegesätze nach § 13, durch die das Budget den Patienten oder ihren Kostenträgern anteilig berechnet wird, 2. einen Zuschlag nach § 17a Abs. 6 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes für die Finanzierung der Ausbildungskosten nach § 17a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes für den Behandlungsfall. (2) Mit den Pflegesätzen werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet. (3) Bei Patienten, die im Rahmen einer klinischen Studie behandelt werden, sind die Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen nach den Absätzen 1 und 2 zu berechnen; dies gilt auch für klinische Studien mit Arzneimitteln.“
90 Es sei denn, die Anwendbarkeit der BPflV war nach § 1 Abs. 2 BPflV ausdrücklich ausgeschlossen. 91 Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 25, Rdnr. 258. 92 BGBl. I, S. 535 f. 93 Zuletzt geändert mit Gesetz vom 17. 03. 2009 mit Wirkung zum 25. 03. 2009, vgl. BGBl. I, S. 547.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
Ein wesentliches Merkmal des Vergütungssystems nach der BPflV ist die Abrechnung so genannter „tagesgleicher Pflegesätze“ für die voll- und teilstationäre Behandlung der Patienten im Krankenhaus (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BPflV). Wie sich aus § 10 Abs. 1 Nr. 1 BPflV ergibt, stehen die im jeweiligen Einzelfall abzurechnenden Pflegesätze jedoch auch in Beziehung zu einem vom Krankenhaus abzurechnenden Gesamtbetrag, dem so genannten Budget. Letzteres war nicht immer so: Abgeleitet aus § 4 S. 2 i.V. m. § 17 Abs. 1 KHG in der bis zum 31. 12. 1992 gültigen Fassung galt ursprünglich das so genannte Selbstkostendeckungsprinzip. Die öffentlichen Fördermittel und die Erlöse aus den Pflegesätzen hatten zusammen die vorauskalkulierten Selbstkosten eines sparsam wirtschaftenden und leistungsfähigen Krankenhauses zu decken. Die Verbindung aus einem tagesbezogenen Abrechnungssystem und der Möglichkeit, Steigerungen des monetären Aufwands jedenfalls grundsätzlich an die Kostenträger weitergeben zu können, setzte – aus gesundheitsökonomischer Sicht – ungünstige Anreize für die Krankenhäuser. Eine aus finanziellen Gesichtspunkten gewünschte möglichst kurze Verweildauer der Patienten wurde nicht gefördert. Mit dem Ziel der Kostendämpfung begann der Gesetzgeber daher schon mit der zum 01. 01. 1986 in Kraft getretenen Fassung der BPflV 94 und später mit den Modifikationen der BPflV mit Wirkung zum 01. 01. 1993 95 das Selbstkostendeckungsprinzip zunehmend durch das Prinzip der Budgetierung und der medizinischen Leistungsgerechtigkeit der Pflegesätze / des Budgets abzulösen. Vertragsparteien der über die Pflegesätze zu treffenden Vereinbarungen sind nach § 18 Abs. 2 KHG in erster Linie der Krankenhausträger und die Sozialleistungsträger oder deren Arbeitsgemeinschaften, die im Jahr vor den Pflegesatzverhandlungen in einem maßgeblichen Umfang für die Nutzung des Krankenhauses „verantwortlich“ waren. Auch die Landeskrankenhausgesellschaften, die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und der Landesausschuss des Verbands der privaten Krankenversicherung können sich am Verfahren beteiligen. Teilweise ist ihre Zustimmung zum Verhandlungsergebnis erforderlich (vgl. § 18 Abs. 1 S. 2 f. KHG). Nach § 13 Abs. 1 S. 1 BPflV sind Abteilungspflegesätze, ein Basispflegesatz und teilstationäre Pflegesätze zu vereinbaren. Gemäß § 12 Abs. 1 BPflV vereinbaren die Vertragsparteien für den Pflegesatzzeitraum das Budget auf der Grundlage der voraussichtlichen Leistungsstruktur und -entwicklung des Krankenhauses. Sie sind dabei nach den Maßgaben des § 6 BPflV dem Grundsatz der Beitragsstabilität verpflichtet (vgl. hierzu auch § 71 SGB V). Budgetsteigerungen sind daher im Ergebnis nur in relativ engen Grenzen möglich. 96 Mit diesem finanziellen Rahmen muss das Krankenhaus grundsätzlich auskommen. 94
BGBl. I 1985, S. 1666. Siehe hierzu Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 74 ff. BGBl. I 1992, S. 2266, 2311 ff. Ausführlicher zu dieser Entwicklung Szabados, Krankenhäuser als Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 122 ff. 95
B. Stationäre Pflegesätze im Wandel
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In § 12 Abs. 2 BPflV wird vorgegeben, wie mit einer späteren Abweichung der Summe der auf den Pflegesatzzeitraum entfallenden Erlöse des Krankenhauses aus den Pflegesätzen vom Budget umzugehen ist (so genannte Mehr- oder Mindererlöse). 97 Die vom Krankenhaus gegenüber den Kostenträgern in Ansatz zu bringenden Pflegsätze stellen sich, so wie § 10 Abs. 1 Nr. 1 BPflV es ja auch auf den Punkt bringt, im Kern „lediglich“ als Abschläge auf einen prospektiv 98 festgelegten Gesamtbetrag dar. Dieser Gesamtbetrag wird über die Pflegesätze jeweils anteilig in Rechnung gestellt. 99 Neben der Kombination aus tagesgleichen Pflegesätzen und dem Budget enthielt auch die BPflV schon seit geraumer Zeit Regelungen über pauschalierte Entgelte für Krankenhausleistungen. Anregungen und Vorbilder lieferten ausländische diagnosebezogene Abrechnungssysteme, beispielsweise aus den USA. 100 Bereits § 6 BPflV in der zum 01. 01. 1986 in Kraft getretenen Fassung 101 sah für einen bestimmten Katalog medizinischer Leistungen die Möglichkeit zur Verhandlung so genannter Sonderentgelte vor. Dieser Katalog umfasste insbesondere aufwendige chirurgische Eingriffe wie beispielsweise Herzoperationen und Transplantationen. Aber auch andere Sonderfälle, wie z. B. die Behandlung von „Bluter-Patienten“ mit Blutgerinnungsfaktoren, wurden erfasst. Die Sonderentgelte waren neben den tagesbezogenen Pflegesätzen und außerhalb des Budgets abzurechnen. Als Verhandlungsbasis wurden die vorauskalkulierten Selbstkosten des Krankenhauses herangezogen. Die Zielsetzung für die Einführung der Sonderentgelte war es vornehmlich, solche besonders kostenintensiven Leistungen aus der üblichen Vergütungssystematik herauszulösen, die über einheitliche Tagessätze und Budgets nicht sachgerecht abzubilden sind. 102 So ist beispielsweise die erwähnte Versorgung mit Gerinnungsfaktoren bei Hämophilie-Patienten sehr kostenintensiv und immer individuell vorzunehmen. Daher kann es zu teilweise extremen Kostenschwankungen zwischen einzelnen Behandlungsfällen kommen. 96 Siehe hierzu Ausführungen bei Szabados, Krankenhäuser als Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 126 ff. 97 Es handelt sich also um keine absolut starre Budgetregelung. Man spricht daher auch vom flexiblen Budget. Im Minder- und Mehrerlösbereich werden anteilige Beträge für Mindereinnahmen aufgrund ausgebliebener Leistungen oder ungeplante Mehrleistungen gezahlt, um Vorhaltekosten oder tatsächlich entstandene Behandlungskosten zu einem gewissen Anteil abzudecken. Die Höhe der Beträge ist aber andererseits so gering bemessen, dass der durch die Budgetierung angestrebte Steuerungseffekt erhalten bleibt. 98 Es gilt zwar der „Grundsatz der Prospektivität“ – in der Praxis werden allerdings die Pflegsatzverhandlungen regelmäßig bis weit in den jeweiligen Pflegesatzzeitraum hinein geführt. 99 Tuschen / Quaas, BPflV, S. 265. 100 Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 79. 101 Gesetz vom 21. 08. 1985, BGBl. I, S. 1666. 102 Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 80.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
Das Vergütungssystem für Krankenhausleistungen wurde in den folgenden Jahren generell und auch im Hinblick auf pauschalierende Elemente mehrfach angepasst. Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz vom 21. 12. 1992 103 wurde ein neuer § 17 Abs. 2a KHG (heute a. F.) eingefügt. Danach waren durch Rechtsverordnung Fallpauschalen und pauschalierte Sonderentgelte mit Vorgabe bundeseinheitlicher Bewertungsrelationen zu bestimmen. Diese sollten bis spätestens zum 01. 01. 1996 der Abrechnung von Krankenhausleistungen zugrunde zu legen sein. Mit der jeweiligen Pauschale sollten die gesamten Leistungen des Krankenhauses für einen bestimmten Behandlungsfall vergütet werden. Nur für solche Leistungen des Krankenhauses, die nicht durch Fallpauschalen oder Sonderentgelte vergütet würden, sollten weiterhin (tagesbezogene) Abteilungspflegesätze als Entgelt für ärztliche und pflegerische Leistungen und ein für das Krankenhaus einheitlicher Basispflegesatz als Entgelt für nicht durch ärztliche oder pflegerische Tätigkeit veranlasste Leistungen in Ansatz zu bringen sein. Für jede Fachabteilung waren somit eigene Abteilungspflegesätze festzulegen. Im Ergebnis traten Leistungen und Kosten teurer oder weniger teurer Abteilungen transparenter zu Tage. Die Pflegesätze wurden leistungsbezogener. 104 Der Blick auf die vom Gesetzgeber mit § 17 Abs. 2a KHG a. F. zum Ausdruck gebrachte „Hierarchie“ der Vergütungsarten macht klar, dass die gesundheitspolitische Zielrichtung schon damals war, das Vergütungssystem zumindest ganz überwiegend auf pauschalierte Entgelte umzustellen. Die pauschalierten Entgelte sollten darüber hinaus systematisch aus dem Krankenhausbudget ausgegliedert werden, um so einen eigenständigen, nicht budgetierten Entgeltbereich zu bilden. Fallpauschalen und Sonderentgelte sollten sich als „freies Preissystem“ ohne Budgetgrenzen und Mehr- oder Mindererlösausgleiche zunächst neben dem System der tagesgleichen Pflegesätze etablieren und dieses schließlich ersetzen. 105 Zur rechnerischen Herauslösung der über Fallpauschalen und Sonderentgelte zu vergütenden Leistungen des Krankenhauses aus dem Budget stellte § 12 Abs. 2 BPflV in der ab dem 01. 01. 1995 gültigen Fassung 106 zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Einerseits konnte eine Minderung des Budgets um einen sich aus den vorauskalkulierten Erträgen für Fallpauschalen und Sonderentgelte ergebenden Betrag erfolgen (so genannter Erlösabzug). Anderseits konnte das Krankenhaus aber auch eine Ausgliederung der tatsächlichen Kosten aus dem Budgetbereich verlangen (so genannte Kostenausgliederung). Nach § 12 Abs. 3 BPflV in der ab dem 01. 01. 1995 gültigen Fassung 107 war eigentlich für das Jahr 1998 und danach eine endgültige Kostenausgliederung 103 104 105 106 107
BGBl. I, S. 2266. Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 25, Rdnr. 220. Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 82 ff. BGBl. I 1994, S. 2754 f. BGBl. I 1994, S. 2755.
B. Stationäre Pflegesätze im Wandel
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aus dem Budget vorgesehen, sofern im jeweiligen Krankenhaus nicht ohnehin bereits die Abrechnung sämtlicher Leistungen nach pauschalierten Entgelten erfolge. Diese Frist wurde jedoch auf Wunsch sowohl der Deutschen Krankenhausgesellschaft als auch der Spitzenverbände der Krankenkassen mehrfach verschoben. Aus Sicht der Krankenkassen sollte weiterhin ein Instrument zur Begrenzung von Leistungsausweitungen beibehalten werden. Auf Krankenhausseite war schon die Möglichkeit zur freiwilligen Kostenausgliederung nach § 12 Abs. 2 BPflV a. F. aufgrund der hiermit zusammenhängenden Schwierigkeiten im Detail relativ wenig genutzt worden. 108 Im Ergebnis konnten sich die Fallpauschalen und Sonderentgelte der BPflV jedenfalls nie als echtes selbstständiges und „freies“ Vergütungssystem etablieren, sondern sie blieben de facto Abschlagszahlungen auf das prospektiv zu vereinbarende Budget. Auch im Hinblick auf die einzelnen abzurechnenden Krankenhausleistungen haben sich die pauschalierten Entgelte nach der BPflV nicht als überwiegend maßgebliches System durchgesetzt. Durch die Änderung der BPflV vom 26. 09. 1994 109 und die Modifikationen der ersten bis dritten Änderungsverordnung zur BPflV, jeweils vom 18. 12. 1995, 110 wurden mit Wirkung zum 01. 01. 1996 immerhin 73 Fallpauschalen und 147 Sonderentgelte vorgegeben. Auch damit wurden aber durchschnittlich nur ca. 25 bis 30 % der Erlösvolumina der Krankenhäuser abgebildet. Die spätere Übertragung der Verantwortung zur Fortentwicklung auf die Selbstverswaltungspartner der Bundesebene führte nicht zu einer wesentlichen Veränderung dieser Sachlage. 111 2. Grundstrukturen des DRG-Systems und des KHEntgG Mit Art. 4 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. 12. 1999 112 forcierte der Gesetzgeber dann die Einführung eines durchgängig pauschalierenden Entgeltsystems durch die Schaffung von § 17b KHG. Dieser lautete in seiner ursprünglichen Fassung: „§ 17b Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems (1) Für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ist für alle Krankenhäuser, für die die Bundespflegesatzverordnung gilt, ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen; dies gilt nicht für die Leistungen der in § 1 Abs. 2 der Psychiatrie-Personalverordnung genannten Einrichtun108 Siehe auch hierzu Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 84. Nur ca. 100 Krankenhäuser haben danach eine solche Kostenausgliederung durchgeführt. 109 BGBl. I 1994, S. 2750. 110 BGBl. I 1995, S. 1988, 2003 und 2006. 111 Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 84 ff. 112 BGBl. I, S. 2626.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV gen, soweit in der Verordnung nach § 16 Satz 1 Nr. 1 nichts Abweichendes bestimmt wird. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Comorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet. Soweit allgemeine Krankenhausleistungen nicht in die Entgelte nach Satz 1 einbezogen werden können, weil der Finanzierungstatbestand nicht in allen Krankenhäusern vorliegt, sind bundeseinheitlich Regelungen für Zu- oder Abschläge zu vereinbaren, insbesondere für die Notfallversorgung und eine zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung notwendige Vorhaltung von Leistungen, die auf Grund des geringen Versorgungsbedarfs mit den Entgelten nach Satz 1 nicht kostendeckend finanzierbar ist, sowie für die nach Maßgabe dieses Gesetzes und der Verordnung nach § 16 Satz 1 Nr. 1 zu finanzierenden Ausbildungsstätten und Ausbildungsvergütungen; für die Aufnahme von Begleitpersonen nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr 3 der Bundespflegesatzverordnung ist ein Zuschlag zu vereinbaren. Die Fallgruppen und ihre Bewertungsrelationen sind bundeseinheitlich festzulegen; die Punktwerte können nach Regionen differenziert festgelegt werden. Die Bewertungsrelationen sind als Relativgewichte auf eine Bezugsleistung zu definieren. (2) Die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert, einschließlich der Punktwerte sowie seine Weiterentwicklung und Anpassung an die medizinische Entwicklung und an Kostenentwicklungen. Sie orientieren sich dabei unter Wahrung der Qualität der Leistungserbringung an wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen und Verfahrensweisen. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, soweit medizinische Fragen der Entgelte und der zu Grunde liegenden Leistungsabgrenzung betroffen sind; dies gilt entsprechend für einen Vertreter der Berufsorganisationen der Krankenpflegeberufe. Für die gemeinsamen Beschlüsse der Vertreter der Krankenversicherungen gilt § 213 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch entsprechend mit der Maßgabe, dass das Beschlussgremium um einen Vertreter des Verbandes der privaten Krankenversicherung erweitert wird und die Beschlüsse der Mehrheit von mindestens sieben Stimmen bedürfen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann an den Sitzungen der Vertragsparteien teilnehmen und erhält deren fachliche Unterlagen. (3) Die Vertragsparteien nach Absatz 2 Satz 1 vereinbaren bis zum 30. Juni 2000 die Grundstrukturen des Vergütungssystems und des Verfahrens zur Ermittlung der Bewertungsrelationen auf Bundesebene (Bewertungsverfahren), insbesondere der zu Grunde zu legenden Fallgruppen, sowie die Grundzüge ihres Verfahrens zur laufenden Pflege des Systems auf Bundesebene. Die Vertragsparteien vereinbaren bis zum 31. Dezember 2001 Bewertungsrelationen und die Bewertung der Zu- und Abschläge nach Absatz 1 Satz 4. Die Bewertungsrelationen können auf der Grundlage der Fallkosten einer Stichprobe von Krankenhäusern kalkuliert, aus international bereits eingesetzten Bewertungsrelationen übernommen oder auf deren Grundlage weiterentwickelt werden. Zum 1. Januar 2003 ersetzt das neue Vergütungssystem die bisher abgerechneten Entgelte nach § 17 Abs. 2a. Es wird für das Jahr 2003 budgetneutral umgesetzt. (4) Soweit bis zum 30. Juni 2000 eine Vereinbarung der Vertragsparteien über die Grundstrukturen des Vergütungssystems und des Bewertungsverfahrens sowie über
B. Stationäre Pflegesätze im Wandel
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Zu- und Abschläge nicht zu Stande kommt, bestimmt die Bundesregierung unverzüglich den Inhalt durch Rechtsverordnung. Im übrigen entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6.“
Durch das Fallpauschalengesetz (FPG) vom 23. 04. 2002 113 wurden die Regelungen konkretisiert. Das KHEntG wurde geschaffen und die dort enthaltenen Vorschriften sowie § 17b KHG zogen einen Rahmen für die Entwicklung in den Jahren 2003 bis Ende 2006 ein. Nach dem dann auf dieser Basis entwickelten Fallpauschalenkatalog werden die verschiedenen Krankenhausleistungen jeweils bestimmten DRG zuzuweisen. Die Festlegung der im Einzelfall abzurechnenden DRG erfolgt in der Regel auf Basis der Hauptdiagnose und der durchgeführten Behandlungen (Prozeduren) sowie ggf. auf der Grundlage von Nebendiagnosen und besonderen Risikofaktoren des Patienten. 114 Jeder DRG ist ein bundeseinheitliches so genanntes Relativgewicht zugeordnet. Es handelt sich dabei um eine rechnerische Kenngröße, mittels derer die verschiedenen DRG in Relation zueinander gesetzt werden. Um schließlich zu einem konkreten Erlösergebnis zu gelangen, wird dieses Relativgewicht mit einem nach den jeweils gültigen Bestimmungen festzulegenden Basisfallwert multipliziert: 115 Bewertungsrelation (DRG) x Basisfallwert = Abrechnungsbetrag Nach § 3 Abs. 1 S. 1 KHEntG in der bis zum 24. 03. 2009 gültigen Fassung war das Vergütungssystem nach § 17b KHG in den Jahren 2003 und 2004 „budgetneutral“ einzuführen. Entsprechend des so genannten Optionsmodells konnte das einzelne Krankenhaus entscheiden, ob es bereits im Jahre 2003 auf der Basis einer relativ unsicheren Datenlage in das neue System starten wollte, um Erfahrungen zu sammeln. 116 Im Zeitraum der budgetneutralen Einführung des DRGSystems war ein Gesamtbetrag zu vereinbaren, der grundsätzlich in entsprechender Anwendung von § 6 Abs. 1 BPflV zu verhandeln war (vgl. § 3 Abs. 2 und 3 jeweils 1. HS KHEntgG in der bis zum 24. 03. 2009 gültigen Fassung). Aus dem zunächst also weiter herkömmlich zu verhandelnden Krankenhausbudget war mittels „gewichteter Divisionskalkulation“ ein krankenhausindividueller Basisfallwert zu ermitteln, der zu einer krankenhausindividuellen Höhe der abzurechnenden DRG-Fallpauschalen führte. Demnach hatten die Fallpauschalen in dieser Phase in erster Linie weiterhin die Funktion von Abschlagszahlungen, mit denen den gesetzlichen Krankenkassen der verhandelte Gesamtbetrag anteilig in Rechnung gestellt wurde. 117 113
BGBl. I 2002, S. 1412. Zu Details siehe beispielsweise Siebers, in: Roeder / Hensen, Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem und öffentliche Gesundheitspflege, S. 26 f. 115 Vgl. Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 25, Rdnr. 274. 116 Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 112. 117 Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 113. 114
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
Auf diese Phase der budgetneutralen Umstellung auf das DRG-System folgte die so genannte Konvergenzphase. Nach § 4 Abs. 1 KHEntgG in der bis zum 24. 03. 2009 gültigen Fassung waren jeweils zum 1. Januar der Jahre 2005 bis 2009 der krankenhausindividuelle Basisfallwert und das Erlösbudget des Krankenhauses stufenweise an einen landesweit einheitlichen Basisfallwert (Landesbasisfallwert) nach § 10 Abs. 1 S. 1 KHEntgG und das sich daraus ergebende DRG-Erlösvolumen anzugleichen. Mit dem KHRG vom 17. 03. 2009 verlängerte der Gesetzgeber die Konvergenzphase um ein Jahr. Durch § 5 Abs. 6 KHEntgG in der ab dem 25. 03. 2009 gültigen Fassung 118 wurden die eigentlich im Jahr 2009 fälligen Mehrausgaben aufgrund des Konvergenzsaldos im Ergebnis halbiert. Seit dem Jahr 2010 ist für alle zugelassenen Krankenhäuser nicht mehr der ehemalige krankenhausindividuelle, sondern allein der landeseinheitliche Basisfallwert nach § 10 Abs. 1 S. 1 KHEntgG maßgeblich. Perspektivisch sieht der Gesetzgeber zudem die schrittweise Angleichung der unterschiedlichen Landesbasisfallwerte zueinander vor (vgl. § 10 Abs. 8 f. KHEntgG in der ab dem 25. 03. 2009 gültigen Fassung). 119 Mit den in dieser Form kalkulierten Fallpauschalen werden grundsätzlich die kompletten allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall abgegolten. Neben den gestellten Diagnosen und den durchgeführten medizinischen Prozeduren spielt dabei die Dauer des Krankenhausaufenthalts auch weiterhin noch eine gewisse Rolle für die Höhe der Abrechnung. Im Fall von Abweichungen von der im einschlägigen Fallpauschalenkatalog hinterlegten „anzunehmenden“ Verweildauer im Krankenhaus (in Form eines „Korridors“ definiert durch die so genannte „obere“ und die „untere“ Grenzverweildauer) sind dem Krankenhaus Abschläge bei deren Unterschreitungen und Zuschläge bei ihrer Überschreitungen zu gewähren. 120 Mit den erwähnten Zuschlägen bei einer Überschreitung der oberen Grenzverweildauer wird aber kein ökonomischer Anreiz zur verlängerten stationären Behandlung von Patienten gesetzt. Die Beträge sind so kalkuliert, dass sie allenfalls zu einer Defizitbegrenzung auf Seiten der Krankenhäuser in den Fällen führen, in denen eine längere Behandlung medizinisch zwingend erforderlich wird. 121 Für bestimmte Konstellationen können zudem bundeseinheitliche Zu- oder Abschläge vorgesehen werden, wenn ein bestimmter Finanzierungstatbestand nicht in allen Krankenhäusern vorliegt. Dies betrifft insbesondere die Notfallversorgung (vgl. § 17b Abs. 1 S. 4 1. Alt. KHG). 122 Daneben eröffnen beispielsweise 118
BGBl. I 2009, S. 540. BGBl. I 2009, S. 540, 542 f. 120 Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 137 f. 121 Siebers, in: Roeder / Hensen, Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem und öffentliche Gesundheitspflege, S. 28 f. 122 Genzel, in: Laufs / Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 86, Rdnr. 232. 119
B. Stationäre Pflegesätze im Wandel
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§ 17b Abs. 1 S. 14 und 15 KHG Möglichkeiten der krankenhausindividuellen Anpassung der Vergütungshöhe im Einzelfall oder sogar der zeitlich befristeten Herauslösung besonderer Einrichtungen aus dem Abrechnungssystem (vgl. auch § 6 KHEntgG). Diese gesetzlichen Öffnungsmechanismen und ihre sachgerechte Nutzung waren und sind für die verträgliche Etablierung des „lernenden“ DRG-Systems unerlässlich. Die Einführung eines durchgängig auf DRG basierenden Systems der Abrechnung von Krankenhausleistungen wurde seinerzeit zu Recht als eine in Tragweite und Tempo enorm ehrgeizige Zielsetzung des Gesetzgebers bezeichnet. In anderen Ländern, die bereits vor Deutschland DRG nutzten und Erfahrungen damit gesammelt hatten und die Pate für das deutsche DRG-System gestanden hatten, wurden die Fallpauschalen nicht durchgängig (so z. B. in den USA) angewandt oder dienten vornehmlich als Instrument zur Vorbereitung von Verhandlungen über die Krankenhausbudgets (so z. B. in Australien). 123 Eine besondere Herausforderung an die Weiterentwicklung des Abrechnungssystems stellen die sehr aufwendigen Behandlungsfälle dar, die schwerpunktmäßig in den Kliniken der Maximalversorgung auftreten. Gerade ein pauschalierendes System muss Mechanismen enthalten, die in ausreichendem Maß und dauerhaft auf die Besonderheiten dieser Einrichtungen eingehen und deren angemessene Finanzierung nachhaltig ermöglichen. 124 3. Vergütung teilstationärer Krankenhausleistungen Eine signifikante Integration teilstationärer Leistungen in das DRG-System ist bislang nicht erfolgt. Die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2009 (FPV 2009) sieht in § 6 Abs. 1 vor, dass teilstationäre Behandlungsfälle entweder mit tagesbezogenen teilstationären Fallpauschalen oder mit krankenhausindividuell auf Basis von § 6 Abs. 1 S. 1 KHEntgG zu vereinbarenden Entgelten zu vergüten sind. Der Fallpauschalenkatalog (vgl. Anlage 1 Teil c) zur FPV 2009) enthält als einzige einschlägige DRG die „L90C -– Niereninsuffizienz, teilstationär, Alter > 14 Jahre ohne Peritonealdialyse.“ Eine spezielle Regelung enthält § 7 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alternative FPV 2009. Danach können insbesondere für solche Leistungen, für die nach der Anlage 3b zur FPV 2009 klargestellt ist, dass sie nicht über teilstationäre DRG-Fallpauschalen zu vergüten sind, krankenhausindividuelle Entgelte vereinbart werden. Die An-
123 Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 105. Einen Überblick gibt auch Genzel, in: Laufs / Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 86, Rdnr. 235 ff. 124 Siehe hierzu: Tecklenburg, Schaefer, Bömeke, Separate Vegütung für Patienten mit Extrem-Kosten, f&w 2006, 148; Rüschemeyer, Müssen Maximalversorger auf den Klageweg ?, Krankenhaus Umschau 2005, 766.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
lage 3b weist dann vier DRG explizit als hierunter fallende Leistungskomplexe aus. Zu beachten ist, dass das deutsche DRG-System auch solche DRG kennt, die lediglich eine Grenzverweildauer von nur einem Tag ausweisen (so genannte Einbelegungstag-DRG). Hierbei handelt es sich nicht etwa um teilstationäre, sondern um vollstationäre Krankenhausleistungen. Es werden solche Fälle erfasst, bei denen entweder eine Aufnahme und Verlegung am selben Tag oder die Entlassung aus dem Krankenhaus am auf die Aufnahme folgenden Tag erfolgen kann. 125 Anders als bei der teilstationären Behandlung bleibt also die zeitlich durchgängige Aufnahme in das Versorgungssystem Krankenhaus kennzeichnend, wenn diese im letztgenannten Fall auch nur für einen relativ kurzen Zeitraum erfolgt. Zur Abbildung der teilstationären Leistungen im DRG-System werden verschiedene „technische“ Ansätze diskutiert. Bei der so genannten Zeilenlösung werden für teilstationäre Leistungen komplett neue DRG definiert, kalkuliert und getrennt von der jeweils korrespondierenden vollstationären DRG ausgewiesen. Bei der so genannten Spaltenlösung bleiben die bereits definierten DRG erhalten. Es wird jedoch auf Basis einer neuen Kalkulation für die teilstationäre Behandlung eine gesondertes Relativgewicht ausgewiesen. Ein dritter, relativ unaufwendig und kurzfristig umzusetzender Ansatz wäre es, schlicht bei den bereits kalkulierten DRG zu bleiben und diese bei teilstationärer Leistungserbringung lediglich um einen für die Unterbringung im Krankenhaus anzusetzenden Pauschalbetrag zu reduzieren. 126 Keines der genannten Modelle konnte sich bislang durchsetzen. Es handelt sich hierbei letztlich weniger um ein kalkulatorisches Problem, als vielmehr um eine logische Folge der bereits oben 127 dargestellten definitorisch-inhaltlichen Problematik. 128 Anders als es insbesondere im Bereich der psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung durch Tageskliniken der Fall ist, wird die teilstationäre Versorgung im Krankenhaus seitens vieler Krankenkassen eher kritisch gesehen. Es verwundert insofern nicht, dass eine ausdrückliche Aufnahme einer größeren Anzahl teilstationärer Leistungen im Bereich der somatischen Medizin in den Fallpauschalenkatalog auf Widerstände stößt. Noch einmal wird deutlich, wie wichtig eine Rechtssicherheit und -klarheit schaffende Begriffs125 Hensen / Roeder, Teilstationäre Krankenhausbehandlung im DRG-Zeitalter, das Krankenhaus 2005, 196; Dänzer / Metzger, Abbildung von teilstationären Leistungen im G-DRG-System, das Krankenhaus 2005, 407, 408. 126 Darstellung verschiedener Möglichkeiten und Varianten bei Neubauer, Teilstationäre DRGs: Spalten-, Zeilen- oder Abschlagslösung ?, das Krankenhaus 2005, 410, 412 ff. 127 Vgl. 1. Teil A. II. 128 So auch Hensen / Roeder, Teilstationäre Krankenhausbehandlung im DRG-Zeitalter, das Krankenhaus 2005, 196, 198.
B. Stationäre Pflegesätze im Wandel
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definition durch den Gesetzgeber wäre. Sie würde die Anwendung der sowohl kostengünstigeren als auch regelmäßig patientenfreundlicheren teilstationären Krankenhausbehandlung als Alternative zur vollstationären Behandlung fördern.
III. Ergebnis und Auswirkungen Durch die geschilderten Reformen des Pflegesatzrechts wirkt der Gesetzgeber seit geraumer Zeit dämpfend auf die Kostenentwicklung bei der stationären Krankenhausversorgung ein. Noch zu Zeiten der tagesbezogenen (so genannten „tagesgleichen“) Pflegesätze nach der BPflV geschah dies in erster Linie durch die Einführung von Budgetregelungen und die grundsätzliche Ankopplung der Ausgabenentwicklung an die Grundlohnsummesteigerung unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Beitragsstabilität. Mit der für alle somatischen Krankenhäuser bzw. Krankenhausabteilungen zum 01. 01. 2004 verbindlichen Einführung der DRG wurde dann ein grundlegender Systemwechsel zu einem durchgängig pauschalierenden Entgeltsystem vollzogen. Bestimmten Konstellationen von festgestellten Diagnosen und durchgeführten Prozeduren werden dabei bundeseinheitlich festgelegte Relativgewichte zugeordnet. In der Konvergenzphase sollten sich die zuvor krankenhausindividuell teilweise stark divergierenden finanziellen Rahmenbedingungen schrittweise in Richtung von landeseinheitlichen Fallpauschalen entwickeln. Nach Abschluss der Konvergenzphase werden die bundeseinheitlich festgelegten Relativgewichte der jeweiligen DRG mit einem landesweit gültigen Basisfallwert multipliziert. Im Ergebnis werden somit landeseinheitlich dieselben Pauschalbeträge für vergleichbare stationäre Behandlungsfälle gezahlt – unabhängig davon, in welchem Krankenhaus der Patient behandelt wird. Für die Zukunft sieht das Gesetz die schrittweise Angleichung auch der Landesbasisfallwerte aneinander vor, so dass bei erfolgreicher Umsetzung schlussendlich auch bundesweit eine vergleichbare Vergütung für vergleichbare Leistungen gewährleistet wäre. Durch diese Neuordnung des Vergütungsgefüges wurden erklärtermaßen „weitreichende Strukturveränderungen im Krankenhaus und eine Reduzierung der Bettenzahlen“ angestrebt. 129 Der Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern sollte verschärft werden. Eine Verkürzung der durchschnittlichen stationären Verweildauer wurde als Konsequenz erwartet und die erhöhte Transparenz von Leistungen und Kosten als Effekt des diagnose- und operationsbezogenen Abrechnungssystems wurde begrüßt. Man wollte Anreize zur Optimierung des Leistungsangebots der Krankenhäuser, zur verstärkten Kooperation, zur Schwerpunktbildung und bei alledem letzten Endes zum Abbau von Überkapazitäten setzen. 130 129 Vgl. Begründung zum Entwurf des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000, BT-Drucks. 14/1245, S. 113.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
In der Tat ist genau diese Entwicklung derzeit zu beobachten. Die beachtliche Reduzierung der durchschnittlichen Verweildauer im Krankenhaus wurde bereits in der Einleitung 131 angesprochen. Nachfolgend sollen einige besonders prägnante Kennzahlen zum Wandel der Krankenhauslandschaft – hier zwischen dem Jahr 1994 und dem Jahr 2008 – herausgehoben werden: 130 110 90
Einrichtungen
70
Verweildauer
50
Bettenzahl Fallzahl
1994
2008
Quelle: Statistisches Bundesamt. Abbildung 4: Prozentuale Veränderungen der Zahl der stationären Einrichtungen, der Zahl der Krankenhausbetten, der durchschnittlichen Verweildauer und der Fallzahlen zwischen dem Jahr 1994 (100 Prozent) und dem Jahr 2008.
Die Anzahl der Einrichtungen reduzierte sich im dargestellten Zeitraum von 2.337 auf 2.083. Die Zahl der aufgestellten Betten ging von 618.176 auf 503.360 zurück. Bei der durchschnittlichen vollstationären Verweildauer war zwischen 1994 und 2008 eine Reduktion um 3,9 Tage von 12,0 auf 8,1 zu verzeichnen. In der gleichen Zeit stieg auf der anderen Seite die Fallzahl von 15.497.702 auf 17.519.579 Behandlungsfälle pro Jahr. 132 Es liegen somit deutliche Anzeichen für beachtliche Effizienzsteigerungen im Krankenhausbereich vor. 133 Nach den vorliegenden Erkenntnissen konnte trotz dieser signifikanten Umstellungsprozesse die objektiv messbare Qualität der stationären Versorgung zumindest bislang größtenteils erhalten werden. 134 Nicht zu verkennen ist jedoch auf der anderen Seite, dass die zurückliegenden Entwicklungen nur unter einer hohen „Arbeitsverdichtung“ in den Krankenhäusern zu erzielen waren. Zudem bergen 130 Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 105; Pitschas, Fallpauschalen im Krankenhaus – Rechtsfragen leistungsbezogener Krankenhausentgelte, NZS 2003, 341, 344. 131 Vgl. dort auch Abbildung 3. 132 Datenquelle: Statistisches Bundesamt. Recherchiert über die „Gesundheitsberichterstattung des Bundes“ des Robert-Koch-Instituts und des Statistischen Bundesamts, http:// www.gbe-bund.de (Stand: 10. 05. 2010). 133 Vgl. Neubauer / Beivers, Zur Situation der stationären Versorgung: Optimierung unter schwerwiegenden Rahmenbedingungen, Krankenhaus-Report 2010, S. 4 ff. 134 Sens / Wenzlaff / Pommer / von der Hardt, Die Qualität hat nicht gelitten, Eine repräsentative wissenschaftliche Studie aus Niedersachsen kommt zu überraschenden Ergebnissen, Deutsches Ärzteblatt 2010, C 21.
B. Stationäre Pflegesätze im Wandel
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immer frühere Entlassungen selbstverständlich Unannehmlichkeiten und letztlich auch potentielle Risiken für die Patienten. Ein gewissermaßen „natürlicher Endpunkt“ des Prozesses ist somit vorgezeichnet. Es gilt – so kann man das zu verfolgende Leitbild auf den Punkt bringen – zukünftig zwar die höchstmögliche Effizienz der Behandlungsabläufe zu erreichen. Gleichzeitig darf aber eben auch die Qualität der Versorgung nicht hierunter leiden. Gerade vor diesem Hintergrund gewinnt die Thematik der ambulanten Leistungserbringung im Krankenhaus massiv an Bedeutung. Der Gesetzgeber hat mit den Reformen im Pflegsatzrecht sukzessive den finanziellen Druck auf die Krankenhäuser erhöht. Unter dem Gesichtspunkt des gewollten „Wettbewerbs“ zwischen den Leistungserbringern sind die Krankenhäuser zur laufenden Überprüfung und gegebenenfalls zur Neubewertung von Versorgungsabläufen auch unter monetären Gesichtspunkten gezwungen. Wie dargestellt wurde, setzt das DRG-System Anreize zur relativ frühzeitigen Entlassung von Patienten aus der (voll-)stationären Versorgung. Aufgrund des rapiden medizinischen Fortschritts ist ein solcher „Transfer“ von bislang „bettengebundenen“ Leistungen hin zu teilstationären oder ambulanten Leistungen in vielen Bereichen auch zunehmend möglich. Zur Förderung der frühzeitigen Entlassung in die ambulante Versorgung bzw. zur bestmöglichen Umsetzung des Wandels stationärer Leistungen oder Leistungsanteile in ambulante Versorgungsgeschehen ist aber wiederum die Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgungsmöglichkeiten unumgänglich. Das gilt noch verstärkt dort, wo sich aus medizinischer Sicht stationäre und ambulante Phasen abwechseln können, dabei aber insgesamt durchaus ein einheitliches Behandlungsgeschehen darstellen. 135 Sowohl aus medizinischer Sicht als auch aus dem finanziellen Blickwinkel sollten die in den ambulanten Sektor wechselnden Leistungsbereiche in besonderem Maß an den Krankenhäuser etabliert werden, welche hier bereits bislang (wenn auch im Rahmen eines stationären Leistungsgeschehens) die Behandlung übernommen haben. Aufgrund ihres hohen Spezialisierungsgrads und ihrer interdisziplinären Ausstattung bieten sie am ehesten die Gewähr für eine – zudem ohne Reibungsverluste „aus einer Hand“ erfolgende – gleichbleibend hohe Versorgungsqualität. Zudem sind die im Krankenhaussektor vorhandenen Ressourcen ohnehin weiter vorzuhalten und können somit helfen, die Kosten der fachärztlichen Versorgung zu reduzieren. In jedem Fall würde dies in der Tendenz etwaigen Kostensteigerung im niedergelassenen fachärztlichen Bereich entgegenwirken, die aus einem vermehrten Transfer von Behandlungsleistungen aus dem (rein) vollstationären zu einem (auch) ambulanten „Setting“ resultieren könnten. 136 Zusammenfassend kann man sagen, dass die steuernden Maßnahmen des Gesetzgebers zur Steigerung der Effizienz und Dämpfung der Kostenentwicklung 135
Dies gilt beispielsweise für den Bereich der Onkologie in zunehmendem Maß.
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1. Teil: Das Krankenhaus als Leistungserbringer in der GKV
im Bereich der stationären Krankenhausversorgung mittelbar zu einem erhöhten Bedarf an Zugangsmöglichkeiten für Krankenhäuser zur ambulanten Versorgung geführt haben und führen. Dieser Bedarf wird noch zusätzlich dadurch gefördert, dass der Ausbau der Möglichkeiten zur teilstationären Versorgung als Bindeglied zwischen dem vollstationären und dem ambulanten Sektor bislang eher „stiefmütterlich“ vorangetrieben wurde. Krankenhäuser als Zentren einer integrativen Versorgung, in denen also sowohl stationäre als auch ambulante Leistungen angeboten werden, können zu guter Letzt auch eine Antwort auf etwaige Versorgungsprobleme „in der Fläche“ bieten. 137 In einem zunehmend wettbewerblich strukturierten Gesundheitswesen mit immer weniger „Spielräumen“ in den Vergütungssystemen werden zwangsläufig – noch mehr als dies ohnehin schon der Fall ist – stark ländlich geprägte Praxis- und Klinikstandorte mit weniger Möglichkeiten zur Generierung einer betriebswirtschaftlich optimalen Auslastung auf dem Prüfstand stehen. Hier eröffnet die sukzessive transsektorale Zusammenlegung oder Zusammenarbeit über Einsparmöglichkeiten durch gemeinsame Ressourcennutzung und über Synergieeffekte einen Weg zum Erhalt einer wohnortnahen medizinischen Versorgung auch außerhalb der Ballungszentren.
136 Eine Reduzierung des Umfangs der stationär erbrachten Leistungen führt bei gleichbleibender oder steigender Gesamtmorbidität ja zu einer Erhöhung der ambulanten Morbidität. 137 Vgl. Bruckenberger, in: Bruckenberger / Klaue / Schwintowski, Krankenhausmärkte zwischen Regulierung und Wettbewerb, S. 101.
2. Teil
Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus In der Einleitung wurde auf grundlegende Herausforderungen der Zukunft an das System der GKV eingegangen. Es wurde dargestellt, dass die demographischen Perspektiven und der Prozess des medizinischen Fortschritts den Druck zu einer Optimierung der Versorgungsprozesse – und dabei insbesondere zu einer AufweichunZg der „Sektorenschnittstellen“ – massiv erhöhen. Im 1. Teil ging es dann um die wesentlichen rechtlichen Zusammenhänge bei der stationären Krankenhausbehandlung. Weiter wurden die zurückliegenden Reformen des Rechts der Vergütung stationärer Krankenhausleistungen untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, auf welche Weise der Gesetzgeber aus Kostengesichtspunkten bewusst eine frühere Entlassung aus der stationären Krankenhausversorgung und den Abbau stationärer Kapazitäten gefördert hat. Die weiter andauernden Veränderungsprozesse bei der stationären Krankenhausversorgung, die aufgrund des medizinischen Fortschritts wachsenden Möglichkeiten und das Einsparpotential durch die zumindest selektive Eindämmung einer „doppelten Facharztschiene“ lassen eine vermehrte Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung sinnvoll erscheinen. Im nachfolgenden 2. Teil der Arbeit soll daher die Position der Krankenhäuser im System der ambulanten Versorgung in der GKV untersucht werden. Auf Basis der Darstellung des durchaus komplexen status quo werden zudem Vorschläge zur Systemoptimierung bzw. Minimierung von Hemmnissen bei der Umsetzung der bereits bestehenden Instrumente erarbeitet. Die Rechtsgrundlagen für eine ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus finden sich verstreut über eine Vielzahl von einzelnen Vorschriften des SGB V. Eine zentrale Norm ist in diesem Zusammenhang erneut § 39 SGB V. § 39 Abs. 1 S. 1 SGB V besagt, dass die Krankenhausbehandlung auch „vor- und nachstationär sowie ambulant“ erfolgen kann. Gemeint sind hiermit die Behandlung nach § 115a SGB V und das ambulante Operieren nach § 115b SGB V, was aus dem Gesetzestext auch durch einen ausdrücklichen Verweis auf beide Normen ersichtlich wird. Hinzu kommt beispielsweise die ambulante Behandlung durch Krankenhäuser bei Unterversorgung nach § 116a SGB V und die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V im Rahmen von strukturierten Behandlungsprogrammen oder zur Erbringung hochspezialisier-
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
ter Leistungen bzw. zur Behandlung seltener Erkrankungen oder Erkrankungen mit besonderen Verläufen. Weitere Möglichkeiten ergeben sich aus §§ 117 bis 119 SGB V für die Hochschulambulanzen, für die psychiatrischen Institutsambulanzen und für die sozialpädiatrischen Zentren. Im Übrigen können auch im Krankenhaus tätige Ärzte nach § 116 SGB V zur ambulanten Versorgung gesetzlich Versicherter „persönlich“ ermächtigt werden. Der Gesetzgeber hat die Zugangswege der Krankenhäuser zur ambulanten Versorgung im Zuge der zurückliegenden Reformierungsschritte sukzessive ausgebaut. Ziel war es hierbei insbesondere, die bereits seit längerer Zeit als Problem erkannte weitgehende Trennung zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor zu überwinden. Diese Tendenz wird im Modell der integrierten Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V besonders deutlich. Die integrierte Versorgung wurde durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 etabliert und später insbesondere durch das GMG 2003 modifiziert. Wesentliches Merkmal der integrierten Versorgung ist die Möglichkeit der relativ freien vertraglichen Einigung zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den beteiligten Leistungserbringern über eine intersektorale oder interdisziplinäre Versorgung der Versicherten. Eine weitere wichtige Neuerung der letzten Jahre ist die Möglichkeit zur Gründung so genannter medizinischer Versorgungszentren (MVZ, vgl. hierzu § 95 Abs. 1 S. 2 ff. SGB V). Diese können auch durch Krankenhäuser gegründet werden. Zuvor war die Teilnahme des Krankenhauses bzw. der angestellten Ärzte an der vertragsärztlichen Versorgung lediglich im Wege von Ermächtigungen – und damit in der Regel nachrangig gegenüber niedergelassenen Vertragsärzten – möglich. Mit der Etablierung eines MVZ am Standort des Krankenhauses kann dieses nun (mittelbar) auch die dauerhaft angelegte Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung erlangen. Hierdurch wird es Krankenhäusern ermöglicht, sich zunehmend zu organisatorisch zusammengefassten Zentren der integrierten Versorgung zu entwickeln, welche ambulante und stationäre Leistungen anbieten und so über die Sektorengrenze hinweg „operieren“ können. Der Großteil der ambulanten Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten wird derzeitig über das vertragsärztliche Versorgungsnetz abgedeckt. Es bestehen für Krankenhäuser aber heute auch neben diesem von den Kassenärztlichen Vereinigungen dominierten Bereich Möglichkeiten zur ambulanten Leistungserbringung. Die Verträge über die integrierte Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V und die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b Abs. 2 SGB V wurden insoweit bereits erwähnt. Nachfolgend werden zunächst die Möglichkeiten der ambulanten Versorgung durch Krankenhäuser innerhalb des vertragsärztlichen Systems untersucht. 1 Hierzu werden einleitend die Grundzüge des Systems der vertragsärztlichen Versorgung und die historischen Hintergründe 1
Vgl. 2. Teil A.
A. Versorgung innerhalb des vertragsärztlichen Systems
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seiner faktischen Vorrangstellung dargestellt. Anschließend werden in einem weiteren Abschnitt die außerhalb des vertragsärztlichen Systems liegenden Zugangswege für Krankenhäuser zur ambulanten und integrativen Versorgung in der GKV behandelt. 2 Schließlich wird in einem dritten Abschnitt am Beispiel des § 116b Abs. 2 SGB V auf die Frage eingegangen, inwiefern eine Öffnung des ambulanten Versorgungsnetzes für Krankenhäuser die Grundrechte niedergelassener Vertragsärzte tangieren könnte und welche Spielräume dem Gesetzgeber insofern zur Verfügung stehen. 3
A. Ambulante Versorgung im Krankenhaus innerhalb des vertragsärztlichen Systems I. Vertragsärztliche Versorgungsstrukturen Ambulante medizinische Leistungen werden in der GKV vornehmlich über das vertragsärztliche Versorgungsnetz erbracht. Daher werden zu Beginn des 2. Teils der Arbeit nunmehr wesentliche Grundstrukturen des Vertragsarztwesens, die Rolle der Kassenärztlichen Vereinigungen und die Zugangswege potentieller Leistungserbringer in das System beleuchtet. 1. Vertragsarztrecht Die vertragsärztlichen Versorgungsstrukturen werden vom Vertragsarztrecht bestimmt. Das Vertragsarztrecht umfasst bei einem weiten Begriffsverständnis die Summe aller Normen, welche die Rechtsbeziehungen zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und ihren Verbänden zu den bei der Verwirklichung der vertragsärztlichen Versorgung tätig werdenden Personen und Einrichtungen regeln. 4 Von dieser Definition werden auch bereits diejenigen Vorschriften umschlossen, die den Zugang der Leistungserbringer zur vertragsärztlichen Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten betreffen. Der Begriff ist insofern etwas missverständlich, als vom Vertragsarztrecht eben nicht nur Ärzte, sondern auch andere Berufsgruppen und Institutionen – insbesondere Zahnärzte, Psychotherapeuten und medizinische Versorgungszentren (vgl. § 72 Abs. 1 S. 1 SGB V) – erfasst werden. Wenn man Fragen des Vertragsarztrechts behandelt, so erörtert man zugleich immer auch die Rechte und Pflichten dieser gleichfalls „vertragsärztlichen“ Leistungserbringer. 5 Die Basis des Vertragsarztrechts wird 2 3 4
Vgl. 2. Teil B. Vgl. 2. Teil C. Neumann, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 13, Rdnr. 2.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
durch Regelungen des SGB V gelegt. Hinzu kommt jedoch ein breiter Fächer untergesetzlicher Normenwerke, so dass im Ergebnis eine beeindruckende Vielfalt von zueinander im Stufenverhältnis stehenden und ineinander greifenden Regelungsmechanismen zu beachten ist. 6 Die Regelungen des SGB V beschränken sich überwiegend darauf, die grundsätzlichen Strukturen im Vertragsarztwesen festzulegen. So wird etwa eine Definition der Ansprüche der gesetzlichen Krankenversicherten im Detail an keiner Stelle vorgenommen. Die Versicherten haben nach § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V einen „Anspruch“ auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Entsprechende „Ansprüche“ der Versicherten auf die notwendige Versorgung werden auch an anderer Stelle – etwa in den §§ 29 Abs. 1 S. 1, 31 Abs. 1 S. 1, 32 Abs. 1 S. 1 SGB V – formuliert. Wie bereits oben im Zusammenhang mit der stationären Krankenhausbehandlung aus anderer Perspektive dargestellt wurde, bedürfen die eher rahmenartigen Formulierungen des Gesetzgebers aber zur Bestimmung des im Einzelfall tatsächlich bestehenden Anspruchs einer näheren Konkretisierung. Die §§ 27 ff. SGB V und die hiermit verknüpften Regelungen der §§ 2 Abs. 1 S. 3, 12 Abs. 1 SGB V zum anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und zum Wirtschaftlichkeitsgebot stellen bei genauerer Betrachtung nur Teilelemente einer Regelung der Krankenbehandlung gesetzlich Versicherter dar. 7 Das Bundessozialgericht 8 hat insofern den Begriff des „subjektiv-öffentlich-rechtlichen Rahmenrechts“ verwandt. Sachgrund für die Zurückhaltung des parlamentarischen Gesetzgebers sei nicht zuletzt die medizinisch-wissenschaftliche Komplexität der Regelungsmaterie. Die Ergebnisse des in ständigem Fluss befindlichen Prozesses der medizinischen Erkenntnis in Diagnostik und Therapie entzögen sich in vielen Fällen einer sachgerechten parlamentsgesetzlichen Fixierung. Die Konkretisierung der Vorgaben des SGB V bleibt im Ergebnis vielfältigen untergesetzlichen Regelungen vorbehalten. Nachfolgend sollen einige im Vertragsarztwesen neben dem SGB V maßgebliche Rechtsquellen – sofern sie für das Thema der Arbeit von erhöhter Relevanz sind – in aller Kürze dargestellt bzw. genannt werden:
5 Vgl. Quaas / Zuck, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 17, Rdnr. 3 ff. mit näheren Hinweisen auf die Unschärfen des Begriffs. 6 Vgl. Neumann, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 13, Rdnr. 3. 7 Vgl. Jörg, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 11, Rdnr. 15; Schwerdtfeger, Die Leistungsansprüche der Versicherten im Rechtskonkretisierungsverfahren des SGB V (Teil 1), NZS 1998, 49. 8 BSGE 73, 271, 280.
A. Versorgung innerhalb des vertragsärztlichen Systems
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Zulassungsverordnungen: Die Zulassungsverordnungen werden nach § 98 Abs. 1 S. 2 SGB V vom Bundesministerium für Gesundheit mit Zustimmung des Bundesrats als Rechtsverordnungen erlassen. Sie regeln nach § 98 Abs. 1 S. 1 SGB V das Nähere über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sowie die zu ihrer Sicherstellung erforderliche Bedarfsplanung (§ 99 SGB V) und die Beschränkung von Zulassungen. Im Katalog des § 98 Abs. 2 SGB V werden die obligatorischen Inhalte der Zulassungsverordnungen näher aufgeführt. Es besteht jeweils eine Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) und eine Zulassungsverordnung für Zahnärzte (Zahnärzte-ZV). Kollektivverträge: § 72 Abs. 2 SGB V bestimmt, dass die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen (Kollektivverträge) so zu regeln ist, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Die Kollektivverträge sind einerseits Ausdruck der „gemeinsamen Selbstverwaltung“ und zum anderen kommt ihnen die schon erwähnte Aufgabe einer inhaltlichen Konkretisierung des Rechts der vertragsärztlichen Versorgung zu. Zu den in diesem Zusammenhang auf Bundes- und Landesebene abzuschließenden Verträgen enthalten §§ 82 ff. SGB V generelle Regelungen. Nach § 82 Abs. 1 S. 1 SGB V in der heute gültigen Fassung vereinbaren die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen in den so genannten Bundesmantelverträgen den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge. Auf der „regionalen Ebene“ schließen nach § 83 S. 1 SGB V die Kassenärztlichen Vereinigungen mit den für ihren Bezirk zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen Gesamtverträge mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart über die vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort in ihrem Bezirk einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen. Bei den Kollektivverträgen handelt es sich um Verträge des öffentlichen Rechts. 9 Beschlüsse und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses: Nach § 91 Abs. 1 S. 1 SGB V bilden die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der 9
Vgl. Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 82, Rdnr. 7, 9.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Krankenkassen einen Gemeinsamen Bundesausschuss. Ihm sind vom Gesetzgeber eine Vielzahl wichtiger Aufgaben und Kompetenzen übertragen worden. 10 So obliegt ihm nach § 139b Abs. 1 S. 1 SGB V die Auftragsvergabe zur Recherche, Darstellung und Bewertung des aktuellen medizinischen Wissensstands zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren bei ausgewählten Krankheiten gemäß § 139a Abs. 3 Nr. 1 SGB V. Im Rahmen der „Förderung der Qualitätssicherung in der Medizin“ hat der Gemeinsame Bundesausschuss den Stand der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen festzustellen, Entwicklungsbedarf zu benennen, bereits eingeführte Maßnahmen der Qualitätssicherung zu bewerten und Empfehlungen über deren sektoren- und berufsgruppenübergreifende Fortentwicklung zu erarbeiten (vgl. § 137b S. 1 SGB V). Er empfiehlt dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) nach § 137f Abs. 1 SGB V, für welche chronischen Krankheiten strukturierte Behandlungsprogramme entwickelt werden sollen und gibt weiterhin nach § 137f Abs. 2 SGB V Hinweise zu deren Ausgestaltung. Neben diesen beispielhaft aufgezählten und einer Vielzahl weiterer Aufgaben kommt es dem Gemeinsamen Bundesausschuss zu, nach § 92 Abs. 1 S. 1 1. HS. SGB V die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten zu beschließen. Er kann dabei auch die Erbringung und Verordnung von Leistungen einschließlich von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind sowie wenn insbesondere ein Arzneimittel unzweckmäßig oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. In § 92 Abs. 1 S. 2 SGB V werden ausdrücklich Versorgungsbereiche aufgezählt, für die Richtlinien beschlossen werden sollen. Wie man der Formulierung entnehmen kann („insbesondere“), ist diese Aufzählung jedoch nicht abschließend, so dass § 92 Abs. 1 S. 1 1. HS. SGB V im Ergebnis eine generalklauselartige und sehr weitgehende Ermächtigungsgrundlage darstellt. Der Gemeinsame Bundesausschuss wird durch seine Kompetenzen zum rechtlich und wirtschaftlich bedeutendsten Machtzentrum innerhalb des Systems der Gesetzlichen Krankenversicherung. Teilweise wird er insofern sogar als deren „eigentlicher Gesetzgeber“ bezeichnet. 11 Eine der wichtigsten Aufgaben im Rahmen der Konkretisierung des Umfangs der Leistungspflichten in der GKV wird dem Gemeinsamen Bundesausschuss durch §§ 135 und 137c SGB V übertragen. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn 10 Siehe hierzu beispielsweise Hartmannsgruber, in: Ratzel / Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, § 7, Rdnr. 58 ff. 11 So Schimmelpfeng-Schütte, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 7, Rdnr. 30.
A. Versorgung innerhalb des vertragsärztlichen Systems
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der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines unparteiischen Mitglieds, 12 einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen über die Anerkennung des Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. Die Richtlinien müssen Empfehlungen über die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen, die Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung und an die erforderliche Dokumentation der ärztlichen Behandlung enthalten. Nach § 135 Abs. 1 S. 2 SGB V überprüft der Gemeinsame Bundesausschuss nicht nur neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, sondern er bewertet auch bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte vertragsärztliche Leistungen. Falls er dabei zu dem Ergebnis kommt, dass ein therapeutischer oder diagnostischer Nutzen nicht besteht oder die medizinische Notwendigkeit oder Wirtschaftlichkeit nicht angenommen werden kann, dürfen diese Methoden nicht mehr als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkassen angeboten werden. Auf Antrag der in § 137c Abs. 1 S. 1 SGB V genannten Parteien kann der Gemeinsame Bundesausschuss auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden überprüfen, die im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder werden sollen. Prüfungsmaßstab ist dabei, ob die Methoden für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Im Falle eines negativen Ergebnisses sieht § 137c Abs. 1 S. 2 SGB V vor, dass der Gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Richtlinie erlässt. Für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gilt demnach im vertragsärztlichen Bereich ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Die Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses ist formale Voraussetzung für die Erbringung einer neuen Leistung zu Lasten der Krankenkassen durch die vertragsärztlichen Leistungserbringer. 13 Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Methode an sich „neu“ ist, sondern darauf, ob sie bislang zum Umfang der vertragsärztlichen Versorgung gehört hat. 14 Methoden, die im vertragsärztlichen Bereich nicht neu sind, dürfen andererseits solange zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden, wie der Gemeinsame Bundesausschuss nicht anders entschieden hat. Diese Grundregel einer „Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt“ gilt nach § 137c Abs. 1 S. 1 SGB V generell für die Methoden, die im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden. 15 Sowohl etablierte als auch neue 12 Deren Antragsbefugnis wurde erst mit dem GKV-WSG mit Wirkung zum 01. 04. 2007 eingeführt. 13 Vgl. z. B. Fastabend / Schneider, Leistungsrecht der GKV, S. 98 f. 14 Quaas / Zuck, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 11, Rdnr. 113.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden können demnach im Krankenhaus grundsätzlich erbracht werden, sofern dem keine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses entgegensteht. 16 Geschaffen wurde § 137c SGB V in seiner ursprünglichen Form, die noch den Ausschuss Krankenhaus als zur Entscheidung berufenes Gremium vorsah, durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf 17 sollte in Anlehnung an die im Bereich der ambulanten Versorgung etablierte Regelung ein Gremium geschaffen werden, das Art und Qualität der im Krankenhaus erbrachten Maßnahmen nach den Maßstäben und Kriterien evidenz-basierter Medizin daraufhin überprüfe, ob diese für die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich seien. Ausdrücklich sollte der Ausschuss bei seinen Entscheidungen dafür Sorge tragen, dass der medizinische Fortschritt in den Krankenhäusern nicht behindert werde. Dies dürfte auch ein Grund für den Gesetzgeber gewesen sein, im Krankenhausbereich von einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt abzusehen. Es ist darüber hinaus mit dem Bundessozialgericht 18 davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine solche Regelung im Bereich der Krankenhausbehandlung auch aufgrund der im Krankenhaus gesteigert vorhandenen internen Kontrollmechanismen und der vom vertragsärztlichen Bereich zu unterscheidenden Vergütungsstrukturen nicht für erforderlich gehalten hat. 2. Historische Entwicklung Gerade wenn man sich auch mit der potentiellen Fortentwicklung des Netzwerks der ambulanten Versorgung in der GKV auseinandersetzen möchte, so ist die Betrachtung seiner historischen Entwicklung hilfreich. Hierdurch werden die Besonderheiten des heutigen Zustands nachvollziehbar. Von grundlegender Bedeutung für das heute bestehende System war die Herausbildung der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Genese der Kassenärztlichen Vereinigungen ist wiederum untrennbar verknüpft mit der Entwicklung vom Einzelvertrags- zum Kollektivvertragssystem in der ambulanten ärztlichen Versorgung der gesetzlich Versicherten. Das heute ausdrücklich in § 2 Abs. 2 SGB V geregelte Sach- oder Naturalleistungsprinzip war bereits im Jahr 1883 mit dem „Gesetz betreffend die Kran15
Vgl. BT-Drucks. 15/1525, S. 126. BSGE 90, 289, 294 m. Anm. von Schmitt, SGb 2004, 118. 17 BT-Drucks. 14/1245, S. 90. 18 BSGE 90, 289, 294; ebenso BSG, Urt. v. 26. 09. 2006, SGb 2007, 363. Vgl. auch Plagemann, Der Gemeinsame Bundesausschuss – Auswirkungen auf den Leistungsanspruch der Patienten, dargestellt an ausgewählten Einzelfällen, MedR 2005, 401, 408 f. 16
A. Versorgung innerhalb des vertragsärztlichen Systems
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kenversicherung der Arbeiter“ eingeführt worden. Die Versicherten konnten danach ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen, ohne die jeweils entstehenden Kosten übernehmen oder in Vorleistung treten zu müssen. Zur Erfüllung der Leistungsansprüche der Versicherten wurden von den Krankenkassen privatrechtliche Einzelverträge mit denjenigen Ärzten getroffen, die zur Übernahme der Versorgung der Versicherten bereit waren. Da eine große Zahl abschlusswilliger Ärzte zur Verfügung stand, befanden sich die Krankenkassen in einer günstigen Verhandlungsposition. Um sich gegen die hieraus zunehmend resultierende wirtschaftliche Abhängigkeit zur Wehr zu setzen, wurden zunächst lokale Ärzteverbände und im Jahr 1900 in Leipzig der überregionale Verband der Ärzte Deutschlands zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen gegründet. Dieser wurde zunächst nach dem Ort der Gründung als „Leipziger Verband“ bezeichnet und ist heute, nach seinem Gründungsvater Hermann Hartmann, als „Hartmannbund“ weiterhin existent. 19 Ziel der hierin organisierten Ärzteschaft war es dabei auch, den Einzelvertrag zwischen Arzt und Krankenkasse durch ein gesamt- bzw. kollektivvertragliches System abzulösen, in dem die örtlich zuständige ärztliche Organisation für die Gemeinschaft der durch sie vertretenen Ärzte gegenüber den Krankenkassen als Verhandlungspartner auftreten sollte. Mit der auf diesem Weg gestärkten Position sollten in den Verhandlungen verbesserte vertragliche Bedingungen und Honorare erreicht werden. Die Gegensätze zwischen den Krankenkassen und der Ärzteschaft spitzten sich in der Folgezeit weiter zu. Streikähnliche Situationen begannen die Versorgung der sozialversicherten Bevölkerung und letztlich den sozialen Frieden zu gefährden. 20 Der Reichsregierung gelang es jedoch, im Jahr 1913 mit dem so genannten „Berliner Abkommen“ eine Einigung zustande zu bringen. 21 Dabei verzichteten die Krankenkassen auf ihre Berechtigung zur einseitigen Festlegung der Anzahl und freien Auswahl der Kassenärzte. Die Entscheidungen hierüber und auch über die Beschäftigungsbedingungen der Kassenärzte sollten fortan in Form von gemeinschaftlicher Arbeit durch paritätisch besetzte Ausschüsse unter Mitwirkung von Unparteiischen getroffen werden. Formal blieb es zunächst weiterhin beim System der Einbeziehung der Ärzte in das Versorgungssystem durch privatrechtliche Einzelverträge. Über die Zulassung des Arztes zum Vertragsabschluss entschied jedoch nunmehr ein „Registerausschuss.“ 22 Des Weiteren wurde der allgemeine Inhalt der Einzelverträge durch Vertragsausschüsse und Schiedsämter festgelegt. 23 19 Vgl. zur Historie Herold-Schmidt, in: Jütte, Geschichte der deutschen Ärzteschaft, S. 50 f. 20 Schiller, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 A., Rdnr. 1 ff. 21 Herold-Schmidt, in: Jütte, Geschichte der deutschen Ärzteschaft, S. 94 f. 22 Natter, Der Arztvertrag mit dem sozialversicherten Patienten, S. 7. 23 Schirmer, Vertragsarztrecht, S. 63.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Das Berliner Abkommen war in seiner Laufzeit auf zehn Jahre befristet. Da angesichts der weiterhin verhärteten Fronten eine erneute Einigung in Frage stand, setzte die Reichsregierung die wesentlichen Inhalte des Abkommens dann 1923 im Verordnungswege fest. Der „Reichsausschuss für Ärzte und Krankenkassen“ wurde geschaffen. Dieser hatte die Aufgabe, Richtlinien über die Zulassung sowie über den Inhalt der Einzelverträge zu erlassen. 24 Im Ergebnis bestand weiterhin das bereits durch das Berliner Abkommen geschaffene System, in dem sich einzelvertragliche und kollektive Elemente überlagerten. Ein wesentlicher Schritt in Richtung eines (allein) kollektivvertraglichen Systems wurde mit zwei Verordnungen vom 08. 12. 1931 und 14. 01. 1932 vollzogen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen wurden als genossenschaftliche Zusammenschlüsse zur Wahrung der Rechte der Kassenärzte errichtet. Sie hatten nunmehr mit den Krankenkassen oder deren Verbänden Gesamtverträge über den kassenärztlichen Dienst zu schließen. Bestandteil dieser Gesamtverträge waren jeweils auch die durch die Parteien für allgemeingültig erklärten Regelungen der „Mantelverträge.“ Diese Mantelverträge wurden wiederum durch die Spitzenverbände der Ärzte und der Krankenkassen miteinander geschlossen. Die Kassenärzte des jeweiligen Bezirks wurden Zwangsmitglieder der örtlichen Kassenärztlichen Vereinigung. Die Krankenkassen blieben für die Sicherstellung der Versorgung verantwortlich. Zur Vergütung war eine Kopfpauschale je Mitglied vorgesehen, die durch die Krankenkasse mit befreiender Wirkung an die Kassenärztliche Vereinigung zu entrichten war. 25 Durch die Zulassung erwarb der Arzt die „Berechtigung zum Abschluss eines Einzelvertrags“, so dass vom Wortlaut des Gesetzes her weiterhin zumindest der formale Akt eines Vertragsabschlusses zwischen Arzt und Krankenkasse nötig war. 26 Mit der Verordnung über die Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands vom 02. 08. 1933 wurde dann die Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands geschaffen, die (nunmehr organisiert als eine Körperschaft des öffentlichen Rechts) ausdrücklich zur unmittelbaren Trägerin der Rechtsbeziehungen zu den Krankenkassen berufen wurde. 27 Des Weiteren brachte die neu gefasste Zulassungsverordnung vom 17. 05. 1934 zum Ausdruck, dass unter der Zulassung die unmittelbare Berechtigung zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung zu sehen war. Direkte rechtliche Beziehungen zwischen den Krankenkassen und den Ärzten wurden mit diesen Entwicklungen weitgehend ausgeschlossen. Die Interessen der Ärzte im Verhältnis zu den Krankenkassen hatte fortan allein die Kassenärztliche Vereinigung wahrzunehmen. 28 24
Natter, Der Arztvertrag mit dem sozialversicherten Patienten, S. 7. Schiller, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 A., Rdnr. 7. 26 Schirmer, Vertragsarztrecht, S. 64; Schiller, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 A., Rdnr. 7. 27 Schnapp, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 1, Rdnr. 29. 25
A. Versorgung innerhalb des vertragsärztlichen Systems
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Mit dem Zusammenbruch nach dem zweiten Weltkrieg 1945 hatte sich die durch die Verordnung vom 02. 08. 1933 geschaffene Struktur der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands mit rechtlich unselbstständigen Vertretungen auf der Länderebene faktisch aufgelöst. In den einzelnen Ländern blieben die einstigen Landesgeschäftsstellen – nunmehr wieder als selbstständige Kassenärztliche Vereinigungen – tätig. 29 Erst mit Gesetz vom 17. 08. 1955 30 wurde mit dem „Gesetz über das Kassenarztrecht“ eine aktualisierte bundeseinheitliche Regelung der Rechtsverhältnisse der Kassenärzte geschaffen, welche unter anderem den rechtlichen Status und die jeweilige Rolle der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie der Krankenkassenverbände der Landes- und Bundesebene definierte. 31 Zusammenfassend kann man festhalten, dass eine aus Sicht der Ärzteschaft ungünstige „Marktsituation“ vieler potentieller Leistungserbringer den Ausschlag für die gemeinschaftliche Interessenorganisation gab. Diese erfolgte zunächst in lokalen Verbänden und später durch den im Jahr 1900 gegründeten überregionalen „Leipziger Verband.“ Mit der schrittweisen Ablösung des einzelvertraglich gestalteten durch ein kollektivvertraglich geprägtes System wurde eine verbesserte Verhandlungsposition gegenüber den Krankenkassen angestrebt und erreicht. Die unter den geschilderten Gegebenheiten entstandenen Strukturen wirken fort und prägen auch heute noch das System der vertragsärztlichen Versorgung grundlegend. 3. Kassenärztliche Vereinigungen Nach § 77 Abs. 1 S. 1 1. Alt. SGB V bilden die Vertragsärzte zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung Kassenärztliche Vereinigungen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen bilden wiederum gemäß § 77 Abs. 4 S. 1 1. Alt. SGB V die Kassenärztliche Bundesvereinigung. 32 Sowohl die Kassenärztlichen Vereinigungen als auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung sind Körperschaften des öffentlichen Rechts.
28 Vgl. Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, S. 5. Vgl. auch Natter, Der Arztvertrag mit dem sozialversicherten Patienten, S. 9. 29 Schiller, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 A., Rdnr. 7, 11. 30 BGBl. I, S. 513. 31 Siehe Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, S. 6 f. 32 Im zahnärztlichen Bereich werden dementsprechend jeweils Kassenzahnärztliche Vereinigungen und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung gebildet.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Rechtsstatus: Der Status der Kassenärztlichen Vereinigungen als Körperschaften des öffentlichen Rechts ergibt sich nach heute gültiger Rechtslage unmittelbar aus § 77 Abs. 5 SGB V. Kennzeichnend für Körperschaften öffentlichen Rechts ist es, dass sie einen Zusammenschluss ihrer anhand objektiver Kriterien zu bestimmenden Mitglieder darstellen. Es bedarf keiner ausdrücklichen Beitrittserklärung und – anders als es im Fall eines privatrechtlichen Vereins denkbar wäre – kann ein Mitglied nicht aus der Körperschaft „austreten“, ohne gleichzeitig den seine Mitgliedschaft begründenden Status zu verlieren. 33 Nach §§ 72 Abs. 1 S. 2, 77 Abs. 3 S. 1, 95 Abs. 3 S. 1 f. SGB V sind sämtliche zugelassenen Ärzte, Psychotherapeuten, die in medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung tätigen angestellten Ärzte sowie die persönlich ermächtigten Krankenhausärzte automatisch Mitglieder der örtlichen Kassenärztlichen Vereinigung. Durch § 77 Abs. 3 S. 2 SGB V wird allerdings bei angestellten Ärzten für eine Mitgliedschaft zusätzlich vorausgesetzt, dass sie mindestens halbtags beschäftigt sind. Der gesetzliche Auftrag an die Kassenärztlichen Vereinigungen ist schon grundsätzlich ambivalenter Natur. 34 Sie haben nämlich einerseits die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen und dafür einzustehen, dass die maßgeblichen gesetzlichen und vertraglichen Erfordernisse eingehalten werden (vgl. § 75 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 SGB V). Gleichzeitig haben sie aber die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen (vgl. § 75 Abs. 2 S. 1 SGB V). Von dieser Vertretungsbefugnis umfasst sind beispielsweise die Rechte der Vertragsärzte auf Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung oder auch auf die Wahrnehmung des Anspruchs der Vertragsärzteschaft auf eine angemessene Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Sinne von § 72 Abs. 2 SGB V. Die Wahrnehmung der Rechte der Vertragsärzte durch die Kassenärztlichen Vereinigungen ist die rechtliche Kompensation für die fehlende unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen den einzelnen Vertragsärzten und den Krankenkassen. Durch die Ausrichtung auf die Wahrung der beruflichen und wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder haben die Kassenärztlichen Vereinigungen einen auch genossenschaftlichen Charakter. 35 Sofern sie Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Verwaltung erfüllen, sind die Kassenärztlichen Vereinigungen Behörden im Sinne von § 1 Abs. 2 SGB X. Im Verhältnis zu ihren Mitgliedern handeln sie bei der Regelung von Einzelfällen des Vertragsarztrechts (z. B. beim Erlass von Honorarbescheiden oder im
33 34 35
Schiller, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 A., Rdnr. 13 f. Vgl. Krauskopf, in: Laufs / Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 26, Rdnr. 2. Klückmann, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 75, Rdnr. 6.
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Fall von nachträglichen sachlich-rechnerischen Honorarberichtigungen) durch Verwaltungsakte gemäß §§ 31 ff. SGB X. 36 Organe: Nach § 79 Abs. 1 SGB V werden bei den Kassenärztlichen Vereinigungen eine Vertreterversammlung als Selbstverwaltungsorgan sowie ein hauptamtlicher Vorstand gebildet. Die Anzahl der Mitglieder der Vertreterversammlung wird per Satzung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen selbst festgelegt. Grundsätzlich können die Vertreterversammlungen bis zu 30 Mitglieder umfassen. Je nach Anzahl der Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung kann die Größe der Vertreterversammlung bis auf 50 erhöht werden (vgl. § 79 Abs. 2 SGB V). Die Rechte und Pflichten der Vertreterversammlung ergeben sich, allerdings nicht abschließend, aus § 79 Abs. 3 SGB V. Insbesondere hat die Vertreterversammlung die Satzungen und sonstiges autonomes Recht zu beschließen, den Vorstand zu überwachen und die Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung für die Körperschaft zu treffen. Der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung besteht aus bis zu drei Mitgliedern (vgl. § 79 Abs. 4 S. 1 SGB V). In § 79 Abs. 4 S. 2 SGB V ist geregelt, dass sich die Vorstandsmitglieder gegenseitig vertreten, woraus folgt, dass es mindestens zwei Vorstandsmitglieder geben muss. Der Vorstand ist das handelnde Organ der Kassenärztlichen Vereinigung. Er führt das so genannte operative Geschäft im Rahmen der Vorgaben durch die Vertreterversammlung. 37 Sofern nicht per Gesetz oder sonstigem Recht etwas anderes bestimmt ist, vertritt der Vorstand die Kassenärztliche Vereinigung gerichtlich und außergerichtlich (vgl. § 79 Abs. 5 S. 1 SGB V). Kassenärztliche Bundesvereinigung: Mitglieder der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind die sie nach § 77 Abs. 4 S. 1 1. Alt. SGB V bildenden Kassenärztlichen Vereinigungen. Ebenso wie bei den Kassenärztlichen Vereinigungen sind die Organe der Kassenärztlichen Bundesvereinigung die Vertreterversammlung und der hauptamtliche Vorstand (vgl. § 79 Abs. 1 SGB V). Neben der Interessenvertretung der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Vertragsärzteschaft gegenüber der Bundesregierung im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren 38 kommt ihr insbesondere die Aufgabe des Abschlusses der Bundesmantelverträge nach § 82 Abs. 1 SGB V zu. Sie ist wei36 37 38
Schiller, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 A., Rdnr. 20 f. Schiller, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 A., Rdnr. 74. Schiller, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 A., Rdnr. 92.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
terhin im Gemeinsamen Bundesausschuss vertreten (vgl. § 91 Abs. 1 f. SGB V) und beispielsweise Partner der Rahmenempfehlungen nach § 115 Abs. 5 SGB V (zu den dreiseitigen Verträgen zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten) oder der Vereinbarungen nach § 115b Abs. 1 SGB V (zum ambulanten Operieren im Krankenhaus). 4. Sicherstellungsauftrag § 75 Abs. 1 S. 1 SGB V regelt den so genannten Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 SGB V näher bezeichneten Umfang sicherzustellen. Nach § 73 Abs. 2 Nr. 1 SGB V umfasst die vertragsärztliche Versorgung zunächst einmal die ärztliche Behandlung der Versicherten selbst. Im hier verstandenen Sinne bedeutet dies die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist (vgl. § 28 Abs. 1 S. 1 SGB V). Zur vertragsärztlichen Versorgung gehört aber beispielsweise auch die ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§ 73 Abs. 2 Nr. 4 SGB V), die Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Nr. 5) oder die Verordnung häuslicher Krankenpflege (Nr. 8). Der Sicherstellungsauftrag umfasst nach § 75 Abs. 1 S. 2 SGB V auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst). Die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes ist hiervon ausgenommen, soweit das jeweilige Landesrecht nichts anderes bestimmt. Die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfolgt durch die Bereitstellung von sowohl quantitativ als auch qualitativ den Anforderungen genügenden vertragsärztlichen Leistungserbringern, also der zur Versorgung notwendigen zugelassenen und ermächtigten Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen müssen nicht etwa unmittelbar selbst durch angestellte Ärzte tätig werden. Im Rahmen der Notdienstgewährleistung kommt ihnen jedoch die Aufgabe der Organisation eines Bereitschaftsdiensts an Wochenenden, Feiertagen und zur Nachtzeit zu. 39 Entsprechend ihrem Sicherstellungsauftrag haben die Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 99 Abs. 1 SGB V im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen sowie im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden nach Maßgabe der vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassenen Richtlinien auf Landesebene einen konkreten Bedarfsplan zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung aufzustellen und jeweils der 39
Krauskopf, in: Laufs / Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 26, Rdnr. 10.
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Entwicklung anzupassen. Dabei sind die Ziele und Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung sowie der Krankenhausplanung zu beachten. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt nach §§ 101 Abs. 1, 92 Abs. 1 Nr. 9 SGB V Richtlinien, 40 die Regelungen zur Unter- und Überversorgung bestimmter Versorgungsbereiche treffen. Nach § 101 Abs. 1 Nr. 1 SGB V legt er dabei insbesondere einheitliche Verhältniszahlen für den allgemein bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung fest. Er bestimmt darüber hinaus beispielsweise auch die Maßstäbe einer ausgewogenen haus- und fachärztlichen Versorgungsstruktur (vgl. § 101 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Die nach § 90 Abs. 1 S. 1 SGB V zu bildenden Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen überprüfen, ob eine Überversorgung vorliegt und haben bei festgestellter Überversorgung nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen (vgl. § 103 Abs. 1 SGB V). Die Zulassung in wegen Überversorgung gesperrten Gebieten ist grundsätzlich ausgeschlossen. Es gibt jedoch diverse Sondertatbestände, die Ausnahmen regeln. 41 Stellt der jeweilige Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine bestehende oder drohende Unterversorgung fest, so hat er der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung nach § 100 Abs. 1 S. 2 SGB V eine angemessene Frist zur Beseitigung oder Abwendung zu setzen. Haben die Maßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung keinen Erfolg, so hat der jeweilige Landesausschuss nach Fristablauf Zulassungsbeschränkungen für andere Gebiete anzuordnen (vgl. § 100 Abs. 2 SGB V). Neu durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) 42 zum 01. 01. 2007 eingeführt wurde § 100 Abs. 3 SGB V, nach dem auch bei einem nicht unterversorgten Planungsbereich durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen zu überprüfen ist, ob ein zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf besteht. 43 5. Vergütung vertragsärztlicher Leistungen Wie bereits deutlich wurde, ist das Vertragsarztrecht schon grundsätzlich außerordentlich vielschichtig. Seinen Gipfel erreicht diese Komplexität aber wohl im System der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen. Auch hier greifen wieder verschiedene Regelungsebenen ineinander. Dies ist zunächst die Bun40
ses.
Siehe so genannte Bedarfsplanungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschus-
41 Darstellung z. B. bei Schnath, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 C., Rdnr. 20 ff. 42 BGBl I 2006, S. 3439. 43 In diesem Zusammenhang wurden auch § 101 Abs. 1 (neue Nr. 3a.) und § 105 Abs. 1 SGB V angepasst.
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desebene mit den Bundesmantelverträgen und dem so genannten einheitlichen Bewertungsmaßstab. Hinzu tritt die Landesebene mit den dort zu vereinbarenden Gesamtvergütungen und schließlich, auf der ausführenden Ebene, der Bereich der Abrechnungspraxis durch die Kassenärztlichen Vereinigungen per Honorarbescheid. Einheitlicher Bewertungsmaßstab: Nach § 87 Abs. 1 S. 1 1. Alt. SGB V vereinbaren die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch den Bewertungsausschuss einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen als Bestandteil der Bundesmantelverträge. Der auf der Bundesebene zu bildende Bewertungsausschuss ist nach § 87 Abs. 3 SGB V paritätisch mit Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und Vertretern der Krankenkassenseite besetzt. Kommt im Bewertungsausschuss durch übereinstimmenden Beschluss aller Mitglieder eine Vereinbarung über den Bewertungsmaßstab ganz oder teilweise nicht zustande, so wird der Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 4 S. 1 SGB V auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder erweitert. Der so „erweiterte Bewertungsausschuss“ setzt dann nach § 87 Abs. 5 S. 1 SGB V mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Vereinbarung fest. Aus § 87 Abs. 6 SGB V ergibt sich eine Beteiligungs-, Aufsichtsund Ersatzvornahmeberechtigung des BMG in Bezug auf die Beschlüsse des Bewertungsausschusses. Offensichtlich mit Blick auf die besonderen Ansprüche der Materie wurde der Aufsichtsbehörde dabei sogar unmittelbar per Gesetz die Möglichkeit eingeräumt, zur Vorbereitung einer Ersatzvornahme Datenerhebungen in Auftrag zu geben oder Sachverständigengutachten externer Experten einzuholen (vgl. § 87 Abs. 6 S. 4 2. HS. SGB V). 44 § 87 Abs. 2 S. 1 SGB V trifft die grundlegende Zweckbestimmung des EBM. Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt danach den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen. Der EBM ist demnach zunächst einmal ein Leistungs- und Bewertungsverzeichnis. 45 Leistungen, die der EBM nicht enthält, sind im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung grundsätzlich nicht erbringbar. 46 Anders als die für die Abrechnung privatärztlicher Leistungen heranzuziehende Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) lässt der EBM keine analoge Bewer44 45 46
Schirmer, Vertragsarztrecht, S. 444. Zuck, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 21, Rdnr. 6. BSGE 79, 239, 242; 84, 247, 248.
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tung solcher Leistungen zu, die nicht in ihm enthalten sind. Ausnahmsweise kann ein gewisser Spielraum gegeben sein, wenn der Bewertungsausschuss diesen selbst ausdrücklich (z. B. durch die Formulierung „... ähnlichen Untersuchung ...“ im EBM) eröffnet hat. 47 Da Analogbewertungen grundsätzlich ausgeschlossen sind, ist der Bewertungsmaßstab nach § 87 Abs. 2 S. 2 SGB V in bestimmten Zeitabständen daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik entsprechen. Voraussetzung für die Aufnahme einer neuen Behandlungsmethode in den Kreis der vertragsärztlichen Leistungen und somit auch in das Leistungsverzeichnis ist die positive Entscheidung hierüber durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V. Neben seiner Funktion als Leistungs- und Bewertungsverzeichnis dient der EBM auch weiteren Zwecken. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 20. 03. 1996 hervorgehoben, dass der Bewertungsmaßstab Teil eines aus mehreren Elementen bestehenden komplexen Vergütungssystems sei, das unterschiedlichen und teilweise gegenläufigen gesetzlichen Zielvorgaben gerecht werden müsse. Innerhalb dieses Systems bestimme er zum einen als Vergütungsmaßstab die Höhe der Gesamtvergütung, sofern diese nach Einzelleistungen berechnet werde (vgl. § 85 Abs. 2 S. 2 2. HS. SGB V). Zum anderen schaffe er die Voraussetzungen für eine leistungsgerechte Verteilung der Gesamtvergütung unter den Vertragsärzten. Die vertraglichen Vereinbarungen über die Gesamtvergütung, der einheitliche Bewertungsmaßstab und die Regelungen in den Honorarverteilungsmaßstäben der Kassenärztlichen Vereinigungen müssten so ineinander greifen, dass die Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen einerseits eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Stands der medizinischen Erkenntnisse ermögliche und andererseits den Vertragsärzten eine angemessene Vergütung gesichert werde. Aus alledem folge, dass sich der gesetzliche Auftrag des Bewertungsausschusses nicht in einer Leistungsbewertung nach betriebswirtschaftlichen oder sonstigen kalkulatorischen Gesichtspunkten erschöpfe, sondern die Möglichkeit einschließe, über die Definition und Bewertung ärztlicher Verrichtungen auch eine Steuerung des Leistungsverhaltens zu bewirken. 48 Diese Steuerungsfunktion des EBM wurde besonders durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 (GKV-GRG 2000) 49 und das GMG 2003 wesentlich erweitert. 50 Zum 01. 04. 2005 trat nach einem entsprechenden Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses die so genannte „EBM-Reform 2000 plus“ 47 48 49 50
Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 87, Rdnr. 48 f. BSGE 78, 98, 105 f. BGBl. I 1999, S. 2626. Zuck, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 21, Rdnr. 10.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
in Kraft, die durch eine Neustrukturierung des vertragsärztlichen Leistungsverzeichnisses diesen erweiterten Anforderungen des Gesetzgebers an den EBM Rechnung tragen sollte. Wichtige Aspekte waren hierbei z. B. die Zusammenfassung ärztlicher Leistungen zu Leistungskomplexen und zu Fallpauschalen, die Einführung einer hausärztlichen Grundvergütung und die Zuordnung von Leistungen zur hausärztlichen oder zur fachärztlichen Versorgung. 51 Als Instrument der Mengensteuerung sah das Gesetz zunächst die Möglichkeit zur Festlegung von arztgruppenbezogenen und arztindividuellen Obergrenzen auf der Ebene des EBM vor (vgl. noch § 87 Abs. 2a S. 8 SGB V in der Fassung durch das GKV-GRG 2000). Mit dem GMG 2003 wurde diese Regelung gestrichen. Gleichzeitig wurde die Schaffung so genannter arztgruppenspezifischer Regelleistungsvolumina (RLV) auf der Landesebene verbindlich vorgegeben (vgl. § 85 Abs. 4 S. 6 bis 8 SGB V). 52 §§ 85a-85d SGB V in der Fassung durch das GMG 2003 (heute a. F.) trafen weitergehende detaillierte Regelungen zur stufenweisen Implementierung der arztgruppen- und arztspezifischen Regelleistungsvolumina. Nach § 85 Abs. 4a S. 1 SGB V sollte es aber wiederum dem Bewertungsausschuss (also der Bundesebene) obliegen, den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 S. 6 bis 8 SGB V zu treffenden Regelungen zu bestimmen. 53 Nach der Begründung zum Gesetzesentwurf sollte damit sichergestellt werden, dass die von der Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen auf der Bundesebene und die auf der Ebene der kassenärztlichen Vereinigungen zu treffenden Regelungen zur Honorarverteilung kompatibel sind. 54 Mit dem GKV-WSG wurden §§ 85a-85d SGB V neu gefasst und die vormaligen §§ 85a, 85b und 85d SGB V aus systematischen Erwägungen hinter § 87 als §§ 87a-87c SGB V eingestellt. 55 Der damals neu eingefügte § 87a Abs. 1 SGB V besagt nunmehr, dass abweichend von § 82 Abs. 2 S. 2 und § 85 SGB V seit dem 01. 01. 2009 für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen die in den nachfolgenden Abs. 2 bis 6 getroffenen Regelungen gelten. Die Kassenärztliche Vereinigung sowie die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen vereinbaren nach § 87a Abs. 2 S. 1 SGB V gemeinsam und einheitlich auf der Grundlage der Orientierungswerte gemäß § 87 Abs. 2e S. 1 SGB V bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres Punktwerte, die zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden sind. Aus den vereinbarten Punktwerten und dem EBM 51 Vgl. umfassende Darstellung bei Hess, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 16, Rdnr. 37 ff. 52 Vgl. Hess, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 16, Rdnr. 45. 53 BGBl. I 2003, S. 2190, 2205 ff. 54 BT-Drucks. 15/1525, S. 101. 55 Die systematische Einordnung hinter § 87 SGB V erfolgte in Abweichung vom ursprünglichen Gesetzentwurf auf Vorschlag des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), vgl. BT-Drucks. 16/4247, S. 41.
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ist nach § 87a Abs. 2 S. 6 SGB V jeweils eine regionale Gebührenordnung mit Europreisen (regionale Euro-Gebührenordnung) zu erstellen. Gesamtvergütung: Lange Zeit war für die Gesamtvergütungen § 85 SGB V die zentrale Norm. § 85 Abs. 1 SGB V besagt, dass die Krankenkasse nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen zu entrichten hat. § 85 Abs. 2 S. 1 f. SGB V besagt des Weiteren, dass die Höhe der Gesamtvergütung im Gesamtvertrag vereinbart wird und dass die Gesamtvergütung das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen darstellt. Sie kann danach als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabs nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt. Der Begriff der Gesamtvergütung wurde / wird gelegentlich fälschlich mit dem Begriff der Pauschalvergütung gleichgesetzt. Wie der Blick in § 85 Abs. 2 S. 2 SGB V zeigt, war es aber in der Vergangenheit beispielsweise auch möglich, gesamtvertraglich die Berechnung der Höhe der Gesamtvergütung anhand der tatsächlichen Einzelleistungen auszurichten. Tatsächlich entsprach der größte Teil der vereinbarten Gesamtvergütungen dem Typus des Mischsystems nach § 85 Abs. 2 S. 2 2. HS. 5. Alt. SGB V. Diese Mischsysteme wurden allerdings ihrerseits ganz überwiegend von festbetragsähnlichen Kopfpauschalen mit strikter Anbindung an die Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder der Krankenkassen (vgl. § 71 Abs. 3 S. 1 SGB V) dominiert. 56 Selbst im Fall einer Einzelleistungsvergütung im Verhältnis zwischen Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen wäre im Übrigen nach § 85 Abs. 2 S. 7 SGB V der Betrag des Gesamtausgabenvolumens zu bestimmen und eine Regelung zur Vermeidung der Überschreitung dieses Betrages zu treffen, so dass auch bei dieser Berechnungsart eine erhöhte Morbidität der Versicherten bzw. eine erhöhte Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen nicht etwa zwingend mit einer entsprechend erhöhten Gesamtvergütung korrelieren würde. Durch die schon angedeutete neue zentrale Rolle der mit dem GMG 2003 verbindlich implementierten Regelleistungsvolumina im vertragsärztlichen Vergütungssystem verfolgte der Gesetzgeber u. a. das Ziel, im Bereich der Gesamtvergütungen zu einer stärker am tatsächlichen Versorgungsbedarf orientierten Berechnungsgrundlage zurückzukehren. Grund hierfür war einerseits die wegen 56
Zuck, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 21, Rdnr. 35.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
der Umstellung des Vergütungssystems der stationären Krankenhausleistungen auf DRG erwartete erhöhte (ambulante) Morbidität der Versicherten. 57 Daneben waren es aber auch gerade die neuen direktvertraglichen Möglichkeiten bzw. Versorgungsformen, wie beispielsweise die integrierte Versorgung, die eine Orientierung der Gesamtvergütung am jeweils tatsächlich über das vertragsärztliche System sicherzustellenden Versorgung notwendig machten. 58 Die Begründung des Gesetzesentwurfs zum GMG 2003 besagt hierzu: „Durch die Abschaffung der bisher vereinbarten Kopfpauschalen pro Mitglied werden zugleich bestehende Hindernisse für die Entwicklung innovativer Versorgungsformen, insbesondere der integrierten Versorgung, beseitigt: Es wird nicht mehr ein fixes, von der Krankenkasse unabhängig vom Umfang der tatsächlich erbrachten Leistungen gezahltes Honorarbudget (als Summe der Kopfpauschalen) vereinbart, das im Nachhinein um Vergütungsanteile für Leistungen, die außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden, bereinigt werden müsste. Da nur die tatsächlich erbrachten Leistungen – bis zur Obergrenze des vereinbarten Behandlungsbedarfs bzw. des jeweiligen Regelleistungsvolumens – vergütet werden, entfällt die Notwendigkeit einer Budgetbereinigung. Eine Bereinigung ist ggf. nur in Form einer Anpassung der o. a. Obergrenze erforderlich.“ 59
Nach § 85a Abs. 1, Abs. 2 SGB V in der Fassung durch das GMG 2003 sollten, ausdrücklich abweichend von § 85 Abs. 1 bis 3 SGB V, die Gesamtvergütungen im vertragsärztlichen 60 Bereich zum 01. 01. 2007 auf neuer Basis gefunden werden. Die Parteien der Gesamtverträge sollten den mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarf, die Aufteilung der Leistungsmengen auf die jeweiligen Arztgruppen (arztgruppenbezogene Regelleistungsvolumina) sowie den für die Vergütung der im Rahmen des jeweiligen Regelleistungsvolumens erbrachten Leistungen anzuwendenden Punktwert vereinbaren. Der Behandlungsbedarf der Versicherten und das Regelleistungsvolumen einer Arztgruppe waren dabei als Punktzahlvolumen auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs zu definieren. Der zwischen den Parteien vereinbarte morbiditätsbedingte Behandlungsbedarf war gleichzeitig als „notwendige medizinische Versorgung“ im Sinne von § 71 Abs. 1 S. 1 SGB V zu verstehen (vgl. ausdrücklich § 85a Abs. 4 S. 2 2. HS. SGB V in der Fassung durch das GMG 2003, der zwischenzeitlich allerdings erneut geändert wurde). Während das enge „Korsett“ der Beitragssatzstabilität in den vorausgegangenen Jahren das alles durchdringende Prinzip bei der Findung der Gesamtvergütungen war, 61 wurde den Vertragspartnern nunmehr die Loslösung hiervon zugunsten einer am Behandlungsbedarf orientierten Verhandlung ermöglicht. 62 57
Siehe hierzu oben 1. Teil B. Hess, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 16, Rdnr. 59. 59 BT-Drucks. 15/1525, S. 102. 60 Anderes sollte jedoch im vertragszahnärztlichen Bereich gelten, vgl. § 85a Abs. 1 Halbs. 2 SGB V in der Fassung durch das GMG. 58
A. Versorgung innerhalb des vertragsärztlichen Systems
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Wie schon erwähnt wurde, sind die Regelungen des vormaligen § 85a SGB V durch das GKV-WSG neu gefasst und hinter § 87 SGB V im neuen § 87a SGB V eingestellt worden. Nach § 87a Abs. 3 S. 1 bis 3 SGB V n. F. ist folgendes Procedere vorgeschrieben: Die Vertragsparteien der Landesebene vereinbaren gemeinsam und einheitlich für das Folgejahr mit Wirkung für die Krankenkassen die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zu zahlenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung. Hierzu vereinbaren sie als Punktzahlvolumen auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs den mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarf und bewerten diesen mit den nach § 87a Abs. 2 S. 1 SGB V vereinbarten Punktwerten in Euro. Der vereinbarte Behandlungsbedarf gilt auch nach der Neufassung ausdrücklich als notwendige medizinische Versorgung gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 SGB V. Die im Rahmen des Behandlungsbedarfs erbrachten Leistungen sind mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 S. 6 SGB V zu vergüten. Eine Vereinbarung arztgruppenspezifischer Regelleistungsvolumina ist nicht mehr vorgesehen. 63 Honorarverteilung: Vor der Einführung der heute gültigen Vergütungssystematik hatten die Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 85 Abs. 4 S. 1 f. SGB V die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung zu verteilen und dabei den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden 64 Honorarverteilungsmaßstab (HVM) anzuwenden. Nach § 85b Abs. 1 S. 1 SGB V in der Fassung durch das GMG 2003 (heute a. F.) sollten, abweichend von § 85 Abs. 4 und 4a SGB V, die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 01. 01. 2007 von der Kassenärztlichen Vereinigung 61
Vgl. Darstellung zur historischen Entwicklung der Gesamtvergütungen bei Hess, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 16, Rdnr. 9 ff., 61. 62 Schirmer, Vertragsarztrecht, S. 451. 63 Vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/3100, S. 119 ff. (zum Entwurf eines § 85a SGB V, der sich dann im endgültigen Gesetz nach Anregung des 14. Ausschusses im Wesentlichen in § 87a SGB V wiederfand). 64 Bis zum 01. 07. 2004 bzw. 01. 04. 2004 (für die Ersatzkassen) war der nach § 85 Abs. 4 S. 2 SGB V a. f. von den Kassenärztlichen Vereinigungen lediglich im „Benehmen“ mit den Verbänden der Krankenkassen festzusetzende Honorarverteilungsmaßstab anzuwenden. Als der Gesetzgeber dann die Einigung über die Honorarverteilungsmaßstäbe verbindlich vorschrieb, bedeutete dies bereits eine maßgebliche Kompetenzverschiebung von der vornehmlich vertragsärztlichen auf die gemeinsame Selbstverwaltung mit den Krankenkassen.
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im Rahmen von arztbezogenen Regelleistungsvolumina auf der Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs zu vergüten sein. Die Zuweisung der arztbezogenen Regelleistungsvolumina an die Vertragsärzte und ermächtigten Ärzte oblag nach der Regelung der Kassenärztlichen Vereinigung. Ziel war es nach der Gesetzesbegründung, die Honorarverteilungsmaßstäbe gänzlich abzulösen und Kalkulationssicherheit für den einzelnen Leistungserbringer hinsichtlich des zu erwartenden Honorars für die erbrachten Leistungen zu erreichen. Im Rahmen der arztbezogenen Regelleistungsvolumina sollten die im EBM enthaltenen Leistungen ab 2007 nach einem festen Vergütungspunktwert abgerechnet werden (vgl. § 85b Abs. 2 S. 1 SGB V in der Fassung durch das GMG 2003, der zwischenzeitlich erneut geändert wurde). 65 Die durch das GKV-WSG neu formulierte Regelung (nun in § 87b SGB V zu finden) besagt, dass abweichend von § 85 SGB V die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 01. 01. 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V vergütet werden (vgl. § 87b Abs. 1 S. 1 SGB V). Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis sind weiterhin arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen. Im Rahmen des Regelleistungsvolumens sind die Leistungen des vertragsärztlichen Leistungserbringers mit den in der regionalen Euro-Gebührenordnung enthaltenen Preisen abzurechnen. Leistungsmengen, die das Regelleistungsvolumen überschreiten, sind nach § 87a Abs. 2 S. 3 SGB V grundsätzlich abgestaffelt zu vergüten. Abrechnung durch Kassenärztliche Vereinigung: Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, ärztlich geleiteten Einrichtungen und medizinischen Versorgungszentren haben nach § 295 Abs. 4 S. 1 SGB V die für die Abrechnung der Leistungen notwendigen Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern zu übermitteln. Nach der sachlich-rechnerischen Prüfung erlässt die Kassenärztliche Vereinigung in Anwendung der dargestellten Rechtsgrundlagen zur Honorarbestimmung einen das vertragsärztliche Honorar festsetzenden Honorarbescheid. Dieser steht jedoch regelmäßig unter dem Vorbehalt einer auch nachträglichen sachlichen und / oder rechnerischen Berichtigung. 66
65
BT-Drucks. 15/1525, S. 103. Siehe hierzu z. B. Steinhilper, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 17, Rdnr. 48 ff. 66
A. Versorgung innerhalb des vertragsärztlichen Systems
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6. Teilnahmeformen an der vertragsärztlichen Versorgung Die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung kann nach § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V aufgrund einer Zulassung oder auf Basis einer Ermächtigung erfolgen. Die für die Zulassung und Ermächtigung maßgeblichen Regelungen ergeben sich vornehmlich aus den §§ 95 ff. SGB V und der auf Basis von § 98 SGB V erlassenen Zulassungsverordnung. a) Zulassung Die Zulassung ist der umfassende statusbegründende Akt für die Berufsausübung des Vertragsarztes im vertragsärztlichen System und stellt einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar. Der Zulassungsstatus ist ein eigentumsähnliches Recht. 67 Er kann einerseits von Ärzten und andererseits von medizinischen Versorgungszentren erworben werden (vgl. § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V). Medizinische Versorgungszentren sind nach § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig werden. Eine Eintragung in das Arztregister des jeweiligen Zulassungsbezirks ist gemäß § 95 Abs. 2 S. 1 1. Alt. SGB V auch für den Arzt obligatorisch, der sich um die persönliche Zulassung als Vertragsarzt bewirbt. Die Eintragung erfolgt für Vertragsärzte gemäß § 95 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 1. Alt. SGB V auf Antrag nach Erfüllung der in § 95a SGB V aufgestellten Voraussetzungen. Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. § 95a Abs. 1 SGB V (und der in dieser Hinsicht gleich lautende § 3 Abs. 2 Ärzte-ZV) legt als persönliche Voraussetzung der Eintragung in das Arztregister fest, dass der Arzt approbiert sein muss. Er muss weiterhin entweder eine allgemeinmedizinische Weiterbildung, eine Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung oder eine gemäß § 95a Abs. 4 f. SGB V anerkannte Qualifikation abgeschlossen bzw. nachgewiesen haben. Aus dem „historischen Blickwinkel“ ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit zur Zulassung lange Zeit, entsprechend des in der vertragsärztlichen Versorgung vorherrschenden Leitbilds, allein dem freiberuflich in eigener Praxis tätigen Arzt vorbehalten war. Ärztlich geleitete Einrichtungen konnten nur im Rahmen von grundsätzlich nachrangigen und / oder bedarfsorientiert zu vergebenden Ermächtigungen an der vertragsärztlichen Versorgung teilhaben. 68 Der niedergelassene Vertragsarzt galt als „Normtyp“ des vertragsärztlichen Leistungserbringers. 69 Dieses Prinzip wurde jedoch durch die Einführung der medizinischen 67 68
Schirmer, Vertragsarztrecht, S. 226. Schnath, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 B., Rdnr. 3.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Versorgungszentren als ärztlich geleitete Einrichtungen durch das GMG 2003 aufgebrochen. Auf die vom Gesetzgeber dabei verfolgten Ziele und die für die medizinischen Versorgungszentren maßgeblichen rechtlichen Details wird später noch einzugehen sein. Die Zulassung bewirkt die Berechtigung des zugelassenen Arztes oder des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums, die ambulante ärztliche Versorgung der GKV-Versicherten durchzuführen. Noch genauer und aus der Sicht des Leistungserbringers betrachtet, kommt es bei der „Berechtigung“ zur Erbringung vertragsärztlicher Leistungen auf das Recht zur Teilhabe an der Gesamtvergütung an, die die Kassenärztlichen Vereinigungen nach §§ 85 Abs. 1, 75 Abs. 1 S. 1 SGB V mit befreiender Wirkung für die Wahrnehmung ihres Sicherstellungsauftrags erhalten. 70 Nach § 95 Abs. 3 S. 1 SGB V bewirkt die Zulassung, dass der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Sitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird. Er ist zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet. Ähnliches gilt für die medizinischen Versorgungszentren. Hier bewirkt die Zulassung, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte persönlich Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung werden und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist (vgl. § 95 Abs. 3 S. 2 SGB V). Nach § 95 Abs. 3 S. 3 SGB V sind die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung verbindlich. Wichtige Pflichten aus der Zulassung sind die Präsenzpflicht (§ 24 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV), die Residenzpflicht (§ 24 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV), die Einhaltung der Fachgebietsgrenze und die Verpflichtung, den Versicherten im erforderlichen Umfang zur Verfügung zu stehen (Behandlungspflicht, vgl. § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV). Hinzu kommt die Fortbildungspflicht nach § 95d SGB V. 71 Die Entscheidung über die Zulassung trifft der für den jeweiligen Zulassungsbezirk nach § 96 Abs. 1 f. SGB V gebildete Zulassungsausschuss. Die Zulassungsausschüsse werden durch die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen errichtet. Sie bestehen aus Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl. Die Vertreter der Ärzte und ihre Stellvertreter werden dabei von den Kassenärztlichen Vereinigungen bestellt. Den Vorsitz führen abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen. Neben den Zulassungsausschüssen werden auch 69
Vgl. Hauck / Noftz, SGB V, § 95, Rdnr. 6. Schnath, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 B., Rdnr. 4. 71 Siehe Darstellung wesentlicher vertragsärztlichen Pflichten bei Zuck, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 19, Rdnr. 36 ff. 70
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Berufungsausschüsse errichtet (vgl. § 97 Abs. 1 SGB V). Das gestufte Verfahren vor den Zulassungs- und Berufungsausschüssen ist vergleichbar mit einem gerichtlichen Verfahren 72 und wird maßgeblich bestimmt durch §§ 96 f. SGB V, 36 ff. Ärzte-ZV. Die einmal erteilte Zulassung kann durch Beschluss des Zulassungsausschusses zum Ruhen gebracht werden (vgl. §§ 95 Abs. 5 SGB V, 26 Ärzte-ZV). Die Tatbestände, die zum Ende des Zulassungsstatus führen können, sind in §§ 95 Abs. 5 ff. SGB V, 26 ff. Ärzte-ZV geregelt. In Betracht kommen danach beispielsweise eine Beendigung durch Verzicht, durch Wegzug des berechtigten Arztes, durch Entziehung durch den Zulassungsausschuss oder durch Erreichen der Altersgrenze gemäß § 95 Abs. 7 S. 3 SGB V. Einen Sonderfall stellen die Einrichtungen nach § 311 Abs. 2 S. 1 SGB V dar. Die dort genannten im Beitrittsgebiet bestehenden ärztlich geleiteten Gesundheitseinrichtungen einschließlich der Einrichtungen des Betriebsgesundheitswesens sowie der diabetologischen, nephrologischen, onkologischen und rheumatologischen Fachambulanzen nehmen in dem Umfang, in dem sie am 31. Dezember 2003 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen waren, weiterhin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Nach § 311 Abs. 2 S. 2 SGB V gelten für sie im Übrigen die Vorschriften für medizinische Versorgungszentren entsprechend. b) Ermächtigung Neben den zugelassenen Ärzten und den zugelassenen medizinischen Versorgungszentren nehmen die ermächtigten Ärzte und ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen an der vertragsärztlichen Versorgung teil (vgl. § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V). Die Ermächtigung bewirkt nach § 95 Abs. 4 SGB V, dass der betreffende Arzt oder die betreffende ärztlich geleitete Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet wird. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die §§ 95 Abs. 5 bis 7, 75 Abs. 2, 81 Abs. 5 SGB V gelten entsprechend. Bis auf medizinische Versorgungszentren können „ärztlich geleitete Einrichtungen“ eine Teilnahmemöglichkeit an der vertragsärztlichen Versorgung lediglich über eine Ermächtigung erlangen. 73 Nur für ermächtigte Krankenhausärzte hat die Ermächtigung nach § 77 Abs. 3 SGB V die Mitgliedschaft in der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung zur Folge und ist insofern eine statusbegründende Teilnahmeform. 74 § 31 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV sieht vor, dass die 72 73 74
Zuck, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 19, Rdnr. 51. Schnath, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 B., Rdnr. 26. Schirmer, Vertragsarztrecht, S. 233.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Ermächtigung zeitlich, räumlich und ihrem Umfang nach zu bestimmen ist. Die Ermächtigung stellt sich demnach als eine gegenüber der Zulassung eingeschränkte Form der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung dar. 75 Ebenso wie Zulassungen werden Ermächtigungen durch die Zulassungsausschüsse erteilt. Nach § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V haben die Zulassungsverordnungen die Voraussetzungen zu enthalten, unter denen Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, oder in besonderen Fällen ärztlich geleitete Einrichtungen durch die Zulassungsausschüsse zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden können. Die entsprechenden Regelungen finden sich in §§ 31, 31a Ärzte-ZV. In §§ 116 (Ermächtigung von Krankenhausärzten), 116a (Ermächtigung von Krankenhäusern bei Unterversorgung), 117 (Hochschulambulanzen), 118 (Psychiatrische Institutsambulanzen), 119 (Sozialpädiatrische Zentren), 119a (Ambulanzen in Einrichtungen der Behindertenhilfe), 119b SGB V (Ambulanzen in stationären Pflegeeinrichtungen) werden weitere spezielle Regelungen hinsichtlich einzelner Ermächtigungstatbestände getroffen. Teilweise hat der Zulassungsausschuss bei der Entscheidung über die Ermächtigung einen Ermessensspielraum (vgl. beispielsweise §§ 116 S. 1 SGB V). Teilweise ist er verpflichtet, eine Ermächtigung auszusprechen (vgl. beispielsweise §§ 116 S. 2, 117 Abs. 1 S. 1 SGB V). Im Fall der Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen mit regionaler Versorgungsverpflichtung besteht nach § 118 Abs. 2 S. 1 SGB V sogar eine unmittelbar gesetzliche Institutsermächtigung. Es bedarf in dieser besonderen Konstellation keines Verfahrens vor dem Zulassungsausschuss. Eine Sonderstellung nehmen die Hochschulambulanzen (§ 117 SGB V), die psychiatrischen Institutsambulanzen (§ 118 SGB V) sowie die sozialpädiatrischen Zentren (§ 119 SGB V) ein. Diese nehmen zwar aufgrund einer Ermächtigung an der ambulanten Versorgung teil. Ebenso wie bei der integrierten Versorgung und im Fall von § 116b Abs. 2 SGB V werden ihre Leistungen aber nicht aus der Gesamtvergütung, sondern unmittelbar von den Krankenkassen vergütet. 7. Ergebnis Bestimmend für die vertragsärztlichen Versorgungsstrukturen ist das Vertragsarztrecht. Das Vertragsarztrecht umfasst die Summe aller Normen, welche die Rechtsbeziehungen zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und ihren Verbänden zu den bei der Verwirklichung der vertragsärztlichen Versorgung tätig werdenden Personen und Einrichtungen regeln. 76 Maßgeblich sind insbesondere 75
Krauskopf, in: Laufs / Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 27, Rdnr. 43.
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die Regelungen des SGB V. Hinzu kommt eine Fülle untergesetzlicher Rechtsnormen. Für das Thema der Arbeit spielen dabei insbesondere die Ärzte-ZV, die Kollektiverträge und die Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses eine Rolle. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen nach § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur dann erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Empfehlung abgegeben hat. Es gilt demnach gewissermaßen ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Im Krankenhaus besteht dagegen nach § 137c Abs. 1 S. 1 SGB V eine „Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt.“ Nicht nur etablierte sondern auch neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden können im Krankenhaus grundsätzlich erbracht werden, soweit und solange keine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses entgegensteht. Das heute von den Kollektiverträgen und vom Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen geprägte System der ambulanten medizinischen Versorgung in der GKV ist aus einer für die Ärzteschaft zunächst ungünstigen Situation Eingangs des 20. Jahrhunderts heraus entstanden. Da für die Krankenkassen eine verhältnismäßig große Zahl potentieller Vertragspartner zur Erbringung der Leistungen gegenüber den Versicherten zur Verfügung stand, hatten sie eine starke Verhandlungsposition hinsichtlich der Preise. Dem setzte die Ärzteschaft durch ihre gemeinschaftliche Interessenorganisation in Verbänden etwas entgegen, was langfristig zur Bildung der heutigen Kassenärztlichen Vereinigungen führte. Auch der nach § 75 Abs. 1 SGB V bei den Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung liegende Sicherstellungsauftrag ist Ausdruck dieser historischen Entwicklung. Die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen wird durch verschiedene Faktoren bestimmt. Zunächst einmal ist dies der EBM. Der EBM legt – entsprechend seiner Hauptfunktion als Leistungs- und Bewertungsverzeichnis – den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander fest. Nach § 87a Abs. 2 S. 1 SGB V vereinbaren die Kassenärztliche Vereinigung sowie die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen jährlich Punktwerte, die zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden sind. Aus den vereinbarten Punktwerten und dem EBM ist nach heutiger Rechtslage jeweils eine regionale Gebührenordnung mit Europreisen zu erstellen. Gemäß § 87a Abs. 3 S. 1 bis 3 SGB V vereinbaren die Vertragsparteien der Landesebene ebenfalls jeweils für das Folgejahr die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die Kassenärztliche Vereinigung zu zahlende „morbiditätsbedingte Gesamtvergütung“ für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung. 76
Neumann, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 13, Rdnr. 2.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Hinter der Einführung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung im Gegensatz zu dem zuvor de facto von Kopfpauschalen dominierten Berechnungssystem steht einerseits die Erwartung einer erhöhten ambulanten Morbidität der Versicherten als mittelbare Folge der Veränderungen im Krankenhausbereich z. B. durch die Implementierung der DRG. Die strikte Ankopplung der Gesamtvergütungen an die Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder der Krankenkassen wurde deshalb aufgelöst. Auf der anderen Seite sollten aber auch „innovative Versorgungsformen“ 77 gefördert werden. Durch die prospektive Orientierung der Gesamtvergütung am antizipierten Behandlungsbedarf innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung sollte die Notwendigkeit der nachträglichen Bereinigung für solche Leistungsanteile, die tatsächlich über besondere Versorgungsformen erbracht wurden, unnötig gemacht werden. Letztendliches Ziel war es dabei, eine Doppelfinanzierung von Leistungen durch die Krankenkassen zu verhindern. Die Leistungserbringer können entweder aufgrund einer Zulassung oder auf Basis einer Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Die Zulassung als umfassender statusbegründender Akt für die ärztliche Berufsausübung im vertragsärztlichen System war traditionell allein dem freiberuflich in eigener Praxis tätigen Arzt vorbehalten. Dieses Prinzip wurde durch die Einführung der medizinischen Versorgungszentren als ärztlich geleitete Einrichtungen durch das GMG 2003 durchbrochen. Die Ermächtigung bot dagegen bereits in der Vergangenheit eine Möglichkeit zur ambulanten Versorgung im GKV-System auch durch nicht in eigener Praxis niedergelassene Leistungserbringer. Sie stellt sich aber im Verhältnis zur Zulassung als eine regelmäßig nachrangige und / oder eingeschränkte Form der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung dar.
II. Wege für Krankenhäuser in das vertragsärztliche System Nachdem nunmehr die grundlegenden Rechtsbeziehungen des Vertragsarztrechts dargestellt wurden, folgt die Analyse der Möglichkeiten der Krankenhäuser zur ambulanten Leistungserbringung innerhalb des vertragsärztlichen Systems. Aufgrund ihrer in der Vergangenheit und auch heute noch hohen praktischen Relevanz ist hier zunächst die Möglichkeit der persönlichen Ermächtigung von Krankenhausärzten nach § 116 SGB V zu nennen. Hierbei handelt es sich sozialrechtlich freilich um eine Form „lediglich“ indirekter Teilnahme der 77 Gemeint sind in diesem Zusammenhang solche Formen der Versorgung, die geeignet und bestimmt dazu sind, die klassischen Sektorengrenzen (und dabei eben auch die Grenzen der jeweiligen Vergütungssysteme der „stationären Abrechnung“ und der „vertragsärztlichen Abrechnung“) zu transzendieren.
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Krankenhäuser an der vertragsärztlichen Versorgung. Der Systemzugang über eine Ermächtigung kann für das Krankenhaus aber auch unmittelbar erfolgen. In bestimmten Fallkonstellationen können durch den Zulassungsausschuss nämlich so genannte Institutsermächtigungen ausgesprochen werden. Eine ganz wesentliche Neuerung brachte – wie bereits angedeutet wurde – das GMG 2003 mit sich, indem es die medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in die Kette der zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringer aufnahm. Medizinische Versorgungszentren können grundsätzlich auch von Krankenhäusern gegründet werden und ermöglichen diesen so die „Bewerbung“ um die dauerhafte und inhaltlich unbeschränkte Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Diese relativ junge Alternative eines Zugangs zum vertragsärztlichen System soll im Nachgang zu den oben genannten Ermächtigungsmöglichkeiten dargestellt werden. Abschließend werden zur Vollständigkeit auch die Themenbereiche „Vertragsärztliche Praxis im Krankenhaus“ und „Notdienstleistungen“ kurz angesprochen. 1. Persönliche Ermächtigung von Krankenhausärzten § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V bestimmt, dass an der vertragsärztlichen Versorgung neben zugelassenen Ärzten und zugelassenen medizinischen Versorgungszentren auch ermächtigte Ärzte sowie ermächtigte Einrichtungen teilnehmen. Nach § 95 Abs. 4 S. 1 f. SGB V bewirkt die Ermächtigung, dass die ermächtigten Ärzte oder die ermächtigten Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet sind. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. § 116 SGB V regelt die Möglichkeit der so genannten persönlichen Ermächtigung von Krankenhausärzten. Hierbei handelt es sich um den qualitativ und quantitativ wichtigsten bestehenden Ermächtigungstatbestand. Hinter der Vorschrift steht das Anerkenntnis, dass viele Krankenhausärzte aufgrund der speziellen Ausrichtung ihrer Abteilung über besondere Kenntnisse und Möglichkeiten verfügen, die im niedergelassenen Bereich nicht in ausreichendem Umfang vorhanden sind. 78 § 116 SGB V besagt, dass Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhausträgers vom Zulassungsausschuss zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden können. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird.
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Vgl. Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, S. 145.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Weiterhin zu beachten sind insbesondere die in den Zulassungsverordnungen enthaltenen Regelungen. Nach § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V haben die Zulassungsverordnungen Vorschriften zu enthalten über die Voraussetzungen, unter denen Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, oder in besonderen Fällen ärztlich geleitete Einrichtungen durch die Zulassungsausschüsse zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden können. Ebenso haben sie die Rechte und Pflichten der ermächtigten Ärzte und ermächtigten Einrichtungen sowie die Zulässigkeit einer Vertretung von ermächtigten Krankenhausärzten durch Ärzte mit derselben Gebietsbezeichnung zu regeln. § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV stellt inhaltlich lediglich eine Wiederholung von § 116 SGB V dar. Weitergehende Maßgaben enthält aber § 31a Abs. 3 i.V. m. § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV, wonach die Ermächtigung zeitlich, räumlich und ihrem Umfang nach zu bestimmen ist. In dem Ermächtigungsbeschluss ist weiterhin festzulegen, ob der ermächtigte Arzt unmittelbar oder auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann. Neben den genannten Vorschriften spricht auch § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV von der Möglichkeit zur persönlichen Ermächtigung, wenn dort dem Zulassungsausschuss die Möglichkeit eingeräumt wird, neben den zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringern weitere Ärzte zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu ermächtigen, sofern dies zur Abwendung einer bestehenden oder unmittelbar drohenden Unterversorgung oder zur Versorgung eines begrenzten Personenkreises notwendig ist. § 31 Abs. 2 und Abs. 5 Ärzte-ZV gestatten es den Parteien der Bundesebene (über die von § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV erfassten Fälle hinaus) weitere Regelungen im Hinblick auf Ermächtigungsmöglichkeiten in den Bundesmantelverträgen vorzusehen. In §§ 5 bis 8 BMV-Ä bzw. §§ 9 bis 12 EKV haben die Vertragsparteien hiervon Gebrauch gemacht. Auf diese letztgenannten speziellen Ermächtigungsregelungen und auch auf § 31 Abs. 3 i.V. m. Abs. 1 Ärzte-ZV (Ermächtigung von ausländischen Ärzten mit Erlaubnis zur vorübergehenden Berufsausübung) wird im Folgenden allerdings nicht im Detail eingegangen werden. Die Rechtsgrundlagen und Maßgaben zu persönlichen ärztlichen Ermächtigungen verteilen sich also über das SGB V, die Zulassungsverordnungen und die Bundesmantelverträge. Dass sich die Regelungen dabei teilweise wiederholen, sich aber teilweise auch gegenseitig ergänzen bzw. beschränken, trägt leider wenig zur Übersichtlichkeit der Thematik bei. Es werden nun zunächst einmal die persönlichen, formalen (Antragstellung) und sachlichen Anforderungen an die Ermächtigung eines Krankenhausarztes dargestellt.
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a) Persönliche Voraussetzungen Ermächtigung von Krankenhausärzten gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV: § 116 SGB V und § 31a Ärzte-ZV sprechen von „Krankenhausärzten.“ Erfasst werden hiervon die in einem Krankenhaus im Sinne des § 107 Abs. 1 SGB V tätigen Ärzte, die dort in der Regel im Rahmen eines Angestellten- 79 oder Beamtenverhältnisses 80 beschäftigt sind. Nach einer in Literatur und Rechtsprechung weit verbreiteten Auslegung soll dabei nur der „hauptberuflich“ im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses im Krankenhaus tätige Arzt unter die Vorschrift zu subsumieren sein. Belegärzte oder lediglich nebenamtlich im Krankenhaus tätige Ärzte könnten danach keine Ermächtigung nach §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV erlangen. 81 Dieser Auffassung ist – im Wesentlichen – zuzustimmen. Die aus dem Wortlaut der §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV erkennbare Zielrichtung der Vorschriften ist es, den gesetzlich Krankenversicherten den Zugang auch zu solchen Ärzten zu ermöglichen, die gerade aufgrund ihrer Tätigkeit im Krankenhaus die dort genutzten besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden beherrschen bzw. durch ihre Tätigkeit im Krankenhaus spezielle Kenntnisse erlangt haben. 82 Solche gerade krankenhausspezifischen Fähigkeiten wird in aller Regel nur derjenige Arzt entwickeln und angesichts des ständigen medizinischen Fortschritts erhalten können, dessen ärztliche Tätigkeit zumindest ganz wesentlich von seiner Aufgabenerfüllung im Krankenhaus geprägt wird. Fraglich dürfte dabei allerdings sein, ob die Tätigkeit als Krankenhausarzt tatsächlich immer „hauptberuflich“ ausgeübt werden muss. Aus dem Wortlaut der Ermächtigungsvorschriften oder aus dem Normzweck ließe sich dies zumindest nicht ableiten. Vielmehr sollte eine im Rahmen der gesamten beruflichen Tätigkeit zumindest wesentliche Beschäftigung im Krankenhaus (z. B. auch 20 Stunden / Woche bei einer Gesamtarbeitszeit von 42 Stunden / Woche) ausreichen, wenn dies im Einzelfall und im Hinblick auf den zur Ermächtigung anstehenden Leistungsbereich besondere „krankenhausärztliche“ Fähigkeiten erwarten lässt. Eine persönliche Ermächtigung von Krankenhausärzten nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV setzt die abgeschlossene Weiterbildung voraus. Der Adres79
Kruschinsky, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 116, Rdnr. 7. Diese Alternative tritt zunehmend in den Hintergrund. Sogar für leitende Ärzte in unmittelbar öffentlich getragenen Kliniken – z. B. in Hochschulkliniken stellte der beamtete Chefarzt lange Zeit den Normalfall dar – wird das Beamtenverhältnis derzeit sukzessiv durch dienstvertraglich geprägte Beschäftigungsverhältnisse mit leistungsbezogenen Elementen („Chefarztverträge“) abgelöst. 81 Vgl. Hencke, in: Peters, SGB V, § 116, Rdnr. 2. Zumindest grundsätzlich ebenso Dalichau / Grüner, Gesundheitsstrukturgesetz, § 116, S. 2. Siehe auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13. 01. 1999, L 11 KA 185/98. 82 So auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13. 01. 1999, L 11 KA 185/98. 80
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sat einer entsprechenden Ermächtigung muss also die Anerkennung erlangt haben, als Arzt bei der Berufsausübung eine Facharzt- bzw. Gebietsbezeichnung führen zu dürfen. Einschlägig ist insofern das ärztliche Berufsrecht und hier konkret die Heilberufs- und Kammergesetze der Länder sowie die darauf basierenden Weiterbildungsordnungen, die durch die Landesärztekammern als Satzungsrecht festgelegt werden. 83 Das ist insofern konsequent, als §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV in sachlicher Hinsicht in erster Linie an einen qualitativ bestehenden Versorgungsbedarf anknüpfen. Die abgeschlossene Weiterbildung stellt sich ebenfalls als qualitatives (personenbezogenes) Element dar, da die fachärztliche Kompetenz zumindest eine grundsätzliche Gewähr dafür bietet, dass der jeweilige Arzt auch tatsächlich die notwendige Erfahrung besitzt, um die „besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse“ von Krankenhausärzten zur Anwendung zu bringen. Gemäß § 31 Abs. 8 Ärzte-ZV, der nach § 31a Abs. 3 Ärzte-ZV für die Ermächtigung nach § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV bzw. § 116 SGB V entsprechend gilt, dürfen keine der in § 21 Ärzte-ZV genannten Gründe vorliegen, die den Arzt als ungeeignet für eine persönliche Ermächtigung erscheinen lassen. Das Merkmal der „Geeignetheit“ im Vertragsarztrecht ähnelt dem gewerberechtlichen „Zuverlässigkeitsbegriff“ (vgl. § 35 Abs. 1 S. 1 GewO). Ausgeschlossen für die Ausübung der „Kassenpraxis“ ist nach § 21 Ärzte-ZV (die Vorschrift entstammt dem Abschnitt über vertragsärztliche Zulassungen) ein Arzt mit geistigen oder sonstigen in der Person liegenden schwerwiegenden Mängeln, insbesondere wenn er innerhalb der letzten fünf Jahre vor seiner Antragstellung rauschgiftsüchtig oder trunksüchtig war. Versagensgründe können sich auch aus in der Vergangenheit begangenen Verstößen gegen vertragsärztliche Pflichten, z. B. durch beharrliche Missachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots oder durch Verletzung der Pflicht zur korrekten Leistungsabrechnung, ergeben. 84 Nach § 95 Abs. 7 S. 3 a. F. i.V. m. Abs. 4 S. 3 SGB V endete die Ermächtigung früher grundsätzlich zum Ende des Quartals, in dem der Arzt das 68. Lebensjahr vollendet hatte. Diese nicht unumstrittene Altergrenze 85 wurde durch die Neufassung von § 95 Abs. 7 S. 3 ff. SGB V mit Wirkung zum 01. 10. 2008 aufgehoben. 86 Ähnlich war bereits zuvor mit der bis zum 31. 12. 2006 in §§ 98 Nr. 12 SGB V, 25 Ärzte-ZV a. F. geregelten altersbezogenen Zugangsgrenze zum vertragsärztlichen System verfahren worden. Ärzte die das 55. Lebensjahr vollendet hatten, sollten danach von der Zulassung und grundsätzlich auch von der Ermächtigung ausgeschlossen sein. Im Hinblick auf Ermächtigungen war diese Altergrenze ohnehin nur von eingeschränkter Bedeutung, da die Altersgrenze einer Ermächtigung 83 84 85 86
Schirmer, Vertragsarztrecht, S. 234. Kruschinsky, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 116, Rdnr. 9. Siehe hierzu zwischenzeitlich EuGH, Urt. v. 12. 01. 2010, NJW 2010, 587. BGBl. I 2008, S. 2426, 2427 f.
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nach § 31 Abs. 9 S. 2 Ärzte-ZV a. F. dann nicht im Wege stehen sollte, wenn diese zur Sicherstellung der Versorgung notwendig war. Während der damalige Gesetzesentwurf der Bundesregierung noch eine Ausweitung der Möglichkeiten zur Schaffung von Ausnahmeregelungen auch im Bezug auf Zulassungen vorsah, 87 wurde mit dem VÄndG in seiner schließlich verabschiedeten Form die Einstiegsgrenze mit Wirkung zum 01. 01. 2007 komplett gestrichen. 88 Gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV muss der Krankenhausträger der Ermächtigung des Krankenhausarztes zustimmen. 89 Die Verweigerung der Zustimmung kann sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann als rechtsmissbräuchlich darstellen, wenn der Krankenhausträger durch seine Weigerung die Schließung einer bestehenden Versorgungslücke durch eine persönliche Ermächtigung verhindert und gleichzeitig eine – grundsätzlich nachrangige – Institutsermächtigung beantragt. 90 Mit Urteil vom 09. 04. 2008 hat das Bundessozialgericht entschieden, dass eine persönliche Ermächtigung zur Erbringung solcher Leistungen unzulässig ist, die der Arzt aufgrund spezieller Anforderungen im EBM (hier: Vorliegen der Schwerpunktbezeichnung Pneumologie) selbst nicht innerhalb des vertragsärztlichen Systems erbringen dürfe. 91 Formale Qualifikationserfordernisse aufgrund des EBM gelten demnach grundsätzlich gleichermaßen für zugelassene wie ermächtigte Leistungserbringer. Ermächtigung gemäß § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV: Anders als §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV stellt § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV nicht auf „Krankenhausärzte“ als Ermächtigungsadressaten ab. Eine Ermächtigung kann hiernach grundsätzlich gegenüber „weiteren Ärzten“ über den Kreis der zugelassenen Ärzte hinaus erteilt werden. Zwar werden „Ärzte im Krankenhaus und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation“ besonders hervorgehoben. Die Möglichkeit zur Ermächtigung ist jedoch nicht auf diese beschränkt worden. § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV, der auf einen quantitativen Versorgungsbedarf abhebt, setzt nicht die abgeschlossene Weiterbildung voraus und zielt somit auf einen weiteren Kreis potentieller Ermächtigungskandidaten, um den jeweils gesehenen 87
Vgl. BT-Drucks. 16/2474, S. 8, 11, 23. BGBl. I 2006, S. 3441, 3445. Der Ausschuss für Gesundheit (14. Ausschuss) hatte dies empfohlen und damit begründet, dass ein Bedarf für einen altersbezogenen Zulassungs- und Ermächtigungsausschluss nicht mehr gesehen werde, vgl. BT-Drucks. 16/3157, S. 5, 17. 89 In arbeits- bzw. beamtenrechtlicher Hinsicht können darüber hinaus auch die einschlägigen Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts (z. B. der jeweils gültigen Tarifverträge oder der jeweiligen beamtenrechtlichen Regelungen) relevant sein. 90 BSGE 82, 216, 222. 91 BSG NZS 2009, 338, 343. 88
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Bedarf abzudecken. 92 Gleiches gilt z. B. für die speziellen Ermächtigungsvorschriften in § 5 Abs. 1 f. BMV-Ä i.V. m. § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV, die in den dort näher bestimmten Fallkonstellationen den Ausspruch von persönlichen ärztlichen Ermächtigungen ermöglichen. b) Antragstellung Sowohl § 31 Abs. 6 als auch § 31a Abs. 2 Ärzte-ZV sehen die schriftliche, auf die Ermächtigung gerichtete Antragstellung gegenüber dem Zulassungsausschuss als verfahrenseinleitenden Schritt vor und treffen nähere Maßgaben zu den jeweils beizufügenden Unterlagen. c) Sachliche Voraussetzungen Ermächtigung von Krankenhausärzten gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV: Das System der vertragsärztlichen Versorgung war lange Zeit nahezu ausnahmslos ausgerichtet auf die vorrangige Beteiligung und Inanspruchnahme niedergelassener (zugelassener) Vertragsärzte. Der regelmäßige Schwerpunkt der Berufstätigkeit der Krankenhausärzte wurde dagegen in der stationären Behandlung der in das Krankenhaus eingelieferten Patienten gesehen. 93 Dementsprechend kommt die Ermächtigung von Krankenhausärzten gemäß §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV nur aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Schließung von Versorgungslücken in Betracht. Hierbei kann es sich um so genannte quantitativ-allgemeine oder qualitativ-spezielle unbefriedigte Versorgungsbedürfnisse handeln. 94 Ein quantitativ-allgemeiner Bedarf an einer Ermächtigung von Krankenhausärzten ist dann zu bejahen, wenn das allgemeine Angebot ambulanter vertragsärztlicher Leistungen aufgrund einer zu geringen Anzahl zugelassener ärztlicher Leistungserbringer quantitativ nicht suffizient ist und daher erhöht werden muss. 95 Bei der Ermittlung des quantitativ-allgemeinen Bedarfs ist deshalb zu überprüfen, ob im jeweiligen regionalen Planungsbereich eine ausreichende Anzahl von Ärzten für die ambulante Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten zur Verfügung steht. Hierzu sind die Angaben des jeweiligen Bedarfsplans im Sinne 92
Kruschinsky, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 116, Rdnr. 7. Das BVerfG sprach insofern sogar vom eigentlichen „Existenzsinn“ des Krankenhausarztes. Vgl. BVerfGE 16, 286, 297 zur alten Rechtslage nach der RVO und zur damaligen Möglichkeit der „Beteiligung“ von Krankenhausärzten. 94 Vgl. Hencke, in: Peters, SGB V, § 116, Rdnr. 5; BSGE 73, 25, 29 f.; BSG, Urt. v. 22. 06. 1994, SozR 3 – 2500 § 116 Nr. 10 jeweils m.w. N. 95 Vgl. Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116, Rdnr. 7. 93
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der §§ 99 Abs. 1, 98 Abs. 2 Nr. 8 SGB V, 12 bis 14 Ärzte-ZV zugrunde zu legen. In diesem Zusammenhang ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts regelmäßig der Bedarf in der jeweiligen Gruppe der Gebietsärzte – also der Facharztgruppe nach der Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer – maßgeblich. Eine weitergehende Aufgliederung auch nach Teilgebieten oder Zusatzbezeichnungen ist nicht geboten. 96 Für die Prüfung des bestehenden Bedarfs spielen neben der Anzahl der zugelassenen Leistungserbringer eine Vielzahl von Faktoren, wie z. B. die regionale Krankenhausversorgung, die Bevölkerungsdichte und Bevölkerungsstruktur, Art und Umfang der Nachfrage sowie die örtlichen Verkehrsverbindungen eine Rolle. 97 Im Zusammenhang mit der Bedarfsermittlung kann auch die Befragung der im Einzugsbereich des Krankenhauses niedergelassenen Gebietsärzte zu ihrem jeweiligen Leistungsspektrum statthaft oder sogar erforderlich sein. 98 Die Ermittlungsbemühungen der Zulassungsgremien dürfen sich jedoch nicht typischerweise in solchen Anfragen erschöpfen. 99 Wie sich schon aus dem Wortlaut der §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV ergibt, kann sich ein qualitativ-spezieller Bedarf einerseits aufgrund besonderer „krankenhausärztlicher“ Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder aus den von Krankenhausärzten erlangten speziellen Kenntnissen und Erfahrungen ergeben. Besondere Kenntnisse und Erfahrungen reichen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für sich allein jedoch nicht aus, um eine Beteiligung an der vertragsärztlichen Versorgung zu rechtfertigen. Für die vertragsärztliche Versorgung könnten sie erst von Bedeutung sein, wenn sie sich objektivierbar in einem besonderen Leistungsangebot niederschlagen. Es müsse sich dabei um Leistungen handeln, die im Rahmen einer ausreichenden ambulanten ärztlichen Versorgung benötigt und von den zugelassenen Leistungserbringern nicht oder nicht ausreichend angeboten würden. 100 Zwar würde demnach z. B. ein besonders hohes wissenschaftliches Niveau eines Krankenhausarztes im Vergleich zu den zur Verfügung stehenden zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringern für sich allein genommen nicht ausreichen, um gewissermaßen im Umkehrschluss eine Versorgungslücke zu begründen. Konsequent angewandt würde dies aber dazu führen, dass gesetzlich Krankenversicherte vom Erfahrungsschatz hochspezialisierter Krankenhausärzte 96
BSGE 73, 25, 29; Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 116, Rdnr. 12a; Vgl. auch § 12 Abs. 3 1. Spiegelstrich Ärzte-ZV, der ausdrücklich die Berücksichtigung der (Fach-)Arztgruppen im Rahmen der Bedarfsplanung vorsieht. 97 BSG, Urt. v. 23. 05. 1984, SozR 5520 § 29 Nr. 3; Hencke, in: Peters, SGB V, § 116, Rdnr. 7. 98 Vgl. BSG, Urt. v. 15. 03. 1995, SozR 3 – 2500 § 116 Nr. 11. 99 Hohnholz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 116, Rdnr. 24. 100 So schon BSG, Urt. v. 23. 05. 1984, SozR 5520 § 29 Nr. 3 zur alten Rechtslage nach § 386a Abs. 8 RVO a. f. und später BSG, Urt. v. 16. 10. 1991, SozR 3 –2500 § 116 Nr. 1 zu § 116 SGB V.
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immer dann abgeschnitten würden, wenn deren Inanspruchnahme nicht unmittelbar mit vom Kreis der zugelassenen Leistungserbringer nicht zu erbringenden Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden zusammenhinge. Dies wäre insbesondere in solchen Fällen problematisch, in denen es um im Verhältnis zum „Massengeschäft“ des jeweiligen Fachgebiets relativ seltene Fallkonstellationen geht. 101 Hier bieten die krankenhausspezifischen Versorgungsschwerpunkte, die untergegliederten Strukturen in den Krankenhäusern und das regelmäßig größere räumliche Einzugsgebiet de facto höhere Möglichkeiten der Spezialisierung. 102 Daher sollte in solchen Fällen geprüft werden, ob nicht zumindest eine Ermächtigung zur Behandlung auf Überweisung zugelassener Leistungserbringer oder zur konsiliarischen Beratung derselben angebracht ist. 103 Schließlich kann auch dann die im Einzelfall vorliegende besondere Erfahrung eines Krankenhausarztes mit einem bestimmten Krankheitsbild enorm wertvoll für dessen Behandlung sein, wenn zwar keine „besonderen“ diagnostischen oder therapeutischen Mittel angewandt werden, gleichwohl aber die Festlegung des konkreten weiteren ärztlichen Handelns (z. B. des in einem bestimmten Stadium einer Erkrankung besonders Erfolg versprechenden Therapieschemas) hiervon maßgeblich beeinflusst wird. Verfahrenstechnisch ist es allerdings im Zweifel Sache des eine Ermächtigung beantragenden Krankenhausarztes, den Bedarf an seiner (vertrags-)ärztlichen Tätigkeit bzw. konsiliarischen Beratung darzulegen. 104 Sofern bestimmte, für die vertragsärztliche Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten notwendige Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch die zugelassenen Leistungserbringer nicht oder nicht im erforderlichen Umfang zur Verfügung gestellt werden, so ist nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV eine Ermächtigung ist zu erteilen. 105 Grundlage der Prüfung können die so genannten Frequenzstatistiken (oder: „Häufigkeitsstatistiken“) der Kassenärztlichen Vereinigungen, aber auch besondere Erhebungen zum Leistungsspektrum der vertragsärztlichen Leistungserbringer und des die Ermächtigung beantra101 Als prägnantes Beispiel kann hier die langfristige Nachsorge / Beobachtung nach aufwändigen operativen Eingriffen wie Organstransplantationen genannt werden. 102 In allen Bereichen der Medizin gibt es spezielle Themen, die zwar formal von jedem Facharzt abgedeckt werden können, bei denen aber im Einzelfall gleichwohl die Einbeziehung hochspezialisierter Experten sinnvoll sein kann. Krankenhausärzte stehen „am Ende der Versorgungskette.“ Sie bekommen daher eine relativ hohe Anzahl an Patienten mit besonders problematischen Verläufen zu Gesicht und sammeln zwangsläufig auch weit mehr persönliche Erfahrungen mit erfolgreichen oder weniger erfolgreichen Therapieansätzen in diesen Situationen. 103 Auch das Bundessozialgericht hält dies für zulässig: Vgl. BSG, Urt. v. 23. 05. 1984, SozR 5520 § 29 Nr. 3; Urt. v. 16. 10. 1991, SozR 3 – 2500 § 116 Nr. 1 zu § 116 SGB V; Urt. v. 15. 03. 1995, SozR 3 – 2500 § 116 Nr. 12; Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116, Rdnr. 10. 104 BSG, Urt. v. 16. 10. 1991, SozR 3 – 2500 § 116 Nr. 1. 105 Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 116, Rdnr. 10; Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116, Rdnr. 9.
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genden Krankenhausarztes sein. Aus diesen Statistiken, denen die jeweils abgerechneten Leistungen und die Häufigkeit ihres Ansatzes zu entnehmen sind, lassen sich Schlussfolgerungen darüber ziehen, ob die für die vertragsärztliche Versorgung der Versicherten notwendigen Leistungen von den niedergelassenen Vertragsärzten in ausreichendem Umfang erbracht werden können. Von den Zulassungsgremien ist dabei zu beachten, dass unterschiedliche Behandlungsmethoden nicht immer zwingend in der Abrechnung von Gebührennummern zum Ausdruck kommen müssen. 106 Eine besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethode liegt auch dann vor, wenn diese mit erheblich geringerer gesundheitlicher Belastung verbunden ist, als die von zugelassenen Leistungserbringern angebotenen Methoden. Zur Prüfung der Sicherstellung der ausreichenden, zweckmäßigen und am Stand der medizinischen Erkenntnisse ausgerichteten ärztlichen Versorgung (vgl. §§ 12 Abs. 1 S. 1, 72 Abs. 2 SGB V) gehört nämlich auch die Abwägung von gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen, die eine Behandlung mit sich bringt. 107 Beurteilungsspielraum: Zwar sprechen §§ 116 S. 1 SGB V, 31a Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV davon, dass die Zulassungsausschüsse Krankenhausärzte zur vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigen „können.“ Nach §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV „ist“ die Ermächtigung aber „zu erteilen“, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. Für die Zulassungsausschüsse besteht demnach insofern gerade kein Handlungsermessen. 108 Andererseits ist jedoch anerkannt, dass den Zulassungsgremien bei ihrer Bewertung der Bedarfs- / Versorgungslage ein gerichtlich grundsätzlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zuzugestehen ist. 109 Das Bundessozialgericht hatte bereits zur „Beteiligung“ von Krankenhausärzten nach § 368a Abs. 8 RVO a. F. entschieden, dass die Beurteilung der Frage, ob eine Beteiligung des Krankenhausarztes notwenig sei, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, vom Gericht nur beschränkt nachprüfbarer sei. Der von der RVO verwandte Begriff der „Notwendigkeit“ in diesem Sinn sei ein unbestimmter Rechtsbegriff. Ob das Leistungsangebot der niedergelassenen Ärzte ausreiche, hänge von einer Vielzahl denkbarer Faktoren ab. Ob und inwieweit eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten durch die nie106
BSGE 73, 25, 30. BSG, Urt. v. 16. 10. 1991, SozR 3 – 2500 § 116 Nr. 1. 108 Hencke, in: Peters, SGB V, § 116, Rdnr. 20. 109 Vgl. Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 116, Rdnr. 13; Kruschinsky, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 116, Rdnr. 12. 107
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
dergelassene Ärzteschaft gewährleistet sei, könne deshalb oftmals selbst durch die fachkundigen und ortsnahen Zulassungsinstanzen nur „ungefähr“ gesagt werden. Insoweit sei die Annahme eines Beurteilungsspielraums gerechtfertigt. Im Rahmen des Beurteilungsspielraums beschränke sich die Kontrolle des Gerichts darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liege, ob die Zulassungsinstanzen, die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten hätten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hätten, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar geworden sei. 110 Auch §§ 116 S. 1 SGB V, 31a Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV stellen für die Ermächtigung von Krankenhausärzten auf deren „Notwendigkeit“ ab, wenn diese nur zu erteilen ist, „soweit und solange“ eine ausreichende ärztliche Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten andernfalls nicht sichergestellt wird. Das Bundessozialgericht hat daher die in seiner Rechtsprechung zu § 368a Abs. 7 RVO a. F. dargelegten Grundsätze auch nach der Neufassung des gesetzlichen Rahmens beibehalten. 111 Neben der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit der Entscheidungen der Zulassungsinstanzen hat dies auch zur Folge, dass die Sozialgerichte im Fall eines festgestellten Überschreitens des Beurteilungsspielraums nicht etwa die Verpflichtung zur Erteilung einer Ermächtigung aussprechen, sondern lediglich im Rahmen eines „Bescheidungsurteils“ die Pflicht zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts tenorieren können. 112 Ermächtigung gemäß § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV: Nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV können die Zulassungsausschüsse über den Kreis der zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringer hinaus weitere Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, sofern dies notwendig ist, um eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung abzuwenden (§ 31 Abs. 1 Buchst. a Ärzte-ZV) oder einen begrenzten Personenkreis zu versorgen, beispielsweise Rehabilitanden in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation oder Beschäftigte eines abgelegenen oder vorübergehenden Betriebs (§ 31 Abs. 1 Buchst. b Ärzte-ZV). Für besondere Fälle wird im Übrigen auch die Ermächtigung von „Einrichtungen“ für zulässig erklärt (vgl. insofern auch § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V). 110 BSG, Urt. v. 23. 05. 1984, SozR 5520 § 29 Nr. 3; BSG, Urt. v. 06. 06. 1984, SozR 5520 § 29 Nr. 5; BSG, Urt. v. 28. 10. 1986, SozR 5520 § 29 Nr. 8. 111 BSG, Urt. v. 16. 10. 1991, SozR 3 – 2500 § 116 Nr. 1; BSG, Urt. v. 25. 11. 1998, SozR 3 – 2500 § 97 Nr. 2. 112 Kruschinsky, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 116, Rdnr. 12.
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Sofern § 31 Abs. 1 Buchst. a Ärzte-ZV eine bestehende oder unmittelbare Unterversorgung zur möglichen Basis einer Ermächtigung macht, bezieht sich die Regelung im Wortlaut klar auf die Unterversorgung im Sinne des § 100 SGB V. Auf Basis der Bedarfsplanungsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind auf der Landesebene durch die Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Kostenträgern bzw. ihren Verbänden sowie im Benehmen mit der zuständigen Landesbehörde die Bedarfspläne zu erstellen (vgl. § 99 Abs. 1 S. 1 SGB V). Den Landesausschüssen der Ärzte und Krankenkassen obliegt dann nach § 100 Abs. 1 S. 1 SGB V die Feststellung einer bestehenden oder in absehbarer Zeit drohenden Unterversorgung. Eine freie Auslegung und Anwendung des Begriffs der „bestehenden Unterversorgung“ ist den Zulassungsgremien aufgrund des klar geregelten Verfahrens zu deren Feststellung einerseits verwehrt. 113 Andererseits lässt aber § 31 Abs. 1 Buchst. a Ärzte-ZV auch gerade die Ermächtigung zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Unterversorgung zu und setzt nicht voraus, dass eine solche bereits eingetreten ist und festgestellt wurde. 114 Insofern besteht analog der obigen Ausführungen zur Ermächtigung nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV ein Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien. 115 Die Ermächtigung zur vertragsärztlichen Versorgung eines begrenzten Personenkreises muss nach § 31 Abs. 1 Buchst. b Ärzte-ZV zu diesem Zweck „notwendig“ sein. Voraussetzung ist also in jedem Fall, dass die Versorgung dieses Personenkreises durch zugelassene Leistungserbringer nicht sichergestellt werden kann. 116 Neben den ausdrücklich nur beispielhaft genannten Personengruppen (Rehabilitanden und Beschäftigte eines abgelegenen oder vorübergehenden Betriebes) kann die Ermächtigung grundsätzlich auf die Versorgung jedes abgrenzbaren Personenkreises ausgerichtet sein. 117 d) Rangfragen In der Darstellung der rechtlichen Maßgaben zur Ermächtigung von Krankenhausärzten wurden bislang persönliche, formale und sachliche Normvorausset113
Kruschinsky, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 116, Rdnr. 13. Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 98, Rdnr. 17; Krauskopf, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 98, Rdnr. 19. 115 Neben dem in Analogie zu den Ausführungen zu §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV herzuleitenden Beurteilungsspielraum auf der Ebene der Normvoraussetzungen besteht im Rahmen von § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV darüber hinaus auf der Rechtsfolgenseite ein (Ermessens-) Spielraum der Zulassungsgremien, da anders als bei §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV, die Ermächtigung nicht zu erteilen „ist“, sondern die Zulassungsausschüsse sie erteilen „können.“ 116 Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 98, Rdnr. 18. 117 So auch Krauskopf, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 98, Rdnr. 20. 114
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zungen diskutiert. Neben den schon erwähnten Punkten haben die Zulassungsgremien aber weitere Gesichtspunkte bei Ihrer Entscheidung über eine beantragte Ermächtigung zu beachten. Namentlich ist die Rangfolge der verschiedenen Systemzugänge von Bedeutung. Je nach konkret zu prüfender Ermächtigungsnorm und nach den in der individuellen Situation bestehenden Alternativen einer ambulanten Versorgung der Versicherten, kann sich aus der bestehenden komplexen Stufensystematik eine Grund zur Versagung der Ermächtigung ergeben. aa) Rangfolge der Systemzugänge Das vertragsärztliche System ist grundsätzlich auf die vorrangige Versorgung durch zugelassene vertragsärztliche Leistungserbringer ausgerichtet. Dieser Vorrang der Zulassung gegenüber der Ermächtigung schlägt sich in den besonderen Voraussetzungen nieder, die mit den einzelnen Ermächtigungsmöglichkeiten verknüpft sind. Solange und soweit die niedergelassenen Ärzte bzw. die zugelassenen Leistungserbringer in der Lage sind, eine ausreichende und zweckmäßige ambulante ärztliche Versorgung zu erbringen, besteht beispielsweise für eine Beteiligung von Krankenhausärzten grundsätzlich kein Raum. Wie bereits dargestellt wurde, kommt ihre Einbeziehung in die vertragsärztliche Versorgung erst bei einer qualitativen oder quantitativen Minderversorgung in Betracht und dient dazu, Versorgungslücken zu schließen. 118 Aber auch innerhalb der Gruppe der verschiedenen Ermächtigungsmöglichkeiten besteht eine durch die Zulassungsgremien bei ihren Entscheidungen zu beachtende Rangfolge. Diese Rangfolge kommt beispielsweise in § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V zum Ausdruck, wenn formuliert wird, dass es sich bei den Ermächtigungsadressaten um „Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, oder in besonderen Fällen um Einrichtungen“ handeln könne. Das Bundessozialgericht hat hierzu in ständiger Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, dass die persönliche Ermächtigung von Krankenhausärzten nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV Vorrang vor der Möglichkeiten zur persönlichen Ermächtigung von Ärzten z. B. nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV genießt. Es stellt hierbei insbesondere auf die bei §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV im Gegensatz zu § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV gebundene Entscheidung der Zulassungsinstanzen bei Vorliegen der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen ab. Der Krankenhausarzt hat bei Vorliegen der Voraussetzungen von §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV einen Anspruch auf seine Ermächtigung. 119 Erst in zweiter Linie sind Versorgungslücken auf Basis von § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV durch Ermächtigungen weiterer Ärzte zu beseitigen. Nach Ausschöpfung dieser Möglichkeit können 118 119
Vgl. auch BSGE 70, 167, 170. BSGE 79, 159, 163; BSG MedR 2000, 492.
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dann unter den Voraussetzungen von § 31 Abs. 1 Buchst. a und b Ärzte-ZV auch Einrichtungen im Wege so genannter Institutsermächtigungen an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt werden. 120 Diesen grundsätzlichen Nachrang der Institutsermächtigung bringen §§ 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V, 31 Abs. 1 Ärzte-ZV durch die Formulierung „in besonderen Fällen“ zum Ausdruck. 121 Die neben § 116 SGB V unmittelbar im SGB V genannten Ermächtigungsmöglichkeiten haben jeweils speziell definierte Zielrichtungen. Sie können im Rang teilweise auch neben der persönlichen Ermächtigung nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV stehen. So haben beispielsweise die Hochschulambulanzen den Zweck, den Hochschulkliniken die Erbringung des für Forschung und Lehre notwendigen Maßes der ambulanten Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten zu ermöglichen. Entsprechend wird in § 117 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 1 SGB V für die Ermächtigung ausdrücklich und ausschließlich hierauf abgestellt. Der jeweilige vertragsärztliche Versorgungsgrad ist bei der Entscheidung über die Ermächtigung einer Hochschulambulanz rechtlich irrelevant. 122 Auf die wechselseitigen Beziehungen der verschiedenen Ermächtigungsmöglichkeiten zueinander wird im Folgenden 123 noch mehrfach einzugehen sein. Die persönliche Ermächtigung von Krankenhausärzten steht über die geschilderten Fälle hinaus in Konkurrenz zu weiteren Möglichkeiten der ambulanten Leistungserbringung. Zu nennen ist insofern z. B. das ambulante Operieren nach § 115b SGB V. Eine Ermächtigung nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV setzt immer einen nicht gedeckten qualitativen oder quantitativen Versorgungsbedarf voraus. Ein solcher Bedarf kann nicht bejaht werden, wenn das Krankenhaus, in dem der an einer Ermächtigung interessierte Facharzt tätig ist, die in Frage stehenden Leistungen bereits in ausreichendem Umfang als ambulante Operationsleistungen gemäß § 115b Abs. 2 S. 1 SGB V anbietet und durchführt. Der Leistungserbringung durch das Krankenhaus gebührt in solchen Fällen der Vorrang, da § 115b Abs. 2 S. 1 SGB V dem Krankenhaus unmittelbar kraft Gesetz einen Zulassungsanspruch einräumt, den das Krankenhaus allein dadurch realisieren kann, dass es die Mitteilung nach § 115b Abs. 2 S. 2 SGB V gegenüber den dort genannten Körperschaften bzw. Gremien abgibt. Soweit es davon in einem den Bedarf deckenden Umfang Gebrauch macht, ist kein Raum mehr für die persönliche Ermächtigung eines Krankenhausarztes. Ob und in welchem Umfang das Krankenhaus Leistungen des ambulanten Operierens anzubieten gedenkt, steht allerdings im Ermessen des Trägers, da 120
BSG MedR 2000, 492. Ausführlich insbesondere zur historischen Entwicklung BSGE 79, 159, 163 f. 122 Vgl. BSGE 82, 216, 221. 123 Siehe jeweils Ausführungen zu den verschiedenen Ermächtigungsmöglichkeiten. Vgl. insofern 2. Teil A. II. und III. unter den Gliederungspunkten „Rangfragen“ und auch 2. Teil B. unter den Gliederungspunkten „Verhältnis zur vertragsärztlichen Versorgung.“ 121
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§ 115b SGB V keine Verpflichtung zur Wahrnehmung der bestehenden Möglichkeit ausspricht. Andererseits darf sich das Verhalten des Krankenhausträgers nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht als „rechtsmissbräuchliches Zusammenwirken“ mit dem an einer Ermächtigung interessierten Arzt darstellen. Das wäre z. B. dann der Fall, wenn bislang im Rahmen von § 115b SGB V erbrachte Leistungen mit dem Ziel vom Krankenhaus nicht mehr erbracht würden, hierdurch erst einen Bedarf für die persönliche Ermächtigung eines bei ihm beschäftigten Facharztes zu schaffen. 124 bb) Defensiver Konkurrentenschutz Von hoher praktischer Relevanz ist die Frage, welche tatsächlichen Konsequenzen sich bei einer Nichtbeachtung der vom Gesetz vorgezeichneten Rangfolge durch die Zulassungsgremien ergeben könnten. Ist den von einer persönlichen Ermächtigung eines Krankenhausarztes mittelbar betroffenen zugelassenen Leistungserbringern die Möglichkeit des Drittwiderspruchs und des gerichtlichen Rechtsschutzes eröffnet ? Besonders in der „jüngeren“ Vergangenheit hat die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Thematik des so genannten defensiven Konkurrentenschutzes im Vertragsarztrecht eine beachtliche Entwicklung erfahren. Klassisches Zulässigkeitskriterium eines Widerspruchs ist im allgemeinen Verwaltungsrecht – und so auch im sozialrechtlichen Streit um die vertragsärztliche Zulassung oder Ermächtigung – die Widerspruchsbefugnis. 125 Voraussetzung einer Widerspruchsbefugnis ist wiederum, dass der Widerspruchsführer geltend macht, durch einen Verwaltungsakt oder seine Ablehnung in seinen Rechten betroffen zu sein. Die rechtliche Betroffenheit muss dabei zumindest möglich erscheinen. 126 Obgleich sich § 54 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 1 SGG in ihrem Wortlaut von § 42 Abs. 2 VwGO unterscheiden, wird auch im Rahmen des sozialgerichtlichen Prozesses für die Klagebefugnis als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Anfechtungsklage danach gefragt, ob nach dem Vortrag des Klägers eine Rechtswidrigkeit des Behördenverhaltens und eine Verletzung der rechtlichen Interessen des Klägers möglich erscheint. 127 Diese Möglichkeit der Rechtsverletzung ist insbesondere beim Adressaten eines belastenden Verwaltungsakts nach den Grundsätzen der „Adressatentheorie“ regelmäßig anzunehmen. 128 Immer dann, wenn es zumindest nicht völlig auszuschließen ist, dass ein Verwaltungsakt 124
Zu alledem ausführlich: BSG, Urt. v. 09. 06. 1999, SozR 3 –2500 § 116 Nr. 19. Vgl. hierzu beispielsweise Großbölting / Jaklin, Formen ärztlicher Tätigkeit im Vertragsarztrecht, Zulassung und Konkurrentenstreit, NZS 2002, 130, 133. 126 Kopp / Schenke, VwGO, § 69, Rdnr. 6. 127 Vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 54, Rdnr. 9 f. 128 Siehe zu der gesamten Thematik Kopp / Schenke, VwGO, § 42, Rdnr. 65 ff. 125
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rechtswidrig sein könnte, kommt wenigstens eine Betroffenheit und Verletzung des Rechts auf allgemeine Handlungsfreiheit in Betracht. Differenzierter stellt sich die Situation bei Dritten gegenüber ausgesprochenen Verwaltungsakten dar. Auch in diesen Fällen ist freilich die Verletzung eigener Rechtspositionen möglich, wenn der Verwaltungsakt zwar gegenüber einem Dritten ergangen ist, aber wenigstens mittelbar in eigene rechtlich geschützte Interessen eingreift. 129 Die Berührung finanzieller, wirtschaftlicher oder ideeller Interessen reicht hierbei nicht aus. 130 Konkret ist im Fall der defensiven Konkurrentenklage somit zu hinterfragen, ob der Kläger die Verletzung seiner eigenen Rechte durch den einem Dritten gegenüber ausgesprochenen Verwaltungsakt reklamieren kann. Die gerichtliche Überprüfung, ob eine Rechtsnorm drittschützenden Charakter hat, erfolgt nach der Rechtsprechung verfahrenstechnisch regelmäßig nicht innerhalb der Zulässigkeit, sondern erst im Rahmen der Begründetheit. 131 Unzulässig soll ein Rechtsbehelf nämlich nur dann sein, wenn durch den angefochtenen Verwaltungsakt offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise Rechte des Klägers verletzt sein können. 132 Das Bundessozialgericht hatte zunächst ausgeführt, dass zugelassenen Vertragsärzten eine Klagebefugnis nach § 54 Abs. 1 S. 2 SGG gegen die Ermächtigung von Krankenhausärzten zustehen könne. 133 Zwar hätten die Vorschriften zur Ermächtigung weiterer Ärzte auch dort, wo sich ausdrücklich eine Nachrangigkeit aus dem Gesetz ergebe, keinen drittschützenden Charakter. Der klageführende niedergelassene Vertragsarzt könne also hieraus kein möglicherweise verletztes „eigenes“ Recht ableiten. Rechte der zugelassenen Vertragsärzte, die von den jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, also auch bei der Ermächtigung von Nichtvertragsärzten zu beachten seien, ergäben sich jedoch aus der gesetzlichen Regelung über die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Die Kassenärztliche Vereinigung erfülle ihren Sicherstellungsauftrag in erster Linie durch ihre Mitglieder. Diese seien ihrer Kassenärztlichen Vereinigung gegenüber verpflichtet, an der Versorgung teilzunehmen und ihre Leistungen in einer den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entsprechenden Weise zu erbringen. Daraus ergebe sich dann aber auch die korrespondierende Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung, ihre Mitglieder bei der Erfüllung des Sicherstellungsauftrags zu unterstützen und sich im Verhalten gegenüber ihren Mitgliedern im Rahmen des gesetzlich und vertraglich geregelten kassenärztlichen Leistungssystems zu halten. 134 129 130 131 132 133 134
Vgl. BSGE 70, 99, 101. BSGE 68, 291, 293. BSG MedR 2007, 499. Siehe auch BVerwGE 92, 313; 112, 51. BSG MedR 2007, 499; BVerwGE 112, 51; BVerfGE 83, 182, 196. BSGE 62, 231, 232 f. BSGE 62, 23, 234 f.
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Mit Urteil vom 15. 05. 1991 wandelte das Bundessozialgericht seine Rechtsprechung dann in das genaue Gegenteil und entschied nunmehr, dass eine Verletzung der rechtlichen Interessen der niedergelassenen Vertragsärzte durch die Dritten gegenüber ausgesprochenen Ermächtigungen in der Regel ausgeschlossen werden könne. Somit sei auch keine Klagebefugnis gegeben. 135 In der Entscheidung folgte das Gericht zunächst der der vorhergegangenen Rechtsprechung und argumentierte, dass es für die Annahme eines Eingriffs in die Rechtssphäre der Vertragsärzte durch die Ermächtigung (eines Dritten) nicht ausreiche, dass bei Zulassungen und Ermächtigungen der Grundsatz der Vorrangigkeit der niedergelassenen Ärzte gelte. Etwas anderes könne zwar theoretisch anzunehmen sein, wenn zwischen der „Zulassung“ des Krankenhausarztes (bzw. der Krankenhauseinrichtung) einerseits und der Zulassung des Vertragsarztes andererseits eine Alternativität bestünde. Eine Situation der Art, dass die Zulassung des niedergelassenen Arztes infolge einer Ermächtigung zu unterbleiben habe, sei im vertragsärztlichen System aber nicht angelegt. 136 Anzuerkennen sei andererseits, dass durch die Ermächtigung weiterer, nicht zugelassener Ärzte die wirtschaftliche Situation der niedergelassenen Vertragsärzte beeinträchtigt werden könne. Auch bestimme § 72 Abs. 2 SGB V, dass vertragsärztliche Leistungen angemessen zu vergüten seien. Der zulassungsrechtliche Vorrang der Zulassung vor der Ermächtigung (von Krankenhausärzten) stehe aber in keinem inneren Zusammenhang mit diesem allgemeinen Rechtssatz aus § 72 Abs. 2 SGB V. Letzterer ziele lediglich auf die Angemessenheit der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen, nicht aber auf die Angemessenheit des vertragsärztlichen Einkommens schlechthin. 137 Mit Urteil vom 29. 09. 1999 lockerte das Bundessozialgericht seine weitgehende Ablehnung eines defensiven Konkurrentenschutzes niedergelassener Vertragsärzte immerhin punktuell und entschied, dass eine Widerspruchsbefugnis (und folglich auch eine Klagebefugnis) eines niedergelassenen Vertragsarztes jedoch dann zu bejahen sei, wenn er mit einer gewissen Plausibilität geltend machen könne, die Ermächtigung werde dem Grunde oder dem Umfang nach willkürlich und möglicherweise in der gezielten Absicht seiner Benachteiligung erteilt. Der Wertgehalt des Art. 12 Abs. 1 GG verlange eine Auslegung der Vorschriften der § 116 SGB V, § 31a Ärzte-ZV dahingehend, dass die Zulassungsgremien auf schwere Beeinträchtigungen der beruflichen Betätigung der niedergelassenen Vertragsärzte Rücksicht zu nehmen hätten. 138 135
BSGE 68, 291, 292 ff. BSGE 68, 291, 296. 137 BSGE 68, 291, 296; Vgl. auch BSG, Urt. v. 28. 08. 1996, SozR 3 –1500 § 54 Nr. 30 – hier bestätigt das Bundessozialgericht die vorausgegangene Rechtsprechung und lässt schon ausdrücklich offen, ob im Falle einer willkürlich erfolgten Ermächtigung etwas anderes gelten könne. 138 BSG, Urt. v. 29. 09. 1999, SozR 3 – 1500 § 54 Nr. 40. 136
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Die grundsätzlich restriktive Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ab dem Jahre 1991 wurde durch das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 17. 08. 2004 verworfen. 139 Das Bundesverfassungsgericht ging bei seiner Begründung von dem in §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV normierten Nachrang der Ermächtigung von Krankenhausärzten gegenüber zugelassenen Leistungserbringern aus. Anders als das Bundessozialgericht entnahm es dieser Regelung eine auch drittschützende Wirkung, auf die sich die vorrangig heranzuziehenden zugelassenen Leistungserbringer berufen und so eine Klagebefugnis begründen könnten. Die drittschützende Wirkung ergebe sich im Licht des Grundrechts der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und vor dem Hintergrund restriktiver Bedarfsplanung und limitierter Gesamtvergütungen. Bei einem stark regulierten Markt könnten auch Einzelentscheidungen, die das erzielbare Entgelt beeinflussten, die Freiheit der Berufsausübung beeinträchtigen. Solche Eingriffe seien mit Art. 12 Abs. 1 GG nur dann vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhten und durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt seien. Mit Blick auf die Grundrechtsrelevanz der Eingriffe müsse den Betroffenen auch der Weg zu einer gerichtlichen Nachprüfung eröffnet sein. 140 Das Bundesverfassungsgericht verwies die Sache zurück an das Bundessozialgericht, das die Angelegenheit seinerseits mit Urteil vom 28. 09. 2005 zur weiteren Sachaufklärung an das zuständige Sozialgericht zurückverwies. Dabei nahm es die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts auf und führte nun seinerseits aus, dass der (zugelassene) Vertragsarzt, der im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbiete, Ermächtigungen für Krankenhausärzte derselben Fachrichtung und Qualifizierung anfechten könne, wenn diese seine Erwerbsmöglichkeiten einschränken würden. Sei die jeweilige Ermächtigung nicht durch das Ziel der Sicherstellung der Versorgung gerechtfertigt – wenn also die gemäß §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV erforderliche Versorgungslücke nicht gegeben sei – werde der Vertragsarzt in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. 141 Mit Urteil vom 07. 02. 2007 verfestigte das Bundessozialgericht diese neue Rechtsprechung. 142 Es hob dabei aber auch hervor, dass aus den Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts nicht etwa ein genereller Drittschutz der Normen zur vertragsärztlichen Zulassung abgeleitet werden könne. Im entschiedenen Fall sei für das Bundesverfassungsgericht vielmehr das aus den §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV abzuleitende Vorrang-Nachrang-Verhältnis zwischen zugelassenen Leistungserbringern und ermächtigten Krankenhausärzten ausschlaggebend gewesen. 139 BVerfG NJW 2005, 273. Kritische Anmerkungen zur Begründung des Beschlusses durch Nix, SGb 2004, 63. Zu den Auswirkungen auch für andere Fallkonstellationen siehe Anmerkungen von Steinhilper, MedR 2004, 682. 140 BVerfG NJW 2005, 273, 274 f. 141 BSG GesR 2006, 15. 142 BSG MedR 2007, 499.
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Es wäre müßig, die „frisch“ durch das Bundesverfassungsgericht geklärte Rechtsfrage auf ein Neues diskutieren zu wollen, zumal ja auch das Bundessozialgericht seine Rechtsprechung zwischenzeitlich der in der Begründung enthaltenen Auslegung angepasst hat. Die Sichtweise des Bundesverfassungsgerichts, die zumindest im Ergebnis ja auch der ursprünglichen Spruchpraxis des Bundessozialgerichts vor dem Jahr 1991 entspricht, ist aber auch inhaltlich nicht zu kritisieren. Dem im Fall von §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV im Wege des Umkehrschlusses ja klar abzuleitenden Vorrang zugelassener 143 Leistungserbringer auch eine Schutztendenz gegenüber rechtswidrigen Ermächtigungen von Krankenhausärzten zuzubilligen, liegt im Gegenteil weit näher, als eine solche zu verneinen. Nicht aus den Augen verlieren sollte trotz alledem die rechtsberatende Praxis, dass von der erweiterten Zulässigkeit von Drittwidersprüchen und Drittanfechtungsklagen nicht etwa auf deren sprunghaft verbesserte Erfolgsaussichten in der Sache geschlossen werden kann. 144 Angesichts des bestehenden Beurteilungsspielraums der Zulassungsausschüsse ist zu erwarten, dass angestrengte Rechtsbehelfe oftmals nicht von Erfolg beschieden sein werden. Richtig und wichtig ist der Hinweis des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 07. 02. 2007, dass sich die drittschützende Tendenz der §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV gerade aus dem ausdrücklich normierten VorrangNachrang-Verhältnis ergebe. 145 Die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zum hochgradig regulierten vertragsärztlichen System wurden von diesem bei genauer Lektüre „lediglich“ deshalb angeführt, um vor diesem gesamtsystematischen Hintergrund zu verdeutlichen, warum es die zuvor vom Bundessozialgericht vertretene Auslegung der §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV als rein objektiv-rechtliche Vorgaben ohne drittschützenden Bezug nicht teile. Wesentlicher Anknüpfungspunkt für die drittschützende Tendenz bleibt trotz dieser Zusatzerwägungen allein das in der behandelten Konstellation normierte Vorrang-Nachrang-Verhältnis. Eine Verletzung eigener subjektiver Rechte zugelassener Leistungserbringer wird auch zukünftig dort nicht anzunehmen sein, wo andere Leistungserbringer zur ambulanten Versorgung der gesetzlich Versicherten ermächtigt oder sonst wie berechtigt werden, wenn der jeweilige Systemzugang nicht im Nachrang zur vertragsärztlichen Zulassung steht. 146 143 Ein solcher Vorrang ist allerdings auch nur den bereits zugelassenen Leistungserbringern zuzugestehen. So hat das LSG Rheinland-Pfalz in diesem Zusammenhang mit Beschluss vom 04. 06. 2008 auch entschieden, dass die Rechtsposition des eine „Sonderbedarfszulassung“ beantragenden Arztes nicht etwa mit der eines bereits niedergelassenen Vertragsarztes vergleichbar sei, vgl. LSG Rheinland-Pfalz MedR 2008, 625 f. 144 So zu Recht Steinhilper, Die „defensive Konkurrentenklage“ im Vertragsarztrecht, MedR 2007, 469. 145 BSG MedR 2007, 499. 146 Vgl. hierzu Steinhilper, Die „defensive Konkurrentenklage“ im Vertragsarztrecht, MedR 2007, 469.
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e) Beschränkungen der Ermächtigung Wird die Ermächtigung erteilt, so ist sie gemäß §§ 31 Abs. 7, 31a Abs. 3 Ärzte-ZV zeitlich, räumlich und ihrem Umfang nach zu bestimmen. Des Weiteren ist in dem Ermächtigungsbeschluss darüber zu entscheiden, ob der Ermächtigte unmittelbar oder auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann. Sofern es um die Ermächtigung von Krankenhausärzten nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV geht, ist jedoch zunächst einmal § 32 Abs. 1 SGB X einschlägig, da bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf die Ermächtigung besteht. § 32 Abs. 1 SGB X besagt, dass ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, nur dann mit einer Nebenbestimmung versehen werden darf, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sichergestellt werden soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Da keine Einschränkungen formuliert worden sind, kann Rechtsvorschrift im Sinne der Regelung grundsätzlich jedes materielle Recht, also ein Bundesoder Landesgesetz, aber auch jede Rechtsverordnung oder Satzung sein. 147 Völlig unabhängig von der rechtlichen Qualifikation des Inhalts der Ärzte-ZV als Rechtsverordnung oder im Rang eines formellen Gesetzes stehendes Normenwerk 148 können die §§ 31 Abs. 7, 31a Abs. 3 Ärzte-ZV daher wirksam eine Einschränkung auch der Ermächtigung von Krankenhausärzten vorsehen. Auch die Frage nach einer Kollision mit den eigentlichen Ermächtigungsnormen selbst stellt sich vorliegend nicht. Diese eröffnen nämlich durch ihre Formulierung ihrerseits implizit die Möglichkeit der Einschränkung, wenn dort gesagt wird, dass die Ermächtigung zu erteilen ist, soweit und solange die Versorgungssituation dies notwendig macht (vgl. §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV). 149 Befristung: Das Bundessozialgericht geht davon aus, dass sich aus §§ 31 Abs. 7, 31a Abs. 3 Ärzte-ZV nicht nur die Berechtigung zur Befristung von Ermächtigungen, sondern auch die Verpflichtung hierzu ergebe. 150 Diese Auslegung erschließt sich aus dem Wortlaut des § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV zumindest nicht unmittelbar und zwingend, wenn dort die Notwendigkeit der „zeitlichen Bestimmung“ der Ermächtigung ausgesprochen wird. Auch der Ausspruch eines (ggf. ausdrücklich) unbefristet gültigen Verwaltungsakts enthielte ja letztlich ein zeitliches Element, 147 148 149 150
Littmann, in: Hauck / Noftz, SGB X, § 32, Rdnr. 35. Siehe hierzu die obigen Ausführungen zu den Zulassungsverordnungen. Vgl. BSGE 70, 167, 171 ff. BSGE 70, 167, 172; BSG Urt. v. 27. 01. 1993, SozR 3 –2500 § 96 Nr. 1.
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indem er in seiner Wirkung gerade auf eine Dauerhaftigkeit ausgerichtet ist. Fraglich bliebe bei einer solchen Sichtweise freilich, welchem Zweck die Formulierung des Erfordernisses einer „zeitlichen Bestimmung“ der Ermächtigung dann überhaupt dienen könnte. Eine allein am Wortlaut des § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV orientierte Auslegung führt somit zu keinem eindeutigen Ergebnis. Das Bundessozialgericht geht unter Bezugnahme auf historische Gesichtspunkte und aus systematischen bzw. zweckorientierten Erwägungen von einer Verpflichtung der Zulassungsgremien zum befristeten Ausspruch von Ermächtigungen im Sinne der §§ 31, 31a Ärzte-ZV aus. 151 Auch § 31 Abs. 5 S. 1 ZO-Ärzte in der bis zum 31. 12. 1988 gültigen Fassung habe eine zeitliche, räumliche und umfangbezogene Bestimmung der dort geregelten Ermächtigung vorgesehen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung habe schon damals die mit der heutigen Bestimmung insoweit wortgleiche Regelung als Berechtigungsnorm, aber auch als verpflichtenden Auftrag zur Befristung von Ermächtigungen ausgelegt. Diese Rechtsprechung sei den Gesetzgebungsorganen bei der Schaffung des SGB V und der Ärzte-ZV auch bekannt gewesen. In der Tat hatte das Bundessozialgericht bereits im Jahre 1982 – also lange vor der Neufassung der Zulassungsverordnung zum 01. 01. 1989 – ausgeführt, dass § 31 Abs. 5 S. 1 ZO-Ärzte in der bis zum 31. 12. 1988 gültigen Fassung die Befristung dem Grunde nach vorschreibe. 152 Insbesondere der Umstand, dass Krankenhausärzte gegenüber zugelassenen Leistungserbringern lediglich nachrangig per Ermächtigung am vertragsärztlichen System zu beteiligen seien, spreche für die Verpflichtung der Zulassungsgremien zur Befristung. Da eine Ermächtigung dieser Art nur vorgesehen sei, solange ein Bedürfnis hierfür bestehe, müsse die über die Ermächtigung befindende Stelle das Recht haben, zeitgerecht zu prüfen und zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Ermächtigung weiterhin erfüllt seien. Der Verordnungsgeber habe sich für die Befristung entschieden. Damit würde den allseitigen Interessen Rechnung getragen. Die Befristung ermögliche nämlich nicht nur eine zeitgerechte Überprüfung der Voraussetzungen der Ermächtigung. Sie schaffe auch für den ermächtigten Arzt einen Vertrauenstatbestand. Er könne sich darauf verlassen, dass er zumindest während der bestimmten Zeit berechtigt sei, die von der Ermächtigung erfassten vertragsärztlichen Leistungen zu erbringen. 153 Auch sei zu bedenken, dass eine unbefristet ausgesprochene persönliche Ermächtigung de facto die Vorrangstellung der zugelassenen Leistungserbringer stark belasten könne. Aufgrund der regelmäßigen 151
BSGE 70, 167, 172 ff. BSG, Urt. v. 27. 04. 1982 – 6 RKa 3/80 (erhältlich bei juris). 153 Vgl. BSG, Urt. v. 27. 04. 1982 – 6 RKa 3/80 (erhältlich bei juris), in dem noch die nach alter Rechtslage bis zum 31. 12. 1988 für die Ermächtigung von Krankenhausärzten zuständige Kassenärztliche Vereinigung in dieser Stellung erwähnt wird. BSGE 70, 167 übernimmt die Argumentation sinngemäß für die neue Rechtslage ab dem 01. 01. 1989. 152
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aufschiebenden Wirkung der gegen einen Widerruf erhobenen Rechtsbehelfe könnten die Ermächtigten nämlich ansonsten unter Umständen noch über Jahre vertragsärztliche Leistungen erbringen, selbst wenn die Bedarfssituation dies eigentlich schon längst nicht mehr notwendig mache. 154 Der vom Bundessozialgericht vorgenommenen Auslegung der §§ 31 Abs. 7, 31a Abs. 3 Ärzte-ZV ist im Ergebnis zuzustimmen. An einer Stelle der Urteilsbegründung stellt der Senat zwar fest, eine „normative Unschärfe“ der einschlägigen Vorschriften werde von ihm nicht gesehen. 155 Eine sprachliche Unschärfe muss man allerdings allemal konstatieren. Wie gesagt wäre es rein begrifflich wohl zumindest vertretbar, auch einen ausdrücklich als unbefristet bezeichneten Ermächtigungsbescheid als „zeitlich bestimmt“ anzusehen. Andererseits stellt sich die Frage, ob der zitierte Passus dann nicht weitgehend sinnentleert wäre. Die zweck- und systemorientierte Argumentation des Bundessozialgerichts überzeugt daher auch letzen Endes. Sinn und Zweck der nach §§ 31 Abs. 7, 31a Abs. 3 Ärzte-ZV vorgesehenen zeitlichen, räumlichen und umfangbezogenen Bestimmung der Ermächtigung ist es offenkundig, durch die resultierende Beschränkung des Zugangs zum vertragsärztlichen Versorgungsnetz die Vorrangstellung der zugelassenen Leistungserbringer zu wahren. Vor diesem Hintergrund muss der Auftrag zur zeitlichen Bestimmung des Ermächtigungsbescheids als Auftrag zum Ausspruch einer Befristung verstanden werden. 156 Der Zeitraum der Befristung wird durch unbestimmte Rechtsbegriffe – nämlich diejenigen des „solange“ in §§ 116 Satz 2 SGB V, 31a Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV einerseits und der „zeitlichen Bestimmung“ in § 31 Abs 7 Ärzte-ZV anderseits – umschrieben. Daher steht auch bei der Entscheidung darüber, auf welchen Zeitraum die dem (Krankenhaus-)Arzt zu erteilende Ermächtigung zu befristen ist, den Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum zu. 157 Dabei besteht die Besonderheit, dass die Entscheidung der Zulassungsgremien über die Dauer der Befristung der zu erteilenden Ermächtigung auf der Grundlage einer vorausschauenden Beurteilung der zukünftigen Versorgungssituation zu treffen ist. Sie beruht mithin auf einer prognostischen Einschätzung der zukünftigen tatsächlichen Entwicklun154
BSGE 70, 167, 174. Das Bundessozialgericht nimmt insofern Bezug auf die Erfahrungen mit der in § 368a Abs. 8 RVO und §§ 29 f. ZO-Ärzte, jeweils in der bis zum 31. 12. 1988 gültigen Fassung, geregelten „Beteiligung“ von Krankenhausärzten. Hier war keine verpflichtende Bestimmung des zeitlichen Umfangs vorgesehen. Vielmehr besagte § 29 Abs. 5 S. 1 ZO-Ärzte a. f. ausdrücklich: „Die Beteiligung kann befristet werden.“ 155 BSGE 70, 167, 172. 156 Vgl. zu alledem auch BVerfG, NJW 2005, 273. Die Sichtweise des Bundessozialgerichts wird vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 17. 08. 2004 zur Zulässigkeit defensiver Konkurrentenklagen im Vertragsarztrecht ausdrücklich bestätigt. 157 BSGE 71, 280, 282. Vgl. auch obige Ausführungen zum Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien und z. B. schon BSGE 60, 297, 300 zum Beurteilungsspielraum bei der „Beteiligung“ von Krankenhausärzten nach § 368a Abs. 8 RVO in der bis zum 31. 12. 1988 gültigen Fassung.
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gen. Für die Rechtmäßigkeit der Prognoseentscheidung ist es ohne Belang, ob ihr Ergebnis durch die nach Erlass der letzten Verwaltungsentscheidung eingetretene bzw. in diesem Zeitpunkt noch nicht voraussehbare tatsächliche Entwicklung bestätigt oder aber widerlegt wird. Unter diesem Gesichtspunkt begrenzt sich auch der Umfang der gerichtlichen Überprüfung der von den Zulassungsgremien getroffenen Prognoseentscheidung. Ob die ihr zugrunde liegende Einschätzung der zukünftigen Versorgungssituation „richtig“ ist oder an ihrer Stelle eine andere Einschätzung „zutreffender“ wäre, ist der Beurteilung durch die Gerichte grundsätzlich entzogen. 158 Etwas anderes muss aber entsprechend der allgemeinen Grundsätze dann gelten, wenn bei der Entscheidung die Grenzen des zugestandenen Beurteilungsspielraums – z. B. durch die Zugrundelegung offenkundig sachwidriger Erwägung – überschritten wurden. Ein Befristungsrahmen von zwei 159 oder drei 160 Jahren wurde vom Bundessozialgericht in den jeweils zu entscheidenden Fällen als rechtmäßig erachtet. Das Gericht merkte dabei allerdings auch an, dass keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich waren oder vorgetragen wurden, die den Schluss zugelassen hätten, dass die Ermächtigung des Klägers von ihrem Zweck her für einen längeren Zeitraum hätte erteilt werden müssen. 161 Im Umkehrschluss ist es demnach auch nach der Auffassung des Bundessozialgerichts nicht etwa ausgeschlossen, dass in bestimmten Fallkonstellationen der Ausspruch von längerfristigen Ermächtigungen rechtlich geboten ist. Solche besonderen Umstände wären beispielsweise denkbar im Fall der Versorgung von besonders langwierigen Krankheitsverläufen oder der Erbringung besonders ressourcenträchtiger Leistungen, die auch eine längerfristig orientierte Planungssicherheit für den zu ermächtigenden Arzt bzw. das dahinter stehende Krankenhaus erfordern. Räumliche und umfängliche Bestimmung: Die räumliche Bestimmung der nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV ausgesprochenen Ermächtigung wird für Krankenhausärzte regelmäßig durch die Bindung an die Betriebsstätte des jeweiligen Krankenhauses vorgenommen. Für die nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV ermächtigten Ärzte kann gleichfalls eine Bindung an eine bestimmte Einrichtung des Gesundheitswesens oder an eine Arztpraxis als räumliche Bestimmung in Betracht kommen. Der Umfang der Ermächtigung wird bei Krankenhausärzten regelmäßig durch ausdrückliche Nen-
158
BSGE 71, 280, 282. BSGE 70, 167, 175. 160 Vgl. BSG, Urt. v. 27. 04. 1982 – 6 RKa 3/80 (erhältlich bei juris), zur Ermächtigung von Krankenhausärzten nach der bis zum 31. 12. 1988 gültigen Rechtslage. Auch danach war die „zeitliche Bestimmung“ des Ermächtigungsbescheids vorgesehen. 161 BSGE 70, 167, 176. 159
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nung der Leistungspositionen bzw. -bereiche des EBM bestimmt, die im Rahmen der Ermächtigung erbracht und abgerechnet werden dürfen. 162 Inanspruchnahme auf Überweisung: Nach § 31 Abs. 7 S. 2 (ggf. i.V. m. § 31a Abs. 3) Ärzte-ZV ist in dem Ermächtigungsbeschluss auszusprechen, ob der Ermächtigte unmittelbar oder auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann. Bei der Entscheidung über die Möglichkeit der direkten oder lediglich indirekten Inanspruchnahme ist den Zulassungsgremien wiederum ein gerichtlich lediglich eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zuzugestehen. 163 Auch eine Eingrenzung der Ermächtigung auf die Überweisung durch Fachärzte kann dabei zulässig sein, wenn dies der Sicherstellung des Vorrangs der zugelassenen Leistungserbringer dient. Insbesondere ist diese Praxis nicht zu beanstanden, wenn ein zahlenmäßig und qualitativ ausreichendes Leistungsangebot durch die zugelassenen Fachärzte sichergestellt ist und lediglich für einzelne Fälle mit besonders schwieriger Diagnostik oder Behandlung der Zugriff auf die Kenntnisse eines einschlägig qualifizierten Krankenhausarztes (im Rahmen einer „konsiliarischen“ Hinzuziehung) ermöglicht werden soll. 164 Der Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien wird auf der anderen Seite dann überschritten, wenn ein qualitativer Bedarf an den besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden eines Krankenhausarztes besteht, der durch niedergelassene Vertragsärzte desselben Fachgebiets nicht erfüllt werden kann und gleichwohl die fachärztliche Überweisung für erforderlich erklärt wird. Durch die zwingende Zwischenschaltung des Gebiets- bzw. Facharztes entstünden dann nämlich vorhersehbar unnötige Kosten und zusätzlicher Zeitaufwand, obgleich bereits feststeht, dass die Leistungen nicht durch Niedergelassene erbracht werden können. 165 Den Zulassungsgremien ist es deshalb auch verschlossen, die Frage nach dem Ermächtigungsbedarf schlicht zu umgehen, indem sie für den Fall einer möglichen Versorgungslücke vorsorglich eine auf Facharztüberweisungen beschränkte Ermächtigung erteilen. 166
162
Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116, Rdnr. 23 f. Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 116, Rdnr. 22. 164 BSG, Urt. v. 15. 03. 1995, SozR 3 – 2500 § 116 Nr. 12. 165 BSG, Urt. v. 22. 06. 1994, SozR 3 – 2500 § 116 Nr. 6; Urt. v. 15. 03. 1995, SozR 3 –2500 § 116 Nr. 12. 166 BSG, Urt. v. 15. 03. 1995, SozR 3 – 2500 § 116 Nr. 11. 163
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f) Persönliche Leistungserbringung Ist die Ermächtigung erteilt, so kann der Krankenhausarzt ambulante Leistungen gegenüber gesetzlich versicherten Patienten erbringen. Er hat dabei die im vorausgehenden Abschnitt dargestellten Nebenbestimmungen zum Ermächtigungsbescheid zu beachten, sofern solche vorliegen. Er ist weiterhin an die generellen vertragsarztrechtlichen Vorgaben und hierbei insbesondere an das Gebot der persönlichen Leistungserbringung gebunden. Die grundsätzlich persönliche Leistungserbringung durch den Arzt ist ein wesentliches Merkmal des ärztlichen Berufsbilds. Dieser Grundsatz durchdringt diverse arztrechtliche Regelungen. 167 So bestimmt beispielsweise § 1 Abs. 2 Bundesärzteordnung (BÄO), 168 dass der Arztberuf seiner Natur nach ein freier Beruf und kein Gewerbe ist. Diese besondere Stellung des Arztes als Freiberufler impliziert nach allgemeiner Auffassung, dass er seine Leistungen regelmäßig persönlich und in eigener Verantwortung zu erbringen hat, um dem Vertrauen des Patienten auf die fachlichen Fähigkeiten und Eigenschaften des von ihm ausgewählten Arztes gerecht zu werden. 169 Im Bereich des Vertragsarztrechts ist zunächst einmal § 15 Abs. 1 SGB V von Bedeutung. Dieser bestimmt, dass ärztliche Behandlungsmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 SGB V nur von Ärzten erbracht werden dürfen. Hilfeleistungen anderer (also: „nichtärztlicher“) Personen sind nach der Vorschrift aber dann zulässig, wenn sie von einem Arzt angeordnet und von ihm verantwortet werden. Der Arzt kann seiner Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung demnach nicht nur durch sein eigenes Tätigwerden genügen. Vielmehr kann er sich grundsätzlich zur Erfüllung seiner Dienstleistungspflicht unter den genannten Voraussetzungen auch weiterer Mitarbeiter bedienen und Tätigkeiten unter Wahrung seiner persönlichen Leistungspflicht delegieren. 170 Ebenso wie dem zugelassenen Vertragsarzt ist es auch dem ermächtigten Krankenhausarzt vertragsarztrechtlich gestattet, Hilfeleistungen nichtärztlicher Personen in Anspruch zu nehmen, wenn er diese überwacht und wenn die Hilfspersonen über eine ausreichende fachliche Qualifikationen verfügen (vgl. § 15 Abs. 1 S. 5 BMV-Ä). 171 167 Vgl. Wigge, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 2, Rdnr. 47. Ausführlich zu der Gesamtthematik und unter Diskussion auch zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Aspekte Peikert, Persönliche Leistungserbringungspflicht, MedR 2000, 352. 168 Vgl. auch § 1 Abs. 1 S. 2 f. Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä). 169 Peikert, Persönliche Leistungserbringungspflicht, MedR 2000, 352. 170 Schirmer, Vertragsarztrecht, S. 362 ff. 171 Vgl. Steinhilper, Persönliche Leistungserbringung des ermächtigten Krankenhausarztes, MedR 2003, 339. Richtig ist der Hinweis Steinhilpers darauf, dass es aus der zivil- und arbeitsrechtlichen Sicht zusätzlich darauf ankommt, dass der ermächtigte Krankenhausarzt auch tatsächlich die Berechtigung dazu haben muss, das von ihm in An-
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Nicht unumstritten ist aber die Frage, ob persönlich ermächtigte Krankenhausärzte bei originär ärztlichen Tätigkeiten – bei denen also keine Delegation an nichtärztliches Personal möglich wäre – diese Leistungen zumindest anteilig durch andere angestellte Ärzte des Krankenhauses erbringen lassen können. Die §§ 32 Ärzte-ZV, 15 Abs. 1 BMV-Ä treffen hierzu diverse Regelungen für vertragsärztlich tätige Leistungserbringer. So werden beispielsweise nach § 15 Abs. 1 S. 2 f. BMV-Ä einem Praxisinhaber sogar die selbstständigen Leistungen angestellter Ärzte zugerechnet. Teilweise wird auch für ermächtigte Krankenhausärzte die Möglichkeit einer Delegation ärztlicher Leistungen an andere Krankenhausärzte reklamiert. 172 Der inhaltliche Ansatz dieser Auffassung ist es, bei qualitativ-speziellen Ermächtigungen nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV zwar eine Delegation an weitere Ärzte für diejenigen Leistungen auszuschließen, die ihre individuelle Prägung und Qualität gerade durch die besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten des ermächtigten Arztes erfahren. Eine Delegation solle aber beispielsweise dort möglich sein, wo im Rahmen diagnostischer Maßnahmen mit Hilfe bestimmter physikalischer oder chemischer Prozesse besondere Daten erhoben würden (z. B. bei einem EKG), ohne dass es hierbei im Einzelfall auf besondere ärztliche Kenntnisse oder Erfahrungen ankomme. 173 Dieser Auffassung wurde in zwei Erwiderungen entgegengehalten, dass eine solche Auslegung der insbesondere von § 32a Ärzte-ZV geprägten derzeitigen Rechtslage widerspreche. 174 Zugelassenen Vertragsärzten sei es gemäß §§ 32 Abs. 2, 32b Ärzte-ZV dem Grunde nach gestattet, Assistenten und angestellte Ärzte zu beschäftigen. Eine solche Möglichkeit sei aber ermächtigten Ärzten nicht eingeräumt worden. Nach § 32a Ärzte-ZV sei es ihnen lediglich im Falle der Abwesenheit aus Gründen von Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung gestattet, sich vertreten lassen. Hieraus sei im Rahmen der Auslegung abzuleiten, dass das Merkmal der „persönlichen“ Leistungserbringung im Sinne des § 32a Ärzte-ZV als „höchst-persönliche“ Leistungserbringung zu verstehen sei. 175 Hinzu komme, dass eine Ermächtigung an Krankenhausärzte in aller Regel ja gerade aufgrund deren besonderer spruch genommene Krankenhauspersonal in seine Ermächtigungstätigkeit einzubinden. Der Krankenhausträger muss hierzu sein Einverständnis gegeben haben. Insbesondere bei beamteten Ärzten kann sich auch aus dem jeweils einschlägigen Nebentätigkeitsrecht eine generelle Erlaubnis zur Nutzung von personellen Ressourcen gegen Entgelt im Rahmen gestatteter Nebentätigkeiten ergeben. 172 Kuhla, Persönliche Leistungserbringung des Krankenhausarztes bei ambulanten Behandlungen sozialversicherter Patienten, MedR 2003, 25. 173 Kuhla, Persönliche Leistungserbringung des Krankenhausarztes bei ambulanten Behandlungen sozialversicherter Patienten, MedR 2003, 25. 174 Steinhilper, Persönliche Leistungserbringung des ermächtigten Krankenhausarztes, MedR 2003, 339; Jolitz, Zur Delegationsfähigkeit vertragsärztlicher Leistungen durch gemäß § 116 SGB V ermächtigte Krankenhausärzte, MedR 2003, 340.
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persönlicher Qualifikation zur ergänzenden Sicherstellung der Versorgung ausgesprochen werde. 176 Jolitz stützt seine Auffassung zudem darauf, dass eine Teilung des ärztlichen Leistungsanteils auch aus abrechnungsrechtlicher Perspektive nicht möglich sei, da der EBM dies nicht vorsehe. 177 Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat sich in einem Beschluss vom 27. 10. 2004 der Auffassung angeschlossen, dass dem persönlich ermächtigten Krankenhausarzt – abgesehen natürlich von den in § 32a Ärzte-ZV ausdrücklich geregelten Ausnahmen – eine Erbringung ärztlicher Leistungen durch Dritte verwehrt sei. 178 In dem vom Gericht entschiedenen Fall waren von einem persönlich ermächtigten Chefarzt bestimmte Leistungen an einzelne in der von ihm geleiteten Klinik tätige Assistenzärzte delegiert worden. Das Gericht ging dabei davon aus, dass es sich nicht um bloße Hilfeleistungen gehandelt habe. Bei solchen Leistungen hätte für den Arzt nach §§ 15 Abs. 1 S. 2 SGB V, 15 Abs. 1 S. 3 BMV-Ä ja sogar die Möglichkeit zur Delegation auf nichtärztliche Hilfskräfte bestanden, wenn deren Tätigkeit von ihm verantwortet bzw. fachlich überwacht worden wäre. Für die in dem Verfahren umstrittene Tätigkeit von Assistenzärzten sei zwar in § 15 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä geregelt, dass grundsätzlich auch ärztliche Leistungen, die durch (genehmigte) Assistenten erbracht würden, als persönliche Leistungen des Vertragsarztes anzuerkennen und zu honorieren seien. Dies gelte jedoch nicht für ermächtigte Krankenhausärzte. Denn § 32a Ärzte-ZV sehe insoweit eine Tätigkeit von Assistenten nicht vor und unterscheide sich damit grundlegend von der Vorschrift des § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV, die Vertragsärzten die Beschäftigung von Ausbildungs- und Sicherstellungsassistenten ermögliche, wenn diese von der Kassenärztlichen Vereinigung genehmigt werde. Das Gericht begründet seine Auffassung zusätzlich aus der Normhistorie heraus. Während bis zum 31. 12. 1988 durch § 368a Abs. 8 S. 3 RVO ausdrücklich die Gleichstellung zwischen den an der ambulanten Versorgung „beteiligten“ Krankenhausärzten und zugelassenen „Kassenärzten“ im Hinblick auf Rechte und Pflichten geregelt gewesen sei, seien nämlich mit dem Gesundheitsreformgesetz zum 01. 01. 1989 mit den §§ 31, 31a und § 32a Ärzte-ZV bewusst Spezialvorschriften für ermächtigte Ärzte geschaffen worden. 179
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Jolitz, Zur Delegationsfähigkeit vertragsärztlicher Leistungen durch gemäß § 116 SGB V ermächtigte Krankenhausärzte, MedR 2003, 340. Ähnlich auch schon zuvor Kamps, Die Beschäftigung von Assistenten in der Arztpraxis, MedR 2003, 63, 75. 176 Steinhilper, Persönliche Leistungserbringung des ermächtigten Krankenhausarztes, MedR 2003, 339; Jolitz, Zur Delegationsfähigkeit vertragsärztlicher Leistungen durch gemäß § 116 SGB V ermächtigte Krankenhausärzte, MedR 2003, 340. 177 Jolitz, Zur Delegationsfähigkeit vertragsärztlicher Leistungen durch gemäß § 116 SGB V ermächtigte Krankenhausärzte, MedR 2003, 340, 341. 178 LSG Niedersachsen-Bremen, MedR 2005, 60. 179 LSG Niedersachsen-Bremen, MedR 2005, 60.
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De lege lata – hier ist der überwiegend in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Auffassung zuzustimmen – ergibt die Auseinandersetzung mit den erwähnten Vorschriften, dass eine Delegation ärztlicher Aufgaben im Rahmen der persönlichen ärztlichen Ermächtigung von Krankenhausärzten nicht oder nur äußerst eingeschränkt möglich ist. Der Ausgangspunkt der Überlegungen hierzu muss § 32a Ärzte-ZV sein, der bestimmt, dass ermächtigte Ärzte die im Ermächtigungsbeschluss bestimmten vertragsärztlichen Tätigkeiten persönlich auszuüben haben. Wie z. B. der Blick in § 15 Abs. 2 S. 2 bis 4 BMV-Ä zeigt, gilt zwar das Gebot persönlicher Leistungserbringung auch für vertragsärztliche Tätigkeiten nicht uneingeschränkt. Der Ansatz, auch über eine erweiterte Auslegung des Merkmals der persönlichen Leistungserbringung im Sinne von § 32a Ärzte-ZV nachzudenken, ist insofern zunächst einmal durchaus nachvollziehbar. Zudem ist sachlich nicht einzusehen, warum es dem ermächtigten Krankenhausarzt nicht möglich sein sollte, auch bei einer qualitätsorientierten Ermächtigung solche Leistungsanteile an andere Ärzte zu delegieren, die nicht gerade seine besondere persönliche Erfahrungen und Fähigkeiten erfordern. 180 In dieser Hinsicht ist Kuhla zuzustimmen. 181 Zu denken ist insofern vornehmlich an diagnostische Zwischenschritte im Rahmen der Gesamtbehandlung. Durch § 15 Abs. 2 S. 2 bis 4 BMV-Ä werden aber ausdrücklich nur Leistungen genehmigter Assistenten (im Sinne von § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV) und angestellter Ärzte (im Sinne von § 32b Ärzte-ZV) der persönlichen Leistung eines Praxisinhabers gleichgestellt. Entsprechende Möglichkeiten sind für den ermächtigten Arzt nach § 32a Ärzte-ZV nicht vorgesehen. 182 Der Wortlaut des § 32a Ärzte-ZV lässt daher einen tragenden Anknüpfungspunkt für eine Auslegung im Sinne der von Kuhla vertretenen Auffassung vermissen. De lege ferenda wäre es wünschenswert, wenn in § 32a Ärzte-ZV eine Regelung aufgenommen würde, die es auch ermächtigten Ärzten erlaubt, ärztliche Leistungen an fachlich qualifizierte Ärzte zu delegieren. 183 Freilich müsste auch hier vom ermächtigten Arzt die Verantwortung für die gesamten Behandlungsabläufe übernommen und die fachliche Beaufsichtigung der eingebundenen ärztlichen Mitarbeiter sichergestellt werden. 180 Auch Steinhilper selbst deutet insofern an, dass zumindest aus Qualitätsgesichtspunkten keine in allen Belangen „höchst-persönliche“ Leistungserbringung vonnöten sein dürfte. Vgl. Steinhilper, Persönliche Leistungserbringung des ermächtigten Krankenhausarztes, MedR 2003, 339. 181 Kuhla, Persönliche Leistungserbringung des Krankenhausarztes bei ambulanten Behandlungen sozialversicherter Patienten, MedR 2003, 25. 182 Siehe hierzu auch LSG Baden-Württenberg, Urt. v. 15. 02. 1995 – L 5 Ka 415/93 (Leitsätze erhältlich in juris). Das LSG Baden-Württenberg kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass § 32a Ärzte-ZV eine Beschäftigung von Assistenten durch Ermächtigte gerade nicht vorsieht. 183 So – wenn auch neutraler formuliert – wohl auch Steinhilper, Persönliche Leistungserbringung des ermächtigten Krankenhausarztes, MedR 2003, 339.
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g) Vergütung Wie bereits seine Überschrift zeigt („Vergütung ambulanter Krankenhausleistungen“), ist § 120 SGB V eine der wesentlichen Vorschriften zur Vergütung der im Krankenhaus erbrachten ambulanten Leistungen. Gemäß § 120 Abs. 1 S. 1 1. und 3. Alt. SGB V sind die im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen der ermächtigten Krankenhausärzte und der ermächtigten Einrichtungen nach den für Vertragsärzte geltenden Grundsätzen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung zu vergüten. In § 120 Abs. 2 f. SGB V werden spezielle Regelungen für die Leistungsabrechnung der Hochschulambulanzen (§ 117 SGB V), der psychiatrischen Institutsambulanzen (§ 118 SGB V) und der sozialpädiatrischen Zentren (§ 119 SGB V) getroffen. Die Vorschrift ist somit für eine Vielzahl der Möglichkeiten zur ambulanten Leistungserbringung im Krankenhaus relevant. Nicht von § 120 SGB V erfasst werden aber beispielsweise die im Krankenhaus erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen, ambulante Leistungen im Zusammenhang mit einem nicht rechtswidrigem Schwangerschaftsabbruch oder einer Sterilisation nach § 75 Abs. 9 i. V. m § 24b SGB V 184 und die so genannten hochspezialisierten Leistungen nach § 116b Abs. 2 SGB V. In diesen und weiteren Fällen gelten jeweils besondere Abrechnungswege. Für die im Krankenhaus erbrachten Leistungen ermächtigter Krankenhausärzte besteht nach dem Wortlaut des § 120 Abs. 1 S. 1 SGB V ein Anspruch auf deren Vergütung nach den für die Vertragsärzte geltenden Grundsätzen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung. Aus der Begründung zum seinerzeitigen Regierungsentwurf ergibt sich, dass mit der Vorgabe einer Vergütung nach den vertragsärztlichen Grundsätzen keine absolute Identität der Vergütungsregelungen erreicht werden sollte. 185 Es besteht dort ein gewisser Gestaltungsspielraum, wo dies aus sachlichen Erwägungen notwendig erscheint, um den Unterschieden der ambulanten Tätigkeit im Krankenhaus gegenüber der vertragsärztlichen Praxis Rechnung zu tragen. 186 In § 120 Abs. 1 S. 2 f. SGB V wird bestimmt, dass die mit den Leistungen verbundenen allgemeinen Praxiskosten, die durch die Anwendung von ärztlichen Geräten entstehenden Kosten sowie die sonstigen Sachkosten mit den Gebühren abgegolten sind, soweit im EBM nichts Abweichendes geregelt ist. Die den ermächtigten Krankenhausärzten zustehende Vergütung wird für diese vom Krankenhausträger mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet und nach Abzug der anteiligen Verwaltungskosten sowie der vorgenannten, dem Kranken184
Hencke, in: Peters, SGB V, § 120, Rdnr. 3. Siehe Begründung des Regierungsentwurfs zum GRG, BT-Drucks. 11/2237, S. 203 (zu § 129 in der Fassung des Entwurfs). 186 Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116, Rdnr. 4; Hencke, in: Peters, SGB V, § 120, Rdnr. 5. Siehe auch BSGE 93, 258 m.w. N. 185
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haus entstehenden Kosten an die berechtigten Krankenhausärzte weitergeleitet. Der ermächtigte Krankenhausarzt bleibt demnach Gläubiger der Honorarforderung, während die Kassenärztliche Vereinigung Schuldnerin ist. 187 Der Arzt kann seinen Anspruch jedoch nicht unmittelbar geltend machen, da per Gesetz der Abrechnungsweg über den Krankenhausträger vorgeschrieben ist. 188 Wie auch das Bundessozialgericht bereits festgestellt hat, verletzt diese Regelung nicht etwa Art. 12 Abs. 1 GG. 189 Hierbei ist zu beachten, dass es sich allenfalls um einen Eingriff in die freie Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG handeln könnte. Auch ist für den Krankenhausarzt die Teilnahme am vertragsärztlichen Versorgungssystem im Rahmen seiner Ermächtigung regelmäßig nur von untergeordneter, aber zumindest nicht von essentieller Bedeutung, da sein beruflicher Schwerpunkt ja in seiner Tätigkeit als Krankenhausarzt liegt. Regelnde Eingriffe in die Berufsausübung können grundsätzlich durch jede sachgerechte und vernünftige Erwägung des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Der Eingriff muss dabei im rechten Verhältnis zu den zu schützenden öffentlichen Interessen stehen und darf sich nicht als übermäßig belastend und unzumutbar darstellen. 190 Eine solche unzumutbare Belastung ist vorliegend nicht zu erkennen. Vielmehr wurden sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zugrunde gelegt. Ohne diese besondere Vorschrift würden die Krankenhausärzte ihre Leistungen nach dem EBM unmittelbar gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen. In den nach dem EBM berechnungsfähigen Leistungen sind aber weitgehend die für die Leistung notwendigen Aufwendungen des (niedergelassenen) Arztes pauschaliert enthalten. Um den hieraus resultierenden Problemen im Innenverhältnis zwischen Krankenhausträger und Krankenhausarzt zu begegnen, wurde in der Zeit vor der Einführung des SGB V nach der RVO bei Beteiligungen von Krankenhausärzten nach § 368a Abs. 8 RVO in der bis zum 31. 12. 1988 gültigen Fassung eine Aufteilung in ärztliches Honorar (zur Auszahlung an den Ermächtigten) und in einen Sachkostenanteil (zur Auszahlung an den Krankenhausträger) durch die Kassenärztlichen Vereinigungen vorgenommen. Die Höhe der den Krankenhausträgern zustehenden Sätze war zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäusern zu vereinbaren(vgl. § 368n Abs. 3 S. 1 RVO in der bis zum 31. 12. 1988 gültigen Fassung). Den Kassenärztlichen Vereinigungen, die an diesem – eigentlich nur das Innenverhältnis zwischen dem Ermächtigten und dem Krankenhausträger betreffen187 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum GRG, BT-Drucks. 11/2237, S. 203 (zu § 129 in der Fassung des Entwurfs). 188 Vgl. Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 120, Rdnr. 5. 189 BSGE 69, 1, 5 ff. 190 Siehe Darstellung der Rechtsprechung und heute vorherrschenden Auffassung z. B. bei Mann, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 12, Rdnr. 125 ff. (siehe der Vollständigkeit halber aber auch die von Mann geäußerte dogmatische Kritik an der grundlegenden Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 12 Abs. 1 GG, Rdnr. 152 ff.).
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den – Aufteilungsvorgang wenig eigenes Interesse hatten, standen somit zwei Gläubiger gegenüber. 191 Der Gesetzgeber verfolgte mit der Schaffung des durch § 120 Abs. 1 S. 2 f. SGB V vorgegebenen Abrechnungswegs insbesondere das Ziel, die Abrechnung erleichtern. 192 Mit der Regelung wurde die Kassenärztliche Vereinigung gleichzeitig von der Aufgabe entlastet, das Honorar nach Anteilen für die rein ärztlichen Leistungen und Sachkosten aufzuteilen, was nicht Teil ihrer eigentlichen Aufgabenstellung war. 193 Wie § 120 Abs. 5 SGB V klarstellt, bleiben beamtenrechtliche Vorschriften über die Entrichtung eines Entgelts für die Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn oder vertragliche Regelungen über ein weitergehendes Nutzungsentgelt, das neben der Kostenerstattung auch einen Vorteilsausgleich umfasst sowie sonstige Abgaben der Ärzte durch die Regelung des § 120 Abs. 1 SGB V unberührt. Nicht ersichtlich ist allerdings, weshalb dieser Hinweis auch auf § 120 Abs. 2 bis 4 SGB V erstreckt wird. Es handelt sich insofern um einen ins Leere laufenden Verweis des § 120 Abs. 5 SGB V. 194 Von hoher praktischer Relevanz speziell für die pädiatrischen Ermächtigungsambulanzen in den Krankenhäusern ist die Sonderregelung des § 120 Abs. 1a SGB V. Die Vorschrift wurde mit dem KHRG mit Wirkung zum 01. 01. 2009 eingeführt. 195 Gemäß § 120 Abs. 1a S. 1 SGB V sollen die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen mit den Krankenhäusern für die näher bezeichneten Bereiche der pädiatrischen Versorgung pauschale Zahlbeträge vereinbaren, sofern dies zur angemessenen Vergütung der Behandlung von Kindern und Jugendlichen auf Überweisung notwendig ist. Den Hintergrund dieser Spezialvorschrift bildet der Umstand, dass gerade im Kinder- und Jugendbereich eine hohe Diskrepanz zwischen der Vergütung auf Basis des EBM und den tatsächlich entstehenden Kosten in den Spezialambulanzen der Krankenhäuser besteht. 196 Nach § 87 Abs. 2c S. 4 SGB V sollen solche Unstimmigkeiten im Vergütungssystem zwar zumindest perspektivisch – genauer gesagt mit Wirkung spätestens zum 01. 01. 2011 (vgl. § 87 Abs. 2d S. 3 SGB V) – durch besondere Fallpauschalen aufgefangen werden. Bis es aber auch tatsächlich soweit ist, gibt § 120 Abs. 1a SGB V den Krankenhäusern eine Basis zur Verhandlung der zur angemessenen Leistungsvergütung erforderlichen Ausgleichsbeträge. 191
Eingehend dargestellt bei BSGE 69, 1, 7 f. Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum GRG, BT-Drucks. 11/2237, S. 203 (zu § 129 in der Fassung des Entwurfs). 193 BSGE 69, 1, 8. 194 So spricht Hencke, in: Peters, SGB V, § 120, Rdnr. 14 diesbezüglich zu Recht von einer „gesetzlichen Unschärfe.“ 195 BGBl. I, S. 534, 545, 548. 196 Siehe zu den Hintergründen den Bericht des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), BT-Drucks. 16/11429, S. 63 f. 192
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Nach den in der Praxis besonders relevanten persönlichen Ermächtigungen von Ärzten im Krankenhaus wird nachfolgend die Möglichkeit einer unmittelbar an das Krankenhaus gerichteten Ermächtigung – der so genannten „Institutsermächtigung“ – näher untersucht. 2. Institutsermächtigung Schon aus § 95 Abs. 1 S. 1 4. Alt. SGB V ergibt sich, dass nicht nur eine persönliche Ermächtigung gegenüber Ärzten ausgesprochen werden kann, sondern dass auch die Ermächtigung einer „Einrichtung“ möglich ist. Diese Art von Ermächtigung wird gemeinhin als „Institutsermächtigung“ bezeichnet. Auch für die ermächtigten Einrichtungen bedeutet der Ermächtigungsakt, dass sie nach § 95 Abs. 4 S. 1 f. SGB V zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet werden und dass die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung für sie verbindlich sind. Da bei der Institutsermächtigung nicht eine bestimmte natürliche Person zur Erbringung vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt wird, besteht nicht die im Zusammenhang mit der persönlichen Ermächtigung geschilderte „Problematik“ 197 des eng ausgestalteten Gebots der persönlichen Leistungserbringung. 198 Das Krankenhaus hat – im Rahmen der allgemeinen vertragsärztlichen und berufsrechtlichen Vorgaben – die Möglichkeit eines freien Einsatzes der ihm zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen. Entsprechend der Regelung in §§ 98 Abs. 1 Nr. 11 SGB V war in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang hauptsächlich § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV zu beachten. Mit dem GMG 2003 wurde zudem § 116a SGB V neu unmittelbar in das Gesetz eingeführt, der den Zulassungsausschüssen ausdrücklich die Ermächtigung von Krankenhäusern in Fällen der Unterversorgung ermöglicht. Die Regelung fügt sich zwar einerseits in das mit dem GMG 2003 verfolgte Konzept einer zunehmenden Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Leistungserbringung ein. Durch die zeitgleich vollzogene Einführung der MVZ als zugelassene Leistungserbringer hat die Regelung des § 116a SGB V allerdings keine echte praktische Relevanz. Beide Systemzugänge stehen aus Sicht der Krankenhäuser in faktischer Konkurrenz zueinander und das MVZ bietet entscheidende Vorteile. 199
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Siehe 2. Teil A. II. 1. f). Vgl. Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, S. 151. Siehe hierzu unten 2. Teil A. II. 2. e).
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
a) Sachliche Voraussetzungen Ermächtigung von Einrichtungen gemäß § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV: Auf die Voraussetzungen einer Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV wurde bereits oben im Zusammenhang mit der Möglichkeit zur persönlichen ärztlichen Ermächtigung eingegangen. Auf die dortigen Ausführungen wird daher verwiesen. „In besonderen Fällen“ können nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV auch Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden, sofern dies notwendig ist, um eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung abzuwenden oder einen begrenzten Personenkreis zu versorgen. Ermächtigungen von Krankenhäusern gemäß § 116a SGB V: Nach § 116a SGB V können die Zulassungsausschüsse zugelassene Krankenhäuser für das entsprechende Fachgebiet in denjenigen Planungsbereichen, in denen durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Unterversorgung festgestellt wurde, auf Antrag zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, soweit und solange dies zur Deckung der Unterversorgung erforderlich ist. Anknüpfungspunkt einer Ermächtigung nach § 116a SGB V ist demnach die vom jeweiligen Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 1 S. 1 SGB V für bestimmte Gebiete festgestellte Unterversorgung. Anders als bei § 31 Abs. 1 Buchst. a Ärzte-ZV wird die unmittelbar drohende Unterversorgung nicht als alternatives Tatbestandsmerkmal aufgeführt. Eine lediglich bevorstehende Unterversorgung reicht somit nach dem klaren Wortlaut des § 116a SGB V nicht für eine Ermächtigung nach §§ 116a SGB V aus. 200 Detaillierte Regelungen zur Feststellung einer Unterversorgung treffen §§ 27 ff. BedarfsplanungsRichtlinie. Deren Inhalt wird vom Gemeinsamen Bundesausschuss aufgrund von § 99 Abs. 1 S. 1 SGB V bestimmt. Nach § 29 S. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie ist eine Unterversorgung dann anzunehmen, wenn in der hausärztlichen Versorgung der ausgewiesene Bedarf um mehr als 25 v. H. und in der fachärztlichen Versorgung der Bedarf um mehr als 50 v. H. unterschritten wird. Die Entscheidung darüber, ob einem antragstellenden Krankenhaus eine Ermächtigung nach § 116a SGB V erteilt werden soll, wird nach dem Wortlaut des Gesetzes („kann“) in das Ermessen des Zulassungsausschusses gestellt. 201 Für 200 Anders sehen es aber wohl Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116a, Rdnr. 3 und ausdrücklich Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 116a, Rdnr. 5. 201 Vgl. Hencke, in: Peters, SGB V, § 116a, Rdnr. 2; Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 116a, Rdnr. 5.
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die Annahme eines gebundenen Anspruchs auf Erteilung einer Ermächtigung bei Vorliegen der Voraussetzungen bietet die Norm keinen Anknüpfungspunkt. 202 Insofern ist auch die Begründung zum Entwurf des GMG 2003 eindeutig. Dort heißt es, dass ein Anspruch auf Ermächtigung nicht eingeräumt werde, da es möglich sei, dass mehrere Krankenhäuser in einem unterversorgten Planungsbereich Anträge stellen könnten oder dass die persönliche Ermächtigung eines Krankenhausarztes zur Behebung der Unterversorgung ausreiche. 203 Richtig ist allerdings, dass sich das Ermessen des Zulassungsausschusses bei seiner Entscheidung im Einzelfall dahingehend reduzieren kann, dass eine Ablehnung der Ermächtigung ermessensfehlerhaft und somit rechtswidrig wäre 204, wenn lediglich der Antrag eines Krankenhauses vorliegt und eine Behebung der Unterversorgung mit anderen gleich- oder höherrangigen (zulassungsrechtlichen) Mitteln nicht möglich ist. b) Rangfragen Auf den generellen Nachrang der Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV gegenüber der vertragsärztlichen Zulassung wurde bereits eingegangen. Entsprechendes gilt für die Ermächtigungsmöglichkeit nach § 116a SGB V, 205 da auch hier eine Ermächtigung nur im Fall eines besonderen Bedarfs an zusätzlichen ambulanten Leistungserbringern – nämlich bei bereits festgestellter Unterversorgung – zugelassen wird. Der Nachrang der Ermächtigung nach § 116a SGB V gegenüber der Zulassung kommt zudem dadurch zum Ausdruck, dass diese dem Wortlaut nach nur erteilt werden darf, solange und soweit dies zur Deckung der Unterversorgung notwendig ist. Die auch innerhalb der verschiedenen Ermächtigungsmöglichkeiten bestehende Rangfolge wurde gleichfalls bereits oben angesprochen. Nach der ständigen und insofern überzeugenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genießt zunächst einmal die persönliche Ermächtigung von Krankenhausärzten nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV Vorrang vor der Möglichkeiten zur persönlichen Ermächtigung von Ärzten nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV, da den Krankenhausärzten durch das Gesetz ein gebundener Anspruch auf die Ermächtigung zuerkannt wird, sofern die Normvoraussetzungen erfüllt sind. 206 Die Institutsermächtigung nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV ist nach dem Bundessozialgericht wiederum erst nachrangig nach einer persönlichen ärztlichen Ermächtigung gemäß 202 Diese Auffassung scheint aber bei wörtlichem Verständnis bei Dalichau / Grüner, Gesundheitsstrukturgesetz, § 116a, S. 1 f. vertreten zu werden. 203 Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 119. 204 So auch Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 116a, Rdnr. 5. 205 Vgl. Steinhilper, Die „defensive Konkurrentenklage“ im Vertragsarztrecht, MedR 2007, 469, 472. 206 BSGE 79, 159, 163; BSG MedR 2000, 492.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
§ 31 Abs. 1 Ärzte-ZV in Betracht zu ziehen. 207 Das Bundessozialgericht argumentiert, der grundsätzliche Nachrang der Institutsermächtigung werde in §§ 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V, 31 Abs. 1 Ärzte-ZV durch die Formulierung „in besonderen Fällen“ zum Ausdruck gebracht. 208 Für die Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV ist die Schlussfolgerung des Bundessozialgerichts schlüssig. Die Ermächtigungsnorm selbst stellt durch die Übernahme der Formulierung des § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V ein abgestuftes Verhältnis zwischen (vorrangiger) persönlicher und (nachrangiger) Institutsermächtigung her. Einen generellen Vorrang jeder persönlichen Ermächtigung vor jeder Institutsermächtigung kann man aus § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V aber nicht ableiten. Vielmehr sind insbesondere Institutsermächtigungen mit speziell definierten Zielrichtungen rangmäßig gerade nicht nach einer Ermächtigung gemäß §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV einzuordnen. So hat das Bundessozialgericht in einer anderen Konstellation selbst ausgeführt, dass die Frage nach dem vertragsärztlichen Versorgungsgrad bei der Entscheidung über die Ermächtigung einer Hochschulambulanz nach § 117 Abs. 1 S. 1 SGB V rechtlich irrelevant sei. Maßgeblich für den Umfang der Ermächtigung einer Hochschulambulanz sei vielmehr das für Forschung und Lehre notwendige Maß der Krankenversorgung. 209 Sie ist damit nicht einmal nachrangig gegenüber einer vertragsärztlichen Zulassung. Hinsichtlich der Ermächtigung nach § 116a SGB V wird teilweise vertreten, diese sei nachrangig gegenüber (jeder) ärztlichen Ermächtigung. 210 Diese Sichtweise überzeugt jedoch bei näherer Betrachtung des Gesetzeswortlauts und des Gesetzgebungsverfahrens nicht. Richtig ist zunächst einmal, dass die Zulassungsausschüsse die Ermächtigung von Krankenhausärzten nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV auch gegenüber der Ermächtigung von Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung bei Unterversorgung nach § 116a SGB V bevorzugt behandeln müssen. Im Gegensatz zu §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV hat der Gesetzgeber nämlich auch den potentiellen Ermächtigungsadressaten des § 116a SGB V keinen gebunden Anspruch auf eine Ermächtigung zuerkannt. Nicht erkennbar ist jedoch, aus welchem Grund die Ermächtigung nach § 116a SGB V generell nachrangig gegenüber einer persönlichen ärztlichen Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV sein sollte. Anders als § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV enthält § 116a SGB V gerade keine dahingehende Einschränkung, dass eine Institutsermächtigung nach dieser Norm nur in „besonderen Fällen“ erfolgen könne. 211 Diese Sichtweise wird auch mittelbar durch die Begründung zum Gesetzentwurf 207 208 209 210 211
BSGE 79, 159, 163; BSG MedR 2000, 492. Ausführlich insbesondere zur historischen Entwicklung BSGE 79, 159, 163 f. Vgl. BSGE 82, 216, 221. So Hencke, in: Peters, SGB V, § 116a, Rdnr. 1 f. Ähnlich Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116a, Rdnr. 4.
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des GMG 2003 gestützt. Dort heißt es nämlich, ein Anspruch auf eine Ermächtigung werde im Rahmen des § 116a SGB V nicht eingeräumt, da es möglich sei, dass in einem unterversorgten Planungsbereich mehrere Krankenhäuser einen entsprechenden Antrag stellen würden oder dass die persönliche Ermächtigung eines Krankenhausarztes zur Behebung der Unterversorgung ausreiche. 212 Ein grundsätzlicher Nachrang der Institutsermächtigung nach § 116a SGB V auch gegenüber einer ärztlichen Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV kann somit weder auf den Wortlaut des Gesetzes noch auf die vorliegenden Anhaltspunkte aus dem Gesetzgebungsverfahren gestützt werden. Beide Ermächtigungsmöglichkeiten stehen nicht in einem Vorrang- / Nachrangverhältnis zueinander. Sollten im Fall einer Unterversorgung sowohl Anträge auf Ermächtigungen nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV als auch nach § 116a SGB V vorliegen, so hat der Zulassungsausschuss das Recht und die Pflicht, sich im Rahmen seiner Ermessenserwägungen damit auseinanderzusetzen, weshalb im jeweiligen Einzelfall dem einen oder dem anderen Instrument der Vorzug gegeben werden soll. c) Beschränkungen der Ermächtigung Die Ermächtigung nach § 116a SGB V kann vom Zulassungsausschuss ausgesprochen werden, soweit und solange dies zur Deckung der Unterversorgung erforderlich ist. Diese Formulierung ähnelt dem Wortlaut der §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV. Sofern hieraus jedoch abgeleitet wird, dass es dadurch zu einer unmittelbaren oder entsprechenden Anwendbarkeit von § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV komme, 213 so findet dies keine Stütze im Wortlaut der Norm. Es entspricht darüber hinaus auch nicht der Normsystematik. § 31 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV regelt unmittelbar allein die Pflicht der Zulassungsausschüsse zur Befristung 214 sowie zur räumlichen und umfänglichen Bestimmung der Ermächtigungen, die aufgrund von § 31 Ärzte-ZV (ggf. i.V. m. §§ 5 ff. BMV-Ärzte) ausgesprochen werden. Dies zeigt sich auch darin, dass selbst für den ebenfalls unmittelbar in die Ärzte-ZV aufgenommenen Ermächtigungstatbestand in § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV nicht etwa von einer automatischen Anwendbarkeit des § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV ausgegangen wurde. Vielmehr werden erst durch § 31a Abs. 3 die § 31 Abs. 7 bis 10 Ärzte-ZV für anwendbar erklärt. Hätte der Gesetzgeber auch für § 116a SGB V eine entsprechende Anwendbarkeit von § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV erreichen wollen, so hätte er dies entweder im Rahmen der Norm selbst oder in der Ärzte-ZV 215 regeln müssen. 212
BT-Drucks. 15/1525, S. 119. So Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116a, Rdnr. 4. 214 So die überzeugende Rechtsprechung des BSG (siehe oben). 215 Vgl. § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V. Hier könnte theoretisch natürlich auch der eigentlich berufene Verordnungsgeber nach § 98 Abs. 1 S. 2 SGB V tätig werden. 213
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Anders als z. B. bei §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV besteht demnach für den Zulassungsausschuss keine generelle Verpflichtung zur Befristung oder zur räumlichen und umfänglichen Bestimmung einer Ermächtigung nach § 116a SGB V. Aus praktischer Sicht ist dies jedoch relativ unerheblich. Im Rahmen seines Beurteilungs- und Ermessensspielraums ist es dem Zulassungsausschuss nämlich andererseits dem Grunde nach erlaubt, zeitliche, räumliche und umfangbezogene Beschränkungen mit der Ermächtigung zu verknüpfen. Da die Ermächtigung nach § 116a SGB V nur möglich sein soll, soweit und solange dies zur Deckung einer Unterversorgung erforderlich ist, wird eine solche Einschränkung auch regelmäßig statthaft und geboten sein. d) Vergütung Die im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen ermächtigter ärztlich geleiteter Einrichtungen werden gemäß § 120 Abs. 1 S. 1 3. Alt SGB V nach den für Vertragsärzte geltenden Grundsätzen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen vergütet. Nach § 120 Abs. 3 S. 1 SGB V kann auch eine Pauschalierung der Vergütung vorgesehen werden. Aus der Begründung des ursprünglichen Gesetzesentwurfs ist zu entnehmen, dass diese ggf. vertraglich zu vereinbaren ist. 216 Während in den speziellen Fällen der Hochschulambulanzen, der psychiatrischen Institutsambulanzen und der sozialpädiatrischen Zentren – die ihre Vergütung nicht aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung erhalten – eine vertragliche Abrede zwischen den Krankenkassen bzw. ihren Verbänden und den Trägern der Einrichtungen getroffen werden müsste, wären bei den übrigen ermächtigten Einrichtungen die Parteien der Gesamtverträge nach § 83 S. 1 SGB V zu einem entsprechendem Übereinkommen berufen. 217 Die obigen Ausführungen zur speziellen Regelung des § 120 Abs. 1a SGB V für die pädiatrischen Ermächtigungsambulanzen 218 gelten entsprechend. e) Praktische Relevanz Die praktische Relevanz der Institutsermächtigungen im Krankenhaus nach § 116a SGB V oder § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV ist in quantitativer Hinsicht derzeit nicht besonders hoch. Aufgrund der Subsidiarität gegenüber der vertragsärztlichen Zulassung und der Ermächtigung von Krankenhausärzten kommt es regelmäßig nur in besonders gelagerten Fällen zu einem positiven Bescheid durch 216 Siehe Gesetzentwurf zum GRG, BT-Drucks. 11/2237, S. 203 (zu § 129 Abs. 3 in der Fassung des Entwurfs). 217 Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 120, Rdnr. 15. Vgl. auch BSGE 76, 48, 51 f. 218 Siehe 2. Teil A. II. 1. g).
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die Zulassungsausschüsse. Eine gewisse Bedeutung kann hierbei noch am ehesten § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV erlangen, der ja auch die Ermächtigung zur Abwendung einer drohenden Unterversorgung oder zur Versorgung eines begrenzten Personenkreises zulässt und dem Zulassungsausschuss so einen relativ weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum belässt. Zwar mag es sein, dass die Ermächtigung nach § 116a SGB V im Falle einer Zunahme der Anzahl unterversorgter Planungsbereiche an Bedeutung gewinnen wird. 219 Bei einer bereits festgestellten Unterversorgung steht die Möglichkeit zur Ermächtigung jedoch nach den heutigen gesetzlichen Rahmenbedingungen in besonderer Konkurrenz zum medizinischen Versorgungszentrum als Option zur (mittelbaren) Teilnahme des Krankenhauses an der ambulanten Versorgung. Auf die medizinischen Versorgungszentren wird im nachfolgenden Abschnitt näher eingegangen. Die für ihren Betrieb zu erlangende Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gibt aufgrund ihrer unbefristeten Erteilung dem Krankenhaus eine bessere Planungssicherheit z. B. im Hinblick auf anstehende und zukünftige Investitionsentscheidungen. Aller Voraussicht nach wird daher die Antragstellung auf eine Ermächtigung nach § 116a SGB V besonderen Einzelfällen vorbehalten bleiben. 3. Medizinische Versorgungszentren Nach § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung neben zugelassenen sowie ermächtigten Ärzten und ermächtigten Einrichtungen auch zugelassene medizinische Versorgungszentren (MVZ) teil. Das MVZ wurde durch das GMG 2003 zum 01. 01. 2004 neu in die Kette der möglichen ambulanten Leistungserbringer aufgenommen. Gemäß § 72 Abs. 1 S. 2, 3. Alt SGB V gelten für MVZ die Regelungen des vierten Kapitels des SGB V insgesamt entsprechend. Vorbild für die Institution MVZ waren zumindest auch die „Polikliniken“ der ehemaligen DDR. 220 Bei der Namensgebung hat man sich allerdings – vermutlich gerade, um insofern wenig „Angriffsfläche“ für Polemik zu bieten – auf eine komplette Neuschöpfung besonnen. 221
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Siehe hierzu Sowa, Ambulante Behandlung durch Krankenhäuser bei Unterversorgung (§116a SGB V), Krankenhaus Umschau 2007, 386. 220 Vgl. beispielsweise Quaas in: Quaas / Zuck, § 16, Rdnr. 2; Lang, Sektorale Trennung von ambulanter und stationärer Krankenbehandlung in der Gesetzlichen Krankenversicherung – Koordinationsprobleme und Lösungsoptionen, VSSR 2008, 111, 122. Lindenau sieht dagegen die in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts auftauchenden „Ambulatorien“ als historische „Prototypen“ des MVZ. Vgl. Lindenau, Das Medizinische Versorgungszentrum, S. 13. 221 „Entschleiernde“ Kommentare kann man so leicht natürlich nicht verhindern. Vgl. beispielsweise Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, S. 111.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Erklärtes Ziel des Gesetzgebers war es, ein Instrument zur Überwindung der sektoralen Grenzen in der Krankenversorgung zu schaffen und den Wettbewerb zwischen den verschiedenen „Versorgungsformen“ zu fördern. 222 Auch Krankenhäusern wurde die Gründung von MVZ ermöglicht. So wurde ihnen die Option eröffnet, stationäre und ambulante Leistungen „aus einer Hand“ anzubieten. Dies entspricht in besonderem Maß der verbreiteten Forderung nach einer weniger sektoren- als vielmehr patientenorientierten („integrativen“) Behandlung der Versicherten. Wie bereits dargestellt wurde, unterstützen einerseits der medizinische Fortschritt und andererseits die durch den Gesetzgeber im Vergütungssystem der stationären Krankenhausleistungen vorgenommen Veränderungen nachdrücklich die Verkürzung der durchschnittlichen stationären Verweildauer. Durch diese Entwicklung wird die Förderung der „integrativen“ Behandlungsmöglichkeiten auch und gerade am Krankenhaus als gesundheitspolitisch gewünschte Tendenz noch bedeutsamer. Hinzu kommt, dass die Etablierung von MVZ an Krankenhäusern besonders geeignet ist, diesen eine Chance zu bieten, die ohnehin zwingend vorzuhaltenden Ressourcen besser auslasten zu können. Die stärkere Kooperation zwischen dem stationären und dem ambulanten Bereich – nicht nur, aber auch durch die Gründung von MVZ – macht also sowohl aus medizinischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht Sinn. Im dritten Quartal 2008 waren im Bundesgebiet insgesamt 1.152 MVZ zugelassen. 223 Davon befanden sich 429 – also ca. 37, 2 Prozent – in Krankenhausträgerschaft. 224 Auch wenn in den MVZ regelmäßig eine größere Anzahl von Ärzten Leistungen erbringt, so haben sie im Verhältnis zur Gesamtgruppe von insgesamt ca. 120.000 Vertragsärzten 225 zumindest bislang noch einen gewissen Nischencharakter. a) Sachliche Voraussetzungen § 95 Abs. 1 S. 2 ff. SGB V regeln die Voraussetzungen für die Errichtung eines MVZ und dessen Teilnahme an der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter. Medizinische Versorgungszentren sind danach „fachübergreifende“ ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach § 95 Abs. 2 S. 3 SGB V eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Sie können von allen zur Versorgung der gesetzlich Versicherten berechtigten Leis222
Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 74. Quelle: das Krankenhaus 2009, 525. 224 Müller / Schröder-Printzen, Kooperationen mit Zukunft, Medizinische Versorgungszentren und Integrierte Versorgung sind sektorenübergreifende Modelle mit wachsendem Potential, Arzt- und Krankenhaus 2009, 110, 111. 225 Vgl. Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland 2008, zu finden unter http://www.kbv.de (Stand: 10. 05. 2010). Siehe dort Darstellung auf S. 11 wonach zum 31. 12. 2007 insgesamt 118.858 Vertragsärzte im Bundesgebiet tätig waren. 223
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tungserbringern gegründet werden. Diese können sich dabei wiederum sämtlicher „zulässiger Organisationsformen“ bedienen. Wie man bei ihrer Lektüre schnell bemerkt, sind die Regelungen zum MVZ in einigen zentralen Punkten von unbestimmten und somit auslegungsbedürftigen Rechtsbegriffen geprägt. aa) Gründer Gründer eines MVZ können nach dem Wortlaut des § 95 Abs. 1 S. 6 2. HS. SGB V solche Leistungserbringer sein, die auf Grund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung der Versicherten teilnehmen. Wenn die Regelung hier von der bereits gegebenen Teilnahme an der „medizinischen“ Versorgung im Gegensatz zur Teilnahme an der „vertragsärztlichen“ Versorgung spricht, so wird klar, dass die Gründung gerade nicht nur solchen Leistungserbringern vorbehalten bleiben soll, die ohnehin bereits vertragsärztliche Leistungen erbringen können. In der Gesetzesbegründung zum GMG 2003 wird zudem ausdrücklich von der Möglichkeit zur Gründung von MVZ z. B. durch Vertragsärzte, Krankenhäuser, Heilmittelerbringer, Erbringer häuslicher Krankenpflege und Apotheken ausgegangen. Durch die Beschränkung auf die bereits im System der gesetzlichen Krankenversicherung tätigen Leistungserbringer soll eine primär an medizinischen Vorgaben orientierte Führung der Zentren gewährleistet werden. 226 Nicht gründungsbefugt sind im Ergebnis z. B. reine Privatärzte oder auch die so genannten „Managementgesellschaften“, die gemäß § 140b Abs. 1 Nr. 4 SGB V, ohne selbst zur Versorgung der Versicherten berechtigt zu sein, Vertragspartner bei Modellen der integrierten Versorgung im Sinne des § 140a Abs. 1 SGB V sein können. 227 Wenn die Gründungsvoraussetzung eines für den oder die Gründer bereits bestehenden Systemzugangs zur medizinischen Versorgung im Rahmen der GKV länger als sechs Monate nicht mehr vorliegt, so ist eine bereits erteilte Zulassung dem jeweiligen MVZ wieder zu entziehen vgl. § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V). Die nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser sind unmissverständlich von der Formulierung des § 95 Abs. 1 S. 6 2. HS. SGB V erfasst. 228 Hochschulkliniken, Plankrankenhäusern und Krankenhäusern mit einem Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 SGB V steht also grundsätzlich der Weg zur Gründung eines MVZ offen.
226
Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 107 f. Behnsen, Medizinische Versorgungszentren – die Konzeption des Gesetzgebers (I), das Krankenhaus 2004, 602, 605. 228 Vgl. z. B. Wigge, Medizinisches Versorgungszentrum nach dem GMG, MedR 2004, 123, 130; Schirmer, Vertragsarztrecht, S. 303. Im Ergebnis ebenso Zuck in: Quaas / Zuck, § 47, Rdnr. 17, 19. 227
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Dem Koalitionsvertrag der Regierungsparteien zur 17. Legislaturperiode ist zu entnehmen, dass die Möglichkeit zur Gründung von MVZ durch Krankenhäuser zukünftig eingeschränkt werden könnte. Die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte solle Ärzten vorbehalten bleiben. Das MVZ solle von Ärzten verantwortlich geführt werden. Lediglich in unterversorgten Gebieten solle eine Öffnung für Krankenhäuser erhalten bleiben, sofern kein Interesse seitens der (niedergelassenen) Ärzteschaft an der Zulassung bestehe. Es bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form die angekündigten Modifikationen tatsächlich zur Umsetzung kommen werden. Jedenfalls würde damit eine der Kernideen hinter dem Konzept der MVZ – die mögliche Vielfalt der Träger – aufgegeben. Da aber gerade im ländlichen Bereich MVZ an Krankenhäusern zukünftig ein wichtiges Werkzeug zur Sicherung der wohnortnahen medizinischen Versorgung der Bevölkerung bieten können, wäre es kontraproduktiv, die Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser derart unattraktiv zu gestalten. bb) Zulässige Organisationsformen Gemäß § 95 Abs. 1 S. 6 1. HS. SGB V können sich MVZ „aller zulässigen Organisationsformen“ bedienen. In der Gesetzesbegründung zum GMG 2003 ist zu lesen, dass damit der Betrieb eines MVZ z. B. als GmbH oder als BGBGesellschaft möglich sei. 229 In diesem Zusammenhang war allerdings gerade in der Zeit nach der Neuschaffung des Rechtsinstituts des MVZ zu bedenken, dass sich aus den Heilberufs- und Kammergesetzen der Länder und den berufsrechtlichen Regelungen der Landesärztekammern oftmals Einschränkungen ergaben, die einer Ausübung des Arztberufs durch oder in juristischen Personen des privaten Rechts entgegenstanden. 230 Hierzu wurde teilweise vertreten, dass diesen Regelungen des ärztlichen Berufsrechts durch die bundesrechtliche Regelung in § 95 Abs. 1 S. 2 ff. SGB V n. F. der Boden entzogen worden sei. Insofern komme Art. 31 GG 231 zum Tragen. 232 Träte man dieser Argumentation grundsätzlich näher, so würde sich allerdings die Frage stellen, ob der Bund überhaupt die Gesetzgebungskompetenz auch bezüglich der Regelung zum Recht der „Binnenorganisation der ärztlichen Berufsausübung“ für sich hätte reklamieren können. 233 Im Ergebnis kommt es darauf jedoch angesichts des Wortlauts der Gesamt-Vorschrift nicht an. § 95 Abs. 1 S. 6 1. HS SGB V spricht von der Nutzbarkeit aller „zulässigen“ Organisationsformen. Will man diesen Hinweis des 229
Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 107. Vgl. Scholz, Neuerungen im Leistungserbringerrecht durch das GKV-Modernisierungsgesetz, GesR 2003, 369, 373; Wigge, Medizinisches Versorgungszentrum nach dem GMG, MedR 2004, 123, 129. 231 „Bundesrecht bricht Landesrecht.“ 232 Vgl. z. B. DKG-MVZ 2004, S. 13. 230
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Gesetzgebers nicht vollends ins Leere laufen lassen, so muss er dahingehend verstanden werden, dass anderweitige entgegenstehende gesetzliche Regelungen unberührt bleiben sollten. 234 Anlässlich des 107. Deutschen Ärztetages im Mai 2004 wurden mit § 23a der Musterberufsordnung (MBO) die Weichen dahingehend gestellt, dass ausdrücklich auch für Ärzte der Weg zur Nutzung der juristischen Personen des Privatrechts im Rahmen ihrer Berufsausübung geöffnet werden sollte. Durch die sukzessive entsprechende Anpassung der landesrechtlichen Regelungen und des Kammerrechts der Landesärztekammern hat sich das geschilderte Problem in der Folge weitestgehend gelöst. Nach § 1 Abs. 2 BÄO ist der ärztliche Beruf gerade kein Gewerbe, sondern ein seiner Natur nach freier Beruf. Deshalb ist der Betrieb eines MVZ in einer der Gesellschaftsformen des Handelsrechts (OHG, KG) ausgeschlossen. Teilweise wird argumentiert, dies gelte nur dort, wo ein Arzt selbst Gesellschafter eines MVZ werde. 235 § 1 Abs. 2 BÄO beschreibt jedoch seinem Wortlaut nach den ärztlichen Beruf generell und unabhängig davon, ob er in wirtschaftlicher Hinsicht „selbstständig“ oder in einem Anstellungsverhältnis ausgeübt wird. 236 Richtigerweise gilt das Gesagte daher auch für MVZ, die nicht von Ärzten gegründet werden, da es gleichwohl die ärztlichen Leistungen sind, die nach § 95 Abs. 1 S. 1 SGB V den „sinnstiftenden“ Leistungsgegenstand des MVZ bilden. 237 Eine gerade im Bereich der Krankenhäuser relevante Variante ist der Betrieb eines MVZ ohne dessen gesonderte Ausgründung in eigener Rechtsform, also als Abteilung oder begrifflich ähnlich definierte Teileinheit des Krankenhauses. In der Praxis wird dieser Weg auch seitens einiger Zulassungsausschüsse akzeptiert. 238 Wenn ein MVZ danach rechtlich als Teil eines Krankenhauses geführt wird, so muss gleichwohl eine klare organisatorische und buchhalterische Trennung vom Krankenhausbetrieb erfolgen. 239 Teilweise wird aber gefordert, das MVZ müsse nicht nur organisatorisch, sondern auch rechtlich vom Krankenhausbetrieb abgetrennt sein. Dies werde nur 233
Siehe hierzu Scholz, Neuerungen im Leistungserbringerrecht durch das GKV-Modernisierungsgesetz, GesR 2003, 369, 373. 234 Wigge, Medizinisches Versorgungszentrum nach dem GMG, MedR 2004, 123, 129. So auch die aktualisierte Broschüre der DKG unter Bezugnahme auf entsprechende klarstellende Äußerungen der Aufsichtsbehörden, DKG-MVZ 2007, S. 10. 235 Siehe z. B. DKG-MVZ 2007, S. 11. 236 Vgl. Quaas in: Quaas / Zuck, § 12, Rdnr. 10. 237 Wigge, Medizinisches Versorgungszentrum nach dem GMG, MedR 2004, 123, 129. 238 Vgl. Schmitz / Oerter, Braucht unser Krankenhaus ein MVZ ?, das Krankenhaus 2008, 136, 138. 239 DKG-MVZ 2007, S. 12.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
durch eine eigenständige Rechtsform gewährleistet. Begründet wird diese Auffassung einerseits mit dem Wortlaut der § 95 Abs. 1 S. 2 und S. 6 SGB V. Wenn diese von „Einrichtungen“ und „Organisationsform“ sprächen, so lege der Wortlaut die rechtliche Eigenständigkeit von MVZ nahe. Andererseits sei ein MVZ als Krankenhausabteilung aber auch aufgrund der systemimmanenten Trennung zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor nicht möglich. 240 Diese Argumentation überzeugt nicht. Gerade das Wortlautargument und die Normsystematik sprechen für die Zulässigkeit eines MVZ als rechtlich unselbstständige Teileinheit eines Krankenhausbetriebs. Ausdrücklich sollen nach § 95 Abs. 1 S. 6 SGB V „alle zulässigen Organisationsformen“ opportun sein. Der Gesetzgeber wollte also einen möglichst freien Gestaltungsrahmen bieten. Weshalb der Bergriff der „Organisationsform“ begrifflich eine rechtliche Eigenständigkeit implizieren soll, leuchtet im Übrigen nicht ein. Auch das rechtlich unselbstständige MVZ ist eine mögliche „Form der Organisation.“ Systematisch hat der Gesetzgeber insbesondere mit dem GMG 2003 einen großen Schritt in Richtung der Öffnung der Sektorengrenzen bzw. zur Etablierung sektorenübergreifender Strukturen getan. Das MVZ soll ausdrücklich zum Abbau der Schnittstellenprobleme beitragen. Wenn aber der systematische Grundgedanke ist, dass Leistungen vermehrt „aus einer Hand“ angeboten werden sollen, so spricht dies eher dafür, dass auch rechtlich alles in einer Hand liegen darf, als dagegen. cc) Fachübergreifende Tätigkeit MVZ sind nach § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V „fachübergreifende“ Einrichtungen. Von Beginn an wurde in diesem Zusammenhang diskutiert, ob hierunter z. B. auch eine Zusammenarbeit ärztlicher und nichtärztlicher Leistungserbringer unter dem gemeinsamen Dach eines MVZ falle. Des Weiteren war zunächst ungeklärt, ob ein Fachübergriff zwischen im MVZ tätigen Ärzten nur angenommen werden konnte, wenn (mindestens) zwei Ärzte verschiedener Fachgebiete 241 in einem MVZ Leistungen erbringen sollten oder ob hierfür auch verschiedene Schwerpunktbezeichnungen bei gleicher Facharztbezeichnung ausreichend gewesen wären. 242 Der Referentenentwurf zum Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) sah ursprünglich eine Streichung des Merkmals „fachübergreifend“ in § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V vor. Mit der schlussendlich vom Bundeskabinett beschlossenen und umgesetzten Fassung wurden aber stattdessen Abgrenzungskriterien zur näheren Erläuterung des Rechtsbegriffs in den Gesetzestext eingefügt. 243 Der hierbei neu 240
SG Marburg, Beschl. v. 25. 10. 2007, GesR 2008, 30. Gemeint sind die Fachgebiete im Sinne der Weiterbildungsordnungen der Länder bzw. der Landesärztekammern. 242 Darstellung bei DKG-MVZ 2004, S. 21 ff. 241
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eingefügte § 95 Abs. 1 S. 3 SGB V besagt nunmehr ausdrücklich, dass eine Einrichtung fachübergreifend ist, wenn in ihr Ärzte mit verschiedenen Facharzt- oder Schwerpunktbezeichnungen tätig sind. Ein Fachübergriff ist aber nicht gegeben, wenn die Ärzte der hausärztlichen Arztgruppe nach § 101 Abs. 5 SGB V angehören und wenn die Ärzte oder Psychotherapeuten der psychotherapeutischen Arztgruppe nach § 101 Abs. 4 SGB V angehören. Der ebenfalls mit dem VÄndG neu eingefügte § 95 Abs. 1 S. 4 SGB V stellt klar, dass eine Einrichtung, in der ein fachärztlicher und ein hausärztlicher Internist tätig sind, fachübergreifend ist. Die Verzahnung von ambulanten und stationären Leistungen wäre im Übrigen keine „fachübergreifende“ Konstellation im Sinne des § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V. Die ambulante und die stationäre medizinische Versorgung sind nämlich begrifflich als Leistungen verschiedener „Versorgungsformen“ und nicht als Leistungen aus unterschiedlichen „Fächern der Versorgung“ zu betrachten. Nicht mit letzter Sicherheit zu beantworten ist jedoch die oben angedeutete Frage, ob auch durch eine „interdisziplinäre“ Zusammenarbeit von ärztlichen und nichtärztlichen Leistungserbringern (z. B. zwischen Vertragsarzt und Apotheker) das Kriterium der fachübergreifenden Zusammenarbeit erfüllt sein könnte. 244 Dafür könnte man zwar ins Feld führen, dass der Gesetzgeber mit der Einführung von MVZ gerade diese interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern wollte. Dagegen spricht jedoch – und dies dürfte letztlich ausschlaggebend sein – dass § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V bei seiner Beschreibung des MVZ allein auf die Leistungen der dort tätigen, in das Arztregister eingetragenen Ärzte abstellt. 245 Auch der Gesetzgeber selbst bestätigt diese Auslegung mittelbar. Schließlich hat er sich – in Kenntnis der Diskussion um die geschilderte Frage – mit den durch das VÄndG neu eingefügten § 95 Abs. 1 S. 3 f. SGB V allein mit den denkbaren Fallkonstellationen bei ärztlichen Leistungserbringern auseinandersetzt und gleichzeitig davon abgesehen, die Kooperation zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Leistungserbringern des GKV-Systems als fachübergreifend im Sinne des § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V zu definieren. dd) Ärztliche Leitung Aus § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V ergibt sich, dass MVZ unter ärztlicher Leitung zu stehen haben. In diesem Zusammenhang wird teilweise vertreten, dass mindestens ein Geschäftsführer einer MVZ-GmbH bzw. ein Vorstandsmitglied einer MVZ-AG Arzt sein müsse. 246 Auch wenn eine solche ärztliche Repräsentanz in der Geschäftsführung sinnvoll erscheint, dürfte dies rechtlich nicht obligatorisch 243 244 245 246
BGBl I 2006, S. 3439, 3440. Siehe z. B. DKG-MVZ 2004, S. 21 und Quaas in: Quaas / Zuck, § 16, Rdnr. 10. So dann auch DKG-MVZ 2007, S. 19. Vgl. Wigge, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 6, Rdnr. 85.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
sein. Es kommt bei der „ärztlichen Leitung“, so wie auch im Falle der ermächtigten Einrichtungen im Sinne des § 95 Abs. 1 S. 1 4. Alt SGB V, nicht auf die gesellschaftsrechtliche Binnenstruktur eines MVZ an. Erkennbare Zielrichtung der Formulierung ist es vielmehr, die von einer betriebswirtschaftlich orientierten Geschäftsführung unabhängige ärztliche Leitung der Einrichtung in medizinisch-fachlichen Fragestellungen sicherzustellen. 247 Diese könnte aber – ähnlich der Konstellation bei ärztlichen „(Abteilungs-)Direktoren“ im Krankenhausbereich – auch als ärztliche und in Fragen der Diagnostik und Therapie allein verantwortliche Leitung neben der Geschäftsführung organisiert sein. 248 Ebenfalls umstritten ist, ob mit der ärztlichen Leitung eines MVZ nur solche Ärzte betraut werden können, die dort selbst als Vertragsarzt tätig bzw. „angestellt“ im Sinne des § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V sind. Der bejahenden Auffassung ist zuzugestehen, dass eine solche Regelung Sinn gemacht hätte. Da auch die im MVZ tätigen angestellten Ärzte nach § 95 Abs. 3 S. 3 SGB V Mitglieder der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind, hätte dies den Kassenärztlichen Vereinigungen die Möglichkeit gegeben, die Einhaltung der vertragsärztlichen Pflichten bei Nichtbeachtung auch „hoheitlich“ gegenüber der Leitung durchzusetzen. 249 Allerdings lässt der Wortlaut des Gesetzes keinen Anhaltspunkt für eine solche Auslegung erkennen und spricht allein davon, dass die Einrichtung unter ärztlicher Leistung zu stehen habe. Mit der Gegenauffassung 250 ist deshalb davon auszugehen, dass es auch möglich ist, die ärztliche Leitung eines MVZ auf solche Ärzten zu übertragen, die dort nicht selbst vertragsärztliche Leistungen erbringen. Es ist des Weiteren mangels anderweitiger Hinweise im Gesetz zulässig, die ärztliche Leitung durch mehrere Ärzte gemeinschaftlich zu organisieren. 251 Mit dem VÄndG wurde zudem § 95 Abs. 1 SGB V um seinen neuen Satz 5 ergänzt. Danach ist bei MVZ, in denen Angehörige unterschiedlicher, an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligter Berufsgruppen tätig sind, auch eine kooperative Leitung möglich. Hierdurch soll nach der Begründung zum Gesetzesentwurf die Zusammenarbeit von Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten unter dem Dach von MVZ erleichtert werden. 252
247 Insofern ist Wigge zuzustimmen, vgl. ders., Medizinisches Versorgungszentrum nach dem GMG, MedR 2004, 123, 129. 248 Ebenso DKG-MVZ 2007, S. 22. 249 In dieser Richtung wird argumentiert bei Schirmer, Vertragsarztrecht, S. 190 ff. 250 Vgl. beispielsweise Orlowski / Halbe / Karch, VÄndG, S. 89; Möller, Auswirkungen des VÄndG auf Medizinische Versorgungszentren, MedR 2007, 263, 265. 251 DKG-MVZ 2007, S. 22. 252 Vgl. Begründung zum Entwurf des VÄndG, BT-Drucks. 16/2474, S. 21.
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ee) Selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung Nach § 95 Abs. 2 S. 6 1. HS. SGB V ist eine weitere Voraussetzung für die Zulassung eines MVZ in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts, dass die Gesellschafter „selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit“ abgeben. Gemäß § 95 Abs. 2 S. 6 2.HS SGB V gilt dies auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Sofern das Gesetz von „selbstschuldnerischen Bürgschaftserklärungen“ spricht, greift es die Formulierung des § 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB auf. Die Gesellschafter müssen also auf die Erhebung der Einrede der Vorausklage im Sinne von § 771 S. 1 BGB (analog) verzichten. Auch diese Ergänzung der bisherigen Regelungen zum MVZ wurde mit dem VÄndG in das SGB V eingebracht. Ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf sollten hiermit diejenigen MVZ, die in der Rechtsform einer juristischen Person organisiert sind, „haftungsrechtlich“ den Einzelpraxen und den ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaften gleichgestellt werden. Während die jeweiligen Vertragsärzte in den beiden letztgenannten Fällen mit ihrem Privatvermögen für Verbindlichkeiten der Praxen haften würden, sah der Gesetzgeber bei juristischen Personen z. B. das Risiko, dass im Falle von Insolvenzen die örtlichen Gemeinschaften der Vertragsärzte nicht zu realisierende Rückforderungsansprüche nach § 106 Abs. 5c SGB V hätten tragen müssen. 253 Zu beachten ist, dass § 95 Abs. 2 S. 6 1. HS. SGB V seinem eindeutigen Wortlaut nach das Erfordernis einer selbstschuldnerischen Bürgschaft nur für die als juristische Personen des Privatrechts organisierten MVZ statuiert. 254 Seitens einiger Kassenärztlicher Vereinigungen wurde zunächst vertreten, dass auch solche MVZ, die bei Inkrafttreten des neuen § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V bereits gegründet waren, nunmehr selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen der Gründer vorzulegen hätten. Ansonsten sei die Entziehung der Zulassung nach § 95 Abs. 6 S. 1 SGB V die Folge. Diese Sichtweise entsprach jedoch nicht der hinter dem Gesetzentwurf stehenden Intention (wie auch das Bundesministerium für Gesundheit in einem Schreiben vom 18. 07. 2007 an den Vorstand der KBV klargestellt hat) und fand zudem im Wortlaut der Vorschrift keinerlei Stütze. Aus der steuerrechtlichen Sicht – die hier allerdings nicht vertieft werden soll – wird im Zusammenhang mit der Bürgschaftserklärung nach § 95 Abs. 2 S. 6 1. HS. SGB V diskutiert, ob deren Abgabe den Status der Gemeinnützigkeit der erklärenden Krankenhäuser gefährden könne. Eine solche Gefährdung könnte möglicherweise bereits in der Abgabe der Erklärung oder jedenfalls im 253 254
Begründung zum Entwurf des VÄndG, BT-Drucks. 16/2474, S. 21. DKG-MVZ 2007, S. 23 f.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Eintritt des „Bürgschaftsfalls“ zu sehen sein, wenn es hierdurch zu einer nicht auf das gemeinnützige Ziel ausgerichteten Mittelverwendung kommt. Als praktische Lösung wird gemeinhin angeraten, das MVZ seinerseits gemeinnützig zu betreiben. Dies sei dann gegeben, wenn das MVZ mindestens zu zwei Dritteln Leistungen gegenüber hilfsbedürftigen Personen erbringe, was wiederum jedenfalls dann anzunehmen sei, wenn mindestens zwei Drittel der im MVZ behandelten Patienten GKV-Versicherte seien. 255 ff) Angestellte Ärzte oder Vertragsärzte Im MVZ sind nach § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig. Zu den Konsequenzen aus dieser Formulierung sind die verschiedensten Auslegungsvarianten vertreten worden. Den „normgenetischen“ Hintergrund des Meinungsstreits bildet die Tatsache, dass der Einschub der Formulierung „oder Vertragsärzte“ erst im Laufe des politischen Prozesses während des Gesetzgebungsverfahrens zum GMG 2003 in die Vorschrift aufgenommen wurde, ohne dass sich aber gleichzeitig auch erläuternde Worte in der Gesetzesbegründung zur endgültigen Fassung gefunden hätten. 256 Bei einem eher „natürlich-wortlautorientierten“ Normverständnis könnte man aus dem Wortlaut des § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V die unproblematische Zulässigkeit der gemeinsamen Tätigkeit von angestellten Ärzten und zugelassenen Vertragsärzten im MVZ unter dessen Arztnummer (analog einer so genannten Berufsausübungsgemeinschaft) ableiten. 257 Schließlich legt die Formulierung selbst eigentlich gerade keine Einschränkungen hinsichtlich einer solchen Zusammenarbeit nahe. Insbesondere aus der Ärzte-ZV wurde jedoch die Gegenauffassung abgeleitet, dass in einem MVZ nur entweder – und jeweils ausschließlich – angestellte Ärzte oder Vertragsärzte vertragsärztliche Leistungen erbringen könnten. § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV in der bis zum 31. 12. 2006 gültigen Fassung besagte nämlich, dass die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nur unter Vertragsärzten zulässig sei. Nach dieser Sichtweise wären in erster Linie zwei sich gegenseitig ausschließende Varianten eines MVZ möglich gewesen. 258 255 Vgl. Ahlgrimm, Kassenärzte im Krankenhaus, f&w 2007, 402 f.; siehe zur Thematik auch Holland, MVZ-GmbH gefährdet die Gemeinnützigkeit nicht, f&w 2007, 534, 535; Klaßmann, Steuerliche Restriktionen für steuerbegünstigte gemeinnützige Krankenhäuser bei der Beteiligung an MVZ, das Krankenhaus 2008, 749, 750. 256 Siehe hierzu Wigge, Medizinisches Versorgungszentrum nach dem GMG, MedR 2004, 123, 126; Scholz, Neuerungen im Leistungserbringerrecht durch das GKV-Modernisierungsgesetz, GesR 2003, 369, 371. 257 So z. B. Fiedler / Weber, Medizinische Versorgungszentren, NZS 2004, 358, 363.
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Dem hätte man zumindest entgegenhalten können, dass § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV a. F. seinem Sinn und Zweck nach wohl in erster Linie der Vermischung der Leistungserbringung von Vertragsärzten und Privatärzten vorbeugen sollte. 259 Die Begründung zum Entwurf des GMG 2003 unterstützte jedoch die geschilderte Auffassung zusätzlich, wenn es dort hieß: „Die Medizinischen Versorgungszentren erbringen ihre vertragsärztlichen Leistungen durch angestellte Ärzte.“ 260 Kurz darauf hieß es weiter: „Es ist auch möglich, dass Vertragsärzte mit medizinischen Versorgungszentren zusammenarbeiten und Einrichtungen des Zentrums mitnutzen, soweit dies mit den für die vertragsärztliche Tätigkeit geltenden rechtlichen Bestimmungen vereinbar ist.“ 261 Die Aussagekraft der Begründung darf in diesen Punkten allerdings mit guten Gründen bezweifelt werden. Wie bereits angedeutet wurde, geht die Begründung nämlich gerade nicht auf den im Gesetzgebungsverfahren in § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V aufgenommenen Zusatz „oder Vertragsärzte“ ein. Vielmehr wurde der zitierte Teil der Begründung inhaltlich unverändert aus der Begründung zum ursprünglichen Entwurf der Regierungskoalition (hier hießen die MVZ noch „Gesundheitszentren“) übernommen. 262 Nach einer weiteren, von Behnsen 263 vertretenen Auffassung, sollte eine parallele Leistungserbringung im MVZ durch Vertragsärzte und angestellte Ärzte dann möglich sein, wenn sich zunächst Vertragsärzte zu einer BGB-Gesellschaft oder Partnerschaftsgesellschaft zusammenschlössen. Diese Berufsausübungsgemeinschaft der Vertragsärzte werde dann als MVZ vom Zulassungsausschuss zugelassen. Ihre ursprüngliche Zulassung werde durch die des MVZ überlagert. Das so gebildete MVZ könne dann auch weitere Ärzte zur Leistungserbringung anstellen. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Rechtslage als höchst unsicher zu betrachten war und dass es gute Argumente für jede der geschilderten Sichtweisen gab. Das wesentliche und gewichtigste Argument gegen eine Zusammenarbeit von Vertragsärzten und angestellten Ärzten unter dem Dach eines MVZ war dabei § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV in der bis zum 31. 12. 2006 gültigen Fassung. Hier hat jedoch der Gesetzgeber mit dem VÄndG zum 01. 01. 2007 nachgebessert und nunmehr in § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV n. F. vorgesehen, dass die 258 So vertreten von Wigge, Medizinisches Versorgungszentrum nach dem GMG, MedR 2004, 123, 126 f.; ebenso Ziermann, Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung durch Medizinische Versorgungszentren, MedR 2004, 540, 544. 259 Bohle / Grau, Krankenhaus, Vertragsarzt und MVZ, das Krankenhaus 2004, 885, 887. 260 Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 108. 261 Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 108. 262 Vgl. BT-Drucks. 15/1170, S. 82. 263 Behnsen, Medizinische Versorgungszentren – die Konzeption des Gesetzgebers (II), das Krankenhaus 2004, 698 f.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern an einem gemeinsamen Vertragsarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft) zulässig ist. Ausweislich der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung sollte hiermit ausdrücklich auch die Zulässigkeit der Berufsausübungsgemeinschaft von Vertragsärzten und MVZ verdeutlicht werden. 264 Damit ist nach heutiger Rechtslage aus vertragsarztrechtlicher Sicht geklärt, dass „gemischte“ Varianten von MVZ mit angestellten Ärzten und Vertragsärzten möglich sind. Ebenfalls geklärt ist die ursprünglich umstrittene Frage, ob eine gleichzeitige Tätigkeit von angestellten Ärzten im Krankenhaus und im MVZ möglich ist. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV in der bis zum 31. 12. 2006 gültigen Fassung 265 wurde teilweise von einer Inkompatibilität beider beruflichen Betätigungsfelder ausgegangen. Mit der Neufassung des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV zum 01. 01. 2007 wurde jedoch durch dessen neuen Satz 2 ausdrücklich klargestellt, dass die Tätigkeit in einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus und die Tätigkeit als Vertragsarzt miteinander vereinbar sind. Diese Klarstellung bezieht sich nach der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung zum VÄndG auch auf die Leistungserbringung durch einen Krankenhausarzt im MVZ. Die Begründung führt darüber hinaus aus, dass dieser Grundsatz der Kompatibilität schon vor der Neufassung des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV gültig gewesen sei, denn der Gesetzgeber habe in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch Krankenhäusern die Gründung von MVZ ermöglicht und damit deutlich gemacht, dass er eine enge Verzahnung beider Einrichtungen wünsche. 266 b) Rangfragen Das MVZ steht als zugelassener vertragsärztlicher Leistungserbringer den niedergelassenen Vertragsärzten im Rang nicht nach. Es wurde vielmehr gerade als gleichrangige Alternative zur vertragsärztlichen Praxis in das vertragsärztliche System implementiert, um einen „Wettbewerb“ zwischen verschiedenen Formen der Versorgung zu fördern. Daher besteht für niedergelassene Vertragsärzte nach den oben ausführlich dargestellten Grundsätzen auch nicht die Möglichkeit, mit Drittwidersprüchen bzw. Drittanfechtungsklagen gegen die Zulassung von MVZ vorzugehen. 267 264
Begründung zum Entwurf des VÄndG, BT-Drucks. 16/2474, S. 31. Vgl. BSGE 81, 143. 266 Siehe Begründung zum Entwurf des VÄndG, BT-Drucks. 16/2474, S. 29. 267 Vgl. Steinhilper, Die „defensive Konkurrentenklage“ im Vertragsarztrecht, MedR 2007, 469, 473; Schnath, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 B., Rdnr. 37; Düring, 265
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Durch die Zulassung eines MVZ werden sie nicht in ihren subjektiven Rechten betroffen. c) Vergütung Die Leistungsvergütung für MVZ erfolgt nach der für zugelassene vertragsärztliche Leistungserbringer üblichen Systematik. Zuständig ist also die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung. 4. Vertragsärztliche Praxis im Krankenhaus Die obigen Ausführungen betreffen überwiegend diejenigen Möglichkeiten, die ein Krankenhaus hat, um selbst innerhalb des vertragsärztlichen Systems ein Erbringer ambulanter Leistungen zu sein oder zu werden. Eine Sonderstellung nimmt in diesem Zusammenhang bereits die persönliche Ermächtigung von Krankenhausärzten ein. Hier ist das Krankenhaus nicht selbst Leistungserbringer im vertragsarztrechtlichen Sinne. Eine weitere Alternative ähnlicher Prägung ist es, im Rahmen von Kooperationen die Niederlassung von Vertragsärzten am Krankenhaus zu ermöglichen. Diese Möglichkeit soll hier wegen ihrer praktischen Relevanz zumindest angesprochen werden, obwohl sie nicht mehr unmittelbar dem Themengebiet der Arbeit – also der Beschreibung der Rolle des Krankenhauses im ambulanten Versorgungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung – zuzuordnen ist. Auch die Eröffnung eigenständiger vertragsärztlicher Praxen im Krankenhaus oder in dessen unmittelbarer Nähe und die intensive fachliche Zusammenarbeit kann ein Instrument zur besseren Verzahnung des ambulanten und des stationären Sektors, zur Förderung des gegenseitigen Austauschs von medizinischer Erfahrung und zur optimierten Ressourcenauslastung darstellen. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit dem VÄndG die Tür für die gleichzeitige ärztliche Tätigkeit im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses im Krankenhaus und in eigener Zulassung weit geöffnet hat. § 20 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV, der in der bis zum 31. 12. 2006 gültigen Fassung des Gesetzes den gesamten § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV ausmachte, besagt, dass für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ein Arzt nicht geeignet ist, der eine ärztliche Tätigkeit ausübt, die ihrem Wesen nach mit der Tätigkeit des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz nicht zu vereinbaren ist. Hierzu hat das Bundessozialgericht ausgeführt, die Regelung wolle ihrem Sinn und Zweck nach ausschließen, dass bei der Zulassung eines Arztes als Vertragsarzt in dieser Eigenschaft durch eine anderweitig von ihm ausgeübte ärztliche Tätigkeit Interessen- und Pflichtenkollisionen entstünden. in: Butzer / Kaltenborn / Meyer (Hrsg.), Organisation und Verfahren im sozialen Rechtsstaat, Festschrift für F. Schnapp, S. 389, 399.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Die Regelung diene der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Versorgung und damit gleichgewichtig auch dem Schutz der Versicherten, die solchen Interessen- und Pflichtenkollisionen auf Seiten des Vertragsarztes nicht ausgesetzt werden sollten. Die Gefahr nicht sachgerechter Entscheidungen sah das Bundessozialgericht insbesondere in den Fällen als gegeben an, in denen der die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Einzugsbereich des Krankenhauses begehrende Krankenhausarzt bei stationärem Aufenthalt von Patienten unmittelbar in deren Versorgung eingebunden sei. Der Versicherte könne sich nach Beendigung der stationären Behandlung verpflichtet sehen, die sich anschließende ambulante Behandlung bei dem gleichzeitig zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Krankenhausarzt fortzusetzen. Auch bestehe die Möglichkeit, dass ein am Krankenhaus und gleichzeitig in der vertragsärztlichen Praxis tätiger Arzt aus nicht sachgerechten Gründen Behandlungsschritte bei Versicherten vom ambulanten in den stationären Bereich und umgekehrt verlagern könne. 268 Wandte man die vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätze an, so war eine Ausnahme von der Regel der Inkompatibilität einer Tätigkeit als Krankenhausarzt mit einer Tätigkeit als Vertragsarzt nur in wenigen Fällen möglich. So sollten diejenigen Ärzte, die ihrem typischen Fachgebietsinhalt nach regelmäßig nicht unmittelbar patientenbezogen ärztlich tätig seien, beide Tätigkeiten in zulässiger Weise parallel ausüben können. In diesen Fällen – namentlich z. B. bei Pathologen – sei eine Interessen- und Pflichtenkollisionen und eine unsachgemäße „Behandlungssteuerung“ regelmäßig nicht zu befürchten. 269 Mit Wirkung zum 01. 01. 2007 wurde jedoch in § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV dessen neuer Satz 2 aufgenommen. Dieser stellt nunmehr ausdrücklich klar, dass die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus nach § 108 SGB V oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 111 SGB V mit der Tätigkeit des Vertragsarztes vereinbar ist. Zu beachten ist neben diesem heute somit klar geregelten Aspekt aber auch die Voraussetzung der zeitlichen Vereinbarkeit anderweitiger beruflicher Tätigkeit mit einer Zulassung. § 20 Abs. 1 S. 1 1. Alt. Ärzte-ZV besagt, dass für die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ein Arzt nicht geeignet ist, der wegen eines Beschäftigungsverhältnisses für die Versorgung der Versicherten persönlich nicht in erforderlichem Maß zur Verfügung steht. Der Vertragsarzt muss nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bereit und in der Lage sein, die vertragsärztliche Tätigkeit im „üblichen Umfang“ auszuüben. 270 Hierzu reicht 268
Nr. 4. 269
BSGE 81, 143, 147; vgl. auch BSG, Beschl. v. 25. 11. 1998, SozR 3 –2500 § 98
BSGE 81, 143, 147 f. BSGE 21, 118, 122; 26, 13, 14 f. (beide zur entsprechenden Regelung für Vertragszahnärzte); 81, 143, 149; 89, 134, 137 f. 270
A. Versorgung innerhalb des vertragsärztlichen Systems
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es typischerweise aus, dass der Betroffene entsprechend dem Bedürfnis nach einer ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung und den Gegebenheiten seines Praxisbereichs regelmäßig zu den üblichen Sprechzeiten für die Versorgung der Versicherten zur Verfügung steht. Er muss weiterhin – in den Grenzen der Zumutbarkeit und Üblichkeit – auch bei Notfallbehandlungen und in anderen wichtigen Fällen außerhalb der Sprechzeiten tätig sein können. 271 Nach Auffassung des Bundessozialgerichts ist dies anzunehmen, wenn die Arbeitszeit im Beschäftigungsverhältnis neben der vertragsärztlichen Tätigkeit maximal ca. 13 Wochenstunden ausmacht. 272 Das Gericht weist jedoch selbst daraufhin, dass es sich hierbei um eine „vergröbernd-typisierende“ Betrachtung handele. 273 Es ist den Zulassungsausschüssen also nicht etwa ausnahmslos verwehrt, die zeitliche Grenze der zulässigen „Nebentätigkeit“ aufgrund der Sachlage des Einzelfalls anders anzusetzen. Die geschilderte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bezieht sich im Übrigen auf die „volle“ Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit. Mit dem VÄndG hat der Gesetzgeber jedoch mit Wirkung zum 01. 01. 2007 die Regelung des § 19a Ärzte-ZV eingeführt, dessen Abs. 2 Satz 1 besagt, dass Vertragsärzte berechtigt sind, durch schriftliche Erklärung gegenüber den Zulassungsausschüssen ihren Versorgungsauftrag auf die Hälfte des vollen Versorgungsauftrags zu beschränken. Diese Ergänzung der Ärzte-ZV korrespondiert mit § 95 Abs. 3 S. 1 SGB V in der ab dem 01. 01. 2007 gültigen Fassung, der ebenfalls die Möglichkeit des hälftigen Versorgungsauftrags erwähnt. Aus der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung zum VÄndG ergibt sich, dass die Regelung des § 19a Ärzte-ZV gerade unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den zeitlichen Grenzen einer beruflichen Tätigkeit in einem Angestelltenverhältnis neben einer („vollen“) Zulassung geschaffen wurde. 274 Richtigerweise wird hieraus gefolgert, dass neben einer hälftigen Zulassung jedenfalls eine „Nebenbeschäftigung“ mit einem zeitlichen Umfang 26 Wochenstunden unproblematisch ist. 275 Noch mehr als bei der „Vollzulassung“ sollte man sich allerdings vor Augen führen, dass die vom Bundessozialgericht entworfene Methodik zur Abgrenzung zwischen unschädlicher und schädlicher zeitlicher Beanspruchung durch eine neben der Zulassung ausgeübte Angestelltentätigkeit eben nicht für alle Fälle absolut und unveränderlich ist, sondern eben einen ausdrücklich „vergröberndtypisierenden“ Ansatz darstellt. Wann ein Vertragsarzt „in üblicher Weise“ zur Verfügung steht, kann nicht anhand statischer Werte beurteilt werden, sondern es sind auch allgemeine gesellschaftliche Veränderungen in die Bewertung ein271
BSGE 89, 134, 138. BSGE 89, 134, 142. 273 BSGE 89, 134, 142. 274 Begründung zum Entwurf des VÄndG, BT-Drucks. 16/2474, S. 28. 275 Vgl. beispielsweise Orlowski / Halbe / Karch, VÄndG, S. 105; Mehnert, Interessante Perspektiven, Krankenhaus Umschau 2007, 392, 393. 272
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
zubeziehen. Des Weiteren können sich Besonderheiten aus dem Fachgebiet des jeweiligen Arztes oder seiner Position ergeben. So dürfte beispielsweise ein angestellter Pathologe in leitender Funktion aufgrund des in seinem Fachgebiet in der Regel fehlenden Arzt-Patienten-Kontakts und der in leitender Funktion regelmäßig bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich seiner Arbeitszeit weniger eingeschränkt sein, auch eine vertragsärztliche Tätigkeit auszuüben, als dies für andere Fachärzte gelten mag. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass eine ambulante Versorgung gesetzlich Krankenversicherter „am“ Krankenhaus bereits in der Vergangenheit durch eigenständige vertragsärztliche Praxen im Krankenhaus erfolgen konnte. Krankenhausärzte können nach der Neufassung des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV durch das VÄndG nun generell parallel als Vertragsärzte tätig sein und in diesem Zusammenhang beispielsweise auch selbst eine Praxis am / im Krankenhaus errichten. Um hier auch eine zeitliche Kompatibilität beider Tätigkeiten zu erreichen, steht ihnen die Möglichkeit einer Teilzulassung im Sinne von § 95 Abs. 3 S. 1 SGB V i.V. m. § 19a Ärzte-ZV offen. 5. Notdienstleistungen Schon nach alter Rechtslage auf Basis der RVO hatte das Bundessozialgericht aus dem Regelungszusammenhang der Vorschriften über die kassenärztliche Versorgung und aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen, Kassenärztlichen Vereinigungen und Ärzten den Grundsatz herausgearbeitet, dass auch die Notfallbehandlung von Versicherten durch Nichtkassenärzte der kassenärztlichen (bzw. heute begrifflich der „vertragsärztlichen“) Versorgung zuzurechnen sei. 276 Dasselbe gilt heute nach den Regelungen des SGB V, denn der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen umfasst nach § 75 Abs. 1 S. 2 SGB V auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten, also den Notdienst. Hinzu kommt § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V, aus dem sich ergibt, dass die Versicherten in Notfällen auch Leistungen von Ärzten in Anspruch nehmen können, wenn diese nicht im Sinne des § 76 Abs. 1 S. 1 SGB V zur „regulären“ Leistungserbringung im Versorgungssystem der GKV berechtigt sind. Zwar regelt das Gesetz nicht ausdrücklich, nach welchen Bestimmungen die Honorierung von Notfallbehandlungen durch Nichtvertragsärzte zu erfolgen hat. Das Bundessozialgericht leitet aus dem geschilderten Normzusammenhang aber überzeugend ab, dass die Vergütung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen nach den für Vertragsärzte gültigen Grundsätzen aus der Gesamtvergütung zu erfolgen hat. Diese Folgerung wird zusätzlich dadurch unterstützt, dass dem 276
Vgl. BSGE 15, 169, 173 ff.
A. Versorgung innerhalb des vertragsärztlichen Systems
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Gesetzgeber bei Schaffung der zitierten Regelungen des SGB V die bereits etablierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Rechtslage nach der RVO bekannt war. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine Rechtsänderung beabsichtigt gewesen wäre. Vielmehr wurde die Systematik der RVO gerade übernommen. 277 Notfallleistungen von Nichtvertragsärzten gegenüber gesetzlich Versicherten sind also unter den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen zu subsumieren und von diesen nach den für Vertragsärzte geltenden Grundsätzen aus der Gesamtvergütung zu vergüten. Dies gilt auch für im Krankenhaus erbrachte ambulante Notfallbehandlungen. Das Bundessozialgericht 278 erachtet es dabei zwar in entsprechender Anwendung von § 120 Abs. 3 S. 2 SGB V für zulässig, die Vergütung gegenüber öffentlich geförderten Krankenhäusern um einen Abschlag von 10% zu kürzen. Eine darüber hinausgehende Begrenzung des auf bundesrechtlicher Grundlage stehenden Vergütungsanspruchs kann aber nur dann ausnahmsweise zulässig sein, soweit sie durch besondere sachliche Gründe gerechtfertigt ist. 279 Ansonsten stellt sie einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG dar. 280 Zuletzt hat das Bundessozialgericht daher mit zwei Urteilen vom 17. 09. 2008 281 eine erheblich reduzierte Bewertung des so genannten „Ordinationskomplexes“ für die Durchführung von Notfallbehandlungen im Krankenhaus im EBM für rechtswidrig erklärt. Auf der anderen Seite ist es der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung unbenommen, bei Zahlungen an Nichtvertragsärzte und Krankenhäuser – ebenso wie bei vertragsärztlichen Leistungserbringern – einen angemessenen Verwaltungskostenbeitrag in Abzug zu bringen. 282 Nach § 115 Abs. 1 SGB V schließen auf der Landesebene die Krankenkassen bzw. ihre Verbände gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen und der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land Verträge über die Gewährleistung einer nahtlosen ambulanten und stationären Behandlung der Versicherten. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 SGB V regeln diese Verträge insbesondere die Zusammenarbeit bei der Gestaltung und Durchführung eines ständig einsatzbereiten Notdienstes. Die Vertragsparteien können hierbei neben organisatorischen Bestimmungen auch ergänzende Regelungen zur Vergütung in die Vereinbarung aufnehmen. 283 277 278 279 280 281 282 283
BSGE 71, 117, 119. BSGE 71, 117, 121; 75, 184, 186. BSG, Urt. v. 20. 12. 1995, SozR 3 – 2500 § 120 Nr. 7. BSG, Urt. v. 06. 09. 2006, SozR 4 – 2500 § 75 Nr. 4. BSG MedR 2009, 755; ZMGR 2009, 47. BSG, Urt. v. 24. 09. 2003, SozR 4 – 2500 § 75 Nr. 2. BSG, Urt. v. 31. 01. 2001, SozR 3 – 2500 § 115 Nr. 1.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
6. Ergebnis Es besteht bereits innerhalb des vertragsärztlichen Systems zumindest dem Grunde nach eine Vielzahl an Möglichkeiten zur ambulanten medizinischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter im Krankenhaus. Von auch heute noch sehr hoher praktischer Bedeutung ist der „klassische“ Weg über die persönliche Ermächtigung von Fachärzten des Krankenhauses nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV. Die Vorschrift zielt darauf ab, diejenigen Krankenhausärzte in das Versorgungssystem zu integrieren, die aufgrund ihrer Erfahrung und ihrer Funktion über besondere Kenntnisse und Möglichkeiten verfügen, welche im niedergelassenen Bereich nicht in ausreichendem Umfang vorhanden sind. Der Zulassungsausschuss prüft auf Antrag des Krankenhausarztes, ob ein quantitativ-allgemeiner oder qualitativ-spezieller Bedarf an der Ermächtigung besteht. Hierbei steht dem Zulassungsausschuss als nach der gesetzlichen Konstruktion zur Entscheidung berufenem „fachkundigem Gremium“ ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zur Verfügung. Was rechtsdogmatisch seine Richtigkeit hat, bedeutet de facto eine hohe Abhängigkeit der regionalen Ermächtigungspraxis von den jeweiligen berufspolitischen Gegebenheiten vor Ort. Die Entscheidungen der Zulassungsausschüsse werden oftmals eben nicht nur von Versorgungsgesichtspunkten, sondern auch stark von den wirtschaftlichen Interessen der vertretenen Gruppen geprägt. Dies führt in Zeiten vermehrten „Wettbewerbs“ an der Sektorengrenze in der Tendenz zu einem eher noch rigideren Ermächtigungsverhalten und ist jedenfalls nicht geeignet, die Einbeziehung der Krankenhäuser in die ambulante Versorgung zu fördern. Ein weiterer Nachteil der persönlichen Ermächtigung ist aus Krankenhaussicht die eng ausgestaltete Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung. Anders als im niedergelassenen Bereich ist dem Ermächtigten eine Delegation ärztlicher Leistungen kaum möglich. Was für „Kernelemente“ der Leistungen, wegen derer der Krankenhausarzt gerade ermächtigt wurde selbstverständlich Sinn macht, ist auf der anderen Seite bei solchen Leistungsbestandteilen sachlich nicht gerechtfertigt, die aus fachlicher Sicht durchaus auch delegiert werden könnten. Das letztgenannte Problem besteht bei der „Institutsermächtigung“ nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV oder § 116a SGB V nicht. Die Ermächtigung nach § 116a SGB V kommt aber nur bei einer vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen festgestellten Unterversorgung in Betracht und hat nicht zuletzt aufgrund der in einem solchen Fall offenkundigen Konkurrenz zur Möglichkeit der Zulassung über ein MVZ eine geringe praktische Relevanz. Die Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV ist auf der anderen Seite nach der Rechtsprechung nicht nur gegenüber der vertragsärztlichen Zulassung sondern auch gegenüber der persönlichen Ermächtigung von Krankenhausärzten nachrangig. In der Praxis ist ihre erfolgreiche Beantragung daher besonderen Ausnahmekonstellationen vorbehalten.
A. Versorgung innerhalb des vertragsärztlichen Systems
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Zeitgleich mit der Ermächtigungsmöglichkeit nach § 116a SGB V wurde mit dem GMG 2003 zum 01. 01. 2004 das MVZ als potentieller Leistungserbringer im vertragsärztlichen System eingeführt. Die unmittelbare Einbeziehung von „Versorgungszentren“ als Institution in den Kreis möglicher Zulassungsträger kann man durchaus als Paradigmenwechsel 284 innerhalb des vertragsärztlichen Systems bezeichnen, welches zuvor lange Zeit fast ausschließlich vom Leitbild des freiberuflich tätigen Vertragsarztes in eigener Praxis dominiert wurde. Analog zur Institutsermächtigung könnte man beim MVZ plastisch von einer „Institutszulassung“ sprechen. Auch und gerade nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser sind gemäß § 95 Abs. 1 S. 6 2. HS. SGB V zur Gründung von MVZ befugt. MVZ am Krankenhaus sind in besonderem Maß geeignet, die Idee einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten ohne qualitative Einbußen durch Informationsverluste und unnötige finanzielle Systembelastungen z. B. durch Doppeluntersuchungen zu ermöglichen. Dem Koalitionsvertrag der Regierungsparteien zur 17. Legislaturperiode ist – trotz aller Bekenntnisse zum „Wettbewerb“ – zu entnehmen, dass die Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser maßgeblich eingeschränkt werden sollen. Dies wäre kontraproduktiv und ist daher abzulehnen. Eine möglichst große Vielfalt an Möglichkeiten sollte gesundheitspolitisch schon bei Zeiten angestrebt werden, um den am „Markt“ agierenden Einheiten in einer sich wandelnden Versorgungslandschaft Wege zu eröffnen, auch zukünftig eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten sicherstellen zu können. Neben den vorausgehend zusammengefassten Themen wurde zur Vollständigkeit auch auf die ambulanten Notdienstleistungen und die Kooperation mit vertragsärztlichen Praxen „am“ bzw. „im“ Krankenhaus eingegangen. Im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Vertragsärzten und für die transsektoral orientierte Versorgung unter Einbeziehung eines Krankenhaus-MVZ war die Neufassung des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV zum 01. 01. 2007 von meilensteinartiger Bedeutung. Es wurde klargestellt, dass die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus nach § 108 SGB V oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung nach § 111 SGB V mit der Tätigkeit als Vertragsarzt vereinbar ist. Der zuvor bestehenden engen Auslegung des Bundessozialgerichts, nach der eine solche Konstellation als grundsätzlich unzulässig angesehen wurde, ist somit der Boden entzogen worden. Mit dem VÄndG wurde zudem zum 01. 01. 2007 die Möglichkeit einer bloßen „Teilzulassung“ eingeführt. Besonders die Teilzulassung von Teilzeit-Krankenhausärzten in eigener Praxis am Krankenhaus kann seitdem eine für Krankenhaus und Arzt und nicht zuletzt die Versicherten interessante Alternative zu anderen sektorenübergreifenden Versorgungswegen sein.
284
Vgl. Lindenau, Das Medizinische Versorgungszentrum, S. 207 ff.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
III. Sonderfall: Die Ambulanzen nach §§ 117 bis 119 SGB V Eine systematische Sonderstellung nehmen die Hochschulambulanzen, die psychiatrischen Institutsambulanzen sowie die sozialpädiatrischen Zentren ein. Wie bereits angedeutet wurde, stehen diese in §§ 117 bis 119 SGB V 285 geregelten Einrichtungen nämlich gewissermaßen „zwischen den Stühlen.“ Sie sind einerseits über das rechtliche Institut der Ermächtigung unmittelbar an das System der vertragsärztlichen Versorgung angekoppelt. Die Vergütung der Leistungen erfolgt jedoch andererseits gerade nicht aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung, sondern unmittelbar durch die Krankenkassen auf Basis vertraglicher Regelungen nach § 120 Abs. 2 SGB V. 1. Hochschulambulanzen gemäß § 117 SGB V Der ursprünglich in § 117 SGB V verwandte Begriff der „Polikliniken“ bzw. der „poliklinischen Institutsambulanzen“ wurde mit dem Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser (Fallpauschalengesetz – FPG) mit Wirkung zum 01. 01. 2003 durch den Begriff der „Hochschulambulanzen“ ersetzt. 286 Diese begriffliche Anpassung ging mit einer ausdrücklichen Ausdehnung der Ermächtigungsmöglichkeit auf alle Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken in § 117 Abs. 1 S. 1 SGB V einher. Während die Antragstellung bis zum 31. 12. 2002 durch die Träger der poliklinischen Institutsambulanzen (regelmäßig die Länder) zu erfolgen hatte, sind nunmehr die Hochschulen oder die Hochschulkliniken selbst zur Beantragung gegenüber den Zulassungsausschüssen berechtigt. Diese Veränderung wurde gleichfalls durch das FPG herbeigeführt. 287 Als Begründung wurde die größere Sachnähe der Einrichtungen selbst angeführt. 288 Die speziellen Ermächtigungsmöglichkeiten des § 117 SGB V dienen einerseits dem Zweck, die praxisbezogene ärztliche Ausbildung zu fördern. Die Hochschulkliniken sind Krankenhäuser der „Maximalversorgung.“ Insofern wird dort grundsätzlich ein im Schwerpunkt sehr spezielles Segment der gesamten Bandbreite behandlungsbedürftiger medizinischer Probleme gesehen. 289 Eher alltäg285 Die Möglichkeiten zur ambulanten Versorgung in Einrichtungen der Behindertenhilfe (vgl. § 119a SGB V) und in stationären Pflegeeinrichtungen (vgl. § 119b SGB V) werden hier nicht näher dargestellt, da sie keine besondere krankenhausspezifische Relevanz haben. 286 BGBl. I, S. 1412, 1432. 287 BGBl. I, S. 1412, 1432. 288 Vgl. Anmerkungen des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), BT-Drucks. 14/7862, S. 4.
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liche Konstellationen wie ein einfacher Armbruch, die oft zitierte Blinddarmoperation oder der mittelschwere Heuschnupfen spielen keine große Rolle, was wiederum die Lehre in der notwendigen fachlichen „Breite“ erschwert. Auch die medizinische Forschung zur Verbesserung der Therapieansätze bei Erkrankungen, die klassisch nicht bei den Maximalversorgern behandelt würden, kann nur im Zusammenspiel mit der praktischen Erfahrung aus der Versorgung der jeweiligen Patienten wirklich erfolgreich Ergebnisse generieren. § 117 SGB V zielt vor diesem Hintergrund darauf ab, den Hochschulambulanzen das im Rahmen von Forschung und Lehre notwendige Maß an ambulanter Krankenversorgung gesetzlich Krankenversicherter zu ermöglichen. a) Sachliche Voraussetzungen Hochschulambulanzen gemäß § 117 Abs. 1 SGB V: Grundvoraussetzung einer Ermächtigung nach § 117 Abs. 1 SGB V ist, dass es sich bei den zu ermächtigenden Einrichtungen um Ambulanzen, Institute oder Abteilungen von Hochschulkliniken handelt. So genannte Lehrkrankenhäuser, die „lediglich“ in Zusammenarbeit mit den Hochschulkliniken die Ausbildung des medizinischen Nachwuchses übernehmen, werden hiervon grundsätzlich nicht erfasst. 290 Für eine berufsgenossenschaftliche Unfallklinik, die aufgrund eines Kooperationsvertrags (auch) spezielle medizinische Aufgaben einer Universitätsklinik zu erfüllen hatte, wurde der Charakter einer Hochschulambulanz vom Sozialgericht Rheinland-Pfalz verneint. 291 Das mag für den entschiedenen Einzelfall zutreffend gewesen sein. Grundsätzlich kann aber auch eine nicht von der Hochschulklinik selbst getragene Einrichtung Ambulanz, Institut oder Abteilung im Sinne des § 117 Abs. 1 S. 1 SGB V sein, wenn sie maßgeblich Aufgaben der Hochschulklinik (insbesondere in Forschung und Lehre) übernimmt. 292 Die Zulassungsausschüsse sind nach § 117 Abs. 1 S. 1 SGB V auf „Verlangen“ – also auf Antragstellung 293 – der Hochschulen oder Hochschulkliniken zur Erteilung entsprechender Ermächtigungen verpflichtet. Im Zusammenspiel mit § 117 Abs. 1 S. 2 SGB V besteht ein Anspruch auf einen Ermächtigungsbescheid, der den Hochschulambulanzen die Teilhabe an der ambulanten ärztlichen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter (und der in § 75 Abs. 3 SGB V genannten Personen) in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang 289
Vgl. Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, S. 158. Vgl. insofern Anmerkungen des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), BT-Drucks. 14/7862, S. 4 f. 291 SG Rheinland-Pfalz, MedR 2008, 49 f. 292 Ähnlich LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 11. 09. 2002 – L 5 KA 4153/01 (erhältlich in juris). SG Rheinland-Pfalz, MedR 2008, 49 f., geht im Übrigen ausdrücklich ebenfalls von diesem Grundsatz aus. 293 Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 117, Rdnr. 3. 290
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ermöglicht. Den Hochschulambulanzen wird einerseits ein Mindestumfang der Ermächtigung gesetzlich garantiert. Andererseits wird dem Zulassungsausschuss die Möglichkeit gegeben, den Anteil der Hochschulambulanzen an der ambulanten Versorgung der Versicherten auf das notwendige Maß zu beschränken. 294 Zum Begriff des „Umfangs“ hat das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 22. 03. 1984 zu den damaligen poliklinischen Einrichtungen der Hochschulen nach § 368n Abs. 3 RVO a. F. ausgeführt, dass diesem nicht nur eine quantitative, sondern auch eine qualitative Bedeutung zukomme. 295 Mit „Umfang“ sei in diesem Zusammenhang eben nicht nur die Anzahl, sondern auch die Art der Untersuchungen gemeint. Maßgeblich seien hinsichtlich beider Aspekte die Erfordernisse von Forschung und Lehre. Dieser Auslegung des Bundessozialgerichts ist auch nach heutiger Rechtslage zuzustimmen. Der Zulassungsausschuss muss durch seine Entscheidung dem Zweck der Ermächtigungsmöglichkeit nach § 117 Abs. 1 SGB V in quantitativer und qualitativer Hinsicht genüge tun. Ambulanzen gemäß § 117 Abs. 2 SGB V: Nach § 117 Abs. 2 SGB V gelten die Regelungen des Abs. 1 entsprechend für die Ermächtigung der Hochschulambulanzen an Psychologischen Universitätsinstituten im Rahmen des für Forschung und Lehre erforderlichen Umfangs und der Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten in Behandlungsverfahren, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Abs. 6a SGB V anerkannt worden sind. Die Krankenbehandlung hat dabei unter der Verantwortung von Personen stattzufinden, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen. 296 Voraussetzung für das Bestehen eines „Psychologischen Universitätsinstituts“ im Sinne des § 117 Abs. 2 S. 1 SGB V ist, dass an der jeweiligen Hochschule ein Studiengang der Psychologie durchgeführt wird, in dem die Ausbildung zum Diplom-Psychologen stattfindet. Unerheblich ist dabei, ob der Bereich die Bezeichnung „Institut“ trägt oder ob er im Sinne der hochschulrechtlichen Regelungen der Länder als solches gilt. 297 Auf die Ausführungen zum Umfang des Ermächtigungsanspruchs im Zusammenhang mit § 117 Abs. 1 SGB V wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
294 295 296 297
Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 117, Rdnr. 4. BSGE 56, 222, 226. Siehe hierzu Hencke, in: Peters, SGB V, § 117, Rdnr. 7. BSG, Urt. v. 05. 11. 2003, SozR 4 – 2500 § 117 Nr. 2.
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b) Rangfragen Entsprechend der vom Gesetzgeber gesehenen Notwendigkeit, den Hochschulkliniken die Erbringung eines für Forschung und Lehre suffizienten Maßes an ambulanter Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten zu ermöglichen, wird in § 117 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 1 SGB V auch allein hierauf abgestellt. Es kommt bei der Entscheidung über die Ermächtigung einer Hochschulambulanz nicht auf den vertragsärztlichen Versorgungsgrad an. 298 Zugelassene Vertragsärzte können daher auch nicht erfolgreich eine Drittwiderspruchs- und / oder Klagebefugnis gegenüber der Ermächtigung einer Hochschulambulanz für sich reklamieren. 299 Das Landessozialgericht Baden-Württemberg 300 hat hierzu zwar eine andere Auffassung vertreten. Die vertragsärztliche Zulassung steht aber im Rang nicht vor der Ermächtigung einer Hochschulambulanz. Die Hochschulambulanz-Ermächtigung ist aufgrund ihrer speziellen Zielrichtung vielmehr systematisch neben der vertragsärztlichen Zulassungen einzuordnen. Anders als §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV, die für die Ermächtigung von Krankenhausärzten ausdrücklich einen Nachrang gegenüber der vertragsärztlichen „Regelversorgung“ normieren, lässt § 117 SGB V keine Ansatzmöglichkeit für die Begründung einer drittschützenden Tendenz erkennen. Schon problematischer gestaltet sich die Klärung des Rangverhältnisses zwischen einer Ermächtigung nach § 117 SGB V und einer Ermächtigung von Krankenhausärzten nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV oder einer Ermächtigung nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV. Sicher ist zwar insofern, dass die Hochschulambulanz-Ermächtigung auch hier aufgrund ihrer speziellen Zielrichtung und ihrer (Versorgungs-)Bedarfsunabhängigkeit nicht hinter anderen Ermächtigungsformen zurücktreten muss. Denkbar wäre jedoch auf der anderen Seite ein Nachrang der Ermächtigungen nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV oder § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV gegenüber der Ermächtigung nach § 117 SGB V. Der Zulassungsausschuss hat nämlich bei seiner Entscheidung gemäß §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV oder § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV grundsätzlich zu überprüfen, ob der bestehende ambulante Versorgungsbedarf nicht schon durch die bestehenden Zulassungen, durch ärztliche Ermächtigungen oder auch durch spezielle ermächtigte Einrichtungen abgedeckt ist. Dabei könnten auch die bestehenden und nach § 117 SGB V ermächtigten Hochschulambulanzen heranzuziehen sein. 301 298
Vgl. BSGE 82, 216, 221. Steinhilper, Die „defensive Konkurrentenklage“ im Vertragsarztrecht, MedR 2007, 469, 472; ebenso Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, S. 174; Szabados, Krankenhäuser als Leistungserbringer in der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 199 f. 300 LSG Baden-Württemberg MedR 2008, 103, 104 ff., m. ablehnenden Anm. von Steinhilper. 301 So Kruschinsky, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 116, Rdnr. 21. 299
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Hierzu hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 01. 07. 1998 302 ausgeführt, dass die Ermächtigung nach § 117 SGB V eine Ermächtigung, die unter dem Gesichtspunkt der Sicherstellung einer nicht ausreichend gewährleisteten ambulanten Versorgung zu erteilen ist, weder generell ausschließen noch ersetzen könne. Eine auf die Schließung einer solchen Versorgungslücke gerichtete (also bedarfsabhängige) Ermächtigung könne somit nicht mit dem Hinweis darauf versagt werden, die Poliklinik (heute begrifflich: „Hochschulambulanz“) könne die im niedergelassenen Bereich nicht in hinreichendem Umfang angebotenen Leistungen im Rahmen ihrer Ermächtigung nach § 117 SGB V theoretisch in ausreichendem Umfang erbringen. Aus juristischer Sicht ist der Argumentation des Bundessozialgerichts beizutreten, denn die Ermächtigungen der Hochschulambulanzen sind ihrem Sinn und Zweck nach inhaltlich und umfänglich allein an Forschungs- und Lehrerfordernissen auszurichten und haben insofern gerade keinen Bezug zur vertragsärztlichen Versorgungssituation. De facto wäre es aber verfehlt anzunehmen, dass die Zulassungsausschüsse den Umfang der durch die Hochschulambulanzen erbrachten Versorgungsleistungen bei ihren sonstigen Ermächtigungsüberlegungen völlig außer Acht ließen. Den Hochschulkliniken steht es frei, für solche Leistungen, für die keine Notwendigkeit zur Erbringung im Rahmen von Forschung und Lehre besteht, Institutsermächtigungen nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV oder Ermächtigungen nach § 116a SGB V zu beantragen. 303 § 117 SGB V bildet insofern nicht etwa eine abschließende und alleinige Ermächtigungsmöglichkeit zur ambulanten Versorgung gesetzlich Versicherter in den Hochschulkliniken, welche ja nicht allein der medizinischen Wissenschaft dienen, sondern auch maßgeblich Aufgaben der öffentlichen Krankenversorgung übernehmen. Diese Tatsache wird rechtlich z. B. durch ihre automatische Einbeziehung in den Kreis der zugelassenen Krankenhäuser in § 108 Nr. 1 SGB V dokumentiert. Sofern Hochschulkliniken sich um Institutsermächtigungen nach § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV oder nach § 116a SGB V bemühen, so sind in diesem Zusammenhang die bereits oben geschilderten Überlegungen zum Rangverhältnis dieser Ermächtigungsmöglichkeiten zu anderen vertragsärztlichen Teilnahmeformen entsprechend heranzuziehen. 304 Der in § 117 SGB V normierte Anspruch auf eine Ermächtigung strahlt dabei nicht auf andere Ermächtigungsbestrebungen der Hochschulkliniken aus, da auch hier aufgrund der besonderen Zielrichtung der Hochschulambulanz-Ermächtigung kein Zusammenhang mit etwaigen bedarfsabhängigen Ermächtigungen zu sehen ist.
302
BSGE 82, 216, 221 f. BSGE 82, 216, 222. Im Ergebnis ebenso die Parallelentscheidung BSG, Urt. v. 01. 07. 1998, SozR 3 – 5520 § 31 Nr. 8. 304 BSGE 82, 216, 222; BSG, SozR 3 – 5520 § 31 Nr. 8. 303
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c) Beschränkungen der Ermächtigung Wie schon im Zusammenhang mit § 116a SGB V beschrieben wurde, ist eine generelle Gültigkeit des § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV für alle erdenklichen Ermächtigungen weder aus dem Wortlaut der Ärzte-ZV noch aus der Normsystematik herzuleiten. Es besteht somit auch keine generelle Rechtspflicht z. B. zur Befristung oder räumlichen Bestimmung jeder Ermächtigung. Teilweise wird in der Kommentar-Literatur aber von einer zwingenden Aufnahme von Fallzahlgrenzen für die Hochschulambulanzen nach § 117 Abs. 1 SGB V ausgegangen. Auch sei eine Regelung im Sinne des § 31 Abs. 7 S. 2 Ärzte-ZV darüber, ob eine Inanspruchnahme unmittelbar oder nur auf Überweisung erfolgen könne, obligatorisch. 305 Im überwiegenden Teil der KommentarLiteratur wird andererseits im Hinblick auf § 117 Abs. 1 SGB V nur von der Möglichkeit einschränkender Regelungen – insbesondere von Befristungen, Fallzahlgrenzen und Regelungen zur Zugangmöglichkeit für gesetzlich versicherte Patienten – gesprochen. 306 Die Option zur Aufnahme von Nebenbestimmungen ist dem Zulassungsausschuss in den Grenzen des § 32 Abs. 1 SGB X fraglos gegeben. Ganz besonders bei der Betrachtung von § 117 SGB V wird aber noch einmal deutlich, dass eine generelle Gültigkeit von § 31 Abs. 7 Ärzte-ZV für sämtliche Ermächtigungstatbestände nicht angenommen werden kann. Vielmehr sind diese allesamt individuell zu betrachten. Durch den mit Wirkung zum 01. 01. 1999 in § 117 SGB V neu eingefügten Abs. 2 wurde nämlich ausdrücklich und im Gegensatz zur fortan als § 117 Abs. 1 SGB V geführten Regelung für die poliklinischen Institutsambulanzen (heute „Hochschulambulanzen“) der Hochschulen eine zwingende Fallzahlbegrenzung vorgesehen. 307 Diese Verpflichtung zur Regelung einer Fallzahlgrenze gilt dabei auch heute noch ausdrücklich nur für die Ermächtigung der Hochschulambulanzen an Psychologischen Universitätsinstituten und nicht für die ebenfalls in § 117 Abs. 2 SGB V geregelten Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes (vgl. § 117 Abs. 2 S. 2 SGB V).
305
Vgl. Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 117, Rdnr. 5. Vgl. Hencke, in: Peters, SGB V, § 117, Rdnr. 3; Hohnholz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 117, Rdnr. 7; Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 117, Rdnr. 4. 307 Die Regelung wurde eingeführt durch das Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (PsychThG) vom 16. 06. 1998, BGBl. I, S. 1311. 306
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d) Dreiseitige Verträge Nach § 117 Abs. 1 S. 3 SGB V ist das Nähere zur Durchführung der Ermächtigung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich durch Vertrag mit den Hochschulen oder Hochschulkliniken zu regeln. Für die Ambulanzen nach § 117 Abs. 2 S. 1 SGB V gilt dies entsprechend. Der Gesetzgeber hat eine Definition dazu für unnötig befunden, was konkret mit dem „Näheren zur Durchführung“ im Sinne des § 117 Abs. 1 S. 3 SGB V gemeint ist. Der dreiseitige 308 Ermächtigungsvertrag ist nach dem jedenfalls in dieser Hinsicht eindeutigen Wortlaut des Gesetzes als ergänzendes Instrument zur Ermächtigung zu verstehen. Er darf folglich nur solche Tatbestände zum Inhalt haben, die nicht bereits zwingend im Ermächtigungsbescheid zu regeln sind. 309 Auch im Übrigen kann für eine vertragliche Regelung nur dort Raum bestehen, wo der Zulassungsausschuss nicht schon wirksam eine abschließende Regelung getroffen hat. 310 Als Regelungsinhalt der Ermächtigungsverträge kommen insbesondere die Abgrenzung der Hochschulambulanzfälle von anderen Fällen der ambulanten Versorgung (z. B. der Notfallbehandlung) und die Frage nach der Zulässigkeit von Weiterüberweisungen innerhalb der Hochschulklinik in Betracht. Teilweise wird in der Kommentarliteratur des Weiteren die Ausgestaltung der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V genannt. 311 In Bezug auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung ist jedoch fraglich, ob § 106 Abs. 6 SGB V überhaupt auch für die Hochschulambulanzen nach § 117 SGB V gilt. Das Bundessozialgericht hatte zwar mit Urteil vom 13. 03. 1991 312 entschieden, dass die Leistungen der Ambulanzen nach § 117 SGB V (damals „Polikliniken“) ambulante ärztliche Leistungen im Sinne des § 106 Abs. 6 SGB V seien. Insofern war auch der Wortlaut des § 120 Abs. 1 S. 1 SGB V in der bis zum 31. 12. 2002 gültigen Fassung eindeutig, wenn es dort hieß: „Die im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen der ermächtigten Krankenhausärzte, Polikliniken und sonstiger ermächtigter ärztlich geleiteter Einrichtungen werden nach den für Ver308 Vertragstechnisch muss es sich hierbei allerdings nicht zwingend um eine „dreiseitigen“ Vertrag im strengen Sinn handeln, denn nach dem Wortlaut des § 117 Abs. S. 3 SGB V könnte der Ermächtigungsvertrag ja auch bei lediglich im Innenverhältnis hergestellten Einvernehmen mit den Krankenkassen bzw. ihren Verbänden durch die Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Hochschulen oder Hochschulkliniken abgeschlossen werden. Vgl. hierzu Hencke, in: Peters, SGB V, § 117, Rdnr. 5. 309 Hohnholz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 117, Rdnr. 9. 310 Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 117, Rdnr. 5. 311 Vgl. Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 117, Rdnr. 7; Hencke, in: Peters, SGB V, § 117, Rdnr. 6. 312 BSGE 68, 195, 197.
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tragsärzte geltenden Grundsätzen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet.“ Zudem ist systematisch nachvollziehbar, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen nach damaliger Rechtslage in die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Einrichtungen nach § 117 SGB V einzubeziehen waren, denn nach § 120 Abs. 1 S. 1 SGB V a. F. wurden ihre Leistungen von diesen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung vergütet. § 106 Abs. 6 SGB V besagt auch heute, dass die vorausgehenden Absätze 1 bis 5 für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ärztlichen Leistungen gelten. Mit der veränderten Vergütungssystematik für die Hochschulambulanzen, die seit dem 01. 01. 2003 gemäß § 120 Abs. 2 SGB V eine unmittelbare Vertrags- und Abrechnungsbeziehung zwischen diesen und den Krankenkassen bzw. deren Verbänden vorsieht, ist einer Einbeziehung der Kassenärztlichen Vereinigungen in die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Hochschulambulanzen aber die sachliche Grundlage entzogen. 313 Das Bundessozialgericht hat gleichwohl mit Urteil vom 16. 07. 2008 entschieden, dass die Prüfgremien nach § 106 Abs. 5 SGB V auch weiterhin für die Wirtschaftlichkeitsprüfung der Hochschulambulanzen zuständig seien. Es hat dabei insbesondere argumentiert, dass keine gesetzliche Unschärfe oder Regelungslücke bestehe, die den Weg für eine anderweitige Auslegung freimachen könne. Zudem sei im SGB V kein rechtliches Prinzip vorhanden, dass die Zuständigkeit eines Prüfgremiums an die jeweils zu Grunde liegenden Zahlungsflüsse koppeln würde. 314 Dem Bundessozialgericht ist zwar zuzugeben, dass dem Gesetz kein übergeordneter Grundsatz zu entnehmen ist, der eine Zuweisung von Prüfungsaufgaben gegenüber den Hochschulambulanzen an die Prüfgremien nach § 106 Abs. 5 SGB V unmöglich machen würde. Auf der anderen Seite führen eine Gesamtschau auf den Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und das Regelungsgefüge aber durchaus zu dem Ergebnis, dass § 106 Abs. 6 SGB V tatsächlich eben nicht völlig eindeutig als eine Art „Auffangtatbestand“ sämtliche denkbaren ambulanten Krankenhausleistungen erfasst. Der Wortlaut des § 106 Abs. 6 SGB V greift mit der Formulierung „der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen ... Leistungen“ vielmehr schon immer den insofern auch heute unveränderten Inhalt des § 120 Abs. 1 S. 1 SGB V auf. § 120 Abs. 2 SGB V schafft aber gerade hiervon abweichende spezielle Regelungen für die dort genannten besonderen Einrichtungen, in deren Kreis ab dem 01. 01. 2003 auch die Hochschulambulanzen aufgenommen wurden. Für die bereits vor diesem Zeitpunkt nach § 120 Abs. 2 SGB V zu vergütenden Einrichtungen (namentlich die psychiatrischen Institutsambulanzen und die sozialpädiatrischen Zentren) hatte der 313
Ebenso Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 106, Rdnr. 106 und früher auch Hohnholz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 117, Rdnr. 11, die auch in der aktuellen Auflage noch auf ehemals vertretende Auffassung verweist. 314 BSG, Urt. v. 16. 07. 2008 – B 6 KA 36/07 R (zu finden in juris).
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Gesetzgeber deshalb auch mit § 113 Abs. 4 SGB V eine ausdrückliche Klarstellung eingebracht, die u. a. eine Prüfung entsprechend der § 106 Abs. 2 f. SGB V allein durch die Krankenkassen vorsieht. Da es sich nach alledem um ein bloßes und anhand von Wortlaut, Normhistorie und Gesetzessystematik belegbares Versehen des Gesetzgebers handelt, ist § 106 Abs. 6 SGB V systemgerecht und im Einklang mit § 113 Abs. 4 SGB V dahingehend auszulegen, dass eine Anwendung der Regelungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung für die Hochschulambulanzen nur entsprechend in Frage kommt und dann durch die Krankenkassen und nicht durch die Kassenärztlichen Vereinigungen durchzuführen ist. In der Konsequenz kann auch keine Verpflichtung bestehen, die allein bilateral relevanten Regelungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung zum Inhalt der dreiseitigen Verträge nach § 117 Abs. 1 S. 3 SGB V zu machen. 315 Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetzgeber an dieser Stelle nachbessern und die Hochschulambulanzen explizit in die Regelung des § 113 Abs. 4 SGB V einbeziehen würde. Obgleich der Gesetzgeber dem Wortlaut nach davon ausgeht, dass der Abschluss eines Vertrags nach § 117 Abs. 1 S. 3 SGB V für die Beteiligten obligatorisch ist, hat er keinerlei Procedere der Konfliktlösung vorgeschrieben. Anders als z. B. im Fall des § 120 Abs. 4 SGB V ist die Folge der Nichteinigung der Parteien nicht etwa die zwingende oder zumindest mögliche Anrufung einer Schieds- oder Schlichtungsinstanz, um einen vertragslosen Zustand zu verhindern, sondern schlicht das Scheitern der Verhandlungen. Die Durchführung bzw. Wahrnehmung der Ermächtigung erfolgt dann allein auf Basis des Ermächtigungsbescheids mit ggf. enthaltenen Nebenbestimmungen nach § 32 Abs. 1 SGB X und der gesetzlichen sowie der gemäß § 95 Abs. 4 SGB V grundsätzlich zur Anwendung kommenden kollektivvertraglichen Regelungen. e) Vergütung Die Vergütung der Leistungen der Hochschulambulanzen richtet sich nach § 120 Abs. 2 bis Abs. 4 SGB V. Gemäß § 120 Abs. 2 S. 1 SGB V erhalten die Hochschulambulanzen ihre Vergütung unmittelbar von den Krankenkassen. Die konkreten Vergütungsregelungen treffen nach § 120 Abs. 2 S. 2 SGB V die Krankenkassen bzw. ihre Verbände und die Hochschulen oder Hochschulkliniken im Rahmen vertraglicher Vereinbarungen. Bis zum 31. 12. 2002 bestand keine solche unmittelbare Abrechnungsbeziehung zwischen den Krankenkassen und den Hochschulambulanzen (damals „Polikliniken“). Erst mit dem FPG wurden mit Wirkung zum 01. 01. 2003 die Hochschulambulanzen aus dem für die vertragsärztliche Versorgung typischen Dreiecksverhältnis herausgelöst. Stattdessen wurde nunmehr die Direktabrech315 Anderer Auffassung sind insofern Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 117, Rdnr. 7 und Hencke, in: Peters, SGB V, § 117, Rdnr. 6.
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nung vorgeschrieben. Dies entspricht der bereits zuvor für die psychiatrischen Institutsambulanzen und die sozialpädiatrischen Zentren gültigen Rechtslage. Folgt man den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren, so motivierte den Gesetzgeber zu dieser Angleichung für die Hochschulambulanzen einerseits die Überlegung, dass die Gesamtvergütungen von solchen Leistungen zu entlasten seien, die nicht aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erbracht würden. Des Weiteren sollte durch die Neuregelung nach den Ausführungen des 14. Ausschusses vermieden werden, dass die Vergütung der Hochschulambulanzen durch die innerärztlichen Honorarverteilungsmechanismen betroffen werden könne. 316 Dieser letztgenannte Aspekt dürfte auch in der Tat ausschlaggebend gewesen sein. Hess führt hierzu aus, dass dahinter das Interesse der Bundesländer stehe, eine kostendeckende Vergütung für die Hochschulambulanzen zu erhalten, was aber unter den Rahmenbedingungen endlicher Gesamtvergütungen und angesichts der gebotenen gleichmäßigen Verteilung an alle vertragsärztlichen Leistungserbringer von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigungen nicht erfüllbar gewesen sei. 317 Es ist insofern auch richtig, dass eine kostendeckende Vergütung der oftmals relativ aufwendigen und komplexen Leistungen der Hochschulambulanzen in der Vergangenheit kaum zu realisieren war. Dies lag jedoch keinesfalls immer allein an den für alle vertragsärztlichen Leistungserbringer gleichermaßen gültigen Rahmenbedingungen, sondern teilweise auch gerade an den in der Begründung des 14. Ausschusses erwähnten (internen) vertragsärztlichen Mechanismen der Honorarverteilung. Hierzu muss man sich vergegenwärtigen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen bei der Schaffung der anzuwendenden Honorarverteilungsmaßstäbe nach den bis zum 01. 07. 2004 bzw. 01. 04. 2004 (für die Ersatzkassen) gültigen Vorgaben des § 85 Abs. 4 S. 2 SGB V a. F. lediglich das „Benehmen“ mit den Verbänden der Krankenkassen herzustellen hatten. Ihnen stand somit im Ergebnis ein relativ weitgehender Regelungsspielraum zur Verfügung. Dieser Spielraum wurde nicht immer unter angemessener Berücksichtigung der Interessen der Hochschulambulanzen genutzt. Das ist angesichts der Tatsache, dass die Vertreterversammlungen im Sinne des § 79 Abs. 1 SGB V als maßgebliche Selbstverwaltungsorgane der Vertragsärzteschaft gemäß §§ 80 Abs. 1 SGB V durch die Mitglieder der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen gewählt werden, auch leicht nachzuvollziehen. Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen sind dabei nach § 77 Abs. 3 SGB V in der aktuellen Fassung die zugelassenen Ärzte, die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung in medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten (mindestens halbtags) angestellten Ärzte und die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden ermächtigten Krankenhausärzte. § 77 Abs. 3 SGB V in 316 Vgl. Anmerkungen des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), BT-Drucks. 14/7862, S. 5. 317 Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 120, Rdnr. 14a.
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der bis zum 31. 12. 2003 gültigen Fassung traf eine ähnliche Regelung, indem die zugelassenen Ärzte zu ordentlichen Mitgliedern der für ihren Arztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung erklärt wurden. Außerordentliche Mitglieder waren die in das Arztregister eingetragenen Ärzte, die über keine Zulassung verfügten. Da die ermächtigten Einrichtungen einschließlich der Hochschulambulanzen somit kein eigenes Wahlrecht für die Vertreterversammlung hatten und haben, fehlt ihnen auch eine „politische“ Einflussmöglichkeit innerhalb der Gremien der vertragsärztlichen Selbstverwaltung. Nebenbei: Auch mit der zum 01. 01. 2003 in Kraft getretenen Neufassung Vergütungsregelungen für die Hochschulambulanzen hat sich deren finanzielle Situation nicht etwa radikal geändert. Die Hochschulambulanzen arbeiten regelmäßig und im Kern unbestritten defizitär. 318 Nach § 120 Abs. 2 S. 2 SGB V wird die Vergütung von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Hochschulen oder Hochschulkliniken oder ggf. den sie vertretenden Vereinigungen im Land vereinbart. Hierbei soll gemäß § 120 Abs. 2 S. 4 SGB V eine Abstimmung mit Entgelten für vergleichbare Leistungen erfolgen. Als Entgelte für vergleichbare Leistungen kommen einerseits die im vertragsärztlichen Bereich üblichen Vergütungen in Betracht. 319 Durch die Formulierung des Gesetzes, die ihrem Wortlaut nach gerade keine unmittelbare Bindung an anderweitig übliche Vergütungssätze, sondern die „Abstimmung“ mit diesen vorschreibt, wird aber auch klargestellt, dass die Besonderheiten der in den Hochschulambulanzen erbrachten Leistungen zu berücksichtigen sind. Solche vergütungsrelevanten Besonderheiten können sich beispielsweise aus der in den Hochschulambulanzen möglichen komplex-interdisziplinären Behandlung besonders schwieriger Fälle oder auch aus dem engen Zusammenspiel mit dem stationären Klinikbetrieb ergeben. Nach der Begründung des 14. Ausschusses im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens sollen als vergleichbare Leistungen sogar „insbesondere“ solche aus dem vor- oder nachstationären Bereich herangezogen werden. 320 Nach § 120 Abs. 3 S. 1 SGB V kann auch die Vergütung der Hochschulambulanzen pauschaliert erfolgen. Aus der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs lässt sich entnehmen, dass eine Pauschalierung vertraglich zu vereinbaren wäre. 321 Richtige Vertragsparteien hierfür sind bei den psychiatrischen Institutsambulanzen und den sozialpädiatrischen Zentren sowie nach der seit dem 01. 01. 2003 gültigen Rechtslage auch bei den Hochschulambulanzen die 318 Siehe hierzu z. B. Clade, Hochschulambulanzen: Gravierende Unterfinanzierung, Deutsches Ärzteblatt 2004, A 474. 319 Vgl. z. B. Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 120, Rdnr. 14a., der zudem allein diese für sachgerechte Vergleichswerte hält. 320 Anmerkungen des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), BT-Drucks. 14/ 7862, S. 5. 321 Siehe Gesetzentwurf zum GRG, BT-Drucks. 11/2237, S. 203 (zu § 129 Abs. 3).
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Parteien nach § 120 Abs. 2 S. 2 SGB V. 322 Da die genannten Einrichtungen ihre Vergütung nicht aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung erhalten, sind die Kassenärztlichen Vereinigungen von Vereinbarungen über eine Pauschalierung der Entgelte nicht in ihren Interessen betroffen. § 120 Abs. 3 S. 2 SGB V in der bis zum 31. 12. 2002 gültigen Fassung besagte, dass bei öffentlich geförderten Krankenhäusern die Vergütung nach § 120 Abs. 1 SGB V a. F. um einen Investitionskostenabschlag in Höhe von 10 % und bei den Polikliniken zusätzlich um einen Abschlag in Höhe von 20 % für Forschung und Lehre zu kürzen sei. Mit Wirkung zum 01. 01. 2003 – also zeitgleich mit der Normierung des unmittelbaren Abrechnungsverhältnisses zwischen den nun als Hochschulambulanzen bezeichneten Einrichtungen und den Krankenkassen – wurde die allein die Polikliniken betreffende Regelung zum zusätzlichen Abschlag für Forschung und Lehre aus § 120 Abs. 3 S. 2 SGB V gestrichen. 323 Da die Leistungen der Hochschulambulanzen seitdem nicht mehr nach § 120 Abs. 1 SGB V aus der Gesamtvergütung, sondern nach § 120 Abs. 2 S. 1 SGB V von den Krankenkassen vergütet werden, sind sie auch ansonsten nicht mehr von § 120 Abs. 3 S. 2 SGB V erfasst. Einen Investitionskostenabschlag speziell für Hochschulambulanzen an öffentlich geförderten Krankenhäusern hat der Gesetzgeber nunmehr an anderer Stelle, nämlich in § 120 Abs. 2 S. 5 SGB V, vorgesehen. Anders als in § 120 Abs. 3 S. 2 SGB V ist dieser der Höhe nach nicht gesetzlich bestimmt und in der Konsequenz ebenfalls zwischen den Vertragsparteien nach § 120 Abs. 2 S. 2 SGB V zu vereinbaren. Teilweise wird in diesem Zusammenhang in der Kommentarliteratur vertreten, für die Hochschulambulanzen sei ein Investitionskostenabschlag in Höhe von 10 % (wohl analog § 120 Abs. 3 S. 2 SGB V) und weiterhin ein zusätzlicher Abschlag für Forschung und Lehre zu berücksichtigen, da diese Länderaufgabe seien. 324 Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass ein solcher zusätzlicher Abschlag für Forschung und Lehre durch den Gesetzgeber mit Wirkung zum 01. 01. 2003 ja gerade gestrichen wurde, so dass dessen rechtliche Basis entfallen ist. 325 Auch die Materialien zum Gesetzgebungsverfahren stützen dieses schon aus Wortlaut und Normhistorie heraus nahe gelegte Ergebnis. So heißt es beispielsweise in den bereits zitierten Anmerkungen des 14. Ausschusses, die teilweise den Inhalt der vorausgegangenen Gesetzesentwürfe 326 aufgreifen, dass eine Minderung der Vergütung der im Rahmen von Forschung und Lehre erbrachten 322 Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 120, Rdnr. 15; Vgl. auch BSGE 76, 48 noch zur alten Rechtslage vor dem 01. 01. 2003. 323 BGBl. I 2002, S. 1412, 1413. 324 Hencke, in: Peters, SGB V, § 120, Rdnr. 9, 12. 325 Ähnlich Hohnholz, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 120, Rdnr. 9; trotz Kritik wohl ebenso Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 120, Rdnr. 14a, 16. 326 Insbesondere BT-Drucks. 14/6893.
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Leistungen nicht mehr vorgesehen werde, da in den nach § 120 Abs. 2 S. 4 SGB V zum Vergleich heranzuziehenden Entgelten gleichfalls kein Aufwand für Forschung und Lehre berücksichtigt sei. 327 Auch systematisch wäre es verfehlt, die Behandlungsleistungen der Hochschulambulanzen als „Forschung und Lehre“ zu qualifizieren und in der Folge den Länderhaushalten zuordnen zu wollen. Nach § 117 Abs. 1 S. 2 SGB V sind die Hochschulambulanzen zwar zur Untersuchung und Behandlung in dem für Forschung und Lehre notwendigen Umfang zu ermächtigen. Die erbrachten medizinischen Leistungen verlieren damit aber nicht etwa gleichsam automatisch ihre Natur als öffentliche Krankenversorgung. Vielmehr erbringen die Hochschulambulanzen ambulante Versorgungsleistungen, die ansonsten im Rahmen des Sicherstellungsauftrags der Kassenärztlichen Vereinigungen hätten erbracht werden müssen und sollen hierfür eine finanzielle Kompensation erhalten. Nach § 120 Abs. 2 S. 6 SGB V waren die Gesamtvergütungen für das Jahr 2003 um die für Leistungen der Polikliniken des Vorjahres gezahlten Vergütungen zu bereinigen. Diese Regelung zur Anpassung der Gesamtvergütungsvolumina war logische Folge der zum 01. 01. 2003 neu strukturierten Vergütungssystematik für die Hochschulambulanzen und notwendig, um eine Doppelbelastung der Krankenkassen zu vermeiden. 328 Anders als für die dreiseitigen Verträge nach § 117 Abs. 1 S. 3 SGB V besteht für die Vergütungsvereinbarungen nach § 120 Abs. 2 S. 2 SGB V eine Regelung zur Konfliktlösung, um einen Zustand ohne anwendbare Vergütungsregelung zu verhindern. Kommt hierüber nämlich eine Vereinbarung zwischen den Parteien ganz oder teilweise nicht zustande, so setzt die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 1 KHG auf Antrag einer Vertragspartei die Vergütung fest (vgl. § 120 Abs. 4 SGB V). 329 Der Begründung zum ursprünglichen Gesetzentwurf zum GRG ist zu entnehmen, dass durch die Übertragung dieser Rolle auf die in erster Linie für Vergütungsfragen im stationären Bereich zuständige Schiedsstelle nach § 18a KHG eine Verwaltungsvereinfachung erreicht werden sollte. Des Weiteren wurde von einer größeren „Sachnähe“ 330 auch für die Vergütung ambulanter Krankenhausleistungen ausgegangen. 331 327 Anmerkungen des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), BT-Drucks. 14/ 7862, S. 5. 328 Anmerkungen des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), BT-Drucks. 14/ 7862, S. 5. 329 Vgl. zu § 120 Abs. 4 SGB V LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 19. 11. 2009 – L 5 KR 142/08 KL (erhältlich in juris). 330 Alternativ wäre z. B. eine Übertragung auf die Schiedsstelle nach § 114 SGB V möglich gewesen, der jedoch schwerpunktmäßig andere Fragestellungen zugewiesen sind, vgl. §§ 112 Abs. 3, 115 Abs. 3 S. 1 SGB V. Die Übertragung auf die unter Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 89 SGB V zu bildenden Schiedsämter wäre
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Für Fälle der Nichteinigung im Zusammenhang mit der Vergütung für stationäre Krankenhausleistungen im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 KHEntgG ist umstritten, ob die Schiedsstelle als Behörde handelt und ob es sich bei ihren Entscheidungen um einen Verwaltungsakt handelt. Dieser Streit rührt letztlich daher, dass ihr Schiedsspruch nicht aus sich selbst heraus, sondern erst durch die Genehmigung der zuständigen Landesbehörde nach § 14 KHEntgG unmittelbare rechtliche Außenwirkung entfaltet. 332 Eine entsprechende Einschränkung ist für die im Rahmen der Konfliktlösung erfolgende Festsetzung der Vergütung nach § 120 Abs. 4 SGB V nicht vorgesehen. Die Schiedsstelle handelt deshalb in dieser Fallkonstellation als Behörde im Sinne des § 1 Abs. 2 SGB X in Form eines unmittelbar außenwirksamen Verwaltungsakts gemäß § 31 S. 1 SGB X. 333 Für Klagen gegen die Entscheidung der Schiedsstelle ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Richtige Klageart ist die Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGG. Nach dem Gesetzeswortlaut ist das Vorverfahren nach den §§ 78 ff. SGG obligatorisch. Gleichwohl wird in diesem Zusammenhang in Literatur und Rechtsprechung vertreten, dass von dessen Durchführung aus Gründen der Prozessökonomie abgesehen werden könne, da ansonsten (mangels einer nächsthöheren Behörde im Sinne des § 85 Abs. 2 Nr. 1 SGG) die Schiedsstelle selbst über den Widerspruch zu entscheiden hätte. 334 Bei der gerichtlichen Überprüfung des Schiedsspruchs ist der Schiedsstelle ein nur eingeschränkt der Kontrolle zugänglicher Entscheidungsspielraum zuzugestehen. Der Schiedsspruch stellt seiner Natur nach einen Interessenausgleich durch ein sachnahes und unabhängiges Gremium dar. Sein Inhalt wird naturgemäß regelmäßig nicht der einzig sachlich vertretbare sein und häufig Kompromisscharakter aufweisen. Bei Berücksichtigung dieses Entscheidungsspielraums ist durch das Gericht ausschließlich zu überprüfen, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgte, der bestehende Beurteilungs- bzw. Entscheidungsspielraum eingehalten und zwingendes Gesetzesrecht beachtet worden ist. Es ist den Sozialgerichten daher regelmäßig verwehrt, eine Festlegung der angemessenen Vergütung selbst vorzunehmen. 335 jedenfalls nicht sachgemäß gewesen, da die Vergütung der in § 120 Abs. 2 S. 1 SGB V genannten Einrichtungen außerhalb der vertragsärztlichen Gesamtvergütung erfolgt. 331 BT-Drucks. 11/2237, S. 203 (zu § 129 Abs. 4). 332 Siehe hierzu detailliert Tuschen / Trefz, KHEntgG, § 13, Erl.; Genzel, in: Laufs / Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, § 86, Rdnr. 219. 333 So auch Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 120, Rdnr. 7; LSG Baden-Württenberg, Urt. v. 22. 03. 1996 – L 4 Kr 2129/94 (Leitsätze erhältlich in juris), LSG Niedersachsen, Urt. v. 22. 08. 2001, NZS 2002, 263 sowie Urt. v. 24. 04. 2002, NZS 2003, 91. Ähnlich im Übrigen auch die Ausführungen bei BSG, Urt. v. 29. 11. 2006, SozR 4 –2500 § 83 Nr. 3, wenn sich diese im dort zu entscheidenden Fall auch auf Schiedsämter im Sinne des § 89 SGB V beziehen. 334 Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 120, Rdnr. 7; LSG Baden-Württenberg, Urt. v. 22. 03. 1996 – L 4 Kr 2129/94 (Leitsätze erhältlich in juris).
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2. Psychiatrische Institutsambulanzen gemäß § 118 SGB V In § 118 SGB V wird die Teilnahme psychiatrischer Krankenhäuser (Abs. 1) und an Allgemeinkrankenhäusern geführter psychiatrischer Fachabteilungen (Abs. 2) an der ambulanten Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten durch so genannte psychiatrische Institutsambulanzen geregelt. Die Vorschrift wurde in ihrer ursprünglichen Fassung durch das GRG mit Wirkung zum 01. 01. 1989 eingeführt. 336 Der Gesetzgeber knüpfte hierbei an die zuvor in § 368n Abs. 6 S. 2 bis 9 RVO enthaltene Regelung an. Diese war wiederum auf die Psychiatrie-Enquete 1975 337 des Deutschen Bundestags zurückzuführen. In dem ausführlichen Bericht war ein Bedarf an ambulanter psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung konstatiert worden, auch um ansonsten möglicherweise unnötigen stationären Einweisungen entgegenzuwirken und um eine Verkürzung der Verweildauer zu fördern. Im Unterschied zur Vorgängerregelung der RVO, die noch einen Vertragsschluss unter Beteiligung der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung vorsah, übertrug § 118 Abs. 1 SGB V a. F. den Entscheidungsakt über die Teilnahme der psychiatrischen Institutsambulanzen an der ambulanten Versorgung auf die Zulassungsausschüsse. Psychiatrische Krankenhäuser hatten dabei nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGB V a. F. einen definitiven Anspruch auf eine Ermächtigung, während psychiatrische Fachabteilungen an Allgemeinkrankenhäusern nach § 118 Abs. 1 S. 2 SGB V a. F. bedarfsabhängig zu ermächtigen waren. 338 Mit Wirkung zum 01. 01. 2000 wurde § 118 SGB V dann neu gefasst. 339 Während es für die psychiatrischen Krankenhäuser bei dem ausdrücklich normierten Anspruch auf eine Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss blieb, wurde nun auch die Position der psychiatrischen Fachabteilungen an Allgemeinkrankenhäusern maßgeblich gestärkt. 340 Nach § 118 Abs. 2 S. 1 SGB V n. F. werden diese seitdem unmittelbar per Gesetz zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung der gesetzlich Versicherten ermächtigt. Die Gruppe der psychisch Erkrankten, die im Rahmen dieser Ermächtigung in entsprechenden 335
Vgl. auch hierzu LSG Baden-Württenberg, Urt. v. 22. 03. 1996 – L 4 Kr 2129/94 (Leitsätze erhältlich in juris); LSG Niedersachsen, Urt. v. 22. 08. 2001, NZS 2002, 263 sowie Urt. v. 24. 04. 2002; Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 120, Rdnr. 10. 336 BGBl. I 1988, S. 2477, 2514. 337 So die gebräuchliche Kurzbezeichnung des „Berichts über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland“, BT-Drucks. 7/4200. 338 BGBl. I 1988, S. 2477, 2514. 339 BGBl. I 1999, S. 2626, 2637. 340 Vgl. Hencke, in: Peters, SGB V, § 118, Rdnr. 2 mit weitergehenden Anmerkungen auch zum Gesetzgebungsverfahren.
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Fachabteilungen der Krankenhäuser behandelt werden können, wird vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vertraglich festgelegt (vgl. § 118 Abs. 2 S. 2 SGB V). a) Sachliche Voraussetzungen und Zielrichtung Psychiatrische Krankenhäuser gemäß § 118 Abs. 1 SGB V: Psychiatrische Krankenhäuser sind nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGB V vom Zulassungsausschuss zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten zu ermächtigen. Wie das Bundessozialgericht mit Urteil vom 28. 01. 2009 341 zu entscheiden hatte, ist eine psychiatrische Tagesklinik, die als solche im Krankenhausplan des Landes geführt wird, „Krankenhaus“ im Sinne der Vorschrift. Auch bei der Ausrichtung auf eine „lediglich“ teilstationäre Versorgung der Versicherten erfüllt sie die Voraussetzungen des Krankenhausbegriffs nach § 107 Abs. 1 SGB V. Die Erteilung der Ermächtigung ist nicht von einer im Einzelfall festzustellenden Versorgungslücke abhängig, so dass es keiner Bedarfsprüfung durch die Zulassungsgremien bedarf. Obgleich § 118 Abs. 1 S. 2 SGB V nicht die Voraussetzungen einer Ermächtigung nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGB V normiert, sondern vielmehr Regelungen zu ihrer Nutzung bzw. Ausgestaltung trifft, lässt er die Hintergründe der Privilegierung der Psychiatrischen Krankenhäuser erkennen. Der Gesetzgeber unterstellt die grundsätzliche Notwendigkeit der ambulanten Behandlung durch psychiatrische Krankenhäuser aus Gründen der Art, Schwere oder Dauer bestimmter psychiatrischer Erkrankungen oder wegen zu großer Entfernung der Patienten zu geeigneten Ärzten. Die Basis der Annahme des Gesetzgebers, dass ein genereller Bedarf an psychiatrischen Institutsambulanzen bestehe, bilden die Ergebnisse der bereits erwähnten Psychiatrie-Enquete 1975. Die psychiatrischen Institutsambulanzen betreuen danach nämlich überwiegend einen speziellen Personenkreis, der sich ansonsten einer Behandlung durch Nervenärzte – unabhängig von deren lokaler Präsenz – entzöge. 342 Gemeint sind hiermit vornehmlich bestimmte Gruppen psychisch Kranker und Behinderter, insbesondere solche mit schweren Krankheitsbildern wie schizophrenen Psychosen, Suchterkrankungen und psychischen Alterskrankheiten. Diese Personen würden nach der Einschätzung des Gesetzgebers ohne psychiatrische Institutsambulanzen nur unzureichend oder gar nicht ambulant medizinisch versorgt werden, weil sie nicht bereit seien oder motiviert werden könnten, einen niedergelassenen Nervenarzt aufzusuchen. 343 341 342
BSG, GesR 2009, 487, 488 ff. Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 118, Rdnr. 3.
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Nach § 118 Abs. 1 S. 3 SGB V hat der Krankenhausträger als Folge der Ermächtigung sicherzustellen, dass die für die ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung erforderlichen Ärzte und nichtärztlichen Fachkräfte sowie die notwendigen Einrichtungen bei Bedarf zur Verfügung stehen. Allgemeinkrankenhäuser gemäß § 118 Abs 2 SGB V: Nach § 118 Abs. 2 S. 1 SGB V sind Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen mit regionaler Versorgungsverpflichtung unmittelbar gesetzlich zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung der nach § 118 Abs. 2 S. 2 SGB V vertraglich vereinbarten Gruppe von Kranken ermächtigt. Für die Abgrenzung zwischen einer selbstständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Krankenhausabteilung und einem psychiatrischen Krankenhaus im Sinne des § 118 Abs. 1 S. 1 SGB V kommt es darauf an, ob die Klinik Abteilungscharakter innerhalb eines „großen Ganzen“ hat (dann: „psychiatrische Fachabteilung“) oder ob sie die einzige oder zumindest die für den Charakter des Krankenhauses ganz wesentliche Abteilung ist und hierdurch eindeutig auch den Charakter der übrigen Abteilungen prägt (dann: „psychiatrisches Krankenhaus“). 344 Von der nach § 118 SGB V a. F. für die psychiatrischen Institutsambulanzen der Allgemeinkrankenhäuser lediglich bedarfsabhängig möglichen Ermächtigung ist der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01. 01. 2000 zugunsten einer unmittelbar gesetzlichen Ermächtigung abgerückt. Hintergrund war nach den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren eine durch die „Psychiatriereform“ bedingte Dezentralisierung des stationären Bereichs mit einer Verkleinerung der oftmals wohnortfernen psychiatrischen Krankenhäuser und einem gleichzeitigen Aufbau psychiatrischer Abteilungen an wohnortnahen Allgemeinkrankenhäusern. 345 Die Einbeziehung der somit stärker in den Vordergrund rückenden psychiatrischen Institutsambulanzen an Allgemeinkrankenhäusern in die ambulante Versorgung sollte nicht an einer vornehmlich an der Versorgungsdichte orientierten Bedarfsprüfung durch die Zulassungsausschüsse scheitern. Der Gesetzgeber sah nämlich weiterhin die Notwendigkeit entsprechender Einrichtungen, um durch das dort vorhandene „multiprofessionelle Angebot“ und die besser zu steuernden personellen Ressourcen eine adäquate Betreuung insbesondere schwer psychisch Erkrankter zu gewährleisten. 346
343
Vgl. hierzu BSGE 79, 159, 166. Vgl. BSG, Urt. v. 15. 04. 1986, SozR 2200 § 368n Nr. 41; Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 118, Rdnr. 8. 345 BT-Drucks. 14/1977, S. 167. 346 BT-Drucks. 14/1977, S. 167. 344
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Wie sich weiterhin aus den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren ergibt, liegt eine „regionale Versorgungsverpflichtung“ im Sinne des § 118 Abs. 2 S. 1 SGB V vor, wenn das Krankenhaus aufgrund des Betreuungsrechts und der Landesunterbringungsgesetze die Verpflichtung hat, die dort genannten Personen aufzunehmen. Begründet wurde diese Verknüpfung damit, dass diese Einrichtungen eine besondere Fachkompetenz vorhielten, die gerade für die Behandlung der schwer erkrankten und auf die Institutsambulanzen angewiesenen Patienten notwendig sei. 347 Nach § 118 Abs. 2 S. 2 SGB V legen der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in einem Vertrag die Gruppe psychisch Kranker fest, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung einer ambulanten Behandlung durch die Einrichtungen nach § 118 Abs. 2 S. 1 SGB V bedürfen. In § 118 Abs. 2 S. 3 bis 5 SGB V wird für den Fall der Nichteinigung vorgeschrieben, dass der Vertragsinhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch das Bundesschiedsamt nach § 89 Abs. 4 SGB V festgelegt wird. Dieses wird hierzu um Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft erweitert und entscheidet dann als so genanntes erweitertes Bundesschiedsamt mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder. Durch die vertraglich mit Leben zu füllende Beschränkung der Ermächtigungstätigkeit auf solche Fälle, die grundsätzlich nicht in Vertragsarztpraxen behandelbar sind, sollen Doppelstrukturen und Interessenkollisionen mit der Vertragsärzteschaft vermieden werden. 348 Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht war diese Einschränkung geboten. Die seinerzeit nach § 102 SGB V a. F. vorgesehenen strengen Bedarfszulassungsregelungen auf Basis gesetzlich festzulegender Verhältniszahlen hätten einen Eingriff in die nach Art. 12 GG verfassungsmäßig geschützte Berufsfreiheit der Ärzte dargestellt. Eine gleichzeitige vollkommen unbeschränkte Ermächtigung der psychiatrischen Institutsambulanzen an Allgemeinkrankenhäusern hätte hierzu massiv im Widerspruch gestanden. 349 Nach § 118 Abs. 2 S. 6 SGB V gilt die Regelung des § 118 Abs. 1 S. 3 SGB V entsprechend, wonach der Krankenhausträger für die Verfügbarkeit der für die Behandlung erforderlichen Ärzte und nichtärztlichen Fachkräfte sowie der notwendigen Einrichtungen im Bedarfsfall einsteht. Nach § 118 Abs. 2 S. 7 SGB V gilt des Weiteren § 135 Abs. 2 SGB V entsprechend. Die Partner der Bundesmantelverträge können also auch für die psychiatrischen Institutsambulanzen nach § 118 Abs. 2 S. 1 SGB V für solche Leistungen, die besonderer Kenntnisse und Erfahrungen sowie einer besonderen Praxisausstattung oder weiterer Anforde347 348 349
BT-Drucks. 14/1977, S. 168. BT-Drucks. 14/1977, S. 168. Vgl. BT-Drucks. 14/1977, S. 168.
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rungen an die Strukturqualität bedürfen, entsprechende Voraussetzungen für die Leistungserbringung und Abrechnung vereinbaren. b) Rangfragen Anders als beispielsweise bei der Ermächtigung von Krankenhausärzten nach §§ 116 S. 1 SGB V, 31a Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV ist die Ermächtigung psychiatrischer Krankenhäuser nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGB V nicht nur zu erteilen, „soweit und solange“ eine ausreichende ärztliche Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten andernfalls nicht sichergestellt wird. Es besteht vielmehr ein gebundener und bedarfsunabhängiger Anspruch auf die Erteilung eines Ermächtigungsbescheids. Dies spräche eigentlich gegen die Annahme einer Nachrangigkeit gegenüber zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringern. Durch § 118 Abs. 1 S. 2 SGB V wird jedoch aufgezeigt, dass die Behandlung sich auf einen begrenzten Personenkreis auszurichten hat, der wegen Art, Schwere oder Dauer der Erkrankung oder wegen zu großer Entfernung zu geeigneten Ärzten auf die Behandlung durch diese Krankenhäuser angewiesen ist. Man muss also unterscheiden: Hinsichtlich des „Ob“ der Ermächtigung besteht keine Nachrangigkeit gegenüber der vertragsärztlichen Zulassung. Bei der Frage nach dem „Wie“ der Ermächtigung hat der Zulassungsausschuss jedoch durchaus den grundsätzlichen Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte zu beachten. 350 Wie das Bundessozialgericht bereits zur gleich lautenden Formulierung des § 118 Abs. 2 S. 1 SGB V a. F. herausgearbeitet hatte, richtet sich § 118 Abs. 1 S. 2 SGB V nicht an die zu ermächtigende Klinik, sondern an die Zulassungsgremien, deren Aufgabe es ist, den zu versorgenden Personenkreis ggf. näher einzugrenzen und den Umfang der Ermächtigung entsprechend auszugestalten. In analoger Heranziehung der obigen Ausführungen zu §§ 116 S. 1 SGB V, 31a Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV ist hierbei eine drittschützende Tendenz aus der Formulierung des Gesetzes und der geschilderten Normsystematik abzuleiten. Man wird zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringern also auch in diesem Zusammenhang eine Widerspruchs- und Klagebefugnis zuerkennen müssen, sofern sie dieselben Leistungen im räumlichen Einzugsbereich des psychiatrischen Krankenhauses anbieten. 351
350 Siehe hierzu BSG, Urt. v. 15. 03. 1995, SozR 3 –2500 § 118 Nr. 1; BSG, Urt. v. 21. 06. 1995 – 6 RKa 3/95 (erhältlich bei juris). 351 Ebenso Steinhilper, Die „defensive Konkurrentenklage“ im Vertragsarztrecht, MedR 2007, 469, 472; a. A. ist Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, S. 174, der insofern den hier verfolgten Gedanken einer gebotenen Differenzierung zwischen dem „Ob“ und dem „Wie“ der Ermächtigung – soweit dies ersichtlich ist – nicht vornimmt.
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Da psychiatrische Institutsambulanzen an Allgemeinkrankenhäusern nach § 118 Abs. 2 S. 1 SGB V unmittelbar durch Gesetz ermächtigt sind, besteht in diesem Zusammenhang (mangels anzugreifendem Verwaltungsakt) kein Ansatzpunkt für ein Widerspruchsverfahren oder eine Anfechtungsklage durch zugelassene vertragsärztliche Leistungserbringer. Die Abgrenzung der Rangverhältnisse bzw. der Kompetenzbereiche zwischen den niedergelassenen Vertragsärzten und den Ambulanzen nach § 118 Abs. 2 S. 1 SGB V erfolgt im Rahmen des dreiseitigen Vertrags nach § 118 Abs. 2 S. 2 SGB V. c) Beschränkungen der Ermächtigung Psychiatrische Krankenhäuser haben nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGB V zwar einen Anspruch auf die Erteilung einer Ermächtigung. Den Zulassungsausschüssen bleibt es jedoch im jeweiligen Einzelfall grundsätzlich unbenommen, Gegenstand und Umfang der Ermächtigung entsprechend der Vorgaben des § 118 Abs. 1 S. 2 SGB V näher zu konkretisieren und im Ermächtigungsbescheid festzulegen. 352 Eine Befristung ist andererseits nicht zulässig, da eine solche nicht durch Rechtsvorschrift zugelassen ist 353 und des Weiteren nicht ersichtlich wäre, inwiefern sie der Sicherstellung der Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen dienen sollte (vgl. § 32 Abs. 1 SGB X). Seitens einiger Zulassungsausschüsse waren zeitweise in Ermächtigungsbescheiden gegenüber psychiatrischen Institutsambulanzen Nebenbestimmungen aufgenommen worden, nach denen eine Behandlung dort nur auf Überweisung stattfinden durfte. 354 Eine solche Praxis ist jedoch ebenfalls als unzulässig anzusehen, 355 denn der Hintergrund des nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGB V ohne eine Bedarfsprüfung vorgesehenen Ermächtigungsanspruchs ist der durch die Psychiatrie-Enquete 1975 ohne Ansehen regionaler Besonderheiten konstatierte generelle Bedarf. Dieser wird ja gerade ohne Rücksicht auf das Leistungsangebot der zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringer unterstellt. 356 Das Bundessozialgericht hat die Beschränkung der Behandlungsberechtigung auf bestimmte Patientengruppen 357 für zulässig erachtet. 358 Zu Recht weist allerdings Knittel darauf hin, dass – wie in dem entschiedenen Fall offenbar gesche352
Siehe hierzu BSG, Urt. v. 15. 03. 1995, SozR 3 – 2500 § 118 Nr. 1. Ebenso Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 118, Rdnr. 4. 354 Loer, in: Spengler, Institutsambulanzen in der psychiatrischen Versorgung, S. 86 f. 355 Vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 06. 11. 1996 (Leitsatz bei juris). 356 Vgl. Hencke, in: Peters, SGB V, § 118, Rdnr. 3. 357 Beispielsweise Opfer von Kindesmissbrauchsfällen, schwer an Psychosen erkrankte Jugendliche oder suizidale Patienten, die aufgrund der Schwere der Erkrankung einer besonderen Nähe zum stationären Bereich bedürfen. 358 BSG, Urt. v. 21. 06. 1995 – 6 RKa 3/95 (erhältlich bei juris). 353
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hen – eine Eingrenzung allein auf einzelne Krankheitsbilder nicht im Einklang mit der aus § 118 Abs. 1 S. 2 SGB V ersichtlichen Zielrichtung der Norm steht. Nicht nur Art, Schwere oder Dauer einer Erkrankung können Gründe für die Notwendigkeit einer Behandlung durch eine psychiatrische Institutsambulanz sein. Auch solchen Patienten, die aufgrund zu großer Entfernung zu geeigneten Ärzten darauf angewiesen sind, soll die Behandlung ermöglicht werden. 359 Der Umfang bzw. Inhalt der gesetzlichen Ermächtigung nach § 118 Abs. 2 S. 1 SGB V wird durch den dreiseitigen Vertrag nach § 118 Abs. 2 S. 2 SGB V bestimmt. d) Vergütung Ebenso wie bei den Hochschulambulanzen wird die Vergütung durch die Vertragspartner nach § 120 Abs. 2 S. 2 SGB V vereinbart und erfolgt nicht aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung, sondern nach § 120 Abs. 2 S. 1 SGB V unmittelbar durch die Krankenkassen. Sie kann nach § 120 Abs. 3 S. 1 SGB V pauschaliert werden. Nach § 120 Abs. 2 S. 3 SGB V – der nicht für die Hochschulambulanzen, wohl aber auch für die sozialpädiatrischen Zentren gilt – muss die ausgehandelte Vergütung die Leistungsfähigkeit der psychiatrischen Institutsambulanzen bei wirtschaftlicher Betriebsführung gewährleisten. Entsprechend des insofern klaren Wortlauts sollen die psychiatrischen Institutsambulanzen durch die Vergütung in die Lage versetzt werden, die ihnen im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer Aufgaben entstehenden Kosten zu decken. 360 Nur so kann auch von einer ernstzunehmenden und nachhaltigen „Gewährleistung“ ihrer Leistungsfähigkeit gesprochen werden. 3. Sozialpädiatrische Zentren gemäß § 119 SGB V § 119 SGB V regelt eine spezielle Form der Institutsermächtigung für die sozialpädiatrischen Zentren und definiert die Zielrichtung der dort durchzuführenden Behandlungen. Bei sozialpädiatrischen Zentren handelt es sich nach § 119 Abs. 1 S. 1 SGB V um Einrichtungen, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen. § 119 SGB V korrespondiert mit § 43a SGB V, der gesetzlich versicherten Kindern einen Anspruch auch auf nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen gibt. Ausdrücklich – aber nicht abschließend – genannt 359
Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 118, Rdnr. 5. Eine andere Auffassung vertritt Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 120, Rdnr. 6 unter Hinweis auf die Abwendung des Gesetzgebers vom Prinzip der Kostendeckung im stationären Sektor aber gegen den Wortlaut der Norm, welche die genannten Einrichtungen gerade besonders privilegiert. 360
A. Versorgung innerhalb des vertragsärztlichen Systems
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werden psychologische, heilpädagogische und psychosoziale Leistungen, wenn diese unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden und erforderlich sind, um eine Krankheit zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und einen Behandlungsplan aufzustellen. Der Regelungsgehalt des § 43a SGB V entspricht im Wesentlichen dem Inhalt des früheren § 119 Abs. 2 SGB V, der mit Wirkung zum 01. 01. 1992 gestrichen wurde. 361 In § 119 Abs. 2 SGB V a. F. war ebenfalls festgelegt worden, dass die sozialpädiatrische Behandlung neben ärztlichen Leistungen auch nichtärztliche Leistungen, wie beispielsweise psychologische oder spezielle rehabilitative Behandlungen umfasse. Die Neuregelung war aus systematischer Sicht sinnvoll, da es sich einerseits vornehmlich um eine Frage des im dritten Kapitel des SGB V geregelten Leistungsrechts handelt und da andererseits die Zielrichtung einer Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss regelmäßig die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ist. 362 Hierüber soll der Zulassungsausschuss seiner generellen Aufgabenstellung nach entscheiden, was durch die Neufassung klargestellt wurde. Gleichwohl sind nach § 119 Abs. 1 SGB V ermächtige Einrichtungen auch weiterhin 363 zur Erbringung ärztlicher und nicht-ärztlicher sozialpädiatrischer Leistungen berechtigt. Trotz der geschilderten Bemühung des Gesetzgebers sind also der leistungsrechtliche Aspekt nach § 43a SGB V und der spezielle Systemzugang nach § 119 SGB V weiterhin eng miteinander verknüpft. § 119 SGB V bietet gewissermaßen den organisatorischen Rahmen für die Verwirklichung der Vorgaben des § 43a SGB V. 364 a) Sachliche Voraussetzungen und Zielrichtung Nach § 119 Abs. 1 SGB V können sozialpädiatrische Zentren, die fachlichmedizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, vom Zulassungsausschuss zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen. Ausweislich der Begründung zum Entwurf des GRG verfolgte der Gesetzgeber mit der Einführung der Vorschrift das Ziel, Schädigungen oder Störungen bei Kindern, die zu Krankheiten führen können, durch frühe Diagnostik, frühe 361
BGBl. I 1991, S. 2325, 2326 f. Hencke, in: Peters, SGB V, § 119, Rdnr. 1. 363 Vgl. noch zu ursprünglichen Version des § 119 SGB V in der Fassung des GRG LSG Baden-Württenberg, Urt. v. 15. 09. 1993, MedR 1994, 119. 364 Anm. z. SG Dortmund, Urt. v. 07. 03. 2003, Rechtsdienst der Lebenshilfe 2003, 127, 128 (ohne Autorenangabe). 362
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Therapie und frühe soziale Eingliederung zu erkennen, zu verhindern, zu heilen oder in ihren Auswirkungen zu mildern. 365 Die „ganzheitliche Behandlung“ im Rahmen eines integrierten, gezielte medizinische, psychologische und pädagogische sowie soziale Maßnahmen enthaltenden Angebots sollte gefördert werden. Mit Blick auf diese Zielsetzung erschließt sich, was der Gesetzgeber meint, wenn er für die Ermächtigung sozialpädiatrischer Zentren die Voraussetzung aufstellt, dass sie die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten müssen: Sie müssen personelle und sachliche Mittel zur integrativen Erbringung eines breiten Spektrums diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen vorhalten. Hierzu gehören z. B. regelmäßig die Beschäftigung von Ärzten, Diplom-Psychologen, Krankengymnasten, Heilpädagogen, Sozialarbeitern und die Möglichkeit zur Durchführung spezieller technisch unterstützter Untersuchungsverfahren für verschiedene Behinderungen. 366 Die Anforderungen ähneln insofern denen an Krankenhäuser im Sinne des § 107 Abs. 1 SGB V, denen die sozialpädiatrischen Zentren auch regelmäßig – aber nicht zwingend – organisatorisch angegliedert sind. 367 Die konkrete Zusammensetzung des behandelnden „Teams“ soll sich der Intention des Gesetzgebers zufolge nach den jeweiligen Krankheitsbildern richten, die in dem Zentrum behandelt werden sollen. 368 Nach § 119 Abs. 1 S. 2 SGB V besteht für sozialpädiatrische Zentren ein Rechtsanspruch auf eine Ermächtigung, soweit und solange diese zur Sicherstellung der sozialpädiatrischen Behandlung notwendig ist. Ähnlich wie bei der persönlichen Ermächtigung von Krankenhausärzten nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV ist dabei vom Zulassungsausschuss die quantitativ-allgemeine und die qualitativ-spezielle Bedarfssituation zu überprüfen und in die Erwägungen einzubeziehen. 369 Mit Urteil vom 30. 11. 1994 370 hat das Bundessozialgericht entschieden, dass die Zulassung eines Kinderarztes als Vertragsarzt eine Ermächtigung der von ihm betriebenen Praxis als sozialpädiatrisches Zentrum ausschließe. Das Bundessozialgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Ermächtigung die gegenüber der Zulassung subsidiäre Teilnahmeform sei, die – von den Ausnahmen in §§ 117 und 118 SGB V abgesehen – nur in Frage komme, wenn eine bestehende oder drohende Unterversorgung abgewandt werden müsse. Würden sozialpädiatrische Leistungen von entsprechend ausgebildeten zugelassenen Kin365
BT-Drucks. 11/2237, S. 202 zu § 128. Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 119, Rdnr. 2. 367 Vgl. Hencke, in: Peters, SGB V, § 119, Rdnr. 2. Aufgrund dieser zumindest häufigen Verknüpfung wird hier auch näher auf § 119 SGB V eingegangen. 368 BT-Drucks. 11/2237, S. 202 zu § 128. 369 Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 119, Rdnr. 3. 370 BSG, SozR 3 – 2500 § 119 Nr. 1. 366
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derärzten im Rahmen ihrer Praxis erbracht, so sei deshalb für eine an die Stelle der Zulassung tretende oder daneben bestehende Ermächtigung kein Raum. Dass § 120 Abs. 2 SGB V für die in sozialpädiatrischen Zentren erbrachten Leistungen eine andere, für die betroffenen Einrichtungen möglicherweise günstigere Form der Vergütung vorsehe, ändere daran nichts. Die Kläger des vom Bundessozialgericht entschiedenen Rechtsstreits waren laut Tatbestand des Entscheidungstexts als Kinderärzte zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und betrieben eine Gemeinschaftspraxis mit neuropädiatrischer und sozialpädiatrischer Ausrichtung. Sie hatten im Januar 1989 beantragt, die Praxis nach der gerade neu geschaffenen Regelung des § 119 SGB V zur sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern zu ermächtigen. Ihr Leistungsangebot umfasste die Frühdiagnostik und die Therapie von Bewegungsstörungen sowie von geistigen Behinderungen und Sinnesbehinderungen im Säuglings- und Kleinkindesalter, die Betreuung von Anfallskindern und die Diagnose und Therapie von Schulschwierigkeiten, Leistungsschwächen, Verhaltensstörungen und sozialen Problemen. Die Behandlung erfolgte fachübergreifend in Zusammenarbeit mit einem Team aus nichtärztlichen Fachkräften (Psychologen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Heilpädagogen, Sprachtherapeuten). Gegen den Bedarf an der Ermächtigung dieser Praxis als sozialpädiatrisches Zentrum sprach in der streitgegenständlichen Konstellation also, dass die entsprechenden ärztlichen Leistungen und das im Rahmen der Ermächtigung avisierte „integrative“ Zusammenspiel auch mit dem nichtärztlichen Bereich bereits im Rahmen der bisherigen Tätigkeit unter Ausübung der bestehenden vertragsärztlichen Zulassung erfolgte. Im Übrigen hätte die Praxis nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung im oben ausgeführten Sinne des § 119 Abs. 1 S. 1 SGB V geboten, wenn sie die das fachübergreifende Leistungsangebot nicht aus den selbst vorgehaltenen Ressourcen heraus hätte gewährleisten können. Es ist andererseits aber kein Grund ersichtlich, der es einem zugelassenen Vertragsarzt grundsätzlich verbieten sollte, neben seiner vertragsärztlichen Tätigkeit an der Gründung eines sozialpädiatrischen Zentrums beteiligt zu sein. Insbesondere steht dem nicht § 20 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV entgegen. Wenn die Tätigkeit in einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus oder einer Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung nach § 111 SGB V insofern ausdrücklich für unproblematisch erklärt wird (vgl. § 20 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV in der aktuellen Fassung) 371 so muss dies entsprechend auch für sozialpädiatrische Zentren angenommen werden. Nach § 119 Abs. 2 SGB V ist die Behandlung durch sozialpädiatrische Zentren auf diejenigen Kinder auszurichten, die wegen der Art, Schwere oder Dauer 371 Zu den Hintergründen der Neuregelung wird an anderer Stelle detailliert einzugehen sein.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können. Die Zentren sollen mit den Ärzten und den Frühförderstellen im Sinne des § 30 SGB IX eng zusammenarbeiten. Ausweislich der Materialien zum Gesetzgebungsverfahren sollte durch diesen Hinweis verdeutlicht werden, dass die Frühförderstellen nicht durch die sozialpädiatrischen Zentren verdrängt werden sollten. 372 b) Rangfragen Ähnlich wie bei der Ermächtigung von Krankenhausärzten nach §§ 116 S. 1 SGB V, 31a Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, besteht für sozialpädiatrische Zentren ein Ermächtigungsanspruch nur, soweit und solange ihre Ermächtigung notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen (vgl. § 119 Abs. 1 S. 2 SGB V). Es liegt zunächst nahe, hieraus auch für die sozialpädiatrischen Zentren eine generelle Nachrangstellung gegenüber den niedergelassenen Vertragsärzten abzuleiten. In der Folge wäre – ebenfalls in Analogie zur Konstellation bei den ermächtigten Krankenhausärzten – von einer drittschützenden Tendenz der Regelung und folglich einer Widerspruchs- und Klagebefugnis der zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringer auszugehen. 373 Dieser Argumentation ist allerdings entgegenzuhalten, dass es bei der sozialpädiatrischen Behandlung im Sinne der §§ 119, 43a SGB V ja gerade nicht allein um die Sicherstellung der (vertrags-)ärztlichen Versorgung geht. Vielmehr steht das komplexe Zusammenspiel ärztlicher und nichtärztlicher Leistungserbringer im Vordergrund. Der Zweck der sozialpädiatrischen Zentren erschließt sich insbesondere aus § 119 Abs. 2 S. 1 SGB V, wenn es heißt, dass die Behandlung auf diejenigen Kinder auszurichten ist, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können. Der Gesetzgeber ging bei der Normschaffung ersichtlich davon aus, dass ein in manchen Fallkonstellationen notwendiges frühzeitiges multidisziplinäres Zusammenwirken weder durch niedergelassene Kinderärzte noch durch die Frühförderstellen gewährleistet werden kann. Vor dem Hintergrund dieser besonderen Funktion der sozialpädiatrischen Zentren ist ein Bedarf im Verhältnis zu den niedergelassenen Vertragsärzten (und den Frühförderstellen) dem Grunde nach regelmäßig zu bejahen. Im Vordergrund der Bedarfsprüfung hat demnach vornehmlich das Verhältnis zu anderen in der räumlichen Nähe bestehenden sozialpädiatrischen Zentren zu stehen. 374 372
Vgl. Bericht des 11. Ausschusses zum GRG-Entwurf, BT-Drucks. 11/2480, S. 61 zu § 128. 373 So vertreten von Steinhilper, Die „defensive Konkurrentenklage“ im Vertragsarztrecht, MedR 2007, 469, 472.
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Andererseits ergibt sich aus §§ 119 Abs. 1 S. 2 i.V. m. § 119 Abs. 2 S. 1 SGB V durchaus die Notwendigkeit, die Ermächtigung auf diejenigen Kinder zu beschränken, die wegen Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung auf die Behandlung im sozialpädiatrischen Zentrum angewiesen sind. 375 Ähnlich wie im Fall des § 118 Abs. 1 S. 2 SGB V wird man also zugelassenen Vertragsärzten keinen Vorrang hinsichtlich des „Ob“ der Ermächtigung zuerkennen können. Im Rahmen der Ausgestaltung des Ermächtigungsumfangs, also des „Wie“ der Ermächtigung, hat der Zulassungsausschuss aber u. a. den Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte zu beachten. Im Hinblick hierauf hat die Regelung des § 119 SGB V somit auch drittschützende Tendenz. Den zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringern ist eine Widerspruchs- und Klagebefugnis zuzuerkennen. c) Beschränkungen der Ermächtigung Dem Zulassungsausschuss steht grundsätzlich die Option zur Aufnahme von Nebenbestimmungen offen. Auch im Falle von § 119 SGB V sind jedoch die Grenzen des § 32 SGB X zu beachten. Durch die Formulierung „soweit und solange“ wird insbesondere die Möglichkeit zur qualitativen Beschränkung der Ermächtigung und zu ihrer Befristung nahe gelegt. Eine Verpflichtung hierzu besteht jedoch nicht. 376 Insbesondere könnte eine solche nicht aus § 31 Abs. 7 S. 1 Ärzte-ZV abgeleitet werden, da dieser (wie bereits festgestellt) keine generelle Gültigkeit für alle Ermächtigungstatbestände hat. d) Vergütung Ebenso wie bei den Hochschulambulanzen und den psychiatrischen Institutsambulanzen wird die Vergütung durch die Vertragspartner nach § 120 Abs. 2 S. 2 SGB V vereinbart und erfolgt nach § 120 Abs. 2 S. 1 SGB V unmittelbar durch die Krankenkassen. Sie kann nach § 120 Abs. 3 S. 1 SGB V pauschaliert werden. Wie gleichfalls schon im Zusammenhang mit den psychiatrischen Institutsambulanzen erwähnt wurde, muss nach § 120 Abs. 2 S. 3 SGB V die ausgehandelte Vergütung auch die Leistungsfähigkeit der sozialpädiatrischen Zentren bei wirtschaftlicher Betriebsführung gewährleisten. Die obigen Ausführungen hierzu gelten entsprechend. 374 Vgl. LSG Baden-Württenberg, Urt. v. 12. 07. 1995, MedR 1996, 89; SG Dortmund, Urt. v. 07. 03. 2003, GesR 2003, 218 (Leitsatz – mit Gründen bei juris erhältlich). 375 LSG Baden-Württenberg, Urt. v. 12. 07. 1995, MedR 1996, 89; SG Dortmund, Urt. v. 07. 03. 2003, GesR 2003, 218 (Leitsatz – mit Gründen bei juris erhältlich). 376 Ausdrücklich gegen die Pflicht zur Befristung auch Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 119, Rdnr. 6.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
4. Ergebnis Die Spezialambulanzen nach §§ 117 bis 119 SGB V sind von der Besonderheit geprägt, dass sie einerseits über eine „Ermächtigung“ zur ambulanten Versorgung innerhalb des Systems der GKV berechtigt werden. Insofern stehen sie innerhalb des vertragsärztlichen Systems. Die Vergütung erfolgt aber auf der anderen Seite direkt durch die Krankenkassen auf Basis vertraglicher Regelungen nach § 120 Abs. 2 SGB V und außerhalb der vertragsärztlichen Gesamtvergütung. Während die Ermächtigung der Hochschulambulanzen nach § 117 SGB V, der psychiatrischen Krankenhäuser nach § 118 Abs. 1 SGB V und der sozialpädiatrischen Zentren nach § 119 SGB V unter Beachtung der normspezifisch ganz unterschiedlichen Vorgaben vom Zulassungsausschuss ausgesprochen wird, sind die fachärztlich geleiteten psychiatrischen Krankenhausabteilungen nach § 118 Abs. 2 SGB V unmittelbar gesetzlich zur Behandlung der Versicherten ermächtigt. Hinter den Vorschriften zu den Spezialambulanzen steht die Idee, hiermit bestimmte überörtliche und „themenspezifische“ Bedarfslagen abzudecken. Speziell im Fall der Hochschulambulanzen erscheint fraglich, ob die Ermächtigung durch die Zulassungsausschüsse systematisch passend und faktisch sinnvoll ist. Dagegen spricht zunächst schon einmal, dass die Vergütung ohnehin außerhalb der vertragsärztlichen Gesamtvergütung unmittelbar durch die Krankenkassen erfolgt. Dieses Argument könnte man im Übrigen bei allen Ambulanzen nach §§ 117 bis 119 SGB V ins Feld führen. Dem könnte man wiederum entgegenhalten, dass durch die Einbindung der Zulassungsausschüsse möglicherweise eine bessere „Synchronisierung“ der Spezialambulanzen mit dem „regulären“ vertragsärztlichen Versorgungsnetz erfolgen könne. Zumindest bei den Hochschulambulanzen könnte eine solche Argumentation aber keinesfalls verfangen, denn dort ist zu beachten, dass ihre Ermächtigung ja gerade völlig unabhängig von der vertragsärztlichen Versorgungslage ist. Nur der für Forschung und Lehre notwendige Umfang ist maßgeblich. Daher ist auch kein sachlicher Grund ersichtlich, warum gerade der Zulassungsausschuss (allein) zum Ausspruch und zur Ausgestaltung der Ermächtigung berufen werden sollte. Der für die Aufsicht über die Einrichtungen der Hochschulmedizin zuständigen Stelle im Land sollte zumindest ein Prüfungs- oder Mitentscheidungsrecht eingeräumt werden, um so der gemäß Art. 5 Abs. 3 GG unter besonderem Schutz des Grundgesetzes stehenden Freiheit von Forschung und Lehre schon auf der Verfahrensebene ein angemessenes Gewicht zu verleihen. Es sollte nicht (allein) den vertragsärztlichen Zulassungsgremien überlassen werden, über den Umfang der für Forschung und Lehre notwendigen Krankenversorgung zu entscheiden. Zudem sollten die Hochschulambulanzen ausdrücklich in die Regelung des § 113 Abs. 4 SGB V einbezogen werden. So würde klargestellt, dass die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit ihrer Leistungen den Krankenkassen obliegt. Ein
B. Versorgung außerhalb des vertragsärztlichen Systems
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sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung der Hochschulambulanzen, der psychiatrischen Institutsambulanzen und der sozialpädiatrischen Zentren bei der Vergütung allein im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung ist nicht erkennbar.
B. Ambulante Versorgung im Krankenhaus außerhalb des vertragsärztlichen Systems (im Rahmen „neuer Versorgungsformen“) Mit den obigen Ausführungen 377 wurde zunächst auf die Möglichkeiten der ambulanten Leistungserbringung im Krankenhaus innerhalb des vertragsärztlichen Systems – also „klassisch“ über Zulassungen und Ermächtigungen bei Vergütung der erbrachten Leistungen aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung – eingegangen. Die ebenfalls beschriebenen Ambulanzen nach §§ 117 bis 119 SGB V stehen zumindest noch „mit einem Bein“ im vertragsärztlichen System, da auch sie an eine Ermächtigung durch die jeweils örtlich zuständigen Zulassungsausschüsse gekoppelt sind bzw. im Fall von § 118 Abs. 2 S. 1 SGB V per Gesetz ermächtigt werden. Gerade die Entwicklung der letzten Jahre war aber unter anderem auf die Erweiterung einer dritten Kategorie der ambulanten Leistungserbringung im Krankenhaus ausgerichtet. Gemeint ist die ambulante Versorgung gesetzlich Krankenversicherter außerhalb des klassischen vertragsärztlichen Systems. Der vom Gesetzgeber betriebene Ausbau dieser Möglichkeiten war und ist maßgeblich von der Zielrichtung getragen, einen Beitrag zur Förderung integrativer Versorgungsstrukturen zu leisten. Diese sollen sich stärker als bislang an den Anforderungen der Patienten und der jeweiligen Krankheitsbilder und weniger an Fachgebieten und Sektorengrenzen ausrichten. Die Basis bzw. Berechtigung zur Leistungserbringung kann sich bei diesen so genannten „neuen Versorgungsformen“ 378 für das Krankenhaus unmittelbar aus dem Gesetz (z. B. § 115a Abs. 1 SGB V), aus gesetzlich vorgesehenen hoheitlichen Entscheidungen der zuständigen Behörden (§ 116b Abs. 2 SGB V) oder aus vertraglichen Regelungen mit den Krankenkassen (z. B. §§ 140a ff. SGB V) ergeben. Allen genannten Fällen ist jedoch gemein, dass die Entscheidung über den „Zugang“ zur ambulanten Leistungserbringung nicht den Zulassungsausschüssen oder den Kassenärztlichen 377
Vgl. 2. Teil A. So der gemeinhin in diesem Zusammenhang (wenn auch nicht immer scharf abgrenzbar) verwandte Begriff für die genannte Kategorie von neueren gesetzlich vorgesehenen Versorgungsmöglichkeiten, die sich nicht mehr allein den klassischen Bereichen bzw. Sektoren wie Vertragsarztwesen / ambulante Versorgung oder Krankenhauswesen / stationäre Versorgung zuordnen lassen. 378
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Vereinigungen obliegt und dass die Vergütung der Leistungen unmittelbar durch die Krankenkassen erfolgt. Diese Entwicklung wird von mancher Seite durchaus kritisch betrachtet. Dabei wird insbesondere argumentiert, dass durch die neuen Versorgungsstrukturen der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen durchbrochen werde. Durch die Überführung von Teilen der ursprünglich vertragsärztlichen Versorgung in ein unmittelbares Verhältnis zwischen Leistungserbringern (welche z. B. bei der integrierten Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V auch Vertragsärzte sein können) und Krankenkassen könne den Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung des Sicherstellungsauftrags erschwert oder sogar unmöglich gemacht werden. 379 Dem kann auch nicht in Gänze widersprochen werden. In der Tat wird der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen betroffen. Das ist ja gerade Ziel der genannten Reformschritte. Diese sind ihrerseits die Voraussetzung einer optimierten Versorgung der Versicherten, die aus medizinischer und wirtschaftlicher Sicht an den Grenzen der jeweiligen Sektoren bzw. Vergütungssysteme nicht unter „Reibungsverlusten“ aufgrund schlichtweg fehlender sinnvoller Regelungen oder wegen eines wechselseitigen „Futterneids“ der Leistungserbringer leiden sollte. Der Gesetzgeber hat sich vor diesem Hintergrund bewusst für eine Flexibilisierung der Versorgungsstrukturen entschieden. Es ist davon auszugehen, dass sukzessiv zunehmend bilateral zwischen Krankenkassen (bzw. deren Verbänden) und Leistungserbringern (bzw. Gruppen von Leistungserbringern) entwickelte Versorgungskonzepte den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen flankieren werden. Ob die zunächst entstehenden spezialisierten „Insellösungen“ tatsächlich auch einmal den allgemeinen Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen in Frage stellen oder ablösen werden, wird sich zeigen. Kurzfristig ist dies jedenfalls kaum zu erwarten. Nachfolgend werden die krankenhausrelevanten Möglichkeiten der ambulanten Versorgung außerhalb des vertragsärztlichen Systems dargestellt. Neben zahlreichen unmittelbar sozialrechtlichen Fragestellungen werden dabei auch wettbewerbs-, verfassungs- und europarechtliche Aspekte anzusprechen sein.
I. Vor- und nachstationäre Behandlung gemäß § 115a SGB V Die so genannte vor- und nachstationäre Behandlung nach § 115a SGB V ist dadurch gekennzeichnet, dass die gesetzlich Krankenversicherten in innerem und zeitlichem Zusammenhang mit einem vollstationären Krankenhausaufenthalt zeitweise im Krankenhaus behandelt werden, ohne dass sie dort gleich379
Vgl. z. B. Schiller, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 5 A., Rdnr. 119 ff.
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zeitig untergebracht oder verpflegt würden. Nach § 115a Abs. 1 Nr. 1 SGB V kann dies in medizinisch geeigneten Fällen einerseits erfolgen, um im Rahmen einer vorstationären Behandlung die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten. Die nachstationäre Behandlung kann andererseits nach § 115a Abs. 1 Nr. 2 SGB V im Anschluss an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung durchgeführt werden, um den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen. Voraussetzung sowohl der vor- als auch der nachstationären Behandlung ist, dass eine Verordnung der Krankenhausbehandlung vorliegt. In § 115a Abs. 2 f. SGB V werden weitergehende Regelungen insbesondere zum zeitlichen Rahmen und zur Vergütung getroffen. Eingeführt wurde § 115a SGB V mit Wirkung zum 01. 01. 1993 durch das GSG. Erklärte Zielsetzung war es hierbei, aus Kostengesichtspunkten eine Verkürzung der Zeiträume vollstationärer Krankenhausbehandlungen zu erreichen. Durch die Verlagerung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen in den vor- und nachstationären Bereich sollte eine Reduzierung der Nutzung von Krankenhausbetten und in der Konsequenz die Tendenz zum Abbau von Kapazitäten gefördert werden. Bereits zuvor hatte gemäß § 115 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB V in der bis zum 31. 12. 1992 gültigen Fassung die grundsätzliche Möglichkeit zur Erbringung vor- und nachstationärer Leistungen bestanden. Hierzu war jedoch nach § 115 Abs. 1 SGB V a. F. auf der jeweiligen Landesebene eine vertragliche Einigung zwischen den Verbänden der Krankenkassen, den Kassenärztlichen Vereinigungen und der Verbandsebene der Krankenhäuser nötig. Entsprechende Verträge waren nur in drei Bundesländern zustande gekommen, so dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit sah, mit § 115a SGB V einen neuen Rahmen zu schaffen, um die in diesem Bereich gewünschte Entwicklung voranzubringen. 380 Wie bereits dargestellt wurde, 381 wird die vor- und nachstationäre Behandlung teilweise rechtsdogmatisch als „Krankenhausbehandlung eigener Art“ angesehen. Sie könne weder eindeutig dem stationären noch dem ambulanten Bereich zugeordnet werden. 382 Aus dem Gesetz und den Gesetzgebungsmaterialien geht im Bezug hierauf auch richtigerweise hervor, dass es sich nicht um den Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung handelt. 383 Dies wird nicht zuletzt daran deutlich, dass ja gerade eine vertragsärztliche Einweisung vorliegen muss. Trotzdem handelt es sich bei vor- und nachstationären Behandlungsmaßnahmen systematisch um ambulante Versorgungsleistungen, da sie gerade keine „Aufnahme“ bzw. Eingliederung des Patienten in das „Versorgungssystem Krankenhaus“ erfordern. 380 381 382 383
Vgl. Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 102. Siehe 1. Teil A. II. 1. Steege in: Hauck / Noftz, SGB V, § 115a, Rdnr. 7. Vgl. Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 102.
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1. Sachliche Voraussetzungen Eine vorstationäre Behandlung im Krankenhaus kann nach § 115a Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfolgen, um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten. Die Möglichkeit der nachstationären Krankenhausbehandlung kann gemäß § 115a Abs. 1 Nr. 2 SGB V angewandt werden, um im Anschluss an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen. Es muss nach § 115a Abs. 1 SGB V eine vertragsärztliche Verordnung der Krankenhausbehandlung im Sinne von § 73 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, Abs. 4 SGB V vorliegen. 384 Offenkundiges Ziel dieser Regelung war es, einer quantitativ und qualitativ ungehemmten ambulanten Tätigkeit der Krankenhäuser insbesondere im Rahmen der vorstationären Behandlung vorzubeugen. Teilweise wird aus diesem Gedanken der Umkehrschluss gezogen, § 115a Abs. 1 SGB V sei einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine vertragsärztliche Verordnung nur für die vorstationäre Behandlung notwendig sei. Bei Patienten, die zuvor bereits tatsächlich auch vollstationär behandelt worden seien, sei die Gefahr einer „Selbsteinweisung“ durch das Krankenhaus nicht mehr gegeben. 385 Diese Sichtweise ist sachlich richtig. In rechtlicher Hinsicht wäre jedoch eine Anpassung des Wortlauts wünschenswert, um für die leistenden Krankenhäuser eine rechtssichere Situation zu gewährleisten. Nach § 115a Abs. 1 SGB V kann das Krankenhaus in medizinisch geeigneten Fällen auf die Möglichkeit der vor- und nachstationären Behandlung zurückgreifen. Der Wortlaut legt nahe, dass zunächst einmal auf der Seite der Normvoraussetzungen durch das Krankenhaus bzw. die Krankenhausärzte zu überprüfen ist, ob aus medizinischer Sicht überhaupt die Geeignetheit zur vor- und nachstationären Behandlung vorliegt. Ist dies zu bejahen, so „kann“ das Krankenhaus auf die Möglichkeiten des § 115a SGB V zurückgreifen, was darauf hinweisen könnte, dass es auf der Rechtsfolgenseite im Ermessen des Krankenhauses steht, ob es dies auch tatsächlich tut. 386 In der Konsequenz würde dies bedeuten, dass es den Krankenhäusern freistünde zu entscheiden, ob sie von der ihnen 384
Aus der Gesamtschau auf § 115a Abs. 1 i.V. m. § 73 Abs. 4 SGB V ergibt sich zwar auf den ersten Blick ein Argument, die vor- und nachstationäre Krankenhausbehandlung doch dem stationären Bereich zuzuordnen. Schließlich kann die Krankenhausbehandlung nach dem Wortlaut des § 73 Abs. 4 SGB V nur dann verordnet werden, wenn die „ambulante“ Versorgung nicht ausreicht. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass § 73 Abs. 4 SGB V bereits vor der Schaffung des § 115a SGB V in dieser Form existent war. Sein Wortlaut stammt somit aus einer Zeit, in der die „ambulante“ Versorgung im ärztlichen Bereich noch mit der „vertragsärztlichen“ Versorgung deckungsgleich und in der mit dem Begriff der „Krankenhausbehandlung“ zwingend eine „stationäre“ Form der Versorgung verbunden war. 385 Steege in: Hauck / Noftz, SGB V, § 115a, Rdnr. 6.
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zur Verfügung stehenden Möglichkeit zur vor- und nachstationären Behandlung Gebrauch machen wollen. Andererseits ist jedoch das Stufenverhältnis der verschiedenen „Behandlungsformen“ zueinander zu beachten, welches in § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V zum Ausdruck kommt. Die Versicherten haben danach nur dann Anspruch auf eine vollstationäre Krankenhausbehandlung, wenn das Behandlungsziel nicht etwa auch auf vor- oder nachstationärem Weg zu erreichen ist. Hieraus wird teilweise die Konsequenz gezogen, das Krankenhaus müsse in medizinisch geeigneten Fällen Patienten in die vor- oder nachstationäre Behandlung übernehmen. 387 Als weiteres Argument für diese Auffassung könnte man heute eine Regelung aus dem Pflegesatzrecht anführen. Der Gesetzgeber hat nämlich für den Anwendungsbereich des KHEntgG in § 8 Abs. 2 Nr. 3 KHEntgG bestimmt, dass eine nachstationäre Behandlung neben einer Fallpauschale nur dann für das Krankenhaus berechenbar ist, wenn die Summe aus den stationären Belegungstagen und den vor- und nachstationären Behandlungstagen die Grenzverweildauer der Fallpauschale übersteigt. Eine vorstationäre Behandlung ist neben der Fallpauschale nicht gesondert berechenbar. Aus der Begründung zum Entwurf des FPG lässt sich die Motivation zu dieser Regelung leider nicht entnehmen. 388 Man könnte zumindest mutmaßen, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Vergütung vor- und nachstationärer Leistungen grundsätzlich bereits in die Fallpauschalen einzukalkulieren sei und dass für Krankenhäuser eine Verpflichtung zur Anwendung dieser Versorgungsform bestehe. Den geschilderten Ansätzen steht jedoch schlussendlich der eindeutige und auch nach Einführung des KHEntgG unveränderte Wortlaut des § 115a Abs. 1 SGB V entgegen. Dieser besagt nun einmal, dass das Krankenhaus in medizinisch geeigneten Fällen vor- oder nachstationär behandeln kann. Die Begründung zum Entwurf des GSG stützt dieses Ergebnis, denn auch dort wird explizit davon gesprochen, dass § 115a Abs. 1 SGB V es dem Krankenhaus „erlauben“ solle, gesetzlich Krankenversicherte im Falle der Verordnung von Krankenhausbehandlung in geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung zu behandeln. 389 Ebenso wie im Fall der Entscheidung und Mitteilung über die Durchführung ambulanter Operationen nach § 115b Abs. 2 S. 2 SGB V 390 steht es somit im Ermessen des Krankenhauses, ob und in welchen Fällen es von dieser Behandlungsform Gebrauch machen möchte.
386 Vgl. Kuhla, Verhältnis der Ermächtigung gemäß § 116 SGB V zur vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gemäß § 115a SGB V, NZS 2002, 461, 464. 387 Steege in: Hauck / Noftz, SGB V, § 115a, Rdnr. 5. 388 Begründung zum Entwurf des FPG, BT-Drucks. 14/6893, S. 44. 389 Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 102. 390 Vgl. BSG, Urt. v. 09. 06. 1999, SozR 3 – 2500 § 116 Nr. 19.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
In § 115a Abs. 2 SGB V wird ein zeitlicher Rahmen für die vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus abgesteckt. Durch deren Befristung sollte laut der Begründung zum Entwurf des GSG sichergestellt werden, dass die ambulante vertragsärztliche Versorgung außerhalb der geregelten Zeiträume Vorrang habe. 391 Die vorstationäre Behandlung ist nach § 115a Abs. 2 S. 1 SGB V auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt. Die nachstationäre Behandlung darf gemäß § 115a Abs. 2 S. 2 1. Alt. SGB V grundsätzlich sieben Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen nicht überschreiten. Diese Frist kann nach § 115a Abs. 2 S. 3 1. Alt. SGB V in medizinisch begründeten Einzelfällen einvernehmlich mit dem einweisenden Arzt verlängert werden. Mit Wirkung zum 01. 12. 1997 392 wurden in § 115a Abs. 2 SGB V Sonderregelungen zur nachstationären Behandlung im Zusammenhang mit Organstransplantationen aufgenommen, um den besonderen Risiken solcher Eingriffe und der Notwendigkeit eines hohen Spezialisierungsgrads der durchführenden Einrichtungen Rechnung zu tragen. 393 Empfängt ein Patient im Rahmen eines vollstationären Krankenhausaufenthalts ein Spenderorgan, so ist nach § 115a Abs. 2 S. 2 2. Alt. SGB V eine nachstationäre Behandlung bis zu drei Monate nach dessen Beendigung möglich. Auch hier kann die Frist im Einvernehmen mit dem einweisenden Arzt weiter verlängert werden. § 115a Abs. 2 S. 4 SGB V besagt darüber hinaus, dass Kontrolluntersuchungen nach Organübertragungen vom Krankenhaus auch nach Beendigung der nachstationären Behandlung fortgeführt werden dürfen, um die weitere Krankenbehandlung oder Maßnahmen der Qualitätssicherung wissenschaftlich zu begleiten oder zu unterstützen. Diese speziellen Fristenregelungen zur nachstationären Krankenhausbehandlung bei Organtransplantierten gelten auch für Organspender (in Fällen einer so genannten „Lebendspende“) entsprechend (vgl. § 115a Abs. 2 S. 7 SGB V). Nach § 115 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB V können im Rahmen der dreiseitigen Verträge und Rahmenempfehlungen zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten auf der Landesebene weitergehende Regelungen zur Durchführung der vor- und nachstationären Versorgung im Krankenhaus getroffen werden. Diese können ausdrücklich auch Abweichungen von den Fristenregelungen der § 115a Abs. 2 S. 1 bis 3 SGB V enthalten.
391 392 393
S. 32.
Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 102. Per Gesetz vom 05. 11. 1997, BGBl. I, S. 2638. Vgl. Begründung zum Entwurf des Transplantationsgesetzes, BT-Drucks. 13/4355,
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2. Verhältnis zur vertragsärztlichen Versorgung Der Begründung zum Entwurf des GSG ist die Zielsetzung zu entnehmen, durch die geschilderten Fristenregelungen sicherzustellen, dass die ambulante vertragsärztliche Versorgung außerhalb der geregelten Zeiträume Vorrang habe. 394 Nach § 115a Abs. 2 S. 5 SGB V ist zudem eine notwendige ärztliche Behandlung außerhalb des Krankenhauses auch während der vor- und nachstationären Behandlung durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte zu gewährleisten. Diese Leistungen zählen dabei ausdrücklich zum Umfang des Sicherstellungsauftrags. Der Gesetzgeber hat also klargestellt, dass während der vor- und nachstationären Phase gerade keine Alleinzuständigkeit und / oder Alleinkompetenz des Krankenhauses zur ambulanten Behandlung der gesetzlich Krankenversicherten besteht. Daraus folgt unmittelbar die Frage, nach welchen Kriterien hier eine Abgrenzung des Bereichs der Krankenhausbehandlung vom Bereich der vertragsärztlichen Versorgung zu erfolgen hat. Der Begründung zum Entwurf des GSG ist insofern zu entnehmen, dass solche Behandlungsmaßnahmen durch die Vertragsärzteschaft erbracht werden können, die aufgrund einer anderen Indikation erforderlich sind oder deren Erbringung außerhalb des Krankenhauses aus zeitlichen, räumlichen (z. B. aufgrund weiter Entfernung zwischen Krankenhaus und Wohnort) oder anderen wichtigen Gründen sinnvoll ist. 395 Sofern die Begründung hier die Formulierung „können“ verwendet, ist von einer sprachlichen Unschärfe auszugehen, da der Wortlaut des § 115a Abs. 2 S. 5 SGB V solche Leistungen eindeutig dem Sicherstellungsauftrag und damit der Pflicht zur Leistungserbringung unterstellt. Maßnahmen, die in keinem ursächlichen Zusammenhang zu der verordneten Krankenhausbehandlung stehen, können nicht vom Krankenhaus im Rahmen der vor- oder nachstationären Behandlung erbracht werden, 396 was sich bereits im Umkehrschluss aus den Positivkriterien des § 115a Abs. 1 SGB V ergibt. Dieses auf den ersten Blick klar anmutende Abgrenzungskriterium führt jedoch seinerseits zu weiterem Klärungsbedarf. So dient beispielsweise im Anschluss an einen herzchirurgischen Eingriff nahezu jede Behandlung einer ernst zu nehmenden gesundheitlichen Störung (gleich welcher Genese) zumindest auch dem Erhalt und Ausbau der positiven Auswirkungen des stationären Krankenhausaufenthalts. Diese – aus einer eher ganzheitlichen medizinischen Perspektive unzweifelhaft richtige – Auslegung würde jedoch der Systematik des § 115a SGB V und insbesondere dem Regelungsgehalt seines Abs. 2 S. 5 nicht entsprechen. 397 Man wird vielmehr in einer etwas engeren Auslegung das in der Begründung zum Entwurf des GSG erwähnte Kriterium der „Indikation“ her394 395 396
Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 102. Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 102. Hencke, in: Peters, SGB V, § 115a, Rdnr. 5.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
anziehen müssen. Es ist zu überprüfen, welches die tragenden Gründe für die stationäre Behandlung waren und ob diese mit den Gründen für die in Rede stehende ambulante Maßnahme übereinstimmen. In der Folge ist eine Behandlung im Anschluss an einen vollstationären Aufenthalt, die nicht durch dieselbe Grunderkrankung begründet ist, grundsätzlich nicht im Rahmen der prä- oder poststationären Versorgung erbringbar. Auch wenn beispielsweise eine Fußverletzung eines älteren Patienten im Anschluss an eine Herzoperation durchaus Auswirkungen auf dessen Rehabilitationsfähigkeit und die Sicherung des Behandlungserfolgs haben kann, so ist ihre Behandlung doch zunächst einmal dem vertragsärztlichen Sicherstellungsauftrag zuzuordnen. So eindeutig wie dieses hypothetische Fallbeispiel sind freilich nicht in alle denkbaren Konstellationen. Die Abgrenzung kann im Einzelnen sehr problematisch sein. Ein weiterer Diskussionspunkt zur Abgrenzung zwischen dem vertragsärztlichen Bereich und der vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung ist die Frage, ob die Möglichkeiten des § 115a SGB V den Bedarf an persönlichen Ermächtigungen von Krankenhausärzten nach § 116 SGB V und § 31a Ärzte-ZV entfallen lassen. Dies kann in denjenigen Fällen zu bejahen sein, in denen Krankenhäuser auch tatsächlich vor- und nachstationäre Leistungen erbringen. Die Auffassung, schon die Möglichkeit der prä- und poststationären Untersuchung und Behandlung durch Krankenhäuser lasse den Bedarf an Ermächtigungen von Krankenhausärzten entfallen, 398 ist jedoch nicht überzeugend. Einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 19. 06. 1996, dass diese Sichtweise zu stützen scheint, lag noch die bis zum 31. 12. 1992 gültige Fassung des § 115 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB V zu Grunde. Danach war die vor- und nachstationäre Behandlung auf der Landesebene vertraglich zu vereinbaren, was regelmäßig (bei Nutzung dieser Option) zugleich die vertragliche Verpflichtung zur Erbringung entsprechender Leistungen durch die Krankenhäuser impliziert hätte. Auch die Entscheidung des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 27. 10. 2004 399 widerspricht nicht der hier vertretenen Auffassung. Das Gericht stellt hierin lediglich und zu Recht dar, dass vor- und nachstationäre Krankenhausleistungen funktional dem ambulanten Sektor zuzurechnen sind und somit für die Frage nach einem tatsächlichen vertragsärztlichen Versorgungsbedarf relevant sein können. Wie bereits ausgeführt wurde, steht es nach § 115a Abs. 1 SGB V aber im Ermessen des Krankenhauses, inwieweit es von dieser Behandlungsform Gebrauch machen möchte. Ähnlich wie im Fall des ambulanten Operierens nach § 115b SGB V, 400 kann im Ergebnis (erst) die gesetzlich nicht determinierte organisatorische Entschei397 Ebenso Kuhla, Verhältnis der Ermächtigung gemäß § 116 SGB V zur vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gemäß § 115a SGB V, NZS 2002, 461, 463. 398 Wenner, Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante ärztliche Versorgung, GesR 2007, 337, 341. 399 LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 27. 10. 2004, MedR 2005, 611.
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dung des Krankenhauses über die Nutzung der Möglichkeiten des § 115a SGB V die Bedarfssituation für ermächtigte Krankenhausärzte beeinflussen. 3. Unterrichtung des einweisenden Arztes Gemäß § 115a Abs. 2 S. 6 SGB V hat das Krankenhaus den einweisenden Arzt über die vor- oder nachstationäre Behandlung sowie diesen und die an der weiteren Krankenbehandlung jeweils beteiligten Ärzte über die Kontrolluntersuchungen und deren Ergebnis unverzüglich zu unterrichten. Durch die Zusammenarbeit sollen insbesondere unnötige Mehrfachuntersuchungen vermieden werden. 401 Das Gesetz trifft keine Vorgaben zur Form der Information. Diese kann somit aus rechtlicher Sicht klassisch mittels „Arztbrief“ oder auch telefonisch erfolgen, was im Sinne einer möglichst kurzfristigen und umfassenden Information je nach Sachlage sinnvoll sein kann. 402 4. Vergütung Die Vergütung der vor- und nachstationären Leistungen wird nach § 115a Abs. 3 S. 1 SGB V auf der Landesebene durch die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und den Landesausschuss des Verbands der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land gemeinsam mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 KHG vereinbart. Die Zustimmung der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung ist hierbei zwar nicht notwendig. Mit ihr ist jedoch das Benehmen herzustellen, was der „gedeihlichen Zusammenarbeit“ zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten dienen soll. 403 Die Kassenärztliche Vereinigung ist demnach zu unterrichten und kann Einwände vorbringen, die wiederum von den Vertragsschließenden zu würdigen sind. 404 Nach § 115a Abs. 1 S. 2 SGB V soll die Vergütung in pauschalierter Form erfolgen und dazu geeignet sein, eine Verminderung der stationären Kosten zu fördern. Sofern eine Vereinbarung über die Vergütung innerhalb von drei Monaten nicht zustande kommt, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zur Aufnahme der Verhandlungen aufgefordert hat, setzt die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 1 KHG auf Antrag einer Vertragspartei oder der zuständigen Landesbehörde die Vergü400 BSG, Urt. v. 09. 06. 1999, SozR 3 – 2500 § 116 Nr. 19 zur Konstellation bei § 115b SGB V. 401 Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 102. 402 Vgl. Hencke, in: Peters, SGB V, § 115a, Rdnr. 6. 403 Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 103. 404 Steege in: Hauck / Noftz, SGB V, § 115a, Rdnr. 14.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
tung fest (vgl. § 115a Abs. 3 S. 5 SGB V). Die Vergütung der prä- und poststationären Leistungen umfasst neben den im Einzelfall erforderlichen ärztlichen und pflegerischen Maßnahmen auch die Versorgung mit Arzneimitteln. 405 Auf der Bundesebene geben nach § 115a Abs. 3 S. 3 f. SGB V der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam und im Benehmen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Empfehlungen zur Vergütung ab, welche bis zum Inkrafttreten einer Vereinbarung nach § 115a Abs. 3 S. 1 SGB V Gültigkeit haben. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber seinerzeit eine sofortige Einführung der prä- und poststationären Behandlung auf einheitlicher Grundlage ermöglichen. 406 Die geschilderten Grundsätze zur Vergütung sind heute allerdings nur noch von eingeschränkter praktischer Bedeutung, da im Anwendungsbereich des KHEntgG vorstationäre Leistungen neben einer Fallpauschale nicht berechenbar sind. Nachstationäre Leistungen sind nur neben einer Fallpauschale berechenbar, soweit die Summe aus den stationären Belegungstagen und den vor- und nachstationären Behandlungstagen die Grenzverweildauer der Fallpauschale übersteigt (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 3 KHEntgG). Wie bereits oben aus anderer Perspektive geschildert wurde, ist hieraus teilweise abgeleitet worden, die Kosten für eine vor- und nachstationäre Leistungen seien bereits in die Fallpauschalen einkalkuliert und es bestünde folglich eine Behandlungspflicht des Krankenhauses. Würde man dieser Auffassung folgen, so könnte man in der Konsequenz annehmen, ambulante Leistungen seien während der Dauer der vor- und nachstationären Phase – auch wenn sie von Vertragsärzten erbracht würden – nicht aus der Gesamtvergütung, sondern von demjenigen Krankenhaus zu vergüten, welches die vollstationäre Behandlung durchgeführt hat. Insofern ist jedoch erneut darauf zu verweisen, dass der Gesetzgeber auch in der Phase der vor- und nachstationären Behandlung gerade keine exklusive Zuständigkeit des Krankenhauses gesehen hat. Vielmehr wird die Vertragsärzteschaft explizit in § 115a Abs. 2 S. 5 SGB V für die notwendige ärztliche Behandlung außerhalb des Krankenhauses für zuständig erklärt. Auch wenn z. B. Behandlungsmaßnahmen durch Vertragsärzte im Nachgang eines Krankenhausaufenthalts auf derselben Indikation beruhen, die auch zur vollstationären Krankenhausbehandlung geführt hat, so ist damit nicht etwa automatisch das Krankenhaus zur Vergütung dieser Leistungen verpflichtet. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn zwischen dem Krankenhaus und dem jeweiligen Vertragsarzt eine entsprechende Vereinbarung über die Erbringung und Vergütung nachstationärer Leistungen für das Krankenhaus 405 406
Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 103. Vgl. Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 103.
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besteht. Nach dem gesetzlichen Wortlaut ist allerdings davon auszugehen, dass eine solche Erbringung im Auftrag des Krankenhauses nur dann als nachstationäre Leistung im Sinne von § 115a Abs. 1 Nr. 2 SGB V zu bewerten wäre, wenn sie auch räumlich im Krankenhaus erbracht wird. Die Überschrift des § 115a SGB V spricht nämlich ausdrücklich von der Behandlung „im Krankenhaus.“ 407 Sofern jedenfalls ein Vertragsarzt ohne Absprache mit dem Krankenhaus in der nachstationären Phase ambulante ärztliche Leistungen am Patienten erbringt, so können diese schon deshalb nicht als nachstationäre Leistungen zu behandeln und vom Krankenhaus zu vergüten sein, da erneut die abgestufte Systematik des § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V zum Tragen kommt. Ist eine Behandlung tatsächlich auch ambulant in einer vertragsärztlichen Praxis möglich, so schließt dieser Umstand den Anspruch des gesetzlich Krankenversicherten auf eine nachstationäre Krankenhausbehandlung aus. Dem Krankenhaus ist es im Übrigen unbenommen, mit dem Ziel der Verkürzung der stationären Verweildauer und außerhalb der vor- und nachstationären Behandlung im Sinne von § 115a SGB V Verträge mit niedergelassenen Vertragsärzten über die Erbringung spezieller Leistungen auch in deren Praxisräumen abzuschließen. 408 § 115a SGB V bietet dem Krankenhaus eine spezielle Abrechnungsmöglichkeit für prä- und poststationäre Leistungen gegenüber den Krankenkassen. Wenn aber eine solche gesonderte Abrechnung gar nicht beabsichtigt ist, sondern das Krankenhaus allein die aufgrund der bei ihm durchgeführten Behandlung ohnehin fällige DRG geltend macht, so ist nicht ersichtlich, weshalb gleichwohl die Vorgaben des § 115a SGB V zum Tragen kommen sollten. Auch in diesem Zusammenhang ist in praktischer Hinsicht selbstverständlich zu beachten, dass die gewährte Vergütung nicht außer Verhältnis zu der erbrachten Leistung stehen und damit das Vorliegen einer unzulässigen „Zuweisung gegen Entgelt“ nahe legen darf. 409
407 So auch OLG Schleswig-Holstein, Urt. v. 04. 11. 2003, MedR 2004, 270. Zum selben Ergebnis kommen Wigge / Harney, Erbringung nachstationärer Leistungen für Krankenhäuser gemäß § 115a SGB V durch niedergelassene Vertragsärzte (II), das Krankenhaus 2007, 1118, 1120. (Zu lesen im Zusammenhang mit Teil (I) desselben Aufsatzes, das Krankenhaus 2007, 958, 964 ff.). 408 So auch Ratzel / Luxenburger, in: Ratzel / Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, § 19, Rdnr. 19, 21. 409 Siehe hierzu beispielsweise LG Duisburg, MedR 2008, 445. Dieser Aspekt – und eben nicht die Frage, ob vertragliche Vereinbarungen zwischen Krankenhäusern und Vertragsärzten im hier dargestellten Sinn grundsätzlich zulässig sind – stand bei der Entscheidung im Vordergrund. Der Entscheidungsbegründung ist zwar nicht in allen Details beizupflichten. Die dem Verfahren zu Grunde liegende Vereinbarung war aber im Ergebnis fraglos höchstproblematisch.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
II. Ambulantes Operieren im Krankenhaus gemäß § 115b SGB V § 115b SGB V wurde, ebenso wie die Regelungen zur vor- und nachstationären Behandlung im Krankenhaus nach § 115a SGB V, mit Wirkung zum 01. 01. 1993 durch das GSG eingeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt war ein ambulantes Operieren im Krankenhaus aus rechtlicher Sicht grundsätzlich nicht möglich. Aufgrund verbesserter Operationstechniken und aufgrund von Fortschritten bei den Methoden der Anästhesie wuchs aber die Anzahl der aus medizinischer Sicht ambulant möglichen chirurgischen Eingriffe stetig an. Um zu verhindern, dass Krankenhäuser aufgrund der fehlenden rechtlichen Möglichkeit zur ambulanten operativen Versorgung gleichwohl zu einer stationären Aufnahme tendieren würden, wurde die Regelung des § 115b SGB V geschaffen. Im Interesse der Patienten und im Sinne der Wirtschaftlichkeit, sollten auch Krankenhäuser nunmehr unmittelbar – also ohne vertragsärztliche Einweisung – ambulante Operationen an gesetzlich Krankenversicherten durchführen können. 410 Die freie Arztwahl der Versicherten erstreckt sich gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 SGB V ausdrücklich auch auf die zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäuser. Einer Ermächtigung oder einer anderweitigen zur Versorgung der Versicherten berechtigenden Entscheidung durch den Zulassungsausschuss oder die Kassenärztliche Vereinigung bedarf es nach § 115b SGB V nicht. Vielmehr treffen die Partner der Selbstverwaltung auf der Bundesebene nach § 115b Abs. 1 SGB V dreiseitige Vereinbarungen, in denen unter anderem ein Katalog der ambulant durchführbaren Maßnahmen enthalten ist. Zur Durchführung dieser Leistungen sind die Krankenhäuser dann bereits per Gesetz zugelassen vgl. § 115b Abs. 2 S. 1 f. SGB V). Das ambulante Operieren im Krankenhaus zählt nicht zum System der vertragsärztlichen Versorgung. In § 39 Abs. 1 S. 1 SGB V wird es ausdrücklich als Form der (ambulanten) Krankenhausbehandlung benannt. Die dreiseitigen Vereinbarungen nach § 115b Abs. 1 SGB V haben jedoch auf der anderen Seite auch für die Vertragsärzteschaft unmittelbare Auswirkungen. Dies soll dazu beitragen, allseitig gleichartige Leistungs- und Vergütungsbedingungen sicherzustellen. 411 Ein Wettbewerb beider Leistungsbereiche soll ermöglicht werden. 412 § 115b SGB V wurde seit seiner Einführung mehrfach ergänzt bzw. geändert. So wurde mit dem 2. GKV-Neuordnungsgesetz (2. GKV-NOG) zum 01. 07. 1997 eine zusätzliche Regelung als § 115b Abs. 1 S. 2 SGB V (heute a. F.) eingefügt. 413 410 411 412 413
Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 103. Vgl. Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 115b, Rdnr. 2 f. Steege, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 115b, Rdnr. 2. BGBl. I 1997, S. 1520, 1528.
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Im Krankenhaus und im vertragsärztlichen Bereich sollten beim ambulanten Operieren jeweils die gleichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung obligat sein. 414 Mit dem GKV-GRG 2000 wurden dann zum 01. 01. 2000 die Absätze 1 und 3 des § 115b SGB V neu gefasst. Parallel dazu wurde § 115b Abs. 2 S. 1 SGB V um die so genannten „stationsersetzenden Eingriffe“ ergänzt. 415 Hiermit sollte der Anwendungsbereich des § 115b SGB V auch auf nicht-chirurgische Eingriffe (gemeint waren insbesondere aufwendige diagnostische Maßnahmen) ausgedehnt werden, die für eine Verlagerung von der stationären in die ambulante Versorgung geeignet seien. 416 Durch das GKV-WSG wurde § 115b Abs. 1 SGB V zum 01. 04. 2007 nochmals modifiziert. 417 Da von nun an der Gemeinsame Bundesausschuss auch für das ambulante Operieren die Qualitätsanforderungen festlegen sollte, wurde die bisher in § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V a. F. enthaltene Verpflichtung der Parteien zur Schaffung entsprechender Regelungen gestrichen. Gleichzeitig wurden die Vertragsschließenden aber verpflichtet, die Maßgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Qualitätssicherung in den dreiseitigen Vereinbarungen zu berücksichtigen (vgl. § 115b Abs. 1 S. 3 SGB V in der ab dem 01. 04. 2007 gültigen Fassung). 418 Vor dem Hintergrund der generellen Tendenz zur hemmenden Einflussnahme auf den Bereich der stationären Versorgungsleistungen zugunsten einer Förderung des ambulanten Sektors ist das Feld des ambulanten Operierens im Krankenhaus von besonderer Bedeutung. Das Krankenhaus bietet für den Transfer bislang stationärer Leistungen in den ambulanten Bereich mit seiner vorhandenen „Hintergrundsicherheit“ und der Möglichkeit zur nahtlosen stationären Anschlussversorgung – z. B. bei einem problematischen postoperativen Verlauf – den idealen Rahmen. Dies gilt noch verstärkt für diejenigen Eingriffe, die aufgrund des medizinischen Fortschritts erst sukzessiv aus dem Bereich der stationären Versorgung in das Feld der ambulanten Eingriffe hinüberwechseln. Die Einbindung der Krankenhäuser ist also schon unter diesem Gesichtspunkt besonders geeignet, den Ausbau des ambulanten Operierens zu fördern. 414
Vgl. Beschlussempfehlung des 14. Ausschusses, BT-Drucks. 13/7264, S. 68. BGBl. I 1999, S. 2626, 2636 f. 416 Siehe hierzu die Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucks. 14/1245, S. 84. In dem Entwurf war weiterhin vorgesehen, dass die Vertragsparteien Leistungen bestimmen sollten, die grundsätzlich ambulant und nur noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die Krankenkassen stationär zu erbringen gewesen wären. Diese Regelung wurde jedoch schlussendlich durch die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses entschärft, vgl. BT-Drucks. 14/2369, S. 13. 417 BGBl. I 2007, S. 378, 406 f. 418 Vgl. Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 139. 415
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Die Bandbreite der im internationalen Vergleich beim ambulanten Operieren vorzufindenden Szenarien ist groß. So lag nach einer Quelle im Jahr 2005 der Anteil der ambulant durchgeführten Operationen beim Spitzenreiter Kanada bei über 65 %, während in Deutschland weniger als 25 % und in Ungarn sogar nur gut 2 % der durchgeführten Operationen ambulant erbracht wurden. Zwar besteht auch nach der zitierten Quelle eine eingeschränkte Vergleichbarkeit der internationalen Daten. 419 Gleichwohl wird in der Tendenz die verbreitete Meinung unterstützt, dass im deutschen Gesundheitswesen noch immer ein erhebliches Ausbaupotential dieses Bereichs besteht. 420 Betrachtet man die zurückliegende Entwicklung der Fallzahlen ambulanter Operationen im Krankenhaus, so muss man andererseits eine für deutsche Verhältnisse beachtliche Entwicklung feststellen. Von 117.776 Fällen im Jahr 1996 konnte eine Steigerung auf 1.324.359 Fälle im Jahr 2007 erreicht werden. 421 1400000 1200000 1000000 800000 600000 400000 200000 0
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit. Abbildung 5: Entwicklung der Fallzahlen bei den ambulanten Operationen in den Jahren 1996 bis 2007.
1. Dreiseitige Vereinbarung Nach § 115b Abs. 1 S. 1 SGB V vereinbaren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen einen Katalog der ambulant durchführbaren Operationen und der sonstigen stationsersetzenden Eingriffe (vgl. Nr. 1) sowie ein System der einheitlichen Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte (vgl. Nr. 2). Im Rahmen der Vereinbarungen nach § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V sind von den Parteien 419 Busse / Wörz, Ausländische Erfahrungen mit ambulanten Leistungen am Krankenhaus, Krankenhaus-Report 2008/2009, S. 49, 53 f. 420 Vgl. z. B. Nösser / Korthus, in: Halbe / Schirmer, Ambulantes Operieren im Krankenhaus, Rdnr. 2. 421 Datenquelle: Bundesministerium für Gesundheit / KG 2-Statsitik. Recherchiert über http://www.gbe-bund.de (Stand: 10. 05. 2010).
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diejenigen ambulanten Eingriffe gesondert zu benennen, die in der Regel ambulant durchgeführt werden können. Andererseits sind allgemeine Tatbestände zu bestimmen, bei deren Vorliegen eine stationäre Durchführung erforderlich sein kann (vgl. § 115b Abs. 1 S. 2 SGB V). Die Vertragspartner hatten auf Basis der ursprünglichen Fassung des § 115b SGB V bereits kurz nach deren Einführung mit Wirkung zum 01. 04. 1993 erstmalig eine dreiseitige Vereinbarung nach § 115b Abs. 1 SGB V geschlossen. 422 Diese deckte als so genannter Grundvertrag zwar noch nicht alle regelungsbedürftigen Aspekte ab. Die Parteien haben das Regelwerk dann jedoch im Laufe des Jahres 1993 nach und nach ergänzt. 423 Der Grundvertrag („AOP-Vertrag“) 424 greift den Auftrag gemäß § 115b Abs. 1 S. 1 f. SGB V auf. Er enthält Regelungen zu den Rahmenbedingungen für eine Teilnahme der Krankenhäuser am ambulanten Operieren, trifft nähere Vorgaben zum Procedere und enthält insbesondere den Katalog der ambulant erbringbaren Leistungen. Fragen der Abrechnung und Leistungsvergütung hatten die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Spitzenverbände der Krankenkassen bis ins Jahr 2005 in einer zweiseitigen „Vereinbarung zu den regelungsbedürftigen Tatbeständen“ des AOP-Vertrags behandelt. Nachdem die Spitzenverbände der Krankenkassen die bestehenden Verträge gekündigt hatten, kam es am 18. 03. 2005 erstmalig zu einer Neufestsetzung durch das erweiterte Bundesschiedsamt (vgl. hierzu § 115b Abs. 3 i.V. m. § 89 Abs. 4 SGB V). Die wesentlichen Regelungen des bis dahin zweiseitigen Vertrags über die „regelungsbedürftigen Tatbestände“ wurden dabei in den dreiseitigen AOP-Vertrag integriert. Im Nachgang zur zweiten Kündigung des AOP-Vertrags – nunmehr durch die Krankenhausseite – erfolgte am 17. 08. 2006 die nochmalige Festsetzung durch das Bundesschiedsamt. 425 Zum 01. 01. 2010 trat der AOP-Vertrag schließlich erneut in seiner heute gültigen Fassung in Kraft. Nach § 3 Abs. 1 des AOP-Vertrags sind in dessen Anlage abschließend die Leistungen aufgeführt, die ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe gemäß § 115b SGB V darstellen können. Nach den näheren Bestimmungen in §§ 4 bis 6 des AOP-Vertrags kann das Krankenhaus zusätzlich prä-, intra- und postoperative Leistungen erbringen, die mit dem ambulanten Eingriff im Zusammenhang stehen. Entsprechend der Regelung des § 3 Abs. 2 S. 1 des AOPVertrags sind in der Anlage solche Leistungen, die in der Regel ambulant erbracht 422
Hencke, in: Peters, SGB V, § 115b, Rdnr. 2a. Nösser / Korthus, in: Halbe / Schirmer, Ambulantes Operieren im Krankenhaus, Rdnr. 12. 424 Der Grundvertrag nach § 115b Abs. 1 SGB V wird gemeinhin und im Folgenden als „AOP-Vertrag“ bezeichnet. 425 Siehe Nösser / Korthus, in: Halbe / Schirmer, Ambulantes Operieren im Krankenhaus, Rdnr. 14. 423
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
werden sollen, gesondert gekennzeichnet. Im Einklang mit § 115b Abs. 1 S. 3 SGB V besagt aber § 3 Abs. 2 S. 2 i.V. m. Abs. 3 des AOP-Vertrags, dass bei der Erfüllung bestimmter allgemeiner Tatbestände gleichwohl eine stationäre Durchführung der Eingriffe erforderlich sein kann. Statt einer eigenständigen Aufzählung von Tatbeständen wird im Vertrag auf die Kriterien A 426, B 427, D 428, E 429 und F 430 der Anlage 2 zu den „Gemeinsamen Empfehlungen zum Prüfverfahren nach § 17c KHG“ verwiesen. Hierdurch soll eine einheitliche Handhabung bei der kassenseitigen Überprüfung von stationär erbrachten Krankenhausleistungen erreicht werden. Neben den genannten Regelungen stellen auch schon § 2 Abs. 2 S. 1 f. des AOP-Vertrags ausdrücklich klar, dass aus der Aufnahme einer Leistung in den Katalog nach § 115b SGB V nicht die Verpflichtung herzuleiten ist, diese ausschließlich ambulant zu erbringen. Vielmehr hat durch den behandelnden Arzt eine Abwägung im Einzelfall nach der Art und Schwere des Eingriffs und dem Gesundheitszustand des Patienten zu erfolgen. Dies ist teilweise kritisch als Umgehung des gesetzgeberischen Willens gesehen worden, der ja gerade die Verschiebung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Bereich habe fördern wollen. 431 Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass es der Gesetzgeber selbst ist, der den an dieser Stelle im AOP-Vertrag aufgegriffenen Gedanken mittelbar zum Ausdruck bringt, wenn er den Vertragsparteien aufgibt, einen Katalog grundsätzlich ambulant erbringbarer Leistungen zu erstellen und hieraus eine Teilmenge von Eingriffen zu definieren, die „in der Regel“ ambulant erbracht werden „können.“ Offenkundig sollte keineswegs eine für alle Einzelfälle verbindliche Festlegung auf eine ambulante Leistungserbringung die Folge sein. Auch ist nicht zu verkennen, dass ein Krankenhaus, welches eine Leistung trotz ihrer Kennzeichnung als regelhaft ambulantes Geschehen stationär erbringen will, durchaus eine erheblich erhöhte Last der Begründung trifft. Das Krankenhaus hat schließlich in einem solchen Fall ein Vorliegen der Ausnahmetatbestände nach § 3 Abs. 2 S. 2 i.V. m. Abs. 3 des AOP-Vertrags schlüssig darzulegen und im Zweifel im Rahmen eines Rechtsstreits auch zu beweisen.
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„Schwere der Erkrankung.“ „Intensität der Behandlung.“ 428 „Komorbiditäten in Verbindung mit Operationen oder krankenhausspezifischen Maßnahmen.“ 429 „Notwendigkeit intensiver Betreuung in Verbindung mit Operationen oder krankenhausspezifischen Maßnahmen.“ 430 „Soziale Faktoren, aufgrund derer eine medizinische Versorgung des Patienten nicht möglich wäre, in Verbindung mit Operationen oder krankenhausspezifischen Maßnahmen.“ 431 Wenner, Schwachstellen und Reformbedarf im Leistungs- und Leistungserbringerrecht der Krankenversicherung, GesR 2003, 129, 131. 427
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Unter dem 17. 08. 2006 hatte das erweiterte Bundesschiedsamt neben dem AOP-Vertrag auch die Vereinbarung über Maßnahmen zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit gemäß § 115b Abs. 1 Nr. 3 SGB V a. F. festgesetzt. Durch die Neufassung des § 115b Abs. 1 SGB V zum 01. 04. 2007 ist die Rechtsgrundlage hierfür nachträglich entfallen. Nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. SGB V ist nunmehr 432 insbesondere der Gemeinsame Bundessausschuss zur Festlegung von Maßnahmen der Qualitätssicherung nach § 115b Abs. 1 S. 3 SGB V berufen. § 115b Abs. 1 S. 3 SGB V besagt, dass die Parteien in ihrer Vereinbarung die Qualitätsvoraussetzungen nach § 135 Abs. 2 SGB V sowie die Richtlinien und Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses „zu beachten“ haben. Diese Formulierung ist mit Blick auf die unmittelbare Verbindlichkeit der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses für den vertragsärztlichen Bereich nach § 92 Abs. 8 SGB V und die Verbindlichkeit seiner Beschlüsse für den Krankenhausbereich nach § 137 Abs. 3 S. 6 SGB V so zu verstehen, dass die Parteien keine Regelungen treffen dürfen, die von den Qualitätsvoraussetzungen nach § 135 Abs. 2 SGB V oder den Richtlinien und Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses inhaltlich abweichen. Es bietet sich somit „technisch“ in erster Linie die Bezugnahme auf die jeweils gültigen Maßgaben der Selbstverwaltung an. 433 2. Gesetzliche Zulassung Aufgrund von § 115b Abs. 2 S. 1 SGB V sind Krankenhäuser zur ambulanten Durchführung der im Katalog nach § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V genannten Operationen und stationsersetzenden Eingriffe unmittelbar kraft Gesetz zugelassen. Der einzig hierzu noch notwendige formelle Akt ist die in § 115b Abs. 2 S. 2 1. HS. SGB V vorgesehene Mitteilung an die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen, die Kassenärztliche Vereinigung und den Zulassungsausschuss. § 115b Abs. 2 S. 3 SGB V hält ausdrücklich fest, dass das Krankenhaus mit der gesetzlichen Zulassung zum ambulanten Operieren gleichzeitig auch zur Einhaltung der nach § 115b Abs. 1 SGB V geschlossenen Vereinbarungen verpflichtet ist. Im Übrigen ist noch zu erwähnen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 115b Abs. 1 S. 2 2. HS. die jeweiligen Landeskrankenhausgesellschaften über den Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung zu informieren haben. 432 Allerdings trat § 137 SGB V in dieser Fassung erst zum 01. 07. 2008 in Kraft, so dass im Zeitraum vom 01. 04. 2007 bis zum 01. 07. 2008 eine Regelungslücke bestand. 433 Siehe hierzu Nösser / Korthus, in: Halbe / Schirmer, Ambulantes Operieren im Krankenhaus, Rdnr. 7. Nach dort vertretener Auffassung ist der erwähnte Verweis sogar die allein zulässige Vorgehensweise für die Vertragsparteien.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Auch die Anzeige der Bereitschaft zur Erbringung von Leistungen nach § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V durch das Krankenhaus an die in § 115b Abs. 2 S. 2 1. HS. SGB V genannten Institutionen dient zunächst einmal deren Information. Sie hat aber gleichzeitig konstitutiven Charakter für den Umfang der gesetzlichen Zulassung. 434 Das Krankenhaus selbst definiert mit seiner Erklärung diejenigen Bereiche des Katalogs der möglichen Leistungen, die es auch tatsächlich ambulant zu erbringen gedenkt. Teilweise wird in diesem Zusammenhang eine Art „Obliegenheit“ des Krankenhauses gesehen, in seiner Erklärung grundsätzlich sämtliche Leistungen zu erfassen, die angesichts seiner personellen und sachlichen Ausstattung erbringbar seien. 435 Man mag ein solches Verhalten angesichts des politisch gewünschten Ausbaus des ambulanten Operierens in der Tat als begrüßenswert erachten. Eine entsprechende Verpflichtung der Krankenhäuser besteht aber schon mangels jeglicher Ansatzmöglichkeit hierzu im Wortlaut des § 115b Abs. 2 S. 2 1. HS. SGB V nicht. 436 Auch aus den Gesetzgebungsmaterialien ist nicht abzuleiten, dass die Intention bestanden hätte, Krankenhäuser zur umfassenden Erbringung aller nach § 115b SGB V möglichen Leistungen zu verpflichten. 437 Für Krankenhäuser ist es des Weiteren nicht obligatorisch, überhaupt von den Möglichkeiten des § 115b SGB V Gebrauch zu machen. Bei alledem ist jedoch selbstredend erneut die Systematik des § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V zu beachten. Was aus medizinischer Sicht ambulant erbracht werden kann, darf nicht etwa nur deshalb als stationäre Leistung „abgebildet“ werden, weil das Krankenhaus sich entschieden hat, für diesen Bereich keine Zulassung über die Meldung nach § 115b Abs. 2 S. 2 1. HS. SGB V anzustreben. Teilweise wird vertreten, die gesetzliche Zulassung nach § 115b Abs. 2 S. 1 SGB V könne sich nur auf die zugelassenen Krankenhäuser im Sinne des § 108 SGB V und dort auch nur auf diejenigen Bereiche erstrecken, die vom jeweiligen stationären Versorgungsauftrag gedeckt seien. 438 Mit gleicher Zielrichtung besagt § 1 Abs. 1 S. 1 des AOP-Vertrags, dass Krankenhäuser in den Leistungsbereichen zum ambulanten Operieren zugelassen seien, in denen sie auch stationäre Leistungen erbringen würden. Man könnte hier bereits hinterfragen, ob 434
Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 115b, Rdnr. 4. Hencke, in: Peters, SGB V, § 115b, Rdnr. 4. 436 Auch Hencke selbst weist schließlich darauf hin, dass eine Einflussnahme auf Krankenhäuser, die ohne sachlichen Grund nicht am ambulanten Operieren teilnehmen würden, lediglich auf „politischem“ Wege und nicht mit rechtlichen Mitteln möglich sei, vgl. Hencke, in: Peters, SGB V, § 115b, Rdnr. 4. 437 Vgl. Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 103. Zu diesem Ergebnis kommt auch BSG, Urt. v. 09. 06. 1999, SozR 3 –2500 § 116 Nr. 19. 438 Degener-Hencke, Rechtliche Möglichkeiten der ambulanten Leistungserbringung durch Krankenhäuser, VSSR 2006, 93, 95. 435
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der Krankenhausbegriff des § 115b SGB V tatsächlich mit dem der zugelassenen Krankenhäuser nach § 108 SGB V gleichzusetzen ist. Eine reine Wortlautanalyse würde dies zumindest nicht auf den ersten Blick nahelegen. Der Gesetzgeber spricht nämlich im Gegensatz zu § 115b Abs. 2 S. 1 SGB V beispielsweise in § 116b Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 S. 1 SGB V ausdrücklich von „zugelassenen Krankenhäusern“ als Normadressaten. Im Umkehrschluss könnte man meinen, dass er im Fall des § 115b SGB V auch reine Privatkliniken als Leistungserbringer zulassen wollte. Bei der Behandlung nach § 115b SGB V handelt es sich jedoch um eine Krankenhausbehandlung gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 SGB V. Diese dürfen die Krankenkassen nach § 108 SGB V eben nur in zugelassenen Krankenhäusern erbringen lassen. Das Gesetz macht in seinem Wortlaut auf der anderen Seite die Teilnahmemöglichkeit am ambulanten Operieren an keiner Stelle davon abhängig, dass das Krankenhaus auch entsprechend stationär aktiv ist. 439 Es ist auch nicht ersichtlich, woraus sich hierzu eine Regelungsbefugnis der Parteien des AOP-Vertrags ergeben sollte. 440 § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V hat jedenfalls erkennbar eine andere Zielrichtung. Den Parteien ist danach allein aufgegeben, einen Katalog objektiv ambulant erbringbarer Leistungen zu definieren. Die Aufstellung einschränkender subjektiver Zulassungskriterien ist hiervon nicht gedeckt. Diese Frage dürfte allerdings keine wirkliche praktische Relevanz haben. Vor dem Hintergrund der jeweils gültigen Qualitätsmaßstäbe im Sinne des § 115b Abs. 1 S. 3 SGB V und nicht zuletzt aus finanzieller Sicht macht das Engagement im Bereich des ambulanten Operierens für Krankenhäuser ohnehin in erster Linie dort Sinn, wo bereits aufgrund des stationären Tätigkeitsfelds einschlägige personelle und sachliche Ressourcen (zumindest in Teilen) vorgehalten werden. 3. Verhältnis zur vertragsärztlichen Versorgung Auf einen wichtigen Aspekt im Verhältnis des ambulanten Operierens nach § 115b SGB V zum System der vertragsärztlichen Versorgung wurde schon einmal oben im Abschnitt zur persönlichen Ermächtigung von Krankenhausärzten eingegangen: Sofern ein Krankenhaus bestimmte Leistungen in ausreichendem Umfang als ambulante Operationsleistungen bzw. stationsersetzende Eingriffe erbringt, kann dies zum Wegfall des Bedarfs an einer persönlichen Ermächtigung von Krankenhausärzten nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV führen. 441
439
So auch Hencke, in: Peters, SGB V, § 115b, Rdnr. 4. Im Ergebnis sind nach eigenem Hinweis auf das Problem a. A.: Nösser / Korthus, in: Halbe / Schirmer, Ambulantes Operieren im Krankenhaus, Rdnr. 17. 441 So auch zumindest andeutungsweise die Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 103. 440
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Ein Krankenhaus, das sich zur Leistungserbringung nach § 115b SGB V entschließt, kann also hiermit gleichzeitig der persönlichen Ermächtigung der bei ihm tätigen Fachärzte den Boden entziehen. Wie bereits ausgeführt wurde, steht es dem Krankenhaus jedoch frei, selbst zu entscheiden, ob und in welchem Umfang es die Option des § 115b SGB V wahrnehmen möchte. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts kann diese Entscheidungsfreiheit dann eingeschränkt sein, wenn das Verhalten des Krankenhausträgers sich als „rechtsmissbräuchliches Zusammenwirken“ mit dem an einer Ermächtigung interessierten Arzt darstellen sollte. Ein solcher Rechtsmissbrauch könne vorliegen, wenn bislang im Rahmen von § 115b SGB V erbrachte Leistungen vom Krankenhaus nicht mehr erbracht würden und zwar mit dem Ziel, hierdurch erst einen Bedarf für eine persönliche Ermächtigung eines bei ihm beschäftigten Facharztes zu schaffen. Kein Rechtsmissbrauch sei aber darin zu erblicken, wenn ein Krankenhaus für einen Bereich, in dem bereits eine persönliche Ermächtigung bestehe, auch prospektiv keine Zulassung nach § 115b Abs. 2 S. 1 f. SGB V anstrebe. 442 Diesen Schlussfolgerungen des Bundessozialgerichts für den von ihm zu entscheidenden Fall ist zuzustimmen. Aber auch darüber hinaus dürfte eine „rechtsmissbräuchliche Nichtausübung“ der Option nach § 115b Abs. 2 S. 2 1. HS. SGB V nur in wenigen Extremfällen zu unterstellen sein. Selbst wenn ein Krankenhaus „nur“ aus finanziellen Erwägungen bestimmte Leistungsbereiche in persönliche Ermächtigungen seiner Fachärzte verschieben wollte, so wäre es argumentativ schwer durchzuhalten, dies als generell sachlich nicht nachvollziehbar und in der Folge als rechtlich unzulässig zu bezeichnen. 443 Der Gesetzgeber selbst setzt schließlich zur Steuerung der Versorgungsstrukturen – beispielsweise durch die beschriebenen massiven Neugestaltungen im Bereich der stationären Krankenhauspflegesätze – maßgeblich auf die Beeinflussung der Vergütungssysteme. Das Prinzip „Leistungsstrukturen folgen der Vergütung“ kann aber wohl kaum in dem einem Fall erklärtes gesetzgeberisches Mittel zum Zweck und im anderen Fall unsachlich oder gar rechtsmissbräuchlich sein. Die gesetzliche Zulassung zum ambulanten Operieren ist von der ambulanten Bedarfsplanung nach §§ 99 ff. SGB V unabhängig. Insbesondere kann eine Mitteilung nach § 115b Abs. 2 S. 2 1. HS. SGB V, die ja auch an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung und den Zulassungsausschuss zu erfolgen hat, nicht zu einer Überversorgung im Sinne des § 101 SGB V und somit auch nicht zu einer Zulassungssperre für Vertragsärzte führen. Des Weiteren ist ein Krankenhaus nach der Konstruktion der § 115b Abs. 2 S. 1 f. SGB V auch dann als ambulanter Leistungserbringer zugelassen, wenn im vertragsärztlichen System eine Zulassungssperre besteht. 444, 445 442 443 444
Zu alledem ausführlich: BSG, Urt. v. 09. 06. 1999, SozR 3 –2500 § 116 Nr. 19. Zumindest in diese Richtung aber Hencke, in: Peters, SGB V, § 115b, Rdnr. 4. Vgl. Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 115b, Rdnr. 4.
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4. Vergütung Die Vergütung erfolgt nach § 115b Abs. 2 S. 4 SGB V für Krankenhäuser unmittelbar durch die Krankenkassen. Vertragsärzte, die ebenfalls Leistungen im Sinne des Katalogs nach § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V erbringen, erhalten andererseits ihre Vergütung mangels Sonderregelung auf „normalem Weg“ von der Kassenärztlichen Vereinigung. Nach § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V ist durch die Vertragspartner eine einheitliche Vergütung für Krankenhäuser und Vertragsärzte zu regeln, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. § 115b Abs. 4 SGB V hat sich zwar in seiner Rechtswirkung durch Zeitablauf erledigt. 446 Der hierin enthaltenen Gedanke – die Anwendbarkeit des EBM auch für die Berechnung der Vergütung für Krankenhäuser – findet sich jedoch heute noch im AOP-Vertrag wieder. Aufgrund dessen § 7 Abs. 1 werden die Leistungen der Krankenhäuser nach § 115b SGB V auf der Grundlage des EBM vergütet. Von den Gesamtvertragspartnern wird hierzu ein einheitlicher und fester Punktwert festgelegt. Die Vergütung erfolgt auch für die Vertragsärzte explizit außerhalb der Gesamtvergütung. Eine Besonderheit ergibt sich für Krankenhäuser aus § 7 Abs. 2 S. 2 des AOPVertrags. Sofern diese einen „postoperativen Behandlungskomplex“ nach Abschnitt 31.4 des EBM zur Abrechnung bringen, haben sie hierbei einen Abschlag von der anzusetzenden Punktzahl in Höhe von 27,5% hinzunehmen. Wie sich im Umkehrschluss aus § 7 Abs. 2 S. 2 des AOP-Vertrags entnehmen lässt, ist diese Malus-Regelung darauf zurückzuführen, dass die Krankenhäuser postoperative Leistungen nach einer ambulanten Operation nur innerhalb eines Zeitfensters von 14 Tagen erbringen bzw. berechnen können. Die Vergütungsvorschriften für Komplexleistungen des Abschnitts 31.4 umfassen aber als primär für die Vertragsärzte gültige Regelungen grundsätzlich einen Zeitraum von 21 Tagen. Trotz der letztgenannten Spezialregelung findet sich im AOP-Vertrag der gesetzgeberische Ansatz der einheitlichen Vergütung beim ambulanten Operieren grundsätzlich durchaus wieder. Bei den „Sachkosten“ (gemeint sind hier die Verbrauchsmaterialien, Verbandmittel, Arzneimittel und Hilfsmittel) werden 445
Eine „Öffnung“ der herkömmlichen Bedarfsplanung auch für Vertragsärzte findet sich in diesem Zusammenhang übrigens in § 24 d) der Bedarfsplanungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. Danach kann der Zulassungsausschuss niedergelassenen Ärzten in zulassungsbeschränkten Bereichen Zulassungen erteilen, wenn diese einerseits einen Schwerpunkt im ambulanten Operieren setzen werden und andererseits diese „Versorgungsform“ nicht in ausreichendem Maße angeboten wird (so genannte „Schwerpunktpraxen für ambulantes Operieren“). Vgl. hierzu Begründung zum Entwurf des GSG, BT-Drucks. 12/3608, S. 103. Im Hinblick auf die Frage, ob denn das ambulante Operieren bereits in hinreichendem Maß angeboten wird, würde dann der Umfang der Zulassungen von Krankenhäusern nach § 115b SGB V durchaus eine Rolle spielen. 446 Vgl. § 115b Abs. 4 S. 1 SGB V.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Vertragsärzte und Krankenhäuser jedoch unterschiedlich behandelt (vgl. § 9 des AOP-Vertrags). Für Vertragsärzte ist es grundsätzlich möglich (solange es sich nicht um Gebührentatbestände handelt, bei denen die Sachkosten bereits inkludiert sind), Arznei- und Sachmittel als Sprechstundenbedarf geltend zu machen bzw. per Rezept zu verordnen. Seitens der Krankenhäuser sind sie aber gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 des AOP-Vertrags zur Verfügung zu stellen. § 9 Abs. 1 S. 3 des AOP-Vertrags hält darüber hinaus fest, dass Krankenhausärzte im Rahmen des ambulanten Operierens gerade nicht zur Verordnung dieser Mittel auf Rezept berechtigt sind. Nachfolgend sind dann in § 9 des AOP-Vertrags zwar Regelungen zur Erstattung von Sachkosten enthalten. Bestimmte Anteile der Kosten verbleiben jedoch bei den Krankenhäusern. 447 Es ist nachvollziehbar, welche Überlegungen vermutlich den Hintergrund der Sonderregelungen für Krankenhäuser bilden dürften. Nicht von der Hand zu weisen ist, dass bei öffentlich geförderten Krankenhäusern über die vorgeschriebene Abdeckung der Investitionskosten aus Steuermitteln ein gewisser finanzieller Vorteil gegenüber niedergelassenen Ärzten bestehen mag. 448 Die geschilderte Ungleichbehandlung zwischen Krankenhäusern und Vertragsärzten findet jedoch im Wortlaut des Gesetzes keinerlei Stütze. Es ist kein Ansatzpunkt ersichtlich, der darauf hinwiese, dass der Begriff der „einheitlichen Vergütungen“ in § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V nicht auch die Erstattung der zur Leistung notwendigen Sachkosten umfassen sollte. 449 Zudem kann die Ungleichbehandlung bei der Sachkostenerstattung allenfalls vordergründig dazu geeignet sein, den Wettbewerb zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern zu fördern. Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 11. 04. 2002 einen in diesem Zusammenhang wichtigen Aspekt angesprochen: Die bei § 115b SGB V gesetzlich vorgesehene einheitliche Vergütungen sollte nicht zuletzt bewirken, dass es für die Krankenkassen finanziell ohne Belang ist, ob ein Eingriff in einer vertragsärztlichen Praxis oder in einem Krankenhaus durchgeführt wird. Sofern für die Krankenkassen jedoch ein gewisser finanzieller Anreiz besteht, auf die Arztwahl des Patienten Einfluss zu nehmen, so ist nicht auszuschließen, dass dies auf Dauer zu Lasten der niedergelassenen Vertragsärzte geht. 450 Schließlich sollte auch das hauptsächliche Ziel der Einführung des ambulanten Operierens im Krankenhaus nicht außer Acht gelassen werden. Bislang stationär erbrachte Leistungen sollen, sofern medizinisch möglich, ja gerade dem ambulanten Bereich „zugeführt“ werden. 451 Um diesem übergeordneten 447 Zu alledem ausführlich: Nösser / Korthus, in: Halbe / Schirmer, Ambulantes Operieren im Krankenhaus, Rdnr. 49, 55 ff. 448 Vgl. Steege, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 115b, Rdnr. 20. 449 So auch Nösser / Korthus, in: Halbe / Schirmer, Ambulantes Operieren im Krankenhaus, Rdnr. 49 f. 450 BSG, Urt. v. 11. 04. 2002, SozR 3 – 2500 § 115b Nr. 2.
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Ziel gerecht zu werden, wäre es förderlich, die Vergütung für die Krankenhäuser attraktiv zu gestalten und sie nicht noch entgegen der gesetzlichen Vorgabe des § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V hinsichtlich der Sachkostenerstattung zu benachteiligen. Ein gemeinsames Budget für Vertragsärzte und Krankenhäuser zur Vergütung von Leistungen des ambulanten Operierens nach § 115b Abs. 5 SGB V wurde nie gebildet. Die Bildung eines solchen „Honorartopfes“ mag zwar auf den ersten Blick zweckmäßig und fast nahe liegend erscheinen. Die Schwierigkeit liegt jedoch darin, dass seitens der beteiligten „Gruppen“ von Leistungserbringern (Vertragsärzte einerseits und Krankenhäuser andererseits) ein vitales Interesse daran besteht, etwaige zukünftige Verschiebungen zwischen den beiden Bereichen geltend machen zu können. 452 Jedenfalls wird sich keine Seite hiervon im Vereinbarungswege abkoppeln wollen, solange die weitere Entwicklung nicht sicher zu kalkulieren ist. Auch wäre eine Budgetierung der Vergütung beim ambulanten Operieren, insbesondere wenn das Krankenhaus erfasst würde, schon im Ansatz kontraproduktiv im Hinblick auf den eigentlichen Zweck des § 115b SGB V. Die Verschiebung vom stationären in den ambulanten Bereich – und damit die Leistungsausweitung im letztgenannten Sektor – soll ja erklärtermaßen gerade gefördert werden. Degener-Hencke schlägt vor, dem Bundesministerium für Gesundheit in Analogie zu den Regelungen beim stationären Pflegesatzrecht in § 115b SGB V die Möglichkeit zur Ersatzvornahme einzuräumen. Das Ministerium solle durch Rechtsverordnung notfalls selbst ein System angemessener Vergütungssätze festsetzen können. 453 Dem ist zuzustimmen. Wie bereits mehrfach angesprochen wurde, ist eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Ausbau des ambulanten Operierens, dass im Rahmen des Vergütungssystems auch angemessene, vorzugsweise sogar einen Anreiz gebende Sätze zur Anwendung kommen. Angesichts der Tatsache, dass zumindest bei den Vertragsparteien der „Vertragsärzte“ und der „Krankenhäuser“ die Interessenlage bei einzelnen Leistungsbereichen höchst unterschiedlich sein kann, ist fraglich, ob die gemeinsame Selbstverwaltung in der Lage ist, diesen Konkurrenz-Konflikt angemessen zu lösen und gleichzeitig das übergeordnete Ziel des Gesetzgebers, also den massiven Ausbau des ambulanten Operierens in der Summe, bestmöglich zu fördern. Allein die Möglichkeit zur Ersatzvornahme beispielsweise durch die Bundesregierung könnte hier schon einen förderlichen Einfluss ausüben. In jedem Fall zu begrüßen wäre es, wenn die Parteien der dreiseitigen Vereinbarung nach § 115b Abs. 1 451 Vgl. Nösser / Korthus, in: Halbe / Schirmer, Ambulantes Operieren im Krankenhaus, Rdnr. 2, die ebenfalls auf die hemmende Wirkung der Benachteiligung der Krankenhäuser bei den Sackosten hinweisen. 452 Steege, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 115b, Rdnr. 24. 453 Degener-Hencke, Rechtliche Möglichkeiten der ambulanten Leistungserbringung durch Krankenhäuser, VSSR 2006, 93, 96.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
S. 1 SGB V sich zur allseitigen Vereinfachung auf ein in Gänze oder zumindest in großen Teilen pauschalierendes Entgeltsystem einigen könnten. Dieses Ziel haben sie sich selbst in § 20 des AOP-Vertrags gesetzt. 5. Leistungserbringung durch „Honorarärzte“ Von hoher praktischer Relevanz ist die insbesondere durch eine Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts vom 30. 04. 2008 454 genährte Diskussion darüber, ob es der Vergütung ambulanter Operationen nach § 115b Abs. 2 S. 4 SGB V gegenüber einem Krankenhaus entgegenstehen könnte, wenn es die jeweiligen Operationsleistungen nicht „selbst“ oder genauer durch einen bei ihm angestellten, sondern statt dessen durch einen mit ihm vertraglich kooperierenden niedergelassenen (Vertrags-)Arzt erbringt. Das Sächsische Landessozialgericht hat hierzu die Auffassung vertreten, dass nach dem Recht der GKV schon grundsätzlich nur solche Leistungen dem Krankenhaus zuzurechnen seien, welche durch dessen „eigenes Personal“ erbracht würden. (Anmerkung: Dieser Auffassung hat sich im Ergebnis zwischenzeitlich mit Urteil vom 23. 03. 2011 auch der 6. Senat des Bundessozialgerichts angeschlossen.) 455 Dies sei aus § 107 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 SGB V abzuleiten, wonach das Krankenhaus über die zur Erfüllung seines Versorgungsauftrags ausreichenden diagnostischen und therapeutischen Mittel verfügen müsse, was unter anderem jederzeit verfügbares ärztliches Personal einschließe. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz lasse allein § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntgG zu, wenn dort auch die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter als Krankenhausleistungen eingestuft würden. 456 Das Bundessozialgericht 457 habe jedoch hierzu entschieden, dass es sich dabei nur um solche Leistungen handeln könne, die im Verhältnis zu der vom Krankenhaus zu erbringenden Hauptbehandlungsleistung lediglich ergänzende oder unterstützende Funktion hätten. Die Operation als „Hauptleistung“ könne nicht dem Krankenhaus zugerechnet werden, wenn ein niedergelassener Vertragsarzt sie erbringe. 458 In Systematik und Wortlaut der §§ 4 bis 6 des AOPVertrags würde zudem dem vertragsärztlichen Bereich der „Krankenhausarzt“ (vgl. z. B. § 4 Abs. 3 f. des AOP-Vertrags) gegenübergestellt. Auch dies lege nahe, dass Vertragsärzte, soweit sie im Zusammenhang mit ambulanten Operationen 454 LSG Sachsen MedR 2009, 114. Das LSG Sachsen hatte zwar die Revision zugelassen. Zu einer Überprüfung durch das BSG wird es jedoch – zumindest in dieser Sache – nicht mehr kommen. Zum allgemeinen Erstaunen und Bedauern der Fachwelt wurde die Klage seitens des unterlegenen Krankenhauses zurückgenommen. 455 BSG GesR 2011, 452. 456 LSG Sachsen MedR 2009, 114. 457 Zitiert wird BSG, Urt. v. 28. 02. 2007, SGb 2007, 687. 458 LSG Sachsen MedR 2009, 114, 115.
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Leistungen erbrächten, vertragsärztlich und nicht als „Krankenhausärzte“ tätig würden. 459 Die geschilderte Auffassung des Sächsischen Landessozialgerichts ist abzulehnen. Zunächst einmal trifft § 107 Abs. 1 SGB V grundsätzliche strukturelle Vorgaben für Krankenhäuser im Sinne des Gesetzes, um deren Leistungsfähigkeit sicherzustellen. Die Regelung stellt weder unmittelbar noch mittelbar Vorgaben zur Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Krankenhaus / Krankenhausträger und den naturgemäß im Rahmen der Leistungserbringung einzubeziehenden Personen auf. Wenn in § 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V von „jederzeit verfügbarem Personal“ gesprochen wird, so ist zudem nicht zu erkennen, weshalb hierunter allein im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses angestellte Personen fallen sollten. 460 Wirklich „jederzeit verfügbar“ im wörtlichen Sinne kann niemals (weder tatsächlich noch rechtlich) eine individualisierbare Person sein. Insofern ist es unerheblich, ob ein Arbeitsverhältnis, ein Beamtenverhältnis oder eine sonstiges Rechtsverhältnis auf Basis eines vordringlich dienst- oder werkvertraglich geprägten Vertrags besteht. Die Vorschrift zielt offenkundig auch nicht auf die Rechtsqualität jeder einzelnen Vereinbarungen ab, die das Krankenhaus mit den (be-)handelnden Personen eingeht, sondern legt dem Krankenhaus die organisatorische Verpflichtung auf, durchgängig abrufbare Fachkräfte in angemessener Quantität vorzuhalten, um den besonderen Anforderungen eines zeitlich umfassenden Leistungsgeschehens gerecht werden zu können. Auch die vermeintlich „analoge“ Heranziehung der Äußerungen des Bundessozialgerichts zu § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntgG geht fehl. 461 Die Detailäußerung des Bundessozialgerichts, auf die sich das Sächsische Landessozialgericht bezieht, beschäftigt sich mit einem durchgängig stationären Leistungsgeschehen und der Abgrenzung zwischen einer regelmäßig bloß zeitweise erfolgenden und auf ein bestimmtes Teilziel gerichteten „Verbringung“ eines Patienten von einem Krankenhaus in ein anderes im Gegensatz zu einer „Verlegung“, bei der die Gesamtverantwortung vollständig auf das aufnehmende Krankenhaus übergeht. 462 Diese Abgrenzung ist in der geschilderten Konstellation notwendig, um pflegesatzrechtlich entscheiden zu können, welches Krankenhaus im Verhältnis zur Krankenkasse für die Gesamtleistung abrechnungsberechtigt ist (vgl. § 8 Abs. 6 459
LSG Sachsen MedR 2009, 114, 115. Ebenso Quaas, Zulässigkeit und Grenzen honorarärztlicher Tätigkeit im Krankenhaus, f&w 2009, 522, 524; ders., Der Honorararzt im Krankenhaus: Zukunfts- oder Auslaufmodell ?, GesR 2009, 459, 463; Bender, Der Einsatz „selbständiger Drittärzte“ als abrechenbare Krankenhausleistung ?, das Krankenhaus 2009, 563, 564. 461 Vgl. Wagener / Haag, Ambulantes Operieren im Krankenhaus durch Vertragsärzte – Ist verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist ?, MedR 2009, 72, 73; Bender, Der Einsatz „selbständiger Drittärzte“ als abrechenbare Krankenhausleistung ?, das Krankenhaus 2009, 563, 564 f. 462 BSG SGb 2007, 687, 689. 460
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
KHEntgG). 463 Dies ist jedoch nicht vergleichbar mit dem hier in Rede stehenden Fall. Gleichgültig, ob ein Krankenhaus ambulante Operationsleistungen durch angestellte oder daneben auch in eigener Niederlassung tätige Ärzte auf Basis eines Kooperationsvertrags erbringen lässt: Die Operationen finden auf der tatsächlichen Ebene räumlich und organisatorisch im Krankenhaus statt und dieses tritt auch rechtlich durchgängig gegenüber dem Versicherten als Leistungserbringer in Erscheinung. Dem AOP-Vertrag sind keinerlei Regelungen zu entnehmen, die einer Einbeziehung von Kooperationsärzten beim ambulanten Operieren im Krankenhaus entgegenstehen würden. Wenn im AOP-Vertrag teilweise der Begriff des „Krankenhausarztes“ verwandt wird, so rechtfertigt auch dies nicht den Schluss, allein im Krankenhaus „angestellte“ Ärzte könnten hierunter fallen. 464 Da der AOPVertrag insgesamt gleichermaßen für den niedergelassenen (vertragsärztlichen) Bereich und die Krankenhäuser zur Anwendung kommt, liegt es in der Natur der Sache, dass im Vertragstext teilweise auf die eine und teilweise auf die andere Seite Bezug genommen wird. Wenn im Vertrag dann technisch vom „Krankenhausarzt“ gesprochen wird, so geht es offenkundig um diese Zuordnung. Der Blick auf die historische Entwicklung unterstützt dieses Ergebnis zusätzlich. Seitens der Spitzenverbände der Krankenkassen war nämlich im Jahr 2004 der Vorschlag gemacht worden, den AOP-Vertrag um eine neue Regelung zu ergänzen, die allein Leistungen im Krankenhaus angestellter Ärzte dem Krankenhaus zugerechnet hätten. Dies wurde jedoch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesllschaft abgelehnt. 465 Den nach Art einer Präambel dem übrigen Vertragstext des AOP-Vertrags vorangestellten „Grundsätzen“ kann man zudem wörtlich entnehmen, dass die Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Vertragsärzten und Krankenhäusern gefördert werden solle. Der dokumentierte „Geist“ der Vereinbarung spricht somit gerade für die Möglichkeit der Leistungserbringung auch durch kooperierende Vertragsärzte. 466 Entgegen der Ansicht des Sächsischen Landessozialgerichts 467 verletzen Vertragsärzte, die für Krankenhäuser ambulante Operationsleistungen erbringen, auch nicht die aufgrund ihrer Zulassung bestehende Pflicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 Abs. 4 S. 1 SGB V. 468 Sofern das Krankenhaus (und sei es unter Mithilfe daneben auch vertragsärztlich tätiger Ärzte) 463
Siehe zu der Thematik beispielsweise Tuschen / Trefz, KHEntgG, S. 80. So auch Thomae, Kooperationen ohne Schranken ?, KU Gesundheitsmanagement 2008, 33. 465 Siehe hierzu Wagener / Haag, Ambulantes Operieren im Krankenhaus durch Vertragsärzte – Ist verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist ?, MedR 2009, 72, 74. 466 Quaas, Zulässigkeit und Grenzen honorarärztlicher Tätigkeit im Krankenhaus, f&w 2009, 522, 525; ders., Der Honorararzt im Krankenhaus: Zukunfts- oder Auslaufmodell ?, GesR 2009, 459, 464. 467 LSG Sachsen MedR 2009, 114, 116. 464
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Leistungen nach § 115b SGB V erbringt, so erfolgt dies ja gerade nicht innerhalb des vertragsärztlichen Systems. 469 Es handelt sich um eine Krankenhausbehandlung (vgl. § 39 Abs. 1 S. 1 4. Alt. SGB V). Wenn § 20 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV aber seit dem 01. 01. 2007 ausdrücklich klarstellt, dass die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus mit der gleichzeitigen Tätigkeit als Vertragsarzt vereinbar ist, so gibt es keinen Grund anzunehmen, dass es der Vertragsärzteschaft generell verschlossen sei, ambulante operative Leistungen für ein Krankenhaus zu erbringen. Nach alledem geht nach der hier vertretenen Auffassung die Sichtweise des Sächsischen Landessozialgerichts fehl. Gleichwohl ist das Urteil – jedenfalls faktisch 470 – in der Welt. Zudem hat sich, wie bereits weiter oben angemerkt wurde, aber zwischenzeitlich auch der 6. Senat des Bundessozialgerichts dieser Auffassung angeschlossen. 471 Der Gesetzgeber sollte deshalb eine klarstellende Regelung schaffen, denn bereits die verunsichernde Wirkung der Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts war nicht zu unterschätzen. Spätestens mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23. 03. 2011 wird man das praktische Rechtsrisiko der dargestellten kooperativen Konstellationen nicht mehr eingehen können. Kein Krankenhaus möchte sich der Gefahr aussetzen, im Nachhinein beispielsweise mit Rückforderungen von Zahlungen für schon erbrachte Leistungen konfrontiert zu werden. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es jedenfalls für das Sächsische Landessozialgericht als auch für andere Protagonisten einer „strengen“ Auffassung, die kooperative Modelle im Zweifel für unzulässig erklären möchten, in Wirklichkeit nicht allein die sozialrechtliche Ebene ist, die sie zu diesem Ergebnis tendieren lassen. Die Vermutung, dass es sich tatsächlich um unethische und unzulässige Zuweisungen gegen Entgelt handeln könnte, spielt möglicherweise eine mindestens ebenso große Rolle. Dann sollte man sich aber auch genau mit dieser Fragestellung – also im Kern der Überprüfung auf ein angemessenes Verhältnis zwischen kooperationsärztlich erbrachter Leistung und Vergütung – im jeweiligen Einzelfall auseinandersetzen und damit sukzessive im Wege der Rechtsfortbildung belastbare und für alle Beteiligten Sicherheit schaffende Grundsätze entwickeln. Kooperationen dieser Art für generell unzulässig zu erklären, widerspricht jedenfalls offenkundig dem Willen des Gesetzgebers, der ja mit § 20 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV seit dem 01. 01. 2007 in Abkehr von der vorherigen Rechtslage ausdrücklich klargestellt hat, dass die 468 Wagener / Haag, Ambulantes Operieren im Krankenhaus durch Vertragsärzte – Ist verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist ?, MedR 2009, 72, 75; Quaas, Der Honorararzt im Krankenhaus: Zukunfts- oder Auslaufmodell ?, GesR 2009, 459, 464. 469 Vgl. Steege in: Hauck / Noftz, SGB V, § 115b, Rdnr. 17. 470 Aufgrund der Klagerücknahme durch das Krankenhaus nach § 102 SGG ist die Entscheidung allerdings rechtlich wirkungslos. 471 BSG GesR 2011, 452.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus mit der gleichzeitigen Tätigkeit als Vertragsarzt vereinbar sein soll. Wenn eine Klarstellung im hier vorgeschlagenen Sinne erfolgen sollte, so wäre es zweckdienlich, diese nicht allein auf die Möglichkeit zur Kooperation beim ambulanten Operieren nach § 115b SGB V auszurichten, sondern sie auf alle denkbaren Konstellationen einer Leistungserbringung „durch“ Krankenhäuser (also z. B. auch auf § 115a oder § 116b Abs. 2 SGB V) zu beziehen, um auch hier letztlich anachronistischen Diskussionen entgegenzuwirken. Technisch könnte dies in § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV oder besser noch unmittelbar im SGB V erfolgen.
III. Ambulante Behandlung im Krankenhaus gemäß § 116b Abs. 1 SGB V Die Einführung der vorausgehend dargestellten vor- und nachstationären Behandlung im Krankenhaus nach § 115a SGB V und des ambulanten Operierens nach § 115b SGB V im Jahr 1993 kann man als ersten größeren Schritt auf dem Weg einer selektiven Öffnung des ambulanten Versorgungsnetzes der GKV für Krankenhäuser bezeichnen. Mit Wirkung zum 01. 01. 2004 wurde dann durch das GMG 2003 – neben den natürlich ebenfalls bedeutsamen MVZ 472 – § 116b SGB V mit dem Titel „Ambulante Behandlung im Krankenhaus“ in das Gesetz eingefügt. 473 Den Hintergrund bildete auch hier die Zielrichtung, die sektoralen Grenzen innerhalb der Versorgungsstrukturen abzubauen und den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Versorgungsformen zu forcieren. 474 § 116b Abs. 1 und Abs. 2 SGB V statuieren jeweils gänzlich eigenständige Zugangswege zur ambulanten Versorgung durch Krankenhäuser und werden daher nachfolgend auch getrennt voneinander untersucht. Nach § 116b Abs. 1 S. 1 SGB V können die Krankenkassen oder ihre Landesverbände mit zugelassenen Krankenhäusern, die an der Durchführung eines strukturierten Behandlungsprogramms nach § 137g SGB V teilnehmen, Verträge über die ambulante ärztliche Behandlung schließen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Anforderungen an die ambulante Leistungserbringung in den Verträgen zu den strukturierten Behandlungsprogrammen dies erfordern. Krankenkassen und Krankenhäuser können hierdurch gegenüber den Teilnehmern strukturierter Behandlungsprogramme im Sinne des § 137g SGB V die sektorenübergreifende Versorgung „aus einer Hand“ gewährleisten. 475 472 Diese sind jedoch als Teil des vertragsärztlichen Systems bereits oben beschrieben worden. Siehe 2. Teil A. II. 3. 473 BGBl. I 2003, S. 2190, 2217 f. 474 Vgl. Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 74.
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1. Teilnahme an einem strukturierten Behandlungsprogramm nach § 137g SGB V Erst die Teilnahme eines Krankenhauses an einem strukturierten Behandlungsprogramm nach § 137g SGB V eröffnet die Möglichkeit eines Vertragsschlusses nach § 116b Abs. 1 S. 1 SGB V auch über die ambulante medizinische Versorgung der Teilnehmenden. Was strukturierte Behandlungsprogramme bzw. „Disease-Management-Programme“ (DMP) sind, regeln §§ 137f und 137g SGB V. Es handelt sich im Wesentlichen um Behandlungskonzepte für bestimmte Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus, Brustkrebs oder koronare Herzkrankheit), deren Rahmenbedingungen auf der Bundesebene festgelegt werden. Die gesetzgeberische Zielsetzung ist hierbei, durch „verbindliche und aufeinander abgestimmte Behandlungs- und Betreuungsprozesse über Krankheitsverläufe und institutionelle Grenzen hinweg“, eine verbesserte Prävention und Behandlung der ausgewählten Krankheitsbilder zu erreichen. 476 Die Programme sollen regelmäßig besondere Anforderungen an die wissenschaftliche Absicherung der verwandten medizinischen Methoden, an die Qualitätssicherung sowie die Schulung der Leistungserbringer und Versicherten stellen (vgl. § 137f Abs. 2 SGB V). Die Regelungen der §§ 137f und 137g SGB V zu den DMP wurden durch das Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung mit Wirkung zum 01. 01. 2002 eingeführt. 477 Aus dem Gesamtkontext der damaligen Neuregelungen ergab sich eine (anteilige) Koppelung der finanziellen Zuwendungen an einzelne Krankenkassen im Rahmen des Risikostrukturausgleichs an die Anzahl der jeweils in DMP eingeschriebenen Mitglieder. Hierdurch sollte ein gewisser Belastungsausgleich zwischen den Krankenkassen herbeigeführt werden. Gleichzeitig wollte man einen Anreiz zur besseren Versorgung chronisch Erkrankter setzen. 478 Nach § 266 Abs. 4 S. 2 SGB V in der bis zum 31. 12. 2008 gültigen Fassung waren demgemäß die Kosten für nach § 137g SGB V zugelassene DMP im Rahmen des Risikostrukturausgleichs zwischen den Krankenkassen als Aufschlag zu den jeweiligen „durchschnittlichen Leistungsausgaben“ zu berücksichtigen. Im Zuge der Neuregelungen zum Risikostrukturausgleich durch das GKV-WSG wurde dies geändert. Nunmehr erhalten die Krankenkassen nach § 270 Abs. 1 Buchst. b) SGB V gesonderte Zuweisungen aus dem „Gesundheitsfonds“, die ihre standardisierten Aufwendungen für 475 So auch die Begründung zu § 116b Abs. 1 SGB V im Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 119. 476 Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung, BT-Drucks. 14/6432, S. 11. 477 BGBl. I 2001, S. 3465. 478 Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung, BT-Drucks. 14/6432, S. 9.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Entwicklung und Durchführung von DMP abdecken sollen. Nähere allgemeine Vorgaben hierzu sind in der durch das Bundesministerium für Gesundheit nach § 266 Abs. 7 SGB V zu erlassenden Rechtsverordnung zu regeln (vgl. § 270 Abs. 1 Buchst. b) i.V. m. § 266 Abs. 7 Nr. 2a SGB V). Durch die Neugestaltung sollte laut der Begründung zum Gesetzentwurf eine Vereinfachung des Verfahrens der Kostenberücksichtigung und eine höhere Transparenz erreicht werden. 479 Das Verfahren zur Entwicklung von DMP im Sinne des SGB V ist in hohem Maße formalisiert und besteht aus einer ganzen Kette chronologisch aufeinander aufbauender Schritte. Nach § 137f Abs. 1 S. 1 SGB V empfiehlt zunächst der Gemeinsame Bundesausschuss dem Bundesministerium geeignete chronische Erkrankungen, für die strukturierte Behandlungsprogramme entwickelt werden sollen. Hierbei hat er insbesondere die in § 137f Abs. 1 S. 2 SGB V aufgeführten Kriterien zu beachten. Sodann obliegt es dem Bundesministerium für Gesundheit, dem Gemeinsamen Bundesausschuss bekannt zu geben, für welche dieser Krankheiten detailliertere Anforderungen an eine Ausgestaltung der Behandlungsprogramme zu empfehlen sind (vgl. § 137f Abs. 2 S. 1 ff. SGB V). Nach den näheren Bestimmungen der § 137f Abs. 2 S. 4 f. SGB V ist auch der Spitzenverbandsebene der Krankenkassen und der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Auf Basis der Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses und unter Einbeziehung der erwähnten Stellungnahmen legt schließlich das Bundesministerium für Gesundheit gemäß § 266 Abs. 7 Nr. 3 SGB V durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats die Krankheiten fest, für die DMP nach § 137g SGB V zugelassen werden können. Hierbei werden auch die Anforderungen an die Zulassung und Durchführung dieser Programme definiert. Auf Antrag einer oder mehrerer Krankenkassen oder eines Verbands der Krankenkassen hat nach § 137g Abs. 1 S. 1 SGB V das Bundesversicherungssamt als berufene Behörde die Zulassung von strukturierten Behandlungsprogrammen zu erteilen, wenn die in der Rechtsverordnung nach § 266 Abs. 7 SGB V hinterlegten Anforderungen erfüllt sind. Der Wortlaut der Regelung lässt zumindest erahnen, dass in diesem Zusammenhang Verträge über die Durchführung von DMP abgeschlossen werden müssen. Erhellend ist insofern die Begründung zum Gesetzentwurf. Hier heißt es ausdrücklich, dass die strukturierten Behandlungsprogramme durch Verträge der Krankenkassen bzw. ihrer Verbände mit geeigneten Leistungserbringern umzusetzen sind. 480 Es ist davon auszugehen, dass hiermit nicht eine eigene Möglichkeit zur freien (öffentlich-rechtlichen) Vertragsgestaltung eröffnet wurde, denn aus § 69 SGB V ergibt sich, dass die 479
Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 168. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung, BT-Drucks. 14/6432, S. 12. 480
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Rechtsbeziehungen zwischen der Seite der Kostenträger und der Seite der Leistungserbringer grundsätzlich abschließend durch das vierte Kapitel sowie §§ 63 f. SGB V geregelt sind. 481 Im allgemeinen Teil der Begründung zum Gesetzentwurf wird darüber hinaus ausgeführt, dass für die vertraglichen Vereinbarungen zu DMP sämtliche im vierten Kapitel geregelten Vertragstypen einschließlich der Verträge zur integrierten Versorgung zur Verfügung stünden. 482 Im Umkehrschluss hieraus und mit Blick auf den erwähnten § 69 SGB V kommt man zu dem Ergebnis, dass die Parteien sich auch einer solchen explizit normierten Vertragskonstruktion bedienen müssen. Namentlich kommen also je nach der jeweiligen Gesamtkonstellation und den potentiellen Vertragspartnern Modellverträge nach §§ 63 f. SGB V, Verträge nach §§ 73a ff. SGB V, kollektivvertragliche Regelungen nach §§ 82 f. SGB V, dreiseitige Vereinbarungen nach § 115 SGB V oder Verträge der integrierten Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V in Betracht. 2. Erforderlichkeit der ambulanten Leistungserbringung durch Krankenhäuser Ein Vertragsschluss über die ambulante ärztliche Behandlung im Krankenhaus nach § 116b Abs. 1 S. 1 SGB V ist nur dann möglich, wenn „die Anforderungen an die ambulante Leistungserbringung in den Verträgen zu den strukturierten Behandlungsprogrammen dies erfordern.“ Die Begründung zum Gesetzentwurf umschreibt diese Voraussetzung ihrerseits damit, dass die besonderen Qualitätsanforderungen an die Leistungserbringung in DMP für die jeweilige chronische Erkrankung die ambulante Einbeziehung von Krankenhäusern vorsehen müssten. 483 Trotz der nicht ganz eindeutigen Formulierung insbesondere innerhalb der Gesetzgebungsmaterialien wird man nicht fordern können, dass jeweils bereits in der Rechtsverordnung nach § 266 Abs. 7 SGB V ausdrücklich die Möglichkeit zur ambulanten Beteiligung von Krankenhäusern aus Qualitätsgesichtspunkten eröffnet sein müsse. Ein solch strenges und formales Element ließe sich nämlich wiederum aus dem eigentlichen Gesetzeswortlaut nicht ableiten. Vielmehr ist z. B. dann von einer Erforderlichkeit der (auch) ambulanten Einbeziehung von Krankenhäusern auszugehen, wenn bei der Versorgung bestimmter Gruppen von chronisch Erkrankten ohnehin mit häufigen stationären Krankenhausaufenthalten zu rechnen ist. 484 Die Zielsetzung bei der Schaffung des § 116b Abs. 1 SGB V war es ja gerade, die Versorgung „aus einer Hand“ zu ermöglichen. 485 481
Vgl. Grüne, in: Halbe / Schirmer, Diesease-Management-Programme, Rdnr. 15. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung, BT-Drucks. 14/6432, S. 10. 483 Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 119. 484 Vgl. Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 116b, Rdnr. 3. 482
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
3. Vertrag nach § 116b Abs. 1 S. 1 SGB V Nach § 116b Abs. 1 S. 1 SGB V ist es den Krankenkassen oder ihren Landesverbänden unter den genannten Voraussetzungen erlaubt, mit zugelassenen Krankenhäusern Verträge über ambulante ärztliche Leistungen abzuschließen. Diese Möglichkeit ist unmittelbar und zwingend mit der Teilnahme an einem einschlägigen strukturierten Behandlungsprogramm verknüpft. Man kann § 116b Abs. 1 SGB V somit systematisch als Annex bzw. Ergänzung zu den davor entstandenen Regelungen in §§ 137f und 137g SGB V verstehen. 486 In § 116b Abs. 1 S. 2 SGB V wird bestimmt, dass für die sächlichen und personellen Anforderungen an die ambulante Leistungserbringung für das Krankenhaus die Mindestvoraussetzungen nach § 135 SGB V entsprechend Gültigkeit haben. 4. Verhältnis zur vertragsärztlichen Versorgung Hinsichtlich des Verhältnisses zur vertragsärztlichen Versorgung kann auf die obigen Ausführungen zu §§ 115a und 115b SGB V verwiesen werden. Im Ergebnis bedeutet dies: Die Möglichkeit zu einem Vertragsschluss nach § 116b Abs. 1 S. 1 SGB V besteht ohne Ansehen der ambulanten Bedarfsplanung nach §§ 99 ff. SGB V. Eine Zulassungssperre für Vertragsärzte mit (formal) vergleichbaren Leistungen hat hier keine Wirksamkeit. Sofern und soweit ein Krankenhaus eine vertragliche Bindung über die Erbringung ambulanter ärztlicher Leistungen nach § 116b Abs. 1 S. 1 SGB V eingeht, kann dies die Bedarfssituation für persönliche Ermächtigungen von Krankenhausärzten nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV beeinflussen. 5. Vergütung § 116b Abs. 1 SGB V trifft selbst keine Regelung dazu, wie die vertragsgemäß erbrachten Leistungen der jeweiligen Krankenhäuser zu vergüten sind. Die Vorgaben des § 116b Abs. 5 SGB V betreffen ihrerseits nach dessen Satz 1 ausdrücklich nur die Leistungen nach Abs. 2. Hieraus könnte man einerseits folgern, dass die Leistungen entsprechend der jeweiligen vertraglichen Regelung unmittelbar durch die Krankenkassen zu vergüten sind. 487 Andererseits könnte man den Umkehrschluss ziehen, aufgrund ei485 Siehe auch hierzu die Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 119. 486 So auch Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 116b, Rdnr. 3. 487 So Hencke, in: Peters, SGB V, § 116b, Rdnr. 2.
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nes fehlenden Hinweises entsprechend der Regelung des § 116b Abs. 5 SGB V seien Vergütungsansprüche für ambulante Leistungen nach § 116b Abs. 1 SGB V „normal“ aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung zu begleichen. 488 Gegen die zuletzt geschilderte Auffassung spricht jedoch, dass es systemwidrig wäre, wenn ein Leistungserbringer aufgrund einer vertraglichen Regelung allein mit einzelnen Krankenkassen oder mit ihren Landesverbänden an der Verteilung der vertragsärztlichen Gesamtvergütung partizipieren würde. Verträge nach § 116b Abs. 1 SGB V stehen ja gerade außerhalb des vertragsärztlichen Systems. Sie haben folglich Maßgaben zur Vergütung der Leistungen des Krankenhauses unmittelbar durch die Krankenkassen zu enthalten.
IV. Ambulante Behandlung im Krankenhaus gemäß § 116b Abs. 2 SGB V Eine gegenüber dem vorausgehend erörterten § 116b Abs. 1 SGB V völlig eigenständige und zudem zentrale Rolle in der Fortentwicklung sektorenübergreifender Versorgungsstrukturen nimmt die Regelung des § 116b Abs. 2 SGB V ein. Die Möglichkeit speziell zur ambulanten Erbringung „hochspezialisierter Leistungen sowie zur Behandlung seltener Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Verläufen“ im Krankenhaus wurde mit Wirkung zum 01. 01. 2004 durch das GMG 2003 geschaffen. 489 Im Gegensatz zur heutigen Fassung sah die ursprüngliche Version der Vorschrift eine unmittelbare vertragliche Regelung der Krankenkassen bzw. ihrer Verbände mit den zugelassenen Krankenhäusern über die Leistungserbringung vor. Eine wesentliche Zielsetzung diverser Neuregelungen des GMG 2003 und auch der Einführung von § 116b Abs. 2 SGB V war es, durch die Erschließung von „Effizienzreserven“ Einsparungen im Gesamtsystem der GKV zu erreichen. Weiterhin sollten aber im Rahmen des Wettbewerbs auch diejenigen Versorgungsformen gestärkt werden, die den Erfordernissen der Patienten bestmöglich entsprechen. 490 Dieses qualitätsbezogene Element ist gerade im Hinblick auf die von § 116b Abs. 2 SGB V adressierten Behandlungsleistungen von besonderer Bedeutung. Bei den so genannten „hochspezialisierten Leistungen“ kann die ambulante Erbringung im Krankenhaus oftmals sinnvoll sein, da durch die dort vorhandenen kompetenten Zentren der Versorgung regelmäßig bereits eine hohe „Strukturqualität“ besteht. 491 Des Weiteren ist an die erhöhte Hintergrundsicher488 So im Ergebnis Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 116b, Rdnr. 6. 489 BGBl. I 2003, S. 2190, 2217 f. 490 Vgl. Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 74. 491 Vgl. Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 74.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
heit durch die jederzeit in Gänze zur Verfügung stehenden Krankenhauseinrichtungen zu denken. Schließlich ist der Vorteil einer erleichterten ambulanten Versorgung im Krankenhaus bei denjenigen Krankheitsbildern offenkundig, die ohnehin regelmäßig eine vergleichsweise hohe Anzahl an stationären Aufenthalten zur Folge haben. Die vielfach erwähnte Versorgung „aus einer Hand“ kann gerade hier dazu beitragen, eine verbesserte Behandlung chronisch erkrankter Patienten zu erreichen. § 116b Abs. 2 SGB V wurde mit dem GKV-WSG zum 01. 04. 2007 maßgeblich verändert. 492 Die Zielsetzung der besonderen Förderung von „hochspezialisierten“ ambulanten Behandlungsleistungen im Krankenhaus blieb dabei erhalten. Das bisherige „Vertrags- oder Einkaufsmodell“ wurde jedoch durch eine an besondere Kriterien geknüpfte gesetzliche Berechtigung der Krankenhäuser zur ambulanten Versorgung ersetzt. Die Regelung sieht nunmehr vor, dass ein Krankenhaus zur ambulanten Behandlung berechtigt ist, wenn und soweit es im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes dazu bestimmt wurde. Hintergrund der Neufassung des § 116b Abs. 2 SGB V war, dass dessen ursprüngliche Möglichkeiten seitens der Krankenkassen nur sehr eingeschränkt wahrgenommen worden waren. 493 Diese weit hinter den Erwartungen zurückgebliebene Entwicklung war auf den ersten Blick überraschend. Schließlich entspricht die vermehrte Übertragung der direkten Vertragskompetenz auf die Krankenkassen einer weit verbreiteten und langjährigen Forderung derselben. Der mäßige Erfolg des § 116b Abs. 2 SGB V a. F. wird jedoch vor dem Hintergrund des ja nach wie vor bestehenden „Sicherstellungsmodells“ im ambulanten Versorgungsbereich zumindest retrospektiv nachvollziehbar. Wie bereits dargestellt wurde, entrichten die Krankenkassen die Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung mit befreiender Wirkung an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung. De facto beruhte die Berechnung der Höhe der Gesamtvergütung in der Vergangenheit regelmäßig und maßgeblich auf festbetragsähnlichen Kopfpauschalen. Die Morbidität der versorgten Versicherten und die tatsächlich zu erbringenden Behandlungsleistungen spiegelten sich also – wenn überhaupt – nur sehr eingeschränkt wider. Vertragsabschlüsse neben dem vertragsärztlichen Bereich nach § 116b Abs. 2 SGB V a. F. hätten in einer finanziellen Mehrbelastung der Krankenkassen resultiert. Eine prospektive Neuverhandlung der Gesamtvergütungen unter der Beachtung der ambulanten Leistungen der jeweiligen Krankenhäuser wäre zwar grundsätzlich denkbar gewesen. Dieser Weg wurde aber offenbar von vorneherein vermieden. Neben den mit einer rechnerischen Ausgliederung verbundenen Detailproblemen dürfte dies nicht zuletzt im Hinblick auf die zu erwartende massive Gegenwehr der Kassenärztlichen Vereinigungen geschehen sein. Nach anfängli492 493
BGBl. I 2007, S. 378, 407. Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 139.
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cher Offenheit zumindest einiger Krankenkassen bzw. -verbände gegenüber den Möglichkeiten des § 116b Abs. 2 SGB V a. F. wurde dessen Umsetzung später komplett aufgegeben. Im Vorfeld des offiziellen Entwurfs zum GKV-WSG war politisch noch diskutiert worden, der geschilderten Problematik mit einer „Anschubfinanzierung“ analog der Regelungen zur integrierten Versorgung zu begegnen. Später ist dieser Ansatz aber zugunsten der kompletten Neustrukturierung des § 116b Abs. 2 SGB V verworfen worden. Gerade § 116b Abs. 2 SGB V ist zum Gegenstand der Diskussion um verfassungsrechtliche Grenzen für die „neuen Versorgungsstrukturen“ geworden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hatte schon zu § 116b Abs. 2 SGB V a. F. erklärt, dieser sei u. a. deshalb materiell verfassungswidrig, da er eine Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante Versorgung ermögliche, selbst wenn keine Versorgungslücke bestehe. 494 Die Umsetzung auch von § 116b Abs. 2 n. F. SGB V verlief lange Zeit mehr als schleppend. So waren beispielsweise am 02. 03. 2010 gegenüber 3.500 bundesweit gestellten Anträgen lediglich 1.045 genehmigt. 495 Angesichts der Neufassung bereits zum 01. 04. 2007 ist das schon einigermaßen beachtlich. Diese Verzögerung hat mehrere Gründe. Einerseits hat § 116b Abs. 2 SGB V mit der Einbeziehung der Krankenhausplanungsbehörden der Länder dort eine völlig neuartige Zuständigkeit geschaffen, was naturgemäß einigen Vorlauf zur Umsetzung nach sich zieht. Andererseits ist der Verzug auf die vehemente Ablehnung der Regelung seitens der Kassenärztlichen Vereinigungen, zahlreiche Androhungen von Klagen und die Drohung mit selektivem Boykott bei der Krankenhauseinweisung durch Vertragsärzte und nicht zuletzt die weiterhin kritische Haltung vieler Krankenkassen zurückzuführen. Nunmehr, da die Umsetzung tatsächlich einmal mehr oder weniger flächendeckend in Gang gekommen ist, kann man im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien zur 17. Legislaturperiode lesen, dass das Verfahren der Berechtigung zur ambulanten Versorgung nach § 116b Abs. 2 SGB V „kritisch überprüft“ werden solle. Ähnlich wie bei den Ankündigungen zur Einschränkung für die Krankenhäuser bei den Regelungen zum MVZ wird man abwarten müssen, was hier später im Detail folgen wird. Im Koalitionsvertrag schwören sich die Regierungsparteien ja andererseits auch ausdrücklich auf „Vielfalt und Wettbewerb in der Versorgung“ ein.
494 Vgl. http://www.kbv.de/presse/7356.html (Stand: 10. 05. 2010), die KBV stützte sich dabei auf ein gemeinsam mit dem Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Internistischen Onkologen in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten. Siehe hierzu ausführlich unten 3. Teil. 495 So die Online-Ausgabe der Ärztezeitung am 02. 03. 2010, http://www.aerztezeitung .de.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
1. Katalog erfasster Leistungen und Krankheitsbilder Die Berechtigung eines Krankenhauses zur ambulanten Behandlung nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V kann sich „lediglich“ auf die im Katalog nach Abs. 3 und 4 genannten hochspezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen erstrecken. Zielrichtung der Regelung ist es also nicht, die Krankenhäuser generell und allumfassend in das ambulante Versorgungsnetzwerk für gesetzlich Krankenversicherte einzubeziehen. Vielmehr werden die relevanten Leistungsbereiche unmittelbar per Gesetz oder aber ergänzend durch den Gemeinsamen Bundesausschuss definiert. Die gesetzliche Festlegung konkreter Leistungsbereiche in § 116b Abs. 3 SGB V wurde ursprünglich aufgenommen, um den Krankenkassen und Krankenhäusern eine möglichst schnelle Umsetzung der Optionen des § 116b Abs. 2 SGB V a. F. zu ermöglichen. Wie bereits erwähnt wurde, war dieser zunächst auf eine unmittelbare vertragliche Einigung zwischen der Seite der Kostenträger und der Seite der Leistungserbringer ausgerichtet. Inhaltlich blieb die Aufzählung auch nach der Neufassung durch das GKV-WSG unverändert. Genannt wird beispielsweise die Diagnostik und Versorgung von Patienten mit onkologischen Erkrankungen, mit HIV / Aids, mit Mukoviszidose und mit Hämophilie. Gemäß § 116b Abs. 4 S. 1 SGB V hat der Gemeinsame Bundesausschuss den gesetzlichen Katalog nach Abs. 3 (erstmalig zum 31. 03. 2004) um weitere Leistungen zu ergänzen. Maßgeblich für deren Aufnahme soll sein, dass der diagnostische oder therapeutische Nutzen der angewandten Methoden wissenschaftlich belegt ist. Des Weiteren muss sich die Erbringung im Krankenhaus als notwendig und wirtschaftlich darstellen. Bei der Untersuchung auf die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit einer ambulanten Versorgung im Krankenhaus sind ihre besonderen Merkmale im Vergleich zur vertragsärztlichen Leistungserbringung zu berücksichtigen. Der Blick in die Begründung zum Entwurf des GMG 2003 gibt näheren Aufschluss darüber, was mit der Formulierung des § 116b Abs. 4 S. 2 SGB V zum Ausdruck gebracht werden soll. 496 Bei der Entscheidungsfindung des Gemeinsamen Bundesausschusses sollen medizinische und auch monetäre Gesichtspunkte berücksichtigt werden: 497 Der Nutzen der jeweiligen Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden muss wissenschaftlich belegt sein. Darüber hinaus muss die Erbringung im Krankenhaus sich als medizinisch notwendig darstellen. Wichtige Hinweise hierfür können beispielsweise die schon erwähnte Hintergrundsicher496 Hilfreich zum Verständnis der Zielrichtung der Regelung ist angesichts der etwas unklaren Formulierung des § 116b Abs. 4 S. 2 SGB V die Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 120. 497 Vgl. auch BSG, Urt. v. 27. 03. 2007, SozR 4 – 2500 § 116b Nr. 1; Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 116b, Rdnr. 12 f.
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heit oder die vorhandene besondere Strukturqualität sein. Für eine Behandlung im Krankenhaus kann aber nach dem ausdrücklichen Hinweis in der Begründung ebenso sprechen, wenn bestimmte Leistungen bislang stationär erbracht wurden und nunmehr ambulant möglich sind. Halten die Krankenhäuser kostspielige Ressourcen für diese Leistung ohnehin schon vor, so ist dieses vornehmlich wirtschaftliche Argument für die Gesamtbetrachtung von maßgeblicher Bedeutung. 498 Der gemeinsame Bundesausschuss hat den Katalog entsprechend § 116b Abs. 4 S. 3 SGB V in Form einer Richtlinie umgesetzt. Sie war in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher Ergänzungen und enthält unter anderem Maßgaben zu sächlichen und personellen Anforderungen an die Krankenhäuser. Nach § 116b Abs. 4 S. 5 SGB V hat der Gemeinsame Bundesausschuss den gesetzlichen Katalog nach Abs. 3 und den Inhalt der Richtlinie spätestens alle zwei Jahre zu überprüfen und ggf. an neue Erkenntnisse anzupassen. Hierin liegt allerdings keine Ermächtigung, den unmittelbar gesetzlich festgelegten Katalog nach § 116b Abs. 3 SGB V einzuschränken. 499 Hierauf hat das BMG zu Recht in einem Schreiben vom 04. 07. 2007 an die Gesundheitsbzw. Sozialministerien der Länder hingewiesen. 500 Hintergrund war insbesondere die Diskussion um die in § 116b Abs. 3 Nr. 2 SGB V an erster Stelle genannten „onkologischen Erkrankungen.“ Diese Formulierung wurde teilweise als zu weitgehend kritisch kommentiert. Es bestanden vor diesem Hintergrund offenbar Bestrebungen, lediglich „seltene“ oder ausgewählte Tumorerkrankungen unter dieses Merkmal zu fassen bzw. eine entsprechende Bestimmung in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu etablieren. 2. Bestimmung zur ambulanten Behandlung In § 116b Abs. 2 SGB V sind die grundlegenden Maßgaben für das Verfahren zur Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten Behandlung enthalten. Die Entscheidung erfolgt nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V „im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes“ und „unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation.“ § 116b Abs. 2 S. 3 SGB V gibt ergänzend vor, dass eine 498
Vgl. Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 120. Weimer, § 116b Abs. 2 – 5 SGB V – Die wa(h)re Wettbewerbsstärkung, Pflege- und Krankenhausrecht 2007, 57, 59. 500 In dem Schreiben wurde zudem inhaltlich aus Sicht des BMG erläutert, warum beim Entwurf der Neufassung des § 116b SGB V durch das GKV-WSG bewusst von einer Einschränkung bei den onkologischen Erkrankungen abgesehen worden sei. Eine solche Einschränkung sei als hemmend für die gewünschte Etablierung und Stärkung gerade onkologischer Krankenhausambulanzen bewertet worden. Deren Infrastrukturkosten stünden für Krankenhäuser nur bei einer breiteren Behandlungsmöglichkeit in einem angemessenen Verhältnis zu den Erlösmöglichkeiten. 499
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
einvernehmliche Bestimmung mit den an der Krankenhausplanung unmittelbar Beteiligten anzustreben ist. Nach § 116b Abs. 2 S. 2 SGB V darf kein Krankenhaus positiv beschieden werden, wenn und soweit es „nicht geeignet“ zur jeweiligen ambulanten Leistungserbringung ist. Als erstes Resümee lässt sich festhalten, dass § 116b Abs. 2 SGB V von einer Vielzahl klärungsbedürftiger Rechtsbegriffe durchzogen ist. Neben den hierzu ausgetauschten Meinungen im Schrifttum liegen auch bereits einschlägige gerichtliche Entscheidungen vor. a) Antrag eines zugelassenen Krankenhauses Wie sich aus dem Wortlaut des § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V ergibt, muss das Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V zugelassen sein. Des Weiteren muss ein Antrag vorliegen. Es steht also zur Disposition des Krankenhauses, ob und inwieweit von den Möglichkeiten des § 116b Abs. 2 SGB V Gebrauch gemacht werden soll. b) Im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes Die Kranhausplanung als Domäne der Länder bezieht sich normalerweise nicht auf den ambulanten, sondern vornehmlich auf den stationären Bereich. Nach § 6 Abs. 1 i.V. m. § 1 Abs. 1 KHG stellen die Länder Krankenhauspläne auf, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen zu gewährleisten. Der Krankenhausbegriff des KHG gemäß § 2 Nr. 1 KHG bezieht sich ausdrücklich auf Einrichtungen, die auf eine Unterbringung der Patienten eingerichtet sind. Näheres zur Krankenhausplanung bestimmen nach § 6 Abs. 4 KHG die Länder in eigener Verantwortung. Wenn § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V nun besagt, dass die Bestimmung zur ambulanten Behandlung gleichfalls im Rahmen der Krankenhausplanung des jeweiligen Landes zu erfolgen hat, so obliegt es auch hier den Ländern, das Verfahren im Detail zu gestalten. Dem Verweis ist nicht zu entnehmen, dass die jeweils gültigen Grundsätze der („klassischen“) Krankenhausplanung unverändert und in Gänze auf das neu hinzugekommene Aufgabenfeld anzuwenden wären. Gegen ein solches Verständnis spricht schon, dass die stationäre und die ambulante Versorgungslandschaft sachlich völlig unterschiedlich zu betrachten sind. Auch in rechtlicher Hinsicht gehen im Übrigen die in § 116b SGB V getroffenen Maßgaben zur Entscheidungsfindung als eigenständige und spezielle Regelungen dem Krankenhausplanungsrecht vor. 501 Das Bundesrecht gibt selbst auch gerade keine konkrete zur Entscheidung berufene Stelle im Land vor. 502 Die Formulierung des § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V 501 Vgl. Positionen der DKG zur Umsetzung des § 116b SGB V nach In-Kraft-Treten des GKV-WSG, das Krankenhaus 2007, 411, 413.
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ist als eine „dynamische“ Zuständigkeitszuweisung zu verstehen. Sie führt dazu, dass die nach Landesrecht zur (stationären) Krankenhausplanung berufene Behörde auch die Entscheidung über die Bestimmung zur ambulanten Versorgung zu treffen hat. 503 In Niedersachsen ist dies beispielsweise nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nds. KHG das Sozialministerium. Im Bereich des Krankenhausplanungsrechts sieht § 7 Abs. 1 S. 2 KHG vor, dass bei der Aufstellung von Krankenhausplänen eine einvernehmliche Regelung mit den unmittelbar Beteiligten anzustreben ist. Diese Formulierung hat der Gesetzgeber bewusst in § 116b Abs. 2 S. 3 SGB V für die Bestimmung zur ambulanten Behandlung nach Abs. 2 S. 1 übernommen. „Einvernehmen anzustreben“ bedeutet in diesem Zusammenhang eine sehr weitgehende Form der Mitwirkung. Gemeint ist mehr als die bloße Anhörung oder die Herstellung des Benehmens. Die bestimmende Stelle muss ernsthafte Bemühungen anstellen, sich mit den unmittelbar Beteiligten zu einigen. 504 Wer an der Krankenhausplanung „unmittelbar beteiligt“ ist, bestimmt sich nach der jeweiligen landesrechtlichen Ausgestaltung. 505 In Niedersachsen sind dies beispielsweise die Kommunalen Spitzenverbände, die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft, die Arbeitsgemeinschaft der Sozialversicherungsträger Niedersachsens und der Landesausschuss des Verbands der privaten Krankenversicherung. Diese bilden gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 Nds. KHG gemeinsam mit dem Landes-Sozialministerium den so genannten Planungsausschuss. Die landesindividuellen Regelungen sind abschließend. Insbesondere ist nicht jeder, dessen Interessen (auch maßgeblich) durch die Krankenhausplanung berührt werden, „unmittelbar beteiligt.“ Dies wird nicht zuletzt mit Blick auf § 7 Abs. 1 S. 1 KHG deutlich. Hier wird generell eine Zusammenarbeit der Krankenhausplanungsbehörde mit den an der Krankenhausversorgung „Beteiligten“ vorgeschrieben. Ausdrücklich nur mit den „unmittelbar Beteiligten“ ist aber dann nach § 7 Abs. 1 S. 2 KHG eine einvernehmliche Regelung anzustreben. Mit entsprechender Begründung haben auch das Sozialgericht Hamburg und das Landessozialgericht Hamburg den von der dortigen Kassenärztlichen Vereinigung angestrebten einstweiligen Rechtsschutz versagt. 506 Erreicht werden solle die förmliche Beteiligung 502 Vgl. Quaas / Dietz, Die Bestimmung des Krankenhauses zur ambulanten Behandlung nach § 116b Absatz 2 SGB V, f&w 2007, 442, 443. 503 Ebenso die Positionen der DKG zur Umsetzung des § 116b SGB V nach In-Kraft-Treten des GKV-WSG, das Krankenhaus 2007, 411, 413. 504 So ausdrücklich die Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 139. 505 Vgl. ebenfalls die Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, ebenda, S. 139 f., die beispielhaft die Rechtslage in einigen Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen etc.) aufgreift. 506 SG Hamburg, Beschl. v. 08. 10. 2007, GesR 2007, 536; LSG Hamburg, Beschl. v. 11. 02. 2008, GesR 2008, 212. Der guten Ordnung halber ist anzumerken, dass die Kassen-
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im Sinne des § 116b Abs. 2 S. 3 SGB V am Verfahren zur Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung. Die Kassenärztliche Vereinigung war jedoch nach dem einschlägigen hamburgischen Krankenhausplanungsrecht eben nicht „unmittelbar beteiligt.“ Zu Recht haben beide Gerichte des Weiteren in den Gründen darauf hingewiesen, dass ein Recht auf förmliche Beteiligung auch nicht aus § 12 Abs. 2 S. 2 SGB X abzuleiten sei. Zwar mögen die Interessen der Kassenärztlichen Vereinigung durch die Beschlussfassungen der Krankenhausplanungsbehörde nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V durchaus betroffen sein. Die Entscheidungen haben jedoch für sie keine rechtsgestaltende Wirkung. Inhaltlich ähnlich wie die hamburgische Sozialgerichtsbarkeit haben sich – wenn auch in einer etwas anderen prozessualen Situation 507 – das Sozialgericht Hannover 508 und das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen 509 geäußert. Sofern ein Einvernehmen mit den unmittelbar an der Krankenhausplanung Beteiligten nicht erreicht werden kann, gilt dasselbe wie im Falle der klassischen Krankenhauplanung. Das Letztentscheidungsrecht liegt bei der zuständigen Landesbehörde. Das ergibt sich im Umkehrschluss schon aus der Formulierung des § 116b Abs. 2 S. 3 SGB V selbst, der zwar eine hochwertige Form der Beteiligung, aber eben kein Einvernehmen vorschreibt. Auch die Begründung zum Entwurf des GKV-WSG weist explizit auf diesen Umstand hin. 510 c) Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation Die Bestimmung zur ambulanten Leistungserbringung erfolgt gemäß § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V „unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation.“ Dieser Wortlaut lässt zunächst einmal vermuten, dass eine – wie auch immer geartete – Orientierung der bestimmenden Behörde an der örtlich bestehenden vertragsärztlichen Versorgungslandschaft und somit auch am jeweiligen Bedarf erfolgen soll. Der Begründung zum Gesetzentwurf kann man dann aber wörtlich das Folgende entnehmen: „Eine Bedarfsprüfung erfolgt nicht.“ 511 ärztliche Vereinigung Hamburg im Rahmen des dortigen Verfahrens zur „Bestimmung“ von Krankenhäusern aufgrund ihrer Sachkunde durchaus nicht ausgeschlossen war. Zwei Vertreter sollten – allerdings eben lediglich mit beratendem Gaststatus – an den Beratungsgesprächen des zuständigen Landesausschusses teilnehmen. 507 Hier hatte sich das betroffene Krankenhaus mit dem Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung eines „Zulassungsbescheids“ nach § 116b Abs. 2 SGB V an das zuständige Sozialgericht gewandt, nachdem aufgrund einer Anfechtungsklage durch die Kassenärztliche Vereinigung zunächst die aufschiebende Wirkung eingetreten war. 508 SG Hannover, Beschl. v. 04. 02. 2009 – S 16 KA 654/08 ER (erhältlich in juris). 509 LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 25. 05. 2009 – L 4 KR 116/09 B ER. 510 Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 140. 511 Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 139.
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Allein aus dem Wortlaut des Gesetzes selbst heraus lässt sich zumindest festhalten, dass eine unmittelbare Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen auch durch die Formulierung des § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V in keiner Weise impliziert wird. Des Weiteren ist schon bei natürlichem Verständnis offensichtlich, dass mit der „Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation“ keine formale und zwingende Orientierung an der vertragsärztlichen Bedarfsplanung im Sinne des § 99 SGB V gemeint sein kann. Einerseits spricht der Gesetzgeber hier nämlich gerade nicht von der vertragsärztlichen „Bedarfsplanung“, sondern von der „Versorgungssituation“ und hat somit eine klare Unterscheidung getroffen. Andererseits belässt eine vorgeschriebene „Berücksichtigung“ bestimmter Umstände der entscheidenden Stelle begrifflich einen eigenen Bewertungsspielraum. Ein solches Verständnis steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Dieses hat schon mit Urteil vom 14. 05. 1992 zum zwischenzeitlich aufgehobenen § 122 SGB V (Vorschrift über die Beplanung medizinisch-technischer Großgeräte) ausgeführt, dass eine normierte „Berücksichtigung“ bedeute, dass die jeweils gemeinten Umstände in Betracht zu ziehen seien und man sich mit ihnen sachlich auseinanderzusetzen habe. Nach pflichtgemäßer Abwägung könne man jedoch auch von ihnen bzw. von dem durch sie implizierten Ergebnis abweichen. 512 Damit ist immerhin geklärt, was mit der „Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation“ nicht gemeint ist. Fraglich bleibt aber dann immer noch, was denn darunter zu verstehen sein könnte und welcher Sinn dem Ganzen überhaupt zukommt, wenn es denn eine Bedarfsprüfung ausdrücklich nicht geben soll. Teilweise wird insofern vertreten, die Planungsbehörde könne einen Antrag nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V nicht unter Hinweis auf eine bereits suffiziente Versorgung im vertragsärztlichen Bereich negativ bescheiden. Angesichts des Ausschlusses einer Bedarfsprüfung komme der Formulierung allenfalls eine verfahrensrechtliche Bedeutung zu. 513 Für eine solche Argumentationslinie spricht, dass der Sinn der Beteiligung von Krankenhäusern an der ambulanten Versorgung im Rahmen von § 116b Abs. 2 SGB V eben nicht die Schließung örtlicher Bedarfslücken war. Vielmehr sollte für ausgewählte Indikationen die ambulante Krankenhausbehandlung als eigenständiges Versorgungsangebot neben dem vertragsärztlichen Bereich etabliert werden. 514 Gegen das geschilderte Normverständnis ist allerdings anzuführen, dass dann die Formulierung in ihrer Wirkung 512 BSGE 70, 285, 296; ebenso BSGE 86, 126, 136 f.; vgl. auch Mohr, Ambulante Behandlung nach § 116b SGB V, Krankenhaus Umschau 2007, 444, 445; Möller, § 116b Absatz 2 und die „Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation“, das Krankenhaus 2007, 1103, 1108. 513 Vgl. Thomae, Erhebliche Rechtsunsicherheiten – Ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V, KU Gesundheitsmanagement 2008, 38, 39. 514 Quaas / Dietz, Die Bestimmung des Krankenhauses zur ambulanten Behandlung nach § 116b Absatz 2 SGB V, f&w 2007, 442, 444 f. weisen zu Recht auf diesen Aspekt hin. Sie kommen schließlich zu dem Ergebnis, dass angesichts der bestehenden Wi-
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
komplett ins Leere liefe. Würde man der „Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation“ eine allein „verfahrenstechnische“ Rolle zuerkennen und schon die rechtliche Möglichkeit einer ablehnenden Entscheidung verneinen, so wäre das im Ergebnis eine Auslegung gegen den Wortlaut der Vorschrift. Ein solches Normverständnis kann auch nicht durch einen (wenn auch gewichtigen) Hinweis aus den Gesetzgebungsmaterialien gedeckt werden. Nach einer anderen Auffassung hat bei der bestimmenden Stelle ein Abwägungsprozess darüber zu erfolgen, ob die vertragsärztliche Versorgungssituation einer Teilnahme des Krankenhauses an der ambulanten Behandlung entgegensteht. Dabei sei aber die Intention des Gesetzgebers, die Krankenhäuser für die ambulante Behandlung in ausgewählten Bereichen zu öffnen, einzubeziehen. Es sei daher schwerlich eine Situation vorstellbar, in der einem Krankenhaus die Berechtigung zur ambulanten Behandlung nicht zuzuerkennen sei. 515 Dieser Sichtweise ist zuzustimmen. Wenn die bestimmende Behörde nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V unter der „Beachtung der vertragsärztlichen Versorgungssituation“ zu agieren hat, so eröffnet ihr dies auf der Seite der Tatbestandsvoraussetzungen einen Beurteilungsspielraum. 516 Dieser Spielraum wird jedoch durch die Zielrichtung der Norm bereits in hohem Maße eingeschränkt. Der Gesetzgeber sieht für den Bereich der hochspezialisierten Leistungen, der seltenen Erkrankungen und bei Erkrankungen mit besonderen Verläufen im Sinne von § 116b Abs. 2 S. 1, Abs. 3, Abs. 4 S. 1 SGB V einen grundsätzlichen Bedarf für die Teilnahme der Krankenhäuser an der ambulanten Versorgung. Des Weiteren war und ist es das erklärte Ziel, den Wettbewerb der verschiedenen Versorgungsformen zu fördern. Eine Ablehnung durch die bestimmende Behörde wäre demnach lediglich in besonders gelagerten Einzelfällen denkbar. 517 Der Hinweis in der Begründung zum Gesetzentwurf dazu, dass eine „Bedarfsprüfung“ nicht stattzufinden habe, bleibt auch bei einer solchen Auslegung durchaus bedeutsam. Er unterstützt die Ausführungen zur Bedeutung des Rechtsbegriffs der „Berücksichtigung“ der vertragsärztlichen Versorgungssituation im Kontext des § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V. Stellt die Kassenärztliche Vereinigung Informationen zur vertragsärztlichen Versorgungssituation zur Verfügung, 518 so muss und darf die entscheidende Behörde diese nicht als vermeintlich zwingende Maßgabe für ihre Beurteilungsentscheidung behandeln und damit am dersprüche eine Auslegung des Merkmals der „Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation“ rein spekulativ wäre. 515 Mohr, Ambulante Behandlung nach § 116b SGB V, Krankenhaus Umschau 2007, 444, 445. 516 So auch Möller, § 116b Absatz 2 und die „Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation“, das Krankenhaus 2007, 1103, 1104 f. 517 In praktischer Hinsicht besteht somit letztendlich kaum ein Unterschied zu der Auffassung, die in dem Merkmal ein lediglich verfahrensrechtliches Element sieht. 518 Dies dürfte die Regel sein, denn natürlich ist sie hierfür die kompetente Stelle.
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Ende mittelbar doch die Bedarfsplanung im Sinne von § 99 SGB V zur Anwendung bringen. Als logische Folge der Abkopplung von der vertragsärztlichen Bedarfsplanung 519 ist eine Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten Behandlung auch dort möglich, wo aus Sicht der vertragsärztlichen Bedarfsplanung bereits eine Überversorgung besteht. Wie bereits angedeutet wurde, wird dieser Aspekt z. B. von Seiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung kritisch betrachtet und als verfassungswidrige Benachteiligung der weiterhin in das System der Bedarfsplanung eingebundenen Vertragsärzte gesehen. Die Auseinandersetzung hiermit wird an anderer Stelle noch gesondert erfolgen. 520 d) Eignung des Krankenhauses Gemäß § 116b Abs. 2 S. 2 SGB V darf eine Bestimmung des Krankenhauses zur ambulanten Versorgung nicht erfolgen, wenn und soweit es hierfür nicht geeignet ist. Die Regelung ist im Zusammenhang mit § 116b Abs. 3 S. 2 SGB V zu lesen. Danach gelten die sächlichen und personellen Anforderungen an die ambulante Leistungserbringung im vertragsärztlichen Bereich entsprechend. Nach § 116b Abs. 4 S. 4 SGB V hat der gemeinsame Bundesausschuss darüber hinaus weitergehende Anforderungen im Rahmen von Richtlinien aufzustellen. Es fällt ins Auge, dass der Gesetzgeber nicht etwa eine Formulierung gewählt hat, nach der „nur ein geeignetes Krankenhaus“ zur ambulanten Versorgung zu bestimmen wäre. Zumindest in der sprachlichen Tendenz nähert sich § 116b Abs. 2 S. 2 SGB V vielmehr einer „Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt“ an. Der Gesetzgeber geht also offenbar eher von einer Eignung der zugelassenen Krankenhäuser zur Erbringung ambulanter Behandlungsleistungen, denn von ihrer Nichteignung aus. Es besteht daher auch die Auffassung, dass es bei einer ablehnenden Entscheidung Aufgabe der Krankenhausplanungsbehörde des Landes sei, darzulegen und nachzuweisen, dass die vom Gesetzgeber grundsätzlich angenommene Geeignetheit nicht vorliege. 521 Dem wird entgegengehalten, dass die Planungsbehörde bei ihrer Prüfung im jeweiligen Einzelfall darauf angewiesen sei, Informationen zur sächlichen und personellen Ausstattung in Händen zu halten. Diese könne sie nur vom Krankenhaus erhalten. Im Ergebnis verbleibe es beim Krankenhaus, im Falle auftretender Zweifel die Voraussetzungen seiner Eignung darzulegen. 522 Dem ist angesichts 519 Siehe hierzu auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 01. 11. 2010, MedR 2011, 315, 317. 520 Siehe unten unter Gliederungspunkt C. 521 Positionen der DKG zur Umsetzung des § 116b SGB V nach In-Kraft-Treten des GKV-WSG, das Krankenhaus 2007, 411.
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der detaillierten Vorgaben gerade der „Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V“ 523 auch grundsätzlich zuzustimmen. Das Vorliegen der Voraussetzungen kann die entscheidende Behörde nur anhand von entsprechenden Informationen aus dem Krankenhaus nachvollziehen. Läge die Darlegungs- und Beweislast von vorneherein und in Gänze bei ihr, so könnte sie die ihr übertragene Aufgabe schlichtweg nicht erfüllen. Gleichwohl verbleibt es dabei, dass der Wortlaut des Gesetzes bereits zu erkennen gibt, dass ein zugelassenes Krankenhaus im Zweifel zur ambulanten Versorgung geeignet ist. In Fällen, in denen es bei einem antragstellenden Krankenhaus nicht an einem klar zu definierenden sächlichen, personellen oder qualitativen Kriterium im Sinne von § 116b Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 4 SGB V mangelt, stellt sich die Lage deshalb anders dar. Auch dann mag der Planungsbehörde zwar je nach Lage des Einzelfalls ein gewisser Beurteilungsspielraum verbleiben. Wollte sie hierbei aber eine Geeignetheit im Ergebnis verneinen, so läge die Darlegungs- und Beweislast in der Tat auf ihrer Seite. Hierbei wären angesichts der vom Gesetzgeber gewollten Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung äußerst hohe inhaltliche Anforderungen an die Begründung der Bewertung zu stellen. Auch dieser Grundsatz ist seinerseits nicht ohne Ausnahme. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf soll bei Krankenhäusern der Grundversorgung in der Regel nicht von einer Eignung auszugehen sein. 524 Ein solches Krankenhaus müsste also in jeder Beziehung die Voraussetzungen seiner („ausnahmsweise“ gegebenen) Eignung vortragen und belegen. e) Gebundene Entscheidung und Nebenbestimmungen Wenn § 116b Abs. 2 S. 2 SGB V davon spricht, dass Krankenhäuser im Rahmen der Krankenhausplanung zur ambulanten Versorgung „bestimmt“ werden, so stellt sich die Frage, ob der Planungsbehörde hierbei ein Ermessensspielraum zuzugestehen ist oder ob es sich um eine gebundene Entscheidung handelt. 525 Weder dem Wortlaut der Norm noch der Begründung zum Gesetzentwurf sind jedenfalls tragfähige Ansatzpunkte für ein Ermessen der bestimmenden Behörde 522 Quaas / Dietz, Die Bestimmung des Krankenhauses zur ambulanten Behandlung nach § 116b Absatz 2 SGB V, f&w 2007, 442, 445. 523 Siehe hierzu unten 2. Teil B. IV. 3. 524 Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 139. 525 Für eine gebundene Entscheidung vgl. beispielsweise: Quaas / Dietz, Die Bestimmung des Krankenhauses zur ambulanten Behandlung nach § 116b Absatz 2 SGB V, f&w 2007, 442, 443; Möller, § 116b Absatz 2 und die „Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation“, das Krankenhaus 2007, 1103, 1104 ff. Im Ergebnis offen: Wenner, Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante ärztliche Versorgung, GesR 2007, 337, 343.
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zu entnehmen. Überlegt man weiterhin, aus welchen pflichtgemäßen Ermessenserwägungen die Planungsbehörde einmal geneigt sein könnte, einen ablehnenden Bescheid zu erstellen, so kommt man auch hier letztlich auf die Kriterien der Eignung des Krankenhauses und des Bedarfs an seiner Teilnahme am ambulanten Versorgungssystem. Die Geeignetheit wird jedoch bereits auf der Seite der Normvoraussetzungen überprüft. Eine Bedarfsprüfung ist – wie gesagt – gerade nicht vorgesehen. Für einen Entscheidungsspielraum der Planungsbehörde auf der Seite der Rechtsfolgen verbleibt somit kein Raum. Liegen die Normvoraussetzungen zur Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten Versorgung gemäß § 116b Abs. 2 SGB V vor, so besteht ein Anspruch hierauf. Die Tatsache, dass die Bestimmung „im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes“ zu treffen ist, wird allerdings nach einer Auffassung als Hinweis darauf gesehen, dass möglicherweise die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Anspruch eines Krankenhausträgers auf Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes entsprechend heranzuziehen seien. Demnach könne man § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V so verstehen, dass zumindest im Falle der Antragstellung durch mehrere Krankenhäuser jedem lediglich ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung zustehe. 526 Dagegen spricht einerseits, dass § 116b Abs. 2 SGB V einen vom klassischen Krankenhausplanungsrecht zu unterscheidenden Rechtskreis regelt. Wie bereits ausgeführt wurde, ist der Verweis auf die Krankenhausplanung als Zuständigkeitszuweisung und nicht als inhaltlicher Verweis in das Krankenhausplanungsrecht zu verstehen. Des Weiteren ist erneut auf die Begründung zum Gesetzentwurf zu verweisen, nach der eine Bedarfsprüfung ausdrücklich nicht vorgesehen ist. 527 Auch wenn mehrere Krankenhäuser Anträge nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V stellen, so steht daher bei Vorliegen der Voraussetzungen jedem ein Anspruch auf Bestimmung zur ambulanten Versorgung zu. Die positive Entscheidung der Planungsbehörde stellt einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar. Der Sinn der Voraussetzung der „Geeignetheit“ nach § 116b Abs. 2 S. 2 SGB V ist es insbesondere, den gesetzlich Versicherten eine in sächlicher, personeller und sonstiger qualitativer Hinsicht suffiziente Versorgung zukommen zu lassen. Hieraus ergibt sich, dass es nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift notwendig ist, dass die Geeignetheit nicht nur im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegt. Vielmehr muss sie kontinuierlich gegeben sein. Vor diesem Hintergrund wird vertreten, dass es zulässig sei, den bestimmenden Verwaltungsakt nach § 32 Abs. 1 2. Alt. SGB X mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen. Dann sei später ein Widerruf mit Wirkung für die Zukunft gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt SGB X möglich. 528 Hierzu ist allerdings an526 Wenner, Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante ärztliche Versorgung, GesR 2007, 337, 343. 527 Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 139.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
zumerken, dass es bei Vorliegen aller Voraussetzungen zur Bestimmung zur ambulanten Behandlung nicht ersichtlich ist, wie ein Widerrufsvorbehalt noch sicherstellen sollte, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Nur in diesem Fall wäre eine solche Nebenbestimmung aber nach § 32 Abs. 1 2. Alt. SGB X zulässig. Man könnte grundsätzlich argumentieren, ein Widerrufsvorbehalt sei theoretisch dann rechtlich zu vertreten, wenn die Voraussetzungen zur Bestimmung tatsächlich noch nicht in Gänze vorliegen und die Behörde gleichwohl bereits einen positiven Bescheid erlassen möchte. 529 Angesichts der Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht wäre es allerdings wenig nachvollziehbar, wenn eine Behörde einen Verwaltungsakt erließe, obwohl doch die tatbestandlichen Voraussetzungen nach ihrer eigenen Prüfung noch gar nicht vorliegen. 530 Sowohl aus verwaltungsrechtlicher als auch aus verwaltungspraktischer Sicht bietet sich für solche Fallkonstellationen vielmehr die Bescheiderteilung unter einer aufschiebenden Bedingung an. Eine Befristung des zu erteilenden Verwaltungsakts ist nicht zulässig, denn es wäre nicht ersichtlich, wie sie entsprechend § 32 Abs. 1 2. Alt. SGB X sicherstellen sollte, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Im klaren Gegensatz zu §§ 116 S. 2, 116a SGB V hat der Gesetzgeber bei § 116b Abs. 2 SGB V zudem nicht eine Befristung per spezieller Regelung ausdrücklich zugelassen. 531 Somit scheidet auch § 32 Abs. 1 1. Alt. SGB X als Rechtsgrundlage aus. Obwohl Widerrufsvorbehalt und Befristung nicht zulässig sind, ist die Planungsbehörde im Falle des nachträglichen Wegfalls der Voraussetzungen der Geeignetheit im Sinne des § 116b Abs. 2 S. 2 SGB V natürlich nicht handlungsunfähig. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verlust der Voraussetzungen einer Eignung des Krankenhauses nach § 116b Abs. 2 S. 2 SGB V ist als eine solche wesentliche Änderung der Verhältnisse zu bewerten. 528
Quaas / Dietz, Die Bestimmung des Krankenhauses zur ambulanten Behandlung nach § 116b Absatz 2 SGB V, f&w 2007, 442, 445. 529 In diese Richtung am Rande der kritischen Anmerkungen zur Möglichkeit eines Widerrufsvorbehalts: Positionen der DKG zur Umsetzung des § 116b SGB V nach In-Kraft-Treten des GKV-WSG, das Krankenhaus 2007, 411, 416. 530 Mit dieser Tendenz zunächst auch Littmann, in: Hauck / Noftz, SGB X, § 32, Rdnr. 34, 36, der aber zu dem Ergebnis kommt, eine gewisse „Kollision“ nehme das Gesetz im Sinne einer flexiblen Verwaltungspraxis hin. 531 Siehe dort jeweils die Formulierung „solange.“ Dieser Unterschied im Wortlaut erklärt sich aus der systematisch gänzlich anderen Sachlage heraus. Im Unterschied zur Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V wird die Ermächtigung von Krankenhausärzten / Krankenhäusern ja als nachrangige Teilnahmeberechtigung am vertragsärztlichen System ausgesprochen.
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f) Rechtsmittel antragstellender und dritter Krankenhäuser Auf den ersten Blick könnte man die Frage aufwerfen, ob Krankenhäuser gegen eine (ggf. auch teilweise) ablehnende Entscheidung der Planungsbehörde nicht den Weg vor die Verwaltungsgerichte einzuschlagen hätten. Schließlich verweist § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V die Entscheidungsgewalt über die Bestimmung zur ambulanten Versorgung in den „Rahmen der Krankenhausplanung.“ Gegen den Bescheid über die Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausplan ist nach § 8 Abs. 1 S. 4 KHG ausdrücklich der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Wie schon dargelegt wurde, handelt es sich aber bei dem Verweis auf die Krankenhausplanung in erster Linie um eine Regelung der Zuständigkeit. Es sollen damit nicht die Rechtsgrundsätze des Krankenhausplanungsrechts zur Anwendung gebracht werden. Die im vorliegenden Kontext wesentlichen Normen entspringen mit § 116b SGB V selbst, mit den Regelungen zur vertragsärztlichen Versorgung auf die in der Norm mehrfach Bezug genommen wird und mit den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 116b Abs. 4 SGB V allesamt unmittelbar oder mittelbar dem SGB V. Auch bei einer sachlich orientierten Gesamtbetrachtung geht es um eine Konstellation, die sich vollständig im Themenkreis „GKV“ abspielt: Ein zur stationären Versorgung zugelassener Leistungserbringer soll auch zur ambulanten Behandlung gesetzlich Krankenversicherter bestimmt werden. Die spätere Leistungsvergütung ist nach § 116b Abs. 5 S. 1 SGB V durch die gesetzlichen Krankenkassen zu entrichten. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. SGG ist ein Rechtsstreit über Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen. 532 Eine Klage ist also durch das betroffene Krankenhaus vor dem örtlich zuständigen Sozialgericht zu erheben. 533 Statthafte Klageart ist die Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 3. Alt SGG. Grundsätzlich hat zwar ein Vorverfahren stattzufinden (vgl. § 78 Abs. 3 i.V. m. Abs. 1 SGG). Ein Vorverfahren ist jedoch entbehrlich, wenn es sich bei der Krankenhausplanungsbehörde nach der jeweiligen landesrechtrechtlichen Ausgestaltung um eine oberste Landesbehörde (z. B. das Landessozial- oder -gesundheitsministerium) handelt (vgl. § 78 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. SGG). Für einen Drittwiderspruch bzw. eine Drittanfechtungsklage anderer zugelassener Krankenhäuser gegen einen positiven Bescheid gegenüber dem jeweils 532 Als spezielle bundesgesetzliche Rechtswegzuweisung geht diese auch dem generalklauselartigen Zuständigkeitsverweis zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO vor. 533 Vgl. Quaas / Dietz, Die Bestimmung des Krankenhauses zur ambulanten Behandlung nach § 116b Absatz 2 SGB V, f&w 2007, 442, 445; Positionen der DKG zur Umsetzung des § 116b SGB V nach In-Kraft-Treten des GKV-WSG, das Krankenhaus 2007, 411, 416; LSG Hamburg, Beschl. v. 11. 02. 2008, GesR 2008, 212.
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antragstellenden Krankenhaus besteht kein Raum. Die „konkurrierenden“ Krankenhäuser sind nicht widerspruchs- bzw. klagebefugt, denn es steht ja jedem Krankenhaus bei Vorliegen der objektiven Voraussetzungen ein Anspruch auf Bestimmung zur ambulanten Versorgung zu. 534 Anders als im Rahmen der stationären Krankenhausplanung 535 besteht keine potentielle Verdrängungskonstellation. Anhaltspunkte für eine „drittschützende Tendenz“ kann man insofern aus § 116b Abs. 2 SGB V auch nicht ableiten. 3. Anforderungen gemäß der Richtlinie nach § 116b Abs. 4 SGB V Der Gemeinsame Bundesausschuss hat aufgrund von § 116b Abs. 4 S. 1 f. SGB V den Katalog nach Abs. 3 zu ergänzen. Aus § 116b Abs. 3 S. 2 SGB V ergibt sich, dass die sächlichen und personellen Anforderungen für die vertragsärztliche Versorgung auch für die Krankenhäuser entsprechend gelten. § 116b Abs. 4 S. 3 2. HS. SGB V verdeutlicht, dass es sich hierbei um Mindestanforderungen handelt. 536 Nach § 116b Abs. 4 S. 3 1. HS. SGB V 537 sind in den Richtlinien nämlich explizit zusätzliche sächliche und personelle Anforderungen sowie einrichtungsübergreifende Maßnahmen der Qualitätssicherung nach § 135a SGB V in Verbindung mit § 137 SGB V zu regeln. Ein Krankenhaus, welches diese Voraussetzungen nicht erfüllt, muss als ungeeignet im Sinne von § 116b Abs. 2 S. 2 SGB V angesehen werden. Es darf von der Krankenhausplanungsbehörde nicht zur ambulanten Behandlung bestimmt werden. 538 In § 3 Abs. 1 S. 1 und S. 3 der „Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V“ 539 werden im Wesentlichen die soeben geschilderten allgemeinen gesetzlichen Regelungsinhalte wiederholt. § 3 Abs. 1 S. 2 der Richtlinie besagt weiterhin, dass in Fällen, in denen für den vertragsärztlichen Bereich keine Regelung vorliegt, durch Krankenhäuser immer zumindest der „Facharztstandard“ zu gewährleisten ist. Die Behandlung muss also immer durch einen Arzt mit abgeschlossener einschlägiger Facharztweiterbildung bzw. einen fachlich gleichwertig qualifizierten und erfahrenen Arzt durchgeführt oder zumindest überwacht werden. 540 534
Siehe auch Positionen der DKG zur Umsetzung des § 116b SGB V nach In-Kraft-Treten des GKV-WSG, das Krankenhaus 2007, 411, 418. 535 Vgl. hierzu insbesondere die Regelung des § 8 Abs. 2 S. 2 KHG. 536 Vgl. hierzu Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 140. 537 Dieser wurde mit dem GKV-WSG in § 116b Abs. 4 S. 3 SGB V eingefügt. 538 Wohl im Ergebnis ebenso: Positionen der DKG zur Umsetzung des § 116b SGB V nach In-Kraft-Treten des GKV-WSG, das Krankenhaus 2007, 411. 539 Nachfolgend: „Richtlinie nach § 116b SGB V“.
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In den Anlagen 2 („seltene Erkrankungen“) und 3 („Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen“) zur Richtlinie nach § 116b SGB V hat der Gemeinsame Bundesausschuss für die einzelnen Erkrankungen individuelle sächliche und personelle Anforderungen aufgestellt. Auch über die Anforderungen des vertragsärztlichen Bereichs hinausgehende Qualitätsanforderungen sind enthalten. Für die Behandlung zahlreicher Krankheitsbilder werden zudem so genannte „Mindestmengen“ vorgegeben. Von Seiten der DKG wird die Etablierung von Mindestmengen kritisch betrachtet, da man hierin eine einschränkende Tendenz gegenüber der vom Gesetzgeber gewollten Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung sieht. Darüber hinaus liegt es auf der Hand, dass feste Mindestmengen als stark generalisierendes Steuerungsinstrument im Einzelfall zu unangemessenen Ergebnissen führen können. Wie sich allerdings aus § 137 Abs. 3 Nr. 2 SGB V ergibt, sieht nicht nur der Gemeinsame Bundesausschuss, sondern schon der Gesetzgeber Mindestmengen für Leistungen als grundsätzlich adäquates Mittel zur Qualitätssicherung an. Mit Beschluss vom 25. 09. 2007 541 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss zunächst in § 6 Abs. 1 der Richtlinie nach § 116b SGB V für sämtliche seltenen Erkrankungen nach Anlage 2 eine allgemein gültige Mindestmenge einführen wollen. Danach musste die Einrichtung pro Jahr und gelisteter Erkrankung mindestens 50 Patienten behandeln. Ggf. vorhandene spezielle Regelungen in § 6 selbst oder in den Anlagen sollten dem jedoch vorgehen. Entsprechendes galt für hochspezialisierte Leistungen nach Anlage 1 zur Richtlinie nach § 116b SGB V. Für die Behandlung von Erkrankungen mit besonderen Verläufen nach Anlage 3 wurde ein Richtwert von 0,1% der jeweils bundesweit prävalenten Fälle vorgesehen. Eine pauschal für alle Diagnosen festgelegte Kennzahl wurde nicht nur von Seiten der Krankenhäuser, sondern z. B. auch seitens der Bundesärztekammer als unangemessen bewertet. 542 Ein Schreiben des BMG vom 21. 11. 2007 an den Gemeinsamen Bundesausschuss greift diese Aspekte zumindest im Ansatz auf, indem eine nähere Begründung zur Notwendigkeit einer Mindestmengenregelung eingefordert wird. 543 Mit Beschluss vom 21. 02. 2008 wurde § 6 der Richtlinie nach § 116b SGB V neu gefasst. In Abs. 1 der Regelung wurde die generelle Mindestmenge von 50 verschiedenen Patienten pro Jahr für Erkrankungen nach Anlage 2 und Leis540
Vgl. zu dem aus dem Bereich des Arzthaftungsrechts stammenden Begriff des „Facharztstandards“ und mit Hinweisen zu einigen denkbaren Einzelfall-Konstellationen Quaas, in Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 13, Rdnr. 125, 134. 541 Vgl. http://www.g-ba.de/downloads/39-261-490/2007-09-25-116b-Mindestmeng en_WZ.pdf (Stand: 10. 05. 2010). 542 Vgl. Flintrop, Ambulante Behandlung im Krankenhaus – Den Willen des Gesetzgebers unterlaufen, Deutsches Ärzteblatt 2007, C 2859. 543 Vgl. http://www.g-ba.de/downloads/40-268-528/2007-09-25-116b-PSCholangitis_ BMG.pdf (Stand: 10. 05. 2010).
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
tungen nach Anlage 1 entfernt. Allerdings wird gleichzeitig darauf hingewiesen, dass sich der Gemeinsame Bundesausschuss weiterhin an diesem Wert orientieren wird. Im Kern hat sich also nicht viel geändert. Für Erkrankungen, die mit einer Prävalenz von weniger als 5 auf 100.000 Einwohner auftreten, soll nach dem neu hinzugefügten § 6 Abs. 1 S. 6 der Richtlinie nach § 116b SGB V in der Regel auf eine Mindestmenge verzichtet werden. Auch dieser Hinweis bringt letzten Endes keine substantielle Neuerung, denn schon nach dem ursprünglichen Entwurf konnte der Gemeinsame Bundesausschuss von den allgemein vorgesehenen Eckwerten abweichen. Vergleicht man übrigens die Begründungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zum Beschluss vom 25. 09. 2007 544 einerseits und vom 21. 02. 2008 545 andererseits miteinander, so kann man folgendes feststellen: Obgleich das BMG zunächst ja schriftlich eine nähere Begründung der Regelungen zu Mindestmengen angemahnt hatte, unterscheiden sich beide Darstellungen der tragenden Gründe nur unwesentlich voneinander. Der Papierform nach reichte die Begründung aus Sicht des BMG nunmehr jedoch anscheinend aus, denn von einer Beanstandung nach § 94 Abs. 1 S. 2 1. HS. SGB V hat es abgesehen. Man wird gleichwohl hinterfragen können, ob die festgelegten Mindestmengen im Einzelfall einer gerichtlichen Überprüfung standhalten würden, denn nach der im Gesetz zu findenden ausdrücklichen Regelung in § 137 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB V – die sich allerdings dem Wortlaut nach auf so bezeichnete planbare Leistungen nach den §§ 17 und 17b KHG bezieht – sollen Mindestmengen nur dort zum Tragen kommen, wo die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist. Hierzu hat zwischenzeitlich das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 17. 08. 2011 546 entschieden, dass die erforderliche Gewissheit dafür, dass die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig sei, nur mittels belastbarer wissenschaftliche Belege erbracht werden könne. Diese müssten beweisen, dass die nach der gesetzlichen Wertung zugrunde zu legende Vermutung für einen Zusammenhang von Quantität und Qualität stärker als üblich bestehe. Wenn § 116b Abs. 4 S. 3 1. HS. SGB V auf § 137 SGB V verweist, so wird man hierunter auch den Verweis auf das Prinzip des § 137 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB V zu verstehen haben. Auch wenn gerade bei den hochspezialisierten Leistungen und den seltenen Erkrankungen der Gedanke einer Koppelung von Leistungsmenge und Behandlungsqualität dem Grunde nach besonders nahe liegend sein mag, muss auch hier 544 Vgl. http://www.g-ba.de/downloads/40-268-446/2007-09-25-116b-Mindestmenge n_TrGr.pdf (Stand: 10. 05. 2010). 545 Vgl. http://www.g-ba.de/downloads/40-268-551/2008-02-21-116b_GKV-WSG_Tr G.pdf (Stand: 10. 05. 2010). 546 LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 17. 08. 2011 – L 7 KA 50/08 KL – (erhältlich in juris).
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der Gemeinsame Bundesausschuss etwaige Mindestmengen auf der Basis konkreter wissenschaftlicher Erhebungen und nicht anhand allgemeiner statistischer Erwägungen treffen. Nach § 116b Abs. 4 S. 3 SGB V haben die Richtlinien Regelungen dazu zu treffen, ob und in welchen Fällen die ambulante Leistungserbringung durch das Krankenhaus die Überweisung durch den Hausarzt oder den Facharzt voraussetzt. In § 4 Abs. 1 der Richtlinie nach § 116b SGB V verweist der Gemeinsame Bundesausschuss diesbezüglich in die jeweiligen Regelungen der Anlagen 1 bis 2. Sofern keine konkrete Regelung in den Anlagen enthalten ist, gilt nach § 4 Abs. 2 der Richtlinie nach § 116b SGB V gleichwohl in denjenigen Fällen ein Überweisungsvorbehalt, in denen ein solcher auch im vertragsärztlichen Bereich zu beachten ist. Durch Letzteres wird eine Gleichbehandlung mit den von entsprechenden Maßgaben betroffenen Fachärzten erreicht, die ihrerseits nur auf Überweisung tätig werden dürfen. 547 In § 116b Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 S. 3 SGB V werden „lediglich“ die sächlichen und personellen Anforderungen sowie einrichtungsübergreifende Maßnahmen der Qualitätssicherung nach § 135a in Verbindung mit § 137 SGB V angesprochen. Es ist daher im Umkehrschluss davon auszugehen, dass vor der ambulanten Anwendbarkeit neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen durch Krankenhäuser keine anerkennende Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nach §§ 135 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB V vorliegen muss. 548 Vielmehr gilt auch hier die Systematik einer „Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt“ gemäß § 137c Abs. 1 SGB V. Nach § 1 Abs. 2 der Richtlinie nach § 116b SGB V soll die ambulante Behandlung im Krankenhaus nur in den Leistungsbereichen zulässig sein, in denen es aufgrund seiner Zulassung im Sinne des § 108 SGB V auch stationäre Leistungen erbringen darf. Das BMG hatte in einem Schreiben vom 21. 12. 2007, 549 mit welchem dem Gemeinsamen Bundesausschuss zwei Auflagen in anderer Sache erteilt wurden, diese Regelung unbeanstandet gelassen. Aus dortiger Sicht steht sie also offenbar rechtlich im Einklang mit § 116b Abs. 2 SGB V. Dem kann allerdings nicht gefolgt werden, denn es handelt sich weder um eine Festlegung „sächlicher“ 550 oder personeller Anforderungen noch um eine Regelung einrichtungsübergreifender Maßnahmen der Qualitätssicherung. Auch ist es nicht etwa 547 Dies gilt z. B. bei Ärzten für Laboratoriumsmedizin, Nuklearmedizin oder Pathologie, vgl. § 13 Abs. 4 S. 1 BMV-Ä. 548 So auch Vollmöller, Die Vereinbarkeit der Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen (§ 116b II SGB V) mit der Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte (Art. 2 I GG), NZS 2006, 572, 574. Beide äußern sich zwar noch zur ursprünglichen Fassung des § 116b SGB V, was aber inhaltlich irrelevant ist. 549 Vgl. http://www.g-ba.de/downloads/40-268-511/2007-10-18-116b-Anpassung_B MG.pdf (Stand: 10. 05. 2010).
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eine lediglich deklaratorische Aufnahme einer ohnehin bestehenden Anforderung an die antragstellenden Krankenhäuser. Das Gesetz lässt nämlich selbst keinen entsprechenden Ansatz erkennen. Insbesondere könnte man eine andere Sichtweise nicht durch einen Verweis auf die „Krankenhausplanung des Landes“ in § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V begründen, denn dieser regelt allein die Zuständigkeit für das ansonsten gesondert zu betrachtende Verfahren. § 1 Abs. 2 der Richtlinie nach § 116b SGB V ist daher nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt bzw. verstößt gegen höherrangiges Recht. Die Regelung ist als nichtig anzusehen. In praktischer Hinsicht hat dies allerdings keine wirkliche Bedeutung, denn es ist kaum vorstellbar, dass ein Krankenhaus den Zugang zur ambulanten Versorgung nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V anstreben wird, wenn es nicht gleichzeitig in dem jeweiligen Leistungsbereich stationär tätig ist. Die hohen Anforderungen insbesondere der Anlagen 2 und 3 der Richtlinie nach § 116b SGB V wird es regelmäßig nur dann erfüllen, wenn es bereits entsprechend umfangreiche sächliche und personelle Ressourcen vorhält. 4. Verhältnis zur vertragsärztlichen Versorgung Soweit Krankenhäuser auf ihren Antrag hin nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V zur ambulanten Behandlung bestimmt worden sind, kann dies Auswirkungen auf den Bedarf an persönlichen Ermächtigungen von Krankenhausärzten nach §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV haben. Dort wo aufgrund des Systemeintritts der Krankenhäuser eine ausreichende ärztliche Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten sichergestellt wird, entzieht dies krankenhausärztlichen Ermächtigungen die Grundlage. Wie dargestellt wurde, stellt die Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten Behandlung nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V eine rechtlich selbstständige Form der Teilhabe an der Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten dar. Sie steht „gleichwertig“ neben dem vertragsärztlichen Bereich und ist nicht von der ambulanten Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigungen nach §§ 99 ff. SGB V abhängig. Anderseits ist sie auch umgekehrt nicht in die vertragsärztliche Bedarfsplanung einzubeziehen und kann insbesondere nicht zu einer Zulassungssperre für Vertragsärzte aufgrund von Überversorgung führen. Für das generelle Verhältnis zur vertragsärztlichen Versorgung gelten also die obigen Ausführungen insbesondere zum ambulanten Operieren nach § 115b SGB V 551 entsprechend. 550 Der Begriff ist aus dem Wortlaut des Gesetzes heraus als Gegenpol zu den „personellen“ (also personenbezogenen) Voraussetzungen zu verstehen. Die Festlegung „sächlicher“ Voraussetzungen hat sich demnach auf die Definition gegenständlicher Anforderungen zu beziehen. Darunter fallen keine rein rechtlichen Gesichtspunkte wie die inhaltliche Ausgestaltung der Aufführung des betreffenden Krankenhauses im Krankenhausplan des Landes.
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Umstritten ist, ob zugelassenen Vertragsärzten oder Kassenärztlichen Vereinigungen die Möglichkeit eines Drittwiderspruchs bzw. einer Drittanfechtungsklage gegen die Krankenhäusern erteilten Bescheide nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V offen steht. Unzweifelhaft können schließlich niedergelassene Fachärzte durch die Umsetzung der Vorschrift in ihrem Leistungsspektrum und ihrer Wettbewerbsposition betroffen sein. Für die Kassenärztlichen Vereinigungen ist dies zu verneinen. 552 Eine Schutztendenz zu ihren Gunsten ist aus § 116b Abs. 2 bis 4 SGB V nicht ersichtlich. Wie bereits dargestellt wurde, erfolgt die Bestimmung der Krankenhäuser zur ambulanten Behandlung im Übrigen ja gerade nicht in Abhängigkeit von der vertragsärztlichen Bedarfsplanung. Auch eine mittelbare Geltendmachung vermeintlicher subjektiver Rechte der Vertragsärzte über § 75 Abs. 2 S. 1 SGB V scheidet schon nach dessen Wortlaut aus. Danach wird ihnen nämlich „lediglich“ die Rechtswahrnehmung gegenüber den Krankenkassen zur Aufgabe gemacht. Ein generelles Mandat zur Vertretung in allerlei möglichen rechtlichen Belangen – z. B. auch in Fragen des Konkurrenzschutzes – kann man hieraus nicht herleiten. 553 Für die Frage nach der Möglichkeit eines defensiven Konkurrenzschutzes niedergelassener Vertragsärzte ist zunächst einmal auf die obigen grundsätzlichen Ausführungen zum defensiven Konkurrenzschutz zugelassener Leistungserbringer zu verweisen. 554 Die Berührung finanzieller, wirtschaftlicher oder ideeller Interessen reicht für eine Widerspruchs- bzw. Klagebefugnis nicht aus. Der Widerspruchsführer bzw. der Kläger muss die Verletzung eigener Rechte durch den einem Dritten gegenüber ausgesprochenen Verwaltungsakt reklamieren können. Die maßgeblichen Vorschriften müssen also einen drittschützenden Charakter aufweisen. Das Bundesverfassungsgericht hat eine solche drittschützende Tendenz bei § 116 SGB V, § 31a Ärzte-ZV gesehen. Diese Auslegung erfolgte vor dem Hintergrund der „Einstrahlung“ von Art. 12 Abs. 1 GG und unter Hinweis auf das hochgradig regulierte System der vertragsärztlichen Versorgung. Ausgangspunkt und wesentlicher Kern war jedoch der Nachrang der persönlichen Ermächtigung von Krankenhausärzten gegenüber zugelassenen Leistungserbrin551
Vgl. 2. Teil B. II. 3. So schon Positionen der DKG zur Umsetzung des § 116b SGB V nach In-Kraft-Treten des GKV-WSG, das Krankenhaus 2007, 411, 418. 553 Vgl. LSG Hamburg, Beschl. v. 11. 02. 2008, GesR 2008, 212. Siehe auch LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15. 07. 2009 – L 7 KA 50/08 KL (Parallelentscheidung: LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15. 07. 2009 – L 7 KA 50/08 KL – GesR 2009, 546) und nachfolgend BSG, Urt. v. 03. 02. 2010 (beide erhältlich in). Dort wurde die Klagebefugnis der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gegen Richtlinien des Bemeinsamen Bundesausschusses nach § 116b Abs. 4 SGB V grundsätzlich verneint, wobei allerdings nur teilweise eine Vergleichbarkeit zur hier angesprochenen Problematik gegeben ist. 554 Siehe oben 2. Teil A. II. 1. d) bb). 552
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gern, der sich aus dem Wortlaut der § 116 SGB V und § 31a Ärzte-ZV selbst ergibt. 555 Ein solcher Nachrang gegenüber zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringern besteht bei § 116b Abs. 2 SGB V gerade nicht. 556 Die Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten Behandlung ist nicht von einer im Einzelfall festzustellenden Versorgungslücke abhängig. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber den Krankenhäusern für den Kreis der Erkrankungen gemäß § 116b Abs. 3, Abs. 4 S. 1 SGB V eine zum vertragsärztlichen System gleichwertige Rechtsposition eingeräumt. Dies spricht dafür, dass zugelassene vertragsärztliche Leistungserbringer mangels einer drittschützenden Tendenz der Vorschrift grundsätzlich nicht im Rahmen von Drittwidersprüchen oder Drittanfechtungsklagen gegen die Bescheide der Krankenhausplanungsbehörde vorgehen können. 557 Insbesondere das Sächsische Landessozialgericht hat in der Begründung seines Beschlusses vom 03. 06. 2010 558 gleichwohl angenommen, dass sich eine Anfechtungsberechtigung des Antragstellers im dortigen Verfahren aus dem in § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V festgeschriebenen Gebot zur Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgung ergebe. Ob eine Rechtsnorm dem Schutz von Individualinteressen diene oder nicht, sei durch ihre Auslegung zu ermitteln. Einen Auslegungsgrundsatz, nach dem nur solche Rechtsnormen drittschützende Wirkung zugunsten der bereits vorhandenen Leistungserbringer entfalten könnten, die ihnen einen Vorrang gegenüber neu hinzutretenden Leistungserbringern einräumten, gebe es nicht. Zwar handele es sich bei dem in § 116 S. 2 SGB V und § 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV angeordneten Vorrang um eine eindeutige Zuweisung rechtlich geschützter Interessen Dritter durch den Gesetzgeber. Auch 555
BVerfG NJW 2005, 273. So auch ausdrücklich die der Entscheidung nachfolgende Sichtweise des Bundessozialgerichts, vgl. BSG MedR 2007, 499. 556 So zunächst einmal auch das Sächsische LSG, Beschl. v. 03. 06. 2010 – L 1 KR 94/10 B ER – (erhältlich in juris), Rdnr. 57 ff., welches jedoch im Ergebnis gleichwohl eine drittschützende Wirkung aus § 116b Abs. 2 SGB V entnimmt. 557 In diese Richtung schon zur alten Rechtslage nach § 116b Abs. 2 SGB V in der bis zum 31. 03. 2007 gültigen Fassung (Vertragslösung) Vollmöller, Die Vereinbarkeit der Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen (§ 116b II SGB V) mit der Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte (Art. 2 I GG), NZS 2006, 572, 574. Siehe im Übrigen Positionen der DKG zur Umsetzung des § 116b SGB V nach In-Kraft-Treten des GKV-WSG, das Krankenhaus 2007, 411, 418; Wenner, Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante ärztliche Versorgung, GesR 2007, 337, 343. Eine andere Auffassung – allerdings ohne nähere Begründung und auch noch zur alten Rechtslage bis zum 31. 03. 2007 – vertritt beispielsweise Steinhilper, Die „defensive Konkurrentenklage“ im Vertragsarztrecht, MedR 2007, 469. 558 Sächsische LSG, Beschl. v. 03. 06. 2010 – L 1 KR 94/10 B ER – (erhältlich in juris), Rdnr. 61 ff., welches jedoch im Ergebnis gleichwohl eine drittschützende Wirkung aus § 116b Abs. 2 SGB V entnimmt. Im Ergebnis ebenso, wenn auch inhaltlich noch weitergehend das vorinstanzlich zuständige SG Dresden, ZMGR 2009, 312. Ähnlich auch SG Hannover, Beschl. v. 24. 08. 2010 – S 61 KA 358/10 ER.
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jenseits eines solchen Vorrang- / Nachrangverhältnisses sei jedoch die gesetzgeberische Formulierung individueller, rechtlich geschützter Interessen Dritter möglich. Gesichtspunkte der Intensität des Drittschutzes dürften nicht mit der Frage danach verwechselt werden, ob eine drittschützende Norm vorliege. Wenn bei der Entscheidung über die Bestimmung des Krankenhauses zur ambulanten Behandlung die vertragsärztliche Versorgungssituation zu berücksichtigen sei, so würde dabei auch das Individualinteresse derjenigen zugelassenen Vertragsärzte erfasst, welche die gleichen Leistungen im selben Versorgungsbereich wie das Krankenhaus erbrächten. Dem lasse sich nicht entgegenhalten, dass der Gesetzestext nur auf die „Situation“ der vertragsärztlichen Versorgung, nicht aber auf die „Interessen“ oder „Belange“ der Vertragsärzte Bezug nehme. Es genüge nämlich, wenn sich die drittschützende Wirkung im Wege der Auslegung ermitteln ließe. Die vertragsärztliche Versorgungssituation werde durch die Vertragsärzte und ihre „Situation“ bestimmt und daher sei der Berücksichtigungsklausel des § 116b Abs. 2 S.1 SGB V ein Gebot der Rücksichtnahme auf die Belange der Vertragsärzte zu entnehmen. Die vertragsärztliche Versorgungssituation könne schließlich nicht losgelöst von der konkreten örtlichen Gegebenheiten betrachtet werden, weil sich auch die Bestimmung des Krankenhauses nicht in einem abstrakten Raum vollziehe und auswirke, sondern in einem konkreten regionalen Bereich. Mit der gebotenen Rücksichtnahme auf die vertragsärztliche Versorgungssituation ließe sich eine wesentliche Beeinträchtigung der Situation der Vertragsärzte im Einzugsbereich des Krankenhauses nicht vereinbaren. Ein Vertragsarzt mit Sitz im Einzugsgebiet eines nach § 116b Abs. 2 SGB V bestimmten Krankenhauses müsse geltend machen können, dass die vertragsärztliche Versorgungssituation in einem erheblichen Maße bedroht und er persönlich davon betroffen sei. Mit einem etwas anderen Ansatz als das Sächsische Landessozialgericht, aber mit inhaltlich zumindest in weiten Teilen ähnlichen Argumenten hat auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 09. 02. 2011 559 die Anfechtungsberechtigung konkurrierender Vertragsärzte gegen Bestimmungsbescheide nach § 116b Abs. 2 SGB V bejaht. Zwar bestünde ein Konkurrenzverhältnis auf der „identischen Ebene“ der Zulassungshierarchie. Trotzdem weise die Vorschrift des § 116b Abs. 2 SGB V ein „relatives“ Vorrang- / Nachrangverhältnis auf. Dem Gebot der Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation sei der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, nicht schlechthin durch § 116b Abs. 2 SGB V die Versorgungssektoren zu verschmelzen, sondern nur ausgewählten Krankenhäusern unter Beachtung der Berufsausübung ebenfalls spezialisierter niedergelassener Ärzte eine Art „Ermächtigung“ zur ambulanten Behandlung der näher definierten Leistungen zu erteilen. Das Berücksichtigungsgebot und die Beschränkung der Öffnung von Krankenhäusern auf bestimmte Behandlungsleistungen begründe in der Tendenz einen Vorrang der vorbefindlichen 559
LSG Nordrhein-Westfalen, MedR 2011, 317.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
ambulanten Versorgung. Dies rechtfertige den Anspruch der niedergelassenen und ambulant tätigen Vertragsärzte auf Rechts- bzw. Drittschutz. Zudem stelle § 116b Abs. 2 SGB V hinsichtlich des Berücksichtigungsgebots nicht allein auf die Versorgung der Versicherten ab, sondern erwähne die vertragsärztliche Versorgungssituation als solche. Es gehe dabei nicht allein um die Versorgung der Versicherten mit ambulanten Leistungen, sondern auch um die Situation der vertragsärztlichen Leistungserbringer, also um das Individualinteresse derjenigen Vertragsärzte, die im selben Versorgungsbereich wie das antragstellende Krankenhaus die Katalogleistungen des § 116b Abs. 3 bzw. Abs. 4 SGB V anböten und erbrächten. 560 Den geschilderten Auffassungen ist nicht zuzustimmen. Dem Sächsischen Landessozialgericht ist zwar insofern beizupflichten, dass es sich bei der in § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V erwähnten „Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation“ um einen auslegungsfähigen und -bedürftigen Rechtsbegriff handelt. Die Auslegung führt dann aber zu dem Ergebnis, dass Überwiegendes gerade gegen die Annahme eigener rechtlich geschützter Individualinteressen zugelassener vertragsärztlicher Leistungserbringer aus § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V spricht. Anders als das Sächsische Landessozialgericht meint, spricht nämlich bereits der Wortlaut gegen einen solchen Drittschutz. Wenn von der Berücksichtigung der vertragsärztlichen „Versorgungssituation“ die Rede ist, so werden damit sprachlich gerade nicht die Belange bzw. Individualinteressen der Vertragsärzte, sondern vorrangig das öffentliche Interesse an einer funktionierenden ambulanten Versorgung im System der GKV adressiert. 561 Wenn man schon eine über die eigentlichen Normadressaten hinausgehende Schutztendenz entwickeln wollte, so läge es nach dem Wortlaut der Vorschrift weit näher, hier die „Versorgten“, also die gesetzliche Versicherten einzubeziehen, als etwaige in ihrer ehemals weitestgehend uneingeschränkten systematischen Vorrangstellung berührte Vertragsärzte. Dieses Ergebnis wird durch den Blick auf die Gesetzgebungsmaterialien gestärkt wenn es dort heißt, dass eine Bedarfsprüfung mit dem Verfahren zur Bestimmung zur ambulanten Versorgung nach § 116b Abs. 2 SGB V ausdrücklich nicht verbunden sein soll. 562 Das ist auch gut nachzuvollziehen, denn der Gesetzgeber selbst unterstellt ja konzeptionell für die in und aufgrund von §§ 116b Abs. 3 und 4 SGB V festgelegten Krankheitsbilder und Leistungsbereiche einen grundsätzlichen „Bedarf“ im weiteren Sinne an der ambulanten Versorgung durch Krankenhäuser. Anders als beispielsweise im Fall der persön560
LSG Nordrhein-Westfalen, MedR 2011, 317, 326 f. In diese Richtung auch Stollmann, § 116b SGB V im Kontext des Konkurrentenschutzes, NZS 2009, 248, 251. 562 BT-Drucks 16/3100, S. 139. 561
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lichen Ermächtigung nach §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV soll die Einbeziehung der Krankenhäuser in die ambulante Versorgung in den erfassten Bereichen nicht gehemmt, sondern gefördert werden. Hinzu kommt schließlich, dass vom Bundessozialgericht ja bekanntermaßen in langjähriger Rechtsprechung der grundsätzlich objektivrechtliche Charakter des Zulassungs- / Ermächtigungsrechts im Bezug auf zugelassene Leistungserbringer als potentiell Drittanfechtende hervorgehoben wird. Ebenso bekannt ist, dass das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zwar mit seinem Beschluss vom 17. 08. 2004 563 im Ergebnis abgeändert, aber hierbei eben ausdrücklich auf den einfachgesetzlich geregelten Nachrang der Ermächtigung nach § 116 S. 2 SGB V abgestellt hat. Vor diesem Hintergrund wäre eine klarere Regelung zu erwarten gewesen, wenn die gewünschte selektive Öffnung unter dem Vorbehalt etwaiger vermeintlich von der Norm mit rechtlichem Schutz belegter Individualinteressen niedergelassener Vertragsärzte hätte stehen sollen. Noch mehr wäre dann zu erwarten gewesen, dass ein solches Ansinnen in der Begründung des GKV-WSG zum Ausdruck gekommen und nicht stattdessen sogar explizit geäußert worden wäre, dass eine Bedarfsprüfung nicht stattfindet. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass (1.) eine Bedarfsprüfung bei § 116b Abs. 2 SGB V nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich nicht stattfinden soll, (2.) der Gesetzgeber zudem u. a. durch diese Neuregelung das ambulante Versorgungsnetz in den von der Norm adressierten speziellen Bereichen gerade um weitere, neben dem vertragsärztlichen Bereich stehende Leistungserbringer erweitern möchte 564 und (3.) bei alledem schon der Wortlaut des § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V eher gegen eine Schutztendenz zugunsten der Individualinteressen der zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringer spricht. Im Ergebnis ist daher eine drittschützende Wirkung zugunsten niedergelassener Vertragsärzte aus § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V zu verneinen. 565 Auch wenn man dieser Sichtweise folgt, so bestehen zumindest zwei Ausnahmen: Etwas anderes wäre nämlich dann anzunehmen, wenn die Planungsbehörde eine Bestimmung zur ambulanten Behandlung erteilen würde, die eine Behandlung über den Rahmen von § 116b Abs. 3, Abs. 4 S. 1 SGB V hinaus ermöglicht. 566 Dem Katalog der überhaupt nur zulässigen Leistungen wird man nämlich durchaus eine drittschützende Tendenz zugunsten der zugelassenen Leistungserbringer zuerkennen müssen. Eine solche Auslegung wird sowohl durch 563
BVerfG NJW 2005, 273. Vgl. auch hierzu BT-Drucks 16/3100, S. 139. 565 So zwischenzeitlich im Ergebnis auch SG Saarland mit Urteilen v. 18. 07. 2011 – S 1 KR 325/10, S 23 KR 324/10, S 23 KR 398/10. Die Sprungrevision wurde jeweils zugelassen. 566 Ähnlich Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 116b, Rdnr. 18. 564
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
den Sinn und Zweck als auch die Einordnung der Norm im Gesamtsystem gestützt. Nur für den geregelten Bereich der hochspezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Verläufen wurden die Krankenhäuser als gleichwertige ambulante Leistungserbringer neben dem vertragsärztlichen Bereich etabliert. Auch wenn die Bestimmung eines Krankenhauses durch die Planungsbehörde aus anderen Gesichtspunkten willkürlich erteilt würde, so stünden die zugelassenen Leistungserbringer dem nicht völlig schutzlos gegenüber. Hierzu kann man die Ausführungen des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 22. 09. 1999 zum Konkurrenzschutz niedergelassener Vertragsärzte gegenüber der Ermächtigung von Krankenhausärzten entsprechend heranziehen. 567 Im Licht des Art. 12. Abs. 1 GG und vor dem Hintergrund der engen Reglementierung, denen sich die zugelassenen Leistungserbringer ihrerseits gegenüber sehen, ist auch § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V so auszulegen, dass niedergelassene Vertragsärzte beanspruchen können, dass schwere Beeinträchtigungen ihrer beruflichen Betätigung durch rechtswidrige Einzelentscheidungen der zuständigen Behörden vermieden werden. Teilweise ist über die beiden genannten Ausnahmen hinausgehend vertreten worden, dass auch ohne Anknüpfungspunkt in der Norm im Sinne eines Nachrangverhältnisses eine Drittanfechtungs- und Klagebefugnis anzunehmen sei. Kein Bereich der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG dürfe im Licht des Art. 19 Abs. 4 GG ohne gerichtliche Kontrolle bleiben. 568 Eine materielle Grundrechtsbetroffenheit sei immerhin möglich, was den Gesetzgeber auch zu seinem Hinweis auf die „Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation“ veranlasst habe. 569 Diese Sichtweise ist jedoch nach hier vertretener Auffassung unzutreffend, denn schon eine Betroffenheit – jedenfalls aber eine Verletztheit – grundrechtlich geschützter Positionen niedergelassener Vertragsärzte durch bzw. aufgrund von § 116b Abs. 2 SGB V kann ausgeschlossen werden. Hierauf wird in einem gesonderten Abschnitt näher eingegangen. 570
567
BSG, SozR 3 – 1500 § 54 Nr. 40. So ausdrücklich Pitschas, Änderung der Versorgungsstrukturen durch Verflechtung von Leistungssektoren: Ambulante Krankenhausbehandlung nach § 116b SGB V, MedR 2008, 473, 479. In diese Richtung dann auch Urteil des SG Dresden vom 29. 09. 2009 – S 11 KA 114/09 ER – ZMGR 2009, 312. 569 Pitschas, Änderung der Versorgungsstrukturen durch Verflechtung von Leistungssektoren: Ambulante Krankenhausbehandlung nach § 116b SGB V, MedR 2008, 473, 479. 570 Vgl. 2. Teil C zur verfassungsrechtlichen Bewertung. 568
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5. Vergütung Die Vergütung der Leistungen des Krankenhauses erfolgt nach § 116b Abs. 5 S. 1 SGB V unmittelbar durch die Krankenkassen. § 116b Abs. 5 S. 2 SGB V besagt, dass sie der Vergütung der vergleichbaren vertragsärztlichen Leistungen zu entsprechen hat. Insofern ist die Regelung gegenüber der ursprünglichen Fassung der Norm nicht verändert worden. Gleiches gilt für § 116b Abs. 5 S. 9 SGB V (früher Satz 3). Danach obliegt die „Prüfung der Wirtschaftlichkeit und der Qualität“ den Krankenkassen. Man muss diese Zuständigkeitszuweisung im Zusammenhang mit den übrigen Vorschriften des SGB V lesen, denn nur so erlangt sie auch einen inhaltlichen Regelungsgehalt. Obgleich es also – anders als für die psychiatrischen Institutsambulanzen und die sozialpädiatrischen Zentren in § 113 Abs. 4 SGB V – nicht ausdrücklich so geregelt ist, werden die Krankenkassen die für den vertragsärztlichen Bereich bestehenden Regelungen entsprechend heranzuziehen haben. Um eine Prüfung zu ermöglichen, sind die Krankenhäuser nach § 295 Abs. 1b S. 1 i.V. m. Abs. 1 S. 1 SGB V verpflichtet, den Krankenkassen die dort definierten Behandlungsdaten zu übermitteln. 571 Mit der Abkehr von der zunächst etablierten „vertragsorientierten“ Variante des § 116b Abs. 2 SGB V durch das GKV-WSG mit Wirkung zum 01. 04. 2007 hat der Gesetzgeber in § 116b Abs. 5 S. 3 bis 8 SGB V n. F. auch konkrete Vorgaben zur Vergütung eingebracht. § 116b Abs. 5 S. 3 SGB V verpflichtet das Krankenhaus, den Krankenkassen die von ihm nach den Absätzen 3 und 4 ambulant erbringbaren Leistungen mitzuteilen und die hierfür berechenbaren Leistungen auf der Grundlage des EBM zu bezeichnen. Die Zielrichtung der Regelung ist es, bei den Krankenkassen Transparenz über den zu erwartenden Leistungsumfang zu schaffen. Zudem soll nach der Begründung zum Entwurf des GKV-WSG der Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen abgegrenzt und sichergestellt werden, dass die Abrechnung der Leistungen durch das Krankenhaus derjenigen in der vertragsärztlichen Versorgung entspricht. Allein diejenigen Positionen seien berechnungsfähig, die auch im vertragsärztlichen Bereich abgerechnet worden wären. Die Abrechnungsvorgaben des EBM seien zu beachten. 572 Durch die Mitteilung nach § 116b Abs. 5 S. 3 SGB V sollen also bereits im Vorfeld der Leistungserbringung für alle Beteiligten möglichst klare Verhältnisse im Bezug auf den Umfang der Leistungen und die einschlägigen Abrechnungsregelungen geschaffen werden. In § 116b Abs. 5 S. 4 bis 7 SGB V wird vorgegeben, nach welchen Grundsätzen die Vergütungshöhe in den Jahren 2007 und 2008 zu bemessen war. Das vertragsärztliche Vergütungssystem war zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf eine Gebührenordnung mit festen Preisen umgestellt. Deshalb war ein kassenar571 572
Vgl. Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 120. Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 140.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
tenbezogener Durchschnittspunktwert für den jeweils als Krankenhausstandort betroffenen Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung zu errechnen und als Vergütungspreis zugrunde zu legen. Dieser Durchschnittspunktwert war auf Basis der vorausgehenden Quartalsabrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung zu ermitteln. 573 Ab dem 01. 01. 2009 werden die ambulanten Leistungen des Krankenhauses nach § 116b Abs. 5 S. 8 SGB V mit dem Preis der in seiner Region geltenden Euro-Gebührenordnung vergütet. Entsprechend der allgemeinen Vorgabe in § 116b Abs. 5 S. 2 SGB V wird damit die Vergütungshöhe für Krankenhäuser derjenigen für vertragsärztliche Leistungserbringer angeglichen. Aus der Perspektive der Krankenkassen bedeutet die Öffnung der Krankenhäuser weiterhin zunächst einmal eine finanzielle Mehrbelastung. Hieran hat sich durch die Neustrukturierung des § 116b Abs. 2 SGB V vom Vertrags- zum Zulassungsmodell nichts geändert. Im Gegenteil: Wäre es ihnen zuvor im Rahmen ihrer „Vertragshoheit“ noch möglich gewesen, selbst über die Anzahl und das Ausmaß entsprechender Vereinbarungen zu entscheiden, so wird der Umfang der möglichen ambulanten Krankenhausleistungen nunmehr allein durch das Zusammenspiel von Gesetz und Krankenhausplanungsbehörde vorgegeben. Wie bereits erwähnt wurde, steht den Krankenkassen jedoch durchaus ein Weg zur Verfügung, einer doppelten Finanzierung von Leistungen entgegenzuwirken. Der Gesetzgeber hat ja gerade auch mit Blick auf die „neuen Versorgungsformen“ neben dem Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen die rechtlichen Vorgaben zur Berechnung der Gesamtvergütungen maßgeblich verändert. Anstatt der in der Vergangenheit dominierenden Kopfpauschalen ist nun der mit der Zahl und Morbidität der Versicherten verbundene Behandlungsbedarf in der vertragsärztlichen Versorgung ausschlaggebend (vgl. § 87a Abs. 3 S. 1 f. SGB V). Sollten bestimmte Leistungsbereiche nicht, nicht mehr oder nur noch reduziert innerhalb des vertragsärztlichen Systems abgedeckt werden, so kann folglich die Vergütung hierfür aus den prospektiv zu vereinbarenden Gesamtvergütungen ausgegliedert werden. Fraglos wird dies die Parteien vor umfangreiche Herausforderungen stellen. Dieser Prozess wird sich jedoch nicht vermeiden lassen, wenn der Gesetzgeber sich nun einmal für den zunehmenden „Wettbewerb“ im ambulante Versorgungssystem entschieden hat. Schließlich spitzt sich genau an dieser Stelle die Diskussion um die „doppelte Facharztschiene“ bzw. um ihre Einschränkung zumindest für einzelne Leistungsbereiche auf das dahinter stehende Kernproblem der Neuverteilung zu. Nach der oben vertretenen Sichtweise sind nicht alle ambulant im Krankenhaus gegenüber gesetzlich Versicherten erbringbaren Leistungen zwingend auch Teil des vertragsärztlichen Versorgungsspektrums. Im Gegensatz zum vertragsärztlichen Bereich kommt im Rahmen von § 116b Abs. 2 SGB V das Prinzip der „Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt“ gemäß § 137c Abs. 1 SGB V zum Tragen. 573
Ebenda.
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Daraus kann das Problem resultieren, dass bestimmte Methoden im Krankenhaus zwar ambulant angewandt werden können, auf der anderen Seite aber keine Abrechnungsposition im EBM hierfür zur Verfügung steht. Wenn § 116b Abs. 5 S. 2 SGB V besagt, dass die Vergütung des Krankenhauses derjenigen „vergleichbarer“ vertragsärztlicher Leistungen zu entsprechen hat, so belässt der Wortlaut der Norm immerhin Raum dafür, in solchen Fällen andere Abrechnungspositionen analog heranzuziehen. Gleichwohl zeigt sich an dieser Stelle, dass zukünftig dringend eine Beteiligung der Krankenhausseite an der Vereinbarung des EBM in das Gesetz aufgenommen werden sollte. Auch aus anderen grundsätzlichen Erwägungen wäre dies angezeigt. Bei den seltenen Erkrankungen und den Erkrankungen mit besonderen Verläufen bildet der Gesetzgeber mit dem Katalog nach § 116b Abs. 3 Nr. 2 SGB V zumindest teilweise ohnehin „nur“ den faktischen status quo ante ab. So ist beispielsweise die Behandlung von an Mukoviszidose erkrankten Patienten seit jeher Domäne einzelner Krankenhäuser mit entsprechender Spezialisierung, die hier bislang indirekt über persönliche Ermächtigungen oder aber direkt über Institutsermächtigungen innerhalb des vertragsärztlichen Systems tätig wurden. Es ist weitestgehend unstrittig, dass die im EBM enthaltenen Gebührenpositionen nicht die im Rahmen der Behandlung notwendigen medizinischen Leistungen widerspiegeln. Zumindest für diejenigen Leistungsbereiche, die bisher nicht schwerpunktmäßig durch die zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringer abgedeckt wurden, ist dies auch nachvollziehbar. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung wird jedenfalls in den Verhandlungen über den EBM naturgemäß ein vorrangiges Interesse an der angemessenen Vergütung derjenigen Leistungen haben, die durch die von ihr vornehmlich vertretenen niedergelassenen Vertragsärzte erbracht werden. Der Gesetzgeber hat den Selbstverwaltungspartnern ausdrücklich aufgegeben, solche Unstimmigkeiten im Vergütungssystem im Bezug auf Patientengruppen mit einem besonderen Behandlungsaufwand zu beheben. Nach § 87 Abs. 2c S. 4 i.V. m. Abs. 2d S. 3 SGB V sind bis spätestens zum 01. 01. 2011 spezielle diagnosebezogene Fallpauschalen zu entwickeln. 574 Es bleibt allerdings abzuwarten, welche konkreten Ergebnisse hier erzielt werden. In jedem Fall sollte der Gesetzgeber konsequenterweise dafür Sorge tragen, dass die Krankenhausseite zukünftig auch an den Verhandlungen über die für sie relevanten Positionen des EBM zu beteiligen ist. Der bei der angestrebten Öffnung der Krankenhäuser zur ambulanten Behandlung ausgewählter Krankheitsbilder natürlich wesentliche Teilaspekt einer kostendeckenden Vergütung kann nicht allein der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen überlassen bleiben.
574
Siehe oben 2. Teil A. II. 1. g).
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
6. Verordnung von Leistungen nach § 116b Abs. 6 SGB V Durch § 116b Abs. 6 SGB V hat der Gesetzgeber mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz zum 01. 07. 2008 auch Regelungen zur Verordnung von Leistungen bei Behandlungen nach § 116b Abs. 2 SGB V in das Gesetz eingefügt. 575 Zuvor hatte § 116b SGB V keinerlei Aussage hierzu getroffen. Bei einer Umsetzung der bis zum 31. 03. 2007 gültigen Fassung des § 116b Abs. 2 SGB V („Vertragslösung“) waren daher zusätzliche vertragliche Regelungen über die Verordnung z. B. von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln zumindest zweckmäßig, um Unklarheiten zu vermeiden. Nunmehr ergibt sich aus § 116b Abs. 6 S. 1 SGB V ausdrücklich, dass die ambulante Behandlung die Verordnung von Leistungen nach § 73 Abs. 2 Nr. 5 bis 8 und 12 SGB V einschließt, soweit diese zur Erfüllung des Behandlungsauftrags im Rahmen der Zulassung erforderlich sind. Auch § 73 Abs. 2 Nr. 9 SGB V wird für entsprechend anwendbar erklärt. Somit gehört es für die nach § 116b Abs. 2 SGB V bestimmten Krankenhäuser weiterhin zu ihren Aufgaben, Bescheinigungen und Berichte auszustellen, die die Krankenkassen und der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigen oder welche für die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts notwendig sind. Die Aufnahme der Regelung ist auf eine entsprechende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zurückzuführen. 576 In der Begründung der Empfehlung heißt es, dass im Rahmen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus eine Versorgung aus einer Hand angestrebt werde. Zu diesem Zweck solle auch die Möglichkeit zur Verordnung weiterer Leistungen gegeben sein. 577 Um den Krankenkassen eine Zuordnung derjenigen Arzneimittel zu ermöglichen, die nicht im vertragsärztlichen Bereich, sondern im Rahmen von Behandlungen nach § 116b Abs. 2 SGB V verordnet werden, sind Krankenhäuser verpflichtet, ihre Verordnungen im Sinne des § 293 SGB V zu kennzeichnen (vgl. § 116b Abs. 6 S. 4 SGB V). 578 § 116b Abs. 6 S. 5 SGB V besagt, dass für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungen § 113 Abs. 4 SGB V entsprechend gilt, soweit keine anderweitigen vertraglichen Regelungen bestehen. Anders als bei § 116b Abs. 5 S. 9 SGB V wird hier also ausdrücklich auf die für psychiatrische Institutsambulanzen und sozialpädiatrische Zentren aufgestellte Regelung Bezug genommen. In 575
BGBl. I 2008, S. 874, 900. Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks. 16/8525, S. 65. 577 Ebenda, S. 105. 578 Ebenda. 576
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diesem Zusammenhang muss man allerdings zweierlei konstatieren: Einerseits ist im Detail keineswegs klar, wie eine „entsprechende“ Anwendung der für die Vertragsärzte gültigen Regelungen auf die Krankenhäuser aussehen muss bzw. kann. Die Umsetzung dieser somit äußerst unbestimmten Vorgaben überlässt der Gesetzgeber den Akteuren selbst, was angesichts der praktischen Relevanz der Thematik problematisch ist. Andererseits ist ohnehin fraglich, inwieweit die für den vertragsärztlichen Bereich üblichen Instrumente für Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung für die von § 116b Abs. 3 und Abs. 4 S. 1 SGB V erfassten Leistungsbereiche passend sind. Insbesondere machen pauschalierende Richtgrößen im Sinne von § 106 Abs. 2 Nr. 1 i.V. m. § 84 Abs. 6 SGB V bei seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Verläufen keinen Sinn. Für diese ist ja regelmäßig gerade kennzeichnend, dass man über keine breite Datenbasis zu einem vermeintlich „angemessenen“ Verordnungsverhalten verfügt und dass überproportional auftretende Besonderheiten der Einzelfälle eine belastbare Vorauskalkulation extrem schwierig machen würden. Vor diesem Hintergrund erscheint es für die Beteiligten zweckmäßig, von der Möglichkeit zur vertraglichen Festlegung eines Procedere nach § 116b Abs. 6 S. 5 SGB V Gebrauch zu machen. Ausweislich der Begründung des Ausschusses für Gesundheit sollen die Krankenkassen oder ihre Verbände hiernach die Möglichkeit haben, mit dem jeweiligen Krankenhausträger das Nähere zu Inhalt und Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu vereinbaren. 579
V. Integrierte Versorgung gemäß §§ 140a ff. SGB V Die beschriebenen Zugangswege des Krankenhauses zur ambulanten Versorgung innerhalb des Systems der GKV durchbrechen immerhin „punktuell“ die strukturelle Trennung zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor. Bildlich gesprochen ist diese Sektorengrenze also schon durch jede entsprechende Neuregelung perforiert und damit durchlässiger gemacht geworden. Wie es der Name bereits vermuten lässt, sollen bei der der integrierten Versorgung gemäß §§ 140a ff. SGB V sämtliche systemimmanenten Trennlinien weitestgehend in den Hintergrund treten. Eine weniger struktur- als vielmehr prozessorientierte Steuerung der verschiedenen Behandlungsbereiche ist das Ziel. Die Versorgung soll sich an den Bedürfnissen der Patienten bzw. der bei ihnen bestehenden Krankheitsbilder orientieren, ohne dass es an den Sektorengrenzen zu Übergangsproblemen kommt. 580 Der Grundgedanke entspricht somit in besonderem Maße dem Ansatz, der bereits hinter den Regelungen zu den strukturierten 579
Ebenda. So lautet ja der Grundtenor zu sämtlichen in diese Richtung gehenden Maßnahmen z. B. in der Begründung zum Entwurf des GKV-GRG 2000, BT-Drucks. 14/1245, S. 91 und ebenso in der Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 74. 580
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Behandlungsprogrammen stand. Im Rahmen der integrierten Versorgung besteht für die Parteien jedoch in jeder Hinsicht eine weit größere Handlungsfreiheit zur Entwicklung neuer Versorgungskonzepte. Nach der für die Verhältnisse der GKV beachtlich offenen Formulierung des § 140a Abs. 1 S. 1 SGB V können die Krankenkassen, abweichend von den übrigen Regelungen des vierten Kapitels des SGB V, Verträge über eine „verschiedene Leistungssektoren übergreifende“ Versorgung der Versicherten abschließen. Ebenso können sie Vereinbarungen zur „interdisziplinär-fachübergreifenden“ Versorgung der Versicherten eingehen. Die Regelungen zur integrierten Versorgung wurden mit dem GKV-GRG 2000 in das Gesetz aufgenommen. 581 Nach § 140d SGB V in der bis zum 31. 12. 2003 gültigen Fassung hatten die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als Bestandteil der Bundesmantelverträge Rahmenvereinbarungen für die integrierte Versorgung abzuschließen. Hierin waren z. B. die Inhalte der Versorgung, die Mindestanforderungen an die Qualitätssicherung und allgemeine Voraussetzungen zur Teilnahme an den Vertragsmodellen nach §§ 140a ff. SGB V näher zu bestimmen. Nach § 140d Abs. 1 Nr. 4 S. 1 SGB V a. F. mussten die Rahmenvereinbarungen auch Maßgaben zur Finanzierung der integrierten Versorgung und zur Vergütung sowie Regelungen zur rechnerischen Bereinigung der Gesamtvergütungen enthalten. Sofern Verträge der integrierten Versorgung Bereiche der vertragsärztlichen Versorgung mit umfassen sollten, hatten die Vertragspartner nach § 140b Abs. 1 S. 2 i.V. m. § 140a Abs. 1 S. 2 SGB V a. F. die Inhalte der Vereinbarungen gemäß § 140d SGB V a. F. zu beachten. Im Ergebnis war also die Kassenärztliche Bundesvereinigung maßgeblich an der Schaffung der Grundlagen zur Fortentwicklung der integrierten Versorgung zu beteiligen. Nach § 140b Abs. 2 SGB V a. F. waren im Übrigen auch die Kassenärztlichen Vereinigungen in den Ländern selbst potentielle Vertragspartner für Verträge im Sinne von §§ 140a ff. SGB V. Die Entwicklung der integrierten Versorgung blieb in den Jahren 2000 bis 2003 hinter den Erwartungen des Gesetzgebers zurück. Insbesondere seitens der Kassenärztlichen Vereinigungen, aber auch seitens der Verbände der Krankenkassen schlug dem neu eingeführten Instrument bei der praktischen Umsetzung wenig Enthusiasmus entgegen. Die Rahmenvereinbarung nach § 140d SGB V a. F. kam zwar zu Stande. Ihr Inhalt trug jedoch seinerseits nicht spürbar zur Beschleunigung des gewünschten Entwicklungsprozesses bei. 582 Durch das GMG 2003 vom 14. 11. 2003 wurden dann die §§ 140a ff. SGB V grundlegend reformiert. Die ambulante Versorgung der gesetzlich Versicherten im Rahmen der integrierten Versorgung wurde ausdrücklich aus dem vertragsärztlichen Kol581
BGBl. I 1999, S. 2626, 2640 ff. Kritisch äußert sich hierzu beispielsweise Knieps, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 12, Rdnr. 38. 582
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lektivvertragssystem und aus dem Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen herausgelöst. Die Krankenkassen und die Leistungserbringer sollten fortan autonom im Einzelfall zu verhandelnde Verträge abschließen können. Eine Rahmenvereinbarung unter Einbeziehung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist deshalb auch seit dem 01. 01. 2004 nicht mehr vonnöten. Weiterhin sind auf der regionalen Ebene die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht mehr als Vertragspartner bei Verträgen der integrierten Versorgung vorgesehen. 583 Die integrierte Versorgung wurde also gezielt dem Zugriff der vertragsärztlichen Selbstverwaltung entzogen. Eine zweite wesentliche und besonders praxisrelevante Neuerung war die Einführung der so genannten „Anschubfinanzierung.“ Nach § 140d Abs. 1 SGB V in der zum 01. 01. 2004 in Kraft getretenen Fassung hatte jede Krankenkasse in den Jahren 2004 bis 2006 jeweils bis zu 1% der an die Kassenärztlichen Vereinigungen zu entrichtenden Gesamtvergütungen sowie von den Rechnungen der Krankenhäuser für voll- und teilstationäre Leistungen einzubehalten. Diese Mittel sollten innerhalb von drei Jahren zur Finanzierung von Verträgen der integrierten Versorgung genutzt werden. Ansonsten sah die Regelung eine Rückzahlung der nicht verwandten Beträge vor. Für den Fall eines hierüber hinausgehenden Bedarfs zur Finanzierung von Verträgen der integrierten Versorgung enthielt § 140d Abs. 2 S. 1 SGB V die Vorgaben zur Bereinigung der Gesamtvergütungen nach der Risikostruktur der jeweils teilnehmenden Versicherten und dem in den Verträgen geregelten Versorgungsauftrag. Das Konzept der Anschubfinanzierung ist aus verschiedenen Gründen Gegenstand einer lebhaften gesundheitspolitischen Diskussion um die richtigen Konzepte zur Förderung neuer Versorgungsstrukturen geworden. So ist es sicher nicht von der Hand zu weisen, dass nicht alle abgeschlossenen Verträge der integrierten Versorgung auch tatsächlich einen echten medizinischen „Mehrwert“ für die eingeschlossenen Patienten zur Folge haben. In manchem Fall mag vornehmlich der Wunsch nach der Ausschöpfung der vom Gesetzgeber gebildeten „Sondertöpfe“ entscheidend gewesen sein. 584 Auch stellte sich der Einbehalt durch die Krankenkassen für diejenigen Leistungserbringer, die sich nicht an Integrationsverträgen beteiligten oder eben nicht an diesen beteiligt wurden, vordringlich als Kürzung der Vergütung ihrer Leistungen dar. Es ist verständlich, dass dies vor dem Hintergrund des ohnehin auf nahezu allen Ebenen des Systems der GKV bestehenden Verteilungsdrucks auf wenig Gegenliebe stieß. Trotz aller berechtigten Kritik muss man der Anschubfinanzierung im Ergebnis zu Gute halten, dass sie es war, die dazu geführt hat, dass das gesetzgeberi583
Vgl. Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 74, 129 f. Vgl. z. B. anschauliche Darstellung der Gesamtentwicklung der integrierten Versorgung durch Merten / Rabbata, Integrierte Versorgung – Was gut ist, setzt sich durch, Deutsches Ärzteblatt 2008, A 1872. 584
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
sche Modell der integrierten Versorgung überhaupt in einem spürbaren Maß umgesetzt wurde. Sie war der ausschlaggebende Unterschied zum ursprünglichen Vertragskonzept des § 116b Abs. 2 SGB V a. F., welches im Kern an der Problematik einer befürchteten Doppelfinanzierung von Leistungen seitens der Krankenkassen gescheitert ist. Die Anschubfinanzierung lief – nachdem ihre Dauer zunächst durch den Gesetzgeber verlängert worden war – zum Ende des Jahres 2008 endgültig aus. Die Zukunft wird zeigen, ob es gelingt, auch ohne den durch sie verursachten „Rückenwind“ für alle Seiten tragfähige vertragliche Konzepte zu entwickeln und inwiefern die Ausgliederung einzelvertraglich abgedeckter ambulanter Leistungsbereiche aus den Gesamtvergütungen gelingen wird. Jedenfalls ist zu erwarten, dass die Anzahl der Integrationsverträge zunächst einmal wieder abnehmen wird. Obwohl die Krankenkassen dem Grunde nach fraglos eine optimierte Versorgung der Patienten anstreben, so machen (von aus „Marketing-Gesichtspunkten“ interessanten Einzelfällen abgesehen) doch aus ihrer Perspektive letzten Endes in erster Linie die Konzepte Sinn, die zu Einsparungen führen oder zumindest das Potential bieten, sich finanziell selbst zu tragen. Eine aus praktischer Sicht ganz wesentliche Herausforderung der Zukunft an das „Versorgungsmanagement bzw. -controlling“ der Krankenkassen wird es in diesem Zusammenhang sein, nicht nur kurzfristige, sondern auch langfristige Einsparungen über die Sektorengrenzen hinweg zu erkennen und angemessen zu bewerten. Ein Integrationsvertrag, der kurzfristig zu einer finanziellen Mehrbelastung durch eine intensive ambulante Betreuung führen mag, kann langfristig selbst unter Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit für die Krankenkassen interessant sein, wenn er z. B. Komplikationen und stationäre Aufenthalte zu einem späteren Zeitpunkt verhindern hilft. Das ist zwar eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Der im Vergleich zu den etablierten Strukturen der Regelversorgung sehr hohe Verwaltungsaufwand einer einzelvertraglich organisierten Versorgung der Versicherten lässt solche eher zukunftgerichteten und mit Unsicherheiten behafteten positiven Effekte für die Kostenträger aber trotzdem nicht sonderlich attraktiv erscheinen. Aus Gesichtspunkten der Versorgungsqualität ist dies bedauerlich, denn nicht wenige aus medizinischer Sicht höchst interessante Konzepte scheitern schon im ersten Auftaktgespräch der potentiellen Vertragspartner an dieser Hürde. Im Vergleich zu anderen Leistungserbringern haben die Krankenhäuser bei der integrierten Versorgung den Bonus bereits bestehender Management-, Verwaltungs- und Controllingstrukturen. 585 Des Weiteren bestehen aufgrund der seit jeher direkt mit den Krankenkassen zu führenden Budgetverhandlungen bereits gewachsene Beziehungen zwischen den Parteien. Hierbei handelt es sich weniger um rechtlich relevante als um faktische Wettbewerbsvorteile. Aus einem anderen Gesichtspunkt heraus kommt aber gerade bei dem Thema der Integrationsver585
Vgl. Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 11, Rdnr. 68.
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träge auch das Wettbewerbsrecht ins Spiel: Da nach dem Wortlaut des Gesetzes die Krankenkassen frei über den Abschluss von Verträgen nach §§ 140a ff. SGB V entscheiden können, wurde schon seit längerem die Frage diskutiert, welche Maßgaben sie beim „Einkauf“ der Versorgungsleistungen möglicherweise zu beachten haben und inwieweit Ausschreibungspflichten greifen. Hier hat der Gesetzgeber mit den Veränderungen insbesondere in § 69 SGB V durch das GKVWSG und zuletzt durch das GKV-OrgWG zentrale offene Punkte geklärt. 586 Gleichwohl verbleibt Raum zur Diskussion, der von Literatur und Rechtsprechung sukzessiv weiter auszuloten sein wird. 1. Vertragsgegenstand Nach § 140a Abs. 1 S. 1 SGB V können die Krankenkassen Verträge über eine „verschiedene Leistungssektoren übergreifende“ oder „interdisziplinär-fachübergreifende“ Versorgung der Versicherten mit den in § 140b Abs. 1 SGB V genannten Vertragspartnern abschließen. Der Gesetzgeber hat bewusst auf eine Definition dieser unbestimmten Rechtsbegriffe verzichtet. 587 Ihre Auslegung bleibt damit im Ergebnis – zumindest im ersten Schritt – den potentiellen Vertragspartnern einer integrierten Versorgung überlassen. Man kann dies zweifellos kritisch kommentieren. 588 Aus juristischer Sicht hätte jedenfalls eine Legaldefinition eine wesentliche Vereinfachung der Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der integrierten Versorgung bzw. vornehmlich mit ihren Grenzen bedeutet. Aus einem anderen Blickwinkel wird jedoch der Verzicht auf eine nähere Beschreibung und die zudem nicht zu übersehende Unschärfe der gewählten Begrifflichkeiten zumindest verständlich. Angesichts der Unzahl an Partikularinteressen, die ein derart hochreguliertes und -kompliziertes Beziehungsgeflecht wie das System der GKV hervorbringt, stünde zu befürchten, dass eine zu sehr ins Detail gehende Festlegung sich am Ende als Hemmschuh der gewünschten Entwicklung darstellen könnte. Den Parteien soll deshalb ein möglichst weitgehender Spielraum bei der Gestaltung neuer Versorgungskonzepte offen stehen, ohne dass sie durch eine Regulierung konkreter Versorgungsangebote oder die Vorgabe bestimmter Maßnahmen des „Schnittstellenmanagements“ eingeengt würden. 589 Die Kehrseite dieser gesundheitspolitisch gewünschten Flexibilität ist, dass sich nach den jeweiligen Vertragsparteien und dem juristischen Schrifttum auch die Sozialgerichtsbarkeit um die Auslegung des § 140a Abs. 1 S. 1 SGB V bemühen musste und weiterhin wird bemühen müssen, denn Streitigkeiten hierüber bleiben natürlich nicht aus. Nachfolgend sollen zumindest die für das Norm586
Siehe hierzu unten 2. Teil B. V. 7. So ausdrücklich Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 129. 588 Vgl. z. B. Beule, Rechtsfragen der integrierten Versorgung, S. 25. 589 Vgl. Knieps, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 12, Rdnr. 42 (als zuständiger Abteilungsleiter im BMG zum Zeitpunkt der Verabschiedung des GMG im Amt). 587
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
verständnis und den Themenschwerpunkt der vorliegenden Arbeit wesentlichen Gesichtspunkte diskutiert werden. Bei der Auseinandersetzung damit, was denn eine „verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung“ im Sinne des § 140a Abs. 1 S. 1 1. Alt. SGB V sein könnte, stellt sich zunächst einmal die Frage, wie der Begriff des „Leistungssektors“ in diesem Kontext verstanden werden darf. Diese Formulierung war bereits in der ursprünglichen und durch das GKV-GRG 2000 eingeführten Fassung des § 140a Abs. 1 S. 1 SGB V enthalten. 590 Unproblematisch handelt es sich jedenfalls bei den Bereichen der ambulanten und der stationären Versorgung um Leistungssektoren im Sinne der Norm. Gerade die Überwindung der zwischen diesen beiden Sektoren bestehenden Grenzen sollte mit Verträgen nach §§ 140a ff. SGB V in besonderem Maß gefördert werden. 591 Schon im ersten Anlauf schwebte dem Gesetzgeber aber offenbar weit mehr vor. So heißt es in der Begründung zum Entwurf des GKV-GRG 2000, dass es zu einer stärkeren Orientierung an den Bedürfnissen der Patienten auch integrierter Versorgungsformen zwischen Haus- und Fachärzten sowie zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Leistungserbringern bedürfe. Weiterhin solle den medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen ein besonderer Stellenwert eingeräumt werden. 592 Teilweise spiegeln sich diese Zielsetzungen nunmehr wohl eher im Begriff der „interdisziplinär-fachübergreifenden“ Versorgung nach § 140a Abs. 1 S. 1 2. Alt. SGB V wider, dessen Einführung Teil des Pakets an gesetzlichen Neuerungen zur integrierten Versorgung durch das GMG 2003 war. Es wird aber gleichwohl klar, dass der Gesetzgeber bei der Formulierung von einem in der Tendenz weiten Begriffsverständnis ausging. Ein Sektorenübergriff sollte jedenfalls ausdrücklich auch in anderen Situationen, als bei der „ubiquitär“ geforderten Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung zu bejahen sein. Die Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffs der „verschiedene Leistungssektoren übergreifenden Versorgung“ ist uneinheitlich. So hatte beispielsweise das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 13. 12. 2006 unter Zugrundelegung eines eher einengenden Normverständnisses entschieden, dass hierfür die Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern aus den Sektoren „ambulant“ und „stationär“ Voraussetzung sei. Eine vertragliche Regelung, die den Bogen zwischen einer (stationären) Krankenhausbehandlung und einer stationären Anschlussheilbehandlung in einer Rehabilitationseinrichtung spanne, stelle daher keine integrierte Versorgung im Sinne der §§ 140a ff. SGB V dar. 593 Das Bundessozialgericht kam mit Urteil vom 06. 02. 2008 diesbezüglich 590
Siehe hierzu: Beule, Rechtsfragen der integrierten Versorgung, S. 25 ff. Vgl. Begründung zum Entwurf des GKV-GRG 2000, BT-Drucks. 14/1245, S. 55 (siehe Hervorhebung in der Überschrift), 91. 592 Begründung zum Entwurf des GKV-GRG 2000, BT-Drucks. 14/1245, S. 91. 593 LSG Baden-Württenberg, Urt. v. 13. 12. 2006, SGb 2007, 621. 591
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zu einem anderen Ergebnis. Auch die vertragliche Verknüpfung einer stationären Krankenhausbehandlung mit der anschließenden stationären Rehabilitationsbehandlung könne eine integrierte Versorgung ausmachen, denn hierbei seien durchaus zwei voneinander getrennte Leistungssektoren betroffen. 594 In dem genannten und in einem weiteren am selben Tag ergangenen Urteil 595 führt das Bundessozialgericht recht umfassend zum Begriff der „verschiedene Leistungssektoren übergreifenden Versorgung“ aus. Mangels einer gesetzlichen Definition sei der Begriff der „Leistungssektoren“ nur durch eine am Zweck der integrierten Versorgung orientierte Auslegung zu bestimmen. Die Zielrichtung dieser Versorgungsform bestehe insbesondere darin, die starren Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zu durchbrechen und den Krankenkassen die Möglichkeit zu eröffnen, alternative Versorgungsstrukturen neben der bisherigen Regelversorgung zu entwickeln. Die Verzahnung bislang getrennter Strukturen solle einerseits eine wirtschaftlichere Versorgung ermöglichen und andererseits dazu beitragen, medizinische Behandlungsabläufe zu verbessern sowie Wartezeiten, Doppeluntersuchungen und sonstige Schnittstellenprobleme zu vermeiden. Der Begriff der „Leistungssektoren übergreifenden Versorgung“ sei vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung des Gesetzgebers funktionell zu bestimmen. Ein Sektorenübergriff sei dann gegeben, wenn Leistungsprozesse, die in der traditionellen Versorgung inhaltlich und institutionell getrennt seien, nunmehr verknüpft würden. Zwar habe der Gesetzgeber bei seiner Zielsetzung erkennbar einen Schwerpunkt in der Überwindung der ambulant-stationären Schnittstelle gesehen. Daraus könne auf der anderen Seite aber nicht geschlossen werden, dass nur Verträge, die Leistungen aus diesen beiden „Hauptsektoren“ enthielten, sektorenübergreifend im Sinne des § 140a Abs. 1 S. 1 1. Alt SGB V sein könnten. Unter Zugrundelegung eines funktionellen Ansatzes seien vielmehr innerhalb des ambulanten und innerhalb des stationären Hauptsektors weitere Leistungssektoren zu unterscheiden. Ein integriertes Versorgungsangebot könne beispielsweise in der Verknüpfung einer ambulanten Operation und der anschließenden Versorgung der Patienten in einer ambulanten Rehabilitationseinrichtung liegen. Auch hierbei könnten schließlich die Ziele der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Behandlung sowie der Optimierung medizinischer Behandlungsabläufe (durch Vermeidung von Doppeluntersuchungen, Wartezeitverkürzung etc.) gefördert werden. Dasselbe gelte für die Verbindung einer stationären Krankenhausbehandlung mit einer anschließenden stationären Rehabilitationsbehandlung. 596 Diese Leistungsbereiche seien nämlich in der traditionellen Versorgung typischerweise inhaltlich und institutionell voneinander getrennt. 597 594
BSG, Urt. v. 06. 02. 2008, SozR 4 – 2500 § 140a Nr. 2. BSG, Urt. v. 06. 02. 2008, SozR 4 – 2500 § 140d Nr. 1. 596 Beide zuvor zitierten Urteile entsprechen sich insofern in weiten Passagen der Entscheidungsbegründung. 597 BSG, Urt. v. 06. 02. 2008, SozR 4 – 2500 § 140a Nr. 2. 595
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Dem vom Bundessozialgericht vertretenen funktionellen Auslegungsansatz ist grundsätzlich zuzustimmen. Aus den zitierten Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich zwar nicht eindeutig, wann konkret eine sektorenübergreifende Versorgung auszumachen sein soll. Es wird jedoch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass dies gerade nicht allein bei der Verknüpfung des ambulanten und des stationären Leistungsbereichs der Fall ist. Geht man also vom Wortlaut einerseits (Sektor = Abschnitt) und vom Ziel des Gesetzgebers andererseits (Lösung von Schnittstellenproblemen und hohe Flexibilität der potentiellen Vertragspartner) aus, so muss man annehmen, dass eine „verschiedene Leistungssektoren übergreifenden Versorgung“ im Sinne des § 140a Abs. 1 S. 1 1. Alt. SGB V überall dort denkbar ist, wo im Rahmen der hergebrachten Vorgaben bislang eine strukturelle Trennung besteht. Gewichtige Anhaltspunkte hierfür können beispielsweise unterschiedliche Arten der Leistungserbringung (etwa ambulant / stationär oder akut-stationäre Krankenhausbehandlung / stationäre Rehabilitation), verschiedene Leistungserbringer (z. B. Vertragsarzt / Krankenhaus) oder auch bislang unterschiedliche Vergütungsstrukturen (z. B. vertragsärztliche Gesamtvergütung / Krankenhauspflegesätze) sein. Um eine „übergreifende“ Versorgung zum Inhalt zu haben, müssen die Verträge dabei bislang getrennte Leistungsprozesse miteinander verbinden – sie müssen also traditionell Separiertes integrieren. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts soll es dabei für eine integrierte Versorgung nicht schon ausreichend sein, wenn innerhalb eines Krankenhauses „nur“ die stationär und die ambulant erbrachten ärztlichen Behandlungen miteinander verbunden würden. Konkret lag diesen Ausführungen ein Vertrag zu Grunde, bei dem ein Krankenhaus für bestimmte chirurgische Eingriffe eine Komplexfallpauschale erhielt, die unabhängig davon zum Tragen kam, ob die Leistung (nach der Entscheidung des Krankenhauses im Einzelfall) ambulant oder stationär erfolgte. Hierin sah das Bundessozialgericht eine bloße Verknüpfung ohnehin krankenhaustypischer Versorgungsleistungen. Es verneinte im Ergebnis eine sektorenübergreifende Versorgung, denn die Verzahnung dieser beiden Bereiche sei im Krankenhaus schon im Rahmen der traditionellen Versorgungsstrukturen gegeben. 598 Ausdrücklich wird in den Entscheidungsgründen allerdings ausgeführt, dass es „in besonderen Fällen“ auch anders sein könne. So sei an Krankheitsbilder zu denken, bei denen ein Wechsel zwischen der regelmäßigen Behandlung in der Krankenhausambulanz sowie den zwischenzeitlich erforderlichen stationären Behandlungen typischerweise gehäuft vorkomme. Eine vertragliche Regelung, die hierbei eine reibungslose Verzahnung der unterschiedlichen Behandlungen in den verschiedenen Phasen anstrebe, könne durchaus als sektorenübergreifend im Sinne von § 140a Abs. 1 S. 1 1. Alt. SGB V zu bewerten sein. 599 Dem 598
BSG, Urt. v. 06. 02. 2008, SozR 4 – 2500 § 140a Nr. 2.
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ist zuzustimmen. Allerdings fragt sich, warum man diesen Ansatz auf „besondere Fälle“ beschränken sollte. Zwar wird man in der Tat auch bei Verträgen der integrierten Versorgung mit Krankenhäusern eine Verbesserung gegenüber den herkömmlichen Strukturen der Regelversorgung verlangen müssen, so dass sie einen „übergreifenden“ Charakter erlangen. Beachtlich ist aber andererseits, dass der Gesetzgeber in nahezu sämtlichen zurückliegenden Reformschritten die Zugangswege der Krankenhäuser zur ambulanten Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten signifikant ausgebaut und damit nachhaltig zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Krankenhäuser in die Rolle „integrierter Behandlungszentren“ wachsen sehen möchte. Vor diesem Hintergrund sind integrierte Versorgungsmodelle, die die verschiedenen im Krankenhaus bestehenden Möglichkeiten noch enger verzahnen und zu einem einheitlichen Versorgungsangebot verbinden können, geradezu der Inbegriff dessen, was dem Gesetzgeber bei der Schaffung der §§ 140a ff. SGB V vorschwebte. Es bleibt insofern abzuwarten, ob die Wortwahl des Bundessozialgerichts nicht zumindest auch ein Stück weit dem Gedanken entsprungen ist, in Zeiten der Anschubfinanzierung ein Signal gegen Vertragsmodelle mit dem vorwiegenden Ziel einer „Finanzierungsoptimierung“ 600 zu setzen. Klagende Parteien waren auch jeweils Kassenärztliche Vereinigungen, die sich gegen den Einbehalt eines Anteils der Gesamtvergütung durch die Krankenkassen zur Wehr gesetzt hatten. Mit dem GMG 2003 wurde der Begriff der „interdisziplinär-fachübergreifenden Versorgung“ als § 140a Abs. 1 S. 1 2. Alt SGB V in die Regelung eingefügt. Auch diese kann danach – als Alternative oder auch zusätzlich zur „sektorenübergreifenden“ Versorgung 601 – Gegenstand eines Vertrags nach §§ 140a ff. SGB V sein. Aus den Gesetzgebungsmaterialien zum GMG 2003 selbst lassen sich 599
BSG, Urt. v. 06. 02. 2008, SozR 4 – 2500 § 140a Nr. 2. Für die Krankenkassen konnte ein Vertrag, der ihre „normale“ Ausgabenbelastung für stationäre Krankenhausleistungen vermindern half und gleichzeitig für sie keinerlei anderweitige Kosten produzierte (denn die Finanzierungsquelle war ja die Anschubfinanzierung) schon aus finanziellen Gründen und völlig unabhängig vom medizinischen Nutzen Sinn machen. Auf der anderen Seite bestand seitens der Leistungserbringer ein ebenso nachvollziehbares Interesse, neue Einnahmen zu generieren und sich so ggf. einen Teil der Anschubfinanzierung „zurückzuholen.“ 601 Der Wortlaut („oder“) könnte zwar auf den ersten Blick zu anderen Rückschlüssen verleiten. Aus der Begründung zum Entwurf des GMG ergeben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte, welche die sachlich unsinnige Annahme stützten würden, es sei gewollt, dass entweder ausschließlich die eine oder eben die die andere Alternative erfüllt werde. Dabei ist auch zu bedenken, dass im Falle einer „Leistungssektoren übergreifenden Versorgung“ geradezu regelmäßig gleichzeitig eine „interdisziplinär-fachübergreifende“ Konstellation vorliegen wird, vgl. hierzu LSG Baden-Württenberg, Urt. v. 13. 12. 2006, SGb 2007, 621. Statt irgendwelche kontraproduktiven Einschränkungen zu schaffen, wollte der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur freien Ausgestaltung alternativer Versorgungswege mit der Neufassung auch des § 140a Abs. 1 SGB V durch das GMG gerade erweitern, vgl. Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 74, 129. 600
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keine Hinweise zur näheren Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ableiten. Das Thüringer Landessozialgericht hat in seinem Urteil vom 24. 01. 2007 die Auffassung vertreten, dass die Begriffe „interdisziplinär“ und „fachübergreifend“ nach der gesetzlichen Formulierung nicht in einer Alternativ-Beziehung stünden, sondern aufgrund ihrer sprachlichen Verknüpfung mit einem Bindestrich gleichzeitig erfüllt sein müssten. Als „fachübergreifend“ in diesem Sinne sei vor allem eine Kooperation von Ärzten verschiedener Fachgebiete zu bewerten. Aus dem Sinn und Zweck einer Integrationsversorgung sei allerdings zu schließen, dass es sich bei den Beteiligten nicht nur um solche der hausärztlichen oder lediglich solche der fachärztlichen Gruppe handeln dürfe. Mit dem Begriff „interdisziplinär“ sei dagegen die Zusammenarbeit von Leistungserbringern aus verschiedenen Bereichen gemeint. Das könne z. B. bei Vertragsärzten einerseits und Apotheken andererseits der Fall sein. 602 Diese im Ergebnis stark einengende Auslegung des § 140a SGB V Abs. 1 S. 1 2. Alt. SGB V teilt das Bundessozialgericht nicht. Zwar ist man auch dort der Auffassung, dass ein Konzept, an dem allein dem hausärztlichen Versorgungsbereich zugehörige Ärzte beteiligt seien, keine „interdisziplinär-fachübergreifende“ integrierte Versorgung im Rechtssinne darstellen könne. 603 An anderer Stelle stellt der 6. Senat jedoch klar, dass für eine Kooperation von Fachärzten unterschiedlicher Gebiete etwas anderes gelte. In jedem Fall müssten die Kooperationen die Fachgebietsgrenzen des ärztlichen Weiterbildungsrechts überschreiten und dabei über die traditionellen Wege der Zusammenarbeit im Rahmen der ambulanten oder stationären Regelversorgung hinausgehen. Anders als das Thüringer Landessozialgericht äußert das Bundessozialgericht nicht, dass zu diesem Element noch zwingend die Kooperation mit einem weiteren, komplett anderen „Leistungsbereich“ (etwa der vom Thüringer Landessozialgericht beispielhaft erwähnten Arzneimittelversorgung durch Apotheken) hinzutreten müsse. 604 In der Tat ist davon auszugehen, dass eine „interdisziplinär-fachübergreifende“ Konstellation jedenfalls im Falle der Zusammenarbeit von Haus- und Fachärzten und auch bei der Kooperation verschiedener Fachärzte zu bejahen ist. 605 Mit der Einfügung der Formulierung durch das GMG 2003 ist der Gesetzgeber letztlich in erster Linie nachbessernd tätig geworden. Obgleich bei der ersten Fassung des § 140a Abs. 1 SGB V durch das GKV-GRG 2000 im Gesetz lediglich von der „verschiedene Leistungssektoren übergreifenden Versorgung“ die Rede war, sollten hierunter ja ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf auch schon Kooperationen allein zwischen verschiedenen Vertragsärzten fallen können. Zwar 602
Thüringer LSG, MedR 2007, 746. BSG, Urt. v. 06. 02. 2008, SozR 4 – 2500 § 140d Nr. 1. 604 BSG, Urt. v. 06. 02. 2008, SozR 4 – 2500 § 140a Nr. 2. 605 Vgl. Beule, Integrierte Versorgung nach neuem Recht, GesR 2004, 209, 210; Hencke, in: Peters, SGB V, § 140a, Rdnr. 2a. 603
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wurde dort in diesem Zusammenhang noch die Verbindung zwischen fachärztlicher und hausärztlicher Versorgung hervorgehoben. 606 Die entsprechende Formulierung des Gesetzentwurfs als § 140a Abs. 1 S. 3 SGB V 607 war jedoch schon in der ersten tatsächlich Gesetz gewordenen Fassung des § 140a SGB V nicht mehr enthalten. Sie war auf Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit gestrichen worden. Stattdessen konnte die Einbeziehung der hausärztlichen Versorgung nach § 140d Abs. 1 Nr. 3 SGB V a. F. in der nach damaligem Recht abzuschließenden Rahmenempfehlung geregelt werden. Der Ausschuss für Gesundheit stellte in seiner Begründung jedoch ausdrücklich heraus, dass eine hausärztliche Beteiligung nicht in jeder integrierten Versorgung zwingend sei. Es bliebe den Partnern der Rahmenvereinbarung überlassen, ob und in welchen Fällen sie eine Einbeziehung für obligatorisch erklären wollten. 608 Bereits nach § 140a Abs. 1 S. 1 SGB V in der bis zum 31. 12. 2003 gültigen Fassung war demnach eine Kooperation zwischen Haus- und Fachärzten oder zwischen verschiedenen Fachärzten grundsätzlich tauglicher Gegenstand einer integrierten Versorgung. Mit dem GMG 2003 wurde dieser Gedanke gewissermaßen begrifflich klarstellend aus der „sektorenübergreifenden“ Konstellation ausgegliedert und als eigene Alternative („interdisziplinär-fachübergreifend“) in § 140a Abs. 1 S. 1 SGB V in der ab dem 01. 01. 2004 gültigen Fassung eingebracht. Im Ergebnis kann z. B. auch ein MVZ, welches ja seinerseits fachübergreifend tätig sein muss (vgl. § 95 Abs. 1 S. 2 ff. SGB V), alleiniger Vertragspartner auf der Seite der Leistungserbringer sein. 2. Vertragsparteien In § 140b Abs. 1 SGB V werden die potentiellen Partner der Krankenkassen für Verträge der integrierten Versorgung enumerativ aufgeführt. Es handelt sich hierbei um: − Die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte und Zahnärzte und die sonstigen, nach dem vierten Kapitel des SGB V zur Versorgung der Versicherten berechtigten Leistungserbringer oder deren Gemeinschaften (Nr. 1). − Die Träger der zur Versorgung der Versicherten zugelassenen Krankenhäuser, die Träger von stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen und die Träger von ambulanten Rehabilitationseinrichtungen oder deren Gemeinschaften (Nr. 2). 606
Siehe Begründung zum Entwurf des GKV-GRG 2000, BT-Drucks. 14/1245, S. 91. „Integrierte Versorgungsformen müssen mindestens eine hausärztliche Versorgung nach § 73 Abs. 1 Satz 2 einschließen“, vgl. Entwurf des GKV-GRG 2000, BT-Drucks. 14/ 1245, S. 24. 608 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu den vorliegenden Entwürfen zum GKV-GRG 2000, BT-Drucks. 14/1977, S. 173. 607
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
− Die Träger medizinischer Versorgungszentren oder deren Gemeinschaften (Nr. 3). − Die Träger von Einrichtungen, die eine integrierte Versorgung „mittelbar“ durch zur Versorgung der Versicherten nach dem Vierten Kapitel berechtigte Leistungserbringer anbieten (Nr. 4). − Pflegekassen und zugelassene Pflegeeinrichtungen (Nr. 5). − Gemeinschaften der vorgenannten Leistungserbringer und deren Gemeinschaften (Nr. 6). − Praxiskliniken im Sinne des § 115 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V (Nr. 7). Somit stehen grundsätzlich alle bereits zur Versorgung der Versicherten im System der GKV berechtigten Leistungserbringer als Vertragspartner für integrative Versorgungsmodelle nach §§ 140a ff. SGB V zur Verfügung. Nach der bis zum 31. 12. 2003 gültigen ursprünglichen Fassung des § 140b SGB V waren auch die Kassenärztlichen Vereinigungen potentielle Vertragspartner der Krankenkassen. Wie schon erwähnt wurde, hat der Gesetzgeber jedoch mit dem GMG 2003 die integrierte Versorgung systematisch vom Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen mit der Zielsetzung entkoppelt, den Krankenkassen und den Leistungserbringern möglichst freie Hand beim Aufbau alternativer Versorgungsstrukturen zu geben. In der Konsequenz war auch kein Raum mehr dafür gegeben, die Kassenärztlichen Vereinigungen weiterhin als Partner für Verträge nach §§ 140a ff. SGB V vorzusehen, da ihnen selbst nicht die Rolle eines Leistungserbringers zukommt. 609 Auf der anderen Seite wurde mit dem GMG 2003 zum 01. 01. 2004 der Kreis der möglichen Verhandlungspartner der Krankenkassen erweitert. Diese Ausdehnung sollte dazu dienen, „in Berücksichtigung der vielfältigen Interessen der Beteiligten die Möglichkeiten für eine spezifizierte integrierte Versorgung zu erweitern.“ 610 Wichtig war dabei z. B. die „Klarstellung“ des Gesetzgebers, dass Vertragsärzte nicht nur in Gemeinschaft, sondern auch einzeln als Vertragspartner auftreten können (vgl. § 140b Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. SGB V in der Fassung seit dem GMG 2003). Nach der bis dahin gültigen Rechtslage war dies nämlich umstritten. 611 Zwar legt die Begründung zum Entwurf des GKV-GRG 2000 nahe, dass der Gesetzgeber schon bei der ursprünglichen Fassung einzelne Vertragsärzte als potentielle Vertragspartner sehen wollte. 612 Dieser Aspekt hatte sich jedoch im Wortlaut des Gesetzes an keiner Stelle niedergeschlagen. 613 Im Gegenteil: § 140b Abs. 2 1. Spiegelstrich 1. Alt SGB V a. F. sprach ausdrück609 610 611 612 613
Vgl. hierzu Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 129 f. Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 129. Siehe hierzu Beule, Rechtsfragen der integrierten Versorgung, S. 119 ff. Begründung zum Entwurf des GKV-GRG 2000, BT-Drucks. 14/1245, S. 92. Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 140b, Rdnr. 14.
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lich nur von „Gemeinschaften zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Ärzte“. Eine ebenfalls erwähnenswerte substantielle Neuerung brachte § 140b Abs. 1 Nr. 4 SGB V in der ab dem 01. 01. 2004 gültigen Fassung. Danach können „Träger“ (die Begründung nennt hier ausdrücklich die so genannten „Managementgesellschaften“), die selbst nicht berechtigte Versorger im Sinne des SGB V sind, den Krankenkassen Leistungen der integrierten Versorgung mittelbar durch Dritte anbieten. 614 Die jeweilige Managementgesellschaft wird in dieser Konstellation nicht selbst zum Leistungserbringer. Vielmehr schließt sie Verträge mit zur Versorgung innerhalb des Systems der GKV berechtigten Leistungserbringern ab, in denen sich diese gegenüber der Managementgesellschaft zur Erbringung der Leistungen nach dem Vertrag der integrierten Versorgung verpflichten. 615 Die Einführung dieser Möglichkeit durch den Gesetzgeber macht Sinn, da eine für das Gesamtsystem der Versorgung quantitativ wesentliche Neustrukturierung durch Modelle der integrierten Versorgung nicht allein durch „Insellösungen“ mit einigen wenigen Leistungserbringern zu erwarten ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass erst durch die Bündelung von Kompetenzen und gleichzeitig „Marktmacht“ auf Seiten der Leistungserbringer in Form von eigens gegründeten Gemeinschaften oder eben über „Managementgesellschaften“ eine Situation entstehen wird, in der die integrierte Versorgung eine echtes Konkurrenzmodell zur etablierten Regelversorgung werden kann. Dabei ist auch nicht zu verkennen, dass jedes Abweichen von den etablierten Modellen in der Praxis regelmäßig einen enormen Verwaltungsaufwand bedeutet. Gerade für einzelne Vertragsärzte kann hier eine gemeinschaftlich getragene oder gänzlich externe spezialisierte Verwaltungsstruktur hilfreich sein. Fraglich ist, ob ermächtigte Ärzte und ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen sich an Verträgen der integrierten Versorgung beteiligen können. Sie sind jedenfalls nach dem insofern eindeutigen Gesetzeswortlaut keine zur vertragsärztlichen Versorgung „zugelassenen“ Ärzte im Sinne von § 140b Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. SGB V. Auch könnte man in sachlicher Hinsicht gegen ihre Beteiligungsfähigkeit zumindest ins Feld führen, dass die im Rahmen der Ermächtigung zeitlich beschränkte Teilhabeberechtigung am vertragsärztlichen Versorgungssystem eine im Verhältnis zur vertragsärztlichen Zulassung weniger sichere Basis für den Abschluss von Versorgungsverträgen biete. 616 Schließlich muss man feststellen, dass auch in der Begründung zum Entwurf des GMG 2003 nur von sämtlichen „zugelassenen“ Leistungserbringern im System des SGB V als potentielle Vertragspartner von Integrationsverträgen gesprochen wird. 617 Auf der 614
Siehe Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 129. Möller / Dahm / Bäune, in: Ratzel / Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, § 8, Rdnr. 309. 616 Vgl. Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 140b, Rdnr. 3. 615
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anderen Seite gibt es einen gewichtigen Hinweis darauf, dass es sich hierbei eher um eine sprachliche Unschärfe handelt und dass der Begriff der „Zulassung“ in der Begründung zum Entwurf de facto im Sinne eines Oberbegriffs verwandt wird. Im Gesetzestext wird nämlich bei § 140b Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. SGB V auf die sonstigen, nach dem vierten Kapitel zur Versorgung „berechtigten“ Leistungserbringer abgestellt. 618 Im Ergebnis spricht der nach der Art eines Auffangtatbestands gestaltete Wortlaut des § 140b Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. SGB V daher für eine Einbeziehung der ermächtigten Versorger in den Kreis der denkbaren Vertragspartner für Verträge nach §§ 140a ff. SGB V. 619 Dies wird durch den Blick auf § 140b Abs. 4 S. 3 SGB V bestätigt. Hier lässt der Gesetzgeber erkennen, dass auch ermächtigte Leistungserbringer Teil eines Netzwerks der integrierten Versorgung sein können. Im Fraktionsentwurf zum GKV-GRG 2000 (vgl. dort § 140b Abs. 1 S. 1 SGB V) hieß es noch, dass Verträge der integrierten Versorgung von den Krankenkassen oder deren bevollmächtigten Verbänden abgeschlossen werden können. Es sei wünschenswert, wenn eine gemeinsame und einheitliche Vertragsverhandlung stattfinde. Gleichwohl solle auch den einzelnen Krankenkassen und ihren bevollmächtigten Verbänden das Recht eingeräumt werden, Verträge nach §§ 140a ff. SGB V abzuschließen. Ansonsten hätten es Einzelkassen oder Einzelverbände in der Hand, den Abschluss von Integrationsverträgen zu blockieren. 620 § 140b Abs. 1 S. 1 SGB V blieb durch die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit unverändert. 621 In der schließlich Gesetz gewordenen Fassung fehlt jedoch der Hinweis auf die Verbände als mögliche Vertragspartner. Gleichwohl können sich nach den Vorschriften des siebten Kapitels des SGB V die einzelnen Krankenkassen durch die Landesverbände (vgl. § 211 Abs. 2 Nr. 3 SGB V) und die Ersatzkassen durch eine gemeinsame Stelle auf der Landesebene (vgl. § 212 Abs. 5 S. 5 SGB V) vertreten lassen. 622 3. Weitere Vorgaben Nach § 140a Abs. 1 S. 2 SGB V sollen die Verträge der integrierten Versorgung eine „bevölkerungsbezogene Flächendeckung der Versorgung“ ermöglichen. Diese Regelung wurde durch das GKV-WSG mit Wirkung zum 01. 04. 617
Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 129. Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 140b, Rdnr. 16. 619 Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 140b, Rdnr. 16; Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 140b, Rdnr. 3. 620 Begründung zum Entwurf des GKV-GRG 2000, BT-Drucks. 14/1245, S. 24, 92. 621 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu den vorliegenden Entwürfen zum GKV-GRG 2000, BT-Drucks. 14/1977, S. 63. 622 Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 140b, Rdnr. 11. 618
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2007 in das Gesetz eingefügt. Was der Gesetzgeber unter einer bevölkerungsbezogenen Flächendeckung der Versorgung versteht, lässt sich aus der Begründung zum Entwurf des GKV-WSG ableiten. Sie soll danach insbesondere dann vorliegen, wenn in einer größeren Region die Behandlung einer versorgungsrelevanten Volkskrankheit umfassend angeboten werde. Das Gleiche gelte, wenn in einer kleineren Region ein Großteil des Krankheitsgeschehens der Versicherten im Rahmen einer integrierten Versorgung sichergestellt werden solle. 623 Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 140a Abs. 1 S. 2 SGB V als „Soll-Vorschrift“ zwanglos ergibt, bleiben aber auch integrierte Versorgungsmodelle ohne „Bevölkerungsbezug“ möglich. 624 Die Gründe, die den Gesetzgeber zur Einfügung des § 140a Abs. 1 S. 2 SGB V bewegt haben, sind der Begründung zum Gesetzentwurf zu entnehmen. Dort heißt es, dass sich die integrierte Versorgung bei seinerzeit 2590 gemeldeten Verträgen bis zum 30. 06. 2006 gut entwickelt habe. Häufig handele es sich um auf bestimmte medizinische Indikationen ausgerichtete Versorgungsmodelle mit regionalem Bezug. Es würden jedoch auch vermehrt breiter angelegte Verträge abgeschlossen. Dies solle unterstützt werden. 625 Man kann in der Begründung weiter lesen, dass deshalb nach der Neufassung des § 140d Abs. 1 SGB V ab dem 01. 04. 2007 die Mittel der Anschubfinanzierung prospektiv auch nur noch zur Verfügung stehen würden, wenn mit dem jeweils abzuschließenden Vertrag eine bevölkerungsbezogene Flächendeckung der Versorgung angestrebt werde. 626 Der entsprechende Teil des Entwurfs ist jedoch nicht Gesetz geworden. Auf Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit wurde die zwingende Verbindung zwischen der Anschubfinanzierung und einer bevölkerungsbezogenen Flächendeckung der Versorgung wieder gestrichen. 627 Nach dem der Beschlussempfehlung zugehörigen Bericht sollte zwar an der Zielsetzung einer breiteren Etablierung der integrierten Versorgung festgehalten werden. Gleichzeitig wollte man aber auch einen Anreiz für sinnvolle Projekte ohne Bevölkerungsbezug erhalten. 628 Die im Rahmen der integrierten Versorgung notwendige Versorgung mit Arzneimitteln soll gemäß § 140a Abs. 1 S. 5 SGB V nach Möglichkeit im Rahmen von Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V erfolgen. Solche Rabattverträge können nach § 130a Abs. 8 S. 1 SGB V zwischen den Krankenkassen oder ih623
Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 152. So schon ausdrücklich die Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 152. 625 Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 152. 626 Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 152. 627 Beschlussempfehlung des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit) zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/4200, S. 91. 628 Bericht des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit) zur Beschlussempfehlung zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/4247, S. 49. 624
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ren Verbänden und den pharmazeutischen Unternehmen abgeschlossen werden. Dabei sind im Rahmen vorausgehender Ausschreibungen die jeweils gültigen Vorschriften des Vergaberechts zu beachten. 629 Der Gesetzgeber hatte bei der Formulierung des § 140a Abs. 1 S. 5 SGB V mit dem GKV-WSG das Ziel vor Augen, zu Gunsten einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten einen Preiswettbewerb zwischen den pharmazeutischen Unternehmen zu initiieren. 630 § 140b Abs. 3 S. 1 bis 3 SGB V besagen im Wesentlichen, dass die Vertragspartner einer integrierten Versorgung die Gewähr für eine qualitätsgesicherte, wirksame, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten übernehmen müssen. Die Inhalte der integrierten Versorgung haben sich am Versorgungsbedarf der Versicherten zu orientieren und dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und des medizinischen Fortschritts zu entsprechen. Nach § 140b Abs. 3 S. 4 SGB V dürfen dabei nur solche Leistungen Gegenstand eines Versorgungsvertrags sein, über deren Eignung als Leistung der Krankenversicherung der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 SGB V im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V und im Rahmen der Beschlüsse nach § 137c Abs. 1 SGB V keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Für die integrierte Versorgung gilt also gerade nicht § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V, der im vertragsärztlichen Bereich eine Erbringung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen nur dann gestattet, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss sie durch positive Entscheidung anerkannt hat. 631 Ebenso wie im akut-stationären Bereich und bei der Behandlung im Rahmen von § 116b Abs. 2 SGB V gilt im Ergebnis die Systematik einer „Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt.“ Der Gestaltungsspielraum der Verhandlungspartner im Hinblick auf die Einbeziehung neuer Untersuchungsund Behandlungsmethoden ist somit in der Tendenz weiter als der Rahmen der ambulanten Regelversorgung im vertragsärztlichen System. Das ermöglicht beispielsweise die kurzfristige Reaktion auf medizinische Innovationen. Die Teilnahme an Modellen der integrierten Versorgung ist nach § 140a Abs. 2 S. 1 SGB V für die Versicherten freiwillig. Nach § 140a Abs. 3 SGB V haben sie ein umfassendes Informationsrecht gegenüber ihrer Krankenkasse im Hinblick auf die bestehenden Verträge, die teilnehmenden Leistungserbringer, etwaige besondere Leistungen und vereinbarte Qualitätsstandards.
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Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 144, Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 144, So auch Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 140b, Rdnr. 49.
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4. Inhaltliche Freiräume Inhaltlich erschließen sich den ja eher an hochgradig regulierte Verhältnisse gewöhnten Vertragspartnern bei Modellen der integrierten Versorgung beachtliche Freiräume. Bereits aus § 140a Abs. 1 S. 1 SGB V lässt sich entnehmen, dass im Rahmen von Verträgen nach §§ 140a ff. SGB V von den Vorschriften des vierten Kapitels des SGB V abgewichen werden darf. Nach § 140b Abs. 4 S. 1 SGB V können die Vertragsparteien darüber hinaus auch über die Regelungen des KHG, des KHEntgG und der weiteren nach diesen Vorschriften geschaffenen Normenwerke disponieren. Im Ergebnis steht in der integrierten Versorgung beispielsweise der Weg offen, sich von den Grundsätzen der vertragsärztlichen Versorgung (§ 73 SGB V), von den Vorgaben der Verträge der Bundes- und Landesebene (§§ 82 ff. SGB V), von den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (§ 92 SGB V) und von den Maßgaben des vertragsärztlichen Zulassungsrechts (§§ 95 ff. SGB V) zu lösen. 632 Insbesondere kann von den Vergütungsregelungen des vertragsärztlichen Bereichs 633 und den für die Krankenhäuser normalerweise obligatorischen pflegesatzrechtlichen Vorgaben 634 abgewichen werden. Die abweichende vertragliche Regelung muss nach § 140b Abs. 4 S. 1 SGB V dem Sinn und der Eigenart der integrierten Versorgung entsprechen, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der integrierten Versorgung verbessern oder aus sonstigen Gründen zu ihrer Durchführung erforderlich sein. Diese Vorgaben sind in der Tendenz weit auszulegen. 635 In der Begründung zum Entwurf des GKV-GRG 2000 heißt es nämlich ausdrücklich, dass möglichst offene Regelungen gefunden werden sollten, um aus „starren, verkrusteten Strukturen hin zu effizienteren Versorgungsformen zu kommen.“ 636 Leistungsansprüche der Versicherten können bei alledem durch die Vertragspartner der integrierten Versorgung nicht wirksam eingeschränkt werden. 637 Dies wird einerseits schon daran deutlich, dass die Vorschriften des dritten Kapitels des SGB V in § 140b Abs. 4 S. 1 SGB V gerade nicht zur Disposition gestellt werden. Weiterhin besagt der bereits erwähnte § 140b Abs. 3 S. 1 SGB V ausdrück632
Eine weitergehende Aufzählung wichtiger Bereiche, die in der integrierten Versorgung zur Disposition stehen, findet sich bei Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 11, Rdnr. 77. 633 Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 140b, Rdnr. 45. 634 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu den vorliegenden Entwürfen zum GKV-GRG 2000, BT-Drucks. 14/1977, S. 172 (noch zu § 140b Abs. 5 des Entwurfs). 635 So auch Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 140b, Rdnr. 47. 636 Begründung zum Entwurf des GKV-GRG 2000, BT-Drucks. 14/1245, S. 92. 637 Vgl. beispielsweise Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 11, Rdnr. 78; Möller / Dahm / Bäune, in: Ratzel / Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, § 8, Rdnr. 314.
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lich, dass die Vertragspartner die Erfüllung der gesetzlichen Leistungsansprüche der Versicherten zu gewährleisten haben. § 140b Abs. 4 S. 1 SGB V suspendiert somit „lediglich“ das Leistungserbringungsrecht und nicht das Leistungsrecht der GKV als mindestens zu gewährleistendes Niveau. 638 Eine Erweiterung des Leistungsspektrums zu Gunsten der Versicherten im Rahmen integrierter Versorgungsmodelle ist dagegen grundsätzlich möglich. 639 Verträge nach §§ 140a ff. SGB V sollen ja gerade zu einer Verbesserung der Versorgungssituation beitragen. Neben erkrankungsspezifischen medizinischen Argumenten kann für eine solche Erweiterung nicht zuletzt auch die Überlegung sprechen, dass man den Versicherten hierdurch einen für sie unmittelbar spürbaren Anreiz bieten kann, sich in entsprechende Programme einzuschreiben. § 140b Abs. 4 S. 3 SGB V besagt, dass sich die Vertragspartner der integrierten Versorgung auf der Grundlage ihres jeweiligen Zulassungsstatus für die Durchführung der integrierten Versorgung darauf verständigen können, dass Leistungen auch dann erbringbar sind, wenn dies im Rahmen der Regelversorgung vom Zulassungs- oder Ermächtigungsstatus des jeweiligen Leistungserbringers nicht gedeckt wäre. Mit der Einführung der Regelung durch das GMG 2003 reagierte der Gesetzgeber klarstellend auf einen bis dahin bestehenden Meinungsstreit. 640 Nach der Begründung zum Gesetzentwurf sollen bestehende „Zulassungsschranken“ im Rahmen der integrierten Versorgung zugunsten einer medizinisch-sachlichen Optimierung des Leistungsgeschehens zurücktreten. Die Zulassungsbeschränkungen der einzelnen Leistungserbringer sollen innerhalb dieser alternativen Versorgungsform ihre Wirkung verlieren. Es soll der vertraglichen Regulierung durch die Beteiligten überlassen werden, festzulegen, welche Leistungen durch welche Leistungserbringer zu erbringen sind. 641 Der Rahmen der innerhalb des jeweiligen integrierten Versorgungsmodells möglichen Leistungen wird dabei durch die Summe der von den Vertragspartnern eingebrachten Zulassungen bzw. Ermächtigungen bestimmt. Die Beteiligten können bei Vertragsabschluss nicht über einen ihnen nicht zustehenden Zulassungsstatus verfügen und sich diesen gewissermaßen erst „vertraglich aneignen.“ 642 Diese Zielrichtung aus dem Gesetzgebungsverfahren hat sich im Wortlaut der Vorschrift in der Formulierung „auf der Grundlage ihres jeweiligen Zulassungsstatus“ auch relativ klar niedergeschlagen.
638 Vgl. Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 140b, Rdnr. 45; Huster, in: Becker / Kingreen, SGB V, § 140b, Rdnr. 10. 639 Vgl. Möller / Dahm / Bäune, in: Ratzel / Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, § 8, Rdnr. 314. 640 Vgl. Beule, Integrierte Versorgung nach neuem Recht, GesR 2004, 209, 212; Beule, Rechtsfragen der integrierten Versorgung, S. 49 ff. 641 Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 130. 642 Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 130.
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Die öffnende Wirkung des § 140b Abs. 4 S. 3 SGB V soll nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers allein die „zulassungsrechtliche“ Ebene im Sinne des Rechts der GKV betreffen. Etwaige berufsrechtliche Schranken (insbesondere solche aus dem Recht der ärztlichen Weiterbildung) bleiben hiervon unberührt und sind daher auch im Rahmen der integrierten Versorgung von den Leistungserbringern zu beachten. 643 So kann beispielsweise aus berufsrechtlicher Sicht ein Allgemeinarzt unverändert solche Leistungen nicht erbringen, die bestimmten Fachärzten vorbehalten sind. Die gleiche Inkompatibilität besteht für Fachärzte bei fachfremden Tätigkeiten. 644 Nach § 140b Abs. 4 S. 4 SGB V sind die Krankenhäuser bei Verträgen der integrierten Versorgung generell zur ambulanten Behandlung der im Katalog nach § 116b Abs. 3 SGB V genannten hochspezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Behandlungsverläufen berechtigt. Die Regelung wurde im Zusammenhang mit den bereits beschriebenen Umstrukturierungen insbesondere in § 116b Abs. 2 und Abs. 5 SGB V durch das GKV-WSG in das Gesetz eingefügt. Dabei wurde erkennbar das Ziel verfolgt, speziell die Krankenhäuser weitergehend als bislang für die Erbringung ambulanter Behandlungsleistungen auch im Rahmen der integrierten Versorgung zu öffnen 645 und so fördernd auf ihre Entwicklung zu Zentren der integrierten Versorgung einzuwirken. 5. Verhältnis zur vertragsärztlichen Versorgung Wie bereits dargestellt wurde, hatten nach der ursprünglichen und bis zum 31. 12. 2003 gültigen Fassung des § 140d SGB V die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Rahmenvereinbarungen für die integrierte Versorgung abzuschließen. Soweit bei Verträgen nach §§ 140a ff. SGB V Bereiche der vertragsärztlichen Versorgung umfasst werden sollten, hatten die Vertragspartner die Inhalte dieser Rahmenvereinbarung zu beachten. Konzeptionell bestand also eine Verschränkung zwischen dem Bereich der vertragsärztlichen Versorgung bzw. dem Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen auf der einen Seite und dem Gegenstand einzelvertraglicher integrierter Versorgungskonzepte auf der anderen Seite. Diese Verbindung kam nicht zuletzt darin zum Ausdruck, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen nach der ursprünglichen Rechtslage selbst Vertragspartner in der integrierten Versorgung sein konnten. 643 Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525 S. 130; Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 140b, Rdnr. 47. 644 Hencke, in: Peters, SGB V, § 140b, Rdnr. 7. 645 So auch ausdrücklich die Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 152.
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Durch das GMG 2003 wurde dieses Konzept mit Wirkung zum 01. 01. 2004 verworfen. Die Regelungen zur Rahmenvereinbarung wurden ebenso abgeschafft wie der Status der Kassenärztlichen Vereinigungen als potentielle Vertragspartner. In § 140a Abs. 1 S. 3 SGB V heißt es seither zudem ausdrücklich, dass deren Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 SGB V eingeschränkt ist, soweit die Versorgung der Versicherten nach Verträgen der integrierten Versorgung durchgeführt wird. Der einzelvertraglich zu gestaltende Bereich der integrierten Versorgung wurde gezielt aus dem kollektivvertraglich determinierten System der vertragsärztlichen Versorgung herausgelöst. 646 Im Ergebnis befinden sich die Krankenkassen in der nicht ungünstigen Position, ohne die „Last“ des bei den Kassenärztlichen Vereinigungen verbliebenen Sicherstellungsauftrags frei darüber entscheiden zu können, im welchem Maß sie für bestimmte Leistungsbereiche auch der ambulanten ärztlichen Versorgung eine selektivvertragliche Abdeckung anstreben wollen. 647 Diese Parallelität mehrerer Versorgungssysteme kann fraglos als grundsätzlich problematisch angesehen werden. 648 Es ist auch denkbar, dass eine zunehmende selektive „Aushöhlung“ des Sicherstellungsauftrags den Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung ihrer Pflichten einmal maßgeblich erschweren könnte. 649 Andererseits liegt es in der Natur der Sache, dass eine vom Gesetzgeber gewollte Neuausrichtung der Versorgungssysteme zwingend zu Lasten der bisherigen Mechanismen der Regelversorgung gehen muss. 650 Von einem Szenario, in denen große Teile der ambulanten Versorgung z. B. über Verträge nach §§ 140a ff. SGB V abgedeckt werden, ist man in der Realität jedenfalls heute noch entfernt. Die erwähnten Kritikpunkte bleiben jedoch gleichwohl bedeutsam. Eine der größten zukünftigen Herausforderungen an die Akteure des Gesundheitswesens und den Gesetzgeber wird es sein, das Wechselspiel zwischen den sich entwickelnden neuen Versorgungsformen und den etablierten Systemen im Hinblick auf die Versorgungsrealität und die damit verknüpften Vergütungsmechanismen auszutarieren. Hinsichtlich des Verhältnisses der §§ 140a ff. SGB V zur vertragsärztlichen Bedarfsplanung und zu Rechtsschutzmöglichkeiten von vertragsärztlichen Leistungserbringern gegen eine Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante Versorgung über Verträge der integrierten Versorgung kann auf die obigen Ausführungen – insbesondere im Zusammenhang mit § 116b Abs. 2 SGB V – verwiesen werden. Die integrierte Versorgung wird als eigenständige Versorgungsform 646 Siehe hierzu insbesondere die Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/ 1525, S. 129. 647 Vgl. Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 11, Rdnr. 76. 648 Insofern kritisch Schirmer, Vertragsarztrecht, S. 144 f. 649 Vgl. z. B. Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 140a, Rdnr. 14. 650 Vgl. Knieps, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 12, Rdnr. 56.
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nicht durch die vertragsärztliche Bedarfsplanung betroffen und steht im Rang dem vertragsärztlichen Bereich nicht nach. Eine drittschützende Tendenz der einschlägigen Vorschriften, die Voraussetzung für eine Klagebefugnis niedergelassener Vertragsärzte gegen Verträge der integrierten Versorgung wäre, ist nicht gegeben. 6. Vergütung Nach § 140c Abs. 1 S. 1 SGB V ist in den Verträgen zur integrierten Versorgung die Vergütung festzulegen. Wie sich zudem aus § 140b Abs. 4 S. 1 SGB V ergibt, besteht für die Vertragspartner die Möglichkeit, von den Bereichsbzw. sektorenspezifisch üblichen Vergütungssystemen abweichende Regelungen zu treffen. Nach § 140b Abs. 4 S. 2 SGB V gilt dabei der Grundsatz der Beitragssatzstabilität gemäß § 71 Abs. 1 SGB V nicht für Verträge, die bis zum 31. 12. 2008 abgeschlossen wurden. Das ist auf den ersten Blick etwas verwirrend, denn nach dem Wortlaut des unmittelbar vorhergehenden Satzes sind ja im Rahmen von Verträgen nach §§ 140a ff. SGB V ohnehin sämtliche Regelungen des vierten Kapitels zur Disposition gestellt. Man erahnt in der Gesamtschau und im Umkehrschluss aus § 140b Abs. 4 S. 2 SGB V, dass der Gesetzgeber diese vermeintlich umfassende Vertragsfreiheit zumindest im Bezug auf den Grundsatz der Beitragsstabilität einschränken wollte. 651 Diese Vermutung lässt sich durch den Blick in die Gesetzgebungsmaterialien bestätigen. In der Begründung zum Entwurf des GMG 2003 heißt es explizit, dass der Grundsatz der Beitragsstabilität (lediglich) in der Startphase der integrierten Versorgung ausgesetzt werde, um die vom Gesetzgeber antizipierten Investitionskosten der Parteien besser abdecken zu können. 652 Diese gesetzlich definierte „Startphase“ reichte zunächst bis zum 31. 12. 2006 und wurde später mit dem VÄndG bis Ende 2008 verlängert. 653 Nach § 140c Abs. 1 S. 2 SGB V hat die vereinbarte Vergütung – gewissermaßen im Sinne einer „Gesamtvergütung“ 654 – sämtliche Leistungen abzudecken, die im Rahmen des vertraglich geregelten Versorgungsauftrags in Anspruch genommen bzw. erbracht werden. Eine separate Abrechnung innerhalb der Systeme der herkömmlichen Regelversorgung ist demnach für diejenigen Leistungen, auf die sich die integrierte Versorgung bezieht, nicht möglich. Dies gilt unter den 651 Eine Beschreibung weiterer Problembereiche, in denen eine Abbedingbarkeit der Vorschriften des vierten Kapitels des SGB V zweifelhaft sein könnte, findet sich beispielsweise bei Beule, Rechtsfragen der integrierten Versorgung, S. 150 ff. 652 Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 130; Beule, Integrierte Versorgung nach neuem Recht, GesR 2004, 209, 213. 653 BGBl I 2006, S. 3439, 3442. 654 Vgl. Engelhard, in: Hauck / Noftz, SGB V, § 140c, Rdnr. 8 ff.
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in § 140c Abs. 1 S. 3 SGB V näher bestimmten Voraussetzungen auch für die Inanspruchnahme von Leistungen Dritter, die selbst nicht Vertragspartner sind. Es bleibt den Vertragsparteien jedoch unbenommen, lediglich zusätzlich zu erbringende Leistungen als Vertragsgegenstand der integrierten Versorgung zu definieren und es im Übrigen bei den üblichen sektorenbezogenen Leistungs- und Vergütungsstrukturen zu belassen. Eine solche „Zusatzvergütung“ war bis zum 31. 12. 2008 nach § 140d Abs. 4 SGB V für den stationären Krankenhausbereich verpflichtend vorgesehen. Wenn der Gesetzgeber eine solche Struktur für einen Teilbereich des Versorgungssystems sogar zwingend vorgibt, so muss man davon ausgehen, dass sie auch im Grenzbereich zur anderen Leistungssektoren (und hierbei insbesondere dem vertragsärztlichen Bereich) zumindest möglich ist. 655 Aus dem Wortlaut des § 140c SGB V lassen sich jedenfalls keine hiergegen sprechenden Hinweise ableiten. Im Gegenteil: § 140c Abs. 1 S. 2 SGB V stellt allein auf den „Rahmen des vertraglichen Versorgungsauftrags“ ab und rückt somit in der begrifflichen Tendenz die Vertragshoheit der Parteien eher noch in den Vordergrund als sie zu beschränken. Wie bereits in der Einleitung zur integrierten Versorgung beschrieben wurde, hatte der Gesetzgeber zur besonderen Förderung der Verträge nach §§ 140a ff. SGB V mit dem GMG 2003 das Instrument der so genannten Anschubfinanzierung eingeführt (vgl. § 140d Abs. 1 SGB V). Sie war zunächst bis Ende 2006 befristet und wurde später bis zum 31. 12. 2008 verlängert. Hintergrund der Verlängerung durch das VÄndG war insbesondere, dass sich auch die Einführung der morbiditätsorientierten Vergütung im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung entsprechend verschoben hatte. 656 Ohne diesen Schritt war jedoch eine „spitz“ berechnete Ausgliederung von Vergütungsbestandteilen für solche Leistungsmengen, die fortan innerhalb der integrierten Versorgung erbracht werden sollten, faktisch kaum möglich. Gleichwohl war schon in Zeiten der Anschubfinanzierung in § 140d Abs. 2 S. 1 SGB V eine Bereinigung der Gesamtvergütungen für den Fall eines über den Umfang der Anschubfinanzierung hinausgehenden Bedarfs zur Finanzierung von Verträgen der integrierten Versorgung vorgesehen. Diese Vorgabe von eher theoretischem Wert war noch mit dem GMG 2003 sinngemäß aus der bis zum 31. 12. 2003 gültigen Vorgängerregelung des § 140f Abs. 1 SGB V übernommen worden. 657 Nach § 140d Abs. 1 S. 2 SGB V in der ab dem 01. 04. 2007 gültigen Fassung waren die Mittel der Anschubfinanzierung nur für stationäre und ambulante Leistungen der Krankenhäuser, für ambulante vertragsärztliche Leistungen oder für die Erfüllung „besonderer Integrationsaufgaben“ (gemeint war hiermit z. B. ein außerordentlicher Aufwand bei der Koordination von Leistungen) zu 655 656 657
So auch Hess, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 140c, Rdnr. 2a. Begründung zum Entwurf des VÄndG, BT-Drucks. 16/2474, S. 25 f. Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 131.
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verwenden. Die Mittel sollten also denjenigen Leistungserbringern zukommen, deren Vergütungssystemen sie zunächst pauschaliert entzogen worden waren. Eine nach vorheriger Rechtslage mögliche „Subventionierung“ anderer Leistungsbereiche bzw. Sektoren (z. B. der Rehabilitation) durch die Krankenhäuser und Vertragsärzte sollte es nicht mehr geben. 658 Höchst bemerkenswert und ein eingängiges Beispiel für die mangelnde Verlässlichkeit gesundheitspolitischer Rahmenbedingungen war, dass die doch eigentlich seit der Einführung der Anschubfinanzierung mit dem GMG 2003 eindeutig im Gesetz festgeschriebene Rückzahlungsverpflichtung 659 von nicht zweckentsprechend verwandten Mitteln der Anschubfinanzierung nach dem Gesetzentwurf zum GKV-WSG mit Wirkung zu Lasten der Krankenhäuser komplett gestrichen werden sollte. 660 Auf Intervention des Ausschusses für Gesundheit kam dieser Ansatz schlussendlich zwar nicht vollumfänglich zum Tragen. Für die vor dem Jahre 2007 einbehaltenen Beträge wurde er jedoch tatsächlich Gesetz (vgl. § 140d Abs. 1 S. 8 SGB V). 661 Zum Ende des Jahres 2008 lief die Phase der Anschubfinanzierung endgültig aus. Gleichzeitig traten die Vorgaben zu den morbiditätsorientierten Gesamtvergütungen in Kraft, die der Gesetzgeber selbst immer als wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltig positive Entwicklung der neuen Versorgungsformen gesehen hatte. 662 § 140d Abs. 2 S. 2 SGB V hält den dieser Verbindung innewohnenden Gedanken ausdrücklich fest: Ab dem 01. 01. 2009 ist der Behandlungsbedarf nach § 87a Abs. 3 S. 2 SGB V entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der an der integrierten Versorgung teilnehmenden Versicherten sowie entsprechend des im Vertrag nach § 140a SGB V vereinbarten Versorgungsbedarfs zu bereinigen. Gemäß § 140d Abs. 2 S. 3 SGB V können auch die Krankenkassen oder ihre Verbände, die Vertragspartner der jeweiligen Verträge nach § 140a SGB V sind, das Schiedsamt nach § 89 SGB V anrufen, sofern eine Einigung über die Verringerung der Gesamtvergütungen oder des Behandlungsbedarfs nicht zu Stande kommt. Auf der tatsächlichen Ebene ist nach dem Wegfall der Anschubfinanzierung eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg inhaltlich gehaltvoller Ansätze der integrierten Versorgung, dass auf Seiten der Kostenträger auch langfristige und mittelbare positive finanzielle Effekte einer optimierten medizinischen Betreuung eine angemessene Berücksichtigung finden. Ein allseitiges „sekto658
Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 152 f. Siehe hierzu die Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 131. Danach sollte es den Krankenkassen unmöglich gemacht werden, Mittel ohne eine zweckentsprechende „Gegenleistung“ einzubehalten. 660 Vgl. Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 36, 153. 661 Siehe hierzu die Beschlussempfehlung des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit) zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/4200, S. 91. 662 Vgl. Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 102. 659
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renübergreifendes Versorgungsmanagement“ sollte trotz des Drucks zu einem wirtschaftlichen Handeln angestrebt werden. Solange nämlich allein kurzfristig zu realisierende finanzielle Einsparungen maßgeblich sind, wird es kaum mehr zu einer signifikanten Steigerung in diesem Bereich kommen können. Noch weniger kann dann das Ziel einer wirklichen Verbesserung der Qualität in der Versorgung der Versicherten erreicht werden. 7. Weiterhin im Fluss: Wettbewerbsrecht / Kartellrecht Der Gesetzgeber hat es mit den zurückliegenden Reformschritten verstärkt unternommen, neue Strukturen bzw. Strukturelemente speziell im Bereich des Leistungserbringungsrechts des SGB V zu etablieren. Diese treten ausdrücklich gewollt in Konkurrenz zu den etablierten Mechanismen der Versorgung und werden insofern vom Gesetzgeber selbst als „wettbewerbliche“ Elemente bezeichnet. Die erklärte Zielsetzung ist es hierbei, durch die Erschließung vermuteter „Effizienzreserven“ eine finanzielle Entlastung der Krankenkassen zu erreichen. Zudem sollen solche Versorgungsformen gestärkt werden, die den Erfordernissen der Patienten am ehesten gerecht werden. 663 Im Gegensatz zu den hergebrachten (kollektivvertraglich determinierten und / oder zulassungsorientierten) Systemen der Regelversorgung können die Krankenkassen speziell im Fall der integrierten Versorgung (selektivvertraglich) Leistungen unmittelbar von einzelnen Leistungserbringern oder Gruppen von Leistungserbringern „einkaufen.“ Vor diesem Hintergrund und bei dem umfassenden gesetzgeberischen Bekenntnis zum „Wettbewerb“ im System der GKV ist es eigentlich nicht gerade fern liegend, die Frage nach der Anwendbarkeit der Regularien des Wettbewerbsrechts 664 zu stellen. Schließlich sind diese ja gerade dazu bestimmt, den Wettbewerb vor ungewollten schädlichen Einflüssen zu schützen. Bei der Auseinandersetzung mit diesem Thema musste man dann allerdings für längere Zeit feststellen, dass § 69 S. 1 f. SGB V in der ab dem 01. 01. 2000 gültigen Fassung 665 seinem Wortlaut nach vollumfänglich gegen eine Anwendbarkeit der in Frage kommenden Regelungen sprach. Die Vorschriften des vierten Kapitels des SGB V, §§ 63 f. SGB V und die Rege663
Vgl. Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 74. Der Begriff des Wettbewerbsrechts wird hier zur Vereinfachung in einem weit gefassten Sinn verstanden und genutzt. Namentlich meint er als Oberbegriff sowohl das Wettbewerbsrecht im engeren Sinne (also das UWG und die zugehörigen Nebengesetze) als auch die Vorschriften des Kartell- und Vergaberechts nach dem GWB. Für die hier in Rede stehenden Fragestellungen kommen vornehmlich die Vorschriften des Kartellund Vergaberechts in Frage, deren Schutzzweck der Wettbewerb an sich und die Gewähr des freien Marktzugangs ist. Siehe zum Begriff des Wettbewerbsrechts Lehmler, UWG, Kommentar zum Wettbewerbsrecht, Einleitung, Rdnr. 16 f. 665 BGBl. I 1999, S. 2626, 2632. 664
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lungen des Krankenhausfinanzierungs- und Krankenhauspflegesatzrechts sollten danach das Verhältnis zwischen den Krankenkassen und ihren Verbände zu den Leistungserbringern abschließend regeln. Lediglich für eine „entsprechende“ Anwendbarkeit der Vorschriften des BGB – und nicht der des Wettbewerbsrechts – ließ § 69 S. 3 SGB V a. F. Raum. In diesem Sinne entschied dann auch das Bundessozialgericht und nahm die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern vom Regelungsbereich der Vorschriften des GWB und des UWG aus. Indem das Feld der Leistungsbeschaffung ausschließlich dem öffentlichen Recht unterstellt worden sei, habe der Gesetzgeber verdeutlicht, dass er auch diesen Teil des Systems der GKV als „mittelbare Staatsverwaltung“ einordne. Sowohl das GWB als auch das UWG würden jedoch zu ihrer Anwendbarkeit das Vorliegen bürgerlichrechtlicher Streitigkeiten voraussetzen. 666 Aufgrund zusätzlicher Klarstellungen mit Wirkung zum 01. 01. 2000 in § 51 SGG sowie §§ 87, 96 GWB seien zudem nunmehr allein die Sozialgerichte zur Entscheidung über entsprechende Streitigkeiten berufen. 667 Der Ausschluss wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche führe aber nicht dazu, dass nunmehr den einzelnen Leistungsanbietern keinerlei Abwehrmöglichkeit gegen ein beeinträchtigendes Verhalten der Krankenkassen zur Verfügung stünde. Vielmehr könnten Unterlassungsansprüche auf eine Verletzung der Art. 12 und 3 GG gestützt werden, sofern durch das Verhalten der Krankenkassen das Recht der freien Berufsausübung oder der Gleichbehandlung im Wettbewerb beeinträchtigt werde. 668 Im Resümee lässt sich festhalten, dass der Gesetzgeber mit dem GKV-GRG 2000 „im selben Atemzug“ einerseits durch die Schaffung des Rechtsinstituts der integrierten Versorgung einen begrenzten Wettbewerb im Bereich des Leistungserbringungsrechts möglich gemacht und auf der anderen Seite eine Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts auszuschließen gesucht hat. 669 Man könnte in diesem Zusammenhang den Gedanken hegen, dass bei aller Bekennung zum „Wettbewerb“ die gesundheitspolitische Stoßrichtung vielleicht doch weniger auf einen echten Wettbewerb (auch um die Qualität) ausgerichtet ist, sondern sich tatsächlich allein in dem Ziel erschöpft, die Einkünfte der Leistungserbringer zugunsten der Haushaltslage der Krankenkassen zu beschneiden. 670 In erster Linie war die Neuregelung aber erklärtermaßen in der Zielsetzung begründet, 666
BSGE 89, 24, 32 f. Im Ergebnis ebenso schon BSGE 87, 95, 99. BSGE 89, 24, 31. 668 BSGE 89, 24, 33 f. 669 Kritisch hierzu beispielsweise: Kingreen, Wettbewerbsrechtliche Aspekte des GKV-Modernisierungsgesetzes, MedR 2004, 188, 190, 192; Hesselmann / Motz, Integrierte Versorgung und Vergaberecht, MedR 2005, 498, 499. 670 Vgl. hierzu die Ausführungen bei Baltzer, Das Sozialrecht als Wettbewerbsordnung (Teil I), SGb 2007, 573, der zudem eine übergeordnete Strategie des Gesetzgebers zu der Frage vermisst, um welche konkrete Art von Wettbewerb es sich handeln soll und wie 667
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die Lage im Hinblick auf die rechtliche Zuordnung der Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern zu klären. Es war nämlich im Detail umstritten bzw. zumindest eine Frage des Einzelfalls, ob und inwieweit diese – in materieller und prozessualer Hinsicht – dem Bereich des öffentlichen Rechts oder dem des Zivilrechts zugeordnet werden mussten. 671 Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hatte in diesem Zusammenhang mit Beschluss vom 29. 10. 1987 entschieden, dass die öffentlich-rechtliche Natur der Beziehung der Krankenkassen zu ihren Mitgliedern nichts an der Rechtsnatur der davon getrennt zu sehenden Wettbewerbsbeziehungen zu den betroffenen Leistungsanbietern ändere. Letztere seien dem Zivilrecht zuzuordnen, soweit das jeweilige Verwaltungshandeln wettbewerbsrechtlich relevante Auswirkungen nach sich zöge. 672 In Anwendung dieses Konzepts einer möglichen „Doppelnatur“ von zunächst einmal eigentlich sozialrechtlich und somit öffentlichrechtlich geprägten Handlungen erklärten sich die (zivilen) Kartellgerichte in der Folge auch zur Überprüfung der Auswirkungen hoheitlicher Akte, wie der Festsetzung von Arzneimittelfestbeträgen oder dem Erlass von Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V, für zuständig. 673 Der Gesetzgeber hatte also durch das Schaffen der Regelung des § 69 S. 1 f. SGB V in der ab dem 01. 01. 2000 gültigen Fassung eigentlich eine Klärung der Rechtslage avisiert. Die Frage, inwieweit er – entsprechend der ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – wirksam eine Bereichsausnahme für die Gültigkeit des Wettbewerbsrechts schaffen konnte, wurde nun aber ihrerseits Gegenstand einer recht ausgiebig geführten Diskussion. Da dieser Disput zwischenzeitlich durch Neufassung des § 69 SGB V als weitgehend überholt anzusehen ist, sollen hier lediglich die wesentlichen Aspekte kurz umrissen werden. Eine Kernthese der zahlreichen kritischen Stimmen war, dass es dem nationalen Gesetzgeber jedenfalls nicht möglich sei, wirksam die Anwendbarkeit europäischen Wettbewerbs- und Kartellrechts auszuschließen, denn dieses genieße Anwendungsvorrang. 674 Dieser Aspekt war zumindest grundsätzlich auch unstrittig. Das Bundessozialgericht selbst hatte schon geäußert, dass die Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags 675 (vgl. Art. 81, 82, 86 EG-Vertrag) von der Neufassung des § 69 SGB V unberührt blieben. Sie seien unmittelbar geltendes Recht und sich dieser in die bestehenden Strukturen – die ja vornehmlich von steuernden Elemente wie Zulassungs- und Ermächtigungswesen geprägt sind – einzufinden hat. 671 Siehe auch hierzu vertiefend BSGE 89, 24, 31. 672 BHGZ 102, 280. 673 Vgl. OLG Düsseldorf NZS 1998, 567; OLG München NZS 2000, 457. 674 Vgl. Kingreen, Wettbewerbsrechtliche Aspekte des GKV-Modernisierungsgesetzes, MedR 2004, 188, 192; Hesselmann / Motz, Integrierte Versorgung und Vergaberecht, MedR 2005, 498, 499. 675 Zwischenzeitlich neu gefasst durch den Vertrag von Lissabon zum 01. 12. 2009 als Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag).
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gingen den nationalen Bestimmungen vor. Für ihre Anwendbarkeit sei es zudem erst einmal unerheblich, ob ein Sachverhalt nach nationalem Recht als privatrechtliches oder öffentlich-rechtliches Handeln zu qualifizieren sei. (In der Urteilsbegründung wird dann aber die Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Wettbewerbsvorschriften im konkret zu entscheidenden Fall abgelehnt, da es dem Sachverhalt an einem „grenzüberschreitenden Bezug“ fehle.) 676 Die „europarechtliche Argumentationslinie“ ging jedoch schon im Ansatz noch einen Schritt weiter als das Bundessozialgericht. Sie stellte vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts in Frage, inwieweit es denn überhaupt möglich sei, auf der national-rechtlichen Ebene wirksam eine Bereichsausnahme vom Geltungsbereich auch des nationalen Wettbewerbsrechts in Kraft zu setzen. Wichtige Bereiche des nationalen Wettbewerbsrechts – insbesondere standen die Regelungen des Vergaberechts nach §§ 97 ff. GWB im Fokus der Diskussion – seien nämlich durch diverse europäische Richtlinien geprägt und stünden als Akte der zwingenden Umsetzung gar nicht zur Disposition. 677 Auch im Vergaberecht bestehe die Notwendigkeit zur Auslegung im Sinne des effet utile (Gebot der praktischen Wirksamkeit), um so dem Gemeinschaftsrecht zu seiner tatsächlichen Umsetzung zu verhelfen. 678 Speziell für den Bereich des Vergaberechts ergab sich zudem ein weiteres Argument aus der Begründung zum Entwurf des GKV-GRG 2000: Dort heißt es lediglich, dass die Krankenkassen und ihre Verbände in den Rechtsbeziehungen zu den Leistungserbringern allein ihren öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag erfüllen würden. Sie würden daher auch nicht als „Unternehmen“ im Sinne des Wettbewerbs- und Kartellrechts handeln. 679 Im Umkehrschluss sprach dies dafür, dass der Gesetzgeber mit § 69 SGB V a. F. ohnehin nicht die Regelungen des Vergaberechts hatte ausschließen wollen. 680 Anders als z. B. im Kartellrecht wird nämlich beim Vergaberecht nicht an die Eigenschaft des Adressaten als „Unternehmen“ sondern an den Status als „öffentlicher Auftraggeber“ angeknüpft. Zwischenzeitlich hat der Gesetzgeber § 69 SGB V reformiert. § 69 Abs. 2 SGB V in der heute gültigen Fassung lautet:
676
BSGE 89, 24, 34. Statt vieler: Kingreen, Wettbewerbsrechtliche Aspekte des GKV-Modernisierungsgesetzes, MedR 2004, 188, 192; Möller / Dahm / Bäune, in: Ratzel / Luxenburger, Handbuch Medizinrecht, § 8, Rdnr. 312 m.w. N. 678 Vgl. Hartmann / Suoglu, Unterliegen die gesetzlichen Krankenkassen dem Kartellvergaberecht nach §§ 97 ff. GWB, wenn sie Hilfsmittel ausschreiben ?, SGb 2007, 404, 405 f. 679 Begründung zum Entwurf des GKV-GRG 2000, BT-Drucks. 14/1245, S. 68. 680 Vgl. auch hier statt vieler Kingreen, Wettbewerbsrechtliche Aspekte des GKV-Modernisierungsgesetzes, MedR 2004, 188, 192. 677
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„Die §§ 19 bis 21 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten für die in Absatz 1 genannten Rechtsbeziehungen entsprechend; die §§ 97 bis 115 und 128 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sind anzuwenden, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Satz 1 gilt nicht für Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandekommen eine Schiedsamtsregelung gilt. Die in Satz 1 genannten Vorschriften gelten mit der Maßgabe, dass der Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenkassen besonders zu berücksichtigen ist.“
Die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 19 bis 21 GWB wurde mit dem GKV-WSG (seinerzeit noch in § 69 S. 2 SGB V a. F.) auf Initiative des Ausschusses für Gesundheit in die Regelung eingefügt. In der Begründung hierzu wird ausgeführt, dass sich durch die erleichterten Fusionsmöglichkeiten bei Krankenkassen in einzelnen Regionen hohe Marktanteile ergeben könnten. Dem Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung solle vorgebeugt werden. Es solle nicht zu Diskriminierungen der Vertragspartner der Krankenkassen oder Boykotten kommen können. Ausdrücklich klargestellt wird, dass die gesetzlichen Krankenkassen damit nicht etwa zu Unternehmen im Rechtssinne würden. Vielmehr sollten sie – eben gerade da sie nicht unter den deutschen und den europäischen Unternehmensbegriff fielen – durch die herbeigeführte entsprechende Gültigkeit allein von den Rechtsfolgen der §§ 19 bis 21 GWB betroffen werden. Kollektivvertragliche Vereinbarungen sollten von der Sonderregelung ausgenommen und die Rechtswegzuweisung zu den Sozialgerichten unbenommen bleiben. 681 Der Verweis in §§ 19 bis 21 GWB 682 lässt zwar weiterhin viel Spielraum für die juristische Diskussion der weitergehenden Detailaspekte. So fragt sich, wie die Spielregeln des Wettbewerbsrechts konkret auf die ja nicht in allen Belangen mit dem „üblichen Wirtschaftsleben“ vergleichbaren Konstellationen im Bereich der GKV angewandt werden sollen. Darüber hinaus ist beispielsweise unklar, welche Institution in die Funktion der in § 21 Abs. 2 und 4 GWB genannten Kartellbehörde eintreten soll. Man wird wohl für jede auftauchende Fragestellung gesondert eine Auslegung der §§ 19 bis 21 GWB vor dem Hintergrund der sozialrechtlichen Vorgaben und systematischen Besonderheiten vornehmen müssen. 683 In diese Richtung weist auch die Formulierung des § 69 Abs. 2 S. 3 SGB V. Für das hiesige Thema lässt sich jedenfalls festhalten, dass der Gesetzgeber den Krankenkassen mit § 69 Abs. 2 S. 1 1. HS. i.V. m. §§ 19 bis 21 GWB (ent681 Bericht des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit) zur Beschlussempfehlung zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/4247, S. 35. 682 Diese betreffen den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (§ 19), das Verbot der Diskriminierung und der unbilligen Behinderung (§ 20) sowie das Boykottverbot und das Verbot sonstigen wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens (§ 21). 683 Siehe hierzu ausführlich Baltzer, Das Sozialrecht als Wettbewerbsordnung (Teil II), SGb 2007, 638 ff.
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sprechend) im Grundsatz ein wettbewerbswidriges Verhalten in Beziehung zu den Leistungserbringern – etwa durch den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung beim Abschluss von Selektivverträgen – untersagt. Da § 33 GWB in § 69 Abs. 2 S. 1 1. HS. SGB V nicht erwähnt wird, ist seine entsprechende Anwendbarkeit zur Begründung eines Unterlassungs- und Schadensersatzanspruchs zweifelhaft. Den Leistungserbringern steht jedoch zumindest ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zu. 684 Für dessen Geltendmachung ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Nach § 69 Abs. 2 S. 1 2. HS. SGB V in der aktuellen Fassung sind die §§ 97 bis 115 und 128 GWB anzuwenden, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Mit dieser Klarstellung hat der Gesetzgeber die Diskussion um die Anwendbarkeit des nationalen Vergaberechts beendet. 685 In dem Bericht zur einschlägigen Beschlussempfehlung des 14. Ausschusses wird hierzu erläuternd ausgeführt, dass es aufgrund der bis dahin bestehenden strittigen Rechtslage zu einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten auf der nationalen und europäischen Ebene gekommen sei. Dies habe wiederum im Ergebnis einen hemmenden Einfluss auf den Abschluss der vom Gesetzgeber gewollten vertraglichen Elemente im Versorgungssystem der GKV zur Folge gehabt. 686 Beim Abschluss von Einzelverträgen (im Gegensatz zu kollektivvertraglichen Regelungen) ist nach nunmehr eindeutiger Rechtslage also jeweils zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der §§ 97 ff. GWB gegeben sind. Je nach vorliegendem Vertragstyp kann das Resultat dieser Überprüfung unterschiedlich ausfallen. 687 Die bislang höchst umstrittene Frage, ob die Krankenkassen beim Abschluss von Verträgen mit Versorgungsbezug als öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB handeln, 688 bedarf nunmehr keiner weiteren Diskussion. Mit der Erklärung zur – im Gegensatz zu den §§ 19 bis 21 GWB zudem unmittelbaren und 684
So auch Becker / Kingreen, in: Becker / Kingreen, SGB V, § 69, Rdnr. 10. Die Regelung wurde im Zusammenhang mit der Neufassung des § 69 SGB V durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) mit Wirkung zum 18. 12. 2008 aufgenommen. 686 Beschlussempfehlung und Bericht des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), BT-Drucks. 16/10609, S. 65. 687 Beschlussempfehlung und Bericht des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), BT-Drucks. 16/10609, S. 65. 688 Dafür sprachen sich beispielsweise aus: Hesselmann / Motz, Integrierte Versorgung und Vergaberecht, MedR 2005, 498, 501; Rixen, Vergaberecht oder Sozialrecht in der gesetzlichen Krankenversicherung ? – Ausschreibungspflichten von Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen, GesR 2006, 49, 54; Gabriel, Vergaberechtliche Vorgaben beim Abschluss von Verträgen zur integrierten Versorgung (§§ 140a ff. SGB V), NZS 2007, 344, 348; Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 11, Rdnr. 98. Dagegen: Kingreen, Wettbewerbsrechtliche Aspekte des GKV-Modernisierungsgesetzes, MedR 2004, 188, 195; Becker / Kingreen, in: Becker / Kingreen, SGB V, § 69, Rdnr. 45. 685
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nicht „entsprechenden“ – Anwendbarkeit der vergaberechtlichen Vorschriften hat der Gesetzgeber seinen Willen eindeutig zum Ausdruck gebracht. Die Krankenkassen werden beim Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern vom persönlichen Anwendungsbereich der Vergabevorschriften erfasst. Ein anderes Verständnis wäre widersinnig, denn wenn der Gesetzgeber die Krankenkassen nicht als öffentliche Auftraggeber gesehen hätte, wäre der Verweis auf §§ 97 ff. GWB komplett sinnentleert. 689 Gemäß § 100 Abs. 1 GWB gelten die Vergabevorschriften nur für solche öffentliche Aufträge, deren Auftragswerte diejenigen erreichen oder überschreiten, die wiederum per Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind (Schwellenwerte). Für Versorgungsverträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern kommt insofern § 2 Nr. 3 Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) in Betracht. Für die hier genannten „anderen“ Liefer- und Dienstleitungsaufträge gilt eine Schwellenwert in Höhe von 211.000,00 €. Zunächst muss es sich aber überhaupt um einen entgeltlichen öffentlichen Auftrag der Krankenkassen an die beteiligten Leistungserbringer handeln (vgl. § 99 Abs. 1 GWB). Eine Besonderheit in dem vom Sachleistungsprinzip geprägten System der GKV ist, dass die Krankenkasse im Falle von Versorgungsverträgen keine Leistungen zur eigenen Nutzung „einkauft.“ Vielmehr erbringen die Leistungserbringer ggf. Leistungen gegenüber den Versicherten. Die Krankenkassen vergüten diese Leistungen. Sie sind jedoch nicht unmittelbarer Leistungsempfänger. 690 Auch wenn dieses Dreiecksverhältnis vom üblichen vergaberechtlich relevanten Sachverhalt abweichen mag, spricht es im Ergebnis nicht gegen das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags. Wesentlich ist allein, dass die Krankenkassen de facto als „Nachfrager am Markt“ in Erscheinung treten. 691 Bei Verträgen der integrierten Versorgung ist aus einem anderen Grund trotzdem fraglich, ob ein entgeltlicher öffentlicher Auftrag bejaht werden kann. Nach der ausdrücklichen Feststellung des § 140a Abs. 2 S. 1 SGB V ist die Teilnahme der Versicherten an Versorgungsmodellen nach §§ 140a ff. SGB V freiwillig. Ihr 689 Siehe im Übrigen auch hierzu die Erläuterungen des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), BT-Drucks. 16/10609, S. 65. Hier heißt es ausdrücklich, dass die bestehenden Zweifel darüber, ob Krankenkassen im Zusammenhang mit dem Abschluss von Versorgungsverträgen die Vorschriften zur Ausschreibung öffentlicher Aufträge zu beachten hätten, ausgeräumt werden sollten. 690 Allerdings erfüllen die Leistungserbringer letzten Endes in der Regel lediglich den von Seiten der jeweiligen Versicherten gegenüber der Krankenkasse bestehenden Sachleistungsanspruch, so dass die Krankenkasse aus dieser Perspektive betrachtet durchaus auch selbst (mittelbarer) Nutznießer bzw. Leistungsempfänger ist. 691 Siehe Gabriel, Vergaberechtliche Vorgaben beim Abschluss von Verträgen zur integrierten Versorgung (§§ 140a ff. SGB V), NZS 2007, 344, 348; Sieben, Krankenkassen und Kartellrecht: Sind bei der integrierten Versorgung die Vergabevorschriften anzuwenden ?, MedR 2007, 706, 708.
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Recht auf freie Arztwahl nach § 76 Abs. 1 S. 1 SGB V wird durch den Vertragsschluss zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern nicht eingeschränkt. Mit einem Vertrag der integrierten Versorgung geht somit keine rechtliche Gewähr einher, dass die gesetzlich Versicherten auch tatsächlich die vertraglich geregelten Leistungen in Anspruch nehmen werden. Folglich findet keine exklusive Konkurrentenauswahl durch den öffentlichen Auftraggeber statt. Diese Auswahlentscheidung mit Exklusivwirkung ist jedoch ein prägendes Element des entgeltlichen öffentlichen Auftrags. 692 So ist dann auch nach verbreiteter Auffassung eine Relevanz der vergaberechtlichen Vorschriften des GWB zumindest für den derzeitigen Regelfall der Verträge der integrierten Versorgung als so genannte bloße „Dienstleistungskonzessionen“ abzulehnen. 693 Eine solche Dienstleistungskonzession liegt nach den im Vergaberecht gültigen Maßstäben vor, wenn ein Vertrag eines öffentlichen Auftraggebers (Konzessionsgebers) mit einen Unternehmen (Konzessionär) letzterem das Recht und ggf. die Verpflichtung zur Erbringung einer Dienstleistung überträgt und dabei das „wirtschaftliche Risiko der Dienstleistungserbringung“ beim Konzessionär liegt. 694 Auch im Bericht des 14. Ausschusses zur Beschlussempfehlung zum GKV-OrgWG wird davon ausgegangen, dass Verträge nach §§ 140a ff. SGB V (sowie andere selektivvertragliche Elemente in der GKV, wie beispielsweise Verträge über eine hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V) in der Regel keine entgeltlichen öffentlichen Aufträge darstellen würden. Allerdings hänge die Entscheidung hierüber immer von der konkreten Vertragsgestaltung des Einzelfalls ab und obliege den mit der Überprüfung betrauten Vergabekammern und Landessozialgerichten. 695 Teilweise wird insofern vertreten, dass eine zur Annahme eines entgeltlichen Auftrags suffiziente Auswahlentscheidung dann gegeben sein könne, wenn bestimmte integrierte Versorgungskonzepte ausschließlich mit einzelnen Leistungserbringern abgeschlossen würden oder eine „Steuerung“ der Versicherten durch die Gewährung von Vergünstigungen erfolge. 696 Für den erstgenannten 692 Vgl. Gabriel, Vergaberechtliche Vorgaben beim Abschluss von Verträgen zur integrierten Versorgung (§§ 140a ff. SGB V), NZS 2007, 344, 348. 693 Siehe beispielsweise OLG Düsseldorf, Urt. v. 23. 05. 2007, GesR 2007, 429; Sieben, Krankenkassen und Kartellrecht: Sind bei der integrierten Versorgung die Vergabevorschriften anzuwenden ?, MedR 2007, 706, 709; Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 11, Rdnr. 98. Ähnlich auch (allerdings konkret zu Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V) Engelmann, Keine Geltung des Kartellvergaberechts für Selektivverträge der Krankenkassen mit Leistungserbringern, SGb 2008, 133, 147. 694 Vgl. Dreher, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, § 98, Rdnr. 141. Wie der EuGH unter dem 07. 12. 2000 – Rs. C-324/98 „Telaustria“ – entschieden hat, führt auch die Auslegung anhand der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben dazu, dass solche als Dienleistungskonzessionen zu bewertende Verträge von der Anwendbarkeit des Vergaberechts ausgenommen sind. 695 Beschlussempfehlung und Bericht des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), BT-Drucks. 16/10609, S. 66.
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Fall (ausschließlicher Abschluss mit einzelnen Leistungserbringern) ist dem allerdings entgegenzuhalten, dass es den Krankenkassen rechtlich unbenommen bleibt, zukünftig mit anderen Leistungserbringern entsprechende Versorgungsverträge zu vereinbaren. Eine rechtsverbindliche exklusive Auswahl findet somit auch in diesem Fall nicht statt. 697 Selbst wenn sich die Krankenkassen vertraglich zur Exklusivität verpflichten sollten, so bleibt es weiterhin den Versicherten freigestellt, statt dessen eine Behandlung z. B. innerhalb der Strukturen der Regelversorgung (also im ambulanten Bereich innerhalb des vertragsärztlichen Netzes) wahrzunehmen. Eine andere Bewertung kann lediglich dann angezeigt sein, wenn es sich um einen Vertrag handelt, der auf eine „bevölkerungsbezogene Flächendeckung“ der Versorgung ausgerichtet ist und eine solche auch tatsächlich erwarten lässt. Bislang dürfte das jedoch mehr die Ausnahme denn die Regel sein. Zu den angesprochenen Anreizsystemen ist zu sagen, dass sich ihre Nutzung bislang eher in marginalen Größenordnungen bewegt. Man wird damit regelmäßig keine so spürbare Lenkung der Patientenströme erreichen, dass man im Ergebnis einen entgeltlichen Auftrag im Sinne von § 99 Abs. 1 GWB bejahen müsste. Die vergaberechtlichen Vorgaben nach § 69 Abs. 2 S. 1 2. HS. SGB V i.V. m. §§ 97 ff. GWB kommen somit nach hier vertretener Auffassung bei Verträgen der integrierten Versorgung zumindest bei der derzeit gelebten vertraglichen Praxis in aller Regel nicht zum Tragen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass sich die Krankenkassen bei der Entscheidung über den Abschluss solcher Versorgungsverträge im gänzlich rechtsfreien Raum bewegen würden. Vielmehr wird aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und teilweise dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) richtigerweise die Verpflichtung abgeleitet, ein diskriminierungsfreies und grundsätzlich transparentes Auswahlverfahren durchzuführen. 698 Man kann in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 13. 06. 2006 heranziehen. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass es dem Gesetzgeber aus 696 Vgl. Gabriel, Vergaberechtliche Vorgaben beim Abschluss von Verträgen zur integrierten Versorgung (§§ 140a ff. SGB V), NZS 2007, 344, 348. Zur zweiten Fallgruppe siehe auch Quaas, in: Quaas / Zuck, Medizinrecht, § 11, Rdnr. 98. Goodarzi / Schmid, Die Ausschreibung vertragsärztlicher Leistungen nach dem SGB V, NZS 2008, 518, 522 f. scheinen sogar von einer regelmäßig anzunehmenden „Entgeltlichkeit“ aufgrund der rechtlichen Möglichkeit zur Schaffung von Anreizsystem auszugehen. 697 Ähnlich (auch hier am Beispiel von Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V) Engelmann, Keine Geltung des Kartellvergaberechts für Selektivverträge der Krankenkassen mit Leistungserbringern, SGb 2008, 133, 147. 698 Sehr weitgehend äußern sich Bloch / Pruns, Ausschreibungspflichten bei der Leistungserbringung in der GKV, SGb 2007, 645, 650, die insofern von einem „vergaberechtlichen Mindeststandard“ sprechen und im Ergebnis sogar Verfahrensvorschriften des Vergaberechts analog zur Anwendung bringen wollen. Zurückhaltender aber ebenso für ein Gebot grundsätzlicher Transparenz: Becker / Kingreen, in: Becker / Kingreen, SGB V, § 69, Rdnr. 45.
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verfassungsrechtlicher Sicht unbenommen sei, den „Primärschutz“ des Vergaberechts in Umsetzung der europarechtlichen Mindestvorgaben nur für bestimmte Sachverhalte (hier: insbesondere ab bestimmter Schwellenwerte) aufzustellen. Es führt jedoch weiter aus, dass es öffentlichen Stellen aufgrund von Art. 3 Abs. 1 GG auch außerhalb des vom Vergaberecht erfassten Bereichs verwehrt sei, die Kriterien und das Verfahren einer Auftragsvergabe willkürlich zu bestimmen. 699 Die Krankenkassen müssen sich demnach bei der Auswahl der Vertragspartner – auch dort, wo der „Primärschutz“ des Vergaberechts nicht zum Tragen kommt – von sachlich nachvollziehbaren Erwägungen leiten lassen. In eine ähnliche Richtung weist die bereits zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hebt hervor, dass für öffentliche Auftraggeber auch außerhalb der Anwendbarkeit des Vergaberechts ein Verbot der Diskriminierung und ein Gebot zur Transparenz aus den Grundsätzen des EG-Vertrags 700 abzuleiten sei. 701 Die konkreten Auswirkungen des Rechtsgedankens eines solchen „vergaberechtlichen Mindeststandards“ sind bislang weitgehend ungeklärt. 702 Je nach Lage des Einzelfalls wird man höhere (z. B. bei hoher finanzieller Relevanz und einer Vielzahl faktisch in Frage kommender Leistungserbringer) oder geringere (z. B. bei hochspeziellen Leistungen mit relativ geringer finanzieller Gesamtrelevanz) Anforderungen an die „inhaltliche Höhe“ der sachlich begründeten Entscheidungsfindung und die Transparenz der getroffenen Entscheidung zu stellen haben. Allerdings dürfte es sich um ein relativ stumpfes Schwert handeln. Den betroffenen Leistungserbringern steht zwar grundsätzlich die Durchsetzung der in der allgemeinen Rechtsordnung vorhandenen „Sekundärschutzrechte“ offen. 703 Ein Schadensersatzanspruch wird jedoch in der Praxis kaum zu begründen sein. Auch für die gerichtliche Geltendmachung einer Rückabwicklung bzw. Kündigung bereits mit Dritten abgeschlossener Versorgungsverträge besteht – außerhalb des Anwendungsbereichs des Vergaberechts – keine sich aufdrängende rechtliche Grundlage. Lediglich der Weg einer Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit mag also unter Umständen in Betracht kommen. Zwischenzeitlich hat sich auch der Europäische Gerichtshof zu der Thematik geäußert. Erwartungsgemäß bejaht er in seinem Urteil vom 11. 06. 2009 704 699
BVerfGE 116, 135, 153 f. Siehe auch Wigge, Integrierte Versorgung und Vertragsarztrecht (Teil 1), NZS 2001, 17, 23 f. der ausführt, für die Krankenkassen bestünde zwar keine Verpflichtung einzelne Ärzte im Rahmen der Integrationsversorgung „zuzulassen.“ Nach Art. 12 Abs. 1 i.V. m. Art 3 Abs. 1 GG sei die Nichtzulassung jedoch auf sachgerechte materielle Auswahlkriterien zu stützen. 700 Zwischenzeitlich neu gefasst durch den Vertrag von Lissabon zum 01. 12. 2009 als Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag). 701 Vgl. Urteil des EuGH vom 07. 12. 2000 – Rs. C-324/98 „Telaustria“. 702 So auch Bloch / Pruns, Ausschreibungspflichten bei der Leistungserbringung in der GKV, SGb 2007, 645, 650, die – wie erwähnt – dann allerdings recht weitgehend die vergaberechtlichen Vorgaben analog heranziehen wollen. 703 Vgl. BVerfGE 116, 135, 160 f.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
die Eigenschaft der Krankenkassen als öffentliche Auftraggeber im Sinne der europarechtlichen Vorgaben. Entgegen der hier vertretenen Auffassung verneint er jedoch zumindest in der ihm vorgelegten Sachverhaltskonstellation das Vorliegen einer Dienstleistungskonzession. Der „Wirtschaftsteilnehmer“ (dort ein Orthopädie-Schuhtechniker) habe beim Vertragsschluss mit einer Krankenkasse über die Erbringung von Leistungen gegenüber den Mitgliedern nicht das „überwiegende mit der Tätigkeit verbundene Risiko“ übernommen, denn er sei bei einer gesetzlichen Krankenkasse als alleinige Schuldnerin des Insolvenzrisikos einzelner Vertragspartner der integrierten Versorgung enthoben. Zudem habe er im Vorfeld keine beträchtlichen Aufwendungen tätigen müssen. Inwieweit dieses Ergebnis auf der nationalen Ebene von den zuständigen Gerichten auch auf andere Fallkonstellationen übertragen werden kann und wird, bleibt abzuwarten. 705 Wenigstens im Hinblick auf den einschlägigen Rechtsweg für vergaberechtliche Streitigkeiten im Bereich der GKV ist die Lage heute eindeutig: Mit dem GKV-OrgWG wurden diesbezüglich wesentliche neue Regelungen geschaffen. Durch Ergänzung von § 29 SGG um einen Abs. 5, die Einfügung des neuen § 142a SGG in das Gesetz sowie durch die Ergänzung des § 116 Abs. 3 S. 1 GWB mit Wirkung zum 18. 12. 2008 hat der Gesetzgeber sämtliche Streitigkeiten über die Entscheidungen von Vergabekammern, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen, den Landessozialgerichten zugewiesen. Etwaige bereits bei den Oberlandesgerichten anhängige Verfahren wurden gemäß § 207 SGG gleichfalls im jeweils aktuellen Stadium auf die Landessozialgerichte übertragen. Hierdurch soll nach Aussage des 14. Ausschusses sichergestellt werden, dass sowohl die inhaltliche Prüfung von Versorgungsverträgen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Recht der GKV als auch die vergaberechtliche Nachprüfung ihres Zustandekommens einheitlich im Zweig der Sozialgerichtsbarkeit zusammengeführt wird. 706 Zusammenfassend kann man festhalten, dass sich durch die Einführung selektivvertraglicher Elemente die Rolle der Krankenkassen von einem eher „körperschaftlich“ geprägten Status zunehmend in Richtung eigenständig auf dem Markt der Gesundheitsdienstleistungen agierender Einheiten verschiebt. 707 Hierüber kommt dann aber auch unaufhaltsam das Wettbewerbs- und Vergaberecht ins Spiel. Der Gesetzgeber ist spätestens seit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 11. 06. 2009 dazu aufgerufen, auf der national-rechtlichen Ebene insgesamt klare Verhältnisse zu schaffen und ein für die 704
EUGH, Urt. v. 11. 06. 2009 – C-300/07 (erhältlich bei juris). Siehe hierzu auch Urteilsbesprechung durch Kingreen, Die Entscheidung des EuGH zur Bindung der Krankenkassen an das Vergaberecht, NJW 2009, 2417, 2418 f. 706 Beschlussempfehlung und Bericht des 14. Ausschusses (Ausschuss für Gesundheit), BT-Drucks. 16/10609, S. 66. 707 Vgl. Kingreen, Die Entscheidung des EuGH zur Bindung der Krankenkassen an das Vergaberecht, NJW 2009, 2417, 2418. 705
B. Versorgung außerhalb des vertragsärztlichen Systems
269
agierenden Parteien nachvollziehbares und verlässliches wettbewerbsrechtliches System zu entwickeln bzw. die konkrete Art der Umsetzung der allgemeinen Regelungen näher zu definieren.
VI. Ergebnis An der Schnittstelle zwischen der ambulanten vertragsärztlichen „Regelversorgung“ und dem stationären Krankenhausbereich hat der Gesetzgeber zunehmend besondere Formen der Versorgung etabliert. Diese folgen in der Detailgestaltung unterschiedlichen Mustern. Sie sind aber übergreifend dadurch gekennzeichnet, dass einerseits die Entscheidung über den Zugang zur ambulanten Leistungserbringung in der GKV nicht den Zulassungsausschüssen oder den Kassenärztlichen Vereinigungen obliegt und dass andererseits die Vergütung der Leistungen unmittelbar durch die Krankenkassen erfolgt. In einem ersten Schritt wurden zum 01. 01. 1993 durch das GSG die vorund nachstationäre Behandlung im Krankenhaus nach § 115a SGB V und das ambulante Operieren nach § 115b SGB V eingeführt. Mit dem Instrument der vor- und nachstationären Behandlung im Krankenhaus nach § 115a SGB V sollte die Verkürzung der Zeiträume vollstationärer Krankenhausbehandlungen unterstützt werden. § 115a Abs. 2 SGB V definiert einen einschränkenden zeitlichen Rahmen für die vor- und nachstationäre Versorgung. Nach § 115a Abs. 2 S. 5 SGB V ist eine notwendige ärztliche Behandlung außerhalb des Krankenhauses auch während der Phase der vor- und nachstationären Behandlung durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte zu gewährleisten. Die „allgemeine“ ambulante Versorgung des Versicherten bleibt somit auch in dieser Zeit Teil des vertragsärztlichen Sicherstellungsauftrags. Die Versorgungsmöglichkeit des Krankenhauses nach § 115a SGB V bezieht sich speziell auf solche Behandlungsleistungen, die in der Grunderkrankung begründet sind, welche auch hinter dem stationären Krankenhausaufenthalt steht. Die Vergütung der vor- und nachstationären Leistungen wird nach § 115a Abs. 3 S. 1 SGB V auf der Landesebene durch die Verbände der Kostenträger und der Krankenhäuser vereinbart. Allerdings ist dies heute nur noch von eingeschränkter praktischer Bedeutung, denn nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 KHEntgG sind im Anwendungsbereich des KHEntgG vorstationäre Leistungen neben einer Fallpauschale nicht und nachstationäre Leistungen nur in besonderen Konstellationen berechenbar. Nur solche Leistungen, die auch tatsächlich räumlich im Krankenhaus erbracht werden, können „echte“ vor- und nachstationäre Leistung im Sinne von § 115a SGB V sein, denn schon dessen Überschrift spricht ausdrücklich von der Behandlung „im Krankenhaus.“ Dem Krankenhaus ist es jedoch aus sozialrechtlicher Sicht unbenommen, mit dem Ziel der Verkürzung der stationären
270
2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
Verweildauer und außerhalb der vor- und nachstationären Behandlung im Sinn von § 115a SGB V Verträge mit niedergelassenen Vertragsärzten über die Erbringung spezieller Leistungen auch in deren Praxisräumen abzuschließen. In praktischer Hinsicht ist dabei Wert darauf zu legen, dass die erbrachten Leistungen und die hierfür gewährte Vergütung nicht außer Verhältnis stehen, da ansonsten eine unzulässige „Zuweisung gegen Entgelt“ nahe liegen könnte. Die Rechtgrundlage zum ambulanten Operieren im Krankenhaus nach § 115a SGB V wurde vor dem Hintergrund verbesserter Operationstechniken und fortschrittlicher anästhesiologischer Methoden geschaffen. Aus medizinischer Sicht erweiterte sich der Kreis potentiell ambulant möglicher chirurgischer Eingriffe. Krankenhäuser sollten nicht aufgrund der schlichtweg fehlenden rechtlichen Möglichkeit zur ambulanten operativen Versorgung zu einer stationären Versorgung tendieren. Zudem hatte man erkannt, dass das Krankenhaus für den Transfer bislang stationärer Leistungen in den ambulanten Bereich mit seiner vorhandenen „Hintergrundsicherheit“ den idealen Rahmen bietet. Einer vertragsärztlichen Einweisung bedarf es beim ambulanten Operieren im Krankenhaus nicht, so dass die Krankenhäuser unmittelbar ambulante Operationen an gesetzlich Krankenversicherten durchführen können. Die freie Arztwahl der Versicherten erstreckt sich gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 SGB V ausdrücklich auch auf die zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäuser. Mit dem GKV-GRG 2000 wurde § 115b Abs. 2 S. 1 SGB V um die so genannten „stationsersetzenden Eingriffe“ ergänzt. Die Menge der Leistungen nach § 115b Abs. 1 SGB V konnte von 117.776 Fällen im Jahr 1996 auf 1.324.359 Fälle im Jahr 2007 um mehr als das Zehnfache gesteigert werden. Das ambulante Operieren im Krankenhaus hat sich demnach als eine feste Größe im Versorgungssystem der GKV etablieren können. Obgleich der Gesetzgeber in § 115b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V die einheitliche Vergütung für Krankenhäuser und Vertragsärzte beim ambulanten Operieren vorgesehen hat, werden die Krankenhäuser durch den AOP-Vertrag bei der Sachkostenerstattung benachteiligt. Um das für § 115b SGB V sinnstiftende Ziel eines größtmöglichen Transfers stationärer Versorgungsanteile in Leistungen des ambulanten Operierens und in sonstige stationsersetzende Eingriffe zu erreichen, sollte diese Ungleichbehandlung dringend aufgegeben werden. Finanzielle Fehlanreize sind gerade hier zu vermeiden. Entgegen einer insbesondere vom Sächsischen Landessozialgericht 708 vertretenen Auffassung ist es zulässig, wenn Krankenhäuser Leistungen des ambulanten Operierens unter Einbeziehung so genannter „Kooperationsärzte“ erbringen. „Zuweisungen gegen Entgelt“ sind unstrittig unzulässig. In praktischer Hinsicht ist daher auch hier auf ein angemessenes Verhältnis zwischen der Leistung des Kooperationsarztes und der hierfür vereinbarten Vergütung zu achten. Grund708
LSG Sachsen MedR 2009, 114.
B. Versorgung außerhalb des vertragsärztlichen Systems
271
sätzlich stehen aber weder die Maßgaben des SGB V oder des Pflegesatzrechts noch der Wortlaut des AOP-Vertrags der Zusammenarbeit von Krankenhäusern mit Kooperationsärzten entgegen. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber mit der Anpassung des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV zum 01. 01. 2007 unmissverständlich seinen Willen zur Förderung genau solcher kooperativer Strukturen zum Ausdruck gebracht. Die zuvor nach der Rechtsprechung grundsätzlich unzulässige gleichzeitige Tätigkeit als Vertrags- und Krankenhausarzt wurde für miteinander kompatibel erklärt. Da spätestens seit dem Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts aber eine spürbare „faktische“ Rechtsunsicherheit besteht, die wiederum eine hemmende und damit anachronistische Wirkung auf die Entwicklung kooperativer Strukturen zwischen Krankenhaus und niedergelassener Ärzteschaft hat, sollte der Gesetzgeber kurzfristig eine (dann hoffentlich endgültig) klarstellende Regelung schaffen. Diese Regelung sollte im besten Fall unmittelbar auf der Ebene des SGB V erfolgen und ausdrücklich auch die Zusammenarbeit bei der Leistungserbringung aufgrund anderer Vorschriften wie § 115a SGB V oder § 116b Abs. 2 SGB V einbeziehen. Mit Wirkung zum 01. 01. 2004 wurde durch das GMG 2003 – zeitgleich mit der Einführung der MVZ und der speziellen Ermächtigung nach § 116a SGB V als innerhalb des vertragsärztlichen Systems stehende Möglichkeiten – § 116b SGB V mit dem Titel „Ambulante Behandlung im Krankenhaus“ in das Gesetz eingefügt. § 116b Abs. 1 SGB V normiert dabei einen eigenständigen und von § 116b Abs. 2 SGB V unabhängigen Zugangsweg für Krankenhäuser zum ambulanten Versorgungsnetz. Krankenkassen oder ihre Landesverbände können danach mit solchen Krankenhäusern, die an einem strukturierten Behandlungsprogramm teilnehmen, Verträge über die ambulante ärztliche Behandlung abschließen. Das mit der Entwicklung und Zulassung strukturierter Behandlungsprogramme verknüpfte Verfahren ist hochgradig formalisiert und Krankenhäuser sind nach dem Wortlaut des § 116b Abs. 1 S. 1 nur dann potentielle Vertragspartner der Kassenseite, wenn ihre Einbeziehung nach den Anforderungen der Programme „erforderlich“ ist. Dieser verhältnismäßig enge Rahmen dürfte mitverantwortlich dafür sein, dass § 116b Abs. 1 SGB V keine wirkliche praktische Relevanz für die Krankenhäuser erlangt hat. Mit der Regelung des § 116b Abs. 2 SGB V wird ausdrücklich auf die vereinfachte Erbringung hochspezialisierter Leistungen, die Behandlung seltener Erkrankungen und die Behandlung von Erkrankungen mit besonderen Verläufen in den Krankenhausambulanzen abgezielt. Die Einbeziehung der Krankenhäuser ist aufgrund der dort vorhandenen Kompetenzzentren, der erhöhten Hintergrundsicherheit und bei solchen Krankheitsbildern, die ohnehin regelmäßig zu einem häufigeren Wechsel zwischen stationären und ambulanten Behandlungsphasen führen, sinnvoll. Mit dem GKV-WSG wurde § 116b Abs. 2 SGB V zum 01. 04. 2007 von einem selektivvertraglich orientierten „Einkaufsmodell“
272
2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
auf eine Art besonderes Zulassungsmodell umgestellt. Zuständig für die Bestimmung zur ambulanten Behandlung ist nach der „dynamischen“ Zuweisungsformel des § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V die nach dem jeweiligen Landesrecht zur (stationären) Krankenhausplanung berufene Behörde. Die Bestimmung zur ambulanten Leistungserbringung erfolgt gemäß § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V „unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation.“ Nach der Begründung zum Gesetzentwurf gilt aber auch, dass eine „Bedarfsprüfung“ gerade nicht erfolgt. 709 Im Ergebnis hat bei der bestimmenden Stelle ein Abwägungsprozess darüber zu erfolgen, ob im jeweiligen Einzelfall die vertragsärztliche Versorgungssituation einer Teilnahme des Krankenhauses an der ambulanten Behandlung entgegensteht. Dabei ist jedoch die grundlegende Entscheidung des Gesetzgebers zur Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Behandlung in den von der Norm erfassten Bereichen von besonderer Bedeutung. Der Beurteilungsspielraum der entscheidenden Behörde ist aufgrund des vom Gesetzgeber gesehenen grundsätzlichen Bedarfs in hohem Maße eingeschränkt. Eine Ablehnung wäre lediglich in besonders gelagerten Situationen denkbar. Keinesfalls wäre eine Ablehnung mit der Begründung möglich, dass nach der vertragsärztlichen Bedarfsplanung keine Versorgungslücke bestehe. Niedergelassenen Vertragsärzten steht – abgesehen von Fällen einer Verletzung des Katalogs nach § 116b Abs. 3 oder Abs. 4 S. 1 bzw. offenkundigen Willkürentscheidungen – keine Widerspruchsbefugnis oder Klagebefugnis gegen positive Bescheide nach § 116b Abs. 2 SGB V zu. Anders als bei den Ermächtigungen nach § 116 SGB V, § 31a Ärzte-ZV besteht kein Nachrang der Versorgung nach § 116b Abs. 2 SGB V gegenüber der vertragsärztlichen Zulassung, so dass auf der einfachgesetzlichen Ebene keine drittschützende Norm verletzt sein kann. Auch eine Verletzung von Grundrechten der niedergelassenen Vertragsärzte durch Entscheidungen gemäß § 116 Abs. 2 SGB V oder die Vorschrift selbst kommt nicht ernstlich in Betracht, da nach hier vertretener Auffassung nicht einmal ein Eingriff in deren Schutzbereich vorliegt. In jedem Fall wäre aber ein Eingriff – so man ihn doch bejahen wollte – als gerechtfertigt anzusehen. 710 Die Leistungsvergütung hat bei § 116b Abs. 2 nach Abs. 5 S. 2 der Vergütung vergleichbarer vertragsärztlicher Leistungen zu entsprechen. Dieser Verweis ist in zweierlei Hinsicht nicht unproblematisch: Zum Einen kann die Situation eintreten, dass ein Krankenhaus ambulante Leistungen erbringt, welche zwar im vertragsärztlichen Bereich (noch) nicht Teil der Versorgung sind, die aber nach § 137c Abs. 1 SGB V im Krankenhaus erbracht werden dürfen. Dann besteht keine andere Möglichkeit, als analoge Positionen zu „vergleichbaren“ EBMZiffern zu bilden. Zum Anderen ist es so, dass gerade bei den seltenen Erkran709 710
Begründung zum Gesetzentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 139. Vgl. zur verfassungsrechtlichen Bewertung gesondert 2. Teil C.
B. Versorgung außerhalb des vertragsärztlichen Systems
273
kungen, die ohnehin hauptsächlich in den Krankenhausambulanzen behandelt werden, regelmäßig ein Problem bei der Vergütungshöhe besteht. Eine hochwertige Versorgung auch der Patienten mit seltenen Erkrankungen ist aber für die vom Gesetzgeber bewusst unter zunehmenden Druck zur Wirtschaftlichkeit gesetzten Krankenhäuser nur bei angemessener Vergütungshöhe möglich. Der vereinfachte Systemzutritt über § 116b Abs. 2 SGB V ist hier für sich genommen kein suffizienter Schritt. Um den beiden geschilderten Aspekten zu begegnen, sollte der Gesetzgeber dringend dafür sorgen, dass die Krankenhausseite zukünftig auch an den Verhandlungen des Bewertungsausschusses über die für sie relevanten Positionen des EBM beteiligt ist. Die vorgenannten Instrumente der §§ 115a, 115b und 116b SGB V zielen allesamt darauf ab, das im deutschen System traditionell hauptsächlich stationär tätige Krankenhaus zu einem sektorenübergreifend agierenden Behandlungszentrum auszubauen. In dieselbe Richtung – wenn auch nicht nur bezogen auf das Krankenhaus – geht der hinter der integrierten Versorgung gemäß §§ 140a ff. SGB V stehende Ansatz. Eine weniger struktur- als vielmehr prozessorientierte Versorgungswirklichkeit soll gefördert werden. Die Vorschriften zur integrierten Versorgung wurden mit dem GKV-GRG 2000 in das Gesetz aufgenommen und später durch das GMG 2003 zum 01. 01. 2004 grundlegend reformiert. Die ambulante Versorgung der gesetzlich Versicherten im Rahmen der integrierten Versorgung wurde ausdrücklich aus dem Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen herausgelöst und die integrierte Versorgung wurde insgesamt gezielt dem Zugriff der vertragsärztlichen Selbstverwaltung entzogen. Inhaltlich sind die Vertragspartner bei Modellen der integrierten Versorgung relativ frei, denn nach § 140a Abs. 1 S. 1 SGB V darf vom üblichen „Korsett“ der Vorschriften des vierten Kapitels des SGB V abgewichen werden. Nach § 140b Abs. 4 S. 1 SGB V kann zudem über die Regelungen des Krankenhausfinanzierungs- und Krankenhauspflegesatzrechts disponiert werden. Auf der Grundlage von § 140b Abs. 4 S. 3 SGB V können die Vertragspartner im Rahmen der integrierten Versorgung ihren sozialrechtlichen Zulassungsstatus auf die anderen Vertragspartner „übertragen.“ Dies bedeutet im Ergebnis, dass – vorbehaltlich der berufsrechtlichen Zulässigkeit – zwischen einem Vertragsarzt, einem Krankenhaus und einer Krankenkasse vereinbart werden kann, dass das Krankenhaus auch solche ambulanten Leistungen erbringt, für die eigentlich nur der Vertragsarzt, nicht aber das Krankenhaus eine Zulassung oder Ermächtigung hat. Der mit den übrigen Neuerungen zum 01. 01. 2004 eingeführten Anschubfinanzierung mag man auch grundsätzliche Schwächen vorhalten. Rückblickend ist es aber ihr zu verdanken, dass – ganz anders als bei Verträgen nach dem ursprünglichen „Einkaufsmodell“ des § 116b Abs. 2 SGB V – ein dauerhaft spürbares Interesse seitens der Krankenkassen am Abschluss solcher Verträge bestand. Weiterhin hemmen nämlich insbesondere die praktischen Schwierigkeiten bei der Ausgliederung von Vergütungsbestandteilen aus der vertragsärztlichen Ge-
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
samtvergütung den nach allen Lippenbekenntnissen eigentlich zu erwartenden Enthusiasmus in der Umsetzung selektivvertraglicher Konzepte. Zudem stehen einem oftmals relativ hohen Verwaltungsaufwand nicht immer die aus Kassensicht favorisierten kurzfristigen Einsparungen gegenüber. Es ist daher fraglich, ob die integrierte Versorgung nach dem Auslaufen der Anschubfinanzierung ihre positive Entwicklung fortsetzen können wird. Schließlich ist festzustellen, dass über die integrierte Versorgung und andere selektivvertragliche Elemente in der GKV die Grundsätze des Wettbewerbsund Vergaberechts eine stetig zunehmende Bedeutung erlangen. Zur Klärung der hierbei auftretenden Auslegungsprobleme und um einer entwicklungshemmenden Rechtsunsicherheit vorzubeugen, sollte der Gesetzgeber auf der nationalrechtlichen Ebene klare Verhältnisse schaffen. Ein spezielles wettbewerbsrechtliches System ist zu entwickeln oder aber den Akteuren sind klare Hinweise an die Hand zu geben, inwieweit die allgemeinen Regelwerke anzuwenden sind.
C. Verfassungsrechtliche Bewertung der Systemöffnung für Krankenhäuser am Beispiel des § 116b Abs. 2 SGB V Wenn der Gesetzgeber es unternimmt, Krankenhäuser zunehmend für die ambulante Versorgung der gesetzlich Versicherten zu öffnen, so bleibt dies für die vertragsärztlichen Leistungserbringer nicht ohne Folgen. Die in eigener Praxis niedergelassenen Vertragsärzte waren lange Zeit in ihrer rechtlichen Vorrangstellung unangefochtene „Träger“ des ambulanten Versorgungsauftrags. Nunmehr können auch Krankenhäuser medizinische Versorgungszentren gründen und so (jedenfalls mittelbar) selbst als zugelassene vertragsärztliche Leistungserbringer agieren. Krankenhäuser können im Rahmen von strukturierten Behandlungsprogrammen nach § 116b Abs. 1 S. 1 SGB V ambulant tätig werden oder mit den Krankenkassen Verträge der integrierten Versorgung auch über die ambulante Behandlung der gesetzlich Versicherten abschließen. Diese beispielhaft genannten „neuen Versorgungsstrukturen“ sind allerdings allesamt nicht exklusiv den Krankenhäusern vorbehalten. Der Vertragsärzteschaft stehen gleichfalls die Gründung von medizinischen Versorgungszentren, die Teilnahme an strukturierten Behandlungsprogrammen und die Beteiligung an Modellen der integrierten Versorgung offen. Anders verhält es sich da schon mit dem durch das GMG 2003 eingeführten § 116a SGB V. Dieser beschäftigt sich speziell mit der Ermächtigung von Krankenhäusern. Er knüpft hierfür jedoch – der hergebrachten Systematik entsprechend – an eine „Unterversorgung“ als Tatbestandvoraussetzung an und stellt demnach die traditionell bevorzugte Rolle zugelassener vertragsärztlicher Leistungserbringer nicht in Frage.
C. Verfassungsrechtliche Bewertung
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§ 116b Abs. 2 SGB V ist ebenfalls allein an zugelassene Krankenhäuser gerichtet. Konträr zur bislang vorherrschenden Systematik stellt die Regelung gerade nicht auf eine im Einzelfall durchzuführende Bedarfsprüfung ab. Unter den oben geschilderten Voraussetzungen steht den antragstellenden Krankenhäusern ein Anspruch auf die Bestimmung zur ambulanten Behandlung zu. Hierfür ist irrelevant, ob aus Sicht der vertragsärztlichen Bedarfsplanung bereits von einer „Überversorgung“ auszugehen wäre. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hatte bereits im Zusammenhang mit der ursprünglichen „Vertragslösung“ nach § 116b Abs. 2 SGB V a. F. erklärt, dass sie diese als verfassungswidrig bewerte. Die Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante Versorgung auch in Fällen, in denen keine Versorgungslücke bestehe, sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Diese Auffassung wurde seinerzeit auf ein gemeinsam mit dem Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Internistischen Onkologen in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten gestützt. 711 Ein im Internet veröffentlichtes Folgegutachten kommt auch für § 116b Abs. 2 SGB V in der aktuellen Fassung zu dem gleichen Ergebnis. 712 Das Bundesverfassungsgericht hat unter dem 31. 07. 2008 in zwei Verfahren Verfassungsbeschwerden niedergelassener Ärzte gegen § 116b Abs. 2 bis 5 SGB V nicht zur Entscheidung angenommen, da eine unmittelbare Betroffenheit durch die gesetzliche Regelung nicht ersichtlich sei. Eine solche könne sich erst mit der stattgebenden Entscheidung der zuständigen Behörde nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V, also durch den vom Gesetz vorgesehenen Vollzugsakt ergeben. Zudem liege kein Fall vor, in dem ein Beschreiten des Rechtswegs von vornherein ausgeschlossen sei. Vielmehr obliege zunächst einmal den Fachgerichten die Klärung der Frage, ob und in welchem Maße ein Beschwerdeführer durch eine beanstandende Regelung oder Maßnahme in seinen Rechten betroffen werde und ob die Regelung mit der Verfassung vereinbar sei. 713 In den folgenden Abschnitten wird der Frage nachgegangen, ob die Regelung des § 116b Abs. 2 SGB V tatsächlich durchgreifende verfassungsrechtliche Pro711 Vgl. Barth / Hänlein, Die Gefährdung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) niedergelassener Vertragsärzte durch Verträge nach § 116b Abs. 2 SGB V, http://www.kbv .de/presse/7356.html (Stand: 10. 05. 2010). 712 Barth, Die Gefährdung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) niedergelassener Vertragsärzte durch die Zulassung von Krankenhausambulanzen nach § 116b Abs. 2 SGB V n. f., http://www.arztrechtplus.de/BNHO_116b_neu.pdf (Stand: 10. 05. 2010); a. A. sind z. B. Vollmöller, Die Vereinbarkeit der Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen (§ 116b II SGB V) mit der Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte (Art. 2 I GG), NZS 2006, 572, 574 ff. (noch zu § 116b Abs. 2 SGB V a. f.) und Wenner, Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante ärztliche Versorgung, GesR 2007, 337, 342. 713 Siehe Beschlüsse des BVerfG vom 31. 07. 2008, 1 BvR 839/08 und 1 BvR 840/ 08. Letzterer ist veröffentlicht unter http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20080731 _1bvr084008.html (Stand: 10. 05. 2010).
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
bleme aufwirft. Insofern kommt dem Grunde nach eine Beeinträchtigung der zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringer in ihren Grundrechten nach Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 sowie 3 Abs. 1 GG durch die Einflussnahme auf die Rahmenbedingungen des „ärztlichen Wettbewerbs“ in Betracht. 714 Am Beispiel der Diskussion hierzu wird schließlich gezeigt, welchen Spielraum die Vorgaben des Grundgesetzes dem Gesetzgeber bei der Neugestaltung der Rahmenbedingungen des Leistungserbringungsrechts innerhalb der GKV belassen oder wo gegebenenfalls Grenzen bestehen könnten.
I. Berufsfreiheit niedergelassener Vertragsärzte nach Art. 12 Abs. 1 GG Zu prüfen ist, ob die Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten Behandlung nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V in die Berufsfreiheit niedergelassener Vertragsärzte eingreift und ob dieser Eingriff, so er denn zu bejahen wäre, sie auch in ihrem Grundrecht nach Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. 1. Schutzbereich Nach Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG besagt weiter, dass die Berufsausübung durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden kann. Immer noch aktuell sind insofern die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in der Begründung seiner als „Apothekenurteil“ bekannt gewordenen Entscheidung vom 11. 06. 1958. 715 Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet demnach dem Einzelnen das Recht, grundsätzlich jegliche Tätigkeit zu ergreifen, die er für sich als geeignet ansieht, sie zur Grundlage seiner Lebensführung und somit zu seinem „Beruf“ zu machen. Dabei werden nicht nur „hergebrachte“ und mithin traditionell oder gar rechtlich fixierte Berufsbilder vom Begriff des Berufs erfasst. Auch untypische Betätigungen können hierunter fallen, denn auch aus zunächst Ungewöhnlichem kann sich im Rahmen des stetigen gesellschaftlichen Wandels mit der Zeit ein neues, „festes“ Berufsbild ergeben. 716 Trotz der im Wortlaut angelegten Differenzierung zwischen der Freiheit der „Berufswahl“ und der Freiheit der „Berufsausübung“ wird Art. 12 Abs. 1 GG heute ganz überwiegend als einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit verstanden. 717 Dies begründet sich – entsprechend der Argumentationslinie des „Apo714 Siehe hierzu Butzer, Verfassungsrechtliche Anmerkungen zum GKV-Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG), MedR 2004, 177, 186 f. 715 BVerfGE 7, 377. 716 BVerfGE 7, 377, 379.
C. Verfassungsrechtliche Bewertung
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thekenurteils“ – darin, dass sich die Begriffe der „Wahl“ und der „Ausübung“ eines Berufs nicht etwa so voneinander abgrenzen ließen, dass jeder von ihnen sich nur auf eine bestimmte Phase des Berufslebens bezöge. So stellt die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit sowohl die Manifestation der Berufswahl als auch den (ersten) Akt der Berufsausübung dar. Auf der anderen Seite ist in der dauerhaften Ausübung eines Berufs gleichzeitig die fortlaufende Bestätigung der Berufswahl zu erblicken. 718 Auch der Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG wird im Ergebnis auf das einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit und nicht isoliert auf Regelungen der Ausübung eines Berufs bezogen. 719 Nun ist es zwar richtig, dass eine trennscharfe Abgrenzung zwischen Berufswahl und Berufausübung in vielen Fällen nicht möglich sein wird. Auf der anderen Seite ist es offenkundig, dass bei der Formulierung des Art. 12 Abs. 1 GG der Wille bestand, die in den Sätzen 1 und 2 geregelten Bereiche hinsichtlich ihrer Beschränkbarkeit unterschiedlich zu behandeln. Den Spagat zwischen diesen beiden eigentlich schwer vereinbaren Aspekten bewältigt das Bundesverfassungsgericht mithilfe der so genannten „Stufentheorie.“ 720 Im Kern müssen danach die für eine Rechtfertigung von Eingriffen angeführten Gemeinwohlbelange umso höher zu bewerten sein, je tiefgreifender die Freiheit der Berufswahl (mit-)betroffen ist. 721 Hierbei handelt es sich jedoch vornehmlich um eine Frage der „Verletztheit“ des Grundrechts der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG durch einen bestehenden Eingriff in dessen Schutzbereich. Auf die Details der Stufentheorie und deren Auswirkung wird also ggf. erst später einzugehen sein, sofern es hierauf ankommen sollte. Im Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 GG wird nicht zwischen der selbstständig und der unselbstständig ausgeübten beruflichen Tätigkeit unterschieden. Sofern eine Tätigkeit sowohl in selbstständiger als auch in unselbstständiger Form ausgeübt werden kann und beiden Ausübungsformen eine eigenes „soziales Gewicht“ zuzuerkennen ist, ordnet das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung zwischen diesen beiden Ausübungsformen schwerpunktmäßig als Akt der der Berufswahl ein. 722 Dem Beruf des frei praktizierenden Arztes wird man ein solches eigenes soziales Gewicht unproblematisch zuzuerkennen haben. Umstritten ist aber, ob auch für den Vertragsarzt in Abgrenzung zum reinen „Privatarzt“ eine solche Eigenständigkeit anzunehmen ist. 723 Das Bundesverfassungsgericht kommt in der Begründung seines „Kassenarzturteils“ vom 23. 03. 1960 zu dem Ergebnis, 717
Vgl. Schnapp, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 4, Rdnr. 50 m.w. N. BVerfGE 7, 377, 401. 719 BVerfGE 7, 377, 401, 402 f. 720 BVerfGE 7, 377, 401, 403 ff. 721 Siehe Schnapp, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 4, Rdnr. 63. 722 Siehe auch hier grundlegend BVerfGE 7, 377, 398 f. (konkret im Hinblick auf Apotheker). 718
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
dass die (damals) „kassenärztliche“ Tätigkeit keinen eigenen, von der privatärztlichen Tätigkeit in freier Praxis abzugrenzenden Berufsstand begründen könne. Gleichzeitig weist es jedoch darauf hin, dass aufgrund der hohen wirtschaftlichen Relevanz der Möglichkeit zur Behandlung gesetzlich versicherter Patienten unter Umständen trotzdem erhöhte Anforderungen an eine einschlägige Regelung zu stellen seien. Danach soll es – je nach Sachlage des Einzelfalls – im Ergebnis sogar zu einer faktischen Gleichstellung zwischen bloßen Regelungen der Berufsausübung und Eingriffen in die Berufswahl kommen können. 724 Der erwähnte Meinungsstreit hat insofern zumindest teilweise an praktischer Relevanz eingebüßt. Vom Begriff des Berufs wird grundsätzlich auch die Betätigung in so genannten staatlichen oder staatlich gebundenen Berufen umfasst. Staatliche Berufe sind dabei diejenigen des öffentlichen Dienstes. Unter staatlich gebunden Berufen werden solche Tätigkeitsbereiche verstanden, die zwar in der „privatrechtlichen Sphäre“ angesiedelt sind, bei denen aber in einem besonderen Maße gesetzlich strukturierte Gemeinwohlanforderungen zu erfüllen sind. Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG wird für staatliche Berufe durch die speziellen Regelungen in Art. 33 Abs. 2, 4 und 5 GG modifiziert. Namentlich reduziert sich die freie Berufswahl zu einem Recht auf gleichberechtigten Zugang zu den öffentlichen Ämtern, die vor dem Hintergrund der staatlichen Organisationsgewalt lediglich begrenzt vorhanden sind (vgl. Art. 33 Abs. 2 GG). Auch im Bereich der staatlich gebundenen Berufe wird eine Möglichkeit zur Eingrenzung des Grundrechtsschutzes aus Art. 12 Abs. 1 GG vertreten. 725 Es ist im Hinblick auf die vertragsärztliche Tätigkeit diskutiert worden, ob eine solche besondere Ausprägung bzw. Zurückdrängung durch Art. 33 GG („analog“) anzunehmen sei. 726 Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im „Kassenarzturteil“ die Position bezogen, dass der (damals) „Kassenarzt“ nicht dem öffentlichen Dienst im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG zuzuordnen sei. Er erfülle zwar mit der Behandlung der gesetzlich Versicherten auch eine öffentliche Aufgabe. Des Weiteren werde er durch die Zulassung in ein öffentlich-rechtliches System einbezogen. Weder zu den Kassen noch zur Kassenärztlichen Vereinigung entstehe jedoch innerhalb dieses Systems ein Dienstverhältnis. Zu den Krankenkassen bestünden zudem nicht einmal unmittelbare Rechtsbeziehungen. Gegenüber der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung würde mit der Zulassung zwar die Verpflichtung eingegangen, sich zur Versorgung der Kassenmitglieder bereitzuhalten und ihre 723 Darstellung bei Schnapp, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 4, Rdnr. 53 m.w. N. 724 BVerfGE 11, 30, 41 ff. 725 Siehe hierzu Mann, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 12, Rdnr. 62 ff. m.w. N. 726 Darstellung der Diskussion bei Schnapp, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 4, Rdnr. 70 ff.
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Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und der Richtlinien durchzuführen. Die in diesem Zusammenhang entstehenden Disziplinarbefugnisse seien aber nicht geeignet, ein Abhängigkeitsverhältnis zu begründen und würden es auch nicht voraussetzen. Der Kassenärztlichen Vereinigung obliege auch nicht die im Bereich des öffentlichen Dienstes vorhandene Fürsorgepflicht eines Dienstherrn. Weder nehme sie dem Kassenarzt die eigene Sorge um die Existenz und die Alterssicherung ab, noch hafte sie wie ein Dienstherr in zivilrechtlicher Hinsicht für ein Verschulden des Arztes. Die Zulassung biete zwar eine besondere Chance. Der Arzt trage aber gleichwohl das wirtschaftliche Risiko seines Berufs selbst und es hänge von ihm und der Gunst der Verhältnisse ab, ob es ihm gelinge, sich mit einer auskömmlichen Kassenpraxis zu etablieren. 727 Auch aufgrund der Einbeziehung des Kassenarztes in ein „subtil organisiertes öffentlich-rechtliches System“ sei keine andere Handhabung geboten. Entscheidend sei, dass er auch im Rahmen seiner Einbindung in dieses System freiberuflich bleibe. Dieses Bild der Freiberuflichkeit werde nur in bestimmten Punkten Beschränkungen unterworfen. Der Gesetzgeber habe dies für unentbehrlich gehalten, wobei er damit gleichzeitig gerade habe erreichen wollen, dass die Freiberuflichkeit erhalten bleiben könne. Die Beschränkungen seien nicht so weitgehend, dass man von einer öffentlich-rechtlich organisierten Tätigkeit ausgehen müsse. Nur in diesem Fall sei es aber denkbar, dass das Grundrecht der Berufsfreiheit hinter der öffentlichen Organisationsgewalt zurücktreten müsse. 728 Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 05. 11. 1997 entschieden, dass sich an dieser Zuordnung der vertragsärztlichen Tätigkeit zum Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG trotz der zwischenzeitlich verstärkten Einbindung in eine öffentlich-rechtlich geprägte Pflichtenstellung nichts grundlegend geändert habe. 729 Auch das Bundesverfassungsgericht selbst geht in seiner Rechtsprechung weiterhin von dieser Prämisse aus. 730 Dem ist zuzustimmen. Zwar kann man in der Gesamtschau eine zunehmende Regulierung der vertragsärztlichen Tätigkeit festzustellen. Auch ist nicht auszuschließen, dass zukünftige Entwicklungen einmal ein nahezu komplett öffentlich-rechtlich determiniertes System entstehen lassen könnten, in dem der Vertragsarzt (dann eher als eine Art „Amtsarzt“) vornehmlich die Funktion hätte, Gesundheitsleistungen nach detaillierten Weisungen zu erbringen. 731 In der momentanen Situation gelten jedoch die vom Bundesverfassungsgericht schon mit seinem „Kassenarzturteil“ ausgeführten Argumente unverändert fort. Auch im verhältnismäßig engen Korsett der vertragsarztrechtlichen Pflichten und Obliegenheiten bleibt die vertragsärztliche Tätigkeit 727
BVerfGE 11, 30, 39 f. BVerfGE 11, 30, 40 f. 729 BSGE 81, 143, 144 f. 730 Vgl. BVerfGE 103, 172, 182 ff.; BVerfG MedR 2001, 639. 731 Kritisch zu dieser Grundtendenz Butzer, Verfassungsrechtliche Anmerkungen zum GKV-Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG), MedR 2004, 177, 183 f. 728
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eine freiberufliche Tätigkeit. Zumindest der wesentliche Teil der Entscheidungen zu Diagnostik und Therapie wird im einzelnen Behandlungsfall aufgrund seiner besonderen fachlichen Kompetenz durch den Arzt getroffen. Auch das wirtschaftliche Risiko der vertragsärztlichen Praxis liegt weiterhin beim jeweiligen Vertragsarzt selbst und wird ihm nicht von den kassenärztlichen Vereinigungen oder den Krankenkassen im Rahmen eines besonderen Fürsorgeverhältnisses abgenommen. Art. 12 Abs. 1 GG wird somit vorliegend nicht durch Art. 33 Abs. 2, 4 und 5 GG oder etwaige hieraus möglicherweise abzuleitende Rechtsgedanken verdängt. 2. Eingriff Ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG durch eine Regelung oder Maßnahme ist in erster Linie dann zu bejahen, wenn diese gerade („final“) auf die berufliche Betätigung abzielt und sie unmittelbar zum Gegenstand hat. Das ist beispielsweise bei solchen Vorschriften der Fall, die Zulassungsvoraussetzungen für die Ausübung eines Berufes aufstellen oder welche die Art und Weise bestimmen, wie die Berufsangehörigen ihre Berufstätigkeit im Einzelnen zu gestalten haben. 732 Ein zielgerichteter Eingriff in die Berufsfreiheit der zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringer durch oder aufgrund von § 116b Abs. 2 SGB V kann klar verneint werden. Diese gehören nicht zum Adressatenkreis der Norm. § 116b Abs. 2 SGB V und darauf beruhende Maßnahmen regulieren nicht die berufliche Betätigung der Vertragsärzte, sondern eröffnen den Krankenhäusern einen speziellen Weg in die ambulante Versorgung der gesetzlich Versicherten. Auch wenn keine final auf die Regelung der beruflichen Tätigkeit gerichtete Maßnahme vorliegt, kann gleichwohl ein staatliches Handeln, das eigentlich einem anderen (Haupt-)Zweck dient, zu erheblichen Beeinträchtigungen des von Art. 12 Abs. 1 GG erfassten Schutzbereichs führen. Vor diesem Hintergrund kann auch einer Maßnahme mit „bloß faktischen“ Auswirkungen letztendlich ein Eingriffscharakter zukommen. 733 Denkbar ist dies beispielsweise im Zusammenhang mit staatlicher Planung und Subventionierung oder auch bei steuerrechtlichen Vorschriften. 734 Da es sich bei der Rechtsfigur des faktischen oder mittelbaren Grundrechtseingriffs um eine erweiternde Fortentwicklung des klassischen Eingriffsbegriffs handelt, werden hieran besondere Voraussetzungen geknüpft. Bezüglich Art. 12 Abs. 1 GG hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsund des Bundesverwaltungsgerichts zwei relevante Fallgruppen herausgearbeitet. Voraussetzung der ersten Fallgruppe ist, dass ein enger Zusammenhang 735 732 733 734
BVerfGE 13, 181, 185. Siehe hierzu Schnapp, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 4, Rdnr. 60. Leibholz / Rinck, Grundgesetz, Art. 12, Rdnr. 380, 382.
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mit der Ausübung des Berufs besteht und dass es sich nicht nur um eine vom Staat ausgehende „Änderung der Marktdaten und Rahmenbedingungen“ handelt. 736 Es muss eine „objektiv berufsregelnde Tendenz“ erkennbar sein. 737 Der zweiten Fallgruppe sind diejenigen Konstellationen zuzuordnen, in denen die staatliche Maßnahme als zwar nicht bezweckte, aber doch vorhersehbare und letztlich auch in Kauf genommene Nebenfolge eine schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit bewirkt. 738 Die Verfasser der bereits erwähnten Rechtsgutachten, welche im Auftrag des Berufsverbands der Niedergelassenen Hämatologen und Internistischen Onkologen erstellt wurden, bejahen einen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Vertragsärzte durch die Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten Behandlung nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V. 739 Ausgangspunkt der Argumentation sind die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 17. 08. 2004, mit dem es entgegen der damals aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine grundsätzliche Klagebefugnis zugelassener Vertragsärzte gegen die Ermächtigung von Krankenhausärzten anerkannt hat. 740 Ebenso wie die Ermächtigung von Krankenhausärzten sei auch jede andere Art und Weise der Öffnung des gesetzlich regulierten Marktes der ambulanten Versorgung für weitere Leistungserbringer geeignet, die vertragsärztlichen Leistungserbringer in ihrem Grundrecht nach Art. 12 Abs. 1 GG zu betreffen. Im Falle des § 116b Abs. 2 SGB V entstünden erhebliche Konkurrenznachteile für die an dieser Stelle mit den Krankenhäusern konkurrierenden Vertragsärzte. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluss vom 17. 08. 2004 beispielhaft für den Bereich der strahlentherapeutischen Versorgung ausgeführt, dass 735
BVerfGE 95, 267, 302. BVerfGE 98, 218, 259. 737 BVerfGE 13, 181, 186. 738 BVerwGE 87, 37, 43 f.; BVerwG NJW 1996, 3161. Im Ergebnis in eine ähnliche Richtung geht auch die Kritik am Kriterium der „objektiv berufsregelnden Tendenz“ bei Schnapp, in: Schnapp / Wigge, Vertragsarztrecht, § 4, Rdnr. 60. Vergleichbar den Ausführungen des BVerwG, weist Schnapp darauf hin, dass die berufsregelnde Tendenz zwar ein suffizientes aber kein exklusives Kriterium eines mittelbaren Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG sein könne. Andernfalls werde das Merkmal der „Finalität“ und damit der klassische und nach heutigem Grundrechtsverständnis überkommene Eingriffsbegriff in anderem Gewand aufrechterhalten. Zum Themenüberblick und zu weiteren umfassenden Hinweisen zur einschlägigen Rechtsprechung siehe Mann, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 12, Rdnr. 95 ff. 739 Vgl. Barth / Hänlein, Die Gefährdung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) niedergelassener Vertragsärzte durch Verträge nach § 116b Abs. 2 SGB V, http://www.kbv .de/presse/7356.html (Stand: 10. 05. 2010), S. 6 ff.; Barth, Die Gefährdung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) niedergelassener Vertragsärzte durch die Zulassung von Krankenhausambulanzen nach § 116b Abs. 2 SGB V n. f., http://www.arztrechtplus.de/ BNHO_116b_neu.pdf (Stand: 10. 05. 2010), S. 6 ff. 740 BVerfG NJW 2005, 273. 736
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ermächtigte Ärzte schon insofern einen Wettbewerbsvorteil hätten, als sie mit Krankenhäusern zusammenarbeiteten und selbst Krankenhausärzte seien. Eine angemessene Auslastung könne der niedergelassene Arzt nur erreichen, wenn der Bedarf durch die Krankenhausärzte nicht schon weitgehend gedeckt sei. Auf der anderen Seite hätten die ermächtigten Ärzte nicht das unternehmerische Risiko einer zu geringen Auslastung zu tragen. Für den nicht ausgelasteten Strahlentherapeuten könnten die hohen Investitionskosten hingegen ruinös sein. 741 Diese Aussagen des Bundesverfassungsgerichts träfen umso mehr zu, wenn Krankenhäuser selbst zur ambulanten Versorgung zugelassen würden. Es liege zudem auf der Hand, dass der von den „wirtschaftlich überlegenen“ Krankenhäusern ausgehende Wettbewerb auch in den im Vergleich zur Strahlentherapie weniger investitionsintensiven Fachgebieten (namentlich dem Bereich der Onkologie) schwerwiegende Auswirkungen haben könne. 742 Das Bundesverfassungsgericht habe im Übrigen seine Entscheidung nicht maßgeblich aus dem Nachrang der Ermächtigung von Krankenhausärzten gegenüber zugelassenen Vertragsärzten abgeleitet. Vielmehr seien allein verfassungsrechtliche Aspekte ausschlaggebend gewesen. Die strikten gesetzlichen Marktbedingungen im vertragsärztlichen System hätten eine objektiv berufsregelnde Tendenz. Faktische Einwirkungen, die eine Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse zur Folge hätten, würden daher auch den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigen. 743 Nach anderer Auffassung ist ein mittelbarer Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit niedergelassener Vertragsärzte durch die Bestimmung zur ambulanten Behandlung nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V abzulehnen. Eine Übertragung der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Klagebefugnis von Vertragsärzten gegen die Ermächtigung von Krankenhausärzten sei nicht möglich. Insbesondere sei die „Zulassung“ von Krankenhäusern gemäß § 116b Abs. 2 SGB V nach dem Willen des Gesetzgebers – anders als die Ermächtigung nach § 116 SGB V und § 31a Ärzte-ZV – eben nicht von einer Bedarfsprüfung abhängig und sei nicht nachrangig gegenüber der Zulassung niedergelassener Leistungserbringer. 744 Zwar sei anzuerkennen, dass durch die Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante Versorgung die Betätigungs- und Gewinnchan741 Barth / Hänlein, Die Gefährdung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) niedergelassener Vertragsärzte durch Verträge nach § 116b Abs. 2 SGB V, http://www.kbv.de/ presse/7356.html (Stand: 10. 05. 2010), S. 7. 742 Barth / Hänlein, Die Gefährdung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) niedergelassener Vertragsärzte durch Verträge nach § 116b Abs. 2 SGB V, http://www.kbv.de/ presse/7356.html (Stand: 10. 05. 2010), S. 8. 743 Barth, Die Gefährdung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) niedergelassener Vertragsärzte durch die Zulassung von Krankenhausambulanzen nach § 116b Abs. 2 SGB V n. f., http://www.arztrechtplus.de/BNHO_116b_neu.pdf (Stand: 17. 08. 2009), S. 7 f. 744 Siehe noch zu noch zu § 116b Abs. 2 SGB V a. f. Vollmöller, Die Vereinbarkeit der Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen (§ 116b II SGB V) mit der Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte (Art. 2 I GG), NZS 2006, 572, 574;
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cen der niedergelassenen Vertragsärzte faktisch beeinträchtigt werden könnten. Art. 12 Abs. 1 GG gewähre jedoch keinen Anspruch auf die Sicherung einer wirtschaftlich ungefährdeten Tätigkeit. 745 Dieser Auffassung ist im Ergebnis zu folgen. Zwar ist es richtig, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 17. 08. 2004 geäußert hat, dass bei einem stark regulierten Markt auch (Einzel-)Entscheidungen, die geeignet seien, das erzielbare Entgelt zu beeinflussen, die Freiheit der Berufsausübung beeinträchtigen könnten. Solche Eingriffe seien mit Art. 12 Abs. 1 GG nur dann vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhten 746 und durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt seien. 747 Isoliert auf diese Formulierungen abzustellen und dann das Gesamtergebnis des damaligen Rechtsstreits auch auf die hier in Rede stehende Konstellation projizieren zu wollen, hieße allerdings, den Gesamtzusammenhang nicht angemessen zu würdigen. Wie bereits oben dargestellt wurde, war nämlich in der Tat der in §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV normierte Nachrang der Ermächtigung von Krankenhausärzten gegenüber zugelassenen Leistungserbringern ein tragender Punkt in der Argumentationskette des Bundesverfassungsgerichts. Diese Regelung zum Vorrang- / Nachrangverhältnis war es, der das Gericht im Lichte des Grundrechts der Berufsfreiheit eine drittschützende Tendenz zuerkannte. 748 Mit anderen Worten: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass den Vertragsärzten vor dem Hintergrund von Art. 12 Abs. 1 GG gegen einen potentiellen Verstoß wider die einfachgesetzlichen Vorgaben der §§ 116 S. 2 SGB V, 31a Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV die Möglichkeit eines gerichtlichen Rechtsschutzes offenstehen müsse. Es hat nicht etwa entschieden oder auch nur angedeutet, dass jede Maßnahme, die zu einer faktischen Verschiebung des „Konkurrenzgefüges“ bei der ambulanten Behandlung der gesetzlich Versicherten führen mag, im Hinblick auf die Vertragsärzte in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG eingreife. Im Gegenteil wird in der Entscheidungsbegründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit gerade kein Schutz vor dem Erwachsen neuer Konkurrenz ergebe. 749 Es bestehe kein Anspruch auf die Sicherung einer wirtschaftlich ungefährdeten Tätigkeit. 750 Sowohl die WettbeWenner, Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante ärztliche Versorgung, GesR 2007, 337, 342. 745 Vollmöller, Die Vereinbarkeit der Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen (§ 116b II SGB V) mit der Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte (Art. 2 I GG), NZS 2006, 572, 574. 746 Dieses Kriterium würde vorliegend entfallen, da bei § 116b Abs. 2 SGB V die Frage nach einem vermeintlichen direkten Eingriff schon durch die gesetzliche Regelung im Vordergrund steht. 747 BVerfG NJW 2005, 273, 275. 748 BVerfG NJW 2005, 273. 749 BVerfG NJW 2005, 273.
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werbs- als auch die Ertragssituation seien grundsätzlich vom Risiko laufender Veränderungen der Marktverhältnisse erfasst. 751 Ohnehin ist nicht vordringlich ausschlaggebend, ob und inwieweit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. 08. 2004 auch auf Bestimmungsakte nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V übertragbar ist. Zumindest im Ausgangspunkt der Diskussion müssen vielmehr die oben dargestellten allgemeinen Kriterien eines mittelbaren Eingriffs in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG stehen. Die erste denkbare Fallgruppe scheidet vorliegend aus demselben Gesichtspunkt aus, der bereits einen finalen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte aufgrund von § 116b Abs. 2 SGB V verneinen lässt. Auch in diesem Zusammenhang ist nämlich festzuhalten, dass die Norm eben nicht an die Vertragsärzte, sondern an die zugelassenen Krankenhäuser adressiert ist. Es mangelt daher an einer „objektiv berufsregelnden Tendenz“ im Hinblick auf die vertragsärztlichen Leistungserbringer. Fraglich bleibt dann noch, ob es sich bei der Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten Behandlung nach § 116b Abs. 2 S. 1 SGB V um staatliche Maßnahmen handeln könnte, die als zwar nicht bezweckte, aber doch vorhersehbare und letzten Endes (zumindest vom Gesetzgeber) auch billigend in Kauf genommene Nebenfolge eine schwerwiegende Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit der Vertragsärzte bewirken. In diesem Zusammenhang könnte dann in der Tat auch zu bedenken sein, dass sich die Vertragsärzte in einem hochgradig regulierten System bewegen. Veränderungen des Gesamtgefüges können hier möglicherweise eher zu einer „schwerwiegenden Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit“ führen, als dies in freier organisierten und vorwiegend durch die „Marktkräfte“ gesteuerten Wirtschaftsbereichen der Fall sein mag. Andererseits ist aber auch hier zu bedenken, dass die Regelung des § 116b Abs. 2 SGB V und darauf beruhende stattgebende Entscheidungen der zuständigen Behörde keine regelnde Wirkung für die zugelassenen Vertragsärzte entfalten. Insbesondere wirkt sich die Bestimmung nicht auf die vertragsärztliche Bedarfsplanung aus. Ziel und Folge der Regelung ist die verstärkte Öffnung für eine beim Zugang zum ambulanten Versorgungssystem bislang benachteiligte Gruppe von Leistungserbringern. Vor einer solchen bloßen Veränderung der Konkurrenzsituation bietet Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich eben gerade keinen Schutz. Ohnehin wäre, selbst wenn man diesbezüglich eine andere Auffassung vertreten würde, nicht ersichtlich, warum die auf die Bereiche der seltenen Erkrankungen und hochspezialisierten Leistungen ausgerichtete vereinfachte Einbeziehung der Krankenhäuser in die ambulante Versorgung eine schwerwiegende Beeinträchtigung der vertragsärztlichen beruflichen Betätigungsfreiheit zur Folge haben sollte. Mit diesem Schritt sollen Versorgungsdefizite, die re750 751
In diese Richtung beispielsweise auch schon BVerfGE 34, 252, 256. Siehe auch BVerfGE 106, 275, 299.
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gelmäßig gerade nicht prägend im „Fokus“ der jeweiligen Fachgebiete bzw. der niedergelassenen Leistungserbringer liegen, besser abgedeckt werden. Anders mag man dies zwar für Diagnostik und Versorgung von Patienten mit onkologischen Erkrankungen nach § 116b Abs. 3 Nr. 2 Spiegelstrich 1 SGB V sehen. Hier ist aber wiederum keine eklatante „wirtschaftliche Überlegenheit“ der Krankenhäuser gegenüber niedergelassenen Vertragsärzten erkennbar. Im Gegensatz zur Konstellation bei den besonders investitionskostenintensiven Fachgebieten (wie z. B. der Strahlentherapie) kommen denkbare Synergieeffekte durch die Nutzung anderweitig mitfinanzierter extrem teurer Geräte weit weniger zum Tragen. Zudem böte dieser Effekt auch keinerlei Vorteile bei der „Konkurrenz“ um die Versorgung der gesetzlich versicherten Patienten. Schon aufgrund der mangelnden direkten Abrechnungsbeziehung kann keine Steuerung der Versicherten durch die Leistungserbringer über reduzierte Preise o. ä. erfolgen. Aus dem Blickwinkel der Patienten wird mittelfristig vielmehr allein die Leistungsqualität und der Grad der „integrativen“ Einbindung einzelner medizinischer Teilleistungen in ein therapeutisches Gesamtkonzept das entscheidende Kriterium für die Auswahl zwischen unterschiedlichen Optionen der Versorgung sein. Hier bietet das Krankenhaus gerade bei Erkrankungen, die oftmals auch zu stationären Aufenthalten führen, sicher entscheidende Vorteile. Dieser sachlichmedizinisch geprägte Aspekt kann aber keinesfalls als wettbewerbsverzerrend im Rechtssinne bewertet werden. Zudem ist auf den bereits an anderer Stelle erwähnten und mit Wirkung zum 01. 01. 2007 in § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV aufgenommenen Satz 2 hinzuweisen. Ausdrücklich wurde damit u. a. die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus als mit der Tätigkeit des Vertragsarztes vereinbar erklärt. Noch mehr als zuvor ist somit auch den niedergelassenen Vertragsärzten die enge Kooperation mit Krankenhäusern möglich gemacht worden. Dabei kommt auch die Nutzung von Sach- und Personalmitteln des Krankenhauses mit dem Ziel einer beiderseitigen Optimierung von Abläufen und Auslastung in Betracht. Aus strategischer Sicht machen solche Konzepte unter dem Gesichtspunkt der Pflege des wichtigen Verhältnisses zu den „Zuweisern“ für die Krankenhäuser im Übrigen oft weit mehr Sinn, als der um jeden Preis forcierte Eintritt in den regionalen ambulanten Versorgungsmarkt. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Gesetzgeber nicht etwa isoliert oder gar „wettbewerbsverzerrend“ die Krankenhäuser bevorteilt und dabei die Vertragsärzteschaft in ihrer Berufsfreiheit schwerwiegend beeinträchtigt, sondern dass er vielmehr integrative und kooperative Versorgungsstrukturen unterschiedlicher Natur insgesamt zu fördern sucht. Mit Wenner mag man allerdings das Thema auf seine eigentlichen Füße stellen und zumindest die Frage aufwerfen, inwieweit denn die im vertragsärztlichen Bereich bestehende Bedarfsplanung aus verfassungsrechtlicher Sicht weiterhin
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als legitimiert angesehen werden kann, wenn der Gesetzgeber selbst (zumindest für die mit § 116b Abs. 2 SGB V avisierten Teilbereiche) für die Krankenhäuser einen „bedarfsunabhängigen“ Anspruch auf „Zulassung“ zur ambulanten Versorgung etabliert. 752 Diese Diskussion muss für die hiesige Fragestellung nicht weiter vertieft werden. Allerdings sollte man nicht verkennen, dass § 116b Abs. 2 SGB V zwar von der vertragsärztlichen Bedarfsplanung entkoppelt wurde, aber auf der anderen Seite keineswegs zu einer wirklich „bedarfsunabhängigen“ Berechtigung der Krankenhäuser zur ambulanten Versorgung führt. Vielmehr ist es doch so zu sehen, dass der Gesetzgeber unmittelbar im Gesetz einen generellen Bedarf für die in § 116b Abs. 3 SGB V genannten und nach § 116b Abs. 4 S. 1 f. SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu ergänzenden Leistungsbereiche feststellt. 3. Hilfsweise: Verletztheit Nach der hier vertretenen Auffassung liegt bereits kein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG aufgrund von § 116b Abs. 2 SGB V vor. Ergänzend soll jedoch auch darauf eingegangen werden, ob – sofern man eine Betroffenheit des Grundrechts der Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte bejahen wollte – eine Verletztheit der Norm ernstlich in Betracht käme. In den beiden erwähnten Gutachten zu § 116b Abs. 2 SGB V wird eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots gerügt. In der ersten, zur „Vertragslösung“ nach § 116b Abs. 1 SGB V a. F. SGB V erstellten Version heißt es hierzu, dass jede Vorschrift, die eine Behörde zu einem Grundrechtseingriff ermächtige, die Voraussetzungen, den Umfang und die Grenzen des Eingriffs hinreichend bestimmt regeln müsse. Daran fehle es aber bei § 116b Abs. 2 SGB V a. F., denn es sei nur festgelegt worden, wer als Vertragspartner der Krankenhäuser in Betracht komme und auf welche Krankheitsbilder sich die Verträge beziehen dürften. Der übrige Regelungsgehalt sei weitgehend zur Disposition der Vertragspartner gestellt worden. Vor dem Hintergrund der gesehenen Grundrechtsrelevanz der Marktöffnung für die Krankenhäuser sei dies nicht ausreichend. Zudem sei problematisch, dass gesetzlich keine zeitliche, räumliche und umfangbezogene Einschränkung der ambulanten Tätigkeit der Krankenhäuser vorgeschrieben sei. Es sei weiter zu bedenken, dass die vertragsärztlichen Zulassungsgremien – anders als im Bereich der Ermächtigungen – nicht beteiligt seien und somit kein Mitspracherecht der Ärzteschaft bestehe. 753 Mit der zweiten Version des Gutachtens wurde diese Auffassung im Ergebnis auch für § 116b Abs. 2 SGB V n. F. aufrechterhalten. 754 752
Wenner, Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante ärztliche Versorgung, GesR 2007, 337, 342. Ähnlich schon ders., Schwachstellen und Reformbedarf im Leistungs- und Leistungserbringerrecht der Krankenversicherung, GesR 2003, 129, 130.
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Von anderer Seite wurde entgegnet, dass bei der in den Gutachten vertretenen Sichtweise von überzogenen Annahmen zu den Auswirkungen des Bestimmtheitsgebots ausgegangen werde. Letztlich handele es sich bei den im Gutachten ausgeführten Punkten nicht um Fragen der Bestimmtheit einer Norm, sondern um solche nach ihrer Verhältnismäßigkeit. 755 Dem ist zuzustimmen. Zwar ist anzuerkennen, dass die Auslegung des § 116b Abs. 2 SGB V den Normanwender vor einige Herausforderungen stellt. Unbestimmte Rechtsbegriffe und Handhabungsspielräume sind jedoch dann unschädlich, wenn sie (im Zweifelsfall durch die Gerichte) durch Auslegung mit den herkömmlichen Methoden präzisiert werden können. 756 Dies ist der Fall. 757 Im Übrigen trifft jede Vorschrift, die einer Behörde einen Ermessensspielraum eröffnet, zwar (in diesem Fall auf der Rechtsfolgenseite) gerade keine unmittelbar verbindliche Regelung bis in alle Details. Sie kann aber selbstverständlich gleichwohl als Norm „bestimmt“ sein. Ebenso ist nicht ersichtlich, warum § 116b Abs. 2 SGB V deshalb unbestimmt sein sollte, weil es den Krankenhäusern überlassen bleibt, ob sie einen Antrag auf Bestimmung zur ambulanten Behandlung stellen oder nicht. Auch dadurch, dass keine Bedarfsprüfung im Sinne des Vertragsarztrechts vorgesehen ist, wird § 116b Abs. 2 SGB V nicht unbestimmt. Wie bereits in den Ausführungen zum Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG dargestellt wurde, geht das Bundesverfassungsgericht seit dem „Apothekenurteil“ 758 von einem einheitlichen Grundrecht der Berufsfreiheit aus. Nach der so genannten „(Drei-)Stufentheorie“ müssen mit ansteigender Intensität des Grundrechtseingriffs auch höhere Anforderungen an die für eine Rechtfertigung des Eingriffs angeführten Gemeinwohlbelange gestellt werden. Zwar werden die drei nach der Theorie zu beschreibenden Stufen der Grundrechtsbeeinträchtigung auch seitens des Bundesverfassungsgerichts selbst nicht immer restlos gleich gehandhabt. Es handelt sich jedoch auch heute um den in der Judikatur und zumindest im Grundsatz auch vom überwiegenden Teil der Rechtslehre unbestrittenen Ausgangspunkt der Prüfung auf eine materielle Verletztheit des Art. 12 Abs. 1 GG. 759 753 Vgl. Barth / Hänlein, Die Gefährdung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) niedergelassener Vertragsärzte durch Verträge nach § 116b Abs. 2 SGB V, http://www.kbv .de/presse/7356.html (Stand: 10. 05. 2010), S. 9 f. 754 Barth, Die Gefährdung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) niedergelassener Vertragsärzte durch die Zulassung von Krankenhausambulanzen nach § 116b Abs. 2 SGB V n. f., http://www.arztrechtplus.de/BNHO_116b_neu.pdf (Stand: 10. 05. 2010), S. 10 ff. 755 Ebenfalls noch zu noch zu § 116b Abs. 2 SGB V a. f. Vollmöller, Die Vereinbarkeit der Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen (§ 116b II SGB V) mit der Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte (Art. 2 I GG), NZS 2006, 572, 575. 756 Sachs, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 20, Rdnr. 127 m.w. N. 757 Siehe hierzu obige Ausführungen zu § 116b Abs. 2 SGB V. 758 BVerfGE 7, 377.
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Danach gilt im Wesentlichen: Handelt es sich bei einer Vorschrift lediglich um eine Berufsausübungsregelung, so ist sie aus verfassungsrechtlicher Sicht bereits dann legitim, wenn die Gründe für ihre Erschaffung in „vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls“ liegen und die Regelung verhältnismäßig ist. 760 Bei den Berufswahlregelungen wird zwischen den so genannten subjektiven und den objektiven Berufszugangsvoraussetzungen differenziert. Zur Rechtfertigung subjektiver Zugangsvoraussetzungen bedarf es der Zielrichtung, „besonders wichtige Gemeinschaftsgüter“ zu schützen. Objektive Zugangsvoraussetzungen müssen der Abwehr „nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerwiegender Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut“ dienen. Zudem sind bei den Berufswahlregelungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung höhere Anforderungen zu stellen (so genannte „stufenspezifischen Verhältnismäßigkeitsprüfung“). 761 Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits mit dem „Kassenarzturteil“ vom 23. 03. 1960 entschieden, dass sogar eine unmittelbar auf die Einschränkung des Zugangs zum Status des „Kassenarztes“ gerichtete Vorschrift keine berufliche Zugangsvoraussetzung aufstelle. Die Tätigkeit als Kassenarzt sei eben nur eine besondere Ausübungsform des Berufs des „frei praktizierenden Arztes.“ Es handele sich also um Berufsausübungsregelungen. Allerdings müsse man anerkennen, dass auch bei bloßen Regelungen der Berufsausübung eine breite Skala von Möglichkeiten mit wenig intensiven oder auch intensiveren Folgen für die Betroffenen bestehe. Es gelte daher der Grundsatz der Differenzierung im Einzelfall. Der Gesetzgeber sei inhaltlich umso freier, je mehr er nur die Berufsausübung treffe und umso stärker gebunden, je mehr zugleich die Berufswahl berührt sei. Angesichts der wirtschaftlichen Relevanz des Zugangs zur Behandlung der gesetzlich versicherten Patienten bewertete das Gericht im Ergebnis die Aufstellung einer schematischen Verhältniszahl, von der die Zulassung als „Kassenarzt“ nach der dem Urteil zu Grunde liegenden alten Rechtslage abhing, als Berufsausübungsregelung, die in ihrer Wirkung aber einer objektiven Zulassungsvoraussetzung nahe komme. 762 Auf der anderen Seite hat das Bundesverfassungsgericht im Rahmen seiner Begründung eines Nichtannahmebeschlusses vom 27. 04. 2001 „en passant“ erkennen lassen, dass es die Regelungen zur Zulassungsbeschränkung bei Überversorgung nach §§ 99 ff. SGB V wohl nicht als derart schwerwiegenden Eingriff bewerten würde. 763 Der Entscheidung war ein Beschluss des Bundessozi759 760 761
142 ff. 762 763
Vgl. Mann, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 12, Rdnr. 125, 152 ff. Vgl. BVerfGE 7, 377, 405 f.; 16, 286, 297; 109, 64, 85; 111, 10, 32. Ausführliche Darstellung bei Mann, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 12, Rdnr. 130 ff., BVerfGE 11, 30, 42 ff. BVerfG MedR 2001, 639.
C. Verfassungsrechtliche Bewertung
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algerichts 764 vorausgegangen, in dem dieses wiederum seine eigene Rechtsprechung vom 18. 03. 1998 bestätigt hatte. 765 Namentlich hatte das Bundessozialgericht – wiederum entsprechend der ohnehin schon seit dem „Kassenarzturteil“ bestehenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – die zulassungsbeschränkenden Regelungen nach §§ 99 ff. SGB V als Berufsausübungsvorschriften qualifiziert. Es hat darüber hinaus aber auch festgestellt, dass Zugangssperren auf der Basis des Bedarfsplanungsrechts nicht als „berufswahlnahe Regelungen“ mit der Folge höherer Rechtmäßigkeitsanforderungen zu sehen seien. Es handele sich nämlich lediglich um örtliche Zulassungsbeschränkungen und nicht um absolute Zugangshindernisse. Solche wären auch in anderen Berufen üblich, bei denen nicht an jedem Ort, sondern eben nur in bestimmten Bereichen freie Arbeitsplätze zu finden seien. 766 Überträgt man die vom Bundesverfassungsgericht mit dem „Kassenarzturteil“ aufgestellten und später von der Rechtsprechung in der geschilderten Weise fortentwickelten Grundsätze auf die vorliegende Konstellation, so ergibt sich Folgendes: Wollte man in der Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung nach § 116b Abs. 2 SGB V einen mittelbaren Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte sehen, so könnte dieser einerseits allenfalls als Beeinträchtigung der Berufsausübungs- und nicht der Berufswahlfreiheit bewertet werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Tätigkeit als Vertragsarzt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht etwa einen eigenständigen Beruf in Abgrenzung zur privatärztlichen Praxis darstellt, sondern eine mögliche Ausprägungsform des Berufsbilds des frei praktizierenden Arztes ist. Zweitens ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Auswirkungen des § 116b Abs. 2 SGB V „berufswahlnahe“ Züge für niedergelassene Vertragsärzte haben sollten. In jedem Fall bliebe die (hier einmal hilfsweise unterstellte) Eingriffsintensität nämlich weit hinter der derjenigen zurück, die sich beispielsweise aus echten Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung nach §§ 99 ff. SGB V ergibt. Zur Bejahung der materiellen Rechtmäßigkeit wäre es daher hinreichend, wenn die Gründe für die Regelung in „vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls“ lägen und zudem die Verhältnismäßigkeit gewahrt wäre. Der gewählte Weg müsste also zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sein. Des Weiteren müsste bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein. 767 Durch die mit dem GMG 2003 umgesetzten Maßnahmen zur Neugestaltung der Strukturen des Leistungserbringungsrechts (und deren Bestandteil war ja 764 765 766 767
BSG, Beschl. v. 09. 06. 1999 (erhältlich bei juris). BSGE 82, 41. Siehe auch BSG NZS 1999, 50 (Parallelentscheidung). BSGE 82, 41. BVerfGE 94, 372, 390; 70, 1, 28; 68, 193, 213; BSGE 82, 41.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
u. a. auch die Einführung der „hochspezialisierten Leistungen“ im Krankenhaus) soll nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers eine größere Vielfalt an möglichen Versorgungsformen erreicht werden. Mittelfristige Folge des entstehenden „Wettbewerbs“ soll sein, dass den Erfordernissen der Patienten besser entsprochen wird. Ein weiteres Ziel ist die Erschließung von „Effizienzreserven.“ Es sollen also Einsparungen generiert werden. 768 Dies geschieht vor dem Hintergrund des steigenden Kostendrucks auf das System der GKV. Man will ein „hohes Versorgungsniveau bei angemessenen Beitragssätzen auch in Zukunft“ gewährleisten. 769 Die Neufassung des § 116b Abs. 2 SGB V mit dem GKV-WSG zum 01. 04. 2007 770 war zwar in erster Linie in der Erfolglosigkeit der zuvor gültigen „Vertragslösung“ begründet. Auch sie stand aber unter der übergeordneten Zielsetzung, effizientere Versorgungsstrukturen schaffen zu wollen, um den „Herausforderungen des demographischen Wandels und des medizinischen und medizinisch-technischen Fortschritts“ zu begegnen. 771 Das Bundesverfassungsgericht erkennt die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut an. 772 Es hat auch die Sicherung der finanziellen Stabilität zum Erhalt der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung bereits als „legitimen Gemeinwohlgrund von überragender Bedeutung“ für eine berufsregelnde Maßnahme eingeordnet, der im Zweifel sogar einen Eingriff in die Berufswahl rechtfertigen könne. Solle die Gesundheitsversorgung erheblicher Teile der Bevölkerung mit Hilfe eines Sozialversicherungssystems erreicht werden, so stelle auch dessen Finanzierbarkeit einen Gemeinwohlbelang von überragendem Gewicht dar, von dem sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Systems und bei der damit verbundenen Steuerung der Aktivitäten der Leistungserbringer leiten lassen dürfe. 773 Ein legitimes Regelungsziel läge somit unproblematisch vor. 774 Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung nur ein eingeschränkter gerichtlicher Überprüfungsrahmen besteht. Es sei vorrangig die Aufgabe des Gesetzgebers zu entscheiden, welche 768
Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 74. Begründung zum Entwurf des GMG, BT-Drucks. 15/1525, S. 1. 770 BGBl. I 2007, S. 378, 407. 771 Begründung zum Entwurf des GKV-WSG, BT-Drucks. 16/3100, S. 1. 772 BVerfGE 78, 179, 192. 773 BVerfG MedR 2001, 639, 640. Siehe auch BVerfGE 70, 1, 30; 82, 209, 230. 774 Dies wird auch von Barth / Hänlein, Die Gefährdung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) niedergelassener Vertragsärzte durch Verträge nach § 116b Abs. 2 SGB V, http://www.kbv.de/presse/7356.html (Stand: 10. 05. 2010), S. 11 und Barth, Die Gefährdung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) niedergelassener Vertragsärzte durch die Zulassung von Krankenhausambulanzen nach § 116b Abs. 2 SGB V n. f., http://www .arztrechtplus.de/BNHO_116b_neu.pdf (Stand: 10. 05. 2010), S. 13, nicht bestritten. 769
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Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen wolle. Ihm stehe dabei eine weitgehende Gestaltungsfreiheit sowie ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu. 775 Nur wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlerhaft seien, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahme abgeben könnten und sich somit die Einschätzung des Gesetzgebers als letztlich „unvertretbar“ darstelle, könnte dies durch die Gerichte beanstandet werden. 776 Unter Zugrundelegung dieser Prinzipien wäre § 116b Abs. 2 SGB V, wenn man überhaupt von einem mittelbaren Eingriff in die Berufsfreiheit der niedergelassenen Vertragsärzte durch die Bestimmung von Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung ausginge, als verhältnismäßige und damit materiell grundgesetzkonforme gesetzliche Grundlage einzuordnen. 777 Man kann dem Gesetzgeber ein sachlich „vertretbares“ Konzept nicht ernstlich absprechen. Wie schon an anderer Stelle ausgeführt wurde, fügt sich die Möglichkeit zur Erbringung der so genannten „hochspezialisierten Leistungen“ im Krankenhaus in die übergreifende Tendenz zur Förderung integrativer Behandlungsstrukturen ein. Die verstärkte Einbindung der in den Krankenhäusern vorhandenen Strukturen und nicht zuletzt der ohnehin vorgehaltenen spezialisierten personellen Kompetenz in das ambulante Versorgungsnetz ist ein sinnvoller Schritt. Man mag zwar grundsätzlich darüber streiten können, wo eine unmittelbare „Zulassung“ der Krankenhäuser wünschenswert ist und wo intensivierte kooperative Strukturen zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringern ebenso zielführend sein könnten. Insofern könnte auf den ersten Blick die Frage nach der Erforderlichkeit einer (vermeintlich) „bedarfsunabhängigen“ Zulassung von Krankenhäusern aufzuwerfen sein. Hierbei ist aber wiederum zu bedenken, dass der Gesetzgeber eben nicht nur § 116b Abs. 2 SGB V geschaffen, sondern gleichfalls Hemmnisse für den Aufbau kooperativer Strukturen gezielt abgebaut hat. Auch hier gilt also aus seiner Sicht die Grundidee des „Wettbewerbs“ der Versorgungsformen, und das ist wiederum fraglos zumindest ein sachlich vertretbarer Ansatz. Legt man die Prinzipien der gefestigten Rechtsprechung von Bundesverfassungs- und Bundessozialgericht zu Grunde, so ist im Ergebnis davon auszugehen, dass eine Verletzung niedergelassener Vertragsärzte in ihrem Grundrecht nach Art. 12 Abs. 1 GG durch positive Entscheidungen nach § 116b Abs. 2 SGB V ausgeschlossen ist. Nach hier vertretener Ansicht mangelt es bereits an einer Betroffenheit im Schutzbereich. Ein Eingriff – würde man ihn bejahen – wäre zudem materiell gerechtfertigt, da der Gesetzgeber die Förderung besonders wichtiger 775
Vgl. BVerfGE 77, 84, 106; BSGE 73, 223, 226 f.; 80, 9, 14; 82, 41. Vgl. BVerfGE 91, 1, 29; 77, 84, 106; BSGE 73, 223, 227. 777 So im Ergebnis auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 01. 11. 2010, MedR 2011, 315, 316 f. 776
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Gemeinschaftsgüter verfolgt und keine durchgreifenden Aspekte ersichtlich sind, die der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Regelung entgegenstehen könnten. In diesem Zusammenhang ist der nach der Rechtsprechung bestehende Prognose- und Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers zu beachten.
II. Grundrechte nach Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG Fraglich bleibt, ob möglicherweise andere Grundrechte niedergelassener vertragsärztlicher Leistungserbringer von § 116b Abs. 2 SGB V betroffen und verletzt sein könnten. In Betracht kommt insofern zunächst einmal Art. 14 Abs. 1 GG. Während Art. 14 Abs. 1 S. 1 1. Alt. GG als Institutsgarantie klarstellt, dass der Schutz des Eigentums zu gewährleisten ist, ergibt sich aus Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, dass der Umfang des Eigentumsschutzes sich nicht unmittelbar aus der Verfassung bzw. „aus sich selbst heraus“ ergibt. Vielmehr bestimmt das einfache Recht dessen Inhalt und Schranken und definiert so, was konkret zu einem bestimmten Zeitpunkt den Begriff des Eigentums ausmacht. 778 Auch öffentlich-rechtliche Rechtspositionen können vom grundrechtlichen Eigentumsschutz umfasst sein, sofern die mit Art. 14 Abs. 1 GG verfolgten „Schutzziele der Sicherung von persönlicher Freiheit und materiellen Vertrauenstatbeständen“ eine Gleichstellung mit privatrechtlichen Vermögenstatbeständen nötig machen. 779 Diese Definition zielt zwar in erster Linie auf sozialversicherungsrechtliche Besitzstände ab, die auf einer nicht unerheblichen Eigenleistung der Betroffenen beruhen und der Existenzsicherung dienen. 780 Auch für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung liegt es vor dem Hintergrund ihrer hohen finanziellen Bedeutung aber zumindest nicht fern anzunehmen, dass sie selbst und die aus ihr abzuleitenden Rechtspositionen grundsätzlich vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst werden könnten. 781 In die Zulassungsverhältnisse der Vertragsärzte und ihre Berechtigung zur ambulanten Versorgung der gesetzlich Versicherten wird durch § 116 Abs. 2 SGB V freilich nicht – auch nicht mittelbar – eingegriffen. Es ändert sich allein die Position der vertragsärztlichen Zulassung im Gesamtgefüge des ambulanten Versorgungssystems. Ihre traditionelle (aber ja ohnehin durch diverse andere Sondertatbestände nicht absolute) „Vorrangstellung“ wird relativiert.
778
Vgl. BVerfGE 58, 300, 336. Wendt, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 14, Rdnr. 28. 780 BVerfGE 69, 272, 300 ff.; 72, 9, 18 f.; 76, 220, 235; 100, 1, 33. 781 Einen Überblick zu den im Hinblick auf vergleichbare Konstellationen vertretenen Meinungen findet sich bei Wendt, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 14, Rdnr. 28. 779
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts werden Verdienstmöglichkeiten, Gewinnchancen, Zukunftshoffnungen, Erwartungen und Aussichten nicht von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. 782 Insbesondere werden auch Verdienstmöglichkeiten und Erwerbschancen, die sich aus dem bloßen Fortbestand einer für den Grundrechtsträger günstigen Rechtslage ergeben, nicht vom Eigentumsschutz erfasst. 783 Eine Betroffenheit der zugelassenen vertragsärztlichen Leistungserbringer durch § 116b Abs. 2 SGB V erscheint danach fernliegend. Etwas anderes könnte sich lediglich aus der Figur des „Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb“ ergeben. 784 Das Bundesverfassungsgericht ließ bislang offen, ob der Gewerbebetrieb als solcher die konstituierenden Merkmale des Eigentumsbegriffs im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG aufweist. 785 In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 786 und des Bundesgerichtshofs 787 sowie von einem großen Teil der Rechtslehre 788 wird dies jedoch so gesehen. Im Zusammenhang mit dem Recht am Gewerbebetrieb wird im verfassungsrechtlichen Schrifttum teilweise vertreten, dass es nicht akzeptabel sei, kategorisch jedwede Art von Hoffnungen oder Chancen vom Schutzgegenstand des Art. 14 Abs. 1 GG auszunehmen. 789 Auch beim hoheitlichen Einwirken auf Gewinnmöglichkeiten könne nach dieser Auffassung nicht nur Art. 12 Abs. 1 GG sondern zumindest grundsätzlich auch der grundrechtliche Eigentumsschutz einschlägig sein. 790 Namentlich könne die einseitige Begünstigung von Mitkonkurrenten den Eigentumsschutz auslösen. 791 Selbst wenn man dieser Auffassung folgen und nicht Art. 12 Abs. 1 GG als lex specialis im Hinblick auf den Schutz zukunftsgerichteter Verdienstmöglichkeiten ansehen wollte, so wäre im Ergebnis ein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb bereits zugelassener Vertragsärzte zu verneinen. Wie bereits verschiedentlich ausgeführt wurde, liegt keine „wettbewerbsverzerrende Benachteiligung“ dieser Gruppe von Grundrechtsträgern vor. Zwar steht hinter § 116b Abs. 2 SGB V neben dem qualitativen Aspekt erklärtermaßen auch die gesetzgeberische Idee, dass Krankenhäuser im Sinne von „Synergieeffekten“ durch Nutzung vorhandener Ressourcen mittelbar Einsparungen im System 782
BVerfGE 28, 119, 142; 68, 193, 222 f.; 74, 129, 148. BVerfGE 78, 205, 211. 784 Butzer, Verfassungsrechtliche Anmerkungen zum GKV-Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG), MedR 2004, 177, 187. 785 BVerfG 51, 193, 221 f.; 105, 252, 278. 786 BVerwGE 62, 224, 226; 67, 93, 96. 787 BGHZ 23, 157, 161 ff.; 111, 349, 355 ff. 788 Vgl. z. B. Wendt, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 14, Rdnr. 26, 47 ff. 789 Wendt, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 14, Rdnr. 48. 790 Wendt, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 14, Rdnr. 49. 791 Wendt, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 14, Rdnr. 51; anders aber z. B. BVerwGE 65, 167, 173. 783
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
der GKV generieren könnten. Durch die Öffnung des vertragsärztlichen Zulassungsrechts für Kooperationen zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern mit Wirkung zum 01. 01. 2007 durch § 20 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV wurde aber dieser Weg auch niedergelassenen Leistungserbringern eröffnet. Zudem sind im niedergelassenen Bereich selbst kooperative Formen der („originär freiberuflichen“) Berufsausübung sowie Gründungen von MVZ mit vergleichbarer Zielsetzung möglich und längst üblich. Wie hieran noch einmal deutlich wird, ist das Ziel des Gesetzgebers nicht etwa eine einseitige Bevorzugung von Krankenhäusern, sondern es geht um die generelle Förderung integrativer und kooperativer Versorgungsstrukturen. Diese können und sollen auf unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltungsmodellen beruhen. 792 Art. 14 Abs. 1 GG ist, selbst bei weiter Auslegung, nicht betroffen. Wenn der Gesetzgeber für Krankenhäuser mit § 116b Abs. 2 SGB V einen speziellen Zugang zur ambulanten Versorgung schafft und die zuzulassenden vertragsärztlichen Leistungserbringer weiterhin der Bedarfsplanung und ihren Folgen nach den §§ 99 ff. SGB V unterwirft, so könnte man hierin eine vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 1 GG relevante Ungleichbehandlung erahnen. Schaut man etwas genauer hin, so wird jedoch auch hier schnell klar, dass dieser Umstand nicht die Rechtmäßigkeit von § 116b Abs. 2 SGB V in Frage stellen kann. Die Vorschrift ist ja nicht an die vertragsärztlichen Leistungserbringer gerichtet, und es ergeben sich aus ihrem Regelungsgehalt auch keinerlei (vor dem allgemeinen Gleichheitssatz relevante) 793 nachteilige Rechtsfolgen für niedergelassene Praxisinhaber. Ein solcher Nachteil wäre jedoch nach vorherrschender Auffassung Voraussetzung einer Betroffenheit des Schutzbereichs von Art. 3 Abs. 1 GG und zudem in praktisch-prozessualer Hinsicht ein zwingendes Zulässigkeitskriterium etwaiger Klagen, da nur dann auch ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen könnte. 794 Belastend für Anwärter auf vertragsärztliche „Sitze“ ist nicht die den Krankenhäusern eröffnete Option einer ambulanten Versorgung über § 116b Abs. 2 SGB V, sondern die rechtliche Einschränkung ihres Anspruchs auf Zulassung durch das Bedarfsplanungsrecht. Auch im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG wird mit der Schaffung des § 116b Abs. 2 SGB V allenfalls die Frage aufgeworfen, inwieweit die vertragsärztliche Bedarfsplanung vor den Maßstäben des Grundgesetzes weiterhin Bestand haben kann. 795 Zudem wären die inhaltlich maßgebenden Gesichtspunkte der Prüfung auf eine Verletztheit von Art. 3 Abs. 1 GG untrennbar mit denjenigen verwoben, die bereits bei der 792 So (vornehmlich im Bezug auf die Vereinbarkeit der Einführung von MVZ und der Neuregelung der integrierten Versorgung durch das GMG mit Art. 14 Abs. 1 GG) auch Butzer, Verfassungsrechtliche Anmerkungen zum GKV-Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG), MedR 2004, 177, 187. 793 Auf Fragen der resultiertenden Wettbewerbssituation war dagegen insbesondere bei der Prüfung auf eine Verletzung des insofern spezielleren Art. 12 Abs. 1 GG einzugehen. 794 Vgl. Darstellung bei Osterloh, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 3, Rdnr. 84 ff. m.w. N.
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Diskussion zu Art. 12 Abs. 1 GG bedeutsam waren. Wie das Bundesverfassungsgericht beispielsweise im Zusammenhang mit der Prüfung der zum 01. 01. 1999 eingeführten und zwischenzeitlich wieder abgeschafften Altersgrenze von 68 Jahren für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ausgeführt hat, ist davon auszugehen, dass für eine zwischen einzelnen Berufsgruppen differenzierende Regelung, die dem Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG standhält, dasselbe in aller Regel auch für Art. 3 Abs. 1 GG gilt. 796
III. Ergebnis und gesetzgeberischer Handlungsspielraum Weder die bereits zugelassenen noch die erst zuzulassenden vertragsärztlichen Leistungserbringer werden durch oder aufgrund von § 116b Abs. 2 SGB V in ihren Grundrechten nach Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 oder Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Es mangelt bereits an einer Betroffenheit des Schutzbereichs bzw. an einer grundrechtsrelevanten Ungleichbehandlung. Selbst wenn man insofern eine andere Auffassung vertreten wollte, so wäre ein Eingriff gerechtfertigt. § 116b Abs. 2 SGB V eröffnet den Krankenhäusern keinen „uferlosen“ Zugriff auf den ambulanten Versorgungsmarkt. Erfasst sind ausgewählte Bereiche, in denen der Gesetzgeber einen besonderen Bedarf oder strukturelle Vorteile einer Einbeziehung der Krankenhäuser sieht. Mit der Neuordnung der Versorgungsstrukturen des Leistungserbringungsrechts strebt er die Förderung der Versorgungsqualität und die Stabilisierung der finanziellen Situation des Systems der GKV an. Dabei handelt es sich um Gemeinwohlbelange von überragender Bedeutung, so dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen der Schwere des Eingriffs und der Zielsetzung des staatlichen Handelns gewahrt wäre. Dieses Ergebnis wird nicht zuletzt durch die geschilderte und in den relevanten Punkten auch stark gefestigte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gestützt. In praktisch-prozessualer Hinsicht spricht vieles dafür, dass mangels eines Nachrangverhältnisses gegenüber der vertragsärztlichen Zulassung keine Drittwiderspruchs- und Drittklagebefugnis seitens niedergelassener Vertragsärzte gegen positive Entscheidungen der Behörde nach § 116b Abs. 2 SGB V besteht. 797 Lediglich im Hinblick auf niedergelassene Onkologen wird man – da hier die Krankenhäuser nicht nur zu einzelnen Ausschnitten, sondern zu Leistungen des gesamten Fachgebiets zugelassen werden – vertreten können, dass zumindest die Möglichkeit der Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG zu bejahen 795 Siehe hierzu die obigen Hinweise zu Art. 12 Abs. 1 GG und in diesem Zusammenhang Wenner, Einbeziehung von Krankenhäusern in die ambulante ärztliche Versorgung, GesR 2007, 337, 342. 796 BVerfG NJW 1998, 1776, 1778. 797 Siehe hierzu oben 2. Teil B. IV. 4.
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2. Teil: Ambulante Leistungserbringung im Krankenhaus
ist. 798 Verfahrenstechnisch würde § 78 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. SGG gelten. Ein Widerspruchsverfahren ist regelmäßig schon aus diesem Grund entbehrlich. Durch ein solches Agieren kann die Umsetzung der ergangenen Bescheide durchaus verzögert werden, denn die Klage hat gemäß § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Auf entsprechenden Antrag kann aber wiederum das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG wieder außer Kraft setzen. 799 Die Planungsbehörde hat ihrerseits schon im Vorfeld die Möglichkeit, die sofortige Vollziehung unter den in § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG genannten Voraussetzungen anzuordnen. Sie kann dies auch ohne vorliegenden Antrag von Amts wegen tun. Klagen seitens der Vertragsärzteschaft gegen § 116b Abs. 2 SGB V und gegen auf der Regelung beruhende Entscheidungen der jeweils zuständigen Stellen werden aber – jedenfalls letzen Endes – nach der hier vertretenen Auffassung keinen Erfolg haben. 800 Transferiert man dieses Ergebnis auf den fortlaufenden gesetzgeberischen Prozess, so wird deutlich, dass auch zukünftige Reformen im Grundsatz einen relativ weit gefassten verfassungsrechtlichen Spielraum genießen. Der Gesetzgeber ist durch vermeintliche Besitzstände einzelner Gruppen von Leistungserbringern nicht daran gehindert, das soziale Sicherungssystem der GKV an aktuelle medizinische und gesellschaftliche Herausforderungen anzupassen. 801 An die Grenzen des Zulässigen könnten zukünftige Reformschritte in erster Linie dann stoßen, wenn sie eine „wettbewerbsverzerrende Benachteiligung“ einzelner Leistungserbringer zur Folge hätten. Allerdings wären angesichts der hohen Wertigkeit der vom Gesetzgeber verfolgten Gemeinwohlbelange auch hohe Anforderungen an das Maß der „Wettbewerbsverzerrung“ zu stellen, 798 Siehe hierzu oben 2. Teil C. I. 2. In eine ähnliche Richtung (wenn auch noch weitergehend) argumentiert Düring, in: Butzer / Kaltenborn / Meyer (Hrsg.), Organisation und Verfahren im sozialen Rechtsstaat, Festschrift für f. Schnapp, S. 389, 396 f., die im Ergebnis eine Klagebefugnis (nicht nur bezogen auf die Onkologen) bejaht, da eine Grundrechtsbetroffenheit zumindest „nicht völlig ausgeschlossen“ werden könne. 799 So geschehen mit den bereits an anderer Stelle erwähnten Beschlüssen des SG Hannover, Beschl. v. 04. 02. 2009 – S 16 KA 654/08 ER (erhältlich in juris) und des LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 25. 05. 2009 – L 4 KR 116/09 B ER. Vgl. auch schon Positionen der DKG zur Umsetzung des § 116b SGB V nach In-Kraft-Treten des GKV-WSG, das Krankenhaus 2007, 411, 419. 800 So auch das (auf die diversen Änderungen des SGB V durch das GMG bezogene) Resümee bei Butzer, Verfassungsrechtliche Anmerkungen zum GKV-Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG), MedR 2004, 177, 188; siehe hierzu allgemein Steiner, Das Bundesverfassungsgericht und die Volksgesundheit, MedR 2003, 1, 6. So im Ergebnis übrigens auch Pitschas, Änderung der Versorgungsstrukturen durch Verflechtung von Leistungssektoren: Ambulante Krankenhausbehandlung nach § 116b SGB V, MedR 2008, 473, 480, der also „lediglich“ eine Drittwiderspruchs- und Klagebefugnis Niedergelassener bejaht, aber gleichfalls von einer Rechtsfertigung möglicher Grundrechtseingriffe ausgeht. 801 Vgl. Jaeger, Die Reformen in der gesetzlichen Sozialversicherung im Spiegel der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, NZS 2003, 225, 227, 234.
C. Verfassungsrechtliche Bewertung
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damit die jeweiligen Maßnahmen im Ergebnis nicht nur die Rechte der Betroffenen berühren, sondern tatsächlich verletzen könnten. Man kann die verfassungsrechtliche Diskussion auf folgenden Kern reduzieren: Die freiberufliche ärztliche Tätigkeit in eigener Niederlassung ist staatlichen Eingriffen grundsätzlich nicht schutzlos ausgeliefert. Sie wird insbesondere als eigenständiges „Berufsbild“ von Art. 12 Abs. 1 GG erfasst. Auch wenn der Tätigkeit als Vertragsarzt kein solcher eigenständiger Status als „Beruf“ zuzuerkennen ist, so können doch auch hier, je nach Schwere eines Eingriffs, die selben strengeren Anforderungen an eine Rechtfertigung zum Tragen kommen, wie in Fällen des Eingriffs in die Berufswahl. Trotzdem ist am Ende schwer vorstellbar, mit welcher Begründung dem Erhalt der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit in eigener Praxis oder der Tätigkeit als selbstständiger Vertragsarzt aus verfassungsrechtlicher Sicht eine höhere Wertigkeit zuerkannt werden sollte, als einem funktionsfähigen und qualitativ hochwertigen System der Gesundheitsversorgung eines Großteils der Bevölkerung. Selbstverständlich darf der Gesetzgeber sich auf der anderen Seite nicht darauf beschränken, jedwede Neuregelung „gebetsmühlenartig“ als zwingend notwendig zum Systemerhalt vorzustellen. Solange aber vergangene oder zukünftig anstehende Reformschritte von einem sachlich nachvollziehbaren Konzept getragen sind, werden sie aller Voraussicht nach auch verfassungsgerichtlichen Überprüfungen standhalten.
Zusammenfassung und Ausblick Nachfolgend sollen noch einmal Kernthesen der Arbeit zusammengefasst und auf dieser Basis ein Ausblick zur Fortentwicklung der ambulanten Versorgungsstrukturen am Krankenhaus gegeben werden. Der medizinisch-technische Fortschritt und der demographische Wandel stellen perspektivisch hohe Anforderungen an das hauptsächlich vom System der GKV geprägte deutsche Gesundheitswesen. Gerade in einer alternden Gesellschaft steigt die Bedeutung der Krankenhäuser als Leistungserbringer und auch ihre Relevanz als Kostenfaktor. Zudem wird die gegenseitige Abschottung der Sektoren der Versorgung schon seit längerer Zeit und im Grundsatz unbestritten als ein wesentlicher Mangel im deutschen System gesehen. Für den vom vertragsärztlichen Netz dominierten ambulanten Sektor und den stationären Krankenhaussektor wird diese Trennung insbesondere durch die unterschiedlichen Zulassungs- und Vergütungssysteme begründet. Bei der Betrachtung des stationären Krankenhaussektors war festzustellen, dass die zurückliegende Entwicklung der dort vorherrschenden rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen bewusst die Verkürzung der durchschnittlichen stationären Verweildauer gefördert hat und weiterhin fördert. Mittelbar wird durch diese Entwicklung sowie durch den allgemeinen medizinischen Fortschritt die Verschiebung bislang stationär erbrachter medizinischer Leistungen in den ambulanten Sektor begünstigt. Will man diesen sinnvollen Prozess weitergehend unterstützen, so ist es zweckdienlich, die „Durchlässigkeit“ der Sektorengrenze zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor zu erhöhen. Einige hierfür zumindest grundsätzlich geeignete „Schleusentore“ sind mit den klassischen Möglichkeiten der persönlichen Ermächtigung von Krankenhausärzten oder der Institutsermächtigungen eigentlich schon seit langer Zeit vorhanden. Aufgrund der rechtlichen Nachrangigkeit mancher Ermächtigungen gegenüber der vertragsärztlichen Zulassung oder der speziellen und limitierenden Zielrichtung von Ermächtigungstatbeständen funktionieren diese hergebrachten Öffnungsmechanismen aber nur sehr punktuell. Zudem wird der Zulassungsausschuss als entscheidendes Gremium maßgeblich von Seiten der Vertragsärzteschaft mitbestimmt. In Zeiten chronisch knapper Mittel und lautstarker Verteilungsdiskussionen zwischen den verschiedenen Gruppen von Leistungserbringern der GKV hat diese in aller Regel kein allzu großes Interesse daran, die Krankenhäuser mehr als zwingend notwendig im ambulanten Versorgungsbereich Fuß fassen zu lassen.
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Die gesundheitspolitische Zielrichtung der letzten Reformschritte war es daher auch, durch eine Erweiterung der Möglichkeiten der ambulanten Leistungserbringung für Krankenhäuser die ambulant-stationäre Trennlinie zunehmend aufzuweichen. Die Beweggründe hierfür liegen einerseits in Gesichtspunkten der Qualität sowie der Patientenorientierung der Versorgungsstrukturen und anderseits in der Notwendigkeit, finanzielle Optimierungspotentiale – insbesondere durch den Abbau der für das deutsche System kennzeichnenden „doppelten Facharztschiene“ – zu erschließen. De lege ferenda sollte der Gesetzgeber zur kurzfristigen Beseitigung bestehender Hemmnisse und Inkonsistenzen die nachfolgenden Maßnahmen treffen: − In § 32a Ärzte-ZV sollte eine Regelung aufgenommen werden, die es ermächtigten Ärzten erlaubt, bestimmte ärztliche Leistungen an jeweils hierfür fachlich qualifizierte Ärzte zu delegieren, so wie dies grundsätzlich auch den zugelassenen Vertragsärzten möglich ist. Zu denken ist hierbei an diejenigen „peripheren“ Leistungsanteile (z. B. diagnostische Zwischenschritte) die nicht gerade die besonderen persönlichen Erfahrungen und Fähigkeiten des Ermächtigten erfordern. Die medizinische und rechtliche Verantwortung für den gesamten Behandlungsablauf und die fachliche Beaufsichtigung der eingebundenen ärztlichen Mitarbeiter sollte bei alledem weiterhin dem ermächtigten Arzt obliegen. So könnte einerseits dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung angemessen genügt und andererseits einer der entscheidenden Vorteile des Krankenhauses, die dort vorhandenen personellen Ressourcen, in die Versorgung der gesetzlich Versicherten eingebracht werden. − Sofern bei den Hochschulambulanzen nach § 117 SGB V die Zuständigkeit zur Erteilung der Ermächtigung überhaupt bei den Zulassungsausschüssen verbleiben soll, so sollte wenigstens der für die Aufsicht über die Einrichtungen der Hochschulmedizin zuständigen Stelle im Land ein Prüfungs- oder Mitentscheidungsrecht eingeräumt werden. Zudem sollte der Gesetzgeber angesichts der entgegenstehenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Hochschulambulanzen explizit in die Regelung des § 113 Abs. 4 SGB V einbeziehen und somit zumindest im Nachhinein klarstellen, dass die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit ihrer Leistungen den Krankenkassen obliegt. − In § 115a Abs. 1 SGB V ist das Erfordernis einer vertragsärztlichen Verordnung der Krankenhausbehandlung auf die Möglichkeit zur vorstationären Behandlung zu beschränken. Ziel der derzeitigen Regelung ist es offenkundig, einer quantitativ und qualitativ „ungehemmten“ ambulanten Tätigkeit der Krankenhäuser insbesondere im Rahmen der vorstationären Behandlung vorzubeugen. Bei solchen Patienten, bei denen tatsächlich bereits eine vollstationäre Behandlung nötig war, ist dieses potentielle Problem nicht gegeben. − Nicht zuletzt angesichts der Auswirkungen des Urteils des Sächsischen Landessozialgerichts vom 30. 04. 2008 1, dessen Auffassung sich zwischenzeitlich
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auch der 6. Senat des Bundessozialgerichts angeschlossen hat, 2 sollte eine Regelung ins SGB V aufgenommen werden, die im Einklang mit der zum 01. 01. 2007 erfolgten Anpassung des § 20 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV nochmalig klarstellt, dass eine ambulante Leistungserbringung durch Krankenhäuser unter Einbeziehung vertraglich kooperierender Vertragsärzte grundsätzlich unproblematisch möglich ist. − Anders als im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien zur 17. Legislaturperiode angedeutet wird, sollte keine Einschränkung der Möglichkeit zur Gründung von MVZ durch Krankenhäuser erfolgen. Gerade im ländlichen Bereich können MVZ an Krankenhäusern zukünftig ein wichtiges Werkzeug zur Sicherung der wohnortnahen medizinischen Versorgung der Bevölkerung bieten. − Im Zusammenhang mit der Leistungserbringung nach § 116b Abs. 2 SGB V wird deutlich, dass die Krankenhausseite dringend an den Verhandlungen über die für sie relevanten Positionen des EBM zu beteiligen ist. Ohne die Sicherstellung einer angemessenen Vergütung kann weder der Weg einer selektiven Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung Erfolg haben noch wird eine verbesserte Versorgung der mit § 116b Abs. 2 SGB V vornehmlich adressierten Patientengruppen erreicht werden. − Im Hinblick auf die selektivvertraglichen Elementen in der GKV wie die integrierte Versorgung gemäß §§ 140a ff. SGB V ist der Gesetzgeber spätestens aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mit Urteil vom 11. 06. 2009 3 aufgerufen, ein für die agierenden Parteien nachvollziehbares und verlässliches wettbewerbsrechtliches System zu entwickeln. Mittel- und langfristig sollte der Gesetzgeber den eingeschlagenen Weg beibehalten und den Akteuren durch möglichst offen gestaltete Rahmenbedingungen einen weiten Spielraum geben, um die Versorgung der Versicherten zu organisieren. Es sollte den Akteuren vor Ort überlassen werden, ob sie hierbei vornehmlich auf Lösungen wie fachlich breit aufgestellte MVZ am Krankenhaus mit dort angestellten Ärzten oder eher auf enge Kooperationen zwischen (ggf. in Teilzulassung) niedergelassenen Vertragsärzten der Region setzen. Die vom Gesetzgeber ja bewusst unter der Überschrift des „Wettbewerbs der Versorgungsformen“ implementierte größere Vielfalt an Möglichkeiten übt bei alledem schon durch ihre bloße Existenz einen förderlichen Einfluss in Richtung der Entwicklung kooperativer Strukturen aus. Jede Neuerung ist mit tatsächlichen oder zumindest gefühlten Risiken behaftet und fraglos erfordert der Aufbau nachhaltiger integrativer Strukturen der Versorgung zunächst einmal nicht unerhebliche zeitliche und auch finanzielle Investitionen aller Beteiligten. Wer 1 2 3
LSG Sachsen MedR 2009, 114. BSG GesR 2011, 452. EUGH – C-300/07 (erhältlich bei juris).
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aber in einem abgeschotteten System weitestgehend frei von „Konkurrenz“ ist, der hat regelmäßig wenig Anlass, sich zu bewegen. Schon die symbolische Wirkung beispielsweise eines § 116b Abs. 2 SGB V ist hier nicht zu unterschätzen. Am Beispiel des § 116b Abs. 2 SGB V konnte gezeigt werden, dass der Gesetzgeber bei seinen Schritten zur Neujustierung des Leistungserbringungsrechts in der GKV unter Zugrundelegung der Rechtsprechung von Bundesverfassungsund Bundessozialgericht einen relativ weitgehenden Handlungsspielraum hat. Aus der verfassungsrechtlichen Sicht sprechen keine belastbaren Argumente gegen eine weitergehende Einbeziehung der Krankenhäuser in das System der ambulanten Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten. Die Wurzeln der sektoralen Grenzen liegen tief. 4 Die ambulante Versorgung in der GKV wird zwar in vielerlei Hinsicht dezentral mithilfe der Organe der gemeinsamen Selbstverwaltung gesteuert. Grundlegende strukturelle und finanzielle Regelungen werden jedoch im Wesentlichen vom Bundesgesetzgeber vorgegeben. Die Krankenhausplanung und die Investitionskostenfinanzierung der Krankenhäuser sind dagegen Aufgabe der Länder und dort kommen regelmäßig neben den länderspezifischen Besonderheiten auch die vielschichtigen lokal bzw. kommunal geprägten politischen Interessenlagen zum Tragen. Festzuhalten ist, dass die derzeitigen Modelle der Selbstverwaltung in der GKV und die Strukturen der Bedarfsplanung an den Sektorenschnittstellen an ihre konzeptionellen Grenzen stoßen. Hier müssen dringend vermehrt sektorenübergreifende Konzepte Platz greifen. Wichtig wird es in diesem Zusammenhang nicht zuletzt sein, zu beobachten, ob die gesetzlichen Vorgaben zur Vereinbarung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen in der Praxis ausreichen, um auch die Ausgliederung von Vergütungsbestandteilen für besondere Arten der Versorgung durchsetzbar zu machen. Nur dann machen die „neuen Versorgungsformen“ auch in finanzieller Hinsicht nachhaltig Sinn.
4 Vgl. Udsching, Probleme der Verzahnung von ambulanter und stationärer Krankenbehandlung, NZS 2008, 411, 412.
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Sachwortverzeichnis Altersgrenze 87, 94, 295 ambulantes Operieren 23, 25, 39, 47, 63, 103, 184 f., 186 ff., 191, 193 ff., 197 ff., 269 f. Anfechtungsklage 104, 108, 138, 165, 212, 219, 225 f. Apotheke 129, 133, 244, 276, 287 aufschiebende Wirkung 111, 212, 296 Aufsichtsbehörde 78, 131, 172, 299 Basisfallwert 55, 56, 59 Bedarfsprüfung 161 ff., 170, 212 ff., 217, 228 f., 272, 275, 282, 287 Beitragssatzstabilität 82, 255 Belegarzt 31, 93 Berufsfreiheit 107, 163, 223, 226, 230, 275 ff. Berufungsausschuss 87 Bürgschaftserklärung 135 f.
Ersatzvornahme 78, 195 Facharzt / fachärztlich 19, 61, 63, 77, 80, 83, 88, 94, 97 f., 103 f., 113, 122, 132 f., 142, 144, 162, 172, 192, 220 ff., 232, 240, 244 f., 253, 299 Fallpauschalen 17, 31, 35 ff., 38, 48, 52 f., 55 ff., 80, 120, 146, 177, 182, 233 Forschung und Lehre 103, 124, 147 ff., 150, 157 f., 172 Fortbildung 86, 115
Chefarzt 27, 32, 93, 116
Gemeinsamer Bundesausschuss 67 ff., 76 ff., 79, 89, 101, 122, 148, 185, 189, 193, 202, 208 f., 215 f., 219 ff., 248, 250 f., 286 Gesamtbetrag 49 ff., 55 Gesamtvergütung 31, 37, 78 ff., 88 ff., 107, 118, 126, 142 f., 146, 153, 155, 157 ff., 166, 172 f., 182, 193, 205 f., 232, 236 ff., 242 f., 255 ff., 301 Grenzverweildauer 56, 58, 177, 182
Delegation von Leistungen 114, 117, 299 Demographie 15 f., 18, 63, 290, 298 Diagnosis Related Groups (DRG) 17 f., 35, 37 f., 46, 48 f., 53 ff., 82, 90, 183 „doppelte Facharztschiene“ 19, 63, 232, 299 Drittwiderspruch 104, 108, 138, 149, 219, 225 f., 295 f. duale Krankenhausfinanzierung 47
Hämophilie 51, 208 Hochschulambulanz 64, 88, 103, 118, 124, 126, 146 ff., 171 ff., 299 Hochschulklinik 22, 93, 103, 129, 146 f., 149 f., 152, 154, 156 hochspezialisierte Leistungen 97 f., 118, 205 ff., 214, 221 f., 230, 253, 271, 284, 290 Honorarverteilungsmaßstab 79, 83 f., 155
Einweisung 27 ff., 32, 160, 175 f., 184, 207, 270 Entziehung 87, 135 Ermessen 28, 88, 99, 101, 103, 122 f., 125 ff., 176 f., 180, 216 f., 287
Institutsermächtigung 88, 91, 95, 103, 121, 123 ff., 144 f., 150, 166, 233, 298 Integrierte Versorgung 26, 64, 82, 88, 128 f., 168, 174, 187, 203, 207, 235 ff., 243 ff., 263 ff., 273 f., 294, 300
312
Sachwortverzeichnis
international 54, 186 Investitionskosten 47 f., 157, 194, 255, 282, 285, 301 jederzeit mögliche stationäre Versorgung 36, 38, 206 jederzeitige Personalverfügbarkeit 22, 196 f. Kassenärztliche Vereinigung 37, 64 f., 67, 69 f., 72 ff., 80 ff., 89, 98, 105, 110, 116, 118 ff., 126, 134 f., 139, 142 f., 152 ff., 163, 173 ff., 181 f., 184, 186, 189, 192 f., 198, 206 f., 211 ff., 214, 224 f., 232 f., 236 ff., 243, 246, 253 f., 263, 269, 273, 275, 279 f. Kollektivverträge 67, 70 ff., 154, 203, 254, 258, 262 f. Konvergenzphase 56, 59 Krankenhausfinanzierung 17, 21, 47 ff., 259, 273 Krankenhausgesellschaft 50, 53 f., 67, 143, 161, 163, 181 f., 186 f., 189, 211 Krankenhausplan 22 f., 48, 77, 161, 206 f., 209 ff., 215 ff., 219 f., 224, 226, 232, 272, 301 Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen 77, 101, 122, 144 Landesbasisfallwert 56, 59 Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) 64, 91, 121, 127 ff., 144 f., 200, 207, 245, 271, 294, 300 Mindestmengen 221 ff. Morbidität 16, 54, 62, 81 ff., 89 f., 188, 206, 232, 256 f., 301 Mukoviszidose 208, 233 nachstationär 23, 38 f., 47, 61, 156, 174 ff., 200, 269 Nebentätigkeit 95, 115, 141 Notdienst 76, 91, 142 f., 145 Notfall 19, 26 ff., 54, 56, 118, 141 ff., 152, 195
Nutzungsentgelt 120 onkologische 208 f., 285
Erkrankungen
18,
87,
persönliche Ermächtigung 91, 93 ff., 102 ff., 110, 121, 123, 125, 139, 144, 192, 204, 233 persönliche Leistungserbringung 114 ff. Pflegesätze 20, 31, 46 ff., 192, 242 Plankrankenhaus 22, 129 Poliklinik 127, 146, 150, 152, 154, 157 f. Praxisklinik 246 privatärztliche Behandlung 78, 278, 289 Psychiatrische Institutsambulanz 88, 160 f., 165 f., 234 Qualifikation 32, 69, 85, 95, 109, 114, 116, 148 Qualitätsanforderungen 185, 203, 221 Rahmenvereinbarung 236 f., 245, 253 Regelleistungsvolumen 82, 84 Regelversorgung 18, 20, 149, 238, 241, 243 f., 247, 250, 252, 254 f., 258, 266, 269 Rehabilitation 18, 21, 26, 45, 76, 88, 92, 95, 100, 102, 140, 145, 169, 180, 240 ff., 245, 257 Richtgrößen 235 Richtlinie 67 ff., 76 ff., 89, 101, 122, 189, 193, 209, 215 f., 219 ff., 251, 260 f., 279 Sektorentrennung / Sektorenübergriff 18 ff., 44, 61, 63 f., 68, 90, 128, 132, 144 f., 173 f., 200, 205, 227, 235 ff., 255 ff., 273, 298, 301 seltene Erkrankungen 64, 205, 208, 214, 221 f., 230, 233, 235, 253, 271 ff., 284 Sicherstellungsauftrag 76, 86, 89, 105, 142 f., 158, 174, 179 f., 232, 237, 246, 253 f., 269, 273 sofortige Vollziehung 296 Sozialpädiatrisches Zentrum 64, 88, 118, 120, 126, 146, 153, 155 f., 166 ff., 231, 234
Sachwortverzeichnis
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Tagessatz 48 f., 51 teilstationär 23 ff., 31 ff., 44 ff., 50, 54 ff., 161, 237 Teilzeit 15, 145 Teilzulassung 142, 145, 300
Weiterbildung 85, 91, 93 ff., 97, 132, 220, 244, 253 Widerruf 111, 217 f. Wohnort 37, 62, 67, 81, 83, 130, 145, 162, 179, 300
Überversorgung 77, 192, 215, 224, 275, 288 f. Unterversorgung 61, 77, 88, 92, 100 f., 121 ff., 144, 168, 274
Zahnarzt 65, 67, 73, 82, 134, 140, 245 Zulassung 22, 26, 64, 67, 71 f., 77, 85 ff., 99 ff., 121 ff., 135, 137 ff., 156, 160 ff., 189 ff., 198, 202, 204, 223 f., 227, 229, 232, 234, 247 f., 251 ff., 258, 260, 267, 271 ff., 278 ff., 286 ff., 294 f., 298 ff. Zulassungsausschuss 86 ff., 91 f., 96, 99 f., 108, 121 ff., 124 ff., 130, 137, 141, 144, 146 ff., 160 ff., 167 ff., 172 f., 184, 189, 192 f., 269, 298 f. Zuweiser 285
Vertragsarztrecht 65, 74, 77, 88, 90, 94, 104, 114, 138 f., 279, 287 Verweildauer 17 f., 37, 50, 56, 58 ff., 128, 160, 177, 182 f., 270, 298 vollstationär 16, 23 ff., 54 ff., 60 ff., 174 ff., 269, 299 vorstationär 23, 38 f., 47, 63, 174 ff., 200, 269 f., 299