Das kollektive Arbeitsrecht vor dem Europäischen Komitee Sozialer Rechte [1 ed.] 9783428559749, 9783428159741

Die Europäische Sozialcharta (RESC) des Europarats verbürgt zahlreiche Rechte auf dem Gebiet des kollektiven Arbeitsrech

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German Pages 340 [341] Year 2020

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Das kollektive Arbeitsrecht vor dem Europäischen Komitee Sozialer Rechte [1 ed.]
 9783428559749, 9783428159741

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Schriften zum Europäischen Recht Band 197

Das kollektive Arbeitsrecht vor dem Europäischen Komitee Sozialer Rechte Von Dorothea Heil

Duncker & Humblot · Berlin

DOROTHEA HEIL

Das kollektive Arbeitsrecht vor dem Europäischen Komitee Sozialer Rechte

Schriften zum Europäischen Recht Herausgegeben von

Siegfried Magiera · Detlef Merten Matthias Niedobitek · Karl-Peter Sommermann

Band 197

Das kollektive Arbeitsrecht vor dem Europäischen Komitee Sozialer Rechte

Von Dorothea Heil

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. hat diese Arbeit im Jahr 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 25 Alle Rechte vorbehalten © 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buchbücher.de GmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0937-6305 ISBN 978-3-428-15974-1 (Print) ISBN 978-3-428-55974-9 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2019 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg als Dissertation angenommen. Es wurden Literatur und Rechtsprechung bis einschließlich April 2019 berücksichtigt. An dieser Stelle möchte ich denjenigen danken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Zuerst gebührt mein Dank Herrn Professor Dr. Sebastian Krebber, LL.M. (Georgetown), der als Betreuer und Erstkorrektor stets ein offenes Ohr für meine Fragen hatte und die Entstehung der Arbeit in jedem Stadium durch sehr wertvolle Ratschläge und konstruktive Anregungen förderte. Ohne seine Unterstützung und die günstigen Bedingungen an seinem Lehrstuhl wäre die Arbeit nicht in dieser Form entstanden. Zudem danke ich Frau Professorin Dr. Katharina von Koppenfels-Spies für die zeitnahe Erstellung des Zweitgutachtens und die konstruktive Kritik. Darüber hinaus danke ich den Herausgebern für die Aufnahme in die Schriftenreihe. Besonders herzlich bedanke ich mich bei meinen Lehrstuhlkollegen, meinen Freunden sowie meiner Familie, die mich während der Erstellung der Arbeit begleitet und auf vielfältige Weise unterstützt haben. In intensiven Gesprächen und regelmäßigen Mittags- und Teepausen haben sie mir wertvolle Denkanstöße gegeben und die Schreibarbeit erheblich aufgelockert. Namentlich nennen möchte ich an dieser Stelle meine Schwester Julia Heil, die mir zahlreiche Perspektivwechsel ermöglichte, und meinen Freund Jannik Rebmann, der die Entstehung der Arbeit nicht nur durch sein technisches Know-How unterstützte. Mein größter Dank gilt meinen Eltern Ursula und Karl Heil. Sie haben nicht nur meine Ausbildung ermöglicht, sondern mir in jeder Phase auf jede erdenkliche Weise bedingungslosen und liebevollen Rückhalt und Unterstützung gewährt. Ihnen widme ich diese Arbeit. Freiburg, Dezember 2019

Dorothea Heil

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 A. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 B. Stand der Forschung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 § 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 A. Grundstruktur von ESC und RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Einordnung und Aufbau der ESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 II. Modernisierung der ESC durch die RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Normative Grundlagen des kollektiven Arbeitsrechts in der RESC . . . . . . . . . . . 37 I. Materielle Vorschriften zum kollektiven Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 II. Mögliche Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der Charta, Art. I RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 III. Rechtfertigung von Einschränkungen durch Art. G RESC . . . . . . . . . . . . . . 46 C. Konkretisierung der Vorschriften im Rahmen der Überwachungsverfahren der RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 II. Ziel und Formen der Überwachungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 III. Zweistufigkeit der Überwachungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 IV. Aussagekraft der Stellungnahmen des EKSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 V. Zugänglichkeit und Zitierweise der Stellungnahmen des EKSR . . . . . . . . . . 55 D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 § 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme . . . . . . . . . 56 A. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 I. Rechtsnatur und Zweck der von Art. 5 S. 1 RESC erfassten Vereinigungen . 57 II. Positive Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 III. Negative Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

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Inhaltsübersicht IV. Diskriminierungsschutz als Absicherung der freien Ausübung des Vereinigungsrechts der Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung von Arbeitsbedingungen 105 I. Förderung gemeinsamer Beratungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeit­ gebern, Art. 6 § 1 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 II. Förderung der freiwilligen Verhandlung von Gesamtarbeitsverträgen, Art. 6 § 2 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 III. Förderung von Vermittlungs- und freiwilligen Schlichtungsverfahren, Art. 6 § 3 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC . . . . . . . . . 147 I. Zweck der Kollektivmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 II. Kollektivmaßnahmen auf Arbeitnehmerseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 III. Kollektivmaßnahmen auf Arbeitgeberseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite auf Unternehmens- und Betriebsebene 186 I. Unterrichtungs- und Anhörungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 II. Gewährleistung der Beteiligung an der Festlegung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsumwelt, Art. 22 RESC . . . . . . . . . . . . . 201 III. Gewährleistung des Schutzes von Arbeitnehmervertretern im Betrieb und Erleichterungen, die ihnen zu gewähren sind, Art. 28 RESC . . . . . . . . . . . . . 205 F. Zusammenfassung und weiteres Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 I. Präzisierung der Staatenverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 II. Stringenz und Widerspruchsfreiheit der Auslegungsergebnisse . . . . . . . . . . 229 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 I. Vom EKSR angewandte Auslegungsmethoden und -maßstäbe . . . . . . . . . . . 240 II. Qualität der Argumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 C. Mögliche Bedeutung der Untersuchungsergebnisse für künftige Stellungnahmen des EKSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 I. Bedeutung für bereits vom EKSR entschiedene Sachfragen . . . . . . . . . . . . . 303 II. Bedeutung für noch nicht beurteilte Sachfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Ergebnisse der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

Inhaltsübersicht

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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 A. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 B. Stand der Forschung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 § 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 A. Grundstruktur von ESC und RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Einordnung und Aufbau der ESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 II. Modernisierung der ESC durch die RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Normative Grundlagen des kollektiven Arbeitsrechts in der RESC . . . . . . . . . . . 37 I. Materielle Vorschriften zum kollektiven Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Kernvorschriften im Sinne von Art. A RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 a) Das Vereinigungsrecht, Art. 5 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 b) Das Recht auf Kollektivverhandlungen, Art. 6 RESC . . . . . . . . . . . . . 38 aa) Struktur von Art. 6 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 bb) Förderung gemeinsamer Beratungen, Art. 6 § 1 RESC . . . . . . . . . 39 cc) Förderung freiwilliger Verhandlungen von Gesamtarbeitsverträgen, Art. 6 § 2 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 dd) Förderung von Vermittlungs- und Schlichtungsverfahren, Art. 6 § 3 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 ee) Das Recht auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC . . . . . . . . . 40 2. Ergänzende Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Gleichbehandlung von Wanderarbeitnehmern bei Gewerkschaftsrechten, Art. 19 § 4b RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Das Recht auf Unterrichtung und Anhörung, Art. 21 RESC . . . . . . . . 41 c) Das Recht auf Beteiligung an der Festlegung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Art. 22 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 d) Das Recht der Arbeitnehmervertreter auf Schutz im Betrieb und Erleichterungen, die ihnen zu gewähren sind, Art. 28 RESC . . . . . . . 43 e) Das Recht auf Unterrichtung und Anhörung bei Massenentlassungen, Art. 29 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Mögliche Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der Charta, Art. I RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 III. Rechtfertigung von Einschränkungen durch Art. G RESC . . . . . . . . . . . . . . 46

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Inhaltsverzeichnis C. Konkretisierung der Vorschriften im Rahmen der Überwachungsverfahren der RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 II. Ziel und Formen der Überwachungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 1. Berichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2. Beschwerdeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 III. Zweistufigkeit der Überwachungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1. Rechtliche Beurteilung der nationalen Situation durch das EKSR . . . . . . 51 2. Politische Beurteilung der Stellungnahme des EKSR durch das Ministerkomitee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 IV. Aussagekraft der Stellungnahmen des EKSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 V. Zugänglichkeit und Zitierweise der Stellungnahmen des EKSR . . . . . . . . . . 55 D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme . . . . . . . . . 56 A. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 I. Rechtsnatur und Zweck der von Art. 5 S. 1 RESC erfassten Vereinigungen . 57 II. Positive Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 1. Individuelle positive Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 a) Gründung von Vereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 aa) Zur Gründung von Vereinigungen berechtigte Personen . . . . . . . 58 (1) Arbeitnehmer und Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 (2) Rentner und Arbeitslose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 (3) Selbständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (4) Einschränkbarkeit des persönlichen Anwendungsbereichs der Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (a) Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit Angehöriger anderer Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 (b) Einschränkungen im allgemeinen öffentlichen Dienst . . 61 (c) Einschränkungen durch Art. 5 S. 2 und 3 RESC . . . . . . . 62 (aa) Beschränkung des Vereinigungsrechts Polizeiangehöriger aufgrund Art. 5 S. 2 RESC . . . . . . . . . . . . . 63 (bb) Beschränkung des Vereinigungsrechts Militärangehöriger aufgrund Art. 5 S. 3 RESC . . . . . . . . . . . . . 64 (cc) Kriterien der Zuordnung zu Art. 5 S. 2 und 3 RESC 65 bb) Regelung der Gründung von Vereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (1) Grundsatz der Gründungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

Inhaltsverzeichnis

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(2) Ausgestaltung der Gründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (a) Grundsätzliche Zulässigkeit von Gründungsanforderungen 68 (b) Pflicht zum Erreichen einer Mindestmitgliederzahl . . . . 68 (aa) Mindestmitgliederzahl für die Gründung von Gewerkschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (bb) Mindestmitgliederzahl für die Gründung von Arbeitgeberorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (c) Anzeige- und Registrierungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . 70 b) Beitritt zu bestehenden Vereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2. Kollektive positive Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Verbandsautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 aa) Freie Regelung der inneren Angelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . 73 bb) Bestimmung von Vertretern und Amtsinhabern . . . . . . . . . . . . . . 74 (1) Grundsatz der Wahlfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (2) Einschränkung der Wahlfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (a) Wählbarkeit bei Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . 75 (b) Wählbarkeit von Ausländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 cc) Finanzierung der Vereinigung und ihrer Aktivitäten . . . . . . . . . . . 77 (1) Beitragserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 (2) Vermögensverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 dd) Bildung von Dachverbänden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 ee) Inhaltliche Unabhängigkeit der Vereinigung von Dritten . . . . . . . 79 b) Betätigungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 aa) Grundsatz der Betätigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 bb) Mindestanforderungen an die Betätigungsrechte . . . . . . . . . . . . . 81 (1) Vertretung der Mitgliederinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (2) Zutritts- und Versammlungsrechte von Gewerkschaften . . . . 82 cc) Einschränkbarkeit der Betätigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (1) Einschränkung der Betätigungsrechte durch Repräsentativitätskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (a) Zweck der Aufstellung von Repräsentativitätskriterien . . 83 (b) Zulässige Repräsentativitätskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (c) Entscheidung über das Vorliegen der Repräsentativität . . 86 (d) Folgen der Repräsentativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (2) Einschränkungen der Betätigungsrechte für Gewerkschaften Polizei- und Militärangehöriger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 c) Bestandsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3. Absicherung und Förderung der positiven Vereinigungsfreiheit . . . . . . . 89 a) Absicherung der Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

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Inhaltsverzeichnis aa) Schutz vor Eingriffen Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 bb) Einsatz von Kontrollgremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 b) Fördermaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 III. Negative Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 1. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Individuelle negative Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 a) Verankerung der negativen Vereinigungsfreiheit in Art. 5 RESC . . . . 92 b) Formen des Beitrittsdrucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 aa) Beitrittsdruck durch closed-shop-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (1) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (2) Bewertung der closed-shop-Klauseln durch das EKSR . . . . . 95 bb) Beitrittsdruck durch anderweitige Bevorzugung von Mitgliedern 96 (1) Beitrittsdruck auf Arbeitnehmerseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (2) Beitrittsdruck auf Arbeitgeberseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 cc) Beitrittsdruck durch finanzielle Benachteiligung von Nicht­ mitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 c) Zulässige Zwangsmitgliedschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3. Kollektive negative Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 IV. Diskriminierungsschutz als Absicherung der freien Ausübung des Vereinigungsrechts der Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Verbot von Ungleichbehandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Allgemeines Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Besondere Anforderungen an das Verbot diskriminierender Kündigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 aa) Allgemeines Verbot von Kündigungen im Zusammenhang mit der Gewerkschaftsmitgliedschaft oder -aktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Besonderer Kündigungsschutz von Arbeitnehmervertretern . . . . 102 2. Umsetzung des Diskriminierungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Verankerung des Diskriminierungsverbots im nationalen Recht . . . . . 103 b) Folgen vorgefallener Diskriminierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung von Arbeitsbedingungen 105 I. Förderung gemeinsamer Beratungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeit­ gebern, Art. 6 § 1 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 1. Inhalt und Form der Beratungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 a) Beratungsgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 b) An den Beratungen zu Beteiligende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 aa) Arbeitnehmer und Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 bb) Beteiligung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

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c) Ausgestaltung des Beratungsverfahrens und Absicherung der Beratungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Reichweite und Inhalt der staatlichen Förderungspflicht . . . . . . . . . . . . 112 II. Förderung der freiwilligen Verhandlung von Gesamtarbeitsverträgen, Art. 6 § 2 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Zweck der Kollektivvertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. An den Vertragsverhandlungen Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 a) Arbeitnehmerseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 aa) Verhandlungsrecht als Kernrecht der Gewerkschaften . . . . . . . . . 115 bb) Berechtigung zum Kollektivvertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (1) Anerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . 116 (2) Erfordernis einer Verhandlungslizenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (3) Befugnis zum Abschluss von Kollektivverträgen bei Konkurrenz mehrerer Gewerkschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (4) Einschränkungen der Kollektivvertragsfähigkeit . . . . . . . . . . 119 (a) Einschränkung durch Repräsentativitätskriterien . . . . . . 119 (b) Einschränkungen im öffentlichen Dienst . . . . . . . . . . . . . 120 cc) Anerkennung der Arbeitnehmervertreter als Verhandlungspartner durch die Arbeitgeberseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Arbeitgeberseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Beteiligung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3. Gegenstände der Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 a) Bestimmung der Verhandlungsgegenstände durch die Verhandlungspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 b) Beschränkung der Verhandlungsgegenstände durch den Staat . . . . . . 125 aa) Allgemeine Einschränkungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 bb) Besondere Beschränkungen während wirtschaftlicher Krisen . . . 126 4. Ausgestaltung des Verhandlungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 a) Offenheit von Art. 6 § 2 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 b) Freiwilligkeit der Verhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 c) Schutz des Verhandlungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 5. Geltung der geschlossenen Kollektivverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 a) Zeitliche Gültigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 aa) Inkrafttreten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 bb) Geltungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 cc) Verlängerung der Geltungsdauer durch hoheitliche Maßnahmen . 131 b) Persönlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 aa) Relevanz der Vereinigungszugehörigkeit für die persönliche Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

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Inhaltsverzeichnis bb) Ausdehnung des persönlichen Geltungsbereichs durch Allgemeinverbindlicherklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 cc) Ausschluss ausländischer Arbeitnehmer vom persönlichen Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 c) Abweichungen vom Kollektivvertrag durch den Arbeitgeber . . . . . . . 134 d) Zusammentreffen von Kollektivverträgen mehrerer Gewerkschaften . 135 6. Verpflichtungen des Staates aus Art. 6 § 2 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 a) Anerkennung des Verhandlungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 b) Förderung von Kollektivvertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Notwendigkeit von Fördermaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) Beispiele möglicher Fördermaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 III. Förderung von Vermittlungs- und freiwilligen Schlichtungsverfahren, Art. 6 § 3 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Zweck und Gestaltung der Konfliktlösungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 140 2. Ausgestaltung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Gestaltungsspielräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 b) Freiwilligkeit der Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 aa) Ausgestaltung von Verfahren ohne bindende Ergebnisse . . . . . . . 142 bb) Ausgestaltung von Verfahren mit bindenden Ergebnissen . . . . . . 143 (1) Grundsatz der freiwilligen Aufnahme des Verfahrens . . . . . . 143 (2) Ausnahme von der Freiwilligkeit durch Zwangsverfahren . . 144 3. Staatliche Förderung der Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 a) Notwendigkeit staatlicher Fördermaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 b) Beispiele möglicher Fördermaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC . . . . . . . . . 147 I. Zweck der Kollektivmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 II. Kollektivmaßnahmen auf Arbeitnehmerseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 1. Schwerpunkte der Spruchpraxis des EKSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 2. Formen der Kollektivmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 3. Gegenstände des Konflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 4. Adressat der Kollektivmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 5. Träger der Rechte aus Art. 6 § 4 RESC auf Arbeitnehmerseite . . . . . . . . . 153 a) Träger des Teilnahmerechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 b) Träger des Ausrufungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 6. Ausgestaltung der Streikausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 a) Zulässigkeit bloßer Ausgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 b) Einhaltung von cooling-off-Perioden und Ausschöpfung friedlicher Streitbeilegungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

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c) Abstimmung über den Streik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 d) Ankündigung des beschlossenen Streiks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 e) Pflichten bei Durchführung des Streiks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 7. Beschränkungen des Streikrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Rahmen für Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 aa) Zulässigkeit und Rechtfertigung von Beschränkungen des Streikrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 bb) Besonderer Rechtfertigungsmaßstab bei Einschränkungen des Streikrechts in der Daseinsvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Ausschlüsse von Streiks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 aa) Begrenzte Streikverbote durch eine Friedenspflicht . . . . . . . . . . . 164 bb) Grundsätzliche Streikverbote für bestimmte Berufsgruppen . . . . 165 (1) Möglichkeit der Rechtfertigung genereller Streikverbote . . . 165 (2) Vom EKSR untersuchte Streikverbote bestimmter Berufs­ gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (a) Ausschluss des Streikrechts bei Ausübung von Hoheits­ gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (b) Ausschluss des Streikrechts in der Daseinsvorsorge . . . . 168 cc) Staatliche Untersagung von Streiks im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . 169 (1) Rechtsgrundlage für die Untersagung von Streiks . . . . . . . . 169 (2) Inhaltliche Anforderungen an die Untersagung einzelner Streiks 170 (a) Durch das Streikverbot geschützte Rechtsgüter . . . . . . . 170 (b) Notwendigkeit des Streikverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (3) Kasuistik des EKSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 c) Beschränkung des Streikrechts durch Notdienste . . . . . . . . . . . . . . . . 174 aa) Voraussetzungen für die Errichtung von Notdiensten . . . . . . . . . . 175 bb) Am Errichtungsverfahren Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 cc) Umfang der Notdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 dd) Folgen der Nichterbringung von Notdiensten . . . . . . . . . . . . . . . . 176 8. Folgen der Streikteilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 a) Folgen der Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik . . . . . . . . . . . . . 177 aa) Auswirkung der Streikteilnahme auf das Arbeitsverhältnis . . . . . 177 (1) Fortbestand des Arbeitsverhältnisses

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

(2) Verbot von Kündigungen wegen Streikteilnahme . . . . . . . . . 178 (a) Notwendigkeit eines Kündigungsverbots . . . . . . . . . . . . 178 (b) Persönlicher und zeitlicher Umfang des Kündigungs­ verbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (c) Folgen einer dennoch erfolgten Kündigung . . . . . . . . . . 180 (3) Kürzung des Entgelts und anderer Ansprüche . . . . . . . . . . . . 180

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Inhaltsverzeichnis bb) Straf- und zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Streikenden . . . 181 b) Folgen der Teilnahme an einem rechtswidrigen Streik . . . . . . . . . . . . 182 9. Anforderung an die Umsetzung der Verpflichtungen aus Art. 6 § 4 RESC 182 III. Kollektivmaßnahmen auf Arbeitgeberseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Schutz von Kollektivmaßnahmen auf Arbeitgeberseite durch Art. 6 § 4 RESC 183 2. Ausgestaltungen und Beschränkungen des Aussperrungsrechts . . . . . . . . 184 3. Folgen der Aussperrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite auf Unternehmens- und Betriebsebene 186 I. Unterrichtungs- und Anhörungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 1. Unterrichtungs- und Anhörungsrechte in Unternehmen, Art. 21 RESC . . 186 a) Anwendungsbereich der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 aa) Unternehmen in privater und öffentlicher Hand . . . . . . . . . . . . . . 186 bb) Konkretisierung der durch den Anhang zu Art. 21 RESC vorge­ sehene Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 b) Träger der Rechte aus Art. 21 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 c) Materielle Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 aa) Unterrichtungsrecht, Art. 21 lit. a RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 bb) Anhörungsrecht, Art. 21 lit. b RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 d) Umsetzung der Verpflichtungen aus Art. 21 RESC . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Gewährleistung der Unterrichtung und Anhörung in den Verfahren bei Massenentlassungen, Art. 29 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Anwendungsbereich der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 aa) Vorliegen einer Massenentlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 bb) Erfasste Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 b) Zu beteiligende Arbeitnehmervertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 c) Ausgestaltung der Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren . . . . . . . 196 aa) Umsetzung durch die Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 bb) Gestaltungsspielräume und Grenzen bei der Umsetzung des Unterrichtungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 (1) Inhalt des Unterrichtungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 (2) Zeitliche Ausgestaltung des Unterrichtungsrechts . . . . . . . . . 197 cc) Gestaltungsspielräume und Grenzen bei der Umsetzung des Anhörungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (1) Inhalt des Anhörungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (2) Zeitliche Ausgestaltung des Anhörungsrechts . . . . . . . . . . . . 199 d) Absicherung der Unterrichtungs- und Anhörungsrechte . . . . . . . . . . . 199 e) Folgen einer Verletzung der Unterrichtungs- und Anhörungsrechte . . 200 aa) Folgen einer Verfahrensverletzung für den Arbeitgeber . . . . . . . . 200 bb) Folgen einer Verfahrensverletzung für die entlassenen Arbeitnehmer 200

Inhaltsverzeichnis

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II. Gewährleistung der Beteiligung an der Festlegung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsumwelt, Art. 22 RESC . . . . . . . . . . . . . 201 1. Zu beteiligende Arbeitnehmervertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. Gegenstände der Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 3. Verfahren der Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 4. Folgen von Verstößen gegen Beteiligungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 III. Gewährleistung des Schutzes von Arbeitnehmervertretern im Betrieb und Erleichterungen, die ihnen zu gewähren sind, Art. 28 RESC . . . . . . . . . . . . . . . 205 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. Materielle Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 a) Schutz der Vertreter vor Benachteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 b) Gewährung von Erleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 3. Umsetzung der Verpflichtungen aus Art. 28 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 F. Zusammenfassung und weiteres Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 § 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 I. Präzisierung der Staatenverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 1. Abgestufte Vorgaben bei der Realisierung von Kern- und Nebenbereichen 211 a) Unterscheidung von Kern- oder Nebenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 b) Zuordnung einzelner Aspekte zu Kern- und Nebenbereichen . . . . . . . 212 aa) Ausdrücklich benannte Kernbereichsaspekte der RESC . . . . . . . 212 bb) Kernbereichsähnliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 cc) Vom Kernbereich ausdrücklich ausgenommene Aspekte . . . . . . . 214 c) Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 aa) Zuordnungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (1) Orientierung am Telos der RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 (2) Orientierung an allgemein anerkannten Mindeststandards . . 215 bb) Folge der Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 2. Gründe für nicht vollumfänglich präzisierte Stellungnahmen . . . . . . . . . 218 a) In den materiellen Rechten angelegte Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 aa) Auswirkung der Natur der gewährten Grundrechte . . . . . . . . . . . 218 (1) In Wortlaut und Charakter der RESC angelegte Offenheit . . 218 (2) Begrenzung der Offenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 bb) Spielräume bei der Beurteilung von Einschränkungen . . . . . . . . . 221 (1) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (2) Präzisierung der durch den Eingriff zu schützenden Güter . . 222

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Inhaltsverzeichnis (3) Beurteilung der Notwendigkeit eines Eingriffs . . . . . . . . . . . 223 (4) Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 b) Im Berichtsverfahren angelegte Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 aa) Lückenhaftigkeit der Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 bb) Auslassen von möglichen Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 cc) Unklare Verwertung von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 II. Stringenz und Widerspruchsfreiheit der Auslegungsergebnisse . . . . . . . . . . 229 1. Konsequenz durch Selbstbindung des EKSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 2. Widersprüche und Inkonsequenzen in den Auslegungsergebnissen . . . . . 230 a) Anforderungen an den Nachweis der Konformität . . . . . . . . . . . . . . . 230 b) Widersprüche im Rahmen der Vereinigungsfreiheit, Art. 5 RESC . . . 231 aa) Positive Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 bb) Negative Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 cc) Über Art. 5 S. 2 und 3 RESC zulässige Einschränkungen . . . . . . 232 c) Widersprüche bei der Bewertung von Kollektivverträgen, Art. 6 § 2 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 d) Anforderungen an die Freiwilligkeit von Schiedsverfahren, Art. 6 § 3 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 e) Widersprüche im Rahmen des Streikrechts, Art. 6 § 4 RESC . . . . . . . 234 aa) Ausgestaltung des Streikrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 (1) Beschränkung des Streikausrufungsrechts auf Gewerkschaften 235 (2) Umfang von Cooling-off-Phasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 (3) Abstimmung über die Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 bb) Zulässigkeit einer Friedenspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 cc) Eingriffe des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 dd) Gehaltsabzüge bei Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik . . . 238 ee) Schutz des Aussperrungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 I. Vom EKSR angewandte Auslegungsmethoden und -maßstäbe . . . . . . . . . . . 240 1. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 2. Auslegungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 a) Grammatische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 aa) Autonomes Begriffsverständnis des EKSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 bb) Nutzung des Wortlautarguments durch das EKSR . . . . . . . . . . . . 243

Inhaltsverzeichnis

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b) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 aa) Anhaltspunkte für die Bestimmung des Telos . . . . . . . . . . . . . . . 244 bb) Telos der RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 cc) Telos der Vorschriften zum kollektiven Arbeitsrecht . . . . . . . . . . 247 c) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 aa) Grundzüge der Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 bb) Systematik innerhalb der RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 (1) Inhaltliche Überschneidungen und Abgrenzungen der Normen zum kollektiven Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 (a) Überschneidungen innerhalb Art. 6 RESC . . . . . . . . . . . 248 (b) Überschneidungen von Art. 5 und 6 RESC . . . . . . . . . . . 249 (c) Zusammenspiel weiterer Vorschriften des kollektiven Arbeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 (2) Einflüsse von Normen der RESC außerhalb des kollektiven Arbeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 cc) Betrachtung des systematischen Zusammenhangs mit internationalen Vorschriften außerhalb der RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 (1) Bestimmung der relevanten Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . 253 (2) Heranziehung der Europäischen Menschenrechtskonvention 255 (a) Grundzüge der EMRK sowie Vorgaben zum kollektiven Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 (b) Verhältnis von RESC und EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 (aa) Grundsätzliche Trennung von RESC und EMRK . . 256 (bb) Anknüpfungspunkte für eine Beachtung der EMRK bei der Auslegung der RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 (c) Auseinandersetzung des EKSR mit der Rechtsprechung des EGMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 (aa) Negative Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 (bb) Anerkennung der EMRK als Maßstab . . . . . . . . . . 259 (d) Parallelen in der zur Auslegung der Vorschriften angewandten Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 (e) Bedeutung des EGMR als Tatsachen-Erkenntnisquelle . 260 (3) Heranziehung von Konventionen der ILO . . . . . . . . . . . . . . 261 (a) Vorgaben des kollektiven Arbeitsrechts in der ILO . . . . . 261 (b) Anknüpfungspunkte für die Beachtung der Normen der ILO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 (c) Ausdrückliches Berufen des EKSR auf ILO-Dokumente 265 (d) Übereinstimmende Beurteilung unter Nennung von ILO-Dokumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 (e) Bloße Kenntnisnahme von ILO-Informationen . . . . . . . . 268

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Inhaltsverzeichnis (f) Nachträgliche Anführung von ILO-Spruchpraxis . . . . . 269 (4) Heranziehung des Rechts der Europäischen Union . . . . . . . . 270 (a) Anknüpfungspunkte für eine Berücksichtigung des Unions­ rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 (b) Bloße Nennung der Unionsvorschrift durch das EKSR . 271 (c) Kein Gleichlauf von Unionsrecht und RESC . . . . . . . . . 272 (5) Heranziehung weiterer internationaler Vorschriften . . . . . . . . 274 dd) Kritische Würdigung der systematischen Auslegung . . . . . . . . . . 275 d) Horizontale Rechtsvergleichung nationaler Vorschriften . . . . . . . . . . 277 aa) Grundzüge der Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 bb) Horizontale Rechtsvergleichung durch das EKSR . . . . . . . . . . . . 278 (1) Verdeckte und ausbleibende Rechtsvergleichung . . . . . . . . . 278 (2) Rechtsvergleichung bei der Bestimmung des Schutzbereichs einer Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 (3) Rechtsvergleichung bei der Notwendigkeit von Einschrän­ kungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 e) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 f) Auswertung der Anwendung etablierter Auslegungsmethoden . . . . . . 281 aa) Gang der Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 bb) Häufigkeit der Nennung von Auslegungsmethoden . . . . . . . . . . . 282 (1) Absolute Häufigkeit der Nennung von Auslegungsmethoden 282 (2) Relative Häufigkeit der Nennung der jeweiligen Auslegungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 (3) Zeitliche Verteilung der Anführung von Auslegungsmethoden 283 (4) Verteilung der Anführung von Auslegungsmethoden nach Sachgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 cc) Überzeugungskraft der Anwendung der Methoden . . . . . . . . . . . 284 3. Auslegungsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 a) Objektiver und subjektiver Auslegungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 b) Restriktive und extensive Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 c) Berücksichtigung des nationalen Gesamtzusammenhangs . . . . . . . . . 289 aa) Absehen von der Feststellung eines Verstoßes aufgrund des Gesamtzusammenhangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 bb) Begründung eines Verstoßes mit dem Gesamtzusammenhang . . . 290 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 II. Qualität der Argumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 1. Qualität der Argumentation in Berichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 a) Beispiele überzeugender Argumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 b) Konstellationen ohne überzeugende Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . 292

Inhaltsverzeichnis

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aa) Vollständiges Fehlen einer Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 (1) Darlegung von Argumenten nur in Ausnahmefällen . . . . . . . 292 (2) Unbegründete Änderung der Spruchpraxis . . . . . . . . . . . . . . 293 (3) Übergehen vorgebrachter Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 bb) Anführen nicht nachvollziehbarer Argumente . . . . . . . . . . . . . . . 296 cc) Vernachlässigung der Sachverhaltsdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . 297 dd) Vorliegen sprachlicher Barrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 ee) Fehlbewertung vorliegender Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 ff) Missachtung nationaler Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 2. Qualität der Argumentation in Beschwerdeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 300 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 C. Mögliche Bedeutung der Untersuchungsergebnisse für künftige Stellungnahmen des EKSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 I. Bedeutung für bereits vom EKSR entschiedene Sachfragen . . . . . . . . . . . . . 303 II. Bedeutung für noch nicht beurteilte Sachfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 1. Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 2. Vorliegen von Lücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 a) Lücken in der Bestimmung des Anwendungsbereichs der RESC . . . . 304 b) Lücken in Art. 5 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 c) Lücken in Art. 6 § 2 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 d) Lücken in Art. 6 § 4 RESC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 3. Bedeutung der Untersuchungsergebnisse für die Füllung der Lücken . . 307 Ergebnisse der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335

Abkürzungsverzeichnis a. A. andere Ansicht Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis AEMR Allgemeine Erklärung der Menschenrechte AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Alt. Alternative Anm. Anmerkung AöR Archiv des öffentlichen Rechts Art. Artikel AuA Arbeit und Arbeitsrecht AuR Arbeit und Recht BABl. Bundesarbeitsblatt BAG Bundesarbeitsgericht Bd. Band BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BetrVG Betriebsverfassungsgesetz BGBl. Bundesgesetzblatt BMAS Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung BT-Drs. Bundestag-Drucksache BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerwG Bundesverwaltungsgericht CEACR ILO Committee of Experts on the Application of Conventions and Recommendations CFoA ILO Committee on Freedom of Association CGT Confédération générale du travail CLLPJ Comparative Labor Law & Policy Journal DB Der Betrieb ders. derselbe DGB Deutscher Gewerkschaftsbund dies. dieselbe ECOSOC Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EGMR Europäisches Komitee Sozialer Rechte EKSR European Journal of International Law EJIL ELLJ European Labour Law Journal Europäische Menschenrechtskonvention vom 4.11.1950, SEV Nr. 5 EMRK ESC Europäischen Sozialcharta vom 15.10.1961, SEV Nr. 35 EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof EuR Europarecht (Zeitschrift) Vertrag über die Europäische Union EUV

Abkürzungsverzeichnis Europäische Zeitschrift für Arbeitsrecht EuZA folgende f. / ff. Fn. Fußnote FS Festschrift Charta der Grundrechte der Europäischen Union GRC GYIntL German Yearbook of International Law Human Rights Law Review HRLR Hrsg. Herausgeber Hs. Halbsatz Human Rights Documentation HUDOC im Sinne i. S. International & Comparative Law Quarterly ICLQ International Labour Organization ILO International Labour Review ILR insb. insbesondere Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte IPbpR Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte IPwskR Jahrbuch des Arbeitsrechts JbArbR Journal of World Trade JWT JZ Juristenzeitung Kritische Vierteljahresschrift KritV lit. litera London Review of International Law LRIL Mit weiteren Nachweisen m. w. N. MPI Max-Planck-Institut No. Nummer Nr. Nummer Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht NZA Beilage zur Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht NZA-Beil. RdA Recht der Arbeit revidierte Europäische Sozialcharta vom 3.5.1996, SEV Nr. 163 RESC Rn. Randnummer Rs. Rechtssache Satz / Seite S. s. Siehe Sammlung der Europäischen Verträge SEV Soziales Recht SR TVG Tarifvertragsgesetz und andere u. a. Université Libre de Bruxelles ULB United Nations UN vgl. Vergleich Vol. Band WissZeitVG Wissenschaftszeitvertragsgesetz Wiener Vertragsrechtskonvention WVRK Zentrum für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht ZAAR Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht ZaöRV Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht ZESAR

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28 ZfA ZIAS ZP ZTR ZVglRWiss

Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für ausländisches und internationales Arbeits- und Sozialrecht Zusatzprotokoll zur Europäischen Sozialcharta vom 5.5.1988, SEV Nr. 128 Zeitschrift für Tarifrecht Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft

Einleitung A. Gegenstand der Untersuchung Der Europarat hat seit seiner Gründung am 5.5.1949 die Aufgabe, einen engeren Zusammenschluss unter seinen Mitgliedern zu verwirklichen, unter anderem um deren wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu begünstigen.1 Dieses Ziel versucht er auch durch den Abschluss von Abkommen zum Schutz und zur Weiterentwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu erreichen.2 Während mit der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK)3 bereits am 4.11.1950 der erste Meilenstein für den Schutz von Freiheitsgrundrechten auf dieser regionalvölkerrechtlichen Ebene gesetzt wurde, wurde erst knapp elf Jahre später am 18.10.1961 die Europäische Sozialcharta (ESC)4 zum Schutz sozialer Rechte beschlossen.5 Die ESC soll soziale Probleme minimieren und andere Übereinkommen ergänzen, allen voran die EMRK als „große Schwester“.6 Ihre Ausarbeitung beanspruchte 1

Art. 1 lit. a der Satzung des Europarates, SEV Nr. 1. Art. 1 lit. b der Satzung des Europarates. 3 Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, SEV Nr. 5. 4 SEV Nr. 35. 5 Zur Geschichte siehe Asbeck, in: Baugniet u. a. (Hrsg.), Mélanges offerts à Henri Rolin, S. 427 (427 ff.); Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 36 ff.; Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 7 ff.; Harris / Darcy, The European Social Charter, S. 1 ff.; Heyde, AuR 1962, 70 (70 f.); Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 18 ff.; Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 56 ff.; Novitz, International and European Protection of the Right to Strike, S. 136 ff.; Schambeck, Grundrechte und Sozialordnung, S. 49 ff.; Tennfjord, Annuaire Européen 1961, 71 (71 ff.). 6 Vgl. Punkt 1 und 2 der Präambel der ESC; Mitteilung des Ministerkomitees an die Beratende Versammlung des Europarats vom 20.05.1954, Dokument Nr. 238 Rn. 45; Agnelli, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 69 (71); Berenstein, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 15 (49 ff.); Birk, in: Becker / Baron von Maydell / Nußberger (Hrsg.), Die Implementierung internationaler Sozialstandards, S. 39 (40); Bohling, in: von Hauff / Pfister-Gaspary (Hrsg.), Internationale Sozialpolitik, S. 17 (17 ff.); Jäger, in: Schmuck (Hrsg.), Vierzig Jahre Europarat, S. 195 (202); Lörcher, in: Däubler (Hrsg.), Arbeitskampfrecht, § 10 Rn. 20; Machacek, in: Matscher (Hrsg.), Die Durchsetzung wirtschaftlicher und sozialer Grundrechte, S. 21 (45); Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 55; Öhlinger, in: Nowak (Hrsg.), FS Ermacora, S. 213 (213 f. m. w. N.); Pischel, Die Bedeutung der europäischen Sozialcharta für das Recht in der Bundesrepublik Deutschland, S. 2 f., 5; Rieber, Europäische Sozial-Charta, S. 6, 11; Schambeck, Grundrechte und Sozialordnung, S. 51 f.; Sommermann, Der Schutz der Menschenrechte im Rahmen des Europarates, S. 5; Wiebringhaus, in: Baer-Kaupert / Leistner / Schwaiger (Hrsg.), Liber Amicorum B. C. H. Aubin, S. 265 (266). 2

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Einleitung

über acht Jahre, weil der Europarat einerseits hohe Anforderungen an den Inhalt der Charta stellte, andererseits aber unterschiedlichste nationale Rechtssysteme, Gepflogenheiten und wirtschaftliche sowie soziale Entwicklungsstände zu berücksichtigen hatte.7 Die umfangreichen Vorarbeiten spiegeln die Schwierigkeiten der Konsensfindung wider.8 Die ESC ist der erste völkerrechtliche Vertrag, der soziale Grundsätze und Grundrechte systematisch festschreibt.9 Damit ist sie ebenso wie ihre überarbeitete Version, die Revidierte Europäische Sozialcharta (RESC) vom 3.5.199610, ein Beitrag des regionalen Völkerrechts zur Gestaltung eines gemeinsamen und gerechten sozialen Weltbildes.11 Essentieller Baustein der sozialen Gerechtigkeit ist die Kollektivierung der Interessen im Arbeitsleben, die durch die Verhinderung einseitig diktierter Arbeitsbedingungen in erster Linie dem Schutz der Arbeitnehmer dient.12 Daneben haben die Gewährleistungen des kollektiven Arbeitsrechts große politische und wirtschaftliche Bedeutung.13 Dementsprechend gewährleisten sowohl ESC als auch RESC das Recht aller Arbeitnehmer und Arbeitgeber „auf Freiheit zur Vereinigung in nationalen und internationalen Organisationen zum Schutz ihrer wirtschaftlichen und sozialen Interessen“ 14 sowie deren „Recht auf Kollektivverhandlungen“15 . Was dies im Einzelnen bedeutet, und wie dieses Verständnis begründet wird, ist Gegenstand dieser Arbeit.

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Agnelli, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 69 (71); Hackstein, Streikrecht und Aussperrungsfreiheit nach der Regelung des Artikel 6 Nr. 4 der Europäischen Sozialcharta, S. 4 m. w. N.; Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1086); Papadatos, Journal der internationalen Juristen-Kommission 1966, 237 (243 f.); Pischel, Die Bedeutung der europäischen Sozialcharta für das Recht in der Bundesrepublik Deutschland, S. 2 f., 5; Rieber, Europäische Sozial-Charta, S. 6 f.; Schambeck, Grundrechte und Sozialordnung, S. 54 f.; Wiebringhaus, ILR 84, 354 (355 f.); Wiese, GYIntL 1973, 328 (350). 8 2250 Seiten in fünf Bänden, abrufbar unter https://www.coe.int/en/web/european-socialcharter/preparatory-work, zuletzt abgerufen am 25.4.2019. 9 Berenstein, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 15 (54); Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 61; Papadatos, Journal der internationalen Juristen-Kommission 1966, 237 (266). 10 SEV Nr. 163. 11 Papadatos, Journal der internationalen Juristen-Kommission 1966, 237 (243); Schambeck, Grundrechte und Sozialordnung, S. 39; Schnorr, Das Arbeitsrecht als Gegenstand internationaler Rechtsetzung, § 1 I; Valticos, in: Kahn-Freund / Hepple (Hrsg.), International Encyclo­pedia of Comparative law, Bd. XV, Chapter 1, Rn. 2. 12 Beschwerde 123/2016 Rn. 38; Länderbericht X Art. 5 Dänemark Dissenting Opinion ­Fabricius; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Band I, § 1 I; Höpfner, Die Tarifgeltung im Arbeitsverhältnis, S. 48 ff., 227 f.; Sengenberger, in: BMAS / BDA / ​​DGB (Hrsg.), Weltfriede durch soziale Gerechtigkeit, S. 55 (55 ff.). 13 Langille, JWT 31 (1997), 27 (37 ff.); Valticos, in: Kahn-Freund / ​​Hepple (Hrsg.), International Encyclopedia of Comparative law, Bd. XV, Chapter 1, Rn. 4 ff. 14 Teil I Nr. 5 der Europäischen Sozialcharta, SEV Nr. 35; ebenso Teil I Nr. 5 der Revidierten Europäischen Sozialcharta, SEV Nr. 163. 15 Teil I Nr. 6 der Europäischen Sozialcharta; ebenso Teil I Nr. 6 der Revidierten Europäischen Sozialcharta.

B. Stand der Forschung und Gang der Untersuchung

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B. Stand der Forschung und Gang der Untersuchung Mit der Überwachung der Einhaltung der Rechte aus der ESC und der RESC ist das Europäische Komitee Sozialer Rechte (EKSR) betraut. In dieser Funktion hat es in zahlreichen Stellungnahmen die Inhalte der ESC und RESC näher umrissen. Diese fanden allerdings bisher wenig Beachtung in der arbeitsrechtswissenschaftlichen Diskussion. In Gesamtdarstellungen der ESC oder RESC werden die Vorschriften zum kollektiven Arbeitsrecht aufgrund der Fülle der geschützten Rechte nicht umfassend behandelt.16 Liegt der Schwerpunkt einer Untersuchung auf dem kollektiven Arbeitsrecht, werden ESC und RESC aufgrund der Vielzahl der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge nicht in der Tiefe analysiert.17 Lediglich zum Arbeitskampfrecht existieren ausführlichere Beiträge, die sich aber zumeist auf für die deutsche Rechtslage relevante Aspekte beschränken.18 Eine vollständige und systematisierende Darstellung des Schutzes des kollektiven Arbeitsrechts durch die ESC und RESC existiert 16

Aus dem jüngeren Schrifttum: Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle; Sommermann, Der Schutz der Menschenrechte im Rahmen des Europarates; aus der älteren Literatur; Böhm, Europäische Sozialcharta; Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta; Isele, Die Europäische Sozialcharta; Pischel, Die Bedeutung der europäischen Sozialcharta für das Recht in der Bundesrepublik Deutschland; aus dem fremdsprachigen Schrifttum bspw. Bruun / ​L örcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment relation; de Schutter (Hrsg.), The European Social Charter; Harris / ​Darcy, The European Social Charter; Mikkola, Social human rights of Europe; Samuel, Fundamental social rights; Świątkowski, Charter of Social Rights of the Council of Europe; ders., Labour Law. 17 Vgl. die punktuellen Ausführungen bei Arleth, Das Recht kirchlicher Arbeitnehmer auf Streik, S. 206–208; Demir, in: Pärli (Hrsg.), Arbeitsrecht im internationalen Kontext, S. 139–143; Frowein, Zur völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Aussperrung, S. 10–17; Hartmann, Negative Tarifvertragsfreiheit im deutschen und europäischen Arbeitsrecht, S. 244; Katerndahl, Tarifverhandlung und Streik als Menschenrechte, S. 202–206; Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073–1098; Klein, Das Kollektivvertrags- und Streikrecht für Beamte in privatisierten Unternehmen, S. 108–119 sowie S. 281–283; Lauer, Das Recht des Beamten zum Streik, S. 162–164; Mett, Das Streikrecht im öffentlichen Dienst, S. 81–95; Rüthers, Rechtsprobleme der Aussperrung, S. 14–19; Scholz / ​Konzen, Die Aussperrung im System von Arbeitsverfassung und kollektivem Arbeitsrecht, S. 61–63; Seiter, Streikrecht und Aussperrungsrecht, S. 129–139; Steffens, Die negative Koalitionsfreiheit im europäischen und internationalen Recht, S. 80–86; Witter, Europarechtliche Aspekte des Streikrechts, S. 42–60. 18 Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge; Bünnemann, The compatibility of the prohibition of political strikes with international and EU labour law; Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht; Fabricius, Streik und Aussperrung im internationalen Recht; Hackstein, Streikrecht und Aussperrungsfreiheit nach der Regelung des Artikel 6 Nr. 4 der Europäischen Sozialcharta; Hohn, Streikrecht und Aussperrungsrecht; Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta; Reinbach, Das gewerkschaftliche Streikmonopol; aus dem jüngeren englischen Schrifttum Świątkowski, in: Countouris / ​Freedland (Hrsg.), Resocialising Europe in a Time of Crisis, S. 390.

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Einleitung

nicht. Die Veröffentlichungen des Europarats selbst in seinen offiziellen Sprachen Französisch und Englisch sind knapp gehalten und daher unvollständig.19 Auch die Methoden, anhand derer das EKSR sein Verständnis zum kollektiven Arbeitsrecht entwickelt, wurden kaum thematisiert.20 Diesen beiden Aufgaben widmet sich die vorliegende Arbeit. Einleitend werden in § 1 in gebotener Kürze Grundlagen von ESC und RESC sowie die für diese Arbeit maßgeblichen normativen Grundlagen dargestellt. In § 2 werden die Einzelheiten, die das EKSR den Gewährleistungen des kollektiven Arbeitsrechts in der ESC und der RESC zuschreibt, systematisch aufbereitet. Die folgende Auswertung dieser Stellungnahmen in § 3 sucht nach abstrahierbaren Linien sowie Unregelmäßigkeiten in der Spruchpraxis des EKSR, um schließlich Prognosen für künftige Auslegungsergebnisse zu treffen. Gegenstand der Arbeit ist weder die Vereinbarkeit nationaler Rechtsvorschriften und -praktiken mit den Anforderungen der ESC und RESC, noch die Frage, ob der Gehalt von ESC und RESC mit dem anderer völkerrechtlicher Verträge übereinstimmt.

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Europarat, The right to organise and to bargain collectively, Social Charter Monographs No. 5; Ders., Digest of the case law of the European Committee of Social Rights; siehe auch die aktualisierte online-Version, abrufbar unter https://rm.coe.int/digest-2018-parts-i-ii-iii-iven/1680939f80, zuletzt abgerufen am 25.4.2019; Samuel, Fundamental social rights. 20 Siehe dazu nur Cullen, HRLR Vol. 9 (2009), 61 (76 ff.); Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​ Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 52 (52 ff.).

§ 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC In einem ersten Schritt ist der Schutz des kollektiven Arbeitsrechts systematisch in ESC und RESC einzuordnen. Dafür werden zunächst unter A. I. die Grundstruktur der ESC sowie unter A. II. ihr Zusammenhang mit der RESC erläutert. Anschließend werden unter B. die für diese Arbeit relevanten normativen Grundlagen dargestellt. Anschließend umreißt C. die Verfahren, in deren Rahmen die Einhaltung der Rechte aus ESC und RESC überwacht wird, und die damit der Konkretisierung dieser Normen dienen.

A. Grundstruktur von ESC und RESC I. Einordnung und Aufbau der ESC Zunächst soll die Grundstruktur der ESC erläutert werden: Sie gliedert sich in eine Präambel, fünf mit römischen Ziffern nummerierte Teile und einen Anhang. Die Präambel selbst beinhaltet keine Rechte und Pflichten, ist aber bei der Auslegung der ESC zu berücksichtigen.1 Von Bedeutung sind die Erwähnung der EMRK, das Diskriminierungsverbot2 und der Zweck der ESC, die Menschenrechte und Grundfreiheiten zu erhalten und weiterzuentwickeln, sowie den Lebensstandard der Bevölkerung der Vertragsstaaten zu verbessern und ihr soziales Wohl zu fördern3. Teil I der ESC listet 19 Ziele auf, die die Vertragspartner mit ihrer Politik verfolgen müssen.4 Genannt ist auch die Schaffung von geeigneten Voraussetzungen, um die Vereinigungsfreiheit (Nr. 5) und das Recht auf Kollektivverhandlungen (Nr. 6) zu gewährleisten. Zur Erreichung konkreter Ergebnisse werden die Staa-

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Wiebringhaus, in: Baer-Kaupert / ​Leistner / ​Schwaiger (Hrsg.), Liber Amicorum B. C. H. Aubin, S. 265 (274); Wiese, GYIntL 1973, 328 (332). 2 Punkt 2 und 3 der Präambel; Verweise auf das Diskriminierungsverbot in der Präambel im Rahmen der Untersuchung des kollektiven Arbeitsrechts finden sich beispielsweise in Länderbericht V Art. 5 Frankreich und Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich; Wiebringhaus, ILR 84, 354 (357). 3 Punkt 1 und 4 der Präambel. 4 Art. 20 § 1 ESC; Asbeck, in: Baugniet u. a. (Hrsg.), Mélanges offerts à Henri Rolin, S. 427 (432); Wiebringhaus, ILR 84, 354 (356); Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1086).

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§ 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC 

ten dadurch nicht verpflichtet.5 Diese in Teil I formulierten politischen Vorgaben gestaltet Teil II spiegelbildlich aus. Dementsprechend betrifft Art. 5 ESC das Vereinigungsrecht und Art. 6 ESC das Recht auf Kollektivverhandlungen. Die ESC räumt dem einzelnen Bürger keine subjektiven Rechte ein, sondern verpflichtet die Staaten, die anerkannten Rechte zu gewährleisten.6 Im Rahmen von Teil III kann jeder Staat selbst bestimmen, an welche Artikel er sich bindet: Von sieben Kernvorschriften – darunter die hier im Schwerpunkt behandelten Art. 5 und 67 ESC – sind mindestens fünf auszuwählen, von den restlichen Bestimmungen noch so viele weitere, dass insgesamt mindestens 10 Artikel oder 45 Absätze anerkannt werden.8 Dieses Konzept der partiellen Bindung stellt einen Kompromiss dar zwischen der Einbeziehung möglichst vieler – insbesondere weniger weit entwickelter – Staaten in den Kreis der Vertragsstaaten einerseits und einem gewissen Mindestschutz und einem Minimum an Gleichheit der Gewährleistungen in den Staaten andererseits.9 In Teil IV findet sich die ursprüngliche10 Form des Berichtsverfahrens zur Überprüfung, ob die Staaten den übernommenen Pflichten gerecht werden. Von den Schlussbestimmungen in Teil V ist Art. 31 ESC hervorzuheben, der Einschränkungen der Rechte aus Teil I und II der ESC ermöglicht.11 Komplettiert wird die ESC durch einen erläuternden Anhang, der einer einheitlichen Auslegung der ESC dient.12 Er ist gemäß Art. 38 ESC wesentlicher Bestandteil der ESC. Nach 5 Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 42, 44; Kahn-Freund, in: Jacobs (Hrsg.), European Law and the individual, S. 181 (184); Pellonpää, in: Macdonald / ​Matscher / ​Petzold (Hrsg.), The European System für the Protection of Human Rights, S. 855 (856). 6 BT-Drs. IV/2117, 28; BT-Drs. 13/11415, 15 f.; Dötsch, AuA 01, 27 (28 f.); Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1088, 1091); Knopp, RdA 65, 4 (5); Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 37 m. w. N.; Öhlinger, in: Matscher (Hrsg.), Die Durchsetzung wirtschaft­ licher und sozialer Grundrechte, S. 335 (338 ff.); Riedel, Theorie der Menschenrechtsstandards, S. 74 ff.; Schambeck, Grundrechte und Sozialordnung, S. 97 f.; Scholz / ​Konzen, Die Aussperrung im System von Arbeitsverfassung und kollektivem Arbeitsrecht, S. 61 f.; Tennfjord, Annuaire Européen 1961, 71 (79 f.); Wiebringhaus, ILR 84, 354 (356); sehr weit gehend Wengler, Die Unanwendbarkeit der Europäischen Sozialcharta im Staat, S. 10 ff., 49 ff. 7 Unklar ist, ob Art. 6 ESC insgesamt als verbindlich anzuerkennen ist, wenn dadurch die Verpflichtung zur Bindung an den „harten Kern“ erfüllt werden soll; ablehnend Dorssemont, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 249 (253). 8 Dazu Asbeck, in: Baugniet u. a. (Hrsg.), Mélanges offerts à Henri Rolin, S. 427 (436 f.); Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 23 f.; Jäger, in: Schmuck (Hrsg.), Vierzig Jahre Europarat, S. 195 (204 ff.). 9 BT-Drs. IV/2117, 29; Dötsch, AuA 01, 27 (27); Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 23 f. m. w. N.; Tennfjord, Annuaire Européen 1961, 71 (77 f.). 10 Zum derzeitig gültigen Berichtsverfahren siehe unten § 1 B. 11 Siehe unten § 1 B. III. 12 Länderbericht VII und VIII Art. 5 Dissenting Opinion Zanetti, nach dem ein Vergleich mit den Vorschriften der ILO ergibt, dass der Appendix den Verpflichtungen aus Teil II gleich-

A. Grundstruktur von ESC und RESC

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der Schlussformel ist die ESC in der englischen und in der französischen Sprachfassung gleichermaßen verbindlich. Die vom Europarat zur Verfügung gestellte deutsche Übersetzung zählt daher nicht zu den offiziellen Vertragstexten.13 Die ESC wurde seit ihrem Inkrafttreten am 26.2.1965 in einzelnen Punkten durch mehrere Protokolle ergänzt und abgeändert.14 Für das kollektive Arbeitsrecht sind Art. 2 und 3 des Zusatzprotokolls (ZP) vom 5.5.1988 von Bedeutung, durch die Unterrichtungs- und Anhörungsrecht auf Unternehmenseben sowie die Beteiligung bei der Festlegung und Verbesserung bestimmter Arbeitsbedingungen in den Katalog der von der ESC geschützten Rechte aufgenommen wurden.

II. Modernisierung der ESC durch die RESC Da der Schutz der ESC angesichts der geänderten wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten als nicht mehr zeitgemäß aufgefasst wurde, soll die RESC vom 3.5.1996 diesen Schutz weiter ausbauen.15 Die Rechte aus der ESC wurden bei gleichbleibender Grundstruktur aktualisiert, konkretisiert und ergänzt, zudem wurden die bereits genannten ESC-Protokolle integriert.16 Die Nummerierung aus Teil II der ESC wurde übernommen. Das ZP sowie neue Verpflichtungen wurden am Ende des jeweiligen Teils angefügt: Art. 21 RESC entspricht Art. 2 ZP, Art. 22 RESC wiederum Art. 3 ZP. Von den neu ergänzten Vorschriften sind Art. 28 RESC zum Schutz der Arbeitnehmervertreter und zu Erleichterungen, die ihnen zu gewähren sind, sowie das Unterrichtungs- und Anhörungsrecht bei Massenentlassungen aus Art. 29 RESC für diese Untersuchung von Bedeutung. Ab Teil III der RESC sind den Artikeln nicht mehr arabische Zahlen zugeordnet, sondern lateinische Großbuchstaben. Nach Art. A RESC sind von nunmehr neun Kernvorschriften sechs als verbindlich anzuerkennen. Auf Initiative der Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter wurde diskutiert, die Bindung an Art. 5 und 6 RESC für alle Vertragsstaaten obligatorisch zu machen, um der überragenden Bedeutung dieser Vorschriften für den Schutz wirtschaftlicher und sozialer Rechte

wertig ist; Lörcher, in: Däubler / ​Kittner / ​Lörcher (Hrsg.), Internationale Arbeits- und Sozialordnung, S. 605; Ramm, Das Koalitions- und Streikrecht der Beamten, S. 29. 13 Abrufbar unter https://www.coe.int/en/web/conventions/full-list/-/conventions/rms/​090​ 000168006b748, zuletzt abgerufen am 25.4.2019. 14 Zusatzprotokoll vom 5.5.1988, SEV Nr. 128; Änderungsprotokoll vom 21.10.1991, SEV Nr. 142; Beschwerdeprotokoll vom 9.11.1995, SEV Nr. 158. 15 Birk, in: Becker / ​Baron von Maydell / ​Nußberger (Hrsg.), Die Implementierung internationaler Sozialstandards S. 39 (40 ff.); ders., in: Köbler / ​Heinze / ​H romadka (Hrsg.), Europas universale rechtsordnungspolitische Aufgabe im Recht des dritten Jahrtausends, S. 137 (138 ff.); de Schutter, in: ders. (Hrsg.), The European Social Charter, S. 11 (11 ff.); Harris / ​Darcy, The European Social Charter, S. 17 ff.; Pucci Di Benischi, in: Europarat (Hrsg.), The Social ­Charter of the 21st Century, S. 43 (43); Vandamme, ILR 1994, 635 (653). 16 Präambel der RESC; Explanatory report to the RESC Rn. 9, 12 ff., 81 f.

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§ 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC 

Rechnung zu tragen.17 Davon wurde allerdings wieder Abstand genommen, um die Ratifikationsbereitschaft der Staaten nicht zu hemmen.18 An die RESC gebundene Staaten sollen indessen alle Maßnahmen in die Wege leiten, um auch Art. 5 und 6 RESC schnellstmöglich zu akzeptieren.19 Die fehlende Anerkennungspflicht hat sich im Ergebnis nicht negativ ausgewirkt: 41 der 43 Vertragsstaaten der RESC sind an Art. 5 RESC, 40 an Art. 6 RESC gebunden.20 Der neue Art. E RESC enthält ein allgemeines Diskriminierungsverbot, das keine eigenständige Bedeutung hat, sondern stets in Verbindung mit einer materiellen Vorschrift aus Teil II zu prüfen ist.21 Die Einschränkungsmöglichkeit aus Art. 31 ESC wurde in Art. G RESC übernommen.22 Die Schlussformel erklärt ebenfalls die englische und französische Fassung für verbindlich.23 Dies umfasst zwar nicht die Anmerkungen und Klarstellungen des erläuternden Berichts zur RESC.24 Sie wurden aber nie in Frage gestellt. Das zur ESC entwickelte Verständnis der einzelnen Vorschriften ist grundsätzlich auf die RESC übertragbar, insbesondere wenn der Wortlaut – wie bei Art. 5 und 6 RESC – keine Änderung erfahren hat.25 Daher kann in dieser Arbeit der besseren Lesbarkeit halber einheitlich von der RESC gesprochen werden, auch wenn die Auslegung gleichermaßen für die ESC gilt oder sogar ursprünglich zu ihr 17

Explanatory report to the RESC Rn. 124; vgl. Beschwerde 85/2012 Rn. 109, 120; Beschwerde 111/2014 Rn. 71; Novitz, International and European Protection of the Right to Strike, S. 145. 18 Explanatory report to the RESC Rn. 124. 19 Explanatory report to the RESC Rn. 124. 20 Stand: 25.4.2019. An Art. 5 RESC sind Griechenland und die Türkei nicht gebunden; Art. 6 RESC ist nicht verbindlich für Andorra, Griechenland und die Türkei; Art. 6 § 4 RESC gilt zudem nicht für Luxemburg, Österreich und Polen sowie eingeschränkt hinsichtlich des Militärs für die Niederlande und Serbien. An die anderen Vorschriften sind etwas weniger Staaten gebunden: 30 (Art. 21 RESC), 30 (Art. 22 RESC), 30 (Art. 28 RESC), 28 (Art. 29 RESC). 21 Explanatory report to the RESC Rn. 135 ff.; dazu Kollonay-Lehoczky, in: Bruun / ​Lörcher / ​ Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 493 (493 ff.). 22 Explanatory report to the RESC Rn. 120 ff. 23 Unverbindliche deutsche Übersetzung des Europarates unter https://www.coe.int/de/web/ conventions/full-list/-/conventions/rms/090000168007cf92, zuletzt abgerufen am 25.4.2019. 24 Explanatory report to the RESC Rn. 6, abrufbar unter: https://rm.coe.int/Co​ERM​P ublic​ CommonSearchServices/DisplayDCTMContent?documentId=09000016800ccde ​4, zuletzt abgerufen am 25.4.2019; dieser bezieht wiederum den erläuternden Bericht zum ZP mit ein, Explanatory report to the RESC Rn. 82. 25 Länderbericht 2002 Statement of Interpretation (General Matters); Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich, Rumänien; Länderbericht 2007 Art. 21 Finnland; Länderbericht 2014 Art. 21 Niederlande, Russland; Beschwerde 2/1999 Rn. 28; Beschwerde 4/1999 Rn. 27; Beschwerde 5/1999 Rn. 26; vgl. Länderbericht 2006 Statement of Interpretation (General Matters); Europarat, Digest of the case law of the European Committee of Social Rights, S. 14; Explanatory report to the RESC Rn. 38, 39, 82, 129; Jacobs, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​ Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 220 (221); Schlachter, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S.  977 (985).

B. Normative Grundlagen des kollektiven Arbeitsrechts in der RESC 

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erarbeitet wurde. Die ESC gilt neben der RESC fort, bis alle ihre Vertragsstaaten die RESC ratifiziert haben.26 Deutschland ist derzeit nicht an die RESC gebunden.

B. Normative Grundlagen des kollektiven Arbeitsrechts in der RESC In diesem Abschnitt werden die für diese Arbeit relevanten Vorschriften der RESC dargestellt. Zunächst wird der Wortlaut der materiellen Normen zum kollektiven Arbeitsrecht geschildert und überprüft, inwiefern Differenzen zwischen den amtlichen französischen und englischen Fassungen sowie der nichtamtlichen deutschen Übersetzung vorliegen. Der Unterscheidung in Art. A RESC folgend werden zunächst die Vorschriften, die Teil des „harten Kerns“ der RESC sind, behandelt, anschließend die übrigen Vorschriften, denen diese Bedeutung nicht beigemessen wird. Anschließend werden die Regelungen aus Teil V beleuchtet, die die Möglichkeiten zur Umsetzung und Einschränkung dieser materiellen Rechte betreffen.

I. Materielle Vorschriften zum kollektiven Arbeitsrecht 1. Kernvorschriften im Sinne von Art. A RESC a) Das Vereinigungsrecht, Art. 5 RESC Die erste Norm in der RESC zum kollektiven Arbeitsrecht findet sich in Art. 5 RESC unter der Überschrift „Das Vereinigungsrecht“. Art. 5 S. 1 RESC enthält die Pflicht, die Freiheit der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gewährleisten oder zu fördern, zum Schutz ihrer wirtschaftlichen und sozialen Interessen örtliche, nationale oder internationale Organisationen zu bilden und ihnen beizutreten.27 Weder das innerstaatliche Recht noch dessen Anwendung dürfen diese Freiheit beeinträchtigen. Inwieweit diese Garantien auf die Polizei Anwendung finden, bestimmt sich laut Art. 5 S. 2 RESC nach innerstaatlichem Recht. Gemäß Art. 5 S. 3 RESC gilt dies ebenso für das Prinzip und gegebenenfalls die Reichweite der Anwendung auf die Streitkräfte. Mit Blick auf die travaux préparatoires folgt laut EKSR daraus, dass für Polizeiangehörige die Rechte aus Art. 5 S. 1 RESC weiter eingeschränkt werden können, jedoch nur dem Militär das Vereinigungsrecht vollständig verwehrt werden kann.28 26 Präambel der RESC; Explanatory report to the RESC Rn. 8; Dötsch, AuA 2001, 27 (27); Hohnerlein, ZESAR 2003, 17 (18); Vandamme, ILR 1994, 635 (653). 27 Zur Entwicklung des Wortlauts während der Ausarbeitung der ESC siehe Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 6 ff. 28 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; siehe unten § 2 B. II. 1. a) aa) (4) (c).

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§ 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC 

In der amtlichen englischen Fassung spricht die RESC von der Bildung von organisations, teilweise wird der Begriff associations verwendet.29 Zwischen diesen beiden Bezeichnungen bestehen ähnlich wie zwischen Organisation und Vereinigung keine substantiellen Unterschiede. Eine abweichende Terminologie weist hingegen der französische Wortlaut auf: Während sich in Art. 5 S. 1 RESC ebenfalls der Ausdruck der organisation findet, nennt die Überschrift das droit syndical. Dieser Terminus kann auf Gewerkschaften beschränkt sein oder sich darüber hinaus auf Arbeitgeberverbände erstrecken.30 In jedem Fall liegt eine Begrenzung auf berufsbezogene Vereinigungen vor, was gegenüber dem englischen Wortlaut enger ist. Mangels Auseinandersetzung31 mit dem abweichenden Wortlaut der französischen Fassung betrifft Art. 5 S. 1 RESC alle Organisationen auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, die den Schutz der wirtschaftlichen und sozialen Interessen ihrer Mitglieder bezwecken. Die Spruchpraxis zur Arbeitnehmerseite ist sehr ausdifferenziert, während Arbeitgebervereinigungen eine untergeordnete Rolle zukommt. b) Das Recht auf Kollektivverhandlungen, Art. 6 RESC aa) Struktur von Art. 6 RESC Art. 6 RESC enthält in vier Absätzen, die im Folgenden der üblichen Zitierweise entsprechend mit § gekennzeichnet werden, verschiedene Möglichkeiten, wie Arbeitnehmer und Arbeitgeber über den Ausgleich ihrer Interessen verhandeln können: Laut ihrer Überschrift und ihrem Einleitungssatz dient die Vorschrift der wirksamen Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen. Sie gestaltet die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und ihren Organisationen einerseits und Arbeitnehmervereinigungen andererseits.32 Die ersten drei Absätze beziehen sich auf die Methoden der Zusammenarbeit, der vierte auf Kollektivmaßnahmen im Fall von Interessenkonflikten.33 An Art. 5 RESC knüpft Art. 6 RESC allerdings nur bedingt an, da nur die Kollektivvertragsverhandlungen in Art. 6 § 2 RESC eine Beschränkung der Beteiligung auf Arbeitnehmerorganisationen vorsehen. Im Gegensatz zu Art. 5 RESC enthält zudem kein Absatz von Art. 6 RESC ausdrückliche weitergehende Einschränkungsmöglichkeiten für Polizei und Militär.

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Vgl. Überschrift zu Art. 5 RESC sowie Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; vgl. Beschwerde 83/2012 Partly Dissenting Opinion Jimena Quesada, Rn. 3.3. 30 Fleck / ​Güttler / ​Kettler, Wörterbuch Recht, Wirtschaft und Politik, Stichworte: syndical und syndicat. 31 Aus den Reihen des EKSR streifen allein die Beschwerde 83/2012 Rn. 77 sowie die dazugehörige Partly Dissenting Opinion von Jimena Quesada in Rn. 3.1. diese Thematik. 32 Länderbericht I Art. 6 Statement of Interpretation. 33 Länderbericht I Art. 6 Statement of Interpretation.

B. Normative Grundlagen des kollektiven Arbeitsrechts in der RESC 

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bb) Förderung gemeinsamer Beratungen, Art. 6 § 1 RESC Art. 6 § 1 RESC verpflichtet die Staaten zur Förderung von Beratungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, ohne dass die Vorschrift selbst auf die Beratungsgegenstände oder -verfahren näher einginge. Die einzige Vorgabe ist, dass die Beratungen nach dem englischen Wortlaut gemeinsam (joint) stattzufinden haben. Die mit paritätisch zu übersetzende französische Bezeichnung paritaire erscheint wiederum enger. Nicht erwähnt wird eine Beteiligung von Vereinigungen von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern an den Beratungen. cc) Förderung freiwilliger Verhandlungen von Gesamtarbeitsverträgen, Art. 6 § 2 RESC Der nächste Absatz von Art. 6 RESC betrifft freiwillige Verhandlungen von Gesamtarbeitsverträgen34 zur Regelung der Beschäftigungsbedingungen durch Arbeitnehmer oder deren Organisationen einerseits und Arbeitgebern oder deren Organisationen andererseits. Der englische Wortlaut von Art. 6 § 2 RESC enthält den Ausdruck negotiations, auch wenn die Überschrift das weiter zu verstehende collective bargaining nennt.35 Die französische Fassung verwendet ausschließlich den Begriff der négociations. Sofern es notwendig und zweckmäßig ist, muss der Staat solche Verhandlungen fördern. Der französische Wortlaut fordert darüber hinaus l’institution de procédures, also die Einrichtung von Verfahren. dd) Förderung von Vermittlungsund Schlichtungsverfahren, Art. 6 § 3 RESC Nach Art. 6 § 3 RESC müssen Staaten die Einrichtung und Benutzung geeigneter Verfahren fördern, die der Beilegung von Arbeitsstreitigkeiten dienen. Angesichts des Einleitungssatzes zu Art. 6 RESC sind Gegenstand der zu lösenden Streitigkeiten Interessenkonflikte und Blockaden in Kollektivverhandlungen.36 Die deutsche Übersetzung nennt Vermittlungsverfahren und freiwillige Schlichtungsverfahren.37 Die verbindlichen Fassungen sprechen demgegenüber von conciliation and voluntary arbitration beziehungsweise conciliation et arbitrage 34

Der Begriff wurde aus der nichtamtlichen deutschen Übersetzung übernommen. Dorssemont, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 249 (250). 36 Labour disputes und conflits du travail; vgl. Länderbericht V Art. 6 § 3 Italien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Montenegro. 37 Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 148; Wiebringhaus, in: Baer-Kaupert / ​Leistner / ​Schwaiger (Hrsg.), Liber Amicorum B. C. H. Aubin, S. 265 (286). 35

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§ 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC 

volontaire, was mit Schlichtung und freiwilligen Schiedsverfahren zu übersetzen wäre. Im Schlichtungsverfahren trägt ein Schlichter dazu bei, dass die Konfliktparteien eine einvernehmliche Lösung finden, sei es, dass die Parteien selbst eine Einigung erzielen (Verständigungsverfahren), oder dass sie den Lösungsvorschlag des Schlichtungsorgans annehmen (Vermittlungsverfahren).38 Bei Schiedsverfahren – die die deutsche Übersetzung auslässt – setzt eine neutrale Stelle nach Anhörung der Streitparteien eine bindende Entscheidung fest.39 Im Ergebnis werden allerdings unter Art. 6 § 3 RESC alle Verfahren zur friedlichen Beilegung von Konflikten geprüft.40 ee) Das Recht auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC Art. 6 § 4 RESC verpflichtet die Staaten zur Anerkennung des Rechts der Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf kollektive Maßnahmen im Fall von Interessenkonflikten.41 Der Streik wird dabei besonders hervorgehoben. Dieser wurde in der ESC zum ersten Mal in einem internationalen Übereinkommen ausdrücklich verbindlich verankert.42 Der Anhang zu Art. 6 § 4 RESC ermöglicht den Vertragsparteien die Regelung der Ausübung des Streikrechts, Einschränkungen sind aber an Art. G RESC oder gemäß Art. 6 § 4 Hs. 2 RESC an einschlägigen Kollektivvereinbarungen zu messen. Diese Vorschrift ist die einzige des kollektiven Arbeitsrechts in der RESC, bei der die Gewährung eines subjektiven Rechts und eine unmittelbare innerstaatliche Anwendbarkeit diskutiert werden.43 38 Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 148; Dorssemont, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 249 (263); Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (148 f.); zum Problem der Definition, im Ergebnis aber ähnlich wie hier von Hoyningen-Huene, Außer­ gerichtliche Konfliktbehandlung, S. 4 ff. m. w. N., wobei das beschriebene Mediationsverfahren das hier als Verständigungsverfahren bezeichnete Vorgehen meint; ebenso Dorssemont, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 249 (263). 39 Siehe vorhergehende Fußnote; vgl. Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Moldau, Serbien. 40 Siehe unten § 2 C. III. 2; vgl. Höpfner, in: ZAAR (Hrsg.), Arbeitskampf, Verhandlung und Schlichtung, S. 71 (79). 41 Zur Geschichte der Vorschrift Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 118 ff.; Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 149 f.; Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 59 ff. 42 Länderbericht I Art. 6 Statement of Interpretation; Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 148 f.; Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (198); Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (150 f.); Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 30 m. w. N.; Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 87 ff. m. w. N. 43 Asbeck, in: Baugniet u. a. (Hrsg.), Mélanges offerts à Henri Rolin, S. 427 (438 ff.); Bertke, Zur Zulässigkeit von Sympathiestreiks, S. 176 ff.; Buchholtz, Streiken im europäischen Grund-

B. Normative Grundlagen des kollektiven Arbeitsrechts in der RESC 

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2. Ergänzende Vorschriften a) Gleichbehandlung von Wanderarbeitnehmern bei Gewerkschaftsrechten, Art. 19 § 4b RESC Nicht zum Kernbereich der RESC gehört Art. 19 § 4b RESC. Er schützt entsandte Arbeitnehmer und Wanderarbeitnehmer aus anderen Vertragsstaaten vor Diskriminierungen. Während die deutsche Übersetzung eine Gleichbehandlung lediglich beim Beitritt zu Arbeitnehmervereinigungen vorsieht, betreffen die verbindlichen Texte mit membership of trade unions beziehungsweise affiliation aux organisations syndicales alle Aspekte der Mitgliedschaft, wie sie Art. 5 RESC zu verstehen sind. b) Das Recht auf Unterrichtung und Anhörung, Art. 21 RESC Bereits durch Art. 2 ZP eingeführt und schließlich in Art. 21 RESC übernommen wurden bestimmte Unterrichtungs- und Anhörungsrechte der Arbeitnehmer auf Unternehmensebene. Ein Unternehmen wird im Anhang der Vorschriften definiert als eine Gesamtheit von materiellen und immateriellen Gütern, die zum einen Waren produziert oder Dienste anbietet um finanzielle Gewinne zu er­ zielen, und die zum anderen ihr Marktverhalten selbst bestimmen kann.44 Vom Anwendungsbereich ausgenommen werden können Religionsgemeinschaften und Tendenzbetriebe, soweit dies für den Schutz ihrer ideellen Ausrichtung notwendig ist.45 Aufgrund von Art. I § 2 RESC reicht es aus, wenn im verbleibenden Anwendungsbereich der Vorschrift die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer von

rechtsgefüge, S. 206 ff.; Däubler, Der Streik im öffentlichen Dienst, S. 177 ff.; Frowein, Zur völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Aussperrung, S. 17 f.; Fütterer, Die Reichweite des Solidaritätsstreikrechts, S. 195 ff.; Gitter, ZfA 1971, 127 (136); Gooren, Der Tarifbezug des Arbeitskampfes, S. 193 ff.; Gumnior, Die Rechtmäßigkeit des Sympathiestreiks, S. 75 ff.; Hohn, Streikrecht und Aussperrungsrecht, S. 138 ff.; Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 37 ff.; Paukner, Streikrecht entsandter ausländischer Arbeitnehmer im inländischen Betrieb, S. 109 ff.; Promberger, Arbeitskampf und Einzelarbeitsvertrag, S. 11 ff.; Ramm, Das Koali­ tions- und Streikrecht der Beamten, S. 26 ff.; ders., AuR 1971, 65 (69 ff.); Reinbach, Das gewerkschaftliche Streikmonopol, S. 89 ff.; Schansker, Die Beschränkung des Streikrechts auf tariflich regelbare Ziele, S. 70 ff.; Seiter, Streikrecht und Aussperrungsrecht, S. 130 ff.; Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 63 ff.; Wiese, GYIntL 1973, 328 (340 ff.). 44 Anhang zu Art. 21 und 22 RESC Rn. 3; vgl. Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 52. 45 Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 68; vgl. Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Schweden; Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Schweden; Länderbericht 2018 Art. 22 Lettland.

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§ 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC 

den Beteiligungsrechten profitiert, solange die ausgenommene Minderheit keine bestimmte Personengruppe darstellt.46 Nach Art. 21 lit. a RESC müssen die Staaten Maßnahmen ergreifen oder fördern, damit Arbeitnehmer oder ihre Vertreter regelmäßig oder zu gegebener Zeit in verständlicher Weise über die wirtschaftliche und finanzielle Situation des sie beschäftigenden Unternehmens unterrichtet werden. Die verbindlichen Fassungen der RESC sehen in lit. b ein Recht auf Beratung – consultation – mit der Arbeitgeberseite vor, bevor Entscheidungen gefällt werden, die die Interessen der Arbeitnehmer erheblich betreffen. Die deutsche Übersetzung reicht mit einem bloßen Anhörungsrecht nicht so weit. Die Gegenstände der Beratung sind bis auf das zusätzliche Erfordernis der Berührung der Arbeitnehmerinteressen mit denen der Information deckungsgleich.47 Information und Konsultation müssen nicht auf der Organisationsebene stattfinden, auf der die Entscheidung gefällt wird.48 Auskünfte, deren Bekanntgabe für das Unternehmen nachteilig sein könnte, können verweigert oder der Geheimhaltung unterworfen werden.49 Die Wahrnehmung der Rechte aus Art. 21 RESC kann alternativ oder kumulativ durch die Arbeitnehmer und ihre Vertreter erfolgen.50 Arbeitnehmervertreter sind in Anlehnung an ILO-Konvention Nr. 13551 diejenigen Personen, die das nationale Recht als solche anerkennt. 52 Maßnahmen zur Absicherung der Beteiligung müssen in Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten stehen, was neben Gesetzen und Verordnungen auch Kollektivvereinbarungen, Richterrecht und einschlägige Bräuche erfasst. 53 c) Das Recht auf Beteiligung an der Festlegung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Art. 22 RESC Art. 22 RESC ist inhaltsgleich mit Art. 3 ZP und verpflichtet die Staaten zur Ergreifung oder Förderung von Maßnahmen, um die Beteiligung der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter bei der Festlegung und Verbesserung bestimmter Arbeits­ bedingungen im Unternehmen zu gewährleisten. Aufgrund des gemeinsamen An-

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Beschwerde 9/2000 Rn. 40; Jaspers, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the employment Relation, S. 63 (71, 73 f.). 47 Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 43. 48 Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 37 f. 49 Vgl. Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 39 ff. 50 Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 29; Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Statement of Interpretation. 51 Vgl. Art. 3 ILO-Übereinkommen Nr. 135 über Schutz und Erleichterungen für Arbeitnehmervertreter im Betrieb, 1971. 52 Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 30 f. 53 Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 35.

B. Normative Grundlagen des kollektiven Arbeitsrechts in der RESC 

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hangs von Art. 21 und 22 RESC kann für den Begriff des Unternehmens sowie für die zu beteiligenden Arbeitnehmervertreter auf die Ausführungen zu Art. 21 RESC 54 verwiesen werden. Zu beteiligten sind die Arbeitnehmervertreter nach Art. 22 RESC bei der Festlegung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Arbeitsorganisation (lit. a), der Schutz der Gesundheit und Sicherheit (lit. b), und die Schaffung sozialer und soziokultureller Dienste und Einrichtungen (lit. c), die von einigen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, wie Sportplätze, Räumlichkeiten für stillende Mütter, Büchereien, Ferienlager für Kinder und Ähnliches 55. Der Beitrag der Arbeitnehmer zur Festlegung dieser Arbeitsbedingungen kann vielgestaltige Formen im Entscheidungs- oder Umsetzungsprozess annehmen, bedeutet aber weder einen Anspruch auf gemeinsame Entscheidungsfindung noch ein Vetorecht. 56 Art. 22 lit. d RESC erfasst schließlich die Überwachung der einschlägigen Vorschriften. Er beeinflusst aber nicht die Befugnis und die Pflicht der Staaten, Vorschriften über Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zu erlassen, und er ersetzt keine existierenden Überwachungsgremien, sondern gewährleistet deren effektive Arbeit. 57 Da Art. 22 RESC sich nicht auf Kollektivvertragsverhandlungen bezieht, wirkt er sich nicht auf die Verpflichtungen aus Art. 6 § 2 RESC aus. 58 d) Das Recht der Arbeitnehmervertreter auf Schutz im Betrieb und Erleichterungen, die ihnen zu gewähren sind, Art. 28 RESC Der erst durch die revidierte Fassung eingeführte Art. 28 RESC verpflichtet die Staaten in lit. a zur Absicherung eines mit Art. 5 RESC vergleichbaren Schutzes für Arbeitnehmervertreter im Betrieb gegen Benachteiligungen aufgrund ihrer Eigenschaft oder Betätigung als Arbeitnehmervertreter unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit. 59 Während die englische Version von acts prejudicial to them spricht, ist die französische Formulierung les actes qui pourraient leur porter préjudice etwas vager. Nach Art. 28 lit. b RESC sind den Vertretern

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§ 1 B. I. 2. b); Anhang zu Art. 21 und 22 RESC Rn. 3; vgl. Explanatory report to the ­Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 52. 55 Anhang zu Art. 22 RESC Rn 2. 56 Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 50. 57 Anhang zu Art. 22 RESC Rn. 1; Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 51; vgl. Länderbericht XX-3 Art. 3 ZP Griechenland, Spanien, Tschechien; Länderbericht 2014 Art. 22 Armenien, Aserbaidschan, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Estland, Finnland, Italien, Norwegen, Schweden, Serbien, Türkei, Ungarn. 58 Vgl. Art. 8 ZP; Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 49; Beschwerde 65/2011 Rn. 39; a. A. Beschwerde 65/2011 Dissenting Opinion Stangos. 59 Länderbericht 2018 Art. 28 Russland.

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§ 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC 

Erleichterungen zu gewähren, die ihnen die rasche und wirksame Wahrnehmung ihrer Aufgaben ermöglichen. 60 Die RESC enthält keine nähere Erläuterung des Begriffs des undertaking beziehungsweise der entreprise. Welche Personen von Art. 28 RESC erfasst sind, etwa gewählte Arbeitnehmervertreter oder Gewerkschaftsvertreter, bestimmt sich in Anlehnung an ILO-Abkommen Nr. 135 nach nationalem Recht und Praxis. 61 Ebenfalls von dieser ILO-Konvention inspiriert ist das Recht auf Vergünstigungen aus Art. 28 lit. b RESC, wobei hier das vorherrschende System der Arbeitsbeziehungen sowie die Größe und Leistungsfähigkeit des jeweiligen Betriebs zu berücksichtigen sind. 62 Beispiele für Erleichterungen können der ILO-Empfehlung Nr. 143 entnommen werden. 63 e) Das Recht auf Unterrichtung und Anhörung bei Massenentlassungen, Art. 29 RESC Der ebenfalls durch die revidierte Fassung neu geschaffene Art. 29 RESC hat die Massenentlassungsrichtlinie der EU 92/56/EWG und die ILO-Konvention Nr. 158 zum Vorbild. 64 Demnach müssen die Staaten die rechtzeitige Unterrichtung und Beratung von Arbeitnehmervertretern vor der Durchführung von Massenentlassungen sicherstellen. 65 Auch hier bestimmt das nationale Recht die zu beteiligenden Vertreter. 66 Die deutsche Version übersetzt das Recht auf consultation wie bei Art. 21 lit. b RESC fehlerhaft mit Anhörung. Nach der Information der Arbeitnehmervertreter muss allerdings ein Dialog zwischen diesen und dem Arbeitgeber geführt werden, um Entlassungen vollständig zu vermeiden oder deren Umfang zu begrenzen sowie die Folgen abzumildern, etwa durch Begleitmaßnahmen, die einer Versetzung oder Umschulung der betroffenen Arbeitnehmer dienen. 67 Die Verantwortung zur Durchführung solcher Maßnahmen liegt nicht alleine beim Arbeitgeber. 68

60 Explanatory report to the European Social Charter RESC Rn. 106; Bruun, in: Bruun / ​ Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 467 (467 f.). 61 Explanatory report to the RESC Rn. 106 f. 62 Explanatory report to the RESC Rn. 108. 63 Explanatory report to the RESC Rn. 108. 64 Explanatory report to the RESC Rn. 109. 65 Länderbericht 2003 Art. 29 Schweden; Länderbericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation. 66 Explanatory report to the RESC Rn. 111. 67 Explanatory report to the RESC Rn. 109; Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland. 68 Explanatory report to the RESC Rn. 110.

B. Normative Grundlagen des kollektiven Arbeitsrechts in der RESC 

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II. Mögliche Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der Charta, Art. I RESC Die einzelnen Rechte in Teil II der RESC bestimmen nicht selbst, auf welche Weise ihre Umsetzung im nationalen Recht zu erfolgen hat. Vielmehr findet sich dazu eine Regelung in Art. I § 1 RESC: Demnach können die Staaten die übernommenen Pflichten durch Gesetze und Verordnungen, Vereinbarungen der Sozialpartner, eine Kombination dieser Methoden oder durch andere angemessene Maßnahmen umsetzen. 69 Möglich ist auch die Ausgestaltung durch Richterrecht. 70 Der Staat trägt die Verantwortung, dass keine gegen die RESC verstoßende Regelung zur Anwendung kommt, auch wenn die Umsetzung durch Vereinbarungen der Sozialpartner erfolgt. 71 Bei der Wahl der Mittel zur Umsetzung der Charta steht den Staaten also ein Spielraum zu. 72 Allerdings trägt er die Beweislast für die Erfüllung seiner Pflichten. 73 Von einer expliziten gesetzlichen Anerkennung eines Rechts kann allerdings abgesehen werden, wenn seine Respektierung in der Praxis gewährleistet ist. 74 Andererseits kann selbst die fortlaufende Nichtanwendung einer mit der RESC nicht zu vereinbarenden Vorschrift eine Vertragsverletzung bedeuten. 75

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Zur Vorgängervorschrift Art. 33 ESC, nach der die Umsetzung durch die Sozialpartner nur bei bestimmten Rechten möglich ist Birk, in: Becker / ​Hilty / ​Stöckli / ​Würtenberger (Hrsg.), FS Rehbinder, S. 3 (5 ff.) sowie Wiese, GYIntL 1973, 328 (345 ff.). 70 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Belgien, Niederlande; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Niederlande, Tschechien, Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien Niederlande, Russland; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Italien; Beschwerde 59/2009 Rn. 27, 43; kritisch hierzu Beschwerde 59/2009 Dissenting Opinion Jimena Quesada, Belorgey und Işik. 71 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XX-3 Art. 3 ZP Griechenland, Spanien, Tschechien; Beschwerde 12/2002 Rn. 26 ff.; Jaspers, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the employ­ment Relation, S. 63 (71 f.); Randzio-Plath, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 293 (298). 72 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Beschwerde 37/2006 Rn. 14; Harris  / ​ Darcy, The European Social Charter, S. 30 f.; Jaspers, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the employment Relation, S. 63 (66 ff.); KahnFreund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (135); Schambeck, Grundrechte und Sozialordnung, S. 114. 73 Siehe § 3 A. I. 2. b) aa). 74 Vgl. etwa Länderbericht XIII-1 Art. 5 Schweden; Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Finnland; Länderbericht 2014 Art. 22 Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Russland, Serbien; Länderbericht 2014 Art. 28 Irland, Serbien. 75 Länderbericht V Art. 1 § 2 Statement of Interpretation; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Zypern; anders Länderbericht IX-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich.

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§ 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC 

Voraussetzung für die Erfüllung der Verpflichtungen ist nicht nur die Schaffung einer konformen Rechtslage, sondern auch deren konsequente Einhaltung. 76 Notwendig dafür ist stets die Eröffnung von Rechtsschutzmöglichkeiten. 77

III. Rechtfertigung von Einschränkungen durch Art. G RESC Die Rechte in Teil II der RESC sind auf den ersten Blick so formuliert, als würden sie absolut gelten. Dennoch können Einschränkungen bestehender Rechte durch Art. G RESC gerechtfertigt werden, wenn sie (a) gesetzlich vorgeschrieben sind, (b) ein legitimes Ziel verfolgen, nämlich den Schutz von Rechten und Freiheiten anderer, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Sicherheit des Staates, der Volksgesundheit oder der Sittlichkeit, und (c) in einer demokratischen Gesellschaft zur Verfolgung dieser Zwecke notwendig sind. Art. G RESC lässt lediglich Einschränkungen zu und legitimiert nicht den gänzlichen Ausschluss von Rechten. 78 Gesetzlich vorgeschrieben meint nicht nur formelle Gesetze, sondern jegliche materielle Rechtsnormen einschließlich Richterrecht. 79 Die Regelungen müssen klar, präzise und vorhersehbar sein. 80 Sie sollen nicht zu komplex sein, damit der Einzelne seine Rechte und deren Grenzen verstehen kann. 81 Wenn sich eine Einschränkung auf Richterrecht stützt, muss die Rechtsprechung durch eine hinreichende Beständigkeit Rechtssicherheit bieten. 82 Zudem müssen alle involvierten Parteien in einem fairen Verfahren ihre Sichtweise darlegen können. 83 76 Vgl. nur Länderbericht I Art. 5 Deutschland, Irland; Beschwerde 1/1998 Rn. 32; Beschwerde 111/2014 Rn. 248; Beschwerde 123/2016 Rn. 110; Jaspers, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the employment Relation, S. 63 (64, 70). 77 Vgl. etwa Länderbericht I Art. 5 Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen, Schweden; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien; Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Statement of Interpretation; Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Statement of Interpretation; Länderbericht 2003 Art. 29 Bulgarien, Frankreich, Italien, Rumänien, Schweden, Slowenien. 78 Länderbericht X-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 79 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Italien; Beschwerde 23/2003 Rn. 27; Beschwerde 59/2009 Rn. 43; anders Beschwerde 116/2015 Rn. 89; dazu Gitter, ZfA 1971, 127 (142 f.); Gooren, Der Tarifbezug des Arbeitskampfes, S. 186 f.; a. A. Beschwerde 59/2009 Dissenting Opinion Jimena Quesada, Belorgey und Işik; Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 86. 80 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Spanien; Beschwerde 32/2005 Rn. 35. 81 Länderbericht XII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 82 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Italien; Beschwerde 59/2009 Rn. 43. 83 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien; Beschwerde 59/2009 Rn. 44.

B. Normative Grundlagen des kollektiven Arbeitsrechts in der RESC 

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Die durch eine Einschränkung zulässigerweise verfolgten Zwecke sind abschließend, aber in sich offen formuliert. 84 Mögliche Bedeutungsunterschiede zwischen der englischen und der französischen Fassung, etwa zwischen protection und respect oder zwischen public interest und ordre public, wurden bisher nicht thematisiert. 85 Notwendig ist ein Eingriff, wenn zum einen kein milderes Mittel zur Erreichung des Zwecks zur Verfügung steht, und zum anderen das Verhältnis zwischen Eingriffsintensität und Förderung des Ziels angemessen ist. 86 In jüngerer Zeit formuliert das EKSR, dass die Einschränkung eine Reaktion auf ein zwingendes soziales Bedürfnis sein muss. 87 Die Notwendigkeit wird nicht durch ausbleibende Kritik der von der Einschränkung Betroffenen indiziert. 88 Art. G RESC soll angesichts der Verletzlichkeit der von der RESC geschützten Personen grundsätzlich, aber vor allem in Krisenzeiten eng ausgelegt werden. 89 Der Staat trägt die Verantwortung, dass die Grenzen von Art. G RESC in der Praxis nicht überschritten werden. 90 Eine Vorschrift, die dauerhaft mehrere Rechte der RESC beschränkt und dabei viele Einzelpersonen betrifft, wird als besonders gravierender Verstoß gewertet. 91 Mehrere für sich genommen zulässige Einschränkungsmöglichkeiten können in der Summe eine Rechtfertigung ausschließen. 92

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Harris / ​Darcy, The European Social Charter, S. 30 f.; Koukiadaki, in: Bruun / ​Lörcher / ​ Schömann / ​Clauwaert, The European Social Charter and the Employment Relation, S. 87 (91); Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann (Hrsg.), The Economic and Financial Crisis and Collective Labour Law in Europe, S. 265 (279 f.); Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 36, 40. 85 Vgl. Schlachter, in: Countouris / ​Freedland (Hrsg.), Resocialising Europe in a Time of Crisis, S. 105 (110). 86 Länderbericht XIX-1 Art. 1 § 2 Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra, Ukraine; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Island; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Ukraine; Beschwerde 32/2005 Rn. 24; Beschwerde 74/2011 Rn. 97; Beschwerde 83/2012 Dissenting Opinion Schlachter, Nyström und Wujczyk; Beschwerde 111/2014 Rn. 87; Beschwerde 116/2015 Rn. 89; Beschwerde 123/2016 Dissenting Opinion Stangos und Kresal, allerdings ohne die Nennung einer milderen, gleich effektiven Alternative. 87 Beschwerde 116/2015 Rn. 89. 88 Länderbericht VII Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Malta; Länderbericht XX-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; anders Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Island. 89 Beschwerde 111/2014 Rn. 83, 88; Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann (Hrsg.), The Economic and Financial Crisis and Collective Labour Law in Europe, S. 265 (276 ff.). 90 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Portugal, Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Norwegen, Slowenien; Beschwerde 111/2014 Rn. 83. 91 Beschwerde 111/2014 Rn. 247. 92 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich.

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§ 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC 

C. Konkretisierung der Vorschriften im Rahmen der Überwachungsverfahren der RESC I. Problemaufriss Nachdem die für diese Arbeit relevanten materiellen Vorschriften der RESC beschrieben wurden, stellt sich die Frage, wie überprüft werden kann, ob die Staaten den jeweils sehr allgemein gehaltenen Anforderungen gerecht werden. Dafür muss überprüft werden, ob die nationalen Regelungen und Praktiken sich innerhalb dessen bewegen, was einerseits die in Teil II der RESC formulierten Rechte vorschreiben und andererseits Art. G RESC als Einschränkungen zulässt. Dieser Kontrolle und damit zumindest mittelbar der inhaltlichen Klarstellung dienen im Rahmen der RESC zwei Verfahren, nämlich das Berichtsverfahren und das Kollektivbeschwerdeverfahren. 93 Die Natur und der Ablauf dieser Überwachungsverfahren sowie die Rolle des an diesen Verfahren maßgeblich beteiligten EKSR sind Gegenstand dieses Abschnitts.

II. Ziel und Formen der Überwachungsverfahren 1. Berichtsverfahren Das Berichtsverfahren verpflichtet die Staaten, in regelmäßigen Zeitabständen anhand eines umfangreichen Fragebogens 94 die Sach- und Rechtslage in ihrem Hoheitsgebiet darzustellen. 95 Andere Quellen, insbesondere Informationen der ILO, ergänzen die Staatenberichte. 96 Da sich das Berichtsverfahren in seiner ur 93 Art. C und D RESC mit Verweis auf Teil IV ESC und das Beschwerdeprotokoll; zu den Kontrollverfahren aus der jüngeren Literatur Clauwaert I, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​ Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 99 (99 ff.); Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 84 ff. 94 Für die ESC abrufbar unter https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/ Display​DCTMContent?documentId=09000016804922f6; für die RESC abrufbar unter https:// rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?documentId=0900 0016804922f8, zuletzt abgerufen am 25.4.2019. 95 Zum aktuellen Verfahren siehe https://www.coe.int/en/web/european-social-charter/ reporting-system, zuletzt abgerufen am 25.4.2019; die jüngsten Reformen durch Entscheidung CM(2006)53 des Ministerkomitees des Europarates führen unter anderem ein vereinfachtes Berichtsverfahren ein; de Schutter, in: ders. (Hrsg.), The European Social Charter, S. 11 (17 ff.); zu Berichten über nicht ratifizierte Abkommen s. Świątkowski, Labour Law, Rn. 292. 96 Vgl. § 3 B. I. 2. c) cc) (3); Länderbericht I Art. 5 Dänemark, Norwegen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht III Art. 5 Irland; Länderbericht VI Art. 5 Schweden; Länderbericht IX-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht X-2 Art. 5 Österreich Länderbericht XII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Norwegen; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Finnland, Niederlande, Österreich, Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 5 Finnland; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Tschechien; Länderbericht

C. Konkretisierung der Vorschriften im Rahmen der Überwachungsverfahren 

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sprünglichen Fassung insbesondere aufgrund von Kompetenzüberschneidungen und unterbesetzten Gremien nicht als effektiv erwies 97, wurde es durch das Änderungsprotokoll vom 21.10.1991 modifiziert 98. Obwohl nicht alle für das Inkrafttreten des Änderungsprotokolls notwendigen Ratifizierungen vorliegen 99, werden einige Vorschriften vorläufig angewendet. 100 Das Änderungsprotokoll sieht vor, dass das EKSR zusätzliche Auskünfte und Klarstellungen der Berichte unmittelbar von den Vertragsparteien einholen kann. Auch wenn die Regelung in der Geschäftsordnung des EKSR Niederschlag gefunden hat 101, ist aus den Stellungnahmen nicht ersichtlich, ob und in welchem Umfang diese Vorschrift Anwendung findet. Die Berichte bieten einen Gesamtüberblick über die rechtliche und tatsächliche Situation und ermöglichen eine regelmäßige allgemeine Erfolgskontrolle. 102

2014 Art. 5 Ukraine; Länderbericht I Art. 6 § 2 Dänemark, Norwegen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht X-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Spanien, Zypern; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Dänemark. Auch Heranziehung von Stellungnahmen von Landesvertretern des Ministerkomitees: Länderbericht XX-3 Art. 5 Dänemark; Länderbericht 2014 Art. 5 Georgien. 97 Alston, in: de Búrca / ​de Witte (Hrsg.) Social Rights in Europe, S. 45 (49 ff.); Berenstein, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 15 (62 ff.); Bohling, in: von Hauff / ​ Pfister-Gaspary (Hrsg.), Internationale Sozialpolitik, S. 17 (21); Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 267 ff.; Lörcher, AuR 96, 48 (49); ders., in: Däubler (Hrsg.), FS Gnade, S. 689 (691 f., 696); Löw, RdA 1973, 184 (185); Machacek, in: Matscher (Hrsg.), Die Durchsetzung wirtschaftlicher und sozialer Grundrechte, S. 21 (50 f.); Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 87 f.; Öhlinger, in: Matscher (Hrsg.), Die Durchsetzung wirtschaftlicher und sozialer Grundrechte, S. 335 (340 f.); Pucci Di Benischi, in: Europarat (Hrsg.), The Social Charter of the 21st Century, S. 43 (45); Schlachter, SR 2013, 77 (78 ff.); Sommermann, Der Schutz der Menschenrechte im Rahmen des Europa­ rates, S. 14 f.; Vandamme, ILR 1994, 635 (639 ff.); Wiebringhaus, in: Baer-Kaupert / ​Leistner / ​ Schwaiger (Hrsg.), Liber Amicorum B. C. H. Aubin, S. 265 (272 f.); Wiese, GYIntL 16 (1973), 328 (339). 98 SEV Nr. 142; Brillat, in: de Búrca / ​de Witte (Hrsg.), Social rights in Europe, S. 31 (31 ff.); Harris / ​Darcy, The European Social Charter, S. 10 ff.; Lörcher, in: Däubler (Hrsg.), FS Gnade, S. 689 (689 ff.); Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 78 f., 89 ff.; Świątkowski, Charter of Social Rights of the Council of Europe, S. 17 ff. 99 Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 79. 100 Länderbericht XII-2, Allgemeine Einleitung S. 13; Lörcher, in: Däubler (Hrsg.), FS Gnade, S. 689 (695); Schlachter, RdA 2011, 341 (346); Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 2. 101 Vgl. Rule 21; https://rm.coe.int/rules-of-the-european-committee-of-social-rights-rev-2bil/1680788a3d, zuletzt abgerufen am 25.4.2019. 102 Berenstein, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 15 (61); Drai, in: Teyssié (Hrsg.), La norme transnationale et les relations de travail, S. 127 (134, Rn. 231); ­Harris, in: Europarat (Hrsg.), The Social charter of the 21st century, S. 109 (123 f.); Schlachter, SR 2013, 77 (84).

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§ 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC 

2. Beschwerdeverfahren Durch das Beschwerdeprotokoll vom 9.11.1995 wurde schließlich das Kollektiv­ beschwerdeverfahren eingeführt. 103 Die Kollektivbeschwerde kann nur durch bestimmte Organisationen 104 und ausschließlich gegen Staaten, die sich diesem Verfahren unterworfen haben 105, erhoben werden. Gegenstand muss eine systematische Missachtung eines Rechts aus der RESC sein, sodass Einzelfälle lediglich zur Veranschaulichung angeführt werden können. 106 Dennoch bietet die Kollektivbeschwerde Gelegenheit, eine konkrete Fragestellung vertieft zu behandeln. 107 Die Bewertung basiert ebenfalls auf dem Vorbringen der Parteien sowie Beobachtungen internationaler Organisationen. 108 Ähnlich wie beim Berichtsverfahren geht aus den Beschwerden nicht hervor, ob die Aufforderung der beschwerdeführenden Organisation und des betroffenen Staates zur Vorlage aller sachdienlichen Erläuterungen und Auskünfte 109 oder im Rahmen der Anhörung nach Art. 7 § 4 des Beschwerdeprotokolls durch konkrete Fragen lenkend eingegriffen wird. In jedem Fall beeinflusst die Beendigung des schriftlichen Vorverfahrens nach dem Ermessen des Präsidenten des EKSR 110 die Entscheidungsgrundlage.

103

SEV Nr. 158; siehe unten § 1 B.; Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 273 ff.; Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 94 ff.; Pucci Di Benischi, in: Europarat (Hrsg.), The Social Charter of the 21st Century, S. 43 (53 ff.); Schlachter, SR 2013, 77 (82); Świątkowski, Labour Law, Rn. 300 ff.; ders., ZIAS 2006, 320 (320 ff.). 104 Art. 1 und 3 des Beschwerdeprotokolls; vgl. Churchill / ​Khaliq, EJIL Vol. 15, 417 (424 ff.); Harris, in: Europarat (Hrsg.), The Social charter of the 21st century, S. 109 (111 ff.). 105 Die Unterwerfung kann durch die Bindung an das Beschwerdeprotokoll oder an die RESC erfolgen. Das Beschwerdeverfahren gilt für Deutschland nicht. 106 Beschwerde 116/2015 Rn. 41; Harris, in: Europarat (Hrsg.), The Social charter of the 21st century, S. 109 (116 ff.); Świątkowski, Labour Law, Rn. 305 m. w. N. 107 Beschwerde 1/1998 Zulässigkeit Rn. 10 ff.; Beschwerde 59/2009 Rn. 23; allgemein Birk, in: Engels / ​Weiss (Hrsg.), Labour Law and Industrial Relations at the Turn of the Century, S. 261 (261 ff.); Churchill / ​Khaliq, EJIL Vol. 15, 417 (422 ff.); Cullen, HRLR Vol. 9 (2009), 61 (70); Harris, in: Europarat (Hrsg.), The Social charter of the 21st century, S. 109 (124); O’Cinneide, in: de Schutter (Hrsg.), The European Social Charter, S. 167 (170 f.); Świątkowski, Charter of Social Rights of the Council of Europe, S. 389 ff. 108 Art. 9 des Beschwerdeprotokolls; Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Providing for a System of Collective Complaints Rn. 11, 45 ff.; Rule 31 f. der Geschäftsordnung des EKSR; Beschwerde 40/2007 Rn. 41; Churchill / ​Khaliq, EJIL Vol. 15, 417 (436 f.). 109 Art. 7 des Beschwerdeprotokolls; Rule 31 der Geschäftsordnung des EKSR. 110 Rule 31 § 4 der Geschäftsordnung des EKSR.

C. Konkretisierung der Vorschriften im Rahmen der Überwachungsverfahren 

51

III. Zweistufigkeit der Überwachungsverfahren 1. Rechtliche Beurteilung der nationalen Situation durch das EKSR Der durch Berichte oder eine Beschwerde vorgebrachte Sachverhalt wird zunächst von den 15 unabhängigen Sachverständigen des EKSR auf seine Vereinbarkeit mit den Pflichten aus der RESC untersucht. 111 Dieser erste Schritt wird als juristischer Teil des Verfahrens bezeichnet. 112 Grundsätzlich wird im Berichtsverfahren die Situation während der Berichtsperiode unabhängig von späteren Rechtsänderungen betrachtet. 113 Gegenstände anhängiger Kollektivbeschwerden sind von der Beurteilung ausgenommen. 114 Das Berichtsverfahren mündet in sogenannten conclusions. 115 Allgemeine Bewertungsgrundsätze hält das EKSR in Statements of Interpretation fest. Zu den für diese Arbeit relevanten Vorschriften existieren 23 solcher abstrahierten Stellungnahmen.

111

Art. 25 ESC. Das EKSR wurde in der ESC als Sachverständigenausschuss, im Beschwerdeprotokoll als Ausschuss unabhängiger Sachverständiger bezeichnet. Die Mitgliederzahl wurde durch Decision 4.2 des 751. Meeting of the Minister’s deputies am 7.5.2001 erhöht. Überblick zu den Organen bei Lappenküper, in: Schmuck (Hrsg.), Vierzig Jahre Europarat, S. 81 (81 ff.). 112 Brillat, in: de Búrca / ​de Witte (Hrsg.), Social Rights in Europe, S. 31 (32 ff.); Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 90 ff.; Papadatos, Journal der internationalen Juristen-Kommission 1966, 237 (262 f.). 113 Länderbericht V Art. 5 Schweden; Länderbericht VII Art. 5 Italien; Länderbericht IX-2 Art. 5 Spanien; Länderbericht XII-1 Art. 5 Island; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Niederlande; Länderbericht XVIII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2004 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Belgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau, Ukraine; Länderbericht 2018 Art. 6 § 1 Litauen; Länderbericht X-2 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht X-2 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Georgien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 3 Litauen; Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht 2014 Art. 21 Russland; Länderbericht 2014 Art. 22 Slowenien; Länderbericht 2018 Art. 21 Litauen; abweichend, indem auch nach dem Berichtszeitraum eingetretene Sachverhalte die Bewertung beeinflussten, Länderbericht VIII Art. 5 Dänemark, Länderbericht XI-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; gänzlich abweichend Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Island, bei dem eine Situation beurteilt wurde, die der vorangegangen Berichtsperiode entstammte und zum Beurteilungszeitpunkt keine Wirkungen mehr entfaltete. 114 Länderbericht 2014 Art. 5 Norwegen; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Belgien; vgl. Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 280 ff. 115 Zum Berichtsverfahren allgemein, teilweise auch in seiner alten Form, siehe Lörcher, in: Däubler (Hrsg.), FS Gnade, S. 689 (691); Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 26; Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 85 f.; Świątkowski, Labour Law, Rn. 284 ff.; zu dieser Form der vertikalen Rechtsvergleichung Nagel, in: Zacher (Hrsg.), Sozialrechtsvergleich im Bezugsrahmen internationalen und supranationalen Rechts, S. 161 (170 ff.); vgl. Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (49 f., 56)

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§ 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC 

In jüngerer Zeit werden die Statements of Interpretation nicht immer dem jeweiligen Artikel vorangestellt, dafür aber bei jedem Land wiederholt. 116 Bei den decisions des Beschwerdeverfahrens kann zwischen der Entscheidung über die Zulässigkeit (admissibility) und über die Begründetheit (merits) unterschieden werden. 117 Die beschwerdeführende Organisation muss hinreichende Anhaltspunkte für den gerügten Verstoß vorbringen. 118 Sieht das EKSR einen Eingriff in die Rechte aus der RESC als gegeben an, ist es Sache des Staates, dessen Rechtfertigung, insbesondere seine Notwendigkeit, zu beweisen. 119 Maßgeblich ist die Rechtslage am Tag der Entscheidung. 120 Das EKSR nimmt in diesem Verfahren eine gerichtsähnliche Rolle ein. 121 Die decisions unterscheiden sich stark in Umfang und Aufbau von den conclusions. Die Begründetheit einer Beschwerde enthält auf in der Regel mehr als zehn Seiten neben einer ausführlichen Darstellung des Sachverhalts und des einschlägigen nationalen und internationalen Rechts eine Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Argumenten. Teilweise schließen sich daran dissenting opinions einzelner oder mehrerer Mitglieder des EKSR an. 122 Conclusions umfassen im Normalfall nur wenige Seiten für jede Verpflichtung 123 und beschränken sich im Extremfall auf einen einzelnen Satz 124. Nur in seltenen Fällen ist eine abweichende Meinung enthalten. 125

116

Europarat, Digest of the case law of the European Committee of Social Rights, S. 11; siehe etwa § 2 Fn. 986 oder 1061. 117 Zum Beschwerdeverfahren allgemein Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Providing for a System of Collective Complaints, abrufbar unter https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?documentId​ =09000016800cb5ec, zuletzt abgerufen am 25.4.2019; Churchill / ​Khaliq, EJIL Vol. 15, 417 (429 ff.); Cullen, HRLR Vol. 9 (2009), 61 (61 ff.); Lörcher, AuR 1996, 48 (48 ff.); Świątkowski, ZIAS 2006, 320 (321 ff.); vgl. Beschwerde 1/1998 Zulässigkeit Rn. 10 ff. 118 Beschwerde 101/2013 Rn. 129; Beschwerde 116/2015 Rn. 81, 107, 115 ff.; Beschwerde 118/2015 Rn. 78 ff., 87 ff.; Beschwerde 123/2016 Rn. 110 ff. 119 Beschwerde 118/2015 Rn. 74 f. 120 Beschwerde 32/2005 Rn. 18 f.; Beschwerde 101/2013 Rn. 52, 88; Beschwerde 123/2016 Rn. 102. 121 Beschwerde 16/2003 Rn. 20; Beschwerde 59/2009 Rn. 37 f.; Brillat, in: de Búrca / ​de Witte (Hrsg.), Social Rights in Europe, S. 31 (34 ff.); Świątkowski, Labour Law, Rn. 303, 312. 122 Etwa Beschwerde 12/2002 Dissenting Opinion Akillioğlu oder Grillberger und Mikkola. 123 Vgl. Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina (10 Seiten) oder Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Russland (6 Seiten) als seltene Ausnahmen. 124 Vgl. Länderbericht XI-1 Art. 6 § 1 Island, Norwegen, Schweden. 125 Etwa Länderbericht VII und VIII Art. 5 Vereinigtes Königreich Dissenting Opinion ­Z anetti.

C. Konkretisierung der Vorschriften im Rahmen der Überwachungsverfahren 

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2. Politische Beurteilung der Stellungnahme des EKSR durch das Ministerkomitee Stellt das EKSR einen Verstoß gegen Verpflichtungen aus der RESC fest, entscheidet in einem zweiten Schritt das Ministerkomitee über dessen Rechtsfolge. 126 Als schärfste Maßnahme kann bei wiederholten massiven Missachtungen eine Empfehlung ausgesprochen werden, die aber weder Durchsetzungsmechanismen noch Sanktionen vorsieht. 127 Der Resolution als Vorstufe zur Empfehlung fehlt es darüber hinaus an einer Rechtsgrundlage in den Vertragswerken des Europarates. 128 Die Resolutionen und Empfehlungen des Ministerkomitees sind nicht Gegenstand dieser Arbeit. Das Votum des Ministerkomitees ist der politische Teil des Verfahrens. 129 Dabei tritt der juristische Beitrag des EKSR hinter die politische Komponente des Ministerkomitees zurück, da nicht jeder festgestellte Verstoß zum Ausspruch einer politischen Empfehlung führt. 130 Da die Reaktion des Ministerkomitees sich nicht mit dem materiellen Gehalt der Vorschriften der RESC auseinandersetzt, spielen sie in dieser Arbeit keine Rolle.

IV. Aussagekraft der Stellungnahmen des EKSR Die Verbindlichkeit der vom EKSR im Zuge der Überwachung abgegebenen Stellungnahmen ist umstritten. 131 Allerdings befasst sich rein faktisch allein dieses 126

Art.  13 der Satzung des Europarates; Carstens, Das Recht des Europarats, S. 85 ff.; ­ arris, in: Europarat (Hrsg.), The Social charter of the 21st century, S. 109 (120 ff.); Hondius, H in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 245 (245 ff.); Robertson, The Council of Europe, S. 24 ff.; Schlachter, SR 2013, 77 (83); Świątkowski, Labour Law, Rn. 294 ff. 127 Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (104 f.); Klotz, BABl. 1971, 275 (277); Öhlinger, in: Matscher (Hrsg.), Die Durchsetzung wirtschaftlicher und sozialer Grundrechte, S. 335 (345) („zahnloser Papiertiger“); Schlachter, SR 2013, 77 (77 f.); Sommermann, Der Schutz der Menschenrechte im Rahmen des Europarates, S. 14 f. 128 BT-Drs. 13/11415, 18; Löw, RdA 1973, 184 (185). 129 Brillat, in: de Búrca / ​de Witte (Hrsg.), Social Rights in Europe, S. 31 (33); Hondius, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 245 (245); Leuprecht, in: Nowak (Hrsg.), FS Ermacora, S. 95 (95 ff.); Świątkowski, Labour Law, Rn. 295. 130 Machacek, in: Matscher (Hrsg.), Die Durchsetzung wirtschaftlicher und sozialer Grundrechte, S. 21 (52 f.). 131 Umfassend Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 131 ff.; Reinbach, Das gewerkschaftliche Streikmonopol, S. 73 ff.; für eine Auslegungskompetenz des EKSR: Brillat, in: de Búrca / ​de Witte (Hrsg.), Social Rights in Europe, S. 31 (32 f., 37); Cullen, HRLR Vol. 9 (2009), 61 (70); Evju, in: Blanpain (Hrsg.), The Council of Europe and the Social Challenges of the XXIst Century, S. 19 (23); Lörcher, in: Däubler (Hrsg.), Arbeitskampfrecht, § 10 Rn. 27; Pucci Di Benischi, in: Europarat (Hrsg.), The Social Charter of the 21st Century, S. 43 (51); Schlachter, SR 2013, 77 (80 f.); dies., RdA 2011, 341 (345 f.); ähnlich auch die parlamentarische Versammlung, nach Miehsler, in: ders. (Hrsg.), FS Verdross, S. 547 (554 m. w. N.); gegen eine Kompetenz des EKSR: Birk / ​Konzen / ​L öwisch / ​Raiser / ​Seiter, Gesetz zur Regelung

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§ 1 Regelung des kollektiven Arbeitsrechts in ESC und RESC 

Gremium mit der Präzisierung der Vorschriften der RESC. 132 Das Ministerkomitee kann einen vom EKSR festgestellten Verstoß nicht aufheben, sondern lediglich die Rechtsfolge wählen, und umgekehrt ohne festgestellten Verstoß keine Empfehlung aussprechen. 133 Den Stellungnahmen des EKSR kommt also zumindest eine gewisse Autorität zu. 134 Zudem wurde durch Art. 2 des vorläufig anzuwendenden Änderungsprotokolls die Beurteilung der Staatenberichte dem EKSR übertragen. Es ist daher gerechtfertigt, trotz ihrer zu bezweifelnden Rechtsverbindlichkeit die Spruchpraxis des EKSR genauer zu untersuchen.

kollektiver Arbeitskonflikte, S. 29; Däubler, AuR 1998, 144 (147 f.); Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 46 ff.; Franzen, in: Henssler / ​Joussen / ​Maties / ​Preis (Hrsg.), FS Wank, S. 105 (114); Franzen / ​T hüsing / ​Waldhoff, Arbeitskampf in der Daseinsvorsorge II, S. 69; Frowein, Zur völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Aussperrung, S. 15; Löwisch / ​Rieble, in: Löwisch (Hrsg.), Arbeitskampfund Schlichtungsrecht, Grundlagen 170.1 Rn. 109; Machacek, in: Matscher (Hrsg.), Die Durchsetzung wirtschaftlicher und sozialer Grundrechte, S. 21 (63); Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 193 f.; Schubert, Arbeitsvölkerrecht, S. 98; Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 14; Seifert, KritV 2009, 357 (365 f.); Świątkowski, Labour Law, Rn. 291. 132 Länderbericht I Art. 6 Statement of Interpretation; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland; Beschwerde 5/1999 Dissenting Opinion Jamoulle Rn. 2; Beschwerde 16/2003 Rn. 20; Beschwerde 37/2006 Rn. 14; Beschwerde 85/2012 Rn. 73; Länderbericht VII Art. 5 Dissenting Opinion Zanetti; Dahm / ​Wolfrum, Völkerrecht Band III, § 153 I. 2. a); Franzen, EuZA 2010, 453 (454); Nußberger, Sozialstandards im Völkerrecht, S. 273; Rieble, RdA 2005, 200 (204 m. w. N.); vgl. Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 62 f. 133 Beschwerde 16/2003 Rn. 20 f.; Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Providing for a System of Collective Complaints Rn. 11; Brillat, in: de Búrca / ​de Witte (Hrsg.), Social Rights in Europe, S. 31 (34); Churchill / ​Khaliq, EJIL Vol. 15, 417 (438 ff.). 134 EGMR vom 8.4.2014 – Rs. 31045/10 Rn. 94 f. – National Union of Rail, Maritime and Transport Workers; Akandji-Kombé, in: de Búrca / ​de Witte (Hrsg.), Social Rights in Europe, S. 89 (89 ff.); Däubler, AuR 1998, 144 (148); Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 208 f.; Evju, in: Blanpain (Hrsg.), The Council of ­Europe and the Social Challenges of the XXIst Century, S. 19 (23); Franzen, EuZA 2010, 453 (454); Franzen / ​T hüsing / ​Waldhoff, Arbeitskampf in der Daseinsvorsorge II, S. 70; Gooren, Der Tarif­ bezug des Arbeitskampfes, S. 179 ff.; Kahn-Freund, in: Jacobs (Hrsg.), European Law and the individual, S. 181 (205 f. m. w. N.); Karl, Vertrag und spätere Praxis im Völkerrecht, S. 172 ff.; ders., in: Schreuer (Hrsg.), Autorität und internationale Ordnung, S. 9 (27 ff.); Miehsler, in: Schreuer (Hrsg.), Autorität und internationale Ordnung, S. 35 (44 ff., insb. 48); Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 194, 197, 199 ff.; Schlachter, RdA 2011, 341 (345 f.); Schubert, Arbeitsvölkerrecht, S. 98; vgl. Beschwerde 16/2003 Rn. 20; a. A. Rieble, RdA 2005, 200 (204 m. w. N.), der das Risiko unterschiedlicher Interpretationen als im System angelegt ansieht; Kohte / ​Doll ZESAR 2003, 393 (395).

D. Zwischenergebnis

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V. Zugänglichkeit und Zitierweise der Stellungnahmen des EKSR Alle Stellungnahmen des EKSR können über die Datenbank HUDOC abgerufen werden. 135 In dieser Arbeit beziehen sich Fußnoten mit dem Verweis Länderbericht auf Aussagen, die dem Berichtsverfahren entstammen. 136 Nicht damit gemeint sind die Berichte, die die Staaten zur Beurteilung dem EKSR übermitteln. Verweise auf Länderberichte mit römischen Zahlen beziehen sich auf die ESC, diejenigen zur RESC sind mit arabischen Jahreszahlen versehen. Aufgrund dieser Unterscheidung wird in den Fußnoten dieser Arbeit auf eine ausdrückliche Zuordnung zu ESC oder RESC verzichtet; lediglich Artikel des ZP sind als solche gekennzeichnet. Auch Statements of Interpretation werden innerhalb des jeweiligen Überwachungszyklus als solche bezeichnet. Die Fundstellen zu Beschwerden beziehen sich – sofern nicht anders angegeben – auf die merits.

D. Zwischenergebnis Die Vorschriften zum kollektiven Arbeitsrecht greifen Einzelaspekte der Beziehung der Sozialpartner auf. Damit sie praktisch handhabbar sind, bedürfen die Normen aufgrund ihrer offenen Formulierung der Konkretisierung. 137 Es ist etwa nicht ohne weiteres ersichtlich, auf welche Gegenstände sich gemeinsame Beratungen nach Art. 6 § 1 RESC zu beziehen haben, welche Ausgestaltungen des Streikrechts Art. 6 § 4 RESC zulässt, oder welche Fördermaßnahmen für die Erfüllung der Verpflichtungen aus Art. 5, 6, 21 und 22 RESC in Betracht kommen. Das EKSR hat in zahlreichen Stellungnahmen versucht, den Inhalt der Vorschriften näher zu präzisieren. Der nächste Abschnitt enthält eine systematisierte Bestandsaufnahme der Aussagen, die das EKSR im Einzelnen getroffen hat.

135

Abrufbar unter http://hudoc.esc.coe.int/eng#{"ESCDcType":["FOND","Conclusion","Ob"]}. Vgl. Krebber, EuZA 2018, 155. 137 Dazu Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 32 f.; Dahm / ​Wolfrum, Völkerrecht Band III, § 153; Bülck, in: Strupp / ​Schlochauer (Hrsg.), Wörterbuch des Völkerrechts Band III, S. 547 ff.; Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 21; Jaspers, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the employment Relation, S. 63 (77 f.); Kahn-Freund, in: Centre inter­ universitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (132); Schlachter, in: Hau / ​Schmidt (Hrsg.), FS Lindacher, S. 373 (374); dies., in: Social Justice Expertise Center (Hrsg.), Ensuring Coherence in Fundamental Labor Rights Case Law, S. 19 (20). 136

§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme A. Gang der Untersuchung In diesem Teil werden die Stellungnahmen des EKSR zum kollektiven Arbeitsrecht systematisiert dargestellt. Dabei wird jede einschlägige Vorschrift aus Teil II der RESC für sich betrachtet. Die Einflüsse von Art. G und I RESC werden dabei eingearbeitet. Zunächst wird unter B. die Vereinigungsfreiheit im Sinne von Art. 5  RESC behandelt. Anschließend wird unter C. die Förderung der einvernehmlichen Festlegung von Arbeitsbedingungen durch kollektive Mittel näher betrachtet. Die Gestaltungsmöglichkeiten reichen von bloßen Beratungen (Art. 6 § 1 RESC) über den freiwilligen Abschluss verbindlicher Kollektivverträge (Art. 6 § 2 RESC) bis zur Durchführung von Schlichtungs- und Vermittlungsverfahren bei Interessenkonflikten (Art. 6 § 3 RESC). D. behandelt das Recht auf Kollektivmaßnahmen aus Art. 6 § 4 RESC, wobei der Schwerpunkt auf dem Streikrecht der Arbeitnehmer liegt. Unter E. werden schließlich zusätzliche Informationsund Gestaltungsrechte auf Unternehmensebene (Art. 21, 22 und 29 RESC) sowie Schutz und Erleichterungen für Arbeitnehmervertreter im Betrieb (Art. 28 RESC) beschrieben. Für diese Bestandsaufnahme wurden alle bis zum 25.4.2019 veröffentlichten Stellungnahmen des EKSR berücksichtigt. Zwar mag die umfassende Untersuchung ab dem ersten Überwachungszyklus nicht notwendig sein, um die aktuelle Auffassung des EKSR festzustellen. 1 Allerdings kann nur auf diese Weise herausgefunden werden, ob sich in der Spruchpraxis größere, abstrahierbare Linien abzeichnen.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC Das Vereinigungsrecht in Art. 5 RESC setzt sich nach der Spruchpraxis des EKSR aus mehreren Komponenten zusammen: der positiven und der negativen Vereinigungsfreiheit sowie dem Diskriminierungsschutz. Bevor diese Teilbereiche beleuchtet werden, wird erläutert, auf welche Vereinigungen sich Art. 5 RESC bezieht.

1

Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Tschechien Dissenting Opinion Evju, Birk und Mikkola.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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I. Rechtsnatur und Zweck der von Art. 5 S. 1 RESC erfassten Vereinigungen Art. 5 S. 1 RESC schützt das Recht, Organisationen zum Schutz der eigenen wirtschaftlichen und sozialen Interessen zu bilden und diesen Organisationen beizutreten. Zunächst ist hervorzuheben, dass das Vereinigungsrecht in Art. 5 S. 1 RESC sich nicht auf alle denkbaren Vereinigungen bezieht, sondern nur die Gründung freiwilliger und privatrechtlich organisierter Zusammenschlüsse von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern schützt: Aus wenigen gewählten Vertretern bestehende Gremien oder durch Gesetz gegründete Organisationen sind von dieser Vorschrift nicht erfasst. 2 Öffentlich-rechtliche Berufskammern, die die Einhaltung der jeweiligen Berufsvorschriften durch ihre Mitglieder überwachen, fallen daher nicht in den Anwendungsbereich der Norm. 3 Der Zweck der Vereinigung muss im Schutz der wirtschaftlichen und sozialen Interessen ihrer Mitglieder liegen. 4 Arbeitnehmervereinigungen mit einer anderen Zielsetzung müssen nicht als Gewerkschaften anerkannt werden. 5 Auch wenn Art. 5 S. 1 RESC Vereinigungen, die die Gestaltung des Verhältnisses zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern anstreben, eine Sonderrolle einräumt, müssen die Staaten keine Spezialregelungen für Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften aufstellen: Nationale Vorschriften, die gleichermaßen für alle Vereinigungen unabhängig von ihren Zwecken gelten, können der RESC gerecht werden. 6

II. Positive Vereinigungsfreiheit Die positive Vereinigungsfreiheit, also die Gründung von und der Beitritt zu Organisationen, lässt sich unterteilen in die Rechte des Einzelnen und die Rechte des Kollektivs. Bei der individuellen positiven Vereinigungsfreiheit sind der persönliche Anwendungsbereich und dessen Grenzen sowie zulässige Anforderungen an die Gründung von Vereinigungen zu thematisieren, während das Beitrittsrecht eine untergeordnete Rolle spielt. Es folgen die Darstellung der Rechte, die das EKSR aus Art. 5 RESC für das Kollektiv ableitet, sowie der Anforderungen, die das EKSR an den Schutz und die Förderung der Vereinigungsfreiheit stellt. 2 Länderbericht VI Art. 5 Irland, Italien; Länderbericht VII Art. 5 Vereinigtes Königreich; vgl. Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (139 f.). 3 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Island; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien mit Verweis auf EGMR vom 6.11.2003 – Rs. 48047/99, 48961/99, 50786/99 und 50792/99 – Popov u. a., Vakarelova, Makrov und Bankov. 4 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation. 5 Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht XV-1 Art. 5 Dänemark, Polen, Schweden, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 5 Ukraine. 6 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Österreich.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

1. Individuelle positive Vereinigungsfreiheit a) Gründung von Vereinigungen aa) Zur Gründung von Vereinigungen berechtigte Personen Beim Anwendungsbereich der Vereinigungsfreiheit stellt sich zum einen die Frage, welche Personen dieses Recht grundsätzlich erfasst, und zum anderen, ob manchen Gruppierungen diese Freiheit verwehrt werden kann. (1) Arbeitnehmer und Arbeitgeber Während die RESC grundsätzlich auf jedermann anwendbar ist 7, bezieht sich Art. 5 S. 1 RESC auf zwei konkrete Personengruppen, nämlich Arbeitnehmer und Arbeitgeber 8. Der Begriff des Arbeitnehmers erfasst alle Kategorien von Arbeitern und Angestellten, sowohl bei privatrechtlich als auch bei öffentlich-rechtlich organisierten Arbeitgebern. 9 Keine Arbeitnehmergruppe ist vom Schutzbereich ausgenommen. 10 Selbst die Regelungen in Art. 5 S. 2 und 3 RESC führen nicht zum pauschalen Ausschluss des Vereinigungsrechts von Polizei oder Militär. 11 (2) Rentner und Arbeitslose Nach dem traditionellen Verständnis haben Gewerkschaften die Aufgabe, die Interessen aktiver Arbeitnehmer zu vertreten. 12 Rentner und Arbeitslose sind dem Wortsinn nach keine Arbeitnehmer, da sie in keinem Arbeitsverhältnis (mehr) stehen. Das EKSR dehnt den Anwendungsbereich von Art. 5 RESC aber auf diese 7 Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 55 f.; Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 68; Wiebringhaus, in: Baer-​ Kaupert / ​Leistner / ​Schwaiger (Hrsg.), Liber Amicorum B. C. H. Aubin, S. 265 (269). 8 Englische Fassung: worker und employer; französische Fassung: travailleur und ­employeur. 9 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht IV Art. 5 Österreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Andorra, Moldau, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra, Bosnien und Herzegowina; Länderbericht 2018 Art. 5 Armenien. 10 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen; für mit dem Arbeitgeber verwandte Arbeitnehmer oder Heimarbeiter siehe zusätzlich Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Polen; Länderbericht XX-3 Art. 5 Polen; Länderbericht XXI-3 Art. 5 Polen; Beschwerde 123/2016 Rn. 36; Jaspers, in: Bruun / ​Lörcher / ​ Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the employment Relation, S. 63 (78). 11 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; siehe § 2 B. II. 1. a) aa) (4) (c). 12 Vgl. Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Polen.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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Personen aus, da sie unter Umständen aus einem Arbeitsverhältnis resultierende Rechte ausüben. 13 Lediglich bei Studenten ist dies nicht der Fall. 14 Rentner und Arbeitslose müssen das Recht haben, Gewerkschaftsmitglieder zu werden und zu bleiben. 15 Ursprünglich mussten sie ebenfalls Gewerkschaften gründen können. 16 Mittlerweile reicht es aus, wenn sie andere Vereinigungen bilden dürfen, die zur Vertretung ihrer Interessen den gleichen Zugang zu Beratungen über politische Fragen haben wie Gewerkschaften. 17 Ihr Schutz durch die RESC wird in keinem anderen Zusammenhang vom EKSR weiter thematisiert. (3) Selbständige Die Anwendbarkeit der RESC auf Selbständige ist für jeden Artikel gesondert zu bestimmen. 18 Das EKSR sieht diese Personengruppe als von Art. 5 und 6 RESC erfasst an, auch wenn dies über das vom Abhängigkeitsverhältnis geprägte Verständnis des Arbeitnehmers hinausgeht. 19 Indes bezieht sich bis auf Beschwerde 123/2016 keine Stellungnahme explizit auf Selbständige. (4) Einschränkbarkeit des persönlichen Anwendungsbereichs der Vereinigungsfreiheit Auch wenn der persönliche Anwendungsbereich der Vereinigungsfreiheit durch das EKSR grundsätzlich weit verstanden wird, besteht die Möglichkeit, das Vereinigungsrecht bestimmter Personengruppen zu beschränken. Sofern eine solcher Einschränkung einer Rechtfertigung bedarf, kann diese nicht nur über Art. G 13 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVIII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2014 Art. 5 Montenegro. 14 Länderbericht 2010 Art. 5 Aserbaidschan. 15 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht 2010 Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht 2014 Art. 5 Montenegro. 16 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVIII-2 Art. 5 Lettland. 17 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Statement of Interpretation, Lettland, Polen, Slowakei; Länderbericht 2010 Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht 2014 Art. 5 Montenegro, Russland. 18 Länderbericht I General Introduction S. 8 (Rn. 10); vgl. Berenstein, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 15 (55); Wiebringhaus, in: Baer-Kaupert / ​Leistner / ​ Schwaiger (Hrsg.), Liber Amicorum B. C. H. Aubin, S. 265 (70). 19 Länderbericht I General Introduction S. 8 (Rn. 10); Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra, Armenien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien, Ukraine; Länderbericht 2018 Art. 5 Armenien; Beschwerde 123/2016 Rn. 35, 99 zu Art. 6 § 2 RESC; anders zu Art. 6 § 1 RESC Świątkowski, Labour Law, Rn. 226, allerdings ohne Begründung; nach Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil II Art. 5 Rn. 4 erfasst die Vorschrift Selbständige als Arbeitgeber.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

RESC, sondern auch aufgrund der Sondervorschriften in Art. 5 S. 2 und 3 RESC für Polizei und Militär erfolgen. (a) Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit Angehöriger anderer Staaten Keine rechtfertigungsbedürftige Einschränkung von Art. 5 RESC liegt vor, wenn diese Vorschrift von vornherein auf bestimmte Personen keine Anwendung findet. Dies kann bei ausländischen Arbeitnehmern zutreffen. Ob die RESC auf Angehörige eines anderen Staates Anwendung findet, regelt der Anhang. 20 Es müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: (1) Zum einen muss sich der ausländische Staatsangehörige rechtmäßig im Hoheitsgebiet der Vertragspartei aufhalten. Dabei muss kein Aufenthalt innerhalb der tatsächlichen geographischen Landesgrenzen vorliegen, sondern es kann eine rechtliche Anknüpfung erfolgen, wenn etwa ein Schiff unter der Flagge des Aufenthaltsstaates fährt. 21 (2) Zum anderen muss der Herkunftsstaat der betroffenen Person ebenfalls an die RESC gebunden sein. Diesen Grundsatz der Reziprozität kennt das Völkerrecht vor allem bei bilateralen Verträgen, die die nationale Souveränität gegenüber einem anderen Staat einschränken. 22 Dass die RESC als multilateraler und grundrechtsschützender Vertrag diese Gegenseitigkeit verlangt, ist eine Besonderheit, die einen lückenhaften Schutz ausländischer Staatsangehöriger nach sich ziehen kann. 23 Angesichts der Möglichkeit der partiellen Bindung an die RESC wäre dieses Risiko umso dringender, wenn der Herkunftsstaat nicht nur an die RESC als solche, sondern auch an die konkret in Frage stehende Vorschrift des Vertrags gebunden sein müsste. 24 Allerdings begründet bereits die Ratifizierung der RESC als solcher durch den Herkunftsstaat unabhängig von den konkret für verbindlich anerkannten Vorschriften bereits den Schutz durch die im Aufenthaltsstaat verbindlichen Normen. 25 20

Anhang zur Europäischen Sozialcharta (revidiert), Rn. 1; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra; dazu Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 56. 21 Länderbericht XIII-4 Art. 6 § 2 Deutschland. 22 Akandji-Kombé, in: de Búrca / ​de Witte (Hrsg.), Social Rights in Europe, S. 89 (94 f.); Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 287 ff.; Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 69; Stein / ​von Buttlar / ​Kotzur, Völkerrecht, § 2 Rn. 13; Wiebringhaus, in: Baer-Kaupert / ​Leistner / ​Schwaiger (Hrsg.), Liber Amicorum B. C. H. Aubin, S. 265 (269). 23 Das EKSR schlägt daher vor, dass die Staaten durch eine Erklärung den Anwendungsbereich ausdehnen, siehe Länderbericht 2011, General Introduction Rn. 21 ff.; Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 432. 24 Wiebringhaus, in: Baer-Kaupert / ​Leistner / ​Schwaiger (Hrsg.), Liber Amicorum B. C. H. Aubin, S. 265 (270). 25 Länderbericht VII Art. 13 § 4 Statement of Interpretation.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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Ist die RESC auf ausländische Arbeitnehmer anwendbar, darf der Staat sie nach Art. E RESC bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen aus der RESC nicht anders behandeln als eigene Staatsangehörige: Ihnen muss die Gründung von Gewerkschaften sowie der Beitritt im gleichen Maße wie den Angehörigen des Gaststaates möglich sein, insbesondere ohne vorherige behördliche Erlaubnis. 26 Ein Wohnsitz im Inland oder ein vorheriger Mindestaufenthalt des ausländischen Arbeitnehmers vor der Gewerkschaftsgründung von zwei Jahren dürfen allerdings gefordert werden. 27 Im Unterschied zu Art. 5 in Verbindung mit Art. E RESC erfasst Art. 19 § 4b RESC ausländische Arbeitnehmer unabhängig davon, ob ihr Heimatstaat an die RESC gebunden ist. Nach dieser Vorschrift dürfen sowohl bei der Gewerkschaftsmitgliedschaft als auch beim Genuss der durch Kollektivverträge gewährten Vorteile Wanderarbeitnehmer und entsandte Arbeitnehmer weder rechtlich noch tatsächlich diskriminiert werden. 28 In diesen Bereichen kann der Schutz von Arbeitnehmern aus anderen Vertragsstaaten also sowohl auf Art. 5 RESC als auch auf Art. 19 § 4b RESC gestützt werden. 29 Wird ein Verstoß gegen Art. 5 RESC damit begründet, dass die Vereinigungsfreiheit ausländischer Staatsangehöriger nicht hinreichend gewährleistet ist, führt dies gleichermaßen zu einem Verstoß gegen Art. 19 § 4b RESC. 30 Einen Mehrwert für den materiellen Gehalt der Vereinigungsfreiheit bietet die Vorschrift nicht, sodass sie in dieser Arbeit ausgeklammert wird. 31 (b) Einschränkungen im allgemeinen öffentlichen Dienst Staatsbedienstete sind aufgrund ihrer Arbeitnehmereigenschaft grundsätzlich von Art. 5 S. 1 RESC erfasst. Dennoch können ihr besonderer Status und Aufgabenbereich im Rahmen der Rechtfertigung von Einschränkungen über Art. G 26 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Finnland, Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 5 Niederländische Antillen; Länderbericht 2006 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bulgarien, Ukraine; Länderbericht 2018 Art. 5 Ukraine. 27 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Slowakei; Länderbericht 2006 Art. 5 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra. 28 Länderbericht XIII-3 Art. 19 § 4 Türkei; Länderbericht XIV-1 Art. 19 § 4 Türkei; Länderbericht XV-1 Art. 19 § 4 Türkei; Länderbericht XVI-1 Art. 19 § 4 Türkei; Länderbericht XVII-1 Art. 19 § 4 Türkei; Länderbericht XVIII-1 Art. 19 § 4 Türkei; Länderbericht XIX-4 Art. 19 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland, Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2006 Art. 19 § 4 Albanien, Estland, Italien; Länderbericht 2011 Art. 19 § 4 Statement of Interpretation, Albanien, Armenien, Belgien, Frankreich, Georgien, Irland, Norwegen, Slowenien, Türkei, Zypern; Länderbericht 2015 Art. 19 § 4 Armenien, Serbien. 29 Vgl. Clauwaert II, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 340 (344). 30 Länderbericht VI Art. 19 § 4 Frankreich; Länderbericht XIV-1 Art. 19 § 4 Finnland; Länderbericht XV-1 Art. 19 § 4 Finnland. 31 Mikkola, Social human rights of Europe, S. 254; Świątkowski, Charter of Social Rights of the Council of Europe, S. 348 f., 351.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

RESC herangezogen werden. 32 Ihr Interesse, nach freiem Willen Vereinigungen zu gründen, steht aber nicht prinzipiell hinter öffentlichen Belangen zurück. 33 Es dürfen weder pauschal alle senior civil servants und andere hochrangige Staatsbedienstete vom Vereinigungsrecht ausgeschlossen werden, selbst wenn die Betroffenen mit Aufgaben der nationalen Sicherheit betraut sind, 34 noch darf eine Beschränkung auf ausschließlich aus öffentlich Bediensteten bestehende Organisationen stattfinden 35. Bei Richtern, Staatsanwälten und anderen Schlüsselpersonen des nationalen Rechtssystems reicht es aus, wenn sie bloße Berufsvereinigungen bilden dürfen, um die für Gewerkschaften typische Verfolgung politischer Ziele auszuschließen und so die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Funktionsfähigkeit des Systems zu gewährleisten. 36 Der Kontakt dieser Berufsgruppen mit vertraulichen und sensiblen Informationen rechtfertigt ebenfalls Eingriffe in die Vereinigungsfreiheit. 37 Bei Grenzwachen und Gefängniswärtern ist die Begrenzung des Vereinigungsrechts auf je eine einzige Gewerkschaft zulässig. 38 Weist die betroffene Tätigkeit hingegen wie bei Juraprofessoren, Notaren oder Konsulatsangestellten lediglich eine Nähe zum Rechtssystem und keine unmittelbare Verbindung zur Justizverwaltung auf, muss die Rechtmäßigkeit von Einschränkungen einer besonders genauen Prüfung standhalten. 39 (c) Einschränkungen durch Art. 5 S. 2 und 3 RESC Bei den besonderen Einschränkungsmöglichkeiten von Art. 5 S. 2 und 3 RESC stellt sich nicht nur die Frage, wie weit diese Eingriffe reichen dürfen, sondern auch, in welchem Fall diese Vorschriften überhaupt anwendbar sind. 32

Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Moldau, Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 5 Ukraine. Länderbericht III Art. 6 § 4 Deutschland. 33 Länderbericht 2006 Art. 5 Rumänien; vgl. Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (143 f.). 34 Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Polen; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien; Beschwerde 83/2012 Rn. 70. 35 Länderbericht II Art. 5 Zypern; Länderbericht IV Art. 5 Zypern; Länderbericht V Art. 5 Zypern; Länderbericht VII Art. 5 Zypern; zur daran anknüpfenden Regelung, dass diese Vereinigungen sich ausschließlich mit Organisationen mit der gleichen exklusiven Mitgliederstruktur zusammenschließen dürfen Länderbericht II Art. 5 Zypern. 36 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht 2018 Art. 5 Andorra, Ukraine. 37 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen. 38 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen. 39 Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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(aa) Beschränkung des Vereinigungsrechts Polizeiangehöriger aufgrund Art. 5 S. 2 RESC Eine erweiterte Einschränkungsmöglichkeit findet sich in Art. 5 S. 2 RESC für Polizisten. Dennoch kann laut EKSR ein vollständiger Ausschluss des Vereinigungsrechts nicht allein aufgrund der notwendigen Verfügbarkeit, Disziplin und Loyalität gerechtfertigt werden. 40 Dies lässt sich aus dem Wortlaut und den travaux préparatoires zu Art. 5 S. 2 RESC ableiten. 41 In jüngster Zeit betont das EKSR, dass unabhängig von Art. 5 S. 2 RESC Maßstab für die Rechtfertigung jedes Eingriffs Art. G RESC ist. 42 Art. 5 RESC ist etwa verletzt, wenn Polizisten durch Gesetz gebildeten Organisationen angehören müssen, darüber hinaus aber keine eigenen Vereinigungen bilden dürfen 43, oder wenn die Vereinigung aus wenigen gewählten Polizeivertretern besteht und den übrigen Polizisten der Beitritt verwehrt ist 44. Den freiwilligen Zusammenschlüssen Polizeiangehöriger muss zumindest eine gewerkschaftsähnliche Stellung zuerkannt werden. 45 Der Staat darf vorsehen, dass sich Polizisten ledig 40 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation, Italien; Länderbericht II Art. 5 Observation, Italien, Zypern; Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation, Irland, Zypern; Länderbericht IV Art. 5 Zypern; Länderbericht V Art. 5 Vereinigtes Königreich, Zypern; Länderbericht VI Art. 5 Zypern; Länderbericht XII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Belgien; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Slowakei; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XVIII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2004 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Armenien, Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Russland, Serbien; Länderbericht 2016 Art. 5 Malta; Länderbericht 2018 Art. 5 Armenien, Aserbaidschan; Beschwerde 11/2001 Rn. 25, 44 f.; Beschwerde 83/2012 Rn. 71 f., 109; Beschwerde 101/2013 Rn. 62, 64; zur allgemeinen Sonderstellung der Polizei in völkerrechtlichen Verträgen Beschwerde 83/2012 Rn. 22, 28 f., 31 f., 109. 41 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation, Italien; Länderbericht II Art. 5 Observation, Italien, Zypern; Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation, Irland, Zypern; Länderbericht IV Art. 5 Zypern; Länderbericht V Art. 5 Vereinigtes Königreich, Zypern; Länderbericht VI Art. 5 Zypern; Länderbericht XII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Belgien; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XVIII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2004 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Armenien, Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Russland, Serbien; Länderbericht 2016 Art. 5 Malta; Beschwerde 11/2001 Rn. 25; Beschwerde 83/2012 Rn. 71 f., 109; Beschwerde 101/2013 Rn. 62, 64. 42 Länderbericht XXI-3 Art. 5 Polen. 43 Länderbericht II Art. 5 Statement of Interpretation, Irland, Vereinigtes Königreich; Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht VII Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht IX-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Malta; Länderbericht XV-1 Art. 5 Malta; Länderbericht 2006 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien. 44 Länderbericht II Art. 5 Irland. 45 Länderbericht I Art. 5 Irland; Länderbericht II Art. 5 Irland; Länderbericht V Art. 5 Italien; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht 2014 Art. 5 Aserbaidschan; Beschwerde 83/2012 Rn. 76 f.; Beschwerde 101/2013 Rn. 68.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

lich mit anderen – sowohl aktiven als auch pensionierten 46 – Angehörigen dieser Berufsgruppe zusammenschließen dürfen. 47 Dabei kann anhand der Dienstgrade differenziert werden. 48 Entsprechend der Stellung und der Aufgaben der Polizei dürfen die Respektierung der verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrechte, die Wahrung des guten Rufs und Ansehens der Polizei, die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und die Wahrung von Dienstgeheimnissen zur Voraussetzung der Ausübung des Vereinigungsrechts gemacht werden. 49 Nur im Einzelfall kann die Vereinigungsfreiheit weniger hochrangiger Polizisten ausgeschlossen werden. 50 (bb) Beschränkung des Vereinigungsrechts Militärangehöriger aufgrund Art. 5 S. 3 RESC Noch weiter als bei Polizisten reicht die Einschränkungsmöglichkeit für Angehörige des Militärs: Dass Art. 5 S. 3 RESC seinem Wortlaut nach ein vollumfängliches Verbot von Vereinigungen Militärangehöriger erlaubt, kann mit grundlegenden Unterschieden zwischen Militär und Zivilleben begründet werden. 51 Dementsprechend konnte bei Eintritt in das Militär die Aufgabe jeglicher vorheriger gewerkschaftlicher Aktivität verlangt werden. 52 Zuletzt äußerte das EKSR sich aber strikter: Auch wenn den Staaten ein weiter Spielraum offensteht, müssen Vereinigungsverbote einer Überprüfung am Maßstab von Art. G RESC und insbesondere dem Notwendigkeitserfordernis standhalten. 53 Ein pauschaler Ausschluss der Vereinigungsfreiheit ist nicht mehr ohne weiteres möglich. 54

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Beschwerde 101/2013 Rn. 69. Länderbericht VIII Art. 5 Italien; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Spanien; Länderbericht XIII-5 Art. 5 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XV-1 Art. 5 Italien, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Niederlande (Aruba), Malta; Beschwerde 11/2001 Rn. 35, 37; Beschwerde 101/2013 Rn. 69, 72; Beschwerde 112/2014 Rn. 48. 48 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Spanien; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Malta; Beschwerde 11/2001 Rn. 27; Beschwerde 101/2013 Rn. 63. 49 Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra; Beschwerde 11/2001 Rn. 45 f.; Beschwerde 101/2013 Rn. 70. 50 Beschwerde 83/2012 Rn. 70, 78 f.; Beschwerde 101/2013 Rn. 63. 51 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Belgien; Länderbericht XV-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Spanien, Tschechien; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich, Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Serbien; Beschwerde 2/1999 Rn. 28 f.; Beschwerde 4/1999 Rn. 27 f.; Beschwerde 5/1999 Rn. 26 f.; Beschwerde 101/2013 Rn. 81, 85 mit Verweis auf EGMR vom 08.06.1976 – Rs. 5100/71, 5101/71, 5102/71, 5354/72 und 5370/72 Rn. 54, 57, 59, 73, 103  – Engel u. a.; Beschwerde 112/2014 Rn. 44. 52 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Polen betrifft das Jahr 2006. 53 Beschwerde 101/2013 Rn. 84 f.; Länderbericht XXI-3 Art. 5 Tschechien. 54 Beschwerde 112/2014 Rn. 47; Länderbericht XXI-3 Art. 5 Tschechien. 47

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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Alternativ zum umfassenden Ausschluss sind weitreichende Beschränkungen als weniger eingreifende Maßnahme möglich. 55 Nicht kritisiert wurde die Begrenzung auf nationale Zusammenschlüsse ausschließlich von Militärangehörigen 56, sofern dies sowohl aktive als auch im Ruhestand befindliche Mitglieder umfasst. 57 Werden außerhalb von Gewerkschaftsstrukturen Interessenvertreter gewählt, darf dies auf bestimmte Dienstgrade beschränkt werden. 58 Für den Entzug grundlegender gewerkschaftlicher Vorrechte muss der Staat aber eine entsprechende Begründung vorweisen. 59 (cc) Kriterien der Zuordnung zu Art. 5 S. 2 und 3 RESC Aufgrund der unterschiedlichen Reichweite der Einschränkungsmöglichkeiten ist in Grenzfällen genau zu prüfen, ob Arbeitnehmer als Polizei- oder Militärangehörige den besonderen Einschränkungsmöglichkeiten von Art. 5 S. 2 oder 3 RESC unterfallen oder ob andernfalls – wie bei zivilen Angestellten der Polizei und des Militärs 60 – Art. G RESC alleiniger Maßstab für die Rechtfertigung von Verkürzungen der Vereinigungsfreiheit ist. 61 Das EKSR nimmt eine eigene autonome Beurteilung unabhängig von der nationalen Einordnung vor. 62 Abgrenzungskriterien sind in erster Linie die Rechtsnatur des Arbeitgebers sowie die Pflichten und Verantwortungsbereiche, die den jeweiligen Arbeitnehmern übertragen wurden. 63 Von untergeordneter Bedeutung sind Uniformierung und Bewaffnung, die Ausrichtung der internen Ordnung an Disziplin, Loyalität und hierarchischer Struktur, oder Einstellungsvoraussetzungen wie Staatsbürgerschaft, Integrität und psychische wie physische Gesundheit. 64 Die Möglichkeit, zwischen einem privatrechtlichen und einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis zu wählen, ist irrelevant. 65 55

Beschwerde 101/2013 Rn. 90 ff. Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien, Polen. 57 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien; Beschwerde 101/2013 Rn. 69. 58 Länderbericht IX-2 Art. 5 Österreich. 59 Beschwerde 112/2014 Rn. 55 ff. 60 Länderbericht 2014 Art. 5 Armenien, Rumänien. 61 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XX-3 Art. 5 Polen, Tschechien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Ukraine. 62 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XX-3 Art. 5 Tschechien; Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Serbien; Beschwerde 83/2012 Rn. 76 f.; Beschwerde 101/2013 Rn. 56; vgl. Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​ Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil II Art. 5 Rn. 17. 63 Länderbericht XV-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen, Tschechien; Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich; Beschwerde 101/2013 Rn. 59. 64 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht 2006 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Rumänien; Beschwerde 101/2013 Rn. 58. 65 Vgl. Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Deutschland. 56

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Die Voraussetzungen von Art. 5 S. 3 RESC sind erfüllt, wenn die betroffene Berufsgruppe einerseits Militärstatus hat und andererseits tatsächlich militärische Aufgaben ausführt. 66 Die Staaten müssen begründen, warum sie einer Berufsgruppe militärischen Status zuerkennen. 67 Als militärische Aufgaben wurden eingestuft 68: – Identifizierung, Vorbeugung und Bekämpfung von Bedrohungen für die nationale Sicherheit, insbesondere durch Terrorismus, Spionage und Korruption von Personen in öffentlichen Ämtern; – Schutz von Diplomaten und anderen hochrangigen Staatsbediensteten; – Durchführung und Absicherung staatlicher Kommunikation; – Kontrolle und Überwachung von Atomwaffen; – Teilnahme an militärischen Operationen, insbesondere außerhalb des Staats­ gebiets. Aufgaben mit polizeilichem Charakter sind die Überwachung der Einhaltung von Gesetzen, die Durchführung von Ermittlungen in Strafverfahren sowie die allgemeine Absicherung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. 69 Bei Berufsgruppen, die sowohl Aufgaben militärischer als auch nicht-militärischer Natur erfüllen, ist eine getrennte Bewertung für den jeweiligen Funktionsbereich angezeigt. 70 bb) Regelung der Gründung von Vereinigungen In diesem Abschnitt wird erläutert, welchen Umfang die positive individuelle Vereinigungsfreiheit nach der Spruchpraxis des EKSR hat, und welche Anforderungen an die Gründung von Organisationen aufgestellt werden können.

66 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 5 Polen, Tschechien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Serbien; Beschwerde 101/2013 Rn. 54. 67 Länderbericht XV-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Tschechien; Beschwerde 101/2013 Rn. 56. 68 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Polen, Tschechien; Länderbericht 2006 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Rumänien; Beschwerde 101/2013 Rn. 58. 69 Beschwerde 101/2013 Rn. 57. 70 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Tschechien; Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2006 Art. 5 Frankreich; Beschwerde 101/2013 Rn. 57 ff.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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(1) Grundsatz der Gründungsfreiheit Damit die Vereinigungsfreiheit praktisch umgesetzt werden kann enthält Art. 5 RESC die sogenannte negative Verpflichtung 71, dass der Staat keine Gesetze, Verordnungen oder Verwaltungspraktiken errichten darf, die die Berechtigten an der Gründung von Vereinigungen hindern könnten 72. Die Arbeitnehmer müssen selbst bestimmen können, welche beruflichen Felder, Organisationsebenen und räumlichen Gebiete ihre Vereinigung abdeckt. 73 Regionale oder betriebliche Zusammenschlüsse müssen daher unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer übergeordneten Organisation Rechtspersönlichkeit erlangen. 74 Die Anzahl der handlungsfähigen Gewerkschaften darf nicht gering gehalten werden, um die Verhandlungsposition der übrigen Gewerkschaften zu stärken: Die Existenz vieler kleiner Gewerkschaften schadet trotz etwaiger damit verbundener Rivalitäten nicht zwingend der Beziehung zwischen den Sozialpartnern. 75 Vielmehr entspricht eine Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Gewerkschaften am ehesten den Interessen der Arbeitnehmer. 76 Um bei einer solchen Pluralität eine effektive Interessenvertretung der Arbeitnehmer zu ermöglichen, müssen sich die Gewerkschaften sowohl horizontal als auch vertikal koordinieren können. 77 Zudem können Repräsentativitätskriterien die Gewerkschaftsaktivitäten ordnen. 78 (2) Ausgestaltung der Gründung Das Prinzip der Gründungsfreiheit bedeutet allerdings nicht, dass es den Staaten verwehrt ist, in diesem Bereich Regelungen zu treffen. Daher ist zum einen die allgemeine Zulässigkeit von Ausgestaltungen der Organisationsgründung zu thematisieren. Zum anderen wird auf die im nationalen Recht häufig vorzufindenden speziellen Anforderungen der Mindestmitgliederzahlen und der Anzeige- und Registrierungspflichten eingegangen.

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Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation. Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau; Länderbericht 2016 Art. 5 Malta, Moldau; Beschwerde 11/2001 Rn. 29; Beschwerde 83/2012 Rn. 105; Beschwerde 101/2013 Rn. 70; siehe auch Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Zanetti Rn. 6, der Art. 5 RESC als selbstausführend ansieht. 73 Länderbericht II Art. 5 Zypern; Länderbericht III Art. 5 Zypern; Länderbericht IV Art. 5 Zypern; Länderbericht V Art. 5 Zypern; Länderbericht IX-2 Art. 5 Zypern; Beschwerde 112/2014 Rn. 48. 74 Länderbericht 2010 Art. 5 Moldau; Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau; Länderbericht 2018 Art. 5 Moldau. 75 Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Irland. 76 Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau. 77 Länderbericht VII Art. 5 Irland; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Irland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Irland. 78 § 2 B. II. 2. b) cc). 72

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

(a) Grundsätzliche Zulässigkeit von Gründungsanforderungen Während aufgrund der Gründungsfreiheit die Bildung sowohl von Gewerkschaften als auch von Arbeitgeberverbänden nicht behindert werden darf, kann sie durch leicht erfüllbare Anforderungen ausgestaltet werden. 79 Beispielsweise kann eine Verknüpfung der einzelnen Mitglieder durch gemeinsame Interessen durch Zugehörigkeit zum gleichen Beschäftigungszweig oder derselben Branche als Mindestanforderung aufgestellt werden. 80 Ein Verstoß gegen die Vereinigungsfreiheit kann bei an sich niedrigen Anforderungen vorliegen, wenn die Regelungen insgesamt zu komplex sind. 81 Es muss für den Einzelnen verständlich sein, wie er von seinem Vereinigungsrecht Gebrauch machen kann. 82 Gegenüber dem EKSR sind daher die rechtlichen Anforderungen im Detail darzustellen und offene Begriffe wie allgemeine moralische Standards zu präzisieren. 83 (b) Pflicht zum Erreichen einer Mindestmitgliederzahl Zahlreiche Ausführungen des EKSR betreffen die Frage, ob das nationale Recht vorsehen darf, dass für die Bildung einer Gewerkschaft oder eines Arbeitgeberverbands ein Minimum an Mitgliedern erreicht werden muss. (aa) Mindestmitgliederzahl für die Gründung von Gewerkschaften Auf Arbeitnehmerseite wertete das EKSR ursprünglich das Erfordernis einer Mindestmitgliederzahl für die Gründung einer zu Kollektivverhandlungen berechtigten Gewerkschaft als Verstoß gegen die Vereinigungsfreiheit. 84 Mittlerweile gelten solche Schwellenwerte lediglich als Hürden, die nicht zu hoch angesetzt werden dürfen. 85 Sie können sowohl als relativer Anteil der potentiellen Mitglieder als auch absolut festgelegt werden. Bei relativer Anknüpfung liegen die Grenzen von 10 % der Arbeitnehmer des Berufszweigs oder 25 % der betroffenen Arbeitnehmer des Unternehmens jenseits der zulässigen Anforderungen, während 10 % der Arbeitnehmer des Betriebs oder des Unternehmens angemessen sind. 86 79 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht 2010 Art. 5 Armenien, Aserbaidschan, Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Montenegro; Länderbericht 2016 Art. 5 Malta, Moldau; Beschwerde 11/2001 Rn. 29. 80 Länderbericht 2006 Art. 5 Moldau, Rumänien. 81 Länderbericht XII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 82 Länderbericht XII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 83 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Finnland. 84 Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation. 85 Länderbericht XIII-5 Art. 5 Portugal; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Montenegro. 86 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Portugal; Länderbericht XIII-5 Art. 5 Portugal; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2010 Art. 5 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 5 Litauen; Länderbericht 2018 Art. 5 Armenien, Litauen.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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Bei Polizeiangehörigen ist ein Minimum von 15 % der betroffenen Gruppe akzeptabel. 87 Absolute Untergrenzen von bis zu 20 Arbeitnehmern für die Gründung einer Gewerkschaft sind mit der RESC vereinbar. 88 Wird statt der gesamten Arbeitnehmerschaft oder einer Branche der einzelne Betrieb als Bezugspunkt gewählt, können bereits 15 Gründungsmitglieder zu hoch angesiedelt sein, insbesondere wenn der überwiegende Teil der Unternehmen Kleinbetriebe mit einer geringeren Arbeitnehmerzahl sind. 89 Die exakte Grenze für zulässige Mindestanforderungen bleibt mangels einer stringenten Spruchpraxis des EKSR unklar: Während in einem Fall eine Gründung durch mindestens 30 Arbeitnehmer kritisiert wurde 90, wurden an anderer Stelle 50 Gründungsmitglieder als konform eingestuft. 91 In einem anderen Fall stellte das EKSR nicht klar, ob die exzessive Anforderung in dem Minimum von 50 Arbeitnehmern oder der alternativen Gründung durch ¼ der betroffenen Arbeitnehmer lag. 92 Jedenfalls die Forderung von 100 oder 2000 Gründungsmitgliedern ist unzulässig. 93 Die behauptete Nichtanwendung einer solch übersteigerten Anforderung in der Praxis muss anhand konkreter Gewerkschaftsgründungen durch weniger Arbeitnehmer nachgewiesen werden. 94 (bb) Mindestmitgliederzahl für die Gründung von Arbeitgeberorganisationen Die Gründung einer Arbeitgeberorganisation darf ebenfalls nicht von zu hohen relativen oder absoluten Mindestmitgliederzahlen abhängen. Eine absolute Grenze von bis zu 15 Arbeitgebern ist zulässig 95, eine Untergrenze von 25 % der Arbeitgeber einer Branche hingegen nicht. 96 87

Länderbericht XVII-1 Art. 5 Malta. Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Malta; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Kroatien, Österreich; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 5 Estland; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien, Moldau, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Litauen; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra, Bosnien und Herzegowina, Litauen, Russland; Länderbericht 2018 Art. 5 Litauen. 89 Länderbericht 2014 Art. 5 Rumänien. 90 Länderbericht 2004 Art. 5 Litauen. 91 Länderbericht 2016 Art. 5 Georgien. 92 Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Lettland; deutlich auf die 50 Arbeitnehmer abstellend Länderbericht 2018 Art. 5 Lettland. 93 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Portugal; Länderbericht XIII-5 Art. 5 Portugal; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien. 94 Länderbericht 2014 Art. 5 Georgien. 95 Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Malta; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Kroatien; Länderbericht 2004 Art. 5 Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Armenien; Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau, Russland. 96 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Portugal; Länderbericht 2014 Art. 5 Armenien. 88

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Angeknüpft werden kann alternativ an den Marktanteil, den die sich zusammenschließenden Arbeitgeber halten. 97 Bereits das Erfordernis, 5 % der Arbeitnehmer des jeweiligen Zweigs zu beschäftigen, kann aber gegen Art. 5 RESC verstoßen, wenn in einer Branche vorwiegend Klein- und Kleinstbetriebe existieren, die auch in großer Zahl gemeinsam diese Grenze nicht erreichen. 98 (c) Anzeige- und Registrierungspflichten Viele Rechtsordnungen sehen zudem vor, dass eine neu gebildete Vereinigung ihre Gründung einer staatlichen Stelle anzuzeigen hat, oder sich darüber hinaus registrieren muss. Die Pflicht, einer öffentlichen Stelle die Gründung einer Vereinigung unter Mitteilung der Satzung lediglich anzuzeigen, ist eine mit Art. 5 RESC zu verein­ barende Ausgestaltung. 99 Selbst wenn bei unterlassener Anzeige Sanktionen drohen sollten, beschränkt dies die freie Gründung nicht. 100 Darüber hinaus darf eine Registrierung der Vereinigung Voraussetzung für die wirksame Gründung, für die Erlangung der Rechtspersönlichkeit oder für die Gewährung bestimmter Vorrechte sein. 101 Die Voraussetzungen der Registrierung müssen zum einen vernünftig sein, und es muss zum anderen ein angemessener verwaltungsrechtlicher oder gerichtlicher Schutz bei missbräuchlicher Ablehnung der Registrierung bestehen. 102 Insgesamt müssen die Anforderungen einfach zu handhaben sein. 103 Zu den als vernünftig anerkannten Registrierungsvoraussetzungen zählen 104: 97

Länderbericht 2006 Art. 5 Rumänien. Länderbericht 2014 Art. 5 Serbien; Länderbericht 2018 Art. 5 Serbien. 99 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 5 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Österreich. 100 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Frankreich. 101 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Belgien, Finnland, Frankreich, Irland, Niederländische Antillen; Länderbericht XV-1 Art. 5 Finnland, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-2 Art. 5 Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Slowakei, Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Malta; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Kroatien; Länderbericht XVIII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien, Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien, Moldau, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Armenien, Aserbaidschan; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Moldau; Beschwerde 101/2013 Rn. 70. 102 Länderbericht II Art. 5 Zypern; Länderbericht VIII Art. 5 Spanien; Länderbericht XII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-5 Art. 5 Finnland; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Finnland; Länderbericht XV-1 Art. 5 Finnland, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Malta; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Österreich; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien, Österreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Malta; Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau; Beschwerde 11/2001 Rn. 30; Beschwerde 101/2013 Rn. 70. 103 Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra; Länderbericht 2014 Art. 5 Ungarn. 104 Länderbericht VIII Art. 5 Niederländische Antillen, Spanien; Länderbericht X-2 Art. 5 Spanien; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Finnland; Länder 98

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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– die Übermittlung bestimmter Angaben (etwa Name und Sitz der Vereinigung sowie deren Vertreter; Gründungsdatum und -protokoll; Logo; Satzung, einschließlich interner Organisation, Haftung der Mitglieder für die Vereinigung sowie Beginn, Umfang der Rechte und Pflichten und Beendigung der Mitgliedschaft; Mitgliedschaftsregister; Finanzierung und Haushaltsplanung); – Vereinbarkeit der Satzung mit der öffentlichen Ordnung und Sitte; – die Gestaltung der Beziehung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern als eines der Ziele der Vereinigung sowie keine Verfolgung illegaler Zwecke; – Erreichen der vorgeschriebenen Mindestmitgliederzahl; – keine Namensidentität mit einer bereits existierenden Vereinigung; – Einhaltung der grundlegen Verfahrensvorschriften bei der Gründung; – Nachweis der Zahlung der Registrierungsgebühr; diese darf nicht unverhältnismäßig hoch sein und soll ausschließlich die notwendig anfallenden Verwaltungskosten decken 105. Die Pflicht, den Antrag innerhalb von 30 Tagen nach Gründung der Vereinigung zu stellen, kann dem provisorischen Charakter des Gründungskomitees gerecht werden, wenn es außer der Errichtung der Satzung keine weiteren Kompetenzen hat. 106 Ein Zeitraum zur Bearbeitung des Registrierungsantrags von bis zu 60 Tagen ist zulässig. 107 Wenn bei Erfüllen der Kriterien kein Ermessensspielraum bei der Entscheidung über die Registrierung besteht, ist Art. 5 RESC nicht verletzt. 108 bericht XIII-5 Art. 5 Finnland; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Frankreich, Irland; Länder­bericht XV-1 Art. 5 Dänemark, Finnland; Länderbericht XV-2 Art. 5 Slowakei; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Kroatien; Länderbericht XVIII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 5 Armenien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Moldau, Ukraine; Beschwerde 11/2001 Rn. 32 ff. 105 Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht XII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2010 Art. 5 Armenien, Aserbaidschan, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Georgien, Malta, Montenegro, Serbien, Ukraine, Ungarn; Länderbericht 2016 Art. 5 Ukraine. 106 Noch nicht endgültig entschieden in Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen; Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau; Beschwerde 11/2001 Rn. 32 (15 Tage für Polizei). 107 Länderbericht 2002 Art. 5 Slowenien (8 Tage); Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Österreich (4 Wochen); Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Kroatien (30 Tage); Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien (60 Tage), Moldau (1 Monat), Rumänien (27 Tage); Länderbericht 2010 Art. 5 Armenien (30 Tage), Ukraine (1 Monat); Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau (1 Monat); Länderbericht 2018 Art. 5 Montenegro (30 Tage). 108 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XV-1 Art. 5 Finnland; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Österreich; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2004 Art. 5 Estland.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Auch eine Praxis, die Anforderungen jenseits des nach Art. 5 RESC Zulässigen keine Bedeutung beimisst, steht in Einklang mit Art. 5 RESC; die Rechtslage soll dennoch angepasst werden. 109 Die Widerspruchsfrist für versagte Registrierungen darf auf 30 Tage begrenzt werden. 110 b) Beitritt zu bestehenden Vereinigungen Art. 5 S. 1 RESC beinhaltet neben der Gründungsfreiheit ausdrücklich das Recht der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, bereits gegründeten Gewerkschaften beitreten zu können. 111 Das Beitrittsrecht muss nicht explizit gesetzlich anerkannt sein, wenn es anderweitig in das Rechtssystem integriert ist und die Arbeitnehmer ungehindert davon Gebrauch machen können. 112 Die bloße denklogische Zugehörigkeit des Beitrittsrechts zur verfassungsmäßigen Vereinigungsfreiheit reicht dafür nicht aus. 113 Ebenso wie bei der Gründung darf der Beitritt zu einer Vereinigung nicht durch Gesetz, Verordnung oder Verwaltungspraxis übermäßig erschwert werden. 114 Selbst bei Polizisten ist die Pflicht der Einholung einer gerichtlichen Erlaubnis vor Gewerkschaftsbeitritt nicht mit Art. 5 RESC vereinbar. 115 Allerdings kann das Beitrittsrecht eingeschränkt werden, wenn der Arbeitnehmer ein bestimmtes Mindestalter noch nicht erreicht hat 116, oder wenn es mit dem Recht der Gewerkschaft, die eigenen Angelegenheiten selbständig zu organisieren und daher Mitgliedschaftsanträge abzulehnen, in Konflikt tritt 117. Keine Beeinträchtigung liegt vor, wenn einer staatlichen Stelle Zugriff auf ein ständig aktualisiertes Mitgliedschaftsregister mit Namen der Mitglieder, Datum des Beitritts, Ausweisnummer und Beschäftigung eingeräumt werden muss. 118 Das nationale Recht muss Rechtsmittel und Sanktionen vorsehen, wenn das Beitrittsrecht missachtet wird. 119 Einschränkende Abreden im individuellen Arbeitsvertrag müssen verboten sein. 120 Schließlich begründen sie das Risiko, dass der Arbeitnehmer Verkürzungen der Vereinigungsfreiheit hinnimmt, um einen Ar­

109

Länderbericht XIV-1 Art. 5 Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 5 Portugal. Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau. 111 Länderbericht II Art. 5 Zypern. 112 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Norwegen. 113 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Irland. 114 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht 2014 Art. 5 Armenien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien; Beschwerde 11/2001 Rn. 29; Beschwerde 83/2012 Rn. 105. 115 Länderbericht 2006 Moldau; Länderbericht 2010 Moldau. 116 Länderbericht 2014 Art. 5 Russland. 117 Dazu § 2 B. III. 3. 118 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Malta; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Malta. 119 Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien. 120 Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Georgien. 110

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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beitsplatz zu erhalten. 121 Dennoch sieht das EKSR in einer Klausel, die höherrangigen Arbeitnehmern mit arbeitgeberähnlichen Funktionen die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft der ihnen untergeordneten Arbeitnehmer verbietet, nicht zwingend eine ernste Beschränkung der Vereinigungsfreiheit. 122 2. Kollektive positive Vereinigungsfreiheit Der Wortlaut von Art. 5 S. 1 RESC gewährt unmittelbar nur Arbeitnehmern und Arbeitgebern Rechte. Das EKSR leitet trotz dieser engen Formulierung auch Rechte für das Kollektiv aus der Vorschrift ab. 123 Unterschieden wird zwischen der Verbandsautonomie, dem Minimum an Betätigungsrechten der Organisationen sowie deren Bestandsgarantie. a) Verbandsautonomie aa) Freie Regelung der inneren Angelegenheiten Die Vereinigungen müssen ihre inneren Angelegenheiten grundsätzlich frei und nach eigenem Willen ohne Einflussnahme Dritter organisieren können. 124 Dieser autonomen Gestaltung unterfallen neben dem Namen der Vereinigung insbesondere 125: – Aktivitäten der Vereinigung: Ziel und Aufgaben, räumlicher und inhaltlicher Tätigkeitsbereich; 121

Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Georgien. Länderbericht II Art. 5 Schweden, mit Verweis auf ILO CEACR 36th session, Convention 98: Art. 1 und 5; 35th session, Convention 87. 123 So explizit Beschwerde 112/2014 Rn. 48; anders Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (134 f.). 124 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Österreich, Polen; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2006 Art. 5 Portugal; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Armenien, Georgien, Moldau, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Montenegro, Serbien; Für Polizeigewerkschaften siehe Länderbericht II Art. 5 Observation; Länderbericht X-2 Art. 5 Zypern; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Belgien, Luxemburg, Malta; Länderbericht XV-1 Art. 5 Malta, Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Malta, Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich, Rumänien; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2004 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 5 Litauen, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Andorra, Armenien, Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Russland, Serbien; Beschwerde 11/2001 Rn. 26, 28, 40 ff. Beschwerde 83/2012 Rn. 74, 80. 125 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Island, Schweden; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Kroatien; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Serbien; Beschwerde 26/2004 Rn. 36. 122

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

– Mitgliedschaft: Kategorien und Berufe der Mitglieder sowie andere allgemeine Beitrittsvoraussetzungen, Pflichten und Rechte der Mitglieder, Beendigung der Mitgliedschaft; – organisatorische Struktur: Aufgaben und Bestimmung von Organen und Vertretern, Vermögensverwaltung, Verfahren zur Änderung der Satzung, Zusammenschlüsse mit anderen Vereinigungen, Voraussetzung und Verfahren der Auf­lösung. Jeglicher Eingriff von Staat oder Arbeitgeber in die inneren Angelegenheiten der Gewerkschaft ist unzulässig. 126 Nicht gerechtfertigt sind etwa weitreichende Einschränkungen der Disziplinierungsmöglichkeiten von Mitgliedern. 127 Die Autonomie der Vereinigung darf nicht ausgehöhlt werden, indem die Satzung theoretisch frei gestaltet werden kann, bei deren Umsetzung aber empfindliche Geldstrafen drohen. 128 Lediglich allgemeine Maßstäbe wie ein Diskriminierungsverbot oder strafrechtliche Vorgaben können die Gestaltungsfreiheit beschränken. 129 Die Organisation kann zudem zu einer demokratischen Binnenstruktur 130, zur Regelung bestimmter innerer Angelegenheiten 131 oder zur Information der zuständigen Behörde über grundlegende Änderungen der Gewerkschaftsstruktur 132 verpflichtet werden. In der Spruchpraxis werden im Rahmen der Verbandsautonomie die Bestimmung von Vertretern sowie die Finanzierung der Vereinigung und die im Wortlaut von Art. 5 S. 1 RESC angelegte Möglichkeit, sich mit anderen Vereinigungen zusammenzuschließen, besonders hervorgehoben. Dies gilt zudem auch für die inhaltliche Unabhängigkeit der Vereinigungen. Daher erfolgt nun eine gesonderte Bestandsaufnahme der Stellungnahmen zu diesen Bereichen. bb) Bestimmung von Vertretern und Amtsinhabern (1) Grundsatz der Wahlfreiheit Das EKSR hat bei der Bestimmung der Vertreter und Organe der Vereinigung festgestellt, dass sie prinzipiell den Vereinigungen selbst obliegt. 133 Dementspre 126

Länderbericht 2010 Art. 5 Moldau. Länderbericht XII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XXI-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Georgien. 128 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 129 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Ungarn. 130 Länderbericht XV-1 Art. 5 Italien. 131 Länderbericht XV-1 Art. 5 Dänemark, Schweden; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Kroatien; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien, Moldau; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra, Bosnien und Herzegowina. 132 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Malta. 133 Länderbericht XV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra, Bosnien und Herzegowina, Serbien; 127

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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chend dürfen nicht alle appointed civil servants kategorisch von allen Gewerkschaftsposten ausgeschlossen werden. 134 Schließen staatliche Vorgaben Arbeitnehmer von der Übernahme von Gewerkschaftsfunktionen aus, verletzt dies Art. 5 RESC auf zwei Arten: Zum einen wird die Gewerkschaft in der autonomen Gestaltung ihrer Angelegenheiten beschnitten; zum anderen können die betroffenen Arbeitnehmer nicht alle Mitgliedschaftsrechte wahrnehmen. 135 (2) Einschränkung der Wahlfreiheit Der Grundsatz der Wahlfreiheit kann durch allgemeine Kriterien wie Minderjährigkeit, eine Vorbeschäftigungszeit von unter einem Jahr oder bestimmte Vorstrafen eingeschränkt werden. 136 Daneben ist das EKSR näher auf den Ausschluss der Wählbarkeit bei Interessenkonflikten und von ausländischen Arbeitnehmern eingegangen. (a) Wählbarkeit bei Interessenkonflikten Um Interessenkonflikte zu vermeiden, können Angestellte in leitender Funktion, insbesondere mit Personalentscheidungsbefugnissen, von Gewerkschaftsämtern ausgeschlossen werden. 137 Aus dem gleichen Grund kann umgekehrt Gewerkschaftsvertretern der Zugang zu solchen beruflichen Positionen verwehrt werden, die die Führung von Kollektivverhandlungen mit der betroffenen Gewerkschaft beinhalten. 138 Alternativ kann die Übernahme eines solchen Amtes das Beschäftigungsverhältnis suspendieren. 139 Zwar wären Einzelfallentscheidungen, die den Ausschluss oder die Suspendierung auf tatsächlich bestehende Interessenkonflikte beschränken, weniger einschneidende Mittel. 140 Angesichts des erheblichen Mehraufwands individueller Beurteilungen sind pauschale Regelungen bei potentiellen zum passiven Wahlrecht Länderbericht XIII-3 Art. 5 Malta; zur geheimen Wahl Länderbericht X-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 134 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Polen Länderbericht XXI-3 Art. 5 Polen. 135 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Österreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Finnland, Luxemburg, Österreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Finnland, Luxemburg, Niederländische Antillen, Österreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Luxemburg, Niederländische Antillen, Österreich, Polen; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Österreich, Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Luxemburg, Österreich, Polen; Länderbericht XX-3 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien, Rumänien. 136 Länderbericht IX-2 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra. 137 Länderbericht 2010 Art. 5 Rumänien. 138 Länderbericht XV-1 Art. 5 Finnland. 139 Länderbericht 2010 Art. 5 Rumänien. 140 Länderbericht XV-1 Art. 5 Finnland.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Interessenkonflikten aber zulässig. 141 Ein solches Konfliktpotential ist allerdings konkret nachzuweisen und kann etwa nicht bei allen Mitarbeitern bestimmter staatlicher Behörden vermutet werden. 142 (b) Wählbarkeit von Ausländern Wenn Angehörige anderer Vertragsstaaten nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen Gewerkschaftsvertreter werden können, verletzt dies sowohl Art. 5 S. 1 RESC 143 als auch Art. 19 § 4b RESC 144. Eine solche Erschwernis liegt etwa in der Anerkennung des passiven Wahlrechts erst nach einem Mindestaufenthalt im Inland von fünf Jahren. 145 Dass ausländische Arbeitnehmer sich erst Erfahrungen und Kenntnisse des nationalen Gewerkschaftssystems aneignen müssten, überzeugt nicht, wenn diese Beschränkung nicht für alle Herkunftsstaaten gleichermaßen gilt. 146 Eine Quotenregelung, nach der nur ein bestimmter Anteil der Gewerkschaftsämter von Ausländern bekleidet werden darf, verletzt insbesondere dann die Vereinigungsfreiheit, wenn in einem Sektor überdurchschnittlich viele Ausländer beschäftigt sind, sodass der Gewerkschaftsvorstand nicht die Zusammensetzung der Belegschaft widerspiegeln würde, oder sogar der Bestand von Gewerkschaften gefährdet würde. 147 Eine Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit ist nur dann möglich, wenn das Amt wie beispielsweise beim Schöffendienst die Ausübung von Hoheitsgewalt mit sich bringt, weil diese ausschließlich vom Staatsvolk ausgehen kann. 148 Sprachkenntnisse sowie der Wohnsitz knüpfen nicht an die Nationalität als solche an und sind daher zulässige Voraussetzungen für das passive Wahlrecht. 149 141

Länderbericht XV-1 Art. 5 Finnland. Länderbericht XIX-3 Art. 5 Polen. 143 Zunächst abwägend Länderbericht V Art. 5 Frankreich; deutlich in Länderbericht XIII-3 Art. 5 Österreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Finnland, Luxemburg, Österreich, Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 5 Finnland, Luxemburg, Niederländische Antillen, Österreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Luxemburg, Niederländische Antillen, Österreich; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Österreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Luxemburg, Österreich; Länderbericht XX-3 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien, Rumänien. 144 Länderbericht XIX-4 Art. 19 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland, Luxemburg, Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2006 Art. 19 § 4 Albanien, Estland, Italien; Länderbericht 2011 Art. 19 § 4 Statement of Interpretation, Albanien, Armenien, Belgien, Georgien, Irland, Norwegen, Slowakei, Slowenien, Zypern; Länderbericht 2015 Armenien, Schweden, Serbien. 145 Länderbericht VI Art. 5 Frankreich; Länderbericht VII Art. 5 Frankreich. 146 Länderbericht VI Art. 5 Frankreich. 147 Länderbericht VI Art. 5 Frankreich; Länderbericht VII Art. 5 Frankreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Luxemburg. 148 Länderbericht XV-1 Art. 5 Deutschland, Frankreich. 149 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Niederländische Antillen, Ungarn. 142

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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cc) Finanzierung der Vereinigung und ihrer Aktivitäten (1) Beitragserhebung Da die finanzielle Situation einer Organisation essentiell für ihre Tätigkeiten ist, legt die Spruchpraxis des EKSR hier einen weiteren Schwerpunkt im Rahmen der Verbandsautonomie. In welcher Höhe und auf welche Weise Mitgliedsbeiträge zur Finanzierung der Aktivitäten der Vereinigung zu zahlen sind, ist Entscheidung der Organisation selbst. Bei Gewerkschaften kann die Zahlung entweder durch die Arbeitnehmer oder durch den Arbeitgeber erfolgen, der die Beiträge vom Lohn einbehält und an die Gewerkschaft weiterleitet. 150 Diese zweite Möglichkeit darf weder durch das nationale Recht verboten werden 151 noch darf sie verpflichtend sein, da sie Missbrauchsrisiken birgt, etwa wenn der Arbeitgeber Daten über die Gewerkschaftsmitgliedschaft speichert oder seiner übernommenen Verpflichtung nicht nachkommt 152. Für diesen Fall kann eine Strafbarkeit des Arbeitgebers vorgesehen sein. 153 In Großbritannien sollten Arbeitgeber und Gewerkschaften entlastet werden, indem die Pflicht abgeschafft wurde, alle drei Jahre die Erlaubnis des Arbeitgebers zur Einbehaltung und Abführung der Beiträge zu erneuern. 154 Obwohl die Gewerkschaften einen Rückgang ihrer Einnahmen befürchteten 155, bewertete das EKSR die Abschaffung aufgrund der organisatorischen Erleichterung für die Gewerkschaft und ihre Mitglieder positiv 156. (2) Vermögensverwaltung Vereinigungen müssen ihr Vermögen nach ihrem Willen einsetzen dürfen. 157 Eine Gewerkschaft muss demnach Geldbußen übernehmen können, die Mitgliedern für die Teilnahme an gerichtlich untersagten Kollektivmaßnahmen auferlegt wurden. 158 Zudem muss das Gewerkschaftsvermögen gegen exzessive Zugriffe geschützt sein; von der Ersatzpflicht für durch rechtswidrige Kollektivmaßnahmen 150

Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Ungarn. Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Ungarn. 152 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Portugal; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Ungarn. 153 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Portugal; Länderbericht 2006 Art. 5 Portugal. 154 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 155 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 156 Länderbericht XV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 157 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien. 158 Länderbericht XII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XXI-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 151

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

entstandene Schäden müssen sie aber nicht befreit werden. 159 Kein unzulässiger Eingriff in die autonome Vermögensverwaltung liegt in der Verpflichtung zur Einrichtung von Sonderkonten für die Finanzierung politischer Aktivitäten, insbesondere wenn das Geld nicht nur von Gewerkschaftsmitgliedern, sondern auch von Außenseitern stammt. 160 dd) Bildung von Dachverbänden Teil der Verbandsautonomie ist schließlich die Möglichkeit, dass die Vereinigungen sich auf nationaler und internationaler Ebene freiwillig zu Verbänden zusammenschließen können. 161 An die Gründung von Dachverbänden dürfen ähnlich wie an die Gründung einzelner Organisationen nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden, sodass weder bei Arbeitgeber-Dachverbänden noch bei Gewerkschaftsverbänden der Zusammenschluss von mindestens 30 % der potentiellen Mitglieder gefordert werden darf. 162 Die Gründung mehrerer Spitzenorganisationen wird nicht durch eine Sinnentleerung behindert, wenn die Wahrnehmung spezieller Rechte einer einzelnen von ihnen übertragen wird, diese aber im Vorfeld die anderen Dachverbände zu konsultieren hat. 163 Verzögert sich die Gründung einer Dachorganisation im Einzelfall aufgrund rechtlicher Hürden und mehrerer Gerichtsverfahren um zehn Jahre, liegt darin nicht zwingend eine systematische Missachtung der Vereinigungsfreiheit. 164 Polizeigewerkschaften müssen ebenfalls mit nationalen und internationalen Organisationen kooperieren dürfen. 165 Die bloße Mitgliedschaft in einem Dachverband bedroht schließlich weder die nationale Sicherheit 166 noch die notwendige polizeiliche Neutralität 167. Vielmehr kann der Zusammenschluss auf einer überge-

159

Länderbericht X-2 Art. 5 Frankreich. Länderbericht X-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 161 Länderbericht II Art. 5 Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen; Beschwerde 112/2014 Rn. 48. 162 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Portugal. 163 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Slowakei. 164 Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina. 165 Länderbericht II Art. 5 Observation; Länderbericht X-2 Art. 5 Zypern; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Belgien, Luxemburg, Malta; Länderbericht XV-1 Art. 5 Malta, Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Malta, Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich, Rumänien; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2004 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 5 Litauen, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Andorra, Armenien, Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Russland, Serbien; Beschwerde 11/2001 Rn. 26, 28, 40 ff. Beschwerde 83/2012 Rn. 74, 80; Beschwerde 101/2013 Rn. 62. 166 Beschwerde 83/2012 Rn. 116. 167 Beschwerde 83/2012 Rn. 117. 160

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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ordneten Ebene notwendig sein, um Arbeitsbedingungen effektiv zu gestalten. 168 Angesichts Art. 5 S. 2 RESC ist eine Beschränkung der Zusammenarbeit auf andere Vereinigungen der Polizei 169 oder zumindest mit der Stellung und den Pflichten der Polizei in Einklang stehende Zusammenschlüsse 170 zulässig. ee) Inhaltliche Unabhängigkeit der Vereinigung von Dritten Damit die Vereinigungen ihrer Aufgabe, die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten, autonom und effektiv wahrnehmen können, sollen sie schließlich frei von Einflussnahmen Dritter wie dem sozialen Gegenspieler, dem Staat, politischen Parteien oder Religionsgemeinschaften wahrnehmen. 171 Insbesondere bei Kollektivvertragsverhandlungen sollen sich die Organisationen allein für die Interessen ihrer Mitglieder einsetzen. 172 Dennoch können staatliche Förderungsmaßnahmen, etwa in Form von finanziellen Unterstützungen für die Aus- und Weiterbildung von Gewerkschaftsvertretern, zulässig sein, sofern eine lenkende Einflussnahme ausgeschlossen ist. 173 Entsprechendes gilt auf Unternehmensebene: Der Arbeitgeber soll Gewerkschaften Ressourcen wie Räumlichkeiten oder Informationstafeln sowie bezahlte Freistellungen ihrer Vertreter gewähren 174, aber inhaltliche Beeinflussungen sind unzulässig 175. Zwischen bloßer Erleichterung der Tätigkeit und unzulässiger Beeinflussung verläuft keine trennscharfe Grenze. Anhaltspunkte für die Zuordnung kann Art. 28 RESC bieten. 176 Eine Unterstützung von Gewerkschaftsvertretern durch staatlich 168

Beschwerde 83/2012 Rn. 110, 119 ff.; Beschwerde 112/2014 Rn. 49. Länderbericht VIII Art. 5 Italien; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Spanien; Länderbericht XIII-5 Art. 5 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XV-1 Art. 5 Italien, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Niederlande (Aruba), Malta; Beschwerde 11/2001 Rn. 35, 37; Beschwerde 101/2013 Rn. 69, 72; Beschwerde 112/2014 Rn. 48. 170 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Irland. 171 Länderbericht XV-1 Art. 5 Österreich, Polen; Länderbericht 2006 Art. 5 Portugal; Länder­ bericht 2010 Art. 5 Andorra, Armenien, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Montenegro, Serbien. 172 Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Albanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Moldau; vgl. Beschwerde 118/2015 Rn. 88 ff. 173 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XX-3 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2004 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2006 Art. 5 Frankreich. 174 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, Schweden, Zypern; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Portugal; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Finnland; Länderbericht 2002 Art. 5 Schweden; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien, Estland; Länderbericht 2006 Art. 5 Moldau; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina; Länderbericht 2018 Art. 5 Montenegro. 175 Länderbericht 2006 Art. 5 Portugal. 176 Dazu § 2 E. III. 169

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

geförderte Ausbildungsprogramme und Vereinbarungen, die Präsenz von Gewerkschaften in Unternehmen zu fördern, begrüßt das EKSR ebenso wie die finanzielle Förderung von Vereinigungen, aber macht es nicht zur Voraussetzung, um Art. 5 RESC gerecht zu werden. 177 b) Betätigungsrechte aa) Grundsatz der Betätigungsfreiheit Die interne Autonomie einer Vereinigung alleine gewährleistet nicht, dass sie ihrem Hauptzweck gerecht werden kann: Art. 5 RESC wäre sinnentleert, wenn die Organisation nicht für die wirtschaftlichen und sozialen Interessen ihrer Mitglieder eintreten und entsprechende Maßnahmen ergreifen könnte. 178 Um einen effektiven Schutz der Arbeitnehmerinteressen zu gewährleisten, stellt Art. 5 RESC Mindestanforderungen an die Handlungsmöglichkeiten von Gewerkschaften auf, die durch die speziellen Rechte insbesondere in Art. 6 RESC ergänzt und konkretisiert werden. 179 Eingriffe Dritter in die Handlungsfreiheit sollen verboten sein und entweder bestraft werden oder zumindest Ersatzansprüche der Betroffenen nach sich ziehen. 180 Daher können Organisationen zur Einwirkung auf ihre Mitglieder verpflichtet werden, entsprechende Beeinträchtigungen der Gegenseite zu unterlassen. 181 Die Betätigungsfreiheit kann jedoch ausgestaltet werden: Beispielsweise kann die Zulässigkeit von Gewerkschaftsaktivitäten von einer entsprechenden Abstimmung der Mitglieder abhängig sein. 182 Über die freie Wahl der Betätigungsmittel hinausgehende Ansprüche, wie ein Recht auf Informationen, die die Entscheidung einer Gewerkschaft über ihre Tätigkeiten beeinflussen könnten, gewährt Art. 5 RESC nicht. 183 Gewerkschaften muss auch bei Versammlungen im öffentlichen Raum keine Sonderstellung gegenüber anderen Veranstaltern eingeräumt werden. 184

177

Länderbericht XIII-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XX-3 Art. 5 Lettland. Länderbericht IV Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Dänemark; Beschwerde 26/2004 Rn. 37. 179 Länderbericht XII-2 Art. 5 Deutschland; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Deutschland; Länderbericht 2014 Art. 5 Montenegro; Beschwerde 26/2004 Rn. 36; Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1088). 180 Länderbericht I Art. 5 Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen, Schweden. 181 Länderbericht XV-1 Art. 5 Schweden. 182 Länderbericht X-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 183 Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien, Estland; Länderbericht 2006 Art. 5 Finnland. 184 Länderbericht XV-2 Art. 5 Slowakei 178

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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bb) Mindestanforderungen an die Betätigungsrechte Das EKSR hat Mindestanforderungen an die Betätigungsrechte von Gewerkschaften aufgestellt, die ihnen in jedem Fall zu gewähren sind. Dazu zählen erstens die Führung von Kollektivverhandlungen sowie zweitens Zutritts- und Versammlungsrechte. (1) Vertretung der Mitgliederinteressen Weil der Einsatz für die Interessen der Mitglieder Existenzgrund der Vereinigung ist, ist die Führung von Kollektivverhandlungen mit dem sozialen Gegenspieler durch Art. 5 RESC geschützt. 185 Die Teilnahme an Sitzungen öffentlicher Gremien mit beratender, verwaltender oder rechtsetzender Aufgabe soll in Anlehnung an Art. 6 § 1 RESC lediglich ein zusätzlicher Weg der Interessenvertretung sein. 186 Bei der Ausgestaltung der Verhandlungen steht den Staaten ein weiter Spielraum zu, solange der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerkschaften gewahrt wird. 187 Gewerkschaften müssen gleichermaßen für die Interessen ausländischer Mitglieder eintreten können. 188 Von einer unzulässigen Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit zu unterscheiden ist die bloße Nichtanwendung allgemein verbindlicher Kollektivvereinbarungen auf Arbeitnehmer, die nur für wenige Monate von einem ausländischen Unternehmen in den Gaststaat entsandt wurden, da diese Arbeitsverträge im Regelfall aufgrund des Kollisionsrechts dem Recht des Herkunftsstaates unterliegen. 189

185 Länderbericht X-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Irland; Beschwerde 26/2004 Rn. 37; Beschwerde 116/2015 Rn. 41. 186 Beschwerde 26/2004 Rn. 37. 187 Beschwerde 26/2004 Rn. 38. 188 Länderbericht XII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XV-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XXI-3 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIX-4 Art. 19 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland, Luxemburg, Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2006 Art. 19 § 4 Albanien, Estland, Italien; Länderbericht 2011 Art. 19 § 4 Statement of Interpretation, Albanien, Armenien, Belgien, Georgien, Irland, Norwegen, Slowakei, Slowenien, Zypern; Länderbericht 2015 Art. 19 § 4 Armenien, Schweden, Serbien; Beschwerde 85/2012 Rn. 137 f., 140. 189 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Österreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Deutschland.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

(2) Zutritts- und Versammlungsrechte von Gewerkschaften Die Effektivität der Aufgabenwahrnehmung hängt maßgeblich davon ab, an welchem Ort die Gewerkschaft aktiv werden kann. Daher müssen Gewerkschaftsvertreter Zutritt zum Betriebsgelände haben, auch wenn sie selbst nicht der dortigen Belegschaft angehören, um über die Arbeit der Gewerkschaft zu informieren, Arbeitnehmer zu beraten, und um neue Mitglieder zu werben. 190 Zudem müssen Gewerkschaftsmitglieder an Versammlungen der Gewerkschaft auf dem Betriebsgelände teilnehmen können. 191 Diese Rechte wurden vom EKSR bisher nicht in der Tiefe untersucht, sodass ihre Reichweite im Detail unklar ist. 192 Sie sind aber stets mit den Rechten des Arbeitgebers und seinem Interesse an reibungslosen Betriebsabläufen sowie der Wahrung der Sicherheit in Einklang zu bringen. 193 Kollektivvereinbarungen können die Gewerkschaftsrechte ausgestalten und präzisieren. 194 Ein Interessenausgleich kann etwa dadurch erfolgen, dass der Arbeitgeber spätestens am Vortag über eine Versammlung zu informieren ist oder Zeit und Ort der Versammlung mit ihm abzustimmen sind. 195 Auch eine generelle Begrenzung von Dauer und Häufigkeit solcher Veranstaltungen ist möglich 196, wobei für Versammlungen zur Besprechung allgemeiner Themen strengere Vorschriften gelten dürfen als für Sitzungen, die Wahlen von Arbeitnehmervertretern oder Abstimmungen über Kollektivvereinbarungen zum Gegenstand haben 197. Andererseits kann auch eine allgemeine Ver­ pflichtung des Arbeitgebers, Gewerkschaften nicht zu behindern, den Anforde­rungen von Art. 5 RESC genügen. 198 Für Kleinbetriebe können Sonderregeln gelten. 199 190 Länderbericht XII-2 Art. 5 Deutschland mit Verweis auf BVerfG vom 17.1.1981, gemeint ist wohl BVerfG vom 17.2.1981 – 2 BvR 384/78; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Deutschland; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich, Luxemburg; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien; Länderbericht 2016 Art. 5 Armenien. 191 Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien, Frankreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien; Länderbericht 2016 Art. 5 Armenien. 192 Vgl. Europarat, The right to organise and to bargain collectively, Social Charter Monographs No. 5, Rn. 79. 193 Länderbericht XII-2 Art. 5 Deutschland; Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien. 194 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Malta, Polen, Tschechien; Länderbericht 2002 Art. 5 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 5 Litauen. 195 Länderbericht VIII Art. 5 Frankreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Finnland, Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien, Frankreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Dänemark. 196 Länderbericht VIII Art. 5 Frankreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Finnland; Länder­ bericht XV-1 Art. 5 Frankreich, Island; Länderbericht 2002 Art. 5 Slowenien. 197 Länderbericht XV-1 Art. 5 Norwegen. 198 Länderbericht 2006 Art. 5 Moldau, Slowenien. 199 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Finnland; Länderbericht XV-1 Art. 5 Deutschland.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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Der Zutritt und das Versammlungsrecht dürfen nicht der dominierenden Gewerkschaft vorbehalten sein 200, während eine Beschränkung auf alle repräsentativen Gewerkschaften möglich ist 201. cc) Einschränkbarkeit der Betätigungsfreiheit Ähnlich wie die Gründungsfreiheit gilt auch die Vereinigungsbetätigungsfreiheit nicht schrankenlos. In diesem Zusammenhang ist die Spruchpraxis zu Einschränkungen durch allgemeine Repräsentativitätskriterien sowie zu besonderen Einschränkungen für Gewerkschaften Polizei- und Militärangehöriger aufzuführen. (1) Einschränkung der Betätigungsrechte durch Repräsentativitätskriterien (a) Zweck der Aufstellung von Repräsentativitätskriterien Die Vereinigungsfreiheit aus Art. 5 RESC kann zur Folge haben, dass mehrere Organisationen die Interessen derselben Personengruppe vertreten. Um die Funktionsfähigkeit kollektiver Strukturen dennoch zu gewährleisten, können manche Betätigungsmöglichkeiten ausschließlich repräsentativen Organisationen zustehen. 202 Daher können auf jeder Organisationsebene – wo es sinnvoll oder notwendig ist – Anforderungen aufgestellt werden, deren Erfüllen zusätzliche Handlungsmöglichkeiten mit sich bringt. 203 Es kann auch auf derselben Ebene verschiedene Abstufungen der Repräsentativität geben. 204 Welche Kriterien dies im Einzelnen sind, wie das Vorliegen der Repräsentativität festgestellt werden kann, und wie sich diese Feststellung auf die Handlungsmöglichkeiten der Vereinigung auswirken darf, wird im Folgenden dargestellt.

200

Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien, Spanien. Dazu sogleich unter § 2 B. II. 2. b) cc) (1); Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien. 202 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Kroatien; Beschwerde 23/2003 Rn. 26; zu Risiken der Tarifpluralität siehe beispielsweise Kuzbida, Die Aufgabe des Grundsatzes der Tarifeinheit bei Tarifpluralität und die Auswirkungen auf das Betriebsverfassungsrecht, S. 70 ff., 167 ff.; speziell zu Problemen des Arbeitskampfes Henssler, RdA 2011, 65 (68 ff.); Kalb, RdA 2015, 226 (226 ff.); Kollonay-Lehoczky, in: Däubler / ​Zimmer (Hrsg.), FS Lörcher, S. 154 (161). 203 Ausführlich bspw. Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien; vgl. Länderbericht VI Art. 5 Frankreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich, Island, Italien, Polen; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmaze­ donien; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien, Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 5 Frankreich, Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 5 Nordmazedonien, Russland, Ukraine; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Frankreich, Nordmazedonien, Norwegen. 204 Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra. 201

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

(b) Zulässige Repräsentativitätskriterien Repräsentativitätskriterien müssen einerseits gesetzlich vorgeschrieben, klar, vorhersehbar, vernünftig und objektiv sein und andererseits der gerichtlichen Kontrolle unterliegen. 205 Der Nachweis einer an den Maßgaben der ILO und den Grundsätzen der Gleichheit und Nichtdiskriminierung orientierten Praxis kann ausreichen. 206 Zu den zulässigen Repräsentativitätskriterien auf Gewerkschaftsseite zählen etwa 207: – Verbreitung der Gewerkschaft in der Arbeitnehmerschaft: Mitgliederzahl und Organisationsgrad; räumliche und sektorale Verbreitung; Anzahl der Unternehmen, in denen die Gewerkschaft präsent ist; erzieltes Ergebnis bei vorangegangenen Wahlen von Arbeitnehmervertretern, wobei ein Zirkelschluss vermieden werden muss, wenn die Ergebnisse der Wahl die Repräsentativität bestimmen, an der Wahl aber nur repräsentative Gewerkschaften teilnehmen durften 208; – Fähigkeit und Kapazität, die übertragenen Aufgaben wahrzunehmen: gefestigte Organisation (demokratische Binnenstruktur; inhaltliche Unabhängigkeit, insbesondere vom Arbeitgeber; Kooperationen mit anderen Vereinigungen auf nationaler oder internationaler Ebene) und Finanzen (Mitgliedschaftsbeiträge; weitere Einnahmequellen; Transparenz); – Erfahrung in der Interessenvertretung: Dauer des Bestehens der Vereinigung, auch Mindestdauer von 2 Jahren; Teilnahme an der Lösung von individuellen 205

Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien, Frankreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien, Luxemburg; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Belgien, Frankreich, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Armenien, Bosnien und Herzegowina, Malta, Montenegro, Russland, Serbien, Slowakei, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 5 Ukraine; Länderbericht 2018 Art. 5 Russland; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Ukraine; Beschwerde 23/2003 Rn. 26. 206 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht 2010 Art. 5 Belgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Italien; Beschwerde 23/2003 Rn. 27. 207 Länderbericht XIII-4 Art. 5 Belgien; Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich, Island, Italien, Luxemburg, Niederlande, Niederländische Antillen, Österreich, Polen, Spanien; Länderbericht XV-2 Art. 5 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Belgien, Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien, Kroatien, Luxemburg, Polen, Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nord­ mazedonien; Länderbericht 2002 Art. 5 Italien, Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien, Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien, Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Bulgarien, Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra, Italien, Nordmazedonien, Niederlande, Portugal, Ukraine, Ungarn; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Slowakei; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Albanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Rumänien; Länderbericht X-2 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg, Ungarn; Länderbericht 2002 Art. 6 § 2 Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Albanien, Italien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Nordmazedonien, Montenegro, Norwegen; Länderbericht 2018 Art. 5 Serbien; Beschwerde 11/2001 Rn. 50; Beschwerde 23/2003 Rn. 28 f. 208 Beschwerde 23/2003 Rn. 28.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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und kollektiven Konflikten; Teilnahme an Kollektivverhandlungen und Abschluss von Kollektivverträgen; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen; Veröffentlichungen; – in Frankreich vormals das Verhalten der Vereinigung während der Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg. Es muss keine feste Gewichtung der Kriterien festgelegt werden 209, sodass Abwägungen im Einzelfall zulässig sind 210. Im öffentlichen Dienst können andere Maßstäbe gelten als im privaten Sektor. 211 Bei der Frage, wie viele Arbeitnehmer eine Gewerkschaft vertreten muss um repräsentativ zu sein, nennt das EKSR keine absoluten Zahlen; dafür variieren die Größe der berufstätigen Bevölkerung, der allgemeine Organisationsgrad und die Wirtschaftssituation in den einzelnen Staaten zu stark. 212 Unkritisch ist es jedenfalls, wenn die erforderliche Mitgliederanzahl weit unter der absoluten Mehrheit der einschlägigen Arbeitnehmerkategorie bleibt. 213 Eine Verletzung von Art. 5 RESC kann vermieden werden, wenn sich mehrere Gewerkschaften zusammenschließen dürfen, um gemeinsam die Anforderungen zu erfüllen. 214 Möglich ist darüber hinaus, bei Erfüllen der vorgegebenen Kriterien die Repräsentativität zu vermuten, es andernfalls der Gewerkschaft aber offensteht, ihre Repräsentativität anderweitig nachzuweisen. 215 Die Bestimmung repräsentativer Arbeitgebervereinigungen kann anhand ähnlicher Kriterien erfolgen. 216 Zudem kann etwa an die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer oder den Umsatz des Unternehmens angeknüpft werden. 217

209

Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2006 Art. 5 Frankreich. Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich, Luxemburg. 211 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Nordmazedonien, Norwegen. 212 Vgl. Länderbericht XV-1 Art. 5 Luxemburg, Polen, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Belgien, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Belgien, Polen; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Kroatien, Polen, Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Tschechien. 213 Länderbericht XV-1 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien. 214 Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen; Länderbericht 2014 Art. 5 Ungarn. 215 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Ungarn; Beschwerde 23/2003 Rn. 28 f. 216 Länderbericht XV-2 Art. 5 Slowakei; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Kroatien, Polen; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien; Länderbericht 2014 Art. 5 Nordmazedonien, Rumänien, Ukraine; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Albanien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Nordmazedonien. 217 Länderbericht XV-1 Art. 5 Niederlande, Spanien; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 5 Rumänien. 210

86

§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

(c) Entscheidung über das Vorliegen der Repräsentativität Die Feststellung der Repräsentativität kann durch den zuständigen Minister beziehungsweise die zugeordnete Behörde 218, das Gericht 219, den Arbeitgeber 220, eine Abstimmung der betroffenen Arbeitnehmer 221 oder einen Schlichter, Schiedsmann oder eine andere neutral besetzte Stelle 222 erfolgen. Das Verfahren zur Feststellung der Repräsentativität darf mehrere Monate dauern 223, und die entstehenden Kosten können der Gewerkschaft auferlegt werden 224. Der Status der Repräsentativität kann für eine bestimmte Zeit vergeben werden, nach deren Ablauf das Vorliegen der Voraussetzungen erneut überprüft wird. 224 Die Repräsentativität eines Gewerkschaftsverbandes kann auf seine Mitglieder ausstrahlen. 225 Bei Ablehnung der Repräsentativität muss der Rechtsweg eröffnet sein. 226 Entscheidend für die Vereinbarkeit mit der RESC ist die praktische Anwendung der Repräsentativitätskriterien, insbesondere bei Eröffnung eines Ermessensspielraums. 227

218 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich, Island; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Kroatien; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2002 Art. 5 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien, Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Nordmazedonien. 219 Länderbericht VI Art. 5 Frankreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 5 Frankreich. 220 Länderbericht 2002 Art. 5 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 5 Slowenien. 221 Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XV-1 Art. 5 Niederländische Antillen; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien; Länderbericht VIII Art. 6 § 2 Niederländische Antillen; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen (Aruba), Ungarn. 222 Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Slowakei; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien; Länderbericht 2014 Art. 5 Ukraine; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Slowakei; Länderbericht 2018 Art. 5 Serbien. 223 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien. 224 Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien. 224 Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien; Länderbericht 2010 Art. 5 Alba­ nien, Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 5 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Nord­ mazedonien. 225 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich, Polen, Spanien; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Frankreich; Länderbericht X-2 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 2 Slowenien. 226 Länderbericht X-1 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien; Beschwerde 11/2002 Rn. 34; Beschwerde 23/2003 Rn. 30 ff. 227 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Österreich.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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(d) Folgen der Repräsentativität Die Aufstellung von Repräsentativitätskriterien darf weder die Gründung neuer Gewerkschaften behindern, noch die Handlungsmöglichkeiten nichtrepräsentativer Gewerkschaften gänzlich ausschließen. 228 Insbesondere darf die Teilnahme an Beratungen und Kollektivverhandlungen nicht übermäßig erschwert werden. 229 Nichtrepräsentative Gewerkschaften müssen zudem ihre Mitglieder gegenüber Behörden oder dem Arbeitgeber unterstützen, Informationsmaterial im Betrieb präsentieren, und generelle Informationen über ihre Mitglieder betreffende Regeln des Arbeitgebers erhalten können. 230 Rechte, die repräsentativen Gewerkschaften vorbehalten sein dürfen, sind etwa der Erhalt von Sitzen und Stimmrechten in politischen Gremien 231; eine Besserstellung bei Verhandlungen von Kollektivverträgen, etwa durch eine Pflicht des Arbeitgebers, eine repräsentative Vereinigung als Verhandlungspartner anzuerkennen oder durch die Möglichkeit, Verträge abzuschließen, die auf alle Arbeitnehmer des Betriebes oder des Sektors anwendbar sind 232; verschiedene Initiativrechte, wie die Initiierung von Gewerkschaftswahlen 233, Gesetzesvorschlägen 234, Überprüfung von Gerichtsurteilen 235 oder die Beantragung der Allgemeinverbindlich­erklärung

228 Länderbericht VI Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra, Armenien, Malta, Montenegro, Russland, Serbien; Beschwerde 23/2003 Rn. 26. 229 Beschwerde 23/2003 Rn. 26; Länderbericht 2018 Art. 5 Rumänien, Slowakei. 230 Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Georgien, Malta, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra, Armenien, Bosnien und Herzegowina, Malta, Nordmazedonien, Montenegro, Rumänien, Russland, Serbien; vgl. Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht 2018 Art. 5 Rumänien. 231 Länderbericht XIII-4 Art. 5 Belgien; Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Spanien, Zypern; Länderbericht XV-2 Art. 5 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Luxemburg, Malta, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Belgien, Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien, Kroatien, Polen; Länderbericht 2002 Art. 5 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien, Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 5 Italien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Montenegro; Länderbericht 2018 Art. 5 Montenegro, Slowakei. 232 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich, Island, Italien, Luxemburg, Polen, Spanien; Länderbericht XV-2 Art. 5 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2002 Art. 5 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 5 Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien, Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 5 Italien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Nordmazedonien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht 2002 Art. 6 § 2 Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Albanien, Italien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Frankreich, Italien, Nordmazedonien, Montenegro. 233 Länderbericht XV-1 Art. 5 Spanien. 234 Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen. 235 Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

eines Kollektivvertrags 236; zusätzliche Zutritts-, Informations- und Beratungsrechte im Betrieb 237; sowie ein Anspruch auf Ressourcen des Staates 238 oder des Arbeitgebers 239. Auch auf Arbeitgeberseite kann das Recht, unternehmensübergreifende Kollektivverträge abzuschließen, repräsentativen Verbänden vorbehalten sein. 240 (2) Einschränkungen der Betätigungsrechte für Gewerkschaften Polizei- und Militärangehöriger Nicht nur die Gründung, sondern auch die Betätigungsfreiheit von Vereinigungen Polizei- und Militärangehöriger kann aufgrund von Art. 5 S. 2 und 3 RESC weiter eingeschränkt werden als bei Gewerkschaften anderer Berufsgruppen. Vereinigungen Polizeiangehöriger müssen dennoch grundlegende Rechte einer Gewerkschaft zukommen, wie das Recht, die Arbeitsstätte zu betreten und sich zu versammeln oder Kollektivverhandlungen aufzunehmen. 241 Art. 5 S. 2 RESC erlaubt räumliche und zeitliche Beschränkungen von Versammlungen sowie längere Ankündigungsfristen, beispielsweise von vier Tagen. 242 Der Verhandlungsspielraum kann auf das vom Staatshaushalt bereitgestellte Budget beschränkt werden. 243 Die verbleibenden Rechte müssen so umfassend wie möglich gewährt werden. 244 Die Mitsprache darf etwa nicht lediglich in Nebenbereichen wie Sport und Kultur

236

Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg, Ungarn. 237 Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien, Frankreich, Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht 2002 Art. 5 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 5 Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 5 Rumänien. 238 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich, Italien; Länderbericht. 2004 Art. 5 Andorra, Frankreich. 239 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich, Spanien. 240 Länderbericht XV-1 Art. 5 Spanien. 241 Länderbericht II Art. 5 Observation; Länderbericht X-2 Art. 5 Zypern; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Belgien, Luxemburg, Malta; Länderbericht XV-1 Art. 5 Malta, Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Malta, Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich, Rumänien; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2004 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 5 Litauen, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Andorra, Armenien, Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Russland, Serbien; Beschwerde 11/2001 Rn. 26 ff., 28, 40 ff. Beschwerde 83/2012 Rn. 73 f., 80; Beschwerde 101/2013 Rn. 62; kritisch Beschwerde 83/2012 Partly Dissenting Opinion Jimeda Quesada, der darin eine unzulässige Form der evolutiven Auslegung sieht. 242 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Niederländische Antillen (Aruba); Beschwerde 11/2001 Rn. 44. 243 Länderbericht 2006 Art. 5 Bulgarien. 244 Beschwerde 83/2012 Rn. 111; Beschwerde 101/2013 Rn. 123.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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bestehen. 245 Weder die polizeiliche Disziplin noch der übliche Dienstweg dürfen Gewerkschaftsrechte grundlegend beschneiden. 246 Bei Militärangehörigen lässt Art. 5 S. 3 RESC ebenfalls Beschränkungen der Gewerkschaftsbetätigung zu. Möglich ist etwa der Ausschluss von Gewerkschaftsaktivitäten während der Arbeitszeit, auf Militärgelände, in Uniform, mit Auswirkun­gen auf die Streitkräfte als solche oder zur Verfolgung allgemeinpolitischer Ziele. 247 c) Bestandsgarantie Damit die Vereinigungen die Interessen ihrer Mitglieder dauerhaft vertreten können, dürfen bestehende Vereinigung nicht ohne weiteres aufgelöst werden. Der Entzug einer Registrierung kann in engen gesetzlich vorgesehenen Grenzen zulässig sein, etwa wenn die Anerkennung aufgrund eines Betrugs oder Irrtums erfolgte, die Gewerkschaft rechtswidriges Verhalten an den Tag legt oder faktisch nicht mehr existiert. 248 Maßstab können auch grundlegende Prinzipien der Vereinigungsfreiheit oder die Satzung der Vereinigung sein. 249 Allein die Tatsache, dass entgegen der eigenen Statuten über einen längeren Zeitraum keine Hauptversammlung stattgefunden hat, rechtfertigt eine Auflösung aber nicht. 250 Gegen die Auflösung muss der Rechtsweg eröffnet sein. 251 3. Absicherung und Förderung der positiven Vereinigungsfreiheit Die positive Vereinigungsfreiheit des Einzelnen und des Kollektivs sieht sich nicht nur potentiellen Eingriffen von staatlicher Seite ausgesetzt, sondern kann auch durch Dritten gefährdet werden. Gegen solche Einflussnahmen vor allem der Arbeitgeberseite auf Gewerkschaften sind Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Daneben hat der Staat dem Wortlaut von Art. 5 RESC die positive Vereinigungsfreiheit zu fördern. Welche Pflichten das EKSR daraus konkret ableitet, wird nachfolgend dargestellt.

245

Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland. Beschwerde 11/2001 Rn. 45; Beschwerde 101/2013 Rn. 75. 247 Länderbericht XV-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Portugal; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien. 248 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen. 249 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Österreich; Länderbericht 2014 Art. 5 Slowakei. 250 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien. 251 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Österreich; Länderbericht 2014 Art. 5 Slowakei. 246

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

a) Absicherung der Vereinigungsfreiheit aa) Schutz vor Eingriffen Dritter Art. 5 S. 1 RESC enthält nicht nur den negativen Aspekt, die Gründung und den Beitritt zu Vereinigung sowie deren Betätigung nicht zu behindern: Die Staaten trifft darüber hinaus die positive Verpflichtung, durch angemessene Maßnahmen die Ausübung der Vereinigungsfreiheit zu gewährleisten. 252 Der Einzelne muss vor jedem Verhalten, das ihn von der Wahrnehmung seiner Rechte abhalten kann, geschützt werden. 253 In diesem Fall muss Zugang zu Gerichten bestehen 254, und Verletzungen können bestraft werden 255. Hauptgegenstand der Untersuchungen des EKSR in diesem Zusammenhang war die Änderung von Arbeitsbedingungen, insbesondere die Erhöhung des Entgelts, um Arbeitnehmer von Gewerkschaftsaktivitäten fernzuhalten. 256 Gegen solche Beeinträchtigungen der Vereinigungsfreiheit besteht kein hinreichender Schutz, wenn nationale Gerichte einen Verstoß bereits ablehnen, wenn ein vernünftiger Grund für die Abänderung der Arbeitsbedingungen möglicherweise in Betracht kommt. 257 Vielmehr ist die jeweilige Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien daraufhin zu überprüfen, ob sie aufgrund der Tätigkeit erfolgt, oder ob sie die Vereinigungsfreiheit in irgendeiner Weise behindert. 258 Soll durch die zusätzliche Leistung der Verzicht auf Kollektivverhandlungen erreicht werden, muss die Abrede nicht nur an Art. 5 RESC, sondern auch an Art. 6 § 2 RESC gemessen werden. 259

252

Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation, Deutschland, Italien, Schweden; Länderbericht II Art. 5 Italien; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Armenien; Länderbericht 2016 Art. 5 Moldau; Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (136 f.). 253 Länderbericht XIII-5 Art. 5 Finnland; Länderbericht XV-1 Art. 5 Schweden. 254 Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Russland, Serbien; Länderbericht 2016 Art. 5 Estland, Malta, Moldau, Ukraine. 255 Länderbericht XIII-5 Art. 5 Finnland; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2004 Art. 5 Estland; Länderbericht 2010 Art. 5 Armenien, Moldau, Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Russland, Serbien; Länderbericht 2016 Art. 5 Estland, Ukraine; Länderbericht 2018 Art. 5 Russland, Slowenien. 256 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 257 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 258 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 5 Dänemark. 259 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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bb) Einsatz von Kontrollgremien Für die effektive Durchsetzung des Verbots von Beeinträchtigungen des Vereinigungsrechts bietet sich die Einsetzung eines Kontrollgremiums an. 260 Dies können beispielsweise das generell mit Kontrollaufgaben betraute Labour Inspectorate 261 oder auf bestimmte Rechtsverletzungen spezialisierte Gremien 262 sein. Sie können etwa von Amts wegen oder auf Antrag eine Verletzung und die involvierten Parteien feststellen, vorbeugende Maßnahmen und die Wiederherstellung der vorherigen Situation anordnen oder Strafen auferlegen. 263 Eine Pflicht zur Einsetzung eines solchen Gremiums stellt Art. 5 RESC allerdings nicht auf. b) Fördermaßnahmen Der Staat muss Gründungen von Gewerkschaften fördern oder durch andere Maßnahmen deren Legitimität erhöhen, wenn der Organisationsgrad allgemein zu niedrig ist. 264 Wann ein Förderungsbedarf vorliegt, lässt sich aus den Stellungnahmen des EKSR nicht abstrahieren. 265 Niedrige Organisationsgrade von bis zu 30 %266 werden ebenso kommentarlos hingenommen wie Angaben von 80 % oder 85 %267. Das EKSR sich über die Anzahl der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, der eingeleiteten Gerichtsverfahren wegen Verstößen gegen das Vereinigungsrecht, der durchgeführten Inspektionen sowie über die Höhe der verhängten Strafen informieren, ohne die Bedeutung für seine Stellungnahme zu erläutern. 268 Dennoch haben die von den Staaten vorzulegenden Statistiken stets aussagekräftig zu sein. 269 Stellt das EKSR die Notwendigkeit der Förderung fest, müssen die betroffenen Staaten hinreichend konkrete Maßnahmen ergreifen, die zu deutlichen Fortschritten führen. 270

260

Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland, Ungarn. Vgl. Länderbericht XIV-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht 2006 Art. 5 Albanien, Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina. 262 Länderbericht 2014 Art. 5 Bulgarien. 263 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Ungarn; Länderbericht 2014 Art. 5 Bulgarien. 264 Länderbericht 2014 Art. 5 Niederlande. 265 Länderbericht VII Art. 5 Frankreich; Länderbericht XV-2 Art. 5 Slowakei. 266 Länderbericht XV-1 Art. 5 Niederlande, Polen; Länderbericht 2014 Art. 5 Niederlande. 267 Länderbericht XIII-2 Art. 5 Belgien; Länderbericht XV-1 Art. 5 Island. 268 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht XV-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Slowakei, Ungarn; Länderbericht 2010 Art. 5 Ukraine. 269 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Spanien. 270 Länderbericht 2014 Art. 5 Aserbaidschan; Länderbericht 2016 Art. 5 Aserbaidschan. 261

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

III. Negative Vereinigungsfreiheit 1. Problemaufriss Der Wortlaut von Art. 5 S. 1 RESC beinhaltet ausschließlich das Recht, Vereinigungen zu gründen und ihnen beizutreten. Nicht ausdrücklich erfasst ist die individuelle negative Vereinigungsfreiheit, also das Recht, einer Vereinigung nicht beizutreten oder aus ihr auszutreten. 271 Denkbar ist auch eine kollektive negative Vereinigungsfreiheit in der Form, dass Vereinigungen Mitglieder ausschließen können oder Mitgliedschaftsbewerber ablehnen dürfen. In welchem Umfang Art. 5 RESC auch die negative Vereinigungsfreiheit schützt, ist Gegenstand dieses Abschnitts. Nach der Herleitung des Schutzes der individuellen negativen Vereinigungsfreiheit werden die vom EKSR untersuchten Eingriffe in diese Freiheit thematisiert. Dabei sind von Formen des unzulässigen Beitrittsdrucks zulässige Zwangsmitgliedschaften abzugrenzen. In einem zweiten Teil werden die Ausführungen des EKSR zur kollektiven negativen Vereinigungsfreiheit dargestellt. 2. Individuelle negative Vereinigungsfreiheit a) Verankerung der negativen Vereinigungsfreiheit in Art. 5 RESC Zunächst war in der Literatur umstritten, ob Art. 5 RESC über seinen Wortlaut hinausgehend grundsätzlich die negative Vereinigungsfreiheit schützt. 272 Das EKSR hat klargestellt, dass dem Geist der Vorschrift entsprechend das Verbot jeder Form von Zwang, einer Gewerkschaft oder Arbeitgeberorganisation beizutreten oder ihr weiterhin anzugehören, zum Kern von Art. 5 RESC gehört. 273 Die Gewerkschaftszugehörigkeit soll Resultat einer freien Entscheidung sein, die nicht durch Druck beeinflusst wird. 274 Weder Gesetze noch Rechtsprechung dürfen Ein 271

Dazu allgemein Thürer, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1235 (1235 ff.). 272 Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (138); Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 17 ff.; Steffens, Die negative Koalitionsfreiheit im europäischen und internationalen Recht, S. 80 ff. 273 Länderbericht XI-1 Art. 5 Island; Länderbericht XI-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XII-1 Art. 5 Island; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Dänemark, Island, Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 5 Dänemark, Island, Niederlande, Norwegen, Schweden; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Island; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien Länderbericht 2014 Art. 5 Armenien, Bosnien und Herzegowina, Irland, Serbien; Beschwerde 103/2013 Rn. 76; zur Entwicklung der Spruchpraxis siehe § 3 B. I. 2. c) bb) (2) sowie § 3 B. I. 2. c) cc) (2) (c) (aa). 274 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Irland, Russland, Serbien; Beschwerde 12/2002 Rn. 29; Beschwerde 103/2013 Rn. 76; Länderbericht VII Art. 5 Dissenting Opinion Zanetti.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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griffe in die negative Vereinigungsfreiheit gestatten. 275 Eine Verletzung der negativen Vereinigungsfreiheit kann bestraft werden. 276 Ein Indiz für eine zufriedenstellende nationale Situation kann das Nichtvorliegen von Beschwerden einzelner Arbeitnehmer sein. 277 Im Folgenden wird dargestellt, mit welchen Eingriffen in die negative Vereinigungsfreiheit sich das EKSR auseinander gesetzt hat und wie es die jeweiligen nationalen Konstellationen bewertet hat. b) Formen des Beitrittsdrucks Unzulässiger Beitrittsdruck kann sowohl auf Arbeitnehmer als auch auf Arbeitgeber auf verschiedene Weisen ausgeübt werden. Eine herausragende Rolle spielen sogenannte closed-shop-Klauseln. Finanzielle Benachteiligungen und andere Beeinflussungen der Entscheidungsfreiheit sind demgegenüber von geringerer, aber nicht zu vernachlässigender Bedeutung. aa) Beitrittsdruck durch closed-shop-Klauseln (1) Problemaufriss Die praktisch relevanteste Form des Eingriffs in die negative Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmer sind sogenannte closed shops. Closed-shop-Vereinbarungen zwischen einer oder mehreren Gewerkschaften auf der einen Seite und einem Arbeitgeber oder einem Arbeitgeberverband auf der anderen Seite machen die Einstellung oder Weiterbeschäftigung einer Person von ihrer Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft abhängig. 278 Die konkrete Ausgestaltung der closed-shop-Vereinbarungen variiert stark in Form und Inhalt: Bei einer pre-entry-Klausel muss der Arbeitnehmer vor Abschluss des Arbeitsvertrags Gewerkschaftsmitglied sein; bei einer post-entry-Klausel reicht ein Beitritt nach der Anstellung aus, sollte er jedoch ausbleiben, droht die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. 279 In den Staatenberichten finden sich vielfältige closed-shop-Konstellationen:

275 Länderbericht XI-1 Art. 5 Island; Länderbericht XI-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Island, Norwegen, Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 5 Island; Länderbericht XVIII-2 Art. 5 Lettland. 276 Länderbericht 2016 Art. 5 Estland. 277 Beschwerde 103/2013 Rn. 88. 278 Länderbericht VII Art. 5 Dissenting Opinion Zanetti; vgl. EGMR vom 13.8.1981 – Rs. 7601/76 und 7806/77 Rn. 13 – Young, James und Webster; dazu allgemein Hanson / ​Jackson / ​ Miller, The Closed Shop, S. 5 ff. 279 Länderbericht VIII Art. 5 Vereinigtes Königreich Dissenting Opinion Zanetti; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Schweden; Hanson / ​Jackson / ​Miller, The Closed Shop, S. 6; Jansen, Der „closed shop“ als kulturspezifische Institution im Rahmen der „industrial relations“ des Vereinigten Königreichs, S. 5 ff.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

(1) Im französischen Buchdruckgewerbe regelte eine Vereinbarung aus dem Jahr 1900 zwischen den Druckerei-Meistern und der Féderation française des travailleurs du livre, dass ausschließlich Mitglieder dieser Gewerkschaft in diesem Gewerbe beschäftigt werden durften. 280 Zwar stand dies seit 1956 in Konflikt mit dem strafbewehrten gesetzlichen Verbot von closed shops, die Wirksamkeit der Klausel war aber unklar. 281 Einschlägige Gerichtsentscheidungen räumten einerseits der negativen Vereinigungsfreiheit einen hohen Stellenwert ein 282, andererseits wurden closed shops weiterhin praktiziert 283. (2) Für Hafenarbeiter in Frankreich schuf ein Gesetz faktisch einen closed shop: Grundvoraussetzung für die Beschäftigung in dieser Branche war der Erwerb der carte professionelle, über deren Erteilung ein zur Hälfte mit Mitgliedern der Gewerkschaft Confédération générale du travail besetztes Gremium entschied. 284 In der Praxis wurde diese carte ausschließlich Mitgliedern der CGT erteilt. Diese Einstellungsvoraussetzung wurde 1992 weitgehend aufgehoben, dennoch waren faktisch weiterhin fast alle Arbeitnehmer Inhaber der carte. 285 (3) In Dänemark konnte ein Arbeitsverhältnis bei fehlender Gewerkschaftszugehörigkeit beendet werden, wenn ein Nichtmitglied einen Arbeitsvertrag einging, obwohl es bei seiner Einstellung wusste, dass der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis von einer (bestimmten) Gewerkschaftszugehörigkeit abhängig machte, oder wenn ein Gewerkschaftsmitglied nach seiner Einstellung von einem solchen Bedingungszusammenhang erfuhr und dennoch aus der Gewerkschaft austrat. 286 Die dänische Regierung behauptete, dass der EGMR diese Rechtslage nicht beanstandet habe. 287 Es ist aber nicht zweifelsfrei nachvollziehbar, auf welche Rechtssache sich diese Behauptung stützt. 288 (4) Während in Island gesetzlich auferlegte Mitgliedschaftspflichten nur in engen Grenzen möglich waren, durften closed-shop-Klauseln das Ergebnis freier

280

Länderbericht XIII-1 Art. 5 Frankreich. Länderbericht XIII-1 Art. 5 Frankreich. 282 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Frankreich. 283 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2004 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Frankreich. 284 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Frankreich. 285 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Frankreich. 286 Länderbericht VIII Art. 5 Dänemark; Länderbericht IX Art. 5 Dänemark; Länderbericht XII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XV-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Dänemark. 287 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Dänemark und Länderbericht XV-1 Art. 5 Dänemark. 288 Gemeint sind womöglich EGMR Entscheidungen vom 3.5.1988  – Rs. 12860/87 und 12719/87 – Andersen und Frederiksen, bei denen jeweils ein Busfahrer aufgrund der fehlenden Gewerkschaftszugehörigkeit auf Druck der Kollegen entlassen wurde. Da in beiden Fällen beträchtliche Entschädigungen gezahlt wurden, wurden die Verfahren mangels Opferstellung der Beschwerdeführer vom EGMR als unzulässig verworfen. 281

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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Verhandlungen zwischen Privaten sein. 289 Die in der Praxis bedeutsamste Gewerkschaft hatte in ihrer Satzung die Aushandlung solcher Vereinbarungen ausgeschlossen, anderen Gewerkschaften war dies aber noch möglich. 290 Gerichte erkannten daher die Forderung einer solchen Klausel im Rahmen einer Verhandlung grundsätzlich als legitim an. 291 (5) Britische closed-shop-Klauseln bedurften zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung von mindestens 80 % der potentiell betroffenen Arbeitnehmer. 292 Da die Arbeitnehmer sich auf diese Weise zur Pflichtmitgliedschaft äußern konnten, sah der Staat darin keinen auferlegten Zwang, sondern vielmehr eine freiwilligen Verpflichtung. 293 (2) Bewertung der closed-shop-Klauseln durch das EKSR Das EKSR wertet jede Form von closed-shop-Klauseln und Praktiken, die zu einem Einstellungsmonopol einer Gewerkschaft führen, als schweren Verstoß gegen die negative Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmer. 294 Zudem haben solche Regelungen nachteilige Auswirkungen auf Kollektivverhandlungen, weil andere Gewerkschaften davon ausgeschlossen werden. 295 Allein die theoretische Möglichkeit der Akzeptanz von closed shops verstößt bereits gegen Art. 5 RESC, wenn deren tatsächliche Existenz nicht zweifelsfrei widerlegt ist. 296 Das Verbot von closed shops gilt unverändert, wenn der Arbeitgeber für eine bestimmte politische, ideologische, religiöse oder kulturelle Einstellung eintritt und dies durch die Mitgliedschaft in einer (bestimmten) Gewerkschaft untermauert werden soll. 297 Auch closed-shop-Klauseln, die Ausnahmen von der Mitgliedschaftspflicht bei Nach 289 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Island; Länderbericht XV-1 Art. 5 Island; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Island; vgl. EGMR vom 30.6.1993 – Rs. 16130/90 – Sigurdur A. Sigurjónsson. 290 Länderbericht XV-1 Art. 5 Island; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Island; vgl. Länderbericht XIV-1 Art. 5 Schweden. 291 Länderbericht XV-1 Art. 5 Island. 292 Länderbericht IX-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 293 Länderbericht IX-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 294 Länderbericht VIII Art. 5 Dänemark; Länderbericht IX Art. 5 Dänemark; Länderbericht XI-1 Art. 5 Island; Länderbericht XII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Dänemark, Frankreich, Schweden; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Irland, Island, Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Dänemark, Irland; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Island, Nordmazedonien; Länderbericht 2004 Art. 5 Schweden; Länderbericht 2006 Art. 5 Frankreich, Irland, Schweden; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Irland, Russland, Serbien; Länderbericht 2018 Art. 5 Estland; Beschwerde 12/2002 Rn. 30; Beschwerde 103/2013 Rn. 76. 295 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Frankreich. 296 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Schweden; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Schweden; Länderbericht 2002 Art. 5 Schweden. 297 Länderbericht VIII Art. 5 Dänemark; Länderbericht IX-1 Art. 5 Dänemark.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

weis einer Unzumutbarkeit im Einzelfall vorsehen, müssen unwirksam sein. 298 Da die Staaten für die Einhaltung der Charta verantwortlich sind, schützt das Argument, dass die Klausel von den Sozialpartnern frei ausgehandelt wurden, nicht vor der Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 5 RESC. 299 Zulässig kann allenfalls eine Quotenregelung sein, nach der die Besetzung freier Stellen anteilig durch verschiedene Gewerkschaften erfolgt, wenn auch Nicht- oder Andersorganisierte reale Chancen auf eine Anstellung haben. 300 Nicht ausreichend ist hingegen, Stellen erst dann mit Nichtmitgliedern zu besetzen, wenn keine Gewerkschaftsmitglieder unter den Bewerbern sind. 301 Unklar ist die Zulässigkeit der Formulierung „Die Parteien stimmen über den Wert, dass Arbeitnehmer organisiert sind, überein“ in einem Kollektivvertrag. 302 bb) Beitrittsdruck durch anderweitige Bevorzugung von Mitgliedern (1) Beitrittsdruck auf Arbeitnehmerseite Allgemeiner gefasst als closed-shop-Vereinbarungen sind Bevorzugungsklauseln, die eine Privilegierung von Gewerkschaftsmitgliedern außerhalb der Begründung des Beschäftigungsverhältnisses vorsehen. Sie können ebenfalls einen über einen bloßen Beitrittsanreiz hinausgehenden unzulässigen Beitrittsdruck aufbauen, etwa wenn ausschließlich Gewerkschaftsmitglieder von steuerfinanzierten Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld profitieren 303, oder wenn Entlassungen organisierter Arbeitnehmer zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der jeweiligen Gewerkschaft bedürfen 304. Unabhängig von einer Pflicht der Gewerkschaft zur Aufnahme eines jeden Mitgliedschaftsbewerbers verletzen solche Vereinbarungen die negative Vereinigungsfreiheit. 305 Außenseiter sind also nicht nur vor unmittelbar negativen Maßnahmen wie Schikanen, Bedrohungen oder Belästigungen zu

298

Länderbericht XVI-1 Art. 5 Niederlande. Länderbericht XIX-3 Art. 5 Island. 300 Länderbericht XIII-2 Art. 5 Belgien; Länderbericht XIII-4 Art. 5 Belgien; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Belgien. 301 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Island; Länderbericht XX-3 Art. 5 Island. 302 Länderbericht 2010 Art. 5 Schweden; positive Entscheidung nach Länderbericht 2014 Art. 5 Schweden; unklarer noch Beschwerde 12/2002 Rn. 23, 31, bei der auf den geänderten Wortlaut der Klausel nicht eingegangen wurde. 303 Länderbericht XI-1 Art. 5 Island; Länderbericht XII-1 Art. 5 Island; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Island. 304 Länderbericht 2006 Art. 5 Litauen. 305 Länderbericht XI-1 Art. 5 Island; Länderbericht XII-1 Art. 5 Island; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Island, Schweden; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht XX-3 Art. 5 Island; Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Irland, Serbien; Beschwerde 103/2013 Rn. 76. 299

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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schützen, sondern auch vor mittelbaren Benachteiligungen durch die Versagung von Vorteilen. 306 (2) Beitrittsdruck auf Arbeitgeberseite Ein Beitrittsdruck für Arbeitgeber zu entsprechenden Vereinigungen kann theoretisch entstehen, wenn nur Mitglieder eines Arbeitgeberverbandes durch Kollektivvertrag von gesetzlichen Vorschriften abweichen können. 307 Die RESC sieht aber gerade vor, dass Arbeitsbedingungen Ergebnis von Kollektivverhandlungen sein können, sodass eine unterschiedliche Behandlung von Verbandsmitgliedern und -nichtmitgliedern legitim ist. 308 Eine Verletzung von Art. 5 RESC liegt erst bei einer Beeinträchtigung des Kernbereichs der Vereinigungsfreiheit vor. 309 cc) Beitrittsdruck durch finanzielle Benachteiligung von Nichtmitgliedern Nicht nur die Bevorzugung von Organisationsmitgliedern interferiert mit der negativen Vereinigungsfreiheit, sondern auch die Belastung von Nichtmitgliedern. Ein unzulässiger Beitrittsdruck kann etwa auch entstehen, wenn Nichtmitglieder eine Organisation finanziell unterstützen müssen: Grundsätzlich dürfen Beiträge nur von den Mitgliedern verlangt werden. 310 Dies gilt selbst dann, wenn der eingeforderte Betrag mit 2 % des Gehalts relativ gering ist. 311 Anders kann die Bewertung ausfallen, wenn die zahlungspflichtigen Nichtmitglieder von Gewerkschaftsaktivitäten profitieren: Wenn Kollektivverträge von Gesetzes wegen auf alle Arbeitnehmer des Berufszweigs anwendbar sind, muss der Einzelne unabhängig von seiner Gewerkschaftszugehörigkeit die Rahmenbedingungen seiner Beschäftigung nicht aushandeln. Als Zeichen der Solidarität für diese Entlastung kann ein finanzieller Beitrag auch von Nichtmitgliedern verlangt werden. 312 Dies löst keinen Zwang aus, der Gewerkschaft formell beizutreten, sondern stärkt die Verhandlungsposition der für den Kollektivvertrag verantwortlichen Gewerkschaft. 313

306

Länderbericht XX-3 Art. 5 Dänemark. Beschwerde 35/2006 Rn. 24. 308 Beschwerde 35/2005 Rn. 28. 309 Beschwerde 35/2005 Rn. 29; siehe aber auch Beschwerde 35/2005 Dissenting Opinion Akillioğlu, der darin einen Verstoß gegen Art. 6 §§ 2 und 3 RESC sieht. 310 Länderbericht X-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht XX-3 Art. 5 Island; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Irland, Russland, Serbien. 311 Länderbericht IX-1 Art. 5 Island. 312 Länderbericht 2004 Art. 5 Rumänien; vgl. Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien Dissenting Opinion Akillioğlu. 313 Länderbericht 2004 Art. 5 Rumänien; kritisch noch Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien. 307

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Ähnlich verhält es sich mit Gebühren, die für die gewerkschaftliche Überwachung der Einhaltung der Gehaltstabellen durch die Arbeitgeber gezahlt werden 314, sofern nachweisbar ist, dass die Beiträge allein für diesen Zweck eingesetzt werden, und dass der finanzielle Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen für die Nichtmitglieder steht 315. Bei der steuerlichen Behandlung von Gewerkschaftsbeiträgen ist die Bewertung großzügiger: Zwar kann in deren Absetzbarkeit ein finanzieller Anreiz zum Gewerkschaftsbeitritt liegen. 316 Aufgrund der regelmäßig geringen Höhe dieser Beiträge wird auf diese Weise aber kaum ein relevanter Beitrittsdruck aufgebaut, insbesondere wenn für die steuerliche Berücksichtigung Höchstbeträge vorgesehen sind. 317 Auch auf Arbeitgeber darf kein finanzieller Beitrittsdruck ausgeübt werden: Das EKSR nahm Kenntnis von der EGMR-Rechtssache Vörður Ólafsson, in der die Verpflichtung eines Arbeitgebers, eine Abgabe an einen bestimmten Arbeitgeberverband zu zahlen, als Verstoß gegen Art. 11 EMRK gewertet wurde. 318 Mangels weiterer Informationen sah das EKSR darin ebenfalls einen Verstoß gegen Art. 5 RESC. 319 c) Zulässige Zwangsmitgliedschaften Auch wenn die negative Vereinigungsfreiheit Beitritts- und Mitgliedschaftspflichten grundsätzlich ablehnt, sind in engen Grenzen auch Zwangsmitgliedschaften denkbar: Entsprechend des Anwendungsbereichs von Art. 5 RESC sind Zwangsmitgliedschaften in öffentlich-rechtlichen Vereinigungen zulässig. 320 Darüber hinaus sind laut EKSR auch formelle Zwangsmitgliedschaften ohne die Pflicht zur Zahlung von Mitgliedschaftsbeiträgen möglich. 321 Ob das in Teil I Nr. 6

314

Beschwerde 12/2002 Rn. 41; a. A. Dissenting Opinion Akillioğlu, der sich gegen eine Pflicht zur Finanzierung der Aktivitäten von Gewerkschaften durch diesen „Teil-Gewerkschaftsbeitrag“ ausspricht, sowie Dissenting Opinion Grillberger und Mikkola, die den Staaten einen weiteren Ermessensspielraum einräumen wollen, wenn auch Nichtmitglieder von Gewerkschaften erbrachte Dienste finanzieren müssen, die dem Schutz anderer in der RESC verbürgter Rechte dienen. 315 Beschwerde 12/2002 Rn. 42 f. Zu beachten ist an dieser Stelle aber die Umkehr der Beweislast bei Kollektivbeschwerden. 316 Länderbericht XII-2 Art. 5 Frankreich. 317 Länderbericht XII-2 Art. 5 Frankreich. 318 Länderbericht XX-3 Art. 5 Island mit Verweis auf EGMR vom 27.7.2010 – Rs. 20161/06 – Vörður Ólafsson. 319 Länderbericht XX-3 Art. 5 Island; Der Verstoß wurde durch Gesetzänderung behoben, Länderbericht XXI-3 Art. 5 Island. 320 Siehe § 2 B. I. 321 Länderbericht X-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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RESC genannte Ziel der effektiven Kollektivverhandlungen Pflichtmitgliedschaften rechtfertigen kann, wurde in einer dissenting opinion aufgeworfen, aber nicht weiter verfolgt. 322 3. Kollektive negative Vereinigungsfreiheit Ähnlich wie die positive Vereinigungsfreiheit beinhaltet auch die negative Vereinigungsfreiheit nicht nur den eben dargestellten individuellen Aspekt, sondern sie kann auch eine Bedeutung für das Kollektiv haben. Hier geht es um die Frage, ob eine Vereinigung Mitglieder ausschließen oder Mitgliedschaftsanträge ablehnen kann. Beim Ausschluss eines Mitglieds aus einer Vereinigung kollidieren Rechte, die jeweils von Art. 5 RESC gewährleistet werden: Auf der Seite des Einzelnen steht das positive Recht, sich zu vereinigen und einer Organisation anzugehören; auf der Seite der Vereinigung streitet zum einen das Recht, die inneren Angelegenheiten autonom zu organisieren, und zum andern die negative Vereinigungsfreiheit des Kollektivs. 323 Diese Rechte sind gegeneinander abzuwägen und in einen angemessenen Ausgleich zu bringen: Der Arbeitnehmer ist vor einem ungerechtfertigten Ausschluss aus der Gewerkschaft und dem Verlust der mit der Mitgliedschaft verbunden Rechte zu schützen, etwa wenn er sich kritisch über die Gewerkschaft äußert. 324 Andererseits müssen Gewerkschaften ihre Mitglieder für Fehlverhalten sanktionieren können, zum Beispiel wenn sie sich gegen die demokratisch getroffene Entscheidung stellen, einen Arbeitskampf zu führen. 325 Eine angemessene Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen erfolgt etwa, wenn ein Ausschluss (1) mit den Statuten der Vereinigung übereinstimmen muss, (2) Ergebnis eines fairen Verfahrens ist und (3) der Betroffene dadurch weder seine Lebensgrundlage verliert noch eine außergewöhnliche Härte erleidet. 326 In jedem Fall müssen die Ausschlussgründe das Diskriminierungsverbot der Präambel der RESC respektieren. 327

322 Länderbericht X-1 Art. 5 Dänemark Dissenting Opinion Fabricius; dazu Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (138 f.); Steffens, Die negative Koalitionsfreiheit im europäischen und internationalen Recht, S. 169. 323 Länderbericht XV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien, Ukraine. 324 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 325 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 326 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 327 Europarat, The right to organise and to bargain collectively, Social Charter Monographs No. 5, Rn. 16.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Der Entzug und das Verwehren der Gewerkschaftsmitgliedschaft darf nicht auf Fälle schweren Fehlverhaltens beschränkt werden. 328 Dementsprechend kritisierte das EKSR die Regelung des Vereinigten Königreichs, nach der ein Ausschluss aufgrund der Teilnahme an politischen Aktivitäten, nicht aber wegen bloßer Zugehörigkeit zu einer politischen Partei zulässig war. 329 Einen Anwendungsfall dieser Vorschrift stellt das Verfahren der Gewerkschaft ASLEF vor dem EGMR dar: ASLEF durfte ein Mitglied nicht ausschließen, obwohl es entgegen der Gewerkschaftsstatuten einer rechtsextremen Partei angehörte. 330 In seinem Urteil stellte der EGMR unter Verweis auf die Spruchpraxis des EKSR 331 einen Verstoß gegen Art. 11 EMRK fest. Daraufhin wurde die Regelung an Art. 11 EMRK und Art. 5 RESC angepasst, sodass nunmehr die Parteizugehörigkeit einen Ausschlussgrund darstellen kann. 332

IV. Diskriminierungsschutz als Absicherung der freien Ausübung des Vereinigungsrechts der Arbeitnehmer Die soeben dargestellten positiven und negativen Rechte müssen effektiv gewährleistet sein. Damit auch Ungleichbehandlungen unterhalb der Schwelle von closed-shop-Vereinbarungen oder unzulässigen Bevorzugungsklauseln die Ausübung der positiven und negativen Vereinigungsfreiheit nicht behindern, verlangt das EKSR den Nachweis eines Verbots von Diskriminierungen im Allgemeinen und bei Kündigungen im Speziellen. Die Anforderungen an diese Verbote und deren Umsetzung werden in diesem Abschnitt dargestellt. 1. Verbot von Ungleichbehandlungen a) Allgemeines Diskriminierungsverbot Damit jeder Arbeitnehmer von seiner Vereinigungsfreiheit positiv wie negativ Gebrauch machen kann, muss er vor allen Schlechterbehandlungen durch den Arbeitgeber sowohl wegen Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft oder Teilnahme 328

Länderbericht XIII-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien. 329 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 330 EGMR vom 27.02.2007 – Rs. 11002/05 – Associated Society of Locomotive Engineers and Firemen (ASLEF). 331 EGMR vom 27.02.2007 – Rs. 11002/05 Rn. 22 ff., 39 – Associated Society of Locomotive Engineers and Firemen (ASLEF). 332 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich.

B. Gewährleistung des Vereinigungsrechts, Art. 5 RESC

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an Gewerkschaftsaktivitäten als auch wegen Nichtmitgliedschaft oder Nichtteilnahme unabhängig von der betroffenen Gewerkschaft geschützt werden. 333 Dieses Diskriminierungsverbot wird vom EKSR nur selten unter Art. 1 § 2 RESC angesprochen, der das Verbot jeglicher Diskriminierung im Arbeitsleben beinhaltet, sondern vielmehr als Teil von Art. 5 RESC gesehen. 334 Unzulässige Diskriminierungen können aktiv vorgenommen werden oder in einem Unterlassen liegen. 335 Sie können in jeder Phase des Arbeitsverhältnisses auftreten, also bei dessen Begründung, während der Durchführung und bei der Beendigung. 336 Dementsprechend können sie unterschiedlichste Formen annehmen: Nichteinstellung 337, Versetzung, Nichtgewährung von Vorteilen, Änderung der Arbeitsbedingungen, Nichtbeförderung, Kündigung, Nichtverlängerung befristeter Verträge und Ähnliches. 338 Auslöser für das diskriminierende Verhalten können Dritte sein: In einem maltesischen Trockendock drohten organisierte Beschäftigte, die Ausführung von Überstunden zu verweigern, sollten diese und damit die entsprechenden Zuschläge ebenfalls Außenseitern übertragen werden. 339 Aus Sorge vor wirtschaftlichen Einbußen wies der Arbeitgeber die notwendige Mehrarbeit daher allein den Gewerkschaftsmitgliedern zu und diskriminierte dadurch die Nichtmitglieder. 340 Keine diskriminierende Ungleichbehandlung liegt in der bloßen Nichtanwendung eines Kollektivvertrags auf Nichtmitglieder der Gewerkschaft oder in der Anwendung unterschiedlicher Kollektivverträge konkurrierender Gewerkschaften. 341

333

Länderbericht I Art. 5 Italien; Länderbericht XII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Armenien, Georgien, Moldau, Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Russland, Serbien, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 5 Armenien, Estland, Moldau, Ukraine; Beschwerde 101/2013 Rn. 71. Für die negative Koalitionsfreiheit siehe Länderbericht XIV-1 Art. 5 Schweden und Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen. 334 Vgl. Länderbericht XIII-1 Art. 1 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-3 Art. 1 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 1 § 2 Türkei. 335 Länderbericht XV-1 Art. 5 Italien, Vereinigtes Königreich. 336 Länderbericht I Art. 5 Italien; Länderbericht XII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Armenien, Georgien, Moldau, Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Russland, Serbien, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 5 Armenien, Estland, Moldau, Ukraine. 337 Zum speziellen Fall der Nichteinstellung bei closed-shop-Klauseln siehe § 2 B. III. 2. b) aa). 338 Vgl. Länderbericht XV-1 Art. 5 Malta, Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien, Slowenien. Zu closed-shop-Klauseln als besondere Form der Diskriminierung wegen Nichtzugehörigkeit zu einer Gewerkschaft siehe § 2 B. III. 2. b) aa). 339 Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Malta. 340 Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta mit Verweis auf ILO CFoA Case 1630; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Malta. 341 Länderbericht XV-1 Art. 5 Schweden.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Die bessere Behandlung von Arbeitnehmervertretern, etwa durch bezahlte Freistellungen oder Fortbildungen, benachteiligt Außenseiter ebenfalls nicht unzulässig. 342 b) Besondere Anforderungen an das Verbot diskriminierender Kündigungen aa) Allgemeines Verbot von Kündigungen im Zusammenhang mit der Gewerkschaftsmitgliedschaft oder -aktivität Neben einem allgemeinen Diskriminierungsverbot legt das EKSR besonderes Gewicht auf einen effektiven Kündigungsschutz: Jede Kündigung im Zusammenhang mit der Gewerkschaftszugehörigkeit oder -aktivität verstößt gegen den Geist von Art. 5 RESC. 343 Der Schutz vor diskriminierenden Kündigungen muss absolut gewährt werden, sodass eine Ausnahme für Kleinbetriebe, einzelne Sektoren, befristete Verträge oder erst seit kurzem beschäftigte Arbeitnehmer nicht zulässig ist. 344 Das Kündigungsverbot kann explizit in einem Gesetz verankert sein oder in einer konstanten Rechtsprechung, die bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung am Maßstab der Sittenwidrigkeit auch die Vereinigungsfreiheit als Bewertungsfaktor heranzieht. 345 Das bloße Nichtvorliegen entsprechender Klagen von entlassenen Arbeitnehmern beweist keine Konformität mit Art. 5 RESC. 346 bb) Besonderer Kündigungsschutz von Arbeitnehmervertretern Das allgemeine Kündigungsverbot wird für Arbeitnehmervertreter erweitert. Sowohl bei aktiven als auch bei ehemaligen Arbeitnehmern soll die Entlassung entweder grundsätzlich nichtig sein oder zu ihrer Wirksamkeit zumindest einer Zustimmung oder Stellungnahme des Vertretungsgremiums, der Gewerbeaufsicht oder des zuständigen Ministeriums bedürfen. 347 Ein solcher besonderer Kündi­ 342

Länderbericht XIV-1 Art. 5 Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich, Italien, Polen, Schweden, Zypern; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Belgien, Tschechien; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Irland, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Slowakei, Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Kroatien; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 5 Finnland, Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Ungarn. 343 Länderbericht VIII Art. 5 Dänemark. 344 Länderbericht XI-2 Art. 5 Österreich; Länderbericht XII-2 Art. 5 Österreich; Länder­ bericht XIII-1 Art. 5 Österreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Belgien. 345 Länderbericht XV-1 Art. 5 Österreich. 346 Länderbericht XII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 347 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen, Schweden; Länderbericht XV-2 Art. 5 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Slowakei, Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Kroatien; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 5

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gungsschutz ist ein grundsätzlich notwendiger Schutzmechanismus, bei dem Amtsinhaber und bloße Gewerkschaftsmitglieder nicht gleich zu behandeln sind; vielmehr wäre eine Ausdehnung des besonderen Kündigungsschutzes auf alle Gewerkschaftsmitglieder ein mit der negativen Vereinigungsfreiheit nicht zu vereinbarender Beitrittsanreiz. 348 Eine zeitliche Beschränkung des Kündigungsschutzes für provisorisch eingesetzte Amtsträger bei der Gründung einer Gewerkschaft darf verhindern, dass Arbeitnehmer ohne ernsthafte Gründungsabsicht von diesem Schutz profitieren. 349 Bei anderen potentiellen Diskriminierungen kann ein Zustimmungserfordernis ähnlichen Schutz bieten. 350 2. Umsetzung des Diskriminierungsverbots Die notwendige Effektivität erlangt der Diskriminierungsschutz durch zwei Aspekte: die Verankerung im nationalen Recht einerseits und abschreckende Folgen für den Arbeitgeber bei Verstößen andererseits. 351 a) Verankerung des Diskriminierungsverbots im nationalen Recht Das Diskriminierungsverbot muss nicht explizit in einem Gesetz vorgeschrieben sein, sondern es kann durch die direkte Anwendbarkeit anderer völkerrechtlicher Verträge, insbesondere der EMRK 352, oder indirekt durch das Verbot, die Gewerkschaftszugehörigkeit zu erfragen 353, erfolgen. Das Risiko einer diskriminierenden Behandlung durch Arbeitgeber kann reduziert werden, wenn der Arbeitgeber keine Kenntnis von der jeweiligen Zugehörigkeit hat. Die Aufzeichnung von Daten über Gewerkschaftsaktivitäten ist daher kritisch zu bewerten. 354 Ein allgemeines DisBulgarien, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 5 Finnland, Litauen, Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 5 Ukraine. 348 Länderbericht 2004 Art. 5 Litauen; Länderbericht 2006 Art. 5 Litauen. 349 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen. 350 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Irland; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 5 Ukraine. 351 Länderbericht XIII-1 Art. 1 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Finnland, Luxemburg; Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen, Portugal; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen, Portugal, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 5 Portugal; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Armenien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Nordmazedonien, Portugal, Slowenien; Länderbericht 2016 Art. 5 Aserbaidschan, Estland; Beschwerde 101/2013 Rn. 71. 352 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Niederländische Antillen. 353 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Norwegen. 354 Länderbericht XIII-1 Art. 1 § 2 Vereinigtes Königreich mit Verweis auf ILO CFoA Case 1618; Länderbericht XIII-3 Art. 1 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

kriminierungsverbot 355 sowie lediglich nachträgliche Rechtsmittel gegen erfolgte Diskriminierungen 356 schützen nicht ausreichend. b) Folgen vorgefallener Diskriminierungen Gegen Diskriminierungen muss ein effektiver Rechtsweg offen stehen, durch die die erlittenen materiellen und immateriellen Schäden ersetzt werden. 357 Folge einer diskriminierenden Kündigung kann zum einen eine für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entschädigende Geldleistung, zum anderen die Wiedereinstellung des Arbeitnehmers sein. 358 Damit die Entschädigung angemessen und verhältnismäßig zu dem erlittenen Schaden ist, darf die zu zahlende Summe – in Anlehnung der Spruchpraxis des EKSR zu Art. 24 RESC, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne triftigen Grund verbietet 359 – auf keinen Höchstbetrag beschränkt sein. 360 Daneben ist mindestens das Entgelt zu ersetzen, das der diskriminierte Arbeitnehmer in der Zeit zwischen Kündigung und Wiedereinstellung beziehungsweise endgültigem Gerichtsurteil verdient hätte. 361 Bei einer pauschalen Entschädigung muss alternativ ein höherer tatsächlich entstandener Schaden geltend gemacht werden können. 362 Einer möglichen Aushöhlung des effektiven Schutzes kann vorgebeugt werden, indem der Arbeitgeber Gründe für die Kündigung oder Nichteinstellung angeben muss, oder durch eine entsprechende Beweislastverschiebung im Prozess. 363

355

Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien; Beschwerde 101/2013 Rn. 77. Beschwerde 101/2013 Rn. 77. 357 Länderbericht IX-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 5 Ukraine. 358 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Irland; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra; Länderbericht 2014 Art. 5 Bulgarien. 359 Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bulgarien. 360 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Lettland, Nordmazedonien; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Bulgarien, Georgien, Moldau, Portugal, Slowenien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Portugal, Russland, Serbien, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 5 Armenien, Moldau, Ukraine. 361 Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bulgarien. 362 Länderbericht 2006 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 5 Bulgarien. 363 Länderbericht XI-2 Art. 5 Österreich; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Georgien mit Verweis auf ILO CEACR 102nd session, Convention 87. 356

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung von Arbeitsbedingungen Die soeben dargestellten Vereinigungen haben den Zweck, die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber dem sozialen Gegenspieler zu vertreten. Art. 6§§ 1 bis 3 RESC sehen verschiedene Mechanismen vor, anhand derer Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie deren Organisationen ihre Belange in Ausgleich bringen können. Diese gemeinsamen Beratungen, freiwillige Verhandlung von Gesamtarbeitsverträgen sowie Vermittlungs- und freiwillige Schlichtungsverfahren sind Gegenstand der folgenden Ausführungen. Es wird jeweils dargestellt, welche Anforderungen Verfahren und Inhalt der Beteiligung erfüllen müssen. Zudem werden Auslöser und Reichweite einer etwaigen staatlichen Förderungspflicht beleuchtet.

I. Förderung gemeinsamer Beratungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, Art. 6 § 1 RESC 1. Inhalt und Form der Beratungen Art.  6 § 1 RESC verpflichtet zur Förderung von Beratungen auf nationaler, regionaler oder betrieblicher Ebene in allen Wirtschaftszweigen sowie im öffent­ lichen Dienst, bei denen Arbeitnehmer oder deren Vertreter mit der Arbeitgeberseite auf Augenhöhe über Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse disku­ tieren. 364 Dabei stellt sich zunächst die Frage, welche „Angelegenheiten von ge­meinsamen Interesse“ die Vorschrift meint. Anschließend ist auf die Beteiligten und die Anforderungen an das Beratungsverfahren im Einzelnen einzugehen. 364

Länderbericht I Art. 6 § 1 Statement of Interpretation, Irland; Länderbericht II Art. 6 § 1 Irland, Zypern; Länderbericht III Art. 6 § 1 Deutschland; Länderbericht IV Art. 6 § 1 Deutschland; Länderbericht V Art. 6 § 1 Statement of Interpretation, Irland, Österreich; Länderbericht VIII Art. 6 § 1 Niederländische Antillen; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 1 Finnland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Frankreich, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Norwegen, Portugal, Zypern; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Slowakei, Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Niederlande (Aruba); Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Belgien, Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 1 Nordmazedonien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Luxemburg; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Bosnien und Herzegowina, Georgien, Italien, Malta, Nordmazedonien, Montenegro, Russland, Serbien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 1 Bulgarien, Nordmazedonien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 1 Georgien; Beschwerde 25/2004 Rn. 41; Beschwerde 40/2007 Rn. 38; Beschwerde 101/2013 Rn. 119 f.; Beschwerde 116/2015 Rn. 97. In kleinen Staaten kann von Beratungsstrukturen auf regionaler Ebene abgesehen werden, Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 1 Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Malta.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

a) Beratungsgegenstände Die offen formulierten „Angelegenheiten von gemeinsamen Interesse“ wurden vom EKSR nicht dergestalt konkretisiert, dass Bereiche von den Beratungen ausgenommen wären. Vielmehr finden sich zahlreiche Beispiele für Angelegenheiten, die Gegenstand der Beratung sein können:365 – Beschäftigungsbedingungen: Verhandlung des Entgelts einschließlich Ein- und Umgruppierungen; Arbeitszeit und Überstunden; Urlaub und andere Abwesenheitszeiten; Aus- und Weiterbildung einschließlich deren Finanzierung; Beförderung und Aufstiegsmöglichkeiten; Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz; Verhütung von und Umgang mit Arbeitsunfällen; Disziplinarmaßnahmen; Massenentlassungen; Datenschutz; Umsetzung von ILO-Normen; Diskriminierungsschutz; Arbeitsbedingungen in Branchen ohne Kollektivvertrag; – Soziale Fragen: Sozialversicherungen und -leistungen, insbesondere Voraus­ setzungen und Höhe der Leistungen; – Wirtschaftliche Fragen: Organisation und Führung des Betriebs; Struktur und Größe der Belegschaft; Beschäftigungspolitik; Produktionsraten; Umstrukturierungen; Veräußerung des Unternehmens; – Allgemeine Politik: Beschäftigungsförderung; Festlegung gefährlicher Tätigkeiten; Festlegung von Arbeitsbedingungen durch die Allgemeinverbindlich­ erklärung von Kollektivverträgen; Mindestlohn; Höchstarbeitszeiten; Bekämpfung der Inflation; Festlegung von Preisen; Privatisierungen; Beteiligungsrechte von Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern; nationale Sicherheit; Umweltschutz.

365 Länderbericht I Art. 6 § 1 Statement of Interpretation, Italien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht V Art. 6 § 1 Italien; Länderbericht VII Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht VIII Art. 6 § 1 Island, Italien, Niederländische Antillen, Schweden, Spanien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 1 Malta, Spanien; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 1 Italien; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 1 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Italien, Portugal, Spanien; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 1 Finnland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Luxemburg, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Frankreich, Italien, Polen, Portugal, Spanien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Finnland, Tschechien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Lettland, Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Slowakei, Spanien, Tschechien, Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 1 Kroatien, Lettland, Nordmazedonien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Lettland, Luxemburg; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Estland, Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Albanien, Bulgarien, Estland, Moldau, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Moldau, Ukraine; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Armenien, Aserbaidschan, Bulgarien, Estland, Georgien, Italien, Nordmazedonien, Moldau, Montenegro, Serbien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Frankreich; Länderbericht 2016 Art. 6 § 1 Aserbaidschan; Länderbericht 2018 Art. 6 § 1 Aserbaidschan; Beschwerde 101/2013 Rn. 121; Beschwerde 116/2015 Rn. 97.

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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Die Themenliste ist nicht abschließend, sondern dient der Illustration der möglichen Beratungsgegenstände. 366 Der Staat muss darlegen, dass die Beratungen grundsätzlich alle Gegenstände mit Ausnahme von Staats- und Geschäftsgeheimnissen abdecken können. 367 Während auf nationaler Ebene Fragen von übergreifender wirtschaftlicher oder arbeitsmarktpolitischer Bedeutung eine Rolle spielen 368, werden auf betrieblicher Ebene speziellere Angelegenheiten diskutiert 369. Lediglich die Mitgestaltung der allgemeinen nationalen Politik gehört nicht zum Kern von Art. 6 § 1 RESC. 370 Im öffentlichen Dienst muss der zuständige Hoheitsträger aber nicht alle Beratungsanfragen aufnehmen. 371 b) An den Beratungen zu Beteiligende aa) Arbeitnehmer und Arbeitgeber Art. 6 § 1 RESC spricht von der Beratung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, ohne deren Organisationen einen besonderen Stellenwert einzuräumen. Insbesondere in kleinen Unternehmen können Beratungen unmittelbar zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber zweckmäßig und ausreichend sein. 372 In allen anderen Fällen soll die Belegschaft laut EKSR durch entsprechend Beauftragte vertreten werden. 373 Gewerkschaften können aufgrund ihrer für die Interessenvertretung 366

Länderbericht I Art. 6 § 1 Statement of Interpretation, Italien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht V Art. 6 § 1 Italien; Länderbericht VIII Art. 6 § 1 Island; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Italien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 1 Aserbaidschan. 367 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 1 Kroatien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Armenien, Aserbaidschan, Georgien. 368 Länderbericht 2002 Art. 6 § 1 Rumänien. 369 Länderbericht V Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht VI Art. 6 § 1 Irland, Italien; Länder­ bericht XII-2 Art. 6 § 1 Malta. 370 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Luxemburg; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 1 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Luxemburg, Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Finnland; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 1 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Island, Norwegen, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Niederlande (Aruba), Polen; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Kroatien, Malta, Slowakei, Ungarn; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Luxemburg; Länderbericht 2002 Art. 6 § 1 Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Albanien, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Aserbaidschan, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Bosnien und Herzegowina, Frankreich, Moldau, Norwegen, Rumänien, Russland, Serbien, Ukraine. 371 Beschwerde 40/2007 Rn. 38. 372 Länderbericht I Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht II Art. 6 § 1 Irland, Zypern; Länderbericht V Art. 6 § 1 Österreich; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Niederländische Antillen, Polen; Länderbericht 2002 Art. 6 § 1 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Moldau, Serbien. 373 Länderbericht VII Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht VIII Art. 6 § 1 Frankreich, Niederländische Antillen, Spanien; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht XIII-3

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

nützlichen Kenntnisse und Ressourcen eine führende Rolle einnehmen. 374 Damit die Beratungen effizient sind, können die Teilnahmerechte auf wenige Organisationen begrenzt werden. 375 In diesem Fall müssen die Auswahlkriterien – wie bei Art. 5 RESC – gesetzlich vorgeschrieben, objektiv, vernünftig und der gerichtliche Überprüfung zugänglich sein, und sie dürfen kein Hindernis für die grundsätzliche Teilhabe der Organisationen darstellen. 376 Werden Beratungsrechte nur Dachverbänden gewährt, muss deren Gründung ohne Hindernisse möglich sein. 377 Die Beratungen können in informellem Rahmen oder in ständigen oder in bei Bedarf errichteten Gremien erfolgen. 378 Solange weder der Kernbereich der GewerkArt. 6 § 1 Portugal; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 1 Finnland, Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Frankreich, Luxemburg, Niederländische Antillen, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Finnland, Polen, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Polen, Tschechien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Niederlande (Aruba), Österreich; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Kroatien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Polen; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Litauen, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Frankreich, Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Moldau, Niederlande; vgl. Schlachter, SR 2013, 77 (87). 374 Länderbericht V Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht X-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht X-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 1 Belgien, Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 1 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Luxemburg, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Finnland, Norwegen, Polen, Portugal, Spanien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Dänemark, Island, Niederländische Antillen, Tschechien, Zypern; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Slowakei, Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Malta, Österreich, Polen; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Kroatien, Polen, Spanien, Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 1 Nordmazedonien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Armenien, Montenegro, Russland, Slowenien, Ukraine. 375 Länderbericht X-2 Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Kroatien, Ungarn; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Albanien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Belgien. 376 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Kroatien, Slowakei, Tschechien, Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 1 Nordmazedonien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Albanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Armenien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Moldau, Montenegro, Portugal, Russland, Serbien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 1 Russland; siehe auch § 2 B. II. 2. b) cc) (1) (b). 377 Länderbericht V Art. 6 § 1 Österreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Dänemark. 378 Länderbericht 2014 Art. 5 Niederlande; Länderbericht V Art. 6 § 1 Statement of Interpretation, Frankreich, Vereinigtes Königreich; Länderbericht VI Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht VIII Art. 6 § 1 Frankreich, Irland, Niederlande; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 1 Frankreich, Spanien; Länderbericht X-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 1 Malta; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 1 Belgien, Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Norwegen, Portugal, Schweden, Spanien; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 1 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Luxemburg, Niederländische Antillen, Norwegen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Finnland, Norwegen, Polen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 1 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Norwegen, Polen, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Polen; Länderbericht XVII-2 Art. 6

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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schaftsrechte betroffen ist noch eine Bevorzugung bestimmter Gewerkschaften erfolgt, wird den Staaten ein großer Spielraum bei der Ausgestaltung solcher Gremien gewährt. 379 Zu einer Anwendbarkeit der Vorschrift auf Selbständige hat sich das EKSR nicht explizit geäußert. 380 bb) Beteiligung Dritter Bei Beratungen im privaten Sektor kann eine staatliche Stelle mit leitender oder schlichtender Funktionen eingebunden werden. 381 Auch Vertreter der Interessen Dritter wie Industrie- und Handelskammern, Behindertenvertretungen, Kirchen oder anderen Nichtregierungsorganisationen können Gehör finden. 382 Solche dreigliedrigen Strukturen werden von Art. 6 § 1 RESC weder gefordert, noch werden sie ihm zwingend gerecht: Ausschlaggebend ist allein, dass die Beratungen bei gleichzeitiger und gleichberechtigter Anwesenheit von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite stattfinden. 383

§ 1 Lettland, Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Kroatien, Niederlande (Aruba), Polen, Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 1 Lettland, Nordmazedonien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Lettland, Luxemburg; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Bulgarien, Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Bulgarien, Portugal, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Estland, Georgien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Armenien, Aserbaidschan, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Moldau, Norwegen, Rumänien, Russland, Serbien, Ukraine, Ungarn. 379 Beschwerde 26/2004 Rn. 38; weitergehend Beschwerde 26/2004 Dissenting Opinion Akillioğlu Rn. 2, der noch eine gerichtliche Überprüfbarkeit der Besetzung verlangt. 380 Für einen Ausschluss aufgrund des Wortlauts Harris / ​Darcy, The European Social Charter, S. 100. 381 Länderbericht V Art. 6 § 1 Statement of Interpretation; Länderbericht VIII Art. 6 § 1 Niederlande, Niederländische Antillen; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 1 Malta; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 1 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Italien, Niederländische Antillen, Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Frankreich, Luxemburg, Niederländische Antillen, Portugal, Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Deutschland, Norwegen, Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Island, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Polen; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Kroatien, Polen, Slowakei, Tschechien, Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 1 Nordmazedonien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Luxemburg, Niederlande (Aruba), Niederlande (Curaçao), Spanien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 1 Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Bulgarien, Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Albanien, Litauen; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Italien, Moldau, Norwegen, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Ungarn, Ukraine. 382 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Tschechien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Rumänien, Ungarn. 383 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Luxemburg; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Slowakei; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Niederlande (Aruba); Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Luxem­ burg; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Armenien, Aserbaidschan, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Bosnien und Herzegowina, Italien, Montenegro, Russland, Serbien; Beschwerde 116/2015 Rn. 96.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

c) Ausgestaltung des Beratungsverfahrens und Absicherung der Beratungsergebnisse In welcher Form die Beratungen im Sinne von Art. 6 § 1 RESC abzulaufen haben, lässt die Vorschrift offen und wurde auch vom EKSR nicht näher definiert. Möglich sind etwa Informations- und Beratungsansprüche der Arbeitnehmerseite gegen den Arbeitgeber 384; das Recht auf Abgabe von Stellungnahmen und Unterbreitung von Vorschlägen 385; die Verhandlung bindender Kollektivverträge 386; oder die frühzeitige Einbeziehungen der Sozialpartner in Gesetzgebungsverfahren 387. Nicht vorgegeben ist darüber hinaus, in welchen Zeitabständen die Beratungen zu erfolgen haben. Jedenfalls bei allgemein gehaltenen Gegenständen können zwischen den einzelnen Beratungssitzungen mehrere Jahre liegen. 388 Art. 6 § 1 RESC

384 Länderbericht VI Art. 6 § 1 Schweden; Länderbericht VII Art. 6 § 1 Frankreich, Schweden; Länderbericht VIII Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht X-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Luxemburg, Niederlande; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Finnland, Polen, Spanien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Polen; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Dänemark; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Lettland, Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Lettland, Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2002 Art. 6 § 1 Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Litauen, Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Moldau, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Frankreich, Malta, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Bosnien und Herzegowina, Georgien, Malta, Montenegro, Rumänien, Russland, Serbien, Ukraine. 385 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Polen; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Tschechien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 1 Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Moldau, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Frankreich, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Bosnien und Herzegowina, Georgien, Montenegro, Rumänien, Russland, Serbien, Ukraine. 386 Länderbericht VI Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht VII Art. 6 § 1 Schweden; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht X-2 Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 1 Belgien; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Frankreich, Spanien; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Frankreich, Norwegen, Portugal, Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Island, Vereinigtes Königreich, Zypern; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Island; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Kroatien, Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Island; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Moldau; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Belgien, Bulgarien, Serbien, Ukraine. 387 Länderbericht V Art. 6 § 1 Österreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Deutschland, Portugal; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Island; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Albanien, Bulgarien, Zypern; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Aserbaidschan, Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Bulgarien, Estland, Moldau, Slowenien. 388 Länderbericht VII Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht X-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 1 Frankreich, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Italien; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Luxemburg, Niederlande, Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Finnland, Niederlande; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Österreich; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Bulgarien, Rumänien; Länder-

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betrifft ausschließlich Beratungen im gewöhnlichen Sinne des kollektiven Arbeitsrechts, nicht hingegen Unternehmensmitbestimmung, Vermeidung von Kollektivmaßnahmen durch Mediation oder sonstige Streitbeilegungsverfahren. 389 Die einzige Mindestanforderung des EKSR an das Beratungsverfahren ist, dass tatsächlich ein Dialog stattfindet und nicht lediglich eine bloße Meinungsmitteilung. 390 Die Durchführung einer ernsthaften Diskussion kann etwa gewährleistet werden, indem Beschlüsse der Beratungsgremien der Zustimmung von ¾ der Anwesenden bedürfen 391, oder indem der Arbeitgeber von den Empfehlungen der Arbeitnehmerseite nur unter Angabe von Gründen abweichen kann 392. Eine Ausnahme gilt bei der Beratung von Gesetzesvorhaben: In diesem Fall darf von den Empfehlungen der Sozialpartner ohne Begründung und ohne erneute Beratung abgewichen werden, da die RESC keinen Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren eines souveränen Staates nehmen kann und will. 393 Andernfalls könnte der Gesetzgebungsprozess gelähmt werden, und in der Regel macht die umfassende Debatte im Parlament eine weitergehende Beteiligung der Betroffenen überflüssig. 394 Daher müssen Änderungsgesetze nicht mit den Sozialpartnern beraten werden. 395 Druck zur Einhaltung von Beratungspflichten kann durch die Unwirksamkeit ohne Beratung gefasster Entscheidungen des Arbeitgebers 396 oder durch Sanktionen 397 aufgebaut werden. Zudem können die Beratungsergebnisse durch ein Überwachungsgremium abgesichert werden. 398

bericht 2014 Art. 6 § 1 Estland, Moldau, Rumänien. Nicht beanstandet wurden Abstände von maximal fünf Jahren für die Beratungen über Reihenfolge, Ziele und Wege der Fortbildung von Arbeitnehmern, Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 1 Frankreich. 389 Länderbericht IV Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht V Art. 6 § 1 Österreich; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Niederlande (Aruba). 390 Länderbericht IV Art. 6 § 1 Statement of Interpretation; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 1 Portugal; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Beschwerde 25/2004 Rn. 41; Beschwerde 101/2013 Rn. 119. 391 Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Moldau. 392 Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Slowenien. 393 Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Litauen; Beschwerde 25/2004 Rn. 41; Beschwerde 37/2006 Rn. 38; Beschwerde 101/2013 Rn. 120; Beschwerde 116/2015 Rn. 98. 394 Beschwerde 25/2004, Rn. 37, 39. 395 Beschwerde 25/2004 Rn. 37 f., 40; Beschwerde 101/2013 Rn. 120. 396 Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Ungarn 397 Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Slowakei; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 1 Polen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Polen, Vereinigtes Königreich. 398 Länderbericht IX-1 Art. 6 § 1 Schweden.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

2. Reichweite und Inhalt der staatlichen Förderungspflicht Art. 6 § 1 RESC verpflichtet die Staaten zur Förderung zielführender Beratungen. Dies gilt laut EKSR allerdings nur, wenn die Parteien von alleine keinen ausreichenden Dialog führen. 399 Daher müssen Statistiken nachweisen, im Interesse wie vieler Arbeitnehmer Beratungen geführt werden. 400 Aus den Stellungnahmen des EKSR lässt sich allerdings nicht ableiten, ab welcher Schwelle Förderungsmaßnahmen entbehrlich sind. Teilweise sind die Berichte über ergriffene Maßnahmen sehr vage, etwa wenn sie allgemein von „Maßnahmen“, „Politik“ oder „Programm“ sprechen. 401 Das EKSR verlangt aber den konkreten Nachweis staatlicher Förderungen auf allen Organisationsebenen. 402 Mögliche Förderungsmaßnahmen sind zunächst die Analyse der Situation und potentieller Förderungsmöglichkeiten 403; die Erstellung allgemeiner Leitlinien für die Zusammenarbeit der Sozialpartner 404; die Verfolgung einer allgemeinen Politik, die Sozialpartner zu Verhandlungen in bestimmten Bereichen motivieren soll 405; die Koordinierung und Unterstützung der Beratungen durch rechtlichen Rat, Empfehlungen, Mediation und Schlichtung 406; die Durch 399

Länderbericht IV Art. 6 § 1 Statement of Interpretation; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 1 Portugal; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Luxemburg; Länderbericht 2002 Art. 6 § 1 Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Bosnien und Herzegowina, Georgien, Italien, Montenegro, Rumänien, Russland, Serbien; Beschwerde 25/2004 Rn. 41; Beschwerde 101/2013 Rn. 119; andere Ansicht Świątkowski, Labour Law, Rn. 222, allerdings ohne Begründung. 400 Länderbericht II Art. 6 § 1 Zypern; Länderbericht III Art. 6 § 1 Zypern; Länderbericht IV Art. 6 § 1 Zypern; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 1 Malta. 401 Länderbericht X-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 1 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 1 Lettland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Lettland, Niederlande (Curaçao); Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Bulgarien, Litauen. 402 Länderbericht VII Art. 6 § 1 Italien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Malta; Länder­ bericht 2004 Art. 6 § 1 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Bulgarien, Georgien. 403 Länderbericht X-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Portugal; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Ungarn. 404 Länderbericht X-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Irland; im Detail Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Russland. 405 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 1 Frankreich. 406 Länderbericht XV-2 Art. 6 § 1 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Dänemark, Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Niederländische Antillen, Portugal; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 1 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Irland, Niederländische Antillen, Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Italien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Dänemark;

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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führung von Schulungsmaßnahmen für die Interessenvertreter beider Seiten 407; die Bereitstellung von Fördergeldern für entsprechende Projekte der Sozialpartner 408; die Modifizierung der Zuteilung von Sitzen in Beratungsgremien 409; die Erleichterung der Wahl von Vertretern und der Gründung von Beratungsgremien 410; die Erweiterung der Beratungsgegenstände 411; die Einführung gesetzlicher Unterrichtungs- und Beratungspflichten einschließlich Berufung eines Inspektors mit Kontrollbefugnissen 412; oder die Einführung einer Pflicht zur Errichtung permanenter beratender Gremien ab einer gewissen Betriebsgröße sowie die Gründung solcher Gruppen durch den Staat selbst 413. Zumindest zur Errichtung permanenter Beratungsgremien sollen die Staaten Stellung nehmen. 414 Bloße Aufforderungen zu Beratungen von staatlicher Seite sind im Zweifel nicht ausreichend. 415 Letztlich entscheidend ist aber nicht die Wahl der Umsetzungsmittel, sondern das faktisch erzielte Resultat. 416 Daher können vormals bestehende dauerhafte Beratungsgremien durch ad-hoc-Beratungen ersetzt werden, wenn dadurch Umfang und Intensität

Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Dänemark; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Lettland, Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 1 Lettland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Lettland, Spanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Armenien, Bosnien und Herzegowina, Moldau, Montenegro, Rumänien, Russland, Serbien, Slowenien, Ukraine. 407 Länderbericht VIII Art. 6 § 1 Schweden; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Niederländische Antillen, Portugal; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 1 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Irland, Niederländische Antillen, Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Italien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Dänemark; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Dänemark; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Lettland, Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 1 Lettland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Lettland; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Armenien, Bosnien und Herzegowina, Moldau, Montenegro, Rumänien, Russland, Serbien, Slowenien, Ukraine. 408 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Ungarn, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Lettland. 409 Länderbericht X-2 Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 1 Malta; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Moldau, Slowenien. 410 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Norwegen; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Dänemark; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Frankreich. 411 Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Frankreich. 412 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Luxemburg, Norwegen, Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Island, Österreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Niederländische Antillen, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Polen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Rumänien. 413 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Niederlande, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Finnland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Niederlande, Polen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Portugal, Rumänien. 414 Beschwerde 25/2004 Rn. 41; Beschwerde 101/2013 Rn. 119. 415 Länderbericht VII Art. 6 § 1 Irland. 416 Länderbericht VII Art. 6 § 1 Zypern; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Nordmazedonien, Russland.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

der Beratungen nicht abnehmen. 417 Andererseits entbinden weder die Wirtschaftslage noch erstarkte Gewerkschaften den Staat von der Förderungspflicht, ebenso wenig wie die Behauptung, dass die Sozialpartner die getroffenen Maßnahmen nicht annehmen würden. 418

II. Förderung der freiwilligen Verhandlung von Gesamtarbeitsverträgen, Art. 6 § 2 RESC 1. Zweck der Kollektivvertragsverhandlungen Die Gestaltung der Arbeitsbedingungen durch die freiwillige Verhandlung von Gesamtarbeitsverträgen ist Gegenstand von Art. 6 § 2 RESC. Deren besondere Bedeutung hat das EKSR in seiner Spruchpraxis hervorgehoben: Nach dem Werte­ system, den Prinzipien und den Grundrechten der RESC sind Kollektivvertragsverhandlungen essentiell für die Autonomie einer Gewerkschaft und den Schutz der Arbeitsbedingungen. 419 Kollektivverträge dienen zusammen mit Kollektivmaßnahmen im Sinne von Art. 6 § 4 RESC mittelbar der Absicherung anderer in der RESC verbürgter Rechte wie etwa des Rechts auf gerechte Arbeitsbedingungen aus Art. 2 RESC, oder des Rechts auf ein gerechtes Arbeitsentgelt aus Art. 4 RESC. 420 Als wichtigstes Instrument zur Gestaltung der Arbeitsbeziehungen sind sie nicht lediglich als Teil der Vereinigungsbetätigungsfreiheit durch Art. 5 RESC 421, sondern speziell durch Art. 6 § 2 RESC geschützt. Der Wortlaut der Vorschrift ist allerdings sehr offen, sodass das EKSR in einer umfangreichen Spruchpraxis zunächst die an den Verhandlungen zu beteiligenden Personen sowie die Verhandlungsgegenstände und das Verhandlungsverfahren näher umrissen hat. Schließlich werden die Vorgaben für die Geltung der Kollektivverträge sowie die Reichweite der einzelnen staatlichen Pflichten dargelegt.

417

Länderbericht XII-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Estland. 418 Länderbericht IV Art. 6 § 1 Italien; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 1 Irland. 419 Beschwerde 83/2012 Rn. 210; Beschwerde 85/2012 Rn. 120, 122, 140; Beschwerde 111/ 2014 Rn. 71. 420 Beschwerde 85/2012 Rn. 109; Beschwerde 116/2015 Rn. 83; vgl. Art. I§ 1 b RESC, der die Erfüllung der in der RESC eingegangenen Verpflichtungen durch Kollektivverträge vorsieht. 421 Siehe § 2 B. II. 2. b) bb) (1).

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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2. An den Vertragsverhandlungen Beteiligte Zunächst stellt sich die Frage, wer an der Verhandlung der Kollektivverträge zu beteiligen ist. Den Schwerpunkt in der Spruchpraxis des EKSR bilden das Verhandlungs- und Vertragsschlussrecht der Gewerkschaften und dessen mögliche Einschränkungen. a) Arbeitnehmerseite aa) Verhandlungsrecht als Kernrecht der Gewerkschaften Grundsätzlich müssen alle Arbeitnehmer sowohl öffentlicher als auch privater Arbeitgeber über ihre Organisationen die auf sie anwendbaren Regelungen durch Kollektivverträge mitgestalten können. 422 Auf Arbeitnehmerseite verhandeln Gewerkschaften, deren Untergruppierungen oder deren Verbände. 423 Letztgenannten kann bei unternehmensübergreifenden Verhandlungen ein exklusives Verhandlungsrecht eingeräumt werden. 424 Da die Führung von Kollektivvertragsverhandlungen eines der Kernrechte der Gewerkschaften ist 425, setzt Art. 6 § 2 RESC voraus, dass die Vereinigungsfreiheit in vollem Umfang gewährt wird: Ein Verstoß gegen Art. 5 RESC zieht stets einen Verstoß gegen Art. 6 § 2 RESC nach sich. 426 In Betrieben ohne starke Gewerkschaftspräsenz kann ein Vertragsschluss durch autorisierte Arbeitnehmervertreter, Gruppen von Arbeitnehmern, den Betriebsrat 422

Länderbericht II Art. 6 § 2 Deutschland, Schweden; Länderbericht IV Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht V Art. 6 § 2 Deutschland, Österreich; Länderbericht VI Art. 6 § 2 Deutschland, Österreich; Länderbericht VIII Art. 6 § 2 Island, Niederlande, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 2 Kroatien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 2 Georgien. 423 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Finnland, Luxemburg, Portugal; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Tschechien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht 2002 Art. 6 § 2 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Albanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien, Georgien, Rumänien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bosnien und Herzegowina, Moldau, Rumänien, Russland. 424 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Kroatien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Russland. 425 Länderbericht X-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Irland. 426 Länderbericht III Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht IV Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht V Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht VI Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht VII Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht VIII Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; andere Ansicht Świątkowski, Labour Law, Rn. 227, der das Verhandlungsrecht nicht als verletzt ansieht, wenn aufgrund einer closed-shop-Klausel die Gewerkschaft das Verhandlungsrecht für alle Arbeitnehmer des Betriebs innehat; vgl. Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (134).

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

oder andere Gremien erfolgen. 427 Verhandlungsmöglichkeiten einzelner Arbeitnehmer sind im kollektiv ausgerichteten Art. 6 RESC irrelevant. 428 Darüber hinaus soll diese Gestaltungsmöglichkeit nicht nur bei abhängiger Beschäftigung offen stehen, sondern bei allen Beziehungen mit einem Kräfteungleichgewicht zwischen Anbieter einer Leistung und deren Auftraggeber. 429 Dies kann mit dem erhöhten Schutzbedarf der Personen begründet werden, die andernfalls ihre Vertragsbedingungen nicht effektiv beeinflussen können, insbesondere wenn ihnen ein Arbeitsvertrag missbräuchlich vorenthalten wird. 430 Ein vollständiger Ausschluss dieser Gruppe von Kollektivvertragsverhandlung ist unverhältnismäßig. 431 Eine allgemeingültige Aussage zur Anwendbarkeit von Art. 6 § 2 RESC auf Selbständige lehnte das EKSR jedoch ab. 432 bb) Berechtigung zum Kollektivvertragsschluss Auch wenn grundsätzlich alle Arbeitnehmer die auf sie anwendbaren Regelungen mitgestalten können müssen, müssen nicht alle ihre Vereinigungen wirksam Kollektivverträge schließen können. Unterschieden wird zwischen der Anerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit, der Notwendigkeit einer Verhandlungslizenz sowie der Einschränkung bei Gewerkschaftskonkurrenz, durch Repräsentativitätskriterien und im öffentlichen Dienst. (1) Anerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit Das nationale Recht darf die grundsätzliche Fähigkeit einer Vereinigung, wirksame Kollektivverträge zu schließen, von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig machen, etwa von der Registrierung der Vereinigung, der Gestaltung von Arbeitsbedingungen als satzungsgemäße Aufgabe, der Unabhängigkeit vom sozialen Gegenspieler, dem Gewicht aufgrund von Mitgliederzahlen und Aktivi 427

Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länder­ bericht 2002 Art. 6 § 2 Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Frankreich, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Rumänien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Moldau, Rumänien, Russland. 428 Beschwerde 83/2012 Rn. 183. 429 Beschwerde 123/2016 Rn. 37 f., 95, 111; siehe auch Beschwerde 123/2016 Dissenting Opinion Stangos und Kresal. 430 Beschwerde 123/2016 Rn. 37 f. 431 Beschwerde 123/2016 Rn. 40, 98 ff.; weiter geht die dazugehörige Dissenting Opinion von Stangos und Kresal, die nicht nur einen unbeschränkten Zugang Selbständiger zu Kollektivverhandlungen, fordern, sondern auch die Förderungspflicht der Staaten auf sie erstrecken wollen. 432 Beschwerde 123/2016 Rn. 40.

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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täten sowie bei überbetrieblichen Verträgen von der räumlichen und sektoralen Verbreitung der Gewerkschaft. 433 Das Verhandlungsrecht kann für die ersten zwei Jahre nach der Gründung der Gewerkschaft ausgeschlossen sein. 434 (2) Erfordernis einer Verhandlungslizenz Weitergehend als die bloße Anerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit ist der notwendige Erwerb einer Verhandlungslizenz. Diese Einschränkung der Vereinigungsbetätigungsfreiheit ist sowohl an Art. 6 § 2 RESC als auch an Art. 5 RESC zu messen. 435 Grundsätzlich sollen Kollektivvertragsverhandlungen nicht von einer kostenpflichtigen Lizenz abhängen. 436 Sollte eine Rechtsordnung eine solche Lizenz für notwendig erachten, dürfen die Voraussetzungen für ihre Erteilung die Teilnahmemöglichkeit an Kollektivvertragsverhandlungen nicht zu stark beeinträchtigen. 437 Sie müssen gesetzlich vorgeschrieben, objektiv und vernünftig sein und der Kontrolle durch eine unabhängige und neutrale Stelle zum Schutz gegen missbräuchliche Versagung unterliegen. 438 Erhält jede Vereinigung, die die öffentliche Ordnung respektiert, automatisch eine Verhandlungslizenz, ist die RESC nicht verletzt. 439 Unzulässige Beeinträchtigungen liegen etwa in einem langen Erteilungsverfahren 440, überhöhten Mindestmitgliederzahlen 441 oder Kosten, die die anfallenden Verwaltungskosten weit überschreiten 442. Kann die für den Erwerb der 433

Länderbericht VIII Art. 5 Niederlande; Länderbericht XV-1 Art. 5 Niederlande, Österreich; Länderbericht III Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Nordmazedonien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Norwegen. 434 Länderbericht XV-1 Art. 5 Niederlande. 435 Länderbericht X-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Irland. 436 Länderbericht IV Art. 5  Statement of Interpretation; Länderbericht X-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Irland; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Irland. 437 Länderbericht III Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht X-2 Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Irland, Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Irland. 438 Länderbericht I Art. 5 Irland; Länderbericht II Art. 5 Irland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Irland. 439 Länderbericht IV Art. 5 Statement of Interpretation, Irland. 440 Länderbericht VI Art. 5 Irland; Länderbericht VII Art. 5 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Irland (Ablauf von 18 Monaten zwischen Erklärung der Antragsabsicht und Antragsstellung, Erteilungsdauer von zehn Monaten). 441 Länderbericht III Art. 5 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XV-1 Art. 5 Irland (mindestens 500 Mitglieder). 442 Länderbericht III Art. 5 Irland; Länderbericht VII Art. 5 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XV-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Irland.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Lizenz zu zahlende Gebühr von 25,40 € pro Mitglied bei Vorliegen einer unzumutbaren Härte um bis zu 75 % reduziert werden, ist dies nach neuerem Verständnis des EKSR mit der RESC zu vereinbaren. 443 Überhöhte Anforderungen können grundsätzlich nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass sie dem Nachweis der Handlungsfähigkeit, der Stabilität und der ernsten Absichten der Gewerkschaft dienen sollen. 444 Es kann kein Ausgleich erfolgen durch lizenzfreie Verhandlungsrechte anderer Gruppierungen (excepted bodies), wenn deren Gründung wiederum nicht den Grundsätzen der Vereinigungsfreiheit gerecht wird, die möglichen Verhandlungsgegenstände stark begrenzt sind oder die Gruppierung nicht von dem gleichen Schutz profitiert wie eine lizenzierte Gewerkschaft. 445 Bei der Erteilung der Lizenz soll der Verwaltung kein Ermessensspielraum zukommen. 446 Die Möglichkeit einer Erteilung allein aus Gründen des „allgemeinen Interesses“ bedarf einer hinreichend genauen Beschreibung um Art. 6 § 2 RESC zu genügen. 447 Eine erteilte Lizenz darf nicht ohne weiteres entzogen werden, etwa weil die Gewerkschaft keine geheimen Abstimmungen für Kollektivmaßnahmen durchführt oder solche nicht in den Statuten vorgesehen sind. 448 Keine weiteren Folgen als das Erlangen des Verhandlungsrechts, etwa der Schutz vor diskriminierenden Kündigungen, dürfen von der Lizenz abhängen. 449 (3) Befugnis zum Abschluss von Kollektivverträgen bei Konkurrenz mehrerer Gewerkschaften Die parallele Existenz mehrerer Gewerkschaften innerhalb derselben Arbeitnehmergruppe ist eine erwünschte Folge der Vereinigungsfreiheit aus Art. 5 RESC. 450 Sollten mehrere Gewerkschaften für den Abschluss eines Kollektivvertrags mit demselben persönlichen Anwendungsbereich in Betracht kommen, stellt sich die Frage, wie mit dieser Konkurrenz umzugehen ist. Das EKSR macht hier keine klare Vorgabe. Vielmehr hat es diverse Regelungen in diesem Bereich nicht beanstandet. Möglich ist etwa, dass jede der betroffenen Gewerkschaften einen eigenen Vertrag abschließen kann, oder dass sie kooperie 443

Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Irland. Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Irland. 445 Länderbericht IV Art. 5 Irland; Länderbericht VI Art. 5 Irland; Länderbericht VII Art. 5 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Irland. 446 Länderbericht II Art. 5 Irland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Irland. 447 Länderbericht VI Art. 5 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Irland. 448 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Irland; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Irland. 449 Länderbericht XI-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Irland. 450 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 2 Spanien. 444

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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ren müssen für den Abschluss eines gemeinsamen Vertrags, oder dass allein die repräsentativste von ihnen Vertragspartei wird. 451 Die Verhandlungen können gesteuert werden durch ein Vetorecht kleinerer Gewerkschaften 452, die Bildung eines gemeinsamen Verhandlungsgremiums durch alle betroffenen Gewerkschaften 453 oder eine Pflicht zur Kooperation, die im Konfliktfall durch die Verhandlungsführung der repräsentativsten Gewerkschaft ersetzt wird 454. Im Zweifel kann ein Gericht die verhandlungsbefugte Gewerkschaft bestimmen. 455 (4) Einschränkungen der Kollektivvertragsfähigkeit Die grundsätzlich zu gewährende Kollektivvertragsfähigkeit kann durch Repräsentativitätskriterien allgemein eingeschränkt werden. Zudem können Sonderregeln im öffentlichen Dienst gelten. (a) Einschränkung durch Repräsentativitätskriterien Nicht nur bei Konkurrenz mehrerer Gewerkschaften, sondern auch bei schwachen Gewerkschaften können die Legitimität von Kollektivverträgen und die Effektivität von deren Aushandlung gefährdet sein. Dem kann die Aufstellung von Repräsentativitätskriterien entgegenwirken. 456 Folglich kann die Repräsentativität einer Vereinigung Voraussetzung für den Abschluss von Kollektivverträgen insbesondere auf überbetrieblicher Ebene sein oder zur Anwendung des Kollektivvertrags auf die Außenseiter des Betriebs oder auf alle Arbeitnehmer der Branche führen. 457 Damit die Repräsentativität die Aufnahme von Kollektivvertragsverhandlungen nicht behindert, müssen die Kriterien an den bereits unter Art. 5 RESC genann 451

Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Island; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 2 Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Slowakei; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Bulgarien, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien. 452 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Slowakei. 453 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Malta; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Kroatien, Luxem­ burg; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Moldau; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Russland, Ukraine. 454 Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Ukraine. 455 Länderbericht IX-1 Art. 6 § 2 Dänemark. 456 Länderbericht III Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Norwegen; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Kroatien, Luxemburg; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Albanien, Irland, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Montenegro, Serbien; Beschwerde 116/2015 Rn. 80. 457 Länderbericht XV-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht XVI-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Ungarn; Länderbericht 2002 Art. 5 Slowenien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 2 Nordmazedonien.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

ten Anforderungen der Objektivität, Vernünftigkeit und gerichtlichen Überprüfbarkeit gemessen werden. 458 Vorrangig wird auf die Mitgliederzahl und die Verbreitung der Gewerkschaft in Unternehmen abgestellt. 459 Das Verhandlungsrecht darf aber nicht nur Gewerkschaften zustehen, die mindestens 33 % der betroffenen Arbeitnehmer vertreten. 460 Dachverbände können etwa bei der Vertretung von 40.000 Arbeitnehmern in drei Unternehmen oder von 20.000 Arbeitnehmern in fünf Unternehmen repräsentativ sein. 461 Andere Schwellenwerte wurden vom EKSR bisher nicht überprüft. (b) Einschränkungen im öffentlichen Dienst Auch ohne spezielle Hervorhebung im Wortlaut von Art. 6 § 2 RESC untersucht das EKSR Kollektivvertragsverhandlungen im öffentlichen Dienst gesondert. Grundsätzlich muss den Arbeitnehmervertretern eine effektive Mitgestaltungsmöglichkeit durch Beratungs-, Initiativ- oder Verhandlungsrechte eingeräumt werden, selbst wenn im öffentlichen Sektor die Arbeitsbedingungen nicht durch Kollektivverträge, sondern durch Gesetze oder Verordnungen geregelt werden. 462 Ein allgemeiner Ausschluss des Verhandlungsrechts ist nicht zulässig. 463 Damit eine erfolgte Beteiligung nicht unterlaufen wird, kann etwa ein gesetzlicher Mechanismus eine unveränderte Annahme des Verhandlungsergebnisses durch das Parlament gewährleisten 464, oder eine Abweichung des endgültigen Beschlusses von dem Verhandlungsergebnis kann nur unter Angabe von Gründen zulässig 458

Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Montenegro, Serbien; Beschwerde 116/2015 Rn. 80. 459 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Norwegen; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Norwegen. 460 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Nordmazedonien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Mon­ tenegro. 461 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Norwegen; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Norwegen 462 Länderbericht III Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht IV Art. 6 § 2 Deutschland, Österreich; Länderbericht V Art. 6 § 2 Deutschland, Österreich; Länderbericht VI Art. 6 § 2 Deutschland, Frankreich; Länderbericht X-2 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Island, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Deutschland, Luxemburg; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Deutschland, Polen; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 2 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Polen, Tschechien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Lettland, Nordmazedonien, Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht 2002 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Litauen, Moldau, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Malta; Beschwerde 11/2001 Rn. 58 ff.; Beschwerde 83/2012 Rn. 162; Beschwerde 101/2013 Rn. 123; Beschwerde 112/2014 Rn. 87; vgl. Länderbericht III Art. 6 § 1 Deutschland. 463 Länderbericht XV-2 Art. 6 § 2 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien. 464 Länderbericht XI-2 Art. 6 § 2 Zypern; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 2 Zypern; Länder­ bericht XIII-1 Art. 6 § 2 Zypern.

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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sein 465. Sofern die Mitsprache im Ergebnis zufriedenstellend ist, ist eine gesetzliche Ausgestaltung des Verfahrens nicht notwendig. 466 Lediglich bei Ausübung hoheitlicher Gewalt durch die betroffenen Arbeitnehmer können Beteiligungsrechte ausgeschlossen werden. 467 Der Beamtenstatus von Beschäftigten in privatisierten Bahn- und Postunternehmen allein kann dementsprechend keine Exklusion von Kollektivvertragsverhandlungen rechtfertigen. 468 Dennoch konnte das EKSR im konkreten Fall keinen Verstoß gegen Art. 6 § 2 RESC feststellen, weil zum einen neben den beamtenrechtlichen Vorteilen nicht zusätzlich die Rechte der Angestellten gewährt werden müssen, und zum anderen Beamte auf andere Weise ihre Arbeitsbedingungen mitgestalten können. 469 Da Art. 6 § 2 RESC keine expliziten Einschränkungsmöglichkeiten für Polizei und Militär enthält, ist lediglich eine umfassende Regulierung der Kollektivvertragsverhandlungen möglich 470, die wie bei anderen öffentlich Bediensteten einer Überprüfung am Maßstab von Art. G RESC Stand halten muss. 471 Trotz etwaiger Einschränkungen müssen effektive Mitwirkungsmöglichkeiten vorhanden sein. 472 Ein pauschaler Ausschluss des Verhandlungsrechts ist keinesfalls notwendig. 473 cc) Anerkennung der Arbeitnehmervertreter als Verhandlungspartner durch die Arbeitgeberseite Zu unterscheiden von der Frage, welche Arbeitnehmervereinigung in den A ­ ugen des Staates überhaupt zum Abschluss von Kollektivverträgen befugt ist, ist die Anerkennung dieser kollektivertragsfähigen Vereinigungen als Verhandlungspartner durch die Arbeitgeberseite. Die Arbeitgeberseite kann grundsätzlich frei entscheiden, welche Arbeitnehmervertreter sie als Verhandlungspartner anerkennt. Unter Umständen kann sich eine Gewerkschaft – auch durch den Einsatz von Kollektivmaßnahmen 474 – als Verhandlungspartner aufdrängen. Eine solche freiwillige Anerkennung kann der Arbeitgeber wieder entziehen. 475 465

Länderbericht IX-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen. 466 Beschwerde 40/2007 Rn. 39. 467 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Deutschland. 468 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Deutschland, mit Verweis auf BVerwG vom 7.6.2000 – 1 D 4.99. 469 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Deutschland. 470 Beschwerde 11/2001 Rn. 58. 471 Beschwerde 101/2013 Rn. 118. 472 Beschwerde 83/2012 Rn. 177, 179; Beschwerde 101/2013 Rn. 123; Beschwerde 112/2014 Rn. 87 ff. 473 Beschwerde 101/2013 Rn. 123, 141. 474 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht X-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Irland. 475 Länderbericht XV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Obwohl Art. 6 § 2 RESC von freiwilligen Verhandlungen spricht, sind darüber hinaus Anerkennungspflichten insbesondere zugunsten repräsentativer Gewerkschaften sowohl mit Art. 6 § 2 RESC als auch mit Art. 5 RESC vereinbar. 476 Eine solche Pflicht kann etwa aus einer Abstimmung der betroffenen Arbeitnehmer oder aus der Repräsentativität der Gewerkschaft resultieren. 477 Im Zweifel können Beratungs- und Schlichtungsstellen zum Einsatz kommen. 478 Hat eine Gewerkschaft keinen Verhandlungsanspruch, können ihr bloße Vorschlags- oder Beratungsrechte zugesprochen werden. 479 b) Arbeitgeberseite Vom EKSR wurde kaum thematisiert, wer auf Arbeitgeberseite Kollektiv­ vertragsverhandlungen aufnehmen kann. In Betracht kommen einzelne oder mehrere Arbeitgeber sowie deren Vereinigungen und Dachverbände. 480 Je nach nationaler Struktur kann der Vertragsschluss durch einen einzelnen Arbeitgeber die Ausnahme oder den Regelfall darstellen 481, oder er kann überhaupt nicht vorgesehen sein 482. Bei der Verhandlung überbetrieblicher Kollektivverträge können an die Arbeitgebervereinigungen Repräsentativitätsanforderungen gestellt werden,

476

Länderbericht XV-1 Art. 5 Niederländische Antillen, Vereinigtes Königreich; Länder­ bericht XV-2 Art. 5 Slowakei; Länderbericht XVIII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht VII Art. 6 § 2 Schweden; Länderbericht VIII Art. 6 § 2 Niederlande, Niederländische Antillen; Länderbericht X-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Luxemburg, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Irland, Norwegen; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Malta, Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich. 477 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Niederländische Antillen; Länderbericht XV-1 Art. 5 Italien, Niederländische Antillen, Vereinigtes Königreich, Zypern; Länderbericht VIII Art. 6 § 2 Niederländische Antillen; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich. 478 Länderbericht X-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich. 479 Länderbericht XV-1 Art. 5 Zypern; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Luxemburg. 480 Länderbericht XV-1 Art. 5 Finnland; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Finnland, Luxemburg, Portugal; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Kroatien, Luxemburg; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Estland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Albanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bosnien und Herzegowina, Moldau, Russland. 481 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Österreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Malta; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Malta. 482 Länderbericht XV-1 Art. 5 Österreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Österreich; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Slowenien; siehe aber Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Deutschland bzw. Österreich Dissenting Opinion Aliprantis.

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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etwa dass sie mehr als 10 % der Arbeitgeber der Branche vertreten, die wiederum mindestens 10 % der betroffenen Arbeitnehmer beschäftigen. 483 c) Beteiligung Dritter Zusätzlich zur Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite können in beratender und unterstützender Funktion Dritte, beispielsweise externe Sachverständige oder Mediatoren, in das Verfahren einbezogen werden. 484 Bei übergreifenden politischen Fragen wie dem Mindestlohn können trilaterale Verträge zwischen Arbeitgeberund Arbeitnehmerseite sowie dem Staat sinnvoll sein 485, eine staatliche Beteiligung ist aber keine notwendige Voraussetzung von Art. 6 § 2 RESC 486. Ausschlaggebend ist, ob die Arbeitsbedingungen das Ergebnis freier und freiwilliger Verhandlungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sind. 487 3. Gegenstände der Vertragsverhandlungen a) Bestimmung der Verhandlungsgegenstände durch die Verhandlungspartner Der Wortlaut von Art. 6 § 2 RESC trifft keinerlei Regelung darüber, welche Aspekte Gegenstand von Kollektivvertragsverhandlungen sein sollen. Dementsprechend ist es den Sozialpartnern zu überlassen, auf welcher Ebene sie welche Verhältnisse durch Kollektivverträge regeln wollen. 488 Die Verträge können etwa für spezielle Branchen oder Berufe oder für einen übergreifenden Anwendungsbereich geschlossen werden. 489 Je nach Regelungsgegenstand kann die Wahl der nationalen, regionalen oder betrieblichen Ebene sinnvoll sein. 490 Art. 6 § 2 RESC erfasst 483

Länderbericht XV-1 Art. 5 Spanien. Länderbericht VIII Art. 6 § 2 Italien, Niederländische Antillen; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande (Aruba). 485 Länderbericht VIII Art. 6 § 2 Italien; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht X-2 Art. 6 § 2 Italien; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Italien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Aserbaidschan, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Moldau. 486 Länderbericht VIII Art. 6 § 2 Niederlande. 487 Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Aserbaidschan; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Aserbaidschan; Beschwerde 118/2015 Rn. 60. 488 Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Montenegro; Beschwerde 85/2012 Rn. 111; Beschwerde 123/2016 Rn. 94. 489 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Portugal; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Italien, Moldau, Russland, Serbien, Ukraine. 490 Länderbericht VIII Art. 6 § 2 Italien; Länderbericht X-2 Art. 6 § 2 Italien; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Finnland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Finnland, Niederlande; Länder­ 484

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Verhandlungen über Arbeitsbedingungen im weiteren Sinne. 491 Mögliche Regelungsgegenstände sind etwa 492: – Rechte für Gewerkschaften: Zugang, Meinungsäußerung; – Begründung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Voraussetzungen für Einstellung und Kündigung, Schaffung und Erhalt von Arbeitsplätzen, Massenentlassungen; – Arbeitszeit: regelmäßige Arbeitszeit, Teilzeit, Überstunden, Lage der Arbeitszeiten, Arbeit an Sonn- und Feiertagen, wöchentliche Ruhezeiten, Jahresurlaub; – Entgelt: Bestandteile, Zuschläge, Bewertung von Tätigkeiten; – Schutz der Arbeitnehmer: Arbeitsschutz, Arbeitsabläufe, Wahl des Versicherers, bei dem der Arbeitgeber Arbeitsrisiken absichert sowie soziale Leistungen etwa bei Krankheit, Berufskrankheiten oder -unfällen, Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, Frührente oder Rente; – Diskriminierungsschutz: Gleichbehandlung der Geschlechter, Integration von Menschen mit Behinderung, Schutz von Arbeitnehmervertretern; – Besondere Formen der Arbeit: Telearbeit, Mobilität innerhalb und außerhalb des Betriebs; – Förderung von Arbeitnehmern: Berufsausbildung, Zusatzqualifikationen, Aufstiegsmöglichkeiten; – Soziokulturelle Einrichtungen: Kulturelle Maßnahmen, Zuschüsse zu Fahrkarten; – Rahmenbedingungen des Kollektivvertrags: Geltungsbereich, Abweichungsmög­ lichkeiten, Konfliktlösung bei Streitigkeiten über Auslegung und Anwendung des Vertrags, Beendigung des Vertrags; bericht XV-1 Art. 6 § 2 Belgien, Deutschland, Italien, Polen, Portugal; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 2 Slowakei; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Bulgarien, Estland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Albanien, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien, Aserbaidschan; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Belgien, Frankreich, Italien, Moldau, Montenegro, Russland, Serbien, Ukraine. 491 Länderbericht VII Art. 6 § 2 Schweden. 492 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht VI Art. 6 § 2 Italien; Länder­ bericht VIII Art. 6 § 2 Italien; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 2 Italien; Länderbericht X-2 Art. 6 § 2 Italien; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Frankreich, Schweden; Länderbericht XIII-4 Art. 6 § 2 Belgien; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Frankreich, Luxemburg, Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Belgien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Belgien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Kroatien, Luxemburg; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Bulgarien, Estland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Aserbaidschan, Frankreich, Georgien, Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Belgien, Frankreich, Russland; Beschwerde 118/2015 Rn. 60 ff., insb. 74.

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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– Pflichten der Vertragsparteien: Ablauf des Verhandlungsverfahrens, Voraussetzungen von Arbeitskampfmaßnahmen. Art. 6 §§ 1 und 2 RESC überschneiden sich inhaltlich, aber die Beratungsrechte gehen über den Abschluss von Kollektivverträgen hinaus. 493 Die Sozialpartner können gesetzlich vorgesehene Verhandlungsgegenstände durch Kollektivvertrag für die beteiligten Parteien erweitern, solange es allen – zumindest repräsentativen  – Gewerkschaften möglich ist, den Kern der Beschäftigungsbedingungen mitzugestalten. 494 b) Beschränkung der Verhandlungsgegenstände durch den Staat aa) Allgemeine Einschränkungsmöglichkeiten Da die Sozialpartner die Gegenstände der Verhandlungen selbst bestimmen können, darf der Staat nur in sehr begrenztem Umfang inhaltliche Vorgaben machen. Damit die Kollektivverträge ihrem Zweck gerecht werden, die Beschäftigungs­ bedingungen aller Arbeitnehmer zu verbessern, dürfen die Sozialpartner jedenfalls verpflichtet werden, keine Regelungen aufzunehmen, die für die Arbeitnehmer ungünstiger sind als gesetzliche Bestimmungen 495 oder höherrangige Kollektivverträge 496. Aus demselben Grund darf die Regelungskompetenz nicht auf wenige Mindestarbeitsbedingungen beschränkt werden. 497 Im öffentlichen Sektor können in größerem Umfang Verhandlungsgegenstände ausgeschlossen werden: Die Sozialpartner müssen weder Organisationsstrukturen, Zuständigkeiten und Aufgabenverteilungen, Schaffung oder Abschaffung von Stellen noch Anforderungen für Stellen und Beförderung regeln können, und die Verhandlungen können durch allgemeine Haushaltsvorgaben beschränkt werden. 498 493

Länderbericht VIII Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Finnland; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Deutschland, Finnland, Italien; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 1 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Spanien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Bosnien und Herzegowina, Moldau; Beschwerde 40/2007 Rn. 33; Beschwerde 60/2010 Rn. 34; Beschwerde 101/2013 Rn. 100. 494 Länderbericht IX-1 Art. 6 § 2 Schweden. 495 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Bulgarien, Estland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Albanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien; Länder­ bericht 2014 Art. 6 § 2 Moldau. 496 Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Frankreich, Moldau, Rumänien. 497 Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Montenegro, Schweden; Beschwerde 85/2012 Rn. 112; Beschwerde 123/2016 Rn. 94. 498 Länderbericht VIII Art. 5 Italien; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Finnland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Lettland, Polen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Italien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Moldau, Rumänien, Slowenien, Ukraine.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

bb) Besondere Beschränkungen während wirtschaftlicher Krisen Etwas weiter reichen die staatlichen Einschränkungsmöglichkeiten, wenn sie als Reaktion auf eine wirtschaftliche Krise erfolgen. Selbst in solchen Notsituationen dürfen die Rechte der RESC allerdings nicht missachtet werden, weil sie einen in dieser Situation dringend benötigten Schutz bieten. 499 Dennoch können Kollektivvertragsverhandlungen ausgesetzt oder inhaltlich beschränkt werden, etwa um den Staatshaushalt zu sichern oder um den Arbeitsmarkt zu beleben. 500 Im Einzelfall kann daher ein Einfrieren der Gehälter im öffentlichen Dienst für sechs Monate 501 oder sogar zwei Jahre 502 zulässig sein. Es handelt sich dabei um tiefgreifende Maßnahmen, die einer genauen Überprüfung anhand von Art. G RESC standhalten müssen. 503 An die Rechtfertigung sind hohe Anforderungen zu stellen: Der Staat darf ausschließlich in Ausnahmesituationen und nach eingehender Beratung mit den Sozialpartnern als ultima ratio eingreifen. 504 Es reicht nicht aus, nicht weiter konkretisierte wirtschaftliche Gründe als Rechtfertigung für die Aufhebung eines Kollektivvertrags anzuführen. 505 Beschränkungen müssen sowohl inhaltlich als auch zeitlich verhältnismäßig zum Ausmaß der Ausnahmesituation sein. 506 Zudem muss erwiesen sein, dass keine andere Maßnahme den gleichen Effekt erzielt. 507 Inhaltliche Beschränkungen sind als milderes Mittel einem Aussetzen der Kollektivverträge vorzuziehen. 508 Ein absoluter Ausschluss von Kollektivvertragsverhandlungen kann nicht gerechtfertigt werden. 509 Bereits das bloße Bestehen einer überschießenden Eingriffsmöglichkeit verletzt Art. 6 § 2 RESC, selbst wenn sie praktisch nicht genutzt wird. 510

499

Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien; Beschwerde 111/2014 Rn. 88. Länderbericht IX-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Island; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Schweden; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien; vgl. Lhernould  / ​ Hablot, in: Teyssié (Hrsg.), La norme transnationale et les relations de travail, S. 14 (21, Rn. 15). 501 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Niederlande. 502 Länderbericht XI-1 Art. 6 § 2 Island. 503 Länderbericht X-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Island; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 2 Kroatien. 504 Länderbericht IX-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht X-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Island; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Schweden; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Island. 505 Beschwerde 116/2015 Rn. 89. 506 Länderbericht IX-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht X-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Island, Niederlande; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Spanien. 507 Länderbericht IX-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Schweden. 508 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Island; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Spanien. 509 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Island; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Norwegen; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Island. 510 Länderbericht XI-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Niederlande. 500

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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4. Ausgestaltung des Verhandlungsverfahrens Der Wortlaut von Art. 6 § 2 RESC beinhaltet bis auf die Vorgabe der Freiwilligkeit der Verhandlungen keine expliziten Anforderungen an das Verhandlungsverfahren. Die wenigen Konkretisierungen des EKSR insbesondere zur Freiwilligkeit und dem Schutz der Verhandlungen werden nachfolgend dargestellt. a) Offenheit von Art. 6 § 2 RESC Entsprechend dem offenen Wortlaut von Art. 6 § 2 RESC genießen die Staaten bei der Ausgestaltung des Verhandlungsverfahrens große Freiheit. Einzige Vorgabe des EKSR ist, dass statt einer bloßen Beratung oder Anhörung tatsächlich Verhandlungen über Arbeitsbedingungen stattfinden. 511 Zu solchen Verhandlungen müssen beide Seiten in der Lage sein. 512 Das Verfahren kann durch die Verhandlungspartner gestaltet werden. 513 Verhandlungsgremien können bei Bedarf gebildet oder dauerhaft eingerichtet sein. 514 Den Vorsitz kann eine der Verhandlungsseiten innehaben, sofern dies die Effektivität nicht beeinträchtigt. 515 Als zulässige Ausgestaltung durch nationales Recht dienen Antwortfristen der Effektivität der Verhandlungen. 516 Allerdings können Effizienzgründe nicht die Verhandlungsfreiheit verdrängen. 517

511 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Beschwerde 83/2012 Rn. 176; Beschwerde 101/2013 Rn. 123; Beschwerde 112/2014 Rn. 87. 512 Länderbericht I Art. 6 § 2 Statement of Interpretation; Beschwerde 116/2015 Rn. 84. 513 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Polen, Schweden; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 2 Schweden; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bosnien und Herzegowina, Russland. 514 Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht II Art. 6 § 2 Deutschland; Länder­ bericht XIII-2 Art. 6 § 2 Belgien; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Irland, Island; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Luxemburg, Polen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Italien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Ukraine. 515 Beschwerde 83/2012 Rn. 179 ff.; Beschwerde 112/2014 Rn. 95. 516 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Luxemburg, Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Polen, Portugal; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Kroatien, Luxemburg, Slowakei; Länderbericht 2002 Art. 6 § 2 Rumänien, Schweden; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Estland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Albanien, Italien, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Belgien, Italien, Moldau, Rumänien, Russland; Beschwerde 83/2012 Rn. 168. 517 Länderbericht V Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht VI Art. 6 § 2 Irland.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

b) Freiwilligkeit der Verhandlungen Art. 6 § 2 RESC bezieht sich allein auf freiwillige Verhandlungen. Er schafft also weder einen Verhandlungs- noch einen Vertragsabschlusszwang. 518 Ausdruck der Freiwilligkeit der Verhandlungen ist zum einen, dass der Vertragspartner im Ergebnis frei gewählt wird. 519 Dennoch kann der Staat zur Aufnahme von Verhandlungen, insbesondere rechtzeitig vor Auslaufen des bisherigen Kollektivvertrags 520, verpflichten. 521 Dadurch werden die Sozialpartner lediglich in die Verantwortung genommen, das Funktionieren des Systems aufrecht zu erhalten. 522 Die Verhandlungspflicht kann auf Betriebe mit einer bestimmten Mindestgröße, Arbeitsbeziehungen ohne gültigen Kollektivvertrag oder auf Anpassungen eines solchen nach gravierenden Änderungen der wirtschaftlichen Lage begrenzt sein. 523 Eine Verletzung der Verhandlungspflicht darf zu Schadensersatzansprüchen oder Strafen führen. 524 Zum anderen kann kein Abschluss eines Vertrags über einen bestimmten Gegenstand oder mit einem bestimmten Inhalt erzwungen werden. 525 Die Einleitung eines bindenden Schiedsverfahrens auf Bestreben nur einer Verhandlungspartei gefährdet daher den Kern von Art. 6 § 2 RESC. 526 c) Schutz des Verhandlungsprozesses Der Arbeitgeber darf keinen unzulässigen Einfluss auf Kollektivvertragsverhandlungen nehmen, indem er Arbeitnehmern im Gegenzug für den Verzicht auf solche Verhandlungen bessere Arbeitsbedingungen verspricht. 527 Die bloße Zulässigkeit solcher Anreize behindert bereits die Gestaltung der Arbeitsbedingungen 518

Schlachter, SR 2013, 77 (87). Beschwerde 85/2012 Rn. 111 f. 520 Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Rumänien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Italien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Island. 521 Länderbericht I Art. 6 § 2 Schweden; Länderbericht VII Art. 6 § 2 Frankreich, Schweden; Länderbericht VIII Art. 6 § 2 Niederländische Antillen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Moldau. 522 Länderbericht VI Art. 6 § 2 Schweden; Länderbericht VIII Art. 6 § 2 Niederländische Antillen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 2 Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Slowakei; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bulgarien. 523 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Rumänien. 524 Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Moldau; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bulgarien, Moldau, Russland. 525 Länderbericht VI Art. 6 § 2 Schweden; Beschwerde 85/2012 Rn. 112 526 Länderbericht XII-2 Art. 5 Malta; siehe auch § 2 C. III. 2. b) bb). 527 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich. 519

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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durch Kollektivverträge. 528 Es reicht daher nicht aus, arbeitgeberseitige Androhungen negativer Maßnahmen zur Erlangung des Verzichts zu verbieten: Auch vor positiven Anreizen muss ein hinreichender Schutz bestehen. 529 Gewerkschaften und Arbeitnehmern, die kein solches Angebot zum Verzicht auf Verhandlungen erhielten, muss zudem ein Beschwerderecht über das Verhalten des Arbeitgebers zustehen. 530 Bei Stillstand der Verhandlungen können Vermittlungs- oder Schlichtungsverfahren 531 eingeleitet oder Kollektivmaßnahmen 532 ergriffen werden. Ein Verhandlungsabbruch kann auf Einhaltung von Fairness und Vernunft überprüft werden. 533 Im öffentlichen Dienst kann als ultima ratio der Staat eine einseitige Bestimmung treffen, wenn ein geregeltes Verfahren die Ausschöpfung aller Verhandlungsmöglichkeiten gewährleistet. 534 5. Geltung der geschlossenen Kollektivverträge Wie beim Verhandlungsprozess enthält Art. 6 § 2 RESC keine Vorgaben zu der zeitlichen und persönlichen Gültigkeit von Kollektivverträgen sowie zu zulässi­ gen inhaltlichen Abweichungen von verbindlichen Verträgen. Die vom EKSR untersuchten Varianten und deren Bewertung sind Gegenstand dieses Abschnitts. a) Zeitliche Gültigkeit Bei der zeitlichen Gültigkeit des Kollektivvertrags ist zwischen Inkrafttreten, Geltungsdauer und staatlichen Einflussnahmen auf diese Dauer zu unterscheiden. aa) Inkrafttreten Das nationale Recht kann die Gültigkeit eines Kollektivvertrags nach der Spruchpraxis des EKSR weitgehend frei gestalten. Sie kann mit der Unterschrift 528 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich. 529 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich. 530 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich. 531 Länderbericht IX-1 Art. 6 § 2 Island; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Niederlande; siehe auch § 2 C. III. 532 Siehe § 2 D. 533 Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Niederlande. 534 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Portugal; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Portugal.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

beziehungsweise an einem damit bestätigten vereinbarten Datum 535 oder mit einer nachfolgenden Hinterlegung oder Veröffentlichung 536 beginnen. Die für die Hinterlegung zuständige staatliche Stelle darf überprüfen, ob die Parteien zum Abschluss dieses Vertrags ermächtigt waren und ob der Vertrag mit gesetzlichen Regelungen, insbesondere Diskriminierungsverboten, in Einklang steht. 537 Das Inkrafttreten des Vertrags kann – insbesondere wenn die vertragsschließende Gewerkschaft nur schwach im Betrieb vertreten ist 538 – von einer positiven Abstimmung der Arbeitnehmer abhängen oder vom Ausbleiben eines ablehnenden Votums. 539 Dabei ist ein Quorum von 20 bis 50 % der betroffenen Arbeitnehmer zulässig. 540 Im öffentlichen Sektor kann eine Zustimmung von hoheitlicher Seite, etwa in Form eines umsetzenden Gesetzes oder einer Verwaltungsvorschrift, notwendig sein. 541 Zur zeitnahen Umsetzung kann eine Frist gesetzt werden. 542 bb) Geltungsdauer Die Geltungsdauer des Vertrags sowie Verlängerungs- und Kündigungsmöglichkeiten können durch die Parteien oder durch Gesetz bestimmt werden. 543 Der zeitliche Rahmen kann durch gesetzliche Minima 544 oder Maxima 545 eingeschränkt sein. Für verschiedene Organisationsebenen oder Regelungsgegenstände können unterschiedliche Zeiträume vorgesehen sein, beispielsweise eine Geltungsdauer von zwei Jahren für Entgeltkollektivverträge und von vier Jahren bei anderen Re 535

Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Island; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien, Georgien, Italien, Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bosnien und Herzegowina, Moldau, Russ­ land. 536 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Moldau. 537 Länderbericht XV-1 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Portugal, Russland. 538 Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht 2002 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Frankreich. 539 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Island, Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Frankreich. 540 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Island; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland. 541 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht 2002 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Italien. 542 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Portugal: 180 Tage. 543 Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Russland. 544 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Nord­ mazedonien (mit Verlängerungsoption); Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Moldau; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Italien, Moldau. 545 Länderbericht VIII Art. 5 Italien; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Kroatien, Luxemburg; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Italien, Russland.

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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gelungsgegenständen. 546 Anders als die Beendigung eines Kollektivvertrags im öffentlichen Dienst durch Gesetz stellt dessen ordentliche Kündigung keinen Eingriff in Art. 6 § 2 RESC dar. 547 cc) Verlängerung der Geltungsdauer durch hoheitliche Maßnahmen Durch die Verlängerung der Gültigkeit eines Kollektivvertrags kann der Staat auf blockierte Verhandlungen reagieren und darauf basierende Kollektivmaßnahmen unterbinden. 548 Solche Maßnahmen sind daher ebenfalls an Art. 6 § 4 RESC zu messen. 549 In der Regel betrifft dies Berufszweige, die in der Gesellschaft eine tragende Rolle spielen wie Rettungswagenfahrer oder Feuerwehrleute. 550 Ein solcher Eingriff ist kritisch zu beurteilen und soll so kurz wie möglich gehalten werden. 551 b) Persönlicher Geltungsbereich Beim persönlichen Geltungsbereich hat das EKSR die Relevanz der Zugehörigkeit zur vertragsschließenden Vereinigung, die Ausdehnung der Anwendbarkeit durch den Staat und den Ausschluss der Anwendung auf ausländische Arbeitnehmer thematisiert. aa) Relevanz der Vereinigungszugehörigkeit für die persönliche Anwendbarkeit Bei der Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereichs eines Kollektiv­ vertrags besteht nicht nur dem Wortlaut von Art. 6 § 2 RESC nach, sondern auch in der Spruchpraxis des EKSR ein großer Spielraum. Die persönliche Geltung kann von der Mitgliedschaft in der vertragsschließenden Vereinigung abhängen. 552 Sie kann sich aber auch auf Nichtmitglieder erstrecken 553, wenn der Vertrag für alle 546

Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Italien. Beschwerde 116/2015 Rn. 86 f. 548 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Island. 549 Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 550 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Island. 551 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 552 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 2 Slowakei; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Kroatien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Albanien, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Moldau. 553 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Rumänien. 547

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Arbeitnehmer eines Arbeitgebers 554, für eine gesamte Branche 555 oder auf nationaler Ebene für alle Arbeitnehmer 556 geschlossen wurde. Voraussetzung für das Erfassen von Nicht- oder Andersorganisierten kann sein, dass der Vertrag durch eine repräsentative Gewerkschaft geschlossen wurde 557, dass die Außenseiter der Anwendung zustimmen 558, oder dass bei Verträgen für die gesamte Branche die vertragsschließenden Arbeitgeber eine gewisse Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigen 559. bb) Ausdehnung des persönlichen Geltungsbereichs durch Allgemeinverbindlicherklärung Hängt die Anwendbarkeit eines Kollektivvertrags nach nationalem Recht von der Verbandszugehörigkeit ab, kann der persönliche Anwendungsbereich von staatlicher Seite durch eine Allgemeinverbindlicherklärung auf ursprünglich nicht vom Kollektivvertrag erfasste Verhältnisse ausgedehnt werden 560, etwa um im öffentlichen Interesse einheitliche Arbeitsbedingungen und dadurch einen fairen Wettbewerb zu schaffen. 561 Dabei kann der Wille der ursprünglichen Vertragsparteien Berücksichtigung finden, beispielsweise wenn die Ausweitung nur auf deren Antrag 562 oder mit ihrer Zustimmung 563 erfolgt. Damit die Rechte und Freiheiten der ursprünglich nicht vom Vertrag erfassten Personen geachtet werden, sind die Folgen der Allgemeinverbindlicherklärung im Vorfeld mit ihren Vertretern zu

554

Länderbericht XIII-3 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Rumänien, Slowenien. 555 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Kroatien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bosnien und Herzegowina, Rumänien; zur Anwendung des Kollektivvertrags abhängig von der Branchenzugehörigkeit des Arbeitgebers siehe Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Österreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Österreich. 556 Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Estland. 557 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Armenien, ­Slowenien. 558 Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Portugal. 559 Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland: 60 %; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Lettland. 560 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Luxemburg; Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 2 Slowakei; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Kroatien, Luxemburg, Slowakei; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Bulgarien. 561 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Kroatien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Portugal; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Serbien. 562 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Tschechien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Kroatien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Tschechien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Serbien. 563 Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Nordmazedonien.

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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besprechen. 564 Weitergehend kann die explizite Zustimmung der von der Ausdehnung Betroffenen erforderlich sein. 565 Zusätzlichen Schutz bietet die Ausdehnung ausschließlich solcher Kollektivverträge, denen bereits die Mehrheit der potentiell Betroffenen unterfällt. 566 cc) Ausschluss ausländischer Arbeitnehmer vom persönlichen Geltungsbereich Einschränkungen des persönlichen Anwendungsbereichs eines Kollektivvertrags sind nicht nur an Art. 6 § 2 RESC, sondern auch an Art. 5 RESC zu messen. 567 Das Recht der Gewerkschaften, die Arbeitsbedingungen zu gestalten, muss sich auf alle ihre Mitglieder unabhängig von deren Nationalität oder Wohnsitz erstrecken 568, also auch auf in ihren Sitzstaat entsandte Arbeitnehmer 569. Eine entsprechende Einschränkung kann nicht durch die Möglichkeit ausgeglichen werden, Arbeitsbedingungen mit den ausländischen Entsendern zu verhandeln, wenn mangels inländischer Kontaktstelle Verhandlungen mit diesen Arbeitgebern faktisch kaum möglich sind. 570 Ein ähnlicher Sachverhalt betraf die Regelungen zum Dänischen Schiffsregister: Danach waren Kollektivvereinbarungen dänischer Gewerkschaften für die Besatzung der in diesem Register eingetragenen Schiffe ausschließlich auf Einwohner Dänemarks oder ihnen durch internationale Vereinbarungen gleichgestellte Ausländer anwendbar. 571 Bei der Aushandlung für auf Arbeitnehmer mit einem anderen Wohnsitz anwendbare Verträge konnten dänische Gewerkschaften lediglich ausländische Organisationen unterstützen. 572 Allerdings ist die Gleichbehandlung von In- und Ausländern, die sich rechtmäßig im Vertragsstaat aufhalten oder dort 564 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Statement of Interpretation mit Verweis auf Digest of the Freedom of Association Committee of the Governing Body of the ILO, 5th (revised) edition, 2006, § 1051; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Lettland, Spanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Statement of Interpretation; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bulgarien, Nordmazedonien, Moldau, Serbien. 565 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Kroatien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Slowakei. 566 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Kroatien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Albanien; Länder­ bericht 2014 Art. 6 § 2 Serbien. 567 Siehe § 2 B. II. 2. b) bb) (1). 568 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIII-4 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 2 Dänemark. 569 Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Schweden; Beschwerde 85/2012 Rn. 116. 570 Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Schweden; Beschwerde 85/2012 Rn. 113 ff. 571 Länderbericht XII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Dänemark. 572 Länderbericht XII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XX-3 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Dänemark.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

arbeiten, eines der Grundprinzipien der Charta. 573 Die herausragende Bedeutung der Nichtdiskriminierung zeigt sich auch daran, dass das EKSR anknüpfend an diese Information in den folgenden Überwachungszyklen alle anderen Staaten nach entsprechenden nationalen Regelungen befragte. 574 Zwar knüpfte die Dänische Regelung nicht an die Nationalität, sondern an den Wohnsitz der Arbeitnehmer an, sodass im Ausland wohnhafte Dänen gleichermaßen vom Geltungsbereich der dänischen Kollektivverträge ausgeschlossen waren. 575 Diese sind gegenüber Ausländern, die im Ausland wohnen und auf dänischen Schiffen arbeiten, aber deutlich in der Unterzahl 576. Zwingende Gründe der nationalen Wirtschaft, die diese massive Beeinträchtigung von Art. 5 und Art. 6 § 2 RESC durch die permanente Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs rechtfertigen könnten, wurden nicht vorgebracht. 577 Andere Argumente von dänischer Seite, beispielsweise die Möglichkeit, Mitglied mehrerer Gewerkschaften zu sein 578, oder die Existenz ähnlicher Regeln in anderen Staaten 579, überzeugten das EKSR nicht, sodass es einen Verstoß gegen die RESC feststellte. c) Abweichungen vom Kollektivvertrag durch den Arbeitgeber Strengere Vorgaben als beim zeitlichen und persönlichen Geltungsbereich macht das EKSR bei inhaltlichen Abweichungen von geschlossenen Kollektivverträgen: Der Inhalt des Kollektivvertrags ist grundsätzlich bindend. Der Arbeitgeber darf weder Vorteile für den Verzicht auf die Rechte aus dem Kollektivvertrag in Aussicht stellen 580, noch von einem einseitigen Abweichungsrecht profitieren 581. Der 573

Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Deutschland. 574 Vgl. Länderbericht XII-1 Statement of Interpretation; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 2 General Question; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Frankreich, Island, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden, Spanien, Zypern; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Malta, Spanien, Zypern; Länderbericht XIII-4 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 2 Finnland. 575 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Dänemark. 576 Länderbericht XX-3 Art. 5 Dänemark. 577 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XV-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Dänemark; vgl. Länderbericht XIII-4 Art. 6 § 2 Deutschland. 578 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Dänemark. 579 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark. 580 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; siehe auch § 2 B. II. 3. a) aa). 581 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Georgien; Länderbericht

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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Bruch eines Kollektivvertrags kann sanktioniert werden. 582 Bei einer wirtschaftlichen Notlage des Arbeitgebers kann die Verbindlichkeit von Gehaltsvorschriften gelockert werden, wenn das Risiko der Aushöhlung des Vertrags etwa durch strenge Voraussetzungen für eine Abweichung, eine begrenzte Dauer der Abweichung, umfangreiche Dokumentationspflichten oder den Einbezug der Arbeitnehmerseite in die Neugestaltung des Entgeltsystems minimiert wird. 583 Die Durchführung des Kollektivvertrags kann von den Gewerkschaften, staatlichen Einrichtungen oder anderen Gremien überwacht werden. 584 d) Zusammentreffen von Kollektivverträgen mehrerer Gewerkschaften Praktisch relevant ist auch die Frage, wie sich Verhandlungsbemühungen und Verträge verschiedener Gewerkschaften für denselben Anwendungsbereich zueinander verhalten, wenn das nationale Recht keiner von ihnen die Kollektivvertragsfähigkeit aberkennt. Zunächst ist die Konstellation denkbar, dass in demselben Anwendungsbereich Kollektivvertragsverhandlungen mit mehreren Gewerkschaften geführt werden, aber nicht mit allen eine Einigung gelingt. In diesem Fall müssen erzielte Verhandlungsergebnisse Geltung erlangen, sodass sie nicht durch Schiedssprüche der anderen Parteien unterlaufen werden dürfen. 585 Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass mehrere Kollektivverträge auf dasselbe Arbeitsverhältnis anwendbar sind. Dem Staat steht es frei, ob er eine Hierarchie zwischen Verträgen auf verschiedenen Ebenen schafft. 586 Sowohl der Vorrang des Kollektivvertrags einer höheren Organisationsebene 587 als auch dessen Verdrängung durch Regelungen auf einer niedrigeren Ebene 588 sind mit Art. 6 § 2 RESC vereinbar. Die anzuwendenden Regelungen können durch eine Abstimmung der betroffenen Arbeitnehmer 589, das Günstigkeits- oder das Spezialitätsprinzip 590 2014 Art. 6 § 2 Georgien mit Verweis auf ILO CEACR 102nd session; Länderbericht 2018 Art. 6 § 2 Georgien. 582 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Moldau, Slowakei, Slowenien. 583 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Slowenien. 584 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Nordmazedonien, Russland, Slowakei, Slowenien. 585 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Island. 586 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Italien. 587 Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Slowenien. 588 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Rumänien, Slowenien; kritisch Schlachter, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S.  977 (990 f.). 589 Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Frankreich. 590 Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Moldau, Rumänien.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

festgestellt werden. Hemmen solche Kollisionsregeln faktisch den Abschluss neuer Verträge, weil sie im Ergebnis keine Anwendung finden würden, verletzt dies die Kollektivvertragsfreiheit nicht. 591 Schließlich werden die Sozialpartner dadurch nicht daran gehindert, ihre Verhältnisse selbständig zu gestalten. 592 Von den Vertragsstaaten bestimmt werden kann zudem die Auswirkung der Allgemeinverbindlicherklärung eines Kollektivvertrags auf einen individuellen Kollektivvertrag eines Arbeitgebers: Der individuellen Vereinbarung kann Vorrang eingeräumt werden, um die Verhandlungsfreiheit seiner Parteien zu schützen. 593 Dies entspricht der Förderung der freiwilligen Verhandlungen durch Art. 6 § 2 RESC. 594 Allerdings besteht die Gefahr, dass der Arbeitgeber mit einer schwachen Gewerkschaft einen für die Arbeitnehmer ungünstigeren Vertrag abschließt, was die durch die Allgemeinverbindlicherklärung anvisierte Angleichung der Wettbewerbsbedingungen untergräbt. 595 Daher ist eine Verdrängung des individuellen durch den allgemeinverbindlichen Vertrag möglich. Dem Risiko einer Aushöhlung des allgemeinverbindlichen Vertrags kann aber auch durch den für eine Abweichung notwendigen Nachweis, dass eine Anwendung dieses Vertrags nicht zumutbar ist, begegnet werden. 596 6. Verpflichtungen des Staates aus Art. 6 § 2 RESC Art. 6 § 2 RESC enthält zwei Anforderungen an die nationalen Rechtsordnungen: die Anerkennung des Verhandlungsrechts einerseits und die Förderung von Kollektivvertragsverhandlungen andererseits. Dabei hat sich das EKSR vor allem mit der Notwendigkeit und den Formen von Fördermaßnahmen beschäftigt. a) Anerkennung des Verhandlungsrechts Art. 6 § 2 RESC verpflichtet die Staaten – wenn auch nicht ausdrücklich seinem Wortlaut nach – in erster Linie dazu, das Recht der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die Arbeitsbedingungen durch Kollektivverträge zu gestalten, anzuerkennen. 597 591

Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Frankreich. Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien. 593 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande. 594 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande; so bereits Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Niederlande Dissenting Opinion Evju und Birk. 595 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Niederlande; vgl. Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande Dissenting Opinion Belorgey, Aliprantis und Končar. 596 Länderbericht 2018 Art. 6 § 2 Niederlande. 597 Länderbericht I Art. 6 § 2 Statement of Interpretation; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Montenegro; Länderbericht 2016 Art. 6 § 2 Litauen, Moldau; Beschwerde 85/2012 Rn. 111; Beschwerde 116/2015 Rn. 84; Beschwerde 118/2015 Rn. 60. 592

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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Ein einklagbarer Verhandlungsanspruch muss den potentiellen Vertragsparteien nicht eingeräumt werden. 598 Ein einmal gewährtes Verhandlungsrecht im öffent­ lichen Dienst darf allerdings nicht wieder zurückgenommen werden: Das Ersetzen eines gelebten Verhandlungsverfahrens durch bloße Beratungsrechte ist inakzeptabel, selbst wenn alle Betroffenen das neue Verfahren als fair beurteilen. 599 b) Förderung von Kollektivvertragsverhandlungen aa) Notwendigkeit von Fördermaßnahmen Darüber hinaus müssen Staaten freiwillige Verhandlungen sowie den Abschluss von Kollektivverträgen fördern, soweit dies notwendig und zweckmäßig ist, wenn die Sozialpartner selbst keine ausreichende Initiative ergreifen. 600 Für die Feststellung, ob Förderungsmaßnahmen notwendig sind, müssen die Staaten vorhandene Verhandlungsmechanismen erläutern und aussagekräftige Statistiken über die Quantität der Verhandlungen (Anteil und Kategorien der betroffenen Unternehmen und Arbeitnehmer; Anzahl und Kategorien der involvierten Organisationen; Anteil der von Kollektivverträgen erfassten Arbeitnehmer) vorlegen. 601 Kleinstbetriebe können von den Statistiken ausgenommen werden. 602 Die Angaben sollen nach Branchen sowie Organisationsebenen aufgeschlüsselt werden. 603 Unterschieden 598

Länderbericht I Art. 6 § 2 Schweden. Länderbericht XI-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich. 600 Länderbericht I Art. 6 § 2 Statement of Interpretation; Länderbericht IV Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länder­ bericht XVIII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Lettland, Nordmazedonien, Niederländische Antillen, Polen, Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen (Curaçao); Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 2 Polen, Tschechien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien, Aserbaidschan, Estland, Georgien, Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Estland, Moldau, Montenegro, Rumänien, Slowakei; Länderbericht 2016 Art. 6 § 2 Litauen, Moldau; Länderbericht 2018 Art. 6 § 2 Aserbaidschan, Georgien; Beschwerde 83/2012 Rn. 173; Beschwerde 85/2012 Rn. 111; Beschwerde 101/2013 Rn. 140; Beschwerde 116/2015 Rn. 84; Beschwerde 118/2015 Rn. 60; Beschwerde 123/2016 Rn. 93. 601 Vgl. Frage 3 zu Art. 6 § 2 des Fragebogens; Länderbericht I Art. 6 § 2 Statement of Interpretation, Dänemark, Deutschland, Irland, Norwegen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht II Art. 6 § 2 Dänemark, Zypern; Länderbericht III Art. 6 § 2 Dänemark, Deutschland, Irland, Italien, Österreich, Zypern; Länderbericht IV Art. 6 § 2 Dänemark, Österreich; Länderbericht V Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht VI Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Luxemburg; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Georgien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 2 Zypern; Beschwerde 83/2012 Rn. 161 ff.; Beschwerde 101/2013 Rn. 122, 139; Beschwerde 112/2014 Rn. 88. 602 Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Lettland 603 Länderbericht II Art. 6 § 2 Deutschland, Norwegen, Schweden, Zypern; Länderbericht IV Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen; Länder 599

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

wird zwischen einer direkten Anwendbarkeit und einer indirekten Erfassung im Wege von Bezugnahmeklauseln oder Allgemeinverbindlicherklärungen. 604 Das EKSR erwartet, dass die Staaten solche auf Untersuchungen, Fachstudien, Stichproben oder anderen wissenschaftlichen Methoden beruhenden Statistiken stets zu ihrer Verfügung haben. 605 Welche dieser Angaben für die Beurteilung des EKSR konkret ausschlaggebend sind, ist nicht ersichtlich. Als Quote der von Kollektivverträgen erfassten Arbeitnehmer, ab der Art. 6 § 2 RESC genüge getan ist, scheint sich eine Grenze von 40 % der Arbeitsverhältnisse herauszukristallisieren. 606 Bei darunter liegenden Anteilen fragt das EKSR nach konkret ergriffenen Förderungsmaßnahmen, insbesondere wenn entsprechend kritische Aussagen der Gewerkschaften vorliegen und beim ILO CFoA Beschwerden anhängig sind, dass die Arbeitgeber Verhandlungen verweigern würden. 607 Bei einer Abdeckung von weniger als 20 % der Arbeitnehmer ist eine Förderung offensichtlich notwendig. 608 Nicht in diese Linien einfügen möchten sich akzeptierte Quoten von 21 %609 und rund 16 %610. Ein Anstieg der Abdeckungsquote wird als positive Entwicklung registriert 611, während Rückgänge insbesondere während Wirtschaftskrisen nicht unbedingt

bericht XIII-5 Art. 6 § 2 Portugal; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Kroatien; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Slowakei; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Albanien, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Portugal, Rumänien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bosnien und Herzegowina, Rumänien, Slowenien. 604 Länderbericht III Art. 6 § 2 Zypern; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Zypern. 605 Länderbericht II Art. 6 § 2 Deutschland, Italien; Länderbericht III Art. 6 § 2 Deutschland, Österreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Georgien. 606 Länderbericht III Art. 6 § 2 Zypern; Länderbericht IV Art. 6 § 2 Zypern; Länderbericht VII Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Finnland, Niederlande; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Luxemburg, Portugal; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Spanien, Zypern; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länder­ bericht XVII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Tschechien; Länderbericht XXI-3 Tschechien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Italien, Norwegen, Russland, Ukraine; bei einer Abdeckung von 40 % verlangte das EKSR jüngst den Nachweis von Fördermaßnahmen, Länderbericht 2018 Art. 6 § 2 Moldau. 607 Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland, Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Lettland, Polen; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Polen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Estland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Bulgarien, Estland; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien, Bulgarien, Estland, Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bulgarien, Estland, Georgien, Litauen, Ungarn; Länderbericht 2018 Art. 6 § 2 Rumänien. 608 Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Lettland. 609 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen. 610 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Schweden. 611 Länderbericht X-2 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Belgien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Belgien, Niederlande.

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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schädlich sind, solange die 40 %-Grenze nicht unterschritten wird 612. Dementsprechend ist ein Stagnieren der Abdeckung akzeptabel. 613 Das Verhältnis von Branchenverträgen gegenüber unternehmenseigenen Verträgen an der Gesamtabdeckung darf sich verschieben. 614 Die absolute Zahl neuer Kollektivverträge wird zur Kenntnis genommen, führt aber nicht zu aussagekräftigen Stellungnahmen. 615 bb) Beispiele möglicher Fördermaßnahmen Auf welche Weise der Staat die Verhandlungen fördert, steht ihm weitgehend offen: Vorausgesetzt wird lediglich, dass einerseits die Abdeckung durch Kollektivverträge messbar steigt 616, und dass andererseits die Verhandlungen frei und freiwillig bleiben 617. Durch die Förderung sollen lediglich Anreize geschaffen werden, Verhandlungen über Kollektivverträge zu führen. 618 Mögliche Förderungsmaßnahmen sind: Werbung für Kollektivvertragsverhandlungen, beispielsweise durch Ermutigung, verhandlungsfähige Organisationen zu gründen 619; Initiierung zwei- oder dreigliedriger Vereinbarungen, durch die sich die Sozialpartner zur Aufnahme von Verhandlungen verpflichten 620; Erstellung von Leitlinien für Verhandlungen 621; Koordinierungs- und Bildungsmaßnahmen 622, insbesondere Trainingsprogramme für Verhandlungstechniken 623; Anpassung, ins 612 Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 2 Belgien; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Rumänien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 2 Litauen. 613 Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Frankreich. 614 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Frankreich. 615 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Italien; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Malta. 616 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Litauen; Länderbericht 2018 Art. 6 § 2 Estland, Lettland; vgl. KahnFreund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (146 ff.). 617 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Lettland, Nordmazedonien, Niederländische Antillen, Polen, Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen (Curaçao); Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 2 Tschechien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Armenien, Aserbaidschan, Estland, Georgien, Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Estland, Moldau, Montenegro, Slowakei; Beschwerde 123/2016 Rn. 93. 618 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien. 619 Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Litauen. 620 Länderbericht VI Art. 6 § 2 Zypern; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Italien. 621 Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Irland. 622 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Litauen, Nord­ mazedonien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 2 Estland. 623 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Nordmazedonien.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

besondere Vereinfachung der gesetzlichen Rahmenbedingungen 624; Einführung einer Pflicht zur Anerkennung als Verhandlungspartner 625 oder zur regelmäßigen Verhandlung über bestimmte Themen 626; Schaffung einer unterstützenden Einrichtung 627; gemeinsame Untersuchung und Verbesserung der aktuellen Lage 628. Es kann die Unterstützung der EU oder der ILO in Anspruch genommen werden. 629 Zudem kann der einzelne Arbeitnehmervertreter zur Teilnahme an Kollektivvertragsverhandlungen ermutigt werden, indem ihm bezahlte Freistellungen, Auslagenersatz oder ein besonderer Schutz vor Kündigungen und anderen negativen Maßnahmen des Arbeitgebers gewährt werden. 630

III. Förderung von Vermittlungs- und freiwilligen Schlichtungsverfahren, Art. 6 § 3 RESC 1. Zweck und Gestaltung der Konfliktlösungsverfahren Da die Interessen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite regelmäßig divergieren, ist die Existenz von effektiven Konfliktlösungsmechanismen sinnvoll. Art. 6 § 3 RESC betrifft die friedliche Beilegung von Interessenkonflikten, nicht hingegen von Rechtsstreitigkeiten. 631 Wenn es den Parteien nicht gelingt, Interessenkonflikte und Blockaden im Rahmen von Kollektivverhandlungen selbständig zu lösen, müssen die Staaten die Einrichtung und Nutzung geeigneter freiwil­liger Verfahren zur Konfliktbeilegung unter Einsatz Dritter sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor fördern. 632 Aufgrund des kollektiven Bezugs können 624

Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Bulgarien, Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Frankreich, Irland; Länderbericht 2018 Art. 6 § 2 Lettland. 625 Länderbericht XI-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; zur Zulässigkeit von Anerkennungspflichten siehe § 2 C. II. 2. a) bb) (4) (b). 626 Länderbericht IX-2 Art. 6 § 2 Frankreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Tschechien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Frankreich; zur Zulässigkeit von Verhandlungspflichten siehe § 2 C. II. 4. b). 627 Länderbericht VII Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht 2016 Art. 6 § 2 Moldau. 628 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Lettland 629 Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Lettland, Polen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Nordmazedonien. 630 Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Moldau. 631 Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 3 Spanien; Beschwerde 116/2015 Rn. 106. 632 Länderbericht I Art. 6 § 3 Statement of Interpretation; Länderbericht IV Art. 6 § 3 Italien; Länderbericht V Art. 6 § 3 Statement of Interpretation, Italien; Länderbericht VI Art. 6 § 3 Frankreich; Länderbericht VIII Art. 6 § 3 Niederlande, Schweden; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 3 Dänemark; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 3 Frankreich, Spanien; Länderbericht X-1 Art. 6 § 3 Island; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 3 Island; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 3 Spanien, Zypern; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 3 Island, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 3 Malta, Zypern; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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die jeweiligen Verfahren auf Konflikte mit Beteiligung einer Gewerkschaft oder von mindestens 20 Arbeitnehmern beschränkt werden. 633 2. Ausgestaltung des Verfahrens a) Gestaltungsspielräume Art. 6 § 3 RESC enthält keine konkreten Vorgaben für die Ausgestaltung der Konfliktlösungsmechanismen, sodass den Staaten ähnlich wie bei Art. 6§§ 1 und 2 RESC weite Spielräume offen stehen. Abhängig von Organisationsebene und Beschäftigungszweig können verschiedene Verfahren zur Konfliktlösung vorgesehen sein. 634 Die Errichtung kann durch Gesetz, Kollektivvertrag oder eine entsprechende Praxis erfolgen. 635 Es können dauerhafte Stellen 636 errichtet oder Regelungen über bedarfsabhängige ad-hoc-Gremien 637 geschaffen werden. Der in das Verfahren involvierte Dritte, zumeist in Form eines Schlichters oder Schiedsrichters, soll unabhängig sein und genügend Sachverstand besitzen, um die Aufgabe bewältigen zu können. 638 Damit der Zweck der baldigen Konfliktlösung erreicht

§ 3 Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Irland, Malta; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Frankreich, Polen, Zypern; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 3 Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 3 Ungarn; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 3 Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 3 Kroatien, Nordmazedonien, Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Spanien, Tschechien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 3 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Bulgarien, Italien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Armenien, Bulgarien, Georgien, Italien, Malta; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Armenien, Aserbaidschan, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Frankreich, Italien, Malta, Moldau, Montenegro, Niederlande, Österreich, Rumänien, Russland, Schweden, Serbien, Slowakei, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 6 § 3 Armenien, Aserbaidschan; Beschwerde 116/2015 Rn. 105 f. 633 Länderbericht 2018 Art. 6 § 3 Georgien. 634 Länderbericht VI Art. 6 § 3 Frankreich, Italien; Länderbericht VIII Art. 6 § 3 Niederlande; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 3 Frankreich, Italien; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 3 Irland, Italien; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 3 Finnland; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 3 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Frankreich, Italien, Österreich, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 3 Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 3 Slowakei; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 3 Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 3 Luxemburg, Ungarn; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Luxemburg, Spanien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Italien, Portugal; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Belgien, Malta, Norwegen, Portugal, Schweden, Ukraine. 635 Beschwerde 116/2015 Rn. 105. 636 Länderbericht VI Art. 6 § 3 Vereinigtes Königreich; Länderbericht VII Art. 6 § 3 Irland; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 3 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Norwegen; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2002 Art. 6 § 3 Schweden; Länderbericht 2004 Art. 6 § 3 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Belgien, Irland, Montenegro, Norwegen, Serbien. 637 Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Malta. 638 Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 3 Slowakei.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

wird, können feste Zeitpläne vorgesehen sein. 639 Inhaltlich soll das Verfahren unabhängig sein, sodass weder gesetzliche Vorgaben noch andere Kollektivverträge oder allgemeine Gehaltsentwicklungen den materiellen Ausgang beeinflussen. 640 Nicht alle Verfahren der Konfliktlösung müssen im Staat gleichermaßen Anwendung finden. 641 Die Berichte müssen aber zumindest Informationen zu Schiedsverfahren enthalten. 642 b) Freiwilligkeit der Verfahren Die Verfahren nach Art. 6 § 3 RESC sollen freiwillig sein. Daher soll die einvernehmliche Einleitung eines Verfahrens zur Konfliktlösung durch beide Konfliktparteien in jedem Fall möglich sein. 643 Darüber hinaus bedeutet die Vorgabe ähnlich wie auch bei Kollektivvertragsverhandlungen aber nicht, dass den Sozialpartnern keinerlei Pflichten auferlegt werden können. Welche Pflichten zulässig sind, hängt von der Bindungskraft des Verfahrens ab: Unterschieden wird zwischen Konfliktlösungsverfahren ohne und mit für die Parteien bindendem Ergebnis. aa) Ausgestaltung von Verfahren ohne bindende Ergebnisse Es besteht kein Bedarf, die Parteien vor der Durchführung eines Verfahrens zu schützen, das nicht gegen ihren Willen zu einem bindenden Ergebnis führt. Das ist etwa der Fall beim Einsatz eines Schlichters, Mediators oder Vermittlers, der 639 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Zypern; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 3 Luxemburg; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 3 Ungarn; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 3 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 3 Kroatien, Luxemburg; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Luxemburg; Länderbericht 2002 Art. 6 § 3 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Albanien, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Aserbaidschan, Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Nordmazedonien, Rumänien, Russland, Ukraine. 640 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Island mit Verweis auf ILO CFoA Case 1768; Länder­ bericht XX-3 Art. 6 § 3 Spanien, Tschechien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Georgien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Belgien, Bosnien und Herzegowina, Frankreich, Moldau, Österreich, Schweden, Serbien, Slowakei. 641 Länderbericht I Art. 6 § 3 Italien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 3 Zypern. 642 Länderbericht VIII Art. 6 § 3 Island. 643 Für Schlichtungsverfahren ohne bindende Ergebnisse: Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Österreich, Polen; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 3 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 3 Kroatien; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 3 Nordmazedonien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 3 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Aserbaidschan, Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Ukraine; für Verfahren mit bindenden Ergebnissen: Länderbericht V Art. 6 § 3 Frankreich; Länderbericht VI Art. 6 § 3 Zypern; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 3 Luxemburg; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 3 Ungarn; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 3 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 3 Kroatien, Luxemburg; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Luxemburg; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Moldau, Portugal, Rumänien, Ukraine.

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

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die weiteren Verhandlungen leitet sowie mögliche Kompromisse mit den Konfliktparteien erarbeitet oder ihnen entsprechende Vorschläge unterbreitet. 644 Eine Pflicht zur Aufnahme eines solchen Verfahrens kann daher durch Gesetz oder den entsprechenden Willen der Gegenseite auferlegt werden. 645 Dies kann etwa mittelbar dadurch geschehen, dass das Ergreifen von Kollektivmaßnahmen von der erfolglosen Durchführung eines Streitbeilegungsversuchs abhängt, sofern der Streik durch diese Verzögerung seine abschreckende Wirkung nicht verliert. 646 Deshalb soll es den Parteien möglich sein, das Scheitern der Streitbeilegung zu erklären. 647 Können Einigungsvorschläge für verschiedene Sektoren derart miteinander verknüpft werden, dass die Zustimmung im Hauptsektor die Billigung der Vorschläge für die kleineren Sektoren fingiert (linkage rule), ist dies nicht mit Art. 6 § 3 RESC zu vereinbaren, selbst wenn die Minderheit an der Ausarbeitung der Einigungs­vorschläge beteiligt war. 648 Ein solches System kann nur im Ausnahmefall angesichts nationaler Besonderheiten und bei vorhandener Rechtsschutzmöglichkeit zulässig sein. 649 bb) Ausgestaltung von Verfahren mit bindenden Ergebnissen (1) Grundsatz der freiwilligen Aufnahme des Verfahrens Verfahren, die wie etwa die Anrufung eines Schiedsgerichts 650 auch gegen den Parteiwillen zu einem bindenden Ergebnis führen, müssen von beiden Parteien freiwillig und gemeinsam eingeleitet werden, sodass sie der Verbindlichkeit der Lö-

644

Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Island; Länderbericht 2002 Art. 6 § 3 Schweden; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Litauen, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Ukraine. 645 Länderbericht V Art. 6 § 3 Frankreich; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 3 Malta; Länder­ bericht XIII-3 Art. 6 § 3 Luxemburg, Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Norwegen, Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 3 Kroatien; Länder­ bericht XIX-3 Art. 6 § 3 Nordmazedonien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Island; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Albanien, Zypern; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Rumänien. 646 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 3 Irland; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 3 Luxemburg; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Deutschland, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Italien, Polen; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 3 Kroatien, Luxemburg; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 3 Nordmazedonien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Luxemburg; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Albanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Montenegro mit Verweis auf Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Zypern und auf Länderbericht XVII Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Russland. 647 Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Estland; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Estland. 648 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 3 Dänemark; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark. 649 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark. 650 Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 3 Lettland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Albanien, Slowenien.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

sung im Vorhinein zustimmen. 651 Die Entscheidung zur Aufnahme des Verfahrens muss nicht unmittelbar von den Konfliktparteien selbst getroffen werden, sondern kann Dritten im Rahmen eines ursprünglich unverbindlichen, aber freiwillig eingeleiteten Streitbeilegungsverfahrens übertragen sein. 652 Unklar ist allerdings, ob die antizipierte Bindung an einen Schiedsspruch durch einen frei ausgehandelten Kollektivvertrag unabhängig vom konkreten Konflikt der Freiwilligkeit genügt. 653 (2) Ausnahme von der Freiwilligkeit durch Zwangsverfahren Ausgehend von diesem Grundsatz der Freiwilligkeit darf der Staat die Parteien nur im Ausnahmefall zur Durchführung eines Schiedsverfahrens verpflichten, etwa wenn durch den Konflikt Kollektivmaßnahmen drohen, die Leben, Gesundheit oder Sicherheit des ganzen oder eines Teils des Landes gefährden und daher die betroffenen Dienste ununterbrochen erbracht werden müssen. 654 Der Einsatz von Zwangsverfahren kann weder mit fruchtlosen Verhandlungen nach Ablauf des vorherigen Kollektivvertrags 655 oder einem missglückten Schlichtungsversuch 656, noch mit der Vermeidung jeglicher Kollektivmaßnahmen in allen als wichtig erachteten Sektoren 657 begründet werden. 651

Länderbericht V Art. 6 § 3 Frankreich; Länderbericht VI Art. 6 § 3 Zypern; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 3 Irland, Luxemburg, Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Malta, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 3 Ungarn; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 3 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 3 Kroatien, Luxemburg; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Luxemburg; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 3 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 3 Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Moldau, Portugal, Rumänien, Ukraine; Länderbericht 2018 Art. 6 § 3 Aserbaidschan, Malta, Moldau, Russland. 652 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Irland; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Litauen. 653 Dafür: Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 3 Nordmazedonien; wohl auch Länderbericht 2018 Art. 6 § 3 Armenien; dagegen: Länderbericht 2002 Art. 6 § 3 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 3 Slowenien. 654 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 3 Norwegen; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 3 Norwegen; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 3 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Norwegen; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 3 Norwegen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 3 Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Spanien, Tschechien; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 3 Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 3 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Albanien, Litauen, Moldau, Portugal; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Georgien, Malta, Moldau, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Belgien, Bosnien und Herzegowina, Frankreich, Malta mit Verweis auf ILO CEACR 101st session, Convention 87; Länderbericht 2016 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht 2018 Art. 6 § 3 Aserbaidschan, Moldau, Russland; ähnlich auch Länderbericht 2018 Art. 6 § 3 Ukraine. 655 Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Portugal. 656 Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Malta mit Verweis auf ILO CEACR 101st session, Convention 87. 657 Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Albanien.

C. Förderung der einvernehmlichen kollektiven Gestaltung 

145

Die bloße Existenz einer über Art. G RESC hinausgehenden Ermächtigungsgrundlage verstößt gegen Art. 6 § 3 RESC, auch wenn von der Vorschrift faktisch kein Gebrauch gemacht wird. 658 In jedem Fall dürfen die Konfliktparteien nicht zu lange an die Ergebnisse des Zwangsverfahrens gebunden sein. 659 Kein Verstoß gegen Art. 6 § 3 RESC liegt vor, wenn die Ermächtigungsgrundlage die Grenzen von Art. G RESC nicht einhält, die zu ihrer Anwendung notwendige weitere hoheitliche Maßnahme wie die Erstellung einer Liste von Schiedsleuten oder von Diensten, in denen das Verfahren eingesetzt werden kann, bisher nicht vorgenommen wurde. 660 Eine Form der Zwangsschlichtung könnte in dem österreichischen Einigungsstellenverfahren gesehen werden, bei dem – ähnlich wie im deutschen Recht 661 – auf Betreiben einer Partei ein bindender Schiedsspruch oder eine Gerichtsentscheidung eine gesetzlich notwendige Einigung ersetzen kann. 662 Dabei handelt es sich allerdings nicht um Kollektivverhandlungen im klassischen Sinne, sondern um Bereiche, die sonst dem einseitigen Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen, sodass in der Einigungsstelle keine unfreiwillige Zwangsschlichtung liegt, sondern eine Erweiterung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer, die mit der RESC vereinbar ist. 663 Außerhalb von Einigungsstellen müssen die Umstände jedes eingeleiteten Zwangsverfahrens dargelegt werden. 664 Ob im Einzelfall Art. 6 § 3 RESC verletzt ist, bemisst sich in erster Linie an Dauer und Auswirkung des drohenden Arbeitskampfes, Vereinbarkeit der Verhandlungspositionen der Parteien, sowie drohenden Schäden für die Wirtschaft. 665 Weil durch die Zwangsverfahren Kollektivmaßnahmen beschränkt werden, erfolgt die Prüfung der Rechtfertigung unter Art. 6 § 4 RESC. 666

658

Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht 2016 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht 2018 Art. 6 § 3 Malta. 659 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Malta; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 3 Malta. 660 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 3 Portugal; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 3 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Portugal, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 3 Portugal; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 3 Portugal. 661 Dazu Bischoff, Die Einigungsstelle im Betriebsverfassungsrecht, S. 49 ff.; Galperin, Der Regierungsentwurf eines neuen Betriebsverfassungsgesetzes, S. 48 f. 662 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 3 Österreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 3 Österreich. 663 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 3 Österreich; so bereits Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 3 Österreich Dissenting Opinion Evju, Grillberger und Birk. 664 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 3 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 3 Spanien. 665 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 3 Spanien. 666 Siehe § 2 D. II. 7. b) cc).

146

§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

3. Staatliche Förderung der Konfliktlösung a) Notwendigkeit staatlicher Fördermaßnahmen Art. 6 § 3 RESC verpflichtet die Staaten zur Förderung entsprechender Konfliktlösungsmechanismen. Es ist allerdings kein staatliches Handeln notwendig, wenn die in Kollektivverträgen vorgesehenen oder freiwillig durchgeführten Konfliktlösungsmechanismen hinreichend effektiv sind; der Staat muss erst dann Fördermaßnahmen ergreifen, wenn Konflikte faktisch nicht gelöst werden. 667 Dennoch hindern weder der ausbleibende Rückgriff auf vom Staat geschaffene Konfliktlösungsmechanismen 668 noch ein Rückgang durchgeführter Verfahren 669 die Vereinbarkeit mit Art. 6 § 3 RESC, da dies auch auf erfolgreiche Verhandlungen zurückgeführt werden kann. b) Beispiele möglicher Fördermaßnahmen Sollten Fördermaßnahmen notwendig sein, muss der Staat wie bei Art. 6 § 1 RESC ergriffene Maßnahmen hinreichend konkret darstellen. 670 Möglich sind etwa die Schaffung gesetzlicher Vorschriften über Mediation und Schiedsverfahren 671, die Lockerung der vorhandenen gesetzlichen Vorschriften 672, die Ausweitung des persönlichen 673 und des sachlichen 674 Anwendungsbereichs der Schlichtung, die Bereitstellung und Schulung von Mediatoren und Schiedsstellen 675, die 667

Länderbericht I Art. 6 § 3 Statement of Interpretation, Irland, Vereinigtes Königreich; Länderbericht II Art. 6 § 3 Schweden, Vereinigtes Königreich; Länderbericht V Art. 6 § 3 Statement of Interpretation, Frankreich, Italien; Länderbericht VII Art. 6 § 3 Italien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht VIII Art. 6 § 3 Niederlande, Vereinigtes Königreich; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 3 Island, Niederlande; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 3 Italien; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 3 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 3 Italien; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 3 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 3 Frankreich, Italien, Malta, Spanien; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 3 Frankreich, Italien, Spanien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 3 Italien, Niederländische Antillen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 3 Finnland, Polen; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Tschechien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Finnland; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Bosnien und Herzegowina, Frankreich, Georgien, Malta, Montenegro, Ukraine. 668 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 3 Island, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Island. 669 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 3 Frankreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 3 Frankreich, Norwegen; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 3 Frankreich. 670 Länderbericht V Art. 6 § 3 Italien. 671 Länderbericht XV-2 Art. 6 § 3 Slowakei. 672 Länderbericht X-1 Art. 6 § 3 Niederlande; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 3 Spanien. 673 Länderbericht VII Art. 6 § 3 Irland. 674 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Zypern. 675 Länderbericht V Art. 6 § 3 Italien; Länderbericht VI Art. 6 § 3 Italien, Vereinigtes Königreich, Zypern; Länderbericht VIII Art. 6 § 3 Island, Niederländische Antillen, Spanien; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 3 Spanien; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 3 Belgien, Malta; Länder­

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

147

Erhöhung des Bekanntheitsgrads friedlicher Streitbeilegungsmethoden 676, die Schaffung einer (dreigliedrigen) Einrichtung zur dauerhaften Pflege des Kontakts und Austauschs zwischen den Sozialpartnern 677, die finanzielle Unterstützung einer unabhängigen Organisation zur Durchführung entsprechender Verfahren 678 oder die Kostenübernahme für Schiedsverfahren 679.

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC Eine sehr ausführliche Spruchpraxis des EKSR findet sich zu Art. 6 § 4 RESC. Schließlich hat das Recht auf Kollektivmaßnahmen aufgrund seiner möglichen Praxisrelevanz einen hohen Konkretisierungsbedarf. Zunächst wird der Zweck der Kollektivmaßnahmen erläutert, und anschließend auf die Besonderheiten der Handlungsmöglichkeiten auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite eingegangen.

I. Zweck der Kollektivmaßnahmen Wenn weder Verhandlungen noch Vermittlungs- oder Schlichtungsverfahren einen Interessenkonflikt lösen, muss nach dem Wortlaut der Vorschrift die Möglichkeit bestehen, durch kollektive Maßnahmen Druck auf die Gegenseite auszuüben; andernfalls würden das Vereinigungsrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen leerlaufen. 680 Dies gilt sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor, wobei Kollektivmaßnahmen im öffentlichen Dienst weitergehenden Einschränkungen unterliegen können. 681 ericht XIII-3 Art. 6 § 3 Luxemburg, Malta, Niederlande; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Island; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 3 Slowakei; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 3 Malta; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 3 Luxemburg, Malta; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 3 Nordmazedonien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Luxemburg; Länderbericht 2002 Art. 6 § 3 Schweden; Länderbericht 2004 Art. 6 § 3 Estland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Albanien, Portugal; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Rumänien, Russland, Ukraine. 676 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Lettland. 677 Länderbericht VII Art. 6 § 3 Frankreich; Länderbericht VIII Art. 6 § 3 Niederlande; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 3 Irland; Länderbericht 2002 Art. 6 § 3 Schweden. 678 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Vereinigtes Königreich. 679 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Norwegen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Norwegen. 680 Beschwerde 83/2012 Rn. 201, 212; Beschwerde 112/2014 Rn. 111; ausführlicher Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Zanetti Rn. 5, 7. 681 Länderbericht III Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland, Irland, Island; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Finnland, Island; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Finnland Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Island, Kroatien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Bulgarien; Beschwerde 32/2005 Rn. 44; siehe auch Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Zanetti Rn. 3; zu den Einschränkungen siehe § 2 D. II. 7. 

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Art. 6 § 4 RESC bezieht sich auf Interessenkonflikte im wirtschaftlichen, sozialen und gewerkschaftlichen Bereich. 682 Obwohl die Streitbeilegung faktisch meist in einem Kollektivvertrag festgehalten wird 683, muss der Konflikt nicht bei Verhandlungen über einen Kollektivvertrag entstanden sein: Angesichts des Einleitungssatzes von Art. 6 RESC müssen bei jedem Interessenkonflikt zwischen einem oder mehreren Arbeitgebern auf der einen und einer Gruppe von Arbeitnehmern auf der anderen Seite Kollektivmaßnahmen zulässig sein. 684 Die Möglichkeit, außerhalb von Kollektivvertragsverhandlungen Kampfmaßnahmen zu ergreifen, muss entweder von der Rechtsordnung explizit anerkannt sein oder durch entsprechendes Richterrecht nachgewiesen werden. 685 Es reicht nicht aus, wenn andere Streikziele keine Erwähnung im Gesetz finden, während Arbeitskämpfe im Rahmen von blockierten Kollektivvertragsverhandlungen explizit erlaubt sind. 686 Lediglich Rechtsstreitigkeiten etwa über die Existenz, Wirksamkeit, Auslegung oder Verletzung einer Kollektivvereinbarung 687, sowie politische Konflikte oder Entscheidungen, die allein in der Sphäre des Arbeitgebers anzusiedeln sind 688, 682

Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Beschwerde 85/2012 Rn. 117; vgl. Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (118 f.); Świątkowski, Labour Law, Rn. 239. 683 Länderbericht III Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland. 684 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland; Länderbericht II Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland; Länderbericht III Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht V Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Deutschland, Schweden; Länderbericht VII Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Island, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XIII-4 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Island, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Island; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Finnland, Island, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Finnland, Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Deutschland, Nordmazedonien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Finnland; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Finnland; insofern missverständlich Gitter, ZfA 1971, 127 (137), nach dem Kollektivverhandlungen stets auf den Abschluss von Kollektivvereinbarungen zielen. 685 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Slowakei, Tschechien; anders noch Länderbericht XVI-1 und XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien, bei dem die explizite Regelung allein von Streiks im Rahmen von Kollektivverhandlungen als nicht ausreichend gewertet wurde. 686 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien. 687 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Dänemark, Deutschland, Norwegen, Schweden; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XIII-4 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 4 Finnland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Finnland, Island; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Island, Schweden; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Beschwerde 85/2012 Rn. 117. 688 Länderbericht II Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland; Länderbericht V Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XIII-4 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 4 Finnland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Deutschland.

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

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werden nicht von Art. 6 § 4 RESC erfasst. Die Abgrenzung von Interessen- und Rechtskonflikten 689 sowie politischen Streitigkeiten 690 ist nicht immer trennscharf möglich. Jedem Konflikt liegt ein Interessenkonflikt zugrunde, der in manchen Konstellationen zu einem Rechtskonflikt heranwachsen kann. 691 Diese Abgrenzungsproblematik wird in den Stellungnahmen des EKSR deutlich: Während die Änderung eines Kollektivvertrags einen Rechtsstreit darstellen soll 692, wird dessen Ergänzung als Interessenkonflikt gewertet 693, obwohl beiden Konstellationen gleichermaßen das Interesse an der Änderung der Arbeitsbedingungen zugrunde liegt.

II. Kollektivmaßnahmen auf Arbeitnehmerseite 1. Schwerpunkte der Spruchpraxis des EKSR Die einzelnen Aspekte der Kollektivmaßnahmen auf Arbeitnehmerseite haben in unterschiedlichem Umfang Eingang in die Spruchpraxis des EKSR gefunden. Weniger beschäftigt hat es sich mit den zu Beginn dieses Abschnitts darzustellenden Grundlagen wie der Form der Kollektivmaßnahmen, den Gegenständen des Konflikts, den möglichen Adressaten der Kollektivmaßnahme und dem persön­ lichen Anwendungsbereich der Vorschrift. Mehr Raum nimmt die darauf folgende Bestandsaufnahme der Stellungnahmen zu den verschiedenen Ausgestaltungen und Einschränkungen, die die nationalen Rechtsordnungen für das Streikrecht vorsehen, ein. Zu den bloßen Ausgestaltungen des Streikrechts zählen insbesondere cooling-off-Perioden, notwendige Abstimmungen sowie Ankündigungsfristen. Rechtfertigungsbedürftige Beschränkungen reichen von Friedenspflichten über Streikverbote für bestimmte Berufsgruppen bis zu der Pflicht, während eines Streiks Notdienste zu verrichten. Schließlich wird die Bewertung der möglichen Folgen einer Streikteilnahme durch das EKSR dargestellt.

689

Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (116 f.). Kovács, CLLPJ 2005, 445 (451). 691 Evju, AuR 2012, 276 (279); ders., ELLJ 2 (2011), 196 (204); Dorssemont, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann (Hrsg.), The Economic and Financial Crisis and Collective Labour Law in Europe, S. 153 (157 ff.) differenziert nach den verhandelnden Parteien. 692 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Portugal; Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (204); anders Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 3 Spanien sowie Beschwerde 116/2015 Rn. 106. 693 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 690

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

2. Formen der Kollektivmaßnahmen Trotz der Hervorhebung des Streikrechts erfasst Art. 6 § 4 RESC vielgestaltige kollektive Störungen der Betriebsabläufe durch die Arbeitnehmerseite. 694 Neben der vollständigen Arbeitsniederlegung 695 sind dies beispielsweise auch der Dienst nach Vorschrift, Bummelstreiks, Blockaden, Boykottaufrufe, Massenkündigungen, oder die Weigerung, Überstunden auszuführen 696. Der Streik als essentielles Mittel der Arbeitnehmerseite 697 ist allerdings der fast ausschließliche Gegenstand der Spruchpraxis des EKSR zu dieser Vorschrift. Dabei wird nicht zwischen dem Streikrecht und der durch einen Vertragsbruch ohne zivil- und strafrechtliche Konsequenzen charakterisierten Streikfreiheit unterschieden. 698 Geschützt sind von Art. 6 § 4 RESC auch Unterstützungshandlungen, etwa die Beeinflussung arbeitswilliger Arbeitnehmer durch friedliche Streikposten. 700 Solche Sekundärmaßnahmen müssen als Teil des Rechts auf Kollektivmaßnahmen und nicht lediglich als Ausdruck der Versammlungs- oder Meinungsfreiheit an 694 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Island, Portugal, Spanien; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Finnland; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Litauen, Moldau, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Georgien, Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Frankreich, Montenegro, Rumänien, Russland, Serbien. 695 Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (203). 696 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Island, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Island, Italien, Schweden, Spanien, Vereinigtes Königreich, Zypern; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Finnland, Vereinigtes Königreich, Zypern; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Belgien; Beschwerde 59/2009 Rn. 29, 36; Beschwerde 85/2012 Rn. 117; kritisch Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (151 f.); ders., in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 151 (181 ff.); zum Streikbegriff siehe nur Kovács, CLLPJ 2005, 445 (448) und Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 71 ff. 697 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Estland, Russland; Beschwerde 83/2012 Rn. 201, 210; Beschwerde 85/2012 Rn. 120. 698 Hackstein, Streikrecht und Aussperrungsfreiheit nach der Regelung des Artikel 6 Nr. 4 der Europäischen Sozialcharta, S. 14 ff.; Junker, in: ZAAR (Hrsg.), Neues Arbeitskampfrecht?, S. 155 (161 ff.); Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (135 f., 151); ders., in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 151 (152 ff.); Ramm, AuR 1971, 65 (73 ff.); Seiter, Streikrecht und Aussperrungsrecht, S. 189 f.; anders Fütterer, Die Reichweite des Solidaritätsstreikrechts, S. 185 ff. 700 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Schweden, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Beschwerde 59/2009 Rn. 36; Beschwerde 85/2012 Rn. 117.

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

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erkannt sein. 701 Es dürfen nicht nur lediglich symbolische Maßnahmen wie das Tragen optischer Kennzeichen zulässig sein. 702 Jedenfalls können Maßnahmen, die missbräuchlich die Schädigung des Arbeitgebers oder Dritter beabsichtigen, verboten werden. 703 Darüber hinaus ist unklar, inwiefern neben dem Streik andere Kampfmittel auf Arbeitnehmerseite zulässig sein müssen: Einerseits müssen etwa Streikposten einen ähnlichen Schutz erfahren wie das Streikrecht 704, andererseits müssen nicht alle Mittel gleichermaßen gewährt werden 705. 3. Gegenstände des Konflikts Der Wortlaut von Art. 6 § 4 RESC spricht davon, dass Kollektivmaßnahmen bei Interessenkonflikten zum Einsatz kommen sollen. In den Stellungnahmen des EKSR finden sich zahlreiche Beispiele solcher Interessenkonflikte, die einer von Arbeitnehmern ergriffenen Kollektivmaßnahme zugrunde liegen können. Dazu zählen: – Verbesserung der Arbeitsbedingungen 706 sowie Protest gegen künftige Arbeitsbedingungen bei Betriebsübergängen 707; bei Arbeitnehmerentsendungen müssen Kollektivmaßnahmen auch dann ergriffen werden können, wenn die Arbeits­ bedingungen der entsandten Arbeitnehmer faktisch den Mindestanforderungen des einschlägigen Kollektivvertrags entsprechen 708; 701

Länderbericht IX-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Schweden, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Russland; Beschwerde 59/2009 Rn. 29; Beschwerde 85/2012 Rn. 117. 702 Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bulgarien; Beschwerde 32/2005 Rn. 44. 703 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Portugal; Beschwerde 85/2012 Rn. 119. 704 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Schweden, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Beschwerde 59/2009 Rn. 36; Beschwerde 85/2012 Rn. 117. 705 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Portugal, Schweden, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Portugal; a. A. etwa Beschwerde 59/2009 Dissenting Opinion Jimena Quesada, Belorgey und Işik, die Streikposten denselben Stellenwert einräumen wollen wie dem Streikrecht selbst. 706 Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Moldau, Schweden; Beschwerde 85/2012 Rn. 120. 707 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 708 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Schweden mit Verweis auf Beschwerde 85/2012; dazu ausführlicher § 3 B. I. 2. c) cc) (4) (c).

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

– Protest gegen Massenentlassungen 709 oder Entlassungen einzelner Arbeitnehmer, insbesondere bei Kündigungen wegen Teilnahme an einer Kollektivmaßnahme 710; – Anerkennung einer Gewerkschaft 711 und Achtung der Rechte der Arbeitnehmervertreter 712; – Einhaltung von Gesetzen, Sicherheitsvorschriften, Schiedssprüchen oder Kollektivvereinbarungen durch den Arbeitgeber 713, Durchsetzung unbestrittener Ge­haltsforderungen  714, zudem Protest gegen Tätigkeiten, die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer massiv gefährden würden 715. Sogenannte Sympathie-, Solidaritäts- oder Unterstützungsstreiks betreffen keine eigenen Konflikte der streikenden Arbeitnehmer mit ihrem Arbeitgeber, sondern haben fremde Auseinandersetzungen zum Gegenstand. 716 Zumindest wenn ein berechtigtes Interesse an der Förderung des Konflikts in einem rechtlich verflochtenen Unternehmen besteht, müssen Maßnahmen mit einem solchen Motiv ebenfalls zulässig sein. 717 Streikziele, die gegen Gesetze oder gegen die Moral und guten Sitten verstoßen, werden nicht von Art. 6 § 4 RESC erfasst 718, beispielsweise wenn der Arbeitgeber von der Beschäftigung eines Außenseiters abgehalten werden soll 719.

709

Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Slowakei. Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 711 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Malta mit Verweis auf ILO CFoA Case 2066; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Malta. 712 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Moldau. 713 Länderbericht II Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Moldau. 714 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien. 715 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Slowakei. 716 Dazu Bertke, Zur Zulässigkeit von Sympathiestreiks, S. 19 ff., 25; Gumnior, Die Rechtmäßigkeit des Sympathiestreiks, S. 65 ff. 717 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Finnland, Schweden, Spanien; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Spanien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; vgl. Evju, AuR 2012, 276 (281); Fabricius, Menschenrechte und Europäische Politik, S. 118; Hayen / ​Ebert, AuR 2008, 19 (24); Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (152); ablehnend Świątkowski, in: Countouris / ​Freedland (Hrsg.), Resocialising Europe in a Time of Crisis, S. 390 (393). 718 Länderbericht II Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 719 Länderbericht XI-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 710

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

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4. Adressat der Kollektivmaßnahmen Da die Kollektivmaßnahme im Rahmen eines Konflikts der Arbeitnehmerseite mit dem Arbeitgeber ergriffen wird, ist dieser der richtige Adressat ihrer Maßnahmen. Gemeint ist damit nicht nur der unmittelbare Arbeitgeber: Durch vernetzte Unternehmensstrukturen sowie Erscheinungen wie Outsourcing und Arbeitnehmerüberlassungen entstehen variationsreiche und komplexe Vertragsbeziehungen, sodass die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern nicht in jedem Fall von ihrem rechtlichen Arbeitgeber bestimmt werden. 720 Daher müssen Kollektivmaßnahmen nicht nur gegen den unmittelbaren, sondern auch gegen den faktischen Arbeitgeber zulässig sein. 721 Andernfalls würden Dezentralisierung und Globalisierung der Arbeit die Betätigung von Gewerkschaften übermäßig erschweren. 722 5. Träger der Rechte aus Art. 6 § 4 RESC auf Arbeitnehmerseite Bei der Frage, wer Träger der Rechte aus Art. 6 § 4 RESC ist, ist zwischen dem Streikrecht als solchem und dem Streikausrufungsrecht zu unterscheiden. a) Träger des Teilnahmerechts Der Wortlaut von Art. 6 § 4 RESC spricht vom Recht der Arbeitnehmer auf Kollektivmaßnahmen unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppierung. Damit ist das Streikrecht als individuelles Recht ausgestaltet. 723 Der Einleitungssatz von Art. 6 RESC setzt Kollektivmaßnahmen zwar in einen Zusammenhang mit Kollektivverhandlungen. Weil jede Gruppe von Arbeitnehmern solche Verhandlungen mit dem Arbeitgeber aufnehmen kann, müssen alle diese Gruppen streiken können. 724 Das Streikrecht darf weder von einer Verhandlungs 720 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Schweden. 721 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länder­ bericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 722 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich mit Verweis auf ILO CEACR 101st session, Convention 87. 723 Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (213); kritischer Reinbach, Das gewerkschaftliche Streikmonopol, S. 76 ff.; zur den individuellen und kollektiven Theorien siehe Kovács, CLLPJ 2005, 445 (457 f.). 724 Länderbericht II Art. 6 § 4 Deutschland, Irland; Länderbericht III Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht V Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Island; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 4 Island, Niederlande; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Frankreich, Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Finnland, Island, Tschechien; Länderbericht

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

lizenz der kämpfenden Gruppierung 725 noch von der Teilnahme von mindestens 20 % der vom Konflikt betroffenen Arbeitnehmer 726 abhängen. Die Streikteilnahme des Einzelnen muss auf Freiwilligkeit beruhen, sodass ein Teilnahmezwang unter Strafe stehen kann. 727 b) Träger des Ausrufungsrechts Ausgehend von der individuellen Ausgestaltung des Streikrechts wertete das EKSR ursprünglich eine Beschränkung des Streikausrufungsrechts auf Gewerkschaften unter Hinweis auf den Wortlaut als unzulässig. 728 Dieses Verständnis stützte das EKSR auf die travaux préparatoires. 729 In jüngerer Zeit wird aber zwischen dem Streikrecht als Teilnahmerecht und dem Streikausrufungsrecht als Initiativrecht unterschieden: Die Nennung des Arbeitnehmers in Art. 6 § 4 RESC bestimmt demnach lediglich den Träger des Rechts auf Durchführung von Kollektivmaßnahmen, regelt aber nicht, wer einen Streik initiieren darf. 730 Selbst wenn jede Gruppe von Arbeitnehmern Kollektivverhandlungen aufnehmen kann, muss die Ausrufung eines Streiks nicht jeder Gruppe möglich sein. 731 Das Streikausrufungsrecht kann auf Gewerkschaften begrenzt werden, wenn (1) an deren Gründung keine übermäßig hohen Anforderungen gestellt werden und (2) das Gründungsverfahren nicht übermäßig lange dauert, um dem Bedürfnis schnellen Handelns in Streiksituationen gerecht zu werden. 732 Es XVI-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Portugal; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Schweden; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Montenegro. 725 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Irland. 726 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Portugal. 727 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Finnland; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Aserbaidschan; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Rumänien, Russland. 728 Länderbericht VI Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien. 729 Länderbericht VI Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; kritisch dazu Dorssemont, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 249 (271 f.). 730 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Island, Kroatien, Slowakei; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Frankreich, Schweden; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Finnland, Portugal; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Frankreich, Montenegro, Serbien. 731 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Island, Kroatien, Slowakei; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Frankreich, Schweden; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Finnland, Portugal; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Montenegro, Serbien. 732 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Finnland, Island, Portugal, Schweden; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Portugal; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Finnland, Portugal, Tschechien; Länderbericht

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

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kommt also darauf an, ob eine bloß verhandlungsberechtigte Gruppierung ohne Schwierigkeiten eine zur Streikausrufung berechtigten Gewerkschaft werden kann. Bei zu hohen Anforderungen oder zeitintensiven Verfahren darf das Streikausrufungsrecht weder unmittelbar noch mittelbar auf Gewerkschaften beschränkt werden. 733 Eine mittelbare Beschränkung liegt etwa darin, dass das vor jedem Streik durchzuführende friedliche Streitbeilegungsverfahren ausschließlich von Gewerkschaften initiiert werden kann. 734 Für die Überprüfung der Gründungsanforderungen wird Art. 6 § 4 RESC mit Art. 5 RESC verknüpft. 735 Das Streikausrufungsrecht darf nicht nur repräsentativen Gewerkschaften zustehen, da deren Bildung unabhängig von den konkreten Repräsentativitätskriterien nicht ohne weiteres möglich ist. 736 Das Interesse des Arbeitgebers, die Beziehung zu derjenigen Gewerkschaft zu pflegen, die die meisten Arbeitnehmer vertritt, darf nicht den Rechten und Interessen der Mitglieder einer Minderheitsgewerkschaft übergeordnet werden. 737 Beim zeitlichen Aspekt der Gründung gelten andere Maßstäbe als bei Art. 5 RESC: Gründungsdauern von bis zu drei Tagen ermöglichen ein zeitnahes Ergreifen von Kollektivmaßnahmen. 738 Lässt die Rechtslage Zeiträume von bis zu 30 Tagen zu, ist Art. 6 § 4 RESC verletzt, auch wenn die Gründung in der Praxis regelmäßig nur fünf Tage beansprucht. 739

XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Island, Kroatien, Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Deutschland, Kroatien, Nordmazedonien, Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Deutschland, Kroatien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Frankreich, Schweden; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Finnland, Portugal; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Georgien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina; anders zwischenzeitlich Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Finnland und Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Schweden, nach dem jede Gruppe ohne rechtlichen Status einen Streik führen können muss, allerdings ohne nähere Begründung. 733 Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Kroatien. 734 Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn. 735 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien, Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Nordmazedonien, Slowakei; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Portugal. 736 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Frankreich, Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Frankreich, Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Frankreich, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Frankreich, Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Frankreich, Moldau, Montenegro, Rumänien, Serbien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Georgien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Rumänien, Serbien; Beschwerde 116/2015 Rn. 117. 737 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Frankreich, Montenegro, Serbien. 738 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Nordmazedonien. 739 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Portugal.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Durch weitere Anforderungen, etwa die Zustimmung einer der Gewerkschaft übergeordneten Organisationsebene 740 oder den Beitritt zu einem bestimmten Abkommen 741, darf die Streikausrufung nicht erschwert werden. 6. Ausgestaltung der Streikausübung a) Zulässigkeit bloßer Ausgestaltungen Laut Anhang zu Art. 6 § 4 RESC ist die bloße Ausgestaltung der Streikausübung möglich, während Eingriffe am Maßstab von Art. G RESC zu messen sind. 742 Nach der Grundidee der RESC und des EKSR besteht bei Ausgestaltungen ein weiter staatlicher Spielraum: Ausgestaltungen müssen lediglich den Kern des Streikrechts unberührt lassen 743 und sie dürfen nicht zu kompliziert sein, damit die Arbeitnehmer ungehindert von ihrem Recht Gebrauch machen können 744. Allerdings hat das EKSR den Umfang dieses Kerns ebenso wie die Unterscheidung von Ausgestaltung und Eingriff nicht abschließend definiert, sondern lediglich für die folgenden Fallgruppen herausgearbeitet. Darunter fallen cooling-off-Phasen, Abstimmungs- und Ankündigungspflichten sowie Anforderungen an die Durchführung eines Streiks. b) Einhaltung von cooling-off-Perioden und Ausschöpfung friedlicher Streitbeilegungsmethoden Am häufigsten thematisierte das EKSR die Zulässigkeit einer cooling-off-Phase. Sie verschiebt als eine Art gesetzliche Friedenspflicht den Streikbeginn um eine begrenzte Zeit nach hinten und schränkt damit laut EKSR das Streikrecht nicht 740

Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Zypern; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Zypern. Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Ungarn. 742 Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Niederländische Antillen; Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Deutschland, Zypern; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Norwegen; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Irland, Zypern; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Italien, Niederlande; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Deutschland; Länder­ bericht XIII-3 Art. 6 § 4 Niederländische Antillen; Länderbericht XIII-4 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Finnland, Italien, Norwegen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Deutschland, Niederlande (Curaçao), Tschechien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien, Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Estland, Italien, Litauen, Moldau, Norwegen, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Norwegen, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Estland, Nordmazedonien, Montenegro, Portugal, Russland, Serbien, Slowakei; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Georgien, Italien, Moldau, Portugal. 743 Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Statement of Interpretation. 744 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 741

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

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ein, sondern regelt nur dessen Ausübung. 745 Entscheidend für die Vereinbarkeit mit Art. 6 § 4 RESC ist, dass der Zeitraum, um den sich die Kollektivmaßnahme insgesamt verzögert, nicht die Effektivität des Streiks schmälert. 746 Cooling-offPerioden von bis zu 30 Tagen wurden nicht beanstandet. 747 Bei wichtigen öffentlichen Diensten, deren Unterbrechung fundamentale Schutzgüter beeinträchtigen könnte, sind längere Zeiträume von jedenfalls 60 Tagen zulässig. 748 Ermöglicht die Rechtsgrundlage eine Verschiebung des Streiks um bis zu 90 Tage, ist Art. 6 § 4 RESC verletzt, selbst wenn dieser Rahmen faktisch nicht ausgeschöpft wird. 749 Die Nichteinhaltung einer cooling-off-Phase darf nicht zu unverhältnismäßig hohen Strafen führen. 750 Bei der Beurteilung der Angemessenheit beachtet das EKSR auch das Vermögen der Gewerkschaften und die Häufigkeit der Verhängung solcher Strafen. 751 Unklar ist, ob die erfolglose Nutzung von Verhandlungsmöglichkeiten und friedlichen Streitbeilegungsmethoden im Sinne von Art. 6 § 3 RESC vor dem Ergreifen der Kollektivmaßnahme gefordert werden darf. 752 Dies wurde in einigen Stellungnahmen als zulässig erachtet, wenn einerseits ein fester, nicht zu weiter Zeitrahmen von jedenfalls weniger als 30 Tagen 753 vorgesehen ist, und andererseits

745 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Dänemark, Norwegen; Länderbericht II Art. 6 § 4 Deutschland, Zypern; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 4 Finnland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Niederländische Antillen, Norwegen, Zypern; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; allerdings liegt darin eine Beschränkung des Streikrechts in dem Sinne, dass ein Streik nicht spontan und unvermittelt durchgeführt werden kann, siehe Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (217). 746 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Niederländische Antillen, Zypern; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Niederlande (Aruba); Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Albanien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Rumänien, Russland. 747 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Niederländische Antillen; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Schweden. 748 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Finnland; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland, Zypern. 749 Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Niederländische Antillen; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Niederländische Antillen. 750 Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Schweden; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Schweden; kritisch Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Schweden Dissenting Opinion Evju, Grillberger und Birk. 751 Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Schweden. 752 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Island, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Niederlande, Zypern; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Frankreich, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Rumänien, Russland; siehe auch Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Tschechien Dissenting Opinion Evju, Birk und Mikkola, die keinen Unterschied zwischen cooling-off-Perioden und der Ausschöpfung friedlicher Streitbeilegungsmethoden sehen. 753 Zulässige Zeiträume von bis zu 22 Tagen; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Finnland, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Schweden;

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

keine Pflicht zur tatsächlichen Lösung des Konflikts besteht 754. In anderen Stellungnahmen wurden Mediationspflichten kritisiert, da sie über ein bloßes c­ ooling off hinausgehen. 755 c) Abstimmung über den Streik Eine weitere Ausgestaltung des Streikrechts ist die Pflicht, das Ergreifen der Maßnahme von einer vorherigen Abstimmung der Arbeitnehmer abhängig zu machen: Eine solche Verpflichtung stellt eine zulässige Ausgestaltung dar, durch die der Streik eine hinreichende Unterstützung nach demokratischen Maßstäben erfährt. 756 Die Abstimmung ist kein Eingriff in das Streikrecht, denn sie verhindert nicht, dass die Arbeitnehmer ihren freien Willen ausdrücken und danach handeln können. 757 Mit der der Abstimmung immanenten zeitlichen Verzögerung 758 setzt sich das EKSR nicht auseinander. An Verfahren der Abstimmung, zu erfüllendes Quorum und erforderliche Mehrheit dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. 759 Alle Arbeitnehmer, die von dem der Kollektivmaßnahme zugrunde liegenden Konflikt betroffen sind, sollen an der Abstimmung teilnehmen dürfen. 760 Die Unterstützung durch mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer darf nicht notwendig sein, da die arbeitswillige Mehrheit nicht vor einer streikbereiten Minderheit geschützt werden muss. 761 Eine Verstoß durch Zeiträume von 30 oder mehr Tagen: Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien. 754 Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Albanien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Rumänien, Russland. 755 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien; siehe auch Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Tschechien Dissenting Opinion Evju, Birk und Mikkola. 756 Länderbericht II Art. 6 § 4 Zypern; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Irland, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Island, Zypern; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Georgien. 757 Länderbericht II Art. 6 § 4 Zypern. 758 Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (218). 759 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Armenien, Rumänien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Georgien. 760 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Slowakei, Tschechien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Slowakei. 761 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht

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solch hohe Zustimmung kann lediglich bei einem Quorum von 50 % oder weniger der betroffenen Arbeitnehmer gefordert werden. 762 Zustimmungserfordernisse von 2/3 oder höherer Anteile sind unabhängig von einem Quorum unangemessen. 763 Obwohl die Ankündigung der Abstimmung über eine Kollektivmaßnahme als letzte Warnung gegenüber der Arbeitgeberseite blockierte Kollektivverhandlungen positiv beeinflussen könnte, darf die Arbeitnehmerseite nicht zu einer solchen Anzeige verpflichtet werden. 764 Zum einen belastet dies die Vertraulichkeit der Gewerkschaftsmitgliedschaft und damit Art. 5 RESC, selbst wenn nicht die Namen der Abstimmungsberechtigten, sondern lediglich deren Anzahl, Kategorie und Tätigkeit übermittelt werden müssen. 765 Zum anderen können diese Informationen Teil der Streikankündigung sein. 766 Eine doppelte Verpflichtung der Gewerkschaft ist nicht gerechtfertigt. 767 Daher darf die Missachtung der zu umfangreichen Mitteilungspflicht nicht zur Untersagung des Streiks führen. 768 d) Ankündigung des beschlossenen Streiks Eine bloße Ausgestaltung liegt auch in der Pflicht, einen beschlossenen Streik rechtzeitig anzukündigen. Schließlich wird dadurch der Streik nicht verhindert, sondern allenfalls verzögert. 769 Dadurch können der Arbeitgeber sowie seine Kun-

2004 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Rumänien, Ungarn; anders Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Spanien und Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Tschechien. 762 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Bulgarien. 763 Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien mit Verweis auf ILO CEACR direct request 100th session; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Armenien mit Verweis auf ILO CEACR 100th session; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Armenien. 764 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 765 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 766 Siehe § 2 D. II. 6. d). 767 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 768 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 769 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen; vgl. Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (218 f.).

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

den Vorkehrungen für das Ausbleiben der Arbeitsleistung treffen. 770 Insbesondere in gesellschaftlich wichtigen Diensten müssen Wege zur Begrenzung oder Abmilderung der Streikfolgen erarbeitet werden können. 771 Die Ankündigungsfrist kann in unterschiedlichen Sektoren variieren. 772 Bei gesellschaftlich wichtigen Tätigkeiten hat das EKSR eine Frist von bis zu drei Monaten nicht verworfen. 773 In anderen Bereichen sind weitaus kürzere Fristen von bis zu 14 Tagen üblich und zulässig. 774 Die Frist kann bei Warn- oder Sympathiemaßnahmen kürzer ausfallen. 775 Zudem kann die Ankündigung auch friedliche Lösungen fördern. 776 Zulässiger Inhalt der Mitteilungspflicht sind Gründe und Ziele des Streiks, Beginn, Ort, Anzahl der Teilnehmer, Ansprechpartner für den Arbeitgeber, sowie geplante Maßnahmen zum Schutz des Betriebs und des Allgemeinwohls. 777 Eine bestimmte Streikdauer darf selbst in essentiellen öffentlichen Diensten nicht anzukündigen sein, insbesondere wenn der Streik durch eine Überschreitung der angekündigten Dauer rechtswidrig wird. 778

770

Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Estland. 771 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Frankreich; zu Mindestdiensten siehe § 2 D. II. 7. b). 772 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen, Spanien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Italien, Portugal, Spanien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Portugal. 773 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Italien (10 Tage); Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen (3 Monate), Spanien (10 Tage); Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Frankreich (5 Tage), Italien (10 Tage), Portugal (10 Tage); Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Slowenien (10 Tage); Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen (15 Tage); Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Portugal (10 Tage); Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Serbien (15 Tage). 774 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich (7 Tage); Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Island (7 Tage), Norwegen (14 Tage), Spanien (5 Tage); Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland (2 Wochen), Irland (1 Woche), Portugal (5 Tage), Schweden (7 Tage), Spanien (5 Tage); Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei (3 Tage); Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland (10 Tage); Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 4 Lettland (10 Tage); Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Lettland (7 Tage); Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Schweden (7 Werktage), Slowenien (5 Tage); Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien (7 Tage), Litauen (7 Tage); Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Estland (14 Tage), Portugal (5 Tage); Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Aserbaidschan (10 Tage). 775 Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Estland. 776 Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Frankreich. 777 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Frankreich, Spanien; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Nordmazedonien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Estland, Italien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Portugal. 778 Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Italien, Russland, Ukraine; Länder­ bericht 2016 Art. 6 § 4 Georgien.

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

161

Eine ordnungsgemäß erfolgte Ankündigung kann ein Streikverbot erschweren. 779 Ein ohne erforderliche Ankündigung durchgeführter Streik kann untersagt werden und Schadensersatzansprüche begründen 780 sowie Disziplinarmaßnahmen gegen die Teilnehmer ermöglichen 781, aber keine unangemessen hohe Geldstrafe für die Gewerkschaft nach sich ziehen 782. e) Pflichten bei Durchführung des Streiks Werden die Streikenden schließlich während der Kollektivmaßnahme zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, liegt darin in der Regel ebenfalls lediglich eine Ausgestaltung des Streikrechts. Es ist etwa eine Pflicht zur Durchführung von Verhandlungen während des Streiks zulässig, damit der dem Streik zugrunde liegende Konflikt gelöst werden kann. 783 Dafür kann die Errichtung eines Streikkomitees vorgeschrieben werden, das zudem für den Schutz Arbeitswilliger und den Schutz des Betriebs verantwortlich sein kann. 784 Bei der Durchführung des Streiks sind nämlich Rechte anderer, etwa die negative Vereinigungsfreiheit der Arbeitswilligen 785, zu wahren. 786 Einen angemessenen Ausgleich zwischen den Rechten, Freiheiten und Verantwortlichkeiten der Beteiligten kann ein Verbot gewalttätiger oder einschüchternder Streikposten schaffen. 787 Friedliche Versuche, von der Streikteilnahme zu überzeugen, dürfen möglich sein. 788 Daneben kann allgemein die Pflicht bestehen, Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen, nicht nur um Gefahren durch den Betrieb abzuwenden, sondern auch um hohe Schäden für ihn zu vermeiden und die Arbeit nach Ende des Streiks zügig wieder aufnehmen zu können. 789

779

Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Irland. Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal, Schweden. 781 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Frankreich. 782 Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Schweden; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Schweden; kritisch dazu Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Schweden Dissenting Opinion Evju, Grillberger und Birk, die darin lediglich eine Stärkung der mit Art. 6 § 4 RESC zu vereinbarenden Ankündigungspflicht sehen. 783 Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Rumänien. 784 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Aserbaidschan. 785 Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Belgien; Beschwerde 59/2009 Rn. 35; Beschwerde 85/2012 Rn. 119. 786 Beschwerde 59/2009 Rn. 34. 787 Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Belgien; Beschwerde 59/2009 Rn. 34 f. 788 Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien; Beschwerde 59/2009 Rn. 36. 789 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Portugal. 780

162

§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

7. Beschränkungen des Streikrechts Im Rahmen von Beschränkungen des Streikrechts hat das EKSR den allgemeinen Rahmen für deren Zulässigkeit sowie neben verschiedene Formen von Streikverboten die Pflicht zur Verrichtung von Notdiensten näher definiert. a) Rahmen für Beschränkungen aa) Zulässigkeit und Rechtfertigung von Beschränkungen des Streikrechts Zunächst stellt sich die Frage, in welchem Rahmen über bloße Ausgestaltungen hinausgehende Beschränkungen in das Streikrecht möglich sind. Gemäß Art. 6 § 4 Hs. 2 RESC können sie aufgrund eines Kollektivvertrags zulässig sein, andernfalls sind sie am Maßstab der Rechtfertigungsnorm Art. G RESC zu messen. 790 Keine dieser Einschränkungsmöglichkeiten darf das Streikrecht aushöhlen. 791 Nur in Extremfällen kann die Notstandsklausel des Art. F RESC Beschränkungen des Streikrechts legitimieren: In Krisenzeiten wie Krieg, gewaltsamer Bedrohung der demokratischen Verfassungsordnung oder der Grundrechte, Epide­m ien, Naturkatastrophen oder anderen Situationen, die das normale Leben behindern und die Sicherheit der Bevölkerung beeinträchtigen, sind weitergehende Einschränkungen zulässig. 792 Bereits Art. G RESC erlaubt allerdings das Verschieben eines Streik von Nothelfern bei akuten Krisen bis zur Wiederherstellung der normalen Umstände. 793 Die Spruchpraxis des EKSR befasst sich zum einen mit Ausschlüssen von Streiks und zum anderen mit der Verpflichtung zur Verrichtung von Mindestdiensten. bb) Besonderer Rechtfertigungsmaßstab bei Einschränkungen des Streikrechts in der Daseinsvorsorge Ein grundsätzlich gelockerter Rechtfertigungsmaßstab gilt bei Beschränkungen des Streikrechts in der Daseinsvorsorge. Gemeint sind damit in Anlehnung

790

Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Russland; Beschwerde 32/2005 Rn. 24; Beschwerde 85/2012 Rn. 118; kritisch Dorssemont, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 249 (276). 791 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Rumänien, ­Russland. 792 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Nordmaze­ donien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen. 793 Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland.

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

163

an Art. G RESC solche Dienste privater oder staatlicher Anbieter 794, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind, um Rechte und Freiheiten anderer, insbesondere Leib und Leben, persönliche Freiheit, Meinungsfreiheit oder soziale Sicherheit, sowie öffentliche Interessen wie die Umwelt, kulturelles und geschichtliches Erbe oder die nationale Sicherheit zu schützen. 795 Zur Daseinsvorsorge zählt das EKSR etwa medizinische Dienstleistungen, Versorgung mit Nahrungsmitteln, Wasser und Energie, Abfallentsorgung, Feuerwehr, Bergbau, soziale Dienste und Kinderbetreuung, Bildung, Telekommunikation, Information sowie Verkehr. 796 Das nationale Recht muss die in seinen Augen essentiellen Dienste nicht abschließend auflisten. 797 Entscheidend ist, wie sehr die Gesellschaft auf die jeweiligen Dienste angewiesen ist. 798 Legen die Beschäftigten in solchen Bereichen die Arbeit nieder, tritt ihr Streikrecht mit gewichtigen Interessen der Allgemeinheit in Konflikt. 799 Zudem kann auf solche Kämpfe kaum mit einer Aussperrung reagiert werden. 800 Daher sind weitgehende Beschränkungen des Streikrechts zulässig. 801 Dabei haben die Staaten einen Ermessensspielraum. 802

794

Vgl. Kahn-Freund, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 151 (159 f.), der diese Dienste unabhängig von der Rechtsnatur des Arbeitgebers dem öffentlichen Sektor zuordnet. 795 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien: Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Frankreich, Italien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Montenegro, Serbien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Serbien; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Zanetti Rn. 9. 796 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien, Ungarn; Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Litauen, Portugal; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Serbien; Beschwerde 32/2005 Rn. 26, 34. 797 Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal. 798 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien. 799 Beschwerde 59/2009 Rn. 34; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Zanetti Rn. 9, 12, der aufgrund einer gesteigerten Loyalitätspflicht und korrespondierender Vorteile im öffentlichen Dienst weitgehende Ausschlüsse des Streikrechts akzeptieren will; Franzen  / ​ Thüsing / ​Waldhoff, Arbeitskampf in der Daseinsvorsorge I, S. 75; Greiner, ZfA 2017, 451 (457 f.); Krück, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1283 (1283 f.). 800 Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Zanetti Rn. 12. 801 Länderbericht III Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland, Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien, Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Litauen, Moldau, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Malta, Moldau, Rumänien, Russland, Ukraine; Beschwerde 112/2014 Rn. 113. 802 Beschwerde 83/2012 Rn 202, 207.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

b) Ausschlüsse von Streiks Der weitreichendste Eingriff in das Streikrecht ist das Streikverbot. Dabei existieren verschiedene Abstufungen: begrenzte Verbote aufgrund einer Friedenspflicht, generelle Streikverboten für bestimmte Berufsgruppen und Untersagungen von Streiks aufgrund einer hoheitlichen Einzelfallprüfung. aa) Begrenzte Streikverbote durch eine Friedenspflicht Ein Streikverbot aufgrund einer Friedenspflicht liegt vor, wenn die Existenz eines gültigen Kollektivvertrags im privaten oder im öffentlichen Sektor Kollektivmaßahmen zeitlich begrenzt verbieten. 803 Dadurch wird gewährleistet, dass die durch die Einigung der Parteien geschaffene Harmonie nicht unterlaufen wird. 804 Nach Art. 6 § 4 Hs. 2 RESC muss eine solche Friedenspflicht dem ein­ vernehmlichen Parteiwillen entsprechen, entweder in Form einer expliziten Regelung im Vertrag oder durch die Anerkennung einer immanenten Pflicht aufgrund einer entsprechenden langjährigen Praxis oder einer übergeordneten Verein­ barung. 805 Sie muss darüber hinaus bestimmte Grenzen einhalten: Zum einen muss sie auf die vertragsschließenden Parteien beschränkt sein. 806 Zum anderen müssen sich zeitliche und inhaltliche Reichweite des Streikausschlusses am Kollektivvertrag orientieren. 807 Ein Basiskollektivvertrag darf dementsprechend weder eine Friedenspflicht für Zusatz-Kollektivverträge auslösen 808, noch sich auf vom Kollektivvertrag nicht erfasste Arbeitnehmer erstrecken 809. Kollektivmaßnahmen, die nicht 803

Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Norwegen; a. A. Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Zanetti Rn. 13, der Streiks außerhalb von Kollektivverträgen, also auch bei gesetzlich geregelten Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst, für illegal befindet. 804 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Spanien. 805 Länderbericht II Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Schweden; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen, Spanien, Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland, Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland, Malta, Norwegen; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland, Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen, Norwegen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Litauen, Moldau. 806 Länderbericht VII Art. 6 § 4 Schweden; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland, Spanien. 807 Länderbericht VII Art. 6 § 4 Schweden; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Niederlande, Norwegen, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Norwegen, Spanien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Niederlande, Spanien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Norwegen. 808 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Norwegen. 809 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Norwegen.

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

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auf die Änderung oder Ergänzung eines geschlossenen Kollektivvertrags abzielen, sondern etwa auf die Durchsetzung von Gehaltsansprüchen oder die Unterstützung eines fremden Konflikts, müssen weiterhin zulässig sein. 810 Der Streikausschluss kann durch friedliche Konfliktlösungsmechanismen im Sinne von Art. 6 § 3 RESC abgemildert werden. 811 bb) Grundsätzliche Streikverbote für bestimmte Berufsgruppen (1) Möglichkeit der Rechtfertigung genereller Streikverbote Generelle Streikverbote stellen den tiefsten Eingriff in das Streikrecht dar. Daher sind sie in den Augen des EKSR nur in engem Rahmen zulässig: Das Streikverbot eines jeden einzelnen Arbeitnehmers ist an Art. G RESC zu messen. 812 Ein absoluter Ausschluss des Streikrechts ist nur bei Tätigkeiten möglich, die aufgrund ihrer Natur und des Grads ihrer Verantwortung unmittelbar entweder mit der Ausübung von Hoheitsgewalt oder mit einem der Schutzgüter von Art. G RESC verknüpft sind. 813 Bei der Notwendigkeit dieses Eingriffs wird im Einzelfall überprüft, ob nicht eine Begrenzung des Verbots auf bestimmte Aufgabenbereiche oder die Verpflichtung zu Notdiensten als mildere Mittel ausreichend wären. 814 Eine weit formulierte Eingriffsgrundlage muss in der Praxis eng verstanden werden. 815

810

Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Norwegen. 811 Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen, Norwegen. 812 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark. 813 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland; Länderbericht III Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht V Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Tschechien; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Estland, Malta, Moldau, Rumänien, Russland, Ukraine; Beschwerde 32/2005 Rn. 45; Beschwerde 83/2012 Rn. 204; Beschwerde 112/2014 Rn. 113; der von Kovács, CLLPJ 2005, 445 (463 f.), behauptete subtile Wechsel der Spruchpraxis lässt sich weder eindeutig nachweisen noch verwerfen. 814 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Litauen, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Moldau, Montenegro, Russland, Serbien, Slowakei, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Armenien, Georgien, Italien, Moldau, Portugal; Beschwerde 83/2012 Dissenting Opinion Schlachter, Nyström und Wujczyk; Beschwerde 116/2015 Rn. 114; zu Mindestdiensten siehe § 2 D. II. 7. c). 815 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Beschwerde 116/2015 Rn. 114.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Könnte ein Ausschluss des Streikrechts gerechtfertigt werden, sind mildere Beschränkungen in jedem Fall zulässig. 816 (2) Vom EKSR untersuchte Streikverbote bestimmter Berufsgruppen Auf dieser Grundlage setzte sich das EKSR mit der Rechtfertigung von Streikverboten einerseits bei Ausübung von Hoheitsgewalt und andererseits in der Daseinsvorsorge auseinander. (a) Ausschluss des Streikrechts bei Ausübung von Hoheitsgewalt Die Ausübung von Hoheitsgewalt und damit die Möglichkeit einer weitreichenden Einschränkung des Streikrechts bis hin zu dessen vollständigem Ausschluss wurde vom EKSR angenommen für Polizisten, Soldaten, Richter, Justizvollzugsbeamte, Feuerwehrleute, Gefängniswärter, Botschafter, hochrangige Beamte, die den Staat repräsentieren, sowie für andere Berufsgruppen, die der nationalen Verteidigung, dem Schutz gegen Naturkatastrophen, dem reibungslosen Ablauf von Wahlen und Volksabstimmungen sowie der Umsetzung wichtiger Entscheidungen der Regierung und des Parlaments dienen. 817 Auch ein Streikverbot für Militär­ angehörige ist angesichts ihrer speziellen Aufgaben, der besonderen Umstände und der möglichen Gefährdung der nationalen Sicherheit durch einen Streik in Übereinstimmung mit der Rechtslage in den meisten Staaten zulässig. 818 Genauer zu 816 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Malta. 817 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Dänemark, Irland, Norwegen; Länderbericht II Art. 6 § 4 Zypern; Länderbericht III Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht V Art. 6 § 4 Dänemark, Frankreich, Irland; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Belgien, Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland, Finnland, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Schweden, Spanien; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland, Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien, Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Deutschland, Tschechien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien, Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Estland, Malta, Rumänien, Russland, Ukraine, Ungarn; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Estland; Beschwerde 83/2012 Rn. 202, 204; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Zanetti Rn. 14. 818 Beschwerde 112/2014 Rn. 117: Streikverbot außer in Österreich und Schweden.

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

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begründen ist das Verbot dann, wenn der Militärstatus Berufsgruppen zukommt, bei denen sich diese Zuordnung nicht aufdrängt. 819 Bei den Einschränkungen des Streikrechts der Polizei hat das EKSR hingegen stark divergierende Regelungen in den einzelnen Staaten festgestellt. 820 Daher wird den Staaten bei der Ausgestaltung des Streikrechts der Polizei ein Spielraum belassen. 821 Für einen vollständigen Ausschluss ist aber nach jüngeren Stellungnahmen der Nachweis zwingender Gründe notwendig. 822 Andernfalls sollen lediglich Art und Weise der Kollektivmaßnahme eingeschränkt werden. 823 Darüber hinaus öffentlich Bediensteten ohne Hoheitsrechte, etwa Post- und Bahnmitarbeitern sowie Hausmeistern, Köchen, Telefonisten und andere zivilen Angestellten eines Hoheitsträgers pauschal das Streikrecht zu versagen, ist weder notwendig noch verhältnismäßig. 824 Da der Beamtenstatus in Deutschland nicht allein von der übernommenen Tätigkeit abhängt, wird der grundsätzliche Ausschluss des Streikrechts für Statusbeamte seit dem ersten Überwachungszyklus kritisiert. 825 Auch wenn viele Beamte zweifellos Tätigkeiten verrichten, deren Na 819

Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Malta für Fluglotsen. Beschwerde 83/2012 Rn. 203 mit Verweis auf Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen und Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Kroatien; Beschwerde 112/2014 Rn. 114. 821 Beschwerde 83/2012 Rn. 207. 822 Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Malta, Ungarn; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Armenien, Lettland, Malta; Beschwerde 83/2012 Rn. 209 ff.; Beschwerde 112/2014 Rn. 114. 823 Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Armenien, Lettland, Malta; Beschwerde 83/2012 Rn. 209; Beschwerde 112/2014 Rn. 114. 824 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland; Länderbericht II Art. 6 § 4 Deutschland, Irland, Zypern; Länderbericht III Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht V Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht VII Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland, Irland; Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länder­bericht XII-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Island; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland, Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland, Tschechien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien, Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Bulgarien, Estland, Moldau, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Albanien, Aserbaidschan, Bulgarien, Estland, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Estland, Malta, Moldau, Russland, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Moldau; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Estland, Ukraine; Beschwerde 32/2005 Rn. 46; Beschwerde 83/2012 Rn. 202. 825 Länderbericht I Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht III Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht V Art. 6 § 4 Deutschland; erst in Länderbericht VII Art. 6 § 4 Deutschland entschied sich das EKSR, eine einseitige Erklärung der deutschen Regierung bei Unterzeichnung der Charta als eine Art Vorbehalt zu sehen, sodass seither die Problematik nicht mehr behandelt wird; dazu Däubler, Der Streik im öffentlichen 820

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

tur einen Ausschluss des Streikrechts rechtfertigen kann, trifft dies auf einige von ihnen nicht zu, vor allem wenn ihre Aufgaben wie etwa bei Lehrkräften ebenso von Angestellten übernommen werden. 826 (b) Ausschluss des Streikrechts in der Daseinsvorsorge Bei Tätigkeiten im Rahmen der Daseinsvorsorge, die unmittelbar mit einem Schutzgut von Art. G RESC verknüpft sind, verfolgt ein Streikverbot als legitimen Zweck den Schutz eben dieser Güter. 827 Der pauschale Ausschluss des Streikrechts aller Arbeitnehmer in der Daseinsvorsorge unabhängig vom konkreten Aufgabenfeld ist allerdings nicht notwendig 828, insbesondere wenn die betroffenen Sektoren sehr allgemein gefasst sind 829. Stets gerechtfertigt ist ein Ausschluss des Streikrechts lediglich in der medizinischen Notfallversorgung. 830 Eine genauere Begründung eines Verbots ist bei Postdienstleistungen, Schienenverkehr, Luftfahrsicherheit, non-Profit-Organisationen, Kernenergie, Strom- und Gasversorgung sowie Heizung vorzubringen. 831 Dienst, S. 182 ff.; Miehsler, in: ders. (Hrsg.), FS Verdross, S. 547 (549 ff.). Seit dem Zyklus XV-1 wird dieser Verstoß wieder hervorgehoben, siehe zuletzt Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Deutschland. 826 Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland. 827 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Litauen, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Estland, Moldau, Montenegro, Russland, Serbien, Slowakei, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Armenien, Georgien, Italien, Moldau, Portugal; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Russland, Ukraine; Beschwerde 32/2005 Rn. 26; siehe auch Beschwerde 116/2015 Rn. 114. 828 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Slowakei, Tschechien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Litauen, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Moldau, Montenegro, Russland, Serbien, Slowakei, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Armenien, Georgien, Italien, Moldau, Portugal; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Russland, Ukraine; Beschwerde 32/2005 Rn. 27 f. 829 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Litauen, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Aserbaidschan, Moldau, Montenegro, Russland, Serbien, Slowakei, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Armenien, Georgien, Italien, Moldau, Portugal; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Montenegro, Russland, Serbien, Ukraine. 830 Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Litauen, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Litauen; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Norwegen. 831 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Irland; Länderbericht II Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Deutschland;

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cc) Staatliche Untersagung von Streiks im Einzelfall (1) Rechtsgrundlage für die Untersagung von Streiks Etwas weniger weit reichen Verbote, die nicht generell aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe ausgesprochen werden, sondern nach einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls. Die Untersagung eines begonnenen oder zumindest konkret drohenden Streiks durch eine hoheitliche Einzelfallmaßnahme, etwa die Anordnung einer Zwangsschlichtung oder die Verlängerung eines abgelaufenen Kollektivvertrags, stellt allerdings gleichfalls einen tiefen Eingriff in die Rechte der Arbeitnehmer dar. 832 An die Rechtmäßigkeit solcher Verfügungen sind dementsprechend hohe Anforderungen zu stellen. 833 Die Voraussetzungen für das Verbot müssen hinreichend deutlich im nationalen Recht verankert sein. 834 Bei einer Ausgestaltung durch Richterrecht soll eine einheitliche, durch eine übergeordnete Revisionsinstanz abgesicherte Rechtsprechung die notwendige Rechts­ sicherheit gewährleisten. 835 Die Rechtswidrigkeit eines Streiks darf nicht grundsätzlich vermutet werden, sodass erst ein Gericht die Rechtmäßigkeit eines jeden Streiks prüfen und positiv feststellen muss. 836 Es ist im Gegenteil von der Zulässigkeit des Streiks auszugehen, die durch konkrete Tatsachen erschüttert werden kann. Eine lediglich nachträg­ liche Kontrolle von Verboten, die im Eilverfahren ohne die Beteiligung der Arbeitnehmerseite ergriffen wurden, ist mangels fairen Verfahrens und Notwendigkeit ebenfalls unzulässig. 837 Ein Verstoß gegen die Anordnung, den Streik auszusetzen, darf nicht zu unverhältnismäßig hohen Strafen führen. 838

Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Deutschland, Slowakei; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Armenien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Armenien, Moldau, Slowakei, Ukraine; Beschwerde 32/2005 Rn. 28. 832 Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Dänemark mit Verweis auf ILO CFoA Case 1338; Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Zypern; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Norwegen; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Island, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Island, Norwegen; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Portugal, Spanien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Norwegen, Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Norwegen. 833 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich 834 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Niederlande (Aruba); Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Niederlande. 835 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Deutschland. 836 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien. 837 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Belgien; Beschwerde 59/2009 Rn. 44 f. 838 Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Schweden; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Schweden; rela­ tiviert in Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Schweden aufgrund des umfangreichen Vermögens der Gewerkschaften.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

(2) Inhaltliche Anforderungen an die Untersagung einzelner Streiks (a) Durch das Streikverbot geschützte Rechtsgüter Damit das Streikverbot gerechtfertigt sein kann, muss es dem Schutz eines wichtigen Rechtsguts dienen. Anhaltspunkte für Rechtsgüter, deren Gefährdung ein Streikverbot rechtfertigen kann, finden sich in Art. G RESC. In Ausnahme­ fällen kann es durch ernsthafte Gefahren für die nationale Wirtschaft 839, den Arbeitgeber 840 oder Leben und Gesundheit 841 begründet werden. Keine vom EKSR anerkannten Schutzzwecke sind Tierschutz 842, schulische Abschlussprüfungen 843, die zivile Luftfahrt 844, Schutzimpfungen für Kinder und Reisende sowie Medikamentenausgabe außerhalb von Lebensgefahren 845 sowie der allgemeine Schutz humanitärer Interessen 846. (b) Notwendigkeit des Streikverbots Darüber hinaus müssen Streikverbote im Einzelfall notwendig sein, um gerechtfertigt werden zu können. Die Notwendigkeit des einzelnen Verbots richtet sich vorrangig nach der Verhältnismäßigkeit von Streikziel und Streikfolgen. 847 Die Einhaltung des den Staaten zugestandenen Beurteilungsspielraums 848 ist durch das EKSR überprüfbar 849. Allerdings können bloße Unannehmlichkeiten durch den Streik keinen derart tiefgreifenden Eingriff rechtfertigen. 850 Vielmehr muss begründet werden, warum ein Schutzgut durch den Arbeitskampf übermäßig bedroht ist. 851 Dafür müssen die Folgen des Streiks hinreichend konkret absehbar sein. 852 839

Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Island mit Verweis auf ILO CFoA Case 1768, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Norwegen; Gegenbeispiele: Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Island, Spanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Norwegen. 840 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Niederlande. 841 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen. 842 Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Norwegen. 843 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen. 844 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen. 845 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen. 846 Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Rumänien. 847 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Niederlande. 848 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Island. 849 Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Norwegen. 850 Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 851 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Spanien; Beispiele für gelungene Rechtfertigungen: Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Island, Norwegen; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Norwegen; Beispiele für nicht gelungene Rechtfertigungen: Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Norwegen. 852 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Norwegen.

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Jede vom Verbot betroffene Berufsgruppe muss gesondert beurteilt werden. 853 Ausschlaggebend für die Rechtfertigung sind: Auswirkungen des Streiks, vor allem auf besonders schutzwürdige Personengruppen wie alte oder kranke Menschen sowie Personen mit Behinderung; Dauer, Art und Umfang des Streiks; Anteil der Streikenden an den insgesamt in dieser Branche Beschäftigten; Fairness der Kampfführung einschließlich der Erbringung notwendiger Dienste; Stillstand der Kollektivverhandlungen; nationale Ausnahmezustände. 854 Zu prüfen ist auch, ob der Eingriff in das Streikrecht weniger weitreichend hätte gestaltet werden können. 855 Gegenüber einer Untersagung des Streiks wären ein zeitliches Verschieben oder das Anordnen von Mindestdiensten eine mildere Maßnahme. 856 Eine Verlängerung eines ausgelaufenen Kollektivvertrags muss auf das notwendige Minimum beschränkt sein. 857 Eine Abmilderung der Streikfolgen durch den Einsatz nicht zum Streik Berechtigter ohne formell den Streik zu beenden, nähme mittelbar das Druckpotential, sodass dies nur dann zulässig sein dürfte, wenn notwendige Mindestdienste nicht erfüllt werden. 858 Ein allgemeiner Verhältnismäßigkeitsmaßstab im nationalen Recht muss in einer Art und Weise angewendet werden, die den Anforderungen von Art. G RESC gerecht wird. 859 In jedem Fall ist es allein Sache der Arbeitnehmerseite, über das Ergreifen des Streiks als solches sowie die Forderungen, den diese Maßnahme Nachdruck verleihen soll, zu entscheiden. 860 Der Staat darf insbesondere nicht beurteilen, ob ein Streik vorzeitig ergriffen wurde. 861 Darüber hinaus darf nicht jeder Dritte aufgrund bloß behaupteter Nachteile eine Untersagung des Streiks 853 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen: Notwendigkeit angenommen für Gesundheitssektor und Fluglotsen, abgelehnt hingegen für Lehrer, Anwälte, Bibliothekare, Priester. 854 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Niederländische Antillen, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Niederlande, Norwegen; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Norwegen, Portugal; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Niederlande (Aruba); Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Niederlande, Norwegen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Niederlande; anders Kovács, CLLPJ 2005, 445 (466). 855 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 856 Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Russland, Ukraine. 857 Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Island. 858 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Spanien; in Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Slowenien sowie Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien wurde die Möglichkeit einer Bestrafung des Arbeitgebers für den Einsatz nichtstreikender Arbeitnehmer auf bestreikten Arbeitsplätzen nicht kritisiert. 859 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Belgien, Deutschland, Niederlande, Portugal; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Niederlande; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Niederlande; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Niederlande. 860 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Belgien, Deutschland, Niederlande; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Belgien, Niederlande; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Niederlande. 861 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Niederlande.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

erwirken können. 862 Für solche Verfahren lediglich keine Prozesskostenhilfe zu gewähren, schützt das Streikrecht nicht hinreichend. 863 (3) Kasuistik des EKSR Anhand dieser Maßstäbe hat das EKSR eine vielfältige Kasuistik erarbeitet. Dabei überprüft es, ob die abstrakte Ermächtigungsgrundlage sowie deren An­ wendung im Einzelfall innerhalb des staatlichen Ermessensspielraums liegen oder ob die Substanz des Streikrechts beeinträchtigt wird. 864 Überschießende Einzelfälle belegen, dass die Ermächtigungsgrundlage zu weit gefasst ist. 865 Ausgenommen von der Prüfung im Berichtsverfahren werden Verbote in der Daseinsvorsorge, wenn der jeweilige Staat das Beschwerdeverfahren akzeptiert hat. 866 In folgenden Fällen hat das EKSR eine Untersagung des Streiks akzeptiert: – Streik im Gesundheitssektor, allerdings ohne nähere Begründung 867; – akute Risiken durch den Ausfall wichtiger Operationen wegen des Streiks von Anästhesisten, Chirurgen, Intensivpflegekräften und leitendem Pflegepersonal 868; – Unterbrechung medizinischer Notfallrufnummern 869; – unterbliebene Wartungsarbeiten und Ausfälle von Fahrstühlen im öffentlichen Raum aufgrund eines fünfmonatigen Konflikts in der Elektrobranche 870;

862

Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 863 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 864 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Island, Niederlande, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Island, Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Belgien, Niederlande; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Belgien, Deutschland, Niederlande, Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Belgien, Niederlande, Spanien, Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Deutschland, Spanien; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Island, Spanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Niederlande, Norwegen, Rumänien, Russland; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Norwegen; Beschwerde 59/2009 Rn. 37. 865 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Spanien. 866 Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Norwegen. 867 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen. 868 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen. 869 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen. 870 Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Norwegen.

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– ernsthafte Folgen für die nationale Wirtschaft durch zweimonatigen Streik der Besatzung von Fischerbooten; die Verlängerung des ausgelaufenen Kollektivvertrags für zwei Jahre war angesichts der ausführlichen vorangehenden Verhandlungen über 13 Monate ausnahmsweise gerechtfertigt 871; – folgenschwerer Streik der privaten Sicherheitsdienste für Geldtransporte, Mautstellen, Alarmzentralen, Baustellen und Kommunikation 872. Die Beendigung folgender Streiks war hingegen nicht zu rechtfertigen: – Arbeitsniederlegung in der Öl- und Gasbranche, die das Vertrauen der ausländischen Abnehmer in die Zuverlässigkeit als Energielieferanten beeinträchtigen und damit der nationalen Wirtschaft schaden könnte 873; – Abbruch eines Streiks von Flugzeugmechanikern nach 16 Stunden, um Schäden von der gesamten Wirtschaft, die vom Tourismus und damit vom Luftverkehr abhängt, abzuwenden 874; – sechswöchiger Streik in der Fischerei, einem der wichtigsten Tätigkeitsfelder der nationalen Wirtschaft 875; – elftägiger Streik im Bankensektor mit Folgeproblemen für Kunden, Sozialhilfeempfänger, Handel und Wirtschaft 876; – Untersagung einer Arbeitsniederlegung von Polizisten, weil trotz Mindestdiensten Strafverfahren und Immigrationsfälle ins Stocken gerieten 877; – Beendigung eines Streiks des Krankenhauspersonals, weil Operationstermine verlegt wurden, während Notfällen unmittelbar versorgt wurden 878; – Streik von Tierärzten, selbst wenn neben der Tiergesundheit auch Menschen gefährdet sein könnten 879; – Abwendung möglicher Schäden für die gesamte Wirtschaft und Beschränkung der Rechte der Bürger durch auf unbestimmte Dauer angekündigter Streik im öffentlichen Personennahverkehr in Madrid 880; – 33-tägiger Streik im Krankentransport 881;

871

Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Island. Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Norwegen. 873 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Norwegen. 874 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island. 875 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Island. 876 Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Norwegen. 877 Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Norwegen. 878 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Norwegen. 879 Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Norwegen. 880 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Spanien. 881 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Spanien. 872

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

– Verbot eines Streiks von Flugbegleitern, ohne vorher die Anordnung von Mindestdiensten in Betracht gezogen zu haben 882; – Untersagung von Streiks, die erst 24 oder 36 Stunden andauern 883; – Anwendung der linkage rule 884; – Gefährdung der Versorgung von Inselbewohnern aufgrund einer fünfwöchigen Einschränkung des Fährbetriebs zum Festland, weil nicht nachgewiesen war, dass essentielle Bedürfnisse nicht befriedigt wurden 885; – Einschränkung von Tourismus und Fischereiwirtschaft durch Arbeitsniederlegung von Piloten und Fluglotsen 886; – Arbeitsniederlegung von Krankenschwestern ohne Darlegung ernsthafter Folgen für die Gesundheit von Menschen 887. c) Beschränkung des Streikrechts durch Notdienste Ist einerseits ein völliges Ausbleiben einer Tätigkeit für die Gesellschaft nicht tragbar, andererseits ein Streikverbot nicht zu rechtfertigen, können Streikteilnehmer zur Verrichtung notwendiger Tätigkeiten während der Kollektivmaßnahme verpflichtet werden. 888 Die beschränkt nicht nur deren Streikrecht, sondern ist als mögliche Zwangsarbeit zusätzlich aus der Perspektive von Art. 1 § 2 RESC zu bewerten, der das Recht des Arbeitnehmers beinhaltet, den Lebensunterhalt durch eine frei übernommene Tätigkeit zu verdienen. 889 Damit diese Rechte nicht zu stark verkürzt werden, finden sich in der Spruchpraxis des EKSR Vorgaben zu 882 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Ukraine mit Verweis auf EGMR vom 2.10.2017  – Rs. 48408/12 – Veniamin Tymoshenko u. a. 883 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen. 884 Vgl. § 2 C. III. 2. b) aa). 885 Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Island. 886 Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Island. 887 Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Island. 888 Länderbericht VI Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Italien, Zypern; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Bulgarien, Portugal; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Estland, Portugal, Russland, Serbien, Slowakei; Beschwerde 32/2005 Rn. 34. 889 Länderbericht XIII-3 Art. 1 § 2 Zypern; Länderbericht XIII-4 Art. 1 § 2 Belgien; Länderbericht XIV-1 Art. 1 § 2 Zypern; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Zypern; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Portugal, Zypern; Länderbericht XIII-4 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Belgien, Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal, Zypern; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Zypern; siehe auch Beschwerde 116/2015 Rn. 114.

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

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den Voraussetzungen und dem Verfahren zur Errichtung von Notdiensten sowie zu deren Umfang. aa) Voraussetzungen für die Errichtung von Notdiensten Das EKSR überprüft neben dem abstrakten rechtlichen Rahmen für solche Notdienste die Anwendung im Einzelfall. 890 Eine zu weit reichende Ermächtigungsgrundlage verstößt selbst bei faktischer Nichtanwendung gegen Art. 6 § 4 RESC. 891 Ausschlaggebend für die Rechtfertigung konkret angeordneter Arbeitspflichten sind Umfang und Dauer des (drohenden) Streiks, betroffene Tätigkeit, Folgen des Streiks sowie Anzahl der verpflichteten Arbeitnehmer. 892 Entscheidend ist, in welchem Umfang die Arbeitsniederlegung ein Schutzgut des Art. G RESC schädigen könnte, und ob daher die Einschränkung des Streikrechts verhältnismäßig ist. 893 Dabei ist auch relevant, ob die Arbeitsniederlegung Auswirkungen auf besonders schutzwürdige Gruppen wie etwa Minderjährige oder Personen in Untersuchungshaft hat. 894 Bloße Unannehmlichkeiten aufgrund des Streiks rechtfertigen Pflichtdienste nicht. 895 bb) Am Errichtungsverfahren Beteiligte Das Verfahren zur Errichtung der Notdienste muss Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite gleichermaßen involvieren. 896 Dies gilt sowohl für Natur und Umfang 897 der Dienste als auch für die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer 898. Ob ein bestimmter Arbeitnehmer zur Arbeitsverrichtung verpflichtet wird, soll 890

Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Portugal, Spanien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Italien, Portugal. 891 Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Zypern; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Zypern; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Moldau mit Verweis auf ILO CEACR direct request 100th session; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Armenien, Bosnien und Herzegowina; anders wohl noch Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal. 892 Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Slowenien. 893 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Estland. 894 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal. 895 Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Norwegen. 896 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Portugal, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien, Ungarn; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Nordmazedonien, Serbien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Portugal; Länder­ bericht 2018 Art. 6 § 4 Montenegro, Serbien. 897 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Estland, Russland, Serbien. 898 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

von seinem Aufgabenbereich abhängen, nicht von seinem Dienstgrad. 899 Daneben kann eine unabhängige Kommission am Errichtungsverfahren mitwirken. 900 Im Streitfall können die Regierung, der zuständige Minister, ein Schiedsgericht oder eine Schlichtungsstelle die Notdienste festlegen. 901 Gegen solche auferlegten Notdienstpläne müssen Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen. 902 cc) Umfang der Notdienste Durch die Notdienste muss nicht der Normalzustand aufrechterhalten werden. 903 Vielmehr muss der Streik noch spürbar Druck auf den Arbeitgeber aufbauen können, ohne dass der für die Gemeinschaft entstehende Schaden ein zusätzlicher Faktor wäre. 904 Absolute Aussagen über das zu erbringende Minimum von Arbeitsleistung können aus den Einzelfallentscheidungen des EKSR nicht abgeleitet werden; 1/3 bis 1/2 des üblichen Arbeitsumfangs erbringen zu müssen scheint ein akzeptables Maß zu sein. 905 dd) Folgen der Nichterbringung von Notdiensten Entgegen einer entsprechenden Verpflichtung nicht durchgeführte Dienste können zu Geldbußen sowie Disziplinarmaßnahmen führen. 906 Zudem kann in diesen Fällen die Streikteilnahme als unentschuldigte Abwesenheit zu einer Kündigung beitragen. 907 Sanktionen gegen die Gewerkschaft, etwa die Weiterleitung der Mitgliedsbeiträge eines Monats an eine soziale Stelle oder der temporäre Ausschluss von Beratungen, sind ebenfalls zulässig. 908 899

Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Frankreich Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Italien. 901 Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Italien, Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Frankreich, Portugal, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Portugal. 902 Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Spanien. 903 Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XVIII-2 Art. 6 § 4 Lettland. 904 Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Spanien. 905 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Rumänien. 906 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Portugal, Tschechien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Italien. 907 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Portugal. 908 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Italien. 900

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

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8. Folgen der Streikteilnahme a) Folgen der Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik Damit den Arbeitnehmern eine Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik möglich ist, dürfen daran keine nachteiligen Folgen geknüpft sein. Das EKSR hat sich in diesem Rahmen mit den Auswirkungen der Streikteilnahme auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses einschließlich eines besonderen Kündigungsverbots, dem Entgeltanspruch des Arbeitnehmers sowie einer möglichen straf- oder zivilrechtlichen Verantwortlichkeit der Streikenden befasst. aa) Auswirkung der Streikteilnahme auf das Arbeitsverhältnis (1) Fortbestand des Arbeitsverhältnisses Die Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik verletzt keine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis und drückt nicht den Willen des Arbeitnehmers aus, das Arbeitsverhältnis zu beenden. 909 Eine bloße Suspendierung der Arbeitsverträge der streikenden Arbeitnehmer, sodass sie nach Beendigung des Streiks unter Beibehaltung aller vorher erworbenen Rechte an ihre Arbeitsplätze zurückkehren können, soll demnach der Regelfall sein. 910 Diese Suspendierung muss sich nicht auf Sozialversicherung, Unfallversicherung und Rentenansprüche auswirken. 911 Die automatische Beendigung eines Arbeitsvertrags durch die Streikteilnahme ist grundsätzlich unzulässig 912, wird aber vom EKSR nicht abstrakt, sondern anhand der tatsächlichen Konsequenzen beurteilt: Wenn in der Praxis alle strei 909 Länderbericht V Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Belgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Rumänien, Serbien, Ukraine. 910 Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Schweden; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Spanien, Zypern. Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Island, Norwegen, Portugal, Schweden, Zypern; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Rumänien, Serbien, Ukraine. 911 Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen. 912 Länderbericht I Art. 6 Statement of Interpretation; Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht II Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht V Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

kenden Arbeitnehmer wieder eingestellt werden und keine erworbenen Rechte einbüßen, ist die formelle Beendigung kein Verstoß gegen die RESC. 913 Diese Wiedereinstellung muss aber im nationalen Recht deutlich werden. 914 Möglich ist dies etwa durch die Gewährung eines Wiedereinstellungsanspruchs in allen streikbeendenden Kollektivverträgen 915 oder durch eine anderweitig dem entsprechende Praxis und Rechtsprechung 916. Der Staat muss nachweisen, dass seit einem längeren Zeitraum keine Fälle selektiver oder absoluter Nicht-Wiedereinstellung vorliegen. 917 (2) Verbot von Kündigungen wegen Streikteilnahme (a) Notwendigkeit eines Kündigungsverbots Wenn die Streikteilnahme als solche das Arbeitsverhältnis nicht automatisch beendet, kann sie darüber hinaus zu keinem Zeitpunkt die Kündigung einzelner Arbeitnehmer oder Massenentlassungen rechtfertigen. 918 Dies entspricht dem Geist von Art. 6 § 4 RESC. 919 Zwar hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, die bestreikten Arbeitsplätze nicht dauerhaft offen zu halten, sondern durch die 913

Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht II Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht V Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Belgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Serbien. 914 Länderbericht III Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht V Art. 6 § 4 Irland. 915 Noch offen: Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dänemark und Länderbericht V Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht VII Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 916 Länderbericht V Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Belgien. 917 Länderbericht VI Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 918 Länderbericht VII Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Island, Niederländische Antillen; Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Irland, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Irland, Niederländische Antillen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Irland, Schweden, Spanien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Irland, Tschechien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Belgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Armenien, Irland, Serbien, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Armenien. 919 Länderbericht VII Art. 6 § 4 Irland.

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

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Entlassung die Möglichkeit einer Neubesetzung zu schaffen. 920 Der potentielle Verlust der wirtschaftlichen Lebensgrundlage könnte aber Arbeitnehmer von der Ausübung des Streikrechts abhalten, weshalb die Interessen des Arbeitgebers zurücktreten müssen. 921 Bereits die bloße Möglichkeit einer Kündigung sowie eine entsprechende Androhung beeinflussen die Streikausübung unzulässig. 922 Es reicht nicht aus, lediglich willkürliche oder diskriminierende Kündigungen zu verbieten. 923 Darüber hinaus können weitere Repressalien und Diskriminierungen ebenfalls explizit verboten werden. 924 Kündigungen aus anderen Gründen, etwa wegen schweren Fehlverhaltens während der Streikteilnahme, können rechtmäßig sein. 925 (b) Persönlicher und zeitlicher Umfang des Kündigungsverbots Das Kündigungsverbot erfasst alle Arbeitnehmer unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit, selbst wenn die Sozialpartner den fehlenden Schutz der wenigen Nicht- oder Andersorganisierten nie kritisiert haben. 926 Der Schutz darf zeitlich nicht begrenzt werden. 927 Andernfalls würde Druck aufgebaut, den Konflikt innerhalb dieses Zeitraums zu lösen, was die freie Durchführung der Kollektivmaßnahme behindert. 928 920

Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 921 Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 922 Länderbericht IX-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Irland. 923 Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Irland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Irland. 924 Länderbericht IV Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Niederländische Antillen; Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien. 925 Länderbericht V Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Norwegen, Spanien. 926 Länderbericht IX-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark, Island; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Armenien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien. 927 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 928 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich mit Verweis auf ILO 101st session, Convention 87.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

(c) Folgen einer dennoch erfolgten Kündigung Ein wegen eines Streiks unrechtmäßig entlassener Arbeitnehmer muss eine finanzielle Entschädigung erhalten sowie entweder wieder eingestellt werden oder einen zusätzlichen monetären Ersatz für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalten. 929 Eine Kompensation von bis zu 24 Monatsgehältern, abhängig von Dauer des Arbeitsverhältnisses, Höhe des Verdienstausfalls, voraussichtlicher Dauer der Arbeitslosigkeit, Alter des Arbeitnehmers und weiteren Umständen wurde nicht beanstandet. 930 Auch eine Bestrafung des Arbeitgebers für den Ausspruch einer solchen Kündigung ist möglich. 931 Im Ergebnis muss eine in Verbindung mit einem Streik ausgesprochene Kündigung für den Arbeitgeber abschreckende Folgen haben. 932 (3) Kürzung des Entgelts und anderer Ansprüche Auch wenn es sich als negative Folge der Streikteilnahme für die Arbeitnehmer darstellt, darf das Entgelt proportional zur Dauer der Streikteilnahme gekürzt werden. 933 Eine Pfändungsgrenze kann die Abzüge beschränken. 934 Die Einbußen können die Streikenden durch eine Streikkasse kompensieren. 935 Für jeden angefangenen Streiktag 1/30 des Monatsgehalts einzubehalten bedeutet gerade bei Streiks mit einer Dauer von wenigen Stunden einen hohen und möglicherweise abschreckenden finanziellen Druck für die Arbeitnehmer 936, der weder aufgrund der 929

Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Portugal, Zypern; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Slowenien. 930 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland. 931 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Portugal, Zypern; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Malta. 932 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Slowenien. 933 Länderbericht IX-2 Art. 6 § 4 Frankreich (noch offen gelassen); Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Dänemark, Italien, Malta, Niederlande, Norwegen, Schweden, Spanien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Frankreich, Niederlande, Niederländische Antillen, Spanien, Vereinigtes Königreich, Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland, Island, Niederlande, Portugal, Spanien; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Moldau, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Frankreich, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Armenien, Montenegro, Russland, Serbien; Beschwerde 9/2000 Rn. 49; Beschwerde 16/2003 Rn. 63; vgl. Länderbericht XIII-1 Statement of Interpretation. 934 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Norwegen. 935 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Ukraine. 936 Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Frankreich; Länder­bericht

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

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besonderen Beeinträchtigungen durch viele kurzzeitige Streiks 937 noch durch das Vorliegen einer gesetzlichen Berechnungsvorschrift 938 gerechtfertigt werden kann. Darüber hinaus ist die Kürzung von Urlaub und anderen Ansprüchen möglich. 939 bb) Straf- und zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Streikenden Weil es andernfalls einem Streikverbot gleichkäme, darf die Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik nicht zu einer Strafbarkeit wegen Ungehorsams oder der Vernachlässigung von Pflichten führen. 940 Eine zivilrechtliche Haftung muss ebenfalls ausgeschlossen sein. 941 Die bloße Existenz anderslautender Vorschriften verletzt Art. 6 § 4 RESC unabhängig von einer Anwendung im Einzelfall. 942 Lediglich Pflichtverletzungen während der Kollektivmaßnahmen dürfen zu Schadensersatzansprüchen führen. 943 Die gesetzlichen Grenzen einer solchen Haftung schützen das Vermögen einer Gewerkschaft in der Regel hinreichend, um ihre Handlungsmöglichkeiten und ihren Bestand nicht zu gefährden. 944 Die Befreiung von zivil- und strafrechtlicher Haftung muss für alle rechtmäßig Streikenden gleichermaßen gelten, unabhängig von ihrer beruflichen Tätigkeit oder Gewerkschaftszugehörigkeit. 945 Die Freistellung von der Haftung darf nicht von der Verhandlungslizenz einer Gewerkschaft abhängen, selbst wenn der weit

2004 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Frankreich. 937 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Frankreich. 938 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Frankreich. 939 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland. 940 Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Irland. 941 Länderbericht VI Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht VII Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Irland; Beschwerde 85/2012 Rn. 123. 942 Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Irland. 943 Länderbericht X-2 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien. 944 Länderbericht X-2 Art. 5 Frankreich. 945 Länderbericht VI Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Irland, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Irland, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Irland, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark, Island; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Irland, Norwegen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Armenien, Aserbaidschan, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Armenien, Bosnien und Herzegowina, Irland, Montenegro, Serbien.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

überwiegende Teil der Arbeitnehmer lizenzierten Gewerkschaften angehört 946 und wenn praktisch nur selten Strafen verhängt werden, sodass die Betroffenen nie eine Änderung der Rechtslage verlangt haben 947. b) Folgen der Teilnahme an einem rechtswidrigen Streik Bei rechtswidrigen Kollektivmaßnahmen entfällt der dargestellte Schutz weitgehend. Zum einen können die Arbeitsverhältnisse durch Kündigung oder allein aufgrund der Teilnahme endgültig enden, zum anderen dürfen sowohl Arbeitnehmer als auch Gewerkschaften zu Schadensersatzleistungen verpflichtet und bestraft werden. 948 Dabei ist das legitime Schutzinteresse des Arbeitgebers mit der Effektivität des Streikrechts in Einklang zu bringen, da weitreichende negative Folgen rechtswidriger Streiks dazu führen könnten, dass die Arbeitnehmer in Grenz­ fällen auf den Streik verzichten. 949 Milder als eine Entlassung des rechtswidrigen Streikenden wäre etwa, die Streikteilnahme als unentschuldigte und unbezahlte Abwesenheit aufzufassen. 950 9. Anforderung an die Umsetzung der Verpflichtungen aus Art. 6 § 4 RESC Auch wenn das EKSR viele Anforderungen an das Streikrecht näher konkretisiert hat, bleibt es den Staaten überlassen, wie das Streikrecht in der nationalen Rechtsordnung verankert ist. Es kann in der Verfassung oder in Gesetzen ausdrücklich normiert werden. 951 Eine solche Anerkennung ist aber nicht zwingend notwendig, etwa wenn die vormals bestehende Strafbarkeit von Kollektivmaßnah 946 Länderbericht XI-2 Art. 5 Irland; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Irland. 947 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Irland. 948 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht X-2 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Finnland, Portugal, Schweden, Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Rumänien, Slowakei. 949 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland, Schweden. 950 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Ukraine. 951 Länderbericht V Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland, Italien; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien, Zypern; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien, Estland; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Bulgarien, Moldau, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien.

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

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men abgeschafft wurde und widerspruchsfreie und präzise richterrechtliche Regeln zur Ausübung des Rechts bestehen. 952 Dieses Richterrecht muss nicht Bezug auf Art. 6 § 4 RESC nehmen 953, auch wenn dieser im betreffenden Staat unmittelbar anwendbar ist 954. Da es dem Interesse der Sozialpartner entsprechen kann, die Ausgestaltung selbst vorzunehmen, ist der Staat nach Art. 6 § 4 RESC nicht verpflichtet, das Streikrecht zu regulieren. 955 Das EKSR fordert Statistiken über durchgeführte Streiks ein, greift diese Informationen aber nicht in den Stellungnahmen auf. 956

III. Kollektivmaßnahmen auf Arbeitgeberseite 1. Schutz von Kollektivmaßnahmen auf Arbeitgeberseite durch Art. 6 § 4 RESC Von deutlich geringerem Umfang ist die Spruchpraxis des EKSR zu Kollektivmaßnahmen auf Arbeitgeberseite, auch wenn Arbeitgebern nach dem Wortlaut von Art. 6 § 4 RESC gleichermaßen ein Recht auf Kollektivmaßnahmen haben. Hier kommt in erster Linie die Aussperrung in Form der vollständigen oder teilweisen Schließung eines Betriebs oder als Verweigern des Zutritts zum Betriebsgelände in Betracht. 957 Ob Art. 6 § 4 RESC dieses Verhalten schützt, war in der Literatur vor allem aufgrund der Entstehungsgeschichte der Norm umstritten. 958 Dennoch stellte das 952

Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Belgien, Irland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Slowakei, Tschechien; Beschwerde 59/2009 Rn. 9 f., 27. 953 Beschwerde 59/2009 Rn. 28. 954 Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Belgien, Niederlande. 955 Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Niederlande, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Italien, Niederlande, Portugal, Schweden; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Belgien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Slowakei, Tschechien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Norwegen. 956 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Italien, Spanien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Frankreich, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Slowenien. 957 Länderbericht VI Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Portugal; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei. 958 Evju, AuR 2012, 276 (278); Frowein, Zur völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Aussperrung, S. 10 ff.; Hackstein, Streikrecht und Aussperrungsfreiheit nach der Regelung des Artikel 6 Nr. 4 der Europäischen Sozialcharta, S. 74 ff.; Kitz, in: MPI

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

EKSR bereits im ersten Überwachungszyklus klar, dass Art. 6 § 4 RESC notwendigerweise die Aussperrung als wichtigstes Mittel zur Verteidigung der Interessen der Arbeitgeberseite umfasst. 959 Allerdings müssen Aussperrungs- und Streikrecht nicht gleich behandelt werden, da allein das Streikrecht in der RESC explizit genannt wird und darüber hinaus in vielen nationalen Verfassungen anerkannt ist. 960 Umfang und Detailreichtum der Spruchpraxis des EKSR spiegeln die dem Streik untergeordnete Bedeutung des Aussperrungsrechts wider. Andere mögliche Kollektivmaßnahmen der Arbeitgeberseite wie Blockaden oder die Weigerung, Gewerkschaftsbeiträge einzusammeln und weiterzuleiten, spielen eine zu vernachlässigende Rolle. 961 2. Ausgestaltungen und Beschränkungen des Aussperrungsrechts Art. 6 § 4 RESC wird auch ohne explizite Anerkennung des Aussperrungsrechts Genüge getan, sofern dies bedeutet, dass die Aussperrung nicht verboten ist. 962 Bis zum 8. Überwachungszyklus wurde es als nicht ausreichend angesehen, wenn eine Aussperrung nur als zwingend notwendige Reaktion auf rechtswidrige Maßnahmen der Arbeitnehmerseite durchgeführt werden durfte. 963 Schließlich legte das EKSR genauere Anforderungen fest, sodass seither eine Begrenzung von Aussperrungen ausschließlich als Reaktion auf einen (rechtswidrigen) Streik 964, (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1094 f.); Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 60 ff.; Rüthers, Rechtsprobleme der Aussperrung, S. 16 f. m. w. N.; Scholz / ​Konzen, Die Aussperrung im System von Arbeitsverfassung und kollektivem Arbeitsrecht, S. 62 f. m. w. N.; Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 73 ff. m. w. N.; a. A. Lerche, Verfassungsrechtliche Zentralfragen des Arbeitskampfes, S. 82 ff.; Wengler, Die Unanwendbarkeit der Europäischen Sozialcharta im Staat, S. 5 ff. 959 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Italien; Länderbericht II Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Russland mit nicht nachvollziehbarem Verweis auf den Text; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Russland; zu anderen Maßnahmen des Arbeitgebers Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (140 ff.). 960 Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Zypern; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Russland; Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 92 f. m. w. N.; Rüthers, Rechtsprobleme der Aussperrung, S. 19. 961 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Schweden. 962 Länderbericht II Art. 6 § 4 Zypern; Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Litauen; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Russland. 963 Länderbericht IV Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht V Art. 6 § 4 Frankreich, Italien; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht VII Art. 6 § 4 Italien. 964 Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 4 Frankreich, Italien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Italien, Portugal, Schweden, Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Aserbaidschan; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Aserbaidschan; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Russland. 

D. Anerkennung des Rechts auf Kollektivmaßnahmen, Art. 6 § 4 RESC 

185

auf überzogene Forderungen der Arbeitnehmer 965, bei höherer Gewalt oder um Ordnung, Sicherheit und Funktionsfähigkeit des Betriebs zu erhalten 966, zulässig ist. Nicht beanstandet wurde zudem die Begrenzung der Anzahl der ausschließbaren Arbeitnehmer. 967 Wichtige Sektoren sowie die Verwaltung können von Aussperrungen gänzlich ausgenommen werden. 968 Ob die Spruchpraxis darüber hinaus so zu verstehen ist, dass das Aussperrungsrecht eines Einzelnen nicht außerhalb von Ausnahmen bestehen muss 969, lässt sich allerdings nicht zweifelsfrei feststellen. Darüber hinaus darf das Aussperrungsrecht ausgestaltet werden, insbesondere um einen Missbrauch des Rechts auszuschließen. 970 Dabei muss der Kern des Aussperrungsrechts unangetastet bleiben. 971 3. Folgen der Aussperrung Die Folgen einer rechtmäßigen Aussperrung entsprechen denen des rechtmäßigen Streiks: Sie kann den Gehaltsanspruch der Arbeitnehmer entfallen lassen 972, während eine formelle Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur dann möglich ist, wenn die entlassenen Arbeitnehmer anschließend wieder eingestellt werden 973. Zudem darf eine solche Aussperrung nicht zivilrechtlich geahndet werden. 974 Die unrechtmäßige Aussperrung hingegen kann einen arbeitnehmerseitigen und entschädigungsbedürftigen Kündigungsgrund darstellen. 975

965

Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Aserbaidschan. Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 4 Frankreich, Italien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Russland; anders noch Länderbericht IV Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht V Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht VII Art. 6 § 4 Italien. 967 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Schweden; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien. 968 Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland. 969 Europarat, Digest of the Case Law of the European Committee of Social Rights, S. 56; den dort angegebenen Quellen kann diese Auffassung aber nicht unmittelbar entnommen werden. 970 Länderbericht II Art. 6 § 4 Zypern; Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Statement of Inter­ pretation; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Russland. 971 Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 4 Frankreich, Italien. 972 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 973 Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Irland; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 974 Länderbericht III Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht V Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht VII Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Italien. 975 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 966

186

§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite auf Unternehmens- und Betriebsebene Die übrigen Vorschriften der RESC zum kollektiven Arbeitsrecht gewähren Rechte auf Unternehmensebene. Sie reichen von der Mitgestaltung durch Anhörung und Beratung (Art. 21 und 29 RESC) über die Beteiligung bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen (Art. 22) bis zum Schutz der Arbeitnehmervertreter im Unternehmen (Art. 28 RESC). Sie ergänzen die bereits dargestellten Kernrechte aus Art. 5 und 6 RESC. Das EKSR thematisiert jeweils den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich, sowie Anforderungen an das Beteiligungsverfahren und an die Umsetzung im nationalen Recht.

I. Unterrichtungs- und Anhörungsrechte 1. Unterrichtungs- und Anhörungsrechte in Unternehmen, Art. 21 RESC Art. 21 RESC gewährt das Recht auf Unterrichtung über die wirtschaftliche Lage und Ausrichtung des Unternehmens und die Beratung über Entscheidungen, die die Belange der Arbeitnehmer besonders berühren. Dabei stellt sich zunächst die Frage, wie der Begriff des Unternehmens in diesem Zusammenhang zu verstehen ist. Anschließend werden die Träger der jeweiligen Rechte sowie Verfahren und Gegenstand von Unterrichtung und Anhörung dargestellt. Weniger ergiebig sind die abschließenden Anforderungen an die Umsetzung in nationales Recht. a) Anwendungsbereich der Vorschrift aa) Unternehmen in privater und öffentlicher Hand Der maßgebliche Unternehmensbegriff wurde bereits unter Rückgriff auf den Anhang der Vorschrift umrissen. 976 Aus dieser Definition folgert das EKSR zum einen, dass im privaten Sektor alle Berufsgruppen von den Unterrichtungs- und Anhörungsrechten profitieren 977, und dass zum anderen zwar staatseigene Unternehmen unter Art. 21 RESC fallen, nicht hingegen der Staat und dessen Beamte als solche, da diese weder Waren produzieren noch Dienstleistungen im eigent­ lichen Sinne erbringen 978. Da Art. I § 2 RESC Anwendung findet, müssen nicht 976

Vgl. § 1 B. I. 2. b). Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Griechenland. 978 Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Finnland; Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 2 ZP Dänemark; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Griechenland; Länderbericht XVII-2 Art. 2 ZP Spanien; Länderbericht 2007 Art. 21 Bulgarien, Litauen, Rumänien; 977

E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite 

187

alle Arbeitnehmer, sondern lediglich deren überwiegende Mehrheit von den in Art. 21 RESC verbürgten Rechten profitieren. Diese überwiegende Mehrheit ist bei ca. 80 % der Arbeitnehmer im Anwendungsbereich von Art. 21 RESC erreicht. 979 Eine Abdeckung von angeblich lediglich 3,3 % der Arbeitnehmer sah das EKSR jüngst als Irrtum an, der die Vereinbarkeit mit Art. 21 RESC nicht hinderte. 980 bb) Konkretisierung der durch den Anhang zu Art. 21 RESC vorgesehene Ausnahmen Vom Anwendungsbereich von Art. 21 RESC dürfen laut Anhang der Vorschrift Kleinbetriebe ausgenommen werden, da hier die Information und Beratung oft auf informellem Wege funktionieren. 981 Als für das Vorliegen eines Kleinbetriebs maßgebliche Schwellenwerte wurden 10 982, 25 983, 30 984 oder 50 985 Arbeitnehmer Länderbericht 2010 Art. 21 Aserbaidschan, Frankreich, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 21 Russland, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 21 Italien; Länderbericht 2018 Art. 21 Bosnien und Herzegowina; Beschwerde 40/2007 Rn. 42; Beschwerde 60/2010 Rn. 36. 979 Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Finnland, Niederlande, Schweden; Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Finnland, Italien, Schweden; Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Italien, Norwegen, Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 2 ZP Dänemark; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland; Länderbericht XVII-2 Art. 2 ZP Griechenland; Länderbericht XVIII-2 Art. 2 ZP Tschechien; Länderbericht 2003 Art. 21 Frankreich, Schweden; Länderbericht 2007 Art. 21 Albanien, Belgien, Norwegen, Rumänien, Schweden. 980 Länderbericht 2018 Art. 21 Ukraine. 981 Im ZP noch jeweils in § 2 der Vorschriften verankert, Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 36, 44 f.; in der RESC lediglich im Anhang enthalten, vgl. Rn. 44; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Griechenland, Spanien, Tschechien; Länderbericht 2003 Art. 21 Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 21 Albanien, Aserbaidschan, Litauen, Portugal; Länderbericht 2014 Art. 21 Aserbaidschan, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Finnland, Nordmazedonien, Niederlande, Portugal, Russland, Serbien, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 21 Italien. 982 Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Niederlande. 983 Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Schweden; Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Schweden; Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland, Kroatien, Slowakei, Spanien, Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland, Spanien, Tschechien; Länderbericht 2010 Art. 21 Albanien, Aserbaidschan, Belgien, Bulgarien, Estland, Frankreich, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowenien, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 21 Aserbaidschan, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Estland, Finnland, Italien, Litauen, Nordmazedonien, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, Serbien, Slowakei, Türkei, Ukraine, Ungarn. 984 Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Finnland. 985 Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland, Kroatien, Slowakei, Spanien, Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland, Spanien, Tschechien; Länderbericht 2010 Art. 21 Albanien, Aserbaidschan, Belgien, Bulgarien, Estland, Frankreich, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowenien, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 21 Aserbaidschan, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Estland, Finnland, Italien, Litauen, Nordmazedonien, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, Serbien, Slowakei, Türkei, Ukraine, Ungarn; Länderbericht 2018 Art. 21 Norwegen.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

nicht beanstandet. Bei der Berechnung, ob der Schwellenwert erreicht ist, müssen alle Arbeitnehmer unabhängig von Art und Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses berücksichtigt werden. 986 Eine Gewichtung der in Teilzeit und der befristet Beschäftigten nach Beschäftigungsumfang und -dauer scheint aber zulässig. 987 Nicht einzukalkulieren sind Auszubildende und andere Personen, die nicht unter den nationalen Arbeitnehmerbegriff fallen. 988 Weitere Ausnahmen lässt das EKSR nicht zu, selbst wenn sie beschäftigungspolitischen Zielen dienen: Junge, schlecht qualifizierte oder ältere Arbeitnehmer bei der Berechnung der Betriebsgröße außen vor zu lassen, kann für die Arbeitgeber einen Anreiz setzen, solche Arbeitsverhältnisse einzugehen, wenn das Risiko nicht besteht, durch diese Verträge den Schwellenwert für die Unterrichtung und Anhörung zu erreichen. 989 Eine solche Regelung liegt aber außerhalb der Grenzen des Anhangs zu Art. 21 RESC. 990 b) Träger der Rechte aus Art. 21 RESC Die Rechte aus Art. 21 RESC sind dem Wortlaut der Vorschrift nach den Arbeitnehmern oder ihren Vertreten zu gewähren. Dass den Arbeitnehmern selbst Rechte gewährt werden, beschreibt das EKSR als Novum. 991 Die Durchführung von Unterrichtung und Anhörung unmittelbar mit den Arbeitnehmern bietet sich nicht nur in kleinen Unternehmen an 992, sondern auch wenn eine konkrete Frage eine kleine Arbeitnehmergruppe besonders betrifft 993. Häufiger ist allerdings die gesamte Belegschaft betroffen, sodass die Übertragung der Unterrichtungs- und Anhörungsrechts auf Arbeitnehmervertreter, die wiederum die Arbeitnehmer über ihre Tätigkeit zu informieren haben, sinnvoll ist. 994 Die Vertreter können etwa 986

Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland, Kroatien, Slowakei, Spanien, Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland, Spanien, Tschechien; Länderbericht 2010 Albanien, Art. 21 Aserbaidschan, Belgien, Bulgarien, Estland, Frankreich, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowenien, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 21 Aserbaidschan, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Litauen, Nordmazedonien, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Russland, Schweden, Slowakei, Türkei, Ukraine, Ungarn; teilweise mit Verweis auf EuGH vom 18.1.2007 – C-385/05 – CGT und EuGH vom 15.1.2014 – C-176/12 – Association de médiation sociale. 987 Länderbericht 2014 Art. 21 Frankreich. 988 Länderbericht 2016 Art. 21 Italien. 989 Länderbericht 2014 Art. 21 Frankreich. 990 Länderbericht 2014 Art. 21 Frankreich. 991 Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Statement of Interpretation. 992 Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Niederlande; Länderbericht XV-1 Art. 2 ZP Dänemark; Länderbericht XV-2 Art. 2 ZP Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Tschechien; Länderbericht 2003 Art. 21 Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 21 Estland; Länderbericht 2010 Art. 21 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 21 Serbien. 993 Länderbericht 2003 Art. 21 Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 21 Slowenien. 994 Länderbericht XVIII-1 Art. 2 ZP Kroatien; Länderbericht 2010 Art. 21 Belgien; Länderbericht 2016 Art. 21 Italien.

E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite 

189

Gewerkschaftsfunktionäre, gewählte Ombudsmänner, Gesundheits- und Sicherheitsbeauftragte oder Betriebsräte sein. 995 Welche Vertretungsstrukturen in einem Unternehmen geschaffen werden, darf von dessen Größe sowie seiner privaten oder öffentlich-rechtlichen Organisation abhängen. 996 Es können unterschiedliche Vertreter für verschiedene Sachfragen zuständig sein. 997 Das EKSR lässt sich über die jeweiligen Wahl- oder Ernennungsverfahren informieren, ohne sie im Einzelfall zu bewerten oder konkrete Anforderungen aufzustellen. 998 Die Durchführung von Wahlen darf ein entsprechendes Verlangen der Arbeitnehmerseite voraussetzen 999, das aktive und passive Wahlrecht darf von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängen 1000, und Vertreter dürfen für eine mehrjährige Amtszeit gewählt werden 1001. Es muss lediglich bei einer Wahrnehmung der Beteiligungsrechte durch Gewerkschaften gewährleistet sein, dass nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer in Unterrichtung und Anhörung ebenfalls einbezogen werden. 1002 995 Vgl. Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 31; Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Finnland, Niederlande; Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Schweden; Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 2 ZP Dänemark; Länderbericht XV-2 Art. 2 ZP Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Spanien, Tschechien; Länderbericht XVII-2 Art. 2 ZP Tschechien; Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland, Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland, Kroatien, Spanien, Tschechien; Länderbericht 2003 Art. 21 Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 21 Estland, Litauen; Länderbericht 2010 Art. 21 Albanien, Aserbaidschan, Belgien, Bulgarien, Estland, Frankreich, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 21 Aserbaidschan, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Estland, Finnland, Italien, Litauen, Nordmazedonien, Moldau, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Schweden, Serbien, Türkei, Ungarn. 996 Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 2 ZP Dänemark; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Niederlande, Norwegen, Slowakei, Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 2 ZP Tschechien; Länderbericht XVIII-2 Art. 2 ZP Dänemark, Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Dänemark; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Tschechien; Länderbericht 2003 Art. 21 Frankreich, Italien, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 21 Norwegen; Länderbericht 2007 Art. 21 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 21 Frankreich, Norwegen. 997 Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Finnland; Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Italien, Finnland; Länderbericht 2003 Art. 21 Italien; Länderbericht 2005 Art. 21 Estland; Länderbericht 2007 Art. 21 Norwegen; Länderbericht 2010 Art. 21 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 21 Belgien, Portugal. 998 Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Italien; Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Norwegen; Länderbericht 2003 Art. 21 Bulgarien, Frankreich; Länderbericht 2005 Art. 21 Estland, Litauen; Länderbericht 2007 Art. 21 Belgien, Bulgarien, Estland; Länderbericht 2010 Art. 21 Bulgarien, Estland. 999 Länderbericht XVIII-2 Art. 2 ZP Slowakei; Länderbericht 2003 Art. 21 Slowenien. 1000 Länderbericht XVIII-2 Art. 2 ZP Slowakei; Länderbericht 2003 Art. 21 Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 21 Norwegen; Länderbericht 2007 Art. 21 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 21 Niederlande. 1001 Länderbericht XVIII-2 Art. 2 ZP Slowakei. 1002 Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Schweden; Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Schweden; Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Schweden; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Slowakei, Tschechien; Länderbericht XVII-2 Art. 2 ZP Griechenland; Länderbericht 2003 Art. 21 Schweden; Länderbericht 2005 Art. 21 Estland, Moldau; Länderbericht 2007 Art. 21 Schweden; Länderbericht 2014 Art. 21 Bosnien und Herzegowina.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

c) Materielle Rechte Art. 21 RESC gewährt neben dem Unterrichtungsrecht ein Anhörungsrecht. Diese unterscheiden sich nicht nur in der Art und Weise, wie die Arbeitnehmerseite beteiligt wird, sondern auch in den erfassten Gegenständen. aa) Unterrichtungsrecht, Art. 21 lit. a RESC Zunächst sind die Arbeitnehmer oder ihre Vertreter regelmäßig oder zu gegebener Zeit zu unterrichten. Diese Zeitangabe wird vom EKSR nicht genauer definiert; weder ein monatlicher noch ein jährlicher Austausch wurde beanstandet. 1003 Die Informationen sind schriftlich und verständlich aufzubereiten. 1004 Das Informationsrecht betrifft nicht nur die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens im engeren Sinne; umfasst sind etwa folgende Aspekte:1005 – wirtschaftliche und finanzielle Situation und Entwicklung: Verkaufszahlen, Kundenaufträge, Verringerung der Aktivitäten, Einstellungen von Arbeitnehmern, Massenentlassungen, Outsourcing, Betriebsübergänge, Rechtsnachfolge, Insolvenz; – Arbeitsbedingungen und deren Änderung: Entlohnung, Fortbildung, Sonderurlaub, Dienstpläne, Nachtarbeit, Mehrarbeit, Befristung und Teilzeit im Unternehmen, Gleichbehandlung, Versetzungen, Kündigungen, Einführung neuer Technologien, Anforderungsprofile, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen;

1003 Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Finnland, Niederlande; Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Niederlande; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Griechenland; Länderbericht XVIII-1 Art. 2 ZP Kroatien; Länderbericht XVIII-2 Art. 2 ZP Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Griechenland; Länderbericht 2003 Art. 21 Frankreich; Länderbericht 2007 Art. 21 Belgien; Länderbericht 2010 Art. 21 Estland, Italien, Litauen; Länderbericht 2014 Art. 21 Bosnien und Herzegowina, Slowakei. 1004 Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Finnland; Länderbericht 2003 Art. 21 Bulgarien, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 21 Albanien, Aserbaidschan, Estland, Litauen. 1005 Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Finnland; Länderbericht XV-1 Art. 2 ZP Dänemark; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Griechenland, Slowakei, Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 2 ZP Spanien, Tschechien; Länderbericht XVIII-2 Art. 2 ZP Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland, Kroatien, Slowakei, Spanien, Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland, Kroatien, Spanien, Tschechien; Länderbericht 2003 Art. 21 Bulgarien, Frankreich, Italien; Länderbericht 2005 Art. 21 Estland, Litauen; Länderbericht 2007 Art. 21 Albanien, Belgien, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 21 Aserbaidschan, Belgien, Bulgarien, Estland, Frankreich, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowenien, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 21 Albanien, Aserbaidschan, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Estland, Finnland, Italien, Litauen, Nordmazedonien, Niederlande, Norwegen, Rumänien, Russland, Schweden, Serbien, Slowakei, Türkei, Ungarn.

E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite 

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– Soziale Ausrichtung: Sozialpolitik, soziokulturelle Einrichtungen und Dienste, Sozialpläne bei betriebsbedingten Entlassungen, Auswirkung des Unternehmens auf die Umwelt und Gegenmaßnahmen; – alle weiteren Fragestellungen, die viele Arbeitnehmer betreffen. In Unternehmen mit wissenschaftlichen, künstlerischen oder politischen Zielen müssen sowohl die ideologische Ausrichtung als auch unmittelbar damit zusammenhängende Fragen nicht Gegenstand der Unterrichtung und Anhörung sein. 1006 Vertrauliche Angaben können von der Unterrichtung ausgenommen oder einer mehrjährigen Geheimhaltungspflicht unterworfen werden. 1007 Die Qualifizierung als vertraulich kann von den Sozialpartnern ausgehandelt und im Streitfall durch eine neutrale Stelle festgelegt werden. 1008 Die Beweislast für die Notwendigkeit der Geheimhaltung kann beim Arbeitgeber liegen. 1009 Dabei ist stets das Informationsinteresse der Arbeitnehmer mit der Loyalitätspflicht des Arbeitnehmervertreters gegenüber dem Arbeitgeber in Ausgleich zu bringen. 1010 bb) Anhörungsrecht, Art. 21 lit. b RESC Das Anhörungsrecht in lit. b bezieht sich auf hinreichend konkrete, aber noch nicht bereits endgültig gefasste Entschlüsse des Arbeitgebers in Bereichen der lit. a, die Arbeitnehmerinteressen erheblich berühren können, sodass die Arbeitnehmer auf die Entscheidung noch Einfluss nehmen können. 1011 Anzuhören sind Arbeitnehmer oder deren Vertreter etwa bei betriebsbedingten Entlassungen, Unternehmensveräußerung und Umstrukturierung, ganzer oder teilweiser Standortverlagerung, Rechtsstatusänderung, Kurzarbeit, Fortbildungen, Verbesserung der Strukturen, Anreizsystemen, Gesundheitsschutz und Sicherheit, Sozialpolitik, Belegschaftsentwicklung oder der Einführung neuer Technologien. 1012 Wann das Anhörungsverfahren zu beginnen hat, hängt vom Einzelfall ab. 1013 Zeiträume von 5 Tagen bis 3 Monaten vor dem endgültigen Beschluss wurden 1006

Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Finnland. Länderbericht 2010 Art. 21 Estland, Italien. 1008 Länderbericht 2010 Art. 21 Italien, Norwegen, Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 21 Portugal. 1009 Länderbericht 2010 Art. 21 Estland. 1010 Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Norwegen. 1011 Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Finnland; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Slowakei; Länderbericht XVIII-1 Art. 2 ZP Kroatien; Länderbericht 2010 Art. 21 Frankreich. 1012 Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Finnland; Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 2 ZP Dänemark; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 2 ZP Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 2 ZP Kroatien; Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Tschechien; Länderbericht 2005 Art. 21 Estland, Moldau, Norwegen; Länderbericht 2007 Art. 21 Belgien; Länderbericht 2014 Art. 21 Bosnien und Herzegowina, Russland. 1013 Länderbericht 2005 Art. 21 Moldau; Länderbericht 2010 Art. 21 Aserbaidschan. 1007

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

nicht kritisiert. 1014 Eine Anhörung lediglich auf Antrag der Gewerkschaft wird Art. 21 lit b. RESC nicht gerecht. 1015 Damit die Arbeitnehmer die Entscheidung des Arbeitgebers nicht übermäßig verzögern können, darf das nationale Recht Antwortfristen vorschreiben. 1016 d) Umsetzung der Verpflichtungen aus Art. 21 RESC Welche Maßnahmen der Staat in Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten zu ergreifen und zu fördern hat, lässt Art. 21 RESC weitgehend offen. Zumindest muss die Ausübung der Informations- und Anhörungsrechte durch einen effektiven Rechtsschutz und eine Strafbewehrung, wenn der Arbeitgeber seinen Pflichten nicht nachkommt, abgesichert werden. 1017 Ein friedlicher Streitbeilegungsversuch kann dem Gerichtsverfahren vorschaltet werden. 1018 Damit der Verstoß für den Arbeitgeber spürbare Folgen hat, kann er zu Geldbußen 1019 oder anderen Strafen 1020 verurteilt werden. Diese können das Unternehmen als Ganzes oder die konkret verantwortliche Person treffen. 1021 Bei einem

1014

Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Finnland; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Spanien; Länderbericht 2003 Art. 21 Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 21 Moldau; Länderbericht 2007 Art. 21 Albanien; Länderbericht 2010 Art. 21 Aserbaidschan; Länderbericht 2014 Art. 21 Bosnien und Herzegowina, Slowenien. 1015 Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Schweden. 1016 Fristen von drei bis 15 Tagen wurden nicht kritisiert; Länderbericht XVIII-1 Art. 2 ZP Kroatien; Länderbericht 2003 Art. 21 Bulgarien; Länderbericht 2005 Art. 21 Moldau; Länderbericht 2007 Art. 21 Litauen; Länderbericht 2010 Art. 21 Albanien, Aserbaidschan, Estland. 1017 Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Statement of Interpretation; Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Niederlande; Länderbericht XV-2 Art. 2 ZP Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Griechenland; Länderbericht XVIII-1 Art. 2 ZP Kroatien; Länderbericht XVIII-2 Art. 2 ZP Dänemark, Slowakei; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Tschechien; Länderbericht 2003 Art. 21 Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 21 Moldau; Länderbericht 2007 Art. 21 Belgien; Länderbericht 2010 Art. 21 Bulgarien, Litauen, Portugal, Rumänien, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 21 Bosnien und Herzegowina, Estland, Litauen, Nordmazedonien, Niederlande, Serbien, Slowakei, Ukraine, Ungarn; Länderbericht 2018 Art. 21 Moldau. 1018 Länderbericht 2005 Art. 21 Norwegen. 1019 Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Finnland; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Griechenland, Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 2 ZP Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 2 ZP Kroatien; Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Griechenland, Kroatien; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Tschechien; Länderbericht 2005 Art. 21 Estland, Litauen; Länderbericht 2007 Art. 21 Belgien, Bulgarien, Litauen; Länderbericht 2010 Art. 21 Bulgarien, Italien, Portugal, Rumänien, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 21 Bosnien und Herzegowina, Estland, Finnland, Frankreich, Litauen, Nordmazedonien, Niederlande, Norwegen, Russland, Serbien, Slowenien, Ukraine, Ungarn. 1020 Länderbericht XVIII-1 Art. 2 ZP Kroatien; Länderbericht XVIII-2 Art. 2 ZP Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Griechenland; Länderbericht 2003 Art. 21 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 21 Portugal, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 21 Bosnien und Herzegowina, Frankreich, Litauen, Nordmazedonien, Niederlande, Serbien, Ukraine, Ungarn. 1021 Länderbericht 2014 Art. 21 Slowenien.

E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite 

193

leichten einmaligen Verstoß kann eine Verwarnung ausreichen 1022, bei wiederholten Verstößen kann sich das Bußgeld erhöhen 1023. Möglich ist auch eine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers. 1024 Darüber hinaus kann die ohne Anhörung getroffene Entscheidung nichtig sein 1025 oder bis zur Nachholung des Verfahrens ausgesetzt 1026 werden. Ohne Informationen über solche Absicherungen der Arbeitnehmerrechte stellt das EKSR einen Verstoß gegen Art. 21 RESC fest. 1027 Eine permanente Überwachung der Einhaltung der Pflichten durch ein unabhängiges Gremium ist möglich 1028, aber nicht notwendig für die Konformität mit der RESC 1029. 2. Gewährleistung der Unterrichtung und Anhörung in den Verfahren bei Massenentlassungen, Art. 29 RESC Mit der Unterrichtung und Anhörung bei Massenentlassungen betrifft Art. 29 RESC einen speziellen Themenbereich. Das EKSR hat nicht nur den Begriff der Massenentlassung umrissen, sondern auch die erfassten Unternehmen und zu beteiligenden Arbeitnehmervertreter. Schließlich werden die Anforderungen des EKSR an die Absicherung der Unterrichtung und Anhörung und Folgen einer Rechtsverletzung geschildert. a) Anwendungsbereich der Vorschrift aa) Vorliegen einer Massenentlassung Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist nur eröffnet, wenn eine Massenentlassung durchgeführt werden soll. Um eine Massenentlassung handelt es sich, wenn mehrere Arbeitnehmer in einem bestimmen gesetzlich festgelegten Zeitraum entlassen werden, und der Grund dafür nicht in den einzelnen Arbeitnehmern, son 1022

Länderbericht 2014 Art. 21 Russland. Länderbericht 2010 Art. 21 Bulgarien. 1024 Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Finnland, Schweden; Länderbericht 2014 Art. 21 Aser­ baidschan, Frankreich, Schweden. 1025 Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Kroatien; Länderbericht 2014 Art. 21 Frankreich, Türkei. 1026 Länderbericht 2014 Art. 21 Frankreich. 1027 Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Slowakei; Länderbericht 2014 Art. 21 Italien. 1028 Länderbericht XIII-5 Art. 2 ZP Finnland; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 2 ZP Tschechien; Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Griechenland; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Spanien; Länderbericht 2005 Art. 21 Litauen, Moldau; Länderbericht 2007 Art. 21 Albanien; Länderbericht 2010 Art. 21 Belgien, Italien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 21 Finnland, Nordmazedonien, Portugal, Slowakei, Ukraine; Länderbericht 2018 Art. 21 Moldau. 1029 Länderbericht 2014 Art. 21 Aserbaidschan, Schweden; anders wohl Länderbericht 2018 Art. 21 Bosnien und Herzegowina. 1023

194

§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

dern in einer Änderung, insbesondere einer Verminderung, der Aktivitäten des Unternehmens liegt. 1030 Das Motiv des Arbeitgebers für die Kündigungen muss in technischen oder organisatorischen Umstrukturierungen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten bis hin zur Betriebsstilllegung liegen. 1031 Nicht nur arbeitgeberseitige Kündigungen, sondern auch auf Initiative des Arbeitgebers geschlossene Aufhebungsverträge können in die Berechnung der Anzahl der geplanten Entlassungen einfließen. 1032 Die in den Staaten häufig zu findenden Schwellenwerte von 10 entlassenen Arbeitnehmern in Unternehmen mit maximal 100 Angestellten, 10 % der Arbeitnehmer in Unternehmen zwischen 100 und 300 Arbeitnehmern und mindestens 30 Entlassungen bei mehr als 300 Angestellten innerhalb von 30 Tagen hat das EKSR nicht kritisiert. 1033 Diese Vorgaben entsprechen Art. 1 I lit.  a i) der EUMassen­entlassungsrichtlinie 98/59/EG. In Anlehnung daran ist die Entlassung von 20 Arbeitnehmern innerhalb von 90 Tagen unabhängig von der Unternehmensgröße ebenfalls eine Massenentlassung. 1034 Allerdings können die Staaten sowohl bei der Anzahl der entlassenen Arbeitnehmer als auch beim festgelegten Zeitraum abweichen. 1035 Bedenken geäußert hat das EKSR lediglich bei Schwellenwerten von 5 % von 100 bis 500 Arbeitnehmern, 40 % von 500 bis 1000 Arbeitnehmern oder

1030

Länderbericht 2003 Art. 29 Bulgarien, Frankreich, Italien, Rumänien, Schweden, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 29 Estland, Litauen, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 29 Aserbaidschan, Georgien, Niederlande, Portugal, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 29 Montenegro, Russland; Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland. 1031 Länderbericht 2003 Art. 29 Italien; Länderbericht 2010 Art. 29 Litauen, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 29 Georgien, Montenegro, Portugal. 1032 Länderbericht 2014 Art. 29 Niederlande. 1033 Länderbericht 2003 Art. 29 Rumänien; Länderbericht 2005 Art. 29 Litauen; Länderbericht 2007 Art. 29 Belgien, Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 29 Bulgarien, Malta, Rumänien, Türkei; Länderbericht 2014 Art. 29 Montenegro, Serbien, Slowakei. Weitere nicht beanstandete Schwellenwerte sind: 30 % bei 20–50 Arbeitnehmern, 20 % bei 51–100 Arbeitnehmern, 10 % bei 101–1000 Arbeitnehmern, 5 % bei mehr als 1000 Arbeitnehmern, vgl. Länderbericht 2005 Art. 29 Moldau; 30 % bei 10–49 Arbeitnehmern, 15 % bei 50–99 Arbeitnehmern, 15 % bei 100–249 Arbeitnehmern, 40 % bei 250–399 Arbeitnehmern, 10 % bei mehr als 400 Arbeitnehmern, vgl. Länderbericht 2014 Art. 29 Moldau; 5 von bis zu 19 Arbeitnehmern, 10 von 20–99 Arbeitnehmern, 10 % von 100–299 Arbeitnehmern und 30 von mindestens 300 Arbeitnehmern, vgl. Länderbericht 2005 Art. 29 Estland; 5 von 20–50 Arbeitnehmern, 10 von 50–99 Arbeitnehmern, 10 % von 100–299 Arbeitnehmern, 30 von mehr als 300 Arbeitnehmern, vgl. Länderbericht 2007 Art. 29 Irland; 10 von 100 Arbeitnehmern, 15 von 100–200 Arbeitnehmern, 20 von 200–300 Arbeitnehmern und 30 von mehr als 300 Arbeitnehmern, vgl. Länderbericht 2007 Art. 29 Albanien. 1034 Vgl. Art. 1 I lit. a i) der EU-Richtlinie 98/59/EG; Länderbericht 2003 Art. 29 Schweden; Länderbericht 2007 Art. 29 Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 29 Bulgarien, Niederlande; Länderbericht 2014 Art. 29 Portugal, Nordmazedonien. 1035 Ebenfalls nicht kritisiert wurden 5 Entlassungen in 120 Tagen, Länderbericht 2003 Art. 29 Italien; 100 Arbeitnehmer in 15 Tagen, Länderbericht 2014 Art. 29 Georgien; 2 Arbeitnehmer innerhalb 30 Tagen, Länderbericht 2003 Art. 29 Frankreich; 5–30 Arbeitnehmer innerhalb 30 Tagen, Länderbericht 2014 Art. 29 Estland; vgl. Länderbericht 2003 Art. 29 Rumänien, Schweden;

E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite 

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30 % von über 1000 Arbeitnehmern innerhalb von 3 Monaten, die es als sehr eng, aber nicht als Verstoß gegen Art. 29 RESC wahrnahm. 1036 bb) Erfasste Unternehmen Den Unternehmensbegriff definiert weder Art. 29 RESC selbst noch das EKSR. Es wurde lediglich festgestellt, dass Kleinunternehmen von den Regelungen ausgenommen werden können, sofern mindestens 80 % der Arbeitnehmer von diesen Rechten profitieren, obwohl Art. I § 2 RESC auf Art. 29 RESC keine Anwendung findet. 1037 Schließlich kann in kleinen Unternehmen eine Unterrichtung und Beratung in informellem Rahmen und unmittelbar mit den Arbeitnehmern durchgeführt werden. 1038 Dass hier aufgrund der geringen Beschäftigtenzahl oftmals keine Massenentlassung im Sinne des nationalen Rechts vorliegt, wurde vom EKSR nicht angesprochen. b) Zu beteiligende Arbeitnehmervertreter Die zu unterrichtenden und anzuhörenden Arbeitnehmervertreter können in Anlehnung an die Definition des Anhangs zu Art. 21 und 22 RESC 1039 zum einen gewerkschaftliche Repräsentanten oder Betriebsräte 1040, zum anderen eigens für diese Aufgabe ad hoc bestimmte Vertreter 1041 sein. Dementsprechend untersucht das EKSR die Auswahl und Befugnisse der Vertreter teilweise bereits unter Art. 21  RESC. 1042 Wie bei Art. 21 RESC müssen sich die beteiligten Gewerkschaftsvertreter für die Interessen aller von der Massenentlassung potentiell Betroffenen unabhängig von ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit einsetzen. 1043 Wenn Länderbericht 2005 Art. 29 Litauen; Länderbericht 2007 Art. 29 Belgien, Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 29 Bulgarien, Malta, Niederlande, Rumänien, Türkei; Länderbericht 2014 Art. 29 Montenegro, Portugal, Serbien, Slowakei; vgl. auch Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland. 1036 Länderbericht 2014 Art. 29 Aserbaidschan. 1037 Länderbericht 2003 Art. 29 Italien; Länderbericht 2005 Art. 29 Moldau; Länderbericht 2007 Art. 29 Irland; Länderbericht 2010 Art. 29 Bulgarien, Italien, Malta, Türkei; Länderbericht 2014 Art. 29 Montenegro, Zypern. 1038 Länderbericht 2003 Art. 29 Frankreich; Länderbericht 2005 Art. 29 Estland; Länderbericht 2010 Art. 29 Albanien, Malta, Türkei; Länderbericht 2014 Art. 29 Georgien. 1039 Vgl. § 2 E. I. 1. b); Explanatory report to the RESC Rn. 111. 1040 Länderbericht 2003 Art. 29 Frankreich, Rumänien; Länderbericht 2005 Art. 29 Estland, Litauen; Länderbericht 2010 Art. 29 Albanien, Malta, Türkei; Länderbericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation, Georgien, Montenegro, Serbien, Slowakei. 1041 Länderbericht 2003 Art. 29 Frankreich, Rumänien; Länderbericht 2005 Art. 29 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation, Montenegro, Serbien. 1042 Länderbericht 2003 Art. 29 Frankreich, Schweden. 1043 Länderbericht 2003 Art. 29 Schweden; Länderbericht 2005 Art. 29 Moldau; Länderbericht 2007 Art. 29 Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 29 Albanien, Georgien, Ukraine; Länder­ bericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation, Aserbaidschan, Schweden, Serbien.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

die Arbeitnehmer im konkreten Betrieb keine Vertretung haben, soll eine Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer selbst möglich sein. 1044 c) Ausgestaltung der Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren aa) Umsetzung durch die Staaten Die Umsetzung und Ausgestaltung der Unterrichtung und Anhörung ist weitgehend den Staaten überlassen. Da 28 der 43 Vertragsstaaten der RESC an das EU-Recht gebunden sind 1045, und die unionsrechtliche Massenentlassungsrichtlinie ebenfalls Informations- und Beratungspflichten vorsieht, ist eine gesetzliche Ausgestaltung praktisch die Regel. Es müssen nicht für alle Branchen dieselben Regeln gelten. 1046 Nicht unter Art. 29 RESC zu gewährleisen hat der Staat hingegen, dass der einzelne Arbeitnehmer vor einer betriebsbedingten Kündigung hinreichend geschützt ist: Dies ist Gegenstand von Art. 24 RESC. 1047 bb) Gestaltungsspielräume und Grenzen bei der Umsetzung des Unterrichtungsrechts (1) Inhalt des Unterrichtungsrechts Unabhängig von den unionsrechtlichen Vorgaben hat das EKSR eigene Anforderungen an die Unterrichtung und Anhörung aufgestellt. Zweck der Information und der Aufnahme eines Dialogs zwischen den Arbeitnehmervertretern und dem Arbeitgeber bei geplanten Massenentlassungen ist zum einen die frühzeitige Bekanntgabe der Gründe und des Umfangs der geplanten Entlassungen, zum anderen die Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen bei der Planung und Durchführung der Entlassungen durch den Arbeitgeber. 1048 Zunächst muss der Arbeitgeber die notwendigen Informationen rechtzeitig schriftlich mitteilen und sie anschließend während des Verfahrens ständig aktualisieren. 1049 Zu den notwendig zu übermittelnden Angaben zählen die Gründe für die Entlassungen, die Kriterien für die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer, die Reihenfolge der Entlassungen sowie Umfang und Inhalt sozialer Maßnahmen, die die Folgen der Entlassungen 1044

Länderbericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation. Stand: 13.11.2018. 1046 Länderbericht 2010 Art. 29 Georgien, Italien. 1047 Länderbericht 2003 Art. 29 Schweden, Slowenien; Länderbericht 2007 Art. 29 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 29 Aserbaidschan, Georgien, Litauen, Ukraine. 1048 Länderbericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation; Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland. 1049 Länderbericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation, Bulgarien, Irland, Litauen, Russland, Türkei, Ukraine, Zypern. 1045

E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite 

197

abmildern sollen. 1050 Das nationale Recht kann die Informationspflicht auf weitere Gegenstände ausdehnen. 1051 Falls Informationen vorenthalten werden, kann das Entlassungsverfahren unterbrochen werden, bis alle Angaben vorliegen. 1052 (2) Zeitliche Ausgestaltung des Unterrichtungsrechts Der Arbeitgeber ist verantwortlich dafür, dass die Arbeitnehmerseite rechtzeitig informiert wird, damit die Integrität und die Effektivität des Beratungsprozesses gewährleistet sind, weil die Arbeitnehmervertreter sich vor der Anhörung mit den Kernaspekten vertraut machen können. 1053 Im Idealfall erfolgt die Information bereits dann, wenn der Arbeitgeber Massenentlassungen lediglich in Betracht zieht 1054, es können aber auch mehrere Tage zwischen der Erwägung von Massenentlassungen und der Benachrichtigung der Arbeitnehmervertreter vergehen 1055. cc) Gestaltungsspielräume und Grenzen bei der Umsetzung des Anhörungsrechts (1) Inhalt des Anhörungsrechts Nachdem die Arbeitnehmerseite von den Umständen der geplanten Massenentlassung unterrichtet wurde, sollen die Beteiligten in einem zweiten Schritt auf Grundlage der übermittelten Informationen diskutieren, in welchem Umfang Entlassungen notwendig sind und wie das Vorhaben in zeitlicher und persönlicher Hinsicht konkret umzusetzen ist. 1056 Andere Möglichkeiten wie die Zuweisung sonstiger, womöglich weniger qualifizierter Tätigkeiten, Umsetzung auf andere Posten oder Outsourcing-Konzepte in Zusammenarbeit mit konzernzugehörigen oder dritten Unternehmen, können erarbeitet werden. 1057 1050

Länderbericht 2003 Art. 29 Bulgarien, Frankreich, Italien, Rumänien, Schweden, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 29 Estland, Litauen, Moldau; Länderbericht 2007 Art. 29 Belgien, Finnland; Länderbericht 2010 Art. 29 Aserbaidschan, Georgien, Niederlande, Portugal, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation, Georgien, Nordmazedonien, Moldau, Niederlande, Russland, Serbien, Zypern; Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland. 1051 Länderbericht 2003 Art. 29 Schweden; Länderbericht 2007 Art. 29 Belgien, Estland, Irland; Länderbericht 2014 Art. 29 Montenegro. 1052 Länderbericht 2003 Art. 29 Frankreich. 1053 Länderbericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation, Bulgarien, Irland, Litauen, Serbien, Türkei, Ukraine, Zypern. 1054 Länderbericht 2003 Art. 29 Italien; Länderbericht 2007 Art. 29 Irland; Länderbericht 2010 Art. 29 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 29 Montenegro, Slowakei; Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland. 1055 Länderbericht 2014 Art. 29 Serbien 1056 Länderbericht 2003 Art. 29 Schweden; Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland. 1057 Länderbericht 2010 Art. 29 Italien; Länderbericht 2014 Art. 29 Montenegro.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

Bei unumgänglichen Entlassungen können die konkret betroffenen Arbeitnehmer anhand gesetzlicher Leitlinien, wie deren Qualifikation, Seniorität, Unterhaltspflichten, und Nichtdiskriminierung, bestimmt werden. 1058 Den Arbeitnehmervertretern kann ein über die bloße Anhörung hinausgehendes Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl eingeräumt werden. 1059 In jedem Fall muss ein Plan erarbeitet werden, der die Folgen für die Betroffenen abmildert, nicht nur durch die in Art. 29 RESC selbst genannten Mittel, sondern etwa auch durch Fort- und Weiterbildung, Förderung der Aufnahme selbständiger Tätigkeiten, finanziellen Ausgleich für den Arbeitsplatzverlust oder eine bevorzugte Berücksichtigung, sollte der Arbeitgeber innerhalb des auf die Entlassung folgenden Jahres Neueinstellungen vornehmen. 1060 Damit die Maßnahmen mit der allgemeinen Arbeitsmarktpolitik harmonieren und gegebenenfalls benötigte Ressourcen zur Verfügung stehen, kann der Staat in den Beratungsprozess involviert werden, beispielsweise durch Arbeitsämter oder Ministerien. 1061 Ob und auf welche Weise ein solcher Einbezug notwendig ist, kann von der Anzahl der zu entlassenden Arbeitnehmer und der betroffenen Branche abhängen. 1062 Zudem können staatliche Stellen als vermittelnde Instanz hinzugezogen werden. 1063 Von den Sozialpartnern kann eine gewisse Kooperationsbereitschaft verlangt werden. 1064 Der Arbeitgeber darf etwa verpflichtet werden, auf Vorschläge der Arbeitnehmerseite zu reagieren und diese Reaktion zu begründen. 1065 Auch die Anordnung eines zeitlich begrenzten Mediationsverfahrens nach erfolglosen Verhandlungen ist möglich. 1066 Art. 29 RESC schreibt aber nicht vor, dass eine Übereinkunft über die konkrete weitere Vorgehensweise gefunden wird, sodass die Letztentscheidungsbefugnis beim Arbeitgeber liegen darf. 1067

1058

Länderbericht 2007 Art. 29 Schweden, Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 29 Italien; Länderbericht 2014 Art. 29 Montenegro. 1059 Länderbericht 2010 Art. 29 Italien; Länderbericht 2014 Art. 29 Schweden. 1060 Explanatory report to the RESC Rn. 109; Länderbericht 2007 Art. 29 Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 29 Georgien; Länderbericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation, Aserbaidschan, Bulgarien, Finnland, Georgien, Irland, Nordmazedonien, Montenegro, Portugal, Russland, Serbien, Slowakei, Türkei, Zypern; Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland. 1061 Länderbericht 2005 Art. 29 Estland; Länderbericht 2007 Art. 29 Belgien, Bulgarien, Finnland, Irland, Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 29 Albanien, Bulgarien, Malta, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation, Aserbaidschan, Bulgarien, Estland, Georgien, Irland, Nordmazedonien, Montenegro, Niederlande, Russland, Serbien, Slowakei, Türkei, Zypern. 1062 Länderbericht 2010 Art. 29 Italien. 1063 Länderbericht 2003 Art. 29 Frankreich; Länderbericht 2007 Art. 29 Albanien, Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 29 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 29 Portugal, Russland, Serbien. 1064 Länderbericht 2014 Art. 29 Serbien, Ukraine. Länderbericht 2003 Art. 29 Schweden. 1065 Länderbericht 2003 Art. 29 Frankreich. 1066 Länderbericht 2003 Art. 29 Italien; Länderbericht 2010 Art. 29 Italien. 1067 Länderbericht 2003 Art. 29 Bulgarien, Frankreich, Italien, Rumänien, Schweden, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 29 Estland, Litauen, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 29 Aser-

E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite 

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(2) Zeitliche Ausgestaltung des Anhörungsrechts Das Anhörungsverfahren muss zu einem Zeitpunkt aufgenommen werden, in dem eine Einflussnahme auf die endgültige Ausgestaltung noch möglich ist. 1068 Das EKSR hat selbst keine zeitliche Grenze gezogen. Den Staaten steht es frei, ob sie feste Fristen für das Anhörungsverfahren festlegen, wie beispielsweise die Aufnahme der Beratungen innerhalb von 5 oder 7 Tagen nach Unterrichtung der Arbeitnehmervertreter, oder Reaktionsfristen der Arbeitnehmervertreter von 7 bis 15 Tagen. 1069 Damit eine umfassende Anhörung möglich ist, kann ein Mindestabstand zwischen Information und Durchführung der Massenentlassung von bis zu drei Monaten festgelegt werden. 1070 d) Absicherung der Unterrichtungs- und Anhörungsrechte Damit die eingerichteten Verfahren ihrem Zweck gerecht werden, muss ihre tatsächliche Durchführung gewährleistet sein. 1071 Zum einen darf die Teilnahme von Arbeitnehmervertretern nicht durch negative Folgen behindert werden. 1072 Zum anderen müssen staatliche Sicherungsmechanismen die effektive Wahrnehmung der Rechte gewährleisten. 1073 Insbesondere muss es möglich sein, ein Verfahren vor Gericht oder Behörden einzuleiten, bevor Entlassungen ohne die notwendige Beratung wirksam werden. 1074 Die Einhaltung dieser Vorschriften kann von einer baidschan, Georgien, Niederlande, Portugal, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 29 Georgien, Nordmazedonien, Montenegro, Russland, Serbien, Slowakei, Zypern. 1068 Länderbericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation. 1069 Länderbericht 2003 Art. 29 Italien, Rumänien; Länderbericht 2005 Art. 29 Estland; Länderbericht 2010 Art. 29 Italien, Malta; Länderbericht 2014 Art. 29 Montenegro, Niederlande, Portugal, Serbien. 1070 Länderbericht 2003 Art. 29 Rumänien; Länderbericht 2005 Art. 29 Moldau; Länderbericht 2007 Art. 29 Albanien, Belgien, Bulgarien, Finnland, Irland, Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 29 Aserbaidschan, Bulgarien, Georgien, Malta, Portugal, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 29 Aserbaidschan, Estland, Nordmazedonien, Niederlande, Russland, Slowakei, Zypern. 1071 Länderbericht 2003 Art. 29 Bulgarien, Frankreich, Italien, Rumänien, Schweden, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 29 Estland, Litauen, Moldau; Länderbericht 2007 Art. 29 Bulgarien, Schweden, Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 29 Aserbaidschan, Georgien, Montenegro, Niederlande, Schweden, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 29 Aserbaidschan, Georgien, Irland, Nordmazedonien, Moldau, Niederlande, Russland, Schweden, Serbien, Slowakei, Slowenien, Ukraine, Zypern; Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland. 1072 Länderbericht 2014 Art. 29 Statement of Interpretation. 1073 Länderbericht 2003 Art. 29 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 29 Georgien, Ukraine; Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland. 1074 Länderbericht 2003 Art. 29 Bulgarien, Frankreich, Italien, Rumänien, Schweden, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 29 Estland, Litauen, Moldau; Länderbericht 2007 Art. 29 Bulgarien, Schweden, Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 29 Aserbaidschan, Georgien, Niederlande, Schweden, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 29 Aserbaidschan, Georgien, Irland, Nordmazedonien, Moldau, Montenegro, Niederlande, Portugal, Russland, Schweden, Serbien, Slowakei, Slowenien, Ukraine, Zypern; Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland, Ukraine.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

staatlichen Stelle überwacht werden 1075, etwa indem ohne die Durchführung des Verfahrens die staatliche Erlaubnis für die Entlassungen nicht erteilt wird. 1076 e) Folgen einer Verletzung der Unterrichtungs- und Anhörungsrechte aa) Folgen einer Verfahrensverletzung für den Arbeitgeber Damit Unterrichtung und Anhörung tatsächlich durchgeführt werden, muss der Arbeitgeber bei einer Verletzung des Verfahrens mit effektiven abschreckenden Sanktionen belegt werden. 1077 Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, kann zusätzlich die für die Verletzung verantwortliche natürliche Person belangt werden. 1078 Die Berechnungsfaktoren für die Geldbuße liegen im Ermessen des Staates, sodass Höhe des Umsatzes oder die Rechtsform des Arbeitgebers eine Rolle spielen können. 1079 Abschreckend wäre beispielsweise ein Strafmaß von 767 € für einen Einzelkaufmann, 2.550 € bis 3.200 € für eine juristische Person 1080 oder rund 1.165 € pro entlassenem Arbeitnehmer 1081, während das EKSR die Summe von 386 € für den gesamten Verstoß ausdrücklich als lächerlich bezeichnete und Nachbesserung forderte 1082. In besonders schweren Fällen ist die Verhängung einer Freiheitsstrafe möglich. 1083 Daneben können der zur Unterrichtung und Beratung eigentlich berechtigten Gewerkschaft Schadensersatzansprüche zustehen. 1084 bb) Folgen einer Verfahrensverletzung für die entlassenen Arbeitnehmer Vielgestaltiger sind die Folgen für die ohne Unterrichtung und Anhörung entlassenen Arbeitnehmer: Die Entlassung kann unwirksam sein 1085 oder zumindest bis 1075

Länderbericht 2010 Art. 29 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 29 Estland. Länderbericht 2005 Art. 29 Estland. 1077 Länderbericht 2003 Art. 29 Bulgarien, Frankreich, Italien, Rumänien, Schweden, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 29 Estland, Litauen, Moldau; Länderbericht 2007 Art. 29 Bulgarien, Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 29 Aserbaidschan, Georgien, Niederlande, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 29 Aserbaidschan, Georgien, Irland, Nordmazedonien, Moldau, Montenegro, Portugal, Russland, Serbien, Slowakei, Slowenien, Ukraine, Zypern; Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland. 1078 Länderbericht 2010 Art. 29 Slowenien. 1079 Länderbericht 2010 Art. 29 Slowenien. 1080 Länderbericht 2010 Art. 29 Bulgarien, Estland. 1081 Länderbericht 2014 Art. 29 Malta. 1082 Länderbericht 2005 Art. 29 Estland. 1083 Länderbericht 2003 Art. 29 Frankreich, Italien. 1084 Länderbericht 2007 Art. 29 Schweden. 1085 Länderbericht 2010 Art. 29 Belgien, Italien, Litauen, Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 29 Niederlande, Rumänien. 1076

E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite 

201

zur Nachholung des Verfahrens aufgeschoben werden 1086. Sollten die Entlassungen trotz unterlassener Arbeitnehmerbeteiligung wirksam sein, ist den Betroffenen ein Geldbetrag zu zahlen, der über die Abfindung bei einer regulären Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen hinausgeht und neben den materiellen auch immaterielle Nachteile ersetzt. 1087 Damit die zu zahlende Summe tatsächlich die erlittenen Schäden kompensiert, darf ihre Höhe nicht begrenzt werden; dies untersucht das EKSR im Rahmen von Art. 24 RESC. 1088

II. Gewährleistung der Beteiligung an der Festlegung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsumwelt, Art. 22 RESC 1. Zu beteiligende Arbeitnehmervertreter Wie Art. 21 RESC gewährt auch Art. 22 RESC Arbeitnehmern und deren Vertretern Teilhaberechte auf Unternehmensebene, in diesem Fall bei der Festlegung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Arbeitsumwelt. Durch wen die Arbeitnehmerseite agiert, kann wie bei Art. 21 RESC von der Betriebsgröße und der Branche abhängen. 1089 Die Vertreter können mit denjenigen identisch sein, die auch die Rechte aus Art. 21 RESC ausüben. 1090 Eine Besonderheit ergibt sich in der Praxis bei der Mitgestaltung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit im Unternehmen nach Art. 22 lit. b RESC: Hier werden häufig besondere Sicherheitsbeauftragte oder -gremien erwähnt, die zusätzlich externe Experten hinzu-

1086

Länderbericht 2003 Art. 29 Frankreich; Länderbericht 2005 Art. 29 Litauen; Länderbericht 2007 Art. 29 Belgien; Länderbericht 2010 Art. 29 Belgien. 1087 Länderbericht 2003 Art. 29 Schweden; Länderbericht 2010 Art. 29 Belgien, Italien, Georgien, Litauen, Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 29 Rumänien. 1088 Länderbericht 2007 Art. 29 Albanien, Finnland, Irland; Länderbericht 2010 Art. 29 Albanien; Länderbericht 2014 Art. 29 Italien. 1089 Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Finnland, Niederlande, Schweden; Länderbericht XIII-5 Art. 3 ZP Finnland, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 3 ZP Dänemark; Länderbericht XV-2 Art. 3 ZP Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 3 ZP Finnland, Griechenland, Slowakei, Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 3 ZP Griechenland, Spanien, Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 3 ZP Kroatien; Länderbericht XVIII-2 Art. 3 ZP Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 3 ZP Griechenland, Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 3 ZP Dänemark, Tschechien; Länderbericht 2003 Art. 22 Bulgarien, Frankreich, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 22 Estland, Litauen; Länderbericht 2007 Art. 22 Belgien; Länderbericht 2010 Art. 22 Albanien, Aserbaidschan, Estland, Norwegen, Portugal, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 22 Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Estland, Norwegen, Portugal, Russland, Serbien, Türkei, Ungarn; Länderbericht 2016 Art. 22 Armenien, Aserbaidschan, Bulgarien, Italien; vgl. § 2 E. I. 1. a) bb). 1090 Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Finnland, Schweden; Länderbericht XVIII-2 Art. 3 ZP Slowakei; Länderbericht 2007 Art. 22 Belgien.

202

§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

ziehen. 1091 In jedem Fall muss wie bei Art. 21 RESC Nichtmitgliedern einer Gewerkschaft ebenfalls die Beteiligung möglich sein. 1092 2. Gegenstände der Beteiligung Art. 22 RESC teilt die Gegenstände der Beteiligung in vier Kategorien ein. Dabei muss die Beteiligung der Arbeitnehmer alle vier Unterabschnitte gleicher­ maßen erfassen. 1093 Gegenstände der Mitgestaltung sind demnach: 1094 – Arbeitsbedingungen und Arbeitsorganisation (lit. a): Arbeitszeit (Überstunden, Schichtarbeit, Nachtarbeit, Urlaub, Dienstplan); Entgelt; Stellenprofile (Arbeitsumfang und -tempo); Anwesenheits- und Leistungskontrolle; Sonderregeln für schutzwürdige Personengruppen (Eltern, Jugendliche, Behinderte); Versetzung; Schutz der Privatsphäre; Aus- und Fortbildung; Arbeitnehmererfindungen; Beschäftigungs- und Sozialpolitik des Unternehmens sowie der Einsatz technischer, personeller und finanzieller Ressourcen. Fragen der Mobilität, betriebsbedingter Kündigungen oder von Betriebsübergängen stellen hingegen keine Gestaltung der Arbeitsbedingungen im eigentlichen Sinne dar. 1095 – Regelungen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit (lit. b): Auswahl der im Betrieb genutzten Technologien und Substanzen; Risikobewertung; Hygiene. Von der Mitbestimmung in diesen Aspekten können Heimarbeiter, haushaltsangehörige Familienmitglieder, Selbständige und das Militär wohl ausgenommen werden 1096, nicht hingegen die Schiff- und Luftfahrt 1097. 1091 Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Finnland, Schweden; Länderbericht XIII-5 Art. 3 ZP Finnland, Italien, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 3 ZP Dänemark; Länderbericht XV-2 Art. 3 ZP Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 3 ZP Finnland, Griechenland, Slowakei, Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 3 ZP Griechenland; Länderbericht XVIII-1 Art. 3 ZP Kroatien; Länderbericht XX-3 Art. 3 ZP Dänemark; Länderbericht 2003 Art. 22 Bulgarien; Länderbericht 2005 Art. 22 Litauen; Länderbericht 2010 Art. 22 Estland, Norwegen, Türkei; Länderbericht 2014 Art. 22 Armenien, Bulgarien, Norwegen, Türkei, Zypern; Beschwerde 111/2014 Rn. 243. 1092 Länderbericht XV-1 Art. 3 ZP Dänemark; Länderbericht XVI-2 Art. 3 ZP Slowakei; Länderbericht 2003 Art. 22 Italien; Länderbericht 2007 Art. 22 Armenien, Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 22 Bulgarien, Italien; Länderbericht 2014 Art. 22 Armenien, Italien. 1093 Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Niederlande, Schweden; Länderbericht XVI-2 Art. 3 ZP Dänemark; Länderbericht 2007 Art. 22 Italien; Länderbericht 2010 Art. 22 Albanien, Portugal; Länderbericht 2014 Art. 22 Russland; Länderbericht 2016 Art. 22 Italien; Länderbericht 2018 Art. 22 Armenien. 1094 Länderbericht XV-2 Art. 3 ZP Slowakei; Länderbericht XVII-2 Art. 3 ZP Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 3 ZP Kroatien; Länderbericht XVIII-2 Art. 3 ZP Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 3 ZP Slowakei, Tschechien; Länderbericht 2003 Art. 22 Frankreich, Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 22 Belgien, Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 22 Armenien, Bosnien und Herzegowina, Finnland, Irland, Portugal, Serbien, Slowakei, Slowenien, Ungarn; Länderbericht 2018 Art. 22 Armenien, Bosnien und Herzegowina. 1095 Länderbericht XIII-5 Art. 3 ZP Italien. 1096 Länderbericht XV-1 Art. 3 ZP Dänemark. 1097 Länderbericht XV-1 Art. 3 ZP Dänemark.

E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite 

203

– soziale und soziokultureller Dienste und Einrichtungen (lit. c): Förderung von Eltern (Krippen, Freizeit- und Feriennagebote); Beteiligung an zusätzlicher Krankenversicherung; Kantine; Sport und Kultur; Büchereien; Darlehensgewährung; Sozialpläne; sonstige Vergünstigungen. Die Errichtung solcher Dienste und Einrichtungen ist nicht notwendig; wo sie aber geschaffen werden, müssen die Arbeitnehmer einen Beitrag zu deren Gestaltung leisten können. 1098 Nach lit. d muss die Überwachung der einschlägigen Vorschriften den Arbeitnehmern, ihren Vertretern oder der Gewerbeaufsicht übertragen werden. 1099 Dabei können der Arbeitnehmerseite Mitwirkungspflichten auferlegt werden, etwa zur umgehenden Meldung von Sicherheitsrisiken 1100 oder in Form einer Rechenschaft gegenüber dem Inspektorat 1101. Die Rechte müssen sowohl in öffentlichen als auch in privaten Unternehmen gelten mit Ausnahme von Kleinbetrieben und Tendenzunternehmen. 1102 3. Verfahren der Beteiligung Auch bei Art. 22 RESC ist die konkrete Ausgestaltung der Beteiligung weitgehend den Staaten überlassen. Für die Ausgestaltung gibt es keine konkreten Vorgaben der RESC oder des EKSR, solange der Arbeitnehmerseite in den Berei­ chen von lit. a bis c eine gewisse Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung des Arbeitgebers sowie eine effektive Überwachung im Sinne von lit. d möglich ist. 1103 Erreicht werden kann dies etwa durch rechtzeitige Informations-, Zutritts-, Untersuchungs-, Beratungs-, Initiativ- oder Mitbestimmungsrechte 1104 oder regel 1098 Länderbericht XVIII-1 Art. 3 ZP Kroatien; Länderbericht XVIII-2 Art. 3 ZP Dänemark; Länderbericht 2005 Art. 22 Estland, Litauen; Länderbericht 2007 Art. 22 Albanien, Frankreich, Italien; Länderbericht 2010 Art. 22 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 22 Bosnien und Herzegowina, Irland, Litauen, Niederlande, Russland, Serbien, Ungarn; Länderbericht 2016 Art. 22 Armenien; Länderbericht 2018 Art. 22 Lettland. 1099 Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Schweden; Länderbericht XIII-5 Art. 3 ZP Italien, Schweden; Länderbericht XV-2 Art. 3 ZP Slowakei; Länderbericht XVI-2 Art. 3 ZP Spanien, Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 3 ZP Kroatien; Länderbericht 2005 Art. 22 Estland, Litauen; Länderbericht 2007 Art. 22 Albanien, Armenien; Länderbericht 2010 Art. 22 Estland, Litauen, Norwegen; Länderbericht 2014 Art. 22 Armenien, Bosnien und Herzegowina, Estland, Irland, Türkei, Zypern. 1100 Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Finnland. 1101 Länderbericht XVIII-1 Art. 3 ZP Kroatien; Länderbericht 2010 Art. 22 Estland. 1102 Länderbericht 2018 Art. 22 Lettland. 1103 Länderbericht XVIII-2 Art. 3 ZP Slowakei; Länderbericht 2005 Art. 22 Estland; Länderbericht 2007 Art. 22 Albanien, Armenien, Belgien, Litauen; Länderbericht 2010 Art. 22 Portugal, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 22 Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Russland, Serbien, Ungarn; Länderbericht 2016 Art. 22 Armenien, Aserbaidschan, Bulgarien, Italien; Länderbericht 2018 Art. 22 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Lettland. 1104 Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Finnland; Länderbericht XIII-5 Art. 3 ZP Finnland, Italien, Schweden; Länderbericht XIV-2 Art. 3 ZP Niederlande; Länderbericht XVI-2 Art. 3 ZP Griechenland, Slowakei, Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 3 ZP Tschechien; Länderbericht

204

§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

mäßige Treffen von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite 1105. Die Form der Beteiligung kann in den verschiedenen Sektoren variieren. 1106 Streitigkeiten über den Umfang der Teilhaberechte können durch Schiedsverfahren gelöst werden. 1107 Eine ernstliche Auseinandersetzung des Arbeitgebers mit den Stellungnahmen der Arbeitnehmerseite kann erlangt werden, dass er eine Abweichung von den Empfehlungen begründen muss. 1108 Von den Maßnahmen, die der Staat zur Gewährleistung dieser Rechte ergreifen oder fördern kann, werden neben der Errichtung von Leitlinien und der Bereitstellung von Informationsmaterial 1109 lediglich Bildungsmaßnahmen für Sicherheitsbeauftragte 1110 genannt. Darüber hinaus sollen Arbeitnehmer, die sich bei der Mitgestaltung engagieren, vor Strafen oder schlechterer Behandlung geschützt werden. 1111 4. Folgen von Verstößen gegen Beteiligungsverfahren Genauere Vorgaben macht das EKSR bei der Absicherung der Arbeitnehmerbeteiligung: Bei Verletzung der Beteiligungsrechte müssen Rechtsmittel zur Verfügung stehen, die zu einer abschreckenden Sanktion des Arbeitgebers führen. 1112

XVIII-1 Art. 3 ZP Kroatien; Länderbericht XVIII-2 Art. 3 ZP Slowakei; Länderbericht XIX-3 Art. 3 ZP Griechenland, Kroatien, Slowakei, Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 3 ZP Tschechien; Länderbericht 2003 Art. 22 Frankreich, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 22 Estland, Litauen; Länderbericht 2007 Art. 22 Belgien, Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 22 Bulgarien, Litauen, Norwegen, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 22 Irland, Portugal, Serbien, Slowakei, Slowenien, Zypern; Länderbericht 2016 Art. 22 Armenien. 1105 Nicht beanstandet wurden folgende Zeitabstände: Monatlich: Länderbericht 2014 Art. 22 Portugal. Alle drei Monate: Länderbericht 2003 Art. 22 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 22 Armenien; Länderbericht 2016 Art. 22 Armenien. Alle vier Monate: Länderbericht 2010 Art. 22 Bulgarien. Alle sechs Monate: Länderbericht XVI-2 Art. 3 ZP Finnland. Jährlich: Länderbericht XX-3 Art. 3 ZP Dänemark. 1106 Länderbericht XIII-5 Art. 3 ZP Finnland; Länderbericht XVI-2 Art. 3 ZP Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 3 ZP Kroatien; Länderbericht XX-3 Art. 3 ZP Dänemark; Länderbericht 2003 Art. 22 Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 22 Niederlande; Länderbericht 2014 Art. 22 Bulgarien, Frankreich. 1107 Länderbericht XVI-2 Art. 3 ZP Griechenland. 1108 Länderbericht 2007 Art. 22 Belgien. 1109 Länderbericht XX-3 Art. 3 ZP Dänemark; Länderbericht 2014 Art. 22 Niederlande, ­Zypern. 1110 Länderbericht 2014 Art. 22 Zypern. 1111 Länderbericht 2010 Art. 22 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 22 Irland. 1112 Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Statement of Interpretation; Länderbericht XVIII-2 Art. 3 ZP Slowakei; Länderbericht 2007 Art. 22 Armenien; Länderbericht 2010 Art. 22 Albanien, Aserbaidschan, Estland, Italien, Portugal, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 22 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Finnland, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Serbien, Slowakei, Türkei, Ungarn, Zypern; Länderbericht 2016 Art. 22 Armenien, Aserbaidschan, Norwegen, Russland, Türkei; Länderbericht 2018 Art. 22 Aserbaidschan, Lettland, Zypern.

E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite 

205

Dabei gelten die zu Art. 21 RESC aufgestellten Grundsätze 1113, sodass die Tätigkeit des Arbeitgebers suspendiert werden kann 1114, Verwarnungen 1115 ausgesprochen werden können oder in gerichtlichen Verfahren 1116 Bußgelder 1117 oder Freiheitsstrafen 1118 verhängt werden können. Dem Arbeitgeber kann zudem eine Ersatzpflicht auferlegt werden für Schäden, die auf unter Verstoß gegen Art. 22 lit. b oder  d RESC herrschenden gefährlichen oder ungesunden Arbeitsbedingungen beruhen. 1119

III. Gewährleistung des Schutzes von Arbeitnehmervertretern im Betrieb und Erleichterungen, die ihnen zu gewähren sind, Art. 28 RESC 1. Anwendungsbereich Als letzte hier thematisierte Vorschrift gewährt Art. 28 RESC Arbeitnehmervertretern im Betrieb Schutz und gewisse Erleichterungen, damit sie ihrer Aufgabe effektiv nachkommen können. Die von dieser Norm erfassten Arbeitnehmervertreter sind etwa Betriebsräte, Vertreter im Aufsichtsrat eines Unternehmens, spezielle Sicherheitsbeauftragte oder gewählte Bevollmächtigte, unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit. 1120 Eine Begrenzung des Schutzes auf in Kollektiv 1113

Vgl. § 2 E. I. 1. d); Länderbericht XIV-2 Art. 3 ZP Niederlande; Länderbericht XVIII-1 Art. 3 ZP Kroatien; Länderbericht XVIII-2 Art. 3 ZP Slowakei; Länderbericht 2007 Art. 22 Albanien, Belgien; Länderbericht 2010 Art. 22 Belgien; Länderbericht 2014 Art. 22 Slowakei, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 22 Italien, Norwegen. 1114 Länderbericht XIX-3 Art. 3 ZP Griechenland; Länderbericht 2003 Art. 22 Bulgarien; Länderbericht 2007 Art. 22 Armenien; Länderbericht 2016 Art. 22 Norwegen. 1115 Länderbericht XIX-3 Art. 3 ZP Dänemark, Kroatien; Länderbericht 2010 Art. 22 Norwegen; Länderbericht 2014 Art. 22 Slowakei; Länderbericht 2016 Art. 22 Norwegen. 1116 Länderbericht XIII-5 Art. 3 ZP Finnland; Länderbericht XIX-3 Art. 3 ZP Tschechien; Länderbericht 2003 Art. 22 Frankreich, Slowenien; Länderbericht 2007 Art. 22 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 22 Aserbaidschan, Belgien, Portugal; Länderbericht 2016 Art. 22 Norwegen. 1117 Länderbericht XVI-2 Art. 3 ZP Spanien; Länderbericht XVIII-1 Art. 3 ZP Kroatien; Länderbericht XIX-3 Art. 3 ZP Kroatien; Länderbericht XX-3 Art. 3 ZP Spanien; Länderbericht 2003 Art. 22 Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 22 Estland, Litauen; Länderbericht 2007 Art. 22 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 22 Belgien, Norwegen; Länderbericht 2014 Art. 22 Slowakei, Türkei. 1118 Länderbericht XIX-3 Art. 3 ZP Dänemark 1119 Länderbericht 2003 Art. 22 Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 22 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 22 Aserbaidschan. 1120 Länderbericht 2003 Art. 28 Frankreich, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 28 Estland, Litauen, Moldau, Zypern; Länderbericht 2007 Art. 28 Albanien, Armenien, Finnland, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 28 Aserbaidschan, Estland, Malta, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 28 Bosnien und Herzegowina, Irland, Malta, Nordmazedonien, Montenegro, Niederlande, Österreich, Portugal, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Ukraine; Länderbericht 2018 Art. 28 Lettland, Nordmazedonien, Moldau, Russland, Ukraine; vgl. Explanatory report to the RESC Rn. 107.

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

vertragsverhandlungen involvierte Vertreter ist nicht zulässig. 1121 Nur wenn die Arbeitnehmervertretung ausschließlich durch Gewerkschaften erfolgt, kann die Stellungnahme zu Art. 5 RESC auf Art. 28 RESC übertragen werden. 1122 2. Materielle Rechte a) Schutz der Vertreter vor Benachteiligungen In erster Linie müssen Arbeitnehmervertreter vor jeglicher Form von Benachteiligung aufgrund dieser Eigenschaft geschützt werden. Der Schutz erstreckt sich auf Schlechterbehandlungen 1123 sowohl aufgrund der Mitgliedschaft in einem Vertretungsgremium, entsprechender Aktivitäten als auch lediglich der Aufstellung zur Wahl. 1124 Ausgenommen werden können etwa die Probezeit oder Kündigungen aus wichtigem Grund. 1125 Beruht die benachteiligende Maßnahme auf anderen Motiven als dem Engagement als Vertreter, kann ihre Wirksamkeit jedoch von der Zustimmung der Gewerkschaft, dem entsprechenden Vertretungsgremium oder einer staatlichen Aufsichtsstelle abhängen. 1126 Besonderes Augenmerk legt das EKSR auf einen angemessenen Kündigungsschutz: Hier reicht es aus, wenn die Stellung als Arbeitnehmervertreter als ein Faktor in die allgemeine Interessenabwägung bei der Rechtfertigung der Kündigung einfließt. 1127 Die Beweislast für den Kündigungsgrund darf dem Arbeit­geber auferlegt werden 1128, allerdings ist dies für einen effektiven Schutz nicht notwen 1121 Länderbericht 2010 Art. 28 Moldau; Länderbericht 2014 Art. 28 Moldau; Länderbericht 2018 Art. 28 Lettland, Nordmazedonien. 1122 Länderbericht 2007 Art. 28 Bulgarien, Italien; Länderbericht 2014 Art. 28 Italien, Türkei. 1123 Vgl. § 2 B. IV. 1. a). 1124 Länderbericht 2003 Art. 28 Frankreich, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 28 Zypern; Länderbericht 2010 Art. 28 Niederlande, Türkei; Länderbericht 2014 Art. 28 Frankreich, Portugal; Länderbericht 2018 Art. 28 Armenien, Aserbaidschan, Nordmazedonien, Moldau, Montenegro, Ukraine. 1125 Länderbericht 2010 Art. 28 Niederlande. 1126 Länderbericht 2003 Art. 28 Frankreich, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 28 Estland, Litauen; Länderbericht 2007 Art. 28 Albanien, Armenien, Bulgarien, Finnland, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 28 Aserbaidschan, Estland, Niederlande, Norwegen, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 28 Bosnien und Herzegowina, Frankreich, Italien, Litauen, Norwegen, Österreich, Russland, Slowakei. Eine Wirksamkeit ist auch ohne besondere Zustimmung möglich, vgl. Länderbericht 2014 Art. 28 Malta. Speziell zu Kündigungen aus anderen Gründen: Länderbericht 2003 Art. 28 Frankreich; Länderbericht 2005 Art. 28 Estland, Litauen; Länderbericht 2007 Art. 28 Albanien, Armenien, Bulgarien, Finnland, Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 28 Norwegen; Länderbericht 2014 Art. 28 Armenien, Moldau, Norwegen, Österreich, Rumänien, Serbien, Slowakei. 1127 Länderbericht 2014 Art. 28 Norwegen; Länderbericht 2016 Art. 28 Norwegen. 1128 Länderbericht 2005 Art. 28 Zypern; Länderbericht 2010 Art. 28 Estland, Litauen, Rumänien, Slowenien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 28 Rumänien, Türkei; Länderbericht 2016 Art. 28 Finnland.

E. Zusätzliche Rechte der Arbeitnehmerseite 

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dig 1129. Die Rechtsfolgen, die an eine unrechtmäßige Kündigung zu knüpfen waren, entsprechen denen im Rahmen von Art. 5 RESC 1130 und Art. 24 RESC 1131, sodass eine finanzielle Entschädigung dann angemessen ist, wenn finanzielle Einbußen zwischen Kündigung und der Gerichtsentscheidung ersetzt werden, und die Entschädigung hoch genug ist, um den Arbeitgeber abzuschrecken sowie den vom Arbeitnehmer erlittenen Schaden zu ersetzen. 1132 Eine Deckelung der Abfindung ist nur noch dann zulässig, wenn auf anderem Wege Ersatz des immateriellen Schadens verlangt und der Abschreckungseffekt erzielt werden können. 1133 Das EKSR äußerte zwar zwischenzeitlich, dass nur durch die Möglichkeit der Wiedereinstellung der Grundsatz realisiert wird, dass der Arbeitnehmer keine Nachteile in seiner Beschäftigungssituation erleidet 1134, griff dies aber in den jüngsten Stellungnahmen nicht wieder auf. Damit der Schutz vor Benachteiligungen durchgreift, muss er nicht nur während des Mandats bestehen, sondern auf eine Periode von mindestens sechs Monaten nach Mandatsende ausgedehnt werden. 1135 Zudem müssen den Vertretern Rechtsmittel zur Verfügung stehen. 1136 Ein friedliches Streitbeilegungsverfahren darf vorgeschaltet sein. 1137

1129

Länderbericht 2003 Art. 28 Frankreich; Länderbericht 2007 Art. 28 Albanien. Länderbericht 2007 Art. 28 Bulgarien. 1131 Länderbericht 2014 Art. 28 Slowakei. 1132 Länderbericht 2007 Art. 28 Bulgarien; Länderbericht 2010 Art. 28 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 28 Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Irland, Malta, Nordmazedonien, Moldau, Montenegro, Niederlande, Österreich, Portugal, Russland, Slowakei, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 28 Finnland. 1133 Länderbericht 2016 Art. 28 Finnland mit Verweis auf Länderbericht 2012 Art. 1 § 2 und 24, Andorra, sowie Länderbericht 2011 Art. 8 § 2 und 27 § 3 Statement of Interpretation; Länderbericht 2018 Art. 28 Slowakei. 1134 Länderbericht 2016 Art. 28 Finnland. 1135 Länderbericht 2003 Art. 28 Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 28 Estland; Länderbericht 2007 Art. 28 Bulgarien, Finnland, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 28 Statement of Interpretation, Portugal, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 28 Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Litauen, Malta, Moldau, Montenegro, Nordmazedonien, Norwegen, Österreich, Portugal, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 28 Aserbaidschan, Norwegen; Länderbericht 2018 Art. 28 Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Litauen, Nordmazedonien, Norwegen, Österreich, Rumänien, Russland, Türkei, Ukraine. 1136 Länderbericht 2005 Art. 28 Zypern; Länderbericht 2010 Art. 28 Norwegen, Slowenien, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 28 Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Moldau, Montenegro, Österreich, Russland, Serbien, Slowakei, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 28 Finnland. 1137 Länderbericht 2014 Art. 28 Irland. 1130

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§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

b) Gewährung von Erleichterungen Darüber hinaus sind Arbeitnehmervertretern Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Aufgabe effektiv erfüllen können. Da ILO-Empfehlung Nr. 143 bei der Abfassung von Art. 29 RESC als Vorbild diente 1138, umfassen die regelmäßig dargestellten und vom EKSR erfragten Erleichterungen:1139 – Bezahlte Freistellungen: Diese dürfen zeitlich begrenzt werden 1140. Wenn der Lebensunterhalt durch die Gewerkschaft gesichert wird, ist eine Suspendierung des Arbeitsverhältnisses möglich 1141; – Zutritts-, Werbe- und Informationsrechte, beispielsweise Verteilung von Flyern oder Aushänge an Informationstafeln; – Nutzung von Räumlichkeiten, technischer Ausstattung und anderer Ressourcen des Arbeitgebers; – Versammlungsrechte auf dem Betriebsgelände; – Teilnahme an Fortbildungen zu wirtschaftlichen, sozialen und gewerkschaftlichen Fragen ohne finanzielle Einbußen, insbesondere durch Zahlung der Teilnahmegebühren; zusätzlich kann ein Zeitausgleich in Freizeit oder Geld erfolgen 1142; – unverzüglicher Zugang zur Unternehmensleitung; – Einsammeln der Gewerkschaftsbeiträge durch den Arbeitgeber. Darüber hinaus sind weitere Erleichterungen denkbar, allerdings wurden sie vom EKSR bisher nicht thematisiert.

1138 Länderbericht 2010 Art. 28 Statement of Interpretation; ILO Workers’ Representatives Recommendation, 1971 (No. 143). 1139 Länderbericht 2003 Art. 28 Frankreich, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 28 Estland, Zypern; Länderbericht 2007 Art. 28 Albanien, Finnland; Länderbericht 2010 Art. 28 Statement of Interpretation, Aserbaidschan, Estland, Litauen, Norwegen; Länderbericht 2014 Art. 28 Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Litauen, Malta, Nordmazedonien, Montenegro, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 28 Armenien, Ukraine; Länderbericht 2018 Art. 28 Montenegro, Niederlande. 1140 Länderbericht 2005 Art. 28 Estland (2 Stunden pro Woche); Länderbericht 2007 Art. 28 Litauen (60 Stunden im Jahr), Rumänien (20 Stunden im Monat); Länderbericht 2014 Art. 28 Bosnien und Herzegowina (6 Stunden pro Woche), Russland (für Vertretung und Verhandlung notwendige Dauer, maximal 3 Monate), Serbien (für die Vertretungsaufgabe notwendige Zeitspanne). 1141 Länderbericht 2007 Art. 28 Albanien; Länderbericht 2014 Art. 28 Bosnien und Herzegowina, Österreich, Portugal. 1142 Länderbericht 2010 Art. 28 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 28 Niederlande.

F. Zusammenfassung und weiteres Vorgehen

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3. Umsetzung der Verpflichtungen aus Art. 28 RESC Auch bei Art. 28 RESC ist die konkrete Ausgestaltung den Staaten überlassen. Die Sicherstellung der Aufgabenwahrnehmung der Arbeitnehmervertreter ist etwa durch Verwaltungsvorschriften, Programme, Aktionspläne oder andere Projekte möglich. 1143 Bleiben entsprechende Informationen aus, kann das EKSR einen Verstoß feststellen. 1144

F. Zusammenfassung und weiteres Vorgehen Das EKSR hat den allgemein formulierten Vorschriften der RESC zum kollektiven Arbeitsrecht in vielen Teilen konkretere Inhalte zugewiesen. Die umfangreichste Spruchpraxis besteht zur individuellen und kollektiven positiven sowie zur negativen Vereinigungsfreiheit aus Art. 5 RESC, zur Verhandlung von Kollektivverträgen im Sinne von Art. 6 § 2 RESC sowie zum Streikrecht in Art. 6 § 4 RESC. Dass das EKSR sich mit diesen Bereichen am intensivsten auseinandersetzt, entspricht seiner Auffassung, dass die kollektive Vertretung von Arbeitnehmerinteressen durch ihre Vereinigungen im Rahmen von Kollektivvertragsverhandlungen und Kollektivmaßnahmen essentiell für den Schutz der Arbeitsbedingungen ist. 1145 Anderen Möglichkeiten, Arbeitnehmerinteressen zu schützen, kommt demgegenüber eine untergeordnete Rolle zu. Noch weniger Umfang nehmen Äußerungen zu den Rechten der Arbeitgeberseite ein, sei es die Gründung von Vereinigungen oder das Aussperrungsrecht. Dies passt zu dem Grundgedanken des kollektiven Arbeitsrechts, der die Arbeitnehmerseite als schwächer und damit als schutzbedürftig einstuft, während Arbeitgeber auf keine solche Unterstützung angewiesen sein sollen. Einige Anforderungen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der RESC werden vom EKSR deutlich benannt, etwa die Notwendigkeit eines effektiven Kündigungsschutzes aufgrund der Eigenschaft als Arbeitnehmervertreter oder das Verbot von closed-shop-Klauseln. Auf der anderen Seite bestehen zahlreiche Spielräume, die durch die Staaten unterschiedlich genutzt werden können. Ausdrücklich besteht eine solche Offenheit etwa bei der Zusammensetzung von Beratungs- und Verhandlungsgremien, der Auswahl von Förderungsmaßnahmen oder der Beurteilung der Notwendigkeit von Eingriffen. Freiheiten gewähren auch diejenigen Bewertungen, die ein bestimmtes staatliches Verhalten zulassen, es aber nicht als notwendige Voraussetzung für die Einhaltung der Pflichten aus der RESC einstufen, etwa die Errichtung von Repräsentativitätskriterien, die Auferlegung von Verhandlungspflichten oder die Begrenzung des Streikausrufungsrechts auf Ge 1143 Länderbericht 2014 Art. 28 Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro, Serbien. 1144 Länderbericht 2014 Art. 28 Ukraine. 1145 Beschwerde 83/2012 Rn. 210; Beschwerde 85/2012 Rn. 120, 122, 140; Beschwerde 111/ 2014 Rn. 71.

210

§ 2 Das kollektive Arbeitsrecht vor dem EKSR: Eine Bestandsaufnahme 

werkschaften. Darüber hinaus verlangen nicht alle Vorschriften dieselben Rechtsfolgen bei Rechtsverletzungen: Während bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Vereinigungsrecht der Arbeitnehmer, gegen das Kündigungsverbot wegen der Streikteilnahme oder gegen Rechte aus Art. 22 oder 29 RESC abschreckende Strafen vorgesehen müssen, werden sie bei anderen Rechten nicht explizit gefordert. Diese Spruchpraxis wirft mehrere Fragen auf. Zum einen ist zu prüfen, ob die Tätigkeit des EKSR ausreicht, um die Pflichten aus der RESC zu konkretisieren. Dies könnte angesichts der vielen Spielräume, die den Staaten ausdrücklich oder implizit belassen werden, bezweifelt werden. Daher wird zunächst unter § 3 A. I. untersucht, ob die Vorschriften für eine praktische Handhabbarkeit hinreichend präzisiert sind. Neben der Präzisierung ist die Widerspruchsfreiheit der Auslegungsergebnisse ausschlaggebend für ihre Praxistauglichkeit. Diese wird unter § 3 A. II. thematisiert. In einem zweiten Schritt wird in § 3 B. die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen behandelt. Dafür wird zum einen herausgearbeitet, welche Auslegungsmethoden das EKSR bei seiner Arbeit ausdrücklich anwendet (§ 3 B. I.). Es bleibt außer Betracht, welche Interpretationsregeln nach den Grundsätzen des Völkervertragsrechts anzuwenden wären 1146, und ob die Stellungnahmen damit konform sind. Zum anderen wird die Argumentationsqualität in den Stellungnahmen unabhängig von der Anführung konkreter Auslegungsmethoden betrachtet (§ 3 B. II.). In einem Ausblick (§ 3 C) wird versucht, aus den gefundenen Ergebnissen Schlüsse für künftige Stellungnahmen des EKSR zu ziehen.

1146 Ausführlich dazu Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 21 ff.

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR I. Präzisierung der Staatenverpflichtungen Zunächst ist zu untersuchen, ob das EKSR die Inhalte der RESC hinreichend präzisiert, sodass die Vorschriften für die Staaten handhabbar werden, indem sich konkrete Verhaltensanweisungen ergeben. Dafür wird zunächst die vom EKSR vorgenommen Unterscheidung von Kern- und Nebenbereichen der einzelnen Rechte analysiert. Anschließend wird untersucht, ob die RESC überhaupt die Festlegung konkreter Verhaltensanweisungen zulässt. 1. Abgestufte Vorgaben bei der Realisierung von Kern- und Nebenbereichen a) Unterscheidung von Kern- oder Nebenbereich Anhand der eben erfolgten Bestandsaufnahme ist festzustellen, dass unterschiedliche Anforderungen an die Bestimmtheit einzelner Facetten der jeweiligen Rechte gestellt werden. Das EKSR unterscheidet nämlich Kernbereiche einerseits und Nebenbereiche andererseits vom übrigen Inhalt der Vorschriften. Danach bemisst sich die Reichweite des Spielraums, der den Staaten bei der Ausgestaltung innerhalb ihrer Rechtsordnung zukommt: Anders als die übrigen Aspekte müssen Nebenbereiche überhaupt nicht gewährleistet sein, sodass den Staaten hier die Entscheidung überlassen ist, ob diese Bereiche überhaupt gewährleistet sind. 1 Bei der Ausgestaltung der einfachen Bestandteile reicht der Spielraum der Staaten bis 1 Vgl. etwa Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Luxemburg; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 1 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Luxemburg, Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Finnland; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 1 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Island, Norwegen, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Niederlande (Aruba), Polen; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Kroatien, Malta, Slowakei, Ungarn; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Luxemburg; Länderbericht 2002 Art. 6 § 1 Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Albanien, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Aserbaidschan, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Bosnien und Herzegowina, Frankreich, Moldau, Norwegen, Rumänien, Russland, Serbien, Ukraine.

212

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

zum Kernbereich des jeweiligen Rechts, während diese Kerne unangetastet zu bleiben haben. 2 Welche Aspekte das EKSR zu den Kernbereichen beziehungsweise zu den Nebenbereichen der jeweiligen Rechte zählt, wird im Folgenden dargestellt und anschließend einer kritischen Beurteilung unterzogen. b) Zuordnung einzelner Aspekte zu Kern- und Nebenbereichen aa) Ausdrücklich benannte Kernbereichsaspekte der RESC Ausdrücklich zum Kernbereich der RESC zählt das EKSR zunächst die Gleichbehandlung von In- und Ausländern, die sich rechtmäßig im Vertragsstaat auf­ halten oder dort arbeiten. 3 Dies wurde bei der Beurteilung des dänischen Schiffsregisters klargestellt. 4 Mit diesem Sachverhalt hängt auch die Aussage zusammen, dass das Recht auf Kollektivverhandlungen zum Kern der Vereinigungsbetätigungsfreiheit gehört, sodass seine Gewährleistung nicht nur für Art. 6 RESC, sondern auch für Art. 5 RESC relevant ist. 5 In mehreren Beschwerdeverfahren wurde die herausragende Bedeutung der Kollektivverhandlungen wiederholt, weil diese essentiell für den Schutz der Arbeitsbedingungen und für die Autonomie der Gewerkschaften sind. 6 Daran knüpft wiederum das besondere Gewicht des Streikrechts als wirksamstes Kampfmittel der Arbeitnehmerseite an. 7 Zu den Kernelementen der Vereinigungsfreiheit zählen weiterhin ein angemessener Schutz gegen Diskriminierungen aufgrund der Gewerkschaftszugehörigkeit oder der Teilnahme an Gewerkschaftsaktivitäten 8 sowie die negative Vereinigungsfreiheit 9. Insgesamt wurden also nur wenige Aspekte ausdrücklich dem Kern des kollektiven Arbeitsrechts zugeordnet. 2

Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 4 Frankreich, Italien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Beschwerde 26/2004 Rn. 38; Beschwerde 35/2006 Rn. 29; Beschwerde 83/2012 Rn. 83, 109; Beschwerde 101/2013 Rn. 84; Beschwerde 112/2014 Rn. 47; vgl. dazu EGMR vom 8.4.2014 – Rs. 31045/10 Rn. 87 – National Union of Rail, Maritime and Transport Workers. 3 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Deutschland; Beschwerde 26/2004 Rn. 38. 4 Vgl. § 2 C. II. 5. b) cc). 5 Länderbericht XII-1 Art. 5 Dänemark. 6 Beschwerde 26/2004 Rn. 37; Beschwerde 83/2012 Rn. 210, 212; Beschwerde 85/2012 Rn. 120. 7 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Rumänien, Russland; Beschwerde 83/2012 Rn. 210, 212; Beschwerde 85/2012 Rn. 120. 8 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Irland 9 Beschwerde 103/2013 Rn. 76.

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

213

bb) Kernbereichsähnliche Aspekte Auch wenn nur selten explizit der Begriff des Kernbereichs fällt, stellt das EKSR bei bestimmten Sachverhalten regelmäßig einen Verstoß gegen die RESC fest. Selbst wenn die von dieser Spruchpraxis betroffenen Aspekte nicht eindeutig dem Kern angehören, kommt ihnen eine kernbereichsähnliche Bedeutung zu, da ohne ihren Schutz keine Konformität mit der RESC besteht. Zu den allgemeinen Grundsätzen der RESC zählen etwa die Notwendigkeit eines effek­tiven Rechtsschutzes bei Missachtung der in der RESC verbürgten Rechte 10, die grundsätzliche Anwendbarkeit der Rechte sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor 11, sowie die Beteiligung organisierter und nichtorganisierter Arbeitnehmer an Verhandlungs- und Beratungsverfahren 12. Darüber hinaus liegt stets ein Verstoß gegen Art. 5 RESC vor, wenn Selbständige, Rentner und Arbeitslose kein Vereinigungsrecht haben 13, oder wenn die Autonomie oder Betätigungsfreiheit von Vereinigungen unabhängig von ihrer Repräsentativität nicht gewährleistet sind 14. Art. 6 § 2 RESC verlangt den Nachweis echter Verhandlungen über bloße Meinungsmitteilungen hinaus 15 und einen angemessenen Schutz geschlossener Kollektivvereinbarungen 16. Der in Art. 6 § 4 RESC ausdrücklich genannte Streik darf nicht die einzige mögliche Kollektivmaßnahme auf Arbeitnehmerseite darstellen 17, und Arbeitgebern ist im Grundsatz ein Aussperrungsrecht zu gewähren 18. Zudem sind Arbeitnehmer und Arbeitgeber an der Errichtung etwaiger Notdienste zu beteiligen. 19 Die Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik darf weder das Arbeitsverhältnis endgültig beenden noch zu unverhältnismäßig hohen Lohnabzügen führen. 20

10

Vgl. etwa Länderbericht I Art. 5 Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen, Schweden; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien; Länderbericht X-2 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XIII-3 Art. 2 ZP Statement of Interpretation; Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Statement of Interpretation; Länderbericht 2003 Art. 29 Bulgarien, Frankreich, Italien, Rumänien, Schweden, Slowenien. 11 Vgl. etwa § 2 Fn. 9, 422, 632, 681, 977 f. 12 Vgl. etwa § 2 Fn. 333, 724, 1002, 1043, 1092. 13 Vgl. etwa § 2 Fn. 17, 19. 14 § 2 B. II. 2. a) und § 2 B. II. 2. b). 15 Vgl. § 2 Fn. 511. 16 § 2 Fn. 580 f. 17 Vgl. § 2 Fn. 700. 18 § 2 D. III. 19 § 2 Fn. 896. 20 § 2 D. II. 8. a).

214

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

cc) Vom Kernbereich ausdrücklich ausgenommene Aspekte Nur in drei Fällen hat das EKSR Einzelaspekte ausdrücklich vom Kernbereich des jeweiligen Rechts ausgenommen: Zu Nebenbereichen zählt erstens die Entscheidung, ob, und wenn ja auf welche Weise die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite die allgemeine Politik und Regelungen im Arbeitsrecht auf nationaler Ebene mitgestalten können 21, und zweitens wie der Staatshaushalt auf wirtschaftliche Krisen reagiert 22. Drittens kann der Staat im Rahmen der Vorgaben der RESC das öffentliche Interesse, das bei Ausgleich der Belange aller Gesellschaftsangehörigen zu beachten ist, selbst definieren. 23 c) Kritische Würdigung Nachdem die Zuordnung des EKSR zu Kern- und Nebenbereichen herausgearbeitet wurde, ist zu überprüfen, ob diese Unterscheidung überzeugend und für die Staaten hilfreich ist. Daher werden in einem ersten Schritt die Kriterien, anhand derer das EKSR die Unterscheidung fällt, untersucht. Anschließend werden die praktischen Folgen dieser Kategorisierung betrachtet. aa) Zuordnungskriterien (1) Orientierung am Telos der RESC Das EKSR erklärt nicht ausdrücklich, woran es den Kernbereichscharakter eines Aspekts festmacht. Denkbar wäre eine Orientierung am Telos der RESC. Aus teleologischer Sicht gehören zum Kernbereich alle Gewährleistungen, ohne die das verbürgte Recht ausgehöhlt wäre. Demnach ist das Streikrecht offensichtlich Kernbestandteil von Art. 6 § 4 RESC. Eine Aushöhlung wird danebendurch das allgemeine Erfordernis des effektiven Rechtsschutzes, das Führen echter Verhandlungen und den Schutz von Kollektivvereinbarungen im Rahmen von Art. 6

21

Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 1 Luxemburg; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 1 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Luxemburg, Zypern; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 1 Finnland; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 1 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Island, Norwegen, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Niederlande (Aruba), Polen; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 1 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Kroatien, Malta, Slowakei, Ungarn; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 1 Luxemburg; Länderbericht 2002 Art. 6 § 1 Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Estland, Litauen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Albanien, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Aserbaidschan, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Bosnien und Herzegowina, Frankreich, Moldau, Norwegen, Rumänien, Russland, Serbien, Ukraine. 22 Beschwerde 83/2012 Rn. 173. 23 Beschwerde 111/2014 Rn. 85.

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

215

§ 2 RESC, sowie das Kündigungsverbot und den Gehaltsschutz bei Streikteilnahme vermieden. Bei anderen vom EKSR festgestellten Kernaspekten ist das Risiko einer Sinnentleerung nicht offensichtlich: Die Einordnung der Kollektivverhandlungen als Kernaspekt statt als einfachen Bestandteil von Art. 5 RESC wird darauf gestützt, dass diese Form der Interessenvertretung eines der besonderen Vorrechte einer Gewerkschaft sei. 24 Kollektivverhandlungen sind aber Gegenstand von Art. 6 RESC. Das EKSR begründet nicht, warum Kollektivverhandlungen in den Kernbereich von zwei Vorschriften der RESC fallen. Vielmehr kann diese Herangehensweise dazu führen, dass Staaten ungewollte Verpflichtungen auferlegt werden, wenn sie an Art. 5 RESC, nicht hingegen an Art. 6 RESC gebunden sind. Zudem wäre das Vereinigungsrecht erst dann ausgehöhlt, wenn die Vereinigungen auf keine Weise ihrem Gründungszweck entsprechend handeln könnten. Außer Kollektivverhandlungen könnten echte Mitbestimmungsrechte in Unternehmen oder Mitwirkungsmöglichkeiten in der Politik der Vertretung der Mitgliederinteressen dienen. Die Kategorisierung der negativen Vereinigungsfreiheit als Kernelement geht mangels Verankerung im Wortlaut und eindeutig nachweisbaren Willens der Vertragsparteien 25 ebenfalls zu weit. 26 (2) Orientierung an allgemein anerkannten Mindeststandards Wenn nicht das Telos der RESC ausschlaggebend für die Zuordnung zu Kernund Nebenbereichen ist, könnte sich die Abgrenzung an allgemein anerkannten Mindeststandards im kollektiven Arbeitsrecht orientieren. Denkbar ist die Suche nach einem Konsens der Vertragsstaaten, der etwa in ihren Verfassungen zum Ausdruck kommt. 27 Anhaltspunkte könnten auch andere völkerrechtliche Verträge wie die AEMR, der IPwskR oder ILO-Konventionen bieten. 28 Sie bilden die unterste Grenze der zu gewährenden Rechte, während es den Staaten freisteht, darüber hinaus weitere Rechte zu garantieren. 29

24

§ 2 Fn. 185, 241. Vgl. § 2 Fn. 272. 26 Kritisch aus Perspektive der EMRK Hartmann, Negative Tarifvertragsfreiheit im deutschen und europäischen Arbeitsrecht, S. 251 f. 27 Krebber, in: Benvenisti / ​Nolte (Hrsg.), The Welfare State, Globalization, and International Law, S. 175 (216 ff.). 28 Körner-Dammann, Bedeutung und faktische Wirkung von ILO-Standards, S. 26; Krebber, in: Benvenisti / ​Nolte (Hrsg.), The Welfare State, Globalization, and International Law, S. 175 (199, 202 ff.), auch zur arbeitsrechtlichen Perspektive (181 ff.); Neubeck, Die Euro­päische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 210; Riedel, Theorie der Menschenrechtsstandards, S. 297 f., 300 ff. 29 Langille, JWT 4/31 (1997), 27 (35). 25

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§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Problematisch an einer solchen Anknüpfung ist aber, dass weder eine einheitliche Definition von Standards, noch Klarheit über deren Bedeutung besteht. 30 Eine Unterscheidung in den Kernbestand der elementaren Menschenrechte, europäische Mindeststandards sowie übrige Verpflichtungen wurde angedacht, jedoch nie konsequent durchgeführt. 31 Auch wenn Standards keine Rechtsangleichung im Sinne einer Schaffung identischen Rechts verlangen, sondern lediglich das Erreichen vergleichbarer Ergebnisse 32, muss Einigkeit über das anzuvisierende Ziel bestehen. Die Festlegung solcher gemeinsamer Mindeststandards scheint auf regionaler Ebene einfacher möglich, da die Differenzen zwischen den Staaten nicht so groß wirken. 33 Aber auch auf regionalvölkerrechtlicher Ebene sieht der Europarat sich mit der Herausforderung konfrontiert, Staaten mit unterschiedlichen Rechtsordnungen und wirtschaftlichen Möglichkeiten zu vereinen. 34 Gerade im kollektiven Arbeitsrecht spielen Traditionen und gewachsene Systeme eine wichtige Rolle. 35 Das EKSR legt hingegen keinerlei Gedanken in diese Richtung offen. Im Ergebnis ist also nicht klar, nach welchen Kriterien das EKSR die Qualifizierung vornimmt. bb) Folge der Zuordnung Die fehlende Erklärbarkeit der Zuordnung zu Kern- und Nebenbereichen wäre besonders dann misslich, wenn sie für die verpflichteten Staaten weitreichende Folgen hat. Daher ist die Bedeutung dieser Unterscheidung genauer zu betrachten.

30

Körner-Dammann, Bedeutung und faktische Wirkung von ILO-Standards, S. 25 f.; Krebber, in: Benvenisti / ​Nolte (Hrsg.), The Welfare State, Globalization, and International Law, S. 175 (201, 226 ff.); Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 209 ff.; Riedel, Theorie der Menschenrechtsstandards, S. 149 ff., 160 f.; Zimmer, Soziale Mindeststandards und ihre Durchsetzungsmechanismen, S. 43 f. 31 Partsch, in: Bettermann / ​Neumann / ​Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte I/1, S. 235 (264). 32 Novitz, International and European Protection of the Right to Strike, S. 27; mangelnde Berücksichtigung nationaler Eigenheiten etwa bei Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Tschechien Dissenting Opinion Evju, Birk und Mikkola. 33 Bernhardt, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 65 (66), Lyon-Caen / ​Lyon-Caen, Droit Social International et Européen, Rn. 126; Tapiola, in: Blanpain (Hrsg.), The Council of E ­ urope and the Social Challenges of the XXIst Century, S. 53 (53); Valticos, in: Kahn-Freund / ​Hepple (Hrsg.), International Encyclopedia of Comparative law, Bd. XV, Chapter 1, Rn. 20. 34 Kollonay-Lehoczky, in: Däubler / ​Zimmer (Hrsg.), FS Lörcher, S. 154 (155); Valticos, in: Kahn-Freund / ​Hepple (Hrsg.), International Encyclopedia of Comparative law, Bd. XV, Chapter 1, Rn. 20; zum konkreten Beispiel der Tarifgeltung für Außenseiter Hartmann, Negative Tarifvertragsfreiheit im deutschen und europäischen Arbeitsrecht, S. 389 ff. 35 Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (52); Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (224); Kovács, CLLPJ 2005, 445 (445, 476); Lhernould / ​Hablot, in: Teyssié (Hrsg.), La norme transnationale et les relations de travail, S. 14 (21, Rn. 15); Schlachter, in: Hau / ​Schmidt (Hrsg.), FS Lindacher, S. 373 (382); a. A., Novitz, International and European Protection of the Right to Strike, S. 27, die eine gemeinsame kulturelle Grundlage als Basis sieht.

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

217

Aus der Qualifizierung eines Aspekts zum Kernbereich soll resultieren, dass dieser Kern unberührt zu bleiben hat. Die Festsetzung von unverletzlichen Kernen etabliert ein Minimum an Rechten, was wiederum dem Zweck der RESC dient, die Menschenrechte zu fördern und zu erhalten. Daraus lassen sich jedoch kaum klare Verhaltensanweisungen an die Staaten ableiten. Zum einen wird den Staaten ein Gestaltungsspielraum gewährt: Entscheidend ist nicht, wie die Arbeitnehmer das Recht wahrnehmen können, sondern dass sie es wahrnehmen können. Das Führen von Kollektivverhandlungen etwa stellt eines der Kernrechte der Gewerkschaften dar, die konkrete Ausgestaltung des Verhandlungsverfahrens ist aber den Staaten überlassen. 36 Gleiches gilt für die Bildung und Besetzung von Beratungsgremien, solange sie nicht willkürlich erfolgen oder Gewerkschaften von der Wahrnehmung essentieller Rechte abgehalten werden. 37 Die Nutzung der Einschränkungsmöglichkeit von Art. 5 S. 2 und 3 RESC 38 liegt ebenso wie die Verkürzung des Streikrechts für Angehörige der Polizei 39 und Armeeangehörige 40 weitgehend in der Hand der Staaten. Lediglich der vollständige Ausschluss des Streikrechts bedarf angesichts der engen Verknüpfung mit dem Verhandlungsrecht einer besonderen Rechtfertigung. 41 Zum anderen verläuft keine scharfe Trennlinie zwischen einer zulässigen Ausgestaltung oder gerechtfertigten Beschränkung einerseits und einem unzulässigen Antasten des Kernbereichs andererseits. Besonders deutlich wird dies am Beispiel des Aussperrungsrechts der Arbeitgeber, das einerseits Teil des Kerns von Art. 6 § 4  RESC sein soll, andererseits aber auf wenige Anwendungsfälle beschränkt werden darf 42, und am Beispiel der negativen Vereinigungsfreiheit als Kernbereich von Art. 5 RESC, bei der verbotener Beitrittsdruck und bloßer Anreiz nicht klar unterschieden werden können 43. Um den Staaten die Möglichkeiten und Grenzen der Ausgestaltung aufzuzeigen, sollten die Grenzen von Kernbereichen und Grundprinzipien deutlicher herausgearbeitet werden. Darüber hinaus werden die meisten Aspekte weder als Kern- noch als Nebenbereich bezeichnet, sodass sich aus dieser Kategorisierung keinerlei Anforderungen an ihre Gewährung herleiten lassen.

36

Vgl. etwa Beschwerde 83/2012 Rn. 176; Beschwerde 101/2013 Rn. 123. Beschwerde 26/2004 Rn. 38. 38 Beschwerde 83/2012 Rn. 83, 109; Beschwerde 101/2013 Rn. 84; Beschwerde 112/2014 Rn. 47. 39 Beschwerde 83/2012 Rn. 202, 207. 40 Beschwerde 112/2014 Rn. 116 41 Beschwerde 83/2012 Rn. 212. 42 Vgl. § 2 D. III. 2. 43 Vgl. etwa zum Beitrittsdruck auf Arbeitgeber, die nur bei Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband von gesetzlichen Bestimmungen abweichen können: Beschwerde 35/2005 Rn. 29. 37

218

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

d) Zwischenergebnis Das Hervorheben unantastbarer Kernbereiche ist für die Festlegung eines Mindestschutzes unter der Beachtung nationaler Eigenheiten grundsätzlich sinnvoll. Diese Kerne sollten daher möglichst genau bestimmt werden. Die Vorgehensweise des EKSR ist im Ergebnis allerdings nicht befriedigend, da es keine Anknüpfungspunkte für die Bestimmung eines Kernaspekts offenlegt. Darüber hinaus lässt die Feststellung, dass ein Kernaspekt vorliegt, dessen Grenzen und damit die Grenzen des staatlichen Gestaltungsspielraums im Unklaren. Durch eine transparentere Vorgehensweise könnten hier mehr Rechtssicherheit und -klarheit geschaffen werden.

2. Gründe für nicht vollumfänglich präzisierte Stellungnahmen Wenn die Festlegung von Kernbereichen nicht zu konkreten Verhaltensanweisungen für die Staaten führt, ist zu fragen, ob deren Festlegung von der RESC überhaupt geleistet werden kann. Dagegen könnten einerseits Gründe sprechen, die in den materiellen Rechten der RESC angelegt sind, andererseits könnten Hindernisse im Verfahren der Konkretisierung der Vorschriften angelegt sein.

a) In den materiellen Rechten angelegte Gründe aa) Auswirkung der Natur der gewährten Grundrechte (1) In Wortlaut und Charakter der RESC angelegte Offenheit Bei der Frage, wie präzise die Verpflichtungen vom EKSR gefasst sind, sind zwei Anknüpfungspunkte zu unterscheiden: das von der Vorschrift anvisierte Ziel und der zu dessen Erreichung einzuschlagende Weg. Bei den geschützten Zielen ist zunächst festzustellen, dass die Verpflichtungen in Teil II der RESC jeweils selbst das Recht bestimmen, dessen wirksamer Ausübung sie dienen. So bezweckt Art. 5 RESC die Gewährleistung und Förderung des Rechts der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, örtliche, nationale oder internationale Organisationen zum Schutz ihrer wirtschaftlichen und sozialen Interessen zu bilden und diesen Organisationen beizutreten. Während diese Zielsetzung relativ greifbar ist, dient Art. 6 RESC allgemeiner gefasst der wirksamen Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen. Diese Zielvorgaben sind als solche nur bedingt präzise, denn was Gegenstand und Ziel der Kollektivverhandlungen ist und wann eine Rechtsausübung wirksam ist, ist nicht offensichtlich. Die Zielvorgaben der RESC sind ihrem Wortlaut nach also eher offen gehalten. Noch unbestimmter ist der Weg, auf dem diese Ziele erreicht werden können: Die untersuchten Vorschriften der RESC verpflichten lediglich zu einem nicht

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

219

im Detail bestimmten positiven Einsatz. 44 Das bloße Fördern, Sicherstellen oder Ermöglichen bestimmter Verhaltensweisen der Sozialpartner gewährt den Staaten einen großen Handlungsspielraum. Die fehlende Verpflichtung der Staaten zu einem konkreten Handeln findet sich auch in der Offenheit von Art. I RESC, der unterschiedliche Umsetzungsmechanismen gleichermaßen anerkennt. Diese der RESC inhärenten Spielräume respektiert das EKSR. 45 Selbst wenn zu erreichenden Ziele mehr oder weniger klar vorgegeben werden, sind die Staaten in der Wahl der Mittel weitgehend frei. Dies folgt aus dem Charakter sozialer Rechte: Sie legen einen Ausgleich wirtschaftlicher oder sozialer Ungleichgewichte als Ziel fest, lassen dabei aber die Art und Weise der Umsetzung offen, sodass sie typischer Weise nicht klar umrissen werden können. 46 In welcher Form und in welchem Umfang der Staat tätig wird, hängt nämlich neben nationalen Strukturen und Gepflogenheiten von seiner ökonomischen Leistungsfähigkeit ab. 47 Angesichts der Vielzahl der an die RESC gebundenen Staaten, die sich in rechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten unterscheiden und unterschiedlich entwickeln, ist diese Flexibilität in der Wahl der Umsetzungsmittel also notwendig. 48 Vor diesem Hintergrund ist es dem EKSR nicht möglich, alle aus der RESC resultierenden Pflichten abschließend zu definieren.

44

Zu Art. 5 RESC Mikkola, Social human rights of Europe, S. 63 f.; zu Art. I RESC Beschwerde 12/2002 Rn. 28; Asbeck, in: Baugniet u. a. (Hrsg.), Mélanges offerts à Henri Rolin, S. 427 (433); Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 451 f.; Harris / ​Darcy, The European Social Charter, S. 30 f.; Langille, JWT 31 (1997), 27 (32); Pellonpää, in: Macdonald / ​Matscher / ​Petzold (Hrsg.), The European System für the Protection of Human Rights, S. 855 (857); Novitz, International and European Protection of the Right to Strike, S. 39 ff., 132; Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 23; Seifert, EuZA 2013, 299 (302, 310) 45 Beschwerde 37/2006 Rn. 14. 46 Churchill / ​Khaliq, EJIL Vol. 15, 417 (419 f.); Harris / ​Darcy, The European Social Charter, S. 30 f.; Hernekamp, Soziale Grundrechte, S. 13; Schambeck, Grundrechte und Sozialordnung, S. 93; Maydell, in: Konzen / ​K rebber / ​Raab / ​Veit / ​Waas (Hrsg.), FS Birk, S.  547 (550); Novitz, International and European Protection of the Right to Strike, S. 43; Seifert, EuZA 2013, 299 (300 ff.); Tomandl, Recht und Staat Heft 337/338, S. 7, 11; Trilsch, Die Justiziabilität wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte im innerstaatlichen Recht, S. 11 f.; Ven, Soziale Grundrechte, S. 57 ff.; Zenger, in: Europarat (Hrsg.), The Social charter of the 21st century, S. 201 (209). 47 Siehe nur Böckenförde, in: ders. (Hrsg.), Soziale Grundrechte, S. 7 (10); Pellonpää, in: Macdonald / ​Matscher / ​Petzold (Hrsg.), The European System für the Protection of Human Rights, S. 855 (858); Schambeck, Grundrechte und Sozialordnung, S. 112 f.; allerdings kann auch die Umsetzung von Freiheitsrechten kostenintensiv sein, Novitz, International and European Protection of the Right to Strike, S. 44 f. 48 Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 245.

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§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

(2) Begrenzung der Offenheit Diese in der RESC angelegte Flexibilität gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Die Spielräume der Staaten werden durch zwei Aspekte begrenzt: durch freiheitsrechtliche Züge der Rechte, sowie durch den Zweck der RESC. Die den sozialen Rechten immanente Offenheit ist nicht der einzige Charakterzug, der die RESC prägt. Schließlich beinhalten zahlreiche Grundrechte neben der sozialen auch freiheitliche Komponenten, sodass ihnen eine Doppelnatur zugeschrieben wird – so auch die Grundrechte zum kollektiven Arbeitsrecht. 49 Dieser Mischcharakter folgt unter anderem aus der allgemeinen Grundrechts­dogmatik, denn zum einen existiert weder eine allgemeingültige Definition sozialer Rechte noch eine trennscharfe Abgrenzung zu anderen Grundrechtsarten 50, und zum anderen sind nach § 5 der Wiener Deklaration der UN-Weltkonferenz über Menschenrechte alle Menschenrechte allgemeingültig und unteilbar, sie bedingen einan­der und bilden einen Sinnzusammenhang 51. Das EKSR ist sich nach eigenen Angaben der komplexen Interaktion von Freiheits- und sozialen Rechten bewusst. 52 49 Böckenförde, in: ders. (Hrsg.), Soziale Grundrechte, S. 7 (12); Bohling, in: von Hauff / ​ Pfister-Gaspary (Hrsg.), Internationale Sozialpolitik, S. 17 (24); Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 103, 116 f.; Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 141; Fudge, CLLPJ 29, 29 (47); Hare, in: Hepple (Hrsg.), Social and Labour Rights in a Global Context, S. 153 (161); Jacobs, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​ Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 220 (222); Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (134 ff.); Katerndahl, Tarifverhandlung und Streik als Menschenrechte, S. 97; Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1077); Novitz, International and European Protection of the Right to Strike, S. 45 f., 49 ff.; Pellonpää, in: Macdonald / ​Matscher / ​Petzold (Hrsg.), The European System für the Protection of Human Rights, S. 855 (859); Ramm, AuR 1967, 97 (108); Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​ Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 18, Teil II Art. 5 Rn. 1; Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 2; Zenger, in: Europarat (Hrsg.), The Social charter of the 21st century, S. 201 (211 f.); grundsätzlich kritisch zu einer Einteilung der Grundrechte Mackelm, LRIL 2015, 61 (62 ff.). 50 Zum historischen Kontext Bohling, in: von Hauff / ​Pfister-Gaspary (Hrsg.), Internationale Sozialpolitik, S. 77 (78 ff.); Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 103 ff.; zu Abgrenzungsversuchen etwa Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 69 ff.; Fudge, CLLPJ 29, 29 (50 ff.); Gusy, in: Benoît-Rohmer / ​Grewe (Hrsg.), Les Droits Sociaux ou la Démolition de quelques Poncifs, S. 33 (35 ff.); Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (134 f.); Machacek, in: Matscher (Hrsg.), Die Durchsetzung wirtschaftlicher und sozialer Grundrechte, S. 21 (47 ff., 62 ff.); Öhlinger, in: Martinek u. a. (Hrsg.), FS Floretta, S. 271 (273 ff.); Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 2 ff.; Ven, Soziale Grundrechte, S. 76 f. 51 Kritisch Schlachter, in: Hau / ​Schmidt (Hrsg.), FS Lindacher, S. 373 (376); dies., in: Social Justice Expertise Center (Hrsg.), Ensuring Coherence in Fundamental Labor Rights Case Law, S. 19 (21). 52 Länderbericht XVIII-1 Statement of Interpretation (General Matters); Länderbericht 2006 Statement of Interpretation (General Matters); Beschwerde 14/2003 Rn. 28.

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

221

So gewährt die freiheitliche Komponente einen Mindestbestand, in den der Staat nicht eingreifen darf. Der Spielraum der Staaten wird dadurch also eingeschränkt. Dementsprechend untersucht das EKSR im Rahmen von Art. G RESC, ob Rechte übermäßig verkürzt werden. Neben dem freiheitlichen Aspekt muss das EKSR den Zweck der RESC berücksichtigen, durch das Setzen von Mindeststandards einen Anreiz zur Weiterentwicklung der nationalen Rechtslage und der sozialen Gerechtigkeit zu schaffen. 53 Dafür müssen die Vorgaben so ausgestaltet werden, dass den Staaten die Orientierung daran möglich ist. 54 Beim Festsetzen der Mindeststandards kann einfließen, dass die Umsetzung der hier behandelten Verpflichtungen nicht übermäßig kostenintensiv ist, wenn man sie mit den notwendigen Ressourcen für andere soziale Rechte vergleicht. 55 Das EKSR unternimmt eine Gratwanderung zwischen Rechtssicherheit und Etablierung eines Mindestschutzes einerseits und anpassungsfähigen Vorgaben andererseits, wenn es den gemeinsamen europäischen sozialen Werten gerecht werden will, ohne die unterschiedlichen nationalen Traditionen zu untergraben. 56 Aus diesem Grund erfolgt etwa bei der Überprüfung staatlicher Förderungsmaßnahmen ausgehend vom erzielten Erfolg lediglich eine Art Zweckmäßigkeitskontrolle durch das EKSR. 57 Dadurch kann das EKSR das Ziel vorgeben, die Auswahl der Maßnahmen jedoch dem Staat überlassen. bb) Spielräume bei der Beurteilung von Einschränkungen (1) Problemaufriss Nicht nur die rechtsgewährenden Normen aus Teil II der RESC lassen Spielräume. Auch die Vorschrift zur Rechtfertigung von Einschränkungen in Art. G RESC ermöglicht aufgrund offene r Begriffe eine flexible Anwendung. Hier könnten weitere Anknüpfungspunkte für vom EKSR nur bedingt konkretisierbare Spielräume liegen, wenn die Bewertung der Notwendigkeit eines Eingriffs den Staaten obliegt. 58 53 Vgl. Art. H RESC; Agnelli, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 69 (71); Hackstein, Streikrecht und Aussperrungsfreiheit nach der Regelung des Artikel 6 Nr. 4 der Europäischen Sozialcharta, S. 4; Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1086); Pischel, Die Bedeutung der europäischen Sozialcharta für das Recht in der Bundesrepublik Deutschland, S. 2 f., 5; Tennfjord, Annuaire Européen 1961, 71 (77). 54 Zenger, in: Europarat (Hrsg.), The Social charter of the 21st century, S. 201 (216). 55 Harris / ​Darcy, The European Social Charter, S. 26; Novitz, International and European Protection of the Right to Strike, S. 45 m. w. N.; Świątkowski, Charter of Social Rights of the Council of Europe, S. 49. 56 Länderbericht XVIII-1 Statement of Interpretation (General Matters); Länderbericht 2006 Statement of Interpretation (General Matters). 57 § 2 B. II. 3. b); § 2 C. I. 2.; § 2 C. II. 6. b); § 2 C. III. 3.; § 2 E. I. 1. d). 58 Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 451 ff.; Koukiadaki, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert, The European Social Charter and the Employment Relation, S. 87 (95 f.).

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§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Dadurch würde die Charta sowohl dem völkerrechtlichen Grundsatz der Subsidiarität als Ausdruck der Staatensouveränität 59 als auch den Unterschieden zwischen den Staaten 60 gerecht. Im Folgenden wird zunächst untersucht, wie die Rechts­güter, die durch Eingriffe geschützt werden sollen, konkretisiert werden. In einem zweiten Schritt wird betrachtet, in welchem Umfang das EKSR selbst über die Notwendigkeit von Eingriffen urteilt. (2) Präzisierung der durch den Eingriff zu schützenden Güter Welche Rechtsgüter durch die Einschränkung eines von der RESC gewährleisteten Rechts geschützt werden können, ist insbesondere durch die Verwendung der Begriffe „Rechte und Freiheiten anderer“ sowie „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ und „Sittlichkeit“ sehr offen formuliert. Hier könnten den Staaten weite Spielräume eröffnet sein, wenn sie selbst die Inhalte dieser Rechtsgüter bestimmen könnten. Die Untersuchung der Stellungnahmen zeigt aber, dass das EKSR an mehreren Stellen den Spielraum der Staaten verkürzt, indem es eigene Wertungen vornimmt. Die erste Einflussnahme in diesem Bereich ist die Unterscheidung zwischen zulässiger Ausgestaltung und rechtfertigungsbedürftigem Eingriff. 61 Nur wenn in den Augen des EKSR ein Eingriff vorliegt, ist dessen Überprüfung am Maßstab von Art. G RESC notwendig. Da die potentiellen Schutzgüter in Art. G RESC offen formuliert sind, nimmt das EKSR hier Restriktionen vor: Weder einfache wirtschaftliche Gründe 62 noch der Schutz der Vertragsfreiheit von Unternehmen 63 können eine Beschränkung legitimieren. 64 Etwas offener zeigt sich die Spruch­ praxis in jüngerer Zeit bei Gründen des Wettbewerbs- oder Handelsrechts. 65 Unionsrechtliche Vorgaben, etwa die Grundfreiheiten, nehmen im Rahmen der Rechtfertigung hingegen keine hervorgehobene Stellung ein. 66 An wenigen Stellen greift das EKSR exemplarisch auf, welche Interessen miteinander kollidieren 59

Bernhardt, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 65 (68); McGoldrick, ICLQ 2016, 21 (32 f.); Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 13. 60 Birk, in: Becker / ​Baron von Maydell / ​Nußberger (Hrsg.), Die Implementierung internationaler Sozialstandards, S. 39 (47); Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 448; Cullen, HRLR Vol. 9 (2009), 61 (88); McGoldrick, ICLQ 2016, 21 (28 f.); Schlachter, AuR 2017, 10 (11); Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 13. 61 Etwa § 2 D. II. 6. und § 2 D. II. 7. für das Streikrecht. 62 Beschwerde 32/2005 Rn. 36. 63 Beschwerde 118/2015 Rn. 68. 64 Weitere Beispiele für nicht legitime Ziele unter § 2 D. II. 7. b). 65 Beschwerde 123/2016 Rn. 36; allerdings wurde auch hier eine Notwendigkeit des Eingriffs verneint, weil die Berechtigung Selbständiger, Kollektivverhandlungen zu führen, sich nicht auf den Wettbewerb auswirkt, Rn. 100 f. 66 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Schweden; Beschwerde 16/2003 Rn. 30; Beschwerde 85/2012 Rn. 72 ff., 121 f.

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

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können und daher durch staatliche Grenzziehungen in Ausgleich gebracht werden müssen: die Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften und die Rechte und Interessen des Arbeitgebers beim Zutritts- und Versammlungsrecht 67, das Informationsinteresse der Arbeitnehmer und die Loyalitätspflicht des Arbeitnehmervertreters bei der Weitergabe vertraulicher Angaben 68, sowie das Streikrecht und – sehr allgemein gehalten – die Rechte anderer 69. Teilweise gibt das EKSR neben der Konkretisierung des Rechtsguts zusätzlich eine Gewichtung der Interessen vor: Die Belange weniger Arbeitnehmer dürfen grundsätzlich nicht der Pflege der Beziehung zur Mehrheitsgewerkschaft untergeordnet werden 70, eine arbeitswillige Mehrheit muss nicht absolut vor einem Streik der Minderheit geschützt werden 71, und beim Kündigungsverbot wegen einer Streikteilnahme muss das durchaus berechtigte Interesse des Arbeitgebers, bestreikte Arbeitsplätze nicht unbegrenzt offen zu halten 72, angesichts der möglichen Verhinderung der Streikteilnahme wegen des drohenden Verlusts der wirtschaftlichen Lebensgrundlage zurücktreten 73. Zudem kann der Genuss gleicher, unveräußerlicher und umfassender Menschenrechte keinen Änderungen in politischen oder wirtschaftlichen Umständen untergeordnet werden. 74 (3) Beurteilung der Notwendigkeit eines Eingriffs Nach dem Wortlaut von Art. G RESC ist für die Rechtfertigung von Eingriffen deren Notwendigkeit entscheidend. Das EKSR erwähnt in diesem Zusammenhang nur selten einen Beurteilungsspielraum der Staaten. 75 Vielmehr legt es als letzte 67

Länderbericht XII-2 Art. 5 Deutschland; Länderbericht XV-1 Art. 5 Belgien. Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Norwegen. 69 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland, Niederlande, Schweden; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Belgien; Beschwerde 59/2009 Rn. 34 f.; Beschwerde 85/2012 Rn. 119; dazu Thürer, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1235 (1239); Krück, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1283 (1283 f.). 70 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Frankreich, Montenegro, Serbien. 71 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Rumänien, Ungarn; anders Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Spanien und Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Tschechien. 72 Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 73 Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 74 Beschwerde 111/2014 Rn. 88. 75 Beschwerde 83/2012 Rn. 207 zum Ermessen bei der Einschränkung des Streikrechts Polizeiangehöriger; Beschwerde 111/2014 Rn. 85 nennt Beurteilungsspielraum der Staaten beim Ausgleich der widerstreitenden Interessen bei einem Streik. 68

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§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Kontrollinstanz – in Anlehnung an den EGMR 76 – den Maßstab der Verhältnismäßigkeit an. 77 Dabei wird die Proportionalität zwischen Einschränkung und anvisiertem Ziel im Einzelfall untersucht. 78 So konnten beispielsweise weitreichendere Einschränkungen des Streikrechts im öffentlichen Personennahverkehr an einem Wahltag aufgrund einer Interessenabwägung gerechtfertigt werden. 79 Trotz des flexiblen Wortlauts von Art. G RESC pflegt das EKSR lediglich in sehr begrenztem Umfang Verkürzungen der gewährten Rechte zu akzeptieren: Auch wenn oftmals die Verfolgung eines legitimen Zwecks anerkannt wird, gelten Eingriffe oftmals nicht als verhältnismäßig. 80 Den durch die RESC eingeräumten Rechten des kollektiven Arbeitsrechts wird regelmäßig größeres Gewicht eingeräumt als kollidieren Rechten, selbst wenn diese im nationalen Recht Verfassungsrang haben. 81 Einschränkungen oder Begrenzungen gelten nur dann als notwendig, wenn andernfalls lebenswichtige Schutzgüter oder im Einzelfall die Gesamtwirtschaft dem begründeten hohen Risiko ausgesetzt sind, einen irreparablen Schaden zu erleiden. 82 Dadurch wird der Handlungsspielraum der Staaten beschränkt. In den für diese Arbeit untersuchten Stellungnahmen zeichnet sich dabei allerdings keine eindeutige Linie ab: Während Zwangsschlichtungen nur im begründeten Ausnahmefall zulässig sind 83, besteht bei der Verkürzung des Streikrechts durch Notdienste ein größerer Spielraum 84. (4) Kritische Würdigung Indem das EKSR nicht nur die relevanten kollidierenden Rechtsgüter, sondern auch deren Gewichtung vorgibt, wird der Beurteilungs- und Handlungsspielraum der Staaten in großem Umfang beschnitten. Das EKSR definiert nicht lediglich den äußeren Rahmen der Notwendigkeit von Eingriffen, sondern überlagert vielmehr die staatliche Wertung durch seine eigene. Den Staaten wird dadurch die Möglichkeit genommen, anderen, insbesondere von der RESC vernachlässigten 76

Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 456 ff. Siehe etwa § 2 D. II. 7. b) cc) (2) (b); Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 448 ff., 456 ff.; Cullen, HRLR Vol. 9 (2009), 61 (87 ff.); Koukiadaki, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert, The European Social Charter and the Employment Relation, S. 87 (93, 96); McGoldrick, ICLQ 2016, 21 (37). 78 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina. 79 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Spanien. 80 Vgl. etwa § 2 C. III. 2 und § 2 D. II. 7. b) cc) (3); Cullen, HRLR Vol. 9 (2009), 61 (85, 90); Koukiadaki, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert, The European Social Charter and the Employment Relation, S. 87 (89, 95); a. A. Harris / ​Darcy, The European Social Charter, S. 30 f.; Steffens, Die negative Koalitionsfreiheit im europäischen und internationalen Recht, S. 168 f. 81 Beschwerde 12/2009 Rn. 29; Beschwerde 118/2015 Rn. 68. 82 § 2 C. III. 2. b) bb) und § 2 D. II. 7. b). 83 § 2 C. III. 2. b) bb) (2). 84 § 2 D. II. 7. b). 77

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

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wirtschaftlichen Rechten, den Vorrang zu gewähren. Diese Bevormundung durch das EKSR kann allenfalls dadurch gerechtfertigt werden, dass eine zentral vorgenommene Bewertung der Rechtfertigung von Eingriffen zu einem einheitlichen Schutzniveau beiträgt. Indem das EKSR als letzte Instanz über die Rechtfertigung entscheidet, legt es für alle Staaten gleichermaßen gültige Grundsätze fest. Das vom Wortlaut des Art. G RESC eröffnete Risiko divergierender Entscheidungen durch die einzelnen Staaten wird dadurch minimiert. Dennoch ist zweifelhaft, ob dies allen nationalen Besonderheiten im Einzelfall gerecht wird, wenn gerade wirtschaftliche oder allgemeinpolitische Aspekte in den Stellungnahmen des EKSR keine Rolle spielen. b) Im Berichtsverfahren angelegte Gründe Es konnte also herausgearbeitet werden, dass insbesondere der soziale Charakter der Rechte in einigen Punkten konkrete Verhaltensanweisungen an die Staaten ausschließt. Dabei stellt sich die Frage, ob die Überwachungsverfahren das EKSR in den verbleibenden Punkten erstens überhaupt in die Lage versetzen, Verhaltensanweisungen für die Staaten abschließend festzulegen, und ob das EKSR zweitens die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpft. Diese denkbaren im Berichtsverfahren wurzelnden Hürden für abschließende Stellungnahmen werden im folgenden Abschnitt behandelt. aa) Lückenhaftigkeit der Berichte Das erste Hindernis für abschließende Untersuchungen und Stellungnahmen durch das EKSR liegt darin, dass es häufig an entscheidenden Informationen fehlt, um eine endgültige Beurteilung vornehmen zu können. Grundsätzlich muss der Staat durch seinen Bericht nachweisen, dass er seinen Verpflichtungen gerecht wird. 85 Diese Pflicht wird aber nicht immer gewissenhaft erfüllt: Berichte erreichen das EKSR oftmals verspätet oder unvollständig 86, im Extremfall in einer falschen Sprache 87. Liegt ein Bericht in einer der Amtssprachen vor, besteht wei 85

Vgl. etwa Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Island; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 2 Niederlande (Curaçao); Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Armenien, Georgien, Italien; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Georgien. 86 In Länderbericht XVII-1 Art. 5 Tschechien sowie Länderbericht 2016 Art. 5 Georgien wurden nicht Berichte über representativeness, sondern über representation eingereicht. Vgl. Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht I Art. 6 Statement of Interpretation; Länderbericht I Art. 6 § 2 Statement of Interpretation; aus jüngerer Zeit etwa Länderbericht 2014 Art. 5 Ukraine; Länderbericht 2016 Art. 22 Aserbaidschan, Bulgarien; Länderbericht 2018 Art. 5 Georgien, Malta; Länderbericht 2018 Art. 6 § 1 Bosnien und Herzegowina. 87 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Niederlande, Niederländische Antillen; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Niederlande; vgl. Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (57).

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§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

terhin das Risiko, dass diese Übersetzungen ungenau sind. 88 Ergänzende Informationen von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden 89 spielen  – sofern sie überhaupt vorliegen – aufgrund ihrer Subjektivität in der Wertung des EKSR nur eine untergeordnete Rolle. 90 Vielmehr führen sie zu Rückfragen an den jeweiligen Staat, um ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem jeweiligen Bericht zu geben. 91 Die zum Teil sehr speziellen Rückfragen bleiben oftmals im folgenden Zyklus unbeantwortet. 92 Größeres Gewicht haben lediglich Ausführungen der ILO. 93 Liegt kein vollständiges Bild vor, kann das EKSR die Stellungnahme aussetzen 94, die Informationslücke übergehen 95 oder daraus schließen, dass sich der Sachverhalt seit dem letzten Zyklus nicht verändert hat 96. Am häufigsten folgt aus einem Informationsmangel die Feststellung eines Verstoßes oder zumindest deren Androhung. 97 88

Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Finnland mit einem Hinweis auf einen Übersetzungsfehler im Rahmen von Streikverboten; Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (57). 89 Art. C RESC mit Verweis auf Art. 23 § 2, 24 ESC. 90 Weniger Gewicht hatten die Stellungnahmen in: Länderbericht V Art. 5 Schweden; Länderbericht XII-2 Art. 5 Deutschland; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Deutschland; Länderbericht XIII-4 Art. 5 Deutschland. Größere Bedeutung hatten die Stellungnahmen in Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XIII-4 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Finnland, Vereinigtes Königreich; für die ITUC Länderbericht 2014 Art. 5 Russland; vgl. Lörcher, AuR 2011, 107 (112). 91 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Island; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Dänemark; Länderbericht 2004 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 5 Bulgarien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 2 Ungarn; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Spanien. 92 Siehe etwa Länderbericht VI Art. 5 Schweden; Länderbericht X-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Niederländische Antillen; Länderbericht II Art. 6 § 1 Zypern; Länder­ bericht VI Art. 6 § 1 Island; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Malta; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Island; Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Niederländische Antillen. 93 Länderbericht XII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-2 Art. 5 Deutschland; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Spanien, Vereinigtes Königreich, Zypern; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Belgien; vgl. § 3 B. I. 2. c) cc) (3). 94 Länderbericht II Art. 6 § 3 Italien; Länderbericht III Art. 6 § 3 Italien. 95 Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Finnland. 96 Länderbericht IX-1 Art. 6 § 1 Niederlande; Länderbericht III Art. 6 § 3 Norwegen, Schweden, Zypern; mit ausdrücklichem Vorbehalt der Nachprüfung Länderbericht IX-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Stellungnahme mangels Information verschoben in Länderbericht X-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Verstoß festgestellt in Länderbericht XI-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 1 Vereinigtes Königreich; Beschwerde 2/1999 Rn. 32; Beschwerde 4/1999 Rn. 32; Beschwerde 5/1999 Rn. 29; Beschwerde 9/2000 Rn. 50; Beschwerde 12/2002 Rn. 44. 97 Aus jüngerer Zeit etwa Länderbericht XXI-3 Art. 5 Niederlande (Curaçao); Länderbericht 2014 Art. 5 Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Malta, Moldau; Länderbericht 2018 Art. 5 Georgien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 3 Serbien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Armenien, Frankreich, Georgien, Italien, Litauen; Länderbericht 2016 Art. 6 § 4 Georgien; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht 2018 Art. 22 Serbien. Möglich sind eine solche Feststellung oder Androhung auch, wenn Rückfragen wiederholt nicht beantwortet werden, vgl. Länderbericht 2010 Art. 5 Belgien, Malta; Länderbericht 2018 Art. 28 Moldau; Birk, in: Becker  / ​ Baron von Maydell / ​Nußberger (Hrsg.), Die Implementierung internationaler Sozialstandards, S. 39 (50).

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

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Dabei besteht zwischen den Mitgliedern des EKSR nicht immer Einigkeit, wann genügend Informationen vorliegen. 98 Im Ergebnis nimmt das EKSR aufgrund von Informationslücken teilweise über mehrere Berichtszyklen hinweg keine Stellung zu einem Sachverhalt, oder es stützt einen Verstoß allein auf den fehlenden vollständigen Nachweis der Konformität. So lange bleibt im Dunkeln, ob oder unter welchen Voraussetzungen die jeweilige Regelung mit der RESC vereinbar ist. bb) Auslassen von möglichen Stellungnahmen Auch wenn die Staaten das EKSR nicht immer in die Lage versetzen, eine abschließende Stellungnahme zu treffen, stellt sich die Frage, ob es die ihm verbleibenden Bewertungsmöglichkeiten nutzt. Anders als beim Beschwerdeverfahren, welches das EKSR zur Stellungnahme in einer Angelegenheit zwingt, gibt es keinen solchen Mechanismus im Berichtsverfahren. Teilweise nimmt das EKSR daher Kenntnis von einem Sachverhalt, sieht aber von einer Wertung oder Rückfragen ab. 99 Unkommentiert blieben etwa ein Fall, bei dem sich die Gründung einer Arbeitnehmerorganisation aufgrund mehrerer Gerichtsverfahren um zehn Jahre verzögerte 100, sowie zwei französische Gerichtsurteile, nach denen ein Arbeitgeber bei Anfechtung der Wahl eines Gewerkschaftsvertreters ein Recht darauf hat, die Namen derjenigen Gewerkschaftsmitglieder zu erfahren, die diesen Vertreter gewählt haben, selbst wenn die Gewerkschaftsmitglieder um Diskretion und Schutz ihrer Identität gebeten hatten 101. Das Auslassen von Stellungnahmen oder zumindest konkreter Rückfragen trotz Kenntnis des Sachverhalts führt zu vermeidbaren Lücken in der Spruchpraxis. Alternativ könnte das EKSR erklären, warum es auf die Thematik nicht weiter eingeht.

98 Länderbericht VII Art. 5 Dissenting Opinion Zanetti; Länderbericht XIV-2 Art. 3 ZP Italien Dissenting Opinion Aliprantis; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 3 Österreich Dissenting Opinion Evju, Grillberger und Birk; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Dänemark Dissenting Opinion Evju und Birk; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien Dissenting Opinion Akillioğlu; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Schweden Dissenting Opinion Evju und Birk. 99 Länderbericht 2010 Art. 5 Bulgarien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Niederlande, Slowenien, Ukraine; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Polen; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien, Tschechien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Moldau, Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Irland, Serbien; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Norwegen mit Verweis auf ILO CFoA Case 1576, Vereinigtes Königreich. 100 Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina. 101 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Frankreich.

228

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

cc) Unklare Verwertung von Informationen Eine andere Form der nicht erschöpfenden Auswertung von Informationen liegt vor, wenn das EKSR sie zuvor ausdrücklich anfordert, in der Stellungnahme aber nicht transparent verwertet. Nicht ersichtlich wird etwa die Bedeutung der Anzahl der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, der eingeleiteten Gerichtsverfahren und Inspektionen wegen Verstößen gegen das Vereinigungsrecht sowie deren Folgen. 102 Bei der Untersuchung der Notwendigkeit von Förderungsmaßen für die Gründung von Gewerkschaften wurden nicht nur Organisationsgrade von 80 % oder 85 %103 kommentarlos hingenommen, sondern auch niedrige Angaben von bis zu 30 %104. Die geforderten Statistiken über durchgeführte Streiks 105 und Details zum Wahlverfahren und den konkreten Strukturen der Einbindung der Arbeitnehmerseite im Rahmen von Art. 22 RESC 106 werden in den Stellungnahmen nicht derart aufgegriffen, dass daraus verallgemeinerungsfähige Schlüsse gezogen werden könnten. Statistiken, wie viele Unternehmen und Arbeitnehmer von Massenentlassungen betroffen waren, werden vom EKSR ebenfalls lediglich kurz aufgegriffen, aber nicht für die Bewertung herangezogen. 107 3. Zwischenergebnis Die nicht abschließende Präzisierung des Inhalts der RESC durch das EKSR ist durch den Wortlaut und den Charakter der RESC vorgegeben. Dennoch ist es gerade Aufgabe der Auslegung, offene Normen genauer zu umreißen 108, um nicht nur Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen, sondern auch um einen um-

102 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht XV-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Slowakei, Ungarn; Länderbericht 2010 Art. 5 Ukraine; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 1 Polen. 103 Länderbericht XIII-2 Art. 5 Belgien; Länderbericht XV-1 Art. 5 Island. 104 Länderbericht XV-1 Art. 5 Niederlande, Polen; Länderbericht 2014 Art. 5 Niederlande. 105 Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Italien, Spanien, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Frankreich, Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Slowenien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Slowenien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Slowenien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Slowenien. 106 Länderbericht XIII-3 Art. 3 ZP Finnland; Länderbericht XIII-5 Art. 3 ZP Italien; Länderbericht XV-1 Art. 3 ZP Dänemark; Länderbericht XVI-2 Art. 3 ZP Griechenland; Länderbericht XVII-2 Art. 3 ZP Spanien; Länderbericht 2003 Art. 22 Bulgarien; Länderbericht 2014 Art. 22 Bulgarien. 107 Länderbericht 2010 Art. 29 Albanien, Litauen; Länderbericht 2014 Art. 29 Litauen, Por­ tugal. 108 Beschwerde 5/1999 Dissenting Opinion Jamoulle.

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

229

fassenden Schutz der Menschenrechte zu ermöglichen. 109 Der freiheitliche Aspekt der Rechte kann genauer bestimmt werden, und eine Überprüfung der Zweck­ mäßigkeit von Fördermaßnahmen 110 ist ebenfalls möglich. Ob im Ergebnis das vorgeschriebene Mindestschutzniveau nicht unterschritten wird, überprüft das EKSR in der Regel, sofern die entsprechenden Informationen vorliegen. Im Zweifelsfall entscheidet sich das EKSR bei der Gratwanderung zwischen unabdingbarer Präzisierung und Aufrechterhaltung der notwendigen und von der RESC vorgegebenen Flexibilität zugunsten einer durch die eigene Prüfungskompetenz vereinheitlichte Lesart. Dennoch kann angesichts ausbleibender oder sehr ungenauer Stellungnahmen im Einzelfall der Vorwurf erhoben werden, dass das EKSR nicht alle Möglichkeiten nutzt, um die RESC transparent, rechtssicher und möglichst lückenlos auszugestalten. 111

II. Stringenz und Widerspruchsfreiheit der Auslegungsergebnisse Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, dass die Stellungnahmen des EKSR nicht nur aufgrund des Charakters sozialer Rechte, sondern auch aus rein praktischen Gründen in zahlreichen Aspekten offen gehalten sind. Dabei stellt sich die Frage, ob das EKSR mit seinen Stellungnahmen stets einer klaren Linie folgt, oder ob sich trotz aller Offenheit Widersprüche in der Auslegung finden. 1. Konsequenz durch Selbstbindung des EKSR Die Spruchpraxis des EKSR zeichnet sich grundsätzlich dadurch aus, dass sie über Jahre hinweg unverändert fortgeführt wird und lediglich um neue Aspekte ergänzt wird. Dadurch werden Widersprüche in den Auslegungsergebnissen vermieden. Offensichtlich tritt dies in den Statements of Interpretation zutage, die grundlegende Prinzipien für die Zukunft festlegen. Darüber hinaus zitiert das EKSR in zahlreichen Stellungnahmen die Spruchpraxis vergangener Überwachungszyklen und Beschwerdeverfahren, um auf eine gefestigte Ansicht zu verweisen. 112 Durch diese Selbstbindung wird ein gewisser Grad an Rechtssicherheit geschaffen.

109

Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 452 f.; McGoldrick, ICLQ 2016, 21 (38, 52 f.). 110 Świątkowski, Charter of Social Rights of the Council of Europe, S. 50; Zenger, in: Europarat (Hrsg.), The Social charter of the 21st century, S. 201 (224). 111 Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 258 f.; vgl. Beschwerde 5/1999 Dissenting Opinion Jamoulle. 112 Vgl. nur Länderbericht 2016 Art. 5 Malta; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Aserbaidschan; Länderbericht 2016 Art. 6 § 2 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Österreich; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht 2018 Art. 29 Lettland.

230

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Allerdings ist nicht gesichert, wie lange dokumentierte Auslegungen Bestand haben. 113 Auslöser für eine Neubewertung können neben veränderten Informationen über die Rechts- oder Tatsachenlage 114 etwa die Bitte eines Mitglieds des Komitees 115 oder eine scheinbar willkürliche Entscheidung 116 sein. Weicht das EKSR in einer Bewertung von seinen bisherigen Stellungnahmen ab, ist mangels entsprechender Argumentation oftmals nicht abzusehen, ob dies einen Richtungswechsel in der allgemeinen Spruchpraxis bedeutet, oder ob es sich um einen Ausreißer der sonst konsequenten Linie handelt: Beispielsweise waren über viele Jahre hinweg Einschränkungen auf Grundlage einer gefestigten Rechtsprechung zulässig 117, was zwischenzeitlich kritisiert wurde 118. Wenn keine Änderung der Spruchpraxis gewollt ist, handelt es sich um eine Inkonsequenz. 2. Widersprüche und Inkonsequenzen in den Auslegungsergebnissen Aufgrund der in vielen Aspekten vorliegenden Selbstbindung treten Einzelfälle, die das EKSR abweichend von der grundlegenden Linie bewertet hat, besonders deutlich hervor. In diesem Abschnitt werden Widersprüche in der Spruchpraxis des EKSR herausgearbeitet. Vorangestellt ist die Untersuchung der notwendigen Qualität der Nachweise, anhand derer die Konformität mit den Anforderungen der RESC überprüft wird. Die Struktur der folgenden Untersuchung von Wider­ sprüchen bei der Spruchpraxis zu den einzelnen materiellen Vorschriften folgt der von § 2. Dabei liegen Schwerpunkte auf Art. 5 RESC und dem Streikrecht aus Art. 6 § 4 RESC, zu denen in § 2 dieser Arbeit die meisten konkreten Stellungnahmen dargestellt wurden. Schließlich können Widersprüche nur dort auftreten, wo das EKSR eindeutige Aussagen trifft. a) Anforderungen an den Nachweis der Konformität Die Analyse der Spruchpraxis des EKSR zeigt, dass an den Nachweis der Konformität der nationalen Rechtslage keine einheitlichen Anforderungen gestellt werden, wenn der Staat zur Durchführung von Förderungsmaßnahmen verpflichtet ist: Bei Art. 5 und 6 § 2 RESC muss ein Anstieg des Organisationsgrads beziehungsweise der durch Kollektivvertrag beeinflussten Arbeitsverhältnisse nachgewiesen werden 119, bei Art. 6 § 1 RESC wird ein solcher Nachweis nicht ausdrücklich 113

Vgl. § 3 B. I. 2. b). Beschwerde 83/2012 Dissenting Opinion Schlachter, Nyström und Wujczyk. 115 Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Zanetti Rn. 2. 116 Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (221 ff.). 117 § 1 B. III.; vgl. § 2 D. II. 7. b) cc) (1). 118 Beschwerde 116/2015 Rn. 89. 119 Länderbericht 2014 Art. 5 Aserbaidschan; Länderbericht 2016 Art. 5 Aserbaidschan; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Lettland; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Bulgarien; Länderbericht

114

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

231

verlangt 120. Dafür kann sich der Staat im Rahmen dieser Vorschrift nicht darauf berufen, dass die ergriffenen Fördermaßnahmen von den Sozialpartnern nicht angenommen werden. 121 Bei Art. 6 § 3 RESC ist dies wiederum möglich. 122 Unterschiedlich bewertet wurde auch, ob die Rechtsgrundlage für Einschränkungen wertausfüllungsbedürftige Begriffe beinhalten darf. Der Rückgriff auf eine Vereinbarkeit mit „moralischen Standards“ war in den Augen des EKSR unzulässig 123, während eine Gewerkschaftssatzung an den Maßstäben der „guten Sitten“ überprüft werden kann 124. b) Widersprüche im Rahmen der Vereinigungsfreiheit, Art. 5 RESC aa) Positive Vereinigungsfreiheit Eine inkonsequente Spruchpraxis zu Art. 5 RESC findet sich zunächst bei den zulässigen Mindestmitgliederzahlen für die Gründung einer Gewerkschaft: Es wurden einerseits Mindestmitgliederzahlen von 30 Arbeitnehmern kritisiert 125, während an anderer Stelle mindestens 50 Gründungsmitglieder als konform eingestuft wurden 126. Ein zweiter nicht nachvollziehbarer Punkt ist, dass das EKSR auf der einen Seite die Gleichbehandlung von Aus- und Inländern als eines der wichtigsten Prinzipien der RESC anerkennt und dabei gleichfalls mittelbare Diskriminierungen verhindern möchte. 127 Auf der anderen Seite kann bei der Gründung von Gewerkschaften sowie beim passiven Wahlrecht bei der Verteilung von Gewerkschaftsposten an den Wohnsitz angeknüpft werden. 128 Eine solche Regelung kann zu einer rechtfertigungsbedürftigen mittelbaren Diskriminierung führen, worauf das EKSR nicht eingeht.

2014 Art. 6 § 2 Litauen; vgl. Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (146 ff.). 120 § 2 C. I. 2. 121 Länderbericht IV Art. 6 § 1 Italien; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 1 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 1 Irland. 122 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 3 Island, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 3 Island. 123 Länderbericht XIII-3 Art. 5 Finnland. 124 Länderbericht XV-1 Art. 5 Österreich; zum zulässigen Maßstab der Sittenwidrigkeit siehe Länderbericht II Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Deutschland; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 125 Länderbericht 2004 Art. 5 Litauen. 126 Länderbericht 2016 Art. 5 Georgien. 127 § 3 A. I. 1. b) aa); vgl. Länderbericht XX-3 Art. 5 Dänemark. 128 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Niederländische Antillen, Slowakei, Ungarn; Länderbericht 2006 Art. 5 Litauen; Länderbericht 2014 Art. 5 Andorra.

232

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

bb) Negative Vereinigungsfreiheit Im Rahmen der negativen Vereinigungsfreiheit wurde festgestellt, dass die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft Ergebnis einer freien Entscheidung des Arbeitnehmers sein soll. 129 Dazu passt die Zulässigkeit von Zwangsmitgliedschaften ohne Beitragspflicht nicht. 130 Schließlich kann eine Mitgliedschaft mehr Pflichten beinhalten als die zur bloßen finanziellen Unterstützung. Von den Arbeitnehmern können etwa die Übermittlung gewisser Informationen an die Gewerkschaft oder ein solidarisches Verhalten verlangt werden. Auch davor sind Arbeitnehmer zu schützen. Die Zulässigkeit einer Zwangsmitgliedschaft allein aufgrund der fehlenden Beitragspflicht wird dem vom EKSR gezeichneten Gesamtbild nicht gerecht. cc) Über Art. 5 S. 2 und 3 RESC zulässige Einschränkungen Die Spruchpraxis zu den Einschränkungsmöglichkeiten in Art. 5 S. 2 und 3 RESC ist ebenfalls nicht widerspruchsfrei. Zunächst fügt sich die Bewertung der spanischen Bürgerwehr nicht in die Linie des EKSR ein, genau zu überprüfen, ob die Zuordnung einer Berufsgruppe zum Militär aufgrund der übertragenen Aufgaben und Verantwortung gerechtfertigt ist. 131 Die spanische Bürgerwehr untersteht seit jeher der militärischen Disziplin und hat daher aus historischen Gründen kein Vereinigungsrecht. 132 Obwohl nicht eindeutig ist, in welchem Umfang diese Berufsgruppe lediglich Funktionen der Polizei wahrnimmt, akzeptiert das EKSR die Zuordnung zu den Streitkräften und damit die Einschränkungsmöglichkeiten nach Art. 5 S. 3 RESC. 133 Darüber hinaus hatte das EKSR in einer älteren Stellungnahme ohne weitere Begründung den völligen Ausschluss der Vereinigungsfreiheit für Richter und Staatsanwälte akzeptiert. 134 Dies passt nicht zu der aus Art. 5 S. 2 und 3 RESC ableitbaren Vorgabe, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst sich grundsätzlich auf die Vereinigungsfreiheit berufen können. Die kritisierte Stellungnahme ist aber angesichts ihres Alters aber wohl überholt. Kürzlich hingegen wurde entschieden, dass beim Militär ein Ausschluss der Vereinigungsfreiheit lediglich beim Nachweis einer entsprechenden Notwendigkeit möglich ist. 135 Damit widerspricht das EKSR sowohl dem Wortlaut von Art. 5 S. 3

129

§ 2 B. III. 2. Länderbericht X-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 131 § 2 B. II. 1. a) aa) (4) (c) (cc). 132 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Spanien. 133 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Spanien. 134 Länderbericht X-2 Art. 5 Spanien. 135 Beschwerde 101/2013 Rn. 84 f. 130

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

233

RESC als auch seiner früheren Spruchpraxis. 136 Hier ist bisher nicht ersichtlich, ob es sich um eine ständige Änderung der Auslegung handelt. c) Widersprüche bei der Bewertung von Kollektivverträgen, Art. 6 § 2 RESC Das EKSR hat im Rahmen von Art. 6 § 2 RESC festgelegt, dass Arbeitnehmer auf allen Organisationsebenen die Möglichkeit haben sollen, die Arbeitsbedingungen durch freiwillig gebildete Organisationen mitgestalten zu können. 137 Dem widerspricht die Möglichkeit, einzelne Arbeitgeber im nationalen Recht von Kollektivvertragsverhandlungen auszuschließen 138, denn unternehmensinternen Arbeitnehmerorganisationen wird so die Gestaltung der Arbeitsbedingungen verwehrt. Selbst wenn der Ausschluss einzelner Arbeitgeber dem kollektiven Gedanken von Art. 6 § 2 RESC entsprechen mag, wird dabei verkannt, dass mit einem Kollektiv auf Arbeitnehmerseite verhandelt wird. Für das Vorliegen von Kollektiv­ vertragsverhandlungen müssen nicht zwingend auf beiden Seiten Kollektive stehen. Dieser Grundsatz widerspräche vielmehr sowohl der freien Verhandlung von Arbeitsbedingungen als auch der Förderung der Gründung von Vereinigungen nach Art. 5 RESC. Die Gründung von Gewerkschaften auf Unternehmensebene wird dadurch zwar nicht verboten, aber überflüssig, weil sie ihre Hauptaufgabe nicht wahrnehmen können. 139 Zudem erscheint es nicht überzeugend, dass die negative Vereinigungsfreiheit einen Kernaspekt von Art. 5 RESC darstellt, er aber bei der Bindung von Außenseitern an Tarifnormen keinerlei Beachtung findet. 140 Dabei ist diese Frage­stellung bereits in der Diskussion auf europäischer Ebene insbesondere im Rahmen der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Werhof 141 angeklungen. 142 Für den Schutz vor der unfreiwilligen Bindung an Tarifnormen durch eine Allgemeinverbind­ licherklärung sollen in den Augen des EKSR bloße Beratungsrechte ausreichen. 143

136

§ 2 B. II. 1. a) aa) (4) (c) (bb). § 2 C. II. 2. b). 138 Länderbericht XV-1 Art. 5 Österreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Österreich; Länderbericht 2004 Art. 6 § 2 Slowenien; Beschwerde 35/2006 Rn. 24. 139 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Rumänien Dissenting Opinion Aliprantis. 140 Zur Problematik aus deutscher Sicht Höpfner, Die Tarifgeltung im Arbeitsverhältnis, S. 360 ff., 479 ff. 141 EuGH vom 9.3.2006 – C-499/09 – Werhof. 142 Hartmann, Negative Tarifvertragsfreiheit im deutschen und europäischen Arbeitsrecht, S. 246 ff.; Höpfner, Die Tarifgeltung im Arbeitsverhältnis, S. 370 ff. 143 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Statement of Interpretation mit Verweis auf Digest of the Freedom of Association Committee of the Governing Body of the ILO, 5th (revised) edition, 2006, § 1051; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Lettland, Spanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Statement of Interpretation; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bulgarien, Nordmazedonien, Moldau, Serbien. 137

234

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Daneben ist es im Rahmen von Art. 6 § 2 RESC mit der sonst sehr arbeitnehmerfreundlichen Haltung des EKSR nicht vereinbar, dass das Verhandlungsrecht einer Gewerkschaft für die ersten beiden Jahre nach ihrer Gründung ausgeschlossen werden kann. 144 Erwähnt sei schließlich noch, dass sich zwei Stellungnahmen 145 nicht in die an sich konsequente Linie einfügen, dass Art. 6 § 2 RESC ab einer Gestaltung von 40 % der Arbeitsverträge durch Kollektivvertrag genüge getan ist 146. d) Anforderungen an die Freiwilligkeit von Schiedsverfahren, Art. 6 § 3 RESC Das EKSR hat in Art. 6 § 3 RESC den Grundsatz aufgestellt, dass Schiedsverfahren aufgrund ihrer bindenden Ergebnisse freiwillig durch beide Parteien eingeleitet werden müssen. 147 Dabei wurde unterschiedlich bewertet, ob die Unterwerfung unter einen Schiedsspruch durch einen frei ausgehandelten Kollektivvertrag unabhängig vom konkreten Konflikt der Freiwilligkeit genügt. Im Fall von Nord­ mazedonien wurde die Zulässigkeit einer solchen vorherigen Bindung festgestellt. 148 Bei Slowenien entschied das EKSR anders: Mit der RESC ist nicht vereinbar, dass aufgrund der wichtigsten Kollektivverträge nur eine Partei ein Schieds­verfahren einleiten und unter bestimmten Umständen eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen kann. 149 Schließlich widerspricht die Anrufung eines Gerichts der Freiwilligkeit. 150 Mangels genauerer Darstellungen der jeweiligen Verfahren ist nicht ersichtlich, inwiefern rechtstatsächliche Unterschiede eine abweichende Bewertung durch das EKSR rechtfertigen, denn auf den ersten Blick sehen in beiden Fällen freiwillige Kollektivverträge die Bindung an eine von einem Dritten festgelegte Konfliktlösung vor. e) Widersprüche im Rahmen des Streikrechts, Art. 6 § 4 RESC Die meisten Abweichungen finden sich in der Spruchpraxis zu Art. 6 § 4 RESC. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Ausgestaltungen und Beschränkungen des Streikrechts. Insbesondere bei cooling-off-Phasen liegen mehrere widersprüch­ liche Stellungnahmen vor, die die sonst in weiten Teilen klare Linie des EKSR konterkarieren.

144

Länderbericht XV-1 Art. 5 Niederlande. Konformität einer Quote von 21 % (Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Niederländische Antillen) und 16 % (Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Schweden). 146 § 2 C. II. 6. b) aa). 147 § 2 C. III. 2. b) bb). 148 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 3 Nordmazedonien. 149 Länderbericht 2002 Art. 6 § 3 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 3 Slowenien. 150 Länderbericht 2002 Art. 6 § 3 Slowenien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 3 Slowenien. 145

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

235

aa) Ausgestaltung des Streikrechts (1) Beschränkung des Streikausrufungsrechts auf Gewerkschaften Nachdem das EKSR zunächst eine Beschränkung des Streikausrufungsrechts auf Gewerkschaften abgelehnt hatte, stellt dies nunmehr eine zulässige Ausgestaltung des Streikrechts dar. Bezweifelt wurde in diesem Rahmen, dass dies im Ergebnis ein stimmiges Gesamtbild ergibt: Wenn das Streikausrufungsrecht Gewerkschaften vorbehalten ist, diese aber nur sehr schwach sind oder gar nicht existieren, wird der Arbeitnehmerseite ihr wichtigstes Kampfmittel praktisch vorenthalten. 151 Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass alle Arbeitnehmer an Streiks teilnehmen dürfen, denn die Kollektivität der Arbeitnehmer ohne eine Bündelung durch funktionierende Gewerkschaften nutzt in diesen Fällen nichts. 152 Diese Kritik übersieht allerdings, dass Voraussetzung für die Beschränkung des Streikausrufungsrechts auf Gewerkschaften deren problemlose Gründung ist. Daher kann es nicht darauf ankommen, ob im Einzelfall bereits durchsetzungsfähige Gewerkschaften bestehen: Selbst wenn sie nicht existieren, können sie ohne weiteres gegründet werden, um die Interessen der Arbeitnehmer zu bündeln. Zudem räumt die RESC Gewerkschaften Vorrechte ein, gerade um deren Gründung zu fördern. 153 Die Unterscheidung von Streikrecht und Streikausrufungsrecht mit der Maßgabe, dass die Gründung der zur Streikausrufung berechtigten Gruppe ohne Schwierigkeiten möglich sein muss, stellt einen Kompromiss zwischen der Rechtswirklichkeit und dem Zweck der Vorschrift dar. Zudem ist diese Unterscheidung mit dem Wortlaut von Art. 6 § 4 RESC vereinbar. Der Vorwurf der Inkonsequenz ist an dieser Stelle also nicht haltbar. (2) Umfang von Cooling-off-Phasen Anders ist dies bei der Bewertung der Reichweite von cooling-off-Phasen. Bei der Frage, in welchem Umfang über die bloße zeitliche Verzögerung 154 hinaus die erfolglose Nutzung von Verhandlungsmöglichkeiten und friedlichen Streitbeilegungsmethoden vor dem Ergreifen der Kollektivmaßnahme gefordert werden darf, folgt das EKSR keiner klaren Linie. 155 Auf der einen Seite wurden Media-

151

Kovács, CLLPJ 2005, 445 (458 f.). Kovács, CLLPJ 2005, 445 (459). 153 Kovács, CLLPJ 2005, 445 (458). 154 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Dänemark, Norwegen; Länderbericht II Art. 6 § 4 Deutschland, Zypern; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 4 Finnland; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Niederländische Antillen, Norwegen, Zypern; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei. 155 Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (220). 152

236

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

tionszeiträume von bis zu 22 Tagen als zulässig erachtet. 156 Auf der anderen Seite wurden Mediationspflichten grundsätzlich verworfen, da sie über eine bloße ­cooling-off-Periode hinausgehen. 157 Darüber hinaus passt der zulässige zeitlichen Umfang der cooling-off-Periode von bis zu 30 Tagen 158 nicht zu den Stellungnahmen, die einen Verstoß gegen Art. 6 § 4 RESC feststellen, wenn das Streikausrufungsrecht Gewerkschaften vorbehalten ist, deren Gründung bis zu 30 Tagen beansprucht, da der Streik dadurch seine abschreckende Wirkung verlöre 159. Warum beim Ablauf einer cooling-off-Periode von gleicher Dauer der Effekt der Kollektivmaßnahme nicht beeinträchtig werden soll, ist nicht ersichtlich. (3) Abstimmung über die Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen Kein offener Widerspruch, aber dennoch eine Inkonsequenz liegt in zwei Fällen, in denen das EKSR nicht seinem Grundsatz folgt, dass bei der Entscheidung über das Ergreifen von Arbeitskampfmaßnahmen nicht die Zustimmung mehr als der Hälfte aller betroffenen Arbeitnehmer erforderlich sein darf 160. In einem Fall stellte es trotz des Erfordernisses der absoluten Mehrheit keinen Verstoß fest, sondern schob mangels anderer Informationen eine eindeutige Stellungnahme auf. 161 An anderer Stelle wurde ein Verstoß aufgrund anderer Regelungen gesehen, ohne auf diesen Sachverhalt einzugehen. 162 Weitere Unstimmigkeiten liegen zum einen darin, dass aus Sicht der einzelnen Arbeitnehmer die Teilnahme am Streik Ergebnis einer freien Entscheidung sein soll 163, 156

Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Finnland, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Schweden. 157 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien. 158 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Niederländische Antillen; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Schweden. 159 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Kroatien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Portugal. 160 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Tschechien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Tschechien; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Ungarn; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Rumänien, Ungarn. 161 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Spanien. 162 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Tschechien. 163 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Finnland; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Bulgarien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Aserbaidschan; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Rumänien, Russland.

A. Konsistenz der Auslegungsergebnisse des EKSR

237

die Weigerung der Teilnahme aber ein Grund für Gewerkschaften sein kann, ihre Mitglieder zu disziplinieren 164. bb) Zulässigkeit einer Friedenspflicht Im Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Friedenspflichten durch Kollektivvertrag wurde vorgeworfen, dass es inkonsequent sei, einerseits eine Friedenspflicht zu akzeptieren, andererseits auf die Zulässigkeit von Streikmaßnahmen außerhalb von Kollektivverträgen zu beharren, weil in Staaten, die eine Friedenspflicht kennen, Kollektivmaßnahmen in der Regel auf Abschluss eines Kollektivvertrags gerichtet sein müssen. 165 Daher würde das Vorliegen einer Friedenspflicht stets einen Verstoß gegen die notwendig zulässigen Streikziele bedeuten. Dieser Vorwurf überzeugt nicht: Schließlich muss die Friedenspflicht relativ ausgestaltet sein, sodass nicht nur Kollektivmaßnahmen, die andere als bereits im bestehenden Vertrag geregelte Gegenstände betreffen, möglich sind, sondern auch solche, die kein kollektivvertraglich regelbares Ziel wie etwa die Wiedereinstellung eines entlassenen Arbeitnehmers anvisieren. 166 Dass eine Rechtsordnung, die Friedenspflichten kennt, Arbeitskämpfe nur im Rahmen von Kollektivverträgen zulässt, ist kein zwingender Schluss. cc) Eingriffe des Staates Unstimmigkeiten liegen bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Streiks vor. Einerseits darf der Staat nicht über ein verfrühtes Ergreifen von Kollektivmaßnahmen entscheiden 167, andererseits darf er den Abbruch von Verhandlungen auf Vernunft überprüfen 168. Darüber hinaus wurde die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Streiks durch staatliche Stellen anhand ihrer Verhältnismäßigkeit teilweise akzeptiert, teilweise verworfen. 169 Wie die Regelung, dass im öffentlichen Sektor als ultima ratio eine einseitige Festsetzung der Arbeitsbedingungen nach gescheiterten Verhandlungen zulässig ist 170, mit dem Streikrecht zu vereinbaren ist, ist ebenfalls offen. 164 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 165 Evju, AuR 2012, 276 (282); Kovács, CLLPJ 2005, 445 (453 f.). 166 § 2 D. II. 7. b) aa). 167 § 2 D. II. 7. b) cc) (2) (b). 168 § 2 C. II. 4. c). 169 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Belgien, Deutschland, Niederlande, Portugal; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Niederlande; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Deutschland, Niederlande; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Niederlande. 170 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Portugal; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Portugal.

238

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

dd) Gehaltsabzüge bei Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik In zahlreichen Überwachungszyklen kritisierte das EKSR eine französische Regelung, nach der im öffentlichen Dienst für jeden angefangenen Streiktag ¹⁄30 des Monatsgehalts abgezogen wurde, unabhängig davon, wie viele Stunden an diesem Tag tatsächlich gestreikt wurde. 171 Obwohl sich die Rechtslage nicht änderte, stellte das EKSR keinen Verstoß fest, sondern forderte – unter Hinweis auf die Tatsache, dass in diesem Bereich keine Kollektivbeschwerde anhängig sei – weitere Informationen an. 172 Ein ähnlicher Vorwurf wurde zwar in zwei Beschwerden gegen Frankreich erhoben, bei denen die Arbeitszeit und damit womöglich auch die Abzüge für eine Streikteilnahme in ganzen oder halben Tagen kalkuliert wurden. 173 Ein Verstoß gegen Art. 6 § 4 RESC wurde jedoch mangels konkreter Streitfälle und angesichts der Behauptung der Regierung, Gehaltsabzüge seien stets proportional zur Dauer des Streiks, abgelehnt. 174 ee) Schutz des Aussperrungsrechts Beim Schutzbereich von Art. 6 § 4 RESC wurde es als inkonsequent angesehen, das Recht des einzelnen Arbeitnehmers auf Streik zu schützen, aber nicht das Recht des einzelnen Arbeitgebers auf Aussperrung. 175 Der Europarat selbst hat die Spruchpraxis so zusammengefasst, dass das Aussperrungsrecht des Einzelnen nicht außerhalb von Ausnahmen bestehen muss. 176 Diese unterschiedliche Behandlung fügt sich allerdings in die Linie des EKSR ein, dass das Streikrecht und das Aussperrungsrecht nicht in gleichem Umfang gewährt werden müssen. 177 Zudem darf das Streikausrufungsrecht Gewerkschaften vorbehalten sein, sodass hier ebenfalls eine Beschränkung durch ein kollektives Moment vorliegt. 178 Eine Inkonsequenz ist hier nicht vorzuwerfen. Zweifelhaft ist hingegen die Schlüssigkeit, bei der Ausgestaltung des Aussperrungsrechts zu fordern, dass der Kern des Rechts unangetastet bleibt, andererseits

171

Länderbericht XI-2 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Frankreich; Länder­bericht 2004 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Frankreich. 172 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Frankreich. 173 Beschwerde 9/2000 Rn. 47 f.; Beschwerde 16/2003 Rn. 61 f. 174 Beschwerde 9/2000 Rn. 49 f.; Beschwerde 16/2003 Rn. 63 ff. 175 Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (213). 176 Europarat, Digest of the Case Law of the European Committee of Social Rights, S. 56; den dort angegebenen Quellen kann diese Auffassung aber nicht unmittelbar entnommen werden. 177 § 2 D. III. 178 § 2 D. II. 5.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

239

aber eine Beschränkung auf Abwehraussperrungen zuzulassen 179, zumal zuvor eine solche Beschränkung in mehreren Berichtszyklen einen Verstoß gegen Art. 6 § 4 RESC dargestellt hatte. 180 3. Zwischenergebnis Das EKSR bindet sich nicht nur durch Statements of Interpretation, sondern auch ohne solche abstrakten Aussagen an seine eigene Spruchpraxis. Dennoch finden sich zahlreiche Widersprüche. Die mangelnde Konsequenz betrifft in den meisten Fällen nicht den Kern der von der RESC geschützten Rechte, und beschränkt sich oft auf einzelne Stellungnahmen. Dennoch ist dadurch die Rechtssicherheit gefährdet: Für die Staaten ist so nicht vorhersehbar, ob ihr Verhalten akzeptabel ist.

III. Zwischenergebnis Die Spruchpraxis des EKSR präzisiert die Anforderungen der RESC in – teilweise zu Recht  – begrenztem Maße. Wortlaut und Charakter der RESC zwingen zur Eröffnung einzelstaatlicher Spielräume, was vom EKSR aber gerade bei Art. G RESC abgemildert wird. Die Unterscheidung von Kern- und Nebenbereiche hat sich hingegen als wenig zielführend erwiesen. Auch wenn die Konkretisierungen in großen Teilen konsequenten Linien folgen, finden sich einige Ungereimtheiten, die die Rechtssicherheit für die Staaten beeinträchtigen.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR Als nächstes stellt sich die Frage, inwiefern schlüssige Begründungen die Nachvollziehbarkeit und damit mittelbar die Vorhersehbarkeit künftiger Wertungen gewährleisten, sowie die Anerkennung der Spruchpraxis durch die Staaten fördern. 181 Dafür wird zunächst betrachtet, welche Auslegungsmethoden das EKSR anwendet. Anschließend wird die allgemeine Argumentationsqualität des EKSR analysiert.

179

§ 2 D. III. 2. Länderbericht V Art. 6 § 4 Frankreich, Italien; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Frankreich; Länderbericht VII Art. 6 § 4 Italien.  181 Kritisch Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (220 f.). 180

240

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

I. Vom EKSR angewandte Auslegungsmethoden und -maßstäbe 1. Problemaufriss Im Folgenden wird beleuchtet, auf welche Auslegungsmethoden und -maßstäbe sich das EKSR zur Begründung seiner Auslegungsergebnisse beruft. Um die verschiedenen Ansätze zu systematisieren, werden die allgemeinen Grundsätze zu Auslegung völkerrechtlicher Verträge 182 als Ausgangspunkt genutzt. Danach ist stets der Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen, während die verschiedenen Auslegungsmethoden in keinem Hierarchieverhältnis zueinander stehen, sondern sich gegenseitig und abhängig vom Einzelfall ergänzen. 183 Die klassischen Methoden wurden in Art. 31 ff. WVRK kodifiziert. 184 Die WVRK als solche ist allerdings weder für den Europarat noch für dessen Gremien verbindlich, da sie selbst nicht Parteien dieser Konvention sind. 185 Eine Bindung an die dort enthaltenen Auslegungsmethoden wäre allerdings – wie vom EKSR angedeutet 186 – über Gewohnheitsrecht denkbar. 187 Dass die meisten Mitglieder des Europarats gleichfalls Partei der WVRK sind, spricht ebenfalls für einen solchen allgemeinen 182 Grundlegend Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, insb. S. 40 ff.; Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 40 ff., 89 ff.; zur Unterscheidung von Auslegungsmethoden und Hilfsmittel siehe Degan, L’Interprétation des Accords en Droit International, S. 70 ff. 183 Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 23 f., 41, 66, 78; Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, S. 121 f., 124; Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, S. 34; Karl, Vertrag und spätere Praxis im Völkerrecht, S. 172 ff.; ders., in: Schreuer (Hrsg.), Autorität und internationale Ordnung, S. 9 (113 f.); Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 261, 264; Matscher, in: Bernhardt / ​Geck / ​Jaenicke / ​Steinberger (Hrsg.), FS Mosler, S. 545 (565). 184 United Nations Treaties Series Vol. 1155 S. 331; BGBl. 1985 II S. 9266 ff.; Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 136 ff.; Dahm / ​Wolfrum, Völkerrecht Band III, § 153 II, V; Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 43 ff. 185 Däubler hält einen Rückgriff auf die WVRK in Ermangelung einer Kontrolle der Handhabung der RESC durch eine Judikative im traditionellen Sinne für überflüssig, siehe ders., in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (110); vgl. Lörcher, AuR 2011, 88 (89); für eine Anwendung hingegen Świątkowski, Charter of Social Rights of the Council of Europe, S. 47. 186 Beschwerde 101/2013 Rn. 82; eine Nennung der WVRK erfolgt auch in Beschwerde 14/2003 Rn. 26; Beschwerde 47/2008 Rn. 35; Beschwerde 69/2011 Rn. 29; Beschwerde 101/​ 2013 Rn. 29; siehe auch Beschwerde 14/2003 Dissenting Opinion Evju, Končar und François sowie Birk. 187 Dahm / ​Wolfrum, Völkerrecht Band III, § 153 II. 1. m. w. N.; vgl. Matscher, in: Bernhardt  / ​ Geck / ​Jaenicke / ​Steinberger (Hrsg.), FS Mosler, S. 545 (548); Miehsler, in: ders. (Hrsg.), FS Verdross, S. 547 (565); Nußberger, Sozialstandards im Völkerrecht, S. 274; Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 90, 148; Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 9.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

241

Konsens. 188 Nach dem EKSR ist die RESC in Anlehnung an Art. 31§§ 1 bis 3 WVRK im Gesamtzusammenhang und im Lichte ihres Zwecks und Ziels zu lesen. 189 An anderer Stelle führt das EKSR an, die RESC nach den „Allgemeinen Regeln“ auslegen zu wollen. 190 Vor diesem Hintergrund kann vernachlässigt werden, dass eine Rückwirkung der am 27.1.1980 in Kraft getretenen WVRK durch ihren Art. 4 ausgeschlossen ist. 191 Bei der Untersuchung der angewandten Auslegungsmethoden dienen die Vorschriften der WVRK als Orientierungshilfe. Zunächst werden die Grundzüge der jeweiligen Methode grob umrissen. Anschließend werden die einzelnen Stellungnahmen des EKSR diesen Methoden zugeordnet. Dabei werden ausschließlich die Stellungnahmen betrachtet, in denen das EKSR explizit Argumente darlegt. Selbst wenn implizite Hinweise auf bestimmte Auslegungsmethoden existieren 192, wird weder über die Herkunft aller in § 2 dieser Arbeit dargestellten Auslegungsergebnisse spekuliert, noch die Vereinbarkeit der Ergebnisse mit den gängigen Aus­ legungsmethoden überprüft. 2. Auslegungsmethoden a) Grammatische Auslegung aa) Autonomes Begriffsverständnis des EKSR Die grammatische Auslegung untersucht den objektiven Wortlaut des Vertragstextes. 193 Grundsätzlich gilt die gewöhnliche Bedeutung des Vertragswortlauts. 194 188

Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 26; von den hier untersuchten Staaten sind Aserbaidschan, Frankreich, Island, Norwegen, Rumänien und die Türkei nicht an die WVRK gebunden. 189 Beschwerde 14/2003 Rn. 26; Beschwerde 47/2008 Rn. 35; Beschwerde 69/2011 Rn. 29; Beschwerde 101/2013 Rn. 29, 82; siehe auch Beschwerde 14/2003 Dissenting Opinion Evju, Končar und François sowie Birk. 190 Wohl Länderbericht III S. XV, vgl. Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (105). 191 Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 137; Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 25 f. m. w. N.; Lörcher, in: Däubler  / ​ Kittner / ​Lörcher (Hrsg.), Internationale Arbeits- und Sozialordnung, S. 73; Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 9. 192 Cullen, HRLR Vol. 9 (2009), 61 (81). 193 Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (105, 109); Degan, L’Interprétation des Accords en Droit International, S. 74 ff.; Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 265; Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 51. 194 Vgl. Art. 31 §§ 1 und 2 WVRK; Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 78; Dahm, Völkerrecht, § 8 II. 2; Oppenheim / ​L auterpacht (Hrsg.), International Law, Vol. I, § 554 Anm. 2.

242

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Bei Abkommen, die mehrere Staaten binden, stellt sich die Frage, ob die jeweils in den Vertragsstaaten geltende Begriffsbedeutung maßgeblich ist, oder ob unabhängig von nationalen Zusammenhängen ein autonomes Verständnis entwickelt wird. 195 Dabei ist das Interesse an einem einheitlichen Vertragsverständnis gegen die Gefährdung der Rechtssicherheit, die durch die Vorgabe anderer als der im Staat üblichen Lesarten entstehen kann, abzuwägen. 196 Eine eigenständige Beurteilung nimmt das EKSR ausdrücklich vor, wenn es sich bei der Zuordnung einer Berufsgruppe zu Polizei oder Militär nicht an die innerstaatliche Bewertung bindet 197, bei der Untersuchung, ob Polizisten zumindest gewerkschaftsähnliche Arbeitnehmervereinigungen bilden dürfen 198, und bei der Beschwerdebefugnis einer Vereinigung im Rahmen einer Kollektivbeschwerde 199. Ein solcher ausdrücklicher Hinweis ist allerdings keine notwendige Voraussetzung für das Vorliegen einer autonomen Auslegung. Vielmehr bedeutet jede Festlegung des Vertragsinhalts durch das EKSR, dass die Auslegung der Begriffe nicht den Staaten überlassen bleibt. Selbst wenn den Staaten Spielräume bei der Wahl der Mittel zur Umsetzung ihrer Verpflichtungen gewährt werden, gibt das EKSR die zu erreichenden Ziele und damit die Begriffsverständnisse vor. Angesichts des Ziels der RESC, einen einheitlichen Grundrechtsschutz zu gewährleisten, ist eine autonome Auslegung angemessen. 200 Lediglich im Anhang zu Art. 21, 22, 28 und 29 RESC erlangt das nationale Begriffsverständnis Bedeutung, wenn die Reichweite der geschützten Arbeitnehmervertreter sich nach nationalem Recht bestimmt. 201

195

Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 265. Benoît-Rohmer, in: Aliprantis (Hrsg.), Les droits sociaux dans les instruments européens et internationaux, S. 235 (249); Bernhardt, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 65 (67); ­Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (111 f.); Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 76; Schlachter, SR 2013, 77 (83 f.); Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 5. 197 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XX-3 Art. 5 Tschechien; Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Serbien; Beschwerde 101/2013 Rn. 56. 198 Länderbericht I Art. 5 Irland; Länderbericht II Art. 5 Irland; Länderbericht V Art. 5 Italien; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Niederländische Antillen (Aruba); Länderbericht 2014 Art. 5 Aserbaidschan; Beschwerde 83/2012 Rn. 76 f.; Beschwerde 101/2013 Rn. 68. 199 Beschwerde 9/2000 Zulässigkeit Rn. 6. 200 Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 264; Partsch, in: Bettermann / ​Neumann / ​ Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte I/1, S. 235 (320); anders Asbeck, in: Baugniet u. a. (Hrsg.), Mélanges offerts à Henri Rolin, S. 427 (433), der in einem offenen Wortlaut lediglich den Anreiz zur einer generellen Anhebung des Standards, nicht jedoch das Ziel einer Angleichung sieht; ebenso Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 97 für die Konventionen der ILO. 201 Anhang zu Art. 21 und 22 RESC Rn. 1 sowie Anhang zu Art. 28 und 29 RESC. 196

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

243

bb) Nutzung des Wortlautarguments durch das EKSR Bei in mehreren Sprachen verbindlichen Verträgen wird vermutet, dass die Ausdrücke in jedem authentischen Text dieselbe Bedeutung haben. 202 ESC und RESC sehen jeweils in ihrer Schlussformel vor, dass die englische und die französische Sprachfassung gleichermaßen 203 verbindlich sind. Die neben diesen offiziellen Texten existierenden Übersetzungen in weitere Sprachen der Vertragsstaaten sind nicht maßgeblich, selbst wenn ein Transformationsgesetz den Vertragstext in einer nicht authentischen Sprachversion wiedergibt. 204 Dies ist insbesondere dann relevant, wenn die Übersetzung nicht exakt ist. 205 Auf beide verbindliche Sprachfassungen bezieht sich das EKSR lediglich an einer Stelle, und zwar bei der Aussage, dass Art. 6 § 1 RESC die Beratung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf Augenhöhe fordert, was aus den Begriffen joint und paritaire hervorgeht. 206 An anderen Stellen wird das Wortlautargument ohne Bezug auf die verschiedenen Sprachfassungen aufgegriffen, etwa bei der Feststellung, dass der Begriff worker auch public officials umfasst, sodass alle hier behandelten Rechte grundsätzlich gleichermaßen auf Staatsbedienstete anwendbar sind. 207 Bei Art. 5 RESC wurde angemerkt, dass dieser seinem Wortlaut nach nicht nur Gewerkschaften, sondern auch anderen Arbeitnehmerorganisationen Rechte gewährt. 208 Dem Wortlaut lässt sich darüber hinaus entnehmen, dass für Angehörige des Militärs im Gegensatz zu Polizisten oder anderen Berufsgruppen weitgehende Einschränkungen des Vereinigungsrechts bis zu dessen vollständigem Ausschluss möglich sind. 209 Aus dem Wortlaut von Art. 6 RESC geht hervor, dass keine Arbeitnehmergruppe von Kollektivvertragsverhandlungen ausgenommen

202

Art. 33 § 3 WVRK; zur Auslegung mehrsprachiger Verträge Hilf, Die Auslegung mehrsprachiger Verträge, S. 49 ff. 203 Zur Bedeutung des Begriffs „gleichermaßen“ siehe Hilf, Die Auslegung mehrsprachiger Verträge, S. 54 ff., 70 ff. 204 Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, S. 33; Hilf, Die Auslegung mehrsprachiger Verträge, S. 189 ff.; Partsch, in: Bettermann / ​Neumann / ​Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte I/1, S. 235 (318); a. A. Müller, DB 1984, 2692 (2692). 205 § 3 B. II. 1. b) dd); siehe auch § 1 B. I. 1. b) bb); § 1 B. I. 1. b) dd); § 1 B. I. 2. a); § 1 B. I. 2. b); § 1 B. I. 2. e). 206 Länderbericht IV Art. 6 § 1 Statement of Interpretation. 207 In der französischen Version: „…le terme travailleur vise, au sens de la Charte, également les fonctionnaires“; Länderbericht III Art. 6 § 4 Deutschland; ähnlich Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 208 Beschwerde 83/2012 Rn. 77. Eine Auseinandersetzung mit dem abweichenden Wortlaut der französischen Fassung, der in der Überschrift nur vom droit syndical spricht, fehlt. 209 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Belgien; Länderbericht XV-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Spanien, Tschechien; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Polen; Länderbericht 2002 Art. 5 Frankreich, Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 5 Frankreich; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Serbien; Beschwerde 2/1999 Rn. 28 f.; Beschwerde 4/1999 Rn. 27 f.; Beschwerde 5/1999 Rn. 26 f.; Beschwerde 101/2013 Rn. 81.

244

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

werden kann. 210 Die besondere Bedeutung des Streikrechts insbesondere im Vergleich zum Aussperrungsrecht machte das EKSR unter anderem an dessen expliziter Nennung in Art. 6 § 4 RESC fest. 211 Ebenfalls mit dem Wortlaut von Art. 6 § 4 RESC wurde ursprünglich begründet, dass eine Begrenzung des Streikausrufungsrechts auf Gewerkschaften nicht zulässig ist, da die Vorschrift allen Arbeitnehmern unabhängig von ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit das Streikrecht gewährt. 212 Zudem soll es mit dem Wortlaut von Art. 5 RESC in Einklang stehen, jede Kündigung oder sonstige Schlechterstellung, die auf der Gewerkschaftszugehörigkeit oder der Teilnahme an einer Gewerkschaftsaktivität beruht, zu verbieten. 213 b) Teleologische Auslegung aa) Anhaltspunkte für die Bestimmung des Telos Die teleologische Auslegung stellt den materialen Zweck, die Grundsätze und Wertungen der Vorschrift in den Fokus. 214 Sie wird ebenfalls in Art. 31 WVRK erwähnt. 215 Die Ziele einer Vorschrift können etwa durch die Präambel, Grundsatzartikel, den Wortlaut selbst oder den Gesamtzusammenhang bestimmt sein. 216 Während Grundprinzipien des Vertrags konstant bleiben 217, ermöglicht das Telos die Berücksichtigung des status quo von Recht und Gesellschaft, um die Vorschrift den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. 218 Dabei ist nicht entscheidend, was das EKSR selbst als sinnvollste Lösung erachtet, sondern wie sich Recht und Gesellschaft allgemein entwickeln. 219 Der Wortlaut begrenzt eine solche dynamisierte Lesart nicht, sondern er wird durch sie ergänzt und korrigiert. 220 Damit die 210

Beschwerde 123/2016 Rn. 36. Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Statement of Interpretation. 212 Länderbericht VI Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien. 213 Länderbericht VIII Art. 5 Dänemark; Länderbericht XI-1 Art. 5 Island. 214 Degan, L’Interprétation des Accords en Droit International, S. 137 ff.; Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (108 f.). 215 Beschwerde 101/2013 Rn. 82; Beschwerde 112/2014 Rn. 45; Steffens, Die negative Koalitionsfreiheit im europäischen und internationalen Recht, S. 39 f. 216 Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 84, 89, 93; Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, S. 34 f. 217 Brillat, in: Flauss (Hrsg.), Droits sociaux et droit européen, S. 127 (134). 218 Bernhardt, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 65 (69 f.); Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 274. 219 Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 89, 96 f.; ders., in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 65 (70). 220 Brillat, in: Flauss (Hrsg.), Droits sociaux et droit européen, S. 127 (133); Dahm, Völkerrecht, § 8 II. 2.; Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, S. 34; Karl, Vertrag und spätere Praxis im Völkerrecht, S. 172 ff.; ders, in: Schreuer (Hrsg.), Autorität und internationale Ordnung, S. 9 (15 f., 18 ff.); Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 44 f.; zur Bestimmung der üblichen 211

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

245

teleologische Auslegung sich nicht entgegen dem Willen der Vertragsparteien zu weit vom Wortlaut und den ursprünglichen Verpflichtungen entfernt 221, muss ein Ausgleich gefunden werden zwischen bloßem Aktivismus und Festhalten an überholten Normen. 222 Es ist daher zu untersuchen, welche Leitbilder die RESC aufstellt, und ob das EKSR ihnen bei seiner Auslegungstätigkeit folgt. bb) Telos der RESC Das EKSR selbst favorisiert eine teleologische Herangehensweise. 223 Dabei nennt es als Maximen der RESC die Selbstbestimmtheit der Bürger sowie deren Würde, Gleichheit und Solidarität. 224 Daneben will es sich an den gemeinsamen sozialen Werten der Vertragsstaaten, die trotz aller Unterschiede vorhanden sind, ausrichten. 225 Die Präambel der RESC enthält neben der Anerkennung der Unteilbarkeit der Menschenrechte Anknüpfungspunkte für ein dynamisches, an die aktuellen Gegebenheiten angepasstes Verständnis der Vorschriften: Zum einen plädiert sie unmittelbar für eine Wiederbelebung und Anpassung der ESC. Dies erfasst gleichermaßen Art. 5 und 6 RESC, auch wenn diese Vorschriften durch die RESC keine Änderung erfahren haben. Zum anderen folgt die auch mittelbar aus dem Zweck, den Schutz der bürgerlichen und politischen Rechte und Freiheiten durch die EMRK zu ergänzen. 226 Das bedeutet, dass die Charta zu einer effektiven Anwendung kommen muss 227. Aus diesem Grund verbietet sich eine starre Lesart, die Bedeutung durch den Vergleich völkerrechtlicher Verträge Matscher, in: Bernhardt / ​Geck / ​ Jaenicke / ​Steinberger (Hrsg.), FS Mosler, S. 545 (560). 221 Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 89, 96 f.; Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (114 f.); Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 33; Karl, Vertrag und spätere Praxis im Völkerrecht, S. 172 ff.; ders., in: Schreuer (Hrsg.), Autorität und internationale Ordnung, S. 9 (14); Melchior, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 411 (412); Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 54; Steffens, Die negative Koalitionsfreiheit im europäischen und internationalen Recht, S. 64 f. 222 Bernhardt, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 65 (70); Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 32. 223 Beschwerde 123/2016 Rn. 37; Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann (Hrsg.), The Economic and Financial Crisis and Collective Labour Law in Europe, S. 265 (268 f.) mit Verweis auf Beschwerde 47/2008 Rn. 36. 224 Beschwerde 14/2003 Rn. 27; Cullen, HRLR Vol. 9 (2009), 61 (76 ff.). 225 Länderbericht XVIII-1 Statement of Interpretation (General Matters); Länderbericht 2006 Statement of Interpretation (General Matters). 226 Länderbericht XVIII-1 Statement of Interpretation (General Matters); Länderbericht 2006 Statement of Interpretation (General Matters); Beschwerde 14/2003 Rn. 27. 227 Länderbericht XVIII-1 Statement of Interpretation (General Matters); Länderbericht 2006 Statement of Interpretation (General Matters); Beschwerde 5/1999 Dissenting Opinion Jamoulle Rn. 2; Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 24 f., 80, 96; ­Brillat,

246

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

aktuellen Entwicklungen nicht gerecht wird. 228 Eine gewisse Dynamik ist darüber hinaus im Ziel des Europarats, durch die Weiterentwicklung der Menschenrechte den Lebensstandard der Bevölkerung zu verbessern, angelegt. 229 Die RESC unterliegt also als lebendiges Instrument der evolutiven Auslegung. 230 Die Umsetzung erfolgt in erster Linie durch eine angepasste Ausfüllung offener Begriffe wie „notwendig“ oder „geeignet“. 231 Die Berücksichtigung aktueller Entwicklungen ist im Einzelfall mit dem Grundrechtsschutz als Hauptzweck der RESC in Ausgleich zu bringen, etwa wenn Unternehmen und der Staatshaushalt während wirtschaftlich schwieriger Zeiten durch Rechtsänderungen unterstützt werden. 232 Die Staaten müssen stets allen von ihnen übernommenen Verpflichtungen Rechnung tragen. 233 Andernfalls würde dem einzelnen Bürger ein übermäßig großer Anteil der Folgen der Krise aufgebürdet. 234

in: Flauss (Hrsg.), Droits sociaux et droit européen, S. 127 (133); Dahm, Völkerrecht, § 8 IV. 2.; Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 35; Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, S. 34; Klocke, EuR 2015, 148 (154); Jaspers, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the employment Relation, S. 63 (64); Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 274, 286; McNair, The Law of Treaties, S. 383; Oppenheim / ​L auterpacht (Hrsg.), International Law, Vol. I, § 554 Anm. 12; Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 42, 150; Schlachter, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S. 977 (986); dies., SR 2013, 77 (84); Wiebringhaus, in: Baer-Kaupert / ​Leistner / ​ Schwaiger (Hrsg.), Liber Amicorum B. C. H. Aubin, S. 265 (267). 228 Böth, Evolutive Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 165; Grewe, ZaöRV 2001, 459 (466). 229 Böth, Evolutive Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 164; Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the employment Relation, S. 52 (62); ders, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann (Hrsg.), The Economic and Financial Crisis and Collective Labour Law in Europe, S. 265 (273); Tennfjord, Annuaire Européen 1961, 71 (82); kritisch Klocke, EuR 2015, 148 (153 f.). 230 Länderbericht 2014 Art. 5 Georgien; Beschwerde 14/2003 Rn. 27, 29; Agnelli, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 69 (71); Brillat, in: Flauss (Hrsg.), Droits sociaux et droit européen, S. 127 (133); Karl, Vertrag und spätere Praxis im Völkerrecht, S. 172 ff.; ders., in: Schreuer (Hrsg.), Autorität und internationale Ordnung, S. 9 (14 f.); Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 53, 150; Schlachter, SR 2013, 77 (84). 231 Wiebringhaus, in: Baer-Kaupert / ​Leistner / ​Schwaiger (Hrsg.), Liber Amicorum B. C. H. Aubin, S. 265, 276). 232 Beschwerde 65/2011 Rn. 17; Beschwerde 111/2014 Rn. 90 ff.; Schlachter, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S.  977 (988). 233 Beschwerde 65/2011 Rn. 16. 234 Beschwerde 111/2014 Rn. 88 mit Verweis auf Beschwerde 65/2011 Rn. 18.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

247

cc) Telos der Vorschriften zum kollektiven Arbeitsrecht Neben dem Telos der RESC als solcher lässt sich für die Vorschriften zum kollektiven Arbeitsrecht ein speziellerer Zweck herausarbeiten: Die Vereinigungsfreiheit aus Art. 5 RESC soll in erster Linie den Einsatz der Organisationen für die wirtschaftlichen und sozialen Interessen ihrer Mitglieder ermöglichen. 235 Dafür sind nach dem Wertesystem, den Prinzipien und Grundrechten der RESC Kollektivverhandlungen und Streiks essentiell. 236 Damit Art. 6 § 2 RESC seinem Zweck, angemessene Arbeitsbedingungen zu schaffen, gerecht werden kann, dürfen Selbständige nicht kategorisch von Kollektivverhandlungen ausgeschlossen werden. 237 Aus dem Zweck von Art. 6 § 4 RESC abgeleitet werden kann auch ohne explizite Erwähnung im Wortlaut der Schutz des Aussperrungsrechts, da dieses als wichtigstes, wenn nicht einziges Kampfmittel der Arbeitgeberseite ebenfalls eines grundrechtlichen Schutzes bedarf. 238 Ausdrücklich auf den Geist der jeweiligen Vorschrift bezieht sich das EKSR darüber hinaus beim Schutz der negativen Vereinigungsfreiheit durch Art. 5 RESC 239, sowie beim Verbot von Kündigungen aufgrund der (Nicht-)Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft 240 oder wegen einer Streikteilnahme 241. c) Systematische Auslegung aa) Grundzüge der Methode Bei der systematischen Auslegung wird die auszulegende Vorschrift im Gesamtzusammenhang innerhalb desselben Vertrags 242 einschließlich des Anhangs 243 oder im Verhältnis zu anderen Regelungen 244 betrachtet. Ihr Zweck ist es, Widersprüche 235 Länderbericht IV Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Dänemark; Beschwerde 26/2004 Rn. 37. 236 Beschwerde 83/2012 Rn. 210; Beschwerde 85/2012 Rn. 120, 122, 140; Beschwerde 111/​ 2014 Rn. 71. 237 Beschwerde 123/2016 Rn. 40. 238 Länderbericht I Art. 6 § 4 Statement of Interpretation, Italien; Länderbericht II Art. 6 § 4 Italien; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Russland. 239 Länderbericht XI-1 Art. 5 Island. 240 Länderbericht VIII Art. 5 Dänemark. 241 Länderbericht VII Art. 6 § 4 Irland. 242 Zur Unterscheidung der systematischen Auslegung im engeren und im weiteren Sinne Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 69, 81 ff.; Degan, L’Interprétation des Accords en Droit International, S. 95, sieht die systematische Auslegung als Teil der Wortlautinterpretation. 243 Art. 31 § 2 lit. b WVRK; a. A., nach der der Anhang eine authentische Interpretation darstellt etwa Dahm, Völkerrecht, § 8 II. 4.; Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 23; Schubert, Arbeitsvölkerrecht, S. 95. 244 Beschwerde 101/2013 Rn. 82; Beschwerde 112/2014 Rn. 45; Schlachter, SR 2013, 77 (84); Steffens, Die negative Koalitionsfreiheit im europäischen und internationalen Recht, S. 39 f.

248

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

zwischen den Vorschriften zu vermeiden, indem das Verständnis einer Norm auf thematisch nahe Regelungen übertragen wird oder in anderer Weise auf sie ausstrahlt. 245 Insbesondere bei inhaltlichen Überschneidungen oder Ergänzungen ist dies relevant. Die systematische Auslegung kann daneben einen „Wettlauf nach unten“ vermeiden, wenn Grundrechte durch mehrere internationale Verträge geschützt werden, indem die Schutzbereiche und Einschränkungen angeglichen werden. 246 Die folgenden Ausführungen zur systematischen Auslegung durch das EKSR unterscheiden zwischen der Heranziehung der Systematik innerhalb der RESC einerseits und der systematischen Stellung der RESC gegenüber anderen völkerrechtlichen Verträgen andererseits. bb) Systematik innerhalb der RESC (1) Inhaltliche Überschneidungen und Abgrenzungen der Normen zum kollektiven Arbeitsrecht (a) Überschneidungen innerhalb Art. 6 RESC Eine für die systematische Auslegung relevante inhaltliche Überschneidung wird durch den Einleitungssatz von Art. 6 RESC hervorgerufen: Die folgenden vier Absätze dienen jeweils auf ihre Weise der wirksamen Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen. Aufgrund dieser inhaltlichen Nähe kann derselbe Sachverhalt unter mehreren Absätzen der Vorschrift geprüft werden, so etwa bei Eingriffen in die Kollektivvertragsfreiheit 247, bei der Entlassung eines Arbeitnehmers wegen seiner Teilnahme an Kollektivmaßnahmen im Zusammenhang mit Kollek-

245 Bülck, in: Strupp / ​Schlochauer (Hrsg.), Wörterbuch des Völkerrechts Band III, S. 549; Katerndahl, Tarifverhandlung und Streik als Menschenrechte, S. 216; Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 271; Schlachter, in: Hau / ​Schmidt (Hrsg.), FS Lindacher, S. 373 (376 f.); dies., in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S.  977 (984); dies., in: Social Justice Expertise Center (Hrsg.), Ensuring Coherence in Fundamental Labor Rights Case Law, S. 19 (20, 22); Visscher, Problèmes d’Interprétation Judiciaire en Droit International Public, S. 59. 246 Schlachter, in: Hau / ​Schmidt (Hrsg.), FS Lindacher, S. 373 (373, 376 f.). 247 Art. 6§§ 2, 3 und 4 RESC; vgl. Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Norwegen; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Island; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Island; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Norwegen; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 3 Dänemark, Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Island; Länderbericht 2004 Art. 6 § 3 Norwegen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Norwegen, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Bulgarien, Norwegen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Norwegen; Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Portugal; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 4 Portugal; Länder­ bericht XIV-1 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Spanien; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Spanien.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

249

tivvertragsverhandlungen 248, bei dem Ausschluss des Streikrechts unter Anordnung einer Zwangsschlichtung 249 oder bei der Ausschöpfung von Verhandlungsmöglichkeiten und friedlichen Streitbeilegungsmethoden vor Ausrufung eines Streiks 250. Besonders deutlich wird die Verzahnung der einzelnen Absätze am Beispiel der Auswirkungen eines verpflichtenden Schlichtungsverfahrens, das nicht durch Art. G RESC gerechtfertigt werden kann: Darin liegt nicht nur ein Verstoß gegen Art. 6 § 3 RESC, sondern auch eine Verletzung der freiwilligen Verhandlungen aus Art. 6 § 2 RESC 251 und der Handlungsfreiheit der Vereinigung aus Art. 5 RESC 252. Dient diese Zwangsschlichtung der Beendigung eines Arbeitskampfes, berührt sie zusätzlich Art. 6 § 4 RESC. 253 Bei solchen Überschneidungen wird ein einheitliches Bild geschaffen, indem ein Verstoß gegen einen Absatz in der Regel zu einer Unvereinbarkeit mit anderen einschlägigen Bestimmungen führt. Davon gibt es allerdings Ausnahmen: Ein Verstoß gegen Art. 6 § 4 RESC wirkt sich nicht automatisch auf die Gewährleistung des Verhandlungsrechts aus Art. 6 § 2 RESC aus, wenn die Arbeitsbedingungen mitgestaltet werden können, den Interessen lediglich kein Nachdruck durch Kollektivmaßnahmen verliehen werden kann. 254 Das EKSR prüft also für jeden Absatz gesondert, ob er durch die in Frage stehende Regelung berührt ist. Im Zweifel verstößt der Staat gegen alle einschlägigen Absätze. (b) Überschneidungen von Art. 5 und 6 RESC Eine weitere inhaltliche Überschneidung schafft das EKSR, indem es Art. 5 RESC im Lichte von Art. 6 RESC auslegen will 255, sodass Einschränkungen von essentiellen Handlungsmöglichkeiten der Gewerkschaften nicht nur am Maßstab 248

Art. 6 §§ 2 und 4 RESC; vgl. Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 2 Malta. Art. 6 §§ 3 und 4 RESC; Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 3 Island; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Albanien, Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Moldau. 250 Art. 6 §§ 3 und 4 RESC; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Island, Norwegen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Niederlande, Zypern; Länderbericht XV-2 Art. 6 § 4 Slowakei; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Rumänien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Moldau; Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Frankreich, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina, Rumänien, Russland. 251 Länderbericht XII-2 Art. 6 § 2 Malta; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 2 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Irland, Malta, Norwegen, Portugal; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 2 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Dänemark, Island, Malta; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Malta. 252 Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Malta. 253 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Norwegen; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 3 Dänemark, Spanien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 3 Island; Länderbericht 2004 Art. 6 § 3 Norwegen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 3 Norwegen, Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 3 Bulgarien, Norwegen; Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Norwegen. 254 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Deutschland. 255 Beschwerde 35/2006 Rn. 28. 249

250

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

des jeweiligen Absatzes von Art. 6 RESC, sondern auch an Art. 5 RESC gemessen werden. 256 Die Gewährleistung aller Inhalte von Art. 6 RESC impliziert aber nicht die Vereinbarkeit mit Art. 5 RESC, wenn die Ausübung der Rechte durch Zwangsorganisationen erfolgt. 257 Umgekehrt ist Grundvoraussetzung der Erfüllung zumindest von Art. 6 § 2 RESC die vollständige Gewährleistung von Art. 5 RESC. 258 Aus einer Zusammenschau von Art. 5 RESC und Art. 6 § 1 RESC leitet das EKSR ab, dass die Teilnahme an Sitzungen öffentlicher Gremien mit beratender, verwaltender oder rechtsetzender Aufgabe lediglich ein zusätzliches Mittel zur Vertretung der Arbeitnehmerinteressen ist. 259 Arbeitnehmer müssen den Arbeitgeber aufgrund der Gewährleistungen von Art. 5 und 6 § 4 RESC nicht im Vorfeld über Abstimmungen über Kollektivmaßnahmen in Kenntnis setzen. 260 Ein Ver 256

Länderbericht I Art. 5 Irland; Länderbericht II Art. 5 Irland; Länderbericht III Art. 5 Irland; Länderbericht IV Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht X-2 Art. 5 Frankreich, Irland; Länderbericht XI-2 Art. 5 Irland; Länderbericht XII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Dänemark, Irland, Norwegen; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Belgien, Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Irland, Malta, Niederländische Antillen, Norwegen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Irland, Malta, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 5 Dänemark, Irland, Luxemburg, Malta, Österreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Dänemark, Irland, Malta, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Dänemark; Länderbericht 2006 Art. 5 Irland; Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Beschwerde 83/2012 Rn. 83; Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (134). 257 Zu Kollektivverhandlungen siehe Länderbericht II Art. 5 Observation; Länderbericht IX-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 258 Länderbericht XII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Malta, Niederländische Antillen, Norwegen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht III Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht IV Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht V Art. 6 § 2 Schweden; Länderbericht VI Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht VII Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht VIII Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht IX-2 Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht XI-2 Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 2 Malta; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Irland; Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 2 Belgien, Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Finnland, Frankreich, Irland, Malta, Niederländische Antillen, Portugal, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-4 Art. 6 § 2 Belgien; Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 2 Portugal; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Belgien, Malta, Portugal; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Malta; explizite Feststellung der Nähe von Art. 5 und 6 § 2 RESC in Beschwerde 116/2015 Rn. 41. 259 Beschwerde 26/2004 Rn. 37. 260 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

251

gleich von Art. 5 RESC mit Art. 6 RESC und dem dazugehörigen Anhang zeigt zudem, dass der völlige Ausschluss des Streikrechts für öffentlich Bedienstete nicht zulässig ist 261, und dass Art. 6 RESC im Gegensatz zu Art. 5 RESC keine weitergehenden Einschränkungsmöglichkeiten für Polizei und Militär enthält 262. Nicht durchsetzen konnte sich hingegen die Ansicht Zanettis, nach der ein Verstoß gegen das Streikrecht stets einen Verstoß gegen Art. 5 RESC bedeutet, weil die Gewerkschaften ihres stärksten Druckmittels und damit ihrer Existenz beraubt würden. 263 Zur Vermeidung von Widersprüchen zwischen Art. 5 und 6 RESC überträgt das EKSR zudem die im Rahmen von Art. 5 RESC entwickelten Maßstäbe zur Bewertung von Repräsentativitätskriterien auf Art. 6 § 1 RESC 264 und Art. 6 § 2 RESC 265. (c) Zusammenspiel weiterer Vorschriften des kollektiven Arbeitsrechts Außerhalb der Kernvorschriften zum kollektiven Arbeitsrecht werden einheit­ liche Linien durch einen Gleichlauf von Art. 21 und 22 RESC sowohl beim persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich 266, als auch bei den zu beteiligenden Arbeitnehmervertretern 267 und bei der Absicherung der Beteiligungsrechte 268 geschaffen. Auf Art. 21 und 22 RESC geht wiederum das Verständnis des Arbeitnehmervertreters in Art. 28 RESC zurück. 269 Wird die Arbeitnehmervertretung ausschließlich durch Gewerkschaften übernommen, kann die Stellungnahme des EKSR zu Art. 5 RESC auf Art. 28 RESC aufgrund deren vergleichbarer materieller Inhalte übertragen werden. 270 Fällt derselbe Gesichtspunkt in den Schutzbereich mehrerer Vorschriften, wird ein einheitliches Gesamtbild abgesichert, indem das EKSR einschlägige Sachverhalte in der Regel nur am Maßstab der spezielleren Norm prüft, sofern der Staat an beide Vorschriften gebunden ist: Beratungen auf Unternehmensebene werden unter Art. 21 RESC statt Art. 6 § 1 RESC untersucht 271, und die Kontrolle der Einhal 261

Länderbericht I Art. 6 § 4 Deutschland. Beschwerde 2/1999 Rn. 31; Beschwerde 4/1999 Rn. 30; Beschwerde 5/1999 Rn. 29; Beschwerde 83/2012 Rn. 159, 174; Beschwerde 101/2013 Rn. 118; Beschwerde 112/2014 Rn. 85. 263 Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Zanetti Rn. 7. 264 § 2 C. I. 1. b) aa). 265 § 2 C. II. 2. a) bb) (4). 266 Siehe § 1 B. I. 2. b), § 1 B. I. 2. c). 267 § 2 E. II. 1. 268 § 2 E. II. 3. 269 Explanatory report to the RESC Rn. 107. 270 Länderbericht 2003 Art. 28 Bulgarien, Frankreich, Italien, Rumänien, Slowenien; Länderbericht 2005 Art. 28 Estland, Litauen, Moldau, Zypern; Länderbericht 2007 Art. 28 Bulgarien, Italien; Länderbericht 2010 Art. 28 Portugal; Länderbericht 2014 Art. 28 Italien, Türkei; Länderbericht 2018 Art. 28 Russland. 271 Länderbericht XXI-3 Art. 6 § 1 Kroatien; Umkehrschluss aus Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Aserbaidschan, Bulgarien, Frankreich, Italien, Litauen, Ukraine, Zypern; Länderbericht 262

252

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

tung von Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften unter Art. 22 RESC statt Art. 3 RESC 272. Art. 21 und 22 RESC ergänzen die Beratungsrechte aus Art. 6 § 1 RESC 273, während eine klare Trennung zwischen Art. 22 und Art. 6 § 2 RESC besteht, da Art. 22 RESC in keiner Weise das Recht auf Kollektivvertragsverhandlungen beeinflussen soll. 274 Die Unterrichtung und Anhörung vor Massenentlassungen sind vorrangig Gegenstand von Art. 29 RESC statt Art. 21 RESC. 275 (2) Einflüsse von Normen der RESC außerhalb des kollektiven Arbeitsrechts Selten orientiert sich das EKSR an Vorschriften außerhalb des kollektiven Arbeitsrechts. Die Spruchpraxis zur notwendigen Folge erlittener Diskriminierun­ gen aufgrund der Gewerkschaftszugehörigkeit oder der Teilnahme an Gewerkschaftsaktivitäten wurde zumindest in Teilen an die Entschädigung für Kündigungen ohne triftigen Grund aus Art. 24 RESC angepasst. 276 Deutlichen Einfluss nahm Art. 1 § 2 ESC auf die ersten Stellungnahmen zum Schutz der negativen Vereinigungsfreiheit. Es war zunächst umstritten, ob dieses Recht über den Wortlaut der Vorschrift hinaus von Art. 5 ESC erfasst ist. 277 Das EKSR suchte eine Antwort auf diese Frage zunächst über Art. 1 § 2 ESC. 278 Danach darf jeder Arbeitnehmer seinen Lebensunterhalt durch eine frei übernommene Tätigkeit verdienen. Ist Voraussetzung für die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft, ist die Wahlfreiheit eingeschränkt. 279 Der Anhang zu Art. 1 § 2 ESC stellt demgegenüber klar, dass union security clauses neutral betrachten

2014 Art. 6 § 1 Bosnien und Herzegowina, Frankreich, Montenegro, Norwegen, Portugal, Russland; Länderbericht 2018 Art. 6 § 1 Slowenien; Länderbericht 2018 Art. 21 Lettland; zum Verhältnis von Art. 6 § 1 RESC und Art. 21, 22 RESC Länderbericht XII-2 Art. 6 § 1 Dissenting Opinion Vida Soria Rn. 3.2.4 ff. 272 Länderbericht XX-3 Art. 3 ZP Griechenland, Spanien, Tschechien; Länderbericht 2010 Art. 22 Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 22 Armenien, Aserbaidschan, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Estland, Finnland, Italien, Norwegen, Schweden, Serbien, Türkei, Ungarn; Länderbericht 2016 Art. 22 Armenien. 273 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 1 Dänemark; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Kroatien; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 Bulgarien, Irland. 274 Vgl. Art. 8 ZP und Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 49; Länderbericht 2007 Art. 22 Albanien; Beschwerde 65/2011 Rn. 39; Beschwerde 111/2014 Rn. 243 f.; a. A. Beschwerde 65/2011 Dissenting Opinion Stangos. 275 Länderbericht 2010 Art. 21 Türkei; Länderbericht 2014 Art. 21 Nordmazedonien. 276 § 2 B. IV. 2. b) sowie § 2 E. III. 2. a). 277 Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (138); Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 17 ff.; Steffens, Die negative Koalitionsfreiheit im europäischen und internationalen Recht, S. 80 ff. 278 Dazu ausführlich Länderbericht VII Art. 5 Dissenting Opinion Zanetti sowie Länderbericht VIII Art. 5 Vereinigtes Königreich Dissenting Opinion Zanetti; Lyon-Caen / ​Lyon-Caen, Droit Social International et Européen, Rn. 138. 279 Vgl. § 2 B. III. 2. b) aa).

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

253

werden sollen, und Art. 1 § 2 ESC nichts über deren Zulässigkeit oder Unzulässigkeit aussagt. 280 Dies übertrug das EKSR auf das Verständnis von Art. 5 ESC, sodass dieser die Zulässigkeit solcher Schutzklauseln ebenfalls nicht regelt. 281 Lediglich gesetzlich auferlegte Zwangsmitgliedschaften waren nicht mit der Charta zu vereinbaren. 282 Später löste sich das EKSR von dieser Argumentation: Selbst wenn der Anhang von Art. 1 § 2 ESC auf Art. 5 ESC anzuwenden ist, kann daraus weder abgeleitet werden, dass die negative Vereinigungsfreiheit völlig außerhalb des Schutzbereichs von Art. 5 ESC liegt, noch, dass jede Form von Zwangsmitgliedschaft in einer Gewerkschaft mit dem Geist der Vorschrift in Einklang steht. 283 Ein weiterer Gedanke zur systematischen Auslegung außerhalb des kollektiven Arbeitsrecht findet sich in einer jüngeren Stellungnahme des EKSR, nach der allein Art. 19 § 10 RESC sich explizit zur Anwendbarkeit auf Selbständige äußert, woraus sich aber nichts für den Anwendungsbereich der anderen Vorschriften schließen lässt. 284 cc) Betrachtung des systematischen Zusammenhangs mit internationalen Vorschriften außerhalb der RESC (1) Bestimmung der relevanten Vorschriften Nicht nur Vorschriften der RESC selbst, sondern auch anderer völkerrechtlicher Verträge können Einfluss auf die Auslegung der RESC nehmen. In der Präambel verweisen die ESC und die RESC auf die EMRK. Bei einer solchen Verzahnung liegt es nahe, diese Vorschriften bei der Auslegung zu beachten. 285 Die Relevanz eines anderen Vertrags kann sich daneben durch seine Vorbildfunktion für die aus-

280 Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (138 f.); Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1089 f.); Valticos, Droit International du Travail, § 278. 281 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; kritisch dazu Länderbericht VII Art. 5 Dissenting Opinion Zanetti, der darin einen Verstoß gegen die Systematik von Charta und Anhang sieht. 282 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht VII Art. 5 Vereinigtes Königreich; vgl. Länderbericht XII-1 Art. 5 Island; Länderbericht 2014 Art. 5 Serbien. 283 Länderbericht VII Art. 5 Vereinigtes Königreich. 284 Beschwerde 123/2016 Rn. 35. 285 Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 87 f.; Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 138; Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 273; Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann (Hrsg.), The Economic and Financial Crisis and Collective Labour Law in Europe, S. 265 (270 f.); Matscher, in: Bernhardt / ​Geck / ​Jaenicke / ​ Steinberger (Hrsg.), FS Mosler, S. 545 (560 f.); Schlachter, in: Social Justice Expertise Center (Hrsg.), Ensuring Coherence in Fundamental Labor Rights Case Law, S. 19 (20); Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 11.

254

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

zulegende Vorschrift ergeben. 286 Ohne explizite Verknüpfung können völkerrechtliche Normen darüber hinaus als Ausdruck der internationalen Ordnung eine Rolle spielen. 287 Denkbar, aber nicht unumstritten, ist zudem ein Berücksichtigungsgebot völkerrechtlicher Abkommen aufgrund von Art. 31 § 3 lit. c WVRK. 288 In jedem Fall darf die Heranziehung eines anderen Vertrags nicht zu Ergebnissen führen, die über den Willen der Parteien hinausgehen, vor allem, wenn diese nicht an den herangezogenen Vertrag gebunden sind. 289 Schließlich existieren für die RESC keine expliziten Klauseln zur Festlegung einer hierarchischen Ordnung, wie sie Art. 52 Abs. 3 oder Art. 53 GRC für Rechte aus der Europäischen Grundrechtecharta gegenüber der EMRK enthalten. 290 Dass das EKSR sich an anderen völkerrechtlichen Vorschriften orientieren möchte, zeigt sich etwa in der Betonung, dass es für Art. 6 § 4 RESC eigene Interpretationsansätze ausarbeiten musste, weil diese Vorschrift das Streikrecht zum ersten Mal in einem internationalen Übereinkommen verankert. 291 Eine systematisierende Tendenz kann darüber hinaus darin gesehen werden, dass am Anfang einer Kollektivbeschwerde stets das einschlägige internationale Recht deskriptiv aufgeführt wird. 292 Im Folgenden wird untersucht, welche völkerrechtlichen Vorschriften das EKSR in welchem Maße nutzt. Dafür werden zunächst die Normen, auf die das EKSR sich beruft, sowie deren Verhältnis zur RESC knapp dargestellt. Schließlich wird ihre Bedeutung für die Auslegungspraxis des EKSR aufgezeigt. 286

Matscher, in: Bernhardt / ​Geck / ​Jaenicke / ​Steinberger (Hrsg.), FS Mosler, S.  545 (564); Schlachter, SR 2013, 77 (79) mit Art. 24 RESC als Beispiel, der sich an ILO Nr. 158 orientiert und als Vorlage für Art. 30 GRC dient. 287 Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 88; Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 37; Matscher, in: Bernhardt / ​Geck / ​ ­Jaenicke / ​Steinberger (Hrsg.), FS Mosler, S. 545 (562 ff.); siehe auch Art. 31 § 3 lit. c WVRK, Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann (Hrsg.), The Economic and Financial Crisis and Collective Labour Law in Europe, S. 265 (269) mit Verweis auf Beschwerde 47/2008 Rn. 35; Matscher, in: Bernhardt / ​Geck / ​Jaenicke / ​Steinberger (Hrsg.), FS Mosler, S.  545 (561). 288 Katerndahl, Tarifverhandlung und Streik als Menschenrechte, S. 215 ff. 289 Haratsch, in: Klein, Eckart (Hrsg.), The Monitoring System of Human Rights Treaty Obligations, S. 167 (168); Schlachter, in: Social Justice Expertise Center (Hrsg.), Ensuring Coherence in Fundamental Labor Rights Case Law, S. 19 (20 f., 26). 290 Klocke, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S.  909 (920 f.); Schlachter, in: Hau / ​Schmidt (Hrsg.), FS Lindacher, S. 373 (378 f.). 291 Länderbericht I Art. 6 Statement of Interpretation; Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 148; Kahn-Freund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (150 f.); Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 30 m. w. N.; Papadatos, Journal der internationalen Juristen-Kommission 1966, 237 (249); Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 87 ff. m. w. N. 292 Siehe etwa Beschwerde 123/2016 Rn. 21 ff., in denen EMRK, Rechtsprechung des EGMR, Resolution 2033 (2015) des Europarats, der IPwskR sowie ILO-Normen aufgeführt werden, ohne sie in der Entscheidung erneut aufzugreifen; Bernhardt, Die Auslegung völkerrecht­licher Verträge, S. 81; Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European ­Social Charter and the Employment Relation, S. 52 (61).

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

255

(2) Heranziehung der Europäischen Menschenrechtskonvention (a) Grundzüge der EMRK sowie Vorgaben zum kollektiven Arbeitsrecht Die EMRK vom 4.11.1950 ist sowohl angesichts der verbürgten Freiheitsgrundrechte als auch aufgrund ihrer Wirkungsweise das bedeutendste Instrument des völkerrechtlichen Grundrechtsschutzes auf europäischer Ebene. 293 Alle Mitglieder des Europarates sind zur Bindung an die EMRK verpflichtet. 294 Obwohl die RESC die EMRK ergänzen soll, überschneiden sich die Verträge inhaltlich. 295 Schließlich verbürgt Art. 11 § 1 EMRK unter anderem das Recht jedes Einzelnen, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten. Im Gegensatz zur RESC sieht der Wortlaut von Art. 11 § 1 EMRK aber keine positive Förderungspflicht der Staaten vor. 296 Für die Auslegung der EMRK ist gemäß Art. 32 § 1 EMRK der EGMR zuständig, wenn er die Verletzung der EMRK durch ein konkretes staatliches Verhalten im Einzelfall überprüft. 297 Darin liegt ein großer Unterschied zur Tätigkeit des EKSR, das stets das Gesamtbild überprüft. Die Urteile des EGMR sind nur für die Parteien des Verfahrens bindend, daraus ableitbare allgemeine Grundsätze entfalten aber eine Orientierungswirkung. 298 Daher steht dem EGMR eine ausschließliche und verbindliche Deutungsbefugnis zu. 299 Aus seiner Rechtsprechung ergibt sich mittlerweile insbesondere aufgrund einer dynamischen Interpretation 300, dass Art. 11 § 1 EMRK über seinen Wortlaut hinaus deutlich mehr Rechte beinhaltet als die individuelle positive Vereinigungsfreiheit. 301

293

Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, S. 1 ff.; Sommermann, Der Schutz der Menschenrechte im Rahmen des Europarates, S. 2 ff.; zur Geschichte Partsch, ZaöRV Bd. 15, 631 (640 ff.). 294 Meyer-Ladewig / ​Nettesheim / ​von Raumer-Nettesheim, Einleitung Rn. 14; Weiß, EuZA 2010, 457 (458). 295 Beschwerde 29/2005 Rn. 7; Beschwerde 85/2012 Rn. 39; Beschwerde 101/2013 Rn. 20; Beschwerde 103/2013 Rn. 23; Beschwerde 112/2014 Rn. 14. 296 Vgl. Länderbericht V Art. 6 § 2 Schweden. 297 Vgl. EGMR vom 12.4.2005 – Rs. 36378/02 Rn. 293 – Shamayev u. a.; zu den Verfahren Sommermann, Der Schutz der Menschenrechte im Rahmen des Europarates, S. 16 ff. Die Urteile sind abrufbar über http://hudoc.echr.coe.int/eng, zuletzt abgerufen am 25.4.2019. 298 Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 311 ff. m. w. N.; Polakiewicz, Die Verpflichtung der Staaten aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 285 ff. m. w. N., 353 f.; Ress, in: Bernhardt / ​Geck / ​Jaenicke / ​Steinberger (Hrsg.), FS Mosler, S. 719 (726 ff.). 299 Bernhardt, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 65 (66); Meyer-Ladewig / ​Albrecht, in: Meyer-Ladewig / ​Nettesheim / ​von Raumer (Hrsg.), EMRK, Art. 32 Rn. 1. 300 Katerndahl, Tarifverhandlung und Streik als Menschenrechte, S. 195 ff. 301 Frowein, in: Frowein / ​Peukert, EMRK, Art. 11 Rn. 16 ff.; Katerndahl, Tarifverhandlung und Streik als Menschenrechte, S. 58 ff., insb. 69 ff.; Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, EMRK Art. 11 Rn. 16 ff.

256

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

(b) Verhältnis von RESC und EMRK (aa) Grundsätzliche Trennung von RESC und EMRK Das EKSR betont, dass es sich bei RESC und EMRK um zwei getrennte Instrumente handelt, sodass von dem Inhalt des einen Vertrags nicht auf den des anderen geschlossen werden kann. 302 Eine Beeinflussung des EKSR durch EGMR-Urteile ist mangels personeller Verflechtung der Kontrollorgane nicht unvermeidlich im System angelegt. 303 Die unterschiedliche Reichweite des Schutzes zeigt sich an mehreren Stellen: Während sich das EKSR für eine zumindest begrenzte Zulässigkeit von Sympathiearbeitskämpfen ausgesprochen hat 304, urteilte der EGMR im Fall National Union of Rail, Maritime and Transport Workers, dass ein absolutes Verbot solcher Maßnahmen innerhalb des Ermessensspielraums des Gesetzgebers liegt 305. Das EKSR nahm diese Entscheidung wahr, änderte seine Spruchpraxis allerdings nicht, da Art. 6 § 4 RESC gegenüber Art. 11 EMRK eine speziellere Vorschrift mit weiter gehendem Schutz ist. 306 Der Ausschluss von Sympathiestreiks ist nicht verhältnismäßig und angemessen im Sinne von Art. G RESC. 307 Bei der Bewertung von closed shops verwies Dänemark auf die Rechtsprechung des EGMR, mit der die nationale Rechtslage konform sein sollte. 308 Das EKSR berief sich auch hier auf die unterschiedlichen Anforderungen der beiden Instrumente. 309 Abgesehen davon rügte der EGMR später in zwei Fällen einen Verstoß gegen die negative Vereinigungsfreiheit aus Art. 11 EMRK. 310 Unterschiede zwischen RESC und EMRK bestehen nicht nur bei dem jeweiligen unmittelbaren Schutzgehalt, sondern auch bei ihrem Verhältnis zum Unionsrecht: Während der EGMR bei Konformität einer Rechtslage mit Unionsrecht eine Vereinbarkeit mit der EMRK vermutet, lehnt das EKSR einen solchen Rückschluss grundsätzlich ab. 311

302

Länderbericht X-1 Art. 5 Dänemark, Island; Länderbericht XI-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Dänemark, Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 5 Norwegen, ­Schweden. 303 Flauss, in: ders. (Hrsg.), Droits sociaux et droit européen, S. 89 (92). 304 § 2 D. II. 3; für das Vereinigte Königreich siehe Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4. 305 EGMR vom 8.4.2014 – Rs. 31045/10 Rn. 103 f. – National Union of Rail, Maritime and Transport Workers. 306 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 307 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 308 Länderbericht X-1 Art. 5 Dänemark, Island; Länderbericht XI-1 Art. 5 Dänemark; Länder­ bericht XIV-1 Art. 5 Dänemark. 309 Länderbericht X-1 Art. 5 Dänemark, Island; Länderbericht XI-1 Art. 5 Dänemark; Länder­ bericht XIV-1 Art. 5 Dänemark. 310 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Dänemark mit Verweis auf EGMR vom 11.1.2006  – Rs. 52620/99 und 52562/99 – Rasmussen und Sørensen. 311 Beschwerde 85/2012 Rn. 74; siehe auch § 3 B. I. 2. c) cc) (4).

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

257

Vor dem Hintergrund dieser Trennung von EMRK und RESC mag es plausibel sein, dass das EKSR aus der EMRK oder der Rechtsprechung des EGMR abgeleitete Argumente übergeht, etwa in der Beschwerde 26/2004: Eine Gewerkschaft sah sich mangels Rechtsmittel gegen die Wahl zum französischen Conseil national de l’enseignement supérieur et la recherche in ihren Rechten beschnitten, zumal auch nach der Rechtsprechung des EGMR Gewerkschaften gehört werden müssen. 312 Das EKSR ging auf dieses Argument nicht ein. (bb) Anknüpfungspunkte für eine Beachtung der EMRK bei der Auslegung der RESC Auch wenn das EKSR die Trennung der beiden Verträge betont, sind EMRK und RESC sich ergänzende Schwesterkonventionen. 313 Durch ihre Präambeln wird deutlich, dass sie Ausdruck derselben Werte sind und mit der Wahrung und Fortentwicklung der Menschenrechte dieselben Ziele verfolgen. 314 Zusätzlich nimmt die RESC in ihrer Präambel Bezug auf die EMRK, die bei der Schaffung der Charta eine Vorbildfunktion hatte. 315 Dies zeigt sich zum Beispiel daran, dass die Einschränkungsmöglichkeiten in Art. G RESC parallel zu Art. 11 § 2 EMRK aufgebaut sind 316, oder an den Ähnlichkeiten zwischen Art. 14 EMRK und Art. E RESC 317. Der Rechtsprechung des EGMR konnte daher die Formel entlehnt werden, dass eine Situation, die grundsätzlich mit Teil II der RESC vereinbar ist, bei unzulässigen Diskriminierungen gegen die Vorschrift aus Teil II in Verbindung mit Art. E RESC führen kann. 318 Eine Orientierung des EKSR an der EMRK wäre demnach durchaus legitim. Der Regierungsausschuss des Europarats gab auch eine entsprechende Empfehlung ab. 319 Die Betonung der Trennung der Instrumente ist daher nicht unbedingt als 312

Beschwerde 26/2004 Rn. 17; vgl. EGMR vom 27.10.1975 – Rs. 4464/70 Rn. 39 – National Union of Belgian Police. 313 Beschwerde 14/2003 Rn. 27; Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 38 f.; vgl. Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 52 (55), der eine entsprechende Beachtung als von Art. 31 § 3 lit. c WVRK vorgegeben ansieht; Gegenüberstellung von RESC und EMRK bei Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1096 ff.). 314 Benoît-Rohmer, in: Aliprantis (Hrsg.), Les droits sociaux dans les instruments européens et internationaux, S. 235 (240); Lhernould / ​Hablot, in: Teyssié (Hrsg.), La norme transnationale et les relations de travail, S. 14 (23, Rn. 16). 315 Jacobs, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 220 (221). 316 Beschwerde 26/2004 Rn. 31; Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (200). 317 Beschwerde 26/2004 Rn. 34. 318 Vgl. EGMR vom 23.7.1968 – Rs. 1474/62, 1677/62, 1691/62, 1769/63, 1994/63, 2126/64 Rn. 42 – Belgischer Sprachenfall; Beschwerde 26/2004 Rn. 34. 319 Nach Flauss, in: ders. (Hrsg.), Droits sociaux et droit européen, S. 89 (98).

258

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Ausdruck des Unwillens seitens des EKSR zu sehen, die EMRK zu berücksichtigen, sondern eher als Versuch, eine abweichende Spruchpraxis zu rechtfertigen. 320 (c) Auseinandersetzung des EKSR mit der Rechtsprechung des EGMR (aa) Negative Vereinigungsfreiheit Eine herausragende Bedeutung hatte die Rechtsprechung des EGMR bei der Beantwortung der Frage, ob Art. 5 RESC die negative Vereinigungsfreiheit schützt. Im Fall Young, James and Webster entschied der EGMR, dass Art. 11 § 1 EMRK zumindest teilweise die negative Vereinigungsfreiheit umfasst. 321 Dies gab dem EKSR Anlass, seine auf dem Anhang zu Art. 1 § 2 RESC basierende ablehnende Haltung 322 zu überdenken. Art. 5 RESC ist seither in Anlehnung an den EGMR so auszulegen, dass die Zulässigkeit jeglicher Form von Mitgliedschaftszwang den Kernbereich der Vereinigungsfreiheit verletzen würde. 323 Später wurde die Formulierung des EGMR, dass die Mitgliedschaft in einer Vereinigung das Resultat einer freien Wahlmöglichkeit sein muss, die der Arbeitnehmer ohne Zwang wahrnehmen kann, wörtlich übernommen. 324 Bei der Ausarbeitung der RESC wurde von einer Klarstellung im Vertragstext abgesehen, weil die konstante Spruchpraxis des EKSR bereits für eine hinreichende Absicherung ausreicht. 325 Der Gleichlauf setzt sich bei der Bewertung konkreterer Fragen der negativen Vereinigungsfreiheit fort: Das EKSR nahm Kenntnis von der EGMR-Rechts­ sache Vörður Ólafsson, in der die Verpflichtung eines Arbeitgebers, eine Abgabe an einen bestimmten Arbeitgeberverband zu zahlen, einen Verstoß gegen Art. 11 EMRK darstellte. 326 Mangels weiterer Informationen stellte das EKSR ebenfalls eine Unvereinbarkeit mit Art. 5 RESC fest. 327 In Anlehnung an das Urteil

320

Akandji-Kombé, in: de Búrca / ​de Witte (Hrsg.), Social Rights in Europe, S. 89 (102). EGMR vom 13.8.1981 – Rs. 7601/76 und 7806/77 Rn. 52 ff.– Young, James und Webster. 322 § 3 B. I. 2. c) bb) (2). 323 EGMR vom 13.8.1981 – Rs. 7601/76 und 7806/77 Rn. 52 – Young, James und Webster; Länderbericht VII Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Dänemark mit Verweis auf EGMR vom 11.1.2006 – Rs. 52620/99 und 52562/99 – Rasmussen und Sørensen; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Beschwerde 12/2002 Rn. 30; kritisch Jacobs, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 220 (242 ff.). 324 Vgl. EGMR vom 13.8.1981 – Rs. 7601/76 und 7806/77 Rn. 52, 56 – Young, James und Webster; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2014 Art. 5 Russland, Serbien; Beschwerde 12/2002 Rn. 29; Beschwerde 103/2013 Rn. 76. 325 Steffens, Die negative Koalitionsfreiheit im europäischen und internationalen Recht, S. 84 m. w. N. 326 Länderbericht XX-3 Art. 5 Island mit Verweis auf EGMR vom 27.7.2010 – Rs. 20161/06 – Vörður Ólafsson. 327 Länderbericht XX-3 Art. 5 Island 321

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

259

­Gustafsson ist Art. 5 RESC aber nur verletzt, wenn der Kern der negativen Freiheit berührt ist. 328 Trotz dieser Parallelen ist der Schutz der negativen Vereinigungsfreiheit durch Art. 5 RESC und Art. 11 EMRK nicht identisch: Eine Bindung an die EMRK sowie eine vom EGMR festgestellte Konformität mit deren Anforderungen reichen alleine nicht aus, um Art. 5 RESC gerecht zu werden. 329 Schließlich hat der EGMR im Rahmen der von ihm entschiedenen Einzelfälle keine Aussage getroffen, ob Art. 11 EMRK allgemein Klauseln verbietet, die Gewerkschaften bevorzugen. 330 Umgekehrt können die Anforderungen von Art. 5 RESC eingehalten sein, wenn Art. 11 EMRK verletzt ist: In der Rechtssache Young, James and Webster verstieß die konkrete Situation gegen Art. 11 EMRK, während das EKSR mangels ausreichender Informationen zunächst nicht in der Lage war, ein strukturelles Defizit und damit einen Verstoß gegen Art. 5 RESC auszumachen. 331 Zudem hat sich das EKSR bisher nicht mit der vom EGMR geprüften negativen Tarifvertragsfreiheit 332 auseinandergesetzt. (bb) Anerkennung der EMRK als Maßstab In einigen Fällen erkennt das EKSR Ausführungen der Staaten an, die eine Konformität mit der RESC nachweisen wollen, indem sie die Vorgaben der EMRK respektieren, etwa bei dem Diskriminierungsverbot aufgrund der Gewerkschaftszugehörigkeit 333 oder wenn sich die Voraussetzungen für die Auflösung einer Gewerkschaft an Art. 11 § 2 EMRK orientieren 334. Ein weiteres Beispiel für Maß­ geblichkeit der EMRK ist die Akzeptanz des EKSR der an sich mit der RESC nicht zu vereinbarenden Regelung, nach der Seeleute für die Teilnahme an Streiks bestraft werden können, weil Sanktionen aufgrund der Bindung an die EMRK nur auferlegt werden, wenn die Streikteilnahme das Leben Anderer oder ähnliche Rechtsgüter gefährdet. 335

328

Beschwerde 35/2006 Rn. 29; EGMR vom 25.4.1996 – Rs. 15573/89 Rn. 52 f. – Gustafsson. Länderbericht XIV-1 Art. 5 Dänemark, Schweden; Länderbericht XV-1 Art. 5 Dänemark, Norwegen, Schweden. 330 Länderbericht X-1 Art. 5 Dänemark, Island; Länderbericht XI-1 Art. 5 Dänemark; jeweils mit Verweis auf EGMR vom 13.1.1981 – Rs. 7601/76 und 7806/77 Rn. 51 ff. – Young, James und Webster. 331 Länderbericht VII Art. 5 Vereinigtes Königreich. 332 Hartmann, Negative Tarifvertragsfreiheit im deutschen und europäischen Arbeitsrecht, S. 252 ff. 333 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Niederländische Antillen. 334 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Österreich. 335 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 329

260

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

(d) Parallelen in der zur Auslegung der Vorschriften angewandten Methodik Nicht nur inhaltlich, sondern auch bei den anzuwendenden Methoden kann der EGMR das EKSR beeinflussen. 336 Sowohl das autonome Begriffsverständnis als auch die evolutive Herangehensweise sollen der Auslegungsarbeit des EGMR entlehnt sein. 337 Die Orientierung an anderen internationalen Vorschriften soll ebenfalls auf der Rechtsprechung des EGMR fußen. 338 Für die Überprüfung der Notwendigkeit von Beschränkungen hatte der EGMR bereits ein Konzept entwickelt, welches das EKSR für Art. G RESC übernehmen konnte. 339 Ob darüber hinaus auch die Figur der positiven Verpflichtungen vom EGMR übernommen wurde 340, kann bezweifelt werden. Da der Wortlaut von Art. 11 EMRK keine staatlichen Schutzpflichten enthält, mussten diese erst vom EGMR konstruiert werden. 341 Die hier behandelten Vorschriften der RESC verpflichten die Staaten hingegen ausdrücklich zum Ergreifen fördernder oder absichernder Maßnahmen, sodass die Entstehung positiver Pflichten nicht weiter begründet werden muss. (e) Bedeutung des EGMR als Tatsachen-Erkenntnisquelle Durch das Verfolgen der Rechtsprechung des EGMR erhält das EKSR Kenntnis von auch für die RESC relevanten Tatsachen und Argumenten. Dies schlägt sich aber nur bedingt in seinen Stellungnahmen nieder. Durch die Rechtssache Schmidt und Dahlström 342 erfuhr das EKSR etwa, dass bestimmte Leistungen eines Kollektivvertrags unabhängig von einer eigenen Streikteilnahme denjenigen nicht gewährt wurden, die Mitglieder einer Gewerkschaft sind, die in einem anderen Sektor einen rechtmäßigen Streik ausgerufen hat. Dies verletzte Art. 11 EMRK nicht, sollte aber in den Augen des EKSR künftig verhindert werden. 343 In den folgenden Überwachungszyklen ging das EKSR nicht mehr auf diese Fragestellung 336

Benoît-Rohmer, in: Aliprantis (Hrsg.), Les droits sociaux dans les instruments européens et internationaux, S. 235 (237). 337 Benoît-Rohmer, in: Aliprantis (Hrsg.), Les droits sociaux dans les instruments européens et internationaux, S. 235 (247 ff.); Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 436 ff.; Katerndahl, Tarifverhandlung und Streik als Menschenrechte, S. 195 ff. 338 Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann (Hrsg.), The Economic and Financial Crisis and Collective Labour Law in Europe, S. 265 (269). 339 Benoît-Rohmer, in: Aliprantis (Hrsg.), Les droits sociaux dans les instruments européens et internationaux, S. 235 (250); Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 447 ff.; Harris / ​Darcy, The European Social Charter, S. 31; McGoldrick, ICLQ 2016, 21 (23). 340 Benoît-Rohmer, in: Aliprantis (Hrsg.), Les droits sociaux dans les instruments européens et internationaux, S. 235 (250). 341 Katerndahl, Tarifverhandlung und Streik als Menschenrechte, S. 51 ff. 342 EGMR vom 6.2.1976 – Rs. 5589/72 – Schmidt und Dahlström. 343 Länderbericht V Art. 6 § 2 Schweden; Länderbericht VI Art. 5 Schweden mit Verweis auf EGMR vom 6.2.1976 – Rs. 5589/72 – Schmidt und Dahlström.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

261

ein. An anderer Stelle erwähnt das EKSR eine vom EGMR festgestellte Schutzpflichtverletzung, ohne dazu Stellung zu nehmen 344, oder es behält sich eine erneute Überprüfung vor, sobald der EGMR eine Rechtssache entschieden hat 345. Unter Hinweis auf die Rechtssache Trofimchuk 346 fragte das EKSR nach weiteren prozessualen Anforderungen für die Durchführung eines Streiks. 347 Der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt wurde vom EKSR in diesem Zyklus nicht untersucht. Die Nichtbeachtung des vom EGMR herausgearbeiteten Sachverhalts ist im Ergebnis weniger einschneidend, wenn ein Verstoß gegen die RESC auf anderem Wege begründet wird: Im Fall Veniamin Tymoshenko und andere wurde ein Streik von Flugbegleitern durch die Behörden untersagt. 348 Der EGMR rügte, dass dieses Verbot auf eine nicht hinreichend klare und vorhersehbare Rechtsgrundlage gestützt wurde. 349 Das EKSR stellte gleichermaßen einen Verstoß gegen Art. 6 § 4 RESC fest, allerdings mit der abweichenden Begründung, dass ein absoluter Streikausschluss in der zivilen Luftfahrt unverhältnismäßig sei. 350 Eine möglicherweise unklare Rechtslage wurde hingegen nicht thematisiert. (3) Heranziehung von Konventionen der ILO (a) Vorgaben des kollektiven Arbeitsrechts in der ILO Die ILO setzt sich seit 1919 auf universalvölkerrechtlicher Ebene für den Schutz der Arbeitnehmer ein. 351 Auf sie gehen zahlreiche Abkommen zu Einzelaspekten des Arbeitslebens zurück, die Arbeitsbedingungen auf einem akzeptablen Niveau harmonisieren und fortschreitend verbessern sollen. 352 Unverbindliche Empfeh­ lungen, Resolutionen und Deklarationen gestalten die Abkommen aus. 353 Die Stan-

344 Länderbericht 2014 Art. 5 Russland mit Verweis auf EGMR vom 30.6.2009 – Rs. 67336/​ 01 – Danilenkov u. a. 345 Länderbericht IV Art. 6 § 4 Schweden. 346 EGMR vom 28.10.2010 – Rs. 4241/03 – Trofimchuk. 347 Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Ukraine. 348 EGMR vom 2.10.2014 – Rs. 48408/12 – Veniamin Tymoshenko u. a. 349 EGMR vom 2.10.2014 – Rs. 48408/12 Rn. 79 ff. – Veniamin Tymoshenko u. a. 350 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Ukraine. 351 Zur ILO allgemein Fried, Rechtsvereinheitlichung im Internationalen Arbeitsrecht, S. 10 ff.; Haase, in: von Hauff / ​Pfister-Gaspary (Hrsg.), Internationale Sozialpolitik, S. 113 (114 ff.); Potobsky, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1119 (1119 ff.). 352 Fried, Rechtsvereinheitlichung im Internationalen Arbeitsrecht, S. 43 f., 93 ff.; Körner-​ Dammann, Bedeutung und faktische Wirkung von ILO-Standards, S. 36 f.; Riedel, Theorie der Menschenrechtsstandards, S. 291, 296. 353 Körner-Dammann, Bedeutung und faktische Wirkung von ILO-Standards, S. 42 ff.; Riedel, Theorie der Menschenrechtsstandards, S. 294 ff.; Valticos, in: Kahn-Freund / ​Hepple (Hrsg.), International Encyclopedia of Comparative law, Bd. XV, Chapter 1, Rn. 11, 14.

262

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

dards der ILO sind grundsätzlich niedriger angesetzt als regionales Völkerrecht, weil sie weltweit Anwendung finden und daher große Differenzen der nationalen Entwicklungsstände zu beachten haben. 354 Dieses Mindestmaß soll und kann die RESC überschreiten. 355 Für das kollektive Arbeitsrecht von besonderer Bedeutung sind Konvention Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts und Übereinkommen Nr. 98 über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechts und des Rechts zu Kollektivverhandlungen. 356 Sie gestalten als Kernarbeitsnormen eines der vier ILO-Grundprinzipien aus. 357 Dieser besondere Status wird aber nicht hervorgehoben, wenn sie in RESC-Beschwerdeverfahren regelmäßig als relevante internationale Rechtsquellen aufgeführt werden. 358 Nach Art. 37 § 1 der ILO-Verfassung obliegt die Auslegung der Konventionen dem Internationalen Gerichtshof. Davon wird faktisch allerdings kein Gebrauch gemacht. 359 Vielmehr äußern sich Überwachungsorgane der ILO über den Inhalt der Konventionen: Zum einen überprüft ein unabhängiger Sachverständigen­ ausschuss (Committee of Experts on the Application of Conventions and Re­ commendations – CEACR) regelmäßig erstattete Staatenberichte. 360 Zusätzlich zu den allgemeinen Beschwerde- und Klageverfahren nach Art. 24 ff. der ILO-Verfassung 361 behandelt der Ausschuss für Vereinigungsfreiheit (Committee on Freedom of Association – CFoA) Beschwerden über Verstöße gegen die Übereinkommen

354 Bernhardt, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 65 (66), Lyon-Caen / ​Lyon-Caen, Droit Social International et Européen, Rn. 126; Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 12; Valticos, in: Kahn-Freund / ​Hepple (Hrsg.), International Encyclopedia of Comparative law, Bd. XV, Chapter 1, Rn. 20. 355 Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 52 (59 f.); Tapiola, in: Blanpain (Hrsg.), The Council of Europe and the Social Challenges of the XXIst Century, S. 53 (53). 356 Körner-Dammann, Bedeutung und faktische Wirkung von ILO-Standards, S. 52 f.; von Potobsky, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1119 (1123 ff.). 357 Vgl. ILO-Erklärung über fundamentale Rechte und Prinzipien bei der Arbeit und ihr Folgemechanismus, 1998; Beschwerde 83/2012 Rn. 30; dazu Brupbacher, Fundamentale Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation, S. 11 ff. 358 Beschwerde 59/2009 Rn. 19; Beschwerde 83/2012 Rn. 28 f.; Beschwerde 85/2012 Rn. 38, 110; Beschwerde 101/2013 Rn. 32 f.; Beschwerde 112/2014 Rn. 19 f.; Beschwerde 118/2015 Rn. 35; Beschwerde 123/2016 Rn. 26 f. 359 Vgl. nur Servais, International Labour Law, Rn. 144; Nußberger, Sozialstandards im Völkerrecht, S. 249 ff.; Valticos, in: Kahn-Freund / ​Hepple (Hrsg.), International Encyclopedia of Comparative law, Bd. XV, Chapter 1, Rn. 15. 360 Brupbacher, Fundamentale Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation, S. 53 ff.; Fried, Rechtsvereinheitlichung im Internationalen Arbeitsrecht, S. 197 ff.; Novitz, International and European Protection of the Right to Strike, S. 186 ff.; Valticos, in: KahnFreund / ​Hepple (Hrsg.), International Encyclopedia of Comparative law, Bd. XV, Chapter 1, Rn. 56 ff.; Wagner, Internationaler Schutz sozialer Rechte, S. 98 ff. 361 Lörcher, in: BMAS / ​BDA / ​DGB (Hrsg.), Weltfriede durch soziale Gerechtigkeit, S. 76 ff.; Wisskirchen, in: BMAS / ​BDA / ​DGB (Hrsg.), Weltfriede durch soziale Gerechtigkeit, S. 65 ff.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

263

Nr. 87 und 98. 362 Eine Zusammenfassung der Spruchpraxis wurde zuletzt 2006 veröffentlicht. 363 (b) Anknüpfungspunkte für die Beachtung der Normen der ILO Das stärkste Argument für die Beachtung der Normen der ILO ist ihre Vorbild­ funktion: Im Vorfeld der Ausarbeitung der ESC organisierte die ILO eine dreigliedrige Konferenz, die die Konzeption der ESC beeinflusste. 364 Dementsprechend lassen sich viele inhaltliche Verknüpfungen der ESC und der RESC mit ILO-Konventionen aufzeigen, auch wenn deren detaillierterer Wortlaut nicht übernommen wurde. 365 Es sollte mindestens das Schutzniveau der ILO erreicht werden. 366 Vorgaben aus Übereinkommen Nr. 84 spiegeln sich in Art. 5, 6 § 1, 6 § 2 und 6 § 3 RESC wider, Übereinkommen Nr. 98 inspirierte Art. 5, 6 § 2, 6 § 3 und 28 RESC, und Art. 21, 28 und 29  RESC basieren auf Übereinkommen Nr. 135. 367 Weitere Konventionen und Empfehlungen standen jeweils nur einer

362

Siehe http://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_norm/---normes/documents/image/​ wcms_088456.pdf, zuletzt abgerufen am 25.4.2019; dazu Brupbacher, Fundamentale Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation, S. 58 f.; Engelen-Kefer, in: BMAS / ​BDA / ​DGB (Hrsg.), Weltfriede durch soziale Gerechtigkeit, S. 89 ff.; Körner-Dammann, Bedeutung und faktische Wirkung von ILO-Standards, S. 48 ff.; Novitz, International and European Protection of the Right to Strike, S. 188 ff.; Valticos, in: Kahn-Freund / ​Hepple (Hrsg.), International Ency­ clopedia of Comparative law, Bd. XV, Chapter 1, Rn. 66 ff.; Wagner, Internationaler Schutz sozialer Rechte, S. 49 ff. 363 International Labour Office, Digest of decisions and principles of the Freedom of Association Committee of the Governing Body of the ILO. 364 Asbeck, in: Baugniet u. a. (Hrsg.), Mélanges offerts à Henri Rolin, S. 427 (428 f.); Europarat, Collected „Travaux préparatoires“, Band V, S. 167 ff.; O’Higgins, in: Hepple (Hrsg.), Social and Labour Rights in a Global Context, S. 55 (59); Stein, in: Däubler / ​Zimmer (Hrsg.), FS Lörcher, S. 146 (147); Valticos, in: Kahn-Freund / ​Hepple (Hrsg.), International Encyclopedia of Comparative law, Bd. XV, Chapter 1, Rn. 82; Wiebringhaus, ILR 84, 354 (354 f.). 365 Asbeck, in: Baugniet u. a. (Hrsg.), Mélanges offerts à Henri Rolin, S. 427 (434); KahnFreund, in: Centre interuniversitaire de Droit public et de l’ULB (Hrsg.), Miscellanea W. J. G. van der Meersch, S. 131 (132); Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1085); Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 14 ff.; Tennfjord, Annuaire Européen 1961, 71 (80 f.); Valticos, in: Kahn-Freund / ​Hepple (Hrsg.), International Encyclopedia of Comparative law, Bd. XV, Chapter 1, Rn. 21; Wiebringhaus, ILR 84, 354 (363). 366 Stein, in: Däubler / ​Zimmer (Hrsg.), FS Lörcher, S. 146 (148). 367 Länderbericht 2010 Art. 28 Statement of Interpretation; Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 31; Explanatory report to the RESC Rn. 108 f.; Asbeck, in: Baugniet u. a. (Hrsg.), Mélanges offerts à Henri Rolin, S. 427 (434); Bruun, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 404 (405); Europarat, Collected „Travaux préparatoires“, Band V, S. 213 f., 216 ff.; Veneziani, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 477 (478); Wiebringhaus, ILR 84, 354 (363 f.).

264

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

RESC-Vorschrift Pate. 368 Eine Besonderheit stellt Art. 6 § 4 RESC dar, denn keine der Konventionen enthält explizit ein Streikrecht 369, und seine Herleitung über Art. 2 der Konvention Nr. 87 ist nicht unumstritten 370. Außer der Vorbildfunktion der ILO-Konventionen lassen sich noch weitere Verknüpfungen mit der RESC feststellen: Die Fragebögen der RESC für das Berichtsverfahren verweisen auf die entsprechenden Konventionen der ILO. 371 Hier können die Staaten ihre für die ILO verfassten Berichte einreichen, statt sie für das EKSR neu zu formulieren. 372 Darüber hinaus können Vertreter der ILO an den beratenden Sitzungen des EKSR teilnehmen. 373 Auch wenn aus den Stellungnahmen des EKSR nicht deutlich wird, ob und wie diese Möglichkeit genutzt wird, ist darin ein gewisser Gleichlauf der Auslegung von RESC und ILO-Normen angelegt. 374 Dennoch bliebe eine unreflektierte Heranziehung der entsprechenden Vorschriften nicht ohne Kritik: Die ILO-Normen dienten zwar als Vorbilder für die Schaffung der Charta, aber nicht unbedingt auch für deren Auslegung. 375 Es handelt sich anders als bei der EMRK gerade nicht um Geschwisterkonventionen der

368 Etwa Art. 5 RESC Übereinkommen Nr. 11 und 87; Art. 6 § 1 RESC: Empfehlung Nr. 94; Art. 6 § 2 RESC: Empfehlung Nr. 91; Art. 6 § 3 RESC: Empfehlung Nr. 92; Art. 22 RESC: Übereinkommen Nr. 155; Art. 28: Empfehlung Nr. 143; Art. 29 RESC: Übereinkommen Nr. 158 und Empfehlung Nr. 166. 369 Körner-Dammann, Bedeutung und faktische Wirkung von ILO-Standards, S. 53 ff.; Wiebring­haus, ILR 84, 354 (365). 370 Bellace, CLLPJ 2018, 495 (495 ff.); Franzen / ​T hüsing / ​Waldhoff, Arbeitskampf in der Daseinsvorsorge I, S. 58; Novitz, International and European Protection of the Right to Strike, S. 192 ff.; Schlachter, in: Däubler / ​Zimmer (Hrsg.), FS Lörcher, S. 302 (304 f.); Seifert, CLLPJ 2018, 487 (487 ff.); Weiss / ​Seifert, in: Dieterich / ​Le Friant / ​Nogler / ​Kezuka / ​Pfarr (Hrsg.), Individuelle und kollektive Freiheit im Arbeitsrecht, S. 130 (130 ff.); Wiebringhaus, ILR 84, 354 (364 f.). 371 Fragebogen für die Berichterstattung über die Umsetzung der RESC, https://rm.coe.int/ CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?documentId=090000168049 22f8, S. 59 ff., zuletzt abgerufen am 25.4.2019. 372 Länderbericht I Art. 5 Dänemark, Norwegen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2010 Art. 5 Aserbaidschan; Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau mit Verweis auf ILO CEACR Observation 2010; Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Portugal; Klotz, BABl. 1971, 275 (275); O’Higgins, in: Hepple (Hrsg.), Social and Labour Rights in a Global Context, S. 55 (60). 373 Art. 26 ESC; Asbeck, in: Baugniet u. a. (Hrsg.), Mélanges offerts à Henri Rolin, S. 427 (443); Tapiola, in: Blanpain (Hrsg.), The Council of Europe and the Social Challenges of the XXIst Century, S. 53 (53 f.); Valticos, in: Kahn-Freund / ​Hepple (Hrsg.), International Encyclopedia of Comparative law, Bd. XV, Chapter 1, Rn. 82. 374 O’Higgins, in: Hepple (Hrsg.), Social and Labour Rights in  a Global Context, S. 55 (67); Tapiola, in: Blanpain (Hrsg.), The Council of Europe and the Social Challenges of the XXIst Century, S. 53 (54). 375 Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 39 f.; Nagel, in: Zacher (Hrsg.), Sozialrechtsvergleich im Bezugsrahmen internationalen und supranationalen Rechts, S. 161 (165).

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

265

RESC. 376 Darüber hinaus existieren inhaltliche Unterschiede. 377 Offensichtlich ist die Differenz bei Art. 28 RESC, der im Gegensatz zu seinem Vorbild, Übereinkommen Nr. 135, nationale Eigenheiten sowie die Erfordernisse, Größe und Leistungsfähigkeit des jeweiligen Betriebs bei der Gewährung von Erleichterungen berücksichtigt. 378 An anderen Stellen ist der Wortlaut der Konventionen präziser und teilweise arbeitnehmerfreundlicher als es die Vorschriften der RESC sind. 379 Es kann nicht unterstellt werden, dass eine unbeschränkte Übernahme dieser Inhalte von den Parteien der RESC beabsichtigt war, insbesondere weil nicht alle Vertragspartner der RESC gleichzeitig an die Normen der ILO gebunden sind. Gegen eine Beachtung nicht nur des Normtextes, sondern auch der Spruchpraxis von CEACR und CFoA spricht zusätzlich, dass ihre Auslegungskompetenz – ähnlich wie beim EKSR – umstritten ist. 380 (c) Ausdrückliches Berufen des EKSR auf ILO-Dokumente Aufgrund der zahlreichen inhaltlichen Überschneidungen werden Sachverhalte häufig sowohl vom EKSR als auch von den Gremien der ILO behandelt. In einigen Stellungnahmen führt das EKSR die Auffassung der ILO explizit an, um die eigene Auslegung zu begründen oder zu bekräftigen. Etwa die Entscheidung, dass Selbständige von Art. 5 und 6 RESC erfasst sind, wurde auf Normen der ILO gestützt. 381 Der Auffassung des CEACR, dass die Auflösung einer Gewerkschaft nicht allein damit begründet werden kann, dass sie entgegen der eigenen Satzung über einen längeren Zeitraum keine Hauptversammlung einberufen hat, schloss sich das EKSR ausdrücklich an. 382 Die gesetzliche Verankerung von Repräsentativitätskriterien für Vereinigungen kann durch die Orientierung an den Maßgaben der ILO ersetzt werden. 383 Dass die Zutrittsrechte für Gewerkschaftsmitglieder aus

376

Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 40. Nagel, in: Zacher (Hrsg.), Sozialrechtsvergleich im Bezugsrahmen internationalen und supranationalen Rechts, S. 161 (165). 378 Explanatory report to the RESC Rn. 106, 108; vgl. Bruun, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​ Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 467 (468). 379 Asbeck, in: Baugniet u. a. (Hrsg.), Mélanges offerts à Henri Rolin, S. 427 (435). 380 Deinert / ​Kittner, in: Däubler / ​Zimmer (Hrsg.), FS Lörcher, S. 283 (295 m. w. N.); Franzen  / ​ Thüsing / ​Waldhoff, Arbeitskampf in der Daseinsvorsorge I, S. 57 f.; Gooren, Der Tarifbezug des Arbeitskampfes, S. 169 ff. m. w. N.; Lörcher, in: Däubler / ​Zimmer (Hrsg.), FS Lörcher, S. 29 (37 ff.); Nagel, in: Zacher (Hrsg.), Sozialrechtsvergleich im Bezugsrahmen internationalen und supranationalen Rechts, S. 161 (165); Schubert, Arbeitsvölkerrecht, S. 110 ff.; Schlachter, in: Hau / ​Schmidt (Hrsg.), FS Lindacher, S. 373 (380 f.); dies., in: Däubler / ​Zimmer (Hrsg.), FS Lörcher, S. 302 (305 ff.); Wagner, Internationaler Schutz sozialer Rechte, S. 202 ff.; Zimmer, in: Däubler / ​Zimmer (Hrsg.), FS Lörcher, S. 29 (37 ff.). 381 Länderbericht I General Introduction S. 8 (Rn. 10); Beschwerde 123/2016 Rn. 39. 382 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien. 383 Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht 2010 Art. 5 Belgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Italien. 377

266

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Art. 2 II BetrVG den Anforderungen von Art. 5 RESC gerecht werden, begründete das EKSR unter anderem damit, dass die ILO ähnlich geurteilt habe. 384 Im Rahmen von Art. 6 RESC existieren ebenfalls explizite Referenzen zur ILO: Der Verstoß gegen Art. 6 § 2 RESC durch Aussetzung der kollektivvertraglich vorgesehenen Gehaltsverhandlungen folgte auch aus der entsprechenden Wertung des CFoA. 385 Dieses Gremium ist wie das EKSR der Auffassung, dass gesetzliche Kriterien nicht den materiellen Ausgang von Schiedsverfahren bestimmen dürfen. 386 Zudem vertreten EKSR und ILO gleichermaßen, dass das Verfahren von Kollektivverhandlungen durch die Sozialpartner beeinflusst werden soll 387, und dass die Folgen der Allgemeinverbindlicherklärung eines Kollektivvertrags für die Branche mit den Sozialpartnern zu besprechen sind 388. Inwiefern in diesen Fällen die Betonung des Gleichlaufs von ILO und RESC über die Bekräftigung der eigenen Auslegung hinaus einen lenkenden Einfluss auf die Stellungnahme des EKSR hatte, ist nicht ersichtlich. In lediglich einer Konstellation wurde aufgrund einer ILO-Beurteilung von der ursprünglichen Auffassung abgewichen: Das EKSR kritisiert nicht mehr, dass Arbeitnehmer mit Weisungsrechten von der Gewerkschaft der ihnen untergeordneten Arbeitnehmer ausgeschlossen werden können, weil die ILO darin keine Konventionsverletzung sah. 389 (d) Übereinstimmende Beurteilung unter Nennung von ILO-Dokumenten Neben diesen expliziten Bezugnahmen existieren zahlreiche Fälle, in denen das EKSR die kongruente Bewertung eines Sachverhalts durch die ILO erwähnt, aber aufgrund der Formulierung weder eine Beeinflussung noch eine Bekräftigung der Wertung des EKSR erkennbar sind. Ein solcher inhaltlicher Gleichlauf besteht etwa bei Beschränkungen der Vereinigungsfreiheit bestimmter Berufsgruppen 390, 384

Länderbericht XIII-4 Art. 5 Deutschland, wohl mit Verweis auf ILO CEACR Observation 1994, Convention 87. 385 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 2 Spanien, wohl mit Verweis auf ILO CFoA Case 1919; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien. 386 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 3 Island mit Verweis auf ILO CFoA Case 1768. 387 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien. 388 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Statement of Interpretation mit Verweis auf Digest of the Freedom of Association Committee of the Governing Body of the ILO, 5th (revised) edition, 2006, § 1051; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Lettland, Spanien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Statement of Interpretation; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bulgarien, Nordmazedonien, Moldau, Serbien. 389 Länderbericht II Art. 5 Schweden, wohl mit Verweis auf ILO CEACR Observations 1952, Convention 98 und 1951, Convention 87. 390 Selbständige, Richter und Polizisten: Länderbericht 2014 Art. 5 Armenien mit Verweis auf ILO CEACR Direct Request 2011, Convention 87; Mitarbeitern veterinärmedizinischer Ämter, des Büros für Registrierung von Medizinprodukten, medizinischen Geräten und Biozid-Produkten, sowie des Büros für Forstsaatproduktion: Länderbericht XIX-3 Art. 5 Polen mit Verweis auf ILO CEACR Individual Observation 2009, Convention 87.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

267

Mindestzahlen für die Gründung einer Gewerkschaft 391, Repräsentativitätsanforderungen 392, beim Schutz von Gewerkschaften in multinationalen Unternehmen 393 sowie bei der Gefährdung des Diskriminierungsschutzes, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung oder Nichteinstellung nicht begründen muss 394. Nachdem das CEACR die voranschreitende Verkomplizierung des britischen Vereinigungsrechts kritisiert hatte 395, nahm das EKSR ebenfalls die Gesamtheit der Regelungen in Augenschein, und kam schließlich zu demselben Ergebnis, da erhebliche Unsicherheiten bei der Ausübung des Vereinigungsrechts bestehen. 396 Dabei war aber nicht erkennbar, inwiefern diese Wertung vom CEACR übernommen wurde. Die übereinstimmende Linie setzt sich bei den Handlungsmöglichkeiten der Gewerkschaften fort: bei Kollektivverträgen für ausländische Arbeitnehmer 397, bei der Beschränkung von Gehaltsverhandlungen 398, bei Abstimmungen über das Ergreifen eines Streiks 399, und bei der Aussetzung von Kollektivverhandlungen und -maßnahmen 400. Unterschiedliche Bewertungskriterien finden sich nur in einer Frage: Laut ILO sollen dreigliedrige Verhandlungen im Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern nicht zur Anwendung kommen. 401 Für die Beurteilung im Rahmen der RESC ist die Beteiligung des Staates irrelevant, solange die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf Augenhöhe frei und freiwillig

391

Länderbericht 2014 Art. 5 Georgien mit Verweis auf ILO CEACR Observation 2011, Convention 87. 392 Repräsentativität nur bei Vereinigungen, die mindestens die Hälfte der betroffenen Kategorie vertritt, Länderbericht 2014 Art. 5 Armenien mit Verweis auf ILO CEACR direct request 2011, Convention 87; Kollektivvertragsabschluss nur durch Gewerkschaften, die mindestens 33 % der potentiell Betroffenen Arbeitnehmer vereinen, Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Nordmazedonien. 393 Länderbericht 2014 Art. 5 Aserbaidschan mit Verweis auf ILO CEACR Observation 2011, Convention 98. 394 Länderbericht XVII-1 Art. 5 Belgien; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien, Länderbericht 2014 Art. 5 Georgien mit Verweis auf ILO CEACR Observation 2012, Convention 87. 395 ILO CEACR 76th and 78th session, Convention 87. 396 Länderbericht XII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 397 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Dänemark und Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark, jeweils mit Verweis auf ILO CFoA Case 1470. 398 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Niederlande mit Verweis auf ILO CFoA Case 1469. 399 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Tschechien mit Verweis auf ILO CEACR direct request 2011, Convention 87; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Armenien mit Verweis auf ILO CEACR direct request 2011, Convention 87. 400 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Norwegen mit Verweis auf ILO CFoA Case 1576; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Island mit explizitem Anschluss an die Auffassung ILO CFoA Case 1768. 401 Länderbericht 2014 Art. 6 § 1 Aserbaidschan mit Verweis auf ILO CEACR Observation 2012, Convention 98; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Aserbaidschan mit Verweis auf ILO CEACR Observation 2007, Convention 98; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Aserbaidschan mit Verweis auf ILO CEACR Observation 2011, Convention 98, Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Bosnien und Herzegowina mit Verweis auf ILO CEACR Observation 2013/2014, Convention 98.

268

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

verhandelt werden. 402 Trotz dieser unterschiedlichen Maßstäbe sind aber gleiche Bewertungsergebnisse möglich. (e) Bloße Kenntnisnahme von ILO-Informationen Die Berichte der ILO dienen darüber hinaus der Gewinnung zusätzlicher Informationen, ohne dass die Bewertung der Situation durch die ILO eine Rolle für das Ergebnis des EKSR spielen würde. 403 Dabei kann es sein, dass die dem EKSR vorliegenden Länderberichte lediglich um Details ergänzt werden, oder dass das EKSR erstmals von einem Sachverhalt erfährt. Trotz dieser Informationen nimmt das EKSR nicht immer eine Beurteilung vor, etwa bei der vom CEACR kritisierten Möglichkeit, dass bereits zwei Arbeitnehmer einen Kollektivvertrag schließen können 404, oder bei vom CFoA festgestellten unrechtmäßigen Eingriffen in die inneren Angelegenheiten der Gewerkschaften und in die Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmer 405. 402

Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 2 Italien; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Aserbaidschan; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Aserbaidschan, Moldau. 403 Länderbericht IX-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich und Länderbericht X-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich mit Verweis auf ILO CFoA Case 1261; Länderbericht XIII-1 Art. 5 Dänemark mit Verweis auf ILO CFoA Case 1470; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta mit Verweis auf ILO CFoA Case 1630; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Österreich mit Verweis auf ILO CEACR direct request 80th session, Convention 87; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich mit Verweis auf ILO CFoA Case 1730; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Dänemark mit Verweis auf ILO CEACR 99th session, Convention 98; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien mit Verweis auf ILO CEACR 97th session, Convention 87, und ILO Conference Committee on the Application of Conventions and Recommendations (ILCCR), Examination of individual case concerning Convention No. 98; Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau mit Verweis auf ILO CFoA Report No. 356, Rn. 91–94; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Niederlande; Länderbericht X-1 Art. 6 § 2 Dänemark mit Verweis auf ILO CFoA Case 1338; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Island mit Verweis auf ILO CFoA Case 1458; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Norwegen mit Verweis auf ILO CFoA Case 1576; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 4 Island mit Verweis auf ILO CFoA Case 1458; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich mit Verweis auf eine Aufforderung des ILO CEACR, die Rechtslage zu ändern; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Portugal, Länderbericht XIII-5 Art. 6 § 4 Portugal sowie Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Portugal jeweils mit Verweis auf ILO CFoA Case 1782; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Dänemark und Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark, jeweils mit Verweis auf ILO CFoA Case 1971; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Malta mit Verweis auf ILO CFoA Case 2066; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Island mit Verweis auf ILO CEACR direct request 100th session; Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Rumänien mit Verweis auf ILO CFoA Case 2611 und 2632; Beschwerde 59/2009 Rn. 19 mit Verweis auf ILO CEACR 97th session, Convention 87; Länderbericht XXI-3 Art. 2 ZP Spanien mit nicht genauerem Verweis auf die ILO-homepage. 404 Länderbericht 2010 Art. 6 § 2 Georgien mit Verweis auf ILO CEACR Observation 2007 und 2009, Convention 98; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Georgien mit Verweis auf ILO ­CEACR Observation 2012/2013, Convention 98. 405 Länderbericht 2014 Art. 5 Moldau mit Verweis auf ILO CFoA Case 2317.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

269

Häufiger führt die Kenntnisnahme von der zumeist umfangreichen Argumentation der ILO-Gremien zu konkreten Rückfragen des EKSR an den betroffenen Staat. 406 Ein plastisches Beispiel dafür ist die Beschwerde des Irish Congress of Trade Unions beim CFoA, dass Irland seine Verpflichtungen aus Konvention Nr. 98 verletze, zum einen weil Diskriminierungen aufgrund der Gewerkschaftszugehörigkeit vorlägen, zum anderen weil das nationale Recht weder die Vereinigungsfreiheit noch Kollektivverhandlungen hinreichend schütze. 407 Das CFoA empfahl der irischen Regierung unter anderem, in Absprache mit den Sozialpartnern die einschlägigen Regelungen in Einklang mit den Anforderungen von Art. 11 EMRK und der jüngsten EGMR-Rechtsprechung zu bringen. 408 Obwohl das EKSR den Sachverhalt sowie die Empfehlungen im Wortlaut wiedergab, übte es keinerlei Kritik, sondern begnügte sich mit der Aufforderung, über Entwicklungen in der Sache informiert zu werden. 409 Sollte das EKSR eine Entscheidung über bereits von ILO-Gremien beurteilte Sachverhalte fällen, findet also nicht immer eine nach außen sichtbare Auseinandersetzung mit der Stellungnahme der ILO statt, so auch bei der deutlichen Kritik des CEACR an den Gesetzesänderungen als Reaktion auf die Laval-Entscheidung des EuGH. 410 Die Nennung von ILO-Dokumenten zur Beendigung eines Kollektivvertrags durch Gesetz in der Beschwerde 116/2015 war darüber hinaus sogar irreführend, da im vom EKSR zu beurteilenden Fall der Staat als Vertragspartner den Vertrag ordentlich gekündigt hatte. 411 (f) Nachträgliche Anführung von ILO-Spruchpraxis Mitunter kommt es vor, dass bei über Jahre etablierten Bewertungen des EKSR zu einem späteren Zeitpunkt eine vergleichbare Spruchpraxis der ILO-Organe angeführt wird. Dies betrifft etwa Eingriffe in das Streikrecht im öffentlichen Dienst 412,

406

Länderbericht XIII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Portugal; Länderbericht XIII-5 Art. 5 Portugal; Länderbericht XIV-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 5 Tschechien; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien, Portugal, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Georgien, Malta, Moldau, Niederlande, Russland, Serbien, Slowenien, Ukraine; Länderbericht X-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Dänemark; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 4 Zypern; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bosnien und Herzegowina. 407 Länderbericht 2014 Art. 5 Irland mit Verweis auf ILO CFoA Case 2780. 408 Vgl. ILO CFoA Case 2780. 409 Länderbericht 2014 Art. 5 Irland 410 Beschwerde 85/2012 Rn. 54 ff. 411 Beschwerde 116/2015 Rn. 85 mit Verweis auf Digest of the Freedom of Association Committee of the Governing Body of the ILO, 5th (revised) edition, 2006, § 1008 f. 412 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Deutschland mit Verweis auf ILO CEACR 101st session, Convention 87.

270

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

das Verbot streikbedingter Kündigungen 413, Kollektivmaßnahmen gegen andere als den unmittelbaren Arbeitgeber 414, die Begrenzung von Gehaltserhöhungen während nationaler wirtschaftlicher Krisen 415, sowie die Pflicht, eine bestimmte Streikdauer ankündigen zu müssen 416. Es findet weder eine Auseinandersetzung mit der Spruchpraxis statt, noch erfolgt eine Bekräftigung der bisherigen Auslegung des EKSR. Zudem wird nicht deutlich, ob die ILO zu der jeweiligen Frage in der zitierten Äußerung erstmalig Stellung bezieht. Denkbar wäre nämlich auch, dass es sich um eine traditionelle Auffassung der ILO handelt, die unter Umständen bereits vorher vom EKSR übernommen worden war. Die Anführung durch das EKSR wirkt daher eher wie eine Ergänzung der Vollständigkeit halber. (4) Heranziehung des Rechts der Europäischen Union (a) Anknüpfungspunkte für eine Berücksichtigung des Unionsrechts Das Recht der Europäischen Union beinhaltet zahlreiche Vorschriften, die das kollektive Arbeitsrecht betreffen. 417 Auch ohne institutionelle Verflechtungen stehen EU-Recht und RESC nicht völlig isoliert nebeneinander, da sich thematische Überschneidungen finden und 28 Vertragsstaaten der RESC gleichzeitig Mitglied der Europäischen Union sind. 418 Diese schenken dem EU-Recht vor allem aufgrund seiner Durchsetzungsmöglichkeiten in der Regel mehr Beachtung als den Verpflichtungen aus der Charta. 419 Die größte inhaltliche Nähe liegt zwischen Art. 21 RESC und der Richtlinie 2002/14/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft sowie der dazugehörigen Rechtsprechung des EuGH vor. 420 Nicht nur die Ausnahme der An 413

Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich mit Verweis auf ILO CEACR 101st session, Convention 87. 414 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich mit Verweis auf ILO CEACR 101st session, Convention 87. 415 Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 2 Island mit Verweis auf ILO CFoA Case 1563. 416 Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Bulgarien. 417 Siehe nur Fuchs / ​Marhold, Europäisches Arbeitsrecht, S. 374 ff. 418 Flauss, in: ders. (Hrsg.), Droits sociaux et droit européen, S. 89 (99). 419 Flauss, in: ders. (Hrsg.), Droits sociaux et droit européen, S. 89 (103 f.); Schlachter, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S.  977 (992); dies., in: Social Justice Expertise Center (Hrsg.), Ensuring Coherence in Fundamental Labor Rights Case Law, S. 19 (22). 420 Länderbericht XIX-3 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland, Kroatien, Slowakei, Spanien, Tschechien; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Dänemark, Griechenland, Spanien, Tschechien; Länderbericht 2010 Art. 21 Albanien, Aserbaidschan, Belgien, Bulgarien, Estland, Frankreich, Italien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowenien, Türkei, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 21 Aserbaidschan, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Litauen, Nordmazedonien, Niederlande, Norwegen, Por­ tugal, Rumänien, Russland, Schweden, Serbien, Slowakei, Türkei, Ukraine, Ungarn.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

271

hörungsrechte in Kleinbetrieben entstammt der Richtlinie, sondern auch das Verständnis, wann ein Kleinbetrieb vorliegt. 421 Auf dazugehörige EuGH-Urteile geht zurück, dass bei der Berechnung, ob die Schwelle für das Vorliegen eines Kleinbetriebs überschritten ist, alle Arbeitnehmer unabhängig von Art und Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses berücksichtigt werden müssen. 422 Daneben wird Art. 29 RESC unter anderem von der Massenentlassungsrichtlinie 92/56/EWG geprägt. 423 Eine Orientierung des EKSR an den Vorgaben der Richtlinie lässt sich daraus ableiten, dass Einschränkungen der Arbeitnehmerrechte, die mit der Richtlinie in Einklang stehen, auch mit Art. 29 RESC vereinbar sind. 424 Eine Ausnahme für den öffentlichen Dienst wurde vom EKSR allerdings ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die Richtlinie akzeptiert. 425 (b) Bloße Nennung der Unionsvorschrift durch das EKSR Überschneiden sich die Regelungsbereiche von Unionsrecht mit den in der RESC verbürgten Rechten, werden die einschlägigen Vorgaben vom EKSR oftmals knapp erwähnt, ohne dass eine Bedeutung für die Auslegung der Charta erkennbar wäre. Häufiger genannt werden Richtlinie 94/45/EG 426 und Richtlinie 2001/86/EG 427, daneben noch die Richtlinien 77/187/EWG 428, 98/59/EG 429, 2003/72/EG 430, 2008/104/EG 431, 421

Art. 3 § 1 der Richtlinie 2002/14/EG; Erwägungsgrund 19 der Richtlinie 2002/14/EG. Vgl. EuGH vom 18.1.2007 – C-385/05 Rn. 34 ff. – CGT sowie EuGH vom 15.1.2014 – C-176/12 Rn. 24 ff. – Association de médiation sociale; § 2 E. I. 1. a) bb). 423 Explanatory report to the RESC Rn. 109. 424 Länderbericht 2010 Art. 29 Belgien; vgl. Art. 1 II lit a) und c) sowohl der Richtlinie 75/129/ EWG als auch der Richtlinie 98/59/EG. 425 Länderbericht 2014 Art. 29 Zypern; die Richtlinie 2002/14/EG ist gemäß Art. 3 I, Art. 2 a) nur auf wirtschaftlich tätige Unternehmen anwendbar, also nicht auf die Staatsverwaltung. 426 Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22.9.1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen, aufgehoben durch Richtlinie 2009/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.5.2009 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen (Neufassung). 427 Richtlinie 2001/86/EG des Rates vom 8.10.2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer. 428 Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen. 429 Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20.7.1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen. 430 Richtlinie 2003/72/EG des Rates vom 22.7.2003 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Genossenschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer. 431 Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit. 422

272

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

75/129/EWG 432, und 89/39/EWG 433. 434 Andere Quellen des Unionsrechts spielen eine untergeordnete Rolle. 435 Art. 28 GRC, der das Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen beinhaltet, wird völlig übergangen. Lediglich in zwei Beschwerdeverfahren führt das EKSR Rechtsprechung des EuGH an, um seine eigene Auffassung zu untermauern. 436 (c) Kein Gleichlauf von Unionsrecht und RESC Wie bereits erwähnt, vermutet das EKSR anders als der EGMR 437 nicht die Vereinbarkeit von unionsbasiertem nationalem Recht mit den Vorgaben der RESC: Unionsrecht und RESC sind verschiedene Systeme, sodass kein Gleichlauf garantiert ist. 438 Die Umsetzung von Unionsrecht entbindet gerade nicht von der Beachtung der Verpflichtungen aus der RESC. 439 Seit dem Inkrafttreten der GRC wäre eine Vermutung zugunsten der Vereinbarkeit des nationalen Rechts mit der RESC denkbar. 440 In den Augen des EKSR rechtfertigen aber derzeit weder der Stellenwert sozialer Rechte in der EU noch die Substanz und der Entstehungsprozess der Unionsrechtsetzung eine grundsätzliche Vereinbarkeitsvermutung. 441 Insbeson 432 Richtlinie 75/129/EWG des Rates vom 17.2.1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen, aufgehoben durch Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20.7.1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen. 433 Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12.6.1989 über die Durchführung von Maß­nahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit. 434 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 1 Irland, Portugal; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 1 Malta, Polen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 1 Österreich, Polen; Länder­ bericht XX-3 Art. 6 § 1 Island, Lettland, Luxemburg, Polen; Länderbericht 2004 Art. 6 § 1 ­Zypern; Länderbericht 2006 Art. 6 § 1 Portugal, Slowenien, Zypern; Länderbericht 2010 Art. 6 § 1 Zypern; Beschwerde 85/2012 Rn. 110; Länderbericht XIV-2 Art. 2 ZP Finnland; Länderbericht XVI-2 Art. 2 ZP Griechenland; Länderbericht XX-3 Art. 2 ZP Griechenland; Länderbericht 2007 Art. 21 Italien, Schweden; Länderbericht 2010 Art. 21 Bulgarien, Portugal, Schweden; Länderbericht XVI-2 Art. 3 ZP Griechenland; Länderbericht 2014 Art. 22 Slowenien; Länderbericht 2007 Art. 28 Bulgarien, Finnland, Italien, Rumänien, Zypern. 435 Siehe etwa Beschwerde 103/2013 Rn. 42: Commission E-14/15; Beschwerde 111/2014 Rn. 67 f.: EUV und AEUV; Beschwerde 118/2015 Rn. 35 ff.: AEUV und Rechtsprechung des EuGH. 436 Beschwerde 118/2015 Rn. 69; Beschwerde 123/2016 Rn. 138. 437 Beschwerde 85/2012 Rn. 74; Zusammenfassung der Auffassung des EGMR bei Klocke, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S.  909 (916 ff.). 438 Beschwerde 85/2012 Rn. 74; allgemein zum Verhältnis von RESC und Unionsrecht De Schutter, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert, The European Social Charter and the Employment Relation, S. 11 (11 ff.); Schlachter, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S. 977 (987 f.). 439 Beschwerde 85/2012 Rn. 72 mit Verweis auf Beschwerde 55/2009 Rn. 32 f.; Beschwerde 123/2016 Rn. 113; Schlachter, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S. 977 (986). 440 Beschwerde 85/2012 Rn. 74. 441 Beschwerde 85/2012 Rn. 74.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

273

dere diskutierte die EU einen Beitritt zur EMRK, jedoch nicht zur RESC. 442 Das EKSR behält sich vor, die Annahme einer Vermutung erneut zu überprüfen. 443 In der Zwischenzeit wird weiterhin die nationale Rechtslage im Einzelfall untersucht, während das EU-Recht als solches kein Prüfungsgegenstand ist. 444 Um Unver­einbarkeiten in den Anforderungen zu vermeiden, regt das EKSR an, dass die Staaten bereits bei der Schaffung von Richtlinien ihre Verpflichtungen aus der RESC bedenken. 445 Dass die Bewertungen desselben Sachverhalts anhand RESC und EU-Recht unterschiedlich ausfallen können, zeigt die Rechtssache Laval. Ausgangspunkt waren Kollektivmaßnahmen, durch die eine schwedische Gewerkschaft einen lettischen Arbeitgeber, der Arbeitnehmer nach Schweden entsandt hatte, zur Unterzeichnung eines Kollektivvertrags jenseits des Mindestschutzes der Entsende­ richtlinie bewegen wollte. 446 Der EuGH sah in diesem Arbeitskampf sowohl einen Verstoß gegen die in Art. 56 AEUV verbürgte Dienstleistungsfreiheit als auch gegen die Entsenderichtlinie. 447 Die anschließende Gesetzesänderung („Lex Laval“), durch die Kollektivvertragsverhandlungen für nach Schweden entsandte Arbeitnehmer auf Mindestarbeitsbedingungen beschränkt wurden, wurde wiederum vom EKSR in Beschwerde 85/2012 bewertet. Es nahm Kenntnis vom rechtlichen Rahmen der EU und der Argumentation in der Rechtssache Laval und anderen Urteilen. 448 Dennoch entschied das EKSR, dass die mit der Beschränkung des Verhandlungsrechts einhergehende Verkürzung des Streikrechts nicht gerechtfertigt werden kann, und dass unionsrechtliche Vorgaben zu diesem Zweck keine hervorgehobene Stellung einnehmen. 449 Die fehlende Verknüpfung von RESC und Unionsrecht birgt also ein erhebliches Konfliktpotential. 450 Dennoch schadet die bloße Existenz von verbindlichem Unionsrecht, ohne dass deren Verstoß gegen 442 Beschwerde 85/2012 Rn. 74; Schlachter, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S. 977 (987 f.). 443 Beschwerde 85/2012 Rn. 74. 444 Beschwerde 85/2012 Rn. 72 ff., 107 mit Verweis auf Beschwerde 55/2009 Rn 32 f. sowie Länderbericht 2011 Art. 19 § 6 Statement of Interpretation und Beschwerde 16/2003 Rn. 30; Beschwerde 123/2016 Rn. 114. 445 Beschwerde 85/2012 Rn. 72 mit Verweis auf Beschwerde 55/2009 Rn. 32 f.; Beschwerde 123/2016 Rn. 114. 446 Zum Sachverhalt ausführlich EuGH vom 18.12.2007  – C-341/05 Rn. 27 ff.  – Laval un Partneri. 447 EuGH vom 18.12.2007 – C-341/05 Rn. 56 ff., 111 – Laval un Partneri 448 Beschwerde 85/2012 Rn. 36 ff., 110 mit Verweis auf EUV, AEUV, Grundrechtecharta, Entsenderichtlinie, Leiharbeitsrichtlinie sowie Kommunikation der Kommission COM(2003) 458 zur Umsetzung der Richtlinie 96/71/EG und Resolution des Europaparlaments (2008/​ 2085(INI)). 449 Beschwerde 85/2012 Rn. 72 ff., 121 f., 140; vgl. Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Schweden; Beschwerde 16/2003 Rn. 30. 450 De Schutter, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert, The European Social Charter and the Employment Relation, S. 11 (25 ff., insb. 27 ff.); Schlachter, in: Hau / ​Schmidt (Hrsg.), FS Lindacher, S. 373 (377).

274

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

die RESC konkret nachweisbar ist, nicht der Vereinbarkeit der nationalen Rechtslage mit der RESC. 451 (5) Heranziehung weiterer internationaler Vorschriften Daneben existieren zahlreiche weitere völkerrechtliche Quellen zum kollektiven Arbeitsrecht, die aber augenscheinlich eine verschwindend geringe Bedeutung für die Arbeit des EKSR haben. Die AEMR 452 der UN nennt in Art. 20 sowohl die positive als auch die negative individuelle Vereinigungsfreiheit und in Art. 23 Abs. 4 das Recht, Gewerkschaften zu bilden und ihnen beizutreten. 453 Obwohl die AEMR für die RESC Vorbildfunktion hatte 454, findet sie in den Stellungnahmen des EKSR keine Erwähnung. Die Vereinigungsfreiheit aus Art. 22 IPbpR vom 19.12.1966 455 sowie aus Art. 8 IPwskR vom gleichen Datum 456 reicht nicht so weit wie die Rechte aus der RESC. 457 Die Überwachung der Einhaltung dieser Pakte erfolgt durch den Menschenrechtsausschuss 458 beziehungsweise den Sozialpaktausschuss 459. Deren Stellungnahmen werden selten vom EKSR erwähnt: Repräsentativitätskriterien, die der Sozialpaktausschuss wegen Verstoßes gegen Art. 8c IPwskR kritisierte 460, wurden weder vom CFoA noch vom EGMR besanstandet 461. Das EKSR führt diese drei Stel 451

Beschwerde 123/2016 Rn. 115 zu Art. 101 AEUV. Allgemeiner Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948, UN Doc. A / ​Res/217 A (III). 453 Beyerlin, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1153 (1158). 454 Vgl. etwa Europarat, Collected „Travaux préparatoires“, Band V, S. 92 Rn. 15; Länderbericht 2006 Statement of Interpretation (General Matters); Jacobs, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 220 (221); Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1085 f.); von einer Übernahme des Wortlauts, dass jeglicher Mitgliedschaftszwang verboten sei, wurde abgesehen, Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1089 f.). 455 Beschwerde 83/2012 Rn. 31; Beschwerde 85/2012 Rn. 37; Beschwerde 101/2013 Rn. 30; Beschwerde 103/2013 Rn. 25; Beschwerde 112/2014 Rn. 17. 456 Beschwerde 59/2009 Rn. 17 f.; Beschwerde 83/2012 Rn. 32; Beschwerde 85/2012 Rn. 110; Beschwerde 101/2013 Rn. 31; Beschwerde 103/2013 Rn. 26; Beschwerde 112/2014 Rn. 18; Beschwerde 116/2015 Rn. 33, 83. 457 Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 12. 458 Art. 28 ff. IPbpR; Beyerlin, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1153 (1175 f.); Klein, in: ders. (Hrsg.), The Monitoring System of Human Rights Treaty Obligations, S. 17 (17 ff.); Nußberger, Sozialstandards im Völkerrecht, S. 234 ff. 459 Art. 16 ff. IPwskR; Beyerlin, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1153 (1173 f.); Craven, The International Covenant on Economic, Social, and Cultural Rights, S. 30 ff.; Nußberger, Sozialstandards im Völkerrecht, S. 239 ff.; Simma, in: Klein (Hrsg.), The Monitoring System of Human Rights Treaty Obligations, S. 31 (31 ff.); zur aktuellen Regelung siehe ECOSOC Resolution 1985/17 vom 28.5.1985. 460 Beschwerde 23/2003 Rn. 19. 461 Beschwerde 23/2003 Rn. 25 mit Verweis auf ILO CFoA Case 2193 und EGMR Entscheidung vom 29.1.2002 – Rs. 49258/99 – Fédération Syndicale Unitaire. 452

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

275

lungnahmen ohne weitere Auseinandersetzung auf. 462 Diese reservierte Haltung des EKSR gegenüber den Pakten ist vor allem bei der Auslegung der ESC nachvollziehbar, weil die beiden UN-Dokumente jüngeren Datums sind und weil ihre allgemeinen Formulierungen kaum Rückschlüsse auf konkrete Rechtssätze zulassen. 463 Dennoch wertet das EKSR den IPwskR in jüngerer Zeit als Schlüsselquelle im Sinne der WVRK. 464 Was genau dies für das Verständnis der RESC zu bedeuten hat, ist allerdings offen. Eine knappe Erwähnung ohne ersichtlichen Einfluss auf die Auslegung der RESC finden auch weitere Rechtsquellen des Europarats, etwa eine Empfehlung des Ministerrats zum Europäischen Kodex für die Polizeiethik 465, und eine Resolution der parlamentarischen Versammlung über Sparmaßnahmen 466. 467 dd) Kritische Würdigung der systematischen Auslegung Zunächst ist – für völkerrechtliche Verträge untypisch – die Systematisierung innerhalb des Vertrags zu kritisieren: Es widerspricht der Möglichkeit der selektiven Bindung an die RESC, Art. 6 RESC als speziellere Norm zur Konkretisierung des allgemeineren Art. 5 RESC zu nutzen, wenn ein Staat sich bewusst nicht an die speziellere Norm gebunden hat. Die Berücksichtigung menschenrechtsschützender Vorschriften außerhalb der RESC kann zu einem einheitlichen Schutzniveau 468 und zu einer gewissen Vorhersehbarkeit der Spruchpraxis 469 beitragen. Das EKSR ist angesichts seiner begrenzten Ressourcen und weitreichenden Aufgaben zudem auf den Rückgriff auf die Arbeitsergebnisse anderer Gremien angewiesen. 470 Auffällig dabei ist, dass das EKSR fast ausschließlich 471 solche internationalen Normen berücksichtigt, die das kollektive Arbeitsrecht betreffen. Dabei könnte sich durch die Beachtung anderer internationaler Vorschriften die Gelegenheit bieten, die auf soziale 462

Beschwerde 23/2003 Rn. 26 ff.; vgl. Beschwerde 59/2009 Rn. 17 f. Jacobs, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 220 (221); Riedel, Theorie der Menschenrechtsstandards, S. 299. 464 Beschwerde 101/2013 Rn. 82; Beschwerde 112/2014 Rn. 45; zu anderen Bezugnahmen außerhalb des kollektiven Arbeitsrechts auf den IPwskR siehe Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​ Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the employment Relation, S. 52 (58). 465 Empfehlung Rec (2001)1. 466 Beschluss 1884 (2012). 467 Beschwerde 83/2012 Rn. 27; Beschwerde 111/2014 Rn. 62. 468 Haratsch, in: Klein, Eckart (Hrsg.), The Monitoring System of Human Rights Treaty ­Obligations, S. 167 (168 f.); Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 12. 469 Klocke, EuR 2015, 148 (163). 470 Quarg, in: Holtz (Hrsg.), 50 Jahre Europarat, S. 257 (257). 471 Ausnahme:§ 3 B. I. 2. c) bb) (2). 463

276

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Rechte fokussierte RESC mit wirtschaftlichen Rechten, insbesondere der Arbeitgeber, in Einklang zu bringen. Allerdings enthalten die Konventionen der ILO fast ausschließlich Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmerseite, sodass hier eine weitergehende Anknüpfung nicht möglich ist. Auch die EMRK kennt höchstens Teilaspekte der unternehmerischen Freiheit 472 und keine allgemeine Handlungsfreiheit 473. Selbst wenn diese Rechte vollumfänglich geschützt wären, würde das EKSR ihnen bereits im Rahmen seiner Orientierung an EGMR-Urteilen Rechnung tragen, und zwar in dem Maße, in dem sie sich in den Abwägungsergebnissen des EGMR niederschlagen. Es ist daher zweifelhaft, dass wirtschaftliche Rechte bei einer eigenständigen Betrachtung durch das EKSR eine größere Bedeutung erlangen würden. Dennoch wirft die Beeinflussung der Auslegung einer Vorschrift durch andere Vertragswerke Fragen auf, etwa wenn nicht alle Staaten an die zur Auslegung herangezogene Vorschrift gebunden sind, oder wenn die Stellungnahmen eines nicht mit entsprechenden Auslegungsbefugnissen ausgestatteten Gremiums Beachtung finden. 474 Im konkreten Fall der RESC ist die Beachtung der EMRK weniger problematisch, da alle Vertragsparteien der RESC gleichfalls an die EMRK gebunden sind und der EGMR die Auslegungskompetenz inne hat. Auch die Heranziehung von Vorschriften der ILO begegnet keinen tiefgreifenden Bedenken, wenn die Norm eine Vorbildfunktion bei Schaffung der RESC hatte und somit dem Willen der Vertragsparteien entspricht. Kritischer ist es zu sehen, wenn das EKSR die Wertung eines ILO-Gremiums in einem konkreten Fall übernimmt. Hier besteht zwar nicht das Problem, dass der betroffene Staat nicht an die vom EKSR herangezogene Vorschrift gebunden wäre. Allerdings sind die ILO-Gremien nicht zu deren verbindlichen Auslegung befugt. Selbst wenn im Ergebnis der Staat durch die Übernahme durch das EKSR nicht weitergehend gebunden ist als ursprünglich beabsichtigt, war diese doppelte Völkerrechtswidrigkeit weder vorhersehbar noch beabsichtigt. Zudem verbietet sich die unreflektierte Übernahme von Inhalten anderer Vorschriften: Vielmehr ist darzulegen, ob und aus welchen Gründen eine parallele Wertung angebracht ist oder nicht, um Eigenheiten sowohl des auszulegenden Vertrags als auch des nationalen Rechts gerecht zu werden. 475 In diesem Fall würde 472

Schwier, Der Schutz der „Unternehmerischen Freiheit“ nach Artikel 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, S. 124 ff. 473 Siehe etwa EGMR Entscheidung vom 24.11.2009 – Rs. 16072/06 und 27809/08 Rn. 41 ff. – Friend u. a. 474 Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 271 ff.; Franzen, in: Henssler / ​Joussen / ​Maties / ​Preis (Hrsg.), FS Wank, S.  105 (112 ff.); Junker, ZfA 2015, 267 (273 f.); Lörcher, in: Dorssemont / ​Lörcher / ​Schömann, The European Convention on Human Rights and the Employment Relation, S. 3 (5 ff.); ders., AuR 2011, 88 ff.; Schlachter, RdA 2011, 341 (345 ff.); Schubert, AöR 137 (2012), 92 (99 ff.); Seifert, EuZA 2013, 205 (209); ders., KritV 2009, 357 (362 ff.); Weiß, EuZA 2010, 457 (467 f.). 475 Klocke, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S.  909 (915, 923); Schlachter, in: Hau / ​Schmidt (Hrsg.), FS Lindacher, S. 373 (375, 381 f.); dies., in: Social Justice Expertise Center (Hrsg.), Ensuring Coherence in Fundamental Labor Rights Case Law, S. 19 (26).

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

277

eine parallele Lesart nicht den Inhalt eines Vertrags auf eine andere Norm übertragen, sondern die für den betroffenen Staat verbindliche Norm würde dogmatisch sauber anhand der systematischen Methode ausgelegt. 476 Solche Überlegungen legt das EKSR nicht dar. Überzeugender wäre es auch, wenn das EKSR andere Quellen nicht nur dann aufführte, wenn sie seine Ansicht stützen. 477 Die systematische Auslegung des EKSR ist demnach nicht dogmatisch sauber. d) Horizontale Rechtsvergleichung nationaler Vorschriften aa) Grundzüge der Methode Erkenntnisse über den Inhalt eines völkerrechtlichen Vertrags können darüber hinaus durch den horizontalen Vergleich nationaler Vorschriften der gebundenen Staaten erlangt werden. 478 Lassen sich allgemeingültige Grundsätze im nationalen Recht herausarbeiten, kann auf einen entsprechenden Konsens auf völkerrechtlicher Ebene geschlossen werden. 479 Insbesondere bei einer dynamischen Interpretation kann diese Mikro-Rechtsvergleichung 480 die übrigen Auslegungsmethoden ergänzen. 481 Dieses Vorgehen ist vor allem dann sinnvoll, wenn nationale Gesetze als Ausgangspunkt der auszulegenden Norm dienten. 482 Autonome Begriffsverständnisse erhalten dadurch eine größere Legitimität, und die Akzeptanz der Auslegungsergebnisse in den Mitgliedstaaten steigt, weil sie sich nicht zu weit von der tatsächlichen nationalen Rechtslage entfernen. 483 476

Schlachter, in: Hau / ​Schmidt (Hrsg.), FS Lindacher, S. 373 (380 f.) bezeichnet diese Methode als rechtvergleichende Auslegung. 477 Klocke, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S.  909 (919, 923). 478 Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (50); Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (112); Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 265; Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 104; Zweigert / ​Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts, S. 8. Allgemein zur Methode siehe Zacher, in: ders. (Hrsg.), Sozialrechtsvergleich im Bezugsrahmen internationalen und supranationalen Rechts, S. 9 (45 ff.); Zweigert / ​Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts, S. 1 ff., insb. S. 31 ff. 479 Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (49 f.); Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (112); Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 34. 480 Zweigert / ​Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts, S. 4. 481 Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (49, 56, 58 f.); Katerndahl, Tarifverhandlung und Streik als Menschenrechte, S. 196 ff. 482 Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (217); Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 278 f.; Schlachter, in: Hau / ​Schmidt (Hrsg.), FS Lindacher, S. 373 (375); dies., RdA 1999, 118 (120 f.). 483 Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (50 f., 56 f., 59); Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 30; Matscher, in: Bernhardt / ​Geck / ​Jaenicke / ​Steinberger (Hrsg.), FS Mosler, S. 545 (551); kritisch Riesenhuber, AcP 2018, 693 (697 f.).

278

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Aus der Rechtsvergleichung sollten allerdings nur mit Bedacht Schlüsse gezogen werden. Zum einen können bei der Feststellung eines vermeintlichen Konsenses Fehler unterlaufen, insbesondere wenn die Vergleichung aufgrund unzureichender Informationen und mangels Einordnung in den Gesamtzusammenhang oberflächlich erfolgt. 484 Zum anderen sollen allgemeine Tendenzen abweichende Lösungen nicht kategorisch ausschließen. 485 Selbst wenn eine bestimmte Ausrichtung als Normalfall in der Mehrheit der Staaten aufgefasst werden kann – etwa das auf Konfrontation gerichtete Arbeitskampfmodell statt dem nordischen oder deutschen Modell 486 – muss den individuellen Besonderheiten der einzelnen Rechtsordnungen Rechnung getragen werden. bb) Horizontale Rechtsvergleichung durch das EKSR (1) Verdeckte und ausbleibende Rechtsvergleichung Dass die Methode Anwendung findet, liegt bereits in der Natur des EKSR, dessen Mitglieder verschiedenen Staaten und Rechtsordnungen entstammen. 487 Ein langjähriges Mitglied des Komitees, Rolf Birk, berichtet, dass die Vergleichung nationaler Vorschriften gängige Praxis innerhalb des EKSR sei, nach außen aber selten sichtbar werde. 488 Insbesondere wird nicht dargelegt, welche Rechtsordnungen konkret das EKSR untersucht hat. Beim Streikverbot für das Militär wird lediglich erwähnt, dass außer Österreich und Schweden die meisten Staaten einen solchen Ausschluss vorsehen. 489 Faktisch werden wohl auch Staaten berücksichtigt, die die Vorschrift nicht ratifiziert haben, womöglich um ihnen die nachträgliche Ratifizierung zu erleichtern. 490 Ein Hinweis auf eine rechtsvergleichende Tätigkeit findet sich etwa in dem Vorbehalt des EKSR, einen Sachverhalt erst dann abschließend zu bewerten, wenn Informationen zu dieser Frage aus allen Staaten vorliegen. 491 An anderen Stellen setzt sich das EKSR mit von den Staaten vorgebrachten rechtsvergleichenden Argumenten nicht nachweislich auseinander, so etwa beim Streikrecht des

484

Basedow, JZ 2016, 269 (269 m. w. N.); Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (57 f.); Klocke, EuR 2015, 148 (154); Riesenhuber, AcP 2018, 693 (720); Zweigert / ​Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Privatrechts, S. 5. 485 Klocke, EuR 2015, 148 (154); Riesenhuber, AcP 2018, 693 (697 f.). 486 Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (59). 487 Bernhardt, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 65 (67); Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (53 f., 59). 488 Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (49, 54 f., 58). 489 Beschwerde 112/2014 Rn. 117. 490 Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (57, 60 f.); vgl. Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Zanetti Rn. 10 f. 491 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen, Zypern.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

279

Militärs 492 oder bei der Existenz von mit dem Danish Second Ships’ Register vergleichbaren Regelungen in anderen Staaten 493. (2) Rechtsvergleichung bei der Bestimmung des Schutzbereichs einer Norm Bei einigen Einzelfragen beruft sich das EKSR explizit auf die rechtsvergleichende Methode. So hat das EKSR festgestellt, dass viele nationale Verfassungen Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen kennen. 494 Dabei hat das Streikrecht im Gegensatz zum Aussperrungsrecht in vielen Staaten Verfassungsrang, sodass keine Gleichbehandlung dieser Kollektivmaßnahmen notwendig ist. 495 Bei der Frage, ob Arbeitnehmervertreter im Gesetzgebungsprozess nach einer Änderung des von ihnen beratenen Gesetzestextes erneut beteiligt werden müssen, argumentierte das EKSR mit der etablierten Praxis der Vertragsstaaten, nach der eine abgeschlossene Beratung bei nachfolgenden Änderungen nicht wiederholt werden muss. 496 Schließlich ist es in demokratischen Staaten Tradition, dass Parlamentsdebatten einen ausbleibenden Austausch mit weniger legitimierten Gremien kompensieren, sofern Interessenvertreter Einfluss auf die Debatte nehmen können. 497 (3) Rechtsvergleichung bei der Notwendigkeit von Einschränkungen Besonders nützlich ist die Rechtsvergleichung bei der Beurteilung der Notwendigkeit von Einschränkungen im Sinne von Art. G RESC: Wenn eine entsprechende Einschränkung in anderen Staaten nicht vorliegt, bestehen begründete Zweifel an deren Notwendigkeit im gerade untersuchten Staat. 498 Auch auf einem solchen Vergleichsergebnis fußt etwa die Entscheidung, dass ein Streikverbot im gesamten öffentlichen Dienst nicht notwendig ist 499, während bei der Einschränkung des Streikrechts für die Polizei sich die Regelungen in den verschiedenen Staaten zu stark unterscheiden, als dass daraus auf einen Konsens geschlossen 492

Beschwerde 2/1999 Rn. 13, 29; Beschwerde 4/1999 Rn. 13, 28; Beschwerde 5/1999 Rn. 12,

27.

493

Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark. Beschwerde 85/2012 Rn. 110; Beschwerde 116/2015 Rn. 83. 495 Länderbericht VIII Art. 6 § 4 Statement of Interpretation; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Zypern; Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 92 f. m. w. N.; Rüthers, Rechtsprobleme der Aussperrung, S. 19. 496 Beschwerde 25/2004 Rn. 37 f. 497 Beschwerde 25/2004 Rn. 39; Beschwerde 116/2015 Rn. 98. 498 Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht VII Art. 6 § 4 Deutschland; Katerndahl, Tarifverhandlung und Streik als Menschenrechte, S. 115; Koukiadaki, in: Bruun  / ​ Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert, The European Social Charter and the Employment Relation, S. 87 (94). 499 Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht VII Art. 6 § 4 Deutschland. 494

280

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

werden könnte 500. Dies führt das EKSR zum einen auf Unterschiede der Stellung und Aufgaben der Polizei, zum anderen auf Differenzen in der allgemeinen Streikpraxis zurück. 501 Daher wird den Staaten ein Spielraum bei der Ausgestaltung des Streikrechts der Polizei belassen. 502 Ein Streikverbot für Militärangehörige ist hingegen angesichts ihrer speziellen Aufgaben und des Gefährdungspotentials eines Streiks für die nationale Sicherheit in Übereinstimmung mit der Praxis in den meisten Vertragsstaaten zulässig. 503 Entsprechend zu begründen ist das Verbot aber dann, wenn der Militärstatus Gruppen zukommt, bei denen sich diese Zuordnung in Anbetracht der Regelungen in anderen Staaten nicht aufdrängt. 504 e) Historische Auslegung Die historische Auslegung erforscht den Willen und die Absichten des Normgebers sowie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. 505 Der Wille kann im Vertrag ausdrücklich Niederschlag gefunden haben, oder es können außerhalb des Vertragstextes liegende Anhaltspunkte wie die Materialien 506, die Umstände des Vertragsschlusses, Traditionen oder die dem Vertragsschluss folgende Staatenpraxis zur Ermittlung des Willens herangezogen werden. 507 Nach Art. 32 WVRK sind dies jedoch lediglich ergänzende Auslegungsmittel. 508

500

Beschwerde 83/2012 Rn. 203 mit Verweis auf Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen und Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Kroatien; Beschwerde 112/2014 Rn. 114. 501 Beschwerde 83/2012 Rn. 207. 502 Beschwerde 83/2012 Rn. 207. 503 Beschwerde 112/2014 Rn. 117. 504 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Malta für Fluglotsen. 505 Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (105 ff.); Degan, L’Interprétation des Accords en Droit International, S. 71; Karl, Vertrag und spätere Praxis im Völkerrecht, S. 172 ff.; ders., in: Schreuer (Hrsg.), Autorität und internationale Ordnung, S. 9 (12 f.); Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 259, 274; Makarov, in: Faculté de Droit de l’Université de Genève / ​Institut Universitaire de Hautes Études Internationales, Genève (Hrsg.), En Hommage à Paul Guggenheim, S. 403 (416 f.); Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 51. 506 Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 110. 507 Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 17, 42, 120 f., 124 ff.; Dahm, Völkerrecht, § 8 III. 2.; Degan, L’Interprétation des Accords en Droit International, S. 123 ff.; Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (107); Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 274; Makarov, in: Faculté de Droit de l’Université de Genève / ​ Institut Universitaire de Hautes Études Internationales, Genève (Hrsg.), En Hommage à Paul Guggenheim, S. 403 (417); Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 49, 51 f.; Verdross, Völkerrecht, S. 175; Visscher, Problèmes d’Interprétation Judiciaire en Droit International Public, S. 74. 508 Steffens, Die negative Koalitionsfreiheit im europäischen und internationalen Recht, S. 40; dazu Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 109, 120 ff.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

281

Das EKSR lässt die sehr umfangreichen travaux préparatoires weitgehend ungenutzt und arbeitet auch keinen Willen der historischen vertragsschließenden Parteien heraus. Lediglich bei der Reichweite von Art. 5 S. 2 RESC 509 sowie des Streikausrufungsrechts 510 untermauert das EKSR seine Auslegung durch die Materialien. Dabei könnten den vorbereitenden Arbeiten zahlreiche weitere Anhaltspunkte entnommen werden. 511 f) Auswertung der Anwendung etablierter Auslegungsmethoden aa) Gang der Auswertung Im Folgenden soll betrachtet werden, welche Bedeutung die Auslegungsmethoden für die Arbeit des EKSR haben. Zunächst wird untersucht, wie häufig das EKSR ausdrücklich solche Methoden nutzt. Ein späteres Wiederaufgreifen eingebrachter Argumente spricht für die Stringenz der Spruchpraxis des EKSR, sagt aber nichts über die Bedeutung der Auslegungsmethode aus. Daher wird bei jeder Sachfrage lediglich die erste Anwendung der jeweiligen Auslegungsmethode berücksichtigt, nicht hingegen spätere Wiederholungen. Dabei wird einerseits zwischen der absoluten und der relativen Häufigkeit der Anwendung unterschieden, andererseits zwischen zeitlicher und thematischer Verteilung. Eine graphische Darstellung der Beobachtungen (s. Anhang) soll die Suche nach allgemeineren Tendenzen unterstützen. Anschließend wird die Überzeugungskraft der Anwendung der Methoden bewertet.

509 Länderbericht I Art. 5 Statement of Interpretation, Italien; Länderbericht II Art. 5 Observation, Italien, Zypern; Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation, Irland, Zypern; Länderbericht IV Art. 5 Zypern; Länderbericht V Art. 5 Vereinigtes Königreich, Zypern; Länderbericht VI Art. 5 Zypern; Länderbericht XII-2 Art. 5 Malta; Länderbericht XIII-2 Art. 5 Belgien; Länderbericht XVII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht XVIII-2 Art. 5 Lettland; Länderbericht 2004 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Andorra, Armenien, Georgien; Länderbericht 2014 Art. 5 Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Russland, Serbien; Länderbericht 2016 Art. 5 Malta; Beschwerde 11/2001 Rn. 25; Beschwerde 83/2012 Rn. 71 f., 109; Beschwerde 101/2013 Rn. 62, 64. 510 Länderbericht VI Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien. 511 Zu Grenzen der Vereinigungsfreiheit im öffentlichen Dienst: Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 144; zum Aussperrungsrecht: Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (201 f.); Frowein, Zur völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Aussperrung, S. 10 ff.; Kitz, in: MPI (Hrsg.), Die Koalitionsfreiheit des Arbeitnehmers, S. 1073 (1094 f.); Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 63 ff.; Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 75; a. A. Lerche, Verfassungsrechtliche Zentralfragen des Arbeitskampfes, S. 83 ff.; Wengler, Die Unanwendbarkeit der Europäischen Sozialcharta im Staat, S. 5 ff.

282

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

bb) Häufigkeit der Nennung von Auslegungsmethoden (1) Absolute Häufigkeit der Nennung von Auslegungsmethoden Zunächst ist zu fragen, wie oft das EKSR absolut gesehen auf konkrete Aus­ legungsmethoden verweist. Ohne weiteres ist aus Diagramm 1 erkennbar, dass nur ein Bruchteil der Beurteilungen einen Bezug zu Auslegungsmethoden aufweist: Auslegungsmethoden werden bei nur rund 50 Einzelfragen aufgeführt. In lediglich 6 der 23 Statements of Interpretation wird zur Begründung von 10 ein­ spekten auf konkrete Auslegungsmethoden verwiesen. Daraus lässt sich zelnen A allerdings nicht schließen, dass das EKSR die Methoden nicht nutzt. Womöglich fehlt lediglich ein Niederschlag in der Stellungnahme. 512 Dies ist besonders dann misslich, wenn aus einer Stellungnahme hervorgeht, dass der Bericht ein entsprechendes Argument anführt, das EKSR auf dieses aber nicht eingeht, oder wenn dissenting opinions verdeutlichen, dass die gewählte Ansicht nicht zwingend ist. 513 (2) Relative Häufigkeit der Nennung der jeweiligen Auslegungsmethode Als zweites stellt sich die Frage, welche der Methoden das EKSR wie oft bemüht, und ob sich dabei Tendenzen zu bevorzugten Methoden abzeichnen. Weil die verschiedenen Auslegungsmethoden zu unterschiedlichen, miteinander nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen können, liegt bereits in der Wahl der Methode eine Wertung des Interpretierenden. 514 Wie Diagramm 1 zeigt, werden die Auslegungsmethoden in den Stellungnahmen nicht gleichermaßen berücksichtigt: Die grammatische Auslegung wird regelmäßig angewendet, aber sie nimmt zu Recht keine herausragende Rolle ein: Einige Artikel wurden bewusst vage formuliert, um schnell einen Konsens herbeizuführen. 515 Belastbare Schlüsse lassen sich aus absichtlich unscharfen Formulierungen nicht ziehen. Eine völlig untergeordnete Rolle spielen sowohl die Orientierung am Unionsrecht als auch die historische Auslegung. Für ersteres hat das EKSR mit dem 512

Vgl. Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (49, 54 f., 58) zur horizontalen Rechtsvergleichung. Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 256 f. mit Verweis auf Beschwerden 2/1999, 4/1999 und 5/1999; vgl. etwa Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark oder Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich. 514 Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 50 f.; Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, S. 122 ff.; Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, S. 34; Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 261; Melchior, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 411 (413 f.); Visscher, Problèmes d’Interprétation Judiciaire en Droit International Public, S. 16 f. 515 Makarov, in: Faculté de Droit de l’Université de Genève / ​Institut Universitaire de Hautes Études Internationales, Genève (Hrsg.), En Hommage à Paul Guggenheim, S. 403 (415); Schlachter, in: Hau / ​Schmidt (Hrsg.), FS Lindacher, S. 373 (374). 513

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

283

untergeordneten Stellenwert sozialer Rechte in der EU einen Begründungsansatz geboten. 516 Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht widersprüchlich, dass die EMRK trotz ihrer ebenfalls selbständigen Existenz deutlich mehr Beachtung findet: Schließlich bilden EMRK und RESC ein Gesamtkonzept, das freiheitliche und soziale Grundrechte gleichermaßen achtet. Weshalb die vorbereitenden Arbeiten so selten genutzt werden, erklärt das EKSR selbst nicht. Diese nachrangige Berücksichtigung lässt sich aber mit der allgemeinen Auslegungsdogmatik begründen, denn die historische Auslegung anhand der Entstehungsmaterialien birgt vielfältige Schwächen: Es waren nicht alle Vertragsstaaten an der Aushandlung beteiligt 517, und die Materialien stellen die Entstehungssituation nicht umfassend dar, insbesondere wenn Verhandlungen ohne Protokoll geführt wurden 518. Die Ablehnung einer Formulierung kann etwa darauf beruhen, dass der Gegenstand nicht oder anders geregelt werden soll, eine Regelung als überflüssig erachtet wurde oder allein sprachliche Diskrepanzen bestanden. 519 Zudem spricht gegen eine historische Auslegung, dass die RESC als lebendiges Instrument ihrem Telos nach den heutigen Gegebenheiten angepasst werden soll. 520 Die relative Verteilung der Anwendung von Auslegungsmethoden ist also zumindest in Teilen erklärbar. (3) Zeitliche Verteilung der Anführung von Auslegungsmethoden Da festgestellt wurde, dass nicht alle Auslegungsmethoden die gleiche Berücksichtigung in den Stellungnahmen des EKSR finden, ist zu fragen, ob sich bei den Bezugnahmen eine zeitliche Entwicklung ausmachen lässt. Diagramm 2 veranschaulicht, welche Auslegungsmethoden in welchen Überwachungszyklen angewendet wurden. Bis Mitte der 1980er Jahre beruhen regelmäßig Begründungen explizit auf einer Auslegungsmethode. Dabei wurden mit der grammatischen, systematischen und teleologischen Auslegung verstärkt Methoden angewandt, die sich allein auf die ESC und weder auf ihre Vorarbeiten noch auf externe Erkenntnisquellen beziehen. Danach nimmt der Rückgriff auf konkrete Auslegungsmethoden ab. Dies lässt sich dadurch erklären, dass in den ersten Jahren nach Inkrafttreten der ESC grundsätzliche Interpretationsarbeit zu leisten war, während sich das EKSR in den folgenden Jahren auf bereits etablierte Linien berufen konnte. Seit 2010 lassen sich häufiger Rückgriffe auf ILO und EMRK verzeichnen. Das kann 516

§ 3 B. I. 2. c) cc) (4) (c). Beispielsweise ist Kroatien erst seit 1996 Teil des Europarates, Tschechien seit 1993, aber sie sind dennoch an die ESC vom 18.10.1961 gebunden; Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 117 und 120, der bei der Beurteilung der Relevanz der Vorarbeiten auf deren Zugänglichkeit vor Beitritt der anderen Staaten abstellt; Partsch, in: Bettermann / ​Neumann / ​Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte I/1, S. 235 (321); Verdross, Völkerrecht, S. 174. 518 Vgl. Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, S. 35. 519 Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 114 f. 520 § 3 B. I. 2. b) bb). 517

284

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

damit zusammenhängen, dass in dem jeweiligen Fall die Dokumente zunächst als Tatsachen- und zusätzlich als Rechtserkenntnisquelle dienen: Das EKSR nimmt nicht nur die Sachverhaltsinformationen, sondern auch die Bewertung des EGMR oder des zuständigen ILO-Gremiums wahr, und setzt sich damit auseinander oder schließt sich ihm an. Demnach ist in den letzten Jahren eine verstärkte Nutzung „externer“ Auslegungsmethoden zu verzeichnen. In Diagramm 3 werden die Auslegungsmethoden in Beschwerdeverfahren separat dargestellt. Während ILO und EU-Recht nicht genutzt werden, gewinnen das Telos und die horizontale Rechtsvergleichung an Bedeutung. In den drei Beschwerden 35/2006, 83/2012 und 85/2012 wurden neue Gedanken sogar anhand mehrerer Auslegungsmethoden entwickelt. Um eine zeitliche Entwicklung auszumachen, ist das Beschwerdeverfahren allerdings noch zu jung. (4) Verteilung der Anführung von Auslegungsmethoden nach Sachgebieten Letztlich bleibt zu untersuchen, ob das EKSR bei einzelnen Fragen eine bestimmte Auslegungsmethode bevorzugt anwendet. Diagramm 4 unterscheidet die Berufung auf Interpretationsmethoden nach Sachgebieten. Besonders hervorzuheben ist der Schutz der negativen Vereinigungsfreiheit durch Art. 5 RESC, dem – wenn auch nicht in Statements of Interpretation – die meisten Begründungsversuche durch etablierte Auslegungsmethoden gewidmet sind, nämlich anhand des Wortlauts, des Telos, der Systematik innerhalb der RESC sowie der Rechtsprechung des EGMR. Eine Häufung methodischer Arbeit findet sich zudem bei anderen Einzelaspekten von Art. 5 RESC, sowie beim Streikrecht von Militär und Polizei. Ein Schema, welche Methode bei welchen Sachfragen angewandt wird, lässt sich nicht erkennen. Dass das EKSR an einer gewählten Methode für die Beantwortung einer speziellen Frage festhält, zeigt sich in der teilweise sehr häufigen Wiederholung dieser Begründung. cc) Überzeugungskraft der Anwendung der Methoden Auf Grundlage der vorangegangenen Untersuchungsergebnisse kann analysiert werden, ob die Anwendung einer explizit herangezogenen Auslegungsmethode überzeugt. Bereits kritisiert wurde die Durchführung einer horizontalen Rechtsvergleichung ohne Nennung der ausgewählten Länder. 521 Auch bei der grammatischen Auslegung finden sich Unsauberkeiten: Das EKSR bezieht sich nur an einer einzigen Stelle auf beide verbindliche Sprachfassungen 522, und es setzt sich an keiner Stelle mit möglichen unterschiedlichen Deutungsinhalten eines Begriffs 521 522

§ 3 B. I. 2. d) bb) (1). § 3 B. I. 2. a) bb).

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

285

auseinander. Vielmehr gehen manche angeführten Argumente kommentarlos über den Wortlaut hinaus, etwa bei der negativen Vereinigungsfreiheit oder dem Aussperrungsrecht. Am deutlichsten wird die Wortlautgrenze missachtet bei der Einbeziehung von Selbständigen in Art. 5 und 6 RESC, weil die RESC den worker beziehungsweise travailleur nennt, und nicht den Begriff des self-employed oder travailleur indépendant. 523 Bei der Heranziehung anderer völkerrechtlicher Quellen ist zu kritisieren, dass sich nur in seltenen Fällen deren Bedeutung für die Spruchpraxis des EKSR erkennen lässt. Ausnahme ist die Anpassung des Schutzes der negativen Vereinigungsfreiheit durch Art. 5 RESC an die Rechtsprechung des EGMR. 524 In den anderen Fällen legt die Formulierung des EKSR nahe, dass die Argumente in erster Linie dazu dienen, bereits gefundene Auslegungsergebnisse zu untermauern. 525 An anderen Stellen bleibt die Relevanz der genannten völkerrechtlichen Verträge für die Auslegung des EKSR völlig im Dunkeln: In Beschwerde 85/2012 etwa führt das EKSR an, dass in der großen Mehrheit der Verfassungen der Vertragsstaaten sowie zahlreichen UN- und ILO-Instrumenten das Recht auf Kollektivverhandlung und -maßnahmen anerkannt ist, ohne dass deutlich würde, welchen Mehrwert diese Erkenntnis für das Verständnis von Art. 6§§ 2 und 4 RESC bringen würde. 526 Als weitere Kritikpunkte lassen sich anbringen, dass das EKSR sich weder mit der grundsätzlichen Legitimität noch mit den Grenzen der von ihm genutzten Auslegungsmethoden, etwa bei der Heranziehung internationaler Vorschriften, aus­ einandersetzt. 527 Zudem wird den nationalen Eigenheiten nicht explizit Rechnung getragen 528, was insbesondere bei der horizontalen Rechtsvergleichung riskant ist 529. Solche methodischen Unsauberkeiten lassen Zweifel an der Legitimität der Auslegungsergebnisse aufkommen 530, was wiederum die Akzeptanz durch die Staaten gefährdet.

523

Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil I Rn. 6. § 3 B. I. 2. c) cc) (2) (c) (aa). 525 Länderbericht 2006 Art. 5 Irland; Beschwerde 59/2009 Rn. 17 ff.; Beschwerde 101/2013 Rn. 61; Drai, in: Teyssié (Hrsg.), La norme transnationale et les relations de travail, S. 127 (139 f., Rn. 240); Schlachter, SR 2013, 77 (79); dies., in: Däubler / ​Zimmer (Hrsg.), FS Lörcher, S. 302 (303 f.); vgl. Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 132. 526 Beschwerde 85/2012 Rn. 110; ähnlich die Verweise in Beschwerde 103/2013 Rn. 24 auf zahlreiche EGMR-Urteile. 527 Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 52 (59). 528 Kovács, CLLPJ 2005, 445 (450). 529 § 3 B. I. 2. d) aa). 530 Katerndahl, Tarifverhandlung und Streik als Menschenrechte, S. 103. 524

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§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

3. Auslegungsmaßstäbe Neben den in der WVRK verankerten Auslegungsmethoden finden sich abstrakte Auslegungsmaßstäbe, die keine eigenständige Methodik darstellen, aber bei der Durchführung der Interpretation als Maximen eine Auslegungsrichtung vorgeben. Dies sind zum einen die objektive oder subjektive Auslegung sowie zum anderen die restriktive oder extensive Auslegung. Schließlich kann die Berücksichtigung des nationalen Gesamtzusammenhangs, in dem eine zu untersuchende Vorschrift steht, die Bewertung beeinflussen. a) Objektiver und subjektiver Auslegungsmaßstab Bei der Auslegung eines Vertrags kann nach dem objektiv vernünftigen Sinn der Regelungen geforscht werden, oder es kann der subjektive Wille der Vertragspartner ausschlaggebend sein. Bis auf die historische Auslegung 531 sind die eben untersuchten Auslegungsmethoden eher objektiv ausgerichtet 532. Die subjektive Ausrichtung ist in ihrer Reinform weder praktisch umsetzbar noch den sich wandelnden äußeren Umständen angemessen. 533 Bei multilateralen, auf Dauer angelegten Verträgen hat sich daher eine objektive Betrachtungsweise durchgesetzt. 534 Dementsprechend thematisiert das EKSR weder den historischen noch den aktuellen Willen der Vertragsparteien in nennenswertem Umfang. Es nimmt also eine objektive Auslegung vor.

531 Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 24; Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 261, 268. 532 Für die grammatische Auslegung: Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 265; für die teleologische Auslegung: Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 259, 261, 268, 276; Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 51; anders, weil auch eine subjektive Komponente bejahend Karl, Vertrag und spätere Praxis im Völkerrecht, S. 172 ff.; ders., in: Schreuer (Hrsg.), Autorität und internationale Ordnung, S. 9 (14); für die systematische Auslegung: Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 51. 533 Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 34 ff.; Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 22 f. 534 Buchholtz, Streiken im europäischen Grundrechtsgefüge, S. 136; Dumke, Streikrecht i. S. des Art. 6 Nr. 4 ESC und deutsches Arbeitskampfrecht, S. 24; Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​ Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht ESC Teil I Rn. 9; anders noch Nachweise bei Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 20 f.; Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, S. 122; Verdross, Völkerrecht, S. 173.

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

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b) Restriktive und extensive Auslegung Eine weitere Auslegungsmaxime stellt die restriktive und extensive Auslegung dar. Völkerrechtliche Abkommen, die die staatliche Souveränität gegenüber einem anderen Staat einschränken, werden nach der in-dubio-mitius-Regel restriktiv ausgelegt. 535 Anders ist dies bei Verträgen, die wie die RESC einer Angleichung des Grundrechtsschutzes dienen: Damit die Normen zu einer sinnvollen praktischen Anwendung gelangen, ist der Schutzbereich weit und nur die Einschränkungsmöglichkeit eng auszulegen. 536 Angedeutet ist die Anwendung diese Maxime in der Entscheidung, Art. 5 und 6 RESC auf Selbständige 537 sowie Rentner und Arbeitslose 538 anzuwenden. Zudem ist Art. G RESC in der Praxis restriktiv anzuwenden 539, und bei der Rechtfertigung von Eingriffen besteht nur ein sehr beschränkter Spielraum 540. Nicht aufgegriffen hat das EKSR allerdings die in drei parallelen Kollektivbeschwerden vorgebrachte Anregung, den Begriff des Militärs in Art. 5 S. 3 RESC möglichst eng zu verstehen, damit nur wenige Personen von der weitreichenden Ausschlussmöglichkeit erfasst werden 541, sowie den Vorschlag, die Reichweite der negativen Vereinigungsfreiheit zu begrenzen, um die positive Vereinigungsfreiheit nicht auszuhöhlen 542.

535

Bernhardt, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, S. 143 ff.; Dahm, Völkerrecht, § 8 V. 2.; Degan, L’Interprétation des Accords en Droit International, S. 107; Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 286; Oppenheim / ​L auterpacht (Hrsg.), International Law, Vol. I, § 554 Anm. 5; Partsch, in: Bettermann / ​Neumann / ​Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte I/1, S. 235 (317); Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 42; Verdross, Völkerrecht, S. 174. 536 Beschwerde 14/2003 Rn. 29; Beschwerde 83/2012 Rn. 211; Bernhardt, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 65 (70); Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (110 f.); Fabricius, Menschenrechte und Europäische Politik, S. 119; Guradze, Die Europäische Menschenrechtskonvention, S. 35 f.; Harris / ​Darcy, The European Social Charter, S. 25; Kropholler, Internationales Einheitsrecht, S. 290; Melchior, in: Matscher (Hrsg.), FS Wiarda, S. 411 (411 f.); Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 35; Nußberger, Sozialstandards im Völkerrecht, S. 276 f.; Partsch, in: Bettermann / ​Neumann / ​Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte I/1, S. 235 (317); Reindel, Auslegung menschenrechtlicher Verträge am Beispiel der Spruchpraxis des UN-Menschenrechtsausschusses, des Europäischen und des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, S. 90, 94. 537 Länderbericht I General Introduction S. 8 (Rn. 10); Beschwerde 123/2016 Rn. 40; vgl. Berenstein, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 15 (55); Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 74. 538 § 2 B. II. 1. a) aa) (2). 539 Beschwerde 14/2003 Rn. 29; Beschwerde 111/2014 Rn. 83; Beschwerde 116/2015 Rn. 89. 540 § 3 A. I. 2. a) bb). 541 Beschwerde 2/1999 Rn. 15, 29; Beschwerde 4/1999 Rn. 15, 28; Beschwerde 5/1999 Rn. 13, 27. 542 Beschwerde 35/2006 Rn. 8.

288

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Auffällig ist auch, dass der Gestaltung der Arbeitsbedingungen durch Tarifparteien bis auf das Verbot von closed shops und anderem Beitrittsdruck 543 sowie zeitlichen Begrenzungen 544 im privaten Sektor 545 kaum inhaltliche Grenzen gesetzt sind. Es wird etwa keine Begrenzung durch ein allgemeines Günstigkeitsprinzip, wie es § 4 Abs. 3 Alt. 2 TVG kennt 546, oder durch andere kollidierende Rechte, insbesondere der Vertragsfreiheit der Arbeitgeberseite 547 vorgenommen. Eine Auseinandersetzung mit den Grenzen der Tarifmacht 548 fehlt. Vielmehr soll die Regelung der Arbeitsbeziehungen vollständig und ohne staatliche Regulierung den Sozialpartnern überlassen sein. 549 Allein Betriebsgeheimnisse 550 oder wirtschaftliche Ausnahmefälle 551 können gesondert behandelt werden. Dabei ist anzumerken, dass die Ausdehnung der Schutzbereiche der RESC nicht unbedingt zu dem beabsichtigten weiten Grundrechtsschutz führt, sondern vielmehr zu einem Teufelskreis: Ein aufgrund der extensiven Auslegung festgestellter Verstoß wird von den betroffenen Staaten vielfach ignoriert, was das EKSR wiederum von der Verantwortung für diese Ausdehnung entlastet, sodass es noch weitreichendere Aussagen treffen kann. 552 Auf der anderen Seite ist die umfangreiche Aufzählung der Beratungs- und Verhandlungsgegenstände 553 nicht so aufzufassen, dass etwa eine Gewerkschaft einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Mitgestaltung dieses Bereichs hat. Wenn die Gegenseite mit einer solchen Beteiligung einverstanden ist, darf sie aber nicht durch den Staat behindert werden. 543

§ 2 B. III. 2. § 2 C. II. 5. a). 545 Anders im öffentlichen Dienst, § 2 C. II. 2. a) bb) (4) (b). Auch das Gesetzgebungsverfahren ist von der Beeinflussung durch die Sozialpartner ausgenommen, § 2 C. I. 1. c). 546 Höpfner, Die Tarifgeltung im Arbeitsverhältnis, S. 499 ff.; Löwisch / ​Rieble, TVG, § 4 Rn. 531 ff. 547 Explizit ablehnend Beschwerde 118/2015 Rn. 68. 548 Siehe zu den verschiedensten Grenzen der Regelungsmacht etwa Bayreuther / ​Deinert, RdA 2015, 129 (129 ff.); Däubler / ​Heuschmid, RdA 2013, 1 (2 ff.); Franzen, in: Rieble / ​Junker / ​ Giesen (Hrsg.), Ausweitung der Tarifmacht, S. 119 (125 ff.); Giesen, in: Rieble / ​Junker / ​Giesen (Hrsg.), Ausweitung der Tarifmacht, S. 57 (61 ff.); Hartmann, in: Rieble / ​Junker / ​Giesen (Hrsg.), Ausweitung der Tarifmacht, S. 15 (20 ff.); Junker, ZfA 2016, 81 (82 ff.); Käppler, NZA 1991, 745 (748 ff.); Löwisch / ​Rieble, TVG, § 1 Rn. 587 ff., 1338 ff., 1894 ff., 2097 ff., 2302 ff., 2325 ff. sowie § 4 Rn. 396 ff.; Mohr, EuZA 2018, 436 (442 ff.); Picker, ZfA 1998, 573 (595 ff.); Ricken, ZTR 2016, 3 (4 ff.); Rosenau, Die Koalitionsbetätigungsfreiheit im gewandelten Kontext, S. 61 ff.; Schubert, ZfA 2013, 1 (3 ff.; 19 ff.); Söllner, NZA-Beil. 2000, 33 (33 ff.); Wessely, in: Rieble / ​Junker / ​Giesen (Hrsg.), Ausweitung der Tarifmacht, S. 85 (92 ff.); Wiedemann, NZA 2018, 1587 (1592 f.). 549 Vgl. etwa § 2 C. II. 3. 550 Siehe § 2 C. I. 1. a) und § 2 E. I. 1. c). 551 Einschränkungen von Kollektivverträgen während wirtschaftlicher Krisen, § 2 C. II. ​ 3. b) bb); keine Mitentscheidung bei betriebsbedingten Kündigungen oder Betriebsübergängen, § 2 E. II. 2; kein Konsens bei Massenentlassungen, § 2 E. I. 2. c) cc) (1). 552 Öhlinger, in: Becker / ​Baron von Maydell / ​Nußberger (Hrsg.), Die Implementierung internationaler Sozialstandards, S. 51 (55). 553 Siehe § 2 C. I. 1. a), § 2 C. II. 3., § 2 E. I. 1. c) und § 2 E. II. 2. 544

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

289

c) Berücksichtigung des nationalen Gesamtzusammenhangs Ob im konkreten Fall ein Verstoß gegen die Verpflichtungen aus der RESC vorliegt, kann von der Einordnung der Vorschrift in den Gesamtzusammenhang der nationalen Regelungen abhängen. Diese Kontextualisierung kann dazu führen, dass dieselbe Regelung aufgrund des divergierenden nationalen Hintergrundes unterschiedlich bewertet wird. Diese Auslegungsmaxime kann zwar die Einheitlichkeit der Spruchpraxis gefährden, dafür aber zu einer Einzelfallgerechtigkeit im Ergebnis führen. aa) Absehen von der Feststellung eines Verstoßes aufgrund des Gesamtzusammenhangs Von den hier untersuchten Normen sieht lediglich Art. 21 RESC ausdrücklich vor, dass die Betrachtungsweise dem jeweiligen Staat anzupassen ist. Darauf nimmt das EKSR allerdings in keiner Stellungnahme explizit Bezug. Daneben wurde bereits festgestellt, dass Charakter und Wortlaut der RESC die Berücksichtigung nationaler Besonderheiten ermöglichen und fordern. 554 Dementsprechend lässt das EKSR bei der Untersuchung verschiedener Einzelaspekte des nationalen Rechts den Gesamtzusammenhang der nationalen Vorschriften nicht außer Acht. Schließlich könnten sonst Verstöße festgestellt werden, obwohl die Gesamtsituation im Ergebnis den Anforderungen der Charta gerecht wird. Daher kann je nach strukturellem und rechtlichem Hintergrund die Bewertung einer konkreten Frage unterschiedlich ausfallen. 555 Beispiele für die Aufweichung der Anforderungen im Einzelfall sind: – die Entbehrlichkeit von Beratungsstrukturen auf regionaler Ebene in kleinen Staaten, wenn nationale Beratungen den Erfordernissen von Art. 6 § 1  RESC genügen 556; – die Zulässigkeit der Anwendung der linkage rule 557, wenn Beratungs- und Verhandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft wurden und ein hinreichender Rechtsschutz auf Arbeitnehmerseite besteht 558; – die Zulässigkeit der Verdrängung eines allgemeinverbindlichen durch möglicherweise für die Arbeitnehmer schlechtere, aber freiwillig ausgehandelte Kollektivverträge auf einer niedrigeren Organisationsebene 559;

554

§ 3 A. I. Ähnlich zur EMRK Jacobs / ​Payandeh, JZ 2019, 19 (22 f.). 556 Länderbericht XIII-2 Art. 6 § 1 Malta; Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 1 Malta. 557 § 2 C. III. 2. b) bb) (1). 558 Länderbericht XX-3 Art. 6 § 4 Dänemark. 559 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande. 555

290

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

– die Abweichungsmöglichkeit von gesetzlichen Bestimmungen durch Kollektivvertrag nur für Mitglieder von Arbeitgeberorganisationen 560; – die akzeptable Höhe von Geldbußen angesichts der Vermögensverhältnisse der Gewerkschaft sowie der seltenen Verhängung solcher Strafen 561. Im Fall der Beschäftigung ausschließlich von Inhabern der carte professionelle als Hafenarbeiter vertagte das EKSR eine Stellungnahme aufgrund der natio­nalen Besonderheiten. 562 Schließlich war erst kürzlich das Gesetz abgeschafft worden, das die Arbeitnehmer zum Erwerb einer solchen Karte verpflichtete. 563 Das EKSR vermutete also, dass sich die Situation durch den Zeitablauf an die Erfordernisse von Art. 5 RESC annähern würde, wenn mehr Arbeitnehmer ohne Karte in den Berufsstand eintreten, sodass der Vorwurf des Aufrechterhaltens einer ­closed-shop-Regelung nicht länger haltbar wäre. 564 bb) Begründung eines Verstoßes mit dem Gesamtzusammenhang Umgekehrt kann eine auf den ersten Blick mit der RESC konforme Regelung im Zusammenspiel mit anderen Vorschriften dazu führen, dass die Verpflichtungen nicht erfüllt werden. Dies ist der Fall bei dem an Gewerkschaften gerichteten Verbot, Bußgelder ihrer Mitglieder für die Teilnahme an rechtswidrigen Streikmaßnahmen zu übernehmen. 565 Ein solcher Ausschluss könnte gerechtfertigt sein, wenn die Übernahme des finanziellen Risikos durch die Gewerkschaft ihre Mitglieder zu rechtswidrigem Handeln motivieren würde. 566 Da das nationale Streikrecht aber sehr restriktiv ist, können die Arbeitnehmer kaum durch rechtmäßige Kollektivmaßnahmen für ihre Interessen einstehen, weshalb häufig Geldbußen verhängt werden. 567 Zudem fehlt eine Freistellung von zivil- und strafrechtlicher Haftung für Handlungen im Rahmen rechtmäßiger Kollektivmaßnahmen. 568 Dies und die Möglichkeit des Arbeitgebers, eine einstweilige Verfügung gegen die Kollektivmaßnahme zu erlangen, überzeugten das EKSR, dass angesichts der weitreichenden Haftungsrisiken auf Arbeitnehmerseite eine Entschädigungszahlung geleistet werden können muss. 569 560

Beschwerde 35/2006 Rn. 25 ff. Länderbericht 2002 und 2004 Art. 6 § 4 Schweden sowie die Änderung in Länderbericht 2010 Art. 6 § 4 Schweden. 562 Länderbericht XIV-1 Art. 5 Frankreich. 563 Länderbericht XV-1 Art. 5 Frankreich. 564 Ähnlich zum Buchsektor Länderbericht 2014 Art. 5 Frankreich. 565 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 566 Länderbericht XIII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 567 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 568 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 569 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Vereinigtes Königreich. 561

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

291

4. Zwischenergebnis Die Auslegungsmethodik des EKSR ist aus Sicht eines Außenstehenden in mehreren Punkten angreifbar. Zum einen werden die zur Verfügung stehenden Methoden nur in wenigen Fällen eingesetzt. Bei der großen Mehrheit der Auslegungs­ ergebnisse ist unklar, auf welche Weise sie erzielt wurden. Dies mag daran liegen, dass das EKSR mehr auf politische Zwänge reagiert, als dass es Wert auf eine dogmatisch saubere Arbeit legt. 570 Es bedeutet aber weder, dass die Auslegungsregeln des Völkerrechts in den Sitzungen des EKSR ignoriert werden, noch, dass die Spruchpraxis gegen diese Regeln verstößt. In den meisten Fällen wird es wohl möglich sein, das Auslegungsergebnis anhand einer oder mehrerer anerkannter Auslegungsmethoden auf den Vertrag zurückzuführen. In den Fällen, in denen das EKSR explizit Bezug auf eine Auslegungsmethode nimmt, wird nicht ersichtlich, warum ausgerechnet diesem Ansatz der Vorrang eingeräumt wurde. Schließlich werden nicht alle Argumente in Betracht gezogen, die sich aus den Auslegungsmethoden der WVRK ableiten lassen. 571 Zudem führt die extensive Betrachtung des Schutzbereichs zu einseitigen Ergebnissen zugunsten der Tarifautonomie, die weder widerstreitende Interessen noch die Realität in den Staaten hinreichend berücksichtigen.

II. Qualität der Argumentation Gegenstand dieses Abschnitts ist die Frage, in welchem Umfang das EKSR unabhängig von einer Bezugnahme auf konkrete Auslegungsmethoden seine Stellungnahmen im Ergebnis überzeugend begründet. Plausible Begründungen können die Akzeptanz des Auslegungsergebnisses durch den jeweiligen Staat fördern und aufgrund der Nachvollziehbarkeit Rechtssicherheit und mittelbar die Vorhersehbarkeit künftiger Auslegungsergebnisse gewährleisten. Unterschieden wird dabei zwischen der Begründung von Stellungnahmen im Berichtsverfahren einerseits und im Beschwerdeverfahren andererseits.

570 Akandji-Kombé, in: de Schutter (Hrsg.), The European Social Charter, S. 147 (154); Nußberger, Sozialstandards im Völkerrecht, S. 283. 571 Zum historischen Argument bei der Vereinigungsfreiheit im öffentlichen Dienst siehe etwa Cottier, Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der europäischen Sozialcharta, S. 144; Sproedt, Koalitionsfreiheit und Streikrecht in den universellen und europäischen Kollektivabkommen, S. 11.

292

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

1. Qualität der Argumentation in Berichtsverfahren a) Beispiele überzeugender Argumentation Ausführliche und nachvollziehbare Begründungen finden sich etwa zum Vorliegen einer Diskriminierung von Ausländern durch die Regelung zum Dänischen Schiffsregister und zu deren Rechtfertigung 572, beim Schutz der negativen Vereinigungsfreiheit durch Art. 5 RESC 573, beim Kündigungsverbot aufgrund der Streikteilnahme 574 sowie bei der Höhe der Gehaltsabzüge für die Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik 575. Die Änderung der Spruchpraxis, die eine Beschränkung der Vereinigungsfreiheit von Rentnern und Arbeitslosen auf Organisationen ohne Gewerkschaftsstatus nunmehr zulässt, wurde knapp, aber plausibel darauf gestützt, dass andere Vereinigungen die Interessen dieser Personen ebenfalls hinreichend vertreten können. 576 Damit sind bislang umfassende Argumentationen im Berichtsverfahren eine Seltenheit. b) Konstellationen ohne überzeugende Begründung Da nur in wenigen Punkten überzeugende Begründungen der Auslegungsergebnisse vorliegen, fehlt es im Umkehrschluss häufig an einer nachvollziehbaren Argumentation. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das EKSR keinerlei Gründe für sein Ergebnis vorbringt, die angeführten Argumente nicht nachvollziehbar sind oder die Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt mangelhaft ist, etwa weil vorliegende Informationen falsch bewertet oder nationale Besonderheiten missachtet werden. Diese Konstellationen werden nachfolgend dargestellt. aa) Vollständiges Fehlen einer Begründung (1) Darlegung von Argumenten nur in Ausnahmefällen In zahlreichen Fällen fehlt jeglicher Hinweis auf die Argumente, die zu der Entscheidung des EKSR geführt haben: Eine Begründung bringt das EKSR nämlich nur vor, wenn es sie für notwendig befindet. 577 Ohne die Offenlegung der entschei­ 572

§ 2 C. II. 5. b) bb). § 3 B. I. 2. c) bb) (2) sowie § 3 B. I. 2. c) cc) (2) (c) (aa). 574 § 2 D. II. 8. a) aa) (2) (a). 575 § 2 D. II. 8. a) aa) (3); Länderbericht 2014 Art. 6 § 4 Frankreich. 576 Länderbericht XIX-3 Art. 5 Statement of Interpretation, Lettland, Polen, Slowakei; Länder­bericht 2010 Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht 2014 Art. 5 Montenegro, Russland. 577 Brillat, in: de Búrca / ​de Witte (Hrsg.), Social Rights in Europe, S. 31 (36); Lhernould / ​Hablot, in: Teyssié (Hrsg.), La norme transnationale et les relations de travail, S. 14 (21, Rn. 15); 573

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

293

denden Elemente können die Reichweite der Verpflichtungen und die Handlungsspielräume der Staaten nicht zweifelsfrei bestimmt werden. Zur Veranschaulichung dieser Problematik seien nur einige Aspekte exemplarisch herausgegriffen: Es ist etwa regelmäßig nicht ersichtlich, ob die Zulässigkeit einer Einschränkung der Vereinigungsfreiheit ausschließlich auf Art. 5 S. 2 RESC oder auch auf Art. G RESC gestützt werden kann. 578 Somit bleibt unklar, ob eine solche Beschränkung bei anderen Berufsgruppen möglich wäre. Ein weiteres Beispiel für die fehlende Klarstellung, weshalb das EKSR einen Verstoß gegen die RESC angenommen hat, betrifft die Vereinigungsfreiheit in Montenegro: Das EKSR vertrat die Auffassung, dass der Begriff des employees enger sei als der des in Art. 5 RESC genannte workers. 579 Beides lässt sich mit Arbeitnehmer übersetzen, wobei auch eine Unterscheidung in Angestellte und Arbeiter denkbar ist. 580 Ob die vom EKSR geäußerte Kritik auf einer unterschiedlichen Bedeutung der beiden Begriffe aufbaut oder an einen anderen Punkt anknüpft, lässt die Stellungnahme nicht erkennen. Für den Staat ist somit nicht ersichtlich, welche Maßnahme notwendig ist, um die nationale Rechtslage in Einklang mit der RESC zu bringen. Zwar können selbst Entscheidungen ohne ausführliche Begründung nachvollziehbar sein: Insbesondere durch das Festlegen von Kernbereichen 581 zeichnen sich Leitlinien ab, in die sich die Stellungnahmen ohne weitere Begründung zumeist einfügen. In Grenzfällen fehlt es jedoch an Überzeugungskraft. 582 Wenn neben dem gefundenen Auslegungsergebnis andere Lesarten möglich sind, ist eine überzeugende Begründung für die Akzeptanz durch die Staaten unabdingbar. 583 (2) Unbegründete Änderung der Spruchpraxis Auch bei Änderungen einer vormals etablierten Spruchpraxis fehlt es oft an einer Begründung. Das ist weniger gravierend, wenn das EKSR den Spielraum der Staaten erweitert, etwa wenn Mindestmitgliederzahlen für die Gründung einer zu Kollektivverhandlungen berechtigten Gewerkschaft nicht mehr automatisch gegen die Vereinigungsfreiheit verstoßen 584, sondern lediglich eine Hürde darstellen, die nicht zu hoch angesetzt werden darf 585, oder wenn das Verhandlungsrecht der exLörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 52 (54). 578 Länderbericht XIII-5 Art. 5 Portugal. 579 Länderbericht 2014 Art. 5 Montenegro. 580 Romain / ​Bader / ​Byrd, Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache, Stichworte: employee und worker. 581 § 3 A. I. 1. 582 § 3 A. I. 1. c). 583 Ähnlich Klocke, in: Faber / ​Feldhoff / ​Nebe / ​Schmidt / ​Waßer (Hrsg.), FS Kohte, S.  909 (919). 584 Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation. 585 Länderbericht XIII-5 Art. 5 Portugal; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Nordmazedonien; Länderbericht 2010 Art. 5 Georgien, Ukraine; Länderbericht 2014 Art. 5 Montenegro.

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§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

cepted bodies 586 nunmehr auf Arbeitsbedingungen bei dem eigenen Arbeitgeber beschränkt werden darf 587. Eine Korrektur erfolgte auch bei der Bewertung der Folgen der Streikteilnahme im dänischen Recht: Nach in zwei Überwachungszyklen festgestellten Verstößen, weil die Weiterbeschäftigung streikender Arbeitnehmer nicht gewährleistet sei 588, war das EKSR nach einer Neubewertung von der regelmäßigen Wiedereinstellung überzeugt 589. Allerdings können ohne Begründung durchgeführte Änderungen der Bewertung zu einer unklaren, nicht nachvollziehbaren Linie führen. Dies ist etwa der Fall bei der Spruchpraxis zur Begrenzung des Streikrechts durch eine Friedenspflicht. 590 In den ersten Überwachungszyklen wurde diese Thematik kaum beachtet. 591 Schließlich wurde festgelegt, dass Kollektivverträge eine Friedenspflicht enthalten können. 592 Während die Zulässigkeit impliziter Friedenspflichten zunächst nicht kommentiert wurde 593, wurde sie im nächsten Zyklus abgelehnt, da eine Friedenspflicht dem freien Willen der betroffenen Parteien entsprechen muss 594. Bereits im darauffolgenden Jahr änderte das EKSR seine Bewertung dahingehend, dass eine implizite Friedenspflicht dem Willen der Vertragsparteien entsprechen kann, wenn sie das Ergebnis einer langen einvernehmlichen Tradition ist. 595 Dieser Wertungswechsel zeichnete sich weder im Vorfeld ab noch ist er überzeugend begründet, sodass sich der Eindruck einer gewissen Willkürlichkeit aufdrängt. Aus finnischer Sicht liegt eine ähnliche Wechselhaftigkeit bei der Spruchpraxis zum Streikausrufungsrecht vor. 596 Der Ausgangspunkt, nach dem allen Arbeitnehmergruppen gleichermaßen die Ausrufung eines Streiks möglich sein sollte, widersprach eigentlich dem Gesamtkonzept der RESC, das Gewerkschaften Vorrechte einräumt. 597 Die unter Umständen zulässige Begrenzung des Streikausrufungsrechts auf Gewerkschaften vermeidet nicht nur eine unkontrollierte Streikkultur 598, sondern entspricht auch der Praxis in vielen Staaten. Etwa in Finnland existierte ein solch exklusives Ausrufungsrecht im öffentlichen Sektor. Das EKSR stellte zunächst keinen Verstoß fest, weil an die Gründung von Gewerkschaften keine 586

§ 2 C. II. 2. a) bb) (2). Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Irland. 588 Länderbericht XVII-1 und XVIII-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 589 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Dänemark; vgl. Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (216). 590 Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (207 ff.). 591 Länderbericht II Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Schweden. 592 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen, Spanien, Zypern. 593 Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland, Niederlande, Norwegen, Portugal, Spanien. 594 Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland, Malta, Norwegen; Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn. 595 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland, Spanien; Länderbericht XVII-2 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Malta; Länderbericht 2004 Art. 6 § 4 Li­ tauen, Norwegen; Länderbericht 2006 Art. 6 § 4 Albanien, Litauen, Moldau. 596 Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (214 f.); Kovács, CLLPJ 2005, 445 (456 f.). 597 Kovács, CLLPJ 2005, 445 (458). 598 Kovács, CLLPJ 2005, 445 (459). 587

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

295

besonderen Anforderungen gestellt wurden. 599 Im nächsten Überwachungszyklus revidierte das EKSR seine Bewertung, weil nicht jede Arbeitnehmergruppe einen Streik beginnen kann. 600 Dabei hatten sich die Gründungsvoraussetzungen für eine Gewerkschaft weder geändert, noch wurden sie vom EKSR kritisiert. 601 Mangels Begründung wirken diese Änderungen der Beurteilung willkürlich. (3) Übergehen vorgebrachter Argumente Misslich ist die fehlende Begründung vor allem dann, wenn das EKSR selbst Gründe erwähnt, die gegen seine im Ergebnis geäußerte Ansicht sprechen. Nur in wenigen Fällen setzt sich das EKSR nach außen sichtbar mit vorgebrachten Argumenten, die gegen seine Ansicht sprechen, auseinander. 602 Im Extremfall wird lediglich festgestellt, dass ein Gegenargument kein Gewicht hat, dessen Inhalt aber nicht in der Stellungnahme erwähnt. 603 Häufig werden von den Staaten 604 oder anderen Mitgliedern des Komitees 605 angeführte Argumente gesehen, aber nicht diskutiert. Besonders deutlich wird die Vernachlässigung vorliegender Argumente bei dissenting opinions von Zanetti: Beim Schutz der negativen Vereinigungsfreiheit durch Art. 5 RESC setzt er sich ausführlich mit der Entstehungsgeschichte, dem Anhang von Art. 1 § 2 RESC sowie mit den ILO-Konventionen und der EGMR-Rechtsprechung auseinander. 606 Seine rechtsvergleichenden Anmerkungen zum Streikrecht, das in zahlreichen Vertragsstaaten im öffentlichen Dienst weitgehende Beschränkungen oder sogar Ausschlüsse kennt, basiert auf einem Gutachten, das vom Sekretariat des Europarates in Auftrag gegeben wurde. 607 Vergleichbare Ausführungen finden sich in der Stellungnahme des EKSR nicht.

599

Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Finnland. Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Finnland. 601 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Finnland. 602 Vgl. etwa § 2 B. II. 2. a) bb) (2) (b) oder § 2 C. II. 5. b) bb). 603 Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich. 604 Länderbericht XII-1 Art. 5 Dänemark; Länderbericht XIII-3 Art. 5 Irland; Länderbericht XIV-1 Art. 5 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Dänemark; Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Vereinigtes Königreich; Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Norwegen. 605 Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien Dissenting Opinion Akillioğlu zum Ausdruck der Solidarität durch Pflichtbeiträge von Arbeitnehmern, die nicht der Gewerkschaft angehören, aber von deren Kollektivverträgen profitieren; Länderbericht XII-2 Art. 6 § 1 Dissenting Opinion Vida Soria Rn. 3. ff. zur Gewährleistung der Beratung auf Unternehmensebene durch Art. 6 § 1 RESC; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Niederlande Dissenting Opinion Evju und Birk zum Vorrang von Kollektivverträgen auf Firmenebene vor allgemeinverbindlichen Kollektivverträgen, der auf den Wortlaut der Vorschrift gestützt werden kann; Länderbericht 2002 und 2004 Art. 6 § 4 Schweden Dissenting Opinion Evju und Grillberger bzw. Birk zur zulässigen Höhe von Bußgeldern für die unterlassene rechtzeitige Ankündigung eines Streiks. 606 Länderbericht VIII Art. 5 Dissenting Opinion Zanetti. 607 Länderbericht IV Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Zanetti Rn. 10 f. mit Verweis auf einen Bericht von Kahn-Freund von 1974. 600

296

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Die dissenting opinions sind aber nicht durchweg ein positives Gegenbeispiel zur Arbeit des EKSR, da sie selten Bezug zu Auslegungsmethoden aufweisen, sondern vielmehr aus Wertungsgesichtspunkten zu anderen Ergebnissen gelangen. 608 Dennoch kann das Übergehen von Gegenargumenten dazu führen, dass die durch die Auslegung aufgestellten Anforderungen der Realität in den Staaten nicht gerecht werden, wenn überwiegend die Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigt werden. bb) Anführen nicht nachvollziehbarer Argumente Selbst wenn das EKSR Argumente darlegt, sind diese nicht immer überzeugend. Im Rahmen von Art. 6 § 2 RESC misst das EKSR anhand der Anzahl der Kollektivverträge und deren Abdeckungsquote die Notwendigkeit von staatlichen Fördermaßnahmen. 609 Von diesen Informationen kann aber kaum auf die Quantität der Kollektivvertragsverhandlungen geschlossen werden: Nicht alle Verhandlungen münden in einem Vertragsschluss. Ergebnislose Verhandlungen werden in der Untersuchung des EKSR nicht beachtet, obwohl Art. 6 § 2 RESC sich nur auf Verhandlungen und nicht auf Vertragsschlüsse bezieht. 610

608

Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 2 Niederlande Dissenting Opinion Evju und Birk werten individuell ausgehandelte Kollektivverträge höher als solche, die für allgemeinverbindlich erklärt wurden; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Dänemark, Deutschland und Island Dissenting Opinion Evju, Grillberger und Birk halten Bewertung der Friedenspflicht für zu weit gehend; ähnlich auch Länderbericht XVI-2 Art. 6 § 4 Ungarn Dissenting Opinion Evju, Grillberger und Birk; Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Niederlande Dissenting Opinion Belorgey, Aliprantis und Končar betont die Pflicht der Staaten zur Förderung von Kollektivvertragsverhandlungen aufgrund des Wortlauts von Art. 6 § 2 RESC; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien Dissenting Opinion Akillioğlu sieht die Zahlung eines Beitrags durch Mitglieder aufgrund der gesetzlichen erga omnes Wirkung der Kollektivverträge als gerechtfertigt an; Länderbericht 2002 Art. 6 § 4 Dissenting Opinion Schweden Mikkola und Bruto da Costa wollen ohne weitere Begründung die ursprüngliche Spruchpraxis des EKSR weiterführen; Beschwerde 12/2002 Dissenting Opinion Grillberger und Mikkola sieht in Beiträgen für die Überwachung von Gehaltsvorschriften durch die Gewerkschaft keinen unzulässigen Beitrittsdruck; Beschwerde 59/2009 Dissenting Opinion Jimena Quesada, Belorgey und Işik räumt Streikposten einen höheren Stellenwert ein als die Mehrheit des EKSR; Beschwerde 83/2012 Dissenting Opinion Schlachter, Nyström und Wujczyk sieht die vom Streikverbot betroffene Berufsgruppe nicht als einfache Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, sondern als relevant für die nationale Sicherheit; siehe auch Lörcher, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 52 (60). 609 § 2 C. II. 6. b) aa). 610 Vgl. Schlachter, SR 2013, 77 (87).

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

297

cc) Vernachlässigung der Sachverhaltsdarstellung Besonders undurchsichtig sind Stellungnahmen, in denen das EKSR nicht nur die Begründung, sondern auch die Wiedergabe des bewerteten Sachverhalts auslässt. Ohne Kenntnis des Staatenberichts bieten diese Stellungnahmen keinen Mehrwert. 611 In jüngeren Länderberichten nennt das EKSR die im nationalen Recht geltenden Schwellenwerte für das Vorliegen einer Massenentlassung nicht mehr, sondern stellt lediglich deren Vereinbarkeit mit der RESC fest. 612 Eine in der Stellungnahme nicht näher genannte Vorgängerregelung des deutschen ­WissZeitVG verkürzte die Verhandlungsfreiheit von wissenschaftlichem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, ohne aber gegen Art. 6 § 2 RESC zu verstoßen. 613 Hier sind weder Art und Intensität der Verkürzung noch Begründung der Konformität bekannt. dd) Vorliegen sprachlicher Barrieren Sprachliche Barrieren erschweren eine überzeugende Beurteilung durch das EKSR, wenn die offiziellen Sprachen des Europarats keinen Begriff für ein nationales Rechtsgebilde kennen. In diesen Fällen sind bereits die auf Englisch oder Französisch eingereichten Berichte ungenau. Gravierend tritt dies im öffentlichen Dienst zu Tage, der in den Staaten unterschiedlich ausgestaltet ist, was zu zahlreichen Unklarheiten in der Terminologie führt. Das EKSR stellte fest, dass der Begriff worker auch public officials einschließt. 614 Bei britischen Lehrkräften wurde klargestellt, dass es sich bei ihnen nicht um civil servants, sondern um public servants handelt, wobei sich beide Begriffe mit Staatsbediensteter oder Angehöriger des öffentlichen Dienstes übersetzen lassen. 615 Wie das EKSR diese beiden Begriffe abgrenzt, und welche Folgen es möglicherweise damit verknüpft, wird nicht deutlich. 611

Länderbericht 2018 Art. 5 Malta, Montenegro, Russland; Länderbericht II Art. 6 § 1 Norwegen, Vereinigtes Königreich; Länderbericht III Art. 6 § 1 Irland, Österreich, Vereinigtes Königreich, Zypern; Länderbericht IV Art. 6 § 1 Dänemark, Österreich; Länderbericht VI Art. 6 § 1 Frankreich; Länderbericht III Art. 6 § 3 Österreich, Schweden, Zypern; Länderbericht V Art. 6 § 3 Irland, Österreich, Zypern; Länderbericht X-2 Art. 6 § 3 Frankreich; Länderbericht I Art. 6 § 4 Schweden; Länderbericht VI Art. 6 § 4 Norwegen; Länderbericht IX-1 Art. 6 § 4 Spanien; Länderbericht X-1 Art. 6 § 4 Niederlande; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Island; Länderbericht XIII-3 Art. 6 § 4 Niederländische Antillen; Länderbericht XV-1 Art. 6 § 4 Island, Italien; Länderbericht XVI-1 Art. 6 § 4 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 4 Ungarn; Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Lettland; Länderbericht 2018 Art. 6 § 4 Russland; Länderbericht 2018 Art. 21 Ukraine. 612 Länderbericht 2014 Art. 29 Russland, Zypern. 613 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Deutschland mit Verweis auf BVerfG vom 25.4.1996 – 1 BvR 712/86. 614 In der französischen Version: „…le terme travailleur vise, au sens de la Charte, également les fonctionnaires“; Länderbericht III Art. 6 § 4 Deutschland; ähnlich Länderbericht XI-1 Art. 6 § 4 Dänemark. 615 Länderbericht XII-1 Art. 6 § 2 Vereinigtes Königreich.

298

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Ähnliche Unklarheiten bestehen jeweils bei den Begriffspaaren civil servants und civil service employees under a contract 616, public service employees und public officers 617 sowie civil servants und civil service employees 618 . Der deutsche Statusbeamte weist zwar Ähnlichkeiten mit dem französischen fonctionnaire public auf, das englische Vokabular kennt jedoch keine vergleichbare Rechtsfigur. 619 Die Stellungnahmen nennen daher zunächst den deutschen Begriff und sprechen danach vom civil servant oder public servant. 620 Angestellte im öffentlichen Dienst werden in Stellungnahmen zum deutschen Recht demgegenüber als non-established public employees bezeichnet – Ausdrücke, die sich in anderen Länderberichten nicht finden. 621 Vergleichbare sprachliche und womöglich auch inhaltliche Schwierigkeiten stellen sich beim polnischen appointed civil servant, der vom EKSR ebenfalls nicht weiter definiert wird. 622 Diese sprachlichen Unterschiede erschweren die Arbeit des EKSR, sind aber gerade Gegenstand der bei völkerrechtlichen Menschenrechtsverträgen unabdingbaren horizontalen Rechtsvergleichung. 623 Wenn die englischen und französischen Begriffe die zu bewertende Rechtsfigur nicht erfassen können, wäre es sinnvoll, am Anfang der Stellungnahme die Grundzüge und Besonderheiten der jeweiligen Berufsgruppe darzustellen. ee) Fehlbewertung vorliegender Informationen Die Herleitung einer Bewertung kann nicht überzeugend gelingen, wenn Informationen aus den Berichten missverstanden werden. Teilweise begründen die Stellungnahmen des EKSR Zweifel, dass die nationale Situation in all ihren Facetten korrekt erfasst wurde. 624 Das Urteil des BAG, nach dem eine notarielle Bestätigung der Gewerkschaftsmitgliedschaft eines anonymen Arbeitnehmers ausreicht, um Zutrittsrechte der Gewerkschaft nach § 2 II BetrVG zu begründen, fasste das EKSR so auf, dass die rechtliche Situation im Einklang mit Art. 5 RESC 616

Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Polen; vgl. Länderbericht V Art. 6 § 4 Dänemark; auf Französisch agents public und agents statutaires. 617 Länderbericht 2014 Art. 6 § 3 Malta; auf Französisch agents des services publics und agents de l’Etat. 618 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Polen; auf Französisch salariés de la fonction publique und fonctionnaires. 619 Kahn-Freund, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 151 (160); Riegel, ZTR 1993, 223 (223). 620 Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht I Art. 6 § 4 Deutschland; Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland; Län­ derbericht XX-3 Art. 6 § 4 Deutschland. 621 Länderbericht IV Art. 6 § 4 Deutschland. 622 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Polen. 623 § 3 B. I. 2. d); Länderbericht IX-1 Art. 5 Island; Länderbericht XIII-1 Art. 6 § 4 Frankreich; Birk, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (52 f.). 624 Zur Zwangsschlichtung in Norwegen Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (222).

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

299

stehe. 625 Dabei besteht das Zutrittsrecht aus § 2 II BetrVG allein für die Wahrnehmung von Aufgaben nach dem BetrVG und ausschließlich für im Betrieb vertretene Gewerkschaften. Dies wäre mit den Anforderungen der RESC nicht zu vereinbaren. 626 Erst später erhielt das EKSR ausdrücklich die Information, dass Zutrittsrechte ebenfalls für andere Zwecke bestehen. 627 Ein Missverständnis lag zudem den ersten Stellungnahmen zu den Beratungsrechten innerhalb der privatisierten Deutschen Post zugrunde: Zunächst stellte das EKSR einen Verstoß gegen Art. 6 § 2 RESC fest, weil Arbeitnehmern das Verhandlungsrecht nicht verwehrt werden darf, wenn sie keine Hoheitsgewalt ausüben. 628 Erst im folgenden Berichtszyklus erkannte das EKSR, dass lediglich die Verhandlung des Gehalts ausgeschlossen ist, die Betroffenen aber bei der Festlegung der anderen Beschäftigungsbedingungen beteiligt werden. 629 Solche Missverständnisse sind für das EKSR aufgrund der unterschiedlichen und häufig mangelhaften Qualität der Staatenberichte kaum vermeidbar. Lediglich wenn eines der Mitglieder des EKSR vertiefte Kenntnisse der betroffenen Rechtsordnung hat, kann es Fehldeutungen unterbinden. Staaten, die nicht im EKSR vertreten sind, können dann erst in ihrem Bericht im nächsten Zyklus den Irrtum ausräumen. ff) Missachtung nationaler Besonderheiten Es wurde bereits erwähnt, dass das EKSR bemüht ist, einzelne Regelungen bei der Bewertung in den nationalen Gesamtzusammenhang einzuordnen. 630 Eine solche Gesamtbetrachtung wird aber nicht immer vorgenommen 631 und kann vom EKSR angesichts seiner Ressourcen 632 und der lückenhaften Berichte wohl auch nicht geleistet werden. Die fehlende Auseinandersetzung mit nationalen Besonderheiten kann im Einzelfall zu nicht nachvollziehbaren Bewertungen führen. Zudem ist nicht gewährleistet, dass anderen Systemen hinreichend Rechnung getragen wird, wenn ein Modell als Standard gilt. 633

625

Länderbericht XIII-4 Art. 5 Deutschland, vgl. BAG vom 25.3.1992 – 7 ABR 65/90. § 2 B. II. 2. b) bb) (2). 627 Länderbericht XVI-1 Art. 5 Deutschland, mit Verweis auf BVerfG vom 14.11.1995 – 1 BvR 601/92; Länderbericht XIX-3 Art. 5 Deutschland, mit zusätzlichem Verweis wohl auf BAG vom 28.2.2006 – 1 AZR 460/04. 628 Länderbericht XVI-1 und XVII-1 Art. 6 § 2 Deutschland. 629 Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Deutschland. 630 § 3 B. I. 3. c). 631 Jacobs, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 220 (242 ff.). 632 Basedow, JZ 2016, 269 (270). 633 Laut Birk wird vom romanischen Konfliktmodell ausgegangen, im Gegensatz zum nordi­ schen oder deutschen Modell, ZVglRWiss 100 (2001), 48 (59); Kovács, CLLPJ 2005, 445 (476). 626

300

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

Aus deutscher Perspektive lassen sich zwei Fälle herausgreifen, bei denen das EKSR auf die nationalen Besonderheiten nicht ausdrücklich eingegangen ist: Die Eigenheiten des deutschen Statusbeamten wurde trotz mehrerer Erklärungsversuche der Berichterstatter 634 nicht aufgegriffen 635. Es wurde lediglich klargestellt, dass die RESC Beamte erfasst; inwiefern deren besonderer Status bei der Rechtfertigung etwaiger Einschränkungen im Rahmen von Art. G RESC eine Rolle spielt, blieb aber offen. 636 Ebenso wurden die Privilegien kirchlicher Betriebe in der deutschen Rechtsordnung übergangen. 637 c) Zwischenergebnis In einigen Fällen begründet das EKSR seine Stellungnahme für Außenstehende plausibel. Auch wenn umfangreiche Argumentationen die Ausnahme sind, lässt sich insgesamt eine positive Entwicklung innerhalb der Länderberichte ausmachen: Während in früheren Überwachungszyklen Einzelaspekte scheinbar willkürlich aneinandergereiht wurden, zeichnet sich nunmehr eine Systematisierung in (1) Beschreibung der Situation, (2) Nennung der in den Augen des EKSR kritischen Punkte, (3) mehr oder weniger detaillierte Begründung und (4) Beurteilung ab. 638 Diese Strukturierung kann der Nachvollziehbarkeit der Stellungnahmen dienen, insbesondere wenn das EKSR deren dritten Punkt weiter ausbaut. 2. Qualität der Argumentation in Beschwerdeverfahren Die Argumentation erreicht im Rahmen von Beschwerden eine andere Qualität als im Berichtsverfahren: Die Beurteilungen in Beschwerdeverfahren sind deutlich ausführlicher begründet. Es erfolgt nicht nur die Nennung der einschlägigen internationalen Vorschriften, sondern auch eine Auseinandersetzung mit Argumenten, die für oder gegen bestimmte Auslegungsmöglichkeiten streiten. In dieser 634

Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Deutschland; Länderbericht V Art. 6 § 4 Deutschland; zur Unanwendbarkeit der ESC auf Beamte siehe BT-Drs. IV/2117 S. 29; Mitscherlich, Das Arbeitskampfrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Sozialcharta, S. 95 m. w. N.; Neubeck, Die Europäische Sozialcharta und deren Protokolle, S. 70 ff. 635 Länderbericht XVII-1 Art. 6 § 2 Deutschland. 636 Länderbericht III Art. 5 Statement of Interpretation; Länderbericht XV-1 Art. 5 Polen; Länderbericht XVI-1 Art. 5 Tschechien; Länderbericht XVIII-1 Art. 5 Spanien; Länderbericht 2002 Art. 5 Rumänien; Länderbericht 2010 Art. 5 Albanien, Moldau, Rumänien; Länderbericht 2014 Art. 5 Ukraine; Länderbericht III Art. 6 § 4 Deutschland. 637 Länderbericht XII-2 Art. 5 Deutschland mit Verweis auf BVerfG vom 17.1.1981, gemeint ist wohl BVerfG vom 17.2.1981 – 2 BvR 384/78, in dem ab Rn. 61 das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen eine tragende Rolle in der Entscheidungsbegründung einnimmt; ebenso Länderbericht XIII-2 Art. 5 Deutschland. 638 Brillat, in: de Búrca / ​de Witte (Hrsg.), Social Rights in Europe, S. 31 (36).

B. Begründung der Auslegungsergebnisse durch das EKSR 

301

Verfahrensart häufen sich zudem die dissenting opinions, die sich teilweise nicht minder intensiv mit der Thematik auseinandersetzen und dementsprechend einen beträchtlichen Umfang aufweisen. 639 Je mehr Begründungsansätze miteinander verknüpft werden, desto überzeugender ist das Endergebnis, was bei Änderungen einer etablierten Spruchpraxis besonders wertvoll ist. Dies soll im Folgenden anhand drei Verfahren, in denen eine Änderung der Spruchpraxis erfolgte, veranschaulicht werden. In Beschwerde 83/2012 legte das EKSR abweichend zu seinen vorherigen Entscheidungen 640 fest, dass Beschränkungen des Vereinigungsrechts für Angehörige der Polizei nur bei einer nachgewiesenen Notwendigkeit zulässig sind. 641 Diese explizite Einschränkung des Spielraums der Staaten 642 ist ein Novum, das sich weder im Berichtsverfahren abgezeichnet hat, noch durch eine Änderung der Tatsachenlage veranlasst wurde 643. Das EKSR argumentierte bei seiner Entscheidungsfindung mit dem Wortlaut der EKSR 644 und anderer völkerrechtlicher Verträge 645, insbesondere der EMRK und dazugehöriger Rechtsprechung 646, der Kernbereichslehre 647, der systematischen Verknüpfung von Art. 5 und 6 RESC 648, der rechtsvergleichenden Untersuchung des Streikrechts von Polizisten in den Vertragsstaaten 649 sowie dem Telos der RESC 650. Wie die deutliche Kritik in der dazugehörigen dissenting opinion zeigt, ist aber auch dieses Vorgehen angreifbar. 651 Die Verfahren 101/2013 und 112/2014 befassten sich mit Einschränkungen der Rechte aus Art. 5 und 6 RESC für das Militär. Mit Hilfe von Art. 11 EMRK sowie

639 Beschwerde 5/1999 Dissenting Opinion Jamoulle; Beschwerde 12/2002 Dissenting Opinion Grillberger und Mikkola sowie Akillioğlu; Beschwerde 35/2006 Dissenting Opinion Akillioğlu; Beschwerde 59/2009 Dissenting Opinion Stangos sowie Jimena Quesada, Belorgey und Işik; Beschwerde 65/2011 Dissenting Opinion Stangos; Beschwerde 83/2012 Dissenting Opinion Schlachter, Nyström und Wujczyk sowie Jimena Quesada; Beschwerde 123/2016 Dissenting Opinion Stangos und Kresal. 640 § 2 B. II. 1. a) aa) (4) (c). 641 Beschwerde 83/2012 Rn. 27, 108, 209, 211. 642 Beschwerde 83/2012 Rn. 207, 212. 643 Beschwerde 83/2012 Dissenting Opinion Schlachter, Nyström und Wujczyk. 644 Beschwerde 83/2012 Rn. 67. 645 Beschwerde 83/2012 Rn. 22 ff., 106 ff. 646 Beschwerde 83/2012 Rn. 22 ff., 68 f., 122, mit Verweis auf EGMR vom 6.2.1976  – Rs. 5614/72 Rn. 37– Swedish Engine Drivers’ Union, EGMR (Große Kammer) vom 12.11.2008 – Rs. 34503/97 Rn. 96 ff., 109, 118 f. – Demir und Baykara; EGMR vom 25.9.2012 – Rs. 11828/08 Rn. 67  – Trade Union of the Police in the Slovak Republic u. a.; EGMR vom 20.5.1999  – Rs. 25390/94 Rn. 26, 43 – Rekvényi; sowie EGMR vom 21.4.2009 – Rs. 68959/01 – Enerji Yapi-Yol Sen. 647 Siehe § 3 A. I. 1; Beschwerde 83/2012 Rn. 25. 648 Beschwerde 83/2012 Rn. 83 649 Beschwerde 83/2012 Rn. 202 f., 207 mit Verweis auf Länderbericht XIV-1 Art. 6 § 4 Norwegen und Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 4 Kroatien; vgl. § 2 D. II. 7. b) bb). 650 Beschwerde 83/2012 Rn. 210 f. 651 Beschwerde 83/2012 Dissenting Opinion Schlachter, Nyström und Wujczyk.

302

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

der einschlägigen Rechtsprechung des EGMR 652, ILO-Konvention Nr. 87, IPwskR und IPbpR 653 sowie der Empfehlungen des Ministerkomitees Rec(2001)10 und CM / ​R EC(2010)4 zur Polizeiethik 654 wurde begründet, dass kein absoluter Ausschluss der Vereinigungsfreiheit mehr möglich sein soll. 655 Ein Ausschluss, wie ihn Art. 5 S. 3 RESC erlaubt, wird nicht mehr für notwendig befunden. Zudem sollen – wie es einige Staaten handhaben 656 – Verhandlungsrechte gewährt werden. 657 Der neue Ansatz des EKSR zu Art. 5 S. 3 RESC, nach dem Vereinigungsverbote im militärischen Bereich an Art. G RESC zu messen sind, stellt einen mit Wortlaut und Systematik nicht ohne Weiteres zu vereinbarenden Wechsel der Spruchpraxis dar. Die vorliegende Begründung ist aber schlüssig und in der Sache überzeugend. 3. Zwischenergebnis Bei Qualität und Dichte der Argumentation lassen sich nicht nur innerhalb des Berichtsverfahrens, sondern auch zwischen Berichts- und Beschwerdeverfahren deutliche Unterschiede feststellen. Insgesamt fehlt es an Überzeugungskraft 658 und systematischem Vorgehen 659. Es erfolgt keine Auseinandersetzung mit abweichenden Lesarten, mit kollidierenden Rechten Dritter oder der Realisierbarkeit der aufgestellten Anforderungen. Dadurch erscheinen insbesondere Wechsel in der Bewertung willkürlich. 660 Eine dünne Begründung ist zwar gängige Praxis von Sachverständigenausschüssen, wie sich etwa bei der ILO oder beim Stän­ digen Internationalen Gerichtshof beobachten lässt. 661 Dies ändert jedoch nichts daran, dass dadurch das Legitimationsdefizit der Interpretationstätigkeit vergrößert wird. 662

652 Beschwerde 101/2013 Rn. 21 f., 82 f., 85 mit Verweis auf EGMR vom 8.6.1976  – Rs. 5100/71 u. a. Rn. 54, 57, 59, 73, 103 – Engel u. a. und EGMR vom 2.10.2014 – Rs. 10609/10 Rn. 56 ff., 62, 71, 75 ff.  – Matelly, sowie EGMR vom 2.10.2014  – Rs. 32191/09 Rn. 55, 58, 60 – ADEFDROMIL, und EGMR vom 21.4.2015 – Rs. 45892/09 Rn. 28 ff. – Junta Rectora; Beschwerde 112/2014 Rn. 15, 45 f. mit demselben Verweis. 653 Beschwerde 101/2013 Rn. 83; Beschwerde 112/2014 Rn. 46. 654 Beschwerde 101/2013 Rn. 23 ff.; Beschwerde 112/2014 Rn. 16, 46. 655 Beschwerde 101/2013 Rn. 83. 656 Beschwerde 101/2013 Rn. 40, 141. 657 Beschwerde 101/2013 Rn. 141. 658 Nußberger, Sozialstandards im Völkerrecht, S. 283. 659 Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (224). 660 Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (216). 661 Nußberger, Sozialstandards im Völkerrecht, S. 282. 662 Nußberger, Sozialstandards im Völkerrecht, S. 283.

C. Mögliche Bedeutung der Untersuchungsergebnisse 

303

III. Zwischenergebnis An einigen Stellen untermauert das EKSR seine Auslegungsergebnisse durch stichhaltige Argumente, die teilweise anhand der klassischen Auslegungsmethoden hergeleitet werden. Insgesamt ist die Begründung allerdings angreifbar, insbesondere weil sie selten dogmatisch sauber oder besonders stichhaltig ist. Dadurch wird die Nachvollziehbarkeit der Bewertungen zumindest in Teilen geschwächt. Eine schlüssige Darstellung der Entscheidungsfindung würde einerseits der Vorhersehbarkeit künftiger Ergebnisse dienen: Wechsel in der Spruchpraxis, die weder durch eine Änderung der Sachlage veranlasst noch durch eine entsprechende Erörterung erklärt werden, gefährden die Rechtssicherheit für die Staaten. Andererseits würden Staaten nachvollziehbare Entscheidungen eher akzeptieren, und gegebenenfalls ihr Handeln danach ausrichten. Die Beurteilungen stärker zu legitimieren läge damit im Interesse des EKSR.

C. Mögliche Bedeutung der Untersuchungsergebnisse für künftige Stellungnahmen des EKSR Es bleibt zu fragen, was sich aus dieser Untersuchung für die künftige Spruchpraxis des EKSR ableiten lässt. Zunächst wird versucht, eine Prognose für kommende Stellungnahmen zu bereits vom EKSR behandelten Themen zu treffen. Anschließend werden Konstellationen, die bisher nicht untersucht wurden, aufgezeigt, und geprüft, ob sich aus den Ergebnissen dieser Arbeit Schlüsse für die Bewertung dieser Aspekte ziehen lassen.

I. Bedeutung für bereits vom EKSR entschiedene Sachfragen Bei bereits vom EKSR bewerteten Konstellationen lässt sich feststellen, dass die Spruchpraxis zu den meisten Gegenständen über viele Überwachungszyklen hinweg unverändert fortbesteht. Eine Neubewertung ist zwar angesichts der evolutiven Auslegung möglich, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben. Wann und ob das EKSR dies wahrnimmt, lässt sich allerdings nicht vorhersagen. Gleiches gilt bei bestehenden Widersprüchen im Gesamtbild der Spruchpraxis. Zudem ist es möglich, dass einzelne Abweichungen auftreten, die sich nicht in die bestehenden Linien einfügen. Tiefergehende Begründungen sind bei bereits bestehenden Ansichten vorerst nicht zu erwarten, allenfalls, wenn die Frage im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens thematisiert wird. Das Verständnis der hier untersuchten Normen kann sich auch dann verändern, wenn für die systematische Auslegung relevante Vorschriften anders verstanden werden: Nach ständiger Spruchpraxis konnte eine gegen die Grundsätze der RESC verstoßende Entlassung eines Arbeitnehmers entweder zur Wiedereinstellung oder

304

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

zu einer finanziellen Entschädigung für den Arbeitsplatzverlust führen. 663 Bei der Höhe der Abfindung hat eine Orientierung an Art. 24 RESC stattgefunden. 664 Im Rahmen dieser Vorschrift zum allgemeinen Kündigungsschutz wurde die Frage aufgeworfen, ob allein die Wiedereinstellung die Anforderungen der RESC erfüllt, aber noch nicht abschließend beantwortet. 665 Sollte sich das EKSR dazu entscheiden, wäre eine Übertragung auf Art. 5, 6 § 4, 28 und 29 RESC wahrscheinlich. 666

II. Bedeutung für noch nicht beurteilte Sachfragen 1. Vorgehensweise Da die Spruchpraxis des EKSR recht konstant bleibt, nachdem ein Sachverhalt beurteilt wurde, erscheint die Frage, was die vorliegenden Untersuchungsergebnisse für noch nicht bewertete Konstellationen bedeutet, dringender. In einem ersten Schritt werden Lücken in der Spruchpraxis zu einzelnen Rechten aufgezeigt, die besonders aus deutscher Perspektive auffallen. Anschließend wird versucht, eine Prognose für die Schließung dieser Lücken abzugeben. 2. Vorliegen von Lücken a) Lücken in der Bestimmung des Anwendungsbereichs der RESC Nicht abschließend geklärt ist der Anwendungsbereich der RESC. Zum einen ist nur beim Kündigungsverbot aufgrund der Gewerkschaftszugehörigkeit im Sinne von Art. 5 RESC sicher, dass es auch in Kleinbetrieben gilt 667, während bei Art. 6 § 2, 21 und 29 RESC Ausnahmen vorgesehen sein dürfen 668. Inwiefern die anderen Vorschriften Kleinbetriebe erfassen, ist offen. Zum anderen wurde der Arbeitnehmerbegriff nicht definiert. Das hat Bedeutung für die Frage, ob die RESC Auszubildende und anderen Personen, die keinen Arbeitnehmerstatus haben, schützt. Bei der Berechnung der Betriebsgröße im Rahmen von Art. 21 RESC etwa müssen sie nicht zwingend berücksichtigt werden. 669 Daraus lässt sich schließen, dass diese Vorschrift sie nicht erfasst. Art. 5 und 6 RESC hingegen sind sogar auf Selbständige anwendbar. 670 In diesen Fällen liegt es 663

§ 2 B. IV. 2. b); § 2 D. II. 8. a) aa) (2) (c); vgl. aber § 2 E. III. 2. a). § 2 B. IV. 2. b) sowie § 2 E. III. 2. a). 665 Vgl. Länderbericht 2012 Art. 24 Finnland; Krebber, EuZA 2018, 155 (161 ff.). 666 In diese Richtung bereits Länderbericht 2016 Art. 28 Finnland. 667 § 2 B. IV. 1. b) aa). 668 Vgl. Art. I § 2 RESC. 669 Länderbericht 2016 Art. 21 Italien. 670 § 2 B. II. 1. a) aa) (3). 664

C. Mögliche Bedeutung der Untersuchungsergebnisse 

305

näher, eine Anwendung auf andere Nicht-Arbeitnehmer anzunehmen. Bei Art. 22 und 29 RESC wurde die Reichweite des Arbeitnehmerbegriffs nie dargestellt. Angedeutet wurde die Abgrenzungsproblematik in Beschwerde 123/2016, die einerseits false self employed workers und andererseits fully dependent self-employed workers nennt. 671 In diesem Rahmen wurden allerdings lediglich Kriterien für die Selbständigkeit aufgeführt, nämlich die Geschäftsbeziehungen zu mehreren Kunden, die Beschäftigung eigener Arbeitnehmer und die Befugnis, strategische Entscheidungen zu treffen. 672 Art. 28 RESC stellt allein auf die Vertreterposition unabhängig vom Beschäftigungsstatus ab, sodass sich hier keine Anwendungsschwierigkeiten ergeben. Eine weitere Unklarheit besteht beim Vorliegen einer Massenentlassung im Sinne von Art. 29 RESC: Es wurde festgelegt, dass alle Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind, wenn das Vorliegen einer Massenentlassung überprüft wird. Offen ist, ob eine Quotelung bei Teilzeitbeschäftigten zulässig ist, wie es etwa Art. 2 § 6 RESC seinem Anhang nach vorsieht. 673 b) Lücken in Art. 5 RESC Unter Art. 5 RESC wäre noch zu untersuchen, ob das deutsche Konzept der Differenzierungsklauseln 674 mit der negativen Vereinigungsfreiheit vereinbar ist. Zudem wurde bisher nicht diskutiert, inwiefern sich Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter im Rahmen ihrer Tätigkeit auf die freie öffentliche Meinungs­ äußerung berufen können 675, und ob Gewerkschaftsmitglieder für Aktivitäten ihrer Vertreter haftbar sein können 676. c) Lücken in Art. 6 § 2 RESC Bei Kollektivverträgen ist unklar, ob eine Nachwirkung nach deren Ablauf mit Art. 6 § 2 RESC vereinbar ist. Das EKSR hat hier lediglich angedeutet, dass das Ende eines Kollektivvertrags in der Regel daraus resultiert, dass sich die tatsächlichen Gegebenheiten derart verändert haben, dass die unveränderte Anwendung des Kollektivvertrags nicht gewünscht ist. 677 Der Staat kann daher vorsehen, dass nach Auslaufen des Kollektivvertrags gesetzliche Regelungen Anwendung finden, 671

Beschwerde 123/2016 Rn. 99, 108 ff. Beschwerde 123/2016 Rn. 99. 673 Veneziani, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 477 (483, 487). 674 Siehe nur Müller-Glöge / ​Preis / ​Schmidt-Franzen, § 1 TVG Rn. 62 ff. 675 Zu dieser Problematik im Rahmen der EMRK siehe Nußberger, RdA 2012, 270 (274). 676 Vgl. EGMR Entscheidung vom 13.4.1989 – Rs. 12387/86 – Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter im ÖGB Vorarlberg. 677 Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Polen. 672

306

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

oder die Regeln bestimmter Bereiche neu verhandelt werden müssen. 678 Ob aber die Nachwirkung eines ausgelaufenen Vertrags, wie sie etwa die deutsche Rechtsordnung in § 4 Abs. 5 TVG vorsieht 679, möglich ist, wurde vom EKSR nie explizit beurteilt. 680 Die aus deutscher Sicht zu bedenkende Nachbindung eines Arbeitgebers an Tarifnormen nach Verbandsaustritt 681 wurde ebenso wie die Möglichkeit, Arbeitsbedingungen rückwirkend durch einen Kollektivvertrag zu gestalten 682, bisher nicht thematisiert. Auch die Folgen der Bereichsausnahme in Art. 5 S. 3 RESC für Art. 6 RESC sind nicht geklärt: Da Art. 6 RESC keine besonderen Einschränkungen für das Militär vorsieht, muss eine kollektive Mitbestimmung der Arbeitsbedingungen möglich sein. Das ist faktisch kaum umsetzbar, wenn es in Einklang mit Art. 5 S. 3 RESC nicht oder nur sehr begrenzt gestattet ist, ein Kollektiv zu bilden. 683 d) Lücken in Art. 6 § 4 RESC Gehäuft betreffen die Lücken Art. 6 § 4 RESC. Vor dem Hintergrund, dass das Streikrecht stark von nationalen Eigenheiten geprägt ist, ist es nachvollziehbar, dass bisher nicht alle Streikordnungen in allen ihren Facetten vom EKSR geprüft wurden. Allerdings bestehen grundlegendere Lücken: Neben dem Streikbegriff als solchem 684 wurde das unter Umständen nicht zu tolerierende Missbrauchspotential anderer Kollektivmaßnahmen, etwa von Betriebsbesetzungen durch Arbeitnehmer, Flashmobs oder überlange Betriebsversammlungen, nicht vom EKSR behandelt 685, ebenso wie die Abmilderung von Streikfolgen durch den Einsatz nicht zum Streik berechtigter Arbeitnehmer 686. Auf Arbeitgeberseite fehlen eine systematische und vollständige Untersuchung des Aussperrungsrechts, etwa ob dieses dem einzelnen

678

Länderbericht XIX-3 Art. 6 § 2 Polen. Höpfner, Die Tarifgeltung im Arbeitsverhältnis, S. 406 ff.; Löwisch / ​Rieble, TVG, § 4 Rn. 736 ff. 680 Dafür wohl Länderbericht XVIII-1 Art. 6 § 2 Kroatien; Länderbericht XX-3 Art. 6 § 2 Spanien; Länderbericht 2006 Art. 6 § 2 Moldau; Länderbericht 2014 Art. 6 § 2 Nordmaze­ donien. 681 Höpfner, Die Tarifgeltung im Arbeitsverhältnis, S. 389 ff.; Löwisch / ​Rieble, TVG, § 3 Rn. 241 ff. 682 Zur Problematik aus deutscher Sicht Höpfner, Die Tarifgeltung im Arbeitsverhältnis, S. 263 ff. 683 Carillon, Les sources européennes des droits de l’Homme salarié, S. 258. 684 Evju, AuR 2012, 276 (279); ders., ELLJ 2 (2011), 196 (203); Kovács, CLLPJ 2005, 445 (447 f.); kritisch Schlachter, in: Social Justice Expertise Center (Hrsg.), Ensuring Coherence in Fundamental Labor Rights Case Law, S. 19 (25, 27). 685 Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (203); Schlachter, in: Social Justice Expertise Center (Hrsg.), Ensuring Coherence in Fundamental Labor Rights Case Law, S. 19 (28). 686 Paukner, Streikrecht entsandter ausländischer Arbeitnehmer im inländischen Betrieb, S. 120. 679

C. Mögliche Bedeutung der Untersuchungsergebnisse 

307

Arbeitgeber zusteht, sowie eine Stellungnahme zu anderen Maßnahmen wie etwa der Zahlung von Streikbruchprämien. 687 Bei den möglichen Streikzielen ist unklar, ob diese social contracts als Vereinbarungen der Privatwirtschaft mit dem Staat 688 oder Gesetze über etwa den Mindestlohn 689 umfassen müssen. Die Beurteilung des Schutzes von Sympathiearbeitskämpfen ist noch nicht eindeutig erfolgt. 690 Der sogenannte „Dritte Weg“, bei dem Arbeitsbedingungen kirchlicher Arbeitgeber durch eine paritätisch besetzte Kommission oder unter Ausschluss des Streikrechts durch Schlichtung festgelegt werden 691, wurde bisher nicht untersucht. Ebenfalls fehlt eine Auseinandersetzung mit der Handhabung von Fernwirkungen des Streiks durch die Lehre vom Arbeitskampfrisiko. 692 Allein aus der Stellungnahme, dass ein Streik die Rechte anderer, also auch das Recht anderer Arbeitnehmer zu arbeiten, nicht übermäßig beeinträchtigen darf 693, lässt sich dafür nichts Genaueres ableiten. Das wohl aktuellste Problem auf deutscher Seite, der durch das Tarifeinheitsgesetz geschaffenen § 4a TVG, hat aufgrund des Urteils des BVerfG 694 noch keine Form angenommen, die vom EKSR beurteilt werden könnte. 695 3. Bedeutung der Untersuchungsergebnisse für die Füllung der Lücken Schließlich ist zu untersuchen, welche Aussagen sich aufgrund der gefundenen Ergebnisse über die Schließung dieser Lücken treffen lassen. Die Untersuchung hat gezeigt, dass das EKSR nur in wenigen Fällen den Weg seiner Entscheidungsfindung für Außenstehende nachvollziehbar darlegt. Eine 687 Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (121); Evju, AuR 2012, 276 (278); ders., ELLJ 2 (2011), 196 (202 f.). 688 Däubler, in: Agnelli u. a. (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta, S. 103 (121); ablehnend Fabricius, Menschenrechte und Europäische Politik, S. 117. 689 Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil II Art. 6 Rn. 19, 34. 690 Fütterer, Die Reichweite des Solidaritätsstreikrechts, S. 192 ff.; Hohenstatt / ​Schramm, NZA 2007, 1034 (1035 ff.); Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil II Art. 6 Rn. 36; Trabant, Solidaritätskampf oder Sozialschlacht?, S. 332 ff. 691 Vgl. BAG vom 20.11.2012 – 1 AZR 179/11; Schubert, JbArbR 50 (2013), 101 (104 ff.); eine ähnliche Privilegierung kennt auch das rumänische Recht, vgl. Nußberger, RdA 2012, 270 (275). 692 Dorssemont, in: Bruun / ​Lörcher / ​Schömann / ​Clauwaert (Hrsg.), The European Social Charter and the Employment Relation, S. 249 (269). 693 Beschwerde 85/2012 Rn. 119. 694 BVerfG vom 11.7.2017 – 1 BvR 1571/15, 1 BvR 1477/16, 1 BvR 1043/16, 1 BvR 2883/15, 1 BvR 1588/15. 695 Schubert, in: Franzen / ​Gallner / ​Oetker (Hrsg.), Europäisches Arbeitsrecht, ESC Teil II Art. 5 Rn. 16; zur Bewertung aus der Perspektive von Art. 11 EMRK und ILO-Konventionen Nr. 87 und 98 Schlachter, AuR 2015, 217 (218 ff.).

308

§ 3 Analyse der Auslegungsergebnisse und ihrer Begründung 

solche Nachvollziehbarkeit vergangener Ergebnisse hätte mittelbar zu einer Vorhersehbarkeit künftiger Ergebnisse führen können. Darauf kann mangels Begründungen allerdings nicht zurückgegriffen werden. Auch die Untersuchung der angewandten Auslegungsmethoden erleichtert die Prognose nicht: Keine der klassischen Auslegungsmethoden kann als vorherrschend bezeichnet werden. 696 Selbst die etwas verlässlicheren Auslegungsmaximen des weiten Schutzbereichs sowie die Anerkennung eines Spielraums außerhalb der Kernbereichsaspekte helfen bei der Prognose für die Entscheidung von Einzelfragen kaum weiter. Schließlich stehen etwa die vom EKSR anerkannten Ausnahmen für Kleinbetriebe und Auszubildende 697 einer Lückenschließung im Sinne dieser Grundsätze bei den anderen Artikeln entgegen. Greift man aus den bisher nicht bewerteten Aspekten die Zulässigkeit von Differenzierungsklauseln heraus, ist zu beachten, dass einerseits die negative Vereinigungsfreiheit ein Kernaspekt von Art. 5 RESC ist 698, was gegen die Zulässigkeit solcher Klauseln spricht. Andererseits erreichen nicht alle Beitrittsanreize das Maß eines unzulässigen Drucks 699, was wiederum auch auf Differenzierungsklauseln zutreffen könnte. Da sie sorgfältig an der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG gemessen werden 700, besteht zumindest die Möglichkeit, dass sie Art. 5 RESC gerecht werden. Eine andere Wertung wäre wohl beim „Dritten Weg“ zu erwarten, da das EKSR Kirchen und Tendenzbetrieben zumindest bei Art. 5 RESC keine besondere Stellung einräumt. 701 Zu allen weiteren Lücken fällt eine Prognose noch schwerer: Es kann nicht vorhergesagt werden, ob das EKSR den jeweiligen Aspekt dem Kern- oder Randbereich zuordnet, beziehungsweise ob die jeweilige Ausgestaltung im Rahmen des Ermessensspielraums liegt. Ob, wann und auf welche Weise diese Fragen vom EKSR behandelt werden, lässt sich ebenfalls nicht vorhersagen. Da es sich bei den meisten Fragestellungen um keine neue Entwicklung des nationalen Rechts handelt, ist es unwahrscheinlich, dass die Staaten auf eigene Initiative im Rahmen des regulären Berichtsverfahrens entsprechende Informationen weiterleiten. Vielmehr wäre eine konkrete Nachfrage des EKSR notwendig. Auf welche Aspekte das EKSR sein Augenmerk legt, scheint aber dem Zufall oder einer willkürlichen Entscheidung zu unterliegen. 702 Die Zulässigkeit einer Friedenspflicht etwa wurde erst 2002 eingehender thematisiert, obwohl seit dem ersten Überwachungszyklus

696

§ 3 B. I. 2. f) aa) sowie § 2 E. I. 1. a) bb). Länderbericht 2016 Art. 21 Italien. 698 § 3 A. I. 1. b) aa). 699 § 2 B. III. 2. b). 700 Siehe nur Müller-Glöge / ​Preis / ​Schmidt-Franzen, § 1 TVG Rn. 62 ff. 701 Länderbericht VIII Art. 5 Dänemark; Länderbericht IX-1 Art. 5 Dänemark; anders Art. 21 und 22 RESC, vgl. Explanatory report to the Additional Protocol to the European Social Charter Rn. 68. 702 Kovács, CLLPJ 2005, 445 (474). 697

C. Mögliche Bedeutung der Untersuchungsergebnisse 

309

Mitglieder des EKSR aus Staaten stammten, die eine solche Pflicht kennen. 703 Wahrscheinlicher wäre eine Behandlung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, denn dieses ist dazu gedacht, bestehende einzelstaatliche Besonderheiten gezielt zu untersuchen. Dieser Weg kann für deutsche Besonderheiten mangels Unterwerfung unter dieses Verfahren nicht beschritten werden.

703

Evju, ELLJ 2 (2011), 196 (206).

Ergebnisse der Untersuchung 1. Das EKSR leistet wichtige Beiträge, um den Gehalt der RESC zu konkretisieren. Eine besonders umfangreiche Spruchpraxis findet sich zur positiven und negativen Vereinigungsfreiheit, dem Recht auf Kollektivvertragsverhandlungen sowie zum Streikrecht. Rechte der Arbeitgeberseite spielen eine untergeordnete Rolle, ebenso wie andere Mitgestaltungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer. 2. Die Analyse der Spruchpraxis des EKSR hat ergeben, dass den Staaten abgestufte Spielräume zugebilligt werden, je nachdem, ob es sich um einen Kernbereichs- oder Randaspekt des jeweiligen Rechts handelt. Nach welchen Kriterien die Zuordnung erfolgt, bleibt weitestgehend im Dunkeln: Weder eine Orientierung am Telos der jeweiligen Vorschrift noch an allgemeinen Menschenrechtsstandards lässt sich zweifelsfrei feststellen. 3. Die wenigen Grundprinzipien und Kernbereiche haben die Staaten in jedem Fall zu respektieren. In den meisten Fällen bleibt den Staaten ein ausdrücklich festgestellter oder ein impliziter Spielraum bei der Umsetzung der Vorschriften. Das EKSR zieht dann allenfalls die äußersten Grenzen, wenn es beispielsweise zulässige Mindestmitgliederzahlen für die Gründung von Vereinigungen oder allen Gewerkschaften unabhängig von der Repräsentativität zu gewährende Betätigungsrechte festlegt. 4. Diese Offenheit ist nicht nur im Wortlaut der RESC, sondern auch im Charakter sozialer Rechte angelegt. Gerade die Verpflichtung zur Förderung bestimmter Verhaltensweisen eröffnet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. In diesen Fällen kann das EKSR lediglich eine Zweckmäßigkeitskontrolle vornehmen, um den nationalen Besonderheiten und den der RESC immanenten Spielräumen hinreichend Rechnung zu tragen. 5. Ebenfalls der Ausgestaltung bedarf die Notwendigkeit von Eingriffen nach Art. G RESC. Hier zeichnet sich allerdings ein anderer Bewertungsmaßstab des EKSR ab: Statt die Beurteilung der Notwendigkeit den Staaten zu überlassen, überprüft das EKSR als letzte Instanz, ob die Rechte der Betroffenen im Ergebnis hinreichend gewahrt werden. Die gewährleistet ein einheitliches Schutzniveau in den verschiedenen Staaten. 6. Das Gesamtbild der Auslegungsergebnisse ist durch eine gewisse Stringenz gekennzeichnet. Stellungnahmen aus der Vergangenheit werden regelmäßig ausdrücklich wieder aufgegriffen, und das Bewertungsergebnis desselben Sachverhalts bleibt in der Regel konstant. Dadurch wird eine Form der Rechtssicherheit geschaffen.

Ergebnisse der Untersuchung

311

7. Zu diesen konstanten Linien stehen einige Stellungnahmen im Widerspruch. Sie betreffen in der Regel Einzelfälle. Mangels entsprechender Begründung sind solche Ausreißer für Außenstehende und vor allem für den betroffenen Staat weder vorhersehbar noch nachvollziehbar. 8. Nur selten führt das EKSR seine Stellungnahmen explizit auf etablierte Auslegungsmethoden zurück. Teilweise lässt sich der seltene Einsatz nachvollziehen. Zudem bedeutet der fehlende ausdrückliche Rückgriff für sich genommen weder, dass die Ergebnisse den Methoden widersprechen würden, noch, dass die Auslegungsergebnisse nicht nachvollziehbar wären. 9. Im Berichtsverfahren wird das Bewertungsergebnis in einigen Fällen anschaulich und nachvollziehbar hergeleitet. Allerdings bleibt deutlich häufiger eine Begründung der Stellungnahme aus. Gerade wenn andere Lesarten möglich sind, wie es insbesondere durch dissenting opinions deutlich wird, wäre eine Begründung nicht nur sinnvoll, sondern für die Akzeptanz des gewählten Ergebnisses durch die Staaten notwendig. Auch wenn das EKSR seine Spruchpraxis ändert, oder wenn es einen Grenzfall beurteilt, wäre eine ausführlichere Argumentation wünschenswert. 10. Etwas anders stellt sich die Situation in Beschwerdeverfahren dar. Hier nutzt das EKSR meist die Gelegenheit, einen Sachverhalt umfassender zu untersuchen. Grundlage der Entscheidung ist eine intensive Auseinandersetzung mit den zahlreichen Argumenten des Beschwerdeführers und des Staates. In den decisions on the merits finden sich dementsprechend regelmäßig umfassendere Begründungen. 11. Aus den gefundenen Ergebnissen lässt sich für künftige Stellungnahmen ableiten, dass das EKSR zum einen weiterhin seine etablierten Linien verfolgen wird, insbesondere bei den von ihm bestimmten Kernbereichen. Eine Änderung der Spruchpraxis wird nur bei einem triftigen Grund in Betracht gezogen. Zum anderen lässt sich allerdings nicht hervorsehen, wann Einzelfälle abweichend von diesem Gesamtkonzept entschieden werden. 12. Ebenfalls nicht vorhergesagt werden kann, wann bisher noch nicht bewertete Sachverhalte vom EKSR thematisiert werden. Gerade wenn ein Staat sich nicht dem Beschwerdeverfahren unterworfen hat, ist ein Aufgreifen aufgrund einer zielgerichteten Frage des EKSR unwahrscheinlich.

Anhang 10 9 Anzahl der Nennungen

8 7 6 5 4 3 2 1 0

Wortlaut

Historie

Systematik

Rechts vergleichung

Telos

Rückgriff Rückgriff Rückgriff auf ILO- auf EMRK auf EU-Recht Dokumente

Auslegungsmethode

Schaubild 1: Absolute Häufigkeit der Anwendung von Auslegungsmethoden

313

Anhang 8

6

5

4

3

2

XX-3

XXI-3

2018

XIX-3

2010

XXI-1

XIX-1

2008

2016

XVIII-2

2007

2014

XVII-2

XVIII-1

2006

2004

2005

XVI-2

XVII-1

2003

XV

XVI-1

1998

2002

XIV

1993

2000

XII

XIII

1992

X

1985

XI

IX

1984

1991

VII

VIII

1981

V

VI

1979

1975

1977

III

IV

1973

I

II

1971

0

1987

1

1969

Summe der genutzten Auslegungsmethoden

7

Überwachungszyklus Auslegungsmethoden Systematik Rückgriff auf EMRK

Telos Historie

Rückgriff auf EU-Recht

Rechtsvergleichung

Rückgriff auf ILO-Dokumente Wortlaut

Schaubild 2: Zeitliche Häufigkeit der Anwendung von Auslegungsmethoden (Berichtsverfahren)

314

Anhang

6

Summe der genutzten Auslegungsmethoden

5

4

3

2

1

0 12/2002

25/2004

26/2004

35/2006

65/2011

83/2012

85/2012

112/2014

Beschwerdeverfahren Auslegungsmethoden Systematik Rückgriff auf EMRK Rückgriff auf EU-Recht

Telos Rechtsvergleichung Rückgriff auf ILO-Dokumente Wortlaut

Schaubild 3: Zeitliche Häufigkeit der Anwendung von Auslegungsmethoden (Beschwerdeverfahren)

123/2016

er

V

Systematik Rückgriff auf EMRK

Rückgriff auf EU-Recht Wortlaut Rechtsvergleichung

Telos Historie Rückgriff auf ILO-Dokumente

Auslegungsmethoden Themenbereich

Schaubild 4: Anwendung von Auslegungsmethoden nach Themenbereichen A

A

rt.

rt.

29

28

ei ni gu ( ng er ind sfre ei iv ih ni id e gu ue it A ng ll) rt. 5 (ko sfre S. ll ih 2 ek eit un tiv d ) V 3 er RE ei SC ni gu n ng eg sf a t re iv ih e ei t A rt. 6 §1 A rt. 6 §2 Tr äg A er rt. de 6 sS §3 St tre re ik ik re au c ht sr G s uf eg un en g s sta Be re ch nd de t ut de un sS g Be t de re de i sS ks ut Sc tre un hu ik g re tz de ch str rA ts ei us ke sp nd e rru er A ng rb ei tn eh m er A rt. 21

V

Summe der genutzten Auslegungsmethoden

Anhang

315

10

9

8

7

6

5

4

3

2

1

0

Literaturverzeichnis Agnelli, Giovanni, Die Europäische Sozialcharta – Schritte zu einer gemeinsamen europäischen Sozialpolitik?, in: Agnelli, Giovanni / ​Berenstein, Alexandre / ​Däubler, Wolfgang / ​ Delpérée, Albert / ​Fuchs, Klaus / ​Kahn-Freund, Otto / ​Muhr, Gerd / ​Randzio-Plath, Christa / ​ Wiebringhaus, Hans (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta: Weg zu einer europäischen Sozialordnung?, Baden-Baden 1978, S. 69–79. Agnelli, Giovanni / ​Berenstein, Alexandre / ​Däubler, Wolfgang / ​Delpérée, Albert / ​Fuchs, Klaus  / ​ Kahn-Freund, Otto / ​Muhr, Gerd / ​Randzio-Plath, Christa / ​Wiebringhaus, Hans (Hrsg.), Die Europäische Sozialcharta: Weg zu einer europäischen Sozialordnung?, Baden-Baden 1978. Akandji-Kombé, Jean-François, The Material Impact of the Jurisprudence of the European Committee of Social Rights, in: de Búrca, Gráinne / ​de Witte, Bruno (Hrsg.), Social rights in Europe, Oxford 2005, S. 89–108. Akandji-Kombé, Jean-François, Charte Social Européenne et Convention Européenne des Droits de l’Homme: Quelles perspectives pour les 10 prochaines années?, in: de Schutter, Olivier (Hrsg.), The European Social Charter: a Social Constitution for Europe, Brüssel 2010, S. 147–165. Alston, Philip, Assessing the Strengths and Weaknesses of the European Social Charter’s Supervisory System, in: de Búrca, Gráinne / ​de Witte, Bruno (Hrsg.), Social rights in ­Europe, Oxford 2005, S. 45–68. Arleth, Christian, Das Recht kirchlicher Arbeitnehmer auf Streik: zugleich ein Beitrag zur Neuauslegung des religionsgemeinschaftlichen Selbstbestimmungsrechts des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV, Baden-Baden 2016. Asbeck, F. M. van, La Charte Sociale Européenne: Sa Portée Juridique, la Mise en Œuvre, in: Baugniet, Jean / ​Gyselynck, Léon / ​Modinos, Polys / ​Salmon, Jean / ​Slusny, Marcel / ​Velu, Jacques / ​Waelbroek, Michel (Hrsg.), Mélanges offerts à Henri Rolin – Problèmes de Droit des Gens, Paris 1964, S. 427–448. Basedow, Jürgen, Hundert Jahre Rechtsvergleichung – Von wissenschaftlicher Erkenntnisquelle zur obligatorischen Methode der Rechtsanwendung, JZ 2016, S. 269–280. Bayreuther, Frank / ​Deinert, Olaf, Der Einbezug arbeitnehmerloser Betriebe in gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien, RdA 2015, S. 129–140. Bellace, Janice R., ILO Convention No. 87 and the right to Strike in an Era of Global Trade, CLLPJ 2018, S. 495–530. Benoît-Rohmer, Florence, De l’impact de la convention européenne des droits de l’homme sur la juridictionnalisation du comité européen des droits sociaux, in: Aliprantis, Nikitas (Hrsg.), Les droits sociaux dans les instruments européens et internationaux, Brüssel 2008, S. 235–252.

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Sachregister Allgemeinverbindlicherklärung  132, 136 Arbeitnehmerbegriff 58 –– Arbeitslose 58 –– extensive Auslegung  287 –– Rentner 58 –– Selbständige  59, 116 –– Staatsbedienstete 61 –– systematische Auslegung  253, 265 Arbeitnehmervertreter 42 Ausländer  41, 60 Auslegung –– Absolute Häufigkeit  282 –– Auslegungsmethoden 240 –– Gesamtzusammenhang 289 –– historische Auslegung  37, 280 –– horizontale Rechtsvergleichung, siehe  dort –– relative Häufigkeit  282 –– systematische Auslegung, siehe dort –– Telos, siehe Teleologische Auslegung –– thematische Verteilung  284 –– Überzeugungskraft 284 –– Wortlaut, siehe Grammatische Auslegung –– WVRK 240 –– zeitliche Verteilung  283 Auslegungsmaßstab –– extensive Auslegung  287 –– objektiver Maßstab  286 –– restriktive Auslegung  287 –– subjektiver Maßstab  286 Aussperrungsrecht –– Beschränkungen 184 –– Folgen 185 –– Gewährleistung 183 Begründungen des EKSR –– Änderung der Spruchpraxis  293 –– nationale Besonderheiten   299 –– Sachverhaltsdarstellung 297 –– Sprachbarrieren 297

–– Übergehen von Argumenten  295 –– überzeugende Argumentationen  292 Betätigungsrechte der Vereinigungen –– Betätigungsfreiheit 80 –– Einschränkbarkeit 83 –– Vertretung der Mitgliederinteressen  81 –– Zutritts- und Versammlungsrechte  82 Closed shops –– Bewertung 95 –– Formen 93 –– systematische Auslegung  256 Dachverbände 78 Daseinsvorsorge  162, 168 Diskriminierungsverbot  36, 61, 100, 133, 292 –– Folge von Verstößen  104 –– Kündigungsschutz 102 –– systematische Auslegung  259 –– Verankerung im nationalen Recht  103 Einschränkungen 61 –– Notwendigkeit 223 –– Rechtsgüter 222 EMRK –– Grundzüge 255 –– Methodik 260 –– Rechtsprechung des EGMR  258 –– Tatsachen-Erkenntnisquelle 260 –– Verhältnis zur RESC  256 Europäische Sozialcharta –– Erfüllung der Verpflichtungen  45 –– Ergänzende Vorschriften  41 –– Grundstruktur 33 –– Kernvorschriften 37 –– revidierte Fassung  35 –– Sprachfassungen 35 Festlegung und Verbesserung der Arbeits­ bedingungen, Art. 22 RESC  201 –– Folgen von Verletzungen  204

336

Sachregister

–– Gegenstände 202 –– Verfahren 203 –– zu beteiligende Arbeitnehmervertreter ​ 201 Finanzierung von Vereinigungen  77 Förderung –– Fördermaßnahmen 139 –– gemeinsame Beratungen  112 –– Kollektivvertragsverhandlungen 137 –– Notwendigkeit  137, 146, 296 –– Vereinigungsfreiheit 91 Gemeinsame Beratungen, Art. 6§1 RESC  39, 105 –– Ausgestaltung 110 –– Beteiligte 107 –– Beteiligung Dritter  109 –– Förderung 112 –– Gegenstände 106 –– Wortlautargument 243 Gesamtarbeitsverträge 114 Grammatische Auslegung –– Autonomes Begriffsverständnis  241 –– gemeinsame Beratungen  243 –– Kollektivvertragsverhandlungen 243 –– Militär 243 –– negative Vereinigungsfreiheit  252 –– Polizei  243, 301 –– Sprachfassungen 243 –– Staatsbedienstete 243 –– Streikausrufungsrecht 244 –– Streikrecht 244 –– Überzeugungskraft 284 Gründung von Vereinigungen –– Ausgestaltung 67 –– Gründungsfreiheit 67 –– Mindestmitgliederzahl 68 –– Registrierungspflicht 70 Horizontale Rechtsvergleichung –– Gesetzgebungsprozess 279 –– Grundzüge 277 –– Kollektivmaßnahmen 279 –– Kollektivverhandlungen 279 –– Militär 280 –– Notwendigkeit von Einschränkungen ​ 279 –– Polizei  279, 301

–– Streikverbot 278 –– Überzeugungskraft 285 ILO –– Anknüpfungspunkte 263 –– Ausdrückliches Berufen  265 –– Grundzüge 261 –– Kenntnisnahme 268 –– Nachträgliche Anführung  269 –– Nennung von ILO-Dokumenten  266 Interessenkonflikt 148 –– Abgrenzung zum Rechtsstreit  149 –– Gegenstände 151 Kern- und Nebenbereiche  211 –– Folge 216 –– kernbereichsähnliche Aspekte  213 –– Kernelemente 212 –– vom Kernbereich ausgenommene Elemente 214 –– Zuordnungskriterien 214 Kleinbetriebe  69, 70, 107, 137, 187, 195 –– systematische Auslegung  271 Kollektive Vereinigungsfreiheit  73 –– Bestandsgarantie 89 –– Betätigungsrechte 80 –– Dachverbände 78 –– Finanzierung 77 –– Unabhängigkeit von Dritten  79 –– Verbandsautonomie 73 Kollektivmaßnahmen, Art. 6§4 RESC  40 –– Adressat 153 –– Arbeitgeber, siehe Aussperrungsrecht –– Formen 150 –– Gegenstände 151 –– Interessenkonflikte 148 –– Rechtsstreitigkeiten 148 –– Zweck 147 Kollektivverhandlungen 38 –– systematische Auslegung  248 Kollektivverträge –– Abweichungen 134 –– Allgemeinverbindlicherklärung 132 –– ausländische Arbeitnehmer  133 –– Geltungsbereich 129 –– Geltungsdauer 130 –– Inkrafttreten 129 –– mehrere Verträge  135

Sachregister –– persönlicher Geltungsbereich  131 –– Verlängerung 131 Kollektivvertragsverhandlungen, Art. 6 §2 RESC  39, 114 –– Anerkennungspflichten 122 –– Anerkennung Verhandlungspartner  121 –– Anerkennung Verhandlungsrecht  136 –– Arbeitgeberseite 122 –– Beamte 121 –– Beschränkungen bei wirtschaftlichen Krisen 126 –– Beteiligte 115 –– Beteiligung Dritter  123 –– Einschränkung der Gegenstände  125 –– Fördermaßnahmen 139 –– Förderung 137 –– Freiwilligkeit 128 –– Gegenstände 123 –– Kernrecht 115 –– Kollektivvertragsfähigkeit 116 –– Konkurrenz mehrerer Gewerkschaften 118 –– Militär 121 –– öffentlicher Dienst  120 –– Polizei 121 –– Repräsentativitätskriterien 119 –– Schutz des Prozesses  128 –– Selbständige 247 –– Verfahren 127 –– Verhandlungslizenz 117 –– Verhandlungspflicht 128 –– Wortlautargument 243 Kündigungsschutz 292 –– Arbeitnehmervertreter  102, 206 –– Zugerhörigkeit Vereinigung  102 Militär  58, 64, 65 –– Abgrenzung 65 –– autonomes Begriffsverständnis  242 –– Betätigungsrechte 89 –– horizontale Rechtsvergleichung  278, 280 –– Kollektivvertragsverhandlungen 121 –– Streikrecht 166 –– systematische Auslegung  251, 301 –– Vereinigungsrecht 37 –– Wortlautargument  64, 243 Mindeststandards  215, 221

337

Negative Vereinigungsfreiheit  92, 292 –– Beitrittsdruck 93 –– Bevorzugungsklauseln 96 –– closed shops, siehe dort –– finanzielle Benachteiligung  97 –– Gewerkschaftsausschluss 99 –– systematische Auslegung  258 –– Zwangsmitgliedschaften 98 Notdienste –– Nichterbringung 176 –– Umfang 176 –– Verfahren 175 –– Voraussetzungen 175 Polizei  58, 65, 72, 78 –– Abgrenzung 65 –– autonomes Begriffsverständnis  242 –– Betätigungsrechte 88 –– Einschränkungsmöglichkeiten 63 –– historische Auslegung  281 –– horizontale Rechtsvergleichung  279, 301 –– Kollektivvertragsverhandlungen 121 –– Streikrecht 166 –– systematische Auslegung  251, 301 –– Telos 301 –– Vereinigungsrecht  37, 301 –– Wortlautargument  63, 243, 301 Positive Vereinigungsfreiheit –– Angehörige anderer Staaten  61 –– Einschränkungen 61 –– Gründung von Vereinigungen  58 –– Militär 64 –– Polizei 63 Recht der Europäischen Union –– Anknüpfungspunkte 270 –– Bloße Nennung  271 –– Kollektivmaßnahmen 273 –– Unterrichtungs-und Anhörungsrecht 270 –– Verhältnis zur RESC  272 Rechtfertigung von Einschränkungen  46 –– Gesetzlich vorgeschrieben  46 –– Notwendigkeit 47 –– Zwecke 47 Repräsentativität 83 –– Kollektivvertragsverhandlungen 119 –– systematische Auslegung  265

338

Sachregister

Schutz von Arbeitnehmervertretern und zu gewährende Erleichterungen, Art. 28 RESC 205 –– Anwendungsbereich 205 –– Benachteiligungen 206 –– Erleichterungen 208 –– Umsetzung 209 Soziale Rechte –– Charakter 219 –– Doppelnatur 220 Spielräume der Staaten –– Begrenzung 220 –– Einschränkungen 222 –– gemeinsame Beratungen  110 –– Kollektivvertragsverhandlungen 127 –– Überwachungsverfahren 225 –– Umsetzung 45 –– Unterrichtung und Anhörung bei Massenentlassungen 197 –– Vermittlung und freiwillige Schlichtung ​ 141 –– Wortlaut 218 Streikrecht, siehe dort –– Abstimmung 158 –– Ankündigung 159 –– Ausgestaltung 156 –– Ausrufungsrecht 154 –– Ausschöpfung Streitbeilegung  157 –– Beschränkungen 162 –– cooling off-Perioden  156 –– Daseinsvorsorge  162, 168 –– Durchführung des Streiks  161 –– Folgen Streikteilnahme, siehe Streik­ teilnahme –– Friedenspflicht  164, 294 –– historische Auslegung  281 –– Hoheitsgewalt 166 –– horizontale Rechtsvergleichung  279 –– Notdienste 174 –– Sekundärmaßnahmen 150 –– Streikausrufungsrecht 294 –– Streikverbote, siehe dort –– Streikverbote im Einzelfall  169 –– systematische Auslegung  251, 256 –– Umsetzung 182 –– Unterstützungsstreiks 152 –– Wortlautargument 244 Streikteilnahme 294

–– –– –– –– ––

Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ​177 Küdigungsverbot 178 Kürzung des Entgelts  180, 292 rechtswidriger Streik  182 Straf- und zivilrechtliche Verantwortlichkeit 181 –– Teilnahmerecht 153 Streikverbote 165 –– Kasuistik 172 –– Notwendigkeit 170 –– Rechtsgrundlage 169 Streitbeilegungsmethoden 156 Systematische Auslegung –– AEMR 274 –– Allgemeinverbindlicherklärung 266 –– Arbeitnehmervertreter 251 –– Art. 21 und 22 RESC  251 –– Auflösung einer Gewerkschaft  265 –– Aussetzung von Verhandlungen  266 –– closed shops  256 –– Diskriminierungsverbot  252, 259 –– Europäische Menschenrechtskonvention, siehe EMRK –– Grundzüge 247 –– ILO 261 –– internationale Vorschriften  253 –– IPbpR und IPwskR  274 –– Kleinbetriebe 271 –– Kollektivmaßnahmen 273 –– Kollektivverhandlungen 266 –– Massenentlassung 271 –– Methoden des EGMR  260 –– Militär 301 –– negative Vereinigungsfreiheit  252, 258 –– Polizei 301 –– Recht der Europäischen Union  270 –– Repräsentativitätskriterien  251, 265 –– Schiedsverfahren 266 –– Selbständige  253, 265 –– Spezialität 251 –– Sympathiearbeitskämpfe 256 –– Überschneidungen Art. 5 und 6 RESC  249 –– Überschneidungen innerhalb Art. 6 RESC ​ 248 –– Überzeugungskraft 285 –– Unterrichtung und Anhörung  270 –– Zutrittsrechte 265

Sachregister Teleologische Auslegung –– angemessene Arbeitsbedingungen  247 –– Aussperrungsrecht 247 –– Bestimmung des Telos  244 –– Dynamik 246 –– effektive Anwendung  245 –– Kernbereiche 214 –– Kollektivverhandlungen 247 –– Kündigungsverbot 247 –– negative Vereinigungsfreiheit  247 –– Polizei 301 –– Streiks 247 –– Telos der RESC  245 –– Vereinigungsfreiheit 247 –– Wertesystem 114 Tendenzbetriebe 41 Überwachungsverfahren 48 –– Aussagekraft 53 –– Auswertung der Informationen  228 –– Berichtsverfahren  48, 225 –– Beschwerdeverfahren 300 –– conclusions 51 –– decisions 52 –– Empfehlung 53 –– fehlende Stellungnahmen  227 –– Kollektivbeschwerdeverfahren 50 –– Lücken in der Spruchpraxis  304 –– Nachweis der Konformität  230 –– Selbstbindung des EKSR  229 –– Statements of Interpretation  51, 55, 229 –– Widersprüche, siehe dort –– Zweckmäßigkeitskontrolle 221 –– Zweistufigkeit 51 Unternehmensbegriff  41, 186 Unterrichtung und Anhörung, Art. 21 RESC  41, 186 –– Anhörungsverfahren 191 –– Gegenstände der Anhörung  191 –– Gegenstände der Beratung  42 –– Gegenstände der Information  190 –– Kleinbetriebe 187 –– Massenentlassungen, siehe dort –– Träger der Rechte  188 –– Umsetzung 192 –– Unternehmensbegriff 186 Unterrichtung und Anhörung bei Massen­ entlassungen, Art. 29 RESC  193

339

–– –– –– –– –– –– –– ––

Absicherung 199 Begriff der Massenentlassung  193, 297 Folgen einer Verletzung  200 Gestaltungsspielräume 197 Kleinbetriebe 195 Umsetzung 196 zeitliche Ausgestaltung  197 zu beteiligende Arbeitnehmervertreter 195 –– Zweck 196 Verbandsautonomie 73 –– Einschränkung der Wahlfreiheit  75 –– Kollektivvertragsverhandlungen 114 –– Vertreter und Amtsinhaber  74 Vereinigungsrecht, Art. 5 RESC  37, 56 –– Absicherung 90 –– Beitritt 72 –– Berufskammern 57 –– Diskriminierungsverbot 100 –– erfasste Vereinigungen  57 –– Fördermaßnahmen 91 –– Gründung 66 –– Militär 37 –– Mindestmitgliederzahlen 293 –– Polizei 37 –– Positive Vereinigungsfreiheit  57 –– Wortlautargument 243 –– Zweck der Vereinigungen  57 Vermittlung und freiwillige Schlichtung, Art. 6 §3 RESC  39, 140 –– Förderung 146 –– Freiwilligkeit 142 –– Gestaltungsspielräume 141 –– Verfahren 141 –– Verfahren mit bindenden Ergebnissen ​ 143 –– Verfahren ohne bindende Ergebnisse  142 –– Zwangsverfahren 144 Widersprüche –– Abstimmung 236 –– Allgemeinverbindlicherklärung 233 –– Aussperrungsrecht 238 –– Bindung an Kollektivverträge  233 –– cooling off-Phasen  235 –– Diskriminierungsverbot 231

340 –– –– –– –– –– ––

Sachregister

Friedenspflichten 237 Gehaltsabzüge 238 Kollektivvertragsverhandlungen 233 Militär 232 Mindestmitgliederzahlen 231 Rechtmäßigkeit von Streiks  237

–– –– –– –– ––

Schiedsverfahren 234 Streikausrufungsrecht 235 Streikteilnahme 236 Verhandlungsrecht 234 Zwangsmitgliedschaften 232