Das Internationale Familienrecht Bulgariens [1 ed.] 9783161590245, 9783161590252, 3161590244

Das Internationale Familienrecht Bulgariens ermöglicht den Ehegatten erstmalig die Wahl eines Rechts, welches ihre güter

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German Pages [560] Year 2020

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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
§ 1. Gegenstand und Aufbau der Untersuchung
§ 2. Einführung in die bulgarische (Rechts-)Geschichte, -Praxis und -Wissenschaft
A. Geschichtliche Entwicklung unter Berücksichtigung des IPR
I. Erster bulgarischer Staat (681–1018)
II. Zweiter bulgarischer Staat (1185–1396)
III. Neuer bulgarischer Staat (1878–1944)
1. Rezeption des Rechts
2. Entwicklung des IPR
a) Allgemeines
b) Rolle der Lehre
IV. Sozialistische Periode (1945–1989)
V. Periode der Rechtstransformation (1990–2004)
VI. Beitritt Bulgariens zur EU (2007)
B. Aktuelle Bedeutung der Rechtsprechung
C. Rechtswissenschaft und Lehre
1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR
§ 1. Quellen, Ziel und Inhalt des IPR
A. Allgemeines
B. Staatsvertragliches Kollisionsrecht
C. Autonomes Kollisionsrecht
I. Gesetzbuch über das Internationale Privatrecht
II. Struktur des bulgIPRGB
III. Kollisionsnormen in Nebengesetzen und Gewohnheitskollisionsrecht
1. IPR-Nebengesetze
2. Gewohnheitsrecht
D. Europäisches Kollisionsrecht
E. Ziel und Inhalt des IPR
§ 2. Kollisionsnormen
A. Begriff
B. Aufbau der Kollisionsnorm
I. Verweisungsbegriff
II. Anknüpfungsbegriff
III. Anwendbares Recht und Statut
C. Anwendung
D. Arten von Kollisionsnormen
§ 3. Anknüpfung
A. Auslegung vs. Qualifikation von Anknüpfungspunkten
B. Anknüpfungstechniken
C. Arten von Anknüpfungspunkten
I. Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit
1. Mehrstaater
a) Mehrfache ausschließlich ausländische Staatsangehörigkeiten
b) Bulgarisch-ausländische Staatsangehörigkeit
2. Staatenlose, Flüchtlinge und Asylberechtigte
II. Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt
III. Sonstige Anknüpfungspunkte
D. Die „engste Verbindung“ i. S. des Art. 2 bulgIPRGB;
§ 4. Qualifikation
A. Begriffsbestimmung
B. Gegenstand der Qualifikation
C. Ursachen des Qualifikationsproblems
D. Stufenqualifikation
I. Erste Stufe: „Qualifikation“ des Verweisungsbegriffes der nationalen Kollisionsnorm
II. Zweite Stufe: „Qualifikation“ im fremden Recht (Qualifikation der Sachnorm)
1. Erste Unterstufe
2. Zweite Unterstufe
a) Offene Verweisung
b) Kanalisierte Verweisung
III. Autonome (funktionale) Qualifikation
IV. Qualifikation nach der lex causae
§ 5. Rück- und Weiterverweisung (Renvoi)
A. Verweisung auf eigenes Recht
B. Verweisung auf fremdes Recht
I. Grundsatz der Gesamtverweisung
II. Anwendung des ausländischen Kollisionsrechts
1. Rückverweisung
2. Weiterverweisung
C. EU-Kollisionsrecht
§ 6. Rechtswahl
§ 7. Interlokales, interpersonales und intertemporales Privatrecht
A. Interlokales Privatrecht
B. Interpersonales Privatrecht
C. Intertemporales Privatrecht
§ 8. Präjudizielle Fragen (Erst-, Vor- und Teilfrage)
A. Begriffe und Differenzierungen
B. Anknüpfung
I. Vorfragen im Tatbestand einer inländischen Kollisionsnorm (Erstfragen)
II. Vorfragen im Tatbestand einer ausländischen Kollisionsnorm oder einer in- oder ausländischen Sachnorm
1. Selbständige Anknüpfung
2. Stellungnahme
3. Sonderfälle
a) Staatsangehörigkeitsrecht
b) Namensrecht
c) Völkervertragliches und unionrechtliches Kollisionsrecht
III. Prozessuale Vorfragen
IV. Teilfragen
§ 9. Statutenwechsel
§ 10. Anpassung
§ 11. Ermittlung und Anwendung des ausländischen Rechts
A. Ermittlung ausländischen Rechts
B. Anwendung ausländischen Rechts
§ 12. Öffentliche Ordnung (ordre public)
A. Voraussetzungen des ordre public-Vorbehalts
B. Rechtsfolgen des ordre public-Verstoßes
§ 13. Eingriffsnormen
§ 14. Gesetzesumgehung
2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)
§ 1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit
A. Rechtsquellen
B. Einfluss des Unionsrechts
C. Anknüpfungsregeln
I. Maßgeblichkeit des Personalstatuts
II. Maßgeblichkeit des Wirkungsstatuts
III. Wandelbarkeit
D. Reichweite des Rechtsfähigkeitsstatuts
I. Beginn der Rechtsfähigkeit
1. Gesetzliche Regelung im bulgarischen Sachrecht
2. Kollisionsrechtliche Bedeutung des Art. 2 Abs. 1 lit. b bulgErbG
3. Besonderheiten
II. Beschränkungen der Rechtsfähigkeit
1. Todes- und Verschollenheitserklärung
a) Grundsätze der Anknüpfung
aa) Kein vorrangiges Kollisionsrecht
bb) Regelungsumfang des Art. 55 bulgIPRGB
cc) Kein Gleichlauf mit dem Erbstatut
dd) Art. 55 Abs. 2 und 3 bulgIPRGB
ee) Staatenlose
ff) Innerstaatliches Verfahren
b) Das System der Verschollenheits- und Todeserklärung im bulgarischen Sachrecht
aa) Erste Stufe
bb) Zweite Stufe
cc) Dritte Stufe
c) Sachlicher Anwendungsbereich
aa) Allgemeines
bb) Verschollenheits- und Todeserklärung, insbes. Feststellung des Todes und des Todeszeitpunktes
cc) Weitreichender Anwendungsbereich
(1) Lebens- und Todesvermutungen
(2) Kommorienten
(a) Neufälle
(b) Altfälle
(aa) Die bulgarische Lehre
(bb) Beispielsfall
(cc) Schlussfolgerungen
d) Vorsorgemaßnahmen
aa) Internationale Zuständigkeit
(1) Problemstellung
(2) Auslegung: Gleichlauf von ius und forum
bb) Beispielsfall
e) Die alternative Anwendung bulgarischen Rechts: Verschollenheits- und Todeserklärung von Ausländern nach bulgarischem Recht
aa) Voraussetzungen und Rechtsfolgen
bb) Kein allseitiger Ausbau
f) Verfahrensrecht
aa) Internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte
(1) Art. 5 Nr. 4 bulgIPRGB
(2) Art. 4 Abs. 1 bulgIPRGB
(3) Nachformung des Verfahrensrechts
bb) Anerkennung ausländischer Rechtsakte
(1) Art. 124 bulgIPRGB
(2) Widersprechende Entscheidungen
2. Natürlicher Tod
III. Besondere Rechtsfähigkeit
1. Allgemeines
2. Art. 49 Abs. 2 bulgIPRGB: ein Fall besonderer Rechtsfähigkeit?
3. Die Rechtsstellung Ungeborener
a) Nasciturus
b) Nondum conceptus
E. Geschäftsfähigkeit
I. Sonderanknüpfung an die Staatsangehörigkeit
II. Rück- und Weiterverweisung
III. Reichweite des Geschäftsfähigkeitsstatuts
1. Volljährigkeit
2. Geschäftsfähigkeitsstatut
a) Geschäftsunfähige Personen
b) Beschränkt geschäftsfähige Personen (Jugendliche/Nichtvolljährige)
3. Teilgeschäftsfähigkeit Nichtvolljähriger
a) Art. 4 Abs. 2 HS. 2 Alt. 2 bulgGPF
b) Arbeitsvertragsfähigkeit
4. Vorzeitige Emanzipation: „Heirat macht mündig“
a) Die Regelung des Art. 6 Abs. 4 HS. 1 FamKodex
b) Qualifikation
IV. Einfluss des Wirkungsstatuts
1. Erfordernis und Grad der Geschäftsfähigkeit
2. Besondere Geschäftsfähigkeiten
a) Handelsrecht
b) Eherecht
aa) Ehemündigkeit
bb) Ehevertragsfähigkeit
c) Kindschaftsrecht
aa) Vaterschaftsanerkennung. Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung
bb) Adoptionsfähigkeit
d) Erbrecht
aa) Erbfähigkeit
bb) Testierfähigkeit
cc) Erbvertrag
e) Deliktsfähigkeit
V. Rechtsfolgen mangelnder Geschäftsfähigkeit
VI. Geschäftsfähigkeits- und Vertretungsstatut
VII. Statutenwechsel
1. Grundsatz
2. Maßgeblichkeit des Neu-Statuts
3. Analoge Anwendung des Art. 51 bulgIPRGB
VIII. Entmündigung
1. Sachrecht
2. Kollisionsrecht
3. Vorläufige Pflegschaft
IX. Verkehrsschutz
1. Voraussetzungen
2. Rechtsfolge
3. Ausnahmen
X. Partei- und Prozessfähigkeit
§ 2. Der Name
A. Der Name nach bulgarischem Sachrecht
I. Namensbestandteile
1. Eigenname
2. Vatername
3. Familienname
a) Grundsätze
b) Namen mit der Endung -ski/-ska
c) Bulgarisierung des Vater- und Familiennamens
II. Ehename
1. Grundsätze
2. Komplikationen
a) Gemeinsamer Ehename?
b) Namensbildung gemeinsamer Kinder
B. Namenskollisionsrecht
I. Vorrangige Staatsverträge
II. Anknüpfungsregeln
1. Allgemeines
2. Gesamtverweisung
3. Bulgarisierung des Vater- und Familiennamens
4. Im Inland geborene ausländische Kinder
5. Anknüpfungszeitpunkt
III. Reichweite des Namensstatuts
1. Eigenname
2. Vatername
3. Ehename
a) Maßgeblichkeit des Personalstatuts
b) Anpassung
4. Schreibweise
IV. Vorfragen
V. Namensänderung
1. Internationale Zuständigkeit
2. Bulgarisches Sachrecht
VI. Unterstellungserklärung
1. Anknüpfungsgrundsätze
2. Person des Antragstellers
C. Statutenwechsel
D. Rechtswahlmöglichkeit des Namensstatuts?
E. Namensschutz
3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S
§ 1. Eheschließungsrecht
A. Materielles bulgarisches Eheschließungsrecht
I. Formelle Eheschließungserfordernisse
1. Zivilehe
2. Eheform
3. Nichtehe und nichtige Ehe
II. Materielle Eheschließungserfordernisse
1. Geschlechtsverschiedenheit
2. Ehemündigkeit
3. Ehehindernisse
B. Kollisionsrecht
I. Eheschließung
1. Vorrangiges staatsvertragliches Kollisionsrecht
2. Der kollisionsrechtliche Ehebegriff
II. Sachliche Eheschließungsvoraussetzungen (Sachstatut)
1. Anknüpfungsregeln
a) Reichweite des Heimatrechts
b) Mehrstaater, Staatenlose, Asylbewerber und Flüchtlinge
c) Fraus legis
2. Rück- und Weiterverweisung
3. Anwendungsbereich des Sachstatuts
a) Allgemeines
b) Ehehindernisse
c) Vorehe
d) Öffentliche Ordnung
aa) Inländische Eheverbote
bb) Ausländische Ehehindernisse. Befreiung von Ehehindernissen
(1) Befreiung liegt vor
(2) Befreiung wird versagt
(3) Befreiung liegt nicht vor
cc) Umsetzung von Art. 76 Abs. 2 und Art. 45 bulgIPRGB
4. Feststellung des Fehlens von Ehehindernissen
a) Personalausweis
b) Nachforschungspflicht?
c) Beachtung eines Renvoi?
d) Besonderheiten
aa) Mehrstaater, Asylberechtigte und Flüchtlinge
bb) Staatenlose
e) Beibringung der Nachweise
f) Rechtsfolgen unterbliebener Nachweise
aa) Auslegung des Art. 77 bulgIPRGB
bb) Internationale Zuständigkeit
cc) Nichtbeachtung des Art. 77 bulgIPRGB
III. Formelle Eheschließungsvoraussetzungen (Formstatut)
1. Grundsätze
2. Bestimmung des Formstatuts
a) Problemstellung
b) Erste Ansicht: Maßgeblichkeit des Art. 6 bulgIPRGB
c) Zweite Ansicht: Extensive Auslegung des Art. 6 Abs. 3 bulgIPRGB
d) Dritte Ansicht: lex magistratus
e) Stellungnahme: lex loci celebrationis
aa) Inlandsehe
bb) Auslandsehe
cc) Eheschließung auf hoher See
3. Anerkennung von Auslandstrauungen
a) Regelungsgehalt des Art. 75 Abs. 3 bulgIPRGB
b) Öffentliche Ordnung
c) Gesetzesumgehung
d) Handschuhehe
4. Rück- und Weiterverweisung
IV. Rechtsfolgen fehlerhafter Ehen (Ehebeseitigungsstatut)
1. Sachliche Verstöße
2. Formelle Verstöße
V. Heilung fehlerhafter und/oder hinkender Ehen durch Statutenwechsel
1. Grundsatz des favor matrimonii
2. Problemstellung und -lösung
§ 2. Ehewirkungen
A. Vorrangiges Kollisionsrecht
B. Die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe
I. Reichweite des Ehewirkungsstatuts
II. Grundsätze bei der Ermittlung des Ehewirkungsstatuts
1. Allgemeines
2. Feste Anknüpfungen vs. engste Verbindung
3. Wandelbarkeit
4. Rechtswahl?
III. Anknüpfungsregeln der persönlichen Ehewirkungen im Einzelnen
1. Erste Stufe der Anknüpfungsleiter
a) Einstaater
b) Mehrrechtsstaat
c) Staatenlose, Flüchtlinge, Asylberechtigte und Mehrrechtsstaater
2. Zweite Stufe der Anknüpfungsleiter
3. Dritte Stufe der Anknüpfungsleiter
IV. Allgemeine Fragen des IPR
1. Renvoi
2. Vorfrage der gültigen Eheschließung
C. Vermögensrechtliche Wirkungen der Ehe (Ehegüterrecht)
I. Der kollisionsrechtliche Verweisungsbegriff
II. Rechtswahl
1. Anknüpfungsregeln
a) Allgemeines
b) Kollisionsrechtliche Einschränkungen
c) Verbindung zum gewählten Recht?
2. Objektbezogene Rechtswahl
a) Kollisionsrechtliche Ebene
aa) Zulässigkeit der Teilrechtswahl
bb) Deutliche Anhaltspunkte
cc) Reichweite der Teilrechtswahl
dd) Beendigung der Teilrechtswahl
b) Sachrechtliche Ebene
3. Formfragen
a) Strenge Formerfordernisse
b) Milde Formerfordernisse
c) Änderung und Aufhebung
d) Ausschließungsvereinbarung
4. Wirkungen der Rechtswahl: Beginn und Ende. Rückwirkung
a) Beginn und Ende
b) Rückwirkung
aa) Allgemeines
bb) Bedeutung für das Altvermögen
(1) Reichweite und Inhalt der Rückwirkung
(2) Abgrenzung zu einer Rechtswahl mit Wirkung ex nunc
cc) Ausschluss der Rückwirkung
(1) Zeitpunkt der Ausschließungsvereinbarung
(2) Ausschließungsvereinbarung und Ehevertrag
dd) Stellungnahme
5. Aufhebung und Änderung der Rechtswahl
6. Folgen der Rechtswahl
a) Abgrenzungen
b) Aufhebung und Änderung der Rechtswahl
7. Zustandekommen und Wirksamkeit der Rechtswahl
8. Eintragung in das Güterrechtsregister
III. Objektive Anknüpfung
IV. Allgemeine Fragen des IPR
1. Renvoi
a) Subjektives Güterstatut
b) Objektives Güterstatut
2. Vorfrage der gültigen Eheschließung
3. Statutenwechsel
a) Grundsätze
b) Alt-Güterstatut: deutsches Recht, Neu-Güterstatut: bulgarisches Recht
aa) Alt-Güterstand: (ohne ehevertragliche Abänderung) Gütertrennung mit Zugewinnausgleich vs. Neu-Güterstand: Errungenschaftsgemeinschaft
(1) Durchführung oder Feststellung des Zugewinnausgleichs nach dem alten Güterstatut/ -stand mit oder ohne tatsächlich erfolgten Ausgleich (Zahlung)
(2) Fiktive Berechnung des Zugewinnausgleichs
(3) Berücksichtigung des Zugewinnausgleichs bei Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft
(a) Geltendmachung der Zugewinnausgleichsforderung im Teilungsverfahren?
(b) Ehevertragliche Gesamtlösung
(aa) Grundsatz und Inhalt der Vertragsklausel
(bb) Der Rechengang
bb) Alt-Güterstand: Gütertrennung vs. Neu-Güterstand: Errungenschaftsgemeinschaft
cc) Alt-Güterstand: Zugewinngemeinschaft vs. Neu-Güterstand: Gütertrennung
dd) Alt-Güterstand: Gütertrennung vs. Neu-Güterstand: Gütertrennung
ee) Alt-Güterstand: Gütergemeinschaft vs. Neu-Güterstand: Errungenschaftsgemeinschaft oder Gütertrennung
c) Alt-Güterstatut: bulgarisches Recht, Neu-Güterstatut: deutsches Recht
aa) Alt-Güterstand: Errungenschaftsgemeinschaft vs. Neu-Güterstand: Zugewinngemeinschaft
bb) Alt-Güterstand: Gütertrennung vs. Neu-Güterstand: Zugewinngemeinschaft
V. Schutz des Rechtsverkehrs
1. Allseitiger Ausbau
2. Voraussetzungen
3. Dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen
4. Rechtsfolgen
VI. Das Verhältnis zwischen Güterstatut und lex rei sitae
1. Der Grundsatz
2. Vorrang des Einzelstatuts gem. Art. 46 Abs. 2 bulgIPRGB?
VII. Das Verhältnis zwischen Güterstand und Grundbuch
1. Bulgarischer Güterstand und deutsches Grundbuch
a) Grundbuchrechtliche Eintragung
aa) Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht
bb) Exkurs: Der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht
cc) Vertragsgüterstand nach bulgarischem Recht
b) Rechtsfolgen der Eintragung eines bulgarischen Güterstands in das deutsche Grundbuch
c) Exkurs: Verfügungsbeschränkungen in den bulgarischen Güterständen
d) Widerspruch zwischen deutschem Grundbuch und bulgarischem Güterrecht
aa) Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht; das Grundbuch weist aber in Entsprechung zur Auflassung nur einen der Ehegatten als Eigentümer aus
(1) Schutz des Rechtsverkehrs bei Eintragung nur des einen Ehegatten im Grundbuch
(2) Schutz des Rechtsverkehrs bei Verfügungen über ein Errungenschafts-Grundstück
(3) Besonderheiten
(3) Bestellung einer Vormerkung
bb) Im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht lebende Eheleute erwerben gemeinsam ein Grundstück in Deutschland. Die Auflassung enthält die Einigung über den Eigentumsübergang zu jeweils hälftigem Miteigentum oder anderen Bruchteilen. Entsprechend lautet das Grundbuch
(1) Unrichtigkeit des Grundbuchs
(2) Formloser Berichtigungsantrag
cc) Die Ehegatten sind gem. § 47 Abs. 1 Alt. 2 GBO als Eigentümer in Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht eingetragen. In Wirklichkeit ist Güterstatut deutsches Recht und Güterstand der gesetzliche
(1) Dingliche Einigung
(2) Doppelte Umdeutung
2. Deutscher Güterstand und bulgarisches Grundbuch
VIII. Die Qualifikation vermögensrechtlicher Ansprüche zwischen den Ehegatten
1. Ehebedingte Zuwendungen
a) Bulgarisches Sachrecht
b) Kollisionsrecht
aa) Qualifikation des Rechtsgrundes für die eheliche Zuwendung
bb) Qualifikation des Widerrufs der ehelichen Zuwendung
(1) Rückforderungsanspruch
(2) Ehevertragliches Widerrufsrecht
cc) Rechtsfolgen der schuldrechtlichen Qualifikation
(1) Nebeneinander mehrerer Statute
(2) Erbstatut
2. Auskunftsanspruch?
3. Gesellschaften unter den Ehegatten
a) Ehegatteninnengesellschaft?
aa) Deutsches Kollisionsrecht
bb) Bulgarisches Kollisionsrecht
b) Außengesellschaften
4. Verfügungsbeschränkungen der Ehegatten
5. Verbindlichkeiten der Ehegatten gegenüber Dritten
a) Das Außenverhältnis
aa) Primärhaftung
bb) Sekundärhaftung
b) Das Innenverhältnis
§ 3. Ehescheidung
A. Inlandsscheidung
I. Anknüpfungsgegenstand des Scheidungsstatuts
II. Anknüpfungsregeln
1. Bis zum 20.6.2012 eingeleitete Scheidungsverfahren
a) Anknüpfungsgrundsätze
b) Unwandelbarkeit
c) Anwendung bulgarischen Scheidungsrechts
2. Ab dem 21.6.2012 eingeleitete Scheidungsverfahren
3. Autonomes Kollisionsrecht
III. Wirkungen einer Scheidung
1. Vermögensrechtliche Scheidungsfolgen
2. Persönliche Scheidungsfolgen
3. Versorgungsausgleich nach Art. 17 Abs. 3 EGBGB (i. V. m. Art. 8 Rom III-VO)?
IV. Vollzug der Scheidung
1. Unzulässigkeit inländischer Privatscheidungen und Nachformung des einheimischen Verfahrensrechts
2. Inländische Scheidung nach ausländischem Scheidungsrecht
V. Schuldausspruch
1. Qualifikation
2. Tenorierung der Verschuldensfrage durch ein deutsches Gericht
VI. Einverständliche Scheidung und Scheidungsfolgenvereinbarung
1. Bulgarisches Sachrecht
2. Kollisionsrecht: Qualifikations- und Formfragen
VII. Mediationsversuch
VIII. Die Vorfrage nach dem Bestehen einer Ehe
B. Auslandsscheidungen
I. Erfordernis der Anerkennung
1. EU-Mitgliedstaaten
2. Drittstaaten
3. Scheidungsfolgen
II. Ausländische Privatscheidungen
1. Anerkennungsverfahren?
2. Anerkennungsvoraussetzungen
a) Privatscheidung vor dem 21.6.2012
b) Privatscheidung ab dem 21.6.2012
§ 4. Abstammung
A. Internationale Zuständigkeit
B. Anerkennung ausländischer Abstammungsentscheidungen
C. Kollisionsrecht
I. Vorbemerkung
1. Rückblick
2. Übergangsrecht
3. Bulgarisches materielles Abstammungsrecht
a) Mutterschaftsfeststellung
b) Vaterschaftsfeststellung
II. Reichweite des Abstammungsstatuts
III. Staatsangehörigkeit des Kindes
1. Anknüpfungsgrundsätze
2. Unwandelbarkeit
IV. Gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes
1. Anknüpfungsgrundsätze
2. Wandelbarkeit
V. Elternstatut
VI. Verhältnis der Anknüpfungsvarianten zueinander
1. Problemstellung
2. Problemlösung
VII. Konkurrenz mehrerer Elternprätendenten
1. Problemstellung und Lösungsansatz
2. Angleichung
a) Gesetzessystematik
b) Gesetzeswortlaut
E. Allgemeine Fragen des IPR
I. Renvoi
1. Aufschiebend bedingte Gesamtverweisung
2. Rückverweisung
II. Vorfragen
F. Anfechtung der Abstammung
I. Anfechtungsstatut
II. Reichweite des Anfechtungsstatuts
III. Allgemeine Fragen des IPR
1. Renvoi
2. Vorfragen
G. Abstammungsanerkennung
I. Anerkennungsstatut
II. Allgemeine Fragen des IPR
1. Renvoi
2. Vorfragen
a) Geschäftsfähigkeit
b) Form
§ 5. Adoption
A. Erscheinungsform der Adoption im bulgarischen materiellen Recht
B. Quellen adoptionsrechtlicher Bestimmungen
I. Haager Adoptionsübereinkommen (HAÜ)
II. EuEheVO und sonstige Staatsverträge
III. Rechtshilfeverträge
IV. Autonomes Kollisionsrecht
1. Anwendbare Vorschriften
2. Abgrenzungen
C. Inlandsadoptionen
I. Internationale Zuständigkeit
II. Qualifikation
1. Lex fori
2. Funktionale Qualifikation
3. Dekret- und Vertragsadoptionen
4. Kafala und Pflegekindschaft
III. Kollisionsrecht
1. Reichweite des Adoptionsstatuts
2. Anknüpfungsregeln des Adoptionsstatuts
a) Abgrenzung zwischen Inlands- und Auslandsadoptionen
b) Anknüpfungsregeln
c) Adoption durch miteinander unverheiratete Personen
d) Adoption durch miteinander verheiratete Personen
e) Konsequenzen für das deutsche IPR
f) Art. 84 Abs. 4 bulgIPRGB: eine Kollisionsnorm?
III. Formstatut adoptionsrechtlicher Zustimmungen
1. Selbständige Anknüpfung
2. Nachholung erforderlicher Adoptionszustimmungen
IV. Allgemeine Fragen des IPR
1. Vorfragen
a) Kollisionsrechtliche Ebene
b) Sachrechtliche Ebene
2. Rück- und Weiterverweisung
V. Aufhebung einer Adoption
1. Anfechtungsstatut
2. Beendigungsstatut
3. Schlussfolgerungen
VI. Adoptionswirkungen
1. Anknüpfungsregeln
2. Wandelbarkeit des Adoptionswirkungsstatuts
3. Reichweite des Adoptionswirkungsstatuts
4. Selbständig anzuknüpfende Fragen
a) Eltern-Kind-Verhältnis
b) Unterhalt
c) Sorgerecht
d) Name
5. Staatsangehörigkeit
6. Erbrecht
a) Notwendigkeit eines Zusammenwirkens zwischen Erb- und Adoptionsstatut
b) Art des Zusammenwirkens zwischen Erb- und Adoptionsstatut
D. Auslandsadoptionen
I. Anerkennung nach HAÜ
1. Voraussetzungen
2. Wirkungen
3. Verhältnis zu Artt. 117 f. bulgIPRGB
II. Anerkennung außerhalb der HAÜ
1. Dekretadoptionen
2. Vertragsadoptionen
§ 6. Unterhalt (im Überblick)
A. Internationale Zuständigkeit
B. Anwendungsbereich des HUntProt
I. Räumlicher Anwendungsbereich
II. Sachlicher Anwendungsbereich
III. Zeitlicher Anwendungsbereich
B. Unterhaltsstatut nach HUntProt
I. Art der Verweisungen
II. Rechtswahl
1. Gegenstand. Art und Form
2. Zeitpunkt, wählbare Rechtsordnungen und ausgeschlossene Unterhaltsbeziehungen.Unterhaltsverzicht
III. Objektive Anknüpfung
1. Anknüpfungsregeln
2. Ordre public
§ 7. Elterliche Verantwortung (im Überblick)
A. Rechtsquellen
B. Internationale Zuständigkeit
C. Kollisionsrecht
I. KSÜ
II. Art. 85 bulgIPRGB
§ 8. Vormundschaft und Pflegschaft (im Überblick)
Fazit und Ausblick
Adnex: Die Europäische Güterrechtsverordnung
§ 1. Allgemeines
§ 2. Internationale Zuständigkeit
§ 3. Anwendungsbereich
A. Sachlicher Anwendungsbereich
B. Persönlicher Anwendungsbereich
C. Räumlicher Anwendungsbereich
D. Zeitlicher Anwendungsbereich
§ 4. Anknüpfungsprinzipien
A. Subjektive Anknüpfung
I. Beschränkte Rechtswahl
II. Schranken
III. Form
IV. Einigung und materielle Wirksamkeit der Rechtswahl
V. Wirkungen der nachträglichen Rechtswahl
B. Objektive Anknüpfung
I. Erster gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt
II. Gemeinsame Staatsangehörigkeit
III. Engste Verbindung
IV. Ausweichklausel
C. Statutenwechsel
Literaturverzeichnis
Sonstige Quellen
Sachregister
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Das Internationale Familienrecht Bulgariens [1 ed.]
 9783161590245, 9783161590252, 3161590244

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 449 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann

Lubomir N. Guedjev

Das Internationale Familienrecht Bulgariens

Mohr Siebeck

Lubomir N. Guedjev, geboren 1978; Studium der Rechtswissenschaften an der Friedrich-Alexan­ der-Universität Erlangen-Nürnberg; seit 2009 als Rechtsanwalt tätig, derzeit in Frankfurt am Main.

ISBN  978-3-16-159024-5 / eISBN  978-3-16-159025-2 DOI 10.1628/978-3-16-159025-2 ISSN  0720-1141 / eISSN  2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit hat die Juristische Fakultät der Technischen Universität Dresden im Januar 2018 als Dissertation angenommen. Ihre Verteidigung fand im März desselben Jahres statt. Mein tiefer Dank gebührt in erster Stelle meinem Doktorvater Herrn Professor Dr. Michael Becker, LL.M. (NYU). Er hat nicht nur das Dissertationsthema angeregt, sondern durch seine konstruktiven Anmerkungen und Hinweise – getreu dem Motto: „Le mieux est lˈennemi du bien“ – entscheidend zum Gelingen dieser Untersuchung beigetragen. Für seine hervorragende Unterstützung und sein persönliches Engagement bei der Betreuung der Arbeit sowie für die Erstellung des Erstgutachtens möchte ich ihm herzlichst danken. Ein ganz besonderer Dank gilt zudem Herrn Professor Dr. Dieter Martiny. Als anerkannter Spezialist im Internationalen Familienrecht war er Mitglied der deutsch-bulgarischen Expertenkommission, welche das IPR-Gesetzbuch Bulgariens vorbereitet hat. Seine freundliche Übernahme des Zweitgutachtens hat mir deswegen viel Freude bereitet. Das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg hat meine Arbeit in die Schriftenreihe „Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht“ aufgenommen, was mich sehr freut. Vor der Drucklegung wurde die Arbeit aktualisiert. Stand der Untersuchung ist der 31.12.2019. Bis anhin ergangene Entscheide bulgarischer Gerichte konnten ebenso eingearbeitet werden wie veröffentlichte Literatur sowie im Umriss die EuGüVO. Plovdiv, im Januar 2020

Lubomir N. Guedjev

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIX

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 §  1. Gegenstand und Aufbau der Untersuchung . . . . . . . . . . . . 1 §  2. Einführung in die bulgarische (Rechts-)Geschichte, -Praxis und -Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.  Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR . . . . . . . . 13 §  1. Quellen, Ziel und Inhalt des IPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 §  2. Kollisionsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 §  3. Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 §  4. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 §  5. Rück- und Weiterverweisung (Renvoi) . . . . . . . . . . . . . . . 52 §  6. Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 §  7. Interlokales, interpersonales und intertemporales Privatrecht . . . 58 §  8. Präjudizielle Fragen (Erst-, Vor- und Teilfrage) . . . . . . . . . . 60 §  9. Statutenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 §  10. Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 §  11. Ermittlung und Anwendung des ausländischen Rechts . . . . . . 67 §  12. Öffentliche Ordnung (ordre public) . . . . . . . . . . . . . . . . 69 §  13. Eingriffsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 §  14. Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

2.  Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht) . . 75 §  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 §  2. Der Name . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

X

Inhaltsübersicht

3.  Teil: Internationales Familienrecht i. e. S. . . . . . . . . . . . . 171 §  1. §  2. §  3. §  4. §  5. §  6. §  7. §  8.

Eheschließungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Ehewirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Ehescheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 Abstammung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 Adoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 Unterhalt (im Überblick) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 Elterliche Verantwortung (im Überblick) . . . . . . . . . . . . . 443 Vormundschaft und Pflegschaft (im Überblick) . . . . . . . . . . 448

Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Adnex: Die Europäische Güterrechtsverordnung . . . . . . . . . 457 §  1. §  2. §  3. §  4.

Allgemeines . . . . . . . . Internationale Zuständigkeit Anwendungsbereich . . . . Anknüpfungsprinzipien . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 Sonstige Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIX

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 §  1. Gegenstand und Aufbau der Untersuchung . . . . . . . . . . . . 1 §  2. Einführung in die bulgarische (Rechts-)Geschichte, -Praxis und -Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 A. Geschichtliche Entwicklung unter Berücksichtigung des IPR . 4 I. Erster bulgarischer Staat (681–1018) . . . . . . . . . . . 4 II. Zweiter bulgarischer Staat (1185–1396) . . . . . . . . . 4 III. Neuer bulgarischer Staat (1878–1944) . . . . . . . . . . 5 1. Rezeption des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2. Entwicklung des IPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 b) Rolle der Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 IV. Sozialistische Periode (1945–1989) . . . . . . . . . . . . 8 V. Periode der Rechtstransformation (1990–2004) . . . . . 9 VI. Beitritt Bulgariens zur EU (2007) . . . . . . . . . . . . . 11 B. Aktuelle Bedeutung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . 11 C. Rechtswissenschaft und Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

1.  Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR . . . . . . . . 13 §  1. Quellen, Ziel und Inhalt des IPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 B. Staatsvertragliches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 14 C. Autonomes Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 I. Gesetzbuch über das Internationale Privatrecht . . . . . . 14 II. Struktur des bulgIPRGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 III. Kollisionsnormen in Nebengesetzen und ­Gewohnheitskollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 16

XII

Inhaltsverzeichnis

1. IPR-Nebengesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2. Gewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 D. Europäisches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 E. Ziel und Inhalt des IPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 §  2. Kollisionsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 A. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 B. Aufbau der Kollisionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Verweisungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Anknüpfungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 III. Anwendbares Recht und Statut . . . . . . . . . . . . . . 23 C. Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 D. Arten von Kollisionsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 §  3. Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 A. Auslegung vs. Qualifikation von Anknüpfungspunkten . . . . 26 B. Anknüpfungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 C. Arten von Anknüpfungspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . 29 I. Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit . . . . . . . . . 29 1. Mehrstaater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 a) Mehrfache ausschließlich ausländische ­Staatsangehörigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 29 b) Bulgarisch-ausländische Staatsangehörigkeit . . . . 30 2. Staatenlose, Flüchtlinge und Asylberechtigte . . . . . 31 II. Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt . . . . . . 32 III. Sonstige Anknüpfungspunkte . . . . . . . . . . . . . . . 32 D. Die „engste Verbindung“ i. S. des Art.  2 bulgIPRGB; . . . . . . 32 §  4. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 A. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 B. Gegenstand der Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 C. Ursachen des Qualifikationsproblems . . . . . . . . . . . . . . 38 D. Stufenqualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 I. Erste Stufe: „Qualifikation“ des Verweisungsbegriffes der nationalen Kollisionsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . 40 II. Zweite Stufe: „Qualifikation“ im fremden Recht (Qualifikation der Sachnorm) . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Erste Unterstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2. Zweite Unterstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 a) Offene Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 b) Kanalisierte Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . 46 III. Autonome (funktionale) Qualifikation . . . . . . . . . . 49 IV. Qualifikation nach der lex causae . . . . . . . . . . . . . 50

Inhaltsverzeichnis

XIII

§  5. Rück- und Weiterverweisung (Renvoi) . . . . . . . . . . . . . . . 52 A. Verweisung auf eigenes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 B. Verweisung auf fremdes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 I. Grundsatz der Gesamtverweisung . . . . . . . . . . . . . 52 II. Anwendung des ausländischen Kollisionsrechts . . . . . 53 1. Rückverweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2. Weiterverweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 C. EU-Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 §  6. Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 §  7. Interlokales, interpersonales und intertemporales Privatrecht . . . 58 A. Interlokales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 B. Interpersonales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 C. Intertemporales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 §  8. Präjudizielle Fragen (Erst-, Vor- und Teilfrage) . . . . . . . . . . 60 A. Begriffe und Differenzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 B. Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 I. Vorfragen im Tatbestand einer inländischen Kollisionsnorm (Erstfragen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 II. Vorfragen im Tatbestand einer ausländischen Kollisionsnorm oder einer in- oder ausländischen Sachnorm . . . . . . . 61 1. Selbständige Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . 61 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3. Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 a) Staatsangehörigkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . 62 b) Namensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 c) Völkervertragliches und unionrechtliches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 III. Prozessuale Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 IV. Teilfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 §  9. Statutenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 §  10. Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 §  11. Ermittlung und Anwendung des ausländischen Rechts . . . . . . 67 A. Ermittlung ausländischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . 67 B. Anwendung ausländischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . 68 §  12. Öffentliche Ordnung (ordre public) . . . . . . . . . . . . . . . . 69 A. Voraussetzungen des ordre public-Vorbehalts . . . . . . . . . . 70 B. Rechtsfolgen des ordre public-Verstoßes . . . . . . . . . . . . 71 §  13. Eingriffsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 §  14. Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

XIV

Inhaltsverzeichnis

2.  Teil: Internationales Familienrecht i. w. S.(Personenrecht) . . 75 §  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 A. Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 B. Einfluss des Unionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 C. Anknüpfungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 I. Maßgeblichkeit des Personalstatuts . . . . . . . . . . . . 76 II. Maßgeblichkeit des Wirkungsstatuts . . . . . . . . . . . 77 III. Wandelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 D. Reichweite des Rechtsfähigkeitsstatuts . . . . . . . . . . . . . 78 I. Beginn der Rechtsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 78 1. Gesetzliche Regelung im bulgarischen Sachrecht . . . 78 2. Kollisionsrechtliche Bedeutung des Art.  2 Abs.  1 lit.  b ­bulgErbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3. Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 II. Beschränkungen der Rechtsfähigkeit . . . . . . . . . . . 82 1. Todes- und Verschollenheitserklärung . . . . . . . . . 82 a) Grundsätze der Anknüpfung . . . . . . . . . . . . 83 aa) Kein vorrangiges Kollisionsrecht . . . . . . . . 83 bb) Regelungsumfang des Art.  55 bulgIPRGB . . . 83 cc) Kein Gleichlauf mit dem Erbstatut . . . . . . . 83 dd) Art.  55 Abs.  2 und 3 bulgIPRGB . . . . . . . . 84 ee) Staatenlose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 ff) Innerstaatliches Verfahren . . . . . . . . . . . 85 b) Das System der Verschollenheits- und Todeserklärung im bulgarischen Sachrecht . . . . . . . . . . . . . 85 aa) Erste Stufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 bb) Zweite Stufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 cc) Dritte Stufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 c) Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . 89 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 bb) Verschollenheits- und Todeserklärung, insbes. Feststellung des Todes und des Todeszeitpunktes 90 cc) Weitreichender Anwendungsbereich . . . . . . 90 (1) Lebens- und Todesvermutungen . . . . . . 91 (2) Kommorienten . . . . . . . . . . . . . . . 93 (a) Neufälle . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (b) Altfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (aa) Die bulgarische Lehre . . . . . . . 95 (bb) Beispielsfall . . . . . . . . . . . . 96

Inhaltsverzeichnis

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(cc) Schlussfolgerungen . . . . . . . . 98 d) Vorsorgemaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . 101 aa) Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . 102 (1) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . 102 (2) Auslegung: Gleichlauf von ius und forum . 102 bb) Beispielsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 e) Die alternative Anwendung bulgarischen Rechts: ­Verschollenheits- und Todeserklärung von Ausländern nach bulgarischem Recht . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) Voraussetzungen und Rechtsfolgen . . . . . . . 106 bb) Kein allseitiger Ausbau . . . . . . . . . . . . . 107 f) Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 aa) Internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte 107 (1) Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB . . . . . . . . . . . 108 (2) Art.  4 Abs.  1 bulgIPRGB . . . . . . . . . . 108 (3) Nachformung des Verfahrensrechts . . . . . 109 bb) Anerkennung ausländischer Rechtsakte . . . . 110 (1) Art.  124 bulgIPRGB . . . . . . . . . . . . 110 (2) Widersprechende Entscheidungen . . . . . 111 2. Natürlicher Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 III. Besondere Rechtsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 112 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 2. Art.  49 Abs.  2 bulgIPRGB: ein Fall besonderer ­Rechtsfähigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3. Die Rechtsstellung Ungeborener . . . . . . . . . . . . 114 a) Nasciturus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Nondum conceptus . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 E. Geschäftsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 I. Sonderanknüpfung an die Staatsangehörigkeit . . . . . . 115 II. Rück- und Weiterverweisung . . . . . . . . . . . . . . . 115 III. Reichweite des Geschäftsfähigkeitsstatuts . . . . . . . . 116 1. Volljährigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2. Geschäftsfähigkeitsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Geschäftsunfähige Personen . . . . . . . . . . . . 116 b) Beschränkt geschäftsfähige Personen (Jugendliche/ Nichtvolljährige) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 3.  Teilgeschäftsfähigkeit Nichtvolljähriger . . . . . . . . 119 a) Art.  4 Abs.  2 HS.  2 Alt.  2 bulgGPF . . . . . . . . . 119 b) Arbeitsvertragsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 120 4. Vorzeitige Emanzipation: „Heirat macht mündig“ . . . 121

XVI

Inhaltsverzeichnis

a) Die Regelung des Art.  6 Abs.  4 HS.  1 FamKodex . . 121 b) Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 IV. Einfluss des Wirkungsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Erfordernis und Grad der Geschäftsfähigkeit . . . . . 125 2. Besondere Geschäftsfähigkeiten . . . . . . . . . . . . 125 a) Handelsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 b) Eherecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 aa) Ehemündigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 bb) Ehevertragsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . 127 c) Kindschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 aa) Vaterschaftsanerkennung. Anfechtung der ­Vaterschaftsanerkennung . . . . . . . . . . . . 128 bb) Adoptionsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 129 d) Erbrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 aa) Erbfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 bb) Testierfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 cc) Erbvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 e) Deliktsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 V. Rechtsfolgen mangelnder Geschäftsfähigkeit . . . . . . . 133 VI. Geschäftsfähigkeits- und Vertretungsstatut . . . . . . . . 134 VII. Statutenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 2. Maßgeblichkeit des Neu-Statuts . . . . . . . . . . . . 135 3. Analoge Anwendung des Art.  51 bulgIPRGB . . . . . 135 VIII. Entmündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 1. Sachrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 3. Vorläufige Pflegschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 IX. Verkehrsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 2. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 3. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 X. Partei- und Prozessfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 140 §  2. Der Name . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 A. Der Name nach bulgarischem Sachrecht . . . . . . . . . . . . 142 I. Namensbestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Eigenname . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Vatername . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3. Familienname . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

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XVII

b) Namen mit der Endung -ski/-ska . . . . . . . . . . 147 c) Bulgarisierung des Vater- und Familiennamens . . . 147 II. Ehename . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 1. Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 2. Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Gemeinsamer Ehename? . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Namensbildung gemeinsamer Kinder . . . . . . . . 150 B. Namenskollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 I. Vorrangige Staatsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 II. Anknüpfungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 2. Gesamtverweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 3. Bulgarisierung des Vater- und Familiennamens . . . . 154 4. Im Inland geborene ausländische Kinder . . . . . . . 158 5. Anknüpfungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 III. Reichweite des Namensstatuts . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Eigenname . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 2. Vatername . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 3. Ehename . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 a) Maßgeblichkeit des Personalstatuts . . . . . . . . . 160 b) Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 4. Schreibweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 IV. Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 V. Namensänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . 164 2. Bulgarisches Sachrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 VI. Unterstellungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Anknüpfungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Person des Antragstellers . . . . . . . . . . . . . . . . 167 C. Statutenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 D. Rechtswahlmöglichkeit des Namensstatuts? . . . . . . . . . . 168 E. Namensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

3.  Teil: Internationales Familienrecht i. e. S. . . . . . . . . . . . . 171 §  1. Eheschließungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 A. Materielles bulgarisches Eheschließungsrecht . . . . . . . . . 171 I. Formelle Eheschließungserfordernisse . . . . . . . . . . 171 1. Zivilehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2. Eheform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

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3. Nichtehe und nichtige Ehe . . . . . . . . . . . . . . . 172 Materielle Eheschließungserfordernisse . . . . . . . . . 174 1. Geschlechtsverschiedenheit . . . . . . . . . . . . . . 174 2. Ehemündigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 3. Ehehindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 B. Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 I. Eheschließung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Vorrangiges staatsvertragliches Kollisionsrecht . . . . 176 2. Der kollisionsrechtliche Ehebegriff . . . . . . . . . . 177 II. Sachliche Eheschließungsvoraussetzungen (Sachstatut) . 178 1. Anknüpfungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Reichweite des Heimatrechts . . . . . . . . . . . . 179 b) Mehrstaater, Staatenlose, Asylbewerber und Flüchtlinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 c) Fraus legis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 2. Rück- und Weiterverweisung . . . . . . . . . . . . . . 180 3. Anwendungsbereich des Sachstatuts . . . . . . . . . . 181 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 b) Ehehindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 c) Vorehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 d) Öffentliche Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 aa) Inländische Eheverbote . . . . . . . . . . . . . 184 bb) Ausländische Ehehindernisse. Befreiung von ­Ehehindernissen . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (1) Befreiung liegt vor . . . . . . . . . . . . . 186 (2) Befreiung wird versagt . . . . . . . . . . . 186 (3) Befreiung liegt nicht vor . . . . . . . . . . 186 cc) Umsetzung von Art.  76 Abs.  2 und Art.  45 bulgIPRGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 4. Feststellung des Fehlens von Ehehindernissen . . . . . 187 a) Personalausweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 b) Nachforschungspflicht? . . . . . . . . . . . . . . . 188 c) Beachtung eines Renvoi? . . . . . . . . . . . . . . 189 d) Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 aa) Mehrstaater, Asylberechtigte und Flüchtlinge . 190 bb) Staatenlose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 e) Beibringung der Nachweise . . . . . . . . . . . . . 191 f) Rechtsfolgen unterbliebener Nachweise . . . . . . 191 aa) Auslegung des Art.  77 bulgIPRGB . . . . . . . 191 bb) Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . 193 II.

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cc) Nichtbeachtung des Art.  77 bulgIPRGB . . . . 194 III. Formelle Eheschließungsvoraussetzungen (Formstatut) . 194 1. Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 2. Bestimmung des Formstatuts . . . . . . . . . . . . . . 195 a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Erste Ansicht: Maßgeblichkeit des Art.  6 bulgIPRGB 196 c) Zweite Ansicht: Extensive Auslegung des Art.  6 Abs.  3 bulgIPRGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 d) Dritte Ansicht: lex magistratus . . . . . . . . . . . 202 e) Stellungnahme: lex loci celebrationis . . . . . . . . 205 aa) Inlandsehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 bb) Auslandsehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 cc) Eheschließung auf hoher See . . . . . . . . . . 207 3. Anerkennung von Auslandstrauungen . . . . . . . . . 208 a) Regelungsgehalt des Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB . . 208 b) Öffentliche Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 c) Gesetzesumgehung . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 d) Handschuhehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 4. Rück- und Weiterverweisung . . . . . . . . . . . . . . 213 IV. Rechtsfolgen fehlerhafter Ehen (Ehebeseitigungsstatut) . 214 1. Sachliche Verstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 2. Formelle Verstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 V. Heilung fehlerhafter und/oder hinkender Ehen durch Statutenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 1. Grundsatz des favor matrimonii . . . . . . . . . . . . 216 2. Problemstellung und -lösung . . . . . . . . . . . . . . 216 §  2. Ehewirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 A. Vorrangiges Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 B. Die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe . . . . . . . . . . 219 I. Reichweite des Ehewirkungsstatuts . . . . . . . . . . . . 219 II. Grundsätze bei der Ermittlung des Ehewirkungsstatuts . . 221 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2. Feste Anknüpfungen vs. engste Verbindung . . . . . . 222 3. Wandelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 4. Rechtswahl? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 III. Anknüpfungsregeln der persönlichen Ehewirkungen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Erste Stufe der Anknüpfungsleiter . . . . . . . . . . . 223 a) Einstaater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Mehrrechtsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

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c) Staatenlose, Flüchtlinge, Asylberechtigte und ­Mehrrechtsstaater . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 2. Zweite Stufe der Anknüpfungsleiter . . . . . . . . . . 225 3. Dritte Stufe der Anknüpfungsleiter . . . . . . . . . . . 226 IV. Allgemeine Fragen des IPR . . . . . . . . . . . . . . . . 229 1. Renvoi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 2. Vorfrage der gültigen Eheschließung . . . . . . . . . . 229 C. Vermögensrechtliche Wirkungen der Ehe (Ehegüterrecht) . . . 230 I. Der kollisionsrechtliche Verweisungsbegriff . . . . . . . 231 II. Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 1. Anknüpfungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 b) Kollisionsrechtliche Einschränkungen . . . . . . . 238 c) Verbindung zum gewählten Recht? . . . . . . . . . 241 2. Objektbezogene Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . 242 a) Kollisionsrechtliche Ebene . . . . . . . . . . . . . 243 aa) Zulässigkeit der Teilrechtswahl . . . . . . . . . 243 bb) Deutliche Anhaltspunkte . . . . . . . . . . . . 245 cc) Reichweite der Teilrechtswahl . . . . . . . . . 245 dd) Beendigung der Teilrechtswahl . . . . . . . . . 247 b) Sachrechtliche Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3. Formfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 a) Strenge Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . 252 b) Milde Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . 253 c) Änderung und Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . 256 d) Ausschließungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . 256 4. Wirkungen der Rechtswahl: Beginn und Ende. Rückwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a) Beginn und Ende . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) Rückwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 bb) Bedeutung für das Altvermögen . . . . . . . . 263 (1) Reichweite und Inhalt der Rückwirkung . . 264 (2) Abgrenzung zu einer Rechtswahl mit Wirkung ex nunc . . . . . . . . . . . . . . 264 cc) Ausschluss der Rückwirkung . . . . . . . . . . 265 (1) Zeitpunkt der Ausschließungsvereinbarung 265 (2) Ausschließungsvereinbarung und Ehevertrag 266 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 5. Aufhebung und Änderung der Rechtswahl . . . . . . . 269

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6. Folgen der Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 a) Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 b) Aufhebung und Änderung der Rechtswahl . . . . . 272 7. Zustandekommen und Wirksamkeit der Rechtswahl . 273 8. Eintragung in das Güterrechtsregister . . . . . . . . . 273 III. Objektive Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 IV. Allgemeine Fragen des IPR . . . . . . . . . . . . . . . . 279 1. Renvoi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 a) Subjektives Güterstatut . . . . . . . . . . . . . . . 279 b) Objektives Güterstatut . . . . . . . . . . . . . . . . 279 2. Vorfrage der gültigen Eheschließung . . . . . . . . . . 281 3. Statutenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 a) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 b) Alt-Güterstatut: deutsches Recht, Neu-Güterstatut: ­bulgarisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 aa) Alt-Güterstand: (ohne ehevertragliche Abänderung) Gütertrennung mit Zugewinnausgleich vs. Neu-Güterstand: Errungenschaftsgemeinschaft 288 (1) Durchführung oder Feststellung des Zugewinnausgleichs nach dem alten Güterstatut/ -stand mit oder ohne tatsächlich erfolgten Ausgleich (Zahlung) . . . . . . . 289 (2) Fiktive Berechnung des Zugewinnausgleichs 289 (3) Berücksichtigung des Zugewinnausgleichs bei Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft 290 (a) Geltendmachung der Zugewinnausgleichs­ forderung im Teilungsverfahren? . . . . 291 (b) Ehevertragliche Gesamtlösung . . . . . 292 (aa) Grundsatz und Inhalt der Vertragsklausel . . . . . . . . . 292 (bb) Der Rechengang . . . . . . . . . . 295 bb) Alt-Güterstand: Gütertrennung vs. Neu-Güterstand: Errungenschaftsgemeinschaft . . . . . . . . . . 302 cc) Alt-Güterstand: Zugewinngemeinschaft vs. Neu-Güterstand: Gütertrennung . . . . . . . . 303 dd) Alt-Güterstand: Gütertrennung vs. Neu-Güterstand: Gütertrennung . . . . . . . . 305 ee) Alt-Güterstand: Gütergemeinschaft vs. Neu-Güterstand: Errungenschaftsgemeinschaft oder Gütertrennung . . . . . . . . . . . . . . . 305

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c) Alt-Güterstatut: bulgarisches Recht, Neu-Güterstatut: deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 aa) Alt-Güterstand: Errungenschaftsgemeinschaft vs. Neu-Güterstand: Zugewinngemeinschaft . . . . 306 bb) Alt-Güterstand: Gütertrennung vs. Neu-Güterstand: Zugewinngemeinschaft . . . . 308 V. Schutz des Rechtsverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . 308 1. Allseitiger Ausbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 2. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 3. Dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen . . . . . . 309 4. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 VI. Das Verhältnis zwischen Güterstatut und lex rei sitae . . 310 1. Der Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 2. Vorrang des Einzelstatuts gem. Art.  46 Abs.  2 bulgIPRGB? 312 VII. Das Verhältnis zwischen Güterstand und Grundbuch . . . 313 1. Bulgarischer Güterstand und deutsches Grundbuch . . 313 a) Grundbuchrechtliche Eintragung . . . . . . . . . . 313 aa) Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . 314 bb) Exkurs: Der gesetzliche Güterstand der Errungen­ schaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht . 317 cc) Vertragsgüterstand nach bulgarischem Recht . . 320 b) Rechtsfolgen der Eintragung eines bulgarischen ­Güterstands in das deutsche Grundbuch . . . . . . 321 c) Exkurs: Verfügungsbeschränkungen in den bulgarischen Güterständen . . . . . . . . . . . . . 321 d) Widerspruch zwischen deutschem Grundbuch und ­bulgarischem Güterrecht . . . . . . . . . . . . . . 323 aa) Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand der E ­ rrungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht; das Grundbuch weist aber in Entsprechung zur Auflassung nur einen der ­Ehegatten als Eigentümer aus. . . . . . . . . . 323 (1) Schutz des Rechtsverkehrs bei Eintragung nur des einen Ehegatten im Grundbuch . . . 324 (2) Schutz des Rechtsverkehrs bei Verfügungen über ein Errungenschafts-Grundstück . . . 325 (3) Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . 325 (3) Bestellung einer Vormerkung . . . . . . . . 326

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bb) Im gesetzlichen Güterstand der Errungenschafts­ gemeinschaft nach bulgarischem Recht lebende ­Eheleute erwerben gemeinsam ein Grundstück in Deutschland. Die Auflassung enthält die Einigung über den Eigentumsübergang zu jeweils hälftigem Miteigentum oder anderen Bruchteilen. Entsprechend lautet das Grundbuch. . . . . . . 326 (1) Unrichtigkeit des Grundbuchs . . . . . . . 327 (2) Formloser Berichtigungsantrag . . . . . . . 327 cc) Die Ehegatten sind gem. §  47 Abs.  1 Alt.  2 GBO als Eigentümer in Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht eingetragen. In Wirklichkeit ist Güterstatut deutsches Recht und Güterstand der gesetzliche. . . . . . . . . . 328 (1) Dingliche Einigung . . . . . . . . . . . . . 328 (2) Doppelte Umdeutung . . . . . . . . . . . . 328 2. Deutscher Güterstand und bulgarisches Grundbuch . . 329 VIII. Die Qualifikation vermögensrechtlicher Ansprüche zwischen den Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 1. Ehebedingte Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . 336 a) Bulgarisches Sachrecht . . . . . . . . . . . . . . . 336 b) Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 aa) Qualifikation des Rechtsgrundes für die eheliche Zuwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 bb) Qualifikation des Widerrufs der ehelichen Zuwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 (1) Rückforderungsanspruch . . . . . . . . . . 340 (2) Ehevertragliches Widerrufsrecht . . . . . . 340 cc) Rechtsfolgen der schuldrechtlichen Qualifikation 340 (1) Nebeneinander mehrerer Statute . . . . . . 340 (2) Erbstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 2. Auskunftsanspruch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 3. Gesellschaften unter den Ehegatten . . . . . . . . . . 345 a) Ehegatteninnengesellschaft? . . . . . . . . . . . . 345 aa) Deutsches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . 346 bb) Bulgarisches Kollisionsrecht . . . . . . . . . . 346 b) Außengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 347 4. Verfügungsbeschränkungen der Ehegatten . . . . . . . 348 5. Verbindlichkeiten der Ehegatten gegenüber Dritten . . 349 a) Das Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . 349

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aa) Primärhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 bb) Sekundärhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . 350 b) Das Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 §  3. Ehescheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 A. Inlandsscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 I. Anknüpfungsgegenstand des Scheidungsstatuts . . . . . 350 II. Anknüpfungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 1. Bis zum 20.6.2012 eingeleitete Scheidungsverfahren . 351 a) Anknüpfungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . 351 b) Unwandelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 c) Anwendung bulgarischen Scheidungsrechts . . . . 353 2. Ab dem 21.6.2012 eingeleitete Scheidungsverfahren . 355 3. Autonomes Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . 359 III. Wirkungen einer Scheidung . . . . . . . . . . . . . . . . 359 1. Vermögensrechtliche Scheidungsfolgen . . . . . . . . 359 2. Persönliche Scheidungsfolgen . . . . . . . . . . . . . 360 3. Versorgungsausgleich nach Art.  17 Abs.  3 EGBGB (i. V. m. Art.  8 Rom  III-VO)? . . . . . . . . . . . . . . 361 IV. Vollzug der Scheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 1. Unzulässigkeit inländischer Privatscheidungen und ­Nachformung des einheimischen Verfahrensrechts . . 361 2. Inländische Scheidung nach ausländischem Scheidungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 V. Schuldausspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 1. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 2. Tenorierung der Verschuldensfrage durch ein deutsches Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 VI. Einverständliche Scheidung und Scheidungsfolgenvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . 367 1. Bulgarisches Sachrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 2. Kollisionsrecht: Qualifikations- und Formfragen . . . 370 VII. Mediationsversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 VIII. Die Vorfrage nach dem Bestehen einer Ehe . . . . . . . . 372 B. Auslandsscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 I. Erfordernis der Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . 373 1. EU-Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 2. Drittstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 3. Scheidungsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 II. Ausländische Privatscheidungen . . . . . . . . . . . . . 374 1. Anerkennungsverfahren? . . . . . . . . . . . . . . . . 374

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2. Anerkennungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . 375 a) Privatscheidung vor dem 21.6.2012 . . . . . . . . . 375 b) Privatscheidung ab dem 21.6.2012 . . . . . . . . . 376 §  4. Abstammung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 A. Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 B. Anerkennung ausländischer Abstammungsentscheidungen . . . 378 C. Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 1. Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 2. Übergangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 3. Bulgarisches materielles Abstammungsrecht . . . . . 379 a) Mutterschaftsfeststellung . . . . . . . . . . . . . . 379 b) Vaterschaftsfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . 379 II. Reichweite des Abstammungsstatuts . . . . . . . . . . . 380 III. Staatsangehörigkeit des Kindes . . . . . . . . . . . . . . 380 1. Anknüpfungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . 380 2. Unwandelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 IV. Gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes . . . . . . . . . . . 382 1. Anknüpfungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . 382 2. Wandelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 V. Elternstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 VI. Verhältnis der Anknüpfungsvarianten zueinander . . . . . 384 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 2. Problemlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 VII. Konkurrenz mehrerer Elternprätendenten . . . . . . . . . 385 1. Problemstellung und Lösungsansatz . . . . . . . . . . 385 2. Angleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 a) Gesetzessystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 b) Gesetzeswortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 E. Allgemeine Fragen des IPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 I. Renvoi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 1. Aufschiebend bedingte Gesamtverweisung . . . . . . 389 2. Rückverweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 II. Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 F. Anfechtung der Abstammung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 I. Anfechtungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 II. Reichweite des Anfechtungsstatuts . . . . . . . . . . . . 392 III. Allgemeine Fragen des IPR . . . . . . . . . . . . . . . . 392 1. Renvoi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 2. Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392

XXVI

Inhaltsverzeichnis

G. Abstammungsanerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 I. Anerkennungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 II. Allgemeine Fragen des IPR . . . . . . . . . . . . . . . . 394 1. Renvoi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 2. Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 a) Geschäftsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 b) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 §  5. Adoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 A. Erscheinungsform der Adoption im bulgarischen materiellen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 B. Quellen adoptionsrechtlicher Bestimmungen . . . . . . . . . . 397 I. Haager Adoptionsübereinkommen (HAÜ) . . . . . . . . 397 II. EuEheVO und sonstige Staatsverträge . . . . . . . . . . 399 III. Rechtshilfeverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 IV. Autonomes Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 400 1. Anwendbare Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . 400 2. Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 C. Inlandsadoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 I. Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 404 II. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 1. Lex fori . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 2. Funktionale Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . 407 3. Dekret- und Vertragsadoptionen . . . . . . . . . . . . 408 4. Kafala und Pflegekindschaft . . . . . . . . . . . . . . 408 III. Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 1. Reichweite des Adoptionsstatuts . . . . . . . . . . . . 409 2. Anknüpfungsregeln des Adoptionsstatuts . . . . . . . 411 a) Abgrenzung zwischen Inlands- und Auslandsadoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 b) Anknüpfungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 c) Adoption durch miteinander unverheiratete Personen 413 d) Adoption durch miteinander verheiratete Personen . 414 e) Konsequenzen für das deutsche IPR . . . . . . . . 414 f) Art.  84 Abs.  4 bulgIPRGB: eine Kollisionsnorm? . 415 III. Formstatut adoptionsrechtlicher Zustimmungen . . . . . 420 1. Selbständige Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . 420 2. Nachholung erforderlicher Adoptionszustimmungen . 421 IV. Allgemeine Fragen des IPR . . . . . . . . . . . . . . . . 421 1. Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 a) Kollisionsrechtliche Ebene . . . . . . . . . . . . . 421

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XXVII

b) Sachrechtliche Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . 422 2. Rück- und Weiterverweisung . . . . . . . . . . . . . . 423 V. Aufhebung einer Adoption . . . . . . . . . . . . . . . . 424 1. Anfechtungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 2. Beendigungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 3. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 VI. Adoptionswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 1. Anknüpfungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 2. Wandelbarkeit des Adoptionswirkungsstatuts . . . . . 426 3. Reichweite des Adoptionswirkungsstatuts . . . . . . . 427 4. Selbständig anzuknüpfende Fragen . . . . . . . . . . 428 a) Eltern-Kind-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . 428 b) Unterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 c) Sorgerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 d) Name . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 5. Staatsangehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 6. Erbrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 a) Notwendigkeit eines Zusammenwirkens zwischen Erb- und Adoptionsstatut . . . . . . . . . . . . . . 433 b) Art des Zusammenwirkens zwischen Erb- und ­Adoptionsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 D. Auslandsadoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 I. Anerkennung nach HAÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 1. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 2. Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 3. Verhältnis zu Artt.  117 f. bulgIPRGB . . . . . . . . . . 436 II. Anerkennung außerhalb der HAÜ . . . . . . . . . . . . . 436 1. Dekretadoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 2. Vertragsadoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 §  6. Unterhalt (im Überblick) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 A. Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 B. Anwendungsbereich des HUntProt . . . . . . . . . . . . . . . 439 I. Räumlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . 439 II. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . 440 III. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . 440 B. Unterhaltsstatut nach HUntProt . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 I. Art der Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 II. Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 1. Gegenstand. Art und Form . . . . . . . . . . . . . . . 440 2. Zeitpunkt, wählbare Rechtsordnungen und ausgeschlossene Unterhaltsbeziehungen.Unterhaltsverzicht . . . . . . . 441

XXVIII

Inhaltsverzeichnis

III. Objektive Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 1. Anknüpfungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 2. Ordre public . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 §  7. Elterliche Verantwortung (im Überblick) . . . . . . . . . . . . . 443 A. Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 B. Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 445 C. Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 I. KSÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 II. Art.  85 bulgIPRGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 §  8. Vormundschaft und Pflegschaft (im Überblick) . . . . . . . . . . 448

Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Adnex: Die Europäische Güterrechtsverordnung . . . . . . . . . 457 §  1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 §  2. Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 §  3. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 A. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 B. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . 459 C. Räumlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . 460 D. Zeitlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 §  4. Anknüpfungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 A. Subjektive Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 I. Beschränkte Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 II. Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 III. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 IV. Einigung und materielle Wirksamkeit der Rechtswahl . . 465 V. Wirkungen der nachträglichen Rechtswahl . . . . . . . . 465 B. Objektive Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 I. Erster gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt . . . . . . 466 II. Gemeinsame Staatsangehörigkeit . . . . . . . . . . . . . 467 III. Engste Verbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 IV. Ausweichklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 C. Statutenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 Sonstige Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513

Abkürzungsverzeichnis I. Lateinische Schrift …-E (Neu)Entwurf des vorstehenden Gesetzes a. A. andere Ansicht/Auffassung a. a. O. am angegebenen Ort ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch v. 1.6.1811 (Österreich) abgedr. abgedruckt abl. ablehnend ABl. Amtsblatt der Europäischen Union bzw. der Europäischen Gemeinschaft Abs. Absatz abw. abweichend AdoptWirkG Adoptionswirkungsgesetz v. 5.11.2001 a. E. am Ende AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union i. d. F. v. 9.5.2008 a. F. alte Fassung AG Amtsgericht allg. allgemein allg.M. allgemeine Meinung Alt. Alternative a. M. anderer Meinung Anh. Anhang Anm. Anmerkung ArbKodex Kodex der Arbeit (Кодекс на труда / Kodeks na truda, DV Nr.  26 v. 1.4.1986, zuletzt geändert DV Nr.  79 v. 8.10.2019) (Bulgarien) Art. Artikel Artt. Pluralform von Artikel Aufl. Auflage ausf. ausführlich BAN Bulgarische Wissenschaftsakademie (Българска Академия на науките / Bulgarska Akademia na naukite) BAnz Bundesanzeiger BaRo Bamberger, Heinz Georg/Roth, Herbert (Hrsg.): BGB, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch in 3 Bänden BayMittNot Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern BayObLG Bayerisches Oberstes Landesgericht

XXX BayObLGZ

Abkürzungsverzeichnis

Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgericht in Zivilsachen (bis 2004) Bd. Band bearb. bearbeitet BeckRS Beck-Rechtsprechungssammlung (Jahr und Nummer) Beckʼsches Notar-Hdb Heckschen, Heribert/Herrler, Sebastian/Starke, Timm (Hrsg.): Beckʼsches Notar-Handbuch Beschl. Beschluss bestr. bestritten betr. betreffend, betreffs BGB Bürgerliches Gesetzbuch i. d. F. v. 2.1.2002 BGBl. Bundesgesetzblatt BGer Schweizerisches Bundesgericht BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Brüssel I-VO siehe EuGVVO Brüssel Ia-VO Verordnung (EU) Nr.  1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen v. 12.12.2012 Brüssel II-VO Verordnung (EG) Nr.  1347/2000 über die Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend dir elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten v. 29.5.2000 Brüssel IIa-VO siehe EuEheVO bspw. beispielsweise BT-Drucks. Bundestags-Drucksache BVerwG Bundesverwaltungsgericht bulgEigentumG Eigentumsgesetz (Закон за собствeността / Zakon za sobstvenostta, DV Nr.  92 v. 16.11.1955, zuletzt geändert DV Nr.  7 v. 19.1.2018) bulgErbG Erbgesetz (Закон за наследството / Zakon za nasledstvoto, DV Nr.  22 v. 29.1.1949, zuletzt geändert DV Nr.  47 v. 23.6.2009) bulgGNA Gesetz über die Normativakte (Закон за нормативните актове /  Zakon za normativnite aktove, DV Nr.  27 v. 3.4.1973, zuletzt geändert DV Nr.  34 v. 3.5.2016) bulgGOVerfG Geschäftsordnung des Verfassungsgerichts (Правилник за организацията на дейността на Конституционния съд / Pravilnik za organizatsiyata na deynostta na Konstitutsionnia sad, DV Nr.  106 v. 20.12.1991) bulgGPF Gesetz über die Personen und die Familie (Закон за лицата и семейството / Zakon za litsata i semeystvoto, DV Nr.  182 v. 9.8.1949, zuletzt geändert DV Nr.  120 v. 29.12.2002) bulgGSV Gesetz über die Schuldverhältnisse und Verträge (Закон за задълженията и договорите / Zakon za zadalzheniyata i dogovorite, DV Nr.  2 v. 5.12.1950, zuletzt geändert DV Nr.  42 v. 22.5.2018) bulgGVG Gesetz über die Gerichtsgewalt (Закон за съдебната власт / Zakon za sadabnata vlast, DV Nr.  64 v. 7.8.2007, zuletzt geändert DV Nr.  83 v. 22.10.2019)

Abkürzungsverzeichnis bulgHG

XXXI

Handelsgesetz (Търговски закон / Targovski zakon, DV Nr.  48 v. 18.6.1991, zuletzt geändert DV Nr.  83 v. 22.10.2019) bulgIHK Bulgarische Industrie- und Handelskammer bulgIPRGB Gesetzbuch über das Internationale Privatrecht (Кодекс на международното частно право / Kodeks na mezhdunarodnoto chastno pravo, DV Nr.  42 v. 17.5.2005, zuletzt geändert DV Nr.  100 v. 21.12.2010) bulgKatasterGBG Gesetz über das Kataster und das Vermögensregister (Закон за кадастъра и имотния регистър / Zakon za katastara i imotnia registar, DV Nr.  34 v. 25.4.2000, zuletzt geändert DV Nr.  44 v. 4.6.2019) bulgKiSchG Kinderschutzgesetz (Закон за закрила на дедето / Zakon za zakrila na dedeto, DV Nr.  48 v. 13.6.2000, zuletzt geändert DV Nr.  101 v. 27.12.2019) bulgNamenG Gesetz über die Namen der bulgarischen Bürger (Закон за имената на българските граждани / Zakon za imenata da bulgarskite grazhdani, DV Nr.  20 v. 9.3.1990; aufgehoben, DV Nr.  67 v. 27.2.1999) bulgNotarG Gesetz über die Notare und die notarielle Tätigkeit (Закон за нотариусите и нотариалната дейност / Zakon za notariusite i notarialnata deynost, DV Nr.  104 v. 6.12.1996, zuletzt geändert DV Nr.  77 v. 18.9.2018) bulgPAG Gesetz über die bulgarischen Personalausweise (Закон за българските лични документи / Zakon za bulgarskite lichni dokumenti, DV Nr.  93 v. 11.8.1998, zuletzt geändert DV Nr.  101 v. 27.12.2019) bulgPAVO Verordnung über die Erstellung der bulgarischen Personalausweise (Правилник за издаване на българските лични документи /  Pravilnik za izdavane na bulgarskite lichni dokumenti, DV Nr.  12 v. 12.2.2010, zuletzt geändert DV Nr.  92 v. 22.11.2019) bulgStAG Gesetz über die bulgarische Staatsangehörigkeit (Закон за българското гражданство / Zakon za bulgarskoto grazhdanstvo, DV Nr.  136 v. 18.11.1998, zuletzt geändert DV Nr.  77 v. 18.9.2018) bulgTransliterationG Gesetz über die Transliteration (Закон за транслитерацията / Zakon za transliteratsiyata, DV Nr.  19 v. 13.3.2009, zuletzt geändert DV Nr.  98 v. 13.12.2019) bulgVerf Bulgarische Verfassung (Конституция на Република България / Konstitutsia na Republika Bulgaria, DV Nr.  56 v. 13.7.1991, zuletzt geändert DV Nr.  100 v. 18.12.2015) bulgVerfGG Gesetz über das Verfassungsgericht (Закон за Конституционния съд / Zakon za Konstitutsionnia sad, DV Nr.  67 v. 16.8.1991, zuletzt geändert DV Nr.  19 v. 5.3.2014) bulgZPO Zivilprozessordnung (Граждански процесуален кодекс / ­Grazhdanski protsesualen kodeks, DV Nr.  59 v. 20.7.2007, zuletzt geändert DV Nr.  100 v. 20.12.2019) BW Burgerlijk Wetboek (Niederlande) bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise

XXXII

Abkürzungsverzeichnis

ca. circa CC, Cc Code Civil (Zivilgesetzbuch Frankreichs); Codice civile (Zivil­ gesetzbuch Italiens); Código civil (Zivilgesetzbuch Spaniens/ Portugals) CIEC Commission Internationale de lʼEtat civil ciela bulgarische elektronische Rechtsdatenbank (vergleichbar mit der deutschen beck-online/BeckRS) ders. derselbe d. h. das heißt dies. dieselbe(n) Diss. Dissertation DNotZ Deutsche Notar-Zeitung (Zeitschrift) Doz. Dozent/-in DtZ Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift DV Staatsanzeiger Bulgariens (Държавен вестник / Darzhaven vestnik) ebd. ebenda EG Einführungsgesetz; Europäische Gemeinschaft e.g. exempli gratia (zum Beispiel) EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch i. d. F. v. 21.9.1994 EGV Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i. d. F. der EU-Beitrittsakte v. 16.4.2003 EheR Eherecht EheVO siehe EuEheVO Einl. Einleitung Eintragungsordnung Правилник на вписванията / Pravilnik za vpisvaniyata, DV Nr.  101 v. 18.12.1951, zuletzt geändert DV Nr.  92 v. 7.11.2014) (Bulgarien) EL Ergänzungslieferung EMRK Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4.11.1950 endg. endgültig ERA-Forum Scripta iuris europaei, Europäische Rechtsakademie Trier ErwGr Erwägungsgrund ErwSÜ Haager Übereinkommens über den internationalen Schutz von Erwachsenen v. 13.1.2000 et al. et alii (und andere) etc. et cetera (und so weiter) EuEheVO Verordnung (EG) Nr.  2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr.  1347/2000 v. 27.11.2003 EuErbVO Verordnung (EU) Nr.  650/2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses v. 4.7.2012 EuFamR Europäisches Familienrecht

Abkürzungsverzeichnis EuGFVO

XXXIII

Verordnung (EG) Nr.  861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen EuGH Europäischer Gerichtshof EuGHE siehe Slg EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EuGüVO Verordnung (EU) Nr.  2016/1103 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands v. 24.6.2016 EuGüVO-E Vorschlag für eine Verordnung (EU) des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Voll­ streckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts v. 16.3.2011 (KOM 126 endg.) EuGVVO Verordnung (EG) Nr.  44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen v. 22.12.2000 EuMVVO Verordnung (EG) Nr.  1896/2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens v. 12.12.2006 EuPartVO Verordnung (EU) Nr.  2016/1104 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen güterrechtlicher Wirkungen eingetragener Partnerschaften v. 24.6.2016 EuPartVO-E Vorschlag für eine Verordnung (EU) des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Voll­ streckung von Entscheidungen in Fragen des Güterstands eingetragener Partnerschaften v. 2.3.2016 (COM 107 final) EuSorgeRÜ Europäisches Übereinkommen über die Anerkennung und Voll­ streckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts v. 20.5.1980 EuUntVO Verordnung (EG) Nr.  4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen v. 18.12.2008 EuVTVO VO (EG) Nr.  805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 21.4.2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen evtl. eventuell EVÜ Römisches EWG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht v. 19.6.1980 EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft f. für; folgende FamFG Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit v. 17.12.2008 FamG Familiengericht FamGB Familiengesetzbuch FamKodex Familienkodex Bulgariens (Семеен кодекс / Semeen kodeks, DV Nr.  47 v. 23.6.2009, zuletzt geändert DV Nr.  101 v. 27.12.2019)

XXXIV

Abkürzungsverzeichnis

FamKodex a. F. (1985) Familienkodex Bulgariens in der Fassung von 1985 (Семеен кодекс от 1985 г. / Semeen kodeks ot 1985 g., DV Nr.  41 v. 28.5.1985) FamKodex a. F. (1968) Familienkodex Bulgariens in der Fassung von 1968 (Семеен кодекс от 1968 г. / Semeen kodeks ot 1968 g., DV Nr.  23 v. 22.3.1968) FamR Familienrecht FamRZ Zeitschrift für das gesamte Familienrecht ff. folgende FG Freiwillige Gerichtsbarkeit FGPrax Praxis der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zeitschrift) Fn. Fußnote FPR Familie, Partnerschaft, Recht (Zeitschrift) franz. französisch(e/n) FS Festschrift FuR Familie und Recht g. година (Jahr) GBO Grundbuchordnung i. d. F. v. 26.5.1994 GBR Grundbuchrecht gem. gemäß GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v. 23.5.1949 ggf. gegebenenfalls GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GRCh Charta der Grundrechte der Europäischen Union v. 12.12.2007 grds. grundsätzlich griech. griechisch(e/n) griechZGB griechisches Zivilgesetzbuch GS Gedächtnisschrift GSU Jahrbuch der Sofioter Universität, Juristische Fakultät (Bulgarien) Habil. Habilitation Habil.-Schr. Habilitationsschrift HAÜ Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption v. 29.5.1993 Hdb Handbuch HdbWiRO Handbuch Wirtschaft und Recht in Osteuropa, Loseblattsammlung Hk-BGB NomosKommentar: BGB Handkommentar HKÜ Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internatio­ naler Kindesentführung v. 25.10.1980 h.L. herrschende Lehre h. M. herrschende Meinung hrsg. herausgegeben Hrsg. Herausgeber HS. Halbsatz HUAVÜ Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen v. 2.10.1973 HUAVÜK Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten gegenüber Kindern v. 15.4.1958

Abkürzungsverzeichnis HUÜ 1973

XXXV

Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht v. 2.10.1973 HUÜ 2007 Haager Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familien­ angehörigen v. 23.11.2007 HUÜK Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht v. 24.10.1956 HUntProt Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht v. 23.11.2007 ibd. ibidem (ebenda, ebendort) i. d. F. in der Fassung i. d. R. in der Regel i. d. Rs. in der Rechtssache i. d. S. in diesem Sinne i. d. S. a. in diesem Sinne auch i. Erg. im Ergebnis i. e. S. im engeren Sinne insbes. insbesondere IntArbR Internationales Arbeitsrecht IntEhegüterR Internationales Ehegüterrecht IntFamR Internationales Familienrecht IntGmbH-Recht Internationales Recht der GmbH IntEuFamR Internationales und Europäisches Familienrecht IntVertrR Internationales Vertragsrecht IPG Gutachten zum internationalen und ausländischen Privatrecht IPN Institut der Rechtswissenschaften (Институт за правни науки/ Institut za pravni nauki) IPR Internationales Privatrecht IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) IPRG Gesetz über das Internationale Privatrecht IPRspr Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts (Entscheidungssammlung) iranZGB iranisches Zivilgesetzbuch i. R. d. im Rahmen des/der i. R. v. im Rahmen von/vom i. S. im Sinne ital. italienisch(e/n) italCc italienisches Zivilgesetzbuch (Codice civile) i.Ü. im Übrigen i. V. m. in Verbindung mit i. w. S. im weiteren Sinne IZVR Internationales Zivilverfahrensrecht jew. jeweils JOR Jahrbuch für Ostrecht JR Juristische Rundschau (Zeitschrift) jurisPK-BGB Juris Praxiskommentar BGB JuS Juristische Schulung (Zeitschrift) JW Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

XXXVI

Abkürzungsverzeichnis

JZ Juristenzeitung Kap. Kapitel KG Kammergericht Berlin krit. kritisch KSÜ Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern v. 19.10.1996 LS Leitsatz leg.cit. legis citatae (des zitierten Gesetzes) Lfg. Lieferung LG Landgericht lit. littera (Buchstabe) LM Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, hrsg. v. Lindenmaier und Möhring LugÜ 2007 Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen v. 30.10.2007 m. mit m. Anm. mit Anmerkung m. a. W. mit anderen Worten MCP Международно частно право (Mezhdunarodno chastno pravo; Internationales Privatrecht; bulgarisch) m. E. meines Erachtens mglw. möglicherweise MittBayNot Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins (Zeitschrift) MittRhNotK Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer (Zeitschrift; ab 2001: RNotZ) m. Nachw. mit Nachweisen m. zust. Anm. mit zustimmender Anmerkung MSA Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen v. 5.10.1961 MüKo Münchener Kommentar m. w. N. mit weiteren Nachweisen Nachw. Nachweise(e) n. F. neue Fassung NJW Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift, Rechtsprechungsreport Zivilrecht NK NomosKommentar No. numero (Nummer) Nr. Nummer NZFam Neue Zeitschrift für Familienrecht NZM Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht o.g. oben genannt(e/n) OGH Oberster Gerichtshof (Österreich) OER Osteuroparecht (Zeitschrift) ÖJZ Österreichische Juristenzeitung OLG Oberlandesgericht

Abkürzungsverzeichnis OLGZ

XXXVII

Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (1965–1994) Ordnung № RD-02-20-9 Ordnung № RD-02-20-9 des Ministeriums für Regionalentwicklung und Landschaftsbau v. 21.5.2012 (Наредба № РД-02-20-9 на Министерството на регионалното развитие и благоустройството от 21. май 2012 г. за функциониране на единната система за гражданска регистрация / Naredba № RD-02-20-9 na Ministerstvoto нa regionalnoto razvitie i blagoustroystvoto ot 21. mai 2012 g. za funktsionirane na edinnata sistema za grazhdanska registratsia , DV Nr.  43 v. 8.6.2012, zuletzt geändert DV Nr.  32 v. 13.4.2018) (Bulgarien) Ordnung Nr.  2 Ordnung Nr.  2 des Justizministeriums über die Führung und Verwahrung des Grundbuchs v. 21.4.2005, DV Nr.  39 v. 10.5.2005) (Bulgarien) österr. österreichisch(e/n) österrIPRG österreichisches Bundesgesetz über das internationale Privatrecht v. 15.6.1978 Prof. Professor PStRegG Gesetz über die bürgerliche Registrierung (Закон за гражданската регистрация / Zakon za grazhdanskata registratsia, DV Nr.  67 v. 27.7.1999) (Bulgarien) PWW Prütting, Hanns/Wegen, Gerhard/Weinreich, Gerd (Hrsg.): BGB. Kommentar RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RdErl Runderlass resp. respektive RGBl. Reichsgesetzblatt RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RHAbk Rechtshilfeabkommen RIW Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) RL Richtlinie Rn. Randnummer RNotZ Rheinische Notarzeitschrift Rom  I-VO Verordnung (EG) Nr.  593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht v. 17.6.2008 Rom  II-VO Verordnung (EG) Nr.  864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht v. 11.7.2007 Rom  III-VO Verordnung (EU) Nr.  1259/2010 des Rates zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts v. 20.12.2010 Rpfleger Der deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) Rs. Rechtssache Rspr. Rechtsprechung RzW Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht (Zeitschrift) S. Satz; Seite s. siehe

XXXVIII

Abkürzungsverzeichnis

s. a. siehe auch Schr. Schrift schwed. schwedisch(e/n) schweiz. schweizerisch(e/n) schweizIPRG schweizerisches IPR-Gesetz schweizZGB schweizerisches Zivilgesetzbuch SeehandelsschiffG Gesetzbuch über die Seehandelsschifffahrt (Кодекс на търговското мореплаване / Kodeks na targovskoto moreplavane, DV. Nr.  55 v. 14.7.1970, zuletzt geändert DV Nr.  62 v. 6.8.2019) (Bulgarien) SFR Sozialistische Föderative Republik (Jugoslawien) SIO съпружеска имуществена общност (sapruzheska imushtestvena obshtnost; Errungenschaftsgemeinschaft, bulgarisch) Slg Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft/ der Europäischen Union (seit dem 1.1.2012 eingestellt) sog. so genannte StAZ Das Standesamt (Zeitschrift) str. strittig TMP Beiträge zum internationalen Recht / Studies in international Law (Трудове по международно право / Trudove po mezhdunarodno pravo) (Zeitschrift/Bulgarien) Tz. Textziffer teilw. teilweise u. und u. a. und andere; unter anderem UAbs. Unterabsatz u. a. m. und anderes mehr u. ä. und ähnliches UdSSR Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken u.d.T. unter dem Titel umstr. umstritten UN Vereinigte Nationen UNUÜ New Yorker UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20.6.1956 Univ. Universität unveränd. unverändert Urt. Urteil usw. und so weiter u. U. unter Umständen Überbl. Überblick Übk. Übereinkommen v. von; vom v. a. vor allem Var. Variante VerschG Verschollenheitsgesetz i. d. F. v. 15.1.1951 vgl. vergleiche VO Verordnung Vorb./Vorbem. Vorbemerkung

Abkürzungsverzeichnis

XXXIX

VRB Volksrepublik Bulgarien WiRO Wirtschaft und Recht in Osteuropa (Zeitschrift) wirtschaftswiss. wirtschaftswissenschaftlich YS Jubiläumsschrift (Bulgarien) z. B. zum Beispiel ZBJV Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins ZEV Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge ZfJ Zentralblatt für Jugendrecht ZfPW Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft ZfRV Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht (Österreich) ZGB Zivilgesetzbuch (z. B. Griechenlands, Japans, der Schweiz oder der Türkei) Ziff. Ziffer zit. zitiert ZK Zivilkammer ZPO (deutsche) Zivilprozessordnung i. d. F. v. 5.12.2005 ZS Zivilsenat z. T. zum Teil zugl. zugelassen zusgest. zusammengestellt zust. zustimmend ZVglRWiss Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft

II. Kyrillische Schrift ал. г. ГК ГПК дюн НРБ СИО сп. Ст. Загора чл.

алтернатива (Alternative) година (Jahr) Граждански кодекс (Zivilkodex [Bulgarien]) Гражданскопроцесуален кодекс (Zivilprozessordnung [Bulgarien]) доктор на юридическите науки (Doktor der Rechtswissenschaften) Народна Република България (Volksrepublik Bulgarien) съпружеска имуществена общност (Errungenschaftsgemeinschaft) списание (Zeitschrift) Стара Загора (Stara Zagora/Stadt im Süden Bulgariens) член (Artikel)

Einleitung §  1. Gegenstand und Aufbau der Untersuchung Die vorliegende Arbeit will eine Lücke schließen. Das IntFamR hat in den letzten Jahren in vielerlei Hinsicht Änderungen erfahren, man denke nur an die EU-­ Güterrechtsverordnung (EuGüVO). Der bulgarische Gesetzgeber hat mit dem Erlass der Artt.  75–88 bulgIPRGB1 ein völlig neues Terrain betreten. Die alten Anknüpfungen ersetzte er durch neue, allseitige Kollisionsregeln traten an die Stelle von einseitigen usw. Indes ist eine Gesamtdarstellung des Internationalen Familienrechts Bulga­ riens seit langem angezeigt. Ein geschlossenes Werk über das IntFamR ist zuletzt 1994 erschienen. Damals hatte Todorov als einziger in seinem Lehrbuch „Internationale Familien- und Erbrechtsverhältnisse“ (Международни семейни и наследствени правоотношения) das IntFamR umfassend dargestellt und Reformvorschläge unterbreitet, welche die Kodifikation 2005 zum Teil übernahm. Bisherige Publikationen in der Fachliteratur beschäftigen sich naturgemäß nur mit einzelnen Themen oder Problemkreisen aus dem IntFamR. Lehrbücher und Kommentare über das neue IntFamR/IPR lassen viele praxisrelevante Fragen offen. Bislang veröffentlichte Rechtsprechung bestätigt das Bedürfnis nach ihrer Beantwortung: (Instanz-)Gerichte pflegen ihre Entscheidungen in puncto internationale Zuständigkeit, Qualifikation familienrechtlicher Rechtsverhältnisse, allgemeine Fragen des IPR u. a. m. sehr knapp zu begründen. Man spürt förmlich die „Abneigung“ gegen das IPR/IntFamR. Nach wie vor gilt das IPR gleicher­ maßen unter Studenten wie ausgebildeten Juristen als eine schwierige, wenig 1  Das Gesetzbuch wurde am 4.5.2005 verabschiedet (DV Nr.  42 v. 17.5.2005); deutsche Über­ setzung abgedr. in: JOR 47 (2006), 113 ff., und Auszug in: WiRO 2006, 147 ff. Am 21.5.­2005 trat das Gesetz in Kraft. Seither gab es drei Änderungen – zum 1.3.2008 (DV Nr.  59 v. 20.7.­ 2007), 1.10.2009 (DV Nr.  47 v. 23.6.2009) und 21.12.2010 (DV Nr.  100 v. 21.12.2010). Für die vorliegende Arbeit verwendet wird die Übersetzung des bulgIPRGB ins Deutsche von Jessel-Holst, RabelsZ 71 (2007), 457–493. Abweichungen davon werden an geeigneten Stellen kenntlich gemacht (meist in den Fußnoten). Gleiches gilt grundsätzlich für alle anderen zitierten oder wiedergegebenen bulgarischen Rechtsvorschriften, es sei denn, es ist etwas Abweichendes vermerkt.

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Einleitung

grif ­fi ge und darum fremde Materie – eine terra incognita, könnte man sagen. Man meide sie daher lieber, wo man nur könne.2 Gleichwohl wird selbst der unbefangene Betrachter einschlägiger Fachpublikationen und Gerichtsentscheide unschwer erkennen können, dass das IPR im Allgemeinen und das IntFamR im Speziellen aus dem Rechtsalltag Bulgariens nicht mehr hinwegzudenken sind. Er wird aber auch feststellen müssen, dass die gesamte kollisionsrechtliche Rechtsfindung sich seit jeher problematisch gestaltet und zusehends problematischer zu werden scheint,3 obgleich das geltende bulgarische Recht für die Bewältigung dieser komplexen Aufgabe – nunmehr – ein gutes Rüstzeug bietet. Das Bedürfnis nach einer systematischen Gesamtdarstellung besteht trotz der EuGüVO. Denn die Verordnung gilt gem. Art.  69 Abs.  3 i. V. m. Artt.  20–35 EuGü­VO4 nur für Ehegatten, die ab5 dem 29.1.2019, 00:00 Uhr, heiraten oder 2  Auch Maesch, Kodifikation, S.  65 f., verzeichnet bei bulgarischen Juristen und Studierenden eine abschreckende Wirkung des IPR. 3  Das belegen die seit Inkrafttreten des bulgIPRGB bis einschließlich Dezember 2019 in der Rechtsdatenbank ciela veröffentlichten und in dieser Arbeit ausgewerteten Gerichtsentscheide. Sie werden deshalb dort, wo es angezeigt ist, mit den wesentlichen Aussagen wiedergegeben – zwecks besseren Verständnisses, aber auch zur Warnung an den deutschen Juristen: unter Zugrundelegung des Wortlauts und der Systematik des Gesetzes wie unter Anwendung der Grundprinzipien des IPR kann er zu einem anderen Ergebnis gelangen als sein bulgarischer (Amts-)Kollege. 4  Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates zur Durchführung einer Verstärkten Zusammen­ arbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterrechts v. 24.6.2016 (ABl. 2016 L 183, S.  1); Text in Jayme/Hausmann, Nr.  33, und im Internet unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019). Die Verordnung ist am 28.7.2016 in Kraft getreten. Geltungsbeginn ist aber für die meisten und wichtigsten Regelungen erst der 29.1.2019 (Art.  70 Abs.  2 S.  2 EuGüVO). Ebenfalls am 28.7.2016 in Kraft getreten ist die Verordnung (EU) 2016/1104 des Rates zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen güterrechtlicher Wirkungen eingetragener Partnerschaften v. 24.6.2016 (ABl. 2016 L 183, S.  30); Text in Jayme/Hausmann, Nr.  39, sowie unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019). Auch diese Verordnung gilt ab dem 29.1.2019 (Art.  70 Abs.  2 S.  2 EuPartVO). Zur Entstehungsgeschichte beider Güterrechtsverordnungen siehe Serdynska, in: Dutta/­ Weber, EuGüVO, S.  7–10, Rn.  1–11. An den Verordnungen nehmen 18 Mitgliedstaaten teil (vgl. Beschluss (EU) 2016/954 des Rates v. 9.6.2016, ABl. 2016 L 159, S.  16); Bulgarien und Deutschland gehören dazu. 5  Die Fassung im Amtsblatt sah in den verschiedenen Sprachen einen Geltungsbeginn nach dem 29.1.2019 vor; so auch die bulgarische Sprachfassung. Damit entstand eine Diskrepanz zur verabschiedeten Fassung der Verordnung. Es war nicht klar, ob am 29.1.2019 geschlossene Ehen und Rechtswahlvereinbarungen unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen; hierzu Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  48, Rn.  1; Heiderhoff, IPRax 2018, 1, 4

§  1. Gegenstand und Aufbau der Untersuchung

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eine Rechtswahl treffen. Die Vorschriften der Artt.  79–81 bulgIPRGB werden deshalb noch viele Jahrzehnte ihre Bedeutung behalten.6 An diesem Punkt setzt die Arbeit also an. Sie wagt den Versuch, den familienrechtlichen Teil des IPR von Bulgarien verständlich und umfassend zu erläutern. Gleichwohl waren Schwerpunkte zu setzen. Ausschlaggebend war dabei der Adressat der Arbeit – vordergründig der deutsche Leser. Von daher war es geboten, das EU-vergemeinschaftete internationale Familien- wie Zivilverfahrensrecht bündig zu fassen. Das betrifft das Unterhaltsrecht, die elterliche Verantwortung, die Scheidung, die EuEheVO (auch Brüssel IIa-VO oder EheVO 2003 genannt).7 Ferner fällt die Darstellung der Vormundschaft und Pflegschaft ganz kurz aus. Die Arbeit besteht aus drei Teilen. Der erste Teil handelt von den Rechtsquellen und den allgemeinen Lehren des IPR. Hierbei sind nur jene Fragen ausführlicher erörtert, die vom Standpunkt des deutschen IPR interessant sind, weil das bulgarische IPR sie anders beantwortet. Dies betrifft v. a. die Stufenqualifikation. Gegenstand des zweiten Teils ist das IntFamR i. w. S. (Personenrecht) mit Abschnitten über die Rechts- und Geschäftsfähigkeit sowie den Namen. Der dritte Teil behandelt das IntFamR i. e. S., d. h. die Eheschließung, die persönlichen und güterrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten, die Scheidung, die Abstammung, die Adoption, den Unterhalt, die elterliche Verantwortung, ferner die Vormundschaft und Pflegschaft. Um die Materie und einige schwierige Probleme besser zu verdeutlichen, sind Beispiele gebildet worden. In der Einleitung dagegen wird zunächst die Entwicklung des bulgarischen Rechts, insbesondere des IPR, überblicksweise dargestellt und anschließend die Bedeutung der Rechtsprechung und Lehre für das Kollisionsrecht Bulgariens beleuchtet. Im Adnex war die EuGüVO vorzustellen.

(Fn.  37). Die nötige Kongruenz ist inzwischen hergestellt; vgl. ABl. 2017 L 113, S.  62, v. 29.4.­ 2017. 6  So für Artt.  15, 16 EGBGB MüKo BGB/Looschelders (2018), EuGüVO, Rn.  41 a. E.; ­Weber, DNotZ 2016, 659, 663; ders., in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  4 f., Rn.  12. 7  Es gibt mittlerweile eine Neufassung der EuEheVO/Brüssel IIa: Verordnung (EU) 2019/1111 des Rates vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Voll­ streckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen (ABl. 2019 L 178, S.  1, v. 2.7.2019). Gemäß ihrem Art.  105 Abs.  2 gilt sie ab dem 1.8.2022, mit Ausnahme der Artt.  92, 93 und 103, welche ab dem 22.7.2019 gelten. Für die vorliegende Arbeit anwendbar ist mithin die EuEheVO i. d. F. von 2003.

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Einleitung

§  2. Einführung in die bulgarische (Rechts-)Geschichte, -Praxis und -Wissenschaft Die Geschichte Bulgariens war schon immer geprägt durch die zeitweise Geltung verschiedener Wirtschafts-, Rechts- und Wertesysteme.8 Das wirkt sich bis heute auf die Rechtssetzung wie die Gesetzesauslegung aus. A. Geschichtliche Entwicklung unter Berücksichtigung des IPR9 Sechs Etappen charakterisieren die (Rechts-)Entwicklung Bulgariens. I. Erster bulgarischer Staat (681–1018) Die Gründung des bulgarischen Staates geht auf das Jahr 681 zurück. Bis zum Jahre 1018, als das Land seine Souveränität unter der byzantinischen Herrschaft (1018–1185) verlor, stellte das ungeschriebene Gewohnheitsrecht die primäre Rechtsquelle dar.10 Mit der Annahme des ostkirchlichen Christentums als Staatsreligion im Jahre 864 nahm das orthodoxe Kirchenrecht eine Sonderstellung ein. Seine wichtigsten Grundsätze erfuhren eine Kodifizierung im sog. Nomokanon – einer Sammlung griechischer kirchlicher Regeln, erweitert um juristische Re­ gelungen und angepasst an die Bedürfnissen der Bevölkerung.11 Als eine der frühesten bulgarischen IPR-Quellen gilt aus dieser Zeit der Friedensvertrag mit Byzanz von 716, der den byzantinischen Händlern den freien Handel in Bulga­ rien sicherte.12 II. Zweiter bulgarischer Staat (1185–1396) Während des sog. zweiten bulgarischen Staats stieg die Anzahl geschriebener Rechtsquellen an. Die neue feudale Prägung der Gesellschaft machte außerdem die Schaffung einer staatlichen Gerichtsbarkeit erforderlich.13 8 

Maesch, Kodifikation, S.  37 m. w. N. Maesch, Kodifikation, S.  9–86. 10  Hierzu im Allgemeinen Petrova, Istoria (680–1878), S.  318–321; zum Gewohnheits-Familienrecht (Verlöbnis, Eheschließung, Adoption, Scheidung, Vormundschaft und Eltern-­KindBeziehung) s. dies., ibd., S.  322–338; allgemein zu den Familienverhältnissen in dieser Zeit dies., ibd., 124–130. 11  Maesch, Kodifikation, S.  9 f. m. w. N.; zu dem Verlöbnis, der Ehe, dem Eltern-Kind-Verhältnis, der Scheidung und der Betreuung aus dieser Zeit siehe v. a. Petrova, Istoria (680–1878), S.  129–143. 12  Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  193 f.; Kutikov, MCP, S.  154 m. w. N. 13  Andreev/Milkova, Bulgarska feodalna darzhava i pravo, S.  168; Maesch, Kodifikation, S.  11. Zur Entwicklung des Gerichtsverfahrens in der Zeit 681–1878 siehe Petrova, Istoria (681–1878), S.  230–249. 9  Ausführlich

§  2. Einführung in die bulgarische (Rechts-)Geschichte, -Praxis und -Wissenschaft

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1396 fiel Bulgarien unter osmanische Herrschaft, die fast fünf Jahrhunderte (bis 1878) andauerte. Mit der Beseitigung der staatlichen Gesetzgebung und der bis dahin bestehenden staatlichen Gerichtsbarkeit blieb die Entwicklung des nationalen Rechts insgesamt stehen. Die Rechtsanwendung für orthodoxe Bulgaren unterlag in dieser Zeit kirchlichen, Ältesten- und Zunftgerichten; die Verfahren hatten v. a. Zivil- und Ehestreitigkeiten zum Gegenstand,14 die nach bulgarischem Gewohnheitsrecht entschieden wurden.15 Im Übrigen waren die staat­ lichen osmanischen Gerichte zuständig. Für Personen muslimischen Glaubens kam das islamische Scheriatsrecht zur Anwendung. Außer konfessionellen Rechtsnormen galt mithin ausschließlich das osmanische Recht.16 Deswegen gab es in Bulgarien bis 1878 kein geschriebenes nationales Recht, vom Gewohnheits- und Kirchenrecht einmal abgesehen.17 III. Neuer bulgarischer Staat (1878–1944) 1. Rezeption des Rechts Die Wiederherstellung des bulgarischen Staates begann 1878 mit der Lösung vom Osmanischen Reich als Folge des russisch-türkischen Krieges (1877–1878) und führte bis 1945 zur Neubildung eines selbständigen Wirtschafts- und Rechtssystems. Die Rechtspflicht zur Schaffung einer neuen Rechtsordnung begründete der sog. Berliner Vertrag vom 13.7.1878 zwischen den europäischen Großmächten und dem Osmanischen Reich. Rechtstechnisch umgesetzt wurde diese Verpflichtung durch eine Rezeption fremden, v. a. kontinentaleuropäischen Rechts: Das materielle Recht bildete der bulgarische Gesetzgeber dem Recht westeuropäischer Staaten nach, das formelle Recht hingegen dem russischen.18 Die Besonderheiten bulgarischer Rechtswirklichkeit ließ er indessen außer Acht; widersprüchliche Lösungen waren die logische Folge.19 Eine Ausnahme davon stellte das Familienrecht dar: Bei seiner Kodifizierung hatte man das Gewohnheits- und Kirchenrecht berücksichtigt.20 Ebenfalls nach russischem Vorbild erfolgten schließlich im Jahr 1880 der Gerichtsaufbau (Friedensrichter, Bezirksgerichte, Appellationsgerichte und Oberster Kassationsgerichtshof)21 und die Errichtung 14 

Maesch, Kodifikation, S.  11 m. w. N. Petrova, Istoria (680–1878), S.  321 f. Zum Selbstverwaltungsrecht der bulgarischen Bevölkerung während der osmanischen Herrschaft s. dies., ibd., S.  283–307. 16  Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  58.; ausführlich Maesch, Kodifikation, S.  9 ff. 17  Maesch, Kodifikation, S.  14. 18  Vgl. Kutikov, MCP, S.  175. 19  Vgl. Kutikov, MCP, S.  175; Maesch, Kodifikation, S.  16. 20  Maesch, Kodifikation, S.  16 f. 21  Das heutige Gerichtssystem in Zivilsachen ist dreistufig aufgebaut und nach oben hin geordnet: Erstinstanzlich zuständig ist das Rayongericht (районен съд/rayonen sad) oder das 15 

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Einleitung

der Staatsanwaltschaft (mit Beteiligungsmöglichkeit des Staatsanwalts im Zivilprozess).22 Vom Rezeptionsvorgang unberührt blieb hingegen das Kollisionsrecht. Denn zu Beginn des 19.  Jahrhunderts waren in Europa kaum umfassende IPR-Kodifikationen vorhanden.23 2. Entwicklung des IPR a) Allgemeines Der Aufbau des bulgarischen IPR hat seine Anfänge nach 1878.24 Bis zum Inkrafttreten des bulgIPRGB am 21. Mai 2005 verfügte Bulgarien über kein geschlossenes IPR-System. Die Verweisungsnormen waren stets Ausdruck komplexer Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen.25 Charakteristisch für das VerBezirksgericht (окръжен съд/okrazehn sad), zweitinstanzlich das Bezirksgericht oder das Appellationsgericht (апелативен съд/apelativen sad) und drittinstanzlich der Oberste Kassationsgerichtshof (Върховен касационен съд/Varhoven kasatsionen sad). Die Rayongerichte sind in allen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständig, soweit nicht gesetzlich die Zuständigkeit den Bezirksgerichten zugewiesen ist (Artt.  63 Abs.  1, 76 bulgGVG i. V. m. Art.  103 bulgZPO). Vor die Bezirksgerichte gehören erstinstanzlich z. B. Verfahren über die Feststellung oder die Anfechtung der Abstammung oder Verfahren über die Beendigung einer Adoption (Art.  104 Nr.  1 bulgZPO). Besetzt ist das Rayongericht grundsätzlich mit einem Einzelrichter (Art.  78 bulgGVG i. V. m. Art.  20 bulgZPO). Gleiches gilt für das Bezirksgericht im ersten Rechtszug (Art.  82 Abs.  1 Nr.  2 bulgGVG). Für Berufungen und Beschwerden gegen Entscheidungen der Rayongerichte zuständig sind die Bezirksgerichte (Art.  63 Abs.  2 bulgGVG), gegen erstinstanzliche Entscheidungen der Bezirksgerichte wiederum die Appellationsgerichte (Art.  63 Abs.  4 i. V. m. Art.  101 Abs.  1 bulgGVG). Besetzt ist das Berufungsgericht prinzipiell mit drei Richtern (Art.  83 Abs.  1 bulgGVG), ebenso das Appellationsgericht (Art.  105 bulgGVG). Der Oberste Kassations­ gerichtshof entscheidet in Zivilsachen über Rechtsmittel der Revision (vgl. Art.  63 Abs.  7 i. V. m. Art.  108 Abs.  1 S.  1 bulgGVG). Er besteht aus Straf-, Zivil- und Handelskollegien, die sich in Abteilungen untergliedern (Art.  109 Abs.  2 und 4 bulgGVG). Der Oberste Kassa­tions­ge­richts­ hof entscheidet grundsätzlich in der Besetzung von drei Richtern (Art.  110 Nr.  1 bulgGVG). Ausf. zum Ganzen Zlateva, Pomagalo, S.  30–37 und (tabellarische Übersicht) S.  429–­432. 22  Tokushev, Istoria (1878–1944), S.  132 und 141 f., mit dem wichtigen Hinweis auf den bis Ende des 19.  Jahrhunderts bestehenden Mangel an juristisch vorgebildeten Personen (ders., ibd., S.  137 f. und 144). Am 1.5.1889 gab es im Fürstentum Bulgarien 256 Rechtsanwälte und 102 Anwaltsgehilfen. Nur 35 von ihnen hatten eine juristische Ausbildung (Tokushev, ibd., S.  146). Erst mit Inkrafttreten des Gesetzes über den Aufbau der Gerichte von 1899 (DV Nr.  7 v. 12.1.1899; aufgehoben) durften gem. dessen Art.  115 Abs.  1 ausschließlich Personen mit einer juristischen Ausbildung den Beruf des Rechtsanwalts ausüben. Die schlechte Juristenausbil­ dung wirkte sich schließlich Jahrzehnte lang negativ auf den Anwaltsberuf aus (Tokushev, ibd., S.  147). Zum heutigen Stand der Juristenausbildung in Bulgarien äußerst kritisch Bregov, Obshtestvo i pravo 2017, №  10, 61–65. 23  Maesch, Kodifikation, S.  20. 24  Kutikov, MCP, S.  173. 25  Kutikov, MCP, S.  175.

§  2. Einführung in die bulgarische (Rechts-)Geschichte, -Praxis und -Wissenschaft

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weisungsrecht war die Verstreuung einzelner kollisionsrechtlicher Bestimmungen in einer Vielzahl von Gesetzen. Solche fand man sogar in der Verfassung: Art.  63 bulgVerf von 187926 unterstellte im Inland situiertes Immobiliarvermögen bulgarischem Recht, selbst wenn es im Eigentum eines Ausländers stand. Als weiteres Beispiel diene Art.  88 bulgErbG i.F. von 1890.27 Nach dieser Vorschrift war das von einem bulgarischen Staatsbürger im Ausland verfasste Testament formwirksam, falls es den Anforderungen des bulgarischen Rechts entsprach. Nach dem Beitritt Bulgariens zum Völkerbund, vorgesehen im Friedensvertrag von Neuilly-sur-Seine vom 27.11.1919, trat das Land einigen internationalen Konventionen bei. Hiezu gehören das Pariser Übereinkommen zum Schutz des gewerblichen Eigentums von 188328 und das Berner Übereinkommen zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst von 1886.29; 30 b) Rolle der Lehre Seine Entwicklung verdankt das bulgarische IPR der Lehre. Der Begriff „Internationales Privatrecht“ tauchte erstmalig 1905 im Schrifttum auf. In den folgenden Jahren nahm sich Mihail Popoviliev (1873–1928) in einer Aufsatzreihe der Grundlagen des IPR an, während sich Josef Fadenchecht (1873–1953) in seinem Lehrbuch zum Zivilrecht von 1929 mit ausgewählten Fragen des IPR auseinandersetzte. Im selben Jahr veröffentlichte Ivan Altanov (1892–1972) als erster ein Buch über das Internationale Familienrecht: Die Ehescheidungskonflikte in Bulgarien.31 Vier Jahre später gelang Stojan Danev (1858–1949) mit „Kurze An­ leitung über das IPR“32 eine Gesamtdarstellung des bulgarischen Kollisionsrechts. Seine Lehren entwickelte schließlich Georgi Genov (1885–1967) weiter in dessen 1942 erschienenem Lehrbuch über das IPR.33 Diese Untersuchungen

26  Aufgehoben, DV Nr.  284 v. 6.12.1947. Zu der Entstehung und dem Inhalt dieser Konstitu­ tion ausführlich Tokushev, Istoria (1878–1944), S.  50–94. 27  DV Nr.  20 v. 25.1.1890; aufgehoben, DV Nr.  22 v. 29.1.1949. 28  DV Nr.  75 v. 24.9.1965; RGBl. 1903, S.  147. 29  DV Nr.  53 v. 6.7.1974; geltende Fassung: DV Nr.  76 v. 30.9.1980. Urfassung: RGBl. 1887, S.  493; Pariser Fassung: BGBl. 1973 II, S.  1069, geändert am 2.10.1979, BGBl. 1985 II, S.  81. 30  Vgl. Kutikov, MCP, S.  179; Maesch, Kodifikation, S.  18. Einen Überblick über die internationalen Verträge, die Bulgarien abgeschlossen hat, gibt Evtimov, Rezeption, S.  83 ff. Text des jeweiligen Staatsvertrags in ciela abrufbar. 31  Auf Bulgarisch/Originaltitel: „Бракоразводните конфликти в България“/Brakorazvodni konflikti v Bulgaria. 32  Auf Bulgarisch/Originaltitel: „Кратко ръководство по международно частно право“/ Kratko rakovodstvo po mezhdunarodno chastno pravo. 33  Auf Bulgarisch/Originaltitel: „Международно частно право“/Mezhdunarodno chastno pravo.

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schufen die Grundlage des bulgarischen IPR.34 Bedenkt man, dass die erste bulgarische Universität im Jahre 1889 gegründet wurde, und die juristische Fakultät 1892, ist die skizzierte Entwicklung selbsterklärend. IV. Sozialistische Periode (1945–1989) Nach dem zweiten Weltkrieg wird Bulgarien Volksrepublik und unter Einfluss der UdSSR zur Volksdemokratie. 1948 begann die systematische Rezeption ­sowjetischen Rechts und die Vergesellschaftung der Volkswirtschaft mit der Überführung allen bedeutsamen Privatvermögens ins Staatseigentum.35 Gesetze und Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zu der sozialistischen Verfassung und Gesetzgebung Bulgariens standen, wurden mit Gesetz vom 20.11.1951 aufgehoben.36 Der Ausbau des sozialistischen IPR setzte schon 1945 mit der Beseitigung des kirchlichen Monopols für die Eheschließung an.37 In den Novellen des Familienrechts von 196838 und 198539 reformierte der Gesetzgeber zwar die familienrechtlichen Kollisionsnormen, verharrte jedoch bei der Geltung einseitiger Verweisungsvorschriften. Im Gegensatz zum Internationalen Familienrecht blieben das Internationale Namens-, Erb- und Sachenrecht ohne jedwede Reglementierung. Gleiches galt für die Geschäftsführung ohne Auftrag sowie das Schuldvertrags-, Delikts- und Bereicherungsrecht. Der Allgemeine Teil des IPR hingegen erfuhr eine unvollkommene, dafür aber mehrfache Kodifizierung in verschiedenen Gesetzen, was die Rechtsanwendung zusätzlich erschwerte.40 Die Blüte des bulgarischen IPR stellten in dieser Zeit bilaterale Rechtshilfe­ abkommen (RHAbk) mit anderen sozialistischen, vereinzelt auch nichtsozialistischen Staaten (z. B. Österreich41) dar.42 Selbst nach dem Zerfall der Sowjetunion und der Föderativen Republik Jugoslawien schloss Bulgarien solche Abkommen. Die zweiseitigen Verträge wollen die Entscheidungsharmonie innerhalb der 34 

Die Begründer des bulgarischen IPR waren in der Regel Absolventen ausländischer Universitäten in Deutschland, Frankreich, Österreich-Ungarn, Italien und Russland; vgl. Maesch, Kodifikation, S.  21 m. w. N. 35  Vgl. Maesch, Kodifikation, S.  23 f. 36  Eingehend dazu Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  60 f. 37  Gesetzesverordnung über die Ehe vom 12.5.1945 (DV Nr.  108 v. 12.5.1945; aufgehoben, DV Nr.  128 v. 9.8.1949). 38  DV Nr.  23 v. 22.3.1968; aufgehoben, DV Nr.  41 v. 28.5.1985. 39  DV Nr.  41 v. 28.5.1985; aufgehoben, DV. Nr.  47 v. 23.6.2009; hierzu Jessel-Holst, ­RabelsZ 51 (1987), 35 ff. 40  Näher Maesch, Kodifikation, S.  29 f. m. w. N. 41  DV Nr.  79 v. 10.10.1969. 42  Angaben zu den RHAbk Bulgariens bei Maesch, Kodifikation, S.  333–336 (Anhang I); zum RHAbk zwischen Bulgarien und Georgien s. Vashakidze, IPR von Georgien, S.  20 f.

§  2. Einführung in die bulgarische (Rechts-)Geschichte, -Praxis und -Wissenschaft

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sozialistischen Staaten fördern.43 Darum weisen alle RHAbk einen ähnlichen Aufbau und Inhalt auf:44 Einesteils enthalten sie Vorschriften über die Rechts­ hilfe sowie die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheide. Andernteils beherbergen die meisten Abkommen auch Kollisionsnormen, die in aller Regel das Personen-, Familien- und Erbrecht betreffen, streng zweiseitig verweisen und in persönlicher Hinsicht nur für Staatsangehörige der Vertragsstaaten gelten.45 Hinzu kommen RHAbk auf dem Gebiet des Strafrechts.46 Während der sozialistischen Zeit war die Bedeutung der RHAbk sehr groß. Denn aus ihnen hatte man allgemeine Prinzipien für das gesamte lückenhafte IPR Bulgariens hergeleitet.47 V. Periode der Rechtstransformation (1990–2004) 1989 brach das kommunistische System zusammen. Zwei Jahre später verabschiedete das Parlament eine neue Verfassung (1991)48 und reformierte anschließend das Zivil- und Wirtschaftsrecht.49 Im Hinblick auf die angestrebte Mitgliedschaft in der Europäischen Union kam es 1993 zur Unterzeichnung des Europa-­ Abkommens.50 Bulgarien war nun zur Angleichung seines nationalen Rechts an den gemeinschaftlichen Besitzstand, den acquis communautaire, verpflichtet.51 In den folgenden Jahren kam es daher zu einer punktuellen Überarbeitung des Kollisionsrechts. So z. B. bewirkte der Beitritt Bulgariens zum HAÜ52 eine Re43 

Drobnig, OER 6 (1960), 154, 156. Drobnig, OER 6 (1960), 154, 165, vermutete einen unveröffentlichten Mustervertrag über die Rechtshilfeabkommen. 45  S. zum georgischen IPR Vashakidze, IPR von Georgien, S.  20. 46  Näher Maesch, Kodifikation, S.  25 f. 47  S. Popov, RabelsZ 41 (1977) 726, 728 und 730; Maesch, Kodifikation, S.  50 f., 54 f., mit Hinweisen zur Gegenansicht. 48  DV Nr.  39 v. 18.5.1971; aufgehoben, DV Nr.  56 v. 13.7.1991; deutsche Übersetzung bei Evtimov, Assoziierung, S.  131 ff. (Anhang), und der., Rezeption, Anhang III. Eine deutsche Übersetzung der bulgarischen Verfassung von 1991 ist zudem im Internet abrufbar unter: (zuletzt angesehen am 14.10.2019). 49  Ausführlich Tassev, JOR 37 (1996), 81, 91 ff. 50  Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Bulgarien andererseits vom 8.3.1993 (ABl. 1994 L 358, S.  3; s. a. DV Nr.  61 v. 7.7.1995); in Kraft getreten am 1.2.1995. Näher dazu Evtimov, Rezeption, S.  150 ff.; ders., Assoziierung, S.  37–80. 51  Maesch, Kodifikation, S.  32; Evtimov, Assoziierung, S.  55–71. 52  Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoptionen v. 29.5.1993 (BGBl. 2001 II, S.  1035); für Bulgarien in Kraft seit dem 1.9.2002; abgedr. in Jayme/Hausmann, Nr.  223; aktueller Stand der Teilnahmestaaten im Internet unter: (zuletzt angesehen am 1.9.2019). 44 

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form des internationalen Adoptionsrechts, geregelt damals in Artt.  136 ff. FamKodex a. F. (1985).53 Ferner setzte man im Jahr 2003 das Römische EWG-­ Schuldvertragsübereinkommen vom 19.6.198054 in Artt.  437 ff. bulgGSV55 um.56 Unter diesen Vorzeichen häuften sich schließlich die Versuche zur Kodifizierung des IPR. Der Entwurf eines Gesetzes über die Kollisionsnormen von 193657 fand keine Zustimmung in der Literatur,58 weil es an eigenen kollisionsrecht­ lichen Bestimmungen gefehlt habe.59; 60 Einen weiteren Streitpunkt bildete das Internationale Familienrecht, denn für den muslimischen Teil der Bevölkerung galt das Scheriatsrecht fort. Interreligiöse Regelungen gab es indessen nicht und jede religiöse Minderheit hatte Zugang zu einer eigenen Gerichtsbarkeit.61 Der Entwurf von 1936 war deshalb im Vornherein zum Scheitern verurteilt. Gleichwohl war er für seine Zeit durchaus vorbildlich.62 Als Beispiel diene sein Art.  21: Dessen Abs.  1 unterstellte das Eltern-Kind-Verhältnis zwischen einem nichtehelichen Kind und seinen Eltern dem gemeinsamen Heimatrecht von Mutter und Kind – und eben nicht dem Heimatrecht des Vaters, wie es zu jener Zeit üblich war. Abs.  2 erklärte bulgarisches Recht für maßgebend, wenn die nicht miteinander verheirateten Eltern im Augenblick der Geburt einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatten und das bulgarische Recht günstiger für das Kind war.63 In den Jahren 1979, 1985 und 1999 folgten weitere Kodifikationsversuche, welche das IPR als integralen Teil des Zivilgesetzbuchs vorsahen. Sie scheiterten.64 Am Schluss blieb es mangels Konsolidierung bei der vorhandenen Zersplitterung des bulgarischen IPR: Die Kollisionsnormen waren stets in jenem Gesetz verortet, zu dem sie sachlich gehörten. 1993 existierten in Bulgarien über 40 Rechtsakte (Gesetze, Ordnungen und Erlasse) mit Verweisungsvorschriften.65 53 

S.a. Maesch, Kodifikation, S.  34 f. BGBl. 1986 II, S.  810; Text bei Jayme/Hausmann, Nr.  70. 55  DV Nr.  2. 5.12.1950; deutsche Übersetzung in IPRax 2004, 158 ff., und bei Breidenbach (Hrsg.), HdbWiRO, Bd.  1, BG 220 (Stand: Juni 2019). 56  Hiezu Maesch, Kodifikation, S.  35 f. m. w. N. 57  Abgedr. bei Genov, MCP, S.  558 ff. (zit. nach Maesch, Kodifikation, S.  39, Fn.  2). 58  Einzelheiten bei Maesch, Kodifikation, S.  39–41. 59  Vgl. Kutikov, MCP, S.  180 f. 60  Der Entwurf war dem polnischen IPRG vom 2.8.1926 nachgebildet: Gesetz vom 2.8.1926, Dz. U. Nr.  101, Pos. 581, über das für internationale Privatrechtsverhältnisse geltende Recht; Gesetz vom 2.8.1926, Dz. U. Nr.  101, Pos. 580, über das für die innere Verhältnisse geltende Recht (zit. nach Maesch, Kodifikation, S.  39, Fn.  3). Vereinzelt hatten aber auch deutsche und italienische Kollisionsvorschriften Pate gestanden (s. Kutikov, MCP, S.  181). 61  Näher Maesch, Kodifikation, S.  41 m. w. N. 62  Maesch, Kodifikation, S.  40; Todorov, Pravootnoshenia, S.  239, Tz.  110. 63  S. Todorov, Pravootnoshenia, S.  239, Tz.  110. 64  Eingehend Maesch, Kodifikation, S.  41 ff. 65  Maesch, Kodifikation, S.  34 m. w. N. 54 

§  2. Einführung in die bulgarische (Rechts-)Geschichte, -Praxis und -Wissenschaft

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VI. Beitritt Bulgariens zur EU (2007) Seit dem 1.1.2007 ist Bulgarien EU-Mitgliedstaat. Ab diesem Zeitpunkt findet das Europäische (Kollisions-)Recht Anwendung.66 Das stellt den bulgarischen Rechtsanwender auf eine harte Probe. Ihr Ende ist derzeit nicht in Sicht; das verdeutlichen die ausgewerteten Gerichtsentscheide. B. Aktuelle Bedeutung der Rechtsprechung Die sozialistische Rechtstheorie sprach den Gerichten eine Rechtsfortbildungskompetenz ab. Die Funktion der Rechtsprechung sei auf die Anwendung der Gesetze beschränkt.67 Diese Haltung nimmt man selbst heutzutage ein.68 Die nach Inkrafttreten des bulgIPRGB veröffentlichten Gerichtsentscheide im IntFamR verlautbaren eine wohl aus der Komplexität der Rechtsmaterie erwachsende Unsicherheit bei der Bearbeitung familienrechtlicher Fälle mit Auslandsbezug. Darum hält man sich bloß an den Buchstaben des Gesetzes, obschon Art.  46 Abs.  1 und 2 bulgGNA eine Auslegung nach Sinn und Zweck präferiert.69 Gesamtzusammenhänge bleiben dann außer Acht und die Rechtslage wird letztlich oft verkannt. Die knappen und bündigen Entscheidungsbegründungen (selten länger als ein DIN-A4-Blatt) fügen sich in diese Praxis ein. Dies ist im Ansatz nicht zu beanstanden. Doch wer so verfährt, der nimmt zu Lasten der Rechtssicherheit in Kauf, auf grundlegende Fragen (z. B. nach der Qualifikation) keine hinreichend klare Antwort gegeben zu haben. Das gilt erst recht dann, wenn die Entscheidungsbegründung, sei es eines Instanzgerichts, sei es des Obersten Kassationsgerichtshofs, in der bloßen Wiedergabe oder bedeutungsgleichen Umschreibung des Gesetzestextes besteht. Ferner blenden die Gerichte Argumente des wissenschaftlichen Schrifttums aus. In der Begründung ihrer Entscheide nehmen die Richter in aller Regel keinen Bezug auf andere gerichtliche Entscheidungen und/oder Literaturmeinungen. Ein Rechtsproblem wird zudem sel66 

Vgl. Art.  2 der Beitrittsakte (ABl. 2005 L 157). Vgl. Maesch, Kodifikation, S.  62 m. w. N. 68  Vladimirov, MCP, S.  26 (das Richterrecht sei keine eigenständige Rechtsquelle). 69  Art.  46 des Gesetzes über die Normativakte lautet: „(1) Die Regelungen der Normativakte werden gemäß ihrem genauen Sinn angewandt, und, wenn sie unklar sind, nach dem Sinn ausgelegt, welcher am ehesten anderen Regelungen, dem Zweck des auszulegenden Aktes und den grundlegenden Rechtsprinzipien der Republik Bulgarien entspricht. (2) Wenn der Normativakt unvollständig ist, werden für die von ihm nicht geregelten Fälle die Regelungen angewendet, die für vergleichbare Fälle gelten, vorausgesetzt, das entspricht dem Zweck des Aktes. Wenn solche Regelungen fehlen, sind die Verhältnisse nach den grundlegenden Rechtsprinzipien der Republik Bulgarien zu regeln. (3) Strafrechtliche, administrative und disziplinarische Verantwortung kann nicht nach dem vorstehenden Absatz begründet werden.“ (Übersetzung durch den Verfasser). 67 

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ten herausgearbeitet und anschließend abwägend einer Lösung zugeführt, sondern „verschleiert“. Dem Rechtsanwender bleibt folglich nichts anderes übrig, als sich unumstößlich mit aller Kraft nur am Wortlaut einer Norm festzuhalten. Die Schlussfolgerung daraus ist kühn: Stehe eine Rechtsposition nicht schwarz auf weiß im Gesetz, so gebe es sie nicht. Im Hinblick auf die Regelung des Art.  5 S.  2 bulgZPO vermag ein solches Verständnis nicht zu befriedigen.70 Die Norm billigt dem Richter nachgerade die Aufgabe einer Lückenfüllung modo legislatoris zu. Es bleibt zu hoffen, dass die bulgarischen Gerichte ihre Praxis in Bälde ändern. C. Rechtswissenschaft und Lehre Wie bereits erwähnt, war die Wissenschaft der Motor für die Entwicklung des bulgarischen IPR. Selbst nach dem Beitritt Bulgariens zur EU bleibt sie es auch – natürlich in einem neuen Gewand. Die Lehre ist nunmehr um die Darstellung des geltenden Europäischen Kollisionsrechts bemüht. Erschienen sind bisher jeweils ein Kommentar in erster Auflage zur Brüssel IIa-VO (im Jahr 2014)71, Brüssel I-VO (2012)72 und Rom  I-VO (2009);73 das Autorengespann (zwischen acht und zehn Personen) ist beinah immer dasselbe. Erfreulich ist die Tendenz zur kritischen Auseinandersetzung mit ergangenen Entscheidungen bulgarischer Gerichte. Trotzdem darf man diesen Umstand nicht überbewerten: Die Kommentarliteratur bleibt von deutschen Standards weit entfernt. Die Autoren behandeln die zugegebenermaßen heikle Materie des IPR/IntFamR recht häufig oberflächlich, viele Fragen lassen sie offen. Für den bulgarischen Juristen ist das Hauptproblem beim Erlernen des IPR zwiefach bedingt: Erstens findet er die Grundlagen dieses Rechtsgebiets weder systematisch noch dogmatisch aufbereitet. Zweitens mangelt es ihm an einem IPR-Problembewusstsein. Und so verwundert es wenig, wenn die Rechtsprechung solche Literaturquellen nicht zu Rate zieht und die Anwendung des autonomen Kollisions- und des eigenen Sachrechts mit allen Kräften anstrebt.74 70  Art.  5 bulgZPO lautet: „Das Gericht beurteilt und entscheidet den Rechtsstreit nach dem genauen Sinn der Gesetze, und wenn diese unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind – gemäß ihrer allgemeinen Vernunft. Beim Fehlen eines Gesetzes stützt das Gericht seine Entscheidung auf die Grund­sätze des Rechts, das Gewohnheitsrecht und die Moral.“ (Übersetzung durch den Verfasser). 71  Natov et al., Brüssel IIa-VO. 72  Natov et al., Brüssel I-VO. 73  Natov et al., Rom  I-VO. 74  Eher verwirrend wirken deshalb die Ausführungen von Vladimirov, MCP, S.  27: Die Vertreter der Doktrin hätten einen starken Einfluss auf die Rechtsprechung im IPR; auch würden sich die Gerichte „bereitwillig“ deren Ansichten anschließen. Die Aussage belegt er mit einer Fußnote, die auf französisches Schrifttum verweist. Der Lehre bescheinigt er zudem die Funktion eines „zuverlässigen Kompasses“ für „das richtige Verständnis der Rechtsquellen des IPR“.

1.  Teil

Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR Als Teil der bulgarischen Rechtsordnung steht das IPR in der Normenhierarchie dem Recht seines Ranges gleich. Es ist sowohl auf internationaler wie nationaler und Unionsebene geregelt.

§  1. Quellen, Ziel und Inhalt des IPR A. Allgemeines Nach Art.  3 Abs.  1 bulgIPRGB geht staatsvertragliches Kollisionsrecht (multilaterale1 wie bilaterale2 Abkommen) dem national gesetzten innerstaatlichen, also autonomen Kollisionsrecht vor.3 Die Vorschrift hat nur klarstellende Bedeutung.4 Der Vorrang des Europäischen Kollisionsrechts dagegen ergibt sich aus dem Unionsrecht selbst.5 Für von der EU abgeschlossene Staatsverträge folgt dies aus Art.  216 Abs.  2 AEUV.6 Verordnungen gelten gem. Art.  288 Abs.  2 AUEV unmittelbar in jedem teilnehmenden Mitgliedstaat und genießen deshalb Anwendungsvorrang vor dem nationalen Recht. An dieser Rechtsqualität ändert sich nichts, wenn Verordnungen wie EuGüVO und Rom  III-VO auf der Grundlage 1  Dazu zählen v. a. die Haager Übereinkommen (z. B. HUÜ 1973 bzw. 2007, HUntProt, KSÜ, HKÜ). 2  Z.B. das RHAbk betr. zivil-, familien- und strafrechtliche Angelegenheiten, etwa mit Kuba v. 11.4.1979 (DV Nr.  85 v. 31.10.1980; in Kraft seit 25.7.1980); dazu schon Einleitung, §  2. A. IV. 3  Ausführlich Todorov, MCP, S.  50–70; Stancheva-Mincheva, Art.  3 bulgIPRGB, S.  33 ff. 4  Das ist bei Art.  3 Nr.  2 EGBGB umstr.; einerseits (deklaratorische Wirkung) BaRo/Lorenz, Art.  3 EGBGB, Rn.  4; Erman/Hohloch (2017), Art.  3 EGBGB, Rn.  12; v. Hoffmann/Thorn, IPR, §  1, Rn.  75; MüKo BGB/v. Hein (2018), Art.  3 EGBGB, Rn.  172; andererseits (konstitutive Funktion) Gottschalk, IPR, S.  36 (Fn.  95); Meyer-Sparenberg, Staatsvertragliche Kollisionsnormen, S.  68 f.; Staudinger/Hausmann (2013), Art.  3 EGBGB, Rn.  27; NK-BGB/Freitag (2016), Art.  3 EGBGB, Rn.  75. 5  S.a. Marinova, Nauchni trudove 2017, Bd.  XVI, 99, 101. 6  Zur Vorrangwirkung der von der Union geschlossenen Abkommen gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten s. Mögele, in: Streinz, Art.  216 AEUV, Rn.  60; Hummer, in: Vedder et al., Art.  216 AUEV, Rn.  22, jew. m. w. N.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

einer Verstärkten Zusammenarbeit zustande kommen.7 Kollisionsnormen in Richt­ linien können wiederum dem Kollisionsrecht der Verordnungen als unionsrechtliche lex specialis vorgehen (z. B. nach Art.  23 Rom  I-VO, Art.  27 Rom  II-VO).8 Vorrangregeln betreffend das Verhältnis kollisionsrechtlicher Staatsverträge zu Regelungen der EU enthalten ausdrücklich Art.  19 Rom  III-VO, Art.  62 ­EuGüVO und Art.  75 EuErbVO. B. Staatsvertragliches Kollisionsrecht Einen relativ kleinen Teil des bulgarischen IPR bildet das staatsvertragliche, also zwischenstaatliche Recht. Hierher gehören die bereits erwähnten RHAbk9 und Haager Verträge.10; 11 C. Autonomes Kollisionsrecht I. Gesetzbuch über das Internationale Privatrecht12 Das bulgIPRGB stellt die erste Kodifikation des IPR Bulgariens dar. Ihre Anfänge und Versuche gehen dagegen bis ins Jahr 1936 zurück.13 Am 21. Mai 2005 trat das bulgIPRGB in Kraft. Seitdem hat es „nur“ drei (unbedeutende) Änderungen erfahren, was für die Praxis des bulgarischen Regelgebers äußerst ungewöhnlich ist. Das mag teils an der Vielschichtigkeit der Materie, teils an den gesetzgeberischen Bestrebungen liegen, für Kontinuität im IPR und damit für Rechtssicherheit zu sorgen. 7 

S. nur MüKo BGB/v. Hein (2018), Art.  3 EGBGB, Rn.  45. MüKo BGB/v. Hein (2018), Art.  3 EGBGB, Rn.  75. 9  S. exemplarisch Bezirksgericht Burgas, Urt. №  1177 v. 27.11.2015 i. d. Rs. №  1515/2015; Bezirksgericht Varna, Urt. №  1137 v. 4.7.2017 i. d. Rs. №  2204/2016; jew. zit. nach ciela. Beiden Entscheiden lag ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde: Eigentumserwerb mehrerer Immobilien in Bulgarien durch russische Ehegatten. Zur Anwendung kam das gem. Art.  23 Abs.  1 RHAbk zwischen der Volksrepublik Bulgarien und der Sowjetunion (DV Nr.  12 v. 10.2.1976, zuletzt geändert DV Nr.  17 v. 28.2.2014) berufene russische (so vor dem Bezirksgericht ­Burgas) bzw. bulgarische (im Verfahren vor dem Bezirksgericht Varna) Güterrecht. Verkannt (bei vergleichbarem Sachverhalt) von Rayongericht Tsarevo, Urt. №  198 v. 4.7.2018 i. d. Rs. №  491/­ 2017, und – im Gerichtsbezirk des Bezirksgerichts Burgas liegenden – Rayongericht Nesebar, Urt. №  199 v. 30.10.2019 i. d. Rs. №920/2018; beide Gerichte wendeten ohne nähere Auseinandersetzung Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB an. 10  Über Haager Verträge, an welchen Bulgarien teilnimmt, informiert das jeweilige, in dieser Arbeit behandelte Einzelrechtsgebiet im Ingress. 11  Zur Umsetzung des Völkerrechts in das nationale bulgarische Recht s. Maesch, Kodifikation, S.  87 ff. 12  Zur Entstehungsgeschichte s. Maesch, Kodifikation, S.  69–77. 13  Siehe dazu Einleitung, §  2. A. V.; eingehend Maesch, Kodifikation, S.  39–68. 8 

§  1. Quellen, Ziel und Inhalt des IPR

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Intertemporale Regelungen enthält das bulgIPRGB nicht. Man muss sich deshalb auf den Grundsatz besinnen: Auf Vorgänge, die bis zum Inkrafttreten des bulgIPRGB am 21. Mai 2005 abgeschlossen sind, bleibt das bisherige Kollisions­ recht anwendbar.14 Dieses war in zahlreichen Gesetzen, Ordnungen und Erlassen verstreut. Ein eigenständiges Gesetzeswerk gab es also nicht. Es wurden stets nur vereinzelte IPR-Bestimmung hie und da normativ festgehalten.15 Für den Bereich des IntFamR finden sich die Verweisungsvorschriften in Artt.  129–143 FamKodex a. F. (1985).16 II. Struktur des bulgIPRGB Das bulgIPRGB besteht aus vier Teilen, elf Kapiteln und 124 Artikeln. Kodifiziert ist sowohl das Internationale Zivilverfahrens- wie das Kollisionsrecht. Das Gesetzbuch gliedert sich in einen Allgemeinen Teil und einen Besonderen, letzterer wiederum in die Einzelgebiete des IPR.

14  A. A.

(Anwendung des neuen IPR, doch ohne auf das Problem einzugehen) Sofioter Stadtgericht, Urt. №  3984 v. 4.6.2019 i. d. Rs. №  6025/2016; Bezirksgericht Burgas, Urt. №  454 v. 28.5.2019 i. d. Rs. №  593/2018 (Eheschließung in Frankreich am 7.5.2005 und damit vor dem Inkrafttreten des bulgIPRGB am 21.5.2005; Eheform trotzdem gem. Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB angeknüpft); Bezirksgericht Varna, Urt. №  1137 v. 4.7.2017 i. d. Rs. №  2204/2016; Bezirksgericht Dobrich, Urt. №  150 v. 6.6.2017 i. d. Rs. №  108/2017 (bestätigt durch den Obersten Kassationsgerichtshof, Beschl. №  299 v. 6.6.2018 i. d. Rs. №  3581/2017: Eheschließung zwischen einer Bulgarin und einem Deutschen im Jahr 1993 in Deutschland; Erwerb in Bul­ garien belegenen unbeweglichen Vermögens durch die Frau während der Ehedauer. Das Berufungsgericht beurteilte den Eigentumserwerb des Mannes nach gem. Art.  65 Abs.  1 bulgIPRGB berufenem bulgarischem (Familien-)Recht in seiner Geltung zur Zeit des Abschlusses der Kaufverträge in den Jahren 2003 und 2004, also gem. Art.  19 Abs.  1 FamKodex i. d. F. von 1985); Rayongericht Burgas, Urt. №  901 v. 26.7.2017 i. d. Rs. №  5255/2015; Rayongericht Gorna Oryahovitsa, Urt. №  230 v. 7.6.2017 i. d. Rs. №  942/2017; Rayongricht Ruse, Urt. №  1246 v. 1.8.2014 i. d. Rs. №  7881/2013 (Erwerb einer in Bulgarien belegenen Immobilie im Jahr 1999 durch den in Italien lebenden bulgarischen Ehegatten einer Italienerin. Das Gericht unterstellte die vermögensrechtlichen Beziehungen der nunmehr geschiedenen Eheleute italienischem (Sach-)Recht gem. Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB); jew. zit. nach ciela. Ob die Rechtsprechung die Rückwirkung auf einzelne Kollisionsvorschriften beschränken will, soweit diese bis zum Inkrafttreten des bulgIPRGB nicht kodifizierte Bereiche des IPR betreffen, oder von einer Rückwirkung aller Verweisungsnormen des bulgIPRGB ausgeht, lässt sich nicht abschließend beurteilen. Eine Rückwirkung der neuen IPR-Normen befürwortet (ohne nähere Begründung) S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  102; dagegen überzeugend Maesch, Kodifikation, S.  181 m. w. N. 15  Näher Maesch, Kodifikation, S.  45 m. w. N. 16  Siehe Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  10751 v. 18.7.2011 i. d. Rs. №  15504/­ 2010 – ciela (Eheschließung durch bulgarische Staatsangehörige in den USA (Florida) im Jahr 2003; kollisionsrechtliche Prüfung des Art.  129 Abs.  1 FamKodex i. d. F. von 1985).

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

Das vierte Kapitel (Artt.  39–47 bulgIPRGB) behandelt die Grundbegriffe des IPR, leider nicht abschließend (die Vorfrage und die Gesetzesumgehung blieben bsplw. ungeregelt). Das besondere Verweisungsrecht ist in sieben Kapitel (Fünftes bis Elftes Kapitel) unterteilt: Internationale natürliche und juristische Personen sowie Personengesamtheiten (Artt.  48–60), Internationale Rechtsgeschäfte (Artt.  61–63), Internationales Sachenrecht (Artt.  64–74), Internationales Fami­ lienrecht (Artt.  75–88), Internationales Erbrecht (Artt.  89–92) und Internationales Schuldrecht (Artt.  93–116). Das erstes Kapitel handelt von der internationalen Zuständigkeit17 bulgarischer Gerichte und das zwölfte Kapitel von der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile und Akte.18 III. Kollisionsnormen in Nebengesetzen und Gewohnheitskollisionsrecht Verweisungsvorschriften sind auch außerhalb des bulgIPRGB verortet. Zudem kommt das Gewohnheitsrecht als weitere IPR-Quelle in Betracht. 1. IPR-Nebengesetze Kollisionsnormen halten Artt.  563–572 bulgHG19 für das Internationale Wechsel- und Scheckrecht bereit und Artt.  757–760 leg.cit. für das Internationale Insolvenzrecht. Gemäß Art.  3 Abs.  1 Var.  3 bulgIPRGB gehen diese IPR-Bestimmungen den Kollisionsvorschriften des bulgIPRGB als lex specialis vor. Zuerst muss man freilich einen Anwendungsvorrang des Europäischen Kollisionsrechts oder eines Staatsvertrags prüfen.20

17  Als Synonym gebräuchlich sind außerdem die Termini „юрисдикция“/yurisdiktsia/Jurisdiktion (so z. B. Natov, in: Natov et al., Mezhdunarodniyat dogovor, S.  128) und „международна подведомственост“/mezhdunarodna podvedomstvenost/internationale Gerichtsbarkeit resp. „международна подсъдност“/mezhdunarodna podsadnost/internationale Gerichtsbarkeit (etwa Tschipev, Mezhdunarodna podvedomstvenost, S.  12, bzw. Popova, Aktualni problemi na Evropeyskia grazhdanski protses, S.  27); gegen diese Terminologie Pandov, Mezhdunarodna kompetentnost, S.  18 ff. 18  Zum Regelungsgegenstand des bulgIPRGB s. Maesch, Kodifikation, S.  77–86. 19  Deutsche Übersetzung bei Breidenbach (Hrsg.), HdbWiRO, Bd.  1, BG 300 (Stand: Juni 2019). Hiezu Todorov, Subekti, S.  447 ff., Tz.  301–322 m. w. N. Bulgarien ist kein Signatarstaat des Genfer Abkommens über Bestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Wechsel­ privatrechts v 7.6.1930 (RGBl. 1933 II, S.  444; abgedr. bei Jayme/Hausmann, Nr.  120) und des Genfer Abkommens über Bestimmungen des internationalen Scheckprivatrechts v. 19.3.1931 (RGBl. 1933 II, S.  594; abgedr. in Jayme/Hausmann, Nr.  121). 20  S.a. Maesch, Kodifikation, S.  87.

§  1. Quellen, Ziel und Inhalt des IPR

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2. Gewohnheitsrecht Solches kann im IPR dort entstehen, wo eine Rechtsfrage keine gesetzliche Reglementierung erfahren hat. Mit der Kodifizierung und der fortschreitenden Europäisierung des IPR/IntFamR ist der Geltungsbereich des Gewohnheitsrechts stark geschmälert.21 Entwicklungspotenzial hat es derzeit im Allgemeinen Teil des IPR, wenn es um die Vorfrage, die Gesetzesumgehung oder die Anpassung geht.22 D. Europäisches Kollisionsrecht Die mit dem Vertrag vom Amsterdam23 eingeleitete Europäisierung des IPR schreitet mit hoher Geschwindigkeit voran.24 Europäisches Kollisionsrecht ist deswegen auf dem Vormarsch. Es ist ein Sammelbegriff und sowohl in Rechts­ akten der EU wie in multilateralen Staatsverträgen enthalten. Maßgebliche Rechtsquelle zur Beurteilung der Unionskonformität des nationalen Kollisionsrechts ist zunächst das primäre Unionsrecht. Dieses genießt gegenüber dem na­ tionalen Recht Anwendungsvorrang.25 Außerdem ist das sekundäre Unionsrecht zur Verwirklichung des Binnenmarktes bedeutsam, als es zur Vereinheitlichung (durch VO) oder Angleichung (durch RL) des Rechts beiträgt. In der EU strebt man nach einem Gleichlauf der Anknüpfungsbegriffe, was eine einheitliche euro-autonome Auslegung gewährleistet.26 Für das autonom auszulegende Unionsrecht ist die Rechtsprechung des EuGH von entscheidender Bedeutung. Sie ist für den bulgarischen Rechtsraum bindend.27 21  A. A. Vladimirov, MCP (2014), S.  23, der dem Gewohnheitsrecht im IPR eine „bedeutende Rolle“ beimisst: „Einen solchen Stellenwert wie im IPR hat das Gewohnheitsrecht in keinem anderen Rechtsgebiet.“ 22  Wie hier für das georgische IPR Vashakidze, IPR von Georgien, S.  27. 23  Der Amsterdamer Vertrag v. 2.10.1997 (ABl. 1997 C 340, S.  1; BGBl. 1998 II, S.  386) ist am 1.5.1999 in Kraft getreten (BGBl. 1999 II, S.  296). 24  S. nur Roth, EWS 2011, 314 ff., MüKo BGB/v. Hein (2018), Art.  3 EGBGB, Rn.  30, und die jährlichen Berichte von Mansel/Thorn/Wagner in IPRax; MüKo BGB/v. Hein (2018), Art.  3 EGBGB, Rn.  30. Eingehend Trüten, Entwicklung des IPR in der EU; im Vorwort (Seite V) spricht er von „eine[r] wahre[n] IPR-Revolution“. Zur chronologischen Entwicklung der Kompetenzen der EU auf dem Gebiet des IPR ausf. Weller, in: Weller, Europäisches Kollisionsrecht, A, Rn.  7–16 (Programmstufen) und Rn.  17–47 (Entwicklungsstufen der Kompetenzgrundlagen). 25  Allgemein zur bulgarischen Gesetzgebung im Lichte des EU-Rechts Mihaylova, Obshtestvo i pravo 2018, №  1, 20–32. 26  So z. B. Brüssel I-VO (= EuGVVO) bzw. Brüssel Ia-VO und Rom  I-VO (s. ErwGr Nr.  7 zu Rom  I-VO) oder Brüssel II- bzw. IIa-VO (= EuEheVO) und Rom  II-VO (vgl. ErwGr Nr.  7 zu Rom  II-VO). 27  Eine Diskussion über die autonome Auslegung von Anknüpfungsbegriffen des Europäischen Kollisionsrechts beginnt in Bulgarien sich langsam zu entwickeln; s. nur Todorov, MCP, S.  135.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

Das Europäische Kollisionsrecht umfasst eine Vielzahl von Verordnungen und Richtlinien, ferner staatsvertragliche Instrumente zum internationalen Verfahrens- und Privatrecht. Für Bulgarien gelten sie seit 2007, d. h. ab dem Zeitpunkt des Beitritts Bulgariens zur EU (Art.  2 des Vertrags über den Beitritt Bulgariens und Rumäniens zur EU).28 E. Ziel und Inhalt des IPR Ziel des IPR29 ist die Ermittlung des maßgeblichen Rechts, wenn der Sachverhalt eine Auslandsberührung aufweist. Das IPR hält die Regeln dafür bereit. Im Gegensatz dazu bestimmt das Internationale Zivilverfahrensrecht, ob bulgarische Gerichte zur Entscheidung über einen Lebenssachverhalt mit Auslandsbezug international zuständig sind. Um das anwendbare Recht zu ermitteln, bedient sich das IPR einer Verweisungstechnik: Mittels einer Anknüpfung stellt es eine Verbindung zwischen dem zu beurteilenden Rechtsverhältnis und dem maßgeblichen Recht (lex causae) her.30 Damit der internationalprivatrechtlichen Gerechtigkeit Genüge getan wird, geht es dabei stets um die engste Verbindung des Rechtsverhältnisses zu einer Rechtsordnung (Art.  2 bulgIPRGB).

§  2. Kollisionsnormen A. Begriff Die Kollisionsnorm gibt an, welche Rechtsordnung für einen bestimmten multinationalen Sachverhalt anwendbar ist. Erst eine Norm aus der so berufenen Rechtsordnung entscheidet in der Sache selbst.31 Kollisionsnormen sind also Wegweiser, die den Weg zu derjenigen Rechtsordnung aufzeigen, in der man gezielt nach Rechtssätzen suchen muss, welche die gestellte Rechtsfrage letztlich beantworten sollen.32 Auf der Rechtsfolgenseite findet man somit den wesentlichen Unterschied zwischen einer Kollisionsnorm und einer Sachnorm (str.; 28  DV Nr.  103 v. 20.12.2006; in Kraft seit 1.1.2007; Stancheva-Mincheva, Art.  3 bulgIPRGB, S.  37. 29  Auch Kollisions- oder Verweisungsrecht genannt. 30  So ähnlich bereits Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  36 und 59. 31  Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  37 und 59; Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  7. 32  Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  7; Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  252. Ähnlich Todorov, MCP, S.  129, der davon spricht, dass die Kollisionsnorm lediglich die Rechtsfrage „lokalisiert“, sie also an einer Rechtsordnung „befestigt“, die wiederum eine konkrete Regelung bereithalte.

§  2. Kollisionsnormen

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mehr dazu sogleich): Während die Prüfung einer Sachnorm in eine materiellrechtliche Sachentscheidung mündet, bahnt die Kollisionsnorm nur den Weg dorthin.33 Deshalb steht diese am Anfang, und jene am Ende des international­ privatrechtlichen Gedankengangs. Jede Kollisionsnorm spricht einen Befehl aus, indem sie den Sachverhalt einer bestimmten Rechtsordnung unterstellt. Dieser (Rechtsanwendungs-)Befehl heißt Verweisung.34 Die Verweisung wiederum erfolgt auf der Grundlage einer Anknüpfung.35 So spricht man z. B. davon, dass das bulgarische Kollisionsrecht für Fragen des Sachenrechts an den Belegenheitsort der Sache „anknüpft“ (vgl. Artt.  64 f. bulgIPRGB). B. Aufbau der Kollisionsnorm Bestandteile der Kollisionsregel sind: –  der Verweisungsbegriff,36 33  Allgemein zum Unterschied zwischen Kollisions- und Sachnormen Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  252 f. 34  Auf Bulgarisch: „препращане“/preprashtane. 35  Auf Bulgarisch: „привързване“/privarzvane. 36  Auch genannt: System-, Sammel-, Rahmenbegriff, Anknüpfungs- oder Verweisungsgegenstand. Die bulgarische Literatur verwendet den Begriff „обем на отпращащата норма“ (obem na otprashtashtata norma/Umfang der Kollisionsnorm) oder „хипотеза на отпращащата норма“ (hipoteza na otprashtashtata norma/Hypothese der Kollisionsnorm); vgl. statt aller ­Vladimirov, MCP, S.  43; Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  253 und 266. Allgemein spricht die Lehre von der „Hypothese“ der Kollisionsnorm, wenn der Verweisungsbegriff („der Umfang der Kollisionsnorm“), und von der „Disposition“ der Kollisionsnorm, wenn der Anknüpfungspunkt gemeint ist; s. nur Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  79, 87, 103, 115, und Vladimirov, MCP, S.  39, 43 f. Diese Begriffe haben ihren Ursprung in der sowjetischen Normenstruktur; siehe für Geor­ gien Vashakidze, IPR von Georgien, S.  36 f. Danach setzt sich jede Norm, einschließlich der Kollisionsnorm, aus drei Bestandteilen zusammen: Hypothese, Disposition und Sanktion; vgl. statt aller nur Vladimirov, a. a. O.; Kutikov, MCP, S.  230; Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  252 f. und 266; Andreeva/Dimitrova, MCP, S.  72, Schema Nr.  40; anders Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  8 (die Kollisionsnorm sei aus zwei Elementen konstruiert: Umfang und Anknüpfungsgrund). Mit Rücksicht auf die kollisionsrechtliche Eigenart bezeichnet die Lehre die Hypothese als „Umfang der Kollisionsnorm“ (z. B. Vermögensbeziehungen der Ehegatten gem. Art.  79 Abs.  3 bulgIPRGB) und die Disposition als „Anknüpfung“, „Anknüpfungsformel“, „Anknüpfungsfaktor“ oder – so ausdrücklich Vladimirov, ibd., S.  39 – als „Anweisung über das anwendbare Gesetz“ (im Beispiel etwa das Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören, Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB). Von einer Sanktion der Kollisionsnorm spricht dagegen niemand. Man sagt also nicht, die Sanktion des Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB sei die Anwendung ausländischen/eigenen Rechts. Offenbar erkennt man, dass die Begriffe Sanktion–Anwendung ausländischen/eigenen Rechts nicht miteinander im Einklang stehen. Die meisten Autoren messen der Sanktion keinen selbstständigen Wert im

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

–  der Anknüpfungsbegriff37 und –  das aufgrund der Verweisung anwendbare Recht.38 Rahmen einer Kollisionsnorm bei und wenden fremdes, verwiesenes Recht als Folge der Anknüpfung an, obzwar sie betonen, auch eine Kollisionsnorm verfüge über eine Sanktions-Seite; s. Kutikov, ibd., S.  230 (Fn.  27); Kutikov/Todorov, ibd., S.  253, 266 (Fn.  27). Nach Vladimirov, ibd., S.  39 f., trete die Sanktion der Kollisionsnorm im Gegensatz zu deren sonstigen Bestandteilen nicht immer zutage. Es sei zulässig, „dass sie unabhängig von diesen formuliert ist“. Trotzdem sei aber die Sanktion der Verweisungsvorschrift „fest verbunden mit der Verhaltensregelung (Anm.: mit der Verhaltensregelung meint Vladimirov die Disposition der Kollisionsnorm, also die Anknüpfung/die „Anweisung über das anwendbare Gesetz“), deren Schutz sie bezweckt. Dann fügt er auf S.  40, a. a. O., hinzu: Die Sanktion „existiert stets als unerwünschte Rechtsfolge, die als Resultat einer Nichterfüllung oder ungenauen Erfüllung der Regelung eintritt, welche in der Disposition beinhaltet ist bzw. im anwendbaren Gesetz, festgestellt durch die Anweisung, welche sie ersetzt.“ Dagegen schlägt Todorov, MCP, S.  130, der Sanktion einer Norm im IPR „die negativen Folgen der Nichtbeachtung der Kollisionsnorm“ zu und exemplifiziert das am Art.  44 Abs.  2 bulgIPRGB: die Nichtanwendung fremden Rechts sowie seine falsche Auslegung und Anwendung seien Grund für ein Rechtsmittel; s. a. Atanasov, MCP-­ Obshta chast, S.  79. Kutikov, ebd., S.  230 (Fn.  27), und Kutikov/Todorov, a. a. O., S.  266 (Fn.  27), schließlich schreiben: „In den nachfolgenden Ausführungen werden oft Beispiele für Kolli­ sionsnormen gemacht. Um die Darstellung nicht zu erschweren, werden die beispielsweise genannten Kollisionsnormen ohne das dritte Element – die Sanktion – zitiert. Aber das Vorhandensein einer Sanktion in jeder Kollisionsnorm muss man immer bedenken.“ Was diese Sanktion der Kollisionsnorm allerdings sei, bleibt völlig offen. Diese künstliche Abschottung der Kollisionsnorm von der üblichen Normenstruktur, wie Vashakidze, a. a. O., es zutreffend formuliert, ist (auch) im bulgarischen IPR abzulehnen. Sie führt zu einem quasi einteiligen und zugleich zweistufigen Aufbau einer Kollisionsnorm, indem man auf Stufe eins die Sanktion einer Norm dem Tatbestand (dem Anknüpfungspunkt) zurechnet, um dann auf Stufe zwei innerhalb des Tatbestandes aus dieser Sanktion heraus die Folge (die Anwendung des berufenen Rechts) abzuleiten; anschaulich Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  252 f.; Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  8 f. Für solche Abstufungen und Änderung von Normenstrukturen gibt es indes keinen Grund. Wenn man mit dem Begriff „Sanktion“ ausschließlich Negativfolgen verbindet, dann bietet sich an, für die Zwecke des IPR einen eigenständigen Begriff zu verwenden – z. B. Folgen (последствия/posledstvia). Die herrschende Auffassung ist also abzulehnen. Sie ist dogmatisch nicht richtig. Diese Arbeit geht deshalb von einem Strukturverständnis der Kollisionsnorm aus, wie es im Vorstehenden skizziert und im Nachstehenden erläutert wird. Ferner wird die in der deutschsprachigen Literatur gebräuchliche Terminologie zugrunde gelegt. Hingewiesen sei nochmals, dass die ganz h. M. in Bulgarien anders verfährt. 37  Auch genannt: Anknüpfungspunkt, -moment, -grund, -kriterium, -merkmal. Auf Bulgarisch: „връзка“ (vrazka/Verbindung/Anknüpfung), „привръзка“ (privrazka/Anknüpfung), „указание за прилoжимото право“ (ukazanie za prilozhimo pravo/Hinweis für das anwendbare Recht), „формула на привързване“ (formula za privarzvane/Anknüpfungsformel) oder „фактор на привързване“ (faktor za privarzvane/Anknüpfungsfaktor), also die „Disposition“ der Kolli­ sionsnorm nach bulgarischer IPR-Terminologie. 38  Auch genannt: das maßgebliche Recht, die lex causae. Auf Bulgarisch: „приложимо право“/prilozhimo pravo.

§  2. Kollisionsnormen

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Die ersten zwei bilden den Tatbestand, der dritte die Rechtsfolge der Kollisionsnorm.39 Umschreiben kann man sie so: –  Verweisungsbegriff = das, was angeknüpft wird; –  Anknüpfungsbegriff = das womit angeknüpft wird; –  anwendbares Recht = das, woran angeknüpft wird.40 I. Verweisungsbegriff Der Verweisungsbegriff umschreibt in abstrakt-genereller Weise das Rechts­ problem, welches es zu lösen gilt. Er ist ein durch die gestellte Rechtsfrage bereits mitgeprägter Tatbestand, ein juristischer Tatbestand (z. B. Vermögensbeziehungen der Ehegatten, Adoption).41 Der Wortlaut des Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB gibt dieses Verständnis prägnant wieder, indem er auf die Qualifikation des Tatbestands42 oder des Verhältnisses abstellt. Die zwei Begriffe umschreiben nicht 39  A. A. die wohl h.L. in Bulgarien. Sie betrachtet den Anknüpfungsbegriff und die Verweisung auf das anwendbare Recht als ein Ganzes; s. Todorov, MCP, S.  130; Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  253; Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  79. Man sagt, der Anknüpfungsbegriff beinhalte die Anweisung für das anwendbare Recht. Deswegen spricht man (gelegentlich) davon, dass das verwiesene Recht die Anknüpfung – und nicht die Verweisung – annehme. Infolge dessen ersetzt man den Anknüpfungspunkt mit dem berufenen Sachrecht und prüft anschließend die anzuwendende Sachnorm; vgl. Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  79, 82, 85 und 87. Dieses Verständnis verdankt man – wie gerade geschildert – den Begrifflichkeiten des eigenen (bulgarischen) Rechts, denen man auf kollisionsrechtlicher Ebene verfangen bleibt. 40  Schwander, Einführung in das IPR, Bd.  I, Rn.  125; ähnlich Niederer, Qualifikation, S.  92 f.; s. a. Furrer/Girsberger/Siehr, IPR AT, Rn.  293–297. 41  So bereits v. Steiger, Rechtsfrage, S.  7 ff.; Vladimirov, MCP, S.  43 a. E., spricht davon, dass die „Hypothese“ der Kollisionsnorm den Umfang der Verweisung umreiße. Siehe ferner Bernasconi, Qualifikationsprozess, S.  78 f., 229, der das Verständnis vom juristischen Tatbestand nur auf der Tatbestandsseite der Anknüpfungsnorm gelten lassen will; Qualifikations­ gegenstand – der Rechtsfolgenseite der Anknüpfungsnorm zugeordnet – seien die Rechtssätze des verwiesenen Rechts. 42  Den Begriff „фактическия състав“ (fakticheski sastav) übersetzt Jessel-Host, RabelsZ 71 (2007), S.  457, 466, als „den Tatbestand“. Dem ist zuzustimmen. Da sich nach hier vertretener Ansicht „das Verhältnis“ i. S. des Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB auf den juristischen Sachverhalt bezieht, der am Ende des ersten gedanklichen Schrittes (dazu sogleich) feststeht, kann der Begriff „фактическия състав“ nicht den Sachverhalt bedeuten. Anders Maesch, Kodifikation, S.  150, die unter „фактически състав“ „den Sachverhalt“ versteht. Wie sie aber dann das Begriffspaar Sachverhalt–Verhältnis in Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB im Hinblick auf den Gegenstand der Qualifikation auseinanderhalten will, bleibt unklar. Wie Maesch offenbar Todorov, MCP, S.  136. So lautet außerdem die Übersetzung des Art.  39 Abs.  1 leg.cit. durch Schrameyer, JOR 47 (2006), 109, 119. Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber unter „Tatbestand“ i. S. des Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB sowohl den Verweisungsbegriff (Anknüpfungsgegenstand) als den Anknüpfungsbegriff (Anknüpfungspunkt) versteht. Mit der Qualifikation des Tatbestandes meint er somit die Qualifika-

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

den Gegenstand der Anknüpfung (bestr.; mehr dazu sogleich). Der Verweisungsbegriff grenzt zugleich den Anwendungsbereich der Kollisionsnormen vonein­ ander ab.43 Verweisungsbegriffe können – müssen indes nicht – sowohl mit Verweisungsbegriffen anderer nationaler Rechtsordnungen übereinstimmen als mit den Sachbegriffen kongruent sein, welche die lex fori und/oder die lex causae selbst verwendet. Eine solche Gleichsetzung kann sich aus der Wert- und Zwecksetzung der sich gegenüberstehenden Kollisions- und Sachnormen ergeben. II. Anknüpfungsbegriff Der Anknüpfungsbegriff ist das Kriterium, nach dem die Kollisionsnorm eine Rechtsordnung für anwendbar erklärt.44 Dieses Merkmal kann sich in einer Person (z. B. Staatsangehörigkeit), einem Gegenstand (etwa Belegenheit der Sache) oder einer Handlung (wie die Vornahme einer letztwilligen Verfügung) verwirklichen.45 Jeder Anknüpfungsbegriff besteht aus drei Elementen: dem Subjekt, dem Attribut und dem Zeitpunkt.46 Subjekt kann eine Person (e.g. das Adoptivkind), eine Sache (bspw. ein Grundstück), ein Ereignis (so bei einer unerlaubten Handlung) oder ein subjektives Recht (etwa ein Immaterialgüterrecht) sein. Attribut ist die notwendige Eigenschaft, die das Subjekt zu einer Rechtsordnung aufweisen muss (z. B. Staatsangehörigkeit, gewöhnlicher Aufenthalt).47 Der Zeitpunkt legt fest, zu welchem Augenblick das Vorliegen des Verweisungsbegriffes zu beurteilen ist.48 Meist erwähnt die Kollisionsnorm alle drei Elemente ausdrücklich. Manchmal unterlässt sie das. Dann ist durch Auslegung zu ermitteln, wie das fehlende Element beschaffen ist. tion des Anknüpfungsgegenstandes und die Qualifikation des Anknüpfungspunktes. Dies ist – nach seinem Sprachgebrauch – konsequent. Die bulgarische Lehre qualifiziert nämlich die Begriffe der Kollisions- wie der Sachnorm (vgl. statt vieler Todorov, Zakonat na sada, S.  57). Aus deutscher Sicht ist es nicht richtig, von einer Qualifikation der Kollisionsnorm oder ihrer Bestandeile zu sprechen. Qualifikation und Auslegung sind nicht synonym. Sie sind vielmehr korrelative Begriffe wie Subsumtion und Auslegung; s. Kropholler, IPR, §  15 I 3, S.  115. Im Folgenden wird die deutsche Terminologie verwendet, zumal auch die bulgarische Wissenschaft „auslegen“ meint, wenn sie „qualifizieren“ sagt (dazu mehr sogleich). 43  Wohl ebenso Todorov, MCP, S.  132. 44  Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  79; Vladimirov, MCP, S.  43 f. (mit Beispiel). 45  Näher hierzu Bernasconi, Qualifikationsprozess, S.  231–238, insbes. zur Frage, ob das Anknüpfungsmerkmal dem Tatbestand oder der Rechtsfolge einer Kollisionsnorm angehört. 46  Vgl. Kropholler, IPR, §  19 II, S.  136 f.; Junker, IPR, Rn.  103; Hausmann, in: Hausmann/ Odersky, IPR, §  2, Rn.  8; jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  3, 3a, 4 EGBGB, Rn.  140. 47  Im deutschen Schrifttum verwendet man für das Attribut den Begriff „Anknüpfungspunkt“; vgl. jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  3, 3a, 4 EGBGB, Rn.  140, 144; Junker, IPR, §  6, Rn.  4, Kropholler, IPR, §  19 II, S.  137. 48  Kostkiewicz, Grundriss des schweizerischen IPR, S.  134.

§  2. Kollisionsnormen

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Als Beispiel für eine Kollisionsnorm mit ausdrücklicher Benennung aller drei Elemente des Anknüpfungsbegriffs diene Art.  89 Abs.  1 bulgIPRGB: Die Erb­ folge in bewegliche Sachen (Anknüpfungsgegenstand) unterliegt dem Recht des Staates, in dem der Erblasser (Subjekt) zur Zeit des Todes (Zeitpunkt) seinen gewöhnlichen Aufenthalt (Attribut) hatte. Als Gegenbeispiel diene Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB: Die Geschäftsfähigkeit (Anknüpfungsgegenstand) einer Person (Subjekt) unterliegt ihrem Heimatrecht (Attribut). Die Kollisionsnorm nimmt Bezug nur auf das Subjekt und das Attribut, nicht aber auf den Zeitpunkt. Sie ist daher auszulegen. Die Auslegung ergibt: Es ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem eine konkrete natürliche Person eine Rechtshandlung vornimmt, die Geschäftsfähigkeit voraussetzt. III. Anwendbares Recht und Statut Das anwendbare Recht ist die in- oder ausländische nationale Rechtsordnung, auf welche die Kollisionsnorm verweist. Dieses ist dann als Ganzes auf den im Verweisungsbegriff umschriebenen Tatbestand zur Anwendung berufen. Welche Sachnormen daraus konkret anzuwenden sind, das bestimmt letztlich der Verweisungsbegriff der verweisenden Kollisionsnorm des Forums (sog. kanalisierte Verweisung auf der 2. Stufe der Stufenqualifikation).49 Als Statut bezeichnet man dagegen das anwendbare Recht, das der Verweisungsbegriff selbst umschreibt.50 Man spricht von Erbstatut, Güterrechtsstatut, Vertragsstatut usw., unabhängig davon, ob man schon das anwendbare Recht bestimmt hat, ob z. B. deutsches, schweizerisches, bulgarisches oder sonstiges Recht zur Anwendung berufen ist. Von großer praktischer Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen Gesamtund Einzelstatut. Das Gesamtstatut bezeichnet Kollisionsnormen, welche das gesamte Vermögen einer Person in der Regel nur einer einzigen Rechtsordnung unterstellen, einerlei wo dieses belegen ist und woraus es besteht. Beispiel dafür ist das Güterrechtsstatut nach Art.  79 Abs.  3 bulgIPRGB (strittig). Das Einzel­ statut bezeichnet dagegen eine Kollisionsnorm, welche lediglich einzelne Gegenstände aus dem Gesamtvermögen einer Person einer besonderen Rechtsordnung unterwirft. Beispiel dafür ist Art.  89 Abs.  1 (für unbewegliche Sachen) und Abs.  2 (für bewegliche Sachen) bulgIPRGB. Das bulgarische IPR geht in Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB vom Grundsatz der Gesamtverweisung und damit vom Gesamtstatut aus. Durch Auslegung kann 49 

Dazu ausführlich 1.  Teil, §  4. D. II. 2. b. Im deutschen Schrifttum wird der Begriff „Statut“ als Synonym für das im konkreten Fall anzuwendende Sachrecht verwendet; vgl. Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  44. 50 

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

sich allerdings ergeben, dass für eine kollisionsrechtliche Regelung das Einzelstatut gilt. C. Anwendung Eine „Kollisionsnorm anwenden“ bedeutet „schrittweise subsumieren“.51 Beispiel: Ein bulgarischer Staatsangehöriger lebte und arbeitete jahrzehntelang in Deutschland, wo er 2010 ohne eine letztwillige Verfügung verstorben ist. Bankguthaben befindet sich hüben wie drüben. In beiden Ländern hat er jeweils ein Grundstück. Wie sieht der Subsum­ tionsvorgang, die Anwendung einer Kollisionsnorm durch den bulgarischen Richter aus? Erster Schritt:  Zugrunde liegt ein Lebensvorgang: Tod eines Menschen. Dieser bloße Lebens­ vorgang wird zu einem juristischen Sachverhalt, indem man erst eine Rechtfrage aufwirft: etwa die Beerbung eines bulgarischen Staatsangehörigen. Mag diese Umschreibung noch so grob erscheinen, sie ist umso wichtiger für die weitere Subsumtion, insofern sie den Sachverhallt juristisch/normbezogen zurecht „schneidert“, ihn also umgrenzt und damit für die Qua­ lifika­tion tauglich macht.52 Zweiter Schritt:  Ausgehend von dieser Sachverhaltsumgrenzung sucht man nach der einschlägigen Kollisionsnorm. Erste Orientierung geben die Verweisungsbegriffe mitsamt den dazu gehörigen Überschriften. Denn sie bilden rechtliche Kategorien (z. B. Erbbeziehungen nach Art.  89 bulgIPRGB, persönliche und vermögensrechtliche Beziehungen der Ehegatten nach Art.  79 bulgIPRGB). Die Unterordnung des juristischen/normbezogenen Sachverhalts unter den passend erscheinenden und auszulegenden Verweisungsbegriff ist ein Subsumtionsvorgang für sich (sog. primäre Qualifikation). Im Beispiel fällt die Suche leicht: Art.  89 bulgIPRGB. Erstens trägt die Norm die Überschrift „Gesetzliche Erbfolge“; zweitens regelt sie nach ihrem klaren Wortlaut die Erbfolge in bewegliche (Abs.  1) und unbewegliche (Abs.  2) Sachen. Dritter Schritt:  Der Tatbestand der ermittelten Kollisionsnorm enthält einen oder gar mehrere in einem jeweils unterschiedlichen Verhältnis zueinanderstehende Anknüpfungsbegriffe. Im Beispiel ist das in Abs.  1 der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers und in Abs.  2 der Belegenheitsort der unbeweglichen Sache. Vierter Schritt:  Der Anknüpfungsbegriff führt zum anwendbaren Recht. Im Beispielsfall zum Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers, soweit es um bewegliche (Abs.  1) bzw. zum Recht des Belegenheitsorts, sofern es um unbewegliche (Abs.  2) Sachen geht. Welche Sache beweglich und welche unbeweglich ist, das überlässt die lex fori der lex rei sitae (Art.  64 Abs.  2 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB). Demnach wird hinsichtlich des weltweit belegenen beweglichen Vermögens des Erblassers auf deutsches Recht verwiesen. Gleiches gilt für den Grundbesitz in Deutschland. Für die Immobilie in Bulgarien wird hingegen auf bulgarisches Recht verwiesen.53 51 

Vgl. auch Maesch, Kodifikation, S.  222. Näher Schwander, Einführung in das IPR, Bd.  I, Rn.  129–132. 52  Das Gesetz gibt diesen ersten Schritt selbst vor: Nach Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB ist das anwendbare Recht abhängig von der Qualifikation „des“ Verhältnisses – und gerade nicht „eines“ Verhältnisses i. S. eines bloßen Lebensverhältnisses. 53  In einem Dreischritt vollzieht sich die Subsumtion dagegen nach Dörner, StAZ 1988,

§  2. Kollisionsnormen

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Damit ist die primäre Prüfung der einschlägigen Kollisionsnorm, nicht aber die kollisionsrechtliche Prüfung zu Ende.54 Diese bedarf noch weiterer Gedankenschritte, die allerdings – streng genommen – nichts mit der primären Anwendung einer selbständigen Kollisionsregel zu tun haben. So z. B. gehört die Prüfung einer allfälligen Rück- oder Weiterverweisung zu den nachfolgenden gedanklichen Schritten, denn geprüft wird dann eine neue unselbständige Kollisionsnorm (sog. Hilfsnorm), vgl. Art.  40 bulgIPRGB. Fünfter Schritt:  Sodann ist das ausländische Kollisionsrecht – hier das deutsche – darauf zu untersuchen, ob es die Verweisung annimmt oder einen Renvoi ausspricht. Das deutsche IPR knüpft die Rechtsnachfolge von Todes wegen an die Staatsangehörigkeit des Erblassers zur Zeit des Todes an (Art.  25 Abs.  1 EGBGB); der zeitliche Anwendungsbereich der EuErbVO ist nicht eröffnet (Art.  83 Abs.  1 EuErbVO). Mithin verweist das deutsche Kollisionsrecht bei bulgarischer Staatsangehörigkeit des Erblassers auf das bulgarische Recht zurück. Dieses nimmt die Rückverweisung an (Art.  40 Abs.  3 Alt.  1 bulgIPRGB). Davon unberührt bleibt freilich der in Deutschland belegene Immobiliarnachlass. (sog. Vorrang des Einzelstatuts). Sechster Schritt:  Erst jetzt sind die maßgeblichen Sachnormen aus den berufenen Rechten selbst aufzusuchen. Damit gemeint sind diejenigen Sachnormen, die vom aufgefundenen Verweisungsbegriff „Erbfolge“ umfasst sind, sich also gewissermaßen in diesem selbst widerspiegeln.55 Art.  91 bulgIPRGB gibt im Fallbespiel eine große Hilfestellung dafür. Im bulgarischen Recht sind dies Artt.  5 ff. bulgErbG, im deutschen §§  1922 ff. BGB.

Den zweiten, dritten und vierten Schritt (Subsumtion unter die Kollisionsnorm) beschreibt die Qualifikation ersten Grades, den fünften und sechsten Schritt (Subsumtion unter das fremde Kollisions- und/oder Sachrecht bzw. unter das heimische Sachrecht) die Qualifikation zweiten Grades i. S. der sog. Stufenquali­ fikation.56 345 ff., und Hebert, Jus 2000, 254, 256: Obersatz (abstrakte Umschreibung des gesetzlichen Tatbestandes), Untersatz (konkrete Zuordnung des Lebenssachverhalts: Subsumtionsschluss) und Schlusssatz (Ergebnis der Subsumtion: das Merkmal ist erfüllt oder nicht erfüllt). Eingehend jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  3, 3a, 4 EGBGB, Rn.  263 ff. Nach diesem Verständnis fielen der hiesige erste und zweite Schritt zusammen. Die hier bevorzugte Vierer-Teilung der Subsumtion macht lediglich einen gedanklichen Vorweg(-Erst-)Schritt, um das Verhältnis/Zusammenspiel zwischen dem bloßen Lebensvorgang, der Rechtsfrage und dem Anknüpfungs­ gegenstand hervortreten zu lassen. Einen solchen Vorweg(-Erst-)Schritt schiebt auch ein Stancheva-Mincheva, Art.  39 bulgIPRGB, S.  46. 54  Damit nicht zu verwechseln ist die Frage, ob der Verweisungstatbestand des Forums noch (Nach-)Wirkungen zeitigt, wenn auf fremdes Sachrecht verwiesen oder das ausländische Sachrecht lokalisiert wird. Damit angesprochen ist das Problem der sog. kanalisierten Verweisung, also die innere Beziehung zwischen Tatbestand und Rechtsfolge ein und derselben Kollisionsnorm. Dazu ausführlich unter 1.  Teil, §  4. D. II. 2. b. 55  Diese Aussage darf man nicht mit der sog. offenen Verweisung verwechseln, welche der Verfasser dieser Arbeit ablehnt. Hierzu umfassend 1.  Teil, §  4. D. II. 2. a. 56  Im Einzelnen zur Stufenqualifikation: 1.  Teil, §  4. D.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

D. Arten von Kollisionsnormen57 Die Kollisionsnormen können unterschieden werden in selbständige und unselbständige, einseitige und allseitige, wandelbare und unwandelbare. Weiterhin gibt es Exklusivnormen sowie offene und versteckte Kollisionsnormen. Sie alle werden von der ganz h. M. in Bulgarien so verstanden wie hierzulande. Eine Er­ läuterung erübrigt sich. Erwähnt sei nur, dass die Kodifikation die Herrschaft selbständiger Kollisionsnormen etabliert hat.

§  3. Anknüpfung Knüpft man im IPR an, so baut man eine Brücke zwischen Tatbestand und Rechtsfolgenseite der Kollisionsnorm (a. A. die h.L. in Bulgarien58). Anders gesagt: Die kollisionsrechtliche Anknüpfung ist die Herstellung einer Verbindung zwischen dem zu beurteilenden Rechtsverhältnis59 und derjenigen nationalen Rechtsordnung, welche die gestellte Rechtsfrage beantworten soll. Für diese Verbindungsherstellung bestimmend ist der Anknüpfungsbegriff.60 A. Auslegung vs. Qualifikation von Anknüpfungspunkten In der bulgarischen Rechtsprechung und Lehre ist von der „Qualifikation der Anknüpfungspunkte lege fori“ die Rede.61 In der Sache selbst geht es aber um nichts anderes als um das richtige Verständnis von Rechtsbegriffen verschiede-

57  Hierzu knapp Todorov, MCP, S.  129 ff.; Vladimirov, MCP, S.  44 f.; Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  11 f.; ausf. Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  248–280. 58  Eingehend hiezu mit Literaturquellen 1.  Teil, §  2. B. I. und II. 59  Erst hier ist die Rede von einem Rechtsverhältnis. Das will heißen: Aus dem bloßen Lebensvorgang ist mittels der Rechtsfrage ein juristischer Sachverhalt (das Verhältnis i. S. des Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB) geworden. Diesen hat man subsumiert („qualifiziert“). Am Ende des Qualifikationsvorgangs steht nun ein Rechtsverhältnis fest. Denn erst jetzt weiß man, in welche konkrete rechtliche Kategorie sich das fragliche (Lebens-)Verhältnis einordnen lässt (z. B. in die Vermögensbeziehungen der Ehegatten nach Art.  79 Abs.  3 bulgIPRGB). 60  So klar und deutlich formuliert Vladimirov, MCP, S.  43. 61  Vgl. Stancheva-Mincheva, Art.  39 bulgIPRGB, S.  49 ff.; Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  315, 317; Todorov, Zakonat na sada, S.  58 f., 63 f.; ders., MCP, S.  133 a. E.; S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  107, 108 ff. Eingehend samt Rechtsprechungshinweisen Maesch, Kodifikation, S.  144 f. Von einer „Qualifizierung der Begriffe, die als Anknüpfungspunkte dienen“, spricht Schnitzer, IPR, Bd.  I, S.  95 f., und Schwind, Hdb österrIPR, S.  25, Rn.  56 a. E., davon, dass manchmal auch „das Anknüpfungsmoment Qualifikationsfragen“ aufwerfen könne und exemplifiziert es am Beispiel des Wohnsitzes bzw. des englischen Domizilbegriffs. Siehe außerdem Bernasconi, Qualifikationsprozess, S.  233–238.

§  3. Anknüpfung

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ner Rechtsordnungen, also um schlichte Auslegung einer Norm.62 Die Auslegung eines Anknüpfungsmerkmals in einer nationalen Kollisionsnorm erfolgt nach dem eigenen Recht. Was z. B. ein gewöhnlicher Aufenthalt ist, bestimmt das bulgarische Recht in Art.  48 Abs.  7 bulgIPRGB. Raum für Qualifikation63 gibt es hier nicht.64 Die Auslegung von Anknüpfungsbegriffen vollzieht sich nach folgendem ­Raster: An erster Stelle maßgebend ist der einschlägige Staatsvertrag oder europäische Rechtsakt, an zweiter Stelle das bulgIPRGB und an letzter Stelle das materielle bulgarische Recht.65 Einen Sonderfall bildet das Anknüpfungsmerkmal der Staatsangehörigkeit. Diese umschreibt ein öffentlich-rechtliches Statusverhältnis, das nach den Vorschriften eines Staates entsteht. Ob eine Person Angehöriger eines Staates ist, kann nur dieser Staat selbst bestimmen.66 Sofern allerdings das bulgarische IPR auf ausländisches Kollisionsrecht verweist, ist der dort aufscheinende Anknüpfungsbegriff nach diesem ausländischen Recht auszulegen, und gerade nicht nach lex fori zu „qualifizieren“. Das folgt aus Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB. Danach ist das „fremde“ Recht – also nicht nur das 62  Wohl das dürfte ebenfalls Todorov, MCP, S.  133 a. E., meinen, wenn er schreibt: „Gegenstand der Qualifikation können auch Begriffe aus der Disposition der Kollisionsnorm sein. So beispielsweise hat das Gericht Art.  48 Abs.  7 bulgIPRGB heranzuziehen, wenn der Inhalt des Begriffs „gewöhnlicher Aufenthalt“ zu ermitteln ist.“ (Hervorhebung hinzugefügt). Geht es um den Anknüpfungspunkt in einem Rechtsakt der EU spricht er jedoch nicht von „qualifizieren“, sondern von „autonom auslegen“ (ders., a. a. O., S.  135). Ähnlich formuliert Natov, Art.  39 bulg­IPRGB, S.  301 f. 63  Im Sinne der Subsumtion unter den Tatbestand der Kollisionsnorm, genauer: unter den Verweisungsbegriff. 64  Man sollte deshalb von der Auslegung eines Anknüpfungsmerkmals (auf Bulgarisch: тълкуване на указанието за привръзка) sprechen und die Terminologie „Qualifikation eines Anknüpfungspunktes“ („квалификация на фактора за привързване“) bei Seite legen. Trotzdem muss man aber zugeben, dass sich selbst der Gesetzgeber dieser Terminologie bedient. In Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB ist die Rede von der „Qualifikation des Tatbestands“, also Qualifikation des Verweisungsbegriffes, aber auch des Anknüpfungsmerkmals. Weiter heißt es: „Qualifikation des Verhältnisses“, m. a. W. Qualifikation des Sachverhalts. Abs.  2 der Vorschrift bestätigt den gesetzgeberischen Sprachgebrauch. Danach wird die Auslegung unbekannter Rechtsbegriffe gleichgesetzt mit derer Qualifikation: Unbekannte Rechtsinstitute und -begriffe sollen zunächst nach bulgarischem Recht ausgelegt, und wenn dies ihre kollisionsrechtliche Einordnung nicht ermöglicht, lege causae „qualifiziert“ werden. 65  Auch wenn in Bulgarien von einer lege fori-Qualifikation der Anknüpfungsbegriffe gesprochen wird, hält man sich an dieser Auslegungsreihenfolge. Als Begründung dafür dürften wohl folgende zwei Regeln dienen: Erstens sind Auslegungsmerkmale nach der lex normae auszulegen, d. h. so zu verstehen, wie das Recht es tut, das sie aufstellt. Zweitens gilt der Grundsatz: lex specialis derogat legi generalis; vgl. Todorov, MCP, S.  135 (autonome Auslegung von Rechtsakten der EU). 66  Maesch, Kodifikation, S.  145 m. w. N.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

ausländische Sach-, sondern auch das ausländische Kollisionsrecht – so auszulegen und anzuwenden, wie es dort ausgelegt und angewandt wird. Eine Ausnahme ist im Falle einer sog. Qualifikationsverweisung zu machen.67 B. Anknüpfungstechniken Verwendet die Kollisionsnorm nicht nur ein fixiertes Anknüpfungsmerkmal,68 sondern mehrere Anknüpfungspunkte (sog. Mehrfachanknüpfung), so stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis diese zueinander stehen. Das bulgarische IPR unterscheidet folgende Anknüpfungstechnicken: alternative,69 kumulative, sub67  Meist geht es um Fälle, in denen eine bulgarische Anknüpfungsnorm via Gesamtverweisung auf ausländisches IPR verweist. Das fremde Kollisionsrecht differenziert zwischen Immobilien und Mobilien (solche Trennung kommt etwa im Erbrecht vor) und erklärt für die ersteren die lex rei sitae als maßgeblich, für die letzteren den gewöhnlichen Aufenthalt des Eigentümers zu einem bestimmten Zeitpunkt (z. B. des Erblassers zur Zeit seines Todes). Die Frage lautet nun: Ist das in Bulgarien situierte Vermögen Immobiliar- oder Mobiliargut? Welches Recht beantwortet diese Frage? Falsch wäre es, dieses Element des Sachverhalts (Mobiliar vs. Immobiliar) dem Art.  64 Abs.  2 bulgIPRGB unterstellen zu wollen, nur weil man meint, lege fori qualifizieren zu müssen. Entscheidend ist die Sichtweise des berufenen Rechts. Legt das verwiesene ausländische Kollisionsrecht nicht selber fest, was es für bewegliche, was für unbewegliche Sachen hält, sondern gibt diese Entscheidung aus der Hand und überlässt sie der lex rei sitae des einzuordnenden Gegenstands, dann bedient sich dieses ausländische IPR trotzdem einer eigenen Hilfskollisionsnorm für die Qualifikation einer Sache als beweglich oder unbeweglich. Nur erfolgt dieses Sich-Bedienen, d. h. die Qualifikation im fremden IPR, hier so, dass das fremde IPR sich das Begriffsverständnis eines fremden Kollisionsrechts zu eigen macht, sich quasi leiht. Man bezeichnet diese „kollisionsrechtliche Begriffsverständnis-Leihe“ als Qualifikationsverweisung. Für die Qualifikation eines Gegenstands als beweglich oder unbeweglich kann daher in solchen Fällen durchaus das bulgarische Begriffsverständnis für maßgeblich erklärt werden. Anwendbar wäre dann Art.  110 bulgEigentumG (zur Unterscheidung bewegliche–unbewegliche Sache im bulgarischen Sachrecht s. Petkova, Pridobivane po ­davnost, S.  218–223; zum Begriff „Sachen“ im bulgarischen materiellen Recht ausf. zuletzt Vasilev, Obshtestvo i pravo 2018, №  6, 81–99). Erst nachdem man diese Frage über die Qualifikationsverweisung mit Hilfe der bulgarischen lex rei sitae beantwortet hat, lassen sich die Kollisionsnormen des berufenen ausländischen IPR anwenden. Eingehend zur Qualifikationsverweisung v. Bar/Mankowski, IPR, Bd.  I, §  7, Rn.  150 und 153–158. 68  Singuläre Anknüpfung, Regelanknüpfung oder feste Anknüpfung genannt. Einen guten Überblick über die Systematik und Struktur des bulgarischen Sachenrechts liefern Orsov, ­Savremenno pravo 2018, №  1, 57 ff., und Markov, Savremenno pravo 2017, №  2, 38 ff. 69  Die Erreichung eines materiellrechtlichen Ergebnisses vermöge einer alternativen Anknüpfung in Art.  83 Abs.  1–3 bulgIPRGB steht nicht im Widerspruch zu der unter 3.  Teil, §  4 C. VII. 2. vertretenen These, dass das Günstigkeitsprinzip mit kollisionsrechtlichen Kriterien auszufüllen ist. Denn dort geht es darum, das Günstigkeitsprinzip bereits auf kollisionsrecht­ licher Ebene anzuwenden. Anders formuliert: Es geht um die Ermittlung des auf eine interna­ tionale Abstammung anwendbaren Rechts. Deswegen steht die internationalprivatrechtliche – und nicht die materiellrechtliche – Gerechtigkeit im Vordergrund. Deshalb muss das Günstigkeitsprinzip mit kollisionsrechtlichen Kriterien ausgefüllt werden.

§  3. Anknüpfung

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sidiäre,70 akzessorische und distributive Anknüpfung. Diesbezüglich kann man ohne Einschränkungen auf das deutsche Schrifttum zurückgreifen.71 C. Arten von Anknüpfungspunkten Von welcher Art der Anknüpfungspunkt ist, hängt von der jeweiligen Kollisionsnorm ab. In Betracht kommen zuvörderst: –  die Staatsangehörigkeit des einen oder aller Beteiligten, –  der gewöhnliche Aufenthalt des einen oder aller Beteiligten. I. Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit Die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit ist im bulgarischen Internationalen Personen- und Familienrecht vorherrschend, im Erbrecht nur bei der Rechtswahl. Sie ist in der Regel leicht feststellbar und sorgt deshalb für Rechtssicherheit. Welche Staatsangehörigkeit jemand besitzt, entscheidet allein das Staatsangehörigkeitsrecht des betreffenden Staates. 1. Mehrstaater Problematisch ist die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit bei einer Person mit mehreren Staatsangehörigkeiten. Damit befasst sich Art.  48 Abs.  2–7 bulg­ IPRGB. Das bulgarische IPR unterscheidet Mehrstaater mit verschiedenen ausschließlich ausländischen Staatsangehörigkeiten und solchen, die auch die bulgarische Staatsangehörigkeit innehaben. a) Mehrfache ausschließlich ausländische Staatsangehörigkeiten Besitzt eine Person mehrere ausschließlich ausländische Staatsangehörigkeiten, so ist das Recht des Staates maßgebend, in welchem sich ihr gewöhnlicher Aufenthalt (locus habitationis) befindet. Liegt er in keinem der Heimatstaaten, dann gibt – in Übereinstimmung mit Art.  2 Abs.  1 bulgIPRGB – diejenige Staats­­an­gehörigkeit den Ausschlag, mit welcher die Person am engsten verbunden ist (Art.  48 Abs.  3 bulgIPRGB).72 Für den Begriff „gewöhnlicher Aufenthalt“ 70  Auch Ersatz- oder Hilfsanknüpfung genannt. Auf Bulgarisch: „помощно привързване“ (pomoshtno privarzvane). Beispiel dafür ist Art.  79 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB. 71  Zur akzessorischen Anknüpfung im IPR siehe von der Seipen, Akzessorische Anknüpfung, passim (insbes. S.  47–107). 72  Die Regelung des Art.  48 Abs.  3 bulgIPRGB entspricht nur scheinbar dem Art.  5 Abs.  1 S.  1 EGBGB. Bei der Ermittlung der sog. effektiven Staatsangehörigkeit i. S. des Art.  5 Abs.  1 S.  1 EGBGB ist in erster Linie auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Person zu dem für die

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

(обичайно местопребиваване73) gibt das Gesetz in Art.  48 Abs.  7 leg.cit. eine Legaldefinition.74 Es ist der Ort, an dem sich die Person niedergelassen hat, um dort überwiegend zu leben, ohne dass dies mit der Notwendigkeit einer Registrierung oder Erlaubnis für den Aufenthalt oder die Niederlassung verbunden wäre. Für die Bestimmung dieses Ortes sind besonders die persönlichen und beruflichen Umstände zu berücksichtigen, wie sie sich aus der dauerhaften oder auf Dauer beabsichtigten Verbindung der Person zu diesem Ort ablesen lassen.75 Erforderlich ist also entweder ein faktischer Zustand – der allerdings von einem entsprechenden Willen nicht notwendig getragen sein muss76 -, oder ein eindeutiger Wille dazu mit entsprechendem faktischem Ansatz. Deshalb kann schon die Ankunft in einem Staat, in dem man sich dauerhaft niederlassen will, den gewöhnlichen Aufenthalt begründen.77 b) Bulgarisch-ausländische Staatsangehörigkeit Besitzt der Mehrstaater auch die bulgarische Staatsangehörigkeit,78 so ist gem. Art.  48 Abs.  2 bulgIPRGB allein die Rechtsstellung nach der bulgarischen Staatsangehörigkeit maßgebend.79; 80 Unerheblich bleibt, ob sie die effektive ist.81 Der Vorrang der inländischen Staatsangehörigkeit stört zwar den interna­ Beurteilung der Rechts- oder Geschäftsfähigkeit maßgebenden Zeitpunkt abzustellen. Voraussetzung ist, dass sich der gewöhnliche Aufenthalt in einem der Heimatstaaten befindet. Der gewöhnliche Aufenthalt in einem Heimatstaat indiziert also die effektive Staatsangehörigkeit. Diese Vermutung können andere Faktoren aber widerlegen; s. nur v. Hoffmann/Thorn, IPR, §  5, Rn.  21. Im bulgarischen IPR dagegen würde man die Prüfung mit der Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts in einem der Heimatstaaten beenden. Die Regelung des Art.  48 Abs.  3 ist insoweit „starrer Natur“. Das dient der Rechtssicherheit. 73  Der Begriff ist neu für das bulgarische (IP-)Recht und eine wörtliche Übersetzung des deutschen „gewöhnlicher Aufenthalt“; s. Kamenova, Nauchni trudove IPN 2005, Bd.  II, S.  92. 74  Die Vorschrift ist an Art.  4 §  4 Abs.  1 des belgischen IPRG angelehnt; s. Zidarova, Yuridicheski svyat 2010, №  1, 23, 25. 75  S.a. Bezirksgericht Varna, Urt. №  1137 v. 4.7.2017 i. d. Rs. №  2204/2016 – ciela. 76  A. A. wohl Dekov, Pravna misal 2005, №  3, 47, 62 (Wille der Person zur Begründung dauerhafter Beziehungen persönlicher oder beruflicher Natur erforderlich); Kamenova, Nauchni trudove IPN 2005, Bd.  II, S.  92 (subjektives Moment stets notwendig). 77  Wie hier Stancheva-Mincheva, Art.  49, S.  104; a. M. Kamenova, Nauchni trudove IPN 2005, Bd.  II, S.  92, 93, 97 f. (animus residendi stets nötig). 78  Bulgarien folgt dem Abstammungsprinzip (ius sanguinis), vgl. Artt.  8 und 9 bulgStAG. Das tut auch Deutschland, jedoch ergänzt durch ein eingeschränktes Territorialitätsprinzip (ius soli) gem. §  4 Abs.  3 StAG. Wesentliche Grundsätze der Staatsangehörigkeit sind bereits in der bulgarischen Verfassung niedergelegt. Hierzu (samt den Gesetzesbestimmungen) Jessel-Holst, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  7–17. 79  Dieselbe Rechtsfolge tritt nach Art.  3 bulgStAG ein. 80  Ähnlich verfährt das deutsche IPR in Art.  5 Abs.  1 S.  2 EGBGB. 81  Diese Frage wird – soweit ersichtlich – nicht behandelt. Aus dem schlichten Hinweis auf

§  3. Anknüpfung

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tionalen Entscheidungseinklang; gleichwohl ist er zwingend. Die Regelung verstößt nicht gegen das Diskriminierungsverbot des Art.  18 AEUV.82 Einesteils eröffnet der bulgarische IPR-Normgeber zahlreiche Rechtswahlmöglichkeiten (etwa in Artt.  80 und 89 Abs.  3 bulgIPRGB); dort, wo er eine solche nicht expressis verbis vorsieht (bspw. im internationalen Namensrecht), lässt sie sich durch Analogie gewinnen. Andernteils finden sich in den meisten ausländischen IPR-Gesetzen ohnehin vergleichbare Regelungen wieder (s. etwa Art.  5 Abs.  1 S.  2 EGBGB und Art.  19 Abs.  2 des italienischen IPRG).83 Bis der EuGH ein Machtwort gesprochen hat, kommt der bulgarischen Eigenstaatsangehörigkeit mit ihrer Praktikabilität und Rechtsklarheit ein steter Vorrang zu.84 2. Staatenlose, Flüchtlinge und Asylberechtigte Bei Staatenlosen, Flüchtlingen und Asylberechtigten gilt das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts. Neu ist das ausdrückliche Abstellen in Art.  48 Abs.  6 bulgIPRGB auf das Prinzip der engsten Verbindung in den Fällen, in denen die Person keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder ein solcher nicht feststellbar ist.85 Für die Bestimmung des Personalstatuts von Flüchtlingen, Verschleppten, Vertriebenen und Asylberechtigten gelten allerdings in weitem Umfang vorrangige Sonderregeln i. S. des Art.  3 Abs.  1 bulgIPRGB, die ebenfalls an das Aufenthaltsstatut anknüpfen. Insoweit sind das New Yorker Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen v. 28.9.195486 und die Genfer Flüchtlingskonvention v. 28.7.195187 zu beachten. die Geltung des Art.  48 Abs.  2 bulgIPRGB verbunden mit der Aussage, der Anknüpfung an das Heimatrecht liege die Bindung einer Person zu der „politischen Nation, vertreten durch den Staat“ (Todorov, MCP, S.  156 f.; Stancheva-Mincheva, Art.  49, S.  102), lässt sich jedoch schließen, dass die Lehre eine Abstufung nach dem Grad der Beziehung zum ausländischen Heimatrecht nicht zulassen würde. Kritisch zum überkommenen Verständnis, wonach inländische Staatsangehörige den Anforderungen des inländischen Gesetzgebers aus einem Treueverhältnis unterworfen seien, Soergel/Kegel (1996), Art.  5 EGBGB, Rn.  12; Dethloff, JZ 1995, 64, 73; Fuchs, NJW 2000, 489, 491; v. Hoffmann/Thorn, IPR, §  5, Rn.  22. 82  BGH (NJW 2014, 1383, Rn.  14) hat i. R. d. Art.  5 Abs.  1 S.  2 EGBGB diese Frage in Bezug auf eine deutsch-bulgarische Doppelstaaterin ausdrücklich offengelassen, weil die deutsche Staatsangehörigkeit die effektive war. 83  Vgl. Erman/Hohloch (2017), Art.  5 EGBGB, Rn.  6. 84  Zur ähnlichen Problematik bei Art.  5 Abs.  1 S.  2 EGBGB s. nur MüKo BGB/v. Hein (2018), Art.  5 EGBGB, Rn.  84–87, und Fuchs, FS Martiny (2014), 303, 310–323, jew. m. w. N. 85  Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 413. 86  In Kraft seit 6.6.1960 (BGBl. 1976 II, S.  474); in bulgarischer Sprache veröffentlicht in ciela; in deutscher Sprache auszugsweise abgedr. in Jayme/Hausmann, Nr.  12. 87  In Kraft seit 15.10.1993 (DV Nr.  88 v. 15.10.1993; BGBl. 1953 II, S.  560); in bulgarischer Sprache veröffentlicht in ciela; deutsche Übersetzung auszugsweise in Jayme/Hausmann, Nr.  10.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

II. Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt Aus dem Vorstehenden folgt, dass der gewöhnliche Aufenthalt ein wichtiger ­Anknüpfungspunkt ist. Wie gerade erläutert, ist er in Art.  48 Abs.  7 bulgIPRGB legaldefiniert. An den gewöhnlichen Aufenthalt wird immer dort angeknüpft, wo die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit versagt. Es handelt sich also um eine Ersatzanknüpfung. Beispiele dafür sind Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulg­ IPRGB (Ehegüterrecht), Art.  83 Abs.  2 Nr.  1 Alt.  2 und Nr.  2 i. V. m. Art.  79 Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB (Abstammung), Art.  83 Abs.  4 Var.  3 bulgIPRGB (Anerkennung eines Kindes), Art.  89 Abs.  1 bulgIPRGB (Erbfolge in bewegliche Sachen). III. Sonstige Anknüpfungspunkte Weitere Anknüpfungspunkte sind: –  die Belegenheit der Sache (z. B. Art.  89 Abs.  2 bulgIPRGB), –  der Ort der Vornahme eines Geschäfts (etwa Art.  61 S.  2 bulgIPRGB), – der Ort der Registrierung einer juristischen Person (Art.  56 Abs.  1 bulgIPRGB) oder einer nicht rechtsfähigen Personengesamtheit (Art.  57 Alt.  1 bulgIPRGB), – der Sitz einer juristischen Person (Art.  56 Abs.  2 bulgIPRGB) oder einer nicht rechtsfähigen Personengesamtheit (Art.  57 Alt.  2 bulgIPRGB), – der Wille der Parteien (bsplw. Art.  3 Abs.  1 S.  1 Rom  I-VO, Art.  5 Rom  III-VO, Art.  79 Abs.  4 und Art.  89 Abs.  3 bulgIPRGB). D. Die „engste Verbindung“ i. S. des Art.  2 bulgIPRGB88; 89 Nach Art.  2 Abs.  1 bulgIPRGB beurteilen sich plurinternationale Sachverhalte stets nach dem Recht des Staates, zu dem die engste Verbindung besteht. Die Kollisionsnormen des bulgIPRGB sollen dieses Prinzip verkörpern. Folgerichtig ordnet Abs.  2 der Vorschrift die Anwendung des Rechts desjenigen Staates an, mit dem der Sachverhalt kraft anderer Kriterien am engsten verbunden ist. Richtiger Auffassung nach handelt es sich bei Abs.  1 nicht um eine allgemeine Ausweichklausel, sondern lediglich um einen Programmsatz.90 Als sekundäre Anknüpfung (Hilfsanknüpfung) zu verstehen ist dagegen Abs.  2.91 88  Ausführlich

hierzu Maesch, Kodifikation, S.  247–296. Zum Prinzip der engsten Verbindung im Europäischen Kollisionsrecht s. Schwemmer, Anknüpfungsprinzipien, insbes. S.  186–218. 90  Mit beachtlichen Argumenten Maesch, Kodifikation, S.  279 ff. m. w. N.; a. M. Natov, Art.  2 bulgIPRGB, S.  86 ff. 91  Maesch, S.  276, Kodifikation, S.  276 ff. m. w. N. und zum Verhältnis zwischen Abs.  1 und Abs.  2 des Art.  2 bulgIPRGB; a. A. freilich Natov, Art.  2 bulgIPRGB, S.  86 ff. 89 

§  4. Qualifikation

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§  4. Qualifikation92 A. Begriffsbestimmung Unter Qualifikation versteht man (auch) im bulgarischen IPR die Subsumtion des zu beurteilenden Sachverhalts unter den Tatbestand der Kollisionsnorm.93 Es handelt sich um einen Subsumtionsvorgang.94 Dieser setzt sich aus zwei Elementen zusammen: die Auslegung des Verweisungsbegriffes und die Subsumtion des konkret infolge der gestellten Rechtsfrage umgrenzten Sachverhalts95 unter den im Tatbestand der Kollisionsnorm enthaltenen Verweisungsbegriff, den man gerade ausgelegt hat.96; 97 Die Subsumtion geht folglich nicht mit der Auslegung des Verweisungsbegriffs einher; die Auslegung des Verweisungsbegriffs geht viel92  Eingehend Grundmann, Qualifikation, v. a. S.  11 ff.; Bernasconi, Qualifikationsprozess, insbes. S.  68 ff.; Mistelis, Qualifikation im IPR, insbes. S.  224 ff.; Weber, Theorie der Qualifikation, v. a. S.  197 ff.; Wendehorst, FS Sonnenberger (2004), 743 ff. Bezüglich der Stufenqualifikation, des Umfangs und des Inhalts der Verweisung (also der sekundären Qualifikation betr. die Sachnorm), die im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehen, sei insbes. verwiesen auf Schwimann, ÖJZ 1980, 7 ff., und Schwind, FS Müller-Freienfels (1986), 547 ff. 93  Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  309; Todorov, Zakonat na sada, S.  57; ders., MCP, S.  132; S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  105; Altanov, Mezhdunarodno-chastnopravnata sistema, S.  37 f.; Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  112 f.; Maesch, Kodifikation, S.  137; Musseva, Deliktat v MCP, S.  260 f.; dies., Tsesiyata v MCP, S.  17; Stancheva-Mincheva, Art.  39 bulgIPRGB, S.  44 f. Näher Natov, Art.  39 bulgIPRGB, S.  296–304; ders., Notarialen byuletin 2009, №  1, 18–59. 94  Ebenso Maesch, Kodifikation, S.  222. Siehe ferner Natov, MCP-Osobena chast, S.  296, der die Qualifikation als das Auslegungsproblem betrachtet und als „gedanklichen Prozess“ bezeichnet; ihm folgend Stancheva-Mincheva, Art.  39 bulgIPRGB, S.  44. Aus deutscher Sicht: BaRo/Lorenz, Einl. IPR, Rn.  52; Dörner, StAZ 1988, 345, 348; MüKo BGB/v. Hein (2018), Einl. IPR, Rn.  108. 95  Auf die Subsumtion des konkreten Sachverhalts stellen ab Natov, Notarialen byuletin, 2009, №  1, S.  18–59, und Musseva, Deliktat v MCP, S.  260 f.; dies., Tsesiyata v MCP, S.  17. 96  Wohl in diesem Sinne auch Musseva, Deliktat v MCP, S.  262; dies., Tsesiyata v MCP, S.  17; Natov, Notarialen byuletin, 2009, №  1, 18–59; Stancheva-Mincheva, Art.  39 bulgIPRGB, S.  45; Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  102. Im Grundsatz ebenso Todorov, MCP, S.  132; allerdings beginnt die Qualifikation nach seinem Verständnis bereits mit der rechtlichen Einordnung des Sachverhalts (nach der hiesigen Terminologie entspräche das einer Subsumtion unter den Obersatz/dem ersten Schritt). Darin sieht er einen separaten Qualifikationsvorgang, welcher der primären Qualifikation vorgeschaltet sei; s. Todorov, Zakonat na sada, S.  60. Seine Ansicht ähnelt wohl der von Raape/Sturm, IPR, S.  276, und Ferid, IPR, S.  4–6. 97  Zur Trennung der Auslegung des Verweisungsbegriffs vom Gesamtvorgang der Subsumtion siehe Hebert, JuS 2000, 254, 256. In diese Richtung geht auch die bulgarische Lehre; s. Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  112: Die Anwendung der – und nicht einer – Kollisionsnorm beginne mit ihrer Auslegung; deutlicher Todorov, Zakonat na sada, S.  59: „Um festzustellen, ob die konkrete juristische Situation vom Umfang einer Kollisionsnorm erfasst ist, muss das Gericht den Inhalt und die Reichweite dessen Begriffe klären.“

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

mehr der Subsumtion98 voran. Denn jede Subsumtion setzt das Feststehen eines abstrakt umschriebenen Tatbestandsmerkmals voraus.99 Tatbestandsmerkmale einer Kollisionsnorm sind – wie bereits dargestellt – der Verweisungs- und der Anknüpfungsbegriff. Beide sind auszulegen.100 Insoweit weisen sie Gemeinsamkeiten auf. Indessen betrifft das Qualifikationsproblem101 ausschließlich den Verweisungsbegriff. Denn nur er bündelt Kategorien von Rechtsverhältnissen, die wiederum in einer Vielzahl von Rechtsnormen des materiellen Rechts geregelt sind. Der Anknüpfungsbegriff hingegen ist entweder ein deskriptives Tatbestands­ merkmal (z. B. gewöhnlicher Aufenthalt) oder ein bestimmtes Rechtsinstitut (etwa Staatsangehörigkeit).102 Deshalb bereitet er kaum Auslegungsschwierigkeiten.103 Die Qualifikationsfrage ist daher an der Auslegung des Verweisungs­ begriffs festzumachen.104 Eine strikte gedankliche Trennungslinie zwischen Auslegung und Subsumtion ist allerdings nicht zu ziehen.105 Denn die Auslegung des Verweisungsbegriffes erfolgt gerade im Hinblick auf den juristisch umrissenen Sachverhalt (also auf das „Verhältnis“ i. S. des Art.  39 Abs.  1), den es zu subsumieren gilt.

98 

Des Untersatzes also bei der Dreiteilung des Subsumtionsvorgangs im Dörner‘schen Sinne, StAZ 1988, 345 ff., bzw. im Rahmen des zweiten Schritts nach dem hiesigen Verständnis. 99  MüKo BGB/Sonnenberger (2010), Einl. IPR, Rn.  487, der die Auslegung als selbständigen Teilakt betrachtet, welcher der Subsumtion vorausgehe. Hinsichtlich der Subsumtion rein materiellrechtlicher Normen Zippelius, Juristische Methodenlehren, §  16 II, S.  80 f. 100  Zu „qualifizieren“ im Sprachlichgebrauch der bulgarischen Lehre. 101  Darunter versteht man Probleme bei der Auslegung des Verweisungsbegriffs; vgl. Ferid, IPR, S.  143; Schwander, Einführung in das IPR, Bd.  I, Rn.  252; Raape/Sturm, IPR, S.  278; a. A. Niederer, Qualifikation, S.  93; 49: „Das Qualifikations-Problem ist die allgemeine Problematik, die sich bezüglich der begrifflichen Definition eines kollisionsrechtlichen Verweisungs- und Anknüpfungsbegriffes ergibt.“ (Hervorhebung hinzugefügt). Wie hier van Ginsbergen, ZfRV 1970, 1, 6, der zwischen Qualifikationsproblem und Anknüpfungsproblem unterscheidet. S.a. Bernasconi, Qualifikationsprozess, S.  234–237. 102  Vgl. Grundmann, Qualifikation, S.  16 (Fn.  42). 103  Im Sprachgebrauch der bulgarischen Lehre: keine Qualifikationsprobleme. 104  Wohl ebenso Stancheva-Mincheva, Art.  39 bulgIPRGB, S.  44: „Andererseits kann auch davon gesprochen werden, dass Fakten aus der Realität ausgelegt werden mit dem Ziel, diese in juristische Fakten umzuwandeln und unter die Hypothese (den Umfang; Anmerkung: unter den Verweisungsbegriff) einer Kollisionsnorm zu bringen.“ Wie hier für das Schweizer IPR Furrer/Girsberger/Siehr, IPR AT, Rn.  392; anders freilich Niederer, Qualifikation, S.  47 ff. 105  Vgl. v. Bar/Mankowski, IPR, Bd.  I, §  7, Rn.  138 m. w. N. zur Gegenmeinung, der die Subsumtion des umrissenen Sachverhalts unter eine IPR-Vorschrift als die „Auswahl der maßgeblichen Kollisionsnorm“ umschreibt.

§  4. Qualifikation

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B. Gegenstand der Qualifikation Den Gegenstand der Qualifikation regelt das Gesetzt in Art.  39 bulgIPRGB nicht ausdrücklich.106 Diesen kann man lediglich der Formulierung des Abs.  39 Abs.  1 bulgIPRGB andeutungsweise ersehen: „Qualifikation des Tatbestandes oder des Verhältnisses“. M.a.W. bilden das Verhältnis und die Rechtsfrage,107 die in das Verhältnis und den Tatbestand projiziert ist, den Gegenstand der Qualifikation.108 Tatbestand i. S. des Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB meint den Tatbestand der Kolli­ sionsnorm,109 Verhältnis den zu beurteilenden Sachverhalt. Indem der bulgarische Gesetzgeber von der Qualifikation des Tatbestandes oder des Verhältnisses – und nicht eines Tatbestandes oder eines Verhältnisses – spricht, setzt er also eine Rechtsfrage, ein Rechtsbegehren voraus.110 106  A. A. Natov, Art.  39 bulgIPRGB, S.  298 f. Nach ihm umschreiben die Absätze 1 und 2 des Art.  39 bulgIPRGB selbst den Gegenstand der Qualifikation, aber nicht abschließend. Zu diesem würden sowohl das Lebensverhältnis wie die Rechtsinstitute, die Rechtsbegriffe und die Tatbestände zählen. Anders Musseva, Deliktat v MCP, S.  262: Gegenstand der Qualifikation seien ausschließlich der Tatbestand oder das Verhältnis; ebenso Stancheva-Mincheva, Art.  39 bulgIPRGB, S.  45. Anders außerdem Todorov, MCP, S.  133, der den Gegenstand der Qualifikation zwar nicht als von Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB geregelt ansieht, aber als den Sachverhalt und die Rechtsnormen versteht. 107  Ähnlich schon Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  36 f. und 61, der aber auf ein Rechtsverhältnis abstellt; a. A. evtl. Maesch, Kodifikation, S.  216, die die Begriffe „Sachverhalt“ und „Rechtsfrage“ durch die Konjunktion „bzw.“ in Relation zueinander setzt. 108  Vor der Kodifikation des bulgarischen IPR wurde im Schrifttum kein Disput darüber geführt, was Gegenstand der Qualifikation ist. Man nahm einheitlich an, „die rechtliche Einordnung der Fakten und der Begleitumstände des Falles“ bildeten den Gegenstand der Qualifikation; s. nur Todorov, Zakonat na sada, S 57 f. Der von den Parteien behauptete Sachverhalt sei nicht nur eine juristische wertungsfreie Beschreibung der Umstände des Falles (das reine Lebensverhältnis), sondern eine Kombination aus dem rein faktischen Lebenssachverhalt und den abstrakten juristischen Wertungen. Die Kombination aus diesen zwei Elementen, die man als „juristische Situation“ bezeichnet, bilde den Gegenstand der Qualifikation im bulgarischen IPR; s. Todorov, a. a. O., S.  60 mit Rechtsprechungsnachweisen; S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  108; Maesch, Kodifikation, S.  138 f. Auch nach Inkrafttreten des bulgIPRGB wird die Frage nach dem Gegenstand der Qualifikation nicht vertieft. Musseva, Deliktat v MCP, S.  261, erwähnt nur, dass trotz verschiedener Meinungen über den Qualifikationsgegenstand die Qualifikation einheitlich als Auslegungsvorgang verstanden werde. Durch die Ausrichtung der Qualifikation am Parteivortrag im Prozess vertritt die bulgarische Lehre mithin eine „verfahrensorientierte“ Qualifikation. So versteht den Gegenstand der Quali­fi­ ­kation auch Hartwieg, RabelsZ 57 (1993), 607, 616–619, 638 f; ähnlich unterscheidet Mistelis, Qualifikation im IPR, S.  244–246, 258 f., zwischen anwaltlicher und richterlicher Qualifika­ tion. Anders freilich Natov, Art.  39 bulgIPRGB, S.  298 f. 109  Wie hier ausdrücklich Natov, Art.  39 bulgIPRGB, S.  298. 110  Musseva, Deliktat v MCP, S.  260, formuliert dies so: „Um diese rechtliche Klarstellung

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

Bei näherer Betrachtung ergibt sich: Das „Verhältnis“ ist nichts anderes als der konkret umgrenzte Sachverhalt i. S. des oben skizzierten ersten Gedankenschrittes. Die gestellte Rechtsfrage hat aus dem bloßen Lebensvorgang einen juristischen/normbezogenen Sachverhalt konstruiert. Darum spricht der Gesetzgeber von dem – und nicht einem – Verhältnis. Dabei stellt er präzise auf das Verhältnis ab, und nicht auf das Rechtsverhältnis. Denn erst nach Abschluss des Qualifika­ tionsvorgangs steht fest, ob der Sachverhalt eine rechtliche Kategorie heraus­ gebildet hat, ob also aus dem Verhältnis ein Rechtsverhältnis geworden ist.111 Am Anfang des Qualifikationsvorgangs kann es deshalb nur das Verhältnis (den ­juristischen/normbezogenen, konkret umgrenzten Sachverhalt als Folge der ge­ stell­ten Rechtsfrage) geben.112 Aber auch mit dem Tatbestand i. S. des Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB (Tatbestand der Kollisionsnorm) rekurriert der bulgarische IPR-­Normgeber auf die Rechtsfrage, die mit Hilfe der Sachnormen beantwortet werden soll. Denn der Verweisungsbegriff als Tatbestandsmerkmal wird – wie bereits erwähnt – im Hinblick auf den konkret umgrenzten Sachverhalt aus­gelegt.113 Dass der Tatbestand (der Kollisionsnorm) und der konkret umgrenzte juristische/normbezogene Sachverhalt (das Verhältnis i. S. des Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB) durch die Konjunktion „oder“ in Verhältnis zueinander gesetzt sind, stellt keinen Bruch im Qualifikationsvorgang dar.114 Die Rechtsfrage kann sich näm(Anmerkung: gemeint ist die Qualifikation) zu vollbringen, muss zuvörderst die von den Parteien behauptete juristische Situation qualifiziert werden.“ (Hervorhebung hinzugefügt). 111  v. Bar/Mankowski, IPR, Bd.  I, §  7, Rn.  179; Neuhaus, Grundbegriffe des IPR, S.  118. Und so schon Rabel, RabelsZ 5 (1931), 241, 244 f. (ein materielles Rechtsverhältnis sei nur denkbar im Rahmen einer bestimmten Rechtsordnung, die aber eben durch die Anwendung der Kollisionsnorm erst gesucht werden müsse). 112  Insofern unzutreffend ist die Übersetzung des Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB von Schrameyer, JOR 47 (2006), 109, 119 („Qualifikation des Sachverhalts und des Rechtsverhältnisses“). 113  Der Verweisungsbegriff enthält ein normatives Element (z. B. gesetzliche Erbfolge in unbewegliche Sachen gem. Art.  89 Abs.  2 bulgIPRGB oder Vermögensbeziehungen der Ehegatten nach Art.  79 Abs.  3 bulgIPRGB). Zu diesem wiederum muss der durch die Rechtsfrage konkret umgrenzte Sachverhalt (das Verhältnis i. S. des Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB) kompatibel sein. Die Rechtsfrage bildet also das notwendige Bindeglied zwischen dem bloßen Lebensvorgang (d. h. einem Ereignis aus der Umwelt, einer sozialen Beziehung) und dem Anknüpfungsgegenstand (Verweisungsbegriff). Präziser ausgedrückt: Den bloßen Lebensvorgang wandelt die Rechtsfrage in einen juristischen Sachverhalt um und ebnet damit den Weg zu der Aus­ legung des Verweisungsbegriffs (und nicht unbedingt für die Auslegung des Verweisungs­ begriffs, denn dieser kann man theoretisch auch losgelöst von einem konkreten Sachverhalt und einer konkreten Rechtsfrage auslegen). Bildlich gesprochen: Der Verweisungsbegriff ist das Tor zum anwendbaren Recht. Die Rechtsfrage ist der passende Schlüssel für dieses Tor. Hinter dem Tor befindet sich das anzuwendende Sachrecht – entweder das eigene (bei Rückverweisung) oder das fremde (bei Sachnorm- oder Annahme der [Weiter-]Verweisung). 114  Der Gegenstand der Qualifikation ist nach alledem nicht mit dem Anknüpfungsgegenstand (dem Verweisungsbegriff) zu verwechseln oder gar gleichzusetzen. Ersteres betrifft den

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lich aus der Zusammenschau von Sachverhalt (Lebensvorgang) und Kollisionsnorm ergeben. Bisweilen erschließt sie sich erst aus den Sachnormen. Die Qualifikation erfordert dann ein Hin- und Herwandern des Blickes vom Sachverhalt zur Kollisionsnorm und zu den in Betracht kommenden Sachnormen.115; 116 durch die gestellte Rechtsfrage konkretisierten, normbezogenen Sachverhalt, letzteres ist ein Sammelbegriff im Tatbestand der Kollisionsnorm. Dies folgt bereits aus der Struktur des Verweisungsbegriffs. Indem er Kategorien von Rechtsnormen bündelt, die wiederum die gestellte Rechtsfrage beantworten sollen, kann die Rechtsfrage (samt dem sie tragenden Sachverhalt), also der Gegenstand der Qualifikation, entweder in dieses kollisionsrechtliche Bündel hineingehören oder eben nicht. Ein solches Hineingehören setzt sowohl Gleichartigkeit der zu verbindenden Strukturen, Elemente wie deren Verschiedenheit (nicht Verschiedenartigkeit) voraus. 115  Kropholler, IPR, §  15 II 3, S.  119. 116  Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB umschreibt sohin mit der „Qualifikation des Tatbestands oder des Verhältnisses“ nur den Subsumtionsvorgang (den Qualifikationsprozess). So dürfte zu verstehen sein außerdem Stancheva-Mincheva, Art.  39 bulgIPRGB, S.  45, wenn sie schreibt: „Gemeint ist (Anm.: mit Qualifikation i. S. des Art.  39 Abs.  1 leg.cit.) sowohl die Subsumtion der Fakten unter die Hypothese der Kollisionsnorm (Anm.: unter den Anknüpfungsgegenstand/den Verweisungsbegriff) wie die für die Subsumtion erforderliche Auslegung der Begriffe, die in ihr (Anm.: in der Hypothese) enthalten sind.“ Ihr folgt im Ansatz Musseva, Deliktat v MCP, S.  261 f. Daraus folgt: Die heutige Fassung des Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB wird verständlich, wenn man sich zweierlei klar macht: Einesteils qualifiziert der bulgarische IPR-Anwender Verweisungsbegriffe und Anknüpfungspunkte. Deswegen ist der Wortlaut so gefasst: „Qualifikation des Tatbestands“. Mit Tatbestand gemeint ist der Tatbestand der Kollisionsnorm (so ausdrücklich Natov, Art.  39 bulgIPRGB, S.  298), d. h. der Verweisungsbegriff und der Anknüpfungspunkt. Beide werden – sprachlich betrachtet – „qualifiziert“. Man lese darum: Auslegung des Verweisungs- und des Anknüpfungsbegriffs. Andernteils meint man subsumieren, wenn man qualifizieren sagt, wie das Zitat von Stancheva-Mincheva dies anschaulich belegt. Deswegen ist der Wortlaut so gefasst: „Qualifikation des Verhältnisses“. Man lese darum: Subsumtion des juristischen/norm­ bezogenen, konkret umgrenzten Sachverhalts. Nach alledem kann man die Vorschrift des Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB auch so lesen: „Wenn die Bestimmung des anzuwendenden Rechts von der Auslegung des Tatbestands der Kollisionsnorm und der Subsumtion des Sachverhalts abhängt, werden diese nach dem bulgarischen Recht vorgenommen.“ Da das Qualifikationsproblem nach hiesiger Ansicht bei der Auslegung des Verweisungs­ begriffs auftritt, genügt folgende Formulierung: „Wenn die Bestimmung des anzuwendenden Rechts von der Auslegung des Verweisungs­ begriffes abhängt, wird diese nach bulgarischem Recht vorgenommen.“ Auf Bulgarisch: „Когато определянето на приложимото право зависи от тълкуването на понятия от хипотезата на стълкновителна норма, то се извършва по българското право.“ (wörtlich übersetzt: „Wenn die Bestimmung des anzuwendenden Rechts von der Auslegung der Begriffe aus der Hypothese einer Kollisionsnorm abhängt, wird diese nach bulgarischem Recht vorgenommen.“) Kurz und bündig: „Verweisungsbegriffe sind nach bulgarischem Recht auszulegen.“ Auf Bulgarisch: „Понятия от хипотезата на стълкновителна норма се тълкуват по българското право.“

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C. Ursachen des Qualifikationsproblems Qualifikationsprobleme ergeben sich aus:117 – Systemunterschieden zwischen dem inländischen materiellen Recht und dem inländischen Kollisionsrecht;118 – Systemunterschieden zwischen in- und ausländischem IPR;119 – Systemunterschieden zwischen inländischem materiellem und ausländischem materiellem Recht; – Systemlücken des inländischen materiellen Rechts.120 (wörtlich übersetzt: „Begriffe aus der Hypothese einer Kollisionsnorm werden nach bulgarischem Recht ausgelegt.“) 117  Guter Überblick bei Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  3, Rn.  19–28. Für das Schweizer IPR siehe Furrer/Girsberger/Siehr, IPR AT, Rn.  390–444. 118  Dies ist bei Weitem die wichtigste Ursache, die bei der Qualifikation Schwierigkeiten bereitet; vgl. dazu Grundmann, Qualifikation, S.  11 ff.; anders Bernasconi, Qualifikationsprozess, S.  52, der nur hinsichtlich eines ausländischen Sachrechts qualifizieren will; ähnlich Staudinger/Sturm/Sturm (2012), Einl. zum IPR, Rn.  241. Hier ist zunächst unklar, ob eine konkrete Vorschrift des eigenen Sachrechts zum Normenkomplex gehört, den die anvisierte Kollisionsnorm des Forums vermöge ihres Anknüpfungsgegenstands anspricht. Eine unterschiedliche Einordnung im bulgarischen Sachrecht und im bulgarischen IPR erfährt etwa der Name. Das materielle Recht regelt den Ehenamen als allgemeine Ehewirkung (Art.  12 FamKodex), den Kindesnamen sogar in einem anderen Gesetz (Artt.  12 ff. PStRegG). Kollisionsrechtlich ist der „Name“ dagegen – jedenfalls nach hiesiger Ansicht – umfassend und eigenständig in Art.  53 bulgIPRGB geregelt. Um diese erste (Qualifikations-)Frage – welcher Kollisionsregel sind gewisse Normen des bulgarischen Sachrechts zuzuordnen? – geht es z. B. bei der Qualifikation des Verbots des gemeinschaftlichen Testaments (wenn man trotz der Regelung des Art.  38 Abs.  3 S.  2 FamKodex mit der überwiegenden Meinung ein solches Verbot bejaht; ausf. hierzu Petrov, Semeyni otnoshenia, S.  261 ff.; diese [neue] Regelung nicht einmal erwähnend ­Musseva, in: Gierl et al., IntErbR, Länderbericht Bulgarien, Rn.  100). 119  Das ist der vorrangige Anwendungsbereich der sog. Stufenqualifikation, die in Art.  39 bulgIPRGB einen gesetzlichen Niederschlag erfahren hat. Beispielsweise ordnet das bulgarische IPR Ansprüche aus einem Verlöbnisbruch deliktisch ein (Todorov, Zakonat na sada, S.  66), was einem sachrechtlichen Vorverständnis entspricht: Es ist allgemein anerkannt, dass der Verlöbnisbruch einen Schadensersatz als unerlaubte Schadenszuführung erzeugt (dazu schon Boschan, EuFamR, Länderbericht Bulgarien, S.  40). Angeknüpft wird demnach an den Ort der Deliktsbegehung. In Deutschland und Österreich werden sie als Rechtsinstitut des Familienrechts eingestuft (MüKo BGB/Sonnenberger (2010), Art.  4 EGBGB, Rn.  39; MüKo BGB/ Coester (2018), Vor Art.  13 EGBGB, Rn.  3, einerseits, und Schwimann, Grundriss IPR, S.  16 a. E., andererseits). Im schweizerischen IPR sind Schadensersatzansprüche aus Verlöbnisbruch nicht geregelt: Teils wird die Bestimmung über die Eheschließung herangezogen und an den (antizipierten) Ort der Eheschließung angeknüpft, teils unterstellt man Folgen und Wirkung eines Verlöbnisses und damit Schadensersatzansprüche aus Verlöbnisbruch dem Ehewirkungsstatut und knüpft gem. Art.  48 schweizIPRG an den gemeinsamen Wohnsitz an (Kostkiewicz, Grundriss des schweizerischen IPR, Rn.  776 a. E.). 120  Hier geht es um Rechtsfiguren, welche der heimischen Rechtsordnung unbekannt sind.

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D. Stufenqualifikation Das Problem der Qualifikation ist kompliziert, seine Lösung nicht minder. Jede relevante Rechtsfrage muss der bulgarische Richter mithilfe einer Kollisionsnorm einer bestimmten Rechtsordnung zuweisen. Denn das IPR ist ein Verweisungs- und kein Entscheidungsrecht. Deshalb duldet es keine Lücke. Eine solche wäre mittels Anknüpfung an die engste Verbindung zu schließen (Art.  2 Abs.  2 bulgIPRGB).121 Lediglich ihre Zuständigkeit kann eine innerstaatliche Instanz ablehnen, wenn ihr das fremde Recht vollkommen wesensfremde Tätigkeiten abverlangt, so dass sie völlig aus ihrem Aufgabenbereich herausfielen.122 Solche kann die Anwendung religiösen Rechts hervorrufen, etwa bei der Mitwirkung eines inländischen Gerichts an der Verstoßung nach islamischem Recht oder der Übergabe eines Scheidebriefs (Get) gemäß jüdischem Recht.123 International werden vier Theorien zur Qualifikation vertreten: Qualifikation lege fori, Qualifikation lege causae, rechtsvergleichende Qualifikation und Qualifikation ersten und zweiten Grades (sog. Stufenqualifikation). In Bulgarien hat sich die Stufenqualifikation bereits vor der Kodifizierung des IPR durchgesetzt.124 Seit der Kodifikation findet sie in Art.  39 bulgIPRGB eine gesetzliche Ausprägung.125 Diese Methode teilt den Qualifikationsvorgang in zwei selbständige Schritte. Als primäre Qualifikation oder Qualifikation ersten Grades126 bezeichnet man die Subsumtion unter die nationale Kollisionsnorm. So z. B. sind der Trust im angelsächsischen und die Ketubbah im jüdischen Recht dem bulgarischen Recht unbekannt. Die Frage lautet nun: Welche Kollisionsnorm des Forums erfasst das unbekannte Rechtsinstitut des ausländischen Rechts? Näher hierzu Grundmann, Qualifikation, S.  11 ff. Den Wortlaut einer typischen Ketubbah gibt Herfarth wieder, Scheidung nach jüdischem Recht, S.  458 f. 121  Furrer/Girsberger/Siehr, IPR AT, Rn.  405. 122  Furrer/Girsberger/Siehr, IPR AT, Rn.  405; BGHZ 47, 324, 333 f. = IPRspr 1966–67, Nr.  90 (bzgl. Trennung von Tisch und Bett nach italienischem Recht). 123  Hierzu M. Becker, FS Martiny (2014), 619, 623 f.; eingehend Siehr, FS Schlosser (2005), 877 ff. Zu den Spannungen zwischen deutschem Verfahrensrecht und jüdischem Scheidungsrecht siehe Herfarth, Scheidung nach jüdischem Recht, S.  166–272. Zum Scheidungsverfahren und Zwang zur Übergabe des Scheidebriefes nach jüdischem Recht Herfarth, ibd., S.  26–33 m. w. N., samt Wiedergabe der wesentlichen Verfahrensvorschriften bei der Briefübergabe auf S.  455–458; den Wortlaut eines typischen Get findet man auf S.  455 und den einer typischen Ketubbah auf S.  458 f. 124  Die Stufenqualifikation geht auf Schnitzer, IPR, Bd.  I, S.  102 ff., zurück. Bereits Kahn, Gesetzeskollision, S.  1, 89 ff., postulierte jedoch mit seiner Theorie von der Relativität der Axiom­begriffe die Zweiteilung des Qualifikations-Aktes. Die Stufenqualifikation hat sich in der Schweiz und Österreich durchgesetzt (näher dazu Schwind, IPR, S.  28 ff.; Schwimann, Grundriss IPR, S.  14 ff.), nunmehr auch in Bulgarien. 125  Wie hier Maesch, Kodifikation, S.  150. 126  Auf Bulgarisch: „квалификация от първа степен“ (kvalifikatsia ot parva stepen).

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

Wenn es dagegen um die Subsumtion unter die meist ausländische Sachnorm geht, welche die Kollisionsnorm des Forums für anwendbar erklärt hat, spricht man von sekundärer Qualifikation bzw. Qualifikation zweiten Grades oder „echter“ Qualifikation127; 128 I. Erste Stufe: „Qualifikation“ des Verweisungsbegriffes der nationalen Kollisionsnorm Die primäre Qualifikation betrifft den juristisch umgrenzten Sachverhalt, der durch die gestellte Rechtsfrage präzisiert und mitgeprüft wird.129 Es geht um die Ermittlung der einschlägigen Kollisionsnorm, genauer: um die Einordnung der vom Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfrage unter eine konkrete Kollisionsnorm des Forums. Um das ins Werk zu setzen, muss man die Verweisungsbegriffe auslegen und die Kollisionsnormen voneinander abgrenzen. Systembegriffe werden in Bulgarien nach der lex fori materialis ausgelegt („qualifiziert“).130 Zu Beginn der Fallbearbeitung habe das Gericht nur Zugang zu seinem eigenen Recht. Darum sei ihm lediglich eine Interpretation der Systembegriffe lege fori möglich.131; 132 Ausnahmen werden dort zugelassen, wo der Gesetzgeber eine Qualifikation lege causae ausdrücklich anordnet.133 Praxisrelevant ist das letztere für die Frage der Qualifikation eines Gegenstands als beweglich oder unbeweglich. Da die räumliche Beziehung einer Sache zu einer konkreten fremden Rechtsordnung leicht erkennbar ist, überlässt das bulgarische IPR die Qualifi­ kation dem Wirkungsstatut (lex rei sitae), und nicht der lex fori (Art.  64 Abs.  2 bulgIPRGB); man bezweckt damit eine möglichst übereinstimmende Beurtei127  Auf Bulgarisch: „квалификация от втора степен“ (kvalifikatsia ot vtora stepen) oder „истинска квалификация“ (istinska kvalifikatsia). 128  Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  309 (Fn.  33) und 317; Todorov, Zakonat na sada, S.  66. 129  Das entspricht dem zweiten Schritt nach der obigen Reihenfolge der Gedankenschritte, vgl. 1.  Teil, §  2. C. 130  Urt. 3838-82-II; Urt. 501-61-II; Urt. 1083-72-IV; Urt. 1730-73-I; Urt. 1906-76-I (alle Entscheidungen zit. nach Todorov, Zakonat na sada, S.  61); Kutikov, MCP, S.  261 (Fn.  38); ders./Todorov, MCP-Obshta chast, S.  309 (Fn.  33), 315; S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  108; Vartolomeev, TMP 1976, 89, 97; Maesch, Kodifikation, S.  140. 131  Todorov, MCP, S.  133; ders., Zakonat na sada, S.  61; S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  108. 132  Die Aussage ist schon im Ansatz verkehrt. Sie beruht – auch aus der Sicht der ihr zugrunde liegenden lex fori-Theorie – auf einem fundamentalen Fehler: Sie übersieht, dass verschiedene Rechtsmaterien in ein und derselben Rechtsordnung durchaus autonom sein können – sei es, weil sie andere Ziele verfolgen, sei es, weil sie auf anderen Wertungen beruhen. Die Auslegungsmethode ist am Sinn des Rechtsgebietes ausgerichtet, in welchem der Gegenstand der Auslegung zu verorten ist, und nicht am System eines anderen Rechtsgebetes; so zutreffend Grundmann, Qualifikation, S.  20 m. w. N. 133  Todorov, Zakonat na sada, S.  61. Zum Ganzen Maesch, Kodifikation, S.  141 ff.

§  4. Qualifikation

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lung der Rechtslage mit dem ausländischen Recht des Belegenheitsortes, was dem internationalen Entscheidungseinklang dient. Die 1. Stufe der Stufenqualifikation stimmt demnach mit dem Vorgehen der lex fori-Theorie überein.134 Anhand der Einordnung auf der 1. Stufe findet man die passende Kollisionsnorm des Forums. Passend kann dabei eine Kollisionsnorm sein, weil sie sich genau auf die aufgeworfene Rechtsfrage bezieht,135 oder weil sie diese lediglich am besten anspricht (was man in der vorausgegangenen Auslegung des Verweisungsbegriffs bereits festgestellt hatte).136 Mit dem Auffinden der konkret anzuwendenden Kollisionsnorm des Forums ist die primäre Qualifikation beendet.137 II. Zweite Stufe: „Qualifikation“ im fremden Recht (Qualifikation der Sachnorm) Die sekundäre Qualifikation wird meistens138 auf der Ebene des berufenen Sachrechts vorgenommen,139 obgleich sie wegen des Grundsatzes der Gesamtverweisung nach Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB schon im ausländischen IPR einsetzt140 134 

Denn auch die Stufenqualifikation ordnet die dem eigenen Sachrecht grundsätzlich bekannten ausländischen Rechtsinstitute einer Kollisionsnorm zu, indem sie zunächst den umrissenen, normbezogenen Sachverhalt unter die Kollisionsnorm des Forums subsumiert. Die hierbei hypothetisch anwendbare materiellrechtliche Vorschrift führt zu einer Kollisionsnorm mit entsprechendem Kategoriebegriff, der sie zuzuordnen wäre. Diese Kollisionsnorm verweist nun auf ein fremdes Recht. Eindringlich Grundmann, Qualifikation, S.  32 m. w. N. 135  Dann wendet man diese Kollisionsnorm direkt an. 136  Anschießend wendet man diese Kollisionsnorm entweder direkt oder analog an. Im ersten Fall geht es um die funktionelle Qualifikation (Art.  39 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB), im zweiten Fall um Art.  39 Abs.  2 Fall 1 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB, d. h. bei unbekannten Rechtsbegriffen und -instituten, die eine zuverlässige Zuordnung im Rahmen der lex fori nicht ermöglichen. 137  Damit lehnt der Verfasser dieser Arbeit die Ansicht Schnitzers ab und schließt sich Scheucher an. Schnitzer lässt nämlich die Qualifikation 2. Grades erst beginnen, wenn feststeht, welches Sachrecht anwendbar ist. In seinem Handbuch des IPR schreibt er auf S.  211: „Schon bei der Qualifikation ist der Begriff, der zur Anknüpfung benutzt wird, nur einmal zu diesem Zwecke zu qualifizieren. Denn es ist logisch ein Unding, einen Begriff zum gleichen Zweck mehr als einmal zu qualifizieren.“ Scheucher schreibt dagegen in ZfRV 1961, 228, 231 richtig: „Natürlich kann es sein, daß der Sachverhalt im selben Rechtsfall unter die Systembegriffe verschiedener Rechtsordnungen zu subsumieren ist: Dann muß aber mehrfach qualifiziert werden und das Ergebnis der einen Qualifikation hat für die folgenden nicht die geringste Bedeutung. Jedesmal ist der bloße Sachverhalt ohne jede Wertung unter die Begriffe der Rechtsordnung zu subsumieren. Mit der Subsumtion ist die Qualifikation abgeschlossen.“ 138  Aber eben nicht immer; s. Mänhardt, Das internationale Personen- und Familienrecht Österreichs, S.  21 f.; Mänhardt/Posch, IPR, S.  25. 139 So Stancheva-Mincheva, Art.  39 bulgIPRGB, S.  44; s. a. Kutikov, MCP, S.  261; Kutikov/ Todorov, MCP-Obshta chast, S.  317 . 140  Maesch, Kodifikation, S.  216; s. a. Scheucher, ZfRV 1961, 228, 229 f.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

(dazu sogleich unter a).141 Auf der Sachnormebene geht es – zusätzlich – darum, welche Sachnormen der ausländischen Rechtsordnung zur Entscheidung über die gestellte Rechtsfrage letztendlich berufen sind und welchem Recht (dem IPR des Forums mit der konkreten Ausgangs-Verweisungsnorm oder der lex causae) die Entscheidungskompetenz darüber zusteht (dazu sogleich unter b).142 Daraus folgt: Die Qualifikation auf der 2. Stufe teilt sich ihrerseits in zwei voneinander zu trennende Qualifikationsprozess-Unterstufen. Die 1. Unterstufe handelt von der Qualifikation im ausländischen Kollisions- oder Sachrecht, auf welches die bulgarische Kollisionsnorm verwiesen hat. Diese Unterstufe ist immer zu begehen, um das anwendbare (Sach-)Recht zu ermitteln. Die 2. Unterstufe ist ebenfalls unentbehrlich. Denn sie beschäftigt sich (zusätzlich) mit dem Umfang der Verweisung. Deshalb ist sie sowohl bei einer Gesamt- wie einer Sachnormverweisung zu prüfen. 141  Auch aus deutscher Sicht findet eine Qualifikation 1. Grades (unter den Anknüpfungsgegenstand) und 2. Grades (unter das Verweisungsziel, also auf der Ebene des berufenen Sachrechts) statt. Der Unterschied zur Stufenqualifikation betrifft ihre 2. Stufe. Er liegt darin, dass die Auswahl der einschlägigen Sachnorm nicht einen neuen (sekundären) Qualifikationsvorgang darstellt, sondern Teil des einheitlichen Vorgangs der funktionellen Qualifikation ist; s. Kropholler, IPR, §  17 II, S.  129 f. Anders ausgedrückt: Die Qualifikation, die auf der Ebene des Anknüpfungsgegenstands beginnt (Qualifikation 1. Grades), setzt sich bei den einzelnen Sachnormen fort (Qualifikation 2. Grades). Die Qualifikation 1. Grades präjudiziert sohin die Qualifikation 2. Grades; vgl. Bernasconi, Qualifikationsprozess, S.  21. Die funktionale Qualifikation weist andererseits aber insofern Gemeinsamkeiten mit der Stufenqualifikation auf, als auch sie in der ausländischen Rechtsordnung nach allen Vorschriften sucht, die funktionell dem Verweisungsbegriff der deutschen Kollisionsnorm entsprechen. Der Unterschied zur Stufenqualifikation liegt deshalb darin, dass die ausländischen Kollisionsnormen nicht losgelöst vom deutschen Kollisionsrecht herangezogen werden. Dieses behält vielmehr seine Bedeutung insoweit, als es den Maßstab für die funktionale Vergleichbarkeit einer ausländischen Regelung mit einer deutschen Regelung vorgibt; s. jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  3, 3a, 4 EGBGB, Rn.  298 (Fn.  501). Mit der hier vertretenen Rechtsfigur der „kanalisierten“ Verweisung erzielt die Stufenqualifikation das gleiche Resultat wie die funktionale Qualifikation. 142  Die sekundäre Qualifikation setzt keine Sachnormverweisung voraus. Von der Art der Verweisung ist sie vielmehr unabhängig. Auch bei der Gesamtverweisung findet die Stufen­ qualifikation Anwendung. Die 2. Stufe setzt in dem Augenblick an, in dem man sich in die Sphäre des berufenen Rechts begibt (Schwind, IPR, S.  29; ders. Hdb des österr. IPR, S.  49). Dies folgt aus Art.  44 Abs.  1 Alt.  1 bulgIPRGB. Das fremde Recht ist so auszulegen, wie es in seinem Urspungsstaat ausgelegt wird. M.a.W. qualifiziert man im Rahmen des berufenen Rechts aus der Sicht eben dieses Rechts, d. h. so, wie es der dortige Richter täte. Es sind demnach drei Schritten der Qualifikation sorgfältig auseinanderzuhalten: 1. Schritt: Kollisionsnorm des Forums, 2. Schritt: Kollisionsnorm des Wirkungsstatuts, 3. Schritt: Sachnormen des Wirkungsstatuts. Eingehend Hoyer, ZfRV 1971, 292 ff.; ders., ZfRV 1975, 50 ff.

§  4. Qualifikation

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1. Erste Unterstufe Für die 1. Unterstufe gilt Folgendes: Verweist die bulgarische Kollisionsnorm auf ausländisches Kollisions- oder Sachrecht, so ist für die Auslegung seiner Rechtsbegriffe für die lex fori kein Raum mehr. Allein maßgeblich ist das berufene IPR bzw. die ermittelte lex causae.143 Die Begriffe der lex fori und ihr Verständnis danach werden deswegen nicht in eine andere Rechtsordnung, in die bestimmte lex causae transferiert. Auch wenn zwei verschiedene Rechtssysteme einzelne gleichlautende Normen enthalten, kann doch jede dieser einzelnen Normen einen verschiedenen Regelungsinhalt haben, weil man sie in der einen Rechtsordnung so, in der anderen eben anders auszulegen pflegt. Die äußerlich gleichen Rechtsbegriffe können mithin in Tat und Wahrheit ungleich sein, da jeder durch den Normenorganismus definiert ist, dem er angehört.144 Qualifiziert die ausländische Rechtsordnung den Sachverhalt nun anders (sog. Konflikt der Qualifikationen145), so hat diese abweichende Qualifikation keinen Einfluss auf die schon erfolgte Anknüpfung auf der 1. (Ober-)Stufe. Das bedeutet: Die sekundäre Qualifikation wirkt nicht auf die Anknüpfung und/oder die Auslegung (Qualifikation) der kollisionsrechtlichen Begriffe zurück. Denn die Suche nach dem anwendbaren Recht ist mit der primären Qualifikation (bei der Sachnormverweisung jedenfalls) endgültig abgeschlossen. Eine kollisionsrechtliche Korrektur dergestalt, dass eine erneute Anknüpfung auf der primären Qualifikationsebene, d. h. der 1. (Ober-)Stufe, scheidet folglich aus.146 So wie eine Transferierung von Begriffen des Forums und ihrer Interpretation in die berufene fremde Rechtsordnung nicht möglich ist, so findet auch eine Rückkoppelung von Begriffen der lex causae und ihrer Interpretation an die lex fori nicht statt.147 Die Kollisionsnorm der lex fori und all ihre Begriffe haben auf der Stufe der primären Qualifikation ausgedient. Von nun an steht man auf dem Boden des berufenen Kollisions- oder Sachrechts, und dieses ist nach dem Verständnis auszulegen und anzuwenden, welches in dieser seiner Rechtsordnung vorherrscht.148 Dies besagt Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB.

143 

Ebenso Maesch, Kodifikation, S.  216. Vgl. Niederer, Qualifikation, S.  65, der aber davon ausgeht, dass die einzelnen Normen notwendigerweise einen verschiedenen Sinn haben. 145  Vgl. S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  115 f.; Todorov, Zakonat na sada, S.  65. 146  Vgl. Todorov, Zakonat na sada, S.  65; S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  116; Stancheva-­ Mincheva, Art.  39 bulgIPRGB, S.  48; S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  116. 147  Ähnlich Niederer, Qualifikation, S.  45 f. m. w. N. 148  Kostkiewicz, Grundriss des schweizerischen IPR, Rn.  786 a. E. 144 

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

2. Zweite Unterstufe Die 2. Unterstufe betrifft den Umfang der Verweisung. Es geht um eine wichtige Frage: Wenn man sich schon auf dem Boden des fremden Sachrechts befindet, wie beurteilt man dann, welche Vorschriften dieses fremden Sachrechts zum Zuge kommen? Anders gefragt: Stehen sämtliche Normen des berufenen Sachrechts zur Verfügung oder kommen nur bestimmte Normen in Betracht und, wenn ja, welche genau? Dreh- und Angelpunkt dieser Frage ist die Dichotomie des Verweisungs­ begriffs, genauer: die Verweisungs(-nach-)wirkung der Kollisionsnorm des ­Forums.149 Denkbar sind zwei Ansätze: Entweder bleibt die Auswahl der einschlägigen Vorschriften der berufenen Rechtsordnung überlassen, d. h. das fremde Recht entscheidet eigenständig über die maßgeblichen Sachnormen, was eine erneute Einordnung des Sachverhalts in diesem Recht erforderlich macht (sog. offene Verweisung). Oder aber der konkrete Verweisungsbegriff der nationalen Kollisionsnorm des Forums behält die Zügel, als er nur jene Sachnormen aus dem ermittelten Sachrecht zur Anwendung gelangen lässt, die ihm funktionell adäquat entsprechen (sog. kanalisierte Verweisung oder [besser] offene Verweisung mit Kontrollfunktion150). Die bulgarische Lehre ist sich nicht einig, welchem Ansatz der Vorzug gebührt. a) Offene Verweisung Stancheva-Mincheva plädiert für eine offene Verweisung.151 Im gesamten Rechtssystem des berufenen Rechts müsse man nach Sachnormen suchen, die 149 

Eindringlich Bernasconi, Qualifikationsprozess, S.  20 f. und 255 f. Begriff nach Bernasconi, Qualifikationsprozess, S.  283. Denn nach dem Konzept der kanalisierten Verweisung im klassischen Sinne kommen nur solche Kategorien von Sachnormen zum Zuge, welche das Forum zuvor selbst bezeichnet hat. Eine güterrechtliche Kollisionsnorm des Forums beispielsweise bedingt die Anwendung von nur güterrechtlichen Sachnormen der lex causae; eingehend Bernasconi, a. a. O., S.  255–275. 151  Zu einer offenen Verweisung führt außerdem der Ansatz von Musseva, Deliktat v MCP, S.  262. Indem sie ausschließlich auf Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB abstellt und das berufene Sachrecht so anwenden will, wie es vom ausländischen Richter dort angewandt würde, stellt sich für sie nicht mehr die Frage, ob dem Verweisungstatbestand der lex fori, der fremdes Sachrecht für anwendbar erklärt hat, noch Nachwirkungen zukommen. Ähnliche Ansichten vertrat die Lehre schon früher; vgl. S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  115 f. Die Auffassung von Musseva kann man durchaus sympathisch finden. Im Ergebnis ist sie trotzdem abzulehnen. Zwar setzt Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB schon an der Auslegung des fremden Sachrechts an. Diese Auslegung setzt jedoch voraus, dass das anzuwendende Sachrecht bereits feststeht. Das folgt aus dem Wortlaut selbst. Dort heißt es: „Das“ fremde Recht – und gerade nicht: „Fremdes Recht“ – wird ausgelegt. An dieser Stelle der Prüfung (Welche Sachnormen genau kommen letztlich zur Anwendung?) ist indes das fremde Sachrecht noch nicht 150 

§  4. Qualifikation

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den Rechtstreit regeln, ungeachtet – und das ist entscheidend – einer abweichenden Qualifikation.152 Dabei will sie offenbar die Auswahl der einschlägigen Vorschriften der berufenen Sachrechtsordnung überlassen. Denn sie begründet ihre Ansicht mit Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB, d. h. mit jener Vorschrift, welche die berufene Rechtsordnung selbst über den Inhalt ihrer Begriffe und die Reichweite ihrer Anwendung bestimmen lässt. So würde man die Besonderheiten des IPR berücksichtigen.153 Damit folgt Stancheva-Mincheva der aus der Zeit vor der Kodifikation herrschenden Meinung, jedoch nur im Ansatz. Danach hat der bulgarische Richter diejenigen Bestimmungen des ausländischen Sachrechts anzuwenden, welche diese Rechtsordnung für die Lösung der Rechtsfrage bereit hält, wobei die formalsystematische Einordnung der fremden Norm unerheblich ist.154 Dadurch werde der Sachverhalt unabhängig von den Systembegriffen der lex fori nach den Maßstäben des fremden Rechts neu eingeordnet.155 Dieser Ausgangspunkt ist richtig und er entspricht der hier befürworteten kanalisierten Verweisung. Der Unterschied liegt also nicht im Umfang der Verweisung, sondern in ihrem Inhalt. Denn die berufene Rechtsordnung ist unstreitig in ihrer Gesamtheit ermittelt, sondern muss erst geklärt werden. Denn mit der Lokalisierung des anwendbaren Sachrechts steht nur fest, dass seine Sachnormen in ihrer Gesamtheit der Anwendung offen gegenüberstehen. Welche konkrete Norm aus dieser Gesamtheit an Sachnormen zur Anwendung letzten Endes gelangt, diese Frage muss man zunächst beantworten (Stichwort: kanalisierte Verweisung). Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB kann zu dieser Klärung/Antwort nicht beitragen. Dass sein Abs.  2 die „Nichtanwendung fremden Rechts“ – und gerade nicht „des fremden“ Rechts – und „seine“ falsche Auslegung für revisibel hält, ist kein triftiges Gegenargument. Nach hiesigem Verständnis erfasst Abs.  2 sowohl die Frage nach der Auslegung der letztlich angewandten Sachnormen wie die ihr vorverlagerte Frage nach den konkret anzuwendenden Sachnormen selbst: Denn wenn schon die falsche Auslegung einer angewandten Sachnorm einen Anfechtungsgrund darstellt, dann erst recht die falsche Heranziehung dieser oder einer anderen vom Gericht geprüften Sachnorm, ist doch die falsche Heranziehung einer Sachnorm die Außerachtlassung jeglicher Auslegung der letztlich richtigen Sachnorm. Diese Interpretation hält der notwendigen juristischen Gegenprüfung stand: Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB meint mit „das fremde Recht“ auch ausländisches IPR. Insoweit ist es aber richtig, wenn er „das“ fremde Kollisionsrecht anspricht. Denn mit der Gesamtverweisung durch die ermittelte bulgarische Kollisionsnorm ist vom Standpunkt der lex fori nicht irgendein, sondern ein durch das Anknüpfungsmerkmal konkretisiertes, eben das bezeichnete fremde IPR dazu berufen, über die Annahme der Verweisung zu entscheiden. Bei der Beurteilung der Verweisungsannahme ist die ausländische Kollisionsnorm so anzuwenden, wie sie der ausländische Richter anwenden würde. Dies schließt freilich eine Auslegung der darin verwendeten Verweisungsbegriffe mit ein und nach bulgarischer lex fori aus. 152  Stancheva-Mincheva, Art.  39 bulgIPRGB, S.  48. 153  Stancheva-Mincheva, Art.  39 bulgIPRGB, S.  45 und 48. 154  Todorov, Zakonat na sada, S.  66. 155  Scheucher, ZfRV 1961, 228, 229; Siehr, IPR der Schweiz, §  49 II 3; Maesch, Kodifika­ tion, S.  147. Ausführlich Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht, S.  216 ff.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

heranzuziehen. Nur soll diese Gesamtheit an verwiesenen Sachnormen nach der Theorie der offenen Verweisung ohne Rücksicht auf die Wertvorstellungen jener Kollisionsnorm zur Anwendung gelangen, welche den juristischen Sachverhalt tatbestandsmäßig einst erfasst und zur maßgeblichen Rechtsordnung die Brücke geschlagen hatte. Dies ist das Resultat einer vorschnellen Berufung auf Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB. b) Kanalisierte Verweisung Maesch und Natov sprechen sich für eine kanalisierte Verweisung aus.156 Damit sich der bulgarische Richter sicher sein könne, er wende dasjenige Recht an, welches der bulgarische Gesetzgeber mittels des Verweisungsbegriffes der eigenen Kollisionsnorm als anwendbar habe erklären wollen, müsse er die Sach­ normen des berufenen fremden Rechts mit dem Verweisungsbegriff vergleichen. Verfügten diese über konvergente oder ähnliche Regelungsgegenstände, so lasse sich eine bestimmte Sachnorm mit dem Anknüpfungsmerkmal der eigenen Kollisionsnorm verbinden. Erst dann gebe es eine Rechtsregelung für die Beantwortung der konkreten Rechtsfrage.157 Diese Auffassung überzeugt. Das IPR eines Staates besteht aus einem System verschiedener Kollisionsnormen, von denen jede nur ganz bestimmte Rechtsfragentypen bzw. -verhältnisse behandelt. Zur Wahrung des Anwendungsbereichs der einzelnen Kollisionsnormen muss das letztlich berufene Sachrecht der funktionellen Struktur des Verweisungstatbestandes der lex fori entsprechen. Würde man Sachnormen anwenden, die der Verweisungstatbestand nicht umfasst, so würde man damit die Wertung der Verweisungsnorm verletzen und als Folge ständige Mehrfachbeurteilungen derselben Frage provozieren.158 Das gilt unabhängig davon, ob eine ausländische (bei der Gesamtverweisung) oder eine inländische Kollisionsnorm (bei der Sachnormverweisung) zu der 2. Unterstufe geführt hat. Denn auch bei einer IPR-Verweisung bleibt der Ausgangspunkt der Verweisungskette eine bulgarische Kollisionsnorm. Folgerichtig muss sie selbst den Umfang ihrer eigenen Verweisung bestimmen können.159 Für die kanalisierte Verweisung kann außerdem der Wortlaut des Art.  39 Abs.  3 bulgIPRGB ins Feld geführt werden. Danach ist bei Vornahme der Qualifikation 156 

Vgl. Maesch, Kodifikation, S.  147; Natov, Art.  39 bulgIPRGB, S.  303 f. Vgl. Natov, Art.  39 bulgIPRGB, S.  303 f.; Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  38 und 48: Eine Sachnorm sei nur dann Quelle des IPR, wenn die Kollisionsnorm sie zur Regelung des konkreten Rechtsverhältnisses bestimmt; ähnlich Todorov, Zakonat na sada, S.  59. 158  Schwimann, Grundriss IPR, S.  17. 159  Wie hier Hebert, JuS 2000, 254, 260; a. A. Raape/Sturm, IPR, S.  281. Beide Ansichten beziehen sich natürlich auf die funktionelle Qualifikation. Ihre Kernaussagen sind indes auf die Stufenqualifikation übertragbar. 157 

§  4. Qualifikation

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dem internationalen Element in den zu regelnden160 Verhältnissen und den Besonderheiten des IPR Rechnung zu tragen. Mit der Verselbständigung dieser Erfordernisse in einem gesonderten Absatz bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass sie zusätzlich auf der 2. Stufe der Stufenqualifikation zum Einsatz kommen müssen. Zu den Besonderheiten der IPR zählt u. a. die innere Entscheidungs­ harmonie. Diese will das Recht so angewandt wissen, dass es in sich – von Anbeginn der Qualifikation bis hin zur Beendigung der Anwendung des berufenen Sachrechts auf den zu beurteilenden Sachverhalt – geschlossen erscheint. Sachnormen, welche die Wertungen des Verweisungsbegriffs der lex fori nicht tragen, passen aber nicht in dieses geschlossene Rechtssystem hinein. Sie würden Tat­ bestand und Rechtsfolge der Kollisionsnorm des Forums auseinanderklaffen ­lassen. Dieses Auseinanderklaffen ist zwiefach begründbar: Einesteils gehört der Anwendungsbefehl161 zur Rechtfolgenseite der Kollisionsnorm des Forums und muss daher mit seinem eigenen Tatbestand abgestimmt sein und bleiben. Erst die materiellrechtliche Entscheidung in der Sache selbst ist der Rechtsfolgenseite des berufenen Sachrechts zuzuordnen.162 Andernteils würde der bulgarische Richter bei einer Rückverweisung auf bulgarisches Recht das eigene materielle Recht auch nicht etwa ohne Rücksicht auf den Verweisungstatbestand der einschlägigen Kollisionsnorm aus dem bulgIPRGB anwenden. Deswegen sind im Ergebnis nur jene Sachnormen des berufenen Sachrechts anzuwenden, die der funktionellen Zweckidee, dem Ordnungsziel des konkreten Verweisungstatbestandes der lex fori entsprechen, die also funktional adäquat sind und in den Anwendungsbereich des konkreten Verweisungsbegriffes passen.163; 164 Dem in der bulgarischen Kollisionsnorm enthaltenen Verweisungs­ begriff kommt damit eine Doppelfunktion zu: Einerseits legt er fest, für welche Fragen die Kollisionsnorm mit ihrem Anknüpfungspunkt gilt, der auf eine nationale Rechtsordnung verweist (1. Stufe der Stufenqualifikation). Andererseits entscheidet er aber noch darüber, was konkret aus jener Rechtsordnung zur Anwendung berufen wird – nämlich nur jene Rechtssätze, die von der funktional ver160 

Der Gesetzgeber spricht von „урежданите отношения“. Ins Deutsche übertragen sind das „die zu regelnden Verhältnisse“. Geregelte (Rechts-)Verhältnisse bedürfen eben keiner Qualifikation. Insoweit unzutreffend ist die Übersetzung von Jessel-Holst, RabelsZ 71 (2007), 457, 466. 161  D.h. dieses Sachrecht ist auf den unter den Tatbestand der inländischen Kollisionsnorm subsumierten Sachverhalt anzuwenden. 162  Vgl. Kegel/Schurig, IPR, §  6 II 1, S.  312. 163  Schwimann, Grundriss IPR, S.  17 a. E.; ders., IPR und EuropaR, S.  25 f. ihm folgend Maesch, Kodifikation, S.  147. 164  Dagegen überlässt die offene Verweisung die materielle Lösung – bis an die Grenze des bulgarischen ordre public – allein dem Recht, auf welches die lex fori verweist.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

standenen Rechtsfrage handeln und ihrem Charakter nach zu dem in der Kollisionsnorm beschriebenen Rechtsaspekt zählen (2. Stufe der Stufenqualifikation).165 Die Problematik verdeutlicht folgendes Beispiel:166 Eine Bulgarin schließt 1980 mit einem Griechen vor einem bulgarischen Zivilstandsbeamten die Ehe. Nun soll diese geschieden werden; die Eheleute leben in Bulgarien. Man nehme an, das heutige bulgIPRGB habe zur Zeit der Eingehung der Ehe gegolten. 1) Die Scheidung einer Ehe richtet sich mangels einer Rechtswahl (Art.  5 Rom  III-VO) und bei Vorliegen eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts nach Art.  8 lit.  a Rom  III-VO. Scheidungsstatut ist danach bulgarisches Recht. 2) Die Scheidung einer Ehe setzt ein Eheband voraus. Es handelt sich um eine Vorfrage, die grundsätzlich selbständig anzuknüpfen ist, in casu gem. Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB betreffend die formelle Eheschließungsvoraussetzungen und nach Art.  76 Abs.  1 leg.cit. hinsichtlich der materiellen. a) Die Mitwirkung eines Trauungsorgans ist eine Qualifikationsfrage. Ob sie der Form der Eheschließung oder den sachlichen Ehevoraussetzungen zuzurechnen ist, beurteilt sich nach der lex fori (primäre Qualifikation). Nach bulgarischem Verständnis zählt die Mitwirkung des Trauungsorgans zur Eheschließungsform, für welche die Formvorschriften am Heiratsort einzuhalten sind.167 Die Eheschließung ist hiernach formgültig. b) Die sachlichen Eheschließungsvoraussetzungen unterliegen für jeden Nupturienten seinem Personalstatut (Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB). aa) Für die Frau richten sie sich nach bulgarischem Recht und sind als erfüllt zu unterstellen. bb) Für den Mann wird auf das griechische Recht verwiesen, einschließlich seines IPR. Dieses nimmt – im maßgeblichen Augenblick der Eheschließung – die Verweisung an (vgl. zum geltenden Recht Art.  13 Abs.  1 des griechischen ZGB)168. (1) Das griechische Heimatrecht des Mannes zählt die Mitwirkung eines griechisch-ortho­ doxen Priesters (jedenfalls bis zur Einführung der fakultativen Zivilehe im Jahre 1982) zu den sachlichen Eheschließungsvoraussetzungen.169 Indessen hat diese abweichende Qualifikation nach der lex causae keine Auswirkungen auf die bereits vorgenommene Qualifikation nach 165 

Siehe Hebert, JuS 2000, 254, 259; ferner Bernasconi, Qualifikationsprozess, S.  20 f. In Anlehnung an LG Salzburg, ZfRV 1975, 48 ff.; s. a. Schwimann, Grundriss IPR, S.  18 (erstes Beispiel); ders., IPR, S.  26; v. Bar/Mankowski, IPR, Bd.  I, §  7, Rn.  159 f.; Bernasconi, Qualifikationsprozess, S.  298. Ausführlich hierzu Schwimann, ÖJZ 1980, 7 ff. 167  Wie hier Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  118 v. 21.12.2017 i. d. Rs. №  4596/2016 – ciela (kirchliche Heirat in Griechenland). 168  Vgl. Kastrissios, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Griechenland, 216. Lfg., Stand: 1.1.2016, S.  34. 169  Vgl. Staudinger/v. Bar (1992), Art.  13 EGBGB, Rn.  215 m. w. N. 166 

§  4. Qualifikation

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der lex fori auf der ersten Qualifikations-Stufe. Ja noch mehr: Für die Einordnung der Mitwirkung des Trauungsorgans unter die Eheform oder die materiellen Voraussetzungen der Eheschließung ist allein der Standpunkt des Forums (hier: des bulgarischen IPR) entscheidend (sekundäre Qualifikation im Rahmen der kanalisierten Verweisung). Die Frage des Trauungsorgans wird m. a. W. nicht neuerlich geprüft, sondern ausgeklammert. Denn für das bulgarische IPR ist sie eine Formfrage. Ließe man hingegen die griechische Norm zur Anwendung zu, wonach die Ehe mangels Trauung durch einen Popen unwirksam ist, so hieße es, die eigenen Wertvorstellungen und damit die funktionelle Zweckidee des Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB – d. h. bei eingehaltener Ortsform besondere Interessen privater oder staatlicher Natur zurück zu stellen – aus den Angeln zu heben. Bei der kanalisierten Verweisung bestimmt folglich die eigene Kolli­sionsnorm des Forums die Grenzen der Verweisung, indem sie selbst die maßgeblichen Sachnormen konkretisiert.170 Die Ehe ist nach alledem (die „übrigen“ sachlichen Eheschließungsvoraussetzungen nach griechischem Recht als gegeben unterstellt) wirksam geschlossen und mithin scheidbar. (2) Die offene Verweisung erklärt dagegen die Perspektive des berufenen griechischen Rechts für maßgeblich, welches die Mitwirkung des Trauungsorgans als materielle Ehevoraussetzung qualifiziert. Vorliegend ist dieses Erfordernis nicht erfüllt. Das macht die Ehe mit einem Schlag zu einer formgültigen, die formunwirksam ist.171 Mangels eines Ehebandes käme also eine Scheidung nicht in Betracht. Doch im Ergebnis gelangt selbst diese Auffassung zu einer – vom heutigen Zeitpunkt aus betrachtet – wirksamen Eheschließung und damit zu einer scheidbaren Ehe. Denn Zivilehen, die wie hier im Ausland vor dem 19.7.1982 zwischen Griechen oder einem Ausländer und einem Griechen geschlossen worden waren und nach der früheren Rechtslage in Griechenland als Nichtehen eingestuft wurden, sind rückwirkend vom Zeitpunkt ihrer Schließung an als existent anerkannt worden (Art.  7 des griechischen Gesetzes 1250/1982).172 Auf die Frage einer eventuellen Heilung durch Statutenwechsel kommt es mithin nicht mehr an.

III. Autonome (funktionale) Qualifikation Art.  39 Abs.  3 bulgIPRGB ist eine der wesentlichen Errungenschaften des neuen kodifizierten bulgarischen IPR. Denn mit ihm zerbrach die unumschränkte Herrschaft der lex fori.173 Nach dieser Vorschrift sind bei der Qualifikation sowohl das internationale Element in den zu regelnden Verhältnissen174 wie die Besonderheiten des IPR zu berücksichtigen. Wie man das internationale Element berücksichtigt und was die Besonderheiten des IPR eigentlich sind, das sagt weder das 170 

Verschraegen, IPR, Rn.  1173. v. Bar/Mankowski, IPR, Bd.  I, §  7, Rn.  160. 172  Kastrissios, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Griechenland, 216. Lfg., Stand: 1.1.2016, S.  34. 173  Zur Rechtslage und zum Qualifikationsproblem vor Erlass des Art.  39 Abs.  3 bulgIPRGB eingehend Maesch, Kodifikation, S.  137–150. 174  Neben Jessel-Holst, RabelsZ 71 (2007), 457, 467, spricht auch Maesch, Kodifikation, S.  152, von „in den geregelten Verhältnissen“. Die genaue Übersetzung hat aus hiesiger Sicht Auswirkungen auf die Einordnung des Abs.  3 des Art.  39 bulgIPRGB (dazu sogleich). 171 

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

Gesetz noch erläutert es die Lehre noch äußerten sich die Gerichte bis heute dazu. Unter dem internationalen Element des zu regelnden Verhältnisses wird man jedoch die Funktion der Kollisionsnorm und unter den Besonderheiten des IPR seinen Zweck zu verstehen haben.175 Fest steht jedenfalls, dass damit der funktionalen Qualifikation zum Durchbruch verholfen werden soll.176 Die Rechtsbegriffe der Kollisionsnorm sind demnach in dem Sinne autonom auszulegen (zu „qualifizieren“), als sie nicht gebunden sind an die Rechtsordnung, der diese Normen entstammen. Vielmehr sollen sie sich vom eigenen materiellen Recht emanzipieren und einer Eigengesetzlichkeit folgen,177 die wiederum vermittels des internationalen Elements und der Besonderheiten des IPR Platz greifen soll. Die Verselbständigung der funktionalen Qualifikationsmethode in einem 3. Absatz und der klare Wortlaut („bei Vornahmen der Qualifikation“) deuten darauf hin, dass man auf der gesamten 1. Stufe der Stufenqualifikation funktional qualifizieren muss – sowohl beim Abs.  1 wie beim Abs.  2. IV. Qualifikation nach der lex causae Eine Ausnahme von der Qualifikation lege fori sieht Art.  39 Abs.  2 bulgIPRGB vor. Sie betrifft Rechtsinstitute oder Rechtsbegriffe, die dem bulgarischen Recht unbekannt sind. Für ihre Qualifikation ordnet Abs.  2 die Berücksichtigung des sie regelnden fremden Rechts an. Doch bevor man das ausländische Recht be­ frage, müsse man vorerst das unbekannte Rechtsinstitut bzw. den unbekannten Rechtsbegriff nach bulgarischem Recht auslegen (sog. Vorschaltauslegungs­befehl). Was der Regelgeber damit bezweckt, ist eindeutig: Der Richter soll das ihm vertraute Recht nur dann aus der Hand geben, wenn eine Qualifikation nach diesem Recht unter keinem Gesichtspunkt möglich ist. Indessen ist die vorgeschaltete Interpretation nach bulgarischem Recht widersinnig: Was ein Recht nicht kennt, das kann man nicht nach eben diesem Recht auslegen. Das ist die Kehr­ seite des lex fori-Postulats des Abs.  1: Will der bulgarische IPR-Gesetzgeber in der Begriffssprache seiner materiellen Gesetze reden, so bleibt er in der Begriffswelt eben dieser Gesetze befangen und kann nur aus ihnen heraus verstanden werden. Kommt er gar nicht zu Worte, so bleibt er seinem Schweigen verfangen 175 

Unklar Natov, Art.  39 bulgIPRGB, S.  308 f. Einerseits schlägt er vor, der bulgarische Richter möge „das Gemeinsame“ aus den beteiligten Rechtsordnungen herausfiltern und auf dessen Grundlage dann eigene autonome (Qualifikations-)Kriterien erarbeiten. Andererseits soll aber Art.  2 Abs.  2 bulgIPRGB analog zum Zuge kommen mit dem Ziel, die Qualifikation auf der Basis autonomer Kriterien vorzunehmen, die wiederum sich auf gemeinsamen, allgemeingeltenden Prinzipien gründeten. 176  Vgl. Maesch, Kodifikation, S.  152. 177  Vgl. Niederer, Qualifikation, S.  66 f.

§  4. Qualifikation

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und kann folglich nicht verstanden werden. An einem gegenseitigen Verständnis zwischen Kollisionsnorm und Sachnorm fehlt es hier zum vornherein. Man kann das unbekannte Rechtsinstitut bzw. den unbekannten Rechtsbegriff nur nach seinem Sinn und Zweck befragen und sodann im eigenen Recht nach einem entsprechenden diesen Sinn und Zweck tragenden Rechtsinstitut/-begriff suchen.178 Daraus folgt: Der gesetzgeberische Wunsch ist gleichsam verwirklicht, längst bevor man zu Abs.  2 gelangt: Eine Auslegung fremder dem bulgarischen Recht unbekannter Rechtsinstitute und -begriffe findet bereits bei der funktionalen Qualifikation statt. Art.  39 Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB setzt ausdrücklich bei der Vornahme der Qualifikation an. Überdies gleichen sich Abs.  2 und Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 in den Rechtsfolgen: Das fremde Recht will ersterer „in Betracht nehmen“ und wollen letztere „berücksichtigen“. Ein sinnvoller, eigenständiger Anwendungsbereich wird für Abs.  2 nur im Ausnahmefall zu finden sein. Nämlich dann, wenn die funktionale Qualifikation nach Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 an ihre Grenzen stößt, d. h. wenn die gestellte Rechtsfrage (bzw. der Tatbestand, das Lebensverhältnis, das Rechtsverhältnis oder die Sachnorm – je nachdem, wie man die Anknüpfung erklärt) mit der essentialia der lex fori nicht zu beantworten (bzw. nicht zu regeln) ist. M.a.W. setzt Abs.  2 erst mit Erreichung jenes Ähnlichkeitsgrads zwischen dem ausländischen und dem eigenen Rechtsbegriff/-institut ein, ab welchem es ihnen an einer generellen Gemeinsamkeit zur Gänze fehlt. Das wird meist bei (mehreren) vollends unterschiedlichen Regelungszwecken so sein – wenn also das auf Sinn und Zweck bezogene Werturteil der zu vergleichenden in- und ausländischen Rechtsbegriffe/-institute auseinanderdriftet; doch kann sie auch bei verschiedenen formellen Anforderungen anzutreffen sein. In der Regel wird es sich um die Fälle der Doppel- oder Mehrfachqualifikation handeln. Für diese Interpretation des Abs.  2 spricht Folgendes: Die Kollisionsnorm selbst soll gem. Abs.  1 über Inhalt und Geltungsbereich der in ihr verwendeten Begriffe entscheiden (aus hiesiger Sicht ist dies nur beim Verweisungsbegriff von Belang). Dies geschieht i. V. m. Abs.  3 dadurch, dass man nach der Funktion und dem Sinn des in Rede stehenden materiellen Rechtsinstituts/-begriffs fragt und mit der Wertund Zwecksetzung der Kollisionsnorm vergleicht. Erfolgt aber die Verselbständigung kollisionsrechtlicher Begriffe aus Sinn und Zweck der Kollisionsnorm heraus, so ist es nur folgerichtig, wenn solche Verselbstständigung dort endet, wo es an einem gemeinsamen Kern, gemessen eben am Sinn und Zweck, mangelt. In der vorliegenden Arbeit wird der Vorschaltauslegungsbefehl des Abs.  2 Fall  1 zusammen mit Abs.  3 umgesetzt. Den funktionalen Ansatz des Abs.  3 178  Im Ansatz ähnlich schon nach altem IPR Todorov, Zakonat na sada, S.  62; s. a. Niederer, Qualifikation. S.  74 f.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

braucht man deswegen, weil ohne ihn der Weg zu der gesetzlich angeordneten Auslegung mit dem materiellrechtlichen Begriffsverständnis des bulgarischen Privatrechts (der lex fori) versperrt bliebe. Dann wird die konkrete Kollisionsnorm analog angewandt.

§  5. Rück- und Weiterverweisung (Renvoi)179 Die Anwendung der Kollisionsnorm kann dreierlei ergeben: – die Kollisionsnorm beruft eigenes Recht des Forums oder – die Kollisionsnorm beruft fremdes Recht oder – die Kollisionsnorm ermöglicht eine Rechtswahl. A. Verweisung auf eigenes Recht Soweit die Kollisionsnorm des Forums auf eigenes Recht verweist, ist das eigene Sachrecht in seiner Gesamtheit anzuwenden. Die Sicht einer ausländischen Rechtsordnung ist belanglos, selbst wenn ein hinkendes Rechtsverhältnis zu entstehen droht. B. Verweisung auf fremdes Recht180 Soweit die Kollisionsnorm des Forums auf fremdes Recht verweist, hat man zu fragen: Verweist die Kollisionsnorm auf die gesamte ausländische Rechtsordnung einschließlich ihrer Kollisionsnormen (sog. Gesamtverweisung)181 oder nur auf das maßgebliche materielle ausländische Recht (sog. Sachnormverweisung)182? I. Grundsatz der Gesamtverweisung Die Gesamtverweisung ist der gesetzliche Regelfall (Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB).183 Sie ist auf den internationalen Entscheidungseinklang ausgerichtet und bremst 179 

Hierzu aus dem deutschen Schrifttum insbes. Sonnentag, Renvoi, passim. Für das Zusammenspiel zwischen (Stufen-)Qualifikation und Verweisung siehe Niederer, Qualifikation, S.  49–57. 181  Bulgarische Terminologie: „частично/ограничено отпращане“ (chasticho/ogranicheno otprashtane; Teilverweisung/beschränkte Verweisung); vgl. Damyanov, Stalknovitelni normi po obligatsionno pravo, S.  24; Maesch, Kodifikation, S.  156. 182  Bulgarische Terminologie: „тотално/цялостно отпращане“ (totalno/tsyalostno otprashtane; Totalverweisung/Gesamtverweisung]); vgl. Damyanov, Stalknovitelni normi po obligatsionno pravo, S.  24; Maesch, Kodifikation, S.  156. 183  Viele ehemalige sozialistische Staaten halten am Grundsatz der Sachnormverweisung 180 

§  5. Rück- und Weiterverweisung (Renvoi)

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zugleich das Heimwärtsstreben.184 Eine Sachnormverweisung kommt gem. Art.  40 Abs.  1 in fine bulgIPRGB nur in Betracht, wenn ein Gesetz sie vorsieht. Art.  40 Abs.  2 bulgIPRGB erwähnt sechs Fälle, in denen eine Sachnormver­ weisung ausgesprochen wird. Die Aufzählung ist nicht abschließend.185 Aus Sinn und Zweck der Kollisionsvorschrift kann sich also durch Auslegung eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Gesamtverweisung ergeben.186 II. Anwendung des ausländischen Kollisionsrechts187 Nimmt das fremde IPR, auf welches die Kollisionsnorm des bulgIPRGB verweist,188 die Verweisung an, so ist sein materielles Recht zur Anwendung berufen. Indessen kann das fremde IPR die Verweisung ablehnen. Dann verweist es entweder auf das Ausgangsrecht zurück (sog. Rückverweisung189) oder auf das Recht eines Drittstaates weiter (sog. Weiterverweisung190).191 1. Rückverweisung Die (auch teilweise) Rückverweisung ist stets zu befolgen. In diesem Fall sind die bulgarischen Sachvorschriften anzuwenden, ungeachtet dessen, ob die Verweiter fest und lassen Gesamtverweisungen nur ausnahmsweise zu; vgl. Maesch, Kodifikation, S.  169; Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  89 f. 184  Maesch, Kodifikation, S.  164; Todorov, MCP, S.  136. 185  Ebenso Maesch, Kodifikation, S.  169; a. M. (abschließende Aufzählung) Natov, Art.  40 bulgIPRGB, S.  317, mit dem Argument, die Ausnahmen vom Grundsatz der Gesamtverweisung dienten der Rechtssicherheit. Diese Auffassung überzeugt nicht. Rechtssicherheit, die unbestreitbar ein Teilaspekt auch der Sachnormverweisung ist, und Renvoi stehen sich nicht diametral gegenüber, schließen sich folglich nicht unbedingt gegenseitig aus; wie hier Maesch, a. a. O., S.  169 f. (Fn.  57). 186  In der Gesetzesbegründung heißt es zu Art.  40 Abs.  2 bulgIPRGB, dass der Renvoi ausdrücklich in den Bereichen ausgeschlossen sei, in denen er „unvereinbar mit der Logik der kollisionsrechtlichen Reglementierung der Verhältnisse ist“; s. Begründung zum Entwurf des bulgIPRGB, Parlamentsdrucksache 502-01-15/21.2.2005, S.  4 = ciela. 187  Zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des bulgIPRGB eingehend Maesch, Kodifikation, S.  156–163 m. w. N. 188  Der Renvoi ist bei einer Sachnormverweisung ausgeschlossen. 189  Bzw. Verweisung ersten Grade oder renvoi au premier degré. Bulgarische Terminologie: „връщане/препращане в (от) първа степен“ (vrashtane/preprashtane v [ot] parva stepen); s. Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  284 a. E.; Kutikov, MCP, S.  243 a. E.; Todorov, Zakonat na sada, S.  42; ders., MCP, S.  136; Maesch, Kodifikation, S.  156. 190  Resp. Verweisung zweiten Grades oder renvoi au second degré. Bulgarische Terminologie: „истинско препращане/препращане във (от) втора степен“ (istinsko preprashtane/preprashtane vav [ot] vtora stepen); vgl. Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  285; Kutikov, MCP, S.  244; Todorov, Zakonat na sada, S.  42; ders., MCP, S.  136; Maesch, Kodifikation, S.  156. 191  Todorov, MCP, S.  136.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

weisung des fremden Kollisionsrechts auf das bulgarische Recht aus seiner Sicht eine Sachnorm- oder eine Kollisionsnorm-Verweisung ist (Art.  40 Abs.  3 Alt.  1 bulgIPRGB).192 Dem double renvoi bzw. der foreign court theory (sog. fremdnütziger/altruistischer Renvoi) ist damit eine Absage erteilt; die bulgarischen Gerichte wenden diese Rechtsfigur nicht an.193 Nach dieser Lehre ist so zu entscheiden, wie ein Gericht der berufenen fremden Rechtsordnung selbst urteilen würde. Das führt zur Beachtung des ausländischen IPR. Denn der Forumsrichter hat eine ausländische Sachnorm- oder Kollisionsnormverweisung zu befolgen und sie dort abzubrechen, wo der fremde Richter es täte. Die Ablehnung des fremdnützigen Renvoi bedarf indes näherer Begründung. Denn der Wortlaut des Art.  40 Abs.  3 Alt.  1 bulgIPRGB gibt hierzu Anlass zu Zweifeln. Dort heißt es wörtlich: In den Fällen nach Abs.  1, wenn die Verweisung angenommen wird, findet bulgarisches Sachrecht Anwendung. Man fragt sich: Wie kann denn die Verweisung angenommen und zugleich bulgarisches Sachrecht anwendbar sein, führt doch die Annahme einer Verweisung zur Anwendung der Sachvorschriften dieses (Annahme-)Staates? Die Antwort ist aus hiesiger Sicht im Gesamtzusammenhang der Regelung zu finden: Abs.  3 beruft entweder das Sachrecht Bulgariens oder das eines – zweitverwiesenen (dazu sogleich) – Drittstaates. Das ist nur möglich, wenn man die Rück- bzw. die erste Weiterverweisung abbricht. Dieser Abbruch der Rückverweisungs- resp. Weiterverweisungskette setzt eine Umdeutung der ausländischen Gesamtnorm-Rückverweisung bzw. Gesamtnorm-Weiterverweisung auf das zweitverwiesene Recht in eine Sachnorm-Rückverweisung bzw. Sachnorm-Weiterverweisung voraus. Der Passus „wenn die Verweisung angenommen wird“ ist folglich nicht buchstäblich zu nehmen. Er drückt lediglich die Einstellung des ausländischen Renvoirechts aus – sei es als Sachnorm- oder Gesamtnormrückverweisung, sei es als Sachnorm – oder Gesamtnormweiterverweisung. Abs.  3 des Art.  40 leg.cit. kann man nach alldem auch so lesen: „Bei einer Rückverweisung ist bulgarisches Sachrecht anzuwenden, bei einer Weiterverweisung das Sachrecht des Drittstaates.“194 192 

Wie hier Maesch, Kodifikation, S.  167. Todorov, MCP, S.  138; s. a. ders., Zakonat na sada, S.  43. 194  Auf Bulgarisch: „При връщане на препращането намира приложение българското материално право, при препращане към правото на трета държава – нейното материално право.“ Wörtlich übersetzt: „Bei einer Rückverweisung findet das bulgarische materielle Recht Anwendung, bei einer Verweisung auf das Recht eines Drittstaates – sein materielles Recht.“ Nach Art.  36 Abs.  1 S.  1 Dekret №  883 betreffend die Anwendung des Gesetzes über die Normativakte i. V. m. Art.  9 Abs.  3 des bulgGNA ist der bulgarische Gesetzgeber gehalten, Rechtsnormen „kurz, genau und klar“ zu formulieren. Eine Formulierung, die juristische Ter193 

§  5. Rück- und Weiterverweisung (Renvoi)

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Hiergegen spricht möglicherweise Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB. Danach wird das fremde Recht so ausgelegt und angewandt, wie es in seinem Ursprungsstaat ausgelegt und angewandt wird. Wenn das inländische IPR nicht primär angewandt sein wolle und darum auf ausländisches Kollisionsrecht verweise, dann, so könnte man argumentieren, sei diese Verweisung ernst zu nehmen und das fremde Recht mit allen Konsequenzen – bis an die Grenze des einheimischen ordre ­public – anzuwenden, eben wie im Urspungsstaat. Deshalb müsse man die Frage beantworten, ob das fremde IPR eine inländische Rückverweisung auf sein Recht abbreche. Bejahendenfalls habe der Forumsrichter das Gleiche zu tun.195 Einer solchen Auffassung ist nicht beizupflichten. Die Regelung des Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB behandelt nicht den altruistischen Renvoi. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut. Danach ist das ausländische Recht wie im Ursprungsstaat anzuwenden, man muss nicht wie der dortige Richter entscheiden.196 Im Renvoirecht sind dies zwei verschiedene Dinge. Denn der Blickwinkel ist stets ein anderer. Die systematische Stellung der Norm untermauert dieses Verständnis. Sie bildet eine separate Vorschrift und ist gerade nicht in Art.  40 bulgIPRGB integriert, wo sie als Beleg für die Befolgung eines fremdnützigen Renvoi zu verstehen gewesen wäre. 2. Weiterverweisung Bei einer (auch teilweisen) Weiterverweisung soll nur die erste Weiterverweisung beachtlich sein. Diese Schlussfolgerung leitet die h. M. aus Art.  40 Abs.  3 Alt.  2 bulgIPRGB ab. Denn danach finde bei der Gesamtweiterverweisung das Sachrecht des Drittstaates Anwendung.197 Dadurch wolle der Gesetzgeber die minologie verwendet, dürfte diesen Anforderungen nicht genügen, selbst wenn Art.  37 Abs.  1 Dekret №  883 „Worte und Ausdrücke mit rechtlicher Bedeutung“ ausdrücklich zulässt. Denn Abs.  1 S.  2 des Art.  36 Dekret №  883 stellt primär auf den „allgemein gültigen Sprachgebrauch“ ab. Folgende Formulierung dürfte darum nicht ausreichen, mag sie griffiger und bündiger erscheinen: „При препращане от първа степен намира приложение българското материално право. При препращане от втора степен – материалното правото на третата държава.“ Wörtlich übersetzt: „Bei Verweisung ersten Grades findet das bulgarische materielle Recht Anwendung. Bei Verweisung zweiten Grades – das materielle Recht des Drittstaates.“ Zur Formulierung von Rechtsnormen in der bulgarischen Gesetzgebung eingehend Kaneva/ Borisova, Praktichesko normotvorchestvo, S.  114–177 (mit Beispielen). 195  So für das Schweizer IPR Furrer/Girsberger/Siehr, IPR AT, Rn.  622. 196  Insoweit unterscheidet sich der Wortlaut des Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB von dem Vorschlag des Deutschen Rates für IPR, der nie Gesetz wurde: „Ist das Recht eines ausländischen Staates anzuwenden, dann ist so zu entscheiden, wie der ausländische Richter entscheiden würde.“; vgl. Beitzke, Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen IPR, S.  15. 197  Todorov, MCP, S.  138.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

Praktikabilität der Verweisungstechnik wahren und die Arbeit der Gerichte erleichtern.198 Diese Auslegung ist keinesfalls zwingend. Nach Abs.  3 Alt.  2 ist das Sachrecht des Drittstaates dann anzuwenden, wenn die Verweisung angenommen wird. Verweist folglich das zweit-verwiesene Kollisionsrecht seinerseits weiter, so ist jeder weitere Staat ein Drittstaat i. S. des Abs.  3 Alt.  2, weil eben die erste Weiterverweisung nicht angenommen worden ist. Nimmt nunmehr ein fremdes IPR die Verweisung an, dann ist auch Abs.  3 Alt.  2 erst jetzt erfüllt. Mit dem Argument allerdings, der Normgeber habe die Verweisungskette schon bei der ersten Weiterverweisung abbrechen wollen und dies im Begriff „Sachrecht des Drittstaates“ zum Ausdruck gebracht, wird man sich der h.L. anschließen können. Deshalb muss man unter Sachrecht des Drittstaates in Abs.  3 Alt.  2 jenes Staates Recht verstehen, welches der Zahl nach zum dritten Mal in der Verweisungs­kette aufscheint: verweisendes Recht (des Forums/des Erststaates) – erstverwiesenes Recht (des Zweitstaates) – zweitverwiesenes Recht (des Drittstaates).199; 200 C. EU-Kollisionsrecht Unsicherheiten bei der Anwendung des Renvoi vermeidet man im EU-Kolli­ sionsrecht (vgl. etwa Art.  20 Rom  I-VO, Art.  24 Rom  II-VO, Art.  11 Rom  III-VO, Art.  32 EuGüVO).201 Gleiches gilt für das staatsvertragliche IPR.202 Teilweise anders ist das wiederum in der EuErbVO, deren Art.  34 eine eingeschränkte, aber praktisch kaum bedeutsame203 Beachtlichkeit ausländischen IPR anordnet.204 198 

Maesch, Kodifikation, S.  168. Natov, Art.  40 bulgIPRGB, S.  320 ff., fordert eine Streichung des Art.  40 Abs.  3 bulgIPRGB. Zur berechtigten Kritik an seiner Auffassung Maesch, Kodifikation, S.  168. 200  Der Auslegungsvorgang und das Auslegungsergebnis bei Art.  40 Abs.  3 Alt.  2 bulgIPRGB erinnern an das Verweisungssystem in der DDR; dazu Hohage, Deutsch-deutsches Eherecht, S.  31 m. w. N. 201  Ausführlich Heinze, FS Kropholler (2008), 105, 115 ff. 202  Dazu und zu einigen Zweifelsfällen Todorov, MCP, S.  139 f. 203  Dörner, ZEV 2012, 505, 511; Müller-Lukoschek, EU-ErbVO, S.  110, Rn.  196 a. E. Eingehend zum eingeschränkten renvoi-freundlichen Art.  34 EuErbVO Köhler, in: Gierl et al., IntErbR, §  4, Rn.  119–135; Frank/Döbereiner, Nachlassfälle mit Auslandsbezug, Rn.  132–141 (mit Beispielen). 204  Art.  26 des Vorschlags für eine Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses v. 14.10.2009, KOM (2009) 154 endg., sah noch den Ausschluss von Rück- und Weiterverweisung vor. Die Regelung stieß in Deutschland auf heftige Kritik; s. nur Schurig, FS Spellenberg (2010), 343, 349: „Der Ausschluss des Renvoi ist ein schwerwiegender rechtspolitischer Fehler.“ Die EuGüVO und die EuPartVO übernahmen nicht die kontro199 

§  6. Rechtswahl

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§  6. Rechtswahl Schließlich kann die Kollisionsnorm eine Rechtswahl vorsehen. Es handelt sich um ein eigenständiges Rechtsgeschäft auf Kollisionsrechtsebene, einen kolli­ sionsrechtlichen Verweisungsvertrag.205 Den Beteiligten wird ermöglicht, die zur Entscheidung des plurinternationalen Sachverhalts berufene Rechtsordnung selbst zu bestimmen.206 Soweit das bulgarische IPR eine Rechtswahl zulässt, können die Parteien nur auf das Sachrecht des von ihnen gewählten Staates verweisen (Art.  40 Abs.  1 Nr.  3 bulgIPRGB); ein Renvoi ist damit ausgeschlossen. Durch die Rechtswahl wird das objektiv berufene Recht samt seinen einfach zwingenden Normen ausgeschaltet. Davon unberührt bleiben immer die Eingriffsnormen i. S. des Art.  46 bulgIPRGB und der ordre public nach Art.  45 bulgIPRGB.207 Bei der Prüfung der Voraussetzungen und der Zulässigkeit der Rechtswahl ist zwischen dem bulgIPRGB und den EU-Verordnungen zu unterscheiden. Im Folgenden wird nur auf die kollisionsrechtliche Rechtswahl im bulgIPRGB eingegangen.208 Wählbar ist jede Rechtsordnung. Eine Beziehung zum Sachverhalt braucht diese nicht aufzuweisen.209 Das gewählte Recht kann das gesamte Rechtsverhältnis erfassen oder sich nur auf einzelne Teile von ihm beschränken.210 Die Par­ teien können das Recht im Vor- oder im Nachhinein wählen. Die Wahl ist grundsätzlich formfrei und konkludent möglich.211 Zustandekommen und rechts­ geschäftliche Wirksamkeit der Rechtswahl beurteilen sich nach dem gewählten Recht; im Güterrecht ist das in Art.  80 Abs.  2 bulgIPRGB explicite geregelt, gilt aber auch darüber hinaus. vers aufgenommene Differenzierung des Art.  34 EuErbVO (näher dazu MüKo BGB/Dutta (2015), Art.  34 EuErbVO, Rn.  1 und 12). 205  Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  168; Schotten, DNotZ 1999, 326, 327. 206  Zh. Stalev, MCP-Sashtnost i funktsia, S.  186; Dekov, Pravna misal 2005, №  4, 47, 52. 207  S.a. Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  231 f. 208  Bezüglich der Rechtswahl nach Art.  5 Rom  III-VO und Artt.  7 und 8 HUntProt sei verwiesen auf MüKo BGB/Staudinger (2018), Art.  7 und Art.  8 HUP. Zur Rechtswahl gem. Art.  3 Rom  I-VO und Art.  14 Rom  II-VO s. insbes. Verschraegen, IPR, Rn.  1416–1431; Mankowski, IPRax 2010, 389, 400 ff.; Leible, RIW 2008, 257; Rugullis, IPRax 2008, 319. Für einen Überblick über die Rechtswahl nach Art.  22 EuGüVO s. Hausmann, in: Hausmann/Odersky, §  9, Rn.  14–16a. 209  Wie hier für das internationale Ehegüterrecht Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulg­ IPRGB, S.  237. 210  Wichtig ist die objektbezogene Rechtswahl v. a. im Güterrecht. Dort ist ihre Zulässigkeit umstritten, mit der h. M. aber zu bejahen. Eingehend hierzu unter 3.  Teil, §  2. C. II. 2. 211  A. A. betreffend das Güterrechtswahl Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  234 (stets ausdrückliche Vereinbarung).

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

§  7. Interlokales, interpersonales und intertemporales Privatrecht212 A. Interlokales Privatrecht Bei Staaten, die kein einheitliches Privatrecht haben (z. B. die USA und Kanada), bestimmt das interne Kollisionsrecht dieses Mehrrechtsstaates gem. Art.  41 Abs.  1 bulgIPRGB selbst, welche Teilrechtsordnung anzuwenden ist.213 Einen Sonderfall regelt Art.  41 Abs.  2 bulgIPRGB. Danach sollen im internationalen außervertraglichen und vertraglichen Schuldrecht die Teilrechtsordnungen als selbständige Rechtsordnungen behandelt werden. Besteht kein einheitliches internes Kollisionsrecht im Mehrrechtsstaat, so ist nach der subsidiären Anknüpfung des Art.  41 Abs.  4 bulgIPRGB diejenige Teilrechtsordnung anzuwenden, mit welcher der Sachverhalt214 am engsten verbunden ist. B. Interpersonales Privatrecht Gleiches gilt gem. Art.  41 Abs.  3 bulgIPRGB bei Staaten, die das Personalstatut ihrer Bürger dem Recht der jeweiligen Religionsgemeinschaft unterstellen (etwa Israel und v. a. islamische Staaten).215 Soweit jedoch der Anwendungsbereich der Rom  III-VO eröffnet ist, hat dessen Art.  15 Vorrang. Ergebnisse bei der Prüfung des Art.  41 Abs.  3 bulgIPRGB sind ggf. am bulgarischen ordre public zu messen. C. Intertemporales Privatrecht Das bulgIPRGB enthält keine ausdrückliche Vorschrift über die zeitliche Auf­ einanderfolge von IPR-Normen mit gleichem Anwendungsbereich. Art.  41 bulgIPRGB regelt dieses Problem also nicht.216 Bei einer intertemporalen Kollision muss man deswegen die allgemeinen intertemporalen Grundsätze bemühen.217 So lässt sich aus Art.  42 bulgIPRGB der Grundgedanke ableiten, dass auf ab­ 212 

Zur Rechtslage bis zum Inkrafttreten des bulgIPRGB siehe Maesch, Kodifikation, S.  171 f. 213  Todorov, MCP, S.  39; Stancheva-Mincheva, Art.  41 bulgIPRGB, S.  67. Beide gebrauchen wörtlich den deutschen Begriff „Unteranknüpfung“. 214  Art.  41 Abs.  4 bulgIPRGB verwendet den Begriff „Verhältnis“. Nach hiesigem Verständnis ist dies der juristische/normbezogene Sachverhalt. 215  Todorov, MCP, S.  40. 216  Wohl ebenso Todorov, MCP, S.  40 f., weil er Art.  41 bulgIPRGB in diesem Kontext nicht erwähnt. Stancheva-Mincheva, Art.  41 bulgIPRGB, S.  66–70, behandelt die intertemporale Kollision überhaupt nicht. 217  Vgl. Maesch, Kodifikation, S.  179 f.

§  7. Interlokales, interpersonales und intertemporales Privatrecht

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geschlossene Vorgänge das bisherige IPR anwendbar bleibt.218; 219 Dies dient dem Vertrauensschutz.220 Demnach entfaltet das bulgIPRGB ex nunc-Wirkung, das alte IPR Bulgariens bleibt dagegen auf bereits abgeschlossene Tatbestände anwendbar.221 Das gilt selbst für bislang nicht kodifizierte Bereiche.222 Schwierigkeiten kann die Abgrenzung bereiten, was abgeschlossene Vorgänge und was Dauerbeziehungen sind. Ferner kann fraglich sein, ob ein zu beurteilender Vorgang auf kollisionsrechtlicher oder sachrechtlicher Ebene abgeschlossen sein muss. Beide Fragen sind durch Auslegung der jeweiligen (Kollisions- oder Sach-)Norm zu beantworten.

218  Vgl. Arbitragegericht bei der BulgIHK, Urt. v. 10.11.2009 i. d. Rs. №  1/2009 – ciela (zu einer Zession). 219  Obwohl die bulgarische Rechtsprechung die Rückwirkung von Gesetzen im allgemeinen Zivilrecht für zulässig erachtet, ist der Standpunkt der IPR-Lehre diametral entgegen­ gesetzt und eindeutig: Eine Rückwirkung von neuen Kollisionsnormen scheide aus, sofern der Gesetzgeber ausdrücklich nichts Abweichendes angeordnet habe; vgl. Popoviliev, GSU 1905/6, 1, 20; Vartolomeev, GSU 1975, 155, 158; S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  101 f.; S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  101 f. Diese Auffassung gilt nach Inkrafttreten des bulgIPRGB weiter; s. nur Todorov, MCP, S.  40: „Es verbleibt beim Grundsatz der ex nunc-Geltung eines Gesetzes: die neuen Vorschriften bestimmen das anwendbare Recht für Vorgänge und Fakten, die nach Inkrafttreten der Norm entstanden sind. Der Gesetzgeber kann im Einzelfall aber die Rückwirkung der neuen Regelung anordnen oder einige bereits entstandene Fakten und Vorgänge von ihrem Anwendungsbereich ausschließen.“ 220  Nach dem Verfassungsgericht Bulgariens seien rückwirkende Bestimmungen, die wohlerworbene Rechte beträfen, nicht per se verfassungswidrig. Denn die Rückwirkung zivilrechtlicher Normen sei in der bulgarischen Verfassung nicht ausdrücklich untersagt; s. Verfassungsgericht, Urt. №  7 v. 10.4.2001 i. d. Rs.  1/2001 – ciela, SONDERVOTUM von vier Richtern (mit Verweis auf das Verfassungsgericht, Urt. №  9 v. 27.7.1992 i. d. Rs. №  4/92 – ciela). Das Verfassungsgericht Bulgariens ist erstmalig in der Verfassung von 1991 vorgesehen. Es besteht aus zwölf Richtern und fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der Stimmen aller Richter (Art.  147 i. V. m. Art.  151 bulgVerf). Sondervoten sind zulässig. (Art.  32 Abs.  3 bulgGOVerfG). Das Verfassungsgericht erlässt Entscheidungen, indem es zum anhängigen Rechtsstreit inhaltlich Stellung bezieht, sowie Beschlüsse und Verfügungen, wenn es um die Klärung prozeduraler Fragen geht; sie alle sind endgültig und allgemeinverbindlich (Art.  14 Abs.  1 i. V. m. Abs.  5 und 6 bulgVerfGG); s. Evtimov, OER 6 (2003), 559, 560. 221  S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  102 unter Berufung auf Art.  236 EGBGB. Näher Maesch, Kodifikation, S.  179 ff. 222  A. A. S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  102 a. E., der ohne nähere Begründung eine Rückwirkung der neuen IPR-Normen annehmen will. Dagegen überzeugend Maesch, Kodifikation, S.  181.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

§  8. Präjudizielle Fragen (Erst-, Vor- und Teilfrage) A. Begriffe und Differenzierungen Die Beantwortung der eigentlichen Rechtsfrage (sog. Hauptfrage) kann von der Beurteilung einer weiteren Frage (sog. Vorfrage) abhängen.223 Diese weitere Frage muss man zuerst lösen, um der Rechtsanwendung im konkreten Fall den Weg zu ebnen. Die Vorfrage betrifft stets ein präjudizielles Rechtsverhältnis.224 Dieses kann im Tatbestand einer inländischen Kollisionsnorm225 oder einer Norm der berufenen Rechtsordnung (also im Tatbestand einer ausländischen Kollisionsnorm oder einer in- oder ausländischen Sachnorm des anwendbaren Rechts226) auftreten, für das es im bulgarischen IPR eine besondere Kollisionsnorm gibt.227 Von der Vorfrage ist die Substitution zu unterscheiden. Bei dieser geht es darum, ob ein im inländischen Sachrecht vorausgesetzter Vorgang (z. B. die notarielle Beurkundung eines Ehevertrages in Art.  39 Abs.  1 FamKodex)228 durch eine Handlung ersetzbar (eben substituierbar) ist, die im Ausland (etwa in Deutschland) nach dort geltendem Recht (um im Beispiel zu bleiben: notarielle Beurkundung durch einen deutschen Notar) vorgenommen worden ist. Entscheidend ist, ob der ausländische und der bulgarische Rechtsakt funktional gleichwertig sind.229 223  Die Vorfragenproblematik tritt v. a. im Zusammenhang einer Ehe auf. Der Bestand der Ehe ist z. B. Vorfrage für die Hauptfrage der Vermögensbeziehungen der Ehegatten (Art.  79 Abs.  3 bulgIPRGB). Praktische Beispiele liefern jene Staaten, welche eine religiöse Eheschließungsform für die wirksame Eheschließung ihrer Staatsangehörigen ausreicheichen lassen. Dies trifft für Griechenland, das südliche Nachbarland Bulgariens. 224  Maesch, Kodifikation, S.  222. 225  Man spricht von einer Erstfrage. Jochem, FamRZ 1964, 392, 393 f., und Kreuzer, in: Jud et al., S.  54, plädieren für den Begriff der „kollisionsrechtlichen lex fori-Vorfrage“. Bulgarische Terminologie: „предварителен въпрос“ (predvaritelen vapros/Erstfrage); S. Stalev, MCP-­Obshta chast, S.  117, 119; Todorov, Pravootnoshenia, S.  245, Tz.  113 a; Maesch, Kodifikation, S.  222. 226  Das bezeichnet man als Vorfrage. Dagegen verwendet Kreuzer, in: Jud et al., S.  54, die Begriffe „kollisionsrechtliche lex causae-Vorfrage“ und „sachrechtliche lex causae-Vorfrage“. Zu den Begrifflichkeiten ausf. Bernitt, Vorfragen im europäischen Kollisionsrecht, S.  9–22. m. w. N. Bulgarische Terminologie: „инцидентен въпрос“ (intsidenten vapros/inzidente Frage); S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  117, 119; Maesch, Kodifikation, S.  222. 227  Der vorliegenden Arbeit liegt ein Einheitlichkeitsverständnis zugrunde: Der Begriff „Vorfrage“ wird für die Vorfrage i. e. S. (инцидентен въпрос/intsidenten vapros) und für die Erstfrage (предварителен въпрос/predvaritelen vapros) verwendet; hierzu für das deutsche IPR Kegel/Schurig, IPR, §  9 I 2, S.  375; a. A. Kropholler, IPR, §  32 III, S.  223 f. 228  Eingehend zum Schriftformerfordernis des Ehevertrags aus bulgarischer Sicht Topuzov, Sobstvenost i pravo 2018, №  1, 43 ff., und ders., Sobstvenost i pravo 2018, №  2, 43 ff. Zum einschlägigen Güterstand bei Nichtigkeit des Ehevertrags siehe Topuzov, Sobstvenost i pravo 2017, №  4, 34–42 ff. 229  Vgl. Brödermann/Iversen, EU-Recht und IPR, Rn.  130 (Anerkennung ausländischer Gesellschaften als Substitutionsproblem).

§  8. Präjudizielle Fragen (Erst-, Vor- und Teilfrage)

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Dies erfordert eine rechtsvergleichende Analyse. Denn die jeweiligen Sachnormen der betroffenen Rechtsordnungen sind auf ihren Sinn und Zweck zu prüfen und miteinander zu vergleichen.230 B. Anknüpfung Eine gesetzliche Regelung der Vorfragenanknüpfung gibt es nicht. Deswegen können Vorfragen aus der Sicht entweder des eigenen oder des fremden IPR gelöst werden. Im ersten Fall spricht man von einer selbständigen, im zweiten von einer unselbständigen Anknüpfung von Vorfragen. I. Vorfragen im Tatbestand einer inländischen Kollisionsnorm231 (Erstfragen) Nach einhelliger Meinung sind solche Vorfragen stets nach der lex fori, also getrennt (selbständig) von der Hauptfrage nach dem für sie einschlägigen Statut anzuknüpfen. Denn gerade das Kollisionsrecht des Forums setzt das fragliche präjudizielle Rechtsverhältnis voraus.232; 233 II. Vorfragen im Tatbestand einer ausländischen Kollisionsnorm oder einer in- oder ausländischen Sachnorm 1. Selbständige Anknüpfung Auch solche Vorfragen knüpft die h. M. in Bulgarien grundsätzlich selbständig nach den Kollisionsnormen der lex fori an.234 Die Vorfrage wird damit so behandelt, als trete sie als eine neue und eigenständige Hauptfrage auf. Gegen die Anknüpfung lege causae, also nach dem für die Hauptfrage maßgeblichen Statut, spreche, dass unterschiedliche Rechtsordnungen zur Anwendung kommen könnten (einerseits über die Hauptfrage, andererseits über die Vorfrage). Das wiederum laufe den Erwartungen der Parteien zuwider, die vom angerufenen Gericht nur die Anwendung des dortigen IPR erwarten würden.235 230 

Siehe Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  288e ff. (mit Beispiel). Bei einer Rück- oder Weiterverweisung gem. Art.  40 Abs.  3 bulgIPRGB kann auch die ausländische Verweisungsnorm eine Erstfrage aufwerfen; so für Geltungsbereich des Art.  4 Abs.  1 EGBGB Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  3, Rn.  30 a. E. Sie ist nach dem fremden IPR zu beantworten (Hausmann, a. a. O., Rn.  32 a. E.); a. A. Verschraegen, IPR, Rn.  1212 (selbständige Anknüpfung, keine „Gesamtanknüpfung“). 232  S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  118; Todorov, Pravootnoshenia, S.  245, Tz.  113 a; Maesch, Kodifikation, S.  223. 233  In Deutschland gibt es Ausnahmen, die man vom Ergebnis und seiner Sachgerechtigkeit abhängig macht, etwa bei der Begründung von Statusverhältnissen; vgl. Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  3, Rn.  33. 234  Siehe statt aller S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  119 f. 235  Vgl. S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  120. 231 

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

Außerdem führe die Anwendung fremden Rechts zu Schwierigkeiten, weil dies für den Richter einen erheblichen Mehraufwand bedeute.236 2. Stellungnahme Dieser Auffassung ist im Ergebnis nur insoweit zu folgen, als es um eine Vor­ frage im Tatbestand einer Sachnorm des Forums geht. Denn die Grenzen der eigenen Sachnorm kann ausschließlich das eigene Recht vorgeben. Im Übrigen (also bei Vorfragen in ausländischen Kollisions- und/oder Sachnormen) ist der generalisierenden Betrachtungsweise der h. M. entschieden entgegenzutreten. Mangels gesetzlicher Regelung der Vorfragenanknüpfung kann nur die Auslegung der Norm der Hauptfrage die notwendige Interessensab­ wägung zwischen dem internationalen und dem internen Entscheidungseinklang gewährleisten.237 Hierbei ist außerdem danach zu fragen, ob das präjudizielle Rechtsverhältnis für den Bereich der lex fori oder für den Bereich des berufenen fremden Rechts Bestand haben muss.238 Die Intensität des Inlandsbezugs liefert dafür einen wichtigen Entscheidungsaspekt.239 3. Sonderfälle Von einer Einzelfallbetrachtung unabhängig sind dagegen Vorfragen im: a) Staatsangehörigkeitsrecht Privatrechtliche Vorfragen im Staatsangehörigkeitsrecht sind stets unselbständig anzuknüpfen, d. h. nach dem IPR des Staates, um dessen Staatsangehörigkeit es in casu geht. Jeder Staat befindet selbst darüber, wen er als seinen Staatsbürger betrachtet.240 b) Namensrecht Die unselbständige Anknüpfung sollte man nicht im Namensrecht gelten lassen.241 Das öffentliche Interesse an einer einheitlichen Anknüpfung überwiegt nicht das Interesse an einem internen Entscheidungseinklang. Zudem wirkt es 236 

S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  120. Wohl ähnlich PWW/Mörsdorf (2018), Art.  3 EGBGB, Rn.  47. 238  Verschraegen, IPR, Rn.  1212. 239  Für eine unselbständige Anknüpfung im Einzelfall auch Maesch, Kodifikation, S.  223 f. 240  BayObLGZ 1986, 155, 158 f.; v. Bar/Mankowski, IPR, Bd.  I, §  7, Rn.  210; Kegel/Schurig, IPR, §  9 II 2 a, S.  382; §  13 II 4, S.  452; MüKo BGB/v. Hein (2018), Einl. IPR, Rn.  181 m. w. N. 241  Befürworter der unselbständigen Vorfragenanknüpfung finden sich schon für eine Kodifikation des Internationalen Namensrechts auf europäischer Ebene; s. Dutta, in: Dutta et al., Ein Name in ganz Europa, S.  75, 76 ff. 237 

§  8. Präjudizielle Fragen (Erst-, Vor- und Teilfrage)

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anstößig, dass jemand für die Zwecke der Namensführung als verheiratet gelte, während seine Ehe für Zwecke des Unterhalts-, Güter- und Erbrechts als unwirksam zu erachten sei.242 c) Völkervertragliches und unionrechtliches Kollisionsrecht Im völkervertraglichen und unionsrechtlichen IPR gibt häufig der Wortlaut selbst vor, wie die Vorfrage anzuknüpfen ist. In Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung ist meistens durch Auslegung nach dem Zweck des Übereinkommens bzw. der EU-Verordnung das Vorfragenproblem zu lösen. Notfalls ist unselbständig anzuknüpfen, weil das Übereinkommen bzw. die EU-Verordnung den internationalen bzw. europäischen Entscheidungseinklang gerade fördern will (sog. autonomer Entscheidungshorizont).243 III. Prozessuale Vorfragen Weiterhin sind prozessuale Vorfragen zu unterscheiden. Für sie gelten Besonderheiten, wenn das die Vorfrage bildende Rechtsverhältnis (z. B. der Bestand einer Ehe) bereits Gegenstand einer inländischen oder im Inland anerkannten ausländischen Gestaltungsentscheidung (etwa eines Scheidungsurteils) gewesen ist. Die Gestaltungswirkung von Statusentscheidungen sind grundsätzlich nach dem Verfahrensrecht des Forums zu bewerten (sog. Vorrang des Verfahrensrechts vor dem IPR).244 IV. Teilfragen Von der Vorfrage ist die Teilfrage zu unterscheiden. Sie ist eine Tatbestandsvoraussetzung der Hauptfrage, betrifft folglich Bestandteile des Verweisungsgegen­ stands. Beispiele: Geschäftsfähigkeit für das Zustandekommen eines Vertrages, Formerfordernisse eines Rechtsgeschäfts, Deliktsfähigkeit für einen Schadens­ ersatzanspruch, Testierfähigkeit für die gewillkürte Erbfolge oder die Ehemündigkeit für die Eheschließung. 242 

Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  3, Rn.  45; zur Gegenansicht s. MüKo BGB/v. Hein (2018), Einl. IPR, Rn.  182–185 m. w. N. 243  Wie hier Hk-BGB/Dörner, Vor Art.  3–6 EGBGB, Rn.  24 f. s. ferner Lüderitz, IPR, Rn.  141; Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  49 a. E.; Rauscher, IPR, Rn.  519; a. A. (i. R. v. staatsvertraglichem Kollisionsrecht und EU-Kollisionsnormen) Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  3, Rn.  48–51 m. w. N. und einem Beispiel; MüKo BGB/v. Hein (2018) Einl. IPR, Rn.  174– 179; wohl auch Weller, in: Weller, Europäisches Kollisionsrecht, A, Rn.  74. Eingehend Weller, ibd., Rn.  75–87, und v. a. Bernitt, Vorfragen im europäischen Kollisionsrecht, insbes. S.  101–143, jew. m. w. N. 244  Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  3, Rn.  52–55 (mit Beispielen); Kropholler, IPR, §  32 V, S.  228, jew. m. w. N.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

Die Teilfrage steht demzufolge immer dann in Rede, wenn Teile eines Rechtsverhältnisses vom Hauptstatut abgekoppelt sind. Deshalb ist sie kollisionsrechtlich getrennt anzuknüpfen (z. B. die Testamentsform gem. Art.  27 EuErbVO).245 Mangelt es an der Anordnung einer solchen Sonderanknüpfung, ist die Teilfrage grundsätzlich unselbständig anzuknüpfen, also nach dem für die Hauptfrage berufenen Recht.

§  9. Statutenwechsel246 Wechselt das anwendbare Sachrecht, weil das Anknüpfungsmoment sich geändert hat, so spricht man von einem Statutenwechsel.247 Doch nicht jede Änderung eines wandelbaren Anknüpfungsmoments löst einen Statutenwechsel aus. Es kommt stets darauf an, ob die Kollisionsnorm einen Zeitpunkt für das Vorliegen der Anknüpfungsvoraussetzungen nennt. Die Kollisionsnorm muss folglich ihrerseits wandelbar anknüpfen. Nur dann ist die tatsächliche Veränderung des Anknüpfungsmoments bedeutsam. In diesem Fall wird das früher anwendbare Recht durch das Sachrecht eines anderen Staates ersetzt. Fehlt eine ausdrückliche zeitliche Fixierung des Anknüpfungsmerkmals im kollisionsrechtlichen Tatbestand, so ist sie durch Auslegung zu bestimmen. In aller Regel wird man zum Ergebnis gelangen, dass es auf den jeweiligen Beurteilungszeitpunkt ankommt. Außerdem kann eine Rechtswahl die Ursache eines Statutenwechsels sein. Beispiel: Ein bulgarisches Paar heiratet im Frühjahr 2007 in Nürnberg, am Ort des ehelichen Domizils. Am 1.7.2015 schließen die Ehegatten vor einem Nürnberger Notar einen Ehevertrag. Dieser sieht u. a. vor, dass die Vermögensbeziehungen der Ehegatten sich künftig nach deutschem Recht beurteilen; denn die Ehepartner wollen weg von der bulgarischen Errungenschaftsgemeinschaft und hin zur deutschen Zugewinngemeinschaft. Was bedeutet das für die Eheleute aus der Sicht des bulgarischen IPR genau? 245  Die Abspaltung von Teilfragen wird mit dem Begriff dépeçage umschrieben; s. Neuhaus, Grundbegriffe im IPR, S.  82 ff.; von der Seipen, Akzessorische Anknüpfung, S.  72–82; ausf. hierzu Jayme, FS Kegel (1987), 253 ff., und Serick, RabelsZ 18 (1953), 633 ff. Auch die bulgarische Lehre verwendet ihn. Das Gegenteil davon bildet die akzessorische Anknüpfung, bei der rechtssystematisch getrennte Rechtsverhältnisse einheitlich angeknüpft werden; vgl. Junker, IPR, §  10, Rn.  45. 246  Eingehend Maesch, Kodifikation 175 ff. 247  In Anlehnung an die Termini im romanischen Sprachgebrauch – den französischen conflit mobile und den italienischen conflitto mobile – eingebürgert hat sich in Bulgarien der Begriff „bewegliche Gesetzeskollision“ („подвижно стълкновение на закони“/podvizhno stalknovenie na zakoni); vgl. Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  360 f.; Maesch, Kodifikation, S.  175 (Fn.  1).

§  9. Statutenwechsel

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1) Der zeitliche Anwendungsbereich des EuGüVO ist nach ihrem Art.  69 Abs.  3 nicht eröffnet. 2) Für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe zweier Bulgaren gilt demnach gem. Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB bulgarisches Recht.248 3) Durch die Rechtswahl wollen die Gatten zukünftig ihre Vermögensbeziehung untereinander deutschem Recht unterstellen. Damit vereinbarten sie ausdrücklich eine Rückwirkungsausschließungsklausel i. S. des Art.  80 Abs.  3 S.  3 in fine bulgIPRGB. Die Rechtswahl regelt mithin nur für die Zukunft die güterrechtlichen Verhältnisse der Eheleute. Die Voraussetzungen einer Güterrechtswahl nach Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB liegen vor: a) Auch bulgarische Ehegatten können das für sie zur Zeit der postnuptialen Rechtswahl geltende bulgarische Güterrecht abwählen (Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB). Andernfalls hätte Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB nur klarstellende Funktion, was der Regelgeber aber nicht beabsichtigte. b) Eine Güterrechtswahl ermöglicht das deutsche IPR in Art.  15 Abs.  2 EGBGB. Von seiner Nr.  2 haben die Eheleute Gebrauch gemacht, indem sie für das Recht des Staates optiert haben, in dem mindestens einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. c) Hinsichtlich der Form der Rechtswahl verlangt Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB einfache Schriftform mit Datum und Unterschriften der Ehegatten. Hier haben die Eheleute gar die Erfordernisse des Art.  14 Abs.  4 i. V. m. Art.  15 Abs.  3 EGBGB eingehalten, d. h. eine notarielle Beurkundung. Allein deshalb ist die in Deutschland vorgenommene Rechtswahl aus deutscher Sicht formwirksam. Ergebnis: Die Rechtswahl hat eine Änderung des für die ehelichen Vermögensbeziehungen maßgebenden Rechts herbeigeführt. Es trat ein Wechsel des Güterstatuts ein. An die Stelle des bulgarischen Rechts ist das deutsche getreten. Genauer: bis zum 1.7.2015 abgeschlossene Vorgänge bezüglich der Vermögensbeziehungen der Eheleute unterliegen bulgarischem Güterrecht, ab dem 2.7.2015 sich ereignende Vorgänge unterliegen deutschem Güterrecht. Ob und wie der alte bulgarische Güterstand „abzuwickeln“ und in den neuen deutschen Güter­ stand zu überleiten, also zu transponieren ist, betrifft eine andere Frage. Sie wird später eingehend behandelt.

Ferner kann die Änderung des maßgeblichen Kollisionsrechts durch den Gesetzgeber einen Statutenwechsel bedingen.249 Weil die bulgarische IPR-Lehre den 248  Aus Sicht des deutschen IPR kommt man zum gleichen Ergebnis: Für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe zweier zur Zeit der Eheschließung bulgarischer Staatsangehöriger gilt gem. Art.  15 Abs.  1 i. V. m. Art.  14 Abs.  1 Nr.  1 EGBGB bulgarisches Recht. Es handelt sich um eine IPR-Verweisung. Das bulgarische Kollisionsrecht knüpft Vermögensverhältnisse der Ehegatten primär an ihre gemeinsame Staatsangehörigkeit im jeweiligen Beurteilungszeitpunkt an (Art.  79 Abs.  1 bulgIPRGB). Die Ehegatten haben nach wie vor die bulgarische Staatsange­ hörigkeit inne. Einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des OLG Nürnberg, IPRax 2012, 263 f., bedarf es folglich nicht. Das bulgarische IPR nimmt die Verweisung des deutschen Rechts an. Güterrechtsstatut ist damit bulgarisches Recht. 249  Ausf. dazu Maesch, Kodifikation, S.  179 ff.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

Kollisionsnormwechsel als intertemporales Problem betrachtet,250 ergibt sich für sie zwangsläufig die Beachtung von Vertrauensschutz.

§  10. Anpassung Von einer Anpassung/Angleichung spricht man, wenn das Ergebnis der Anwendung sachrechtlicher Normen der berufenen Rechtsordnungen im Einzelfall als nicht hinnehmbar empfunden und deshalb modifiziert wird.251 Nicht hinnehmbar ist das Ergebnis, wenn aus materiellrechtlichen Gerechtigkeitsvorstellungen ein Widerspruch zu entstehen droht.252 Die Ursache der Anpassung liegt im Wesen des Kollisionsrechts.253 Dieses beruft nämlich nur für bestimmte Teilgebiete das anwendbare Sachrecht. Die Rechtssätze einer Rechtsordnung sind aber aufeinander abgestimmt. Sachzusammenhänge des berufenen Rechts können folglich durch die punktuelle Anwendung einzelner seiner Normen auseinandergerissen werden. Den dadurch entstehenden materiellrechtlichen Widerspruch kann man entweder auf der Kollisionsoder auf der Sachrechtsebene auflösen. Im ersten Fall durch eine einheitliche Anknüpfung (eine der beteiligten Rechtsordnungen muss demnach weichen),254 im zweiten Fall durch eine Korrektur der beteiligten Sachrechte (Sachnormen werden eingeschränkt, umgebildet oder ergänzt). Welcher Lösungsweg vorzugswürdig ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Die widerstreitenden Interessen sind gegeneinander abzuwägen und die als weniger schutzwürdig erscheinenden zurückzustellen.255

250 

Maesch, Kodifikation, S.  179 (Fn.  15) m. w. N. Zur Angleichung im europäischen Kollisionsrecht s. Gössl, RabelsZ 82 (2018), 618 ff. 252  A. A. Zitelmann, IPR I, S.  951. Nach ihm sind Ungerechtigkeiten, die bei unterschied­ lichen Anknüpfungen auftreten, als Folge der materiellen Verschiedenheit der maßgebenden Rechte hinzunehmen. 253  Trotzdem findet diese Problematik in der bulgarischen Lehre – soweit ersichtlich – keine Beachtung. 254  Dafür Erman/Hohloch (2017), Einl. Art.  3–47 EGBGB, Rn.  57; Kropholler, FS Ferid (1978), 279, 285; Lüderitz, IPR, Rn.  198. 255  Kegel/Schurig, IPR, 6.  Aufl. (1987), S.  219, sprechen vom „Gesetz des geringsten Widerstands“. 251 

§  11. Ermittlung und Anwendung des ausländischen Rechts

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§  11. Ermittlung und Anwendung des ausländischen Rechts256 A. Ermittlung ausländischen Rechts257 Hat der bulgarische Richter fremdes Recht anzuwenden, so ermittelt er seinen Inhalt von Amts wegen.258 Dabei kann er verschiedene Maßnahmen ergreifen. Nach Art.  43 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB zugelassen sind die in völkerrechtlichen Verträgen vorgesehenen Hilfsmittel,259 Auskünfte des bulgarischen Justizministeriums oder einer anderen Behörde sowie Stellungnahmen von Sachverständigen und spezialisierten Einrichtungen;260 auch Parteivorbringen berücksichtigt das Gericht (Art.  43 Abs.  2 bulgIPRGB).261 Die Aufzählung ist nicht abschließend.262 Eine Mitwirkungsplicht der Parteien statuiert das Gesetz nur dann, wenn eine Rechtswahl zugunsten fremden Rechts im Raume steht (Art.  43 Abs.  3 bulg­ IPRGB).

256  Zur Verbesserung des Zugangs zum fremden Recht s. neuerdings Stürner, ZVglRWiss 117 (2018), 1 ff. 257  Eingehend Maesch, Kodifikation, S.  210 ff. 258  Exemplarisch Bezirksgericht Lovech, Urt. №  243 v. 16.11.2018 i. d. Rs. №  721/2017 (griechisches Familienrecht als gem. Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB maßgebliches objektives Güterstatut; Vorfrage war die Wirksamkeit einer kirchlichen Eheschließung in Griechenland); s. außerdem Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  205 v. 20.10.2015 i. d. Rs. №  412/2015; Urt. №  426 v. 21.11.2011 i. d. Rs. №  74/2011; jew. zit. nach ciela. 259  Gemeint ist das Londoner Europäische Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht v. 7.6.1968 (DV Nr.  31/1991; BGBl. 1974 II, S.  938); Zusatzblatt v. 15.3.1978 (DV 13/1991; BGBl. 1987 II, S.  60), betrifft die Erstreckung auf das Strafrecht (vgl. Geimer, NJW 1987, 2131, 2132). Text bei Jayme/Hausmann, Nr.  200, und in bulgarischer Sprache bei Natov, Sbornik MCP, S.  24–33 (samt Zusatzprotokoll). Das Übereinkommen und das Zusatzprotokoll gelten für Bulgarien seit dem 1.5.1991 (BGBl. 1991 II, S.  647). Die Einholung von Rechtsauskünften nach diesem Übereinkommen hat wenig Akzeptanz in der Praxis erfahren. Einesteils können nur abstrakte Auskünfte eingeholt werden, die sich nicht immer für den konkreten Fall eignen. Andernteils sind sowohl die Anfrage wie die Antwort zu übersetzen, was zu einer langen Bearbeitungszeit führt; vgl. BaRo/Lorenz, Einl. IPR, Rn.  83 m. w. N. 260  Ein spezialisiertes Institut wie das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg existiert in Bulgarien nicht. Die Experten im IPR sind eine Handvoll. Meist sind das Universitätsprofessoren oder Dozenten an bulgarischen Hochschulen. Gleichwohl ist in keiner der vom Verfasser dieser Arbeit ausgewerteten Entscheidungen ein Experten-Gutachten oder eine Stellungnahme des bulgarischen Justizministeriums eingeholt worden, soweit man das den Entscheidungsgründen überhaupt entnehmen kann. Dies dürfte (im Wesentlichen) an den Kosten für die Beauftragung eines Sachverständigen liegen. 261  Davon machen die Parteien nur äußerst selten Gebrauch (so z. B. im Verfahren vor dem Rayongericht Veliko Tarnovo, Urt. №  543 v. 10.6.2014 i. d. Rs. №  1136/2014 – ciela). Das mag an der „lästigen“ Materie des IPR/IntFamR liegen; gewiss ist es aber auch eine Kostenfrage. 262  Bezirksgericht Varna, Urt. №  787 v. 30.4.2018 i. d. Rs. №  233/2018 – ciela.

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

Welche Folgen eintreten, wenn das fremde Recht sich nicht ermitteln lässt, ist in Art.  43 bulgIPRGB nicht geregelt. Der Gesetzgeber verzichtet bewusst auf eine (angemessene) Frist für die Ermittlung des ausländischen Rechts, eine Hilfsanknüpfung und einen Hinweis auf die Geltung bulgarischen Rechts als lex fori. Die Rechtsanwendungsorgane sollen sich nicht zu einer vorschnellen Anwendung bulgarischen Rechts als Ersatzrechts verleitet sehen.263 Ist aber trotz aller Bemühungen der Inhalt des fremden Rechts nicht ermittelbar, so ist grundsätzlich die lex fori als Ersatzrecht anzuwenden.264 Nicht jede Lücke oder Schwierigkeit in der Rechtsfindung reicht indessen aus, um auf das Ersatzrecht zurückzugreifen.265 Den Schwierigkeiten muss der Richter mit aller Macht entgegenwirken.266 Eine Regelungslücke muss er möglichst aus dem fremden Recht schließen, nur notfalls wendet er bulgarisches Ersatzrecht an. Dieser Vorgang ist in Art.  45 Abs.  3 S.  2 bulgIPRGB legislatorisch umgesetzt, gilt aber darüber hinaus auch an dieser Stelle. Ausnahmen wird man außerdem dort zulassen müssen, wo der Sachverhalt einen geringen Inlandsbezug aufweist. B. Anwendung ausländischen Rechts267 Eines der Ziele des IPR ist der internationale Entscheidungseinklang. Diese Zielsetzung gebietet es, fremdes Recht so auszulegen und anzuwenden, wie es in seinem Ursprungsstaat ausgelegt und angewandt wird (Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB268). Es gilt der Grundsatz der Amtswegigkeit.269 Der bulgarische Richter hat nicht nur 263 

Maesch, Kodifikation, S.  214. Wie hier Natov, Art.  43 bulgIPRGB, 337 f.; Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  111. Unter Bezugnahme auf Todorov, Zakonat na sada, S.  55, und Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  303 ff. i. Erg. auch Maesch, Kodifikation, S.  218 (bulgarisches Recht als ultima ratio). 265  Ähnlich Todorov, MCP, S.  136. 266  Dies missachtet wohl Rayongericht Nesebar im Urteil №  199 v. 30.10.2019 i. d. Rs. №  920/2018. Das Gericht kommt zur Anwendung bulgarischen Güterrechts mit folgender Begründung: „Nach dem Vorbringen des Klägers haben die ehemaligen Ehegatten einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in der Russischen Föderation. Deswegen unterliegen ihre güter­rechtlichen Beziehungen gem. Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB russischem Recht. Das Gericht hat in Erfüllung des Art.  43 bulgIPRGB mit Verfügung vom 17.4.2019 Informatio­ nen über das berufene fremde Recht verlangt […] durch Einschaltung des Justizministeriums. […] bis heute (Anm.: d. h. bis zum 30.10.2019, also sechseinhalb Monate später) fehlt eine Antwort. Das anwendbare Recht der Russischen Föderation kann folglich innert angemessener Fristen nicht ermittelt werden. Bei dieser Sachlage […] muss dieser (Anm.: der Rechtsstreit) nach dem geltenden Recht der Republik Bulgarien entschieden werden.“ 267  Ausf. Maesch, Kodifikation, S.  215 ff. 268  Die Norm ist an Art.  15 des italienischen IPRG angelehnt. 269  Maesch, Kodifikation, S.  215. Dass die Anwendung und die Auslegung ausländischen Rechts von Amts wegen zu erfolgen haben, galt schon vor Inkrafttreten des bulgIPRGB; vgl. Todorov, Zakonat na sada, S.  49. 264 

§  12. Öffentliche Ordnung (ordre public)

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ausländisches Gesetzesrecht, sondern auch die ausländischen Rechtsprinzipien, die Rechtsprechung und das Gewohnheitsrecht heranzuziehen.270 Dem Gericht wird damit hohe Sachkunde abverlangt. Konsequent ist deshalb die Rechtsfolge, wenn das fremde Recht nicht oder nicht so ausgelegt und angewandt wird wie im Urspungsstaat. Nach Art.  44 Abs.  2 bulgIPRGB ist die Nicht- und die Falsch­ anwendung sowie die Falschauslegung fremden Rechts revisibel.271

§  12. Öffentliche Ordnung (ordre public) Das Kollisionsrecht fragt grundsätzlich nicht nach dem Inhalt des von ihm berufenen Rechts. Es beschränkt sich auf die Aussage, dieses sei zur Anwendung berufen. Die Verweisung auf ausländisches (Kollisions- wie Sach-)Recht ist daher eine Verweisung ins Ungewisse.272 Dadurch darf der Schutz der bulgarischen öffent­ lichen Ordnung nicht vernachlässigt, aber auch nicht überbewertet werden. Da allerdings die Ablehnung der Anwendung fremden Rechts die Ausnahme darstellt, hat der Richter nur spärlich hiervon Gebrauch zu machen.273 Der Gesetzgeber richtet darum eine recht niedrige Hürde gegen das fremde Recht auf (dazu sogleich). In Art.  45 bulgIPRGB normiert ist der materiellrechtliche und in Art.  117 Nr.  5 bulgIPRGB der verfahrensrechtliche ordre public. Beide Vorschriften verwenden denselben Begriff („öffentliche Ordnung“) und sind als Abwehrmechanismen ausgestaltet. Damit gilt – anders als teilweise bislang vertreten274 – für das IPR und das IZVR ein einheitlicher ordre public.275 Daraus ist jedoch nicht zu schlussfolgern, der materiellrechtliche und der verfahrensrechtliche ordre public seien mit gleicher Wirkungskraft ausgestattet. Denn im Gegensatz zum Erkenntnisverfahren wird es sich in der Anerkennung (und ggf. Vollstreckung) in der Regel um einen Sachverhalt handeln, der einen schwachen Inlandsbezug aufweist. Deshalb kann man hier von einer abgemilderten Wirkung der ordre public ausgehen (effet atténué de lʼordre public).276 Dafür spricht die Streichung des 270  Maesch, Kodifikation, S.  216; Todorov, Zakonat na sada, S.  46; S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  1115; Damyanov, Stalknovitelni normi po obligatsionno pravo, S.  27 f.; Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  111; Natov, Art.  44 bulgIPRGB, S.  356 ff. m. w. N. 271  Das war schon nach altem IPR so; vgl. Atanasov, MCP-Obshta chast, S.  111. 272  Ein „Sprung ins Dunkle“; s. Raape/Sturm, IPR, S.  207; Lüderitz, IPR, Rn.  53. 273  Vgl. Zidarova, Obshtestveniyat red i MCP, S.  202; Natov, Art.  45 bulgIPRGB, S.  367 f. Der ordre public-Vorbehalt ist von Amts wegen zu prüfen; S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  166. 274  Hierzu Maesch, Kodifikation, S.  185 ff. m. w. N.; Zidarova, Obshtestveniyat red i MCP, S.  129; S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  165. 275  Maesch, Kodifikation, S.  189. 276  BGHZ 138, 331 = IPRax 1999, 466, 450; Kropholler, IPR, §  60 IV 2, S.  667 a. E.; v. Hoffmann/Thorn, IPR, §  6 II 3, Rn.  153 (mit Beispielen).

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

Art.  306 Abs.  1 bulgZPO a. F.277 und damit die historische Auslegung. Eine Nachprüfung der ausländischen Entscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit findet nicht statt278 (sog. Verbot der révision au fond). A. Voraussetzungen des ordre public-Vorbehalts Eine Vorschrift des fremden Rechts ist gem. Art.  45 Abs.  1 bulgIPRGB279 nur dann nicht anwendbar, wenn – ihre Anwendung im Einzelfall zu einem Ergebnis führt, – das offensichtlich unvereinbar ist mit der bulgarischen öffentlichen Ordnung. Es geht um den Schutz elementarer Wertvorstellungen der inländischen280 und der europäischen281 Rechtsgemeinschaft.282 Nicht der abstrakte Inhalt der anzuwendenden Norm, sondern das Ergebnis ihrer Anwendung in der konkreten Si­ tuation muss zu einem Verstoß führen. Je nach Sachverhalt kann deshalb bei ein und derselben Norm einmal der ordre public eingreifen oder nicht.283 Gemäß Art.  45 Abs.  2 bulgIPRGB ist in jedem Fall ein hinreichender Inlandsbezug erforderlich. Andernfalls wäre die Durchsetzung bulgarischer Wertvorstellungen vermittels der Vorbehaltsklausel nicht zu rechtfertigen. Bei einem sehr schwachen Inlandsbezug muss deshalb der verletzte inländische Grundsatz umso bedeutsamer ausfallen (sog. Relativität des ordre public). Dieser Aspekt ist neu für das bulgarische IPR. Nur die wenigsten Kodifikationen sehen ihn ausdrücklich vor (z. B. Art.  21 Abs.  2 des belgischen IPRGB)284. Er gilt als eine wichtige Mah277  Art.  306 Abs.  1 bulgZPO a. F. lautete: „Bei der Verhandlung der Sache tritt das Gericht nicht in die Erörterung des Wesens des vom ausländischen Gericht entschiedenen Rechtsstreits ein, sondern prüft lediglich, ob die vorgelegte Entscheidung Bestimmungen enthält, die den Gesetzen der Republik Bulgarien oder den guten Sitten zuwiderlaufen.“ (Übersetzung nach Maesch, Kodifikation, S.  129, Fn.  93). 278  Vgl. Zlatareva, MGP, S.  268. 279  Vom Wortlaut her entspricht Art.  45 Abs.  1 bulgIPRGB dem Art.  16 EVÜ. Vor der Kodifizierung war Art.  16 EVÜ als Spezialregelung für das internationale Schuldrecht in Art.  449 bulgGSV a. F. inkorporiert. 280  Gemeint sind insbesondere die Grundrechte der bulgarischen Verfassung; so bereits Damyanov, Priznavane, S.  101; Zidarova, Obshtestveniyat red i MCP, S.  120–122, S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  157, unter Verweis auf Kegel, IPR (1995), S.  373. Damit dient Art.  45 bulgIPRGB als Einbruchstelle der Grundrechte in das IPR. 281  Zur Europäisierung des (bulgarischen) ordre public siehe Maesch, Kodifikation, S.  191 ff. m. w. N. 282  Zum Umfang und Begriff der bulgarischen öffentlichen Ordnung siehe Shopov, Nauchni trudove 2002, №  7, Bd.  III, S.  106–118. 283  Vgl. Schlosshauer-Selbach, IPR, Rn.  162. 284  Maesch, Kodifikation, S.  190.

§  12. Öffentliche Ordnung (ordre public)

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nung an den Rechtsanwender, einen Verstoß gegen den ordre public nicht vorschnell zu bejahen.285 Art.  45 Abs.  1 bulgIPRGB regelt nur die negative Funktion des ordre public. Auch an seiner positiven Funktion hält der Gesetzgeber weiter fest – bald nennt er sie explicite (etwa in Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB), bald setzt er sie stillschweigend voraus.286 Als Teil des positiven ordre public nennt die Lehre z. B. das Erfordernis einer bestimmten Religionszugehörigkeit als Voraussetzung für die Erbenberufung, die Benachteiligung eines unehelichen Kindes bei der Erbfolge, die Besserstellung der männlichen Abkömmlinge im Vergleich zu den weib­ lichen, die Unzulässigkeit einer Legitimation (wie in manchen arabischen Ländern).287 B. Rechtsfolgen des ordre public-Verstoßes Art.  45 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB schließen nur die konkret inakzeptable Norm der fremden Rechtsordnung von der Anwendung aus. Der übrige Teil der lex causae bleibt anwendbar.288 Mitunter entsteht allerdings durch den Ausfall der Norm eine Regelungslücke. Das ausländische Recht kann dann keine sinnvolle Antwort geben. Gemäß Art.  45 Abs.  3 bulgIPRGB ist diese Regelungslücke durch eine passende Vorschrift desselben fremden Rechts zu schließen. Mög­ licherweise wird eine Anpassung nötig. Nur wenn das nicht möglich ist, kommt in letzter Instanz bulgarisches Recht zum Zuge.289

285 

Maesch, Kodifikation, S.  193. Vgl. Maesch, Kodifikation, S.  193; Natov, Art.  45 bulgIPRGB, S.  367 f.; Todorov, Zakonat na sada, S.  67; Zidarova, Obshtestveniyat red i MCP, S.  73 f.; Kutikov/Todorov, MCP-Obshta chast, S.  328. 287  Vgl. Maesch, Kodifikation, S.  187; Todorov, Pravootnoshenia, S.  202, Tz.  90; S.  327, Tz.  151 a; 288  Dies war im vorkodifizierten Rechtszustand umstritten. Ein Teil der Lehre entnahm aus Art.  142 FamKodex a. F. (1985) den Grundsatz, dass bei einem Verstoß gegen den ordre public stets bulgarisches Recht anzuwenden sei; vgl. S. Stalev, MCP-Obshta chast, S.  171. Andere dagegen hielten das übrige ordre public-konforme Recht der lex causae für zunächst anwendbar, bevor man auf das bulgarische Recht zurückgreifen konnte; vgl. Zidarova, Obshtestveniyat red i MCP, S.  102; Todorov, Zakonat na sada, S.  71. Mit Art.  45 Abs.  3 bulgIPRGB hat sich der Gesetzgeber für die letztgenannte Ansicht entschieden. 289  Maesch, Kodifikation, S.  190. 286 

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1. Teil: Allgemeiner Teil und Grundlagen des IPR

§  13. Eingriffsnormen Die Rechtsgrundlage für die Anwendung von Eingriffsnormen ist in Art.  46 ­bulgIPRGB zu finden. Eingriffsnormen290 sind staatliche Lenkungsmaßnahmen in Form von Zwangsvorschriften. Klassische Beispiele sind das Devisen-, Außenwirtschafts-, Umwelt- und das Wettbewerbsrecht.291 Hierzu zählt etwa das Verbot für Ausländer aus Drittstaaten zum Erwerb von Grundeigentum in Bul­ garien gem. Art.  22 Abs.  1 bulgVerf292 und Art.  29 bulgEigentumG.293; 294 Eingriffsnormen wirken zugunsten des öffentlichen Interesses auf ein privatrechtliches Rechtsverhältnis ein.295 Als zwingende Normen beanspruchen sie internationale Geltung. Sie setzen sich gegen jedwedes ausländisches Recht durch, einerlei ob dieses objektiv oder durch Rechtswahl berufen ist.296 Deshalb bilden sie die Ausnahme. Eingriffsnormen des Forumsstaats finden gem. Art.  30 Abs.  1 EuGüVO auch bei Neuehen Anwendung, also bei solchen, die ab dem 29.1.2019 geschlossen werden. Abs.  2 der Vorschrift definiert den Begriff der Eingriffsnorm. Regelun290 

Die bulgarische Terminologie ist mannigfaltig: „особени повелителни норми“ (osobeni povelitelni normi/besondere Befehlsnormen), „свръхповелителни норми“ (svrahpovelitelni normi/Oberbefehlsnormen), „свръхимперативни норми“ (svrahimperativni normi/Oberimperativnormen), „норми за непосредствено приложение“ (normi za neposredstveno prilozhe­nie/ Normen für unmittelbare Anwendung), „самоограничаващи се норми“ (samoogranichavashti se normi/selbsteinschränkende Normen). 291  Hiezu eingehend zuletzt Markova, Nauchni trudove 2017, Bd.  XV, 187 ff.; s. ferner Zh. Stalev, MCP-Sashtnost i funktsia, S.  165; Todorov, Subekti, S.  189 ff., 327, 518 f.; Natov, Art.  46 bulgIPRGB, S.  388 f. m. w. N. 292  DV Nr.  56 v. 13.7.1991; auszugsweise Übersetzung ins Deutsche bei Breidenbach (Hrsg.), HdbWiRO, Bd.  1, BG 990 (Stand: Oktober 2004, EL 11); näher Petkova, Pridobivane po davnost, S.  161 ff.; s. a. Musseva, in: Gierl et al., IntErbR, Länderbericht Bulgarien, Rn.  119. 293  DV Nr.  92 v. 16.11.1951; deutsche Übersetzung bei Breidenbach (Hrsg.), HdbWiRO, Bd.  1, BG 850 (Stand: Juni 2019). 294  S.a. Maesch, Kodifikation, S.  197 (Fn.  14); Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 414 (Fn.  19); ebenso zum alten Recht Rayongricht Ruse, Urt. №  1246 v. 1.8.2014 i. d. Rs. №  7881/2013 – ciela (durch den bulgarischen Ehegatten einer Italienerin im Jahr 1999 vorgenommener Eigentumserwerb einer in Bulgarien belegenen Immobilie unter dem Dach des gem. Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB berufenen italienischen Güterrechts; Anwendung des Art.  29 Abs.  3 bulgEigentumG i. d. F. vom 1.6.1996 [DV Nr.  33/1996] als Eingriffsnorm i. S. des Art.  46 Abs.  1 bulgIPRGB); a. A. (Bestandteil des bulgarischen ordre public) Zh. Stalev, MCP-Sashtnost i funktsia, S.  165; Jessel-Holst, in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Bulgarien, Rn.  14. Zu Auswirkungen solcher Normen auf die Güterrechtswahl s. Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  106, und Bezirksgericht Pazardzhik, Urt. №  502 v. 6.11.2014 i. d. Rs. №  608/2014 – ciela (hinsichtlich der Unwirksamkeit einer hiergegen verstoßenden ehevertraglichen Klausel). 295  Todorov, Subekti, S.  326. 296  Vgl. Maesch, Kodifikation, S.  197; eingehend Stoll, Eingriffsnormen im IPR, passim.

§  14. Gesetzesumgehung

73

gen zum Schutz der Familienwohnung stellen typische Eingriffsnormen dar (vgl. ErwGr 53, S.  2); im bulgarischen Familienrecht sind dies Artt.  26, 34, 38 Abs.  1 Nr.  3, 56, 57 FamKodex,297 im deutschen §§  1361b und 1568a BGB.298 Die Sonderanknüpfung des Art.  30 Abs.  1 EuGüVO wird man spärlich zu gebrauchen wissen, damit die Einheit des Güterstatuts soweit wie möglich gewahrt bleibt (s. a. ErwGr 53, S.  3).299 Von den Eingriffsnormen sind die einfach zwingenden Normen300 zu unterscheiden. Nur die Letzteren können durch eine Rechtswahl abbedungen werden, die Ersteren dagegen sind rechtswahlfest.301

§  14. Gesetzesumgehung Das Rechtsinstitut der Gesetzesumgehung ist im bulgIPRGB nicht ausdrücklich geregelt. Man unterscheidet zwischen einer direkten Umgehung (mittels Änderung der Anknüpfungsvoraussetzungen) und einer indirekten (durch Verlegung des Verfahrens in jenen Staat, dessen IPR ein günstigeres Sachrecht beruft). Letzteres ist unbedenklich, ersteres rechtsmissbräuchlich.302 Die fraus legis spielte in der Vergangenheit keine große Rolle.303 Eine entsprechende Entwicklung zeichnet sich auch nach Inkrafttreten des bulgIPRGB ab.304

297 

Zum Schutz der Familienwohnung im bulgarischen Recht (de lege ferenda) Topuzov, Pravna misal 2018, №  4, 48 ff. 298  Für das deutsche Recht s. Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  59; MüKo BGB/­ Looschelders (2018), EuGüVO, Rn.  122. Dagegen fällt §  1365 BGB nicht in den Anwendungsbereich des Art.  30 EuGüVO, da er den Schutz eines künftigen Zugewinnausgleichsanspruchs sichern will und nicht die wirtschaftliche Grundlage der Familie (vgl. Hk-BGB/Kemper, Art.  30 EuGüVO, Rn.  1. 299  Vgl. MüKo BGB/Looschelders (2018), EuGüVO, Rn.  112; Hk-BGB/Kemper, Art.  30 EuGüVO, Rn.  2. 300  Bulgarischer Terminus: „обикновени повелителни норми“ (obiknoveni povelitelni normi/einfache Befehlsnormen). 301  Maesch, Kodifikation, S.  196 f.; Todorov, Subekti, S.  326; Zh. Stalev, MCP-Sashtnost i funktsia, S.  165, 167; Damyanov, Stalknovitelni normi po obligatsionno pravo, S.  59. 302  Eingehend Maesch, Kodifikation, S.  222–228; Natov, TMP 2000, Bd.  V, S.  221–242. 303  Siehe dazu Maesch, Kodifikation, S.  227. 304  Dem Verfasser ist keine Entscheidung bekannt, die sich mit der Gesetzesumgehung im IPR befasst.

2.  Teil

Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht) §  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit A. Rechtsquellen Fragen der Rechts- und Geschäftsfähigkeit sind vom Anwendungsbereich der EU-Verordnungen ausgeschlossen (Art.  1 Abs.  2 lit.  a Rom  I-VO, Art.  1 Abs.  2 lit.  a Rom  III-VO, Art.  1 Abs.  2 lit.  b EuErbVO, Art.  1 Abs.  2 lit.  a EuGüVO); nur Art.  13 Rom  I-VO regelt einen Sonderfall. Allgemeine internationale Übereinkommen zur Frage der Rechts- und Geschäftsfähigkeit bestehen nicht. Insbesondere enthalten das HAÜ1 sowie das KSÜ2 keine Kollisionsnormen über die Rechts- und Geschäftsfähigkeit;3 über die Alterserfordernisse bestimmen sie nur den persönlichen Anwendungsbereich der jeweiligen Konvention.4 In den Rechts­hilfeabkommen wird an die Staatsangehörigkeit angeknüpft, vgl. etwa Art.  17 Abs.  1 (Kuba), Art.  16 Abs.  1 (Vietnam), Art.  16 Abs.  1 (Polen), Art.  21 (Rumänien), Art.  21 Abs.  1 (Ungarn), Art.  16 Abs.  1 (Mongolei). 1  Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption v. 29.5.1993 (BGBl. 2001 II, S.  1035); Text bei Jayme/ Hausmann, Nr.  223. Das Übereinkommen gilt für Bulgarien seit 1.9.2002 (BGBl. 2002 II, S.  2872); in bulgarischer Übersetzung abgedr. in Natov, Sbornik MCP, Bd.  II, S.  141–152. 2  Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern v. 19.10.1996 (BGBl. 2009 II, S.  603). Für Bulgarien ist das Übereinkommen seit 1.2.2007 in Kraft (DV Nr.  15 v. 16.2.2007; BGBl. 2010 II, S.  1528). Text bei Jayme/Hausmann, Nr.  53. In bulgarischer Übersetzung abgedr. in Natov, Sbornik MCP, Bd.  II, S.  539–554. Das Übereinkommen ist im Verhältnis zu Deutschland am 1.1.2011 in Kraft getreten (BGBl. 2010 II, S.  1527). 3  Bulgarien ist nicht Signatarstaat des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen v. 5.10.1961 (MSA; BGBl. 1971 II, S.  217). Text bei Jayme/Hausmann, Nr.  52. Auch für die Vertragsstaaten des MSA sind das Rechts- und das Geschäftsfähigkeitsstatut nach autonomem nationalem Kollisionsrecht zu beurteilen, da das Abkommen diese Fragen nicht regelt. Das MSA steckt durch das Erfordernis der Minderjährigkeit nur seinen Anwendungsbereich ab; Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  11. 4  Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  11.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

Das Statut für die Rechts- und Geschäftsfähigkeit bestimmt sich m. a. W. grundsätzlich nach dem autonomen nationalen Recht (Artt.  49 ff. bulgIPRGB). B. Einfluss des Unionsrechts Die Anknüpfung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit an die Staatsangehörigkeit verstößt nicht gegen die europarechtlichen Diskriminierungsverbote aus Art.  18 AEUV (ex-Art.  12 EGV) und den speziellen Grundfreiheiten.5 Dass in den berufenen Heimatrechten unterschiedliche Sachregeln bestehen, ist so unumgänglich wie unerheblich: Einesteils sind solche dem jeweiligen Gesetzgeber zuzurechnen;6 andernteils hat die Frage kaum noch praktische Bedeutung, ist doch die Volljährigkeitsgrenze in der EU auf 18 Jahre angeglichen.7 C. Anknüpfungsregeln I. Maßgeblichkeit des Personalstatuts Gemäß Art.  49 Abs.  1 und Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB unterliegen die Rechtsund Geschäftsfähigkeit einer Person ihrem Heimatrecht,8 d. h. dem Recht des Staates, welchem die Person angehört (Art.  48 Abs.  1 bulgIPRGB). Es handelt sich um eine Gesamtverweisung i. S. des Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB. Ein Renvoi durch das von Art.  49 Abs.  1 bzw. Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB berufene Recht ist nach Maßgabe des Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB zu berücksichtigen. Art.  40 Abs.  2 bulgIPRGB zählt die Fälle einer unzulässigen Rück- oder Weiterverweisung auf, nennt folglich Sachnormverweisungen. Die Rechts- und Geschäfts­ fähigkeit natürlicher Personen fällt nicht darunter.9 In der Praxis kann dies dazu führen, dass das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt einer Person oder das Recht der Hauptfrage zur Anwendung gelangt.10 Für Mehrstaater, Staatslose, Flücht­ linge und Asylberechtigte gelten die allgemeinen Regeln. 5 

In diesem Sinne Todorov, MCP, S.  159 f.; NK-BGB/G. Schulze (2016), Art.  7 EGBGB, Rn.  3; MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  7 EGBGB, Rn.  8; MüKo BGB/v. Hein (2018), Art.  5 EGBGB, Rn.  40. 6  Zutreffend BaRo/Mäsch, Art.  7 EGBGB, Rn.  7. A. A. MüKo BGB/Birk (2010), Art.  7 EGBGB, Rn.  85; anders nun MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  7 EGBGB, Rn.  8; MüKo BGB/ v. Hein (2018), Art.  5 EGBGB, Rn.  40. 7  S. schon Brödermann, in: Brödermann/Iversen, EU-Recht und IPR, Rn.  463; Kreuzer, in: Müller-Graff, S.  457, 507. 8  Nach Art.  51 bulgIPRGB lässt ein Eingangsstatutenwechsel „die nach dem Heimatrecht erworbene Rechts- und Geschäftsfähigkeit […] unberührt“. Das wird im Zusammenhang mit der Verkehrsschutznorm des Art.  50 Abs.  2 leg.cit. erläutert. 9  S.a. Todorov, MCP, S.  158. 10  So z. B. unterwirft Art.  34 Abs.  2 schweizIPRG „Beginn und Ende der Rechtsfähigkeit“ dem Wirkungsstatut, also dem Recht der Hauptfrage.

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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Der Gesetzgeber hat die Anknüpfung an die lex patriae gewählt, weil er die Rechtsfähigkeit einer Person und ihre Staatsangehörigkeit ebenso als eng mit­ einander verbunden sieht wie eine rechtsfähige Person mit ihrem Heimatstaat.11 Einem Staate angehören kann nur, wer rechtsfähig ist. Ob jemand rechtsfähig ist, sagt das Recht des Staates, dem er bei hypothetischer Betrachtung seiner Rechtsfähigkeit angehörte.12 Ob eine Person die Staatsangehörigkeit des so ermittelten Staates besitzt, kann sich nur nach dem Recht eben dieses Staates beurteilen.13 II. Maßgeblichkeit des Wirkungsstatuts Mit der ausdrücklichen Entscheidung des Normgebers für die selbständige Anknüpfung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit beurteilen sich diese einheitlich nach dem Heimatrecht jeder Person als ihrem Personalstatut; auf das Wirkungsstatut des Rechtsgeschäfts, für das Rechts- und Geschäftsfähigkeit erforderlich sind, kommt es grundsätzlich nicht an.14 Das Personalstatut regelt nur die Frage, unter welchen Voraussetzungen Rechts- und Geschäftsfähigkeit gegeben sind. Die vorgelagerte Frage – ob es also auf diese Fähigkeiten überhaupt ankommt – entscheidet hingegen das Wirkungsstatut, d. h. das Recht, welches auf das jeweilige Rechtsverhältnis anwendbar ist.15 III. Wandelbarkeit Die Anknüpfungen in Art.  49 Abs.  1 und Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB sind einerseits wandelbar,16 andererseits zwingend. Durch Rechtswahl kann das Rechtsund Geschäftsfähigkeitsstatut nicht geändert werden.17

11  Stancheva–Mincheva, Art.  49 bulgIPRGB, S.  102 und 105 f.; Todorov, MCP, S.  156. Aus deutscher IPR-Sicht siehe Kreuzer, in: Müller-Graff, S.  457, 507 m. w. N. 12  MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  7 EGBGB, Rn.  5; BaRo/Mäsch, Art.  7 EGBGB, Rn.  8; Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBG, Rn.  15. 13  Vgl. die in der vorherigen Fußnote genannten Literaturstimmen, ferner Todorov, MCP, S.  158; ders., Pravootnoshenia, S.  326; Stancheva-Mincheva, Art.  49 bulgIPRGB, S.  106. 14  Ausnahmsweise beruft Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB das Wirkungsstatut, wenn das auf das betreffende Verhältnis anzuwendende Recht bezüglich der Geschäftsfähigkeit besondere Voraussetzungen aufstellt. 15  Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  3. 16  Maesch, Kodifikation, S.  176 f. 17  A. A. wohl Natov, Art.  49 bulgIPRGB, S.  83, 88 f. und 91. Danach wären sämtliche Kollisionsnormen im 3.  Teil des bulgIPRGB dispositiv.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

D. Reichweite des Rechtsfähigkeitsstatuts Art.  49 Abs.  1 bulgIPRGB behandelt nur die Zivilrechtsfähigkeit – d. h. die allgemeine Fähigkeit, als Träger privater Rechte und Pflichten Privatrechtssubjekt zu sein -, das aber umfassend: Das durch ihn berufene Heimatrecht entscheidet über Beginn, Inhalt und Ende der Rechtsfähigkeit,18 ferner über eine etwaige Berichtigung des Zeitpunktes, auf welchen sich der Beginn bzw. das Ende der Rechtsfähigkeit bezieht.19 I. Beginn der Rechtsfähigkeit 1. Gesetzliche Regelung im bulgarischen Sachrecht Der Beginn der Rechtsfähigkeit kann insbesondere bei der Erbfolge oder bei pränatalen Schädigungen20 bedeutsam sein. Während nach deutschem Verständnis die Rechtsfähigkeit erst mit der Vollendung der Geburt – d. h. mit dem vollständigen Austritt aus dem Mutterleib, und nicht schon mit ihrer Einleitung – eintritt (§  1 BGB), wird sie im bulgarischen Sachrecht teilweise anders verstanden, jedenfalls nach der h.L. Nach Art.  1 bulgGPF erlangt jede Person ab dem Zeitpunkt ihrer Geburt die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein.21 Das ist dann der Fall, wenn das Kind gelebt hat, d. h. wenn es von dem Mutterleib getrennt worden ist und einen Atemzug getan hat;22 einer Durchtrennung der Nabelschnur bedarf es nicht.23 Ob das Kind gelebt hat, ist nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft zu beurteilen.24 Wie lange das Kind gelebt hat und ob es eine normale 18  19 

Todorov, MCP, S.  158. Vgl. Oberster Kassationsgerichtshof, Beschl. №  97 v. 31.1.2014 i. d. Rs. №  7671/2013 –

ciela. 20  Siehe hierzu BGHZ 8, 243. 21  Das Gesetz definiert somit selbst, was Rechtsfähigkeit ist. Der Begriff deckt sich mit dem nach deutschem Recht, wie die h.M ihn versteht; s. nur Palandt/Ellenberger (2020) Überbl. §  1 BGB, Rn.  1. 22  Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  33 f.; Pavlova, Grazhdansko pravo-­ Obshta chast, S.  236; Vladimirov, MCP, S.  77; Todorov, Subekti, S.  20, Tz.  8. Die Anforderung, das Kind müsse geatmet haben, entspricht der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahre 1974. Trotzdem sprechen beachtliche Gründe dafür, jede andere sichere Lebensfunktion genügen zu lassen, wie z. B. der sichere Nachweis von Hirn­ tätigkeit durch Abbildung von Hirnströmen; vgl. hierzu MüKo BGB/Schmitt (2012), §  1 BGB, Rn.  16. 23  Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  236; dies., Pravna misal 2003, №  2, 25 f. 24  Unklar Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  236, wonach es für den Beginn der Rechtsfähigkeit nicht darauf ankomme, dass sämtliche aus medizinischer Sicht erforderlichen Handlungen bei der Geburt vorgenommen seien.

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menschliche Gestalt aufweist, ist dagegen ohne Belang. Auch abnorm gebildeten menschlichen Wesen kommt Rechtsfähigkeit zu.25 Nach Art.  2 Abs.  1 lit.  b bulgErbG ist allerdings – im Gegensatz zu §  1 BGB – nicht erbfähig, wer nicht lebensfähig geboren ist. Darin sieht die (noch) überwiegende Ansicht ein allgemeines Merkmal für die Rechtsfähigkeit.26 Der Begriff der Lebensfähigkeit ist nicht legaldefiniert. Der Gesetzgeber bedient sich vielmehr des Rechtsinstituts der widerlegbaren Vermutung: Bis zum Beweis des Gegenteils wird vermutet, dass das lebendig geborene Kind auch lebensfähig ist. Daraus entnimmt die h.L., Lebensunfähigkeit liege nur dann vor, wenn die Leibesfrucht gar nicht lebendig geboren sei.27 2. Kollisionsrechtliche Bedeutung des Art.  2 Abs.  1 lit.  b bulgErbG Die Vorschrift des Art.  2 Abs.  1 lit.  b bulgErbG28 führt in der Rechtsprechung ein Schattendasein. Gleichwohl darf ihre Bedeutung für das IPR nicht unterschätzt werden, etwa in Fällen, wo die Mutter bei der Geburt stirbt. Beispiel:29 Ein bulgarisches Paar lebt und heiratet in Deutschland. 2010 wird die Frau schwanger. Infolge Geburtskomplikationen stirbt zuerst die Mutter, danach das künstlich am Leben erhaltene Kind, ohne auch nur einen selbständigen Atemzug getan zu haben. Die Frau hinterlässt – ohne Testament – unbewegliches und bewegliches Vermögen in Deutschland wie in Bulgarien. 25  Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  236; Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  34; Boyanov, Osnovi na grazhdanskoto pravo, S.  64. 26  Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  34; Dzherov, Grazhdansko pravo-­ Obshta chast, 144; a. A. L. Vasilev, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  103 f.; Boyanov, Osnovi na grazhdanskoto pravo, S.  63 f.; Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  236: Das Gesetz über die Personen und die Familie (Übersetzung ins Deutsche bei Breidenbach (Hrsg.]) HdbWiRO, Bd.  1, BG 280, Stand: Juni 2019) verlange keine Lebensfähigkeit des Neugeborenen; dies sei lediglich Voraussetzung der Erbfähigkeit; anders aber noch dies., Pravna misal 2003, №  2, 25, mit einem argumentum e contrario aus Art.  2 Abs.  1 lit.  b bulgErbG. 27  Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  34; Asparuhova, Nasledyavane, S.  22; Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  236; dies., Pravna misal 2003, №  2, 25. Einen anderen Ansatz vertritt Petrov, Sobstvenost i pravo 2018, №  2, 52 ff.; er bedient sich des Begriffs „потенциална жизнеспособност“ (potentsialna zhisnesposobnost/potenzielle Lebensfähigkeit) i. S. des §  1 Nr.  17 der Ergänzungsvorschriften zur Ordnung №  19 v. 22.12.2014 (DV Nr.  106 v. 23.12.2014, aufgehoben durch den Obersten Administrativgerichtshof mit Urt. №  11894 v. 7.11.2016 [DV Nr.  22.3.2017]) und verlangt, dass das Neugeborene „mindestens drei Nächte“ gelebt haben muss. 28  Die Regelung verstößt nicht gegen den deutschen ordre public (Art.  6 EGBGB); s. Looschelders, Art.  7 EGBGB, Rn.  4. 29  In Anlehnung an v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  5; s. a. Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  31.

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Nähme man das bulgarische Gesetz wörtlich, so wäre das Kind von der Erbfolge ausgeschlossen, als ob es nie gelebt hätte oder vor der Mutter verstorben wäre. Das ergibt sich aus Folgendem: 1) Die EuErbVO greift nicht ein, da die Mutter vor dem 17.8.2015 verstorben ist (Art.  83 Abs.  1 EuErbVO). 2) Art.  25 Abs.  1 EGBGB unterwirft die gesetzliche Erbfolge dem bulgarischen Heimatrecht der Mutter. Es handelt sich um eine Gesamtverweisung (Art.  4 Abs.  1 S.  1 EGBGB). a) Das bulgarische Kollisionsrecht sieht in Art.  89 bulgIPRGB eine Vermögensspaltung durch eine unterschiedliche Anknüpfung für bewegliches und unbewegliches Vermögen vor: Die Erb­­folge in unbewegliche Sachen unterliegt dem Recht des Staates, in dem sich die Sachen befinden (Abs.  2). Die Erbfolge in bewegliche Sachen ist dem Recht des Staates unterstellt, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt zur Zeit seines Todes hatte (Abs.  1).30 Welche Sachen beweglich und welche unbeweglich sind, beurteilt man gem. Art.  64 Abs.  2 bulgIPRGB nach der lex causae (sog. Begriffsverweisung). b) Immobiliarvermögen ist hüben wie drüben vorhanden. Den gewöhnlichen Aufenthalt hatte die Mutter in Deutschland. Das bulgarische IPR verweist demnach auf deutsches Kollisionsrecht zurück (Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB), sofern es um den Grundbesitz in Deutschland und das Mobiliarvermögen geht. Im Übrigen, d. h. bezüglich des inländischen Immobiliarvermögens, nimmt es die Verweisung an. c) Das deutsche IPR nimmt die Rückverweisung an (Art.  4 Abs.  1 S.  2 EGBGB), ungeachtet dessen, ob sie aus Sicht des bulgarischen IPR eine Gesamt- oder eine Sachnormverweisung ist. Es kommt damit zu einer sog. Nachlassspaltung: Der unbewegliche Nachlass in Deutschland und der weltweit belegene bewegliche Nachlass einesteils und der unbewegliche Nachlass in Bulgarien andernteils werden als zwei getrennte Nachlässe behandelt. Die Erbfolge ist dann für jeden Teilnachlass nach den dafür geltenden Vorschriften gesondert zu beurteilen.31 Erbstatut ist deshalb für den Grundbesitz in Deutschland deutsches, für den in Bulgarien bulgarisches Sachrecht. Ferner ist deutsches Recht Erbstatut für das weltweit belegene beweg­ liche Vermögen der Erblasserin. 3) Das deutsche Recht sieht in §  1924 Abs.  1 BGB ein gesetzliches Erbrecht zu Gunsten des Abkömmlings vor. Dies setzt indes voraus, dass das Kind als Abkömmling seiner Mutter dieser Berufung folgen kann. Anders ausgedrückt: Es fragt sich, ob das Kind Zuordnungs­ subjekt des Nachlasses sein kann. Dafür muss das Kind die Rechtsfähigkeit erlangt haben. Bei der aufgeworfenen Frage handelt es sich um eine Vorfrage.32 a) Vorfragen knüpft die h. M. selbständig an, vorliegend also gem. Art.  7 Abs.  1 EGBGB. Maßgeblich ist darum das (hypothetische) Personalstatut des Kindes. Da der Neugeborene als das Kind zweier Bulgarien zur Welt kam, erlangte es ausschließlich die bulgarische Staats­ angehörigkeit (Artt.  8 f. bulgStAG). Personalstatut ist mithin bulgarisches Recht. 30  Administrativgericht Gabrovo, Urt. №  74 v. 20.11.2013 i. d. Rs. №  121/2013; siehe außerdem Bezirksgericht Pazardzhik, Urt. №  623 v. 10.12.2015 i. d. Rs. №  795/2015; Rayongericht Pazardzhik, Urt. №  483 v. 9.6.2015 i. d. Rs. №  1073/2010; jew. zit. nach ciela. 31  Palandt/Thorn (2015), Art.  3a EGBGB, Rn.  6. 32  Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  31.

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Die herrschende Lehre in Bulgarien sieht in Art.  2 Abs.  1 lit.  b bulgErbG einen allgemeinen Grundsatz für die Rechtsfähigkeit. Danach muss das Kind lebensfähig geboren sein, um erb­ fähig zu werden. Dies wiederum setzt voraus, dass das Kind einen Atemzug getan hat. Das Kind im Beispiel hat keinen Atemzug eigenständig getan.33 Es gilt daher unter den genannten Voraussetzungen des bulgarischen Rechts als nicht lebensfähig, deswegen nicht erb- und folglich nicht rechtsfähig. Da das Kind die Rechtsfähigkeit nicht erlangt hatte, scheidet es als Zuordnungssubjekt des Nachlasses aus. Im Ergebnis teilt der Ehemann darum das Erbe seiner verstorbenen Ehefrau mit ihren sonstigen gesetzlichen Erben. b) Knüpfte man die Vorfrage hingegen unselbständig34 an, d. h. nach dem für die Hauptfrage berufenen Recht (hier: dem deutschen Recht), so erlangte das Kind als Lebendgeburt gem. §  1 BGB die volle Rechtsfähigkeit; auf die Lebensfähigkeit käme es dabei nicht an.35 Nach deutschem Recht würde der Ehemann deswegen zuerst gemeinsam mit dem Kind die Ehefrau bzw. Mutter beerben und danach das Kind, die Verwandten seiner Ehefrau folglich ausstechen (§§  1924 Abs.  1, 1930 BGB). Der bulgarische wie deutsche ordre public ist nicht tangiert. Ein schutzwürdiges Vertrauen, als gesetzlicher Erbe zur Erbschaft berufen zu werden, gibt es nicht. Das belegt die Existenz von Pflichtteilsansprüchen (gem. Artt.  28 f. bulgErbG für das bulgarische Recht und nach §§  2303 ff. BGB für das deutsche).

3. Besonderheiten Selbst wenn man der h.L. in Bulgarien folgen und Art.  2 Abs.  1 lit.  b bulgErbG als einen allgemeinen Programmsatz der allgemeinen Rechtsfähigkeit36 einstufen wollte,37 darf man sich vom Umstand nicht beirren lassen, dass die Regelung 33  Ob eine künstliche Atemzufuhr für die Bejahung der allgemeinen Rechtsfähigkeit bzw. der Erbfähigkeit ausreicht, erscheint fraglich. Man könnte so argumentieren: Die Regelung des Art.  2 Abs.  1 lit.  b bulgErbG wolle Personen von der Erbfolge ausschließen, die bereits aus biologischen und medizinischen Gründen nicht am Leben aus eigenen Kräften dauerhaft teilzunehmen imstande seien. In diesem Sinne formuliert Asparuhova, Nasledyavane, S.  22; doch will sie auch dann, wenn das Kind geboren ist, also eigenständig einen Atemzug macht, und unmittelbar danach stirbt, Art.  2 Abs.  1 lit.  b bulgErbG anwenden. 34  Dafür Ebke, RabelsZ 48 (1984), 319, 323; MüKo BGB/Birk (2010), Art.  25 EGBGB, Rn.  203, und nun auch MüKo BGB/Dutta (2015), Art.  25 EGBGB, Rn.  202. 35  Allg.M.; vgl. statt vieler jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  7 EGBGB, Rn.  7. 36  Zur allgemeinen Rechtsfähigkeit zugeordnet werden aus deutscher Sicht Regelungen über die Fähigkeit eines ohne Hoffnung auf echte Teilhabe am menschlichen Leben schwerkranken Kindes, Empfänger vermögenswerter Zuwendungen zu sein; vgl. v. Hoffmann/Thorn, IPR, §  7, Rn.  2; v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  4; MüKo BGB/Birk (2010), Art.  7 EGBGB, Rn.  9, 17 f.; MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  7 EGBGB, Rn.  19 a. E. Der französische Code Civil sieht in Art.  725 vor, dass das Kind lebensfähig geboren sein müsse, um erben oder durch Schenkung unter Lebenden erwerben zu können (s. NK-BGB/ Frank (2018), Bd.  5, Länderbericht Frankreich, Rn.  48). Nach Art.  30 spanischer Cc muss das Kind wenigstens 24 Stunden gelebt haben („mit mensch­lichem Antlitz“). 37  Dagegen spricht bereits die systematische Stellung der Vorschrift im bulgErbG. Die Fra-

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ihrem Schwerpunkt nach auf den Gang der Erbfolge zielt. Ob das Kind also Zuordnungssubjekt eines Nachlasses sein kann, richtet sich nicht nach dem Recht des letzten Aufenthalts des Erblassers oder des Belegenheitsortes des unbeweglichen Nachlassvermögens als dem Erbstatut (Art.  89 bulgIPRGB), sondern nach dem Heimatrecht des Kindes als dessen Rechtsfähigkeitsstatut (Art.  49 Abs.  1 bulgIPRGB). Dieses muss befragt werden, unter welchen Voraussetzungen das Kind als „lebensfähig geboren“ zu betrachten ist und wann dies nicht gilt.38 Beispiel: Die Mutter besitzt ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit; sonst wie vor. Die Anknüpfung der Vorfrage nach der Zuordnungssubjektivität des Kindes hat selbständig zu erfolgen. Denn soweit das Erbstatut nichtrechtsfähige Personen in den Kreis der Erben ein­ bezieht, können diese doch nur dann erben, wenn sie die Fähigkeit zur selbständigen Wahr­ nehmung von Rechten und Pflichten nach Maßgabe ihres Personalstatuts erlangt haben.39 Da Deutschland gem. §  4 Nr.  1 StAG dem ius sanguinis-Prinzip folgt, hat das Kind von einer deutschen Mutter jedenfalls (auch) die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Nach Art.  5 Abs.  1 S.  2 EGBGB ist sie die allein maßgebliche. Deshalb ist das Kind als Lebendgeburt rechts- und erbfähig (§  1923 BGB).

II. Beschränkungen der Rechtsfähigkeit 1. Todes- und Verschollenheitserklärung Ab welchem Zeitpunkt ein Mensch mit unaufklärbarem Lebensschicksal, mit nicht feststellbarem Todeszeitpunkt oder mit unklaren Todesumständen im Konge nach dem Beginn der allgemeinen Rechtsfähigkeit ist jedoch im bulgGPF unter der Überschrift „Natürliche Personen“ geregelt. Hätte der Gesetzgeber Art.  2 Abs.  1 lit.  b bulgErbG eine solche weitgehende Wirkung zumessen wollen, so hätte er dies deutlich klarstellen müssen. Zudem trennt heute kaum eine Rechtsordnung mehr Mensch-Sein und Rechtsfähigkeit; v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  3. Koppelt man dagegen Art.  2 Abs.  1 lit.  b bulgErbG von Art.  1 bulgGPF ab, so wird man ihn der Fähigkeit zur Teilhabe an bestimmten Rechten oder Rechtsgeschäften, also der besonderen Rechtsfähigkeit, zuzuordnen haben. Die Konsequenzen können im Einzelfall durchaus gravierende Folgen haben: Versteht man nämlich Regelungen wie Art.  2 Abs.  1 lit.  b bulgErbG (dem ähnelt Art.  725 franz. CC) als Teil der besonderen Rechtsfähigkeit, so führt dies kollisionsrechtlich dazu, dass man sie nicht nach dem Personalstatut, sondern nach dem für das jeweilige Recht maßgebenden Wirkungsstatut zu beurteilen hat, in concreto nach dem Erbstatut. Die Anknüpfung besonderer Rechtsfähigkeiten an das jeweilige Wirkungsstatut regelt das bulg­ IPRGB z. B. in Art.  91 Nr.  4 (Erbfähigkeit); ähnlich verfährt der italienische Gesetzgeber in Art.  20 S.  2 des italienischen IPRG; vgl. RabelsZ 61 (1997), 344, 349. Dazu aus deutscher Sicht Erman/Hohloch (2017), Art.  7 EGBGB, Rn.  7; MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  7 EGBGB, Rn.  16 f.; Palandt/Thorn (2020), Art.  7 EGBGB, Rn.  2 f.; Soergel/Kegel (1996), Art.  7 EGBGB, Rn.  4; eingehend Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  29, 81 ff. 38  Zutreffend v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  4. 39  Zutreffend Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  31; Staudinger/Dörner (2007), Art.  25 EGBGB, Rn.  83 f.

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text des Rechts als verschollen oder verstorben gilt, ist Regelungsgegenstand des Art.  55 bulgIPRGB. Die Norm steht im Zusammenhang mit Art.  49 Abs.  1 bulg­ IPRGB, d. h. jener Vorschrift, welche die – mit dem Tode endende – Rechts­ fähigkeit einer Person regelt. a) Grundsätze der Anknüpfung aa) Kein vorrangiges Kollisionsrecht Vorrangige Kollisionsnormen sind nicht vorhanden. Derzeit existieren keine Rechtsakte des primären und sekundären Gemeinschaftsrechts für die Todes­ erklärung oder die Feststellung des Todeszeitpunkts. Die EuErbVO regelt diese Rechtsmaterie nicht; sie ist nach ihrem Art.  1 Abs.  2 lit.  c vom sachlichen Anwendungsbereich ausgenommen. Die UN-Konvention über die Todeserklärung Verschollener vom 6.4.1950 ist außer Kraft getreten. Bulgarien ist nicht Vertragsstaat des CIEC-Übereinkommens Nr.  10 über die Feststellung gewisser Todesfälle vom 18.9.1966 sowie des Haager Übereinkommens über die Rechtsnachfolge von Todes wegen vom 1.8.1989.40 bb) Regelungsumfang des Art.  55 bulgIPRGB Nach der Überschrift befasst sich Art.  55 bulgIPRGB – nur – mit der „Verschollenheits- und Todeserklärung“ einer Person. Der Regelungsgehalt greift aber viel weiter. Er umfasst den gesamten Komplex von Rechtsproblemen und deren Lösungen, die mit dem Verschwinden einer natürlichen Person in Verbindung stehen (funktionelle Qualifikation gem. Art.  39 Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB). Deshalb bezieht die Regelung des Art.  55 bulgIPRGB insbesondere Kommorientenvermutungen ein. cc) Kein Gleichlauf mit dem Erbstatut Für Voraussetzungen und Folgen der Verschollenheits- und Todeserklärung knüpft Art.  55 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB an die Staatsangehörigkeit der Person zur Zeit der letzten Nachrichten über sie an. Die Regelanknüpfung ist unwandelbar (starres Statut).41 Gleichwohl ermöglicht die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit keinen Gleichlauf mit dem Erbstatut. Denn Art.  89 bulgIPRGB knüpft teils an den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Todeszeitpunkt (Abs.  1), teils an den 40  Dieses Haager Übereinkommen ist bisher lediglich von den Niederlanden, Argentinien, Luxemburg und der Schweiz gezeichnet. Nur die Niederlande haben es ratifiziert; es ist nicht in Kraft getreten. 41  S.a. Maesch, Kodifikation, S.  176.

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Belegenheitsort der Sache an (Abs.  2). Deswegen lassen sich das Recht der ­Todesfeststellung bzw. -vermutung und das Erbrecht nicht immer einheitlich ­anwenden.42; 43 Gleiches gilt im Anwendungsbereich der EuErbVO, vgl. Art.  21 Abs.  1 leg.cit. Welchem Staat der Verschollene oder der für tot zu Erklärende angehört, ermittelt der Richter grundsätzlich von Amts wegen. Er kann diese Klärung aber dem Antragsteller aufgeben.44 Im letzteren Fall ist er nicht an das Beteiligtenvorbringen gebunden.45 Lässt sich die (letzte) Staatsangehörigkeit nicht feststellen, so ist an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Betroffenen anzuknüpfen.46 Das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die verschollene/für tot zu erklärende Person zur Zeit der letzten Nachricht über sie bzw. zur Zeit ihres Todes besaß, ist außerdem für Vorfragen der eigentlichen Staatsangehörigkeitsnormen anzuwenden, wie z. B. auf Abstammung oder Adoption.47 Das gilt selbst dann, wenn die Rechtsbeziehungen an sich nach dem bulgarischen IPR angeknüpft würden. dd) Art.  55 Abs.  2 und 3 bulgIPRGB Abweichend von der Regelanknüpfung an die Staatsangehörigkeit eröffnet Art.  55 Abs.  3 bulgIPRGB die Möglichkeit, bei Vorliegen berechtigten Interesses des Antragstellers eine verschollene Person mit zuletzt gewöhnlichem Aufent42  Keine Zustimmung verdient deshalb das Urteil des Administrativgerichts Sofia-Stadt v. 15.6.2007 i. d. Rs. №  580/2007 – ciela. Das Gericht qualifizierte die Rechtsnachfolge von Todes wegen als Folge der Todeserklärung gem. Art.  55 Abs.  1 Fall 2 bulgIPRGB. Der Oberste Ad­ ministrativgerichtshof (Urt. v. №  4109 v. 8.4.2008 i. d. Rs. №  7745/2007 – ciela) hob die Entscheidung aus diesem Grund auf. 43  Im deutschen Kollisionsrecht dagegen war die einheitliche Anwendung von Erbstatut und Verschollenheitsstatut gerade die Intention des gewählten Anknüpfungsmoments (Staatsangehörigkeit) in Art.  9 EGBGB und Art.  25 Abs.  1 EGBGB; dazu Nojack, Exklusivnormen im IPR, S.  16. 44  Todorov, MCP, S.  168; Stancheva-Mincheva, Art.  55 bulgIPRGB, S.  118. 45  Todorov, MCP, S.  168. 46  S.a. Todorov, MCP, S.  163: Am letzten gewöhnlichen Aufenthalt befinde sich in der Regel ein Großteil des Vermögens, so dass das Recht der engsten Verbindung berufen sei. Letztlich läuft diese Auffassung auf eine sekundäre Anknüpfung an Art.  2 Abs.  2 bulgIPRGB hinaus. Ob Todorov jedoch in Art.  2 Abs.  2 bulgIPRGB mit der hier vertretenen Ansicht eine Hilfsanknüpfung sieht oder vielmehr eine allgemeine Ausweichklausel, lässt sich seinen Ausführungen nicht eindeutig entnehmen. Mangels planwidriger Regelungslücke scheidet eine Analogie zu Art.  55 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB (Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt bei Staatenlosen) aus; vgl. Todorov, a. a. O., der argumentativ auf die Regelung des Art.  55 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB verweist. 47  So richtig Kropholler, IPR, §  1 VI 1, S.  9 f. und §  32 IV 2 b, S.  227; wohl in diesem Sinne auch Todorov, Pravootnoshenia, S.  326, Tz.  151.

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halt in Bulgarien nach bulgarischem Recht für verschollen oder tot erklären zu lassen. Absatz  2 unterstellt ferner auch vorläufige Maßnahmen zum Erhalt des in Bulgarien belegenen Vermögens des Betroffenen bulgarischem Recht. ee) Staatenlose Bei Staatenlosen ist an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt anzuknüpfen. Stillschweigend setzt der Gesetzgeber den Zeitpunkt des Anknüpfungsbegriffs des S.  1 in S.  2 voraus.48 In der Unwandelbarkeit der Anknüpfung, die unter Anwendung des Art.  48 Abs.  4 nicht gegeben wäre, besteht deshalb die Berechtigung für eine selbständige Kollisionsnorm, die bei Staatenlosigkeit des Betroffenen das anwendbare Recht bestimmt. ff) Innerstaatliches Verfahren Das Verfahren der Verschollenheits- und Todeserklärung regeln Artt.  549–552 bulgZPO. Es ist eine Angelegenheit der (in deutscher Terminologie) freiwilligen Gerichtsbarkeit.49 b) Das System der Verschollenheits- und Todeserklärung im bulgarischen Sachrecht50 Der bulgarische Regelgeber hat sich in Artt.  8 ff. bulgGPF für ein mehrstufiges System der Verschollenheits- und Todeserklärung entschieden.51 aa) Erste Stufe Die erste Stufe (Art.  8 bulgGPF) dient dem Vermögenserhalt und der Interessenwahrung des Verschollenen.52 Sie setzt an, wenn jemand dauernd mit einem unbekannten Verbleib abwesend ist und über ihn und von ihm keine Nachrichten vorhanden sind. Abwesenheit setzt voraus, dass die betreffende Person an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt53 auf Dauer unauffindbar ist und Zweifel darüber be48  A. A. offenbar Stancheva-Mincheva, Art.  55 bulgIPRGB, S.  118, die von einem „Unison zu Art.  48 Abs.  4 bulgIPRGB“ spricht. 49  Mingova, in: Zh. Stalev et al., Bulgarsko grazhdansko protsesualno pravo, §  201 I und II 5 a. E., S.  1241 und 1244; zum Verfahren der Verschollenheits- und Todeserklärung zuletzt Cherkezova, Sobstvenost i pravo 2017, №  7, 50 ff. 50  Ausf. dazu Konstantinov, Grazhdansko sastoyanie, S.  9–20. 51  Zu den verschiedenen Grundmodellen im Verschollenheitsrecht Bosch, FS Mikat (1989), 793, 820 ff.; Jayme/Haack, ZVglRWiss 84 (1985), 80 ff. 52  L. Vasilev, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  105. 53  A. A. (ohne Begründung) Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  44, der auf

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stehen, dass sie noch am Leben ist.54; 55 In diesem Fall bestimmt das Rayon­ gericht56; 57 auf Antrag eines Interessenten58 oder des Staatsanwalts einen Vermögensverwalter59 (vornehmlich aus dem Verwandtschaftskreis des Verschollenen), es sei denn, der Verschollene verfügt über einen gesetzlichen60 oder rechts­ geschäftlich mit einer Generalvollmacht ausgestatteten Vertreter.61 Seine Befugnisse erfassen nur Maßnahmen des Vermögenserhalts und der Interessenwahrnehmung. Über unbewegliches Vermögen kann ausschließlich der rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter verfügen, wenn er dazu ausdrücklich bevollmächtigt ist.62 Der Vermögensverwalter kann als Partei kraft Amtes klagen und verklagt werden.63

den Wohnort des Verschollenen abstellt. Wie hier Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  244. 54  Für diese kumulative Voraussetzung zutreffend Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  45; Pavlova, Sobstvenost i pravo 2014, №  3, 48, 49. 55  Dass die Ehegatten getrennt in unterschiedlichen Staaten leben und keinen Kontakt zu­ einander mehr pflegen, begründet keinen Antrag auf Verschollenheitserklärung gem. Art.  8 bulgGPF; vgl. Sofioter Stadtgericht, Urt. №  4359 v. 10.6.2013 i. d. Rs. №  2460/2013 – ciela. 56  Nach Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  245, setzt die gerichtliche Bestimmung des Vermögensverwalters dessen Zustimmung voraus. Erst mit deren Erteilung entstehe ein auftragsähnliches Schuldverhältnis. 57  Das Rayongericht ist mit dem deutschen Amtsgericht vergleichbar. Zum Gerichtsaufbau s. Einleitung, §  2. A. III. 1. 58  Gemeint sind in erster Linie eventuelle Erben und Gläubiger des Verschollenen, Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  46; Pavlova, Sobstvenost i pravo 2014, №  3, 48, 50. 59  Art.  8 bulgGPF und die dort geregelte Vermögensverwalteranordnung ähnelt der Abwesenheitspflegschaft nach §  1911 Abs.  1 BGB. Zu beachten ist, dass der Begriff der Abwesenheit i. S. v. §  1911 Abs.  1 BGB eine Verschollenheit i. S. des §  1 VerschG nicht verlangt. Als Vor­ sorgemaßnahme unterfällt die Abwesenheitspflegschaft nach §  1911 BGB dem Art.  24 Abs. III EGBGB; vgl. MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  9 EGBGB, Rn.  16. 60  Also bei Minderjährigen und entmündigten Personen; vgl. Tadzher, Grazhdansko pravo-­ Obshta chast, S.  46. 61  Für den Zeitraum der Ungewissheit des Lebens oder des Todes, also solange ein Verschollener nicht für tot oder abwesend erklärt wurde oder als tot vermutet werden kann, kommt nach deutschem Sachrecht in Betracht eine Abwesenheitspflegschaft gem. §  1911 BGB (Zuständigkeit deutscher Gerichte beurteilt sich nach §  104 FamFG) oder eine Nachlasspflegschaft gem. §  1960 BGB (Zuständigkeit deutscher gerichtet richtet sich nach §§  105, 343 FamFG); siehe MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  9 EGBGB, Rn.  16; OLG Düsseldorf, StAZ 2012, 86 = Rpfleger 2012, 36. 62 So Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  47 f. 63  Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  245; Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  47.

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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bb) Zweite Stufe Zweite Stufe ist die Verschollenheitserklärung (Artt.  9 ff. bulgGPF). Ein gerichtlicher Ausspruch ist indes nicht Voraussetzung für die Todesfeststellung, vgl. Art.  14 Abs.  2 bulgGPF.64 Zum geschützten Personenkreis gehören der Verschollene und seine Erben.65 Voraussetzung ist eine Abwesenheit des Betroffenen von mindestens einem Jahr seit der letzten Nachricht über ihn/von ihm (Art.  9 Abs.  1 S.  1 bulgGPF). Zuständig ist das Rayongericht am letzten Wohnort oder, mangels eines solchen, dasjenige am letzten Aufenthaltsort des Verschollenen. Eine Vermutung für den Tod des für verschollen Erklärten begründet die Verschollenheitserklärung indessen nicht. Sie löst auch nicht seine Ehe auf. Die wichtigste Rechtsfolge der Verschollenheitserklärung besteht darin, dass die (gesetzlichen bzw. testamentarischen) Erben auf ihren Antrag hin provisorisch in den Besitz des unbeweglichen Nachlasses eingewiesen werden können. Damit können sie den Nachlass verwalten, insbesondere Nutzungen ziehen und behalten können. Grundstücksbezogene Rechtsgeschäfte66 dagegen unter den Erben selbst oder mit Dritten bedürfen stets der gerichtlichen Einwilligung. Mit der Einweisung der Erben in den vorläufigen Besitz des unbeweglichen Nachlasses – also nicht schon mit der Rechtskraft der gerichtlichen Verschollenheits­ erklärung – erlischt zugleich das Amt des Vermögensverwalters bzw. die gesetzliche/rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (Art.  10 Abs.  1 bulgGPF). Rechte, die durch den Tod des Verschollenen bedingt sind, können die Erben und der jeweilige Rechtsinhaber gem. Art.  12 Abs.  1 bulgGPF vorläufig ausüben.67 Ist der Verschollene am Leben, so hat er einen Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen, welche die vorläufig in den unbeweglichen Nachlass eingewiesenen Erben nach der Geltendmachung des Herausgabeanspruchs gezogen haben (Art.  13 Abs.  1 bulgGPF).68 64 

Kornezov, Grazhdansko sadoproizvodstvo, Bd.  II, S.  487. L. Vasilev, Grazhdansko pravo-Obshta chast S.  105. 66  Verpflichtende wie dingliche nach deutscher Terminologie. 67  Es existiert keine gesetzliche Regelung, wie mit dem beweglichen Vermögen des Verschollenen zu verfahren ist. Ob man in diesem Fall Art.  10 Abs.  1 bulgGPF analog anwendet und die Erben vorläufig auch in den Besitz des beweglichen Vermögens einweist, wird in der Literatur, soweit ersichtlich, nicht diskutiert; Rechtsprechungshinweise fehlen. Für die Analogie spricht Art 12 Abs.  1 bulgGPF. Die Vorschrift sieht eine vorläufige Ausübung von Rechten – welcher Art immer – durch Rechtsinhaber vor, deren Rechte durch den Tod des Verschollenen bedingt sind. Ein einleuchtender Grund, den – nur – „bedingten“ Rechtsinhaber stärker zu schüt­zen als den unbedingten, ist nicht erkennbar. Dann aber kann für den Letzteren nichts anderes gelten als für den Ersteren. 68  Konsequent ist Art.  13 Abs.  1 bulgGPF auf gezogene Nutzungen des beweglichen Nachlasses des für verschollen Erklärten analog anzuwenden. 65 

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cc) Dritte Stufe Nach Ablauf von fünf Jahren69 seit der letzten Nachricht – und nicht seit der Rechtskraft der gerichtlichen Verschollenheitserklärung70 – setzt die dritte und letzte Stufe an. Hier kann schließlich auf Antrag des Staatsanwalts oder eines Interessenten die gerichtliche Todeserklärung ausgesprochen werden (Art.  14 Abs.  1 bulgGPF).71 In diesem letzten Verfahrensstadium sollen ausschließlich die Erben geschützt werden.72 Der Richter am Rayongericht bestimmt in seiner Entscheidung zugleich den Todestag und nach Möglichkeit auch den Zeitpunkt des vermuteten Todes. Grundsätzlich nimmt er den Tag der letzten Nachricht über die verschollene Person als Todestag an, sofern nicht eindeutige Anhaltspunkte für einen anderen Zeitpunkt sprechen (Art.  16 bulgGPF). Erst mit Rechtskraft der Todeserklärung treten gem. Art.  17 bulgGPF die rechtlichen Wirkungen des festgestellten Todes ein. Zu einem endgültigen Vermögensübergang auf die Erben führt das indes nicht in allen Fällen. Stellt sich nämlich heraus, dass der für tot Erklärte am Leben ist, so kann er Grundbesitz vindizieren, über den der Erbe/die Erbengemeinschaft ohne Gegenleistung verfügt hatte. Er kann zudem bei Veräußerung von Grundbesitz mit Gegenleistung das herausverlangen, was der Erbe als Gegenleistung erlangt hatte.73 Ferner kann er den noch offenen Kaufpreis für sich fordern, den der Käufer für einen bereits getätigten grundstücksbezogenen Kaufvertrag schuldet (Art.  18 Abs.  1 lit.  a bulgGPF).74 Scheitert der gutgläubige Erwerb einer Immobilie75 daran, 69  Eine zweijährige Abwesenheit sieht dagegen das Gesetz in Art.  15 bulgGPF vor, wenn die Person bei Kriegsmaßnahmen verschollen ist oder bei einem sonstigen Ereignis, welches die Vermutung ihres Versterbens begründet. 70  Nach Art.  14 Abs.  2 bulgGPF ist diese ja nicht fest vorgeschrieben. 71  Die einzelnen Stufen stehen nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander: Die vorherige Stufe muss also nicht etwa durchlaufen worden sein, damit die nächste zur Anwendung kommt. Anders ausgedrückt: Die Todeserklärung setzt nicht eine Verschollenheitserklärung voraus, und diese ihrerseits nicht eine Vermögensverwalterbestellung, vgl. Art.  14 Abs.  2 bulgGPF. 72  L. Vasilev, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  105. 73  Ob sich dabei um einen schuldrechtlichen Anspruch handelt oder um einen Fall – in deutscher Terminologie – dinglicher Surrogation bzw. – in bulgarischer Terminologie – Vermögenstransformation, ist dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu entnehmen: „[…] kann […] verlangen“. Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  53, bejaht die Vermögenstransformation. Dafür spricht, dass das deutsche Trennungs- und Abstraktionsprinzip dem bulgarischen Recht unbekannt ist. Der Eigentumserwerb tritt vielmehr mit Abschluss des Rechtsgeschäfts ein (z. B. des notariellen Kaufvertrags); die Eintragung ins Grundbuch wirkt nur deklaratorisch; vgl. eingehend Venedikov, Dogovori, S.  24–33. 74  Die Erlösrealisierung nach Art.  18 Abs.  1 lit.  a Var.  4 bulgGPF kommt dem Regelungsgegenstand des §  816 Abs.  1 S.  1 BGB nahe. 75  Einen gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten bei Veräußerung unbeweglicher Sa-

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dass der Erwerber im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs (d. h. – im Gegensatz zum deutschen Recht – zur Zeit des Abschlusses des notariellen Kaufvertrags) positive Kenntnis76 davon hatte, dass der für tot Erklärte noch am Leben ist, so steht dem vermeintlich Verstorbenen ein Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks zu (Art.  18 Abs.  1 lit.  b bulgGPF). Die durch Todeserklärung begründete Todesvermutung erstarkt dagegen zur Fiktion, wenn der nur vermeintliche Erbe zugunsten eines gutgläubigen Dritten über das Vermögen des für tot Erklärten verfügt. Anders ausgedrückt: Hat der vermeintliche Erbe zugunsten eines gutgläubigen Dritten verfügt, so gilt das Rechtsgeschäft auch gegenüber der fälschlich für tot erklärten Person.77 Beim rechtlichen Bestand der Ehe gibt es kein Zurück: gemäß Art.  18 Abs.  2 bulgGPF gilt die Ehe mit Rechtskraft der Todeserklärung als beendet. c) Sachlicher Anwendungsbereich aa) Allgemeines Das von Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB berufene Recht regelt Voraussetzungen und Folgen der gerichtlichen/behördlichen Maßnahmen sowie die sich daraus ergebenden oder isoliert kraft Gesetzes eintretenden Lebens- und Todesvermutungen. Fraglich ist nun, was unter „Folgen“ zu verstehen ist. Sind nur die unmittelbar mit einer Verschollenheits- oder Todeserklärung zusammenhängenden Wirkungen gemeint? Oder sind auch die mit ihnen verbundenen ehe-, kindschafts- und erbrechtlichen Folgen erfasst? Eine Antwort darauf kann der Norm nur nach ihrem Sinn und Zweck entnommen werden. Die Regelung des Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB will eine verschollene Person trotz unterschiedlicher Wirkungsstatute einheitlich behandeln, also entweder als noch lebend oder als bereits tot. Das nach Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB maßgeb­ liche Recht betrifft deswegen nur die unmittelbar für die Person eintretenden Wirkungen ihrer Verschollenheits- oder Todeserklärung (bspw. ihre Todesverchen kennt das bulgarische Sachenrecht in drei Formen: Gemäß Art.  113 Abs.  1 bulgEigentumG (näher dazu 3.  Teil, §  2. C. VII. 2.), nach Art.  79 leg.cit. (kraft Ersitzung nach 5 Jahren ununterbrochenen Eigenbesitzes bei Gutgläubigkeit [Abs.  2] bzw. nach 10 Jahren ohne Rücksicht auf den guten Glauben [Abs.  1]) und in der hier behandelten Konstellation nach Art.  18 Abs.  1 lit.  b bulgGPF. Ausführlich zum Ganzen (bis auf den letzten Fall) Venedikov, Dogovori, S.  24–31, v. a. S.  27, 31–33. Den gutgläubigen Erwerb beweglicher Sache regeln Artt.  78 und 80 bulgEigentumG; siehe hierzu NK-BGB/Draganova/Schmitz, Bd.  3, Länderbericht Bulgarien, Rn.  72–74. 76  Grobe Fahrlässigkeit schadet also nicht; vgl. den eindeutigen Wortlaut des Art.  18 Abs.  1 lit.  b bulgGPF. 77  Im deutschen Recht ist das der Anwendungsbereich des §  2370 BGB i. V. m. §  9 Abs.  1 S.  1 VerschG.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

mutung). Welche sonstigen Konsequenzen sich hieraus für Rechtsbeziehungen des Verschollenen bzw. des für tot Erklärten (z. B. Ehe, Verträge) oder seine Beerbung ergeben, das unterliegt hingegen dem jeweiligen Wirkungsstatut, etwa dem Eheauflösungs-, dem Vertrags- oder dem Erbstatut.78 Eine Erstreckung der Wirkungen auch auf solche einem ausländischen Recht unterstehenden Rechtsverhältnisse würde einen nicht interessengerechten und zudem systemwidrigen Eingriff in den Regelungszusammenhang der jeweiligen Materie bedeuten. Wortlaut und Sinn des Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB sprechen für eine Gesamtverweisung. Diese Auslegung wird durch Art.  40 Abs.  2 bulgIPRGB bestätigt. Ein Renvoi ist gem. Art.  40 Abs.  3 bulgIPRGB zu beachten. bb) Verschollenheits- und Todeserklärung, insbes. Feststellung des Todes und des Todeszeitpunktes Schon nach dem Wortlaut des Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB erfasst die Vorschrift Voraussetzungen und Folgen der „Verschollenheits- und Todeserklärung“. Nach bulgarischem Recht als der lex fori entspricht dies dem soeben dargestellten System der Art.  8 ff. bulgGPF.79 cc) Weitreichender Anwendungsbereich In den Anwendungsbereich des Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB einzubeziehen sind sämtliche generell äquivalenten Regelungen, die mit der Verschollenheit und der Unsicherheit über den Todeszeitpunkt einer natürlichen Person im Zusammenhang stehen. Dazu zählen insbesondere Lebens- und Todesvermutungen.80 Das 78  BaRo/Mäsch, Art.  9 EGBGB, Rn.  5; Erman/Hohloch (2017), Art.  9 EGBGB, Rn.  3; MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  9 EGBGB, Rn.  12; Vischer, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, Art.  41 IRPG, Rn.  8. A. A. MüKo BGB/Birk (2010), Art.  9 EGBGB, Rn.  24 (Verschollenheitsstatut); anders nunmehr MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  9 EGBGB, Rn.  12 a. E. 79  Wohl in diesem Sinne ebenfalls Todorov, MCP, S.  168 f. 80  Diese Frage interessiert den deutschen IPR-Anwender doch sehr: Die von Art.  9 S.  1 EGBGB ausgesprochene Verweisung umfasst auch das Kollisionsrecht des betreffenden ausländischen Staates, so dass eine Rück- oder Weiterverweisung zu beachten ist. Kann die Todesvermutung im ausländischen IPR nicht einer besonderen Kollisionsnorm zugeordnet werden, so ist die Kolli­ sionsnorm derjenigen Materie anzuwenden, in welcher die Frage materiellrechtlich geregelt ist; vgl. BaRo/Mäsch, Art.  9 EGBGB, Rn.  4. In diesem Sinne aus bulgarischer Sicht ebenso ­Natov, Art.  55 bulgIPRGB, S.  311. A. A. MüKo BGB/Birk (2010), Art.  9 EGBGB, Rn.  11: Die Verweisung gehe ins Leere, weshalb das aus deutscher Sicht zu bestimmende Wirkungsstatut zur Anwendung komme; anders nun MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  9 EGBGB, Rn.  14. Knüpft man folglich – anders als hier vertreten – nicht an das Personalstatut gem. Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB an, so liegt es nahe, die erbrechtliche Kollisionsnorm des Art.  89 bulgIPRGB anzuwenden. Zwar sind die Verschollenheits- und die Todeserklärung nicht im bulgarischen Erbgesetz geregelt, sondern in Art.  8 ff. bulgGPF. Die sachliche Nähe zum Erbrecht überwiegt

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folgt aus der funktionellen Qualifikation nach Art.  39 Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 bulg­ IPRGB. (1) Lebens- und Todesvermutungen Ausdrücklich bestimmt Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB nur das anwendbare Recht für die Verschollenheits- und Todeserklärung; Lebens- und Todesvermutungen erwähnt er nicht. Wesentliche Rechtsfolge der Verschollenheit und der Todeserklärung sind aber gesetzliche Lebens- und Todesvermutungen, welche die Unsicherheit über Leben oder Tod einer verschollenen Person begrenzen oder beseitigen.81 Der Bestellung eines Vermögensverwalters gem. Art.  8 Abs.  1 bulgGPF und der Verschollenheitserklärung gem. Art.  9 bulgGPF liegt jeweils eine Lebensvermutung zugrunde, der Todeserklärung nach Art.  14 bulgGPF hingegen die Vermutung eingetretenen Todes.82 Daraus folgt: Stehen Lebens- und Todesvermutungen im Zusammenhang mit einem Verschollenheits- oder Todeserklärungsverfahren, so sind sie dem Anwendungsbereich des Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB – und nicht dem jeweiligen Wirkungsstatut – zuzuordnen. Indessen verlieren Lebens- und Todesvermutungen außerhalb solcher Verfahren nicht an Bedeutung. So z. B. kann der Tod als solcher (das Ob) gewiss, der Zeitpunkt (das Wann) aber ungewiss sein. Auch in dieser Konstellation ist die Frage nach Ob und Wann dem Heimatrecht des Betroffenen zu unterstellen. Richten sich sowohl die (allgemeine) Rechtsfähigkeit einer Person wie die sie betreffende Verschollenheits- und Todeserklärung83 nach dem Heimatrecht (und nicht nach dem Wirkungsstatut), so ist es nur konsequent, das Stadium zwischen diesen zwei Eckpunkten – dem Erwerb der (allgemeinen) Rechtsfähigkeit einerseits und ihrem Verlust andererseits – eben nach dem Heimatrecht zu beurteilen. Für diese Auffassung spricht ferner die Erwägung, dass die durchschnittliche Lebensdauer eines Menschen weltweit unterschiedlich ist. Man überlässt es darum am besten dem Heimatrecht einer Person, gesetzliche Vermutungen über ihre

aber, was sich insbesondere am Schutzzweck der Artt.  8 ff. bulgGPF feststellen lässt. Danach werden auch (2. Stufe) oder ausschließlich (3. Stufe) die Erben geschützt. 81  Vgl. MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  9 EGBGB, Rn.  57. 82  S.a. Art.  16 Abs.  1 bulgGPF, wonach das Gericht Tag und Uhrzeit des „vermuteten“ Todes zu bestimmen hat. Die Vorschrift begründet eine Vermutung hinsichtlich des Todeszeitpunktes, d. h. des Tages und der Uhrzeit, die jederzeit revidierbar ist. 83  Also die Frage nach dem physischen Leben einer Person als Voraussetzung ihrer recht­ lichen Existenz.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

Lebensdauer aufzustellen.84 Da der Erbfall durchweg an den Untergang der Rechtsfähigkeit des Erblassers als seinem rechtlichen Tod geknüpft ist, liegt es nahe, eine entsprechende Vermutung über sein Ableben dem Statut der Rechts­ fähigkeit zu entnehmen.85 Dagegen erscheint es nicht angebracht, das Erbstatut zu berufen. Zwar kann das Erbstatut als Wirkungsstatut die Voraussetzungen für den Erbschaftserwerb nach seinem Gutdünken festsetzen und z. B. denjenigen zur Erbschaft berufen, welcher den Erbfall nachweislich überlebt hat. Dabei kann es diesen Nachweis nur durch von ihm selbst aufgestellte Vermutungen ersetzen lassen. Tut es das aber nicht – wie das bulgarische Sachrecht eben -, so zwingt nichts zu der Annahme, das Erbstatut beanspruche die Geltung seiner eigenen Lebens- und Todesvermutungen auch bezüglich ausländischer Personen, nur weil es sie zu einer Erbschaft nach eigenem Recht beruft.86 Anders gesagt: Das Wer87 der Erbschaftsberufung unterliegt dem Erbstatut, das Ob88 der Erbenberufung dagegen dem Personalstatut. Beispiel:89 Ein unverheirateter und kinderloser Bulgare mit gewöhnlichem Aufenthalt in Bulgarien stirbt im Jahr 2012. Er hinterlässt ohne letztwillige Verfügung Vermögen in Bulgarien. Nächster Verwandter ist seine Schwester. Diese wohnt und lebt in Deutschland. Dort hat sie unter Aufgabe der bulgarischen die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Sie beantragt einen bulgarischen Erbschein, geht als Ärztin der Deutschen Bundeswehr nach Afghanistan und ist seit 15 Monaten verschollen. Wird die zuständige Behörde in Bulgarien den Erbschein erlassen? Der Erbschein wird erteilt, wenn die Schwester Erbin ist. 1) Nach Art.  89 Abs.  1 bulgIPRGB unterliegt die Erbfolge in bewegliche Sachen dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers zur Zeit seines Todes, die in unbewegliche Sachen dem Belegenheitsort. Der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers befand sich im Todeszeitpunkt in Bulgarien; dort sind seine Immobilien belegen. Erbstatut ist damit bulgarisches Recht, für den beweglichen wie unbeweglichen Nachlass. 84 

Staudinger/Firsching (1991), Vorb. zu Art.  24–26 EGBGB, Rn.  35. Vgl. Soergel/Kegel (1983), Vor Art.  24 EGBGB, Rn.  7, 11; Erman/Hohloch, (2014) Art.  25 EGBGB, Rn.  22; Staudinger/Dörner (2007), Art.  25 EGBGB, Rn.  24, 79. 86  So zutreffend Staudinger/Firsching (1991), Vorb. zu Art.  24–26 EGBGB, Rn.  35; Staudinger/Dörner (2007), Art.  25 EGBGB, Rn.  93 ff.; BaRo/Lorenz, Art.  25 EGBGB, Rn.  23; Soergel/Schurig (1996), Art.  25 EGBGB, Rn.  23. A. A. KG, NJW 1958, 24; FamRZ 1966, 210; LG Frankenthal, RzW 1962, 277; MüKo BGB/Birk (2006), Art.  25 EGBGB, Rn.  194; ders., a. a. O. (2010), Art.  9 EGBGB, Rn.  47, und nunmehr MüKo BGB/Dutta (2015), Art.  25 EGBGB, Rn.  193; anders MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  9 EGBGB, Rn.  64. 87  Also welche Personen aus einem Personenkreis überhaupt als Erben berufen sind. 88  Also die konkret aus dem bestimmten Personenkreis als Erbe berufene Person. 89  Weitere Beispiele bei Staudinger/Firsching (1991), Vorb. zu Art.  24–26 EGBGB, Rn.  35 a. E. 85 

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2) Gemäß Art.  8 Abs.  1 bulgErbG ist die Schwester als gesetzliche Erbin berufen. Ihre Berufung als gesetzliche Erbin setzt voraus, dass sie den Erbfall erlebt. Es handelt sich um eine Vorfrage. Diese ist gem. Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB gesondert anzuknüpfen. Da die Schwester die ausschließliche deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, ist für die Frage, ob sie noch als lebend zu vermuten ist, deutsches Recht und damit §  10 i. V. m. §  9 Abs.  3, §  4 VerschG anzuwenden. Die bulgarischen Regelungen der Artt.  8 ff. bulgGPF scheiden folglich aus. Nach den in §  10 i. V. m. §  9 Abs.  3 und 4 VerschG genannten Zeitpunkten, im vorliegenden Fall 1 Jahr, entsteht ein Vakuum. Es wird weder Leben noch Tod vermutet.90 Darum ist nach allgemeinen Beweisgrundsätzen zu entscheiden. Ob der Erbschein erlassen wird, hängt davon ab, wie die Beweislage zu würdigen ist. 3) Anders würde man entscheiden, wenn man die Vorfrage unselbständig anknüpfte, also nach dem Recht der Hauptfrage (hier: Erbstatut).91 Dann wäre nämlich bulgarisches Sachrecht berufen. Damit anwendbar wären auch Artt.  8 ff. bulgGPF. Nach Art.  15 bulgGPF kann der Tod erst nach Ablauf von zwei Jahren seit Beendigung eines Kriegszustandes gerichtlich erklärt werden. Bis dahin wird die Schwester deshalb als lebend vermutet. Damit sind sie und ihre potentiellen Erben beweisrechtlich bessergestellt; der Erbschein müsste erlassen werden.

(2) Kommorienten92 Ob eine natürliche Person den Erbfall erlebt und damit zur Erbfolge berufen sein kann, hängt bei einem gleichzeitigen Versterben mehrerer Personen von den Rechtswirkungen der sog. Kommorientenvermutung ab.93 Diese greift ein, wenn eine bestimmte Reihenfolge der Todesfälle nicht sicher nachweisbar ist. Die Kommorientenvermutung ist im deutschen und bulgarischen Sachrecht unterschiedlich geregelt. §  11 VerschG vermutet für das deutsche Recht das gleichzeitige Versterben zweier für tot erklärter Verschollener oder zweier bei einem Ereignis ums Leben gekommener Menschen.94 Art.  10a bulgErbG95 da90 

Kegel/Schurig, IPR, §  17 I 1 f aa, S.  549; MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  9 EGBGB, Rn.  59. Dafür aus deutscher Sicht MüKo BGB/Dutta, Art.  25 EGBGB (2015), Rn.  20; i. Erg. übereinstimmend BaRo/Lorenz, Art.  25 EGBGB, Rn.  24; beide m. w. N. 92  Die Kommorientenvermutung wird in der bulgarischen IPR-Lehre nur sporadisch behandelt. Ältere Literarturstimmen unterstellen sie dem Erbstatut; vgl. Todorov, Pravootnoshenia, S.  319, Tz.  150 a. Neuere gibt es (noch) nicht. 93  Hierzu ausführlich Jayme/Haack, ZVglRWiss 84 (1985), 80 ff. 94  Den gleichzeitigen Tod nehmen u. a. an Italien (Art.  4 italCc), die Niederlande (Art.  4:1.2 BW) und die Schweiz (Art.  32 Abs.  2 schweizZGB). 95  Aus der systematischen Stellung des Art.  10a bulgErbG im 2.  Kapitel „Gesetzliche Erb­ folge“ folgt, dass die Vorschrift nur gleichzeitig Versterbende erfasst, die gegenseitig als gesetz­ liche Erben in Betracht kommen. Vom unmittelbaren Anwendungsbereich ausgenommen ist hingegen die gewillkürte Erbfolge. In solcher Konstellation ist Art.  10a bulgErbG analog anzuwenden. In Konsequenz dazu ist dem Testierenden die Möglichkeit zu eröffnen, die Geltung des Art.  10a bulgErbG durch eine ausdrückliche Bestimmung im Testament auszuschließen. 91 

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gegen nimmt eine zeitliche Abfolge dahin an, dass die ältere Person als vorverstorben gilt.96 Das ist eine Vermutung auf der Rechtsfolgenseite.97 Sie ist durch den Beweis des Gegenteils widerlegbar.98 Nach h. M. stellt Art.  10a bulgErbG entgegen seiner systematischen Stellung eine prozessuale Beweisvorschrift dar.99 Deshalb greift er auch bei Alt-Erbfällen ein, d. h. wenn der Erbfall vor Inkrafttreten der Regelung im Jahr 1997 eingetreten ist.100 Der Vergleich beider Regelungen zeigt: Während §  11 VerschG das Vermögen möglichst in der Familien belassen will, aus der es stammt, zielt Art.  10a bulgErbG darauf, die Rechtsnachfolge von Todes wegen zwischen zwei Personen selbst dann zu bestimmen, wenn die Reihenfolge ihres Todeseintritts ungewiss ist.101 Der bulgarische Gesetzgeber geht vom Postulat der Lebensstärke und -fähigkeit eines jüngeren Menschen aus; das Geschlecht spielt dabei keine Rolle. (a) Neufälle Für Erbfälle ab dem 17.8.2015 ist Art.  32 EuErbVO vorrangig anwendbar, für Bulgarien und Deutschland. Hiernach ist das Erbrecht zweier oder mehrerer Personen bei ungewisser Reihenfolge ihres Todes wechselseitig ausgeschlossen, wenn sich die Kommorientenvermutungen der beteiligten Rechtsordnungen widersprechen. Gleiches gilt, wenn die beteiligten Rechte diesen Sachverhalt nicht

96  Eine ähnliche Vermutungsregel stellten bis zum 31.6.2002 Artt.  720–722 des französischen Code Civil auf (s. nur NK-BGB/Frank (2018), Bd.  5, Länderbericht Frankreich, Rn.  64). Die neue Regelung des Art.  725-1 franz. CC geht dagegen von einem gleichzeitigen Tod aus, wenn nicht beweisbar ist, ob von mehreren verstorbenen Personen die eine die andere überlebt hat. Gleichwohl bleibt nach Abs.  3 dieser Vorschrift ein Eintritt durch Abkömmlinge des Verstorbenen nach allgemeinen Grundsätzen möglich. 97  Bezirksgericht Veliko Tarnovo, Urt. v. 8.2.2007 i. d. Rs. №  732/2006 – ciela. 98  Stavru/Petrov, Diskusii v bulgarskoto nasledstveno pravo, Bd.  I, S.  69, 73. 99  Stavru/Petrov, Diskusii v bulgarskoto nasledstveno pravo, Bd.  I, S.  69, 74 m. w. N. zur Gegenansicht (reine materiellrechtliche Regelung). 100  Sofioter Stadtgericht, Urt. v. 11.2.2013 i. d. Rs. №  9577/2012 – ciela. 101  In diesem Sinne Stavru/Petrov, Diskusii v bulgarskoto nasledstveno pravo, Bd.  I, S.  69, 71 f. Nach ihnen ist eine Regelung gleichzeitigen Versterbens überflüssig und sogar unzweckmäßig. Überflüssig sei sie, weil man zum gleichen Ergebnis schon mit den Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast gelange: Könne etwa der Erbe von A nicht den Beweis dafür führen, dass der Tod des B vor dem des A eingetreten sei, so müsse das Gericht nach Art.  154 Abs.  1 bulgZPO annehmen, dass B nicht vorverstorben sei oder jedenfalls B und A gleichzeitig verstorben seien. Nicht zweckmäßig sei eine solche Regelung, weil sie die Interessen der Erben vernachlässige. Art.  154 Abs.  1 bulgZPO lautet: „Jede Partei muss die Tatsachen beweisen, auf welche sie ihre Forderungen oder Einwendungen stützt.“ (eigene Übersetzung).

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oder unterschiedlich regeln. Die Rechtsfolge des Art.  32 EuErbVO102 entspricht folglich der der deutschen Sachnorm in §  11 VerschG.103 (b) Altfälle Für Erbfälle bis einschließlich 16.8.2015 ist dagegen Art.  55 bulgIPRGB anwendbar. Bei der Kommorientenvermutung handelt es sich sowohl um echte Lebensund Todesvermutung wie um bloße Todeszeitpunktvermutung. Wegen des engen sachlichen Zusammenhangs sind beide nach hiesiger Auffassung Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB zu unterwerfen. (aa) Die bulgarische Lehre Anders qualifiziert die bulgarische Lehre. Ihr Argument erhebt sich aus der Systematik des Gesetzes. Einesteils hat die Kommorientenvermutung ihren gesetz­ lichen Niederschlag nicht in den Vorschriften über die Verschollenheits- und Todeserklärung (Artt.  8 ff. bulgGPF) erfahren, sondern eben im bulgErbG gefunden. Andernteils unterstellt Art.  91 bulgIPRGB sowohl den Kreis der Erben (Nr.  2 Alt.  1) wie die Erbfähigkeit (Nr.  4) dem Erbstatut. Deshalb könnte man meinen, die Kommorientenvermutung sei erbrechtlich zu qualifizieren.104 Denn – so könnte man weiter argumentieren – der Kreis der Erben schließe ein, wer nach dem Erbstatut als Erbe berufen sei. Als Erbe berufen könne aber nur sein, wer den Erbfall – sei es auch mittels einer gesetzlichen Vermutungsregel – erlebt habe.105 Die Argumentation überzeugt nicht. Das Erbstatut regelt für alle in einer Gefahr umgekommenen Personen, welche von ihnen zum Erben des anderen beru102  Die Norm ist angelehnt an Art.  13 des Haager Übereinkommens über das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht v. 1.8.1989 (nicht in Kraft); vgl. Dutta, FamRZ 2013, 4, 11. 103  Einzelheiten und Streitfragen im Rahmen des Art.  32 EuErbVO behandelt Köhler, in: Gierl et al., IntErbR, §  4, Rn.  162–164 (mit Beispielen). 104  So die Lehre vor dem Inkrafttreten des bulgIPRGB; siehe (ohne Begründung) Todorov, Pravootnoshenia, S.  319, Tz.  150 a. In diese Richtung vom Standpunkt des deutschen IPR MüKo BGB/Birk (2010), Art.  9 EGBGB, Rn.  47 a. E.; ders., a. a. O. (2010), Art.  25 EGBGB, Rn.  196; ihm folgend MüKo BGB/Dutta (2015), Art.  25 EGBGB, Rn.  193 m. w. N.; wohl auch OLG Köln, DNotZ 1993, 173; Kropholler, IPR, 3.  Aufl., §  42 III; anders (nun) Kropholler, IPR, §  42 III 1, S.  323; MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  9 EGBGB, Rn.  63; Rauscher, IPR, Rn.  612. Ausf. Staudinger/Dörner (2007), Art.  25 EGBGB, Rn.  92 ff. 105  Wohl in diese Richtung Stancheva-Mincheva, Art.  91 bulgIPRGB, S.  315. Zweideutig Tasev, Nasledstveno pravo, S.  208: Das anwendbare Recht über die Teilung der Erbschaft sei auch mit der Feststellung des Todes eines bulgarischen Staatsangehörigen verbunden.

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fen ist, d. h. wer vom Kreis der Erben überhaupt umfasst ist. Nur insoweit gilt Art.  91 Nr.  2 Alt.  1 bulgIPRGB. Ob aber der so als Erbe Berufene aus dem Kreis auch als Erbe erstehen, also seiner Berufung folgen kann oder nicht – weil er als gleichzeitig oder vorher vorverstoben gilt -, das kann nur nach dem eigenen Statut des potentiellen Erben, dem Personalstatut entschieden werden.106 Ein Widerspruch zu Art.  91 Nr.  4 bulgIPRGB (Erbfähigkeit) entsteht dabei nicht. Denn hier geht es um ein der Erbfähigkeit vorgelagertes Rechtsproblem. Erst wenn feststeht, dass der nach dem Erbstatut als Erbe Berufene den Erbfall nach seinem Personalstatut überlebt hat, kann man sich der nachgelagerten Frage widmen, ob er denn zur Zeit des Erbfalls nach dem Erbstatut (erst jetzt kommt sonach Art.  91 Nr.  4 bulgIPRGB zum Zuge) erbfähig war. (bb) Beispielsfall Die Anwendung beider Auffassungen soll an einem Beispiel erprobt werden:107 Beispiel: Ein 65-jähriger Deutscher und seine 61-jährige bulgarische Ehefrau, beide kinderlos und mit Lebensmittelpunkt in Deutschland, kommen im Jahre 2014 gemeinsam auf einer Bergwanderung um. A. Lösung, wenn man die Todesvermutung dem Personalstatut unterwirft (hiesige Ansicht) I. Beerbung des Ehemannes 1) Vorrangiges Kollisionsrecht gibt es nicht, insbesondere greifen Artt.  20 f., 23, 32 EuErbVO nicht ein, da der Erbfall vor dem 17.8.2015 eingetreten ist (Art.  83 Abs.  1 EuErbVO). 2) Erbstatut für den Ehemann mit deutscher Staatsangehörigkeit ist gem. Art.  25 Abs.  1 EGBGB deutsches Recht. 3) Nach deutschem Recht ist die Ehefrau zur Erbschaft berufen (§  1931 BGB). Dieser Berufung zur Erbschaft folgt sie auch, d. h. sie beerbt ihren Ehemann. Denn als bulgarische Staatsangehörige wird sie nach ihrem Personalstatut (bulgarischem Recht) als die Überlebende vermutet, weil sie eben jünger ist (Art.  10a bulgErbG108).

106  So bereits Frankenstein, IPR, Bd.  IV, S.  383; Staudinger/Firsching (1991), Vorb. zu Art.  24–26 EGBGB, Rn.  41. 107  S.a. die Beispiele bei Staudinger/Dörner (2007), Art.  25 EGBGB, Rn.  94 ff.; Staudinger/ Firsching (1991), Vorb. zu Art.  24–26 EGBGB, Rn.  42. 108  Dem Wortlaut des Art.  10a bulgErbG kann man nicht entnehmen, dass die betreffenden Personen in gemeinsamer Gefahr umgekommen sein müssen. Aus der systematischen Stellung der Norm lässt sich ein Argument – sei es pro oder contra – nicht gewinnen. Um der ratio legis jedoch zu genügen, Klarheit über die Erbfolge zu verschaffen, wird man ausreichen lassen, wenn die verschiedenen Todesereignisse lediglich zeitlich zusammenfallen und auch nur einer der Todeszeitpunkte nicht feststellbar ist, während der andere bestimmbar bleibt. A. A. offenbar Stavru/Petrov, Diskusii v bulgarskoto nasledstveno pravo, Bd.  I, S.  69, die von einem „gemeinsamen“ Unglücksfall sprechen.

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Zwischenergebnis: Die Frau beerbt ihren Ehemann. II. Beerbung der Ehefrau 1) Die Ehefrau hingegen wird nach bulgarischem Recht beerbt (Art.  25 Abs.  1 EGBGB), sofern es um ihr unbewegliches Vermögen in Bulgarien geht (Nachlassspaltung gem. Art.  89 Abs.  2 bulgIPRGB). Unter den nach bulgarischem Erbrecht als Erben Berufenen befindet sich ihr deutscher Ehemann (vgl. Art.  9 bulgErbG). Indessen scheidet er als gesetzlicher Erbe aus, weil er nach seinem Personalstatut als gleichzeitig verstorben gilt (§  11 VerschG). Deswegen kann er seine Ehefrau nicht beerben. 2) Nichts anderes ergibt sich für die Erbfolge in das bewegliche Vermögen der Ehefrau und ihr in Deutschland belegenes Immobiliarvermögen. Erbstatut ist zwar deutsches Recht. Denn die Erbfolge in das bewegliche Vermögen der Ehefrau beurteilt sich nach dem Recht des Staates, in dem sie zur Zeit ihres Todes den gewöhn­ lichen Aufenthalt hatte (Art.  89 Abs.  1 bulgIPRGB). Es findet also eine Rückverweisung auf deutsches Recht statt; dieses nimmt sie an (Art.  4 Abs.  1 S.  2 EGBGB). Nach seinem (deutschen) Personalstatut wird der Ehemann jedoch als gleichzeitig verstorben vermutet (§  11 VerschG). Ergebnis: Die Frau beerbt ihren Ehemann. Dieser beerbt aber seine Ehefrau nicht. B. Lösung, wenn man die Todesvermutung dem Erbstatut unterwirft (Ansicht der h. M. in Bulgarien) Das Ergebnis ändert sich, wenn man die Todesvermutung nicht dem Personal-, sondern dem Erbstatut unterstellt. I. Beerbung des Ehemannes Erbstatut für die gesetzliche Erbfolge des deutschen Ehemannes ist deutsches Recht (Art.  25 Abs.  1 EGBGB). Die Ehefrau ist danach gesetzliche Erbin. Sie kann ihren Ehemann aber nicht beerben, weil sie nach dem maßgeblichen Erbstatut gem. §  11 VerschG als mit ihm gleichzeitig verstorben vermutet wird. II. Beerbung der Ehefrau 1) Die gesetzliche Erbfolge in das in Bulgarien belegene unbewegliche Vermögen der bulgarischen Ehefrau richtet sich nach bulgarischem Recht. Nach diesem wird die Ehefrau von ihrem Ehemann nach bulgarischem Erbrecht als dem Erbstatut ebenfalls nicht beerbt, da der Mann gem. Art.  10a bulgErbG als vorverstorben vermutet wird. 2) Erbe in das bewegliche Vermögen der Ehefrau wird der Mann auch nicht, denn er wird – nunmehr nach deutschem Recht als dem Erbstatut – gem. §  11 VerschG als gleichzeitig verstorben vermutet. Ergebnis: Die Ehegatten beerben sich gegenseitig nicht, sind also aus dem Erbgang des jeweils anderen ausgeschlossen. Die jeweiligen Verwandten des Mannes und der Frau erben je getrennt und allein.

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(cc) Schlussfolgerungen Das Beispiel verdeutlicht: Besitzen die Kommorienten unterschiedliche Nationalitäten, so können unterschiedliche Vermutungsregeln Platz greifen mit wiederum unterschiedlichen materiellrechtlichen Ergebnissen. Ein Normenwiderspruch liegt trotzdem nicht vor. Das Resultat der Rechtsanwendung in solchen Fällen – der vermutungsweise überlebende Ehegatte beerbt seinen vermutungsweise vorverstorbenen Ehepartner – ist keineswegs befremdlich.109 Ein lebzeitiges Vertrauen eines Kommorienten darauf, dass beim Mitversterben die Personalstatute inhaltsgleiche Vermutungsregeln aufstellten, wird genausowenig geschützt wie die Erwartung, das Erbstatut des Ehepartners sehe eine dem eigenen Erbstatut entsprechende Nachlassbeteiligung vor.110 109  Bei Todeseintritt nach dem 16.8.2015 hätte im Ergebnis keiner der verstorbenen Ehepartner einen Anspruch auf den Nachlass des jeweils anderen (Art.  32 EuErbVO). Die angesprochenen Problemkreise müssen aber trotzdem behandelt werden. Denn Anwendungsvoraussetzung für Art.  32 EuErbVO ist eine Anpassungslage, die konkret aus der kumulierten Anwendung sich widersprechender bzw. unterschiedlicher (so Dutta, FamRZ 2013, 4, 11) Todesvermutungen resultieren (Köhler, in: Gierl et al., IntErbR, §  4, Rn.  163 m. Nachw. zur Gegenansicht). Nach Art.  21 Abs.  1 EuErbVO unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in welchem der Erblasser im Augenblick seines Todes den gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die Ehegatten hatten ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland. Erbstatut ist daher für jeden von ihnen deutsches Recht. Gemäß §  1923 Abs.  1 BGB kann nur derjenige erben, der den Erblasser überlebt. Das setzt die Feststellung des jeweiligen Todeszeitpunkts voraus. Ist eine solche nicht möglich, so ist nach gesetzlichen Vermutungsregeln Ausschau zu halten. Diese sind dem Personalstatut der als Erbe in Betracht kommenden Person zu entnehmen. Es handelt sich also um eine Vorfrage, die auch im Anwendungsbereich der EuErbVO selbstständig anzuknüpfen ist (Köhler, in: Gierl et al., IntErbR, §  4, Rn.  146–148 m. w. N. zur Gegenmeinung). Für die Beerbung des Ehemannes ist demzufolge nicht auf §  11 VerschG abzustellen, sondern auf Art.  10a bulgErbG. Denn die gem. §  1923 Abs.  1 BGB als Erbe berufene Ehefrau hatte die bulgarische Staatsangehörigkeit inne. Das bulgarische Erbrecht vermutet sie als die Überlebende, weil sie jünger ist. Die Ehefrau beerbt folglich ihren Mann. Dieser wiederum beerbt sie nicht, da er nach seinem Personalstatut, dem deutschen Recht, als gleichzeitig verstorben vermutet wird (Art.  11 VerschG). Damit widersprechen sich die anzuwendenden Todesvermutungen. Ein Normwiderspruch liegt vor, was eine Anpassung notwendig macht. Gemäß Art.  32 EuErbVO ist dieser sachrechtlich so aufzulösen, dass keiner der beiden verstorbenen Personen ein Anspruch auf den Nachlass der jeweils anderen zusteht. Die Verwandten des Mannes und der Frau erben daher je getrennt und allein. Art.  13 des Haager Übereinkommens über das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht v. 1.8.1989 (nicht in Kraft) sieht als IPR-Sachnorm vor, dass, wenn zwei oder mehrere Personen, deren Rechtnachfolge von Todes wegen verschiedenen Rechten unterliegt, unter Umständen sterben, die es nicht zulassen, die Reihenfolge ihres Todes zu bestimmen, und regeln diese Rechte den Sachverhalt nicht oder durch miteinander unvereinbare Bestimmungen, so hat keine dieser Personen Anspruch auf den Nachlass der anderen. 110  Staudinger/Dörner (2007), Art.  25 EGBGB, Rn.  97; a. A. Jayme/Haack, ZVglRWiss 84

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Nur wenn jedes Erbstatut den anderen Kommorienten zum Erben beruft und jedes Personalstatut das Überleben „seines“ Angehörigen vermutet, entsteht ein Normenwiderspruch. Dann kommt es zu wechselseitiger Beerbung: Der Nachlass des Ehemannes fiele etwa seiner Ehefrau zu, deren Vermögen jedoch auf ihren Ehemann überginge, der wiederum von seiner Frau beerbt würde, und so fort ad infinitum.111 Der Widerspruch ist durch Annahme eines gleichzeitigen Versterbens der Beteiligten112 zu lösen;113 damit gleichen sich die Resultate bei Erbfällen vor und ab dem 17.8.2015 (Art.  32 EuErbVO). Eine solche Regel wäre materiellrechtlich aufzustellen und würde die einander widersprechenden Vermutungen der Personalstatute aufheben. Die Komplikationen unterschiedlicher Kommorientenvermutungen in den beteiligten Rechtsordnungen vermeidet, wer mit hier vertretener Auffassung eine testamentarische Verfügung gestattet. Bei bulgarischem Erbstatut muss man gleichwohl bedenken, dass die überwiegende Ansicht die Zulässigkeit eines gemeinschaftlichen Testaments ablehnt, trotz des Wortlauts des Art.  38 Abs.  3 S.  2 FamKodex; hiernach wären die Gatten gehalten, separate testamentarische Verfügungen mit entsprechenden Anordnungen für den Fall ihres gleichzeitigen ­Todes zu verfassen. Nach der vorzugswürdigen Gegenmeinung gestattet Art.  38 Abs.  3 S.  2 FamKodex gemeinschaftliche Testamente.114; 115 Wollte man anders vorgehen und aus Art.  2 bulgIPRGB – entgegen der hie­ sigen Ansicht – eine allgemeine Ausweichklausel ableiten,116 so wäre das Recht (1985), 80, 94–96. 111  Staudinger/Dörner (2007), Art.  25 EGBGB, Rn.  100. 112  Nach früherer Rechtslage in Bulgarien (Art.  183 bulgErbG a. F. von 1889) galt ebenfalls die Vermutung gleichzeitigen Todes; auch der Entwurf der bulgZPO von 1979 sah das noch so vor; vgl. dazu Damyanov, Pravna misal 1975, №  4, 89–92; Borisov, Sotsialistichesko pravo 1983, №  4, 50–58; s. a. Todorov, Pravootnoshenia, S.  319, Tz.  150 a (Fn.  150.1); Stavru/Petrov, Diskusii v bulgarskoto nasledstveno pravo, Bd.  I, S.  69, 70 f. 113  Vgl. Kegel/Schurig, IPR, §  8 III 3, S.  370 f.; v. Hoffmann/Thorn, IPR, §  7, Rn.  4; Looschelders, Anpassung im IPR, S.  382 f.; Dörner, IPRax 1994, 362, 365 f.; MüKo BGB/Birk (2010), Art.  25 EGBG, Rn.  196; MüKo BGB/Dutta (2015), Art.  25 EGBGB, Rn.  203 a. E.; Erman/­Hohloch (2017), Art.  9 EGBGB, Rn.  14 m. w. N. 114  Siehe dazu überzeugend Petrov, Semeyni otnoshenia, S.  261, 263–267; ferner Rozov/ Natsev, Praven svyat 2009. 115  Art.  38 Abs.  3 FamKodex lautet: „Der Ehevertrag kann keine Verfügungen für den Todesfall enthalten. Die Beschränkung bezieht sich nicht auf die Verfügungen über die Anteile der Ehegatten bei Beendigung einer vereinbarten Errungenschaftsgemeinschaft.“ 116  Eingehend dazu Maesch, Kodifikation, S.  247–295. Allgemein zum Rechtsinstitut der Anknüpfung an die engste Verbindung: Staudinger/Sturm/Sturm (2012), Einl. zum IPR, Rn.  189 ff.; Kreuzer, ZfRV 1992, 168, 185; ders., FS Zajtay (1982), 295 ff.; Schreiber, Ausweichklauseln im deutschen, österreichischen und schweizerischen IPR; Wolf, Der Begriff der wesentlich engeren Verbindung im Internationalen Sachenrecht; Geisler, Die engste Verbin-

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des Staates maßgeblich, zu welchem die gemeinsame engste Verbindung besteht.117 Bei Ehegatten wäre demnach das Güterrechtsstatut gem. Art.  79 Abs.  3 bzw. Abs.  4 bulgIPRGB maßgeblich, im Verhältnis Eltern-Kind das Eltern-­KindStatut gem. Art.  85 bulgIPRGB. Eine solche kollisionsrechtliche Vorgehensweise vermöchte – auch unter Hervorhebung des Grundsatzes der engsten Verbindung nach Art.  2 bulgIPRGB – nicht zu überzeugen. Durch sie wird eine Korrektur der Qualifikation vorgenommen. Letztlich schafft man dadurch eine eigenständige Kollisionsnorm.118 Die Qualifikation ist jedoch mit der Bestimmung des anwendbaren Rechts wertungsmäßig abgeschlossen.119 Nach Erfüllung ihres Zwecks kann sie deswegen nicht rückwärts geändert werden: Ma quel chʼè fatto, è fatto, / E non si può cangiar, wie da Ponte den Kaiser Franz Joseph in seinem Libretto der Oper „Una cosa rara ossia Bellezza ed onestà“ lesen lässt.120 Überdies lässt auch Art.  2 bulgIPRGB die Schaffung einer eigenständigen Kollisionsnormen nicht zu: Im S.  1 des Abs.  1 setzt er vielmehr eine Kollisionsregel voraus, im S.  2 verlangt er sie ausdrücklich: „[…] die in dem bulgIPRGB enthaltenen Vorschiften zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts sind Ausdruck dieses Prinzips“. Mithin stellt Art.  2 Abs.  1 bulgIPRGB lediglich einen kodifizierten allgemeinen Programmsatz dar.121 Dessen S.  2 fungiert dabei als unwiderlegbare Vermutung.122 Bei Abs.  2 handelt es sich richtiger Ansicht nach dung im IPR; Flessner, Interessenjurisprudenz im IPR; Hirse, Ausweichklausel im IPR; Keller/ Siehr, Allgemeine Lehren des IPR, §  13 IV; Siehr, IPR der Schweiz; §  27; Kropholler, IPR, §  4 II, S.  25–28. 117  So zum Teil der deutsche Standpunkt: BaRo/Mäsch, Art.  9 EGBGB, Rn.  8; v. Bar/­ Mankowski, IPR, Bd.  I, §  7, Rn.  255; v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  20; Jayme/Haack, ZVglRWiss 84 (1985), 80, 96. 118  jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  9 EGBGB, Rn.  10 a. E. Andere erblicken in der kollisionsrechtlichen Methode der Beseitigung von Normenwidersprüchen eine Ersatzanknüpfung, vgl. PWW/Mörsdorf (2018), Art.  9 EGBGB, Rn.10. a. E. Die Ersatzanknüpfung gehört allerdings nicht zum Kanon der Methoden zur Lösung eines Anpassungsproblems. Vgl. hierzu ­Kegel/Schurig, IPR, §  8 III, S.  361–371; PWW/Mörsdorf-Schulte (2015), Art.  3 EGBGB, Rn.  60. 119  Zutreffend PWW/Mörsdorf (2018), Art.  3 EGBGB, Rn.  60, und Art.  9 EGBGB, Rn.  10. 120  Hodges, Lorenzo Da Ponte, S.  97. 121  Wohl in diesem Sinne auch Stancheva-Mincheva, Art.  2 bulgIPRGB, S.  28–31. Siehe ferner Maesch, Kodifikation, S.  266 f., 275, 279: Zwar spricht sie sich für das Verständnis des Art.  2 Abs.  1 bulgIPRGB als einen deklaratorischen Programmsatz aus (a. a. O., S.  275 und 292), betont aber, dass eine ausnahmsweise Abweichung von der gesetzlichen Anknüpfung in Form einer allgemeinen Ausweichklausel die reifere und präzisere Umsetzung des Prinzips der engsten Verbindung darstellte (ibd., S.  294). 122  Der bulgarische Gesetzgeber entschied sich ausdrücklich gegen die Erhebung des Grundsatzes der engsten Verbindung in eine allgemeine Ausweichklausel; siehe Begründung zum Entwurf des bulgIPRGB, Parlamentsdrucksache 502-01-15/21.2.2005 – ciela. Grund dafür waren nicht etwa Bedenken darüber, die Rechtssicherheit würde bei der Annahme allgemei-

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zwar um eine sekundäre Anknüpfung (Hilfsanknüpfung)123 an die engste Verbindung.124 Sie kommt aber erst dann zum Tragen, wenn das anwendbare Recht gemäß den gesetzlichen Kollisionsnormen „nicht bestimmt werden kann“, also wenn eine Kollisionsnorm nicht existiert oder das in einer Verweisungsnorm vorgesehene Anknüpfungskriterium nicht ermittelbar ist.125 Das bedeutet: Der Anwendungsbereich des Art.  2 Abs.  2 bulgIPRGB ist – jedenfalls – in den in Rede stehenden Fallkonstellationen nicht eröffnet. d) Vorsorgemaßnahmen Solange eine Person nicht für tot oder verschollen erklärt wurde oder als tot oder verschollen vermutet werden kann, stellt sich die Frage nach etwaigen vermögenserhaltenden Vorsorgemaßnahmen. Gemäß Art.  55 Abs.  2 bulgIPRGB unterliegen solche bulgarischem Sachrecht, wenn sie Vermögen in Bulgarien betreffen. Materiellrechtlich kommt die Vermögensverwalterbestellung nach Art.  8 bulgGPF in Betracht. Sie fällt – wie dargestellt – in den Anwendungsbereich des ner Ausweichklausel an mangelnder Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts leiden. Es war vielmehr die Befürchtung, der bulgarische Rechtsanwender würde sich einer solchen Generalklausel und einem durch sie geschaffenen „offenen“ Gesetzessystem nicht gewachsen sehen. Dann stünde jede Verweisungsnorm zur Disposition. Die neue Gesetzeskonzeption könnte sich als Schlupfloch für den gesetzespositivistisch arbeitenden Richter anbieten, durch welches er sich diesen neuen, nicht lex fori-ausgerichteten Kollisionsnormen entziehen könnte (Maesch, Kodifikation S.  266 und 294). 123  Maesch, Kodifikation, S.  276; Stancheva-Mincheva, Art.  2 bulgIPRGB, S.  33. 124  A. A. Natov, Art.  2 bulgIPRGB, S.  78–91 (85 f.). Nach seiner Auffassung stellen sowohl Abs.  1 als auch Abs.  2 des Art.  2 bulgIPRGB allgemeine Ausweichklauseln dar. Zwar versteht er Art.  2 Abs.  2 bulgIPRGB als die eigentliche allgemeine Ausweichklausel. Aus dem Wortlaut des Art.  2 Abs.  1 bulgIPRGB schlussfolgert er aber, dass die gesetzlichen Regelanknüpfungen nur für typische Konstellationen gedacht seien. Sobald jedoch ein atypischer Fall auftrete, sei das Prinzip der engsten Verbindung nicht mehr durch die Regelanknüpfung zu verwirklichen. Es sei daher erforderlich, die engste Verbindung anderweitig zu ermitteln. So könne das Recht zur Anwendung kommen, mit dem das Rechtsverhältnis am engsten verbunden sei. Die dann ausgesprochene Verweisung versteht er als Gesamtverweisung i. S. des Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB, das so ermittelte Recht der engsten Verbindung als fremdes IPR. Aus der Regelungstechnik des Art.  2 bulgIPRGB will er zugleich eine dispositive Natur sämtlicher Kollisionsnormen des bulgIPRGB ableiten (Natov, ibd., S.  83, 88 f., 91). Das Verhältnis der beiden Absätze zueinander sowie deren Abgrenzung voneinander bleibt in den Ausführungen von Natov unklar, ebenso, wie im Einzelfall das so verstandene Prinzip der engen Verbindung als Generalklausel im Verhältnis zu den Regelanknüpfungen des Besonderen Teils angewendet werden soll. Kritisch deshalb Maesch, Kodifikation, S.  253–258, 266 f., 275–295 m. w. N. 125  Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Staatsangehörigkeit oder der (letzte) gewöhnliche Aufenthalt einer Person nicht ermittelbar sind. So zutreffend Maesch, Kodifikation, S.  278; Stancheva-Mincheva, Art.  2 bulgIPRGB, S.  33.

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Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB. Eine Qualifikation nach Art.  86 Abs.  4 bulgIPRGB (vorläufige und eilige Schutzmaßnahmen bei Vormundschaft und Pflegschaft) scheidet hingegen aus. aa) Internationale Zuständigkeit Als Folge der Qualifikation der Vermögensverwalterbestellung i. S. des Art.  8 bulgGPF unter den Tatbestand des Art.  55 Abs.  2 bulgIPRGB können bulgarische Gerichte ihre internationale Zuständigkeit mit der allgemeinen Zuständigkeits­ regel des Art.  4 Abs.  1 Nr.  2 bulgIPRGB oder mit der besonderen des Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB126 begründen. Nach dem ersteren sind sie bei bulgarischer Staats­ angehörigkeit des Klägers oder des Antragstellers international zuständig, nach dem letzteren bei bulgarischer Staatsangehörigkeit der als verschollen oder für tot zu erklärenden Person oder bei deren gewöhnlichem Aufenthalt in Bulgarien. (1) Problemstellung Diese Annahme bedarf allerdings näherer Darlegung. Denn die genannten Zuständigkeitsbestimmungen sind nicht mit der Kollisionsnorm des Art.  55 Abs.  2 bulgIPRGB abgestimmt: Diese stellt auf das Vorhandensein inländischen Vermögens ab, jene verlangen die bulgarische Staatsangehörigkeit des Antragstellers oder des Verschollenen oder wenigstens einen „bekannten“127 gewöhnlichen Aufenthalt des Verschollenen im Inland. Diese Divergenz kann dazu führen, dass trotz eines (starken) Inlandsbezugs der Weg zur Bestellung eines Vermögensverwalters nach Art.  8 bulgGPF mangels internationaler Zuständigkeit bulgarischer Gerichte gesperrt ist. Das entspricht weder dem Willen des Gesetzgebers noch der Gesetzessystematik. (2) Auslegung: Gleichlauf von ius und forum Beruft ein IPR-Gesetzgeber mittels einer einseitigen Kollisionsnorm wie Art.  55 Abs.  2 bulgIPRGB eigenes materielles Recht, so setzt er dabei voraus, dass „seine“ Gerichte international zuständig sind. Das Zivilprozessrecht ist funktional vernetzt mit den subjektiven Rechten, deren Schutz es bezweckt.128 Insoweit kommen parallele Wertungen sowohl auf der Kollisions- wie auf der Zuständigkeitsebene zum Ausdruck, die eine Berücksichtigung ihrer jeweiligen Schutz­ 126 

Wie hier Natov, Art.  5 bulgIPRGB, S.  145. Zur Auslegung dieses Begriffs unter 2.  Teil, §  1. D. II. 1. f. aa (1). 128  Zlatareva, MGP, S.  155. 127 

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interessen erforderlich machen.129 Insofern geht der Gesetzgeber von einem Gleichlauf von ius und forum aus, also zwischen dem materiellen und dem formellen Recht (sog. forum legis). Das erleichtert die Rechtsanwendung. Ist aber, wie vorliegend, dieser Gleichlauf unter wortlautgetreuer Gesetzesanwendung nicht herzustellen, so ist zu sehen, ob mit einer extensiven Auslegung eine Aushöhlung, ja Verkehrung von Sinn und Zweck der betroffenen Verschriften (hier: Art.  55 Abs.  2 bulgIPRGB einerseits und Art.  4 Abs.  1 Nr.  2 bzw. Art.  5 Nr.  4 ­bulgIPRGB anderseits) zu verhindern ist. Sinn und Zweck dieser Normen besteht klar darin, bulgarische Gerichte aufgrund ihrer Sach- und Rechtsnähe zu einem Vermögen in Bulgarien nach eigenem materiellem Recht vorläufig entscheiden zu lassen. Für ein solches Verständnis spricht zudem der Vergleich mit Art.  14 bulgIPRGB. Danach sind bulgarische Gerichte international zuständig, wenn der Erb­ lasser im Zeitpunkt seines Todes den gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien hatte oder bulgarischer Staatsangehöriger war oder sich ein Teil seines Vermögens in Bulgarien befindet. Während sich diese Zuständigkeitsregelung in ihren beiden ersten Varianten (gewöhnlicher Aufenthalt in Bulgarien und bulgarische Staatsangehörigkeit des Erblassers) mit Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB deckt, hat die dritte Variante (Inlandsbezug, vermittelt über inländisches Vermögen) keine Entsprechung in Art.  4 Abs.  1 und Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB. Dafür ist aber kein Grund ersichtlich. Die Zuständigkeitsprüfung wird auch nicht von einer womöglich schwer zu beantwortenden kollisionsrechtlichen Vorfrage abhängig gemacht, welche die Vorhersehbarkeit des Gerichtsstandes beeinträchtigen würde.130 Für das Verständnis eines Gleichlaufs von internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht – soweit es um Vorsorgemaßnahmen nach Art. Art.  55 Abs.  2 bulgIPRGB geht -, spricht noch Folgendes: Das bulgarische System der Verschollenheits- und Todeserklärung in Artt.  8 ff. bulgGPF ist dem französischen nachgebildet. Es liegt daher nahe, das französische Recht zu Rate zu ziehen. Für vorläufige Sicherungsmaßnahmen vor der Abwesenheitserklärung ist den französischen Gerichten eine subsidiäre Zuständigkeit zuerkannt, wenn sich das Vermögen des Verschollenen in Frankreich befindet.131 Nach alledem kann man zuverlässig von der Absicht des Gesetzgebers ausgehen, für die vorläufige Sicherung eines in Bulgarien liegenden Verschollenen-­ Vermögens die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte zu begründen. Für diese Auslegung streitet außerdem, dass eine selbständige Zuständigkeitsnorm für vorläufige Maßregeln im bulgIPRGB nicht vorhanden ist. In Art.  25 129 

Siehe v. Bar, IPR, Bd.  I, Rn.  404 ff. Zu diesem Aspekt der Wechselwirkung von Zuständigkeit und anwendbarem Recht Schack, IZPR, Rn.  246. 131  Nitsche, Das IPR der Todeserklärung, S.  112. 130 

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bulgIPRGB geregelt ist nur die Zuständigkeit bei Klagesicherung,132 was hier nicht weiterhilft. Wann immer also inländische Vermögenswerte fürsorglicher Maßnahmen bedürfen, sind diese stets von den bulgarischen Gerichten als den international zuständigen zu ergreifen und nach den Vorschriften der lex fori anzuordnen.133 bb) Beispielsfall Die internationalrechtliche Zuständigkeitsproblematik im Zusammenhang des Art.  55 Abs.  2 bulgIPRGB und die dabei verfolgten Lösungswege sollen veranschaulicht werden anhand eines Beispiels: Eine 25-jährige Studentin an der Universität Mannheim nimmt unter Aufgabe ihrer bulgarischen Staatsangehörigkeit die italienische ihres Ehemannes an. Nach einem Wochenendausflug in die Bayerischen Alpen wird sie seit 4 Monaten vermisst. Ihr Ehemann möchte, dass sich der Bruder seiner Frau vorläufig um ihr geerbtes Grundeigentum in Bulgarien kümmert. Das Ehepaar hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Mannheim. 1) Lösung nach dem Wortlaut Die von dem Ehemann angestrebte Bestellung seines Schwagers zum vorläufigen Vermögensverwalter in Bulgarien ist vernünftig. Nach dem bloßen Wortlaut kommt er trotzdem mit einem Antrag an das Rayongericht am letzten Wohnsitz seiner Ehefrau in Bulgarien nicht zum Erfolg. Denn sein Antrag auf Bestellung des Schwagers zum Vermögensverwalter ist mangels internationaler Zuständigkeit bulgarischer Gerichte abzuweisen: a) Vorrangige staatsvertragliche oder europäische Regelungen sind nicht vorhanden. Für Erwachsenenpflegschaften gibt es noch kein europäisches Verfahrensrecht und Bulgarien ist nicht Vertragsstaat des ErwSÜ.134 Dessen Artt.  5 ff. müssen folglich außer Acht bleiben. b) Eine allgemeine Zuständigkeit gem. Art.  4 Abs.  1 Nr.  1 bulgIPRGB scheidet aus, da es vor­ liegend an einem kontradiktorischen Verfahren fehlt.135 c) Der Antragsteller hat die italienische, nicht die bulgarische Staatsangehörigkeit. Deswegen kommt auch Nr.  2 des Art.  4 Abs.  1 bulgIPRGB nicht zum Tragen.

132 

Schrameyer, JOR 47 (2006), 109, 117, gibt den Begriff „обезпечаване на иск“ (obezpechavane na isk) als „Sicherung eines Anspruchs“ wieder. Der Verfasser dieser Arbeit schließt sich der Übersetzung von Jessel-Holst, RabelsZ 71 (2007), 457, 463, an („Klagesicherung“). Es ist eine wörtliche Übersetzung. Damit gemeint sind Verfahren nach Artt.  389–391 bulgZPO. 133  Die hier vertretene Auffassung steht im Einklang mit dem Erbrecht. Die Erbschaft ist am letzten Wohnsitz des Erblassers zu eröffnen, so die h. M. Dadurch will man die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte und das Erbstatut aufeinander abstimmen. Dazu schon Todorov, Pravootnoshenia, S.  327, Tz.  151 v/“в“. 134  Haager Übereinkommens über den internationalen Schutz von Erwachsenen v. 13.1.2000 (BGBl. 2007 II, S.  323); Text in Jayme/Hausmann, Nr.  20. 135  Für eine analoge Anwendung Todorov, MCP, S.  167; Natov, Art.  4 bulgIPRGB, S.  145.

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d) Ebenso wenig lässt sich die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte gem. Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB begründen. Denn die vermisste Person besaß zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Nachrichten über sie136 weder die bulgarische Staatsangehörigkeit noch hatte sie einen (bekannten) gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien. 2) Anerkennungsrechtliche Lösung aus deutscher und aus bulgarischer Sicht Man kommt damit nicht umhin, das Ziel des Ehemannes mit dem deutschen Recht zu erreichen. a) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich nicht aus Art.  5 Abs.  1 ErwSÜ. Das Übereinkommen ist zwar räumlich und persönlich anwendbar. Denn die Vermisste lebte zuletzt in Deutschland, ihr gewöhnlicher Aufenthalt befand sich mithin in einem Vertragsstaat, und sie hatte das 18. Lebensjahr vollendet. Der sachliche Anwendungsbereich des ErwSÜ ist aber nicht eröffnet. Er erfasst Pflegschaften, die aufgrund persönlicher Defizite (d. h. wegen physischer oder psychischer Unzulänglichkeiten hervorgerufener Hilfsbedürftigkeit) errichtet werden, und schließt solche aus, die aufgrund äußerer Umstände wie hier angeordnet werden.137 b) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bestimmt sich daher nach §  99 FamFG. Örtlich und sachlich zuständig wäre das Amtsgericht Mannheim – Betreuungsgericht.138 Es könnte, gestützt auf Art.  24 Abs.  3 EGBGB, eine vorläufige Pflegschaft als einstweilige Maßnahme anordnen.139 In Betracht käme die Bestellung eines Abwesenheitspflegers gem. §  1911 Abs.  1 BGB. Dieser Anordnung würde das bulgarische Gericht die Anerkennung gem. Art.  124 bulgIPRGB nicht verweigern können. 3) Eigener Ansatz Wie allerdings das deutsche Amtsgericht/Betreuungsgericht sinnvoll einen bulgarischen vorläufigen Pfleger auswählen und einsetzen soll, oder wie ein deutscher Pfleger sinnvoll das in Bulgarien situierte Vermögen der Verschollenen verwalten können soll, ist nicht ersichtlich. Die praktische Vernunft müsste sich deshalb gegen eine solche Rechtsanwendung sperren.140 136  Auf

dieses Zeitmoment stellt ebenfalls ab Maesch, Kodifikation, S.  118. Siehr, RabelsZ 64 (2000), 715, 721; Guttenberger, Das Haager Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen, S.  61; Helms, FamRZ 2008, 1995, 1996. 138  Das Verfahren zur Bestellung eines Abwesenheitspflegers ist betreuungsgerichtliche Zuweisungssache (§  340 Nr.  1 FamFG). Sachlich zuständig ist gem. §  23a Abs.  1 S.  1 Nr.  2, Abs.  2 Nr.  1, §  23c GVG das Amtsgericht – Betreuungsgericht. Funktional zuständig ist der Rechtspfleger (§  3 Nr.  2b RPflG), jedoch mit dem Richtervorbehalt gem. §  14 Abs.  1 Nr.  10 für die Pflegschaften über Angehörige eines fremden Staates. Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit verweist §  341 FamFG auf §  272 FamFG. Zum Ganzen MüKo BGB/Schwab (2012), §  1911 BGB, Rn.  24. 139  Looschelders, Art.  24 EGBGB, Rn.  14; Staudinger/v. Hein (2014), Art.  24 EGBGB, Rn.  62, 63 m. w. N. zum Streitstand; Oelkers, Internationales Betreuungsrecht, S.  253 ff.; a. A. (Anknüpfung nach Art.  24 Abs.  1 S.  1 EGBGB bzw. vorrangigen Kollisionsnormen) Erman/ Hohloch (2017), Art.  24 EGBGB, Rn.  17; Palandt/Thorn (2020), Art.  24 EGBGB, Rn.  7. 140  Aus anwaltlicher Sicht ist der Ehemann freilich gut beraten, auf die Mitwirkung des Bruders seiner Ehefrau hinzuwirken, damit jener selbst den Antrag auf seine eigene Vermögens­ verwalterbestellung stellt. 137 

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Eine vernünftige Lösung geht vom Gleichlaufgrundsatz aus. Danach ist die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte gem. Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB analog zu bejahen. Denn die Sache, deren vorläufige Sicherung nach bulgarischem Recht begehrt wird, ist im Inland belegen. Der beantragten vorläufigen Sachwalterbestellung des Schwagers in Bulgarien durch ein bulgarisches Gericht steht damit nichts im Wege.

e) Die alternative Anwendung bulgarischen Rechts: Verschollenheits- und Todeserklärung von Ausländern nach bulgarischem Recht Ausländer mit letztem gewöhnlichem Aufenthalt in Bulgarien können nach bulgarischem Recht für verschollen oder tot erklärt werden, wenn dies von einer Person mit besonderem Interesse beantragt wird. Diese alternative Anknüpfung sieht Art.  55 Abs.  3 bulgIPRGB vor. In Konsequenz der hiesigen Auffassung ist der Anwendungsbereich des Art.  55 Abs.  3 bulgIPRGB auf die Feststellung des Todes und des Todeszeitpunkts sowie auf Lebens- und Todesvermutungen zu erstrecken. Dass es sich bei dem Anknüpfungspunkt um den gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien zum Zeitpunkt der letzten Nachricht über den Betroffenen handeln muss, ergibt sich aus dem systematischen Vergleich mit Abs.  1 der Vorschrift. aa) Voraussetzungen und Rechtsfolgen Das berechtigte Interesse kann sowohl ein Beteiligten- wie ein Verkehrsinteresse sein.141 Letzteres ergibt sich aus der Antragsberechtigung des Staates in Person des Staatsanwalts. In der Regel ist ein berechtigtes Interesse zu bejahen, wenn das gem. Art.  55 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB vorrangig berufene Heimatrecht ein der Todes- oder Verschollenheitserklärung vergleichbares Rechtsinstitut nicht kennt oder dieses im konkreten Einzelfall versagt, etwa weil es viel längere Fristen aufstellt.142 Ein berechtigtes Interesse liegt ferner vor, wenn der Verschollene Vermögen im Inland besitzt. Die vorläufige Sicherung des inländischen Vermögens darf durch zu lange Fristen des ausländischen Rechts nicht gefährdet werden. Schließlich kann sich das besondere Interesse daraus ergeben, dass bulgarisches Recht Wirkungsstatut in einer anderen Rechtsangelegenheit ist,143 die ohne die Ver141 

Einschränkend Bezirksgericht Pernik, Beschl. №  216 v. 24.2.2014 i. d. Rs. №  158/2014 (die [bulgarische] Ehefrau eines für tot zu erklärenden Ausländers [in casu: Italieners] sei ein Interessent i. S. des Art.  14 Abs.  1 bulgGPF, wenn ihre Auslandsehe in Bulgarien anzuerkennen sei; ebenso die Vorinstanz Rayongericht Pernik, Beschl. №  1335 v. 2.1.2014 i. d. Rs. №  5800/2013); jew. zit. nach ciela. 142  In diesem Sinne Stancheva-Mincheva, Art.  55 bulgIPRGB, S.  118; Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 417. 143  Wohl auch so Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 417.

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schollenheits- oder Todeserklärung nicht geregelt werden könnte. Um der Entstehung hinkender Rechtsverhältnisse entgegenzuwirken, ist aber in solch einem Fall die Wirkung der Todes- oder Verschollenheitserklärung auf das Inlandsvermögen bzw. das nach Inlandsrecht zu beurteilende Rechtsverhältnis zu beschränken.144 Die Wirkung der Todes- oder Verschollenheitserklärung erstreckt sich dann allerdings auf alle im Inland belegenen Vermögensgegenstände und auf alle nach bulgarischem Recht zu beurteilenden Rechtverhältnisse – und nicht nur auf den konkret betroffenen Gegenstand bzw. das jeweilige Rechtsverhältnis, an­ lässlich dessen der Antrag auf Todes- oder Verschollenheitserklärung gestellt wurde.145 Ein über die Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt der verschollenen Person in Bulgarien im maßgeblichen Zeitpunkt hinausgehender Inlandsbezug ist dagegen nicht erforderlich.146 Sind die Voraussetzungen des Art.  55 Abs.  3 bulgIPRGB erfüllt, dann muss – zwingend – die beantragte Verschollenheits- oder Todeserklärung nach bulgarischem Recht ausgesprochen werden. Denn wenn das Gericht das Begehren des Antragsstellers unter Feststellung des letzten gewöhnlichen Inlandsaufenthalts des Betroffenen für berechtigt hält, darf es dieses nicht abschlägig bescheiden. Insoweit ist der Wortlaut („kann […] für verschollen oder für tot erklärt werden“) einschränkend auszulegen. bb) Kein allseitiger Ausbau Die einseitige Regelung des Art.  55 Abs.  3 bulgIPRGB ist nicht allseitig auszubauen. Deshalb kann ein bulgarisches Gericht nicht einen Bulgaren oder einen zu Lebzeiten in einem anderen Staat ansässigen Ausländer in Abweichung von dem gem. Art.  55 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB berufenen Recht nach einem anderen fremden Recht unter Hinweis auf einen in diesem Staat begründeten letzten gewöhnlichen Aufenthalt und ein dafür streitendes Interesse für tot oder verschollen erklären. f) Verfahrensrecht aa) Internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte Dafür kommen Art.  5 Nr.  4 und Art.  4 Abs.  1 bulgIPRGB in Betracht. Sie gilt es voneinander abzugrenzen. 144 

Staudinger/Weick/Althammer (2013), Art.  9 EGBGB, Rn.  65. Zu diesem Aspekt Staudinger/Weick/Althammer (2013), Art.  9 EGBGB, Rn.  65; a. A. Wolf, IPR, S.  98 f., unter Hinweis auf KG IPRspr 1932, 30. 146  A. A. Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 417, die für Gläubiger der abwesenden Person verlangen, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und ihre Rechte und Interessen auf das bulgarische Recht stützen. 145 

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(1) Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB Die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte für eine Verschollenheitsoder Todeserklärung und ähnliche Entscheidungen richtet sich zunächst nach Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB.147 Seine 1. Alt. stellt auf die bulgarische Staatsangehörigkeit des Betroffenen ab. Maßgeblicher Zeitpunkt ist das letzte sichere Lebenszeichen: Zwar legt die Verwendung des Präsens im Gesetzestext – „Person, die bulgarischer Staatsangehöriger ist“ – nahe, die Frage der Staatsangehörigkeit auf den Zeitpunkt der Antragstellung zu beziehen. Aber wie soll man die gegenwärtige Staatsangehörigkeit einer Person feststellen, die gerade vermisst wird? Art 5 Nr.  4 Alt.  1 bulgIPRGB zielt auf die Regelung des Art.  55 bulgIPRGB. Dessen Abs.  1 S.  1 koppelt die Staatsangehörigkeitsfeststellung an den Zeitpunkt der letzten Nachrichten über den Verschollenen.148 Darüber hinaus würde der angestrebte Gleichlauf zwischen Art.  5 Nr.  4 Alt.  1 und Art.  55 Abs.  3 bulgIPRGB gestört, wenn man die Staatsangehörigkeit nach dem Zeitpunkt der Antragstellung beurteilen würde. Es gibt zudem keinen sachlichen Grund dafür, innerhalb derselben Zuständigkeitsnorm des Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB auf unterschiedliche Zeitpunkte abzustellen – einmal den der Antragstellung (Alt.  1) und einmal den des letzten Lebenszeichens (Alt.  2). Deswegen ist einheitlich vorzugehen. Das bedeutet: In Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB kommt es auf die Zeit der letzten Nachricht über den Verschollenen als den letzten Lebenszeitpunkt an.149 Soweit die 2. Alt einen „bekannten“ gewöhnlichen Aufenthalt des Verschollenen im Inland voraussetzt, kann das nur den letzten bekannten gewöhnlichen Aufenthalt meinen; ein nachträglich bekannt gewordener gewöhnlicher Aufenthalt ist nicht tatbestandlich.150 (2) Art.  4 Abs.  1 bulgIPRGB Hinzu kommt die allgemeine Zuständigkeit gem. Art.  4 Abs.  1 bulgIPRGB. 147  Der Regelungsgehalt des Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB geht wohl zurück auf Todorov, Subekti, S.  26 f., Tz.  15. 148  Das steht übrigens im Einklang mit Art.  14 bulgGPF. 149  Wie hier (ohne Begründung) Natov, Art.  5 bulgIPRGB, S.  145. Nach Maesch, Kodifikation, S.  119 (Fn.  47), handelt es sich um ein redaktionelles Versehen, dass Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB nicht auf die letzte Staatsangehörigkeit bzw. den letzten (bekannten) gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien abstellt. 150  Wohl auch so Todorov, MCP, S.  168, mit dem Hinweis auf Art.  22 Abs.  2 lit.  b des italienischen IPRG (Zuständigkeit der italienischen Gerichtsbarkeit, „wenn die Person zuletzt in Italien gewohnt hat“; Text der Norm bei Henrich, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Italien, 209. Lfg., Stand: 15.5.2015, S.  52). Im Ergebnis ebenso Natov, Art.  5 bulgIPRGB, S.  145, der von einem „ermittelbaren“ gewöhnlichen Aufenthalt spricht.

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Nach der h.L. folgt sie bereits aus Nr.  1 der Vorschrift. Diese Auffassung übersieht allerdings, dass Nr.  1 mit dem Begriff „Beklagter“ ein kontradiktorisches Verfahren voraussetzt.151 Ein solches fehlt aber. Aus diesem Grunde kann eine internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte nicht aus Nr.  1 des Art.  4 Abs.  1 bulgIPRGB hergeleitet werden. Eine Analogie zu Nr.  1152 scheitert am Fehlen einer Regelungslücke. Die Fälle, in denen der Verschollene einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte, sind ausdrücklich von Art.  5 Nr.  4 Alt.  2 bulgIPRGB erfasst. Im Geltungsbereich des Art.  4 bulgIPRGB ist die internationale Zuständigkeit deswegen ausschließlich unter Abs.  1 Nr.  2 Var.  2 zu begründen, d. h. wenn der Antragsteller bulgarischer Staatsangehöriger ist.153 (3) Nachformung des Verfahrensrechts Sind bulgarische Gerichte international zuständig, so gilt gem. Art.  29 bulgIPRGB bulgarisches Verfahrensrecht als lex fori.154 Das Verfahren richtet sich nach Artt.  549–552 bulgZPO. Die Anwendung eines gem. Art.  55 Abs.  1 bulgIPRGB berufenen ausländischen Rechts kann dazu führen, dass der bulgarische Richter eine dem inländischen Recht fremde Entscheidung fällen muss. Entstehen dabei Anpassungsprobleme, so sind sie durch eine sinngemäße Anwendung der bulgarischen Verfahrensvorschriften zu bewältigen. Das bedeutet: Kennt das berufene ausländische Recht gerichtliche Entscheidungen, die der bulgarischen Verschollenheits- und Todeserklärung in etwa entsprechen, so hat das bulgarische Gericht unter sinn­ gemäßer Anwendung des bulgarischen Verfahrensrechts die entsprechende ausländische Entscheidung zu treffen, und zwar mit den materiellrechtlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen des ausländischen Rechts. Erforderlichenfalls sind die bulgarischen Verfahrensregelungen dem ausländischen Rechtsinstitut 151 

Das Verfahren der Verschollenheits- oder Todeserklärung ist kein Klage-Verfahren, sondern ein sog. Sicherungs-Verfahren i. S. der Artt.  549–552 bulgZPO; vgl. Todorov, MCP, S.  167. Gleiches gilt für das Verfahren der Vermögensverwalterbestellung nach Art.  8 bulgGPF; s. Mingova, in: Zh. Stalev et al., Bulgarsko grazhdansko protsesualno pravo, §  201 I, S.  1241. Das bulgarische Sicherungs-Verfahren, dessen allgemeine Regelungen in den Artt.  530–541 bulg­ZPO zu finden sind, ist mit dem deutschen Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit vergleichbar (Mingova, a. a. O., §  201 II 5 a. E., S.  1244, mit dem Hinweis, dass einige – deutsche – Verfahren aus bulgarischer Sicht jedoch zu den Klage-Verfahren gehörten). Trotzdem für eine ­direkte Anwendung der Nr.  1 des Art.  4 Abs.  1 bulgIPRGB (ohne Begründung) Natov, Art.  5 bulgIPRGB, S.  145. 152  Dafür plädiert Todorov, MCP, S.  167. 153  Wohl ebenso Zlatareva, MGP, S.  143 f. 154  Nach Natov, Art.  29 bulgIPRGB, S.  249, handelt es sich bei Art.  29 bulgIPRGB um eine einseitige Kollisionsnorm, auf welche Art.  3 bulgIPRGB Anwendung finde.

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anzupassen,155 notfalls unter flexibler Anpassung auch analog anzuwenden. Dies gilt selbst dann, wenn eine Rechtsordnung berufen ist, die dem bulgarischen Recht unbekannte Entscheidungsformen vorsieht. In Fällen, in denen eine ana­ loge Anwendung bulgarischer Verfahrensvorschriften nicht möglich ist, sind die dem betreffenden Sachrecht entsprechenden ausländischen Verfahrensnormen heranzuziehen.156 Fällt die internationale Zuständigkeit im Ausland auf eine andere Behörde als ein Gericht, bleibt gleichwohl im Inland die Entscheidung durch das Rayongericht zu treffen, in dessen Bezirk der Verschollene zuletzt seinen Wohnsitz hatte (Art.  549 bulgZPO). bb) Anerkennung ausländischer Rechtsakte (1) Art.  124 bulgIPRGB Gesetzliche Grundlage für die Anerkennung ausländischer Todeserklärungen oder vergleichbarer Rechtsakte ist einheitlich Art.  124 bulgIPRGB. Denn es geht um ein Schutzmaßnahmenverfahren,157 und Artt.  621–624 bulgZPO enthalten nur Hilfsvorschriften für das Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren im Geltungsbereich des EU-Rechts.158 Vorrangiges europäisches Gemeinschaftsrecht besteht nicht. Solche ausländischen behördlichen oder gerichtlichen Entscheidungen – gleichgültig, ob sie durch Urteil, Beschluss oder Verwaltungsakt ergehen – sind in Bulgarien ohne ein förmliches Anerkennungsverfahren inzident anzuerkennen (Art.  118 Abs.  1 bulgIPRGB).159 Dabei stellt Art.  124 bulgIPRGB zwei kumulative Voraussetzungen auf: Erstens ist die spiegelbildliche internationale Zuständigkeit aus Art.  4 Abs.  1 Nr.  2 und Art.  5 Nr.  4 bulgIPRGB zu prüfen. Dieses Erfordernis wird in der Praxis kaum jemals problematisch sein, weil diese Vorschriften keine ausschließliche eigene Zuständigkeit begründen. Nur auf eine solche rekurriert aber Art.  124 bulgIPRGB.160 Ob das ausländische Gericht das vom Standpunkt des bulgarischen IPR richtige Recht angewandt hatte, unterliegt nicht der Prüfung (Verbot der révision au fond). Zweitens darf die anzuerkennende Entscheidung nicht im Widerspruch zum bulgarischen ordre public stehen. Die Anerkennung erstreckt die Wirkungen des ausländischen Hoheitsaktes auf das Inland.161 Indessen geht sie nicht so weit, dass die Folgen einer Verschollenheits-, Todeserklärung oder sonstiger Akte vergleichbaren Inhalts nach ausländi155 

Zlatareva, MGP, S.  155. In diesem Sinne Zlatareva, MGP, S.  155. 157  Vgl. Todorov, MCP S.  167; Zlatareva, MGP, S.  144 und 283. 158  Zlatareva, MGP, S.  204. 159  Zlatareva, MGP, S.  266 und 283. 160  Zlatareva, MGP, S.  283. 161  Zlatareva, MGP, S.  197. 156 

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schem Recht in anderen Rechtsgebieten (z. B. im Erb- oder Familienrecht) automatisch ebenfalls anzuerkennen sind. Ob diese Wirkungen eintreten, entscheidet das jeweils betreffende Statut.162 (2) Widersprechende Entscheidungen Mangels ausschließlicher internationaler Zuständigkeit bulgarischer Gerichte lässt sich der Ausspruch einander widersprechender Verschollenheits- oder Todeserklärungen durch verschiedene nationale Gerichte oder Behörden auf der Ebene der internationalen Zuständigkeit nicht verhindern. Die Konkurrenz widersprechender Entscheidungen löst man mithilfe der Anerkennungsvoraus­ setzungen. Zwar sieht Art.  124 bulgIPRGB keine eigenständige Regelung dafür vor. Die Regelungen des Art.  117 Nr.  3 und Nr.  4 bulgIPRGB beinhalten allgemeingültige Prinzipien und lassen sich deshalb dem Rechtsgedanken nach entsprechend anwenden. Drei Fallgruppen sind auseinanderzuhalten:163 – Eine ergangene bulgarische Entscheidung über den gleichen Gegenstand schließt die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung immer aus, ob sie ihr vorausgeht oder nachfolgt (Rechtsgedanke des Art.  117 Nr.  3 bulgIPRGB), res indicata; – Liegen über den gleichen Gegenstand zwei verschiedene ausländische Entscheidungen vor, so darf die spätere Entscheidung164 nicht anerkannt werden (Rechtsgedanke des Art.  117 Nr.  3 bulgIPRGB); – Ein anhängiges Inlandsverfahren165 schließt die Anerkennung einer nachfolgenden ausländischen Entscheidung aus (Rechtsgedanke des Art.  117 Nr.  4 bulgIPRGB166), lis alibi pendens. Aus dem Rechtsgedanken des Art.  117 Nr.  4 bulgIPRGB folgt zugleich, dass die bloße Möglichkeit einer inländischen Todeserklärung der Anerkennung einer 162 

jurisPK-BGB/Ludwig (2015) Art.  9 EGBGB, Rn.  27 m. w. N. Hierzu Staudinger/Weick/Althammer (2013), Art.  9 EGBGB, Rn.  83. 164  Bereits anerkannte ausländische Entscheidungen fielen dagegen unter die erste Fallgruppe, da es sich insoweit um eine inländische Entscheidung handelt. 165  Siehe dazu Art.  125 bulgZPO: „Die Klage ist erhoben mit dem Eingang der Klageschrift beim Gericht.“ (eigene Übersetzung). Auf die Rechtshängigkeit abstellend dagegen §  109 Abs.  1 Nr.  3 des deutschen FamFG. 166  In Übereinstimmung mit dem inneren formellen Recht nach Art.  126 Abs.  1 bulgZPO: „Wenn vor ein und demselben Gericht oder vor unterschiedlichen Gerichten zwei Verfahren zwischen denselben Parteien anhängig sind, auf derselben Grundlage und über denselben Anspruch, dann wird das später eingeleitete Verfahren von Amts wegen eingestellt.“ (Übersetzung durch den Verfasser). 163 

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ausländischen Todeserklärung nicht entgegensteht. Vor der ausländischen Todes­ erklärung muss das inländische Todeserklärungsverfahren zumindest beantragt worden sein, um die Anerkennung einer ausländischen Todeserklärung auszuschließen. 2. Natürlicher Tod Nach allen Rechtsordnungen endet die Rechtsfähigkeit einer Person mit ihrem Tod. Das bulgarische Recht verzichtet deshalb auf eine ausdrückliche Regelung. Wie bei der Geburt als Beginn der Rechtsfähigkeit ist auch der Eintritt des Todes als ihr Ende nicht eindeutig zu bestimmen. Ob man rechtlich auf den Hirntod abstellt, lässt sich mangels klarer Aussagen in der Fachliteratur nicht ermitteln.167 Man sollte die Frage, welcher Rechtsordnung die Todesdefinition (z. B. Herzoder Hirntod) zu entnehmen ist, nicht zu Gunsten des Personalstatuts beantworten. Vorzugswürdig erscheint die Auffassung, wonach für die Feststellung des Todeszeitpunkts an die lex fori anzuknüpfen ist. Das bedeutet: Es ist das Recht des Ortes maßgeblich, an dem der Betroffene künstlich am Leben gehalten wird.168 Eine anderweitige Anknüpfung liefe auf eine hoffnungslose Überforderung der behandelnden Ärzte hinaus.169 III. Besondere Rechtsfähigkeit 1. Allgemeines Besondere Rechtsfähigkeit170 ist die Fähigkeit, einzelne Rechte und Pflichten zu haben.171 Teils gibt es dafür gesonderte Kollisionsnormen, so z. B. über die Erb167 

Nach Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  35, und Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  237, sei der Todeszeitpunkt in Übereinstimmung mit dem Stand der Medizin zu bestimmen, wobei ein Herz- oder Atemstillstand allein nicht ausreiche. Nach Todorov, Pravootnoshenia, S.  319, Tz.  150 a, soll es allein auf den in der Sterbeurkunde angegebenen Todeszeitpunkt ankommen; sei dies jedoch streitig, so müsse das Gericht entscheiden, ob es den Hirn- oder den Herztod für maßgeblich erachte. 168  Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  30, 35; Erman/Hohloch (2017), Art.  7 EGBGB, Rn.  4; Siehr, IPR der Schweiz, S. §  8 II 1, S.  144; a. A. (Personalstatut): Staudinger/ Dörner (2007), Art.  25 EGBGB, Rn.  78; Junker, IPR, §  13, Rn.  6; (Erbstatut) MüKo BGB/ Dutta (2015), Art.  25 EGBGB, Rn.  193 a. E.; wohl auch so (Erbstatut) OLG Köln, DNotZ 1993, 173 = IPRax 1994, 376. 169  v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  22. 170  Der Begriff „besondere Rechtsfähigkeit“ wird, soweit ersichtlich, in der bulgarischen Literatur nicht gebraucht. Aus diesem Grund fehlt wohl auch eine Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB entsprechende Regelung. Trotzdem soll dieser Begriff hier Verwendung finden, zumal das bulgIPRGB selbst zwischen der allgemeinen und der besonderen Rechtsfähigkeit unterscheidet. 171  Genauer: die Fähigkeit, ein bestimmtes Recht zu haben, das Erlangte zu behalten, einer

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fähigkeit gem. Art.  91 Nr.  4 bulgIPRGB. Wo das nicht der Fall ist, beurteilt man die besondere Rechtsfähigkeit nach dem Wirkungsstatut des jeweiligen Rechtsoder Erwerbsvorgangs.172 Denn besondere Rechtsfähigkeiten unterliegen grundsätzlich dem Anknüpfungsgegenstand, zu dem sie sachlich gehören. Argumentativ lässt sich eine Analogie zu Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB ins Felde führen. 2. Art.  49 Abs.  2 bulgIPRGB: ein Fall besonderer Rechtsfähigkeit? Die besondere Rechtsfähigkeit ist nicht Regelungsgegenstand des Art.  49 Abs.  2 bulgIPRGB.173 Nach dieser Vorschrift haben Ausländer und Staatenlose in Bulgarien dieselben Rechte wie die bulgarischen Staatsbürger, soweit nicht ein Gesetz etwas anderes vorsieht. Dabei geht es nicht um Kollisionsnormen, die das anzuwendende Recht bestimmen, sondern darum, welchen Beschränkungen Ausländer im Inland unterworfen sind. Art.  49 Abs.  2 bulgIPRGB ist also ein Stück Fremdenrecht und stellt sogleich den Grundsatz der Inländergleichbehandlung auf. Die Vorschrift gehört an sich nicht ins bulgarische Kollisionsrecht und stellt insoweit einen systematischen Fehlgriff des Gesetzgebers dar. Einschränkungen der Fähigkeit, landwirtschaftliche Grundstücke zu erwerben – darauf zielt die Regelung des Art.  49 Abs.  2 bulgIPRGB -, richten sich nach dem Recht des Staates, das solche Einschränkungen vorsieht (Wirkungsstatut). Hintergrund der Regelung ist Art.  26 Abs.  2 bulgVerf. Danach haben in Bul­ garien weilende Ausländer alle verfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten, soweit solche nicht bulgarischen Staatsangehörigen vorbehalten sind.174 Derartige Einschränkungen bedürfen eines Gesetzes im formellen Sinne. Akte der voll­ ziehenden Gewalt können solche Wirkungen nicht entfalten.175 Die gesetzlichen Einschränkungen beziehen sich hauptsächlich auf den Erwerb von (landwirtschaftlichen) Grundbesitz in Bulgarien (vgl. Art.  22 bulgVerf).176 bestimmten Pflicht unterworfen zu werden und ihr unterworfen zu bleiben; vgl. Wolf, IPR, S.  82. 172  Vgl. Todorov, Subekti, S.  20 f., Tz.  9. 173  A. A. wohl Todorov, MCP, S.  158; s. a. Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 414; Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  243. Aus deutscher Sicht in­ teressant ist etwa die Entscheidung des OLG Darmstadt, IPRspr 1929, Nr.  179, betreffs des Genehmigungserfordernisses für einen Grundstückserwerb durch Ausländer nach dem hessischen AGBGB. 174  Ob der teilweise differierende Wortlaut beider Vorschriften eine abweichende Auslegung und Anwendung rechtfertigt, lässt sich momentan nicht absehen. Die Problematik angedeutet hat Todorov, MCP, S.  158. 175  Todorov, MCP, S.  159; Stancheva-Mincheva, Art.  49 bulgIPRGB, S.  106. 176  Einzelheiten bei NK-BGB/Draganova/Schmitz, Bd.  3, Länderbericht Bulgarien, Rn.  24 ff.; Hilmer, WiRO 2005, 338, 340 ff.; s. a. Rayongericht Pazardzhik, Urt. №  432 v. 23.5.2014

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3. Die Rechtsstellung Ungeborener177 Die allgemeine Rechtsfähigkeit einer Person nach Art.  48 Abs.  1 bulgIPRGB betrifft nicht Ungeborene. Sie sind keine Personen in diesem Sinne. a) Nasciturus Bedeutung kann die Rechtsstellung Ungeborener im Erbrecht und (bei pränataler Schädigung) im Deliktsrecht erlangen. Erbfähigkeit ist ein Fall besonderer ­Fähigkeit.178 Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Kind im Mutterleib beschenkt oder als Erbe eingesetzt werden kann, beurteilt sich deswegen nach dem Schenkungs- bzw. Erbstatut.179; 180 Die Lehre wendet auch in dieser Konstellation Art.  2 Abs.  1 lit.  b bulgErbG an.181 Ist Erbstatut bulgarisches Recht, so muss deshalb der nasciturus lebens­ fähig geboren werden. b) Nondum conceptus In gleicher Weise unterliegen Fragen nach der Rechtsstellung eines noch nicht gezeugten Kindes (nondum conceptus) dem Wirkungsstatut.182 Ist Wirkungs­ statut bulgarisches Sachrecht, so bestimmt Art.  2 Abs.  1 lit.  a bulgErbG in negativer Formulierung, dass derjenige nicht erbfähig ist, welcher zum Zeitpunkt des Erbfalles nicht gezeugt ist.183 Im Gegensatz zum nasciturus kann also der nondum conceptus wirksam weder als Erbe noch als Ersatzerbe184 eingesetzt werden. i. d. Rs. №  3123/2014 – ciela; Musseva, in: Gierl et al., IntErbR, Länderbericht Bulgarien, Rn.  119. Zum alten Recht Schrameyer, WiRO 1993, 260, 261 ff.; ders., WiRO 1996, 339 ff. 177  Zur Rechtsfigur des nasciturus im bulgarischen Recht Pavlova, Pravna misal 2003, №  2, 25–34. Grundlegend hierzu Deynet, Rechtsstellung des Nasciturus, insbes. S.  110–127 (zum Erbrecht) und S.  131–164 (zum Deliktsrecht). 178  A. A. wohl Asparuhova, Nasledyavane, S.  23: „Die Fähigkeit einer Person, Erbe zu sein, ist Teil seiner allgemeinen Rechtsfähigkeit […]“ 179  S.a. Todorov, Pravootnoshenia, S.  323, Tz.  150 g/“г“, der die Rechtsfähigkeit des nasciturus dem Erbstatut unterstellt. Im Geltungsbereich des bulgIPRGB folgt das nunmehr unmittelbar aus Art.  91 Nr.  4 bulgIPRGB. 180  Folgerichtig wird man die Haftung für vorgeburtliche Gesundheitsschäden nach dem Deliktstatut beurteilen. Rechtsvergleichend dazu Stoll, FS Nipperdey, Bd.  I (1965), 739 ff.; Deynet, Rechtsstellung des Nasciturus, S.  145. Zum deliktischen Schutz des nasciturus im bulgarischen materiellen Recht Pavlova, Pravna misal 2003, №  2, 25, 29–33, die ihre Ansicht mit §  844 Abs.  2 BGB begründet (ebd., S.  32). 181  Asparuhova, Nasledyavane, S.  22. 182  v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  5 ff. 183  Art.  2 Abs.  1 lit.  a bulgErbG ist an §  1923 Abs.  2 BGB angelehnt; s. Pavlova, Pravna misal 2003, №  2, 25, 26 (Fn.  5). 184  Das bulgarische Erbrecht kennt nicht das Rechtsinstitut der Nacherbschaft; Art.  21

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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Nach dem von Art.  48 Abs.  1 bulgIPRGB berufenen Personalstatut zu beantworten ist allerdings, wie bereits dargestellt, die Frage, von welchem Zeitpunkt an dem vor seiner Geburt oder Zeugung bedachten Kind Rechtsfähigkeit zukommt, ab wann also das Kind als eigener Rechtsträger der kraft Erbrechts zugewendeten Vermögensrechte zu betrachten ist. E. Geschäftsfähigkeit I. Sonderanknüpfung an die Staatsangehörigkeit Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, eigenständig durch Rechtsgeschäft im eigenen Namen Rechte zu erwerben und Pflichten zu begründen.185 Gemäß Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB beurteilt sie sich für jede Person nach ihrem Heimatrecht. Als Wirksamkeitsvoraussetzung ist die Geschäftsfähigkeit als selbständig anzuknüpfende Teilfrage vom Wirkungsstatut abgespalten.186 Dagegen unterliegen besondere Geschäftsfähigkeiten gem. Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB dem jeweiligen Wirkungsstatut, d. h. dem Anknüpfungsgegenstand, zu dem sie sachlich gehören.187 Die Testierfähigkeit ist z. B. Bestandteil des Erbrechts, die Delikts­ fähigkeit unterliegt dem Deliktsstatut und das Eltern-Kind-Statut bestimmt die Vertretung von Kindern durch die Eltern.188 Art.  50 Abs.  1 bulgIPRGB ist zwingendes Recht,189 eine Rechtswahl mithin ausgeschlossen. II. Rück- und Weiterverweisung Rück- und Weiterverweisungen sind gem. Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB zu beachten. Zu einer Rückverweisung kommt es insbesondere dann, wenn das Heimatrecht die Geschäftsfähigkeit nach dem Domizilprinzip beurteilt190 (z. B. Nor­ wegen und Dänemark) oder dem Wirkungsstatut unterstellt (etwa England und Kanada). Eine versteckte Rück- oder Weiterverweisung kann sich ergeben aus einer abweichenden Qualifikation durch das gem. Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB berufene Kollisionsrecht. Abs.  2 bulgErbG verbietet ausdrücklich das Fideikommiss; vgl. Tasev, Nasledstveno pravo, S.  82 f.; Musseva, in: Gierl et al., IntErbR, Länderbericht Bulgarien, Rn.  78; näher Mateeva, Deutsches Erbrecht in Bulgarien, S.  575 ff. 185  Natov, MCP-Osobena chast, S.  21; Кutikov, MCP, S.  318. 186  Vgl. Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  6. 187  Ähnlich Stancheva-Mincheva, Art.  50 bulgIPRGB, S.  108. 188  Vgl. Todorov, MCP, S.  187; Stancheva-Mincheva, Art.  50 bulgIPRGB, S.  108. 189  S.a. Dzherov, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  147; a. A. freilich Natov, Art.  2 bulg­ IPRGB, S.  83, 88 f., 91. 190  Todorov, MCP, S.  160; Кutikov, MCP, S.  321, 325; Stancheva-Mincheva, Art.  50 bulg­ IPRGB, S.  108.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

III. Reichweite des Geschäftsfähigkeitsstatuts Der Begriff der Geschäftsfähigkeit ist gem. Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB nach bulgarischem Recht als der lex fori zu qualifizieren.191 Erfasst werden Begrenzungen der Geschäftsfähigkeit als der Fähigkeit zum rechtsgeschäftlichen Handeln in positiver wie negativer Hinsicht: Die Erreichung beschränkter oder partieller Geschäftsfähigkeit und Volljährigkeit nach dem Alter, der Verlust infolge geistiger Gebrechen und die Umstände, die ggf. vorzeitig zur vollen Geschäftsfähigkeit führen (bspw. die Eheschließung). 1. Volljährigkeit Volle Geschäftsfähigkeit tritt gem. Art.  2 bulgGPF mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein. Das Personalstatut ist außerdem im Unterhalts- und Sorgerecht maßgeblich. Die elterliche Sorge und Vertretung eines Nichtvolljährigen enden mit seiner Volljährigkeit. Wann das Kind als volljährig anzusehen ist, das bestimmt sein Heimatrecht. 2. Geschäftsfähigkeitsstatut Bei der Festlegung der Altersstufen hat sich der bulgarische Gesetzgeber für ein zweistufiges System von formalen Alterskriterien entschieden. Die vollständige Geschäftsunfähigkeit gilt danach bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Für die beschränkte Geschäftsfähigkeit bleibt deshalb ein Zeitraum von vier Jahren bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (Art.  3 Abs.  1 bulgGPF).192 Einen Verstoß gegen den deutschen ordre public (Art.  6 EGBGB) vermögen diese abweichenden Altersgrenzen für die Erreichung beschränkter oder voller Geschäfts­ fähigkeit nicht zu begründen.193 a) Geschäftsunfähige Personen Für ein geschäftsunfähiges Kind194 handeln die Eltern bzw. die Vormünder als gesetzliche Vertreter in seinem Namen (Art.  3 Abs.  2 bulgGPF). Jeder Elternteil 191 

Vgl. Todorov, Subekti, S.  29 f., Tz.  17. Eine Geschäftsunfähigkeit bis Vollendung des 14. Lebensjahres sehen z. B. auch das rumänische, ungarische und russische Recht vor. Bis 16 Jahre dauert sie in Brasilien und Peru; Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  44; Anh. zu Art.  7, Rn.  1 (S.  79, 80, 81, 82 und 87). 193  Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  28; MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  7 EGBGB, Rn.  36. 194  Bulgarisch: „малолетни“ (maloletni), d. h. wörtlich: Minderjährige; s. a. Jessel-Holst, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  84. 192 

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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ist alleinvertretungsberechtigt (Art.  129 Abs.  1 Alt.  1 FamKodex). Nach §  130 Abs.  1 FamKodex handelt er im Interesse des Kindes und mit der Sorge eines guten Geschäftsführers. Die Vertretung erfolgt gem. Art.  123 Abs.  2 FamKodex grundsätzlich nach vorheriger Einigung durch die Eltern. Die Geschäftsführung ist mithin gemeinsam auszuüben. Sie betrifft sämtliche Angelegenheiten des Kindes, und nicht nur die wichtigen Geschäfte (wie einen medizinischen Eingriff, eine religiöse Erziehung, die Wahl des Schultyps etc.).195 Indes hat das keine Auswirkung auf den Umfang der gesetzlichen Vertretungsmacht. Der Vertrag, den ein Elternteil ohne Einverständnis des anderen abschließt, ist demnach wirksam.196 Auf die Gutgläubigkeit des Vertragspartners kommt es insoweit nicht an.197 Bei widerstreitenden Interessen zwischen Kind und Eltern bzw. einem Elternteil wird gem. Art.  129 Abs.  2 FamKodex ein Sondervertreter bestellt. Die ihm eingeräumten Rechte198 nimmt er im Rahmen des Art.  29 Abs.  5 bulg­ ZPO wahr. b) Beschränkt geschäftsfähige Personen (Jugendliche/Nichtvolljährige) Das Heimatrecht gibt ferner Auskunft darüber, welche Rechtsgeschäfte ein beschränkt Geschäftsfähiger199 vornehmen kann, sei es mit oder ohne Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter. Für wirksame Rechtshandlungen bedarf der Jugendliche der Zustimmung zumindest eines Elternteils (Art.  4 Abs.  2 HS.  1 bulgGPF i. V. m. Art.  129 Abs.  1 Alt.  2 FamKodex).200 Der Begriff der Zustimmung erfasst die vorherige Einwil195 

Vgl Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  425; Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  II, S.  372. 196  Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  77. 197  Vgl. Mateeva, Semeyno pravo, S.  446, m. w. N. zu anderen Auffassungen. 198  Vgl. die beispielhafte Aufzählung in Art.  34 Abs.  2 und 3 bulgZPO. 199  Bulgarisch: „непълнолетни“ (nepalnoletni), d. h. wörtlich: Nichtvolljährige; s. a. Jessel-­ Holst, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  85. Im Folgenden werden die Begriffe „beschränkt Geschäftsfähiger, Jugendlicher und Nichtvolljähriger“ verwendet und synonym gebraucht. 200  Die 1. Alt. des 129 Abs.  1 FamKodex räumt ausdrücklich nur den Eltern geschäftsunfähiger Personen eine gesetzliche Vertretungsmacht ein. Die 2. Alt. der Vorschrift dagegen spricht den Eltern von Jugendlichen, d. h. beschränkt Geschäftsfähigen, ein Pflegschafts-Mitwirkungsrecht zu. Das bedeutet nicht, dass die Eltern von Jugendlichen keine gesetzliche Vollmacht hätten und deshalb auf die Erteilung oder Verweigerung ihrer Zustimmung zu einem Rechts­ geschäft des Jugendlichen beschränkt wären. Die elterliche Sorge erfasst gem. Art.  125 Abs.  1 FamKodex auch die Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Interessen des „Kindes“, also sowohl des geschäftsunfähigen Kindes wie des Jugendlichen als beschränkt geschäftsfähigem Kind. Überdies folgt die Vertretungsmacht der Eltern im Umkehrschluss aus Art.  4 Abs.  2 HS.  2 Alt.  1 bulgGPF: Nur Geschäfte des täglichen Lebens können die Jugendlichen selbstständig „abschließen“. Im Übrigen, d. h. immer dann, wenn sie allein handeln, bedürfen sie der Zustim-

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

ligung und die nachträgliche Genehmigung.201 Ob der Jugendliche einen lediglich (rechtlichen) Vorteil aus dem Rechtsgeschäft erlangt hat, ist ohne Belang. Es verbleibt bei dem Zustimmungsvorbehalt. Die Zustimmung ist grundsätzlich formfrei. Mündliche oder konkludente Erteilung reicht darum aus.202 Eine Ausnahme besteht dann, wenn das Rechtsgeschäft selbst einer Form unterworfen ist.203 Die Zustimmung kann sowohl dem Jugendlichen wie seinem Geschäftspartner gegenüber erklärt werden.204 Ein bulgarischer Jugendlicher kann eigenständig einfache, kleine Geschäfte des täglichen Lebens zur Befriedigung seiner laufenden Bedürfnisse wirksam abschließen (Art.  4 Abs.  2 HS.  2 Alt.  1 bulgGPF).205 Die Wirksamkeit solcher Verträge erkennt das französische wie das englische Recht an – als „necessaires“ bzw. mung ihrer Eltern. Diese Auslegung trägt der Wortlaut des HS.  1 des Art.  4 Abs.  2 bulgGPF. Dort heißt es wörtlich: Diese bewirken Rechtshandlungen mit Zustimmung ihrer Eltern. Nur wenn der Jugendliche selbst ein Rechtsgeschäft vornehmen will oder vorgenommen hat, bedarf es der Zustimmung der Eltern. Dass die Eltern für den Jugendlichen in seinem Namen handeln können, ist demzufolge in Art.  4 Abs.  2 bulgGPF weder geregelt noch ausgeschlossen. Ferner verwalten die Eltern gemäß Art.  130 Abs.  1 FamKodex das Vermögen des „Kindes“. Unter „verwalten“ versteht die Rechtsprechung sämtliche Handlungen zur Aufrechterhaltung des (unbeweglichen wie beweglichen) Vermögensbestands des Kindes; die Rechtsnatur der Handlungen ist unerheblich. Dazu gehört die Empfangnahme von Mietzinszahlungen, Tilgung von Verbindlichkeiten, Abschluss von Mietverträgen mit einer Mietlaufzeit von bis zu höchsten 3 Jahren sowie gerichtliche Geltendmachung von Besitzrechten, vgl. Auslegungsurteil des Gemeinsamen Senats des Zivilkollegiums beim Obersten Gericht №  91 v. 1.10.1974 i. d. Rs.  63/­ 1974 – ciela; eingehend Staneva, Predstavitelni i popechitelski funktsii na roditelite, S.  11 ff. Art.  130 Abs.  1 FamKodex gibt folglich den Eltern eines Jugendlichen Vertretungsmacht und bestimmt zugleich ihren Umfang. Ein einleuchtender Grund, die gesetzliche Vertretung der Eltern auf die Aufrechterhaltung des Kindesvermögens zu beschränken, ist nicht ersichtlich. A. A. offenbar (ohne Begründung) Mateeva, Semeyno pravo, S.  449, die im Rahmen des Art.  129 Abs.  1 FamKodex stets ein Handeln des Jugendlichen voraussetzt, zu welchem die Eltern dann nur ihre Zustimmung erteilen oder verweigern können. 201  Vgl. Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  260; a. A. (ohne Begründung) Dzherov, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  151 f. Nach ihm muss die Zustimmung stets zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts durch den Jugendlichen vorliegen und dessen Geschäftspartner bekannt sein. 202  Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  77. 203  A. A. Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  260. Danach sei die elterliche Zustimmung immer formlos möglich. Wie hier aber richtig Dzherov, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  152. 204  Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  77, mit der Einschränkung, dass eine dem Jugendlichen gegenüber zu erteilende Zustimmung in der Weise zu erfolgen habe, dass diese dem Geschäftspartner zur Kenntnis gereichen könne. 205  Alt.  1 des Art.  4 Abs.  2 HS.  2 bulgGPF gehört also zu den Geschäftsfähigkeitsstufen, und nicht zur Teilgeschäftsfähigkeit des Minderjährigen. Die letztere ist ein Fall der Alt.  2 der Vorschrift. Die beiden Regelungen sind daher strikt auseinanderzuhalten.

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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„beneficial contracts of service“.206; 207 Was unter einfachen, kleinen Tagesgeschäften zur Befriedigung laufender Bedürfnisses des Jugendlichen zu verstehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.208 Gemeint sind insbesondere Geschäfte zum täglichen Schulbesuch, also Schulbuchkauf, Frühstück, Mittagessen usw.209 Kennzeichen solcher Geschäfte ist die sofortige Abwicklung. Rechte und Pflichten aus ihnen erlöschen deswegen an Ort und Stelle, so dass ein (praktisches) Bedürfnis für die Herausnahme aus dem Zustimmungsvorbehalt besteht.210 Maßgeblich sollen nach der Lehre die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie sein, ferner die Zuordnung des Geschäfts zu den gebilligten Neigungen des Jugend­ lichen (das Kind beschäftigt sich z. B. intensiv mit Musik oder Malerei) und seinem Alter auf der Zeitschiene von 14 bis zu 18 Jahren.211 Es soll die Kompatibilität mit dem Kindeswohl und Jugendschutz gewährleistet sein. Eine betragsmäßige Deckelung findet nicht statt.212 Die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts hängt auch nicht von einer Bewirkung der Leistung durch den Jugendlichen ab.213 3.  Teilgeschäftsfähigkeit Nichtvolljähriger Das Personalstatut beantwortet weiterhin die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Jugendlicher für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften als voll geschäftsfähig zu gelten hat. a) Art.  4 Abs.  2 HS.  2 Alt.  2 bulgGPF Hierher gehört Art.  4 Abs.  2 HS.  2 Alt.  2 bulgGPF. Nach dieser Vorschrift bedarf es der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (Eltern oder Pfleger) für Rechtsgeschäfte nicht, mit denen der Jugendliche über dasjenige verfügt (Folgegeschäft), was er aus eigener Arbeit verdient hat (Grundgeschäft). Als Grundgeschäfte kommen alle Rechtsgeschäfte in Betracht, in deren Vollzug der Jugendliche eine Gegenleistung erhält. Der Begriff „aus eigener Arbeit“ ist dabei nicht im rechts-­ 206 

Eingehend Menold-Weber, Verträge Minderjähriger und ihre Rückabwicklung. Dagegen führt §  105a BGB nicht zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts, sondern schließt nur die Rückforderung der bewirkten Leistung und Gegenleistung aus; im Einzelnen hierzu Lipp, FamRZ 2003, 721 ff.; Casper, NJW 2002, 3425 f. 208  Dzherov, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  150; Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  257. 209  Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  262. 210  Die Regelungstechnik entspricht der des §  110 BGB. 211  Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  75; Pavlova, Grazhdansko pravo-­ Obshta chast, S.  257. 212  Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  256; a. A. Dzherov, Grazhdansko pravo-­ Obshta chast, S.  150 (kleiner Betrag). 213  L. Vasilev, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  119. 207 

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

technischen Sinne zu verstehen, so dass nicht nur Arbeitsleistung, sondern auch Erträge aus einem (geerbten) Patent-, einem Urheberrecht oder ein Stipendium darunter fallen.214 Ob das Wirksamkeitsprivileg des Folgegeschäfts auf weitere Folgegeschäfte (Surrogatgeschäfte) zu erstrecken ist, mit denen der Jugendliche Surrogate für das unmittelbar aus dem ersten Folgegeschäft Erworbene erlangt – etwa Kauf eines Schulbuchs, Weiterverkauf des Schulbuches und Neuerwerb eines Comics -, bestimmen die Umstände des Einzelfalles.215 b) Arbeitsvertragsfähigkeit Praktisch bedeutsam ist die Fähigkeit eines Jugendlichen zum Abschluss eines Arbeitsvertrags. Da sie zu der partiellen Geschäftsfähigkeit gehört, unterliegt sie dem Personalstatut. Nach bulgarischem materiellem Recht beträgt das Mindestalter für die Eingehung eines Beschäftigungsverhältnisses 16 Jahre (Art.  301 Abs.  1 ArbKodex)216;217. Ausnahmen sind bei der Ausübung leichter, für die psychische, physische und moralische Kindesentwicklung ungefährlicher Arbeiten vorgesehen.218 Für die Beschäftigung von Jugendlichen soll der Arbeitgeber die Zustimmung der Di­ rektion „Arbeitsinspektion“ am Wohnsitz des Minderjährigen einholen (Art.  302 Abs.  2 bzw. Art.  303 Abs.  3 ArbKodex);219 sie ist indes keine Wirksamkeits­ voraussetzung für den Arbeitsvertrag.220 Beispiel: Ein 16-jähriger Bulgare schließt mit einer Nürnberger Anwaltskanzlei einen Ausbildungsvertrag, um die Arbeitsweise in einer deutschen Rechtsanwaltskanzlei kennenzulernen. 214 

Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  257. Vgl. Tadzher, GSU 1975, S.  134 f.; Tsankova, Zaveshtanie, Tz.  66, S.  82; A. A. Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  257 (Surrogationsgeschäfte von Art.  4 Abs.  2 HS.  2 Alt.  2 bulgGPF nicht erfasst); L. Vasilev, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  120. 216  DV Nr.  26 v. 1.4.1986; deutsche Übersetzung der Fassung DV Nr.  100 v. 10.12.1992 bei Breidenbach (Hrsg.), HdbWiRO, Bd.  1, BG 600 (Stand: Juni 2019). 217  Ähnlich ist die Rechtslage in den Niederlanden. Gemäß Art.  7:612 BW können 16-Jährige ohne Zustimmung der Eltern (und damit gegen ihren Willen) einen Arbeitsvertrag abschließen. Lediglich eine Konkurrenzklausel dürfen sie nicht vereinbaren (Art.  7:653 Abs.  1 BW); s. Deinert, IntArbR, §  7, Rn.  5 m. w. N. 218  Näher Serbezova, in: Mrachkov et al., Trudovi otnoshenia, S.  471–475; Milovanov, ­Trudov dogovor, S.  36 f. 219  Bzgl. Zuständigkeiten und Eingriffsmöglichkeiten der Arbeitsinspektionen s. Ivanova, JOR 43 (2002), 163, 166 f. 220  A. A. Serbezova, in: Mrachkov et al., Trudovi otnoshenia, S.  471 (der Arbeitsvertrag werde mit schriftlichem Einverständnis der Eltern und erst nach erteilter Zustimmung der Arbeitsinspektion geschlossen); Todorova, in: Todorova et al., Vaprosi i otgovori, S.  490 („erforderlich“ sei die Zustimmung der Arbeitsinspektion). Gegen diese Auffassung spricht der Minderjährigenschutz. 215 

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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Die Begründung eines Ausbildungsverhältnisses unterliegt dem Vertragsstatut (Art.  10 Abs.  1 Rom  I-VO). 1) Mangels Rechtswahl ist das Recht des Staates maßgebend, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet (Art.  8 Abs.  2 Alt.  1 Rom  I-VO). Der Auszubildende verrichtet seine Arbeit in Nürnberg. Vertragsstatut ist deutsches Recht. 2) Einer eigenständigen Anknüpfung unterliegt die Geschäftsfähigkeit. Denn die Frage der Arbeitsvertragsfähigkeit ist eine Teilfrage, die gem. Art.  7 Abs.  1 S.  1 EGBGB selbstständig an die Staatsangehörigkeit des Betroffenen anzuknüpfen ist.221 Nach bulgarischem Recht ist ein Jugendlicher mit Vollendung des 16. Lebensjahres arbeitsmündig und kann ein Arbeitsverhältnis selbständig – also ohne Beteiligung seiner Eltern – wirksam eingehen. Dem steht nicht entgegen, dass die Arbeit in Deutschland zu leisten ist und das deutsche Recht in §  113 BGB die Ermächtigung der Eltern verlangt.222 Denn die Regelung des §  113 BGB stellt keine Eingriffsnorm i. S. des Art.  9 Rom  I VO dar, die stets Beachtung finden müsste. Ferner begründen Art.  302 Abs.  2 bzw. Art.  303 Abs.  2 ArbKodex keine Beschäftigungsverbote zum Schutz eines Jugendlichen, die einer Beschäftigung in Deutschland entgegen­ stehen könnten.223 Auf Art.  13 Rom  I kommt es nicht an, da die ausländische Partei (hier der nichtvolljährige bulgarische Jugendliche) bereits nach ihrem Heimatrecht die erforderliche Geschäftsfähigkeit besitzt.224 Der Arbeitsvertrag seines gleichaltrigen deutschen Freundes wäre in Bulgarien nur bei Bösgläubigkeit des Arbeitsgebers im Hinblick auf die mangelnde Geschäftsfähigkeit des deutschen Jugendlichen unwirksam (Art.  13 Rom  I VO), weil dieser nach bulgarischem Recht als arbeitsvertragsfähig gilt.

4. Vorzeitige Emanzipation: „Heirat macht mündig“ a) Die Regelung des Art.  6 Abs.  4 HS.  1 FamKodex Heiraten können in Bulgarien im Grundsatz nur Volljährige (Art.  6 Abs.  1 FamKodex). Davon macht Abs.  2 eine Ausnahme für Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Mit vorheriger Genehmigung des Rayongerichts – örtlich zuständig dasjenige, in dessen Bezirk der Wohnsitz225 des nichtvolljährigen Nup221 

Deinert, IntArbR, §  7, Rn.  9 und §  11, Rn.  13. Vgl. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR (2015), Rn.  7.931; MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  7 EGBGB, Rn.  52. 223  Dazu Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  49. 224  Vgl. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR (2015), Rn.  7.1006. 225  Das Gesetz spricht von der „ständigen Adresse“ (постоянен адрес/postoyanen adres) des jugendlichen Ehewilligen. Ob die ständige Adresse mit dem Wohnsitz (местожителство/ mestozhitelstvo) identisch ist, wird nicht einheitlich beantwortet; (dafür) Shopov, Nauchni ­trudove 2001, №  7, Bd.  II, S.  144, 147, 149 m. w. N.; ders., Pravna misal 2006, №  2, 3, 12; wohl auch Tsankov, Bulgarsko grazhdanstvo, S.  127; Goleva, Obligatsionno pravo , S.  129 Kalaydzhiev, Obligatsionno pravo-Obshta chast, S.  258; (dagegen) Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  279 (die gegenwärtige, nicht die ständige Adresse bezeichne den Wohnsitz); Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  2265 v. 3.4.2011 (zit. nach Shopov, a. a. O., S.  148 f.). Die 222 

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

turienten liegt – können solche Personen die Ehe schließen und gelten von da an als geschäftsfähig (Art.  6 Abs.  4 HS.  1 FamKodex)226. Die Erteilung der Genehmigung hängt davon ab, dass besondere Umstände für die Heirat sprechen.227 Die Literatur befürwortet angesichts des klaren Wortlauts des Art.  6 Abs.  2 S.  1 FamKodex („Ausnahmsweise, wenn triftige Gründe es erfordern […]“) eine restriktive Auslegung,228 die (ältere) Rechtsprechung nimmt eine extensive vor.229 Meist geht es um Fälle, in denen schon ein Kind unterwegs ist.230 Ein auf Dauer angelegtes Zusammenleben oder gar ein solches wie zwischen Ehegatten wird nicht vorausgesetzt.231 Im Verfahren auf Erteilung der Problematik hat folgenden Hintergrund: Art.  7 Abs.  1 bulgGPF a. F. definierte den Begriff des Wohnsitzes als den Ort, an dem eine Person dauerhaft oder überwiegend wohnt; erforderlich war ein entsprechender Antrag auf Eintragung in das Register der Bevölkerung. Mit Inkrafttreten des PStRegG im Jahr 2001 (DV №  67 v. 27.7.1999) wurde die Norm ersatzlos gestrichen. Seither verwendet der Gesetzgeber hie und da immer noch den alten Begriff, ohne ihn aber zu definieren. Die neu hinzugekommenen Begriffe – ständige Adresse, gegenwärtige Adresse und gewöhnlicher Aufenthalt – stützen sich zwar auf eine Legaldefinition, lassen jedoch die Frage unbeantwortet, wie der Wohnsitzbegriff künftig auszulegen ist. Ständige Adresse ist die Adresse, unter welcher eine Person im Bevölkerungsregister geführt wird (Art.  93 Abs.  1 PStRegG). Sie dient als Korrespondenzadresse mit „Organen der Staats­ gewalt“ und solchen „der örtlichen Selbstverwaltung“(Art.  93 Abs.  5 PStRegG). Die ständige Adresse muss nicht mit dem tatsächlichen Wohnort übereinstimmen, also dem Ort, an dem die Person sich (momentan) aufhält. Letzteres umschreibt man mit dem Begriff der sog. gegenwärtigen Adresse (настоящ адрес/nastoyasht adres), vgl. Art.  94 Abs.  1 PStRegG. Jeder Bulgare verfügt über eine ständige Adresse, die in Bulgarien liegt (Art.  93 Abs.  2 und 3 PStRegG), und eine Wohnanschrift (gegenwärtige Adresse), die sich auch im Ausland befinden kann (Art.  93 Abs.  2 und 3 PStRegG). Wohnt jemand im Ausland und hat er sich in das Bevölkerungsregister nicht eintragen lassen, so erfolgt die Eintragung der ständigen Adresse von Amts wegen ins Register der Bevölkerung der Stadt Sofia, Rayon „Sredez“. Als gegenwärtige Adresse von Bulgaren mit Wohnsitz im Ausland wird im Bevölkerungsregister nur der Wohnsitzstaat geführt. Zu den Begriffen „Wohnsitz“, „ständige Adresse“ und „gegenwärtige Adresse“ sowie ihren Unterscheidungskriterien eingehend Shopov, Nauchni trudove 2001, №  7, Bd.  II, S.  144–150; ders., Pravna misal 2006, №  2, 3–15. 226  Eine ähnliche Regelung existiert in Österreich (§  175 des österreichischen ABGB). 227  Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  39. 228  Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  116; Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  166. 229  Bezirksgericht Sofia, Urt. №  12525/55 (die besonderen Umstände, welche die Heirat des Nichtvolljährigen rechtfertigen, sah das Gericht darin begründet, dass die Eltern des einen Ehewilligen im hohen Alter waren und im Haushalt auf die Hilfe Dritter angewiesen waren); Urt. №  10827/55 (der besondere Umstand wurde damit begründet, dass die Großfamilie durch die Eheschließung über eine zusätzliche arbeitsfähige Person verfügen würde). Offenbar stand die soziale Absicherung i. w. S. im Vordergrund dieser Rechtsprechung. Alle Urteile zitiert nach Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  116; Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  166. 230  Rayongericht Isperih, Urt. №  38 v. 13.2.2014 i. d. Rs. №  57/2014 – ciela; Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  39. 231  Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  39.

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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r­ ayongerichtlichen Genehmigung gilt der jugendliche Nupturient als prozessund parteifähig.232 Eine Zustimmung der Eltern zur Antragstellung ist nicht erforderlich.233 Beide Elternteile234 und der volljährige Nupturient sind anzuhören, auch vermittels einer schriftlichen, notariell beglaubigten Stellungnahme.235 Die Gerichtsentscheidung ist nur im Falle der Zurückweisung des Antrags anfechtbar. Lebt der bulgarische jugendliche Nupturient im Ausland, so ist für die Genehmigung auch die dortige diplomatische oder konsularische Vertretung Bul­ gariens zuständig, vgl. Art.  76 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB.236 b) Qualifikation Die Erweiterung der Geschäftsfähigkeit für einen nichtvolljährigen Nuptu­rienten qua Eheschließung wirft ein Qualifikationsproblem auf. Es fragt sich, ob Vorschriften wie Art.  6 Abs.  4 HS.  1 FamKodex dem Geschäftsfähigkeitsstatut (Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB) oder dem Ehewirkungsstatut (Art.  79 Abs.  1 oder 2 bulgIPRGB) unterliegen. Nach der Lehre erfolgt die Emanzipation gem. Art.  6 Abs.  4 HS.  1 FamKodex nicht etwa deswegen, weil dem heiratenden Jugendlichen die geistige Reife eines Volljährigen zugesprochen wird,237 sondern um der Gleichberechtigung von Mann und Frau, deren Kinder238 und der Ehe willen.239 Statistisch gesehen waren/sind Ehen beiderseits Nichtvolljähriger selten, ebenso Eheschließungen einer erwachsenen Frau mit einem bis anhin nichtvolljährigen Mann. Weitaus am häufigsten (waren und) sind Eheschließungen eines erwachsenen Mannes mit einer nichtvolljährigen Frau. Solche Frauen trotz der Eheschließung unmündig zu lassen, verstieße gegen die Gleichberechtigung der Geschlechter. Ferner setzt die elterliche Sorge für ein gemeinsames, eventuell erst nach der Heirat geborenes Kind sorgerechtsfähige Eltern voraus. Anders gesagt: Wer eine Ehe schließt, sollte sie auch mündig führen können. Die Erlangung der Geschäftsfähigkeit durch Eheschließung rechnet deshalb zum Ehewirkungsstatut der persönlichen Beziehungen der Ehegatten gem. Art.  79 Abs.  1 bzw. Abs.  2 bulgIPRGB. Das ist 232 

Vgl. Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  38. Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  38. 234  Nach Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  118, ist der Elternteil nicht anzuhören, dessen Sorgerecht entzogen worden ist; anzuhören sei dann der Betreuer. 235  Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  38. 236  Dazu Todorov, Pravootnoshenia, S.  74, Tz.  24. 237  Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  72 a. E. 238 So Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  72. 239  Vgl. Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  49; Todorov, Pravootnoshenia, S.  74, Tz.  24. Nach Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  255, erfolgt die Emanzipation aus Zweckmäßigkeitsgründen. 233 

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

nur konsequent, sind doch eventuelle vermögensrechtliche Einschränkungen infolge einer Eheschließung gem. Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB dem Ehewirkungsstatut unterstellt, von der Möglichkeit einer Rechtswahl und der sich daraus u. U. ergebenden anderweitigen sachrechtlichen Lösung einmal abgesehen. Sofern noch fremde Rechtsordnungen eine Minderung der Geschäftsfähigkeit der Frau durch die Eheschließung vorsehen,240 sind sie folgerichtig entweder den persönlichen Ehewirkungen nach Art.  79 Abs.  1 oder 2 bulgIPRGB oder dem Güterstatut nach Art.  79 Abs.  3 bulgIPRGB zuzuordnen.241 Die Zuordnung richtet sich nach dem Grund der Einschränkung: Ist dieser güterrechtlich begründet, so spricht das für eine güterrechtliche Qualifikation. Dient er dagegen dem allgemeinen Schutz der Ehegemeinschaft, ist die Beschränkung den persönlichen Ehe­ wirkungen zu unterwerfen.242 Indes verstoßen solche Einschränkungen der Geschäftsfähigkeit infolge einer Heirat bei hinreichendem Inlandsbezug gegen den heimischen ordre public gem. Art.  45 bulgIPRGB.243 Davon zu unterscheiden sind Verfügungsbeschränkungen auf der Grundlage des Güterrechts. Solche sind dem Güterstatut nach Art.  79 Abs.  1 oder 2 bzw. Abs.  3 bulgIPRGB zuzuschlagen. Trotz erlangter Geschäftsfähigkeit des Nichtvolljährigen normiert Art.  6 Abs.  4 HS.  2 FamKodex eine Verfügungsbeschränkung zu seinen Lasten. Hiernach kann er über unbewegliches Vermögen nur mit gerichtlicher Genehmigung244 verfügen.245 Das ist eine Beschränkung der durch Heirat erlangten allgemeinen Geschäftsfähigkeit, nicht die Einschränkung einer besonderen. Denn der jugendliche Ehegatte konnte solche Rechtsgeschäfte schon vor der Heirat nicht allein abschließen. Damit ist Art.  6 Abs.  4 HS.  2 bulgIPRGB als Frage der allgemeinen Geschäftsfähigkeit zu qualifizieren, über welche das Heimatrecht des nunmehr geschäftsfähigen Ehegatten gem. Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB entscheidet. 240  Hausmann, in: Reithmann/Martiny, 7.  Aufl., Rn.  5862, erwähnt Art.  137 des chilenischen Code civil, wonach die Frau ohne Ermächtigung des Mannes keinen Vertrag schließen könne. Der Hinweis ist nun in der 8.  Aufl.ge (2015) entfallen (vgl. Hausmann, a. a. O., Rn.  7.699). 241  Ebenso das deutsche Kollisionsrecht; vgl. BGH, IPRspr 1952/53, Nr.  298; BaRo/Mäsch, Art.  7 EGBGB, Rn.  26; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  14 EGBGB, Rn.  232. 242  BaRo/Mäsch, Art.  7 EGBGB, Rn.  26. 243  Für Deutschland LG Berlin, FamRZ 1993, 198; Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  59; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR (2015), Rn.  7.699. Zur Kritik an der gespaltenen Anknüpfung im deutschen IPR (die Erweiterung der Geschäftsfähigkeit durch Eheschließung unterliegt dem Personalstatut gem. Art.  7 Abs.  1 S.  2 EGBGB, deren Einschränkung dem Ehewirkungsstatut nach Art.  14 EGBGB) siehe MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  7 EGBGB, Rn.  54 a. E.; Erman/Hohloch (2017), Art.  7 EGBGB, Rn.  9 a. E. 244  Zuständig ist wieder das Rayongericht an der ständigen Anschrift (am Wohnsitz) des nichtvolljährigen Nupturienten. 245  Tadzher, GSU 1975, S.  134, 142, schlug de lege ferenda die Aufhebung dieser Einschränkung vor.

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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IV. Einfluss des Wirkungsstatuts Die selbständige Anknüpfung der Geschäftsfähigkeit führt zu einigen Abgrenzungsfragen gegenüber dem Wirkungsstatut. 1. Erfordernis und Grad der Geschäftsfähigkeit Dem Wirkungsstatut entnimmt man, ob und wann246 für eine wirksame Rechtshandlung Geschäftsfähigkeit vorliegen muss. Wie die handelnde Person dem so durch das Wirkungsstatut bestimmten Geschäftsfähigkeitserfordernis entspricht, ob also die verlangte Geschäftsfähigkeit tatsächlich gegeben ist, das festzustellen bleibt dem Geschäftsfähigkeitsstatut gem. Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB überlassen. Welcher Grad an Geschäftsfähigkeit – beschränkte oder volle Geschäftsfähigkeit – erforderlich ist, beurteilt sich folglich gem. Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulg­ IPRGB nach dem Heimatrecht des Jugendlichen. Dafür spricht der Jugendschutz: Jede Rechtsordnung soll über den Schutz ihrer eigenen nichtvolljährigen Personen selbst befinden. Mit anderen Worten: Das Wirkungsstatut verlangt nur generell Geschäfts­ fähigkeit, das Geschäftsfähigkeitsstatut legt fest, wie diese Geschäftsfähigkeit beschaffen sein muss. Über das Ob herrscht somit das Wirkungsstatut, über das Wie das Geschäftsfähigkeitsstatut. 2. Besondere Geschäftsfähigkeiten Für besondere Rechtsgeschäfte kann das Wirkungsstatut besondere Geschäfts­ fähigkeiten fordern. In diesem Sinne bestimmt Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB die Anwendung desjenigen Rechts, welches für das in Rede stehende Rechtsverhältnis besondere Geschäftsfähigkeiten voraussetzt.247 Besondere Geschäftsfähigkeiten beschränken ihren sachlichen Anwendungsbereich auf dasjenige Rechtsgebiet, zu welchem sie systematisch gehören. Die Ehemündigkeit z. B. unterliegt gem. Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB dem Eheschließungsstatut, die Testierfähigkeit gem. Art.  91 Nr.  9 bulgIPRGB dem Erb­ 246  Nach bulgarischem materiellem Recht muss die Geschäftsfähigkeit im Augenblick der Vornahme des Rechtsgeschäfts vorliegen. Das folgt schon aus dem Wortlaut des Art.  3 Abs.  2 bulgGPF. Danach „unternehmen“ die gesetzlichen Vertreter eines Minderjährigen alle „Rechtshandlungen“ für ihn und in seinem Namen. Etwas Rechtliches unternehmen kann aber nur, wer zu dieser Zeit etwas Rechtliches herbeiführen kann, also geschäftsfähig ist. Derselben Wortwahl bedient sich auch Art.  4 Abs.  2 bulgGPF. 247  A. A. Todorov, MCP, S.  160 f. Nach seiner Auffassung handelt es sich bei Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB um eine subsidiäre Anknüpfung. Denn immer dann, wenn das Wirkungsstatut spezielle Erfordernisse an die Geschäftsfähigkeit stelle, sei das durch das Wirkungsstatut berufene Recht anwendbar. Richtig dagegen Stancheva-Mincheva, Art.  50 bulgIPRGB, S.  108.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

statut, Adoptionsfähigkeit gem. Art.  84 Abs.  1 bulgIPRGB dem Adoptionsstatut. Die Rechtsnatur des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts ist dabei nicht entscheidend.248 Allein maßgeblich ist, ob das jeweilige Rechtsgeschäft besondere Anforderungen an die Geschäftsfähigkeit stellt, welche von denjenigen abweichen, die für die allgemeine Geschäftsfähigkeit gelten. Anders gesagt: Die lex causae muss besondere Regeln ausgeprägt haben. Tut sie es nicht, verweist sie also nur auf die allgemeine Geschäftsfähigkeit, so ist allein das Personalstatut gem. Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB berufen.249 Stellt aber das Wirkungsstatut ausdrücklich Geschäftsfähigkeitserfordernisse auf, die mit denen zur allgemeinen Geschäftsfähigkeit inhaltlich übereinstimmen (oder nicht übereinstimmen), so hat die lex causae eben doch ausdrücklich Regeln aufgestellt und es verbleibt deswegen bei der Anwendung des besonderen Geschäftsfähigkeitsstatus nach Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB. a) Handelsrecht Eine besondere Geschäftsfähigkeit sah die bulgarische Lehre seit je in der Handelsmündigkeit.250 Man argumentierte mit Art.  56 bulgHG a. F. und Art.  281 bulg­HG a. F. Die erstgenannte Norm eröffnete einer geschäftsfähigen natürlichen Person mit Inlandswohnsitz die Möglichkeit der Registrierung als Einzelkaufmann. Die zweitgenannte regelte, dass für einen Einzelkaufmann das Recht des Staates maßgebend ist, in dem er eingetragen war. Daraus hat man geschluss­ folgert, das Recht der Registereintragung befinde auch über die Voraussetzungen der Eintragung als Kaufmann, einschließlich derjenigen der Geschäftsfähigkeit.251 Die Rechtsprechung griff diesen Gedanken auf und knüpfte an den Inlandswohnsitz des Ausländers an, der sich als (Einzel-)Kaufmann eintragen ­lassen wollte.252 Denn sein Wohnsitz im Inland stimmte meist mit dem Ort der Registereintragung überein.253 Dieses Verständnis setzt sich in Art.  52 bulgIPRGB fort. Danach richtet sich die Handlungsfähigkeit als die Geschäftsfähigkeit einer natürlichen Person zur Aus248 

Todorov, MCP, S.  161. Wohl in diesem Sinne auch Stancheva-Mincheva, Art.  50 bulgIPRGB, S.  108; Todorov, MCP, S.  161. 250  S. nur Todorov, Subekti, S.  32 ff., Tz.  20; Natov, MCP-Osobena chast, S.  23 ff.; Katsarov, Sistematichen kurs po bulgarsko targovsko pravo, S.  62 f. (zit. nach Todorov, a. a. O. S.  33, Fn.  19). 251  Vgl. Natov, MCP-Osobena chast, S.  24. 252  Für die Bejahung eines Inlandswohnsitzes hatte man die Vorlage eines Daueraufenthaltstitels ausreichen lassen. Todorov, Subekti, S.  33, Tz.  20, hieß diese Rechtsprechung gut, sprach sich jedoch für eine Hilfsanknüpfung aus. 253  Natov, MCP-Osobena chast, S.  24 f. 249 

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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übung kaufmännischer Tätigkeiten nach dem Recht des Staates, in welchem die Eintragung erfolgt ist. Ist eine Eintragung nicht erforderlich, so findet das Recht des Staates Anwendung, in welchem die Person ihre Hauptniederlassung hat. b) Eherecht aa) Ehemündigkeit Sie gehört zu den materiellen Voraussetzungen der Eheschließung und unterliegt damit Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB, der auf das Heimatrecht jedes Nupturienten zum Zeitpunkt der Eheschließung verweist.254 Das Rechtsinstitut des Verlöbnisses (sponsalia) ist dem bulgarischen Recht unbekannt.255 Die Verlöbnisfähigkeit ist gem. Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB an das Heimatrecht jedes Verlobten anzuknüpfen, da Parallelität zu der Eheschließung besteht (funktionelle Qualifikation gem. Art.  39 Abs.  3 i. V. m. Abs.  2 bulg­ IPRGB).256 Gleiches gilt für die Fähigkeit zur Eingehung einer einzutragenden Lebenspartnerschaft. bb) Ehevertragsfähigkeit Sie ist eine besondere Geschäftsfähigkeit und fällt unter das Güterrechtsstatut nach Art.  79 Abs.  3 bulgIPRGB i. V. m. Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB. Die vermögensrechtlichen Aspekte der Ehe werden im bulgarischen Kollisionsrecht ­traditionell dem Güterrechtsstatut unterstellt.257 Sachrechtlich ist zu beachten, dass nichtvolljährigen Ehegatten die Möglichkeit eines Ehevertragsabschlusses nicht zusteht. Zwar setzt Art.  37 Abs.  2 FamKodex Geschäftsfähigkeit der Ehe­ vertragsschließenden voraus und mit der Eheschließung wird gem. Art.  6 Abs.  4 FamKodex eine solche erlangt. Geschäftsfähigkeit i. S. des Art.  37 Abs.  2 Fam254 

Stancheva-Mincheva, Art.  76 bulgIPRGB, S.  223 und 237; Todorov, MCP, S.  219. Einzelheiten hierzu bei Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  104 ff. 256  Das Verlöbnis war früher als Gewohnheitsrecht anerkannt. Die Lehre sah darin einen Vertrag, mit welchem sich die Verlobten verpflichten, die Ehe einzugehen. Ansprüche daraus lehnte man indes ab. Lediglich bei grundloser Verweigerung der Eheschließung billigte die Rechtsprechung deliktische Schadensersatzansprüche (Art.  45 bulgGSV). Als verletztes Rechts­­gut sah der Gemeinsame Senat des Zivilkollegiums beim Obersten Gericht in seinem Auslegungsurteil №  32 v. 2.6.1969 i. d. Rs. №  29/1969 – ciela, die Ehre und die Würde der an einer Heirat festhaltenden weiblichen Person an. Die schadensstiftende Handlung lag in der „unbegründeten Ablehnung“ der versprochenen Eheschließung. Zur Voraussetzung erhebt der Senat die hypothetische Wirksamkeit der in Aussicht gestellten Heirat und ein ernsthaftes Eheversprechen, welches die Frau zur Manifestation dieser Absichten bewegt hat. Die Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist hierzu nicht erforderlich, gleichwohl ausreichend. Näher Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  149–152. 257  Vgl. Kutikov, MCP, S.  471 ff.; Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  67. 255 

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Kodex, also die Ehevertragsfähigkeit verlangt aber ausdrücklich die volle Geschäftsfähigkeit, die mit Vollendung des 18. Lebensjahres eintritt.258 Anderenfalls wäre ihre explizite Erwähnung in Art.  37 Abs.  2 FamKodex überflüssig.259 Das Gleiche gilt für beschränkt entmündigte Personen.260; 261 Der alte Satz: habilis ad nuptias habilis ad pacta nuptialia – hat demnach im bulgarischen Sachrecht keinen fruchtbaren Boden gefunden. c) Kindschaftsrecht aa) Vaterschaftsanerkennung. Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung Sie ist gem. Art.  64 Abs.  2 FamKodex schon vor der Volljährigkeit möglich, ­soweit der minderjährige Elternteil das 16. Lebensjahr vollendet hat. Der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters bedarf er hierzu nicht. Es handelt sich um eine besondere Geschäftsfähigkeit,262 so dass sie dem Wirkungsstatut gem. Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB unterliegt, genauer: dem vom Art.  83 Abs.  1–3 bulgIPRGB berufenen Recht.263 Todorov hat dagegen vorgeschlagen, sämtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen der Vaterschaftsanerkennung (unter Einschluss der Geschäftsfähigkeitsfrage) dem Heimatrecht zu unterwerfen. Unter Heimatrecht versteht er dabei sowohl das durch die Staatsangehörigkeit des Anerkennenden als das durch seinen gewöhnlichen Aufenthalt vermittelte Recht. Subsidiär wollte er an die Staatsangehörigkeit des Anzuerkennenden anknüpfen.264 Diesem Vorschlag ist nach dem geltenden Kollisionsrecht nicht zu folgen. Ihm steht bereits der Wortlaut des Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB entgegen. Auch die in Art.  83 Abs.  2 bulgIPRGB zum Schutze des anzuerkennenden Kindes festgelegten alternativen Anknüpfungen sehen eine Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit oder den gewöhnlichen Aufenthalt des Anerkennenden nicht vor. Für die Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung gelten die gleichen Grundsätze.265 Die Fähigkeit zur Vaterschaftsanfechtung korrespondiert mit der Intention des bulgarischen Gesetzgebers, nichtvolljährige Personen im Familienrecht 258 

Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  114. Staneva, Brachniyat dogovor, S.  28. 260  Staneva, Brachniyat dogovor, S.  27. Für das deutsche Sachrecht vergleiche §  1411 BGB. 261  Die beschränkte Entmündigung i. S. des Art.  5 Abs.  2 bulgGPF kommt der Betreuung unter Einwilligungsvorbehalt gem. §  1903 BGB nahe. 262  Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  259. 263  Irreführend Borisov, Savremenno pravo 2006, №  3, 38, 41: Soweit es um die Geschäftsfähigkeit (des Anerkennenden) gehe, gelte Art.  50 Abs.  1 und 3 bulgIPRGB, „außer das anwendbare Recht stellt andere spezielle Erfordernisse auf“. 264  Todorov, Pravootnoshenia, S.  195, Tz.  88. 265  Vgl. Kutikov, MCP, S.  488. 259 

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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im Bedarfsfall mit der besonderen Geschäftsfähigkeit auszustatten.266 Aus diesem Grund ist jedem – und daher auch einem 16-jährigen – Elternteil und „seinem“ mindestens 14 Jahre alt gewordenen Kind die Möglichkeit zur Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung eingeräumt (Art.  66 und Art.  67 FamKodex). bb) Adoptionsfähigkeit Die Adoptionsfähigkeit einschließlich des hierzu aufgestellten Alterserfordernisses ist in das Adoptionsstatut nach Art.  84 Abs.  1 bulgIPRGB eingebettet.267 Gemäß Art.  78 FamKodex muss der Annehmende geschäftsfähig, d. h. 18. Jahr alt sein (Art.  2 bulgGPF).268 Die Geschäftsfähigkeit muss sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung wie zur Zeit der Zulassung der Adoption durch das Gericht vorliegen.269 Der Anzunehmende darf gem. Art.  77 Abs.  1 FamKodex das 18. Lebensjahr nicht vollendet haben. Sonderfähigkeiten wie z. B. die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters oder des Gerichts sind von Art.  84 Abs.  1 bulgIPRGB erfasst.270 Beschränkungen nach dem Vorbild des Art.  78 FamKodex, wonach dem Annehmenden nicht das Sorgerecht entzogen sein darf, gehören ebenfalls zum Adoptionsstatut. d) Erbrecht aa) Erbfähigkeit Diese unterwirft Art.  91 Nr.  4 bulgIPRGB bzw. Art.  23 Abs.  2 lit.  c EuErbVO dem Erbstatut. bb) Testierfähigkeit Das Testamentserrichtungsstatut nach Art.  90 Abs.  1 i. V. m. Art.  89 Abs.  1–3 bulg­IPRGB bestimmt über die Testierfähigkeit (testamenti factio activa).271 266 

Vgl. Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  267. Vgl. Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  252. 268  A. A. Beshkov, Osinovyavane, S.  20 f., der unter Rekurs auf Art.  4 Abs.  2 bulgGPF zusätzlich die Fähigkeit des Adoptans verlangt, für seine Angelegenheiten Sorge tragen zu können. Der Ansicht ist nicht zu folgen. Liegen die Voraussetzungen des Art.  4 Abs.  2 bulgGPF vor, so muss die betroffene Person eventuell entmündigt werden. Ist sie aber nicht entmündigt, so gilt sie als geschäftsfähig. 269  Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  1194/54 (zit. nach Beshkov, Osinovyavane, S.  21). 270  Zustimmen müssen die Eltern und der Ehegatte des Anzunehmenden, es sei denn, sie sind nicht älter als 14 Jahre alt oder sind entmündigt, der Ehegatte des Adoptierenden und der Anzunehmende selbst mit Vollendung des 14. Lebensjahres (Art.  89 FamKodex). Für die Berechnung der Altersgrenze des Anzunehmenden ist entsprechend Art.  77 Abs.  1 FamKodex auf den Zeitpunkt der Antragstellung auf Adoption abzustellen. 271  Ebenso Asparuhova, Nasledyavane, S.  205, die die Teilfrage der Testierfähigkeit nach 267 

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

Gleiches gilt gem. Art.  26 Abs.  1 lit.  a EuErbVO für Erbfälle im Geltungsbereich dieser EU-Verordnung. Damit wiederholt Art.  90 Abs.  1 bulgIPRGB nur die ohnehin nach Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB geltende Maßgeblichkeit des Wirkungsstatuts.272 Indes hat es einen anderen Grund, warum die Testierfähigkeit trotzdem einen ausdrücklichen gesetzlichen Niederschlag erfahren hat. Bis zum Inkrafttreten des bulgIPRGB wurde an die Staatsangehörigkeit des Testators angeknüpft;273 an diese knüpfen immer noch die bilateralen Staatsverträge für Rechtshilfe an, z. B. mit Vietnam (Art.  35 Abs.  1), Kuba (Art.  35 Abs.  1), der Mongolei (Art.  33 Abs.  1), Polen (Art.  36 Abs.  1 S.  1), Ungarn (Art.  33 Abs.  1) und Rumänien (Art.  37 Abs.  1). Die neue Regelung des Art.  90 Abs.  1 i. V. m. Art.  89 bulgIPRGB knüpft für unbewegliche Sachen an den Belegenheitsort, für bewegliche dagegen an den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zur Todeszeit an. Sie verleiht der geänderten Rechtslage besonderes Augenmerk. Die Testierfähigkeit muss zur Zeit der Testamentserrichtung bzw. des Widerrufs des Testaments vorliegen. Ein späterer Statutenwechsel (bei Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts also) hat keinen Einfluss:274 Ein wirksam errichtetes Testament bleibt wirksam, dem unwirksamen Testament bleibt die Wirksamkeit

Art.  89 Abs.  1 bis einschließlich Abs.  3 bulgIPRGB gesondert anknüpft; s. a. Yordanski, Savremenno pravo 2008, №  6, 35, 42–45 (mit Beispielen); Stancheva-Mincheva, Savremenno pravo 2008, №  2, 57, 64; dies., Art.  90 bulgIPRGB, S.  309. Die Verweisung des Art.  90 Abs.  1 bulg­ IPRGB – auch – auf Abs.  3 des Art.  89 bulgIPRGB hat folgende Konsequenz: Soweit der Testierende nach seinem Heimatrecht testierfähig ist, kann er über sein gesamtes Vermögen testamentarisch verfügen, mag er nach dem objektiven Erbstatut gem. Art.  89 Abs.  1 (bezüglich beweglichen Vermögens) oder Abs.  2 (hinsichtlich unbeweglichen Vermögens) testierunfähig sein; a. A. offenbar Kamenova, Pravna misal 2005, №  4, 36, 45 (Maßgeblichkeit des objektiven Erbstatuts nach Art.  89 Abs.  1 und/oder Abs.  2 bulgIPRGB); Yordanski, Nasledyavane po zaveshtanie, S.  132 f. Zu testamenti factio activa aus dem bulgarischen Schrifttum s. neuerdings Petrov, Savremenno pravo 2017, №  1, 25 ff. 272  A. A. Stancheva-Mincheva, Art.  90 bulgIPRGB, S.  309 f.; dies., Savremenno pravo 2008, №  2, 57, 64 (die Lösung des Art.  90 Abs.  1 bulgIPRGB erfolge in Abweichung von der allgemeinen Anknüpfungsregel an die lex patriae gem. Art.  50 bulgIPRGB). Art.  90 Abs.  1 bulgIPRGB ist damit lex specialis zu Art.  50 Abs.  1 bulgIPRGB. 273  Vgl. Kutikov, MCP, S.  508 f.; Natov, MCP-Osobena chast, 1994, S.  405 f.; Damyanov, Stalknovitelni normi po nasledstveno pravo, S.  74; Todorov, Pravootnoshenia, S.  328 f., Tz.  153. Todorov, a. a. O., befürwortete jedoch bereits im Jahre 1994 in Anlehnung an den Grund­satz des favor testamenti zusätzlich eine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt, ohne eine Trennung nach beweglichem und unbeweglichem Vermögen vorzunehmen. 274  A. A. Todorov, Pravootnoshenia, S.  330, Tz.  153, der alternativ auf die Zeit der Errichtung bzw. des Widerrufs des Testaments und des Todeseintritts abstellt und danach fragt, ob in einem dieser Zeitpunkte das Testament wirksam ist. Wie hier aber Stancheva-Mincheva, Art.  90 bulgIPRGB, S.  311 f.; Yordanski, Savremenno pravo 2008, №  6, 35.

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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selbst dann verwehrt, wenn der Testator nach dem neuen Statut testierfähig wäre.275 Art.  26 Abs.  2 EuErbVO regelt das ausdrücklich. Das bulgarische Erbrecht verweist in Art.  13 bulgErbG zur Testierfähigkeit auf die allgemeine Geschäftsfähigkeit.276 Dies führt jedoch nicht dazu, dass man aus deutscher Sicht Art.  7 Abs.  1 EGBGB heranziehen muss. Es verbleibt bei den Vorschriften über das Testamentserrichtungsstatut.277 Zugleich ordnet Art.  13 bulgErbG an, dass vollumfänglich entmündigte Personen testierunfähig sind.278 Für beschränkt Entmündigte gilt dies grundsätzlich nicht;279 sie testieren selbst wirksam, nicht unter Mitwirkung ihres gesetzlichen Vertreters. Denn Art.  13 bulg­ErbG ist im Verhältnis zu Art.  5 Abs.  2 bulgGPF lex specialis.280 Nicht nach dem Testamentserrichtungsstatut, sondern nach dem Erbstatut gem. Art.  89 i. V. m. Art.  91 Nr.  9 bulgIPRGB zu beurteilen sind Willensmängel bei Errichtung oder Widerruf eines Testaments.281 Nach Art.  6 Abs.  4 HS.  2 FamKodex kann ein nichtvolljähriger Ehegatte trotz seiner besonderen Geschäftsfähigkeit dank Eheschließung über unbewegliches Vermögen nur mit Genehmigung des Rayongerichts verfügen. Im Testamentsrecht gilt das nicht. Von Todes wegen verfügt er nicht über sein Vermögen zu 275 

Nach Art.  43 Abs.  1 lit.  a bulgErbG ist das Testament bei fehlender Testierfähigkeit des Erblassers vernichtbar. Dafür bedarf es eines gerichtlichen Verfahrens (Art.  44 bulgErbG). Mit Rechtskraft des Urteils gilt das Testament allerdings von Anfang an als unwirksam; vgl. ­Yordanski, Savremenno pravo 2008, №  6, 35, 46 (Fn.  2). 276  S.a. Tasev, Nasledstveno pravo, S.  60; a. A. Mateeva, Semeyno pravo, S.  79 f., wonach das Gesetz lediglich an das Alter, das für die Erreichung der Volljährigkeit maßgeblich sei (18 Jahre), anknüpfe und nicht an eine rechtliche Fähigkeit oder gar Geschäftsfähigkeit. 277  Vgl. BaRo/Lorenz, Art.  25 EGBGB, Rn.  26; MüKo BGB/Birk (2010), Art.  26 EGBGB, Rn.  13 und nunmehr MüKo BGB/Dutta (2015), Art.  26 EGBGB, Rn.  17; Staudinger/Dörner (2007), Art.  25 EGBGB, Rn.  69, 71, 238; PWW/Martiny (2015) Art.  25 EGBGB, Rn.  20; nach a. A. handelt es sich um eine Vorfrage, die selbständig nach Art.  7 Abs.  1 EGBGB anzuknüpfen ist, vgl. BayObLG FamRZ 2003, 1594; Erman/Hohloch (2014), Art.  25 EGBGB, Rn.  29. Ausf. van Venroy, JR 1988, 485 ff. 278  Die mit der gerichtlichen Anordnung vollumfänglicher Entmündigung einhergehende Aufhebung der Geschäftsfähigkeit wirkt ab Rechtskraft des Urteils. Bis dahin kann der Be­ troffene testamentarisch verfügen, es sei denn, ein sonstiger Willensmangel liegt vor; hierzu Tsankova, Zaveshtanie, S.  83, Tz.  67. 279  Vgl. Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  141 v. 28.2.2003 i. d. Rs. №  675/2002 – ciela; Tsankova, Zaveshtanie, S.  85, Tz.  64, m. w. N.; Mateeva, Deutsches Erbrecht in Bulga­ rien, S.  513 f. (Fn.  746); a. A. Tasev, Nasledstveno pravo, S.  61; L. Vasilev, Grazhdansko pravo-­ Obshta chast, S.  120; wohl auch so Stancheva-Mincheva, Art.  90 bulgIPRGB, S.  311. 280  Vgl. Tsankova, Zaveshtanie, S.  86, Tz.  69. 281  In diesem Sinne bereits nach altem IPR Todorov, Pravootnoshenia, S.  331, Tz.  153; s. a. Yordanski, Savremenno pravo 2008, №  6, 35, 50 (Fn.  31). A. A. wohl Stancheva-Mincheva, Art.  90 bulgIPRGB, S.  309; Natov, MCP-Osobena chast, S.  405. Tasev, Nasledstveno pravo, S.  208, Fn.  201 (Personalstatut zur Zeit der Testamentserrichtung).

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

Lebzeiten als Nichtvolljähriger. Für testamentarische Verfügungen bedarf er also keines Schutzes.282 Eine Ausnahme ist folgerichtig dann zu machen, wenn er vor Vollendung des 18. Lebensjahrs und damit vor Erreichung der vollen Geschäftsfähigkeit verstirbt. Über Einkünfte/Einnahmen aus eigener Arbeit i. S. des Art.  4 Abs.  2 HS.  2 Alt.  2 bulgGPF kann der nichtvolljährige Ehegatte ebenfalls testamentarisch verfügen. Daran hindert ihn auch Art.  130 Abs.  3 FamKodex nicht, da die Sonder­ regelung des Art.  4 Abs.  2 bulgGPF Vorrang hat.283 Die (Geschäfts-)Fähigkeit zur Annahme und Ausschlagung der Erbschaft richtet sich nach dem Erbstatut und nicht gem. Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB nach dem Personalstatut (Art.  91 Nr.  6 bulgIPRGB). cc) Erbvertrag Die Rechtsfigur des Erbvertrags ist dem bulgarischen Erbrecht fremd. Nach Art.  26 Abs.  1 Fall 4 bulgGSV ist ein Erbvertrag nichtig.284 Bei einem hinreichenden Inlandsbezug285 nimmt die Lehre sogar einen Verstoß gegen den bulgarischen ordre public an. Die Erbvertragsfähigkeit stellt daher ein Qualifikationsproblem dar. Ausgehend von Art.  39 Abs.  3 Alt.  1 i. V. m. Abs.  2 bulgIPRGB286 ist eine analoge Anwendung des Art.  90 Abs.  1 i. V. m. Art.  89 Abs.  1–2 bulgIPRGB angebracht.287 Da der Erbvertrag ein- oder zweiseitige Verfügungen von Todes 282  Vgl. Tsankova, Zaveshtanie, S.  80 f., Tz.  66 m. w. N.; Tasev, Nasledstveno pravo, S.  61; a. A. L. Vasilev, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  120; Mateeva, Semeyno pravo, S.  79 f.: Die Erlangung der Geschäftsfähigkeit als unmittelbare Folge der Eheschließung gelte im Erbrecht nicht. Denn der Gesetzgeber koppele die Testierfähigkeit in Art.  13 bulgErbG nicht an die Geschäftsfähigkeit, sondern an die Vollendung eines bestimmten Alters (18 Jahre). 283  Tsankova, Zaveshtanie, S.  82, Tz.  66 m. w. N.; Tasev, Nasledstveno pravo, S.  62, mit dem Hinweis, dass solche Fälle in der Praxis nicht vorkämen; außerdem sei es moralisch nicht gerechtfertigt, solchen Personen diese Möglichkeit zu eröffnen. 284  Vgl. Mateeva, Deutsches Erbrecht in Bulgarien, S.  281; Todorov, Pravootnoshenia, S.  343–346, Tz.  158, mit dem rechtsvergleichenden Hinweis auf §  2274 BGB; Musseva, in: Gierl et al., IntErbR, Länderbericht Bulgarien, Rn.  101. 285  An einem solchen fehlt es laut Todorov, Pravootnoshenia, S.  343 f., Tz.  158, wenn die Vertragspartei des Erblassers bulgarischer Staatsangehöriger, der Erblasser selbst aber Ausländer sei und der Nachlass sich im Ausland befinde. Als Beispiel nennt er den Abschluss eines Erbvertrags zwischen einem deutschen Erblasser und einem bulgarischen Begünstigten über in Deutschland belegenes Vermögen. In diesem Fall gehe es, so Todorov, eher um eine Frage der „rechtvergleichenden Ethik“ als um eine des IPR, so dass die bulgarische öffentliche Ordnung nicht tangiert sei. Folglich habe der bulgarische Richter die erbvertraglichen Regelungen zu beachten. 286  Hierzu Natov, Art.  39 bulgIPRGB, S.  306. 287  Für eine erbrechtliche Qualifikation schon nach altem IPR Todorov, Pravootnoshenia, S.  344, Tz.  158 a.

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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wegen beinhaltet, ist es interessengerecht, das Testamentserrichtungsstatut nach Art.  90 Abs.  1 i. V. m. Art.  89 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB hinsichtlich des Erblassers Platz greifen zu lassen, im Übrigen – d. h. hinsichtlich seines Vertragspartners bei einem einseitigen Erbvertrag – das Personalstatut nach Maßgabe des Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB. e) Deliktsfähigkeit Im bulgarischen IPR hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass die Deliktsfähigkeit dem Deliktsstatut unterliege. Eine Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit des Delinquenten hieße, so argumentiert man, seinen Interessen vor denen des Verletzten Vorrang zu gewähren, was zu einer Verzerrung der Neutralität bei der Ermittlung des maßgeblichen Statuts führte.288 V. Rechtsfolgen mangelnder Geschäftsfähigkeit Treten Mängel im Zusammenhang mit der von Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB bestimmten allgemeinen Geschäftsfähigkeit auf, so sind ihre Folgen einer Regelung durch das Heimatrecht überlassen.289 Das Geschäftsfähigkeitsstatut bestimmt mithin darüber, welche Folge die mangelnde Geschäftsfähigkeit hat. Das Wirkungsstatut würde nämlich das aufeinander abgestimmte Verhältnis von Voraussetzungen und Rechtsfolgen bei Mängeln der allgemeinen Geschäftsfähigkeit auseinanderreißen.290 Daher kommt Art.  27 Var.  1 bulgGSV, wonach der von einem Geschäftsunfähigen abgeschlossene Vertrag wirksam, aber anfechtbar ist, nur bei einem nichtvolljährigen Bulgaren (also bei 14–18 Jährigen) zum Tragen; nur der Nichtvolljährige kann – vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter291 – als die benachteiligte Vertragspartei die Anfechtung erklären (Art.  32 Abs.  1 bulgGSV).292 Denn auch diese Frage ist dem Heimatrecht überlassen. Weitere Rechtsfolgen nach dem Heimatrecht nichtiger oder angefochtener Geschäfte, 288  Vgl. Musseva, Deliktat v MCP, S.  213 f. In diesem Sinne schon Todorov, Subekti, S.  526, Tz.  356, sowie S.  35, Tz.  22. 289  Die Folgen der Mängel der besonderen Geschäftsfähigkeit unterliegen dagegen dem Geschäftsstatut; dies gilt freilich dann nicht mehr, wenn das Geschäftsstatut keine Sonder­ regeln für die besondere Geschäftsfähigkeit normiert und deshalb auf die Regeln der allgemeinen Geschäftsfähigkeit Bezug nimmt. 290  Vgl. Raape, IPR, 5.  Aufl., S.  171. 291  Wer sein gesetzlicher Vertreter ist, sowie ob und, wenn ja, welche Beschränkungen er unterliegt, das beurteilt sich nicht nach dem gem. Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB bestimmten Recht, sondern nach dem auf die elterliche Verantwortung, ggf. auf eine angeordnete Vormundschaft anwendbaren Recht gem. Artt.  15–17 KSÜ. 292  Zur Rechtsfigur der Anfechtung nach bulgarischem Recht s. insbes. Malchev, Unishtozhaemost, passim.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

insbesondere die Rückabwicklung eines fehlgeschlagenen Geschäfts, beurteilen sich dagegen nach dem Wirkungsstatut.293 VI. Geschäftsfähigkeits- und Vertretungsstatut Wer gesetzlicher Vertreter ist, bestimmt weder Art.  50 Abs.  1 bulgIPRGB noch das Wirkungsstatut noch Art.  62 bulgIPRGB. Letzterer ist bereits nach seinem Wortlaut und Regelungsmechanismus auf die gewillkürte Stellvertretung zugeschnitten. Eine analoge Anwendung scheidet mithin aus. Das Vertretungsstatut ist vielmehr dem Eltern-Kind-Statut gem. Art.  85 bulgIPRGB bzw. dem Vormundschafts- oder Pflegschaftsstatut nach Art.  86 bulgIPRGB zu entnehmen.294 Letzteres herrscht über Befugnisse des gesetzlichen Vertreters. Dazu zählen insbesondere Zulässigkeit und Voraussetzungen eines Selbstkontrahierens, ob der Vertreter allein handeln kann oder auf die Mitwirkung eines anderen (etwa des anderen Elternteils) oder einer Behörde angewiesen ist und zu welchem Zeitpunkt diese Mitwirkungshandlung vorliegen muss. All dies steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass das Heimatrecht des Nichtvolljährigen keine strengeren ­Regeln aufstellt; andernfalls sind zu seinem Schutze diese einzuhalten.295 Der Ausgestaltung der Stellvertretung vorgelagert ist die Frage, ob es überhaupt für das jeweilige Rechtsgeschäft einer Stellvertretung bedarf. Sie ist dem Geschäfts­ fähigkeitsstatut zu entnehmen. Freilich kommen Artt.  85, 86 bulgIPRGB in diesem Zusammenhang aufgrund der Existenz vorrangiger staatsvertraglicher Regelwerke – EuEheVO, KSÜ (v. a. seine Artt.  16 f.), EuSorgeRÜ – nur eingeschränkt zum Einsatz. VII. Statutenwechsel 1. Grundsatz Nach Art.  51 bulgIPRGB lässt ein Wechsel der Staatsangehörigkeit die nach dem Heimatrecht erworbene Rechts- und Geschäftsfähigkeit unberührt. Die Vorschrift ist lex specialis zu Art.  42 bulgIPRGB.296 Die systematische Stellung und der Wortlaut, welcher ohne weitere Differenzierung schlicht die Rechts- und Geschäftsfähigkeit anspricht, legen es nahe, den Anwendungsbereich auf besondere Geschäftsfähigkeiten zu erstrecken, soweit nur dafür das Personalstatut maßgeb293  BGHZ 73, 391, 392; BaRo/Mäsch, Art.  7 EGBGB, Rn.  29; a. A. Fischer, IPRax 2002, 1, 3; v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  44. 294  Vgl. Stancheva-Mincheva, Art.  62 bulgIPRGB, S.  165; Todorov, MCP, S.  187. 295  Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  98; MüKo BGB/Birk (2010), Art.  7 EGBGB, Rn.  39; im Ergebnis ebenso MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  7 EGBGB, Rn.  62; BaRo/ Mäsch, Art.  7 EGBGB, Rn.  30; v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  42. 296  Ebenso Maesch, S.  178; Todorov, MCP, S.  162.

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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lich ist. Dies entspricht dem Schutz wohlerworbener Rechte als dem Zweck der Norm.297 Der Gesetzgeber drückt dieses Verständnis deutlich aus: „[…] nach dem Heimatrecht erworbene […] Geschäftsfähigkeit […]“. 2. Maßgeblichkeit des Neu-Statuts Das neue Statut gilt sofort ab dem Wechsel der Staatsangehörigkeit. Diesem zu entnehmen ist daher, ob ein zuvor abgeschlossenes Rechtsgeschäft mit Erlangung der Geschäftsfähigkeit ipso iure wirksam wird oder der Heilung durch den nunmehr geschäftsfähig Gewordenen bedarf.298 3. Analoge Anwendung des Art.  51 bulgIPRGB Aus dem Sinn und Zweck der Regelung folgt zugleich die analoge Anwendung des Art.  51 bulgIPRGB, wenn ein Statutenwechsel im Gefolge der Verlegung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts eintritt; für Staatenlose und Flüchtlinge ergibt sich das aus der Ersatzanknüpfung nach Art.  48 Abs.  4 und Abs.  5 bulgIPRGB. Art.  51 bulgIPRGB erfasst in unmittelbarer Anwendung ferner die Fälle, in denen der Statutenwechsel zum Verlust einer beschränkten bzw. partiellen Geschäftsfähigkeit oder zu einer anderweitigen geschäftsfähigkeits­ relevanten Rückstufung führt. Wird zusätzlich zu einer ausländischen Staats­ angehörigkeit die bulgarische hinzuerworben, dann tritt letztere zurück. Denn die Privilegierung nach Art.  48 Abs.  2 bulgIPRGB kann den Schutz wohlerworbener Rechte nicht untergraben. VIII. Entmündigung 1. Sachrecht Zum Schutze geistig behinderter Menschen sowie des Rechtsverkehrs sieht das bulgarische Recht das Rechtsinstitut der Entmündigung vor. Das Entmündigungsverfahren ist in Artt.  336 ff. bulgZPO geregelt. Die Rechtsfolgen bestimmen sich danach, ob eine Voll- oder Teilentmündigung angeordnet wird. Bei der Vollentmündigung ist die betroffene nicht volljährige oder volljährige Person einem Geschäftsunfähigen, bei der Teilentmündigung ein ausschließlich Voll­ jähriger einem beschränkt Geschäftsfähigen gleichgestellt (Art.  5 bulgGPF).299 297  Vgl. Stancheva-Mincheva, Art.  51 bulgIPRGB, S.  111; Todorov, MCP, S.  162; ders., Subekti, imushtestvo, zadalzhenia, S.  37, Tz.  23, mit Hinweis auf Art.  7 Abs.  2 EGBGB und Art.  35 S.  2 schweizIPRG; Maesch, Kodifikation, S.  178. 298  In diesem Sinne wohl auch Stancheva-Mincheva, Art.  51 bulgIPRGB, S.  112; Todorov, MCP, S.  162 f., mit dem Hinweis, dass anderslautende Auffassungen vertretbar seien. 299  Näher Stavru, Pravna misal 2017, №  2, 28 ff.; rechtsvergleichend Yankulova, Pravna ­misal 2017, №  3, 3 ff.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

Die Vollentmündigung setzt eine Bewusstseinsstörung oder Geisteskrankheit von einiger Dauer voraus, die dazu führt, dass der Betroffene außerstande ist, seine rechtlichen Angelegenheiten selbständig zu erledigen. Ein körperliches Defizit reicht nicht aus; Allgemeingefährlichkeit ist nicht erforderlich.300 Kurzzeitige Störungen der geistigen Verfassung machen das Rechtsgeschäft gem. 31 bulgGSV nur anfechtbar.301 Unterhalb dieser Schwelle kann – beschränkt auf den Kreis der Volljährigen – nur eine Teilentmündigung erfolgen. Erst mit Rechtskraft des Entmündigungsbeschlusses setzen die Rechtsfolgen ein. Das Gericht ist nicht an die gestellten Anträge gebunden. Es kann also anstatt einer Voll- eine Teilentmündigung anordnen und umgekehrt.302 2. Kollisionsrecht Wegen ihrer die Geschäftsfähigkeit nachträglich aufhebenden bzw. einschränkenden Wirkung ist die Entmündigung kollisionsrechtlich dem Personalstatut unterstellt (Art.  54 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB).303 In Abweichung vom Grundsatz des Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB kann allerdings ein Ausländer mit gewöhn­ lichem Aufenthalt im Inland gem. Art.  54 Abs.  1 S.  2 leg.cit. nach bulgarischem Recht entmündigt werden. Diese einseitig formulierte Kollisionsnorm ist nicht allseitig auszubauen.304 Am Regelungsumfang – Voraussetzungen der Anordnung und Aufhebung der Entmündigung sowie deren Folgen – ist erkennbar, dass der Gesetzgeber sämtliche Entmündigungssachverhalte mit Auslandsberührung erfassen wollte. Einbezogen sind deshalb die Entmündigung eines Aus­ länders im In- oder im Ausland durch dessen Heimat- oder einen Drittstaat und die Entmündigung eines Bulgaren im Ausland.305 Nach Todorov soll die Entmündigung eines Ausländers mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland durch ein bulgarisches Gericht ebenso dazu gehören, wenn nur der Antrag von einer Person mit bulgarischer Staatsangehörigkeit gestellt werde,306 vgl. Art.  4 Abs.  1 Nr.  2 bulgIPRGB.

300  Ausf.

Stavru, Nedeesposobnost, S.  123 ff. L. Vasilev, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  121; Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  82 f. 302  Zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen der Entmündigung s. Popov, Pravna misal 2005, №  1, 29–46. 303  Vgl. Stancheva-Mincheva, Art.  54 bulgIPRGB, S.  116. 304  Stancheva-Mincheva, Art.  54 bulgIPRGB, S.  116. 305  Die Anerkennung der Entmündigung von deutschen Staatsangehörigen durch ein bulgarisches Gericht richtet sich in Deutschland nach §§  108, 109 FamFG; hierzu Staudinger/Hausmann (2013), Art.  7 EGBGB, Rn.  161 m. w. N. 306  Todorov, MCP, S.  164. 301 

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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Dem ist nicht zu folgen. Die Entmündigung stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht dar. Nicht nur bei der Prüfung ihrer Voraussetzungen ist deshalb Vorsicht geboten, sondern bereits bei der Prüfung der internationalen Zuständigkeit bulgarischer Gerichte. Es gilt das Entstehen hinkender Rechtsverhältnisse zu unterbinden. Dies bedingt eine restriktive Auslegung des Art.  4 Abs.  1 Nr.  2 bulgIPRGB. Ohne einen hinreichenden Inlandsbezug, welcher zu der bulgarischen Nationalität des Antragstellers hinzutreten muss, haben sich die inländischen Gerichte für international unzuständig zu erklären. Im Übrigen bleibt es bei Art.  4 Abs.  1 Nr.  1 und Art.  5 Nr.  2 bulgIPRGB.307 Der Begriff des Beklagten in Art.  4 Abs.  1 Nr.  1 bulgIPRGB ist dabei nicht im technischen Sinne zu verstehen. Denn obgleich das Entmündigungsverfahren im Inland in der bulgZPO geregelt ist, stellt es doch kein kontradiktorisches Verfahren dar. Und da Art.  4 Abs.  1 und Art.  5 Nr.  2 bulgIPRGB keine ausschließliche Zuständigkeit begründen, können bulgarische Gerichte ausländische Entmündigungsentscheidungen betreffend eigene Staatsangehörige aufheben. Dadurch werden dem ausländischen Staatsakt lediglich die verliehenen Wirkungen wieder entzogen. Ein unzulässiger Eingriff in den souveränen Geltungsbereich des Auslandsstaatsakts liegt darin nicht.308 Wirkt sich die Entmündigung hauptsächlich auf den Inlandsrechtsverkehr aus, so sind sowohl bei der Anwendbarkeit eines ausländischen Personalstatuts wie bei der Anerkennung einer im Ausland erfolgten Entmündigung eines Ausländers oder eines Bulgaren Abstriche zu machen: Immer dann, wenn Entmündigungsgründe309 und/oder -wirkungen zu Lasten der zu entmündigenden Person vom bulgarischen Entmündigungsrecht abweichen, ist im Einzelfall ein Verstoß gegen den heimischen ordre public nach Maßgabe des Art.  45 bzw. Art.  117 Nr.  5 bulgIPRGB zu prüfen.310 Daneben bleibt Art.  50 Abs.  2 leg.cit. bzw. Art.  13 Rom  I-­VO anwendbar.311 3. Vorläufige Pflegschaft Gemäß Art.  337 Abs.  2 bulgZPO kann der Richter, nachdem er sich bei der zwingend vorgesehenen Anhörung einen persönlichen Eindruck von dem zu Entmündigenden verschafft hat, von Amts wegen eine vorläufige Pflegschaft anordnen. Der Betroffene ist damit während des Verfahrens bis zur Rechtskraft des Be307 

Todorov, MCP, S.  164; Natov, Art.  5 bulgIPRGB, S.  142. Jarck, NJW 1956, 1348 f. 309  So insbesondere bei Gebrechlichkeit. 310  Vgl. Kutikov, MCP, S.  324; MüKo BGB/Birk (2010), Art.  8 EGBGB, Rn.  9; Staudinger/­ v. Hein (2014), Art.  24, Rn.  133; z. T. anders MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  8 a. F. EGBGB, Rn.  9 f. m. w. N. 311  Vgl. MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  8 a. F. EGBGB, Rn.  11 m. w. N. 308 

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

schlusses in der Hauptsache wie ein beschränkt Geschäftsfähiger zu behandeln.312 Der vorläufig bestellte Pfleger ist sein gesetzlicher Vertreter, ohne jedoch Partei des laufenden Verfahrens zu werden; diese prozessuale Stellung bleibt dem zu Entmündigenden vorbehalten.313 Maßnahmen bis zur Entmündigung ­fallen demnach unter Art.  54 Abs.  1 bulgIPRGB, mit Rechtskraft des Entmündigungsbeschlusses unter Art.  86 bulgIPRGB. IX. Verkehrsschutz Die Anknüpfung der Geschäftsfähigkeit an das Heimatrecht birgt Gefahren für den Rechtsverkehr. Dem wirkt Art.  50 Abs.  2 bulgIPRGB entgegen,314 indem er das Vertrauen in das Vorhandensein der Geschäftsfähigkeit nach dem Recht des Vertragsschlussortes (lex loci contractus) schützt.315; 316 Wortlaut und systema­ tische Stellung der Vorschrift schränken den Anwendungsbereich auf natürliche Personen ein. Indes ist kein Grund ersichtlich, juristischen Personen oder Personenvereinigungen den Schutz nach Art.  50 Abs.  2 bulgIPRGB vorzuenthalten. Man wird deswegen einem Analogieschluss beipflichten können.317 Es kommen zwei Gestaltungen in Betracht: die Personenvereinigung bzw. juristische Person ist gutgläubig oder sie beruft sich selbst auf ihre fehlende Rechtsfähigkeit.318 1. Voraussetzungen Die Vertragsparteien müssen sich in demselben Staat befinden, nicht notwendig am gleichen Ort. Ob sie sich dort dauerhaft, vorübergehend oder nur zufällig aufhalten, ist dagegen unerheblich.319 Trotz des etwas anders anmutenden Geset312 

Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  90. Popova, in: Zh. Stalev et al., Bulgarsko grazhdansko protsesualno pravo, §  123 II 1, S.  716 und §  124 IV, S.  724; Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  90; Balevska, in: Punev et al., Artt.  336–340 bulgZPO, §  2., Tz.  3., S.  778. 314  Für Schuldverträge, die ab dem 17.12.2009 geschlossen werden, gilt Art.  13 Rom  I-VO (vgl. Art.  28 Rom  I-VO). 315  Todorov, MCP, S.  161; ders., Subekti, imushtestvo, zadalzhenia, S.  34, Tz.  21. 316  Die Regelung des Art.  50 Abs.  2 bulgIPRGB bewirkt einen mit Art.  12 S.  1 EGBGB weithin übereinstimmenden Verkehrsschutz; vgl. Staudinger/Hausmann (2013), Art.  12 EGBGB, Rn.  15. 317  Wie hier wohl auch Stancheva-Mincheva, Art.  50 bulgIPRGB, S.  109, die nur hinsichtlich des sich auf fehlende Geschäftsfähigkeit Berufenden an dessen Eigenschaft als natürlicher Person festhält. 318  Art.  50 Abs.  2 bulgIPRGB erwähnt nur die Geschäftsfähigkeit, und nicht auch die Rechts­ fähigkeit, wie es Art.  12 S.  1 EGBGB tut. Es handelt sich vorliegend also um eine doppelte Analogie. 319  Stancheva-Mincheva, Art.  50 bulgIPRGB, S.  109; in diesem Sinne ebenso Todorov, MCP, S.  161. 313 

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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zeswortlauts320 ist zur Bestimmung des gemeinsamen Aufenthalts im Grundsatz auf den Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärungen abzustellen.321 Dies entspricht einem sachrechtlichen (Vor-)Verständnis: Gemäß Art.  14 Abs.  3 bulgGSV ist der Vertrag an dem Ort geschlossen, an welchem das Angebot abgegeben ist.322 Ausnahmen sind insbesondere dann denkbar, wenn ein Wechsel des Aufenthaltsorts eines der Vertragsschließenden – zu einem gemeinsamen Aufenthalt hin oder weg von diesem – nach Abgabe der Willenserklärung stattfindet.323 Wird ein Vertreter eingeschaltet, kommt es auf seinen Aufenthalt an, und nicht auf den des Vertretenen; andernfalls liefe der Schutzzweck der Norm leer. Nur konsequent ist es dann, die Vorschrift auf Beschränkungen der gesetzlichen Vollmacht entsprechend anzuwenden;324 freilich genießt Art.  19 KSÜ in diesem Zusammenhang Vorrang. Erforderlich ist Kenntnis oder zu vertretende Unkenntnis des Geschäftspartners von der fehlenden (vollen) Geschäftsfähigkeit. Bezugspunkt der Kenntnis oder des Kennenmüssens sind nicht die Tatsachen, aufgrund derer der Schluss mangelnder Geschäftsfähigkeit gezogen werden kann.325 Die Rechtslage ist der Bezugspunkt, aus welcher der Mangel der Geschäftsfähigkeit herrührt.326 Der Begriff des Kennenmüssens ist nach bulgarischem materiellem Recht zu interpretieren, da Raum für eine autonome Auslegung nicht besteht.327 Bereits ein­ fache Fahrlässigkeit schadet, vgl. Art.  63 Abs.  2 bulgGSV.328 Die Beweislast für die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis trägt derjenige, der sich auf die eigene mangelnde Geschäftsfähigkeit beruft.329 320 

„Wenn der Vertrag zwischen Personen geschlossen worden ist, die sich in demselben Staat befinden […]“ (Hervorhebung hinzugefügt). 321  Ebenso Stancheva-Mincheva, Art.  50 bulgIPRGB, S.  109; unklar Vladimirov, MCP, S.  80 („im Augenblick des Vertragsabschlusses“). 322  Kalaydzhiev, Obligatsionno pravo-Obshta chast, S.  94 f. 323  Vladimirov, MCP, S.  81 f., will auch Mängel der Deliktsfähigkeit nach Art.  50 Abs.  2 bulgIPRGB überwinden, indem er bei einer in Bulgarien erfolgten unerlaubten Handlung bulgarisches Recht darüber entscheiden lässt. 324  Vgl. BaRo/Mäsch, Art.  12 EGBGB, Rn.  39; Looschelders, Art.  12 EGBGB, Rn.  15. 325  So aber Pandov, in: Natov et al., Rom  I-VO, S.  363; ihm folgend Stancheva-Mincheva, Art.  50 bulgIPRGB, S.  109 326  Vgl. jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  12 EGBGB, Rn.  28. 327  Das EVÜ ist erst am 15.1.2008 für Bulgarien in Kraft getreten (BGBl. 2008 II, S.  775); in bulgarischer Sprache zu finden in der Rechtsdatenbank ciela. 328  Der Begriff der Verantwortlichkeit des Schuldners ist gesetzlich nicht legaldefiniert. ­Soweit ersichtlich, orientiert man sich an Art.  63 Abs.  2 bulgGSV und leitet daraus neben Verschulden zwei Stufen der Fahrlässigkeit ab – der groben und der einfachen. Hiernach ist der Schuldner verpflichtet, die ihm gebührende Leistungsverpflichtung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns zu erfüllen. 329  Stancheva-Mincheva, Art.  50 bulgIPRGB, S.  109; Todorov, MCP, S.  161.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

Die Anwendung des Rechts des Vertragsschlussortes hängt davon ab, dass dem Vertragspartner zugemutet werden kann, sich über das ausländische Recht zu informieren. Bei Geschäften des täglichen Bedarfs besteht grundsätzlich keine solche Pflicht.330 Ein strengerer Maßstab ist bei Geschäften von einigem wirtschaftlichen Gewicht anzulegen.331 2. Rechtsfolge Diese besteht darin, dass die nach ihrem Heimatrecht in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person sich nicht hierauf berufen kann, sofern sie nur nach dem Recht des Vornahmeortes geschäftsfähig wäre. Diese Person gilt dann nach dem Recht des Vornahmeortes als geschäftsfähig. Ob die fehlende Geschäftsfähigkeit mittels Einrede geltend zu machen ist oder ob es sich um eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung handelt, lässt sich dem Wortlaut nicht eindeutig entnehmen.332 Man überlässt diese Frage deshalb am besten dem Personal­ statut gem. Art.  50 Abs.  1 bulgIPRGB, da dieses über ihre Wirkungsweise zu befindet hat.333 3. Ausnahmen Ausnahmen von dem Vertrauensschutz sind in Art.  50 Abs.  3 bulgIPRGB vorgesehen. Diese betreffen einmal familien- und erbrechtliche Geschäfte, d. h. solche nach Artt.  75–92 bulgIPRGB, überdies Geschäfte betreffend dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen, die in einem anderen als dem Vornahmestaat belegenen sind. X. Partei- und Prozessfähigkeit Gemäß Art.  27 Abs.  1 und Art.  28 Abs.  1 bulgZPO wird hinsichtlich der Parteiund Prozessfähigkeit an die Rechts- und Geschäftsfähigkeit angeknüpft.334 Die so aufgeworfene Vorfrage ist mithilfe des nach Art.  50 Abs.  1 bulgIPRGB berufenen Statuts zu entscheiden.335 330 

Vgl. Natov, MCP-Osobena chast, S.  27. Vgl. Todorov, Subekti, S.  35, Tz.  21, der eine Nachforschungspflicht annimmt unter Rekurs auf den Grundsatz quod dubitas, ne feceris. 332  A. A. Stancheva-Mincheva, Art.  50 bulgIPRGB, S.  109 f.; Todorov, MCP, S.  161 (Einrede). 333  Vgl. Erman/Hohloch (2011), Art.  12 EGBGB, Rn.  13 (diese Aussage ist in den Kommentierungen des Art.  12 EGBGB in der 14. und 15 Aufl. [2014 resp. 2017] nicht enthalten). 334  Bulgarische Terminologie: процесуална правоспособност (protsesualna pravosposobnost/prozessuale Rechtsfähigkeit); процесуална дееспособност (protsesualna deesposobnost/ prozessuale Geschäftsfähigkeit). 335  S.a. Zlatareva, MGP, S.  155, jedoch ohne Rekurs auf Art.  50 Abs.  1 bulgIPRGB. 331 

§  1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit

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Zur Behebung hiernach bestehender Mängel der Partei- und Prozessfähigkeit bieten sich zwei Lösungswege an, nachdem die bulgarische ZPO eine dem §  55 ZPO vergleichbare Vorschrift nicht kennt: Entweder bejaht man eine Analogie zu Art.  50 Abs.  2 bulgIPRGB oder man lässt stets die lex fori darüber befinden. Die erste Alternative erscheint wenig praktikabel; denn bei ihr käme es auf die Gutgläubigkeit der einen (Prozess-)Partei über die Rechts- und Geschäftsfähigkeit der anderen an (in diesem Fall sollte man wenigstens eine Einschränkung nach dem Gegenstand der Klage nicht machen [vgl. Art.  50 Abs.  3 bulgIPRGB], so dass auch Klagen auf dem Gebiet des Familien- und Erbrecht erfasst wären). Vorzugswürdig ist darum der zweite Alternativvorschlag: Ist eine Partei jedenfalls nach bulgarischem Recht als partei- und prozessfähig anzusehen, dann gilt sie vor bulgarischen Gerichten als partei- und prozessfähig, ohne Rücksicht auf die Einstellung ihres Heimatrechts/Personalstatuts. Dafür spricht der Grundsatz, wonach der Richter in der Regel das eigene Verfahrensrecht anwendet (Art.  29 bulgIPRGB). Partei- und Prozessfähigkeit sind aber Prozessvoraussetzungen, die er von Amts wegen zu beachten hat.336 Davon kann es nur im einzelnen Bereichen (z. B. im Beweisrecht, vgl. Art.  30 bulgIPRGB) Abweichungen geben.337 Die zweite Lösungsmöglichkeit birgt freilich die Gefahr der Nichtanerkennung des bulgarischen Urteils im Heimatstaat der ausländischen Prozesspartei. Man muss diese jedoch hinnehmen und zur Begründung auf Art.  26 Abs.  2 bulgVerf und Art.  49 Abs.  2 bulgIPRGB verweisen. Danach sind Bulgarien und sich im Inland aufhaltende Ausländer grundsätzlich gleich zu behandeln. M.a.W. sind die Verweisungen der Artt.  27 Abs.  1 und 28 Abs.  1 bulgZPO als Verweisungen auf das innere bulgarische Recht zu deuten.338 Eine Besonderheit des bulgarischen Verfahrensrechts verdient noch Erwähnung: Nichtvolljährige und Teilentmündigte nehmen Prozesshandlungen zwar selbst vor, bedürfen dazu aber der Zustimmung der Eltern bzw. des Vormunds, es sei denn, es geht um Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis oder solche aus Geschäften i. S. des Art.  4 Abs.  2 bulgGPF. Geschäftsunfähige und Vollentmündigte dagegen sind nicht prozessfähig; für sie handeln ihre gesetzlichen Vertreter (Art.  28 Abs.  4 bulgZPO).

336  Ivanova, in: Zh. Stalev et al., Bulgarsko grazhdansko protsesualno pravo, §  30 III 1, S.  151. 337  Kropholler, IPR, §  56 IV 5, S.  596. 338  Für das deutsche IPR Staudinger/Hausmann (2007), Art.  7 EGBGB, Rn.  98 m. w. N.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

§  2. Der Name Die in Art 53 bulgIPRGB verankerte kollisionsrechtliche Namensregelung ist für Bulgarien neu. Lösungsansätze hat man früher aus den Vorschriften des Fami­ liengesetzbuchs, des Gesetzes über die Namen bulgarischer Staatsangehöriger sowie des Gesetzes über die Registrierung des Zivilstandes hergeleitet.339 Anknüpfungspunkt waren die Staatsangehörigkeit340 und alternativ der gewöhn­ liche Aufenthalt des Namensträgers.341 A. Der Name nach bulgarischem Sachrecht Artt.  12 ff. PStRegG342 regeln die Namensbildung und -führung. Die Normen sind zwingender Natur.343 Differenziert wird zwischen im In- und Ausland geboren Personen mit oder ohne bulgarische(r) Staatsangehörigkeit sowie zwischen Kindern mit oder ohne festgestellte(r) Vaterschaft. Detaillierte Regelungen greifen bei einer Adoption ein. I. Namensbestandteile Der Name eines bulgarischen Staatsangehörigen setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen: Eigen-, Vater- und Familiennamen, gleichviel wo der Geburtsort liegt (sog. tria nomina).344 Das folgt aus dem eindeutigen Wortlaut des Art.  9 PStRegG: Während Abs.  1 S.  1 alle drei Namensbestandteile von im Inland geborenen Kin339  Siehe nur Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 415; Natov, MCP-­ Osobena chast, S.  31; Todorov, Subekti, S.  43 f., Tz.  31. 340  Kutikov, MCP, S.  330. 341  Vgl. Todorov, Subekti, S.  44 ff., Tz.  32 f. Für eine alternative Anknüpfung, begrenzt auf die Fälle des Erwerbs oder der Wiederherstellung der bulgarischen Staatsangehörigkeit, Natov, MCP-Osobena chast, S.  32 f.; er sprach sich, Art.  37 schweizIPRG folgend, für eine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt samt der Möglichkeit einer Unterstellungserklärung zugunsten des Heimatrechts aus. 342  DV Nr.  67 v. 27.7.1999. 343  Sofioter Rayongericht, Urt. v. 14.2.2014 i. d. Rs. №  17997/2013; Urt. v. 19.12.2014 i. d. Rs. №  46925/2014; jew. zit. nach ciela; Todorov, Subekti, S.  44, Tz.  32; Dzherov, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  155. 344  Kutikov, MCP, S.  329; a. A. Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  17347 v. 20.12.­ 2013 i. d. Rs. №  11135/2013 – ciela (wie hier aber die Vorinstanz Administrativgericht Montana): ohne auf die kollisionsrechtliche Problеmatik einzugehen, knüpft das Gericht offenbar an das Recht des Geburtsortes an und begründet seine Entscheidung mit Art.  12 Abs.  1 S.  1 der Ordnung №  RD-02-20-9 v. 21.5.2012 (zuletzt geändert DV Nr.  32 v. 13.4.2018). Nach dieser Vorschrift ist der Name eines im Ausland geborenen Kindes in die bulgarische Geburtsurkunde in Entsprechung der ausländischen Geburtsurkunde einzutragen, also ohne Vaternamen, wenn einer dort fehlt. Ähnlich verfährt Rayongericht Silistra, Urt. №  593 v. 21.11.2014 i. d. Rs. №  1648/2014 – ciela: Der Name im Ausland geborener bulgarischer Staatsangehöriger werde

§  2. Der Name

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dern aufzählt, gestattet Abs.  3 eine Bulgarisierung des Vater- und Familiennamens von im Ausland geborenen Kindern mit bulgarischer Staatsangehörigkeit. Dafür spricht außerdem Art.  19 Abs.  2 PStRegG. Die Norm erlaubt einer Person, welche die bulgarische Staatsangehörigkeit erworben hat, eine Änderung ihres Vater- und ihres Familiennamens durch Hinzufügung des geschlechtsspezifischen Suffixes. Dieses Auslegungsergebnis stützt auch der Vergleich mit Art.  9 Abs.  2 PStRegG a. F. (1999). Danach führt ein im Ausland geborenes bulgarisches Kind seinen Namen in Übereinstimmung mit der Geburtsurkunde, ungeachtet dessen, aus wievielen Namensbestandteilen er sich zusammensetzt.345 in Anwendung des Art.  72 Abs.  3 PStRegG in die bulgarische Geburtsurkunde stets so eingetragen, wie dieser gemäß der fremden Geburtsurkunde laute). Art.  12 Abs.  1 Ordnung №  RD-02-20-9 v. 21.5.2012 wurde im Jahr 2018 geändert und gilt ab dem 13.4.2018 mit folgendem Inhalt: „Bei der Registrierung einer Geburt, eingetreten im Ausland, werden der Name der Person, das Datum und der Ort der Geburt, das Geschlecht und die festgestellte Abstammung so in die Geburtsurkunde eingetragen, wie sie eingetragen sind in der vorgelegten Abschrift oder in der bulgarischen Übersetzung des ausländischen Dokuments. Wenn die Abschrift einen Vater­ namen der Person nicht beinhaltet, kann dieser in die Geburtsurkunde eingefügt werden nach einem schriftlichen Antrag, gestellt von: 1. den Eltern der minderjährigen Person; 2. dem Vormund der minderjährigen Person und der Person, die unter einer Vollentmündigung steht; 3. der nichtvolljährigen Person und ihrer Eltern; 4. dem Pfleger der nichtvolljährigen oder teilentmündigten Person; 5. der Person, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet hat und nicht entmündigt ist; 6. einer bevollmächtigten Person unter Vorlage einer notariell beglaubigten ausdrücklichen Vollmacht der Personen gemäß Ziffern 1.–5.“ (Übersetzung durch den Verfasser). Zum alten IPR siehe Todorov, Subekti, S.  44 f., Tz.  32, wonach der Grundsatz der tria nomina nur für bulgarische Staatsangehörige mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland gelte; andernfalls müsse man an den gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland anknüpfen. Seine Auffassung begründete er mit Art.  16 Abs.  1 des Gesetzes über die Namen der bulgarischen Staatsangehörigen (DV Nr.  20 v. 9.3.1990); das Gesetz ist aufgehoben (§  1a der Schlussbestimmungen zum ­PStRegG). Die Regelung eröffnete Personen, welche die bulgarische Staatsangehörigkeit erwor­ben oder wiedererlangt hatten, die Möglichkeit – und begründete eben keine Verpflichtung –, ihren Namen dadurch zu ändern, dass sie ihn mit einem (so wörtlich) „bulgarischen Klang“ nach den Vorschriften jenes Gesetzes versehen. Diese Meinung ist nach hiesiger Ansicht de lege lata nicht vertretbar. Art.  19 Abs.  2 PStRegG zählt ausdrücklich den Vater- und den Familiennamen auf, setzt m. a. W. einen dreiteiligen Namen voraus. 345  Art.  9 PStRegG in der Fassung vom 1999 (DV Nr.  67 v. 27.7.1999) lautete: „(1) Der Name von bulgarischen Staatsangehörigen und Ausländern, geboren in Bulgarien, besteht aus dem Eigen-, Vater- und Familiennamen. Die drei Namensbestandteile werden in die Geburtsurkunde eingetragen. „(2) Der Name von Ausländern und bulgarischen Staatsangehörigen, geboren außerhalb des Territoriums der Republik Bulgarien, wird in die Personenstandsregister und die Bevölkerungsregister eingetragen, wie er in ihrem Personalausweis oder ihrer Geburtsurkunde ausgeschrieben ist, ungeachtet dessen, aus wie vielen Teilen er besteht.“ (Übersetzung durch den Verfasser).

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

Diese Prinzipien bestätigt nunmehr der im Jahr 2017 neu eingeführte Abs.  2 des Art.  9 PStRegG. Die Regelung ermöglicht im Ausland geborenen Kindern mit bulgarischer Staatsangehörigkeit die Führung eines Vaternamens, selbst wenn sie einen solchen nach dem Recht ihres Geburtsortes nicht erwerben.346 Alle drei Namensbestandteile sind in die Geburtsurkunde einzutragen (Art.  9 Abs.  1 S.  2 PStRegG). Die Eintragung hat konstitutive Wirkung. Erst sie lässt das subjektiv-persönliche Recht auf Führung dieses Namens347 entstehen.348 1. Eigenname Der Eigenname entspricht dem deutschen Vornamen.349 Er ist durch die Eltern frei bestimmbar. Doppelvornamen sind zulässig, mit oder ohne Bindestrich. 2. Vatername Der Vatername350 wird aus dem Eigennamen („Vornamen“) des Vaters unter Anfügung des Suffixes -ov/-ev351 entsprechend dem Kindesgeschlecht gebildet, also 346  Art.  9 Abs.  2

in der Fassung vom 2017 (DV Nr.  91 v. 14.11.2017) lautet: „Bei der Erstellung einer Geburtsurkunde für einen bulgarischen Staatsbürger, geboren außerhalb des Territoriums der Republik Bulgarien, wird sein Vatername, wenn er in der Abschrift nach Art.  72 Abs.  1 nicht vorhanden ist, in die Urkunde eingetragen, wenn dies von den Eltern der Person oder einem anderen gesetzlichen Vertreter schriftlich erklärt worden ist.“ (Übersetzung durch den Verfasser). Bei der Abschrift nach Art.  72 Abs.  1 PStRegG handelt es sich um die am Ort der Geburt erstellte Geburtsurkunde des Kindes (vgl. Art.  71 PStRegG). 347  Der zivilrechtliche Namensschutz ist nicht ausdrücklich geregelt. Allgemein anerkannt ist allerdings, dass dem Namensträger bei Verletzung seines Namensrechts ein Anspruch auf Ersatz erlittener immaterieller Schäden zusteht. Statthaft ist die Leistungsklage (осъдителен иск/osaditelen isk). Anspruchsgrundlage ist Art.  45 Abs.  1 bulgGSV. Die Höhe des Schadensersatz­ anspruchs ist ins Ermessen des Gerichts gestellt (Art.  52 bulgGSV). Zusätzlich ist eine Klage statthaft, die auf Widerruf und (öffentliche) Berichtigung bei unerlaubter Namensnutzung gerichtet ist. Diese Grundsätze sind beim Pseudonym entsprechend anwendbar, ungeachtet dessen, ob es gem. Art.  14 Abs.  4 PStRegG kraft Gerichtsurteils zum Familiennamen hinzugefügt worden ist oder nicht. Zum Ganzen eingehend Rachev, YS Goleminov (2010), 12–41; Boyanov, Osnovi na grazhdanskoto pravo, S.  77 f.; L. Vasilev, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  124 ff. 348  Boyanov, Osnovi na grazhdanskoto pravo, S.  73; Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  273; Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  96. A. A. Todorov, Subekti, S.  44, Tz.  31, der das absolute Persönlichkeitsrecht auf Namensführung ab Zeitpunkt der Geburt annimmt; die Eintragung in die Geburtsurkunde wirkt nach dieser Auffassung lediglich deklaratorisch. 349  Jessel-Holst, in: Bergman/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  39. 350  Lässt sich ein Bulgare unter Beibehaltung seiner bulgarischen Staatsangehörigkeit einbürgern, bleibt der nach seinem bisherigen Heimatrecht geführte Vatername als Zwischenname bestehen, er wird also nicht zum bloßen Vornamen, sofern nicht eine Erklärung gem. Art.  47 Abs.  1 Nr.  3 EGBGB abgegeben wird; vgl. OLG Nürnberg, StAZ 2012, 182. 351  Im Bulgarischen: -ов/-ев.

§  2. Der Name

145

-ov/-ev für Jungen, -ova/-eva für Mädchen352 (sog. Patronymika).353 Er ist nicht austauschbar (z. B. durch den Eigennamen der Mutter), selbst wenn sich die Eltern darüber einig sind. Das Ordnungsinteresse überwiegt.354 Ein Verstoß gegen den deutschen ordre public ist darin grundsätzlich nicht zu sehen.355 Der Vatername dient der Kennzeichnung in der Großfamilie und lässt die Abstammung erkennen. Damit stellt er keinen sachrechtlichen Mannesvorrang dar, der in Konflikt mit dem Gleichberechtigungsgrundsatz des Art.  3 Abs.  1 GG geraten könnte. Hinzu kommt, dass die Eltern auf einen Vaternamen verzichten können, wenn das Kind im Ausland zur Welt kommt (Art.  9 Abs.  2 PStRegG). Der Vatername eines nichtehelichen Kindes ohne festgestellten Vater wird aus dem Eigennamen der Mutter oder seiner Wurzel gebildet. Letzteres kommt dann vor, wenn das Suffix -ov(a)/-ev(a)356 den bulgarischen Namensklang nicht gewährleistet.357 Der Familienname entspricht in diesem Fall entweder dem der Mutter 352 

In der Praxis kommt mancherorts vor, dass die bulgarischen Behörden bei der Trans­ literation bulgarischer Namen gem. 19 Abs.  1 S.  1 bulgPAG i. V. m. Art.  2 Abs.  1 S.  1 i. V. m. Anlage 1 bulgPAVO dem Namensträger die Möglichkeit eröffnen, seinen (Vater- und Fami­ lien-)Namen an die Umgebung anzupassen. So wird ihm etwa die Bestimmung der Schreib­ weise beim Suffix überlassen: -ov(a)/-ev(a) oder -off(a)/-eff(a). Viele, die in englischsprachige Länder einreisen und vorhaben, sich dort dauerhaft aufzuhalten, ziehen die Suffixe -off(a)/-eff(a) vor (z. B. Rouseff, Galaboff, Karapetkoff). Gestützt wird diese Vorgehensweise offenbar auf eine extensive Auslegung des Art.  2 Abs.  2 S.  1 bulgPAVO, wenngleich die Norm als Ausnah­ metatbe­stand konzipiert ist. 353  Für Rechtsordnungen mit Regelungen über Patronymika (Vorname des Vaters oder des Großvaters) bzw. Matronymika (Vorname der Mutter) siehe Staudinger/Hepting/Hausmann (2013), Vorb. zu Art.  10 EGBGB, Rn.  19. 354  Hierzu Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  94. 355  Unter Berufung auf den Gleichberechtigungsgrundsatz des Art.  3 Abs.  2 GG hält da­ gegen ein Teil der deutschen Lehre ein Eingreifen des Art.  6 EGBGB für möglich; vgl. MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  10 EGBGB, Rn.  53-56; Staudinger/Hepting/Hausmann (2013), Art.  10 EGBGB, Rn.  164 f.; NK-BGB/Mankowski, Art.  10 EGBGB, Rn.  40. 356  Ob das Suffix -ov(a) oder das Suffix -ev(a) zu verwenden ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Wortwurzel auf einen Konsonanten oder ein Vokal endet. Im ersten Fall ist es in der Regel -ov(a), im zweiten Fall -ev(a). Hierzu und zu den zahlreichen Ausnahmen Rusinov, in: Pashov, Imena, S.  62, 64–67. 357  So z. B. bei den mütterlichen Vornamen Gina (Гина) und Rosa (Роза): Der Vatername lautet dann nicht Ginov/a (Гинов/а) bzw. Rosanov/a (Розанов/а), sondern Ginin (Гинин) bzw. Rosin/a (Розин/a); vgl. Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  94. Die gleichen Grundsätze gelten bei Familiennamen mit dem Suffix -in. Beispielsweise Simo/Симо Nankov/ Нанков (aus dem mütterlichen Vornamen Nanka/Нанка) Bonin/Бонин (aus dem Vornamen des Vaters der Mutter Bonyu/Боню), Ivan/Иван Biserin/Бисерин (aus dem mütterlichen Vornamen Biserka/Бисерка) Galinov/Галинов (entspricht dem Familiennamen der Mutter Galinova/ Галинова), Stoyan/Стоян Martin/Мартин (aus dem mütterlichen Vornamen Marta/Марта) Raykin/Райкин (aus dem Vornamen des Vaters der Mutter Rayko/Райко). Eingehend Rusinov, in: Pashov, Imena, S.  62, 71 f.; s. außerdem Ilchev, Rechnik, S.  39.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

oder er wird gebildet aus dem Eigen- oder Familiennamen deren Vaters, stets unter Beachtung des Kindesgeschlechts. Mit Zustimmung des Großvaters mütterlicherseits kann sein Eigenname als Vatername bestimmt werden; der Familienname der Mutter bildet dann den Familiennamen des Kindes (vgl. Art.  15 PStRegG). Diese Grundsätze sollen bei einer Vaterschaftsanfechtung entsprechend gelten. Bei einer nachträglichen gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft müssen der Vater- und der Familienname des Kindes nachgerichtet werden durch ihre Anpassung an diejenigen des als Vater anerkannten Mannes (Art.  16 PStRegG).358 Ausländische Staatsangehörigkeit des festgestellten Vaters soll daran nichts zu ändern vermögen, da es sich bei der zwingenden Benennung eines Kindes auch nach seinem Großvater um einen Ausfluss des bulgarischen ordre public han­dele.359 3. Familienname360 a) Grundsätze Für den Familiennamen jedes Kindes gibt es zwei Möglichkeiten: Es erhält entweder den Familiennamen des Vaters oder dessen Vaternamen (also den Eigennamen seines Großvaters väterlicherseits mit dem geschlechtsbezogenen Suffix). Der von beiden Ehegatten geführte gemeinsame Familienname (Ehename) wird folglich nicht zwingend auf die gemeinsamen Abkömmlinge übertragen. Das stellt allerdings seine Funktion, die Abstammung in der Folgegeneration zu dokumentieren, nicht in Frage: Art.  14 Abs.  3 PStRegG verpflichtet dazu, Kinder derselben Eltern mit gleichen Familiennamen eintragen zu lassen. Gleichberechtigungskonform ist die Regelung trotzdem nicht.361 Auch hier wird der Familienname mit dem Suffix -ov(a)/-ev(a) entsprechend dem Kindesgeschlecht gebildet,362 es sei denn, familiäre, ethnische oder religiöse Traditionen der Eltern erfordern etwas anderes.363 358 

Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  94 f. Kutikov, MCP, S.  329 f. 360  Lehrreich zur Bildung eines Familiennamens samt historischem Hintergrund Ilchev, ­Izvestia na Instituta za bulgarski ezik, 1964, Bd.  XI, S.  437–448; ders., Izvestia na Instituta za bulgarski ezik, 1968, Bd.  XVI, S.  531–538; ders., Bulgarski ezik 1964, Bd.  I, S.  40–50; Rusinov, in: Pashov, Imena, S.  62–80. 361  Jessel-Holst, in: Bergman/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  40. 362  Ausf. Andreychin, Bulgarski ezik 1965, Bd.  IV–V, S.  420; ders., Bulgarski ezik, 1966, Bd.  VI, S.  591 f; vgl. ferner Ilchev, Rechnik, S.  35 f. Zu vereinzelt vorkommenden Familien­ namen mit Endung -чки/chki (etwa Борсучки/Borsuchki), -чин/chin (z. B. Николчин/Nikolchin oder Андрейчин/Andreychin), -ин/in (wie Булин/Bulin oder Скарбин/Skarbin) und -шки/shki (e.g. Велешки/Veleshki oder Близнашки/Bliznashki) siehe Ilchev, ibd., S.  39 ff. 363  Meist geht es um türkischstämmige Familien; vgl. Jessel-Holst, in: Bergman/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  41; zu solch einem Fall s. AG Nürnberg – UR III 29/18. 359 

§  2. Der Name

147

b) Namen mit der Endung -ski/-ska Einige Namen bulgarischer Herkunft enden auf -ski für Männer364 (z. B. Sofiyan­ski/­ Софиянски) und -ska für Frauen365 (etwa Panagyurska/Панагюрска).366 Sie sind – insoweit vom Gesetz stillschweigend vorausgesetzt – nach denselben Regeln zu behandeln wie die Suffixe -ov(a)/-ev(a). Ebenso ist eine doppelte Suffixbildung von -ov(a)/-ev(a) und -ski/-ska möglich, beispielsweise Petrovska (Петровска) und Petrovski (Петровски), Pavlevska (Павлeвска) und Pavlevski (Павлeвски). c) Bulgarisierung des Vater- und Familiennamens Kommt ein Kind mit bulgarischer Staatsangehörigkeit im Ausland zur Welt und wird sein Vater- und/oder Familienname nach den Bestimmungen des Geburtslandes gebildet, so erlaubt Art.  9 Abs.  3 PStRegG eine Bulgarisierung des nach fremdem Recht gebildeten Vater- und Familiennamens (dazu sogleich). II. Ehename 1. Grundsätze Bei der Ausstellung der Heiratsurkunde367 kann jeder Nupturient seinen Familiennamen entsprechend seinem Geschlecht368 durch Erklärung gegenüber dem Zivilstandsbeamten gem. Art.  12 FamKodex wie folgt bestimmen:369 – Er behält seinen Familiennamen, – er nimmt den Familiennamen seines Ehegatten an oder 364 

Im Bulgarischen: -ски. Im Bulgarischen: -скa. 366  Näher Ilchev, Bulgarski ezik 1970, Bd.  II–III, S.  232 f. 367  Die nachträgliche Bestimmung eines (gemeinsamen/übereinstimmenden) Ehenamens lässt sich dem Wortlaut des Art.  12 FamKodex zwar nicht entnehmen. Die h. M. befürwortet aber trotzdem die Anwendung des Art.  19 Abs.  1 PStRegG. Eine Namensänderung setzt danach einen wichtigen Grund voraus und erfolgt stets auf der Grundlage eines gerichtlichen Gestaltungs­ urteils. Vgl. hierzu Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  98; L. Vasilev, Grazhdansko pravo-­ Obshta chast, S.  127; Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  51. 368  Also mit der Endung -ov(a)/-ev(a), -ski/-ska, -ovski/-ovska, -evski/-evska. Das regelt Art.  12 FamKodex zwar nicht ausdrücklich, es folgt aber aus dem Gesamtregelungszusammenhang der Artt.  13 ff. PStRegG. Die geschlechtsbezeichnende Endung ist nicht nur eine Sprachbezeichnung, die als Zusatz zum Namen qualifiziert werden könnte, sondern rechtlich verbindlich. Ausnahmen davon sind in Art.  13 Abs.  1 (bzgl. des Vaternamens) und Art.  14 Abs.  1 PStRegG (bzgl. des Familiennamens) geregelt und eng gehalten. 369  Geben die Ehegatten keine Erklärung ab, dann behält jeder von ihnen seinen zu dieser Zeit geführten Familiennamen als Ehenamen bei. 365 

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

– er hängt den Familiennamen seines Ehepartners dem eigenen an (in beiden Fällen ist eine Zustimmung des anderen Ehegatten nicht erforderlich bzw. selbst gegen seine Weigerung möglich370). – Hinzu kommt noch, dass als Familienname der Name des anderen Ehegatten angehängt oder angenommen werden kann, mit welchem dieser in der Öffentlichkeit bekannt ist. Hauptanwendungsfälle sind der Vatername dieses Ehe­ gatten371 und ggf. sein Pseudonym.372 Das Pseudonym kann damit über Art.  12 S.  2 FamKodex zum alleinigen Fami­ liennamen erklärt werden, selbst wenn es nicht nach Art.  14 Abs.  4 PStRegG dem Familiennamen durch gerichtliche Entscheidung hinzugefügt worden ist. Im Scheidungsfalle kann dem am Scheitern der Ehe schuldigen Ehegatten nicht mehr untersagt werden, den während der Ehe oder mit der Eheschließung bestimmten Ehenamen373 fort zu führen. Ihm steht es nunmehr frei, seinen alten Familiennamen, so wie er ihn bis zur Eheschließung geführt hatte, wieder anzunehmen.374 Das Einverständnis seines Ehepartners dazu benötigt er weder bei der Annahme des alten Familiennamens noch bei der Fortführung des Ehenamen (Art.  53 FamKodex).375 Entsprechend sollte man verfahren, wenn die Ehe durch Tod endet.376 Ob diese Grundsätze auch dann gelten, wenn der überlebende oder 370  Malchev, Sobstvenost i pravo 2012, №  1, 47, 51 und 53. Für ähnliche Regelungen in anderen Ländern siehe Staudinger/Hepting/Hausmann (2013), Vorb. zu Art.  10 EGBGB, Rn.  74 f. 371  Allein in diesem Fall hält Dzherov, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  158, Art.  12 S.  2 FamKodex für anwendbar; ebenso Brandhuber/Zeyringer, Standesamt und Ausländer, 13. Lfg. 1994, S.  11, Ziff.  3. Wie hier Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  104; L. Vasilev, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  129. 372  Mateeva, Semeyno pravo, S.  73; Malchev, Sobstvenost i pravo 2012, №  1, 47, 48; wohl auch so Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  104. 373  A. A. wohl Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  51. Sie lässt Art.  53 FamKodex nur dann eingreifen, wenn der Familienname eines der Nupturienten bei der Eheschließung gem. Art.  12 FamKodex geändert wurde, und verneint seine Anwendbarkeit bei nachträglicher Bestimmung eines (gemeinsamen) Ehenamens nach Art.  19 Abs.  1 PStRegG. 374  A. A. Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  566 f., die auf den Geburtsnamen abstellt, also auf den Familiennamen nach der Geburtsurkunde. Wie hier Malchev, Sobstvenost i pravo 2012, №  1, 47, 51; Mateeva, Semeyno pravo, 260. 375  Die Bestimmung ist neu. Nach FamKodex a. F. (1985) verlor der Ehegatte, der seinen Familiennamen bei der Eheschließung abgegeben hatte, das Recht, den Familiennamen des anderen Ehegatten nach der Scheidung zu führen, es sei denn, jener war mit der Namensführung einverstanden oder der Ehegatte war mit diesem ehelichen Namen bereits bekannt geworden, Art.  103 FamKodex a. F. (1985). Der Ehename war daher für die Dauer der Ehe nur geliehen. Vgl. dazu die Entscheidung des OLG Dresden, StAZ 2004, 170. Für dem Art.  53 FamKodex vergleichbare Regelungen in anderen Rechtsordnungen s. Staudinger/Hepting/Hausmann (2013), Vorb. zu Art.  10 EGBGB, Rn.  90. 376  A. A. L. Vasilev, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  127. Nach ihm könne der ange-

§  2. Der Name

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geschiedene Ehegatte erneut heiratet, bleibt abzuwarten.377 Macht der Ehegatte von seinem Recht, den unmittelbar vor der Eheschließung geführten Familien­ namen wieder anzunehmen – wofür es eines entsprechenden Antrages im anhängigen streitigen Scheidungsverfahren bedarf -, keinen Gebrauch, so entscheidet das Gericht von Amts wegen über die Beibehaltung des jetzigen Familien­ namens;378 in aller Regel bleibt es bei diesem.379 Bei einverständlicher Scheidung sind dagegen die Eheleute gehalten, sich über die künftige Namensführung einig zu werden (Art.  51 Abs.  1 S.  1 FamKodex).380 2. Komplikationen Solche treten auf, wenn jeder Ehegatte den Ehenamen durch Beifügung des Familiennamens des anderen Ehepartners bildet. Sie können sich in Deutschland bei Anwendung des Art.  10 Abs.  2 S.  1 Nr.  1 oder S.  3 EGBGB stellen. a) Gemeinsamer Ehename? Beide Namensbestandteile des gewünschten Ehenamens sind durch einen Bindestrich zu trennen (etwa Ivanova-Koleva).381 Der erste Namensbestandteil ist stets der eigene Familienname, der zweite ist der angehängte Familienname des anderen nommene Familienname des anderen Ehegatten nicht durch Rückkehr zum vorehelich geführten Familiennamen geändert werden; lediglich durch eine Wiederheirat lasse sich eine Namensänderung herbeiführen, doch nur zu Gunsten des Familiennamens des neuen Ehegatten. 377  Problematisch erscheint der Fall, dass die Frau, die den Familiennamen des Mannes zu ihrem und damit gemeinsamen Ehenamen gewählt hat, nach der Scheidung erneut heiratet und ihr neuer Ehemann deren Familiennamen als den gemeinsamen Ehenamen führen will. Die aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder würden dann den Familiennamen des geschiedenen Ehemannes tragen, also den Familiennamen des ersten Ehemannes ihrer Mutter, mit dem sie nicht verwandt sind. Indessen dürfte das mit dem Sinn und Zweck des Art.  14 Abs.  1 PStRegG nicht im Einklang stehen. Die Norm will die Zusammengehörigkeit der Familienmitglieder in der Großfamilie und eine gewisse Qualität familienrechtlichen Status nach außen hin erkennbar machen. Dieser Normzweck wäre verfehlt, wenn die Kinder den Familiennamen einer Person trügen, mit der sie nicht verwandt sind. Deshalb ist Art.  14 Abs.  1 Alt.  1 PStRegG restriktiv auszulegen. „Familienname des Vaters“ i. S. dieser Regelung ist darum als der Familienname des Vaters vor der Eheschließung auszulegen. Die Folge daraus ist ein Bruch in der Namenskontinuität der Familienmitglieder: die Kinder aus der zweiten Ehe der Mutter haben einen von ihren Eltern abweichenden Familiennamen. Das ist hinzunehmen. Der Namensschutz des Erst-­ Ehemanns überwiegt gegen den Schutz der Namenskontinuität. 378  Ganz h. M.; vgl. Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  173; ders., Semeyno pravo (2014), S.  86, Tz.  3.3; Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  517; Mateeva, Semeyno pravo, S.  240; Malchev, Sobstvenost i pravo 2012, №  1, 47, 54. 379  Rayongericht Kazanlak, Urt. №  555 v. 25.11.2013 i. d. Rs. №  2327/2013 – ciela. 380  Kritisch dazu Malchev, Sobstvenost i pravo 2012, №  1, 47, 55. 381  Vgl. Dzherov, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  158.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

Ehegatten. Ein Voranstellen von dessen Familiennamen ist demnach nicht möglich. Wählt auch der andere Ehegatte diesen Weg, so kommt es zu einem wenig geglückten „gemeinsamen“ Ehenamen. Das bedeutet, um im Beispiel zu bleiben: Die Ehefrau trägt den Ehenamen Ivanova-Koleva,382 der Ehemann dagegen den Ehenamen Kolev-Ivanov.383 Der Ehename der Eheleute ist folglich nicht deckungsgleich. Die Führung eines gemeinsamen Ehenamens steht indes nicht im Vordergrund. Vielmehr soll sie die Gleichberechtigung der Ehepartner hervorheben.384 Erst die Eintragung in die Heiratsurkunde lässt den so gewählten Ehenamen durch einen jeden Nupturienten entstehen. Darum kann man einem Auseinanderklaffen des Ehenamens nicht damit begegnen, dass man den durch den einen Ehegatten zuerst gewählten Ehenamen zugrunde legt und dem anderen Ehe­ gatten die Möglichkeit gibt, diesen so gewählten (Familien- und) Ehenamen als den eigenen Ehe- und Familiennamen zu bestimmen. Denn einen solchen „Familiennamen des anderen Ehegatten“ i. S. des Art.  12 FamKodex gibt es zu dem Zeitpunkt noch nicht.385 b) Namensbildung gemeinsamer Kinder Die schwerwiegende Frage stellt sich allerdings erst bei der Bildung des Familiennamens gemeinsamer Kinder: Heißen sie nun im Beispiel Kolev(a)-Ivanov(a) (entsprechend dem durch den Ehemann angenommenen Familiennamen der Ehefrau bei oder nach der Eheschließung) oder nur Kolev(a) (entsprechend dem vor der Eheschließung geführten Mannesnamen)? Die Frage lautet mithin: Auf welchen Zeitpunkt stellt Art.  14 Abs.  1 Alt.  1 ­PStRegG ab, wenn er den Familiennamen des Vaters als Alternative zur Bestimmung des Kindesnamens nennt – auf den nach abgegebener Erklärung vor dem Standesbeamten i. S. des Art.  12 FamKodex oder auf den vor der Eheschließung? Die besseren Argumente sprechen für die erstgenannte Ansicht (Familienname des Vaters entsprechend seiner Erklärung bei oder nach der Eheschließung). Dies ergibt sich aus Folgendem: Der Gesetzgeber eröffnet den Eheleuten mit der 2. Alt. des Art.  14 Abs.  1 ­PStRegG die Möglichkeit, an der namentlichen Kennzeichnung ihrer Großfami382  Der erste Namensbestandteil „Ivanova“ gibt ihren eigenen Familiennamen vor der Eheschließung wieder. Der zweite „Koleva“ ist der geschlechtsbestimmte Familienname des Ehemannes „Kolev“. 383  Der erste Namensbestandteil „Kolev“ ist der eigene Familienname des Mannes vor der Eheschließung, der zweite Namensbestandteil „Ivanov“ der auf den Ehemann geschlechts­ bezogene Familienname seiner Ehegattin „Ivanova“. 384  In diesem Sinne Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  102 f. 385  A. A. Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  103, mit dem irreführenden Beispiel des Ehe­ namens der französischen Nobelpreisträgerin Joliot-Curie.

§  2. Der Name

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lien-Zugehörigkeit festzuhalten, indem sie als Familiennamen ihres Kindes den Vaternamen des Ehemannes (Eigennamen dessen Vaters) bestimmen. Machen die Ehegatten davon keinen Gebrauch, entscheiden sie sich m. a. W. für einen Familiennamen des Kindes entsprechend dem Familiennamen des Ehemannes, so ist es nur konsequent, dass man in der 1. Alt. dieser Vorschrift die geänderten Wertvorstellungen der Bevölkerung berücksichtigen und das Wahlrecht der Ehegatten auch bei der Bildung des Familiennamens ihrer Kinder respektieren muss. Im Beispiel heißt darum der Junge Kolev-Ivanov und das Mädchen Koleva-­ Ivanova, und nicht Kolev bzw. Koleva. Diese Auslegung kann dazu führen, dass es in der nächsten Generation zu einem aus vier Bestandteilen gebildeten Familiennamen, in der übernächsten Generation aus acht Bestandteilen usw. kommt. Eine solche Namensführung ist der bulgarischen Praxis, soweit ersichtlich, fremd. Folgerichtig ist der Familienname in solch einer Konstellation auf zwei Namensbestandteile zu reduzieren. Welche das sind, bestimmen die Eheleute selber. Dogmatisch lässt sich dies mit einer Gesamtanalogie zu Art.  12 S.  1 Var.  3 FamKodex, Art.  12 Abs.  4 PStRegG bewerkstelligen. B. Namenskollisionsrecht I. Vorrangige Staatsverträge Ein vorrangiges, namensrechtlich relevantes Kollisionsrecht existiert nicht. Ein­ zige Ausnahme bildet Art.  11 Abs.  1386 des Straßburger Übereinkommens vom 1.2.1995387. Bulgarien ist nicht Vertragsstaat der Istanbuler388, Pariser389, Berner390 386  Art.  11 Abs.  1

des Straßburger Übereinkommen v. 1.2.1995 lautet: „Die Vertragsstaaten verpflichten sich anzuerkennen, dass jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, das Recht hat, ihren Familiennamen (Vatersnamen) und ihre Vornamen in der Minderheitssprache zu führen, sowie das Recht auf amtliche Anerkennung dieser Namen, wie dies nach der Rechtsordnung der jeweiligen Vertragspartei vorgesehen ist.“ 387  Straßburger Übereinkommen des Europarates v. 1.2.1995 zum Schutz nationaler Minderheiten (BGBl. 1997 II, S.  1408). Für Bulgarien gilt das Übereinkommen seit dem 1.9.1999 (BGBl. 1999 II, S.  805). 388  Abkommen über die Änderung von Namen und Vornamen v. 4.9.1958 (BGBl. 1961 II, S.  1076); teilw. abgedr. bei Jayme/Hausmann, Nr.  21, und Staudinger/Hepting/Hausmann (2013), Anh. I zu Art.  10 EGBGB, S.  356 f. Vertragsstaaten zurzeit Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Türkei. Das Abkommen regelt nur Verfahrensfragen. 389  Abkommen betr. die Entscheidungen über die Berichtigung von Einträgen in Personenstandsbüchern v. 10.9.1964 (BGBl. 1969 II, S.  445 f.); Vertragsstaaten zurzeit Deutschland, Frank­ reich, Luxemburg, Niederlande, Schweiz, Spanien, Türkei. Namensstatutsfragen sind nicht Regelungsgegenstand. 390  Abkommen über die Angabe von Familiennamen und Vornamen in den Personenstands-

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

und Münchener391 CIEC-Abkommen. Das Gleiche gilt für das CIEC-Abkommen über die Anerkennung von Namen vom 16.9.2005.392 II. Anknüpfungsregeln 1. Allgemeines Der Name ist Ausdruck der Identität und Individualität einer Person;393 zugleich hat er für das Gemeinwesen eine Ordnungsfunktion (Passwesen). Gemäß Art.  53 Abs.  1 bulgIPRGB unterstehen der Name und seine Änderung dem Heimatrecht seines Trägers. Ergänzend sind einige Vorschriften aus dem PStRegG zu beachten,394 die aber mangels Abstimmung mit dem kollisionsrechtlichen Staatsangehörigkeitsprinzip restriktiv auszulegen sind. Die Grundsatzanknüpfung berücksichtigt die Funktion des öffentlich-recht­ lichen Namensrechts. Gleichzeitig lässt sie bei Familienmitgliedern mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit hinkende Namensrechtsverhältnisse entstehen. Solche wiederum gefährden die Kennzeichnung der Familienzugehörigkeit mittels eines gemeinsamen Familiennamens. Das ist jedoch hinnehmbar, hat es doch der bulgarische Gesetzgeber selbst schon bei einer Ehe zwischen Bulgaren in Kauf genommen.395 Angleichungsfragen sind deshalb die unvermeidbare Folge einer Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit. büchern v. 13.9.1973 (BGBl. 1976 II, S.  1473 f.); teilw. abgedr. in Staudinger/Hepting/Hausmann (2013), Anh. II zu Art.  10 EGBGB, S.  357 ff. Vertragsstaaten derzeit Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Türkei. Geregelt werden die Schreibweise und Fragen der Transliteration. Namensstatutsfragen sind nicht Regelungsgegenstand. 391  Abkommen über das auf Namen und Vornamen anwendbare Recht v. 5.9.1980. Vertragsstaaten sind Deutschland (noch nicht in Kraft), Italien, Niederlande, Spanien, Portugal. Das Abkommen, das sich gem. Art.  2 als loi uniforme versteht, kann im Rahmen eines Renvoi bedeutsam werden. Angeknüpft wird an die Staatsangehörigkeit des Betreffenden, so dass sich daraus i. d. R. die Annahme der Verweisung ergibt; vgl. BaRo/Mäsch, Art.  10 EGBGB, Rn.  6. 392  Nichtamtliche Übersetzung unter: bzw.

(zuletzt angesehen am 30.12.2019). Das Abkommen ist nur von Portugal gezeichnet und noch nicht in Kraft; vgl. BaRo/Mäsch, Art.  10 EGBGB, Rn.  7a. 393  Vgl. Sofioter Stadtgericht, Urt. №  8551 v. 17.12.2013 i. d. Rs. №  11016/2013; Urt. №  3149 v. 29.4.2013 i. d. Rs. №  15391/2012; Rayongericht Elhovo, Urt. №  95 v. 10.10.2013 i. d. Rs. №  412/2013; jew. zit. nach ciela. Ausf. Todorov, Subekti, S.  42 f., Tz.  30 f., und S.  60– 65, Tz.  48–51. 394  Jessel-Holst, in: Bergman/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  21. 395  Siehe Art.  14 Abs.  1 Alt.  2 PStRegG mit der Möglichkeit, als Familiennamen des Kindes den Vaternamen des Vaters, also den Eigennamen seines Großvaters väterlicherseits, zu wählen.

§  2. Der Name

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Durch die eigenständige Verweisungsnorm in Art.  53 Abs.  1 bulgIPRGB überlässt es der Regelgeber dem berufenen Namensstatut, den Einfluss familienrechtlicher Statusakte wie Ehe, Scheidung, Adoption etc. selbst zu bestimmen. Das ist begrüßenswert. Eine Unterstellung unter das jeweilige Kausalverhältnis führte sonst im Hinblick auf die Dichte der Regelungsgehalte in den einzelnen Rechtsverhältnissen zu Inkonvenienzen; zudem ließe sie eine wandelbare Anknüpfung und damit Unsicherheit entstehen.396 2. Gesamtverweisung Die Verweisung in Art.  53 Abs.  1 bulgIPRGB ist eine IPR-Verweisung (vgl. Art.  40 Abs.  1 und Abs.  2 bulgIPRGB); der öffentlich-rechtliche Bezug ändert daran nichts. Zur Rück- oder Weiterverweisung kann es kraft abweichender Qualifikation kommen oder wenn das Heimatrecht auf dem Domizilprinzip beruht (sog. Anknüpfungsdivergenz).397 Für die Bestimmung des Heimatrechts bei Mehrstaatern und Staatenlosen gelten die allgemeinen Grundsätze des Art.  48 bulgIPRGB. Bei einem bulgarisch-­ ausländischen Doppelstaater wird man fremde Gebräuche bei der Anwendung des bulgarischen Rechts zu berücksichtigen haben. So wird man z. B. den Namen Nicolá/Никoлá (mit oder ohne Betonungszeichen) als weiblichen Eigennamen zulassen müssen, wenngleich er das Geschlecht nicht erkennen lässt398 und im Inland als männlicher Eigenname Nikоla/Никола (ohne Betonungszeichen) gebräuchlich ist (so z. B. beim bulgarischen Opernsänger Nikola Gjusselew). Für diese Gesetzesauslegung spricht, dass Vater- und Familiennamen das Geschlecht 396  A. A. Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 415, die in Art.  53 Abs.  1 bulgIPRGB lediglich eine „allgemeine Kollisionsnorm“ sehen. Familienrechtliche Einflüsse auf den Namen einer Person sollen offenbar als zum jeweiligen Statut gehörig behandelt werden, also zum Adoptionsstatut, dem Statut der persönlichen Beziehung der Ehegatten, dem Scheidungsfolgenstatut usw. So bereits vor Erlass des bulgIPRGB Todorov, Subekti, S.  49 ff., Tz.  35, 37 f.; ders., Pravootnoshenia, S.  118 ff., Tz.  46 f. In seinem nach Inkrafttreten des bulg­ IPRGB erschienen Lehrbuch zum IPR behandelt Todorov diese Fragen nicht. Seiner Auffassung zum alten IPR folgen noch heute zum neuen IPR offensichtlich Zidarova/Stancheva-­ Mincheva, a. a. O. Gegen diese Ansicht spricht bereits der klare Wortlaut des Art.  53 Abs.  1 bulgIPRGB. Frankenstein, IPR, Bd.  I, S.  396, hat es zutreffend auf den Punkt gebracht: „Das Recht auf den Namen ist ein selbständiges, unmittelbar aus dem Dasein der Person fließendes Recht; es ist daher nur von den Bedingungen abhängig, welche die eigene Rechtsordnung des Namensträgers für die Namensführung aufstellt.“; wie hier Bezirksgericht Burgas, Urt. №  139 v. 12.2.2015 i. d. Rs. №  1503/2014 – ciela. 397  Vgl. NK-BGB/Mankowski (2016), Art.  10 EGBGB, Rn.  9. 398  Gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist, dass der Vorname geschlechtsbezogen sein muss. Allerdings ergibt sich das Erfordernis, bei der Namensgebung der natürlichen Ordnung der Geschlechter Genüge zu tun, aus dem Gesamtregelungszusammenhang der Artt.  12 ff. PStRegG.

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anzeigen, was natürlich eine Namensbildung nach einem (nicht unbedingt bulgarischen) Recht voraussetzt, welches das Geschlecht erkennen lässt.399 Als problematisch erweist sich in diesem Zusammenhang die Regelung des Art.  10 Abs.  2 PStRegG.400 Danach soll die Staatsangehörigkeit eines Ausländers mittels seines Personaldokumentes festzustellen sein, mit dem er ins Land einreist. Die sich so ergebende Staatsangehörigkeit kann zwar derjenigen entsprechen, die durch den gewöhnlichen Aufenthalt des Mehrstaaters nach Maßgabe des Art.  48 Abs.  3 S.  1 bulgIPRGB vermittelt wird. Das muss sie aber nicht. Auch braucht der Personalausweis nicht immer Ausdruck der engsten Verbindung i. S. des Satzes 2 der Vorschrift zu sein. Die Regelung erleichtert gewiss die Arbeit der Zivilstands­ beamten. Indes kann sie sich über den Anwendungsbefehl des Art.  48 Abs.  3 bulg­ IPRGB nicht hinwegsetzen.401 Denn jene Vorschrift ist lex specialis. Art.  10 Abs.  2 PStRegG kann man deshalb nur als zusätzliches Kriterium bei der Prüfung der engsten Verbindung i. S. des Art.  48 Abs.  3 S.  2 bulgIPRGB zu Rate ziehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Zivilstandsbeamte eigene Nachforschungen darüber anstellen muss, ob die Staatsangehörigkeit, die aus dem vorgelegten Ausweis (z. B. Reisepass) folgt, mit der Staatsangehörigkeit übereinstimmt, die sich unter Anwendung des Art.  48 Abs.  3 bulgIPRGB ergäbe. Nur bei begründetem Verdacht muss er das tun. Ansonst kann er sich mit der Vorlage des Ausweisdokumentes begnügen. 3. Bulgarisierung des Vater- und Familiennamens Bei bulgarischem Namensstatut verdient Art.  9 Abs.  3 PStRegG402 Beachtung.403 Danach können die Eltern bzw. der Sorgerechtsinhaber404 für ihre im Ausland 399  Vgl. Rayongericht Elhovo, Urt. №  95 v. 10.10.2013 i. d. Rs. №  412/2013 – ciela (zum griechischen Namensrecht). 400  Art.  10 Abs.  2 PStRegG lautet: „Die Staatsangehörigkeit einer Person, die nicht die bulgarische Staatsangehörigkeit besitzt, wird durch das Personalausweisdokument festgestellt, mit welchem sie in das Land eingereist ist.“ 401  Ebenso (bei doppelter – in casu bulgarischer und US-amerikanischer – Staatsangehörigkeit) Sofioter Rayongericht, Urt. v. 14.2.2014 i. d. Rs. №  17997/2013 – ciela. 402  Art.  9 Abs.  3 PStRegG lautet: „Bei der Errichtung der Geburtsurkunde für einen außerhalb des Gebiets der Republik Bulgarien geborenen bulgarischen Bürger können sein Vater- und Familienname mit den Suffixen -ov oder -ev und einer Endung entsprechend dem Geschlecht eingetragen werden, sofern das von den Eltern bis zu drei Jahren nach der Geburt des Betreffenden schriftlich erklärt worden ist.“ 403  Ähnlichen Regelungsinhalt hat Art.  12 Abs.  2 Ordnung №  RD-02-20-9 v. 21.5.2012: „Der Vater- und der Familienname des Namensinhabers können mit den Suffixen -ov oder -ev und einer Endung entsprechend dem Geschlecht eingetragen werden, wenn das von den Eltern bis zu drei Jahren nach der Geburt der Person schriftlich erklärt worden ist.“ (Übersetzung durch den Verfasser). 404  Wer das ist, entscheidet das Eltern-Kind-Statut gem. Art.  85 bulgIPRGB bzw. vorrangige Regelungen.

§  2. Der Name

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geborenen Kinder eine Bulgarisierung deren Vater- und Familiennamen herbeiführen, indem sie ihnen die für bulgarische Vater- und Familiennamen typischen Suffixe in Entsprechung des Geschlechts ov(a)/-ev(a) hinzufügen.405 In Analogie dazu ist eine der übrigen Endungen -ski/-ska, -ovski(a)/-evski(a) wählbar, wenn sie der Tradition entspricht oder vom Namensklang her besser passt.406 Die Regelung ist nicht geglückt und dogmatisch mühsam einzuordnen: Der Vaterund der Familienname eines bulgarischen Staatsangehörigen sind mit den geschlechtsbezogenen Suffixen zu bilden, gleichviel wo er geboren ist.407 Es ist m. a. W. nichts namensrechtlich Abweichendes da, was man noch bulgarisieren kann. Aus dem Zusammenspiel zwischen Art.  13 HS.  1 PStRegG (Bildung des Vaternamens), Art.  14 Abs.  1 HS.  1 PStRegG (Bildung des Familiennamens) und Art.  19 Abs.  2 PStRegG (Namensänderung bei Erwerb bulgarischer Staatsangehörigkeit) ist zu schlussfolgern, dass Art.  9 Abs.  3 PStRegG nur die Fälle erfasst, in denen der Name des im Ausland geborenen Kindes mit bulgarischer Staats­ angehörigkeit nach ausländischem Recht ohne das passende Suffix gebildet worden ist. Daraus ergibt sich eine Prüfung in drei Schritten: Schritt eins folgt dem Grundsatz des Art.  13 HS.  1 und Art.  14 Abs.  1 HS.  1 PStRegG: Der Vater- und der Familienname eines jeden bulgarischen Kindes werden stets mit dem geschlechtsspezifischen Suffix gebildet. Im zweiten Schritt sind die Ausnahmetatbestände des Art.  13 HS.  2 PStRegG (betreffend den Vaternamen) und des Art.  14 Abs.  1 HS.  2 PStRegG (betreffend den Familiennamen) zu prüfen. Hier geht es darum, ob die geschlechtsbezeichnenden Endungen im Einzelfall entfallen. Als familiäre Tradition i. S. dieser Vorschriften muss man die nach einem fremden Recht bestehende Möglichkeit einer Namensführung deu405  Jessel-Holst, in: Bergman/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  21. Der bulgarische Gesetzgeber entschied sich somit gegen eine Lösung auf kollisionsrechtlicher Ebene und mithin gegen eine Anknüpfung an den Wohnsitz des Namensträgers nach Vorbild des Art.  37 schweizIPRG. Für das letztere plädierte die h. M.; vgl. Todorov, Subekti, S.  46, Tz.  33; Natov, MCP-Osobena chast, S.  33 f. 406  Zu typischen bulgarischen Vor- und Familiennamen s. Ilchev, Rechnik, S.  46 ff.; ders., in: Pashov, in: Pashov, Imena, S.  36–56 (betr. bulgarische Vornamen); Rusinov, in: Pashov, ebd., S.  62–80 (betr. Familiennamen in der bulgarischen Sprache); Georgiev, in: Pashov, ebd., S.  81–93. 407  Str.; wie hier Rayongericht Burgas, Urt. №  1624 v. 26.6.2019 i. d. Rs. №  3422/2019; Sofioter Rayongericht, Urt. v. 14.2.2014 i. d. Rs. №  17997/2013; Rayongericht Ruse, Urt. №  1589 v. 2.10.2013 i. d. Rs. №  3344/2013 unter Bezugnahme auf den Obersten Kassations­ gerichtshof, Urt. №  200 v. 14.4.2010 i. d. Rs. №  25/2009; a. A. (der Name im Ausland geborener Personen mit bulgarischer Staatsangehörigkeit werde gem. Art.  72 Abs.  3 PStRegG in die bulgarische Geburtsurkunde stets so eingetragen, wie die fremde Geburtsurkunde ihn wiedergibt) Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  17347 v. 20.12.2013 i. d. Rs. №  11135/2013; Bezirksgericht Burgas, Urt. №  995 v. 14.11.2019 i. d. Rs. №  1246/2019; Rayongericht Silistra, Urt. №  593 v. 21.11.2014 i. d. Rs. №  1648/2014; jew. zit. nach ciela.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

ten. Eine Namensbildung nach ausländischem Recht kann immer dann bedeutsam sein, wenn sich der gewöhnliche Aufenthalt der Eltern im Ausland befindet, oder wenn einer der Elternteile Ausländer ist und der Kindesname nach den Bestimmungen des Aufenthaltsstaates bzw. des Heimatsstaates des ausländischen Elternteils gebildet ist oder gebildet werden kann. Voraussetzung dafür ist allerdings die Anerkennungsfähigkeit der Namensgebung. Zusätzlich ist Art.  9 Abs.  2 bulgIPRGB zu beachten, nach dem der Vatername in Übereinstimmung mit den Regelungen des Geburtsstaates entfallen kann. Erst im Anschluss ist im dritten Schritt Art.  9 Abs.  3 PStRegG zu prüfen.408 Die vorgeschlagene Auslegung von Artt.  13 und 14 PStRegG einerseits und Art.  9 Abs.  2 und 3 PStRegG anderseits gewährleistet Namenskontinuität und weitestgehend Namensübereinstimmung in aus- und inländischen Papieren.409 Verdeutlichen soll dies ein Beispiel: Ein Sprössling, der mit der Geburt die bulgarische und deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, heißt in Deutschland in Anwendung des Art.  10 Abs.  1 EGBGB Theodor ­Geimer. In Bulgarien trägt das Kind, dessen Vater mit Vornamen Ludwig heißt, nach dem oben Gesagten folgende Namen: 1) Gemäß den Grundsätzen des Art.  13 HS.  1 und Art.  14 Abs.  1 HS.  1 PStRegG (1. Schritt):  Theodor Ludwigov Geimerov410 (Теодор Лудвигов Гаймеров). 2) Nach Anwendung der Ausnahmetatbestände des Art.  13 HS.  2, Art.  14 Abs.  1 HS.  2 und Art.  9 Abs.  2 PStRegG (2. Schritt):  Theodor Geimer (Теодор Гаймер). Die Erfordernisse der Artt.  13 HS.  2 und 14 Abs.  1 HS.  2 sind problemlos zu bejahen. Dem deutschen Recht sind geschlechtsbezoge Suffixe unbekannt. Nach den Ausführungen unter 2.  Teil §  2. A. I. hat das Kind als bulgarischer Staatsangehöriger einen Vaternamen. Bezüglich der Erforderlichkeit eines Vaternamens allerdings bedurfte die Regelung des Art.  13 PStRegG vor dem Inkrafttreten des Art.  9 Abs.  2 PStRegG einer unionskonformen Auslegung und Anwendung. Denn bei Unionsbürgern gilt es die Entstehung hin408  Eine Anwendung des Art.  9 Abs.  3 PStRegG erst bei der Namensänderung gem. Art.  19 Abs.  1 PStRegG wäre insbesondere wegen des notwendigen, fristgebundenen Antragsverfahrens weder verfahrensökonomisch noch im Interesse des Passwesens. 409  Gleichwohl können diese Auslegung und die vorgeschlagene Handhabung der Artt.  13, 14 Abs.  1 und 9 Abs.  2 und 3 PStRegG die Entstehung hinkender Namensrechtsverhältnisse nicht verhindern. Zurückzuführen ist dies auf die fakultative Beibehaltung des Vaternamens nach Art.  9 Abs.  2 leg.cit. wie die Bulgarisierung des Vater- und Familiennamens nach Art.  9 Abs.  3 leg.cit. Das betrifft gleichermaßen Fälle mit Bezug zum Recht eines EU-Mitgliedstaats wie Sachverhalte mit einer Verbindung zum Recht eines Drittstaaten (näher hierzu im nach­ folgenden Beispiel); zu solch einem Fall s. Sofioter Rayongericht, Urt. v. 14.2.2014 i. d. Rs. №  17997/2013 – ciela (Verbindung zum Recht der USA/Georgia) 410  Vater- und Familienname mit dem Suffix -ov, entsprechend dem männlichen Geschlecht des Kindes.

§  2. Der Name

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kender Namensverhältnisse zu vermeiden, um so der unionsrechtlichen Freizügigkeit i. S. des Art.  21 AEUV Geltung zu verschaffen.411 Ein Unionsbürger soll überall in der Gemeinschaft denselben Namen tragen können.412 Ohne Bedeutung ist, ob der Namensträger die Staatsange­ hörigkeit des Registrierungsstaates innehat.413 Es ist vom Prinzip der Ersteintragung auszu­ gehen, welches die verfolgte Einnamigkeit bei hinreichender Nähebeziehung zum Erstregistrierungsstaat gewährleisten soll.414 Diese unionsrechtlichen Grundsätze sind im November 2017 mit dem neu eingeführten Abs.  2 des Art.  9 PStRegG Gesetz geworden. Danach behält ein im Ausland geborenes bulgarisches Kind seinen Vaternamen nur bei einem entsprechenden Antrag, wenn es nach dem Recht des Geburtsstaates keinen Vaternamen erwirbt. Liegt indessen der Antrag nach Art.  9 Abs.  2 ­PStRegG vor, so führt das Kind nicht überall den gleichen Namen. Es muss jedoch dem mitgliedstaatlichen Namensaspiranten selbst überlassen sein, ob er von seinem Recht zur europaweiten Einnamigkeit Gebrauch macht oder nicht.415 Da der Kindesname nach deutschem Recht gebildet wurde (Art.  10 Abs.  1 EGBGB), welches einen Vaternamen nicht kennt, und die Eltern einen Antrag gem. Art.  9 Abs.  2 PStRegG zur Beibehaltung des Vaternamens nach bulgarischem Namensrecht (Art.  53 Abs.  1 bulgIPRGB; Art.  13 PStRegG) nicht gestellt haben, hat das Kind im Beispiel keinen Vaternamen. 3) Nach Anwendung des Art.  9 Abs.  3 PStRegG (3. Schritt):  Theodor Ludwigov Geimerov (Теодор Лудвигов Гаймеров). Bezüglich des Ob und Wie der Namensbestimmung, also hinsichtlich der Bildung eines Vaternamens und der Führung des Vater- und Familiennamens, besteht ein Wahlrecht zugunsten des Namensträgers. Seine Ausübung obliegt dem gesetzlichen Vertreter; wer das ist, stellt eine selbstständig anzuknüpfende Vorfrage dar. Je nachdem, ob der fristgebundene Antrag nach Art.  9 Abs.  3 PStRegG gestellt wird oder nicht, führt das Kind folglich den Namen Theodor Ludwigov Geimerov (Теодор Лудвигов Гаймеров) oder (ohne den Vaternamen) Theodor Geimerov (Теодор Гаймеров).

Die Anwendung der geschlechtsabhängigen Suffixe könnte zudem bei ausländischen Namen zu eigentümlich klingenden Namen oder gar zu Namens(-sinn-) entstellungen führen. Deswegen hat sich ein so gebildeter ausländischer Name an den Erfordernissen des Art.  12 Abs.  4 PStRegG analog messen zu lassen.416 411 

NK-BGB/Mankowski (2016), Art.  10 EGBGB, Rn.  165 m. w. N. OLG Nürnberg, StAZ 2012, 182, 183. 413  Vgl. EuGH v. 2.10.2003 – Rs.  C-148/02, Slg 2003, I-11613 – Carlo Garcia Avello/Belgi­ scher Staat = FamRZ 2004, 173 m. Anm. Henrich = StAZ 2004, 40 = IPRax 2004, 339; EuGH v. 14.10.2008 – Rs.  C-353/06, Slg 2008, I-7639 – Grunkin-Paul = FamRZ 2008, 2089 m. Anm. Funken = StAZ 2009, 9. 414  Vgl. EuGH v. 8.6.2017 – Rs.  C-541/15: Freitag ./. Deutschland – ECLI:EU:C:2017:432 = FamRZ 2017, 1175 m. Anm. Dutta. 415  Vgl. Staudinger/Hepting/Hausmann (2013), Art.  10 EGBGB, Rn.  530; NK-BGB/Mankow­ ski (2016), Art.  10 EGBGB, Rn.  172a; MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  10 EGBGB, Rn.  226 m. w. N. 416  Ein Rückgriff auf den heimischen ordre public scheidet aus, weil es sich um eine Namensbildung (durch Hinzufügung geschlechtsbezogener Suffixe) nach bulgarischem Recht handelt. 412 

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

4. Im Inland geborene ausländische Kinder Für die Eintragung des Namens einer auf bulgarischem Boden geborenen Person mit ausländischer Staatsangehörigkeit soll es gem. Art.  9 Abs.  4 PStRegG auf die Anmeldung durch die Eltern ankommen. Wieder gilt es, die Norm restriktiv auszulegen. Denn sie kann die vom Namensstatut berufenen ausländischen mate­ riellrechtlichen Namensrechtsvorschriften nicht derogieren. Der Zivilstands­beam­ te muss darum zweierlei prüfen: einesteils, ob der angegebene Name im Einklang mit dem Heimatrecht des Kindes bzw. mit dem sonst weiterverwiesenen, berufenen Recht steht; andernteils, wer zur Namensbestimmung berechtigt ist. Eröffnet das ausländische (Kollisions-)Recht eine Namenswahlmöglichkeit, so hat sich die Prüfung auf deren wirksame Ausübung zu erstrecken. Erst wenn diese Voraussetzungen vorliegen, kann die gewünschte Namenseintragung er­ folgen; andernfalls hat sie zu unterbleiben. Stattdessen ist dann der Name einzutragen, den das maßgebende objektiv berufene Namensstatut vorgibt. 5. Anknüpfungszeitpunkt Den maßgebenden Zeitpunkt für die Anknüpfung bestimmt Art.  53 Abs.  1 bulg­ IPRGB nicht ausdrücklich. Die Auslegung ergibt, dass auf das namensbegründende bzw. -ändernde Ereignis und nicht auf dasjenige der standesamtlichen Eintragung abzustellen ist. III. Reichweite des Namensstatuts Der Verweisungsgegenstand des Art.  53 bulgIPRGB erfasst sämtliche Bestandteile des Namens einer natürlichen Person, also den Eigen-, Vater-, Zwischen-, Familien- und den Ehenamen (str.), ihre Reihenfolge,417 die Adelsbezeichnung, ferner akademische Grade418 und die Schreibweise sowie – ausgehend von der lex fori (Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB) – das Pseudonym. Denn Letzteres kann gem. Art.  12 FamKodex bzw. Art.  14 Abs.  4 PStRegG zum Familiennamen erklärt oder jedenfalls diesem hinzugefügt werden. Weiter unter das Namensstatut fallen Erwerb und Verlust des Namens sowie die Namensführung. Das gilt – mangels abweichender gesetzlicher Normierung – auch nach Auf­lösung der Ehe.419 417  Vgl. dazu Art.  19 Abs.  1 S.  2 bulgPAG (betr. bulgarische Staatsangehörigen) und Art.  21 Abs.  1 S.  1 leg.cit. (bzgl. Ausländer). 418  Zur Führung solcher Titel siehe das Europäische Übereinkommen über die Anerkennung von akademischen Graden und Hochschulzeugnissen v. 14.9.1959 (BGBl. 1969 II, S.  2057). Text unter: . Bulgarien hat das Übereinkommen weder unterzeichnet noch ratifiziert; vgl. (zuletzt angesehen am 30.12.2019). 419  Wie hier Rayongericht Ruse, Urt. №  892 v. 6.6.2014 i. d. Rs. №  2800/2014 – ciela. A. A.

§  2. Der Name

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Wem das Recht der Namensbestimmung zusteht, beurteilt sich gleichfalls nach dem Personal- und nicht nach dem Eltern-Kind-Statut. Andernfalls käme es zu einer unzweckmäßigen Aufspaltung.420 Zum Namensbestimmungsrecht gehören inhaltliche Grenzen der Namensgebung und eventuell bestehende Zustimmungsvorbehalte durch den Namensträger selbst, so z. B. bei der Adoption, wenn das (Adoptiv-)Kind Bulgare ist und das 14. Lebensjahr vollendet hat (Art.  18 Abs.  1 S.  2 PStRegG) oder durch eine sorgerechtsberechtigte Person. Schließlich beherrscht das Personalstatut ausdrücklich die Änderung des Namens. 1. Eigenname Rechtliche Vorgaben über den Eigennamen – z. B. darüber, ob er lächerlich oder herabwürdigend ist – sind dem Personalstatut zu entnehmen. Denn solche Fragen sind eng mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Kindes verbunden. Bei bulgarischem Namensstatut ist daher Art.  12 Abs.  4 PStRegG einschlägig. Das Eltern-Kind-Statut nach Art.  85 bulgIPRGB scheidet folglich aus. 2. Vatername Der bulgarische Vatername ist weder dem Eigen- noch dem Familiennamen zuzuordnen. Er ist ein selbständiger dritter Namensbestandteil.421 Zwar kann er theoretisch auf die nächste Generation als Familienname übergehen und fortan ausschließlich als solcher gelten (vgl. Art.  14 Abs.  1, Art.  15 Abs.  1 Fall 2 und Art.  18 Abs.  2 PStRegG). Das spräche für eine Zuordnung zum Familiennamen. Entscheidend ist aber, dass der Vatername – im Gegensatz zur Bildung des Fa­ miliennamens bei der Eheschließung – nicht und sonst unabhängig vom Fami­ liennamen änderbar ist (Art.  19 Abs.  1 PStRegG). In Konsequenz dazu darf der bulgarische Vatername im deutschen Geburtenbuch nicht ohne ausreichende Kennzeichnung zusammen mit dem Vor- oder Familiennamen an der dafür vorgesehenen Stelle eingetragen werden.422 Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 415; Todorov, Subekti, S.  51, Tz.  39 (Scheidungsfolgenstatut); zu dieser Problematik aus deutscher Sicht Nowak, Der Name natürlicher Personen, S.  98–101, 107–127 und 149 f. Die Auffassung von Zidarova/Stancheva-­ Mincheva ließe sich unter der Geltung alten Rechts dogmatisch gut begründen. Danach verlor die Frau mit der Ehescheidung das Recht, den Familiennamen des Mannes weiter zu führen. Zu diesem Ansatz (bei Erwerb des Mannesnamen durch die Frau mit der Eheschließung) siehe Görgens, Materiell- und kollisionsrechtliche Gleichberechtigung der Ehegatten, S.  185–195. 420  Looschelders, Art.  10 EGBGB, Rn.  16. 421  So zutreffend AG Karlsruhe, StAZ 1990, 264 f.; s. a. OLG Hamm StAZ 1989, 190. 422  OLG Hamm, IPRspr 1980 Nr.  9 = FamRZ 1981, 361 = StAZ 1981, 190 = Rpfleger 1981, 20; MüKo BGB/Lipp (2018), Art.  10 EGBGB, Rn.  83 m. w. N.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

3. Ehename a) Maßgeblichkeit des Personalstatuts Die Bildung des Ehenamens mitsamt seinen weiblichen Formen unterliegt dem klaren Wortlaut des Art.  53 Abs.  1 bulgIPRGB zufolge dem Personalstatut.423 Dafür spricht zudem die systematische Stellung des Art.  12 FamKodex, der in den Vorschriften über die Eheschließung geregelt ist, und in die allgemeinen Ehewirkungen der Artt.  13 ff. FamKodex gerade nicht einbezogen ist. Die Anknüpfung hat für jeden Ehegatten einzeln zu erfolgen, auch bei Scheidung.424

423  Ebenso (jedoch ohne Auseinandersetzung mit der Problematik) Sofioter Rayongericht, Urt. №  167602 v. 17.7.2019 i. d. Rs. №  22077/2019; Rayongericht Silistra, Urt. №  605 v. 21.11.­ 2014 i. d. Rs. №  1747/2014; Rayongericht Teteven, Urt. №  106 v. 3.9.2013 i. d. Rs. №  402/2013. A. A. (allgemeine Ehewirkungen nach Art.  79 Abs.  1 bzw. Abs.  2 bulgIPRGB, aber ohne nähere Begründung) Rayongericht Shumen, Urt. №  161 v. 2.3.2016 i. d. Rs. №  3363/2015; Rayon­ gericht Karlovo, Urt. №  420 v. 31.10.2014 i. d. Rs. №  738/2014; Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 415; mglw. ebenso Jessel-Holst, in: Bergman/Ferid/Henrich, Bulga­ rien, 199. Lfg., S.  27, weil sie den Ehenamen unter „Ehewirkungen“ behandelt. Diese Auffassung ist vom Sachrecht beeinflusst. Denn nach bulgarischem Familienrecht zählt der Ehename zu den persönlichen Wirkungen der Ehe. Das leitet man vom Art.  38 und Art.  58 FamKodex ab. Ersterer gestattet nur vermögensrechtliche Angelegenheiten als Inhalt eines Ehevertrags, was eine vertragliche Regelung namensrechtlicher Fragen nach h. M. ausschließe. Letzterer verweist auf die Geltung der Artt.  54 bis 57 FamKodex, lässt also Art.  53 FamKodex und damit die Frage des Ehenamens nach einer Scheidung außen vor; s. dazu Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  51 f. Verfehlt ist dagegen eine Qualifikation des Ehe­ namens als Eheform; so aber offensichtlich Rayongericht Elhovo, Urt. №  95 v. 10.10.2013 i. d. Rs. №  412/2013: „Gemäß Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB unterliegt die Form der Ehe dem Recht des Staates, vor dessen Organ die Ehe geschossen wird. In diesem Sinne ist das Gericht der Ansicht, dass die Form der von der Antragstellerin geschlossenen Ehe nach den Vorschriften des bulgarischen Rechts zu beurteilen ist (Anmerkung: die Eheschließung erfolgte in Bulgarien vor dem bulgarischen Zivilstandsbeamten). Dieses sieht die Möglichkeit vor, dass die Ehefrau den Familiennamen ihres Ehemannes als eigenen annehmen kann, so wie im vorliegenden Fall geschehen.“; Rayongericht Shumen, Urt. №  60 v. 27.1.2016 i. d. Rs. №  3041/2015 (Änderung des Familiennamens nach erfolgter Scheidung unter Berufung bulgarischen Sachrechts „gem. Art.  19 PStRegG i. V. m. Art.  14 Abs.  2 PStRegG und Art.  12 FamKodex i. V. m. Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB“). Alle Urteile zit. nach ciela. 424  Für das Schweizer Kollisionsrecht Bopp/Grolimund, Fälle und Lösungen zum IPR, Fall 5, S.  37; Bopp, in: Honsell et al., Art.  63 schweizIPRG, Rn.  7. Ohne Qualifikation wendet dagegen Rayongericht Kazanlak, Urt. №  555 v. 25.11.2013 i. d. Rs. №  2327/2013 – ciela, bulgarisches Sachrecht an.

§  2. Der Name

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b) Anpassung Weisen die Heimatrechte der Ehegatten Widersprüche auf, so sind sie im Wege der Anpassung aufzulösen.425 Bei einem deutsch-bulgarischen Ehepaar scheiden Normenwidersprüche allerdings aus: Heiratet z. B. der Deutsche Thomas Stricker die Bulgarin Maria Simeonova Nestorova, kann die Ehefrau für sich den (Familien-)Namen Stricker (selbst gegen den Willen ihres Mannes) wählen, indem sie sich nach ihrem Heimatrecht (Art.  12 S.  1 FamKodex) ohne Rücksicht auf ihren Ehepartner für die Führung seines Familiennamens entscheidet, im Beispiel also Stricker/Щрикер (Art.  12 S.  1 Var.  2 FamKodex i. V. m. Art.  14 Abs.  2 PStRegG) oder Strickerova/Щрикерова. Sie kann außerdem für den Doppelnamen Nestorova-Stricker/Несторова-Щрикер oder gar Nestorova-­Strickerova/Несторова-Щрикерова optieren.426 Schließlich könnte sie eine Wahl zu Gunsten des Mannespseudonyms treffen (Art.  12 S.  2 FamKodex), wenn er denn eines hätte.427

Darin liegt kein Normenwiderspruch. Ein solcher setzt im Ergebnis einander zweckwidrig gegenüberstehende Rechtsfolgen voraus. Daran fehlt es, wenn die Rechtsfolgen auf einer (Namens-)Wahlmöglichkeit beruhen, die das Heimatrecht einem Ehegatten eröffnet. Beide Rechtsordnungen respektieren dann das Ergebnis (1. Fallvariante im Beispiel: Stricker oder Strickerova).428 Ein Normenwiderspruch tritt außerdem dann nicht auf, wenn die Rechtsfolgen zwar differie425  Vgl. Rayongericht Elhovo, Urt. №  95 v. 10.10.2013 i. d. Rs. №  412/2013 – ciela. Das Gericht prüft Art.  19 PStRegG (Änderung eines Namens), nachdem es über eine Qualifikation des Ehenamens als Eheform gem. Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB zur Anwendung bulgarischen Namensrechts gelangt ist. Eine bulgarische Staatsangehörige hatte bei Eheschließung mit einem Griechen seinen Familiennamen mit der Endung -s angenommen. Nach griechischem Namensrecht würden aber nur männliche Familiennamen auf -s enden. Sie begehrte deswegen eine Änderung ihres Ehenamens auf einen solchen ohne -s am Ende. Das Rayongericht bejahte die Tatbestandsmerkmale „gesellschaftlich unannehmbar“ und „wichtige Umstände“ und gab damit dem Antrag auf Namensänderung statt. Den Art.  53 Abs.  1 Alt.  2 bulgIPRGB erwähnt das Gericht nicht, unterstellt aber stillschweigend das Namensänderungsstatut dem bulgarischen Recht. Ob dieses als Heimatrecht oder (insoweit konsequent) als Recht der Eheform berufen ist, wird nicht erörtert. Die Bildung eines Ehenamens nach bulgarischem Recht mit einem Suffix entsprechend dem Geschlecht lehnte das Gericht mit dem Hinweis auf familiäre Traditionen am gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute in Griechenland ab. Auf Art.  53 Abs.  4 Alt.  2 bulgIPRGB kam es darum nicht an. 426  Den Namen Nestor-Stricker steht ihr nach dem oben Gesagten nicht zur Verfügung. Denn es handelt sich um eine Namensbildung nach bulgarischem Namensstatut. Gleiches gilt für den Namen Stricker-Nestor oder Stricker-Nestorova, da das bulgarische Recht ein Voranstellen des Familiennamens des anderen Ehegatten nicht zulässt. 427  Der Vatername ihres Ehegatten kommt als Familienname dagegen nicht in Betracht. Denn für diese gem. Art.  53 Abs.  1 Alt.  1 bulgIPRGB selbständig anzuknüpfende Vorfrage ist deutsches Recht maßgebend, und dieses kennt keinen Vaternamen. 428  Ein Verstoß gegen den deutschen ordre public gem. Art.  6 EGBGB ist trotz der Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts der Ehegatten im deutschen Namensrecht auch bei Inlandsbezug abzulehnen.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

ren, sich aber nicht widersprechen. Letzteres trifft zu, wenn aufgrund der Internationalität des Sachverhalts nichts vorenthalten bleibt, was einem auch in reinen Inlandsfällen nicht zugutekäme (2. und 3. Fallvariante im Beispiel: Nestorova-­ Stricker bzw. Nestorova-Strickerova oder Mannespseudonym). Ein duo conformes, eine Verwirklichung gemeinsamer Inhalte betroffener Rechtsordnungen, kann es in dieser Situation folglich von vornherein nicht geben. 4. Schreibweise In den Ausweispapieren wird der Name in bulgarischer und lateinischer Schrift geführt. Die Umschrift von kyrillischen in lateinische Schriftzeichen erfolgt für bulgarische Staatsangehörige nach Art.  19 Abs.  1 bulgPAG i. V. m. Art.  2 Abs.  1 bulgPAVO. Maßgebend danach ist die englische Transliteration.429 Zur buch­ stabengetreuen Umsetzung der kyrillischen Schriftzeichen wird eine Transliterationstabelle verwendet (vgl. Anhang I zu Art.  2 Abs.  1 bulgPAVO).430 Eine Besonderheit tritt auf, wenn ein Name mit der Buchstabenverbindung „-ия“ (auf Deutsch, phonetisch: „-ija“) endet. Das wäre an sich in „-iya“ zu transliterieren. Davon macht das Gesetz aber in der Anmerkung nach Anhang I eine Ausnahme: die Transliteration lautet „-ia“. Darum gibt es in bulgarischen Ausweisen in lateinischen Buchstaben beispielsweise nur der Vorname Maria, obwohl er im Bulgarischen in einer anderen Schreibweise existiert: Мария (auf Deutsch, phonetisch: Mariya/Marija).431 Die Regelung ist gelungen. Denn sie gewährleitet (von den Ausnahmetat­ beständen abgesehen) eine einheitliche Namensschreibweise. Die Schreibweise der Namen von Ausländern wird unter Befolgung ihres Personalstatuts dem Personalausweis oder dem Reisepass entnommen (Art.  6 Abs.  2 bulgPAVO) und ist gem. Art.  21 Abs.  2 bulgPAG für die Zwecke der Erteilung eines bulgarischen Personalausweises (z. B. eines Führerscheins, vgl. Art.  1 Abs.  5 Nr.  2 bulgPAG) ins Bulgarische zu transliterieren.432 Nach einer Gesetzes429  Das gilt grundsätzlich nur für das Namensrecht. Außerhalb des Namensrechts ist mit lateinischen Buchstaben zu transliterieren (Art.  1 bulgTransliterationG). Einzige Ausnahme bilden Namen von historischen Personen/Persönlichkeiten; auch für sie gilt die lateinische Transliteration (Art.  1 Abs.  3 Var.  2 bulgTransliterationG). In der Sache selbst führt dies zu keiner Änderung der Schreibweise, da sich die englische und die lateinische Transliteration gleichen (siehe die Transliterationstabelle in Anhang I zu Art.  2 Abs.  1 bulgPAVO einerseits, und das Transliterationssystem in Art.  4 bulgTransliterationG andererseits). 430  Die lateinische Translitarationstabelle ist abgedruckt in BAN, Pravopis und punktuatsia, S.  47 f. (mit Beispielen). 431  S.a. BAN, Pravopis i punktuatsia, S.  49 mit weiteren Beispielen, etwa für den Frauen­ namen „София“; Transliteration: Sofia (zu Deutsch, phonetisch: Sofija/Sofiya). 432  Einen ersten Versuch, ausländische Namen zu transkribieren, unternimmt Hristov, ­Rodna rech 1929, №  5, 230–232.

§  2. Der Name

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änderung Ende 2016 gilt das künftig nur für Ausländer, die eine Aufenthalts­ genehmigung erhalten haben und deren Namen im Reisepass, mit dem sie ins Land eingereist sind, in lateinischer Schrift geführt werden (Art.  21 Abs.  3 bulgPAG). Anders gesagt: Das Personalstatut des Namensträgers bestimmt die Schreib­ weise seines Namens.433 IV. Vorfragen Der Name einer Person ist vielfach abhängig von familienrechtlichen Tatbeständen wie der ehelichen Abstammung, der Wirksamkeit der Wahlkindschaft, dem Bestehen einer Ehe, der Ehescheidung, von wirksamer Anfechtung oder Anerkenntnis der Vaterschaft. Die Frage lautet: Welches Kollisionsrecht entscheidet über die Wirksamkeit solcher familienrechtlichen Vorgänge – das der Hauptfrage, also das Namens­ statut, was in der Regel dem Heimatrecht des Namensträgers entspricht (sog. unselbständige Vorfragenanknüpfung) oder das des Forums, also das bulgarische Kollisionsrecht (sog. selbständige Anknüpfung)? Vorfragen werden im bulgarischen IPR traditionell selbständig angeknüpft.434 Im hiesigen Kontext gilt nichts anderes.435 Zwar kann die selbständige Anknüpfung dazu führen, dass der Einklang mit dem öffentlich-rechtlichen Namensrecht und dem Passwesen getrübt wird. Misslicher wäre als Ergebnis einer unselbständigen Anknüpfung, wenn eine aus Sicht der lex fori ungültige Ehe gleichwohl den Namen des Ehepartners vermittelte. Auch könnte ein Kind als eheliches Kind (den Vater- und) den Familiennamen des Vaters erwerben, obgleich dieser aus bulgarischer Sicht mit der Mutter niemals verheiratet gewesen wäre.436 V. Namensänderung Dem Namensstatut unterliegt weiterhin gem. Art.  53 Abs.  1 Alt.  2 bulgIPRGB die nicht auf familienrechtliche Tatbestände zurückzuführende Namensänderung – sowohl die privatrechtliche wie auf Gesuch ergehende obrigkeitliche.437 Die 433  Ausführlich

zur alten Rechtswirklichkeit, mehr aber aus der Sicht der Sprachwissenschaft Andreychin/Vaglenov, Izgovor i transkriptsia na chuzhdite imena v bulgarskia ezik. Konkret für die Transkription von Namen aus dem germanischen Sprachraum siehe Kostov, in: Andreychin/Vaglenov, a. a. O., S.  217–230 m. w. N. 434  Dazu schon unter 1.  Teil, §  8. B. II. 1.-3. 435  A. A. Maesch, S.  224, die im Einzelfall eine unselbständige Vorfragenanknüpfung befürwortet; s. zudem 1.  Teil, §  8. B. II. 3. b. 436  Für eine selbständige Anknüpfung aus der Sicht des deutschen IPR siehe insbes. NKBGB/­­Mankowski (2016), Art.  10 EGBGB, Rn.  17 f. m. Nachw. zur Gegenauffassung. 437  Vgl. Bezirksgericht Burgas, Urt. №  995 v. 14.11.2019 i. d. Rs. №  1246/2019; Todorov, Subekti, S.  46, Tz.  34.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

Frage einer Änderung des Namens durch Eheschließung ist daher gem. Art.  53 Abs.  1 Alt.  2 bulgIPRGB namensrechtlich zu qualifizieren, und nicht den persönlichen Beziehungen der Ehegatten (Art.  79 Abs.  1 oder 2 bulgIPRGB) zuzuordnen.438 Die Eheschließung geht auch nicht notwendig mit einer Namensänderung einher. 1. Internationale Zuständigkeit Die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte für eine behördliche Namensänderung ergibt sich aus dem inländischen Aufenthalt des Namensträgers439 oder seiner bulgarischen Staatsangehörigkeit (Art.  5 Nr.  1 Alt.  1 bulgIPRGB).440 Die Anerkennungszuständigkeit folgt denselben Grundsätzen (vgl. Art.  117 bulgIPRGB). Die Namensänderung eines Bulgaren durch ausländische Behörden wird in Bulgarien darum anerkannt.441 Für die Anerkennung der Namens­ änderung eines Ausländers reicht der Gebrauch des geänderten Namens in einem 438  A. A. Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 415. Die Problematik übergeht Bezirksgericht Pleven, Urt. №  425 v. 17.10.2019 i. d. Rs. №  492/2019 – ciela (keine kollisionsrechtliche Prüfung; Namensänderung einer Frau mit kanadisch-bulgarischer Staatsangehörigkeit infolge Heirat gem. Art.  19 Abs.  1 PStRegG und damit nach bulgarischem Recht in Стоянов/Stoyanov, also ohne die weibliche Form -ova [Стоянова/Stoyanova]; zur Aus­ füllung des unbestimmten Begriffs „wichtige Umstände“ i. S. der zitierten Vorschrift verwies das Gericht auf die notwendige Übereinstimmung des Ehenamens der Antragstellerin in ihrem ­kanadischen Personalausweis und mit dem Familiennamen ihrer Tochter, der ebenfalls ohne die geschlechtsbezeichnende Endung -ova gebildet war). 439  Insoweit knüpft der Gesetzgeber an Art.  15 Abs.  2 S.  1 bulgNamenG a. F. an (DV Nr.  20 v. 9.3.1990; aufgehoben DV Nr.  67 v. 27.7.1999), wonach das Rayongericht, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen Wohnsitz hatte, für Namensänderungen zuständig war. Der Norm entnahm man die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte für eine Namensänderung; vgl. nur Todorov, Subekti, S.  46, Tz.  34. 440  Bezirksgericht Burgas, Urt. №  995 v. 14.11.2019 i. d. Rs. №  1246/2019; Sofioter Rayongericht, Urt. v. 6.6.2013 i. d. Rs. №  7049/2013; Rayongericht Teteven, Urt. №  106 v. 3.9.2013 i. d. Rs. №  402/2013; Rayongericht Ruse, Urt. №  1589 v. 2.10.2013 i. d. Rs. №  3344/2013; Urt. №  972 v. 17.6.2014 i. d. Rs. №  2217/2014; jew. zit. nach ciela. A. A. Todorov, MCP, S.  165, der offenbar die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte für eine Namensänderung zusätzlich dem Art.  4 Abs.  1 bulgIPRGB entnehmen will. Hiesiger Auffassung nach scheidet Art.  4 Abs.  1 Nr.  1 („Beklagter“) und Nr.  2 Alt.  1 („Kläger“) bulgIPRGB bereits tatbestandlich aus, da es an einem kontradiktorischen Verfahren mangelt. Die 2. Alt. der Nr.  2 (bulgarische Staatsangehörigkeit des Antragstellers) erfasst bereits Art.  5 Nr.  1 Alt.  1 bulgIPRGB. Denn eine andere Person als der Namensträger selbst kann den Namensänderungsantrag nicht stellen: Für Minderjährige (bis 14 Jahre) handeln ihre Eltern als gesetzliche Vertreter, Nichtvolljährige (14 bis 18 Jahre alt) bedürfen nur ihrer Genehmigung (Art.  28 Abs.  2 und 3 bulgZPO); vgl. Rayongericht Breznik, Urt. v. 1.12.2004 i. d. Rs. №  216/2014 – ciela; Ivanova, in: Zh. Stalev, Bulgarsko grazhdansko protsesualno pravo, §  30 II 1, S.  150; §  32 II, S.  159, und §  33, S.  161–163. 441  Ebenso Todorov, Subekti, S.  48 f., Tz.  36.

§  2. Der Name

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amtlichen Dokument aus, das die Behörden des Staates ausgestellt haben, die aus bulgarischer Sicht – Art.  5 Nr.  1 Alt.  1 bulgIPRGB – zuständig dafür waren. Das bedeutet: Bei gewöhnlichem Aufenthalt des Namensträgers in dem Staat, dessen amtliches Dokument oder dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, sind die Behörden dieses Staates zuständig. Bei Mehrstaatern greift wiederum Art.  48 Abs.  3 bulgIPRGB ein. Grenze der Anerkennung ist der heimische ordre public. 2. Bulgarisches Sachrecht Ist Namensänderungsstatut bulgarisches Recht, so verlangt Art.  19 Abs.  1 PStRegG für die Änderung des Namens achtenswerte Gründe. Solche liegen insbesondere dann vor, wenn der bisherige Name lächerlich, herabwürdigend oder gesellschaftlich unannehmbar ist. Im Vordergrund stehen also objektive Beurteilungsaspekte. Dazu zählt das Bedürfnis nach voller Integration, Verhinderung der Entstehung oder der Auflösung von unklaren (hinkenden) Namensrechtsverhältnissen.442 Subjektive Kriterien dagegen sind in der Regel belanglos.443 Eine Namensänderung in Form der Namensanpassung gestattet Art.  19 Abs.  2 PStRegG.444 Bulgarisierung des Eigennamens („Vornamens“) heißt in diesem Kontext die (sinngemäße) Übersetzung des ausländischen Namens ins Bulgarische. Solches gewährleistet eine zügigere Integration des die bulgarische Staatsangehörigkeit erwerbenden Ausländers. Überdies entspricht die Übersetzung fremder Eigennamen ins Bulgarische alter Rechtstradition und -wirklichkeit.445 Anders gewendet: Die Norm ist auf den Eigennamen analog anzuwenden. Was die Bulgarisierung des Vater- und des Familiennamens betrifft, ist die Regelung des Art.  19 Abs.  2 Alt.  1 PStRegG nicht abschließend. Erwähnt ist ausdrücklich die Möglichkeit der Beifügung des Suffixes -ov(a)/-ev(a) in Entsprechung des 442  Dass die Person in der Öffentlichkeit mit einem anderen Vater- und/oder Familiennamen bekannt ist, genügt allein nicht nach Sofioter Rayongericht, Urt. v. 19.12.2014 i. d. Rs. №  46925/­ 2014 – ciela (Antrag eines Doppelstaates mit bulgarischer und türkischer Staatsangehörigkeit auf Änderung seines Vater- und Familiennamens). 443  Sofioter Rayongericht, Urt. №  III-80-114 v. 6.6.2013 i. d. Rs. №  7049/2013, bestätigt in der Berufungsinstanz durch Sofioter Stadtgericht, Urt. №  8551 v. 17.12.2013 i. d. Rs. №  11016/­ 2013 ([abgewiesener] Antrag eines irakischen Sunniten auf Namensänderung wegen beabsichtigter Heirat mit einer irakischen Christin); Rayongericht Teteven, Urt. №  106 v. 3.9.2013 i. d. Rs. №  402/2013; jew. zit. nach ciela. 444  Art.  19 Abs.  2 PStRegG lautet: „Eine Person, welche die bulgarische Staatsangehörigkeit erworben oder wieder hergestellt bekommen hat, kann ihren Vater- und Familiennamen mit dem Suffix -ov oder -ev und einer Endung entsprechend ihrem Geschlecht ändern und auch ihren Eigennamen nach Kapitel fünfzig: „Feststellung von Tatsachen“ der Zivilprozessordnung bulgarisieren. Diese Verfahren sind von staatlichen Gebühren befreit.“ (Hervorhebung hinzugefügt). 445  Hierzu Ilchev, in: Pashov, Imena, S.  36, 42–44 m. w. N. und Beispielen.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

Geschlechts. Der vorgenannte Normzweck (schnelle Integration) gebietet eine sinngemäße Übersetzung des ausländischen Namens ins Bulgarische, wenn der Namensträger das wünscht. Der Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud könnte deshalb unter Geltung bulgarischen Namensanpassungsstatuts, also bei Erwerb bulgarischer Staatsangehörigkeit, gem. Art.  19 Abs.  2 Alt.  1 PStRegG folgende Namen tragen:446 Borislav447 Radostinov448 (Борислав Радостинов) bzw. – mit einem Vaternamen449 – Borislav Yakov Radostinov (Борислав Яков Радостинов) oder Borislav (Yakov) Freud (Борислав [Яков] Фройд) oder Borislav (Yakov) Freudov (Борислав [Яков] Фройдов) Alternativ käme für den Eigennamen („Vornamen“) auch die sinngemäße Übersetzung Борис (Boris) in Betracht.

VI. Unterstellungserklärung450 Namenserwerb und -änderung sind bulgarischem Recht unterworfen, wenn eine Person mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland sie beantragt (Art.  53 Abs.  4 bulg­IPRGB). 446  Schreibweise entspricht dem geltenden Recht gem. Art.  19 Abs.  1 S.  1 bulgPAG i. V. m. Art.  2 Abs.  1 bulgPAVO i. V. m. Anhang I zu Art.  2 Abs.  1 bulgPAVO. 447  Bedeutet „Kämpfer“ oder „Sieger“. Nach der Semantik gehört der Name „Sigmund“ aus der Sicht der bulgarischen Sprachwissenschaft zur Gruppe der Namen, die einen Wunsch der Eltern für die Zukunft des Kindes ausdrücken wollen. Deshalb ist er am nächsten mit Borislav zu übersetzen. Ausführlich zur Differenzierung zwischen Namen mit Schutzrichtung und Namen mit Wunschrichtung Ilchev, in: Pashov, Imena, S.  36, 39–41; ders., Rechnik, S.  12–15. 448  In Ableitung von „радост“/radost, was buchstäblich „Freude“ heißt. 449  Der Vatername Яков/Yakov entfällt nicht erst nach einem entsprechenden Antrag gem. Art.  19 Abs.  1 Var.  4 PStRegG aus besonderen Gründen in diesem Einzelfall, weil etwa das fremde Recht den Vaternamen weder kennt noch der Namensträger ihn vor der Einbürgerung verwendet hat. Vielmehr ist bei Personen i. S. des Art.  19 Abs.  2 PStRegG, welche die bulga­ rische Staatsangehörigkeit erworben oder wiedererlangt haben, ein Antrag zur Bildung eines Vaternamens nach neuem, bulgarischem Namensstatut erforderlich (vgl. Art.  53 Abs.  2 S.  1 bulgIPRGB.) Das sagt Art.  19 Abs.  2 PStRegG selbst, indem er auf „die Änderung des Vaternamens“ abstellt, also einen Vaternamen voraussetzt. 450  Der Begriff ist dem bulgarischen Recht fremd. Er ist dem schweizerischen IPR (Art.  37 Abs.  2 schweizIPRG) entlehnt und wird in dieser Arbeit verwendet, um eine bündige Umschreibung der Regelung von Art.  53 Abs.  4 bulgIPRGB zu gewährleisten. Denn eine ähnliche Regelungstechnik kennt das Schweizer IPR in Art.  37 Abs.  2 schweizIPRG. Die Vorschrift ­lockert die strikte Anwendung des Wohnsitzprinzips bei der Namensbildung, indem sie dem

§  2. Der Name

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1. Anknüpfungsgrundsätze Die Unterstellungserklärung kann abgegeben werden, sobald der gewöhnliche Aufenthalt nach dem Maßstab des Art.  48 Abs.  7 bulgIPRGB begründet ist.451 Ein namensrechtlich relevantes Ereignis (Geburt, Adoption, Eheschließung oder Ehescheidung) ist dafür nicht erforderlich. Das Unterstellungsverlangen ist im Antrag nach Art.  19 Abs.  1 resp. Abs.  2 (analog) PStRegG enthalten und muss deshalb nicht ausdrücklich gestellt werden. 2. Person des Antragstellers Hinsichtlich der Person des Unterstellungserklärenden kommt es grundsätzlich auf den Namensträger selbst an. Namensrecht ist ein höchstpersönliches Rechtsgut; das gilt bereits im Rahmen des Art.  53 Abs.  4 bulgIPRGB zu beachten. Eine Ausnahme ist bei der schwachen Adoption vorgesehen, soweit die Änderung des Eigen-, des Vater- und/oder des Familiennamens im Raume steht. Das folgt unmittelbar aus Art.  18 Abs.  1 S.  2 (Eigenname) und Abs.  3 (Vater- und Familien­ name) PStRegG. Danach ist die Namensbestimmung dem Annehmenden überlassen, und nur wenn das Adoptivkind das 14. Lebensjahr vollendet hat, ist auch seine Zustimmung erforderlich. Art.  18 PStRegG gilt bei bulgarischem Personalstatut des Wahlkindes. C. Statutenwechsel Die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit ist wandelbar. Ob deren Änderung Einfluss auf die Namensführung zeitigt, ist nach dem neuen Namensstatut zu beurteilen.452 Dies besagt Art.  53 Abs.  2 S.  1 bulgIPRGB zwar ausdrücklich, es folgt aber schon aus Art.  42 bulgIPRGB (Schutz wohlerworbener Rechte). Denn der Namenserwerb ist bereits vor dem Wechsel der Staatsangehörigkeit abgeschlossen. Ein unter der Herrschaft des alten Rechts erworbener oder geänderter Name sowie der Verlust des bisherigen Namens bestehen deshalb unter der Herrschaft des neuen Rechts fort. Das setzt natürlich voraus, dass der Name nach dem Altstatut wirksam erworben, geändert oder verloren wurde und sich mit dem bulgarischen ordre public verträgt. In Art.  53 Abs.  2 bulgIPRGB findet also der Grundsatz der Namenskontinuität seinen Ausdruck. Namensträger erlaubt, seinen Namen dem Heimatrecht zu unterstellen; dazu Kostkiewicz, Grundriss des schweizerischen IPR, S.  260, Rn.  1050–1053. 451  Vgl. Rayongericht Lovech, Urt. №  183 v. 7.6.2013 i. d. Rs. №  407/2013; Rayongericht Balchik, Urt. №  56 v. 20.3.2014 i. d. Rs. №  43/2014 (Änderung des Ehenamens durch den einen russischen Ehegatten gem. Art.  19 Abs.  1 PStRegG); jew. zit. nach ciela. 452  Das Gleiche gilt vom Standpunkt des deutschen IPR; vgl. BGHZ 121, 305, 313; 63, 107, 111 f.; BGH, FamRZ 1993, 2244, 2245; 1983, 878, 881.

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2. Teil: Internationales Familienrecht i. w. S. (Personenrecht)

Bewirkt das namensrechtlich relevante Ereignis den Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit, sei es unter Verlust oder Beibehaltung der alten, so entscheidet gem. Art.  53 Abs.  2 S.  1 bulgIPRGB stets die neue Staatsangehörigkeit über den künftig zu führenden Namen.453 Bei einem Wechsel zum bulgarischen Namensrecht stehen dem Namensträger Gestaltungsmöglichkeiten des unter dem Altstatut erworbenen Namens nach Maßgabe des Art.  19 Abs.  2 PStRegG offen. D. Rechtswahlmöglichkeit des Namensstatuts? Eine Namensrechtswahl sieht Art.  53 bulgIPRGB – bis auf die Unterstellungserklärung nach seinem Abs.  4 – nicht vor. Unter dem alten Recht hatte sich die h. M. für eine Rechtswahl betreffend den Ehenamen ausgesprochen: Die Ehe­ leute konnten das Recht des Staates mit ihrem gewöhnlichen Aufenthalt wählen oder das Recht des Staates, dem der ausländische, nicht-bulgarische Ehegatte angehörte. Argumentiert hat man damit, dass die Bestimmung des Ehenamens durch die Ehegatten Ausdruck ihrer persönlichen Beziehung sei.454 Richtig daran war und ist, dass die Eheleute mittels der Rechtswahl den Ehenamen einheitlich nach einer von ihnen bevorzugten Rechtsordnung sollen bestimmen können, um der Entstehung bzw. dem Bestand eines hinkenden Namensrechtsverhältnisses entgegenzuwirken oder um den familiären Namenseinklang an die soziale Umwelt im Aufenthaltsstaat anzupassen. Deshalb sollte man eine solche Rechtswahl auch nach Inkrafttreten des bulgIPRGB ermöglichen, zumal nicht erkennbar ist, dass der Gesetzgeber sie absichtlich nicht hätte zulassen wollen. Für eine Rechtswahl des Namensstatuts lässt sich dogmatisch eine Analogie zu Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB ins Felde führen. In Konsequenz dazu gilt Art.  80 bulgIPRGB für die Namensrechtswahlvereinbarung entsprechend. Die Rechtswahl kann daher vor oder nach der Eheschließung getroffen werden (Art.  80 Abs.  3 S.  1 bulgIPRGB analog). Eine Rückwirkung kann sie freilich nicht ent­ falten (Art.  42 bulgIPRGB). Mängel der Rechtswahlerklärung richten sich nach der lex causae (Art 80 Abs.  2 bulgIPRGB analog).455 453 

Vgl. Sofioter Rayongericht, Urt. v. 25.3.2013 i. d. Rs. №  251/2013 (Namensänderung gem. Art.  19 Abs.  2 PStRegG durch Erwerb eines Vaternamens und Auswechslung des Suffixes -ich (aus dem Serbischen: -ич) in -ov (im Bulgarischen: -ов). Verkannt dagegen von: Rayon­ gericht Silistra, Urt. №  476 v. 17.10.2014 i. d. Rs. №  1372/2014, das trotz Berufung auf das gem. Art.  53 Abs.  2 bulgIPRGB als maßgeblich erachtete türkische Recht die Namensänderung nach bulgarischem Recht (Art.  19 Abs.  1 PStRegG) prüfte und bejahte; Rayongericht Ruse, III. Zivilabteilung, Urt. №  892 v. 6.6.2014 i. d. Rs. №  2800/2014, und Urt. №  972 v. 17.6.2014 i. d. Rs. №  2217/2014, jew. Anwendung bulgarischen Sachrechts trotz Erwerb einer ausländischen (in beiden Fällen: US-amerikanischen) Staatsangehörigkeit. Alle Entscheide zit. nach ciela. 454  Todorov, Subekti, S.  49 f., Tz.  37. 455  Eine Namensrechtswahl bejahen ausdrücklich Rayongericht Veliko Tarnovo, Urt. №  543

§  2. Der Name

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E. Namensschutz Der Namensschutz ist aus dem Anwendungsbereich der Rom  II-VO ausgenommen (Art.  1 Abs.  2 lit.  g Rom  II-VO). Verletzungen des Namensrechts einschließlich des Pseudonyms unterstehen daher als Eingriffe in das Recht der Persönlichkeit gem. Art.  53 Abs.  3 bulgIPRGB dem Deliktsstatut. Erfolgt die Verletzungshandlung durch Massenmedien, so ist Art.  108 bulgIPRGB einschlägig. Im Übrigen gilt Art.  105 bulgIPRGB.

v. 10.6.2014 i. d. Rs. №  1136/2014, und Rayongericht Silistra, Urt. №  593 v. 21.11.2014 i. d. Rs. №  1648/2014, sowie Urt. 507 v. 16.10.2013 i. d. Rs. №  1549/2013: „Die Regelungen der Art.  53 Abs.  2 und 3 und Art.  113 Abs.  1 bulgIPRGB eröffnen einer Person die Möglichkeit zur Wahl des Rechts, welches die Bestimmung seines Namens regelt.“; zum Teil erfolgt die Begründung unter Rekurs auf „Art.  53 Abs.  3 i. V. m. Art 113 Abs.  1 bulgIPRGB“.

3.  Teil

Internationales Familienrecht i. e. S. §  1. Eheschließungsrecht A. Materielles bulgarisches Eheschließungsrecht Das bulgarische Eheschließungsrecht weist Eigentümlichkeiten auf, die das kollisionsrechtliche Verständnis des Internationalen Familienrechts fördern. Es soll deshalb zuerst dargestellt werden. I. Formelle Eheschließungserfordernisse 1. Zivilehe Rechtswirkungen hat nur die Zivilehe1 (Art.  4 Abs.  1 FamKodex).2 Die traditionelle religiöse Trauung ist aber weiterhin verbreitete Sitte. Anders als früher darf sie als freie Religionsausübung i. S. des Art.  13 Abs.  1 bulgVerf auch schon vor der zivilen Eheschließung stattfinden (vgl. 4 Abs.  2 FamKodex).3 Die Ehe ist vor dem Zivilstandsbeamten zu schließen. Das ist der Bürgermeister der Gemeinde, in welcher die Ehe geschlossen werden soll, oder ein sonstiger dortiger Amtsträger, dem diese Aufgabe rechtsförmig zugewiesen ist. Dabei schützt Art.  11 Abs.  2 FamKodex den guten Glauben der Nupturienten insbesondere in Fällen, in denen die Zuweisung des Amtes nichtig ist.4 Entfallen ist das Aufgebot. 1  Das Rechtsinstitut der Zivilehe ist in Art.  46 Abs.  1 S.  2 bulgVerf verfassungsrechtlich abgesichert. 2  Die obligatorische Zivilehe wurde erst mit Gesetzesverordnung über die Ehe v. 12.5.1945 (dort Art.  1) eingeführt. Zuvor war ausschließlich die religiöse Eheschließung vorgesehen. Die wesentlichen familienrechtlichen Fragen, namentlich Eheschließung und Scheidung, waren bis dahin Gegenstand des Kirchenrechts und unterlagen der Zuständigkeit kirchlicher Gerichte; vgl. statt aller Boyanov, Osnovi na grazhdanskoto pravo, S.  397 (Fn.  1); Jessel-Holst, in: Berg­ mann/­Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  25 (Fn.  16); RdErl des Innenministers von Schles­ wig-­Holstein v. 3.8.1977, StAZ 1978, 26. 3  Nach altem Recht drohte dem Geistlichen, der die Ehewilligen vor der standesamtlichen Eheschließung kirchlich traute, eine Freiheitstrafe von einem Jahr und eine öffentliche Mahnung, Art.  176 Abs.  3 bulgStGB a. F. Die Eheleute waren straffrei. 4  Ähnlich Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  79. Takoff, Private Law in Bulgaria, S.  149,

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

2. Eheform Die Ehe ist formgültig geschlossen, wenn die Nupturienten persönlich und gleich­ zeitig vor dem Zivilstandesbeamten ihr freies und ausdrückliches Einverständnis mit der Eheschließung erklären (Art.  5 FamKodex). „Ausdrücklich“ bedeutet in diesem Zusammenhang unzweideutig und hindert nicht, das Ja-Wort durch eindeutiges schlüssiges Verhalten (Gestik) oder gar schriftlich zu geben.5 Die Einverständniserklärung ist befristungs- und bedingungsfeindlich. Das geforderte ausdrückliche Einverständnis mit der Eheschließung wird durch die Unterschriften der Eheschließenden be-(ur-)kundet. Indes ist die Ehe erst mit Unterzeichnung der Heiratsurkunde durch den Zivilstandsbeamten geschlossen (Art.  11 Abs.  1 FamKodex).6 Die Unterschriften der zwei Zeugen stellen keine Wirksamkeitsvoraussetzungen dar, obwohl sie gem. Art.  10 Abs.  3 FamKodex immer vorliegen sollten.7 3. Nichtehe und nichtige Ehe Die Rechtsinstitute der Nichtehe und der nichtigen Ehe sind und waren noch nie gesetzlich geregelt.8 Die wohl überwiegende Meinung betrachtet eine Nichtehe als nichtige Ehe.9 Für eine Differenzierung gibt es keine Veranlassung: Die Rechtsfolgen (keine wirksame Ehe) gleichen sich.10 Beide Begriffe werden deshalb oft synonym gebraucht;11 als Oberbegriff fungiert die „unwirksame Ehe/ 158, spricht von Rechtsschein. Boyanov, Osnovi na grazhdanskoto pravo, S.  401, deutet Art.  11 Abs.  2 FamKodex als eine gesetzliche Fiktion. 5  A. A. Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  36 f. und 46, wonach Art.  10 Abs.  2 S.  1 FamKodex im Gegensatz zu Art.  10 Abs.  2 S.  2 FamKodex a. F. (1985) stets eine mündliche Einverständniserklärung erfordere. Dagegen spricht bereits der Wortlaut. Das Wort „изричен»/izrichen in Art.  10 Abs.  2 S.  1 FamKodex bedeutet nicht nur „mündlich“, sondern auch „eindeutig/unzweideutig“. Wollte man Tsankova gleichwohl folgen, so müsste man bei der Eheschließung von stummen Menschen mit einer Analogie arbeiten. Bei Stumm- oder Taubheit eines der Nupturienten war im Geltungsbereich des Art.  10 Abs.  2 FamKodex a. F. (1985) anerkannt, dass die Einwilligung in die Eheschließung auch durch konkludentes Verhalten zustandekommen kann. Daran wollte der Gesetzgeber nichts ändern. Außerdem erscheint es verfassungsrechtlich bedenklich, solchen Personen nur über die analoge Anwendung des Art.  10 Abs.  2 S.  1 FamKodex zu einer wirksamen Eheschließung zu verhelfen. 6  Vgl. Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  460 v. 15.11.2011 i. d. Rs. №  912/2011. (zit. nach Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex [2015], S.  47. 7  Einheitliche Meinung; vgl. statt aller Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  46. 8  Tsankova, YS Goleminov (2010), 223, 225; dies., Semeyni otnoshenia, S.  71, 72. 9  Zum Rechtsinstitut der nichtigen Ehe und der Nichtehe zuletzt Tsankova, YS Goleminov (2010), 223 ff.; dies., ciela-Rubrik (zuletzt angesehen am 30.12.2019). 10  Tsankova, YS Goleminov (2010), 223, 228. 11  A. A. Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  149; Tsankova,

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недействителен брак“, wiewohl man darunter aber auch die aufhebbare Ehe fasst.12 Eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe gem. Art.  318 bulgZPO erfasst daher sowohl eine nichtige wie eine Nicht-Ehe.13 Eine solche Nichtehe/nichtige Ehe liegt beim Verstoß gegen Artt.  4, 5, 10 Abs.  2 oder Art.  11 Abs.  1 FamKodex vor, wenn also das Paar ausschließlich in religiöser Form heiratet oder das selbe Geschlecht hat, die Nupturienten ihren Ehe­ willen unter einer Bedingung erklären, oder nicht gleichzeitig und persönlich, ferner wenn eine Heiratsurkunde nicht ausgestellt wird oder die erforderlichen Unterschriften der Ehegatten und des Zivilstandsbeamten auf der Heiratsurkunde fehlen.14 Hierher gehört der Fall, dass die Urkundsperson ihr öffentliches Amt im Wissen der Eheschließenden nur dem Schein nach, ohne Ermächtigung ausübt.15 Die restlichen Gesetzesbestimmungen über die Formalitäten der Eheschließung (wie Ort der Eheschließung, Zeugentauglichkeit, -zahl und -unterschriften) sind bloße Ordnungsvorschriften, welche die Wirksamkeit der Eheschließung nicht beeinflussen.16 YS Goleminov (2010), 223, 228, obzwar sie auf Seite 229 einräumt, dass die Nichtehe wegen ihrer Rechtsfolgen sowohl zu der nichtigen Ehe als zu der „nicht geschlossenen Ehe/ несключения брак“ gerechnet werden könne; ebenso dies., Semeyni otnoshenia, S.  71, 74. Wie hier Mevorah, Za nedeystvitelnia brak, S.  35, der die Einführung des Begriffs der „Nicht­ ehe“ neben den der nichtigen Ehe im Hinblick auf den Inhalt und die Wirkung dieser, wie er sie nennt, „Kategorien“ für unmöglich hält. Er führt noch aus: „[…] unter dem Begriff „nichtige Ehe“ verstehen wir jene Kategorie, welche die Franzosen mit „mariage inexistant“ und die Deutschen mit „Nichtehe“ umschreiben“; s. a. Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  430 (Fn.  4): Es gebe keinen Grund, zwischen einer „nichtigen Ehe“ und einer „Nichtehe“ zu unterscheiden. Gleichwohl sei der Begriff „nichtige Ehe“ passender. Denn eine Nichtehe suggeriere etwas Ungeschehenes, wohingegen eine nichtige Ehe ein (rechtliches) Geschehen voraussetzte, welches an einem Manko leide. Das ist kein taugliches Unterscheidungskriterium. Wird die Ehe z. B. nur in religiöser Form geschlossen, dann liegt sehr wohl ein rechtlich relevantes Geschehen vor, welches sich in der nicht wirksam zustande gekommenen Ehe ausdrückt. Gleiches gilt für das Führen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Diese Fälle stellen jedoch nach der Gegenansicht Nichtehen dar (s. Tsankova, a. a. O., 223, 228). Den Begriff der Nichtehe verwendet Jessel-Holst, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  26. 12  Insgesamt zeichnet sich eine vielfältige Terminologie, die sich den alten Begrifflichkeiten (z. T. aus den Familiengesetzbüchern v. 1968 und 1985) verdankt: „ungesetzliche Ehe“, „absolut nichtige Ehe“, „ungültige Ehe“, „nicht geschlossene Ehe“, „nicht existierende Ehe“; vgl. Tsankova, Semeyni otnoshenia, S.  71, 72. Das stiftet Verwirrung. 13  Tsankova, ciela-Rubrik, Tz. I 4 (zuletzt angesehen am 30.12.2019). 14  Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  II, S.  50; Tsankova, YS Goleminov (2010), 223, 231 („nichtige Ehe“); dies., Semeyni otnoshenia, S.  71, 73. 15  Vgl. Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  149; Tsankova, YS Goleminov (2010), 223, 231; dies., Semeyni otnoshenia, S.  71, 73 f.; ausf. Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  79 ff. sowie 516. 16  Siehe Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  138; Jessel-Holst, in: Bergmann/Ferid/ Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  26; Todorov, Pravootnoshenia, S.  97, Tz.  324.

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II. Materielle Eheschließungserfordernisse 1. Geschlechtsverschiedenheit Eine Eheschließung in Bulgarien ist nur zwischen geschlechtsverschiedenen Partnern zulässig, vgl. Art.  5 FamKodex. Der Verstoß führt zu einer nichtigen Ehe.17 2. Ehemündigkeit Die Ehemündigkeit beginnt mit Vollendung des 18. Lebensjahres, bei Mann wie Frau.18 Eine Ausnahme sieht Art.  6 Abs.  2 FamKodex bei Jugendlichen über 16 Jahren vor, wenn ein wichtiger Grund für die Eheschließung vorliegt.19 Darüber entscheidet das Rayongericht an der ständigen Wohnanschrift des nichtvolljährigen Nupturienten.20 Antragsberechtigt ist in Analogie zu Art.  319 bulgZPO ausschließlich der Nichtvolljährige selbst.21 Indessen reicht dabei der Antrag eines der beiden jugendlichen Nupturienten aus. Denn die gerichtliche Genehmigung bezieht sich auf die Heirat des nichtvolljährigen Antragstellers mit einer anderen, genau bestimmten und eben ggf. nichtvolljährigen Person; die gerichtliche Genehmigung wird also nicht losgelöst von der Person beider Eheschließenden, ihren Persönlichkeiten und den Umständen ihres gemeinsamen Heiratswunsches erteilt, sondern aufgrund dieser Gegebenheiten. Der stattgebende Beschluss ist unanfechtbar; der ablehnende ist binnen einer Woche ab Zustellung gem. Art.  538 Abs.  1 bulgZPO anfechtbar.22 17  Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  149; Tsankova, YS Goleminov (2010), 223, 235. 18  Das galt schon nach Art.  8 Abs.  1 FamKodex a. F. (1968); siehe aus dem deutschen Schrifttum Boschan, EuFamR, Länderbericht Bulgarien, S.  40. Zu dem FamKodex i. d. F. von 1968 und seiner Bedeutung zuletzt Tsankova/Petrov, Sobstvenost i pravo 2018, №  11, 46 ff. 19 Eine ohne die erforderliche rayongerichtliche Genehmigung geschlossene Ehe eines bereits 16 Jahre alt gewordenen Jugendlichen und die Ehe eines Nichtvolljährigen zwischen 14 und 16 Jahren mit rayongerichtlicher Genehmigung behandelt die h.L. gleich, indem sie die Ehe als wirksam, wenn auch aufhebbar erachtet; vgl. Tsankova, YS Goleminov (2010), 223, 232 f.; Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  440 f.; Mateeva, Semeyno pravo, S.  199 f.; Beshkov, Brak, S.  42; ders., Unishtozhavane na braka, S.  37 ff. m. w. N. zur Gegenansicht, welche eine nichtige Ehe annimmt. 20  Die Genehmigung zur Eheschließung durch ein örtlich unzuständiges Rayongericht begründet keinen Eheaufhebungsgrund gem. Art.  46 Abs.  1 Nr.  1 Alt.  1 i. V. m. Art.  6 Abs.  2 FamKodex; vgl. Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  515. Das Gleiche gilt, wenn das Rayongericht die falsche prozessuale Entscheidungsart gewählt hat, z. B. statt Genehmigung eine Verfügung erlassen hat; dazu Rayongericht Dulovo, Beschl. v. 18.9.2013 i. d. Rs. №  493/2013 – ciela; Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  150. 21  Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  167 f. 22  Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  170 f.; teilw. anders Todorov, Pravootnoshenia, S.  75, Tz.  24.

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Die rayongerichtliche Genehmigung ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Eheschließung.23 Fehlt sie einmal, so kommt es trotzdem zu einer gültigen, wenn auch aufhebbaren Ehe (vgl. Art.  46 Abs.  1 Nr.  1 Alt.  1 i. V. m. Art.  6 FamKodex). Die Folge des Art.  6 Abs.  4 FamKodex tritt dennoch ein: der nichtvolljährige Ehegatte gilt ab Eheschließung als geschäftsfähig. Die aufhebbare Ehe verhilft ihm also zur Mündigkeit. Die Aufhebung der Ehe lässt die Geschäfts­ fähigkeit nicht nachträglich entfallen, selbst wenn der betreffende Ehegatte zur Zeit der Rechtskraft des Aufhebungsurteils nicht 18. Jahre alt, also volljährig sein sollte. 3. Ehehindernisse Ehehindernisse zählt Art.  7 FamKodex abschließend auf.24 Dazu gehören der ­Bestand einer Vorehe, die vollständige Entmündigung i. S. des Art.  5 Abs.  1 bulg­ GPF, die eine vollständige Entmündigung rechtfertigende Geisteskrankheit oder Geistesschwäche25 sowie Krankheiten, welche die Gesundheit der Nachkommen­ schaft26 oder des anderen Nupturienten ernsthaft27 gefährden, es sei denn, jener ist über sie in Kenntnis gesetzt worden28, schließlich bestimmte Verwandtschaftsund Adoptionsverhältnisse zwischen den Eheschließungswilligen.29 Eine Ehe ohne die Absicht, eine eheliche Lebensgemeinschaft tatsächlich herzustellen und zu begründen (sog. Scheinehe), ist wirksam. Das bulgarische Recht verlangt von den Ehewilligen keinen Eheführungsvorsatz.30 23 

Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  440 f. Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  39. 25  Der Gesetzgeber nimmt an, die Aufhebungsfähigkeit der Ehe schütze besser die Interessen des Geisteskranken als eine Nichtehe; zustimmend Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  151. 26  Erfasst ist nicht nur die erste – eventuell bereits vorhandene – Nachkommenschaft, sondern auch alle anderen; s. Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  185; Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  128 f. 27  Erforderlich sind eine Gesundheitsgefährdung von einigem Gewicht und die hohe Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts; vgl. Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  129. 28  Kenntnis des einen Nupturienten von der Krankheit des anderen kann freilich das Ehehindernis der Gesundheitsgefährdung nur ausräumen, soweit es ausschließlich um seine eigene Gesundheit und ihre Gefährdung geht. Kommt eine gesundheitliche Gefährdung der Nachkommen in Frage, so beseitigen Kenntnis und Einverständnis des anderen das Ehehindernis nicht; solche Ehe kann nicht geschlossen werden; s. Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  187. 29  Das Ehehindernis des Verwandtschaftsverhältnisses i. S. des Art.  7 Abs.  2 Nr.  1 und 2 FamKodex (Verwandte in gerader Linie, Geschwister und Verwandte in der Seitenlinie bis zum einschließlich 4. Grad) entfällt nicht bei einer starken Adoption i. S. des Art.  101 FamKodex; s. Dinekova, Sobstvenost i pravo 2013, №  1, 44, 45. 30  Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  121 f. mit Hinweis auf die Rspr. des Obersten Gerichts. 24 

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Der Verstoß gegen ein Ehehindernis kann mit der Eheaufhebungsklage geltend gemacht werden. Antragsberechtigt sind: beide Ehegatten31, der Staats­ anwalt und bei Bigamie der Ehegatte aus der Vorehe (Art.  47 FamKodex). Die Klageberechtigung kann nachträglich verjähren bzw. fortfallen, auf ihre Ausübung kann verzichtet werden; dann tritt Heilung einer solchen Ehe ein.32 Die der Aufhebungsklage stattgebende Gerichtsentscheid ist ein Gestaltungsurteil mit ex nunc-Wirkung (Art.  48 Abs.  1 FamKodex).33 Bis zu seiner Rechtskraft ist die Ehe vollwirksam, sie begründet mithin alle Rechten und Pflichten, die aus ihr erwachsen.34 Die aufhebbare Ehe ist scheidbar.35 Auf die Folgen der Eheaufhebung sind die Normen über die Wirkungen der Scheidung entsprechend anwendbar (Art.  48 Abs.  3 S.  1 FamKodex). B. Kollisionsrecht I. Eheschließung 1. Vorrangiges staatsvertragliches Kollisionsrecht Vorrangige Sonderregelungen im internationalen Eheschließungsrecht finden sich in bilateralen Abkommen, namentlich mit Vietnam (Art.  20 Abs.  136), Kuba (Art.  22 Abs.  137), Polen (Art.  22 Abs.  138), Rumänien (Art.  22 Abs.  339) und der Mongolei (Art.  18 Abs.  340). Sie alle knüpfen an die Staatsangehörigkeit eines jeden Ehewilligen an. Bulgarien ist weder Vertragsstaat des Haager Eheschließungsübereinkommens,41 des Pariser CIEC-Übereinkommens zur Erleichterung 31 

Bei einem nichtvolljährigen Ehegatten bzw. einem zur Heirat genötigten Ehegatten i. S. des Art.  46 Abs.  1 Nr.  2 FamKodex nur dieser selbst. 32  Näher Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  153 ff.; Nenova/­ Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  443 ff. 33  S.a. Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  148. 34  Vgl. Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  148; Nenova/ Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  188–198, mit Kritik hinsichtlich der Rechtsfolge der lediglich aufhebbaren Bigamie- und Inzestehe. 35  Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  149; Oberster Kassationsgerichtshof, Urteil №  827/1973 (zit. nach Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  433). 36  DV Nr.  69 v. 4.9.1987; in Kraft seit 5.7.1987; abrufbar in ciela. 37  DV Nr.  85 v. 31.10.1980; in Kraft seit 25.7.1980; abrufbar in ciela. 38  DV Nr.  37 v. 10.5.1963; in Kraft seit 20.4.1963; abrufbar in ciela. 39  DV Nr.  18 v. 1.3.1960; in Kraft seit 4.7.1959; abrufbar in ciela. 40  DV Nr.  88 v. 14.11.1969; in Kraft seit 10.4.1969; abrufbar in ciela. 41  Haager Abkommen zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze auf dem Gebiet der Eheschließung v. 12.6.1902 (RGBl. 1904, S.  221); veröffentlicht auf der Internetseite des Bundesministeriums des Innern: (zuletzt angesehen am 30.12.2019); abgedr. in Jayme/Haus-

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der Eheschließung im Ausland42 noch des Münchener CIEC-Übereinkommens über die Ausstellung von Ehefähigkeitszeugnissen.43 Vergemeinschaftetes EURecht gibt es bislang auf diesem Gebiet nicht. Bulgarien ist aber Vertragsstaat des New Yorker UN-Übereinkommens über die Erklärung des Ehewillens, das Heiratsmindestalter und die Registrierung von Eheschließungen vom 10.12.1962.44 2. Der kollisionsrechtliche Ehebegriff Der kollisionsrechtliche Verweisungsbegriff der Ehe reicht im Verhältnis zu seinem materiellrechtlichen Pendant in Art.  5 FamKodex weit. Eine Qualifikation lege fori würde Lebensgemeinschaften ausblenden, die nach Sinn und Zweck ihrer heimatlichen Rechtsordnung mit der Institution „Ehe“ nach bulgarischem Verständnis vergleichbar sind. Deshalb bedarf es einer funktionalen Betrachtung i. S. des Art.  39 Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB.45 Hiernach ist Ehe, was in einem bestimmten Kulturkreis als die typische und (formalisiert) anerkannte Normalform des Zusammenlebens zweier oder mehrerer geschlechtsreifer Menschen angesehen wird und alle Rechtsfolgen einer dortigen Ehe hat. Verbindungen, bei welchen der Wille fehlt, eine solche Ehe einzugehen, oder die lediglich eine Alternative dazu darstellen, scheiden als Ehen aus.46 Daher sind Konkubinate nicht dem Ehebegriff zuzuordnen, wohl aber – aus bulgarischer Sicht als nichmann, Nr.  30, und teilweise in NK-BGB/Andrae (2016), Anhang III zu Art.  13 EGBGB, S.  1996–1998. Das Abkommen gilt heute nur noch zwischen Deutschland zu Italien. Die Bundesrepublik Deutschland hat das Abkommen am 11.10.2017 mit Ablauf des 1.6.2019 gekündigt (BGBl. 2017, S.  1508). Näher zu diesem Abkommen NK-BGB/Andrae (2016), Anhang III zu Art.  13 EGBGB m. w. N.; v. Bar, RabelsZ 57 (1993), 63, 66–76. 42  Pariser CIEC-Übereinkommen zur Erleichterung der Eheschließung im Ausland v. 10.9.1964 (BGBl. 1969 II, S.  445, 451); abrufbar im Internet unter folgender Adresse:

(zuletzt angesehen am 30.12.2019). 43  Münchener CIEC-Übereinkommen über die Ausstellung von Ehefähigkeitszeugnissen v. 5.9.1980 (BGBl. 1997 II, S.  486, 1086); Text unter:

(zuletzt angesehen am 30.12.2019). 44  Für Bulgarien seit 9.12.1964 in Kraft; in bulgarischer Sprache abgedr. in Natov, Sbornik MCP, S.  278–280; deutsche Sprachfassung: BGBl. 1969 II, S.  161, und im Internet unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019). 45  So bereits im alten IPR Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  15 f.; i. Erg. wohl auch Todorov, Pravootnoshenia, S.  87, Tz.  30; ders., MCP, S.  220. 46  Vgl. Henrich, IntFamR, S.  21; Andrae, IntFamR, §  1, Rn.  6.

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tige Ehen einzustufende – gleichgeschlechtliche, polygame, privatrechtlich geschlossene und/oder zeitlich bedingte47 Personenverbindungen. Solche Gemeinschaften sind nicht ordre public-widrig, mithin anerkennungsfähig.48 Im Inland können sie indes nicht eingegangen werden, da Art.  5 FamKodex nur die Ehe von zwei Individuen beiderlei Geschlechts auf unbestimmte Zeit zulässt. Dem Zivilstandsbeamten mangelte es außerdem an der Kompetenz, am Zustande­ kommen anderer Eheformen mitzuwirken.49 Homosexuelle Paare können derzeit in Bulgarien keine institutionelle Partnerschaft eingehen, sich auch nicht in ein Partnerschaftsregister eintragen lassen. Dieser Zustand dürfte allerdings mit Art.  12 EMRK nicht zu vereinbaren sein.50 II. Sachliche Eheschließungsvoraussetzungen (Sachstatut) Bei Eheschließung mit Auslandsberührung muss man formelle und materielle Eheschließungsvoraussetzungen auseinanderhalten. Die Zuordnung eines Ehe47  Zur Zeitehe Rohe, Das islamische Recht, passim; ders., StAZ 2006, 93 ff.; Schulze, StAZ 2009, 197 ff. 48  Auf die Polygamie und die gleichgeschlechtliche Ehe beschränkend Todorov, Pravootnoshenia, S.  78 ff., Tz.  26 f. (Polygamie); ders., MCP, S.  220 (gleichgeschlechtliche Ehe). Abw. Administrativgericht Sofia-Stadt, Urt. №  180 v. 8.1.2018 i. d. Rs.  7538/2017- abrufbar unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019): keine Anerkennung einer im Ausland (in casu: Großbritannien) geschlossenen gleichgeschlecht­ lichen Ehe zweier Bulgarinnen wegen Verstoßes gegen Art.  46 Abs.  1 i. V. m. Art.  5 Ab. 2 bulgVerf und Art.  5 i. V. m. Art.  4 Abs.  1 FamKodex (Verbot gleichgeschlechtlicher Ehe) sowie wegen Verstoßes gegen den einheimischen ordre public; die Entscheidung hat nunmehr der III. Senat beim Obersten Administrativgerichtshof bestätigt mit Urt. №  17003 v. 12.12.2019 i. d. Rs. №  4245/2018. Siehe zudem Administrativgericht Sofia-Stadt, Urt. №  2398 v. 11.4.2016 i. d. Rs. №  7168/2015 (die Erteilung einer Bestätigung nach bulgarischem Recht über fehlende Ehehindernisse i. S. des Art.  7 FamKodex verstieße gegen das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehe gem. Art.  46 Abs.  1 bulgVerf sowie Art.  5 und Art.  2 Nr.  2 FamKodex und müsse daher unterbleiben; die hiergegen eingelegte Revision wies der III. Senat des Obersten Administrativ­ gerichtshofs mit Urt. №  6269 v. 18.5.2017 i. d. Rs. №  6474/2016 als unbegründet zurück); Administrativgericht Sofia-Stadt, Urt. №  2946 v. 28.4.2016 i. d. Rs. №  798/2016 (beabsichtigte gleichgeschlechtliche Eheschließung durch bulgarische Staatsangehörige in Belgien; bestätigt durch den III. Senat beim Obersten Administrativgerichtshof mit Urt. №  7582 v. 15.6.2017 i. d. Rs. №  7370/2016); alle Entscheide jew. zit. nach ciela. Zur gleichgeschlechtlichen Ehe aus bulgarischer Sicht allgemein Stavru, Obshtestvo i pravo 2017, №  2, 65–79. 49  Wohl auch so Todorov, Pravootnoshenia, S.  81, Tz.  26, sowie S.  87, Tz.  29, der die Eheschließung vor einem ausländischen Konsul bzw. Vertreter im Inland als inländische Trauung betrachtet und sie als Ausnahme vom Grundsatz behandelt. In diese Richtung dürfte ebenfalls die Argumentation gehen von Vladimirov, MCP, S.  336. 50  Vgl. EGMR (Schalk and Kopf v. Austria [Application no. 30141/04]), NJW 2011, 1421. A. A. Administrativgericht Sofia-Stadt, Urt. №  180 v. 8.1.2018; nachzulesen auf Bulgarisch im Internet unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019); das Gericht lehnt eine Verletzung des Art.  1 GRCh unter Rekurs auf Art.  9 leg.cit. ab.

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schließungserfordernisses zu der einen oder zu der anderen Gruppe geschieht mittels Qualifikation nach Art.  39 bulgIPRGB. Es kann darum sowohl für formelle wie materielle Eheschließungsvoraussetzungen jeweils eine andere Rechts­ordnung berufen sein, die diese Rechtsfrage abweichend beurteilt. Doch ist das die logische und konsequente Folge jedweder (Stufen-)Qualifikation. Zudem entspricht diese Unterscheidung zwischen Sache und Form dem bulgarischen Familienrecht.51 1. Anknüpfungsregeln Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung unterliegen für jeden Nupturienten dem Recht des Staates, dem er im Zeitpunkt der Eheschließung angehört (Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB). Es handelt sich um eine distributive Anwendung zweier Rechtsordnungen,52 die bei einem zweiseitigen Ehehindernis de ­facto eine Kumulation bedeutet. Als Anknüpfungspunkt gilt die Staatsangehörigkeit jedes Nupturienten seit jeher.53 a) Reichweite des Heimatrechts Das Heimatrecht gibt Auskunft darüber, ob es eine Person als seinen Staats­ angehörigen betrachtet. Das Zeitmoment macht das Eheschließungsstatut unwandelbar.54 Ein mit der Eheschließung einhergehender Erwerb einer neuen oder einer zusätzlichen Staatsangehörigkeit ist belanglos: Indem der Gesetzgeber expressis verbis auf den Zeitpunkt der Eheschließung abstellt, schließt er eine lege matrimonii erworbene (zusätzliche) Staatsangehörigkeit aus. Allein maßgebend ist deshalb das sog. Antrittsrecht (vgl. Art.  42 bulgIPRGB); in diesem Zusammenhang als Vorfragen aufscheinende Statusfragen sind entgegen der einhelligen Literaturmeinung in Bulgarien unselbständig anzuknüpfen, also dem Recht desjenigen Staates zu entnehmen, um dessen neu erworbene oder verlorene Staatsangehörigkeit es in concreto geht. b) Mehrstaater, Staatenlose, Asylbewerber und Flüchtlinge Für die Sorgenkinder des Staatsangehörigkeitsprinzips (Mehrstaater, Staaten­lose, Flüchtlinge und Asylbewerber) gelten die allgemeinen Regeln: Gemäß Art.  3 51 

v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  123, für das deutsche Kollisions- und Sachrecht. Ebenso Todorov, Pravootnoshenia, S.  102, Tz.  37. 53  Wegen der Hinwendung zur Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt in anderen Bereichen des Internationalen Familienrechts erscheint es vorzugswürdig, das Staatsangehörig­ keitsprinzip in Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB aufzugeben; dazu bezüglich Art.  13 EGBGB Coester-Waltjen, StAZ 2013, 10 ff.; Henrich, FS Spellenberg (2010), 195, 201 ff. 54  Vgl. Maesch, Kodifikation, S.  176. 52 

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Abs.  1 bulgIPRGB finden vorrangig Art.  12 New Yorker Staatenlosenkonven­ tion55 und Art.  12 Genfer Flüchtlingskonvention,56 im Übrigen findet Art.  48 bulg­IPRGB Anwendung. Wichtig ist die Anknüpfung an das Heimatrecht vor allem bei ausländischen Ehewilligen, die verschiedenen Staaten angehören: Wenn bei einer solchen Eheschließung – lediglich – das Recht einer nur sprachlich/begrifflich beteiligten Heimatsrechtsordnung verletzt ist, macht das die Ehe (noch) nicht fehlerhaft. Denn Heimatrecht solcher Personen57 ist nicht ihr jeweiliges Staatsangehörigkeitsrecht, sondern das Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts, in dessen Ermangelung das der engsten Verbindung (Art.  48 Abs.  6 bulgIPRGB). Das bedeutet: Nur wenn sich der gewöhnliche Aufenthalt bzw. die engste Verbindung in dem Staat befindet, dessen Eheschließungsrecht außer Acht gelassen wurde, ist die Ehe fehlerhaft. c) Fraus legis Eine Gesetzesumgehung im Sinne der Änderung des Anknüpfungspunktes der Staatsangehörigkeit oder des gewöhnlichen Aufenthalts – praktisch relevant nur beim letzteren – kommt im Gegensatz zu einer Verlegung des Heiratsortes ins Ausland selten vor. Ausgeschlossen ist sie trotzdem nicht. Ihre Rechtsfolgen bleiben dem fraudulös umgangenen Recht vorbehalten.58 Um die Freizügigkeit der Ehegatten in der Europäischen Union nicht zu beeinträchtigen, sollte man Art.  48 Abs.  2 bulgIPRGB im Gefolge der Rechtsprechung des EuGH zum Namensrecht59 auf EU-Doppelstaater mit auch bulgarischer Staatsangehörigkeit nicht zum Zuge kommen lassen, gesetzt den Fall, die materiellrechtlichen Voraussetzungen der Eheschließung des anderen EU-Heimatrechts sind erfüllt.60 2. Rück- und Weiterverweisung Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB spricht eine IPR-Verweisung aus: Das Heimatrecht jedes Nupturienten ist nur dann anwendbar, wenn es selbst angewandt werden will; eine Rück- oder Weiterverweisung ist also jeweils zu befolgen;61 letzteres 55 

New Yorker Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen v. 28.9.1954 (BGBl. 1976 II, S.  474); bulgarischer Text in ciela und in: Sbornik ot mezhdunarodni dokumen­ti, 1992 (zit. nach Natov, Sbornik, Bd.  II, S.  267). 56  Genfer Flüchtlingskonvention v. 28.7.1951 (BGBl. 1953 II, S.  559); vgl. außerdem Genfer Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge v. 31.1.1967 (BGBl. 1969 II, S.  1294). 57  Gemeint sind Staatenlose, Flüchtlinge, Asylbewerber und Mehrstaater mit Ausnahme des Auch-Bulgaren (nach Art.  48 Abs.  2 bulgIPRGB gilt letzterer als Nur-Bulgare). 58  Ähnlich Kutikov, MCP, S.  281. 59  EuGH, Rs.  C-148/02 (Garcia Avello), Slg 2003, I-11613 = IPRax 2004, 339. 60  Andrae, IntFamR, §  1, Rn.  22. 61  Todorov, MCP, S.  219; ders., Pravootnoshenia, S.  102, Tz.  37; Stancheva-Mincheva, Art.  76

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macht sich insbesondere bei einer abweichenden Qualifikation bemerkbar, etwa dann, wenn das Heimatrecht das Zustimmungserfordernis zur Eheschließung als Formfrage qualifiziert und sie dem Eheschließungsort unterstellt. Anders hin­ gegen, wenn das Eheschließungsstatut dem Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB i. V. m. den Regelungen der New Yorker Staatenlosen- oder der Genfer Flüchtlingskonvention entnommen wird, wofern die berufene ausländische Rechtsordnung ihrerseits für diese Frage auf das Personalstatut abstellt, mag dieses über die Staats­ angehörigkeit, den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt vermittelt worden sein; in all diesen Fällen ist von einer Sachnormverweisung auszugehen.62 Spricht das Heimatrecht für die sachlichen Eheschließungsvoraussetzungen einen Renvoi aus, so beeinflusst das nicht zusätzlich die Eheform, da jene über das Recht des Trauungsorgans berufen ist; im umgekehrten Fall ist ein Renvoi nicht zugelassen (Rechtsgedanke des Art.  40 Abs.  2 Nr.  2 bulgIPRGB). 3. Anwendungsbereich des Sachstatuts a) Allgemeines Das jeweilige Sachstatut befindet über die sachlichen Eheschließungserfordernisse einschließlich der Folgen ihres Fehlens; letzteres stellt Art.  78 bulgIPRGB nochmals klar. Hierzu gehören die Ehemündigkeit, Eheverbote, Stellvertretung, Willensmängel bei der Eheschließung,63 Ehehindernisse und die dazu gehörigen Befreiungstatbestände, eine allfällige Zustimmung Dritter (wie diejenige des gesetzlichen Vertreters)64 und die Zulässigkeit einer bedingten/befristeten Ehe, wiewohl letztere im bulgarischen Recht zur Form der Eheschließung zählt.65 bulgIPRGB, S.  223; Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  39, 47; s. a. RdErl des Innenministers von Schleswig-Holstein, StAZ 1976, 26; abw. (Sachnormverweisung), jedenfalls nach altem IPR, Kutikov, MCP, S.  248 f.; Zidarova, Konsulski funktsii v ­semeynite pravootnoshenia, S.  55 f.; Natov, MCP-Osobena chast, S.  360. Dieser Ansicht ist insoweit beizupflichten, als ein Renvoi die Begünstigung einer Eheschließung – in favorem matrimonii – zu vereiteln geeignet ist; de lege lata gibt Art.  40 bulgIPRGB für solch eine Auslegung allerdings wenig her. 62  OLG Hamm, StAZ 1993, 77, 79; OLG Hamm, StAZ 1991, 315, 317; Andrae, IntFamR, §  1, Rn.  34; Palandt/Thorn (2020), Anh. zu Art.  5 EGBGB, Rn.  24; Erman/Hohloch (2017), Art.  5 EGBGB, Rn.  87; a. A. MüKo BGB/Sonnenberger (2010), Art.  5 EGBGB, Anh. Rn.  11 und 82 ff. m. w. N. 63  Die Drohung stellt einen Eheaufhebungsgrund dar (Art.  46 Abs.  1 Nr.  2 FamKodex); s. a. Staudinger/Mankowski (2011), Art.  13 EGBGB, Rn.  430, zu der inhaltlich deckungsgleichen Regelung des Art.  96 Abs. I Nr.  2 FamKodex a. F. (1985). 64  Wer das ist, bestimmt Art.  16 KSÜ resp. das Kindschaftsstatut nach Art.  85 bulgIPRGB. Die Zustimmung einer Drittperson zur Eheschließung ist jedoch bei hinreichendem Inlands­ bezug gem. Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB ordre public-widrig; so ebenfalls Todorov, Pravootnoshenia, S.  77, Tz.  25. 65  Möglw. anders Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  53, der die zeitlich befristete Ehe bei der Darstellung „Form der Ehe“ erwähnt (aber nicht näher behandelt).

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Um dem nichtvolljährigen Nupturienten mit bulgarischem Eheschließungs­ statut die Eheschließung im Ausland ohne zeitliche Verzögerungen zu ermög­ lichen, kann die erforderliche informatorische Anhörung des Jugendlichen und seiner gesetzlichen Vertreter gem. Art.  76 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB i. V. m. Art.  6 Abs.  2 FamKodex auch im Ausland vor dem Konsul bzw. dem diplomatischen Vertreter Bulgariens erfolgen.66 Dieser ist ebenfalls zuständig für die Erteilung der Genehmigung zur Eingehung der Ehe i. S. des Art.  6 Abs.  2 FamKodex.67 Seine Kompetenz ist nicht ausschließlich, was der Ausgestaltung des Art.  76 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB als Kann-Vorschrift zu entnehmen ist. Dem jugendlichen Ehewilligen – und nicht etwa seinen gesetzlichen Vertreter68 – steht es m. a. W. frei, den Antrag auf Genehmigung der von ihm beabsichtigten Eheschließung beim Rayongericht seines inländischen Wohnsitzes in Bulgarien zu stellen. Der Amtssitz des Konsularbeamten bzw. des diplomatischen Vertreters, der die Erlaubnis nach Art.  6 Abs.  2 FamKodex erteilt, braucht nicht am gewöhnlichen Aufenthalt des Nichtvolljährigen im Ausland zu sein.69 Die erteilte konsularische Erlaubnis wirkt im Inland; sie muss nicht erneut beantragt werden, wenn die Ehe sodann in Bulgarien geschlossen wird. b) Ehehindernisse Für die Ehehindernisse gilt: Das Sachstatut sagt in der Regel, wann es einem ihm unterworfenen Nupturienten gestattet, eine fremde Person zu ehelichen; ausnahmsweise kann es den umgekehrten Fall einbeziehen, d. h. selbst Ehehindernisse aufstellen, die einen heiratswilligen Menschen betreffen, der ausländischem Sachstatut unterworfen ist. Man unterscheidet folglich einseitige und zweiseitige Hindernisse. Zu den ersten zählt das impedimentum aetatis, zu den letzteren v. a. die Doppelehe,70 die Verwandtschaft i. S. des Art.  7 Abs.  2 FamKodex, die Krank­ 66  Damit ist eine seit Jahrzehnt umstrittene Frage gelöst: Bedarf es des persönlichen Erscheinens des nichtvolljährigen Nupturienten bei der Antragstellung bzw. Anhörung auf Erteilung der Genehmigung zur Eheschließung im Inland? Dagegen schon früher (mit Abweichungen in der Begründung) Kutikov, MCP, S.  478 f. Dafür grundsätzlich Todorov, Pravootnoshenia, S.  74, Tz.  24; nach ihm hinge die Anwendung des Art.  76 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB davon ab, dass der Nichtvolljährige im Ausland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hätte und seine Rückkehr nach Bulgarien sich als äußerst schwierig darstellte. 67  Im Hinblick auf die mangelnde juristische Kompetenz dieses zur Entscheidung berufenen Personenkreises und die fehlende Möglichkeit, seinen positiven Entscheid über die Erteilung der Genehmigung zur Eheschließung anzufechten, sowie die weitreichenden Rechtsfolgen einer solchen Eheschließung, namentlich Erwerb der Geschäftsfähigkeit gem. Art.  6 Abs.  4 FamKodex, kritisch Todorov, Pravootnoshenia, S.  75, Tz.  24. 68  So aber Todorov, Pravootnoshenia, S.  74, Tz.  24. 69  Todorov, Pravootnoshenia, S.  74, Tz.  24. 70  In der bulgarischen IPR-Literatur plakativ als „Matrosenehe“ bezeichnet.

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heiten i. S. des Art.  7 Abs.  1 Nr.  3 FamKodex sowie die vollständige Entmündigung oder ihr gleichgestellte Geisteskrankheiten und die Geistesschwäche nach Maßgabe des Art.  7 Abs.  1 Nr.  2 FamKodex;71; 72 das Eheverbot des Art.  7 Abs.  2 Nr.  3 FamKodex zwischen Adoptans und Adoptivkind wendet sich an den bulgarischen Nupturienten nicht nur, wenn er Annehmender ist, sondern auch wenn er Wahlkind ist.73 Ob das Hindernis ein- oder zweiseitig ist, bestimmt das Recht, welches es aufstellt. Dieses gilt es auszulegen (vgl. Artt.  43 und 44 Abs.  1 bulgIPRGB). Weist eines der Sachstatute solch ein Hindernis auf, so unterbleibt die Eheschließung im Inland, außer eine Vorbehaltsklausel (Art.  76 Abs.  2 und/oder Art.  45 bulgIPRGB) setzt sich durch. c) Vorehe Ob eine Vorehe besteht, ist eine Vorfrage. Zwei Konstellationen sind zu unterscheiden: Die Frage einer bei Eheschließung wirksamen Vorehe ist bei nicht nur geringem Inlandsbezug (1. Fallsituation) selbständig anzuknüpfen. Man knüpft also hinsichtlich der sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung an das Heimatrecht des betroffenen Ehewilligen an (Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB) und hinsichtlich der formellen Voraussetzungen an die lex loci celebrationis (Art.  75 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB). Mangelt es dagegen an einem hinreichenden Inlandsbezug (2. Fallsituation), so überwiegt das Interesse, die Entstehung hinkender Ehen zu unterbinden. Dann gebührt der unselbständigen Anknüpfung Vorrang. War hiernach die frühere Ehe wirksam, so ist die Vorfrage nach der Wirksamkeit ihrer Auflösung selbständig 71  Siehe Todorov, Pravootnoshenia, S.  68 ff., Tz.  23 und 26; Natov, MCP-Osobena chast, S.  358 ff.; Vladimirov, MCP, S.  339; Kutikov, Fragen des IPR, 232, 236–242. 72  Bei der medizinischen Begutachtung der Eheschließenden handelt es sich um eine Frage der Substitution. Deshalb kann sie im Ausland von dort zuständigen Personen vorgenommen werden; vgl. Kutikov, Fragen des IPR, 232, 242. 73  Art.  131 FamKodex a. F. (1985), den man als Kollisionsnorm für die sachlichen Eheschließungsvoraussetzungen verstand, sah ausdrücklich vor, dass Artt.  12 und 13 FamKodex i. d. F. von 1985 (entsprechen im Wesentlichen den jetzigen Artt.  6 und 7 FamKodex) bedingungslos nur für den bulgarischen Nupturienten gelten. Bei Ehen zwischen Ausländern im Inland war hingegen ausreichend, dass sie nicht Verwandte in gerader Linie oder Geschwister sind, und natürlich keinem Hindernis nach Art.  13 Abs.  1 FamKodex a. F. von 1985 (jetzt: Art.  7 Abs.  1 FamKodex [Verbot der Doppelehe]) unterliegen. Diese Anforderungen sind in den neuen Regelungen weggefallen. Daraus ist zu schließen, dass der Gesetzgeber sie streichen wollte. A. A. Vladimirov, MCP, S.  339, der die aufgezählten doppelseitigen Ehehindernisse nur bei Beteiligung eines bulgarischen Ehewilligen gelten lassen und im Übrigen wie in Art.  131 FamKodex a. F. (1985) einst vorgesehen und gerade geschildert vorgehen will.

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anzuknüpfen. Ist die Vorehe durch ausländisches Urteil aufgelöst, so bedarf dieses Urteil der Anerkennung, damit es in Bulgarien Wirkungen zeitigen kann; Anerkennungsfähigkeit allein reicht nicht aus. Wird jene abgelehnt, so ist diese Ehe als fortbestehend anzusehen; sie muss dann im Inland erst noch geschieden werden.74 Zu Recht wird im bulgarischen Schrifttum kein Diskurs darüber geführt, ob bei Herrschaft ausländischen Sachstatuts über die Hauptfrage ein inländisches Auf­ lösungsurteil in zwei Teile zu spalten sei: Einerseits in die prozessuale Rechtskraft und seine Bindungswirkung, andererseits in die materiellrechtliche Gestaltungswirkung. Ließe man solche Aufteilung zu, so wird man (folgerichtig) sagen können, dass das ausländische Hauptstatut (maßgeblich) über die Auf­lösung der früheren Ehe entscheidet.75 Diese Sichtweise ist indes nicht zwingend. Es bietet sich im begründeten Einzelfall die Anwendung des Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB an.76 d) Öffentliche Ordnung Der ordre public-Vorbehalt spielt im internationalen Eheschließungsrecht eine große Rolle. Der Gesetzgeber stellt klare Regeln auf, um in einer Konfliktlage das berufene fremde Sachrecht und die Wertvorstellungen der eigenen Rechtsordnung zu einem schonenden Ausgleich zu bringen:77 Art.  45 und Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB. Die letztgenannte Vorschrift ist lex specialis, sofern sie unmittelbar die Eheschließungsfreiheit betrifft (Nichtzulassung der Eheschließung wegen eines vom ausländischen Recht aufgestellten Ehehindernisses). Verletzt jedoch die Anwendung fremden Sachstatuts sowohl die Eheschließungsfreiheit wie ein weiteres Recht der öffentlichen Ordnung Bulgariens, namentlich ein Grundrecht, so kann zusätzlich Art.  45 bulgIPRGB Platz greifen. Daraus erhellt folgende differierende Handhabung: aa) Inländische Eheverbote Bei einheimischen Eheverboten, wenn also das ausländische Recht zwar der Eheschließung offen gegenübersteht (kein Ehemangel nach dem maßgeblichen ausländischen Recht), das bulgarische Recht jedoch ein unüberbrückbares Ehehindernis 74 

Vgl. Todorov, Pravootnoshenia, S.  79, Tz.  26. Hierzu aus dem deutschen Schrifttum insbes. BGHZ 41, 136; 46, 87; BGH FamRZ 1972, 360; OLG München, IPRax 1988, 354, 356; OLG Koblenz, IPRax 1996, 278 m. Anm. Jayme. Ausf. Hausmann, Kollisionsrechtliche Schranken von Scheidungsurteilen, passim; ders., FamRZ 1981, 833–837; ders., in: Hausmann/Odersky, IPR, §  3, Rn.  52–55 (mit Beispielen). 76  Eine dem Art.  13 Abs.  2 Nr.  3 HS.  2 Var.  1 EGBGB vergleichbare Vorschrift kennt das bulgIPRGB nicht, wenngleich Art.  13 Abs.  2 EGBGB bei Erlass des Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB Pate gestanden hat. 77  Zutreffend spricht Todorov, Pravootnoshenia, S.  80, Tz.  26, von einem „Konflikt der Zivilisationen“. 75 

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aufstellt, ist ausschließlich Art.  45 bulgIPRGB anwendbar. Dies ist etwa der Fall, wenn die Ehemündigkeit nach dem ausländischen Recht unter 16 Jahren liegt.78 Der hinreichende Inlandsbezug nach Art.  45 Abs.  2 bulgIPRGB wird in aller Regel durch die Mitwirkung des bulgarischen Zivilstandsbeamten indiziert sein. Unerheblich ist, ob seine Zuständigkeit direkt/unmittelbar begründet ist, so bei einer Eheschließung vor ihm selbst gem. Art.  6 Abs.  1 bulgIPRGB, oder indirekt/mittelbar, wie bei einer inzidenten Prüfung der Wirksamkeit einer bereits geschlossenen Auslandsheirat oder im Rahmen eines Feststellungsverfahrens gem. Art.  318 bulgZPO, in dem ihr Bestehen oder Nichtbestehen Streitgegenstand ist.79 Bei (aus der Perspektive der lex fori) übertriebenen ausländischen Formerfordernissen einer Auslandsheirat sowie allzu strengen Folgen der Verletzung von Formvorschriften einer Auslandsehe greift ausschließlich Art.  45 bulgIPRGB ein. Denn Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB ist auf sachliche Ehehindernisse zugeschnitten, wie seine systematische Stellung und sein Sinn und Zweck das belegen. bb) Ausländische Ehehindernisse. Befreiung von Ehehindernissen Bei ausländischen Ehehindernissen ist Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB als Vorbehaltsklausel zur Sicherung der Eheschließungsfreiheit vorrangig anwendbar und verdrängt damit Art.  45 leg.cit. Als Beispiel genannt werden das Zustimmungserfordernis Dritter zur Eingehung der Ehe80 und die Religionszugehörigkeit als Voraus­ setzung der Eheschließung.81 Die drei kumulativ aufgezählten Voraussetzungen – bulgarische Staatsangehörigkeit oder gewöhnlicher Aufenthalt eines der Nupturienten in Bulgarien, – Heirat vor einem bulgarischen Zivilstandsbeamten82 und – Ehehindernis nach ausländischem Recht, das mit bulgarischem Recht unvereinbar ist 78  Todorov, Pravootnoshenia, S.  75, Tz.  24, argumentiert mit der Wertung des Art.  6 Abs.  2 FamKodex. 79  S. hiezu den interessanten Fall vor der IV. Zivilabteilung des Obersten Kassationsgerichts­ hofs, Beschl. №  55 v. 18.1.2012 i. d. Rs. №  675/2011 (Eheschließung in Spanien und „weitere Eheschließung“ in Bulgarien; dann Scheidungsantrag in Spanien mit anschließender – also noch während der Anhängigkeit des spanischen Scheidungsverfahrens – negativer Feststellungsklage auf Nichtbestehen einer Ehe in Bulgarien). 80  Todorov, Pravootnoshenia, S.  75 f., Tz.  24. 81  Vgl. Bezirksgericht Varna, Urt. №  1048 v. 12.6.2018 i. d. Rs. №  2407/2011 – ciela. 82  Darunter fallen außerdem bulgarische Konsularbeamten/diplomatische Vertreter im Ausland, der Kapitän eines unter bulgarischer Flagge fahrenden Schiffes, welches sich „außerhalb der territorialen Grenzen Bulgariens“ befindet (Art.  66 Abs.  1 PStRegG) und bestimmtes Militärpersonal nach Art.  63 PStRegG.

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müssen zur Zeit der Eheschließung vorliegen, damit das konkrete Ehehindernis neutralisiert werden kann. Vor der Anwendung des Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB ist zu klären, ob das fremde Heimatrecht eine Befreiung von Ehehindernissen vorsieht und, wenn ja, mit welcher Wirkung es diese Befreiung ausstattet. Dem dient der Nachweis nach Art.  77 Nr.  2 bulgIPRGB. (1) Befreiung liegt vor Erteilt die ausländische Behörde die Befreiung, so ist sie anzuerkennen. Die Anerkennung erfolgt nicht nach Artt.  117 f. bulgIPRGB, sondern nach Art.  76 Abs.  1 bulgIPRGB. Das bedeutet: Der Zivilstandsbeamte bzw. das Gericht – je nachdem, wo die Frage bedeutsam wird – prüft, welches fremde Recht die materiellen Eheschließungsvoraussetzungen beherrscht. Dieses fremde Recht muss Ehe­ hindernisse aufgestellt haben, von denen die zuständige Heimatsbehörde des ausländischen Nupturienten im konkreten Fall die Befreiung erteilt hat. (2) Befreiung wird versagt Wird die Befreiung vom Ehehindernis im Ausland versagt, so ist zu prüfen, ob der heimische ordre public in seiner positiven Funktion dazu zwingt, das ausländische Ehehindernis außer Acht zu lassen (Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB). (3) Befreiung liegt nicht vor Fehlt dagegen eine Entscheidung der zuständigen ausländischen Behörde über die Befreiung, so sind die bulgarischen Gerichte in Analogie zu Art.  7 Alt.  2 bulg­IPRGB international zuständig für die Entscheidung über eine Befreiung von Ehe­hindernissen nach dem berufenen ausländischen Recht. Voraussetzungen dafür ist, dass das ausländische Recht eine solche Befreiung vorsieht;83 an83  Umgekehrt ist die im Ausland erteilte gerichtliche/behördliche Befreiung von Ehehindernissen nach bulgarischem Recht anzuerkennen. In dieser Konstellation richtet sich die Anerkennung nach Artt.  117 f. bulgIPRGB. Denn der Befreiung von Ehehindernissen nach bulga­ rischem Recht soll gerade im Inland eine rechtsgestaltende Wirkung zukommen. Eine Rechtsgestaltung kann aber grundsätzlich dort nur wirken, wenn sie von dem zu gestaltenden Recht akzeptiert wird; vgl. Staudinger/Mankowski (2011), Art.  13 EGBGB, Rn.  161. Der Anerkennung einer solchen ausländischen gerichtlichen oder behördlichen Befreiung vom Ehehindernis des bulgarischen Rechts steht Art.  117 Nr.  1 bulgIPRGB nicht entgegen. Die Norm setzt zwar die spiegelbildliche Zuständigkeit des ausländischen Gerichts bzw. der ausländischen Behörde voraus. Die in Art.  6 bulgIPRGB vorgesehene internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte ist aber keine ausschließliche. Aus Art.  4 Abs.  1 Nr.  1 Var.  1 bulgIPRGB folgt sodann, dass vom Standpunkt des bulgarischen Rechts die Zuständigkeit ausländischer Gerichte resp. Behörden bei Befreiungen von Ehehindernissen, die nach bulgarischem Recht beste-

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dernfalls kann nur Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB zum Zuge kommen. Wenn das ausländische Ehehindernis selbst ordre public-widrig ist, muss es gem. Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB sowieso unbeachtet bleiben; eine „Befreiung“ davon ist dann nicht erforderlich.84 cc) Umsetzung von Art.  76 Abs.  2 und Art.  45 bulgIPRGB Die Umsetzung beider Normen ist im Ergebnis gleich: Die betroffene ausländische Regelung wird nicht berücksichtigt; eine dadurch entstehende Gesetzes­ lücke ist zuerst mittels einer hierzu passenden Vorschrift desselben ausländischen Rechts auszufüllen, ersatzweise tritt die lex fori ein. Das ist in Art.  45 Abs.  3 bulgIPRGB positivrechtlich niedergelegt; bei Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB kann nicht anders gelten. 4. Feststellung des Fehlens von Ehehindernissen85 Um eine fehlerhafte Ehe86 zu verhindern, verlangt Art.  77 bulgIPRGB jedem ehewilligen Ausländer zweierlei87 Nachweise88 ab, nämlich dass sein Heimatrecht: – die Eheschließung vor dem bulgarischen Zivilstandsbeamten und ihm gleichgestellten Personen89 anerkennt (sog. Eheanerkennungsnachweis nach Nr.  1) und

hen, der Anerkennung nicht versagt werden kann, wenn sie sich nur auf den gewöhnlichen Aufenthalt des bulgarischen Nupturienten eben dort in diesem Staat stützt. 84  Vgl. Andrae, IntFamR, §  1, Rn.  92 a. E. 85  Ehefähigkeitszeugnisse i. S. des §  1309 BGB für bulgarische Ehewilligen erteilt die Gemeinde oder das Bürgermeisteramt, in deren/dessen Gebiet der Nupturient seinen Wohnsitz hat oder hatte. Ist er im Ausland geboren und hatte er nie einen Wohnsitz in Bulgarien, so ist die Gemeinde „Sredez“ in Sofia für die Erteilung des Ehefähigkeitszeugnisses zuständig, s. Jessel-­ Holst, in: Bergman/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  40. Veraltet ist dagegen die Bezeichnung „Gemeindevolksrat“ in §  166 Abs.  4 DA (i. d. F. vom 27.7.2000, BAnz 2000 Nr.  154a), worauf Staudinger/Mankowski (2011), Art.  13 EGBGB, Rn.  599, Bezug nimmt. 86  Die Verwendung des Begriffs „hinkende Ehe“ wäre in diesem Kontext unzutreffend. Ist eine Ehe nach dem Eheschließungsstatut fehlerhaft, so ist sie auch nach bulgarischem Recht fehler­ behaftet (Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB). Ein hinkendes Rechtsverhältnis entsteht daher nicht. 87  Das entspricht altem Recht; vgl. Natov, MCP-Osobena chast, S.  354; s. a. die innerstaatliche Regelung des Art.  9 Abs.  1 FamKodex. 88  Bei gemeinsamer ausländischer Staatsangehörigkeit spricht nichts dagegen, einen gemeinschaftlichen Nachweis ausreichen zu lassen, wofern für jeden Nupturienten die inhaltlichen Erfordernisse gewahrt werden. 89  Also auch vor dem Kapitän eines unter bulgarischer Flagge fahrenden Schiffes in offenem Meer und einem bulgarischen Konsul bzw. diplomatischen Vertreter Bulgariens im Ausland; vgl. Vladimirov, MCP, S.  338.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

– keine konkreten, auf ihn individuell bezogenen materiellen Ehehindernisse90 aufstellt, mögliche bzw. einschlägige Befreiungstatbestände inbegriffen (sog. Ehefähigkeitsnachweis nach Nr.  2).91 a) Personalausweis Bei der Prüfung der Staatsangehörigkeit des Ausländers kann der Zivilstands­ beamte die Vorschrift des Art.  10 Abs.  2 PStRegG92 heranziehen, obschon sie keinen vollständigen Beweis für die maßgebliche Staatsangehörigkeit i. S. des Art.  48 Abs.  3 bulgIPRGB erbringt. Rechtstatsächlich wird es meist mit der Vorlage des Reisepasses sein Bewenden haben. b) Nachforschungspflicht? Anwendbar ist Art.  77 bulgIPRGB nur bei einer Eheschließung vor dem bulga­ rischen Zivilstandsbeamten, einerlei ob sie im In- oder Ausland93 erfolgt. Die Regelung ist im Zusammenhang mit Art.  43 Abs.  1 S.  1 und Art.  44 Abs.  1 bulg­ IPRGB zu lesen. Danach hat der Zivilstandsbeamte das jeweilige ausländische Familienrecht des Nupturienten (Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB) auf die dortigen Eheschließungsvoraussetzungen und etwaige -hindernisse zu prüfen und anzuwenden,94 so wie sie in diesem fremden Recht geprüft und angewandt werden. 90 

Formfragen fallen nicht darunter. Erfasst sind nur die materiellen Voraussetzungen der Eheschließung. 91  Insoweit übernimmt Art.  77 bulgIPRGB den Regelungsgehalt des Art.  130 FamKodex a. F. (1985); s. hierzu Natov, MCP-Osobena chast, S.  354; Todorov, Pravootnoshenia, S.  85 f., Tz.  29. 92  Art.  10 Abs.  2 PStRegG lautet: „Die Staatsangehörigkeit einer Person, die nicht die bulgarische Staatsangehörigkeit besitzt, wird durch den Personalausweis festgestellt, mit dem sie in das Land eingereist ist.“ 93  Vor dem konsularischen Vertreter etwa. 94  A. A. Todorov, MCP, S.  221, der in Art.  77 bulgIPRGB eine Art Beweislastverteilungsnorm erblickt: Dem ehewilligen Ausländer obliege die Beweislast für die Anerkennung der bulgarischen Eheschließung in seinem Heimatland und für das Fehlen von materiellen Ehe­ hindernissen. Auf eigene Kenntnis des bulgarischen Eheschließungsorgans komme es dabei in keiner Weise an. Ihm folgend Stancheva-Mincheva, Art.  77 bulgIPRGB, S.  225. Gegen diese Ansicht spricht bereits der Wortlaut des Art.  77 bulgIPRGB. Danach muss der Ausländer die Anerkennungsfähigkeit einer Heirat in Bulgarien in seiner Heimat und seine Ehefähigkeit „nachweisen“ („удостоверявам“/udostoveryavam). In diesem Wortverständnis ist auch die Überschrift gefasst – „Установяване липса на пречки“, d. h. wörtlich: „Feststellung des Fehlens von Hindernissen“. In seinem Lehrbuch zum alten IPR „Pravootnoshenia“, S.  86, Tz.  29, sprach Todorov noch von der „Last zur Feststellung ausländischen Rechts“, dessen Kenntnis von dem Zivilstands­ beamten nicht verlangt werden könne. Er argumentierte damals mit dem Wortlaut des Art.  130 FamKodex a. F. (1985). Die Formulierung des Art.  130 FamKodex a. F. (1985) findet sich nun-

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Der Inhalt beigebrachter urkundlicher Nachweise ist für ihn nicht bindend.95 Andererseits trifft ihn auch keine Nachforschungspflicht. Er kann sich auf ihre Richtigkeit verlassen, solange nicht Auffälligkeiten begründete Zweifel hervorrufen. Dann setzt eine Nachforschungspflicht an. c) Beachtung eines Renvoi? Aus der Kumulation der beiden Verpflichtungstatbestände (Nr.  1 und Nr.  2) erschließt sich der gesetzgeberische Wille, die Nachweise unabhängig von der Anwendung ausländischen Statuts gelten zu lassen.96 Nicht umsonst heißt es in Art.  77 bulgIPRGB: „Ein Ausländer […] muss […] nachweisen“, und gerade nicht: „Bei Anwendung ausländischen Rechts ist nachzuweisen […]“. Eine Rückverweisung bleibt folglich unbeachtlich.97 In diesem Fall kann der Nachweis aber inhaltlich nicht weiter reichen, als es das ausländische IPR hergibt: ein Zeugnis dafür, dass Ehehindernisse aus seiner Sicht nicht bestehen und Eheschließungen vor dem bulgarischen Zivilstandesbeamten anerkennungsfähig sind. Gleiches gilt, wenn das erstverwiesene/-berufene Recht seinerseits weiter­ verweist. Der Nachweis muss dann allerdings – dem Sinn und Zweck des Art.  77 bulgIPRGB entsprechend – dem weiterverwiesenen/-berufenen Recht genügen. Das bedeutet: Aus dem Ehefähigkeitsnachweis ergibt sich, dass die Heimats­ behörde das Recht geprüft hat, auf welches ihr Kollisionsrecht weiterverweist. d) Besonderheiten Einige sind erwähnenswert:

mehr in Art.  77 Nr.  2 bulgIPRGB wieder. Für seine jetzige Auffassung zu Art.  77 Nr.  2 bulg­ IPRGB ist daraus also kein Wortlautargument zu gewinnen. Außerdem streitet die systematische Stellung der Norm dagegen: Vorschriften über die Beweislastverteilung gehören zum – sei es formellen, sei es materiellen – Sachrecht eines Staates; im Kollisionsrecht sind sie fehl am Platze. Es widerspricht ferner dem Sinn und Zweck des Art.  77 bulgIPRGB, die dem Zivilstandsbeamten bekannte wirkliche Rechtslage außer Acht zu lassen. Das überzeugt nicht, wie selbst Todorov einräumt (a. a. O., S.  86, Tz.  29). 95  I.d.S. wohl auch Todorov, Pravootnoshenia, S.  86, Tz.  29, was allerdings in einem gewissen Widerspruch zu seiner Auffassung über die Unbeachtlichkeit des Wissenstandes des Zivilstandsbeamten über das Vorhandensein von Ehehindernissen und die Anerkennungsfähigkeit der bulgarischen Eheschließung im Ausland steht. 96  Mit Ausnahme der Staatenlosen. Dazu sogleich. 97  Ist ein Nachweis des zurückverweisenden Staates nicht zu erlangen, so ist eine Befreiung zu prüfen und ggf. zu erteilen.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

aa) Mehrstaater, Asylberechtigte und Flüchtlinge Bereits nach dem Wortlaut des Art.  77 bulgIPRGB betreffen die Nachweispflichten nicht Personen mit bulgarischem Personalstatut, Asylbewerber und Flüchtlinge. Bulgarisch-ausländische Mehrstaater haben für die Zwecke des IPR ausschließlich die bulgarische Staatsangehörigkeit (Art.  48 Abs.  2 bulgIPRGB). Asylberechtigten und Flüchtlingen kann man nicht zumuten, sich an die Behörden des Staates zu wenden, aus dem sie geflohen sind und möglicherweise (bei einer Rückkehr) Repressalien zu gewärtigen haben.98 Bei Mehrstaatern mit ausschließlich ausländischen Staatsangehörigkeiten ist nach Art.  48 Abs.  3 bulgIPRGB zu verfahren: Anzuknüpfen ist an den gewöhn­ lichen Aufenthalt in einem der Heimatstaaten, hilfsweise an die engste Verbindung.99 Nur ein Nachweis des so ermittelten Heimatstaats ist beizubringen, und nicht von jedem Heimatstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Ausländer besitzt. bb) Staatenlose Staatenlose können schon begrifflich keinen Heimatstaat für sich behaupten. Deshalb ist bei ihnen auf ihren gewöhnlichen Aufenthalt bzw. ihre engste Verbindung zu irgendeinem ausländischen Staat abzustellen (Art.  77 Alt.  2 i. V. m. Art.  48 Abs.  4 bzw. Abs.  6 bulgIPRGB).100 Nur wenn hiernach ein Auslandsrecht berufen ist, besteht für den Staatenlosen grundsätzlich eine Beibringungspflicht. Dagegen entfallen die Nachweispflichten, wenn gem. Art.  48 Abs.  4 bzw. Abs.  6 bulgIPRGB i. V. m. Art.  12 Abs.  1 New Yorker Staatenlosenkonvention bul­ga­risches Recht maßgebend ist. Denn anders als bei einem Ausländer, dessen Heimatrecht eine Rückverweisung auf das bulgarische Recht ausspricht, muss der Zivilstandsbeamte hier kein ausländisches, sondern eigenes bulgarisches IPR prüfen. Von einer solchen Prüfung will ihn Art.  77 bulgIPRGB nicht entlasten. Soweit überhaupt ein Gastland einer staatenlosen Person einen Ehefähigkeitsnachweis ausstellt,101 ist dieser vorzulegen. 98 

Henrich, IntFamR, S.  36. Nach Art.  52 PStRegG bescheinigen solche Personen ihren Familienstatus mittels einer notariell beglaubigten Urkunde. 99  Auf Art.  10 Abs.  2 PStRegG soll es nach dem Wortlaut nicht ankommen. De facto wird das gleichwohl der Regelfall sein. 100  In den Verwaltungsvorschriften des Justizministeriums und der Kommission der vollziehenden Komitees der Volksräte beim Ministerium v. 15.11.1974 über die Eheschließung zwischen bulgarischen und ausländischen Staatsangehörigen vor bulgarischen und ausländischen Organen waren Staatenlose mit einer Daueraufenthaltserlaubnis von der Erbringung der Ehe­ fähigkeitsnachweise befreit; hierzu ausf. Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  41 f. 101  Vgl. für Dänemark Markus, StAZ 1962, 318.

§  1. Eheschließungsrecht

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e) Beibringung der Nachweise Wie die Nachweise zu erbringen sind, dazu schweigt das Gesetz. Den Begriff „nachweisen“102 verwendeten bereits die früheren Regelungen (vgl. Art.  130 FamKodex a. F. von 1985), die sich nun im Kern in Art.  77 bulgIPRGB wiederfinden. Ausgelegt hat man ihn dahin, dass die Nachweise von den zuständigen Behörden des Heimstaates ausgestellt werden mussten.103 Dieses Verständnis gilt auch für Art.  77 bulgIPRGB. Das unterbindet die Entstehung fehlerhafter Ehen und erfüllt damit den Regelungszweck.104 Daraus folgt: Erstens ist ein amtliches Dokument beizubringen. Zweitens muss der bulgarische Zivilstandesbeamte ermitteln, ob die ausstellende Behörde (z. B. der ausländische Konsul) dafür zuständig war. Ausnahmslos verlangen die bulgarischen Standesämter eine Legalisation der Nachweisurkunden und deren Übersetzung ins Bulgarische.105 Eine Geltungsfrist der Ehefähigkeitsnachweise sieht das Gesetz nicht vor. Eine 6-monatige Gültigkeit erscheint angemessen. f) Rechtsfolgen unterbliebener Nachweise Nicht geregelt sind die Rechtsfolgen, wenn die Nachweise ausbleiben. aa) Auslegung des Art.  77 bulgIPRGB Das alte Recht sah einige wenige Ausnahmen vor, die allerdings in Art.  130 FamKodex a. F. (1985), dem Vorgänger des Art.  77 bulgIPRGB, keine Entsprechung fanden. Daraus entnahm ein Teil der Lehre eine strikte Pflicht des Zivilstands­ beamten, die Vornahme der Eheschließung zu verweigern.106 Anders die wohl überwiegende Meinung: Werde dem ausländischen Nupturienten die Erteilung 102  Auf Bulgarisch: „удостоверявам“/udostoveryavam; zu Deutsch: nachweisen, bestätigen, bescheinigen; vgl.. Minkova/Vladova/Stanchev, Deutsch-bulgarisches Wörterbuch, S.  316; Rankoff, Bulgarisch-deutsches Wörterbuch, S.  335. 103  Kutikov, MCP, S.  481; Todorov, Pravootnoshenia, S.  86., Tz.  29. 104  Teilweise anders Todorov, MCP, S.  221. Er wendet Art.  43 bulgIPRGB nur dann an, wenn es um Normen des ausländischen Rechts geht, und nicht um „Fakten“, welche die Person des Ehewilligen betreffen. Als „Fakten“ versteht er wohl die beiden Nachweisverpflichtungen des Art.  77 bulgIPRGB – das Nichtvorhandensein von materiellen Ehehindernissen und die Anerkennungsfähigkeit der Eheschließung vor dem bulgarischen Zivilstandsbeamten im Heimatstaat des Ausländers. Nach diesem Verständnis können die Nachweise gemäß den Vorschriften des Auslandsrechts (etwa durch konsularische oder diplomatische Nachweise, vgl. Art.  43 Abs.  1 bulgIPRGB), wie mittels Privaturkunden (etwa eines Sachverständigengutachtens, Art.  43 Abs.  2 bulgIPRGB [i. V. m. Artt.  178 ff. bulgZPO]) beigebracht werden. 105  Todorov, Pravootnoshenia, S.  86, Tz.  29. 106  Todorov, Pravootnoshenia, S.  87, Tz.  29.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

des Ehefähigkeitsnachweises durch seine Heimatbehörden versagt, so seien die bulgarischen Zivilstandsbeamten verpflichtet, das ausländische Recht zu überprüfen und im Zweifel das negative Ergebnis durch den bulgarischen positiven ordre public zu korrigieren.107 Die letztgenannte Ansicht überzeugt. Sie ist auf das geltende Recht ohne Einschränkungen zu übertragen. Zwar ist Art.  77 bulgIPRGB als Muss-Vorschrift ausgestaltet. Dies begründet aber keine Pflicht des Zivilstandsbeamten zur Ablehnung der Eheschließung, zumal nicht alle Staaten Ehefähigkeitsnachweise ausstellen.108 Andernfalls würde man Art.  77 bulgIPRGB dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit (Verstoß gegen die Eheschließungsfreiheit nach Art.  46 Abs.  1 bulgVerf) aussetzen,109 wenn aus der Perspektive des maßgebenden ausländischen Rechts die materiellen Voraussetzungen der Eheschließung vorliegen (1. Fall) oder aber solche schon gar nicht geprüft werden können (2. Fall), was auf einen Staatenlosen zutreffen kann. Daraus folgt: (1. Fall) Liegen die materiellen Eheschließungsvoraussetzungen des berufenen fremden Rechts unter Anwendung der Artt.  43 Abs.  1 und 44 Abs.  1 bulgIPRGB vor, so muss der Zivilstandsbeamte die Eheschließung vornehmen.110 Sind dagegen die ausländischen materiellen Eheschließungsvoraussetzungen gar nicht prüfbar (2. Fall), so greift bulgarisches Recht als Ersatzrecht ein. Einschlägig ist dann Art.  52 PStRegG – direkt oder analog.111 Bei dieser Lösung gilt es zu beachten: Ein zu schneller Rückgriff auf Art.  43 Abs.  1 und Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB verstößt gegen das mit Art.  77 bulgIPRGB verfolgte regulatorische Ziel. Deswegen ist darauf abzustellen, ob von vorn­ herein feststeht, dass der Nachweis aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht geführt werden kann. Erst wenn man das bejaht hat, ist der Weg zu Art.  43 107 

Zidarova, Obshtestveniyat red i MCP, S.  190 f. Das Nachbarland Makedonien bspw. stellt keinen Nachweis i. S. des Art.  77 Nr.  2 bulg­ IPRGB aus, da es das Vorliegen zweiseitiger Ehehindernisse nicht prüft; dazu Schmitz, StAZ 1995, 153. Viele ausländische Staaten erteilen keine Ehefähigkeitszeugnisse; vgl. Staudinger/ Löhnig (2015), §  1309 BGB, Rn.  3. 109  Das einheimische IPR ist nach allgemeinen Grundsätzen an der eigenen Verfassung zu messen. Für ausländisches Recht gilt das freilich nicht; hier können die innerstaatlichen Instanzen nur mit dem bulgarischen ordre public in das Ergebnis seiner Anwendung im Einzelfall intervenieren. In der oben im Text behandelten Konstellation liegt der „Fehler“ allerdings nicht im fremden Recht, sondern in Art.  77 bulgIPRGB selbst. Denn er begründet eine Nachweispflicht für den ausländischen Ehewilligen, und nicht eine fremde Rechtsordnung. 110  Im Ergebnis wie hier wohl auch Todorov, MCP, S.  221; Stancheva-Mincheva, Art.  77 bulgIPRGB, S.  225. 111  Art.  52 PStRegG lautet: „Wenn die eheschließenden Personen den Status eines Flüchtlings oder einen humanitären Status in der Republik Bulgarien haben, bescheinigen sie ihren Familienzustand mit einer notariell beglaubigten Urkunde.“ (Übersetzung durch den Verfasser). 108 

§  1. Eheschließungsrecht

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Abs.  1 und Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB frei. Zu prüfen ist dann, ob das Heimatrecht des ausländischen Nupturienten die beabsichtigte Eheschließung gestattet, einschließlich der Befreiungstatbestände bei Ehehindernissen. bb) Internationale Zuständigkeit Bulgarische Gerichte sind analog Art.  7 Alt.  2 bulgIPRGB international zuständig nicht nur für die Befreiung von Ehehindernissen nach dem ausländischen Heimatrecht, sondern auch für die Befreiung von den Nachweispflichten des Art.  77 bulgIPRGB.112 Erforderlich ist ein inländischer Aufenthalt des betroffenen ausländischen Ehewilligen.113 Fehlt es daran, so kann die Ehe wegen des Bestehens eines Verfahrenshindernisses nicht geschlossen werden. Der Ableh112 Eine ausdrückliche Befreiung von einem Ehehindernis ist nicht notwendig. Durch die Befreiung von der Pflicht zur Beibringung des Eheanerkennungsnachweises und/oder des Ehefähigkeitsnachweises wird konkludent ein Ehehindernis des berufenen ausländischen Heimatrechts entweder durch Prüfung von Befreiungstatbeständen aus diesem Auslandsrecht selbst oder durch Einsatz des bulgarischen ordre public überwunden. 113  Eine Befreiung von der Pflicht zur Beibringung der Nachweise i. S. des Art.  77 bulg­ IPRGB bzw. eine Befreiung von ausländischen Ehehindernissen durch bulgarische Gerichte wird in der Literatur – soweit ersichtlich – nicht diskutiert. Indes muss Ausländern die Eheschließung auf bulgarischem Boden schon von Verfassungs wegen ermöglicht werden, wenn ihre Heimatstaaten keine Ehefähigkeitsnachweise i. S. des Art.  77 Nr.  2 bulgIPRGB erteilen oder solche zwar erteilen, in casu aber die Erteilung unter Berufung auf ein Ehehindernis verweigert haben, was sich indes vom bulgarischen Standpunkt gem. Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB als order public-widrig erweist. Ansonst wären solche ausländischen Nupturienten und ihre eventuell bulgarischen Partner in der Ausübung ihres grundrechtlich geschützten Rechts auf Eheschließungsfreiheit gem. Art.  46 Abs.  1 bulgVerf in unzulässiger Weise beschränkt. (zu diesem Ansatz v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  174). Dogmatisch lässt sich der hier vertretene Lösungsweg mit einem Anspruch unmittelbar aus der Verfassung selbst begründen – gemäß Art.  46 Abs.  1 bulgVerf in seiner Funktion als Teilhaberecht. Um diesen Anspruch zu verwirklichen, bedarf es einer verfassungskonformen Auslegung des Art.  77 bulgIPRGB. Diese kann aus hiesiger Sicht in dem vorgeschlagenen Sinne erfolgen. Um den Justizgewährungsanspruch aus Art.  56 S.  1 i. V. m. Art.  117 Abs.  1 bulgVerf und Art.  6 Abs.  1 EMRK i. V. m. Art.  5 Abs.  2 bulgVerf zu gewährleisten, muss der bulgarische Zivilstandsbeamte einen Antrag beim Rayongericht seines Tätigkeitsortes auf Befreiung von der Pflicht zur Beibringung der Nachweise i. S. des Art.  77 bulgIPRGB bzw. auf Befreiung von Ehehindernissen nach dem berufenen fremden Recht stellen. Der ehewillige Ausländer hat durch die Beibringung eines Nachweises, dass sein Heimatland Nachweise i. S. des Art.  77 bulgIPRGB nicht erteilt, alles ihm Mögliche und Zumutbare getan. Mehr kann man von ihm nicht verlangen. Dass das bulgarische Prozessrecht kein eigenständiges Verfahren für die Erteilung von Befreiungen vorsieht, ist unerheblich. Einesteils haben Verfahrensrechte die materielle Rechtslage zu verwirklichen und dürfen weder sie noch ihre Wertungen durchkreuzen. Andernteils lassen sich Artt.  542 ff. bulgZPO durchaus analog anwenden. Der hiesige Standpunkt deckt sich insoweit mit dem von Todorov, Pravootnoshenia, S.  86, Tz.  29, als die Eheschließung nach ihm den Charakter eines Sicherungsverfahrens habe (in deutscher Terminologie: eines Verfahrens der Freiwilligen Gerichtsbarkeit); Artt.  542 ff.

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nungsbescheid des Zivilstandsbeamten unterliegt der Anfechtung im Verwaltungsrechtsweg.114 cc) Nichtbeachtung des Art.  77 bulgIPRGB Eine Eheschließung unter Verstoß gegen Art.  77 bulgIPRGB ist gültig. Die Regelung stellt bloß eine Ordnungsvorschrift dar. Man erkennt das daran, dass der Gesetzgeber an keiner Stelle auf Artt.  46 f. FamKodex verweist. Dort sind die Ehe­ aufhebungsgründe abschließend katalogisiert. Auch Sinn und Zweck des Art.  77 bulgIPRGB verlangen nicht, Verstöße dagegen in den Katalog der Artt.  46 f. FamKodex zu zwängen, obwohl sie dort nicht genannt werden. III. Formelle Eheschließungsvoraussetzungen (Formstatut) Die Form der Eheschließung regelt das Gesetz in Art.  75 Abs.  1 und 2 bulg­ IPRGB.115 Die Vorschrift erweist sich insgesamt als missglückt formuliert. Sie schafft eher Probleme als Klarheit. 1. Grundsätze Das Eheformstatut regelt den formellen Ablauf einer Heirat mitsamt den Vor­ bereitungsmaßnahmen. Anders ausgedrückt: Es geht um die Frage nach den Formalitäten einer Eheschließung.116 Als Formvorschriften zu qualifizieren sind die nachfolgenden Regelungen des bulgarischen Sachrechts: – Erklärung des Eheschließungskonsenses vor dem Zivilstandsbeamten (Art.  5 FamKodex), – Eheschließung vor einem Scheinzivilstandsbeamten (Art.  11 Abs.  2 Fam­Kodex), bulgZPO halten gerade Regelungen für dieses Sicherungs- (bzw. FG-)Verfahren bereit, als es um den Nachweis von Tatsachen geht. Eingehend zur Funktion der Grundrechte als Teilhaberechte in der bulgarischen Verfassung Drumeva, Konstitutsionno pravo, S.  624. Zum Justizgewährungsanspruch im bulgarischen Recht dies., a. a. O., S.  634 ff. Diesen leitet Drumeva – anders als hier befürwortet – nicht aus Art.  56 S.  1 i. V. m. Art.  117 Abs.  1 bulgVerf ab, sondern unmittelbar aus Art.  117 Abs.  1 bulgVerf. Zur unmittelbaren Anwendung der Normen aus der bulgarischen Verfassung gem. Art.  5 Abs.  2 bulgVerf s. Vlahov, Obshtestvo i pravo 2019, №  4, 3–20, mit Auswertung der bulgarischen Rechtsprechung (S.  7–11). 114  Todorov, Pravootnoshenia, S.  87, Tz.  29 a. E. 115  Vor Inkrafttreten des bulgIPRGB wurde die Frage nach der Eheform unter Zuhilfenahme der Artt.  129–131 FamKodex a. F. (1985) beantwortet; vgl. hierzu nur Natov, MCP-Osobena chast, S.  356 f. 116  Ähnlich Stancheva-Mincheva, Art.  77 bulgIPRGB, S.  222; Todorov, MCP, S.  218.

§  1. Eheschließungsrecht

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– persönliche Abgabe der Eheschließungserklärung bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Nupturienten vor dem Zivilstandsbeamten (Art.  5 FamKodex), – Ort und Öffentlichkeit der Heiratszeremonie (Art.  8 FamKodex), – Zeugen und ihre Zahl (vgl. Art.  10 Abs.  3 FamKodex) sowie – Unterschriften der Nupturienten und des Zivilstandsbeamten unter der Heirats­ urkunde (Art.  11 Abs.  1 FamKodex). Im kollisionsrechtlichen Sinne Formfrage ist, vor wem der Wille zur Ehe zu erklären ist, also vor einem staatlichen Eheschließungs- oder einem geistlichen/ religiösen Trauungsorgan.117 Hierher gehören noch seine Ermächtigung, Zuständigkeit und allfällige Delegation. Wenn das berufene Auslandsrecht seine Mitwirkung als materiellrechtlich betrachtet, ist das für das bulgarische IPR ohne Belang – die Qualifikationshoheit liegt in seinen Händen als lex fori (Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB)118. Zur Formfrage gehören ferner ein etwaiges ausländisches Aufgebot, die Möglichkeit einer Ferntrauung (z. B. durch Schriftwechsel, per Telefon) und einer Handschuhehe, die Notwendigkeit der Registrierung des Ehekonsenses sowie seine konstitutive bzw. deklaratorische Wirkung für die Wirksamkeit des Ehebandes,119 schließlich Folgen und Heilung von Formmängeln (Art.  78 bulgIPRGB betrifft keine Formfragen der Eheschließung). 2. Bestimmung des Formstatuts Wörtlich heißt es in Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB: „Die Form der Ehe unterliegt dem Recht des Staates, vor dessen Organ120 sie geschlossen wird.“ Damit kann Art.  61 bulgIPRGB (Form von Rechtsgeschäften) weder direkt noch analog herangezogen werden. Das materielle Eheschließungsstatut nach Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB ist nicht aussagekräftig, da daran nicht alternativ angeknüpft wird. Indes ist fraglich, was unter der Anknüpfung an das Recht des Eheschließungs-­ Organs zu verstehen ist.

117  Ebenso Rayongericht Ruse, Urt. №  263 v. 20.2.2019 i. d. Rs. №  7470/2018 – ciela (kirchliche Eheschließung in North Yorkshire/Großbritannien durch britische Staatsangehörige im Jahr 2010 mit einvernehmlicher Scheidung in Bulgarien); s. a. Natov, Art.  6 bulgIPRGB, S.  148. 118  Siehe hierzu das Beispiel unter 1.  Teil, §  4. D. II. 2. b. 119  Vgl. Todorov, MCP, S.  219. 120  Unzutreffend ist die Übersetzung in Staudinger/Winkler v. Mohrenfels (2013), Anh. zu Art.  11 EGBGB, Rn.  26 a. E. („Behörde“). Der Gesetzgeber verwendet das Wort „орган“/organ, was buchstäblich „Organ“ bedeutet.

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a) Problemstellung Nach altem Recht war man sich einig, das Formstatut sei mit der Frage der innerstaatlichen Eheschließungszuständigkeit untrennbar verbunden. Über die Form der Ehe habe darum das Recht des örtlich und sachlich zuständigen Organs zu befinden. Lex loci celebrationis und lex magistratus ständen grundsätzlich mit­ einander in Harmonie.121 Hintergrund war wohl die Überlegung, das an einer Eheschließung mitwirkende Organ, sei es ein Beamter, ein Geistlicher oder ein staatliches oder religiöses Gericht, werde nach den Regeln zu amtieren haben, die an seinem Tätigkeitsort Geltung beanspruchten.122 Obwohl die h. M. auch nach Inkrafttreten des bulgIPRGB diesen Grundsätzen nach wie vor anhängt, lassen sie sich Art.  75 bulgIPRGB nicht so ohne weiteres entnehmen.123 Unklarheiten ergeben sich aus dem Wortlaut des Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB wie der systematischen Stellung des Art.  6 bulgIPRGB, ferner aus dem Umstand, dass das Recht des Eheschließungsortes mit dem Recht des handelnden Organs nicht immer harmonisieren muss, und schon gar nicht kongruent zu sein braucht.124 b) Erste Ansicht: Maßgeblichkeit des Art.  6 bulgIPRGB Das Recht des Eheschließungsorgans soll die Eheform bestimmen. Was als ­Organ in diesem Sinne gilt, ist nicht immer einfach zu beurteilen. Es liegt nahe, die Bestimmung der Organeigenschaft bulgarischem Recht zu überlassen; schließlich hat es die Definitionskompetenz für die von ihm verwendeten Begriffe. Musseva will deshalb die Organstellung dem Art.  6 bulgIPRGB entnehmen.125 Incidenter soll dieser also im Rahmen des Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB geprüft werden. 121 

Vgl. Todorov, Pravootnoshenia, S.  92, Tz.  32; S.  99, Tz.  36; S.  103, Tz.  37. Vgl. Todorov, MCP, S.  218; Stancheva-Mincheva, Art.  75 bulgIPRGB, S.  222. 123  Siehe außerdem die Kritik von Vladimirov, MCP, 337. 124  Letzteres räumt selbst ein Todorov, MCP, S.  219; s. a. Stancheva-Mincheva, Art.  75 bulgIPRGB, S.  222. 125  Musseva, Textsammlung, Bd.  I, Art.  75 bulgIPRGB (Fn.  6); Art.  76 bulgIPRGB (Fn.  1), = Textsammlung, Bd.  II, Art.  75 bulgIPRGB (Fn.  3): „Die Organe sind in Art.  6 (bulgIPRGB) geregelt.“, und Art.  76 bulgIPRGB (Fn.  6): „Die Form (Anmerkung: der Eheschließung) richtet sich nach Art.  75 i. V. m. Art.  6 (bulgIPRGB)“; ferner im Gespräch mit dem Verfasser am 22.8.­ 2015; ebenso Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  6269 v. 18.5.2017 i. d. Rs. №  6474/­ 2016; Bezirksgericht Lovech, Urt. №  196 v. 29.7.2016 i. d. Rs. №  132/2016 (kirchliche Heirat in Griechenland zwischen einer Bulgarin und einem Griechen); Sofioter Stadtgericht, Urt. №  7411 v. 11.10.2016 i. d. Rs. №  4116/2016 (religiöse Eheschließung durch bulgarische Staatsangehörigen in Las Vegas/Nevada/USA); Administrativgericht Sofia-Stadt, Urt. №  2398 v. 11.4.2016 i. d. Rs. №  7168/2015; offenbar auch Mladenova, in: Rieck, Ausländisches Familienrecht, Länderbericht Bulgarien (2011), S.  16, Rn.  37. Alle Entscheidungen jew. zit. nach ciela; 122 

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Diese Auslegung gründet sich wohl auf dem Umstand, dass früher der Regelungsgehalt des Art.  6 bulgIPRGB tatbestandlich von Art.  129 FamKodex a. F. (1985) erfasst war.126 Art.  129 FamKodex a. F. (1985) stand im Elften Kapitel mit dem Titel: „Anwendbares Recht bei Familienrechtsverhältnissen mit internationalem Element“. Nunmehr ist er aber „ausgelagert“ in den Zweiten Teil über die internationale Zuständigkeit und das Verfahren in internationalen Zivilsachen. Historisch und systematisch betrachtet, kann Art.  6 bulgIPRGB mithin keine überzeugende Argumentationsgrundlage für diese Ansicht liefern. c) Zweite Ansicht: Extensive Auslegung des Art.  6 Abs.  3 bulgIPRGB Eine ähnliche Position nimmt das Administrativgericht Sofia-Stadt ein.127 Auch dieses prüft im Rahmen des Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB den Art.  6 bulgIPRGB inzident, legt aber dessen Abs.  3 extensiv aus, indem es für die Eheschließung zwischen einem Bulgaren und einem Ausländer vor einem ausländischen Konsul/Vertreter das Recht des Entsendestaates entscheiden lassen will. Argumentativ zieht das Administrativgericht einen Vergleich zwischen Art.  75 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB und Art.  129 FamKodex a. F. (1985): Im Gegensatz zum letzteren verlange ersterer nun gerade nicht, dass die Ehe vor einem „örtlichen Organ“ zu schließen sei. Diese Auffassung mag ebenfalls nicht überzeugen. Eine solche Auslegung ließe formlose Eheschließungen, Konsensehen und religiöse Vertragsehen nicht zu. Das war mit der Neuregelung nicht bezweckt.128 Ja noch mehr: Zahlreiche Ehen im Ausland wären danach nicht wirksam geschlossen.129 Verdeutlichen sollen dies einige Beispiele: (1.) Ein deutsch-bulgarisches Paar heiratet in Deutschland standesamtlich. Ist die Ehe aus Sicht des bulgarischen Rechts wirksam geschlossen?

126 

Ähnlich war das schon nach Art.  90 Abs.  1–4 FamKodex i. d. F. von 1968; vgl. dazu Boschan, EuFamR, Länderbericht Bulgarien, S.  42. 127  Urt. №  5713 v. 23.9.2014 i. d. Rs. №  10014/2013; Urt. №  1944 v. 26.4.2011 i. d. Rs. №  7875/2010; jew. zit. nach ciela. 128  Todorov, MCP, S.  219; Natov, Art.  6 bulgIPRGB, S.  148, 157. Selbst altrechtlich galt nach wohl überwiegender Meinung nichts anderes; näher dazu Natov, MCP-Osobena chast, S.  354 f.; Kutikov, MCP, S.  476 f.; ders., Fragen des IPR, 232, 236; Chavdarov, Fragen des Familienrechts, S.  60, mit dem ausdrücklichen Hinweis, „dass eine kirchliche Ehe, die vor dem zuständigen Kirchenbeamten im Ausland geschlossen wird, selbst dann bei uns wirksam ist, wenn diese kirchliche Form der Eheschließung nach dem dort geltenden Recht nicht die einzig gültige ist.“ (zit. nach Kutikov, MCP S.  476, und ders., Fragen des IPR, 232, 236); Mevorah, Semeyno pravo, S.  47 (zit. nach Kutikov, MCP, S.  476, und ders., Fragen im IPR, 232, 236). 129  Wollte man diesen Ansichten trotzdem folgen, so müsste man Art.  75 Abs.  1 i. V. m. Art.  6 bulgIPRGB als eine Art versteckten Renvoi interpretieren.

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Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB unterstellt die Form der Eheschließung dem Recht des Trauungsorgans. Wer dieses Organ ist, das soll nach dem Administrativgericht Sofia-Stadt und Musseva dem Art.  6 bulgIPRGB zu entnehmen sein. Für Auslandsehen sieht die Norm drei Zuständigkeiten des Eheschließungsorgans vor. Diese werden untereinander danach abgegrenzt, ob eine gemeinsame bulgarische Staatsangehörigkeit zur Zeit der Eheschließung besteht.130 1) Bei einer gemischt-nationalen Ehe, die nicht konsularisch geschlossen wird, kommt nach der o.g. Ansicht nur Abs.  3 in Betracht. Hiernach können bulgarische Staatsbürger vor dem zuständigen Organ des fremden Staates heiraten, sofern dessen Recht es zulässt. Fraglich ist schon, ob die Vorschrift die bulgarische Staatsangehörigkeit beider Nupturienten voraussetzt. a) Natov will das so verstehen.131 Für die Ehe zwischen einem Bulgaren und einem Ausländer soll ihm zufolge ausschließlich Abs.  5 einschlägig sein.132 Danach wäre die Ehe vorliegend nicht formwirksam geschlossen. Denn Abs.  5 verlangt eine Eheschließung vor dem bulgarischen diplomatischen oder konsularischen Vertreter (und zusätzlich die kumulative Zustimmung für eine solche Heirat durch den Empfängerstaat und den Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Ausländer-Ehegatte innehat). b) Dem ist nicht zu folgen. Gegen seine Ansicht streitet zunächst ein systematisches Argument: Die Absätze 3 bis 5 beschäftigen sich mit Auslandstrauungen. Nur in den Absätzen 4 und 5 geht es um konsularische Eheschließungen – einesteils nur zwischen Bulgaren (Abs.  4), andernteils zwischen einem Bulgaren und einem Ausländer (Abs.  5). Der Abs.  3 hingegen bezieht sich auf Ehen vor einem fremden Organ, und spricht lediglich davon, dass die bulgarischen Staatsbürger vor ihm heiraten können. Nun das können sie sowohl untereinander als auch mit einem Ausländer. Zudem streitet der Wortlaut für diese Interpretation. Die Vorschrift ist so formuliert, dass „die“ bulgarischen Staatsangehörigen im Ausland „eine“ Ehe – und nicht „die“ Ehe – vor dem Organ des Auslandsstaats schließen können.133 Zudem fehlt – im Gegensatz zu den Absätzen 4 und 5 – die Präposition „zwischen“. Es heißt gerade nicht: „Die Ehe zwischen bulgarischen Staatsangehörigen im Ausland kann vor einem zuständigen Organ des fremden Staates geschlossen werden.“ Art.  129 Abs.  1 S.  2 FamKodex a. F. (1985) bestätigt diese Auslegung. Denn diese Vorschrift erfasste ausdrücklich nur die Ehe zwischen zwei Bulgaren vor dem örtlichen Organ des frem130 

Natov, Art.  6 bulgIPRGB, S.  157. Natov, Art.  6 bulgIPRGB, S.  155 f., aber ohne Begründung. Andererseits gesteht er ausdrücklich die Notwendigkeit, die Eheschließung im Ausland zwischen einem Bulgaren und einem Ausländer vor dem Organ des fremden Staats zuzulassen. Begründen will er das mit einem Gegenseitigkeitsargument aus Art.  6 Abs.  1 bulgIPRGB: Wenn ein Bulgare einen Ausländer in Bulgarien vor dem bulgarischen Zivilstandsbeamten heiraten könne, dann müsse er das auch im Ausland vor dem dortigen Standesbeamten tun dürfen. Ob er sich für eine Analogie zu Art.  6 Abs.  1 bulgIPRGB ausspricht oder ob seine Ausführungen nur de lege ferenda zu ver­ stehen sind, erschließt sich nicht. Trifft ersteres zu, so kann man sagen: Dem ist im Ergebnis zuzustimmen, doch bedarf es des Umweges nicht. 132  Natov, Art.  6 bulgIPRGB, S.  154 ff. 133  Insofern ist die Übersetzung des Art.  6 Abs.  3 bulgIPRGB durch Jessel-Holst, RabelsZ 71 (2007), 457, 459, unzutreffend. 131 

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den Staates. Diese Einschränkung macht der neue Art.  6 Abs.  3 bulgIPRGB eben nicht. Hätte der Gesetzgeber sie weiterhin gewollt, so hätte er sie deutlich zum Ausdruck bringen müssen.134 So besehen, bildet Art.  6 Abs.  3 bulgIPRGB einen Auffangtatbestand.135 2) Die Verweisung gem. Art.  75 Abs.  1 i. V. m. Art.  6 Abs.  3 bulgIPRGB auf deutsches Recht nimmt Art.  13 Abs.  4 S.  1 EGBGB an. Danach ist die Ehe vor dem deutschen Trauungsorgan zu schließen. Das deutsche Trauungsorgan ist also das zuständige Organ für die Eheschließung aus bulgarischer Sicht gem. Art.  6 Abs.  3 i. V. m. Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB.136 Formstatut ist folglich deutsches Recht. Gemäß §  1310 Abs.  1 S.  1 BGB ist die Ehe vor dem deutschen Standesbeamten zu schließen. Daran hat sich das Paar gehalten, so dass die Ehe aus (deutscher und) bulgarischer Perspektive formwirksam zustande gekommen ist. (2.) Ein österreichisch-bulgarisches Pärchen heiratet vor dem bulgarischen Konsul in Deutschland. 1) Der Konsularvertrag zwischen Bulgarien und Österreich137 sieht in Art.  16 Abs.  2 eine Berechtigung des Konsuls zur Vornahme von Trauungen nur für den Fall vor, dass die Ehewilligen Staatsangehörige des Entsendestaates sind.138 Bei gemischt-nationalen Ehen scheidet die Norm demnach aus. Zurückzugreifen ist deswegen auf die Regelungen des bulgIPRGB. 134  Im Ergebnis wie hier Administrativgericht Sofia-Stadt, Urt. №  5713 v. 23.9.2014 i. d. Rs. №  10014/2013 – ciela, ohne jedoch auf die Problematik einzugehen. 135  Nach hiesiger Auffassung gilt das freilich nicht bei einer Inzidentprüfung des Art.  6 Abs.  3 bulgIPRGB im Rahmen des Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB, sondern nur im Wege der Überprüfung der Wirksamkeit einer Auslandsehe, sei es bei inzidenter Überprüfung, sei es im Feststellungsverfahren nach Art.  318 bulgZPO auf Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe. 136  Prüft man Art.  6 bulgIPRGB incidenter bei Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB, dann kann die erste Vorschrift nur eine Gesamtverweisung aussprechen. Denn nur so kann man klären, ob der fremde Staat auch Ausländern seine Inlandsform für Eheschließungen offenhält. Anders ist das, wenn Art.  6 bulgIPRGB bei der direkten Zuständigkeit auf dem Prüfstand steht; dann geht es primär nicht um eine Kollisionsnorm. Wie hier Natov, Art.  6 bulgIPRGB, S.  153. 137  Konsularvertrag zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Bulgarien v. 14.5.1975 (BGBl. Nr.  342/1976); in Kraft seit 12.7.1976; abrufbar unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019). 138  Art.  16 des Konsularvertrags zwischen Österreich und Bulgarien i. d. F. vom 20.12.2016 lautet: „Befugnisse in Personenstandsangelegenheiten (1) Der Konsul ist berechtigt, Geburten und Sterbefälle von Angehörigen des Entsendestaates zu beurkunden und hierüber entsprechende Urkunden auszuhändigen. (2) Der Konsul ist berechtigt, Trauungen vorzunehmen, vorausgesetzt, daß die beiden zukünftigen Ehepartner Staatsangehörige des Entsendestaates sind, die Eheschließung den Rechts­ vorschriften des Entsendestaates entspricht und die Rechtsvorschriften des Empfangsstaates die Trauung durch den Konsul gestatten. (3) Der Absatz  1 entbindet nicht von der Verpflichtung, die in den Rechtsvorschriften des Empfangsstaates vorgesehenen Erklärungen gegenüber den zuständigen Verwaltungsbehörden abzugeben.“

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2) Hier sind die bulgarischen Formvorschriften für die Eheschließung nur dann anzuwenden, wenn das deutsche Recht als das Recht des Empfangsstaates diese „Verweisung“ annimmt.139 Das folgte nach der Ansicht von Musseva aus Art.  6 Abs.  5 bulgIPRGB. Die Vorschrift regelt die Eheschließung zwischen einem Bulgaren und einem Ausländer im Ausland vor dem bulgarischen diplomatischen oder konsularischen Vertreter. Voraussetzung ist, dass (a) das Recht des Empfangsstaates (hier: deutsches Recht) und (b) das Heimatrecht des Ausländers (hier: österreichisches Recht) solche Eheschließung zulassen. Sodann führte die Organstellung des bulgarischen Konsuls in Deutschland bei der Eheschließung zur Anwendung der bulgarischen Eheform gem. Artt.  8, 10 und 11 Abs.  1 FamKodex. a) Art.  13 Abs.  4 S.  2 HS.  1 EGBGB eröffnet die Möglichkeit der Eheschließung in Deutschland, wenn der bulgarische Konsul zu Eheschließungen ermächtigt ist. Nach deutschem Verständnis reicht es dabei aus, wenn die konsularische Ermächtigung zur Eheschließung sich aus einer allgemeinen Norm ergibt; einer individuellen Ermächtigung bedarf es nicht.140 Solch eine Generalermächtigung wäre in Art.  6 Abs.  5 bulgIPRGB zu sehen. Allerdings koppelt er die konsularische Befugnis zur Auslandstrauung an eine Bedingung: Annahme seiner eigenen „Verweisung“ durch das berufene Recht; er „verweist“ also auf Art.  13 Abs.  4 S.  2 EGBGB zurück. Diesen circulus vitiosus löst nur auf, wer für die Anwendung des Art.  6 Abs.  5 bulgIPRGB ausreichen lässt, dass das ausländische Recht eine konsularische Eheschließung dem Grunde nach zulässt.141 Dieses Erfordernis trifft auf Art.  13 Abs.  4 S.  2 HS.  1 EGBGB zu. Die Auslegungsschwierigkeiten sind nicht dadurch behoben, dass man – anstatt auf Art.  6 Abs.  5 bulgIPRGB abzustellen – Art.  69 PStRegG bemüht.142 Denn die Norm nimmt keine ausdrückliche Aufgabenzuweisung vor. Im Ausland sich aufhaltende bulgarische Staatsangehörige können nach dieser Vorschrift vom bulgarischen diplomatischen oder konsularischen Vertreter oder vom ausländischen örtlichen Zivilstandsorgan die „Erstellung einer Personenstandsurkunde“ beantragen bei Einhaltung der bulgarischen oder der örtlichen Gesetze. Behelfen kann man sich mit einem Erst-recht-Schluss: Wenn der bulgarische Konsul oder der diplomatische Vertreter Bulgariens zur Erstellung einer Personenstandsurkunde zuständig ist, dann muss er zur Eheschließung ebenfalls ermächtigt sein. Im Ergebnis ist die Ehe im Beispielsfall formwirksam geschlossen.

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Ähnlich Natov, Art.  6 bulgIPRGB, S.  158. Vgl. OLG Hamm, OLGZ 1986, 135, 137; jurisPK-BGB/Mäsch (2015), Art.  13 EGBGB, Rn.  64; näher NK-BGB/Andrae, (2016) Art.  13 EGBGB, Rn.  118 ff.; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  13 EGBGB, Rn.  629 ff. 141  Wohl in diesem Sinne ebenso Natov, Art.  6 bulgIPRGB, S.  158. 142  Art.  69 PStRegG lautet: „Staatsangehörige der Republik Bulgarien, die sich im Ausland befinden, können bei Einhaltung der bulgarischen oder örtlichen Gesetzte die Erstellung von Personenstandsurkunden verlangen von dem bulgarischen diplomatischen oder konsularischen Vertreter oder von den ausländischen örtlichen Zivilstandsorganen an dem Ort, an welchem die Ereignisse eingetreten sind, die einer Registrierung bedürfen.“ 140 

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b) Denn das österreichische IPR lässt gem. §  16 Abs.  2 österrIPRG (Sachnormverweisung)143 für Auslandseheschließungen alternativ zu den Formvorschriften des Personalstatuts beider Verlobten die Formerfordernisse des Trauungsortes genügen,144 verweist also seinerseits auf Art.  13 Abs.  4 S.  2 EGBGB145 zurück. (3.) Zwei Bulgaren mit Wohnsitz in der Schweiz geben sich das Ja-Wort vor dem dortigen bulgarischen Konsul. Zwischen Bulgarien und der Schweiz gibt es keinen Staatsvertrag, welcher konsularische Eheschließungen in der Schweiz zulässt.146 Nach schweizerischem IPR leitet man aus der Zuständigkeitsnorm des Art.  43 Abs.  1 schweizIPRG ab, dass in der Schweiz geschlossene Ehen (Inlandsehen) schweizerischen Formvorschriften genügen müssen (Art.  44 schweizIPRG unterstellt die sachlichen Ehevoraussetzungen für in der Schweiz geschlossene Ehen schweizerischem Recht)147. In der Schweiz können Ehen nur vor den staatlichen schweizerischen Behörden geschlossen werden. Vertreter von ausländischen Staaten sind weder vor noch nach der Eheschließung eines schweizerischen Zivilstandsbeamten zur Ehetrauung berechtigt, selbst wenn ihr Entsendestaat sie dazu ermächtigt hat. Ein trotzdem auf diese Weise abgegebenes Eheversprechen vermag keine nach schweizerischem Recht gültige Eheschließung zu bewirken.148 In der Abwandlung ist die Ehe mithin aus schweizerischer Sicht eine Nichtehe,149 aus bulgarischer formungültig. Trotzdem soll nach Todorov eine solche Ehe wirksam sein. Die schwer wiegenden Folgen einer formungültigen Ehe, so argumentiert er, würden nicht immer den Staat betreffen, in welchem sie geschlossen werde.150 Dem ist nicht zu folgen. Billigkeitserwägungen sind im Rahmen des Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB nicht anzustellen. Das sagt deutlich Abs.  3 dieser Vorschrift. Darum ist und bleibt die Ehe im Fallbeispiel (3.) formunwirksam.

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Schwimann, Grundriss IPR, S.  77. Verschraegen, IPR, Rn.  82. 145  Art.  13 Abs.  4 S.  2 EGBGB ist eine besondere Sachnorm für die Eheschließung von Verlobten in Deutschland, von denen keiner Deutscher ist; vgl. statt aller Palandt/Thorn (2020), Art.  13 EGBGB, Rn.  32. 146  Zwischen Bulgarien und der Schweiz geschlossene Staatsverträge sind im Internet abrufbar unter: (zuletzt angesehen am 14.12.2019). 147  Vgl. Furrer/Girsberger/Siehr/Trüten in: Girsberger, IPR BT, Rn.  212–216. 148  Zeiter/Koller, in: Furrer et al., Handkommentar zum schweiz. IPR (2016), Art.  43 IPRG, Rn.  5; Volken, in: Zürcher Kommentar zum IPRG (2004), Art.  43 IPRG, Rn.  2. 149  A. A. Kostkiewicz, Grundriss des schweizerischen IPR, Rn.  1087: „Eine vor einer ausländischen diplomatischen Vertretung in der Schweiz geschlossene Ehe gilt als eine ausländische Ehe und ist anerkennungsfähig.“ 150  Todorov, Pravootnoshenia, S.  96, Tz.  34 a. 144 

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d) Dritte Ansicht: lex magistratus Die wohl überwiegende Literaturmeinung entnimmt die Form der Ehe der lex magistratus, also dem Staates Recht, vor dessen örtlich und sachlich zuständigem Organ sie geschlossen wird. Bei einem Auseinanderfallen zwischen der lex magistratus und dem Recht des Eheschließungsortes sei das erste maßgebend.151 Obwohl diese Ansicht eng am Wortlaut zu sein scheint, vermag sie bei näherem Hinsehen nicht zu überzeugen. Sie würde zwar die Auslandsheirat eines Bulgaren mit einer Griechin in Deutschland vor einem nicht nach Art.  13 Abs.  4 S.  2 EGBGB ermächtigten Popen als wirksam einstufen und folglich anerkennen. Aber so müsste sie konsequenterweise auch dann urteilen, wenn die gleiche Eheschließung in Bulgarien erfolgte. Gerade das sahen Rechtsprechung und Lehre zum alten IPR jedoch anders: Für die Form der Eheschließung im Inland war allein bulgarisches Recht maßgeblich.152 Überdies würden formlose Konsensehen nicht erfasst; ein Organ gibt es hier eben nicht. Auch erübrigte sich eine Anknüpfung über Art.  75 Abs.  2 bulgIPRGB, da der ausländische Konsul im Inland ein Organ des Entsendestaates bleibt. Wollte man die Inlandsheirat vor einem ausländischen Organ zulassen, so muss man gleichwohl Bedacht nehmen, dass einige Standesämter in Bulgarien die Auslandsheirat der Anerkennung nach Artt.  117 f. bulgIPRGB unterwerfen.153 Dann liegt es doch aber nahe, dass man in der umgekehrten Richtung – gleichsam konsequent – für Eheschließungen im Inland vor einem ausländischen Or­ gan (z. B. dem griechischen Popen) ebenfalls eine Anerkennung nach Artt.  117 f. bulgIPRGB für erforderlich hält. Wenn dem so wäre, würde das bedeuten: Nr.  1 des Art.  117 leg.cit. machte die Anerkennung einer solchen – nach dieser Ansicht formwirksamen – Inlandsheirat von der internationalen Zuständigkeit des ausländischen Trauungsorgans abhängig.154 Ist einer der Nupturienten Bulgare oder hat zumindest einer der ausländischen Ehewilligen seinen gewöhnlichen Auf­ enthalt im Inland, so stellte Art.  6 Abs.  1 bulgIPRGB den Grundsatz auf: In Bulgarien wird bulgarisch geheiratet. Man gäbe dem Brautpaar Steine statt Brot, beharrte man auf eine Anknüpfung an die Organstellung der die Trauung vornehmenden Person. Denn entweder ist die Ehe formwirksam zustande gekommen, und muss dann anerkannt werden. Oder sie ist es eben nicht, und kann nicht anerkannt werden. Ein Ausweg bietet, die Organstellung der Eheschließungsperson 151  Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 427; Todorov, MCP, S.  219; unklar Stancheva-Mincheva, Art.  75 bulgIPRGB, S.  222 (Anknüpfung an lex auctoris), und Art.  61 bulgIPRGB, S.  163 (Anknüpfung an lex loci celebrationis). 152  Jessel-Holst, RabelsZ 51 (1987), 35, 46; Kutikov, Fragen des IPR, S.  232, 234 ff. 153  Diese Auskunft verdankt der Verfasser dieser Arbeit Frau Doz. Dr. Musseva im Gespräch am 22.8.2015. Auch sie kritisierte die Praxis. 154  Zu diesem Erfordernis statt aller Todorov, MCP, S.  465.

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als Formfrage aus den Anerkennungsvorschriften herauszunehmen: Man prüfe also zwar Art.  117 Nr.  1 bulgIPRGB und ziehe dabei den Art.  6 Abs.  1 bulg­ IPRGB spiegelbildlich zu Rate. Die Organeigenschaft der die Trauung vornehmenden Person schlage man aber dem Eheformstatut gem. Art.  75 Abs.  1 bulg­ IPRGB zu. Im Ergebnis müsste man eine restriktive Auslegung des Art.  6 Abs.  1 bulgIPRGB vornehmen und die Norm so lesen: „In der Republik Bulgarien wird die Ehe vor dem bulgarischen Standesbeamten oder dem ausländischen Eheschließungsorgan geschlossen.“155 Ein anderer Ausweg bestünde darin, Nr.  1 des Art.  117 bulgIPRGB auf die ausschließlichen Zuständigkeiten zu beschränken. Ein (Schul-)Beispiel zeigt die Konsequenzen dieser Auffassung: Zwei Griechen heiraten in Bulgarien vor einem griechisch-orthodoxen Priester. Der Lebensmittelpunkt der Eheleute befindet sich in Plovdiv (Bulgarien). Nunmehr beantragen sie die Ausstellung einer Personenstandsurkunde (Heiratsurkunde). Die Ausstellung einer Heiratsurkunde für eine Auslandsheirat (nicht Ausländerheirat!) erfolgt gem. Art.  72 Abs.  3 Nr.  2 i. V. m. Art.  70 Abs.  2, Art.  72 Abs.  2 Nr.  2, Art.  34 Abs.  1 Var.  2, Art.  3 Abs.  1 Alt.  2 PStRegG. Zuständig ist der Zivilstandsbeamte am inländischen Wohnsitz („an der ständigen Adresse“) des Mannes oder, wenn er Ausländer ist, am inländischen Wohnsitz („an der ständigen Adresse“) der Ehefrau (Art.  72 Abs.  2 Nr.  2 PStRegG). Für die Eintragung einer Inlandsehe, die nicht vor dem bulgarischen Zivilstandsbeamten geschlossen wird, wird man die Regelung analog anwenden müssen. 1) Der Zivilstandsbeamte prüft also inzident, ob die zu beurkundende Ehe wirksam zustande gekommen ist (selbstständig anzuknüpfende Vorfrage). a) Die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung nach dem berufenen griechischen Recht sind zu unterstellen (die Verweisung des Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB nimmt das griechische IPR gem. Art.  13 Abs.  1 griechZGB an). b) Die Form der Ehe ist gem. Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB gesondert anzuknüpfen. Danach unterliegt sie nach wohl h. M. dem Recht des Eheschließungsorgans. Fraglich ist, was darunter zu verstehen ist und wer als Organ wirksam agieren darf. aa) Eheschließungsorgan in Bulgarien ist der Zivilstandsbeamte. Die lex fori verlangt damit eine staatliche Teilhabe am Eheschließungsakt (Qualifikation lege fori). bb) Das griechische Recht dagegen gestattet gem. Art.  1367 Abs.  1 griechZGB sowohl die Zivilehe wie die rein konfessionelle Eheschließung (Qualifikation nach der lex causae).156 155  Der Halbsatz entfiele bei diesem Verständnis der Vorschrift: „[…] wenn einer der Eheschließenden bulgarischer Staatsangehöriger ist oder den gewöhnlichen Aufenthalt in der Republik Bulgarien hat.“ 156  Kastrissios, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Griechenland, 216. Lfg., Stand: 1.1.2016, S.  41; Normtext: Kastrissios, a. a. O., S.  60 f.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

cc) Indes endet die Funktion eines Zivilstandsbeamten an den eigenen Staatsgrenzen und kann darum für Auslandstrauungen – weil hier die Ehe aus griechischer Sicht in Bulgarien geschlossen wird, also im Ausland – gar nicht vorausgesetzt werden. Bedenkt man jedoch, dass auch die Mitwirkung eines Zivilstandsbeamten in der Regel ein konstitutives Essentialium der Eheschließung bildet, so lässt sich vom Standpunkt der bulgarischen Rechtsordnung (lex fori) kein derart grundlegender Unterschied in der Trauungsfunktion von Priestern und Zivilstandsbeamten feststellen, dass er eine abweichende Qualifikation rechtfertigen könnte.157 Der griechisch-­orthodoxe Priester ist folglich als Organ i. S. des Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB zu qualifizieren (Art.  39 Abs.  2 Var.  1 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB).158 Die Ehe wäre demnach formwirksam geschlossen. dd) Indessen wäre ihr die Beurkundung trotzdem versagt geblieben, wenn man Inlandsehen vor ausländischen Organen der Anerkennung nach Artt.  117 f. bulgIPRGB unterwerfen wollte. Denn der griechische Pope wäre aus bulgarischer Sicht für Inlandsehen nicht international zuständig (Art.  117 Nr.  1 i. V. m. Art.  6 Abs.  1 bulgIPRGB).159 Man könnte dann zur „Rettung“ den Art.  6 Abs.  1 bulgIPRGB restriktiv auslegen, indem man den Begriff „vor einem Standesbeamten“ gleichsetzt mit dem Begriff „vor einem ausländischen Eheschließungsorgan“ bzw. um diesen Begriff erweitern. 2) Lehnt man diesen Vorschlag aus gutem Grund ab, so kann das Brautpaar nun klug vorgehen und sein Ziel auf Umwegen erreichen: Es erwirkt zuerst in Griechenland ein Urteil, welches das Bestehen seiner in Bulgarien geschlossenen Ehe feststellt. Art.  1 Abs.  1 lit.  a Var.  3 EuEheVO erfasst auch Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe.160 Diese Entscheidung wird anschließend in Bulgarien gem. Art.  21 EuEheVO ipso iure anerkannt.161 Die Anerkennung kann dabei nicht nach Art.  22 lit.  a EuEheVO versagt werden, da die Ehe aus bulgarischer Sicht formwirksam ist. Von einem offensichtlichen Verstoß gegen den bulgarischen ordre public kann darum keine Rede sein. 157 

MüKo BGB/Schwimann (1990), Art.  13 EGBGB, Rn.  86. (ohne Begründung) Natov, Art.  6 bulgIPRGB, S.  148 (Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit des Geistlichen). 159  Zu einem anderen Ergebnis müsste wohl Zlatareva, MGP, S.  266, kommen. Denn sie prüft im Rahmen des Art.  117 Nr.  1 bulgIPRGB nur die ausschließliche Zuständigkeit bulgarischer Gerichte nach Artt.  4 ff. bulgIPRGB, also Art.  12 Abs.  1, Art.  13 Abs.  2 und Art.  19 bulgIPRGB. Wie hier im Lösungsvorschlag Natov, Art.  6 bulgIPRGB, S.  152, 153 und 157. Unklar Todorov, MCP, S.  465, der davon spricht, dass Art.  117 Nr.  1 bulgIPRGB „in erster Stelle“ auf die ausschließliche Zuständigkeit bulgarischer Gerichte Bezug nehme. 160  A. A. Natov, in: Natov et al., Art.  1 Brüssel IIa-VO, S.  46 (die Anwendung des Art.  1 Abs.  1 lit.  a Var.  3 setze eine wirksam zustande gekommene Ehe voraus; erfasst sei darum nur die Aufhebung einer Ehe). Aus dem deutschen Schrifttum MüKo BGB/Gottwald (2008), Art.  1 EheGVVO, Rn.  8; NK-BGB/Andrae (2016) Anh. I zum III. Abschnitt EGBGB, Art.  21 EheVO 2003, Rn.  12 m. w. N.; Andrae, ERA-Forum 2003, 28, 32; dies., IntFamR, §  3, Rn.  15. Anders BaRo/Mörsdorf-Schulte, Art.  13 EGBGB, Rn.  89; Thomas/Putzo/Hüßtege (2015), Art.  1 EuEhe­VO, Rn.  2; Gruber, FamRZ 2000, 1129, 1130; Hau, FamRZ 1999, 484, 485; Rauscher/ Rauscher, Art.  2 Brüssel IIa-VO, Rn.  15. 161  Dieses forum shopping ist zulässig und stünde der Anerkennung nicht entgegen; s. ­Musseva, in: Natov et al., Art.  3 Brüssel IIa-VO, S.  68. 158  A. A.

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Dieser (Um-)Weg stünde den Eheleuten hingegen nach der unten vertretenen Ansicht nicht zur Verfügung. Denn hiernach muss man die Eheschließung als formunwirksam erachten, da nicht vor dem bulgarischen Zivilstandsbeamten geschlossen. Die Anerkennung des griechischen Urteils scheiterte dann am Art.  22 lit.  a EuEheVO.

e) Stellungnahme: lex loci celebrationis Nach alledem bleibt eine Lösung übrig: Die Form der Ehe unterliegt dem Recht des Eheschließungsortes (lex loci celebrationis).162 Dies entspricht dem alten IPR Bulgariens, als man davon ausging, für die Form der Eheschließung gelte die Regel „locus regit formam actus“.163 Sie aufzugeben oder jedenfalls einzuschränken, hatte der Gesetzgeber beim Erlass des Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB nicht im Sinn.164 Deshalb stellt er in Art.  77 Nr.  1 bulgIPRGB auf die Eheschlie162  Wie hier das I. Zivilkollegium beim Obersten Kassationsgerichtshof, Urt. №  118 v. 21.12.2017 i. d. Rs. №  4596/2016 (religiöse/kirchliche Eheschließung in Griechenland zwischen einer Bulgarin und einem Griechen am 8.5.2005 mit anschließender „erneuter Heirat“ vor dem Zivilstandsbeamten in Bulgarien zwei Monate später ); ihm folgend das II. Zivilkollegium beim Obersten Kassationsgerichtshof (Beschl. №  607 v. 13.12.2018 i. d. Rs. №  2677/2018 und Urt. №  105 v. 26.2.2018 i. d. Rs. №  3136/2017) sowie Bezirksgericht Burgas, Urt. №  108 v. 12.2.2018 i. d. Rs. №  1676/2017 (Anerkennung einer in Belgien geschlossenen Ehe im Inland nach Tod des einen Ehegatten) und Urt. №  883 v. 23.10.2019 i. d. Rs. №  684/2019; s. a. Bezirksgericht Targovishte, Urt. №  22 v. 13.2.2018 i. d. Rs. №  5/2018 (Eheschließung in der Türkei); Oberster Kassationsgerichtshof, Beschl. №  55 v. 18.1.2012 i. d. Rs. №  675/2011; Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  10751 v. 18.7.2011 i. d. Rs. №  15504/2010 (Heirat zweier Bulgaren in Florida/USA); Bezirksgericht Burgas, Urt. №  454 v. 28.5.2019 i. d. Rs. №  593/2018 (Eheschließung bulgarischer Nupturienten in Frankreich); vgl. außerdem Rayongericht Gorna Oryahovitsa, Urt. №  230 v. 7.6.2017 i. d. Rs. №  942/2017 (Eheschließung bulgarischer Staatsangehöriger vor dem bulgarischen Konsul in Madrid/Spanien; aus hiesiger Sicht rechtsfehlerhaft war indessen die Berufung auf Art.  75 bulgIPRGB, da die Ehe im Jahr 2001 geschlossen wurde und damit vor dem Inkrafttreten des bulgIPRGB; unter Anwendung des alten IPR Bulgariens wäre das Gericht zum gleichen Ergebnis gelangt [dazu Kutikov, MCP, S.  476; ders., Fragen des IPR, 232, 234 f.; Todorov, Pravootnoshenia, S.  89, Tz.  31; S.  92, Tz.  32, und S.  99, Tz.  36]); Jessel-Holst, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  22; i. Erg. wohl ebenfalls Vladimirov, MCP, S.  337. Alle Gerichtsentscheide jew. zit. nach ciela. 163  Siehe KG IPRspr 1934 Nr.  16 = StAZ 1935, 105; Todorov, Pravootnoshenia, S.  89, Tz.  31; S.  92, Tz.  32, und S.  99, Tz.  36; Kutikov, MCP, S.  476; ders., Fragen des IPR, 232, 234 f.; Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  101. Art.  90 Abs.  1 FamKodex a. F. (1968) hatte einen klaren Wortlaut: „Die Ehe, die ein bulgarischer Staatsangehöriger im Ausland geschlossen hat, ist wirksam, wenn sie vor dem zuständi­ gen örtlichen Organ geschlossen und die Form eingehalten wurde, die das Ortsrecht vorsieht.“ Einer ähnlichen Formulierung bediente sich Art.  129 Abs.  1 S.  2 und Abs.  2 S.  2 FamKodex a. F. (1985): „Die Ehe kann auch vor dem örtlichen Organ bei Einhaltung der Form geschlossen werden, die das Ortsrecht vorsieht.“ (Übersetzungen durch den Verfasser). 164  Das bestätigt die Gesetzesbegründung zum Entwurf des bulgIPRGB: „За формата на брака генерално се възприема приложимостта на правото на държавата, в която той се сключва (lex loci celebrationis) – чл. 75.“ Ins Deutsche wiedergegeben: „Für die Form der Ehe

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ßung vor einem „bulgarischen Zivilstandsbeamten“ ab. Das entspricht außerdem der Lösung in vielen Rechtshilfeabkommen, an denen Bulgarien beteiligt war und ist.165 Dafür streiten zudem die Vorschriften über die Beurkundung von Auslandstrauungen nach Artt.  70 ff. PStRegG, die allesamt auf das örtlich zuständige Organ im Ausland abstellen. Wohl führt die hier vertretene Auslegung dazu, dass sich Art.  75 Abs.  1 bulg­ IPRGB und Art.  61 S.  2 bulgIPRGB (Form der Rechtsgeschäfte) im Ergebnis gleichen. Ein stichhaltiges Gegenargument ergibt sich daraus allerdings nicht, weil Art.  61 bulgIPRGB eine alternative Anknüpfung vorsieht; das Eheform­ statut kennt sie dagegen nicht.166 Daraus erhellt folgendes Ergebnis: aa) Inlandsehe Inlandsehen müssen den bulgarischen Formvorschriften entsprechen. Die Ehe ist vor dem Zivilstandsbeamten zu schließen. Einzige Ausnahme bildet die konsularische/diplomatische Eheschließung gem. Art.  75 Abs.  2 bulgIPRGB. Diese Regelung war notwendig, da aus Art.  5 lit.  f des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24.4.1963167 eine Ermächtigung der Konsular­ beamten zur Eheschließung nicht entnommen werden kann. Die Vorschrift eröffnet lediglich eine abstrakte Möglichkeit, welche der entsendende Staat erst auszufüllen hat. Es handelt sich m. a. W. um eine Aufgabenzuweisungs- und keine konkrete Ermächtigungsnorm.168 bb) Auslandsehe Auslandstrauungen haben den Formvorschriften Rechnung zu tragen, die am Heiratsort gelten.169 Ob das ausländische Heimatrecht der Nupturienten die Ortswird generell die Anwendbarkeit des Rechts des Staates angenommen, in welchem die Ehe geschlossen wird (lex loci celebrationis) – чл. 75“ (Übersetzung des Verfassers). 165  Todorov, Pravootnoshenia, S.  115; Tz.  44 m. w. N. 166  S.a. Stancheva-Mincheva, Art.  61 bulgIPRGB, S.  162 f. 167  BGBl. 1969 II, S.  1587; für Bulgarien in Kraft seit 10.8.1989 (DV Nr.  42/1989); Text abrufbar in ciela; zu den Signatarstaaten siehe: (zuletzt angesehen am 14.12.2019). 168  Staudinger/Mankowski (2011), Art.  13 EGBGB, Rn.  630; NK-BGB/Andrae (2016), Art.  13 EGBGB, Rn.  119; Hepting, StAZ 1987, 154, 159; a. A. Natov, Art.  6 bulgIPRGB, S.  148, 153 (Fn.  61). 169  Diese Anknüpfung entspricht ebenfalls alter Rechtstradition in Bulgarien. So sah Art.  13 Abs.  2 der Ordnung-Gesetz über die Ehe i. d. F. von 1949/1955 (DV Nr.  108 v. 12.5.1945) vor:

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form ebenfalls genügen lässt, ist bedeutungslos. Für die Anerkennung einer Auslandsheirat in Bulgarien maßgeblich ist allein die Einhaltung der sachrechtlichen Ortsform (Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB). Dies kann zu hinkenden Ehen führen. Dem durch einen Rückgriff auf Art.  61 S.  1 i. V. m. Art.  76 Abs.  1 bulgIPRGB (Formvorschriften des Heimatrechts beider Ehewilligen) entgegenzuwirken, verbietet sich jedoch. Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB ist insoweit lex specialis.170 Eine Analogie scheitert außerdem am Erfordernis einer planwidrigen Regelungslücke.171 Heiraten also zwei Koreaner per Briefwechsel – er von Brasilien aus, sie von Österreich her –, zwei Griechen in Deutschland vor einem nicht ermächtigten Priester, zwei Israelis in Frankreich vor dem Rabbiner oder lassen sich zwei jüdische Syrer in den Niederlanden religiös trauen, so kann die Ehe in Bulgarien nicht anerkannt werden, da der jeweiligen Ortsform nicht Genüge getan ist (Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB), wiewohl die Ehe nach den jeweils beteiligten Heimatrechten der Nupturienten formgültig wäre.

Allerdings wird eine solche, an sich ungültige – weil die Eheform am Ort der Eheschließung missachtende – Ehe in Bulgarien dann anerkannt, wenn das IPR des Ortsrechts eine Weiterverweisung ausspricht und nach dem weiterverwiesenen Recht die Form der Eheschließung eingehalten worden ist. Art.  40 Abs.  2 Nr.  2 bulgIPRGB steht dem nicht entgegen, da er sich unmittelbar auf die Form der Rechtsgeschäfte, also auf Art.  61 bulgIPRGB bezieht, der wiederum für die Form der Eheschließung nicht anwendbar ist. cc) Eheschließung auf hoher See Von einer eigenständigen Regelung der Eheschließung auf hoher See, also an Bord eines Schiffes vor dem Schiffskapitän, hat der bulgarische IPR-Gesetzgeber „Die Ehe, welche ein bulgarischer Untertan im Ausland geschlossen hat, ist auch dann gültig, wenn sie in der Form geschlossen wurde, die von den Gesetzen des Landes vorgeschrieben ist, in dem die Eheschließung erfolgte.“ (Übersetzung durch den Verfasser). Ausf. hiezu Kutikov, Fragen des IPR, S.  232, 235 f. 170  Wie hier Stancheva-Mincheva, Art.  61 bulgIPRGB, S.  163. 171  Zu den Voraussetzungen einer Analogie siehe Art.  46 bulgGNA: „(1) Die Regelungen der Normativakte werden gemäß ihrem genauen Sinn angewandt, und wenn sie unklar sind – nach dem Sinn ausgelegt, welcher am ehesten anderen Regelungen, dem Zweck des auszulegenden Aktes und den grundlegenden Rechtsprinzipien der Republik Bulgarien entspricht. (2) Wenn der Normativakt unvollständig ist, werden für die von ihm nicht geregelten Fälle die Regelungen angewendet, die für vergleichbare Fällen gelten, vorausgesetzt, das entspricht dem Zweck des Aktes. Wenn solche Regelungen fehlen, sind die Verhältnisse nach den grundlegenden Rechtsprinzipien der Republik Bulgarien zu regeln. (3) Strafrechtliche, administrative und disziplinarische Verantwortung können nicht nach dem vorstehenden Absatz begründet werden.“ (Übersetzung durch den Verfasser).

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abgesehen.172 Die Lösung will eine Literaturmeinung dem Art.  91 Abs.  1 SeehandelsschiffG173 und Art.  66 Abs.  1 PStRegG174 überlassen.175 Nach der erst­ genannten Norm ist der Kapitän eines bulgarischen Schiffes nur dann mit den Befugnissen eines Zivilstandsbeamten ausgestattet, wenn sich das Schiff „außerhalb der territorialen Grenze Bulgariens“ befindet. Gemeint sind Schiffstrauungen auf hoher See, wofür der eindeutige Wortlaut des Art.  66 Abs.  1 PStRegG und Art.  130 f. FamKodex a. F. (1985) spricht. Des Umwegs über Art.  91 SeehandelsschiffG und Art.  66 Abs.  1 PStRegG bedarf es aber gar nicht: Dogmatisch richtig ist die Anknüpfung an Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB. Denn es kommt auf die Ortsform an; Trauungsort ist das Schiff, auf welchem wiederum das Recht des Flaggenstaates herrscht. Infolge dessen kann eine Bulgarin auf hoher See einen Deutschen auf einem bulgarischen Schiff ehelichen. Umgekehrt kann sie auf einem deutschen Schiff weder einen Landsmann noch einen Deutschen formwirksam heiraten.176 3. Anerkennung von Auslandstrauungen a) Regelungsgehalt des Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB Das alte IPR Bulgariens kannte eine dem jetzigen Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB entsprechende Regelung nicht. Der Grundsatz des favor recognitionis ist mit der neuen Regelung in Gesetzesform gegossen. Anerkennung einer Auslandseheschließung heißt in diesem Kontext jedoch nicht, dass es eines förmlichen Anerkennungsverfahrens bedürfte, um der Ehe Wirksamkeit im Inland zu verleihen.177 172  Altrechtlich regelten Art.  130 (bzgl. der Nachweise über das Fehlen von Ehehindernissen) und Art.  131 Abs.  2 und 3 (betr. die Ehevoraussetzungen) FamKodex a. F. (1985) die Fälle ausdrücklich; s. a. Kutikov, MCP, S.  355 mit Rechtsprechungsnachweis. Kritisch dazu Todorov, Pravootnoshenia, S.  98 f., Tz.  35. 173  Art.  91 Abs.  1 SeehandelsschiffG lautet: „Bei Geburt, Ehe oder Tod, eingetreten auf einem Schiff, fahrend unter bulgarischer Flagge, sich außerhalb der territorialen Grenzen der Republik Bulgarien befindend, ist der Kapitän verpflichtet, die Eintragung des Ereignisses in das Logbuch vorzunehmen und eine Urkunde zu erstellen, die den Anforderungen des Gesetzes über die zivile Registrierung entspricht.“ (Übersetzung durch den Verfasser). 174  Art.  66 Abs.  1 PStRegG lautet: „Bei Geburt, Zivilehe oder Tod, eingetreten auf einem Schiff, welches sich in offenem Meer befindet, ist der Kapitän verpflichtet, die Eintragung in das Logbuch vorzunehmen und eine Urkunde nach diesem Gesetz zu erstellen.“ (Übersetzung durch den Verfasser). 175  Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 427 (Fn.  27); Jessel-Holst, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  22. 176  S.a. Staudinger/Mankowski (2011), Art.  13 EGBGB, Rn.  740. 177  Wie hier Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  105 v. 26.2.2018 i. d. Rs. №  3136/2017, und Urt. №  118 v. 21.12.2017 i. d. Rs. №  4596/2016 (anders die Vorinstanz Bezirksgericht

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Mit Anerkennung einer Auslandsehe gemeint ist vielmehr ihre Berücksichtigung, ihre Wirksamkeit und ihre tatsächliche Geltung im Inland. Dafür ist ein Nachweis der Eheschließung erforderlich, aber auch ausreichend, der in jedweder Form erbracht werden kann (z. B. der Trauschein oder eine Zeugenaussage).178 Lovech, Urt. №  243 v. 16.11.2018 i. d. Rs. №  721/2017: Die Rechtsfolgen einer Auslandsehe träten im Inland erst mit deren Anerkennung ein; diese wiederum richte sich nach Art.  72 Abs.  3 Nr.  2 PStRegG; das Urteil hob der Oberste Kassationsgerichtshof wegen dieser rechtsfehlerhaften Begründung unter Rekurs auf Art.  43 bulgIPRGB auf: Die auf der Grundlage der ausländischen Heiratsurkunde auszustellende (bulgarische) Heiratsurkunde i. S. des Art.  72 Abs.  3 Nr.  2 [i. V. m. Artt.  72 Abs.  1, 70 f.] PStRegG habe keine konstitutive Wirkung, sondern offenbare lediglich eine bereits existente Tatsache); ihm folgend Bezirksgericht Burgas, Urt. №  108 v. 12.2.2018 i. d. Rs. №  1676/2017, und Urt. №  883 v. 23.10.2019 i. d. Rs. №  684/2019; Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  10751 v. 18.7.2011 i. d. Rs. №  15504/2010; Bezirksgericht Pernik, Beschl. №  216 v. 24.2.2014 i. d. Rs. №  158/2014; in diesem Sinne auch Maesch, S.  125, Fn.  76. Anders Sofioter Appellationsgericht, Urt. №  1790 v. 10.8.2015 i. d. Rs. №  3924/2014 (ebenso die Vorinstanz Sofioter Stadtgericht, Urt. v. 28.8.2014 i. d. Rs.  8334/2012): Die Anerkennung einer Auslandstrauung zwischen bulgarischen Staatsangehörigen setze stets die Ausstellung einer bulgarischen Heiratsurkunde nach Artt.  70 ff. PStRegG voraus, auf welche die Regelung des Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB verweise. Andernfalls könne eine solche Ehe im Inland keine Rechtsfolgen auslösen. Erst mit der Ausstellung der bulgarischen Heiratsurkunde gelte die Ehe in Bulgarien mit all ihren Wirkungen, jedoch nur für die Zukunft; eine Rückwirkung auf die Zeit der Eheschließung im Ausland verbiete sich. Die hiergegen erhobene Revision wurde nicht zugelassen mit dem Hinweis darauf, dass die Regelungen des Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB, der Artt.  70 ff. PStRegG und des Art.  20 Ordnung №  RD-02-20-9 v. 21.5.2012 „klar, genau und kategorisch“ seien (s. Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  614 v. 12.7.2016 i. d. Rs. №  1881/2016); diese Rechtsprechung erweiterte das Bezirksgericht Lovech, Urt. №  195 v. 29.7.2016 i. d. Rs. №  132/2016 (kirchliche Eheschließung in Griechenland) auf die Auslandsheirat eines bulgarischen Staatsbürgers mit einem Ausländer; die Begründung ähnelt, neu ist nur das Bemühen um ein Wortlautargument: Gemäß Art 75 Abs.  3 bulgIPRGB werde eine Auslandsehe im Inland anerkannt, „wenn die Form nach den bulgarischen Gesetzen eingehalten wird. Das Verfahren und die Voraussetzungen für die Schließung einer Ehe sind im Fam­ Kodex reglementiert. Für die Anerkennung einer durch einen bulgarischen Staatsangehörigen im Ausland geschlossenen Ehe müssen folglich die Regelungen des Gesetzes über die Zivilstandsregistrierung (Anm.: des PStRegG) berücksichtigt werden.“ Diese Auslegung ist contra legem. Doch ebenso lautet die Rechtsprechung des Administrativ­ gerichts Sofia-Stadt, Urt. №  2398 v. 11.4.2016 i. d. Rs. №  7168/2015 (bestätigt durch den Obersten Administrativgerichtshof mit Urt. №  6269 v. 18.5.2017 i. d. Rs. №  6474/2016), des Sofioter Stadtgerichts, Urt. №  7411 v. 11.10.2016 i. d. Rs. №  4116/2016, und der Vorinstanz Sofioter Rayongericht, Urt. №  II-119-119 v. 24.11.2015 i. d. Rs. №  7618/2014 (religiöse Eheschließung durch bulgarische Staatsangehörige in Las Vegas/Nevada/USA). Alle Entscheidungen jew. zit. nach ciela. 178  Ebenso Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  118 v. 21.12.2017 i. d. Rs. №  4596/2016 – ciela = Stavru/Nekov, Sadebna praktika, S.  434–437; wohl auch Bezirksgericht Targovishte, Urt. №  22 v. 13.2.2018 i. d. Rs. №  5/2018 – ciela. Siehe ferner Bezirksgericht Pernik, Beschl. №  216 v. 24.2.2014 i. d. Rs. №  158/2014 – ciela; die Vorinstanz Rayongericht Pernik (Beschl.

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Eine im Ausland eingegangene Ehe kann als solche im Inland nur Prüfungs­ gegenstand einer Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe gem. Art.  3 Abs.  1 lit.  a EuEheVO bzw. §  318 bulgZPO sein. Im Übrigen ist das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe in jedem Verfahren als Vorfrage zu prüfen, in welchem Anlass dazu besteht.179 Die Anerkennungsvorschriften der Artt.  117 f. bulgIPRGB können dabei entgegen der zum Teil anders lautenden Praxis in Bulgarien niemals zum Zuge kommen.180 Das ergibt sich schon daraus, dass die Zuständigkeit des Trauungsorgans, welche Art.  117 Nr.  1 bulgIPRGB vorschwebt, zu der Form der Eheschließung gehört (primäre Qualifikation auf der ersten Stufe der Stufenqualifikation). Und diese wird über Art.  75 Abs.  1 bulg­IPRGB an das Ortsrecht angeknüpft und von dem danach berufenen Recht bestimmt. Raum für Art.  117 Nr.  1 bulgIPRGB (spiegelbildliche Zuständigkeit) bleibt daneben nicht. Der Auslandsbegriff ist nicht näher definiert. Auszugehen ist von dem Begriffsverständnis der lex fori (Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB). Es kommt auf den für die Heirat konstitutiven Akt an (vgl. Art.  11 FamKodex: Unterschrift des Zivilstandsbeamten als des zuständigen Trauungsorgans für Eheschließungen unter die Heiratsurkunde). Danach ist eine Ehe im Ausland geschlossen, wenn die förmliche Trauungszeremonie nicht auf bulgarischem Hoheitsgebiet stattfindet.181 Bei Konv. 2.1.2014 i. d. Rs. №  5800/2013 – ciela) ist davon ausgegangen, dass eine im Ausland (dort im Verfahren: Italien) geschlossene Ehe in Bulgarien nur dann anerkannt werde, wenn die ausländische Heiratsurkunde dem zuständigen inländischen Personenstandsamt vorliege. Vgl. zudem Erman/Hohloch, Art.  13 EGBGB (2017) Rn.  62. Zu den formellen und materiellen Voraussetzungen einer Wedding-chapel in Las Vegas (USA) siehe Streicher, Familiensachen mit Auslandsberührung, §  2, Rn.  223. 179  Vgl. Erman/Hohloch (2017), Art.  13 EGBGB, Rn.  62 a. E. 180  So aber Sofioter Stadtgericht, Urt. v. 19.3.2013 i. d. Rs. №  5837/2012 – ciela (Anerkennung einer in den USA geschlossenen Ehe zweier Bulgaren gem. Art.  118 Abs.  1 bulgIPRGB); s. a. Natov, Art.  6 bulgIPRGB, S.  152 f. und 157, der von Anerkennung einer Auslandsheirat spricht und dabei Art.  6 Abs.  2 i. V. m. Art.  117 Nr.  1 i. V. m. Art.  120 Abs.  1 bulgIPRGB zitiert. Die Anmerkung von Musseva, Textsammlung, Bd.  I, Art.  75 bulgIPRGB (Fn.  8) – „Die Anerkennung einer im Ausland geschlossenen Ehe in Bulgarien richtet sich nach Artt.  117 f. bulg­ IPRGB.“ – ist nach ihren eigenen Angaben im Gespräch vom 22.8.2015 nicht wörtlich zu verstehen. Die Anerkennung nach Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB verlangt vielmehr auch nach ihrer Meinung kein Anerkennungsverfahren nach Artt.  117 f. bulgIPRGB. Gleichwohl findet diese richtige Deutung in der 7.  Aufl. (2018) ihrer Textsammlung, Bd.  II, Art.  75 bulgIPRGB (Fn.  5) keinen Niederschlag: „Zur Anerkennung einer im Ausland geschlossenen Ehe bei uns siehe Artt.  117 f.“ Musseva verdankt der Verfasser außerdem die Information, dass einige Standesämter den Anerkennungsbegriff des Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB mit dem des Artt.  117 f. bulg­IPRGB gleichsetzen; so angeklungen außerdem in der zitierten Stellungnahme der Stadtgemeinde ­Sofia (Столична община/Stolichna obshtina) im Urteil des Administrativgerichts Sofia-Stadt, Urt. №  2398 v. 11.4.2016 i. d. Rs. №  7168/2015 – ciela. 181  BGHZ 29, 137, 143 f.; MüKo BGB/Coester (2018), Art.  13 EGBGB, Rn.  131.

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sensehen ohne förmliche Trauungszeremonie und Eheschließungen unter Ab­ wesenden kommt es auf den Ort der Kundgabe des Ehewillens an.182 Gibt z. B. eine Koreanerin ihre Konsenserklärung in Korea und ein Koreaner die seinige von Bulgarien aus ab, so ist für die Formwirksamkeit der Eheschließung auch Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB einschlägig. Denn die Willenserklärungen dazu sind hüben wie drüben abgegeben worden.183 Formstatut ist mithin koreanisches und bulgarisches Recht. Nach bulgarischem Recht liegt ein Verstoß gem. Art.  5 FamKodex vor. Er führt zu einer Nichtehe. Ob das Personalstatut der Ehewilligen den Eheschließungsort als Ausland betrachtet, ist für Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB un­ erheblich. b) Öffentliche Ordnung Indessen führt die Anerkennungsfreundlichkeit des Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB nicht dazu, dass die Einhaltung der Formvorschriften am Eheschließungsort den heimischen ordre public nach Art.  45 bulgIPRGB auszuhebeln vermöchte. Der Grundsatz der Anerkennungsfreundlichkeit bedarf vielmehr einer Kautel.184 Beispiel:185 Eine Bulgarin christlichen Glaubens schließt in Iran mit einem Iraner muslimischen Glaubens eine sigheh-Ehe mit einer fünfzigjährigen Dauer. Nach Bulgarien zurückgekehrt, beantragen die Eheleute die Ausstellung einer Personenstandsurkunde (Heiratsurkunde). 1) Die Ausstellung einer Heiratsurkunde für eine Auslandsheirat (nicht Ausländerheirat!) erfolgt gem. Art.  72 Abs.  3 Nr.  2 i. V. m. Art.  70 Abs.  2, Art.  72 Abs.  2 Nr.  2, Art.  34 Abs.  1 Var.  2 PStRegG.186 Zuständig ist der Zivilstandsbeamte am inländischen Wohnsitz/an der ständigen 182 

Vgl. Erman/Hohloch (2017), Art.  13 EGBGB, Rn.  58 (Aufenthaltsort der Verlobten bei Herstellung des Konsenses). 183  Bei Erklärung des Konsens unter Abwesenden (etwa durch Schriftwechsel, Ferngespräch, Telegrammaustausch) stellen die deutsche Rechtsprechung und ein Teil der Lehre im Hinblick auf die Neufassung des Art.  11 Abs.  2 EGBGB auf den Aufenthaltsort eines der Verlobten ab; vgl. AG Tübingen, IPRax 1989, 397; OLG Köln, IPRspr 1971 Nr.  63; LG Hamburg, IPRspr 1934 Nr.  18; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  13 EGBGB, 484. Kritisch dazu MüKo BGB/Coester (2018), Art.  13 EGBGB, Rn.  131 m. w. N. 184  So bereits nach altem Recht Todorov, Pravootnoshenia, S.  103, Tz.  37. 185  In Anlehnung an BGer, Entscheid v. 5.11.2009, 5A_404/2009, E. 3; nachzulesen in ­französischer Sprache unter: ; s. a. Kostkiewicz, Grundriss des schweizerischen IPR, Rn.  1088; dies., (dort S.  43 f., Folie Nr.  52). Beide Internet-Fundstellen zuletzt angesehen am 30.12.2019. 186  Heiratsurkunden betreffend Inlandsehen haben konstitutive Wirkung: Die Ehe wird erst mit ihrer Ausstellung als geschlossen betrachtet. Anders ist dies bezüglich Auslandsehen: Die Ausstellung einer bulgarischen Heiratsurkunde ist sekundärer Natur; die Ehe gilt als zu dem Zeitpunkt geschlossen, der sich aus dem fremden Heiratsdokument ergibt (str.); wie hier richtig Oberster Kassationsgerichtshof, Beschl. №  607 v. 13.12.2018 i. d. Rs. №  2677/2018, und Urt. №  105 v. 26.2.2018 i. d. Rs. №  3136/2017; jew. zit. nach ciela.

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Adresse des Mannes oder, wenn er Ausländer ist, am inländischen Wohnsitz/an der ständigen Adresse der Ehefrau. 2) Die Ausstellung der Heiratsurkunde setzt die Beantwortung der Vorfrage nach der Wirksamkeit der Auslandsheirat voraus. Diese Vorfrage ist selbständig anzuknüpfen, weil ein hinreichen­der Inlandsbezug vorliegt. a) Die sachlichen Eheschließungsvoraussetzungen richten sich nach iranischem und bulgarischem Recht (Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB). Das iranische Recht erlaubt im Umkehrschluss aus §  1061 iranZGB eine Ehe zwischen einem Iraner und einer Ausländerin.187 Auch liegt kein Ehehindernis vor, wenn ein muslimischer Mann eine nichtmuslimische Frau in der Form des §  1075 iranZGB, also auf Zeit heiratet.188 b) Die Form der Eheschließung ist nach hiesiger Ansicht gem. Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB dem Ortsrecht unterworfen.189 Die Ehe ist im Iran geschlossen. Verwiesen wird (nach hier vertretener Auffassung; hiezu sogleich) auf iranisches Sachrecht. Zum gleichen Ergebnis führt die Annahme einer IPR-Verweisung i. S. des Art.  40 Abs.  1 bulg­IPRGB. Denn das iranische IPR knüpft gem. §  5 i. V. m. §  963 iranZGB an die iranische Staats­angehörigkeit des Ehemanns, nimmt also die Verweisung an. aa) Eine sigheh-Ehe mit fünfzigjähriger Dauer stellt die Eheform nach dem schiitisch-islamischen Recht dar (§  1075 Abs.  1 und 2 iranZGB).190 Dann sei die Ehe im Inland anzuerkennen, sagt Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB. Der Eintragung in das bulgarische Personenstandsregister scheint nichts im Wege zu stehen. bb) Soll aber dadurch der bulgarische ordre public-Vorbehalt ausgehebelt werden? Die Frage ist zu verneinen. Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB will eine im Ausland formgültig zustande gekommene Ehe nach Möglichkeit gelten lassen. Anderes brächte Nachteile mit sich, wenn etwa aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind. Die Einhaltung der öffentlichen Ordnung will die Vorschrift hingegen nicht preisgeben. Eine zeitliche Limitierung des Ehebandes verstößt gegen den bulgarischen ordre public, wie er in Art.  5 FamKodex zum Ausdruck gebracht ist.191 In Umsetzung des Art.  45 Abs.  3 S.  2 bulgIPRGB i. V. m. Art.  5 FamKodex ist die Ehe deswegen als uneingeschränkt zeitlich eingegangene Eheschließung in die Heiratsurkunde einzutragen.192 An der Möglichkeit der Scheidung solcher Ehen gemäß dem berufenen Recht (Art.  82 bulgIPRGB bzw. Artt.  5 ff. Rom  III-VO) ändert dies freilich nichts.

187 

Enayat, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Iran, 158. Lfg., Stand: 1.10.2002, S.  23 f. Enayat, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Iran, 158. Lfg., Stand: 1.10.2002, S.  48. 189  Zur funktionalen Qualifikation einer sigheh-Ehe Damyanov, Stalknovitelni normi po ­semeyno pravo, S.  15. 190  Vgl. Enayat, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Iran, 158. Lfg., Stand: 1.10.2002, S.  23 f. 191  S.a. Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  123. 192  Für das Schweizer IPR Kostkiewicz, Grundriss des schweizerischen IPR, Rn.  1088 a. E. 188 

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c) Gesetzesumgehung Bedeutsam wird Abs.  3 des Art.  75 bulgIPRGB bei einer Verlegung der Eheschließung ins Ausland. Eine solche kann veranlasst sein, um der inländischen (bulgarischen) Eheschließungsform zu entgehen. Es kann indes bezweckt sein, sich eine anderweitige abweichende Qualifikation des fremden Rechts zunutze zu machen, was u. U. mildere sachliche Eheschließungserfordernisse nach sich zöge. Einer kollisionsrechtlich beachtlichen Gesetzesumgehung (fraus legis) steht in beiden Fällen Art.  75 Abs.  3 bulgIPRGB entgegen.193 d) Handschuhehe Probleme wirft die Anerkennung einer sog. Handschuhehe (Eheschließung im Wege der Stellvertretung) auf. Denn in Art.  75 Abs.  1 und Abs.  2 bulgIPRGB heißt es wörtlich: „vor“ dem Eheschließungsorgan werde die Ehe geschlossen. Und nach Art.  5 FamKodex wird die Ehe persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit der Ehewilligen geschlossen. Die Handschuhehe194 ist als eine Formfrage zu qualifizieren (Art.  39 Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB), weil sie aus der Sicht der lex fori (zunächst) den äußeren Hergang der Eheschließung betrifft.195 Eine Handschuhehe ist deswegen nach hiesiger Auffassung nicht ordre public-widrig, solange der vertretene Nupturient den jeweiligen Stellvertreter aus freien Stücken heraus gehörig bevollmächtigt hat und jener den Ehepartner nicht allein bestimmen darf.196 4. Rück- und Weiterverweisung Die Verweisung auf die Formvorschriften des Ortsrechts ist eine Sachnorm­ verweisung. Dafür spricht die Wertung des Art.  40 Abs.  2 Nr.  2 bulgIPRGB. Andererseits ist zugunsten des favor negotii der Renvoi beachtlich, wenn die Ehe nach materiellem Ortsrecht nicht formwirksam geschlossen ist. Dann genügt die Formgültigkeit nach dem vom IPR des Eheschließungsortes berufenen weiter193  Für den zweiten Fall ist das beim ersten Hinsehen nicht ohne weiteres begründbar. Schließlich ist Art.  75 bulgIPRGB systematisch vor Art.  76 Abs.  1 bulgIPRGB platziert. Trotzdem gehört auch diese Fallgestaltung hierher. Denn eine Verlegung des Trauungsortes ins Ausland aus nur formellen oder aus nur materiellen Gründen wird kaum nachweisbar sein. Überdies widerspräche es dem Grundsatz des favor matrimonii, solch einer Auslandsehe die Anerkennung zu versagen. Zum letzteren ähnlich Stancheva-Mincheva, Art.  76 bulgIPRGB, S.  224. 194  Eine solche ermöglicht z. B. Art.  111 Abs.  2 ital. Cc; vgl. Henrich, in: Bergmann/Ferid/ Henrich, Italien, 212. Lfg., Stand: 2015, S.  35. 195  So bereits nach altem IPR Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  52. 196  Ebenfalls für das deutsche IPR BGHZ 29, 137, 139 ff.; BayObLGZ 2000, 335, 337 f.; OLG Karlsruhe IPRspr 1994, Nr.  69; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  13 EGBGB, Rn.  754– 758 m. w. N.

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verwiesenen197 Recht.198 Dem steht Art.  40 Abs.  2 Nr.  2 bulgIPRGB nicht ent­ gegen. Sein Qualifikationsbereich ist auf die Form von Rechtsgeschäften nach Art.  61 bulgIPRGB beschränkt.199 IV. Rechtsfolgen fehlerhafter Ehen (Ehebeseitigungsstatut) Ist die Eheschließung mit einem Mangel behaftet, so kann das verschiedene statusrechtliche Folgen und sonstige Wirkungen haben. Sie alle unterliegen dem sog. Ehebeseitigungsstatut. Dieses ist dem Recht des Staates zu entnehmen, dessen Vorschriften bei der Eingehung der Ehe verletzt worden sind.200 Das Ehe­ beseitigungsstatut gibt Auskunft darüber, ob eine Nichtehe oder eine nichtige Ehe die Folge ist, ob die Ehe anfechtbar oder aufhebbar ist, wem die Antragsbzw. Klagebefugnis201 zusteht und innerhalb welcher Fristen sie wahrzunehmen ist. Das verletzte Recht bestimmt außerdem über Heilungsmöglichkeiten, eine ipso iure-Unwirksamkeit und über die ex tunc- oder ex nunc-Wirkung einer gerichtlichen Unwirksamkeitserklärung der fehlerhaften Ehe.202 Welches Recht verletzt worden ist, das hängt von der Natur des Fehlers ab. Zu unterscheiden ist zwischen sachlichen und formellen Verstößen. 1. Sachliche Verstöße Bei einem Verstoß gegen sachliche Eheerfordernisse sind sämtliche Rechts­ folgen demjenigen Eheschließungsstatut nach Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB unterworfen, dessen Vorschriften in casu verletzt sind. Dies wird so deutlich in Art.  78 bulgIPRGB203 nicht gesagt – dort ist nur von einer „Anfechtung“ der Ehe 197  Eine Rückverweisung auf das bulgarische Recht liefe dagegen ins Leere. Bis auf die konsularischen/diplomatischen Ehen und die Schiffstrauungen können bulgarische Zivilstandsbeamten im Ausland keine Eheschließungen vornehmen. 198  Das angesprochene Problem ist zugegebenermaßen wenig praxisrelevant, weil das Ortsrecht die Verweisung fast immer annehmen wird. 199  Dies entspricht selbst bulgarischem materiellem Recht als der lex fori. Denn es differenziert zwischen einem Rechtsgeschäft und der Ehe als Rechtsakt; s. Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  98 ff. 200  Kutikov, Fragen des IPR, S.  232, 246 f., kam auf der Grundlage des alten IPR zum gleichen Ergebnis – allerdings nicht, weil das Ehebeseitigungsstatut aussagekräftig sei, sondern weil das bulgarische Recht der Nichtigkeitsfolge einer Ehe nach ausländischem Recht Geltung verschaffe; s. ferner BGH, NJW 2002, 1268; NK-BGB/Andrae (2016), Art.  13 EGBGB, Rn.  61; dies., IntFamR, §  1, Rn.  126. 201  Typisch für das materielle Familienrecht Bulgariens ist das Klagerecht des Staatsanwalts bei einer aufhebbaren Ehe, vgl. Art.  47 Abs.  1 Nr.  3 und 4, Abs.  3 und 4 FamKodex. In Deutschland kann freilich nur ein deutscher Staatsanwalt klagen, um die Eheschließungsmängel nach bulgarischem Sachrecht geltend zu machen; s. KG JW 1938, 1242; Beitzke, RabelsZ 23 (1958), 708, 726. 202  NK-BGB/Andrae (2016), Art.  13 EGBGB, Rn.  64 ff. m. w. N. 203  Die schwerfällige Regelung des Art.  132 FamKodex a. F. (1985) ist zu Recht gestrichen

§  1. Eheschließungsrecht

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die Rede. Es ist aber allgemein anerkannt, dass Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB sämtliche Rechtsfolgen von Verstößen gegen Ehe(-schließungs-)erfordernisse erfasst.204 Platz für einen Renvoi gibt es hier nicht.205 Ist nur ein Recht verletzt, bestimmt dieses alleine über den Bestand der Ehe. Sind beide Heimatrechte verletzt und ordnen ihre Personalstatute verschiedene Sanktionen an, so setzt sich das strengere durch, d. h. das Recht, welches die weitreichenderen Rechtsfolgen aus dem Verstoß herleitet (Grundsatz des ärgeren Rechts).206 Sind die Sanktionen gleich oder vergleichbar streng, entscheidet das Heimatrecht mit der gemeinsamen engsten Verbindung (Art.  2 Abs.  2 bulg­ IPRGB). Ist die Anwendung des so berufenen Rechts ordre public-widrig, kann die Ehe aus bulgarischer Sicht gem. Art.  76 Abs.  2 bulgIPRGB doch noch als wirksam zu betrachten sein. Die Bestimmung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts überlässt Art.  78 bulgIPRGB dem nach Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB verwiesenen Recht. Es kommt auf den Augenblick der Eheschließung an. Eine nachträgliche Änderung der Staatsangehörigkeit wirkt sich grundsätzlich nicht aus.207 2. Formelle Verstöße Über die Folgen von Formverstößen befindet ebenfalls die verletzte Rechtsordnung. Bei einer Auslandsheirat gibt das einer Ehe-Erhaltung günstigere Recht den Ausschlag. Das entspricht dem Günstigkeitsprinzip, welches nach hiesiger Auffassung auch bei der Eheform zur Geltung kommt. Allerdings setzt dies voraus, dass das IPR des Eheschließungsorts eine Weiterverweisung überhaupt ausspricht. Andernfalls bleiben die Konsequenzen eines Formfehlers dem verletzen Ortsrecht überlassen. Bei einer Heirat im Inland kann – als Auswirkung der hier vertretenen Ansicht – nur bulgarisches Sachrecht gelten. Die Anknüpfung erfolgt nach Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB, und nicht nach Art.  78 bulgIPRGB;208 das folgt bereits aus dem Wortlaut.209 worden. Nach Todorov, Pravootnoshenia, S.  111, Tz.  42, lasse diese Norm sogar Tendenzen zugunsten des favor nullitatis erkennen. 204  Todorov, Pravootnoshenia, S.  104 f., Tz.  38 f.; s. a. Musseva, Textsammlung, Bd I, Art.  78 bulgIPRGB (Fn.  3) = Textsammlung, Bd.  II, Art.  78 bulgIPRGB (Fn.  6). 205  Todorov, MCP, S.  222. 206  OLG Düsseldorf, IPRax 1993, 251; Henrich, IntFamR, S.  39. 207  So bereits altrechtlich Todorov, Pravootnoshenia, S.  106, Tz.  39. 208  Wie hier offenbar Musseva, Textsammlung, Bd.  I, Art.  78 bulgIPRGB (Fn.  1) = Textsammlung, Bd.  II, Art.  78 bulgIPRGB (Fn.  7); so angeklungen außerdem bei Stancheva-­Mincheva, Art.  77 bulgIPRGB, S.  223. 209  Vgl. Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 428; Stancheva-Mincheva, Art.  78 bulgIPRGB, S.  225: Die Kollisionsnorm des Art.  78 bulgIPRGB folge der materiellrechtlichen Logik des Rechtsinstituts des Eheanfechtung. (Anmerkung: gemeint ist die Vor-

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

V. Heilung fehlerhafter und/oder hinkender Ehen durch Statutenwechsel 1. Grundsatz des favor matrimonii Dass eine einmal gültig zustande gekommene Ehe gültig bleibt, selbst wenn sich der jeweils maßgebliche Anknüpfungspunkt210 nachträglich ändert,211 besagt schon Art.  42 bulgIPRGB. Der Statutenwechsel kann eine Ehe grundsätzlich nicht unwirksam machen: semel validum, semper validum. Die Grenze ist dort erreicht, wo die ordre public-Widrigkeit nach Maßgabe des Art.  45 bulgIPRGB zu bejahen ist. Davon sind freilich nur die Extremfälle betroffen, wie z. B. die Zwangs- oder die Kinderehe. 2. Problemstellung und -lösung Ob umgekehrt ein nachträglicher Statutenwechsel die bis dahin unwirksame Ehe gültig machen, ob der Wechsel des den Mangel begründenden Statuts also diesen Mangel im Nachhinein heilen kann, ist angesichts des klaren Wortlauts des Art.  42 bulgIPRGB fraglich. Ausgangspunkt ist folgende Überlegung: Wird die von beiderseitigem Ehewillen getragene Ehegemeinschaft im Geltungsbereich eines Rechts gelebt,212 dem die Partner nunmehr unterstehen und das die Ehe – bei fiktiver Eheschließung in eben diesem Land – als gültig betrachtete, so ist kein berechtigtes Interesse dieses Staates ersichtlich, welches der Heilung entgegenstünde.213 Anderseits ist die Eheschließung ein abgeschlossener Tatbestand. Die Ehe entsteht nicht tagtäglich aufs Neue.214 Tatbestandlich ist Art.  42 bulgIPRGB also schrift des Art.  46 Abs.  1 FamKodex, welche die Anfechtung einer Ehe regelt). Die Rechtslage hat sich insoweit nicht geändert, als Art.  132 FamKodex a. F. (1985) nur die materiellrecht­ lichen Eheverstöße erfasste; s. Todorov, Pravootnoshenia, S.  104, Tz.  38. 210  Staatsangehörigkeit zur Zeit der Eheschließung einesteils (Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulg­ IPRGB), Trauungsort andernteils (Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB). 211  Bei der Beurteilung der Form der Eheschließung kann sich der Anknüpfungspunkt an den Trauungsort freilich nur in der Weise ändern, dass die Ehe woanders neu geschlossen oder bestätigt wird. 212  Bloßer Statutenwechsel genügt also nicht. 213  Dieser Grundsatz gilt in Deutschland wie in Österreich. Interessant ist das insoweit, als Art.  42 bulgIPRGB an §  7 österrIPRG angelehnt ist; vgl. Maesch, Kodifikation, S.  177. Nach österreichischem IPR-Verständnis steht mithin der Wortlaut des §  7 österrIPRG der Annahme einer Heilung nicht entgegen. Zum Ganzen insbes. Verschraegen, IPR, Rn.  84; RGZ 132, 416, 419; OLG Koblenz IPRspr 1975, Nr.  39; KG FamRZ 1986, 680; Siehr, IPRax 1987, 19; Sturm, in: FS Günther (1993), 497, 505. Ausf. MüKo BGB/Schwimann (1990), Art.  13 EGBGB, Rn.  14 ff., 94 ff.; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  13 EGBGB, Rn.  90 ff.; Siehr, GS Ehrenzweig (1976), 129 ff. 214  Henrich, IntFamR, S.  41.

§  1. Eheschließungsrecht

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erfüllt.215 Damit soll Rechtsklarheit und -sicherheit geschaffen werden. Wollte man den Grundsatz der Unwandelbarkeit des Eheschließungs- und Eheform­ statuts aus Praktikabilitätserwägungen aufheben und eine Heilung mangelhafter Eheschließungen zulassen, so würde man die Vorschrift des Art.  42 bulgIPRGB in ihr Gegenteil verkehren. Allfällige Härten lassen sich vielmehr durch (1. Fall) eine einzelfallbezogene unselbständige Anknüpfung, durch (2. Fall) eine extensive Auslegung des Art.  11 Abs.  2 FamKodex oder durch (3. Fall) den Einsatz des ordre public-Vorbehalts ausgleichen. Das will bedeuten: Im 1. Fall wird beim Fehlen eines hinreichenden Inlandsbezugs der materiellen Gerechtigkeit Genüge getan. Im 2. Fall gebietet die Eheschließungsfreiheit nach Art.  46 Abs.  1 bulgVerf eine extensive Auslegung, so dass die Tatbestandsmerkmale des Art.  11 Abs.  2 FamKodex (Handeln und Rechtsscheinsetzung durch einen bulgarischen Zivilstandsbeamten) bei einer Inlandsehe als substituierbar zu erachten sind; bei Heirat im Ausland sind sie dann als gegeben zu sehen, wenn ein bulgarischer Zivilstandsbeamter einen Rechtsschein setzt, etwa indem er die ausländische Ehe ins bulgarische Zivilstands-/ Personenstandsregister eingetragen hat. Im 3. Fall bedarf es keinerlei Heilungsbemühungen, weil Art 45 bulgIPRGB der Berücksichtigung der die Ehe invalidierenden Rechtsordnung entgegensteht, was die Ehe zu einer gültigen, wenn auch hinkenden macht. Der vorgeschlagene Lösungsansatz (Einzelfallbetrachtung anhand der skizzierten Konstellationen 1 bis 3) wird von Art.  42 bulgIPRGB gestützt. Bei Formmängeln folgt das aus zweierlei Gründen: Erstens ist die Anknüpfung an den Eheschließungsort einem nachträglichen Wechsel nicht zugänglich. Zweitens ist eine Anknüpfung an das Heimatrecht (in Anlehnung an Art.  61 S.  1 bulg­ IPRGB an das Wirkungsstatut) nicht vorgesehen. Bei sachlichen Ehemängeln kann nur die ordre public-Widrigkeit bemüht werden, wiewohl sich die Staats­ angehörigkeit im Beurteilungszeitpunkt geändert haben kann.216 Das ist nur konsequent. Uneinheitlich müsste es sonst wirken, wenn man für den einheitlichen Lebenssachverhalt der Eheschließung eine Heilung von fehlenden sachlichen Fehlern zuließe, von formellen Fehlern aber nicht.217

215 

Vgl. Maesch, Kodifikation, S.  177 f. Bereits nach altem IPR ähnlich Todorov, Pravootnoshenia, S.  106, Tz.  39; S.  108, Tz.  41. 217  Altrechtlich vertrat Kutikov, Fragen des IPR, S.  232, 248, in den Fällen, in denen eine Ehe ohne Genehmigung des Vorsitzenden des Präsidiums der Volksversammlung geschlossen war, also bei Heirat zwischen einem Bulgaren und einem Ausländer, die Auffassung, dass die Ehe mit Aufhebung des Genehmigungserfordernisses eine rückwirkende Legalisierung erfahre. 216 

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

§  2. Ehewirkungen Von den Wirkungen der Ehe handeln die Kollisionsnormen der Artt.  79–81 bulg­ IPRGB. Auf die durch die Ehe begründeten persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zueinander bezieht sich Art.  79 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB. Die Wir­ kungen der Eheschließung auf das Vermögen der Ehegatten, also das eheliche (Wahl-)Güterrecht, regeln Art.  79 Abs.  3 und 4 und Art.  80 bulgIPRGB; Art.  81 bulgIPRGB beschäftigt sich mit dem Schutz des inländischen Rechtsverkehrs. A. Vorrangiges Kollisionsrecht Auf dem Gebiet der allgemeinen Ehewirkungen und des Ehegüterrechts gibt es gegenwärtig keine geltenden Staatsverträge, die vorrangige kollisionsrechtliche Regelungen aufstellen. Die EuGüVO lässt die Bedeutung der Artt.  78–81 bulg­ IPRGB nicht entfallen, weil sie erst ab dem 29.1.2019 gilt (Art.  69 Abs.  3 Eu­ GüVO); auch nach diesem Zeitpunkt werden die vorgenannten Bestimmungen lange Zeit ihre Relevanz behalten, soweit es sich um vor dem Stichtag geschlossene Altehen handelt.218 Bulgarien ist nicht Vertragsstaat des Haager Ehegüterrechtsübereinkommens vom 1978219 und des Haager Ehewirkungsübereinkommens vom 1905.220 Von 218 

Hierzu im Überblick Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  8, Rn.  2 ff. Haager Übereinkommen über das auf Ehegüterstände anwendbare Recht v. 14.3.1978. Französischer und englischer Text in RabelsZ 41 (1977), 554–569; hierzu v. Bar, RabelsZ 57 (1993), 63, 108–111; Beitzke, RabelsZ 41 (1977), 457–478; Hausmann, IntEuFamR, B, Rn.  277–280. Das Übk. ist am 1.9.1992 für Frankreich, Luxemburg und die Niederlande in Kraft getreten. Seine Regelungen sind als loi uniforme ausgestaltet. Das bedeutet: Selbst bei einer Verweisung auf das Recht eines Nichtvertragsstaats finden sie Anwendung. Deswegen muss ein bulgarisches (oder deutsches) Gericht das Übk. bei der Prüfung einer Rück- oder Weiterverweisung beachten, wenn Art.  79 bulgIPRGB (resp. Art.  15 EGBGB) auf französisches, luxemburgisches oder niederländisches Recht verweist (Hausmann, ibd., B, Rn.  277 m. w. N.; OLG Düsseldorf, FamRZ 2000, 1574, 1575). Für ab dem 29.1.2018 geschlossene Ehen wird das Übk. im Verhältnis seiner Signatarstaaten durch die EuGüVO verdrängt (Art.  62 Abs.2 EuGüVO); für Altehen bleibt es dagegen bedeutsam (Hausmann, a. a. O., B, Rn.  277). 220  Haager Übereinkommen betreffend den Geltungsbereich der Gesetze in Ansehung der Wirkungen der Ehe auf die Rechte und Pflichten der Ehegatten in ihren persönlichen Beziehungen und auf das Vermögen der Ehegatten v. 17.7.1905 (RGBl. 1912, S.  453, 475); abgedr. bei Staudinger/Mankowski (2011), Art.  14 EGBGB, Rn.  6. Nach dem 2. Weltkrieg galt das Übereinkommen im Verhältnis zu Schweden (bis 23.8.1962, BGBl. 60 II, S.  1532), Polen (bis 23.8.1972, BGBl. 1969 II, S.  41), den Niederlanden (bis 23.8.1977, BGBl. 77 II, S.  444) und Italien (bis 23.8.1987, BGBl. 86 II, S.  501). Deutschland kündigte es mit Wirkung vom 23.8.1987. Für die Bestimmung des Güterstatuts stellt das Überkommen auf den Augenblick der Eheschließung ab. Damit behält es seine Bedeutung für Altehen von Schweden, Polen, Niederländern und Italienern, vorausgesetzt, die Heimatstaaten dieser Ehegatten waren zur Zeit 219 

§  2. Ehewirkungen

219

der Möglichkeit, dem deutsch-französischen Abkommen über den Wahlgüterstand der Zugewinngemeinschaft221 beizutreten, hat Bulgarien bisher keinen Gebrauch gemacht. Dagegen enthalten viele RHAbk kollisionsrechtliche Vorschriften zur Bestimmung des anwendbaren Güterrechts. Soweit diese allerdings Lücken aufweisen, gilt das nationale IPR. In praxi wirkt sich das bei einer Rechtswahl aus: Da die RHAbk die Möglichkeit einer Güterrechtswahl nicht eröffnen, muss man auf Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Art.  80 bulgIPRGB zurückgreifen.222 B. Die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe I. Reichweite des Ehewirkungsstatuts Was man unter „persönliche Beziehungen der Ehegatten untereinander“ i. S. des Art.  79 Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB zu verstehen hat, ist jeweils Qualifikations­ frage. Zum unmittelbaren sachlichen Anwendungsbereich des Ehewirkungs­ statuts gehört aus Sicht des bulgarischen IPR alles, was Ausfluss der Eheschließung ist. Darunter fallen jene Gebiete des ehelichen Zusammenlebens, die Regelungsgegenstand der Artt.  13–17 FamKodex sind und dem anwendbaren fremden Recht funktional entsprechen, sofern darüber keine speziellen Kollisionsnormen herrschen. Solche speziellen Kollisionsregeln gelten gegenwärtig im Güter-, Unterhalts-, Scheidungs- und Ehenamensrecht (letzteres str.); gesondert anzuknüpfen ist des Weiteren die Erlangung der Geschäftsfähigkeit durch Eheschließung („Heirat macht mündig“). Zu den persönlichen Ehewirkungen gehören deshalb bei bestehender Ehe: – die Pflicht zum gemeinsamen Wohnen/zur häuslichen Gemeinschaft (Art.  15 FamKodex); – vom anderen Ehegatten unabhängige Berufswahl und -ausübung (Art.  16 FamKodex);

der Eheschließung noch Vertragsstaaten des Übereinkommens (vgl. Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  4; Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  20; ders., IntEuFamR, B, Rn.  274). 221  Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft v. 4.2.2010 (BGBl. 2012 II, S.  180). Das Abkommen ist am 1.5.2013 in Kraft getreten (BGBl. 2013 II, S.  431). Siehe BT-Drucks. 17/5126 (erläuternder Bericht); aus der Literatur v. a. Andrae, IntFamR, Rn.  263 ff.; Stürner, JZ 2011, 545; Jaeger, DNotZ 2010, 804, und ausf. Dethloff, RabelsZ 76 (2012), 509–539. 222  Ebenso Bezirksgericht Varna, Urt. №  1137 v. 4.7.2017 i. d. Rs. №  2204/2016 (zu Art.  23 des RHAbk zwischen Bulgarien und der Sowjetunion, DV Nr.  12 v. 10.2.1976, zuletzt geändert DV Nr.  17 v. 28.2.2014).

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

– die Pflicht zu gegenseitiger Achtung und gegenseitigem Verständnis (Art.  14 FamKodex); eine Treuepflicht ist in Abweichung zur alten Rechtslage Bul­ gariens nicht gesetzlich vorgesehen.223 Gleichwohl zu den persönlichen Ehewirkungen zählen: → der Anspruch gegen den ehebrecherischen Ehegatten auf Unterlassung der Ehestörung und → der Anspruch auf Mitwirkung bei Erledigung gemeinsamer Rechtsangelegenheiten. – die Zuweisung der Ehewohnung nach Getrenntleben. Dagegen ist die Zuweisung der ehelichen Wohnung bei Ehescheidung ausweislich der systematischen Stellung des Art.  56 FamKodex dem Ehescheidungsbzw. dem Unterhaltsstatut zuzuschlagen, gleichviel wo die Ehewohnung belegen ist.224 Unter bulgarischem Ehewirkungsstatut ist gem. Art.  56 FamKodex grundsätzlich ohne Bedeutung, ob die Ehewohnung beiden Ehegatten oder nur dem einen von ihnen gehört. Die Eigentumszuordnung ist nur Aspekt bei der Prüfung eines Wohnungsbedarfs für den (bei Vorhandensein von nicht volljährigen Kindern sorgerechtsberechtigten) Nichteigentümer-Ehegatten.225 Hingegen sind Eigentumsvermutungen sowie Eigentums- und Verwaltungsrechte güterrechtlich zu qualifizieren, weil sie im bulgarischen Recht stets an einen Güterstand gekoppelt sind (vgl. Artt.  22, 23, 24 Abs.  2 FamKodex für die Errungenschaftsgemeinschaft und Art.  38 Abs.  1 Nr.  1-Nr.  3 Fall 1 FamKodex beim Wahlgüterstand). Das Gleiche gilt für Verfügungsbeschränkungen (s. Art.  24 Abs.  3–5, Art.  25 und Art.  26 FamKodex für die Errungenschaftsgemeinschaft, Art.  34 i. V. m. Art.  26 FamKodex für die Gütertrennung sowie Art.  38 Abs.  1 Nr.  3 Fall 2 FamKodex für den Wahlgüterstand).226 223 

Jessel-Holst, in: Bergman/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  27. Wohl ebenso (wenn auch ohne Prüfung der Qualifikationsfrage) Rayongericht Kazanlak, Urt. №555 v. 25.11.2013 i. d. Rs. №  2327/2013 – ciela. A. A. Oberster Kassationsgerichtshof, Beschl. №  587 v. 29.4.2014 i. d. Rs. №  1079/2014 – ciela, der sich dem Berufungsgericht anschließt: Das Gericht prüfte für die Zuweisung der Ehewohnung nach der Scheidung nur Art.  79 bulgIPRGB. Es sei ohne Belang, dass die Ehewohnung sich in Kanada befinde, die Ehefrau zusammen mit dem gemeinsamen Kind nach Bulgarien verzogen, der Ehemann dagegen in Kanada geblieben sei. Die Anknüpfung an das (offenbar) gemeinsame Heimatrecht der Eheleute gem. Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB führte zum bulgarischen Recht, und dort zur Anwendung des Art.  56 Abs.  2 FamKodex. 225  Näher Dobrev, Sobstvenost i pravo 2019, №  1, 67 f. 226  Für eine Qualifikation als allgemeine Ehewirkungen, wenn die Verfügungsbeschränkungen ohne Rücksicht auf den Güterstand Geltung haben, siehe Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  171; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR (2015), Rn.  7.708 f.; Kegel/Schurig, IPR, §  20 VI 2, S.  853. Generell zur Qualifikation von Verfügungsbeschränkungen (z. B. des einen Ehegatten 224 

§  2. Ehewirkungen

221

Abzulehnen ist die Rechtsprechung des Stadtgerichts-Sofia, welche die Frage nach dem Scheitern der Ehe i. S. des Art.  49 Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 FamKodex vorfraglich dem Ehewirkungsstatut gem. Art.  79 Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB unterstellt.227 Ob die Ehe gescheitert ist und deswegen geschieden werden kann, gehört zum Scheidungsstatut. Die Gründe für das Scheitern der Ehe sind folgerichtig ebenfalls dem Scheidungsstatut unterworfen. Der Anwendungsbereich des Ehewirkungsstatuts ist ersichtlich relativ gering. Die Absätze 1 und 2 des Art.  79 bulgIPRGB entfalten ihre primäre Bedeutung mittelbar – als gem. Art.  79 Abs.  3 und 4 bulgIPRGB verwiesene Kollisions­ normen im Ehegüterrecht. Zu einem Gleichlauf zwischen dem Ehewirkungsund dem Güterrechtsstatut muss die Verweisung in Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB allerdings nicht immer führen.228 Verantwortlich dafür ist die unterschiedliche Regelungsmaterie, genauer: eine veränderte Handhabung der Anknüpfungspunk­ te in Art.  79 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB: Während das objektive Ehewirkungsstatut lediglich über die Zulässigkeit des anvisierten Güterrechtsstatuts urteilt und im Übrigen nicht durch Rechtswahl änderbar ist, können die Ehegatten das Ehe­ güterrecht grundsätzlich frei wählen.229 II. Grundsätze bei der Ermittlung des Ehewirkungsstatuts 1. Allgemeines Die Anknüpfung in Art.  79 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB erfolgt mittels einer dreistufigen Anknüpfungsleiter: Die erste Stufe ist die gemeinsame Staatsangehörigkeit (Abs.  1), die zweite Stufe bildet der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt (Abs.  2 Alt.  1) und der dritten Stufe vorbehalten bleibt die gemeinsame engste Verbindung der Ehegatten zu einem Staat (Abs.  2 Alt.  2). Da es sich um eine subsidiäre Anknüpfung handelt,230 ist die jeweils nachfolgende Stufe erst dann zur Entscheidung berufen, wenn die Voraussetzungen auf der vorhergehenden Stufe nicht erfüllt sind.231 Die Stufenleiter zielt stets auf eine aktuelle gemeinsame über die Ehewohnung i. S. des Art.  26 FamKodex bzw. Art.  34 i. V. m. Art.  26 FamKodex und vergleichbarer Regelungen, wie etwa das niederländische, türkische und schweizerische Recht sie vorsehen) Süß, in: Beckʼsches Notar-Hdb, S.  1762, Rn.  129. Ähnlich wie im deutschen Recht ist die Rechtslage in der Schweiz; vgl. Stober, Der deutsch-schweizerische Erbfall, S.  340. 227  Stadtgericht-Sofia, Urt. v. 27.1.2012 i. d. Rs. №  2135/2011 – ciela. 228  A. A. Todorov, MCP, S.  225; nach ihm handelt es sich um ein Einheitsstatut, so dass das anwendbare Recht hinsichtlich der persönlichen Ehewirkungen und des Ehegüterrechts ein und dasselbe sei. Richtig dagegen Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  228 a. E. 229  Ähnlich Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  228. 230  A. A. (ohne Begründung) Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  242 (alternative Anknüpfung). 231  Dies kommt im Wortlaut des Art.  79 Abs.  2 bulgIPRGB als Bindeglied zwischen der 1. und der 2. Alt. deutlich zum Vorschein: „[…] und wenn ein solcher nicht vorhanden ist […]“.

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Verbindung der Eheleute zu einem bestimmten Recht und damit auf Kontinuität der Ehewirkungen. 2. Feste Anknüpfungen vs. engste Verbindung Art.  79 bulgIPRGB sieht in den Abs.  1 und 2 bulgIPRGB feste Anknüpfungsregeln vor.232 Das sorgt für Rechtssicherheit.233 Daran vermag die problematische Einordnung des Art.  2 bulgIPRGB als allgemeiner Ausweichklausel nichts zu ändern. Denn sie würde erst bei einem Versagen der Kaskadenanknüpfung auf sämtlichen Stufen zum Zuge kommen.234 Dies bedeutet in concreto: Das stufenweise ermittelte Ehewirkungsstatut kann nicht mit der Überlegung in Zweifel gezogen werden, dass eine noch engere Bindung der Eheleute zu einer anderen Rechtsordnung bestehe. Das liefe sonst darauf hinaus, eine verkappte Rechtswahl im persönlichen Ehewirkungsrecht zuzulassen, welche gerade nicht vorgesehen ist. Zudem widerspräche es u. U. dem auf der 3. Stufe nur mühsam, weil eben wertend, ermittelten Recht („Recht des Staates, mit dem beide Ehegatten gemeinsam am engsten verbunden sind“), ließe man es plötzlich nicht zur Anwendung kommen, weil man meint, über Art.  2 bulgIPRGB seien die persön­ lichen Ehewirkungen mit einem anderen Recht doch am engsten verbunden. 3. Wandelbarkeit Das persönliche Ehewirkungsstatut nach Art.  79 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB ist wandelbar,235 handelt es sich bei der Ehe um ein Dauerrechtsverhältnis. Je nachdem, in welchem zeitlichen Rahmen sich die konkret aufgeworfene Rechtsfrage stellt, ist auch das Tatbestandsmerkmal der jeweiligen Norm anzuknüpfen.236 Da stets eine gemeinsame Verbindung zu einem Recht erforderlich ist, genügt schon ein einseitiger Wechsel des maßgebenden Anknüpfungspunktes während der Ehezeit. Das Wandelbarkeitsprinzip wird streng umgesetzt; eine – und sei es nur par­ tielle – Durchbrechung ist auf der ersten und zweiten Stufe nicht zugelassen, lediglich der Auffangtatbestand der dritten Stufe macht sie (theoretisch) möglich. Dem Anpassungsinteresse wird auf diese Weise Vorrang gewährt; indes kann das im Einzelfall die Kontinuität brechen und den Schutz des seine Staatsangehörig232 

Ähnlich angeklungen bei Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  227. Zur ratio legis der Regelungen des Art.  79 bulgIPRGB siehe Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  227. 234  An diesem Punkt (i. Erg.) mglw. anders Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  227, die der „alternativen“ Anknüpfung zusätzlich „Flexibilität“ beimisst. 235  Todorov, MCP, S.  225. 236  Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  242; ähnlich Todorov, MCP, S.  225. 233 

§  2. Ehewirkungen

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keit beibehaltenden Ehegatten vor dem Wechsel des Ehewirkungsstatuts durch einseitigen, nicht konsentierungsbedürftigen Akt des anderen Ehepartners preisgeben.237 Der Wechsel der Rechtsordnung wirkt prinzipiell ex nunc. Er lässt bereits entstandene Rechtslagen unberührt, so dass sie nicht erneut einer rechtlichen Bewertung unterworfen werden; es verbleibt vielmehr beim Altstatut für alle Rechtshandlungen und -folgen, die unter ihm und vor dem Statutenwechsel vorgenommen und eingetreten sind im Sinne von abgeschlossenen Tatbeständen (Art.  42 bulgIPRGB). 4. Rechtswahl? Eine Rechtswahl für die persönlichen Ehewirkungen hat der Normgeber bewusst nicht vorgesehen. Das macht eine analoge Anwendung des Art.  79 Abs.  4 bulg­ IPRGB zum vornherein unmöglich. Allein maßgeblich ist die objektive Anknüpfung. In rechtsvergleichender Hinsicht ist diese gesetzgeberische Entscheidung am meisten verbreitet.238 Die im deutschen IPR eröffnete Möglichkeit einer Rechtswahl für die allgemeinen Ehewirkungen kann daher in Bulgarien nicht anerkannt werden. Für gemischt-nationale Ehen, bei denen der eine Ehegatte die bulgarische, der andere die deutsche Staatsangehörigkeit hat, birgt dies Risiken, wie sie aber einer jeden Rechtswahl innewohnen. III. Anknüpfungsregeln der persönlichen Ehewirkungen im Einzelnen 1. Erste Stufe der Anknüpfungsleiter Anknüpfungspunkt auf der ersten Stufe ist die Staatsangehörigkeit der Ehegatten. Sie ist zwiefach bedingt: Sie muss die gemeinsame und sie muss die gegenwärtige sein; wie lange sie Bestand hat, ist dagegen belanglos. Die letzte gemeinsame, einseitig beibehaltene Staatsangehörigkeit ist darum erst auf der dritten (Auffangs-)Stufe zu berücksichtigen. a) Einstaater Bei Einstaatern bereitet die Anknüpfung kaum Schwierigkeiten. Eine iure matrimonii erworbene gemeinsame Staatsangehörigkeit fällt aus dem Anwendungsbereich des Abs.  1 heraus. Die engste Verbindung wird man i. d. R. bereits auf der nächsten Stufe lokalisieren können. 237 

BaRo/K. Otte, Art.  14 EGBGB, Rn.  10. Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  228, Fn.  2; Burghaus, Vereinheitlichung des IntEhegüterR, S.  75. Kritisch zur deutschen Regelung des Art.  14 Abs.  2 und 3 EGBGB a. F. (2018) Stoll, Rechtswahl, S.  234. 238 

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

b) Mehrrechtsstaat Bei einem Staat mit mehreren Rechtsordnungen ist nach Art.  41 bulgIPRGB vorzugehen; Probleme bei der Ermittlung der engsten Verbindung gehören dogmatisch zwar zu Abs.  4. Wenn sich aber die Teilrechtsordnung nicht ermitteln lässt, dann ist es sachgerecht, auf die nächste Stufe – also den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in einem (Teilrechts-)Staat – überzugehen. c) Staatenlose, Flüchtlinge, Asylberechtigte und Mehrrechtsstaater Für diese Personen gelten die allgemeinen Regeln des Art.  48 Abs.  4–6 bulg­ IPRGB. Da bei ihnen das Heimatrecht durch das Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts ersetzt wird, fallen die ersten zwei Stufen der Anknüpfungsleiter meist zusammen. Die Bestimmungen des bulgarischen Fremdenrechts können dabei der Begründung eines auf Dauer angelegten Aufenthalts entgegenstehen.239 Mangelt es an einem gewöhnlichen Aufenthalt, so ist die engste Verbindung zu einem Staat zu ermitteln (Art.  48 Abs.  6 bulgIPRGB). Bei Doppelstaatern gilt Art.  48 Abs.  2 und 3 bulgIPRGB. Vermittelt wird die gemeinsame Staatsangehörigkeit vorrangig durch den gemeinsamen gewöhn­ lichen Aufenthalt in dem Staat, dem beide Ehepartner angehören, nachrangig durch die gemeinsame engste Verbindung zu irgendeinem Staat. Eine Ausnahme greift bei bulgarisch-ausländischen Mehrstaatern ein: Nach Art.  48 Abs.  2 bulg­ IPRGB setzt sich stets die bulgarische Nationalität durch. Für die meisten in der Praxis vorkommenden bulgarischen Ehepaare, die im Ausland zunächst studiert und anschließend dort ihren Lebensmittelpunkt begründet haben, bedeutet das – aus Sicht des bulgarischen IPR – die Anwendung bulgarischen Rechts als Ehewirkungsstatut. Dieses Ergebnis vermag nicht zu befriedigen, wird doch de facto die Beziehung zu Bulgarien weder gelebt noch besteht die Möglichkeit zur Korrektur der Anknüpfung durch eine Rechtswahl.240 239  Ausf. zum Aufenthaltsrecht von Ausländern in Bulgarien Hristova, Rezhim na prebivavane, passim. 240  Das Problem relativiert sich teilweise dadurch, dass viele in Deutschland lebende Bulgaren selbst nach dem EU-Beitritt Bulgariens im Jahr 2007 unter Beibehaltung ihrer bulgarischen Staatsangehörigkeit die deutsche hinzuerwerben. Da die Entscheidung in der Regel während der Ehe (für den einen oder die beiden Ehegatten) fällt, bleibt es zumindest für die Zeit bis zu einem beiderseitigen Wechsel der Staatsangehörigkeit (Statutenwechsel) bei der Anwendung bulgarischen Rechts als Ehewirkungsstatut (Art.  14 Abs.  1 Nr.  1 Alt.  2 EGBGB a. F. [2018]). Für die Zeit danach greift Art.  14 Abs.  1 Nr.  1 Alt.  1 EGBGB a. F. (2018) ein. Wird hingegen bei einem rein bulgarischen Ehepaar einer der Partner Deutscher und gibt er zugleich seine bulgarische Staatsangehörigkeit auf, so entsteht ein Renvoi, wenn das Ehepaar in Deutschland domiziliert: Der bloß einseitige Wechsel des Anknüpfungsmerkmals reicht aus deutscher Sicht nicht aus (Art.  14 Abs.  1 Nr.  1 Alt.  2 EGBGB a. F. [2018]). Die Regelung ver-

§  2. Ehewirkungen

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2. Zweite Stufe der Anknüpfungsleiter Fehlt ein gemeinsames Personalstatut, weil es nie bestanden hat, (einseitig) verloren gegangen ist oder aufgegeben wurde,241 so erfolgt der Übergang zur Anknüpfung nach dem Aufenthaltsprinzip auf der zweiten Stufe. Anknüpfungspunkt ist der aktuelle gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten im selben Staat, nicht notwendigerweise am selben Ort und noch weniger unter dem gleichen Dach.242 Diese Anknüpfung bringt das Recht des sozialen Umfelds zur Anwendung, in dem die eheliche Gemeinschaft lebt und sich zu bewähren hat. Der Begriff ist faktisch geprägt243 und in Art.  48 Abs.  7 S.  1 bulgIPRGB legal­ definiert.244 Sowohl objektive Gegebenheiten, vermittelt über den Grad der so­ zialen Integration und berufliche Bindungen, wie ein (bekundeter) Wille, sich auf längere Zeit an einem Ort niederzulassen, sind zu beachten. Zeitliche Grenzen, deren Überschreitung den vorübergehenden Aufenthalt zu einem dauerhalten und mithin gewöhnlichen macht, stellen Rechtsprechung und Literatur nicht auf.245 Es hängt stets von den Umständen ab. Bei einem mehrfachen Ortswechsel in verschiedenen Staaten kommt es auf den Daseinsschwerpunkt an.246 Der Geweist auf die Kollisionsnormen des bulgarischen Rechts, und nach diesen genügt der einseitige Wechsel. Von nun an ist für den bulgarischen Richter Ehewirkungsstatut deutsches Recht als das Recht des gegenwärtigen gemeinsamen Domizils der Ehepartner (Art.  79 Abs.  2 Alt.  1 bulg­IPRGB). Die Norm spricht eine Gesamtverweisung aus, verweist also auf das deutsche IPR zurück (Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB); eine Ausnahme nach Art.  40 Abs.  2 bulgIPRGB liegt nicht vor. Das deutsche IPR nimmt die Verweisung an (Art.  4 Abs.  1 S.  2 EGBGB). Nur in dieser eher seltenen Konstellation ist Ehewirkungsstatut das deutsche Recht. Gleiches gilt, wenn der (Hinzu-)Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vor der Heirat stattfindet. Aber auch das ist immer noch selten. S.a. Kropholler, IPR, §  45 II 3 b, S.  347 (mit einem ähnlichen Beispiel) sowie die Kommentierung bei Staudinger/Mankowski (2011), Art.  14 EGBGB, Rn.  47 f. 241  Erwerben beide Ehegatten zeitgleich dieselbe neue Staatsangehörigkeit, ist immer noch auf der ersten Sprosse anzuknüpfen. 242  Anders Todorov, MCP, S.  225, der davon spricht, dass die Ehegatten mit der Eheschließung den gemeinsamen Haushalt auf dem Territorium eines Staates würden begründen können, der sich aber im Zeitpunkt einer Auseinandersetzung zwischen ihnen in einem anderen Staat befinden könne. Ein gemeinsamer Haushalt mag zwar der Regel entsprechen, unbedingte Voraussetzung für die Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt ist er jedoch nicht. Richtig deshalb Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  242. 243  Stancheva-Mincheva, Art.  48 bulgIPRGB, S.  104; a. A. Kamenova, Nauchni trudove IPN 2005, Bd.  II, S.  92, 97 f. (stets subjektives Element nötig). 244  Die systematischen Bedenken hiergegen räumt der Gesetzgeber selbst auf. Verbatim heißt es in Art.  48 Abs.  7 S.  1 bulgIPRGB: „Im Sinne dieses Gesetzes wird unter dem gewöhnlichen Aufenthalt einer natürlichen Person der Ort verstanden […]“ (Hervorhebung hinzugefügt). 245  Vgl. Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  228 (Fn.  2); Zidarova/Stancheva-­ Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 414. 246  Zur Ablehnung eines mehrfachen gewöhnlichen Aufenthalts Kamenova, Nauchni Trudove IPN 2005, Bd.  II, S.  92, 98.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

setzgeber umschreibt ihn als den Ort, an dem man „überwiegend“ lebt oder zu leben gedenkt. Eine Registrierung im Sinne einer (öffentlich-rechtlichen) Anmeldung hält Art.  48 Abs.  7 S.  1 bulgIPRGB ausdrücklich für nicht erforderlich. Gleichwohl kann sie als Indiz gewertet werden. Allein reicht sie indes nicht aus. 3. Dritte Stufe der Anknüpfungsleiter Auf der letzten Stufe zur Anwendung berufen ist das Recht des Staates, mit dem die Ehegatten gemeinsam am engsten verbunden sind. Die Anknüpfung bildet einen Auffangtatbestand. Deshalb benennt der Gesetzgeber keine näheren Merkmale für die „engste Verbindung“. Eine tatbestandliche Aufzählung berücksichtigungsfähiger Faktoren zur Begründung der engsten Verbindung liefe der Grundmaxime des bulgarischen Anknüpfungssystems (Art.  2 bulgIPRGB) zu­ wider. Sie würde den Weg einer schematischen statt einer abwägenden Entscheidungsfindung ebnen. Nur die letztere sichert aber, dass stets das mit dem Sachverhalt am engsten verbundene Recht zur Anwendung gelangt. Es bedarf darum einer Einzelfallprüfung. Sämtliche Konkretisierungsmerkmale müssen im Verlauf der Ehe hervorgetreten sein, beide Eheleute umfassen und verbinden. Das verlangt der Wortlaut des Abs.  2 Alt.  2 klar und deutlich: „[…] Recht des Staates, mit dem beide Ehegatten gemeinsam am engsten verbunden sind.“ Zu finden sind solche gemeinsamen Bindungen v. a. im sozialen und kulturellen Bereich – z. B. Verwandtschaft, feste Freundschaften, Arbeitsplatz, soziales Engagement, gemeinsame kulturelle Interessen. Die gemeinsame Bindung an einen Staat kann sich außerdem zeigen in einer früheren gemeinsamen Staatsangehörigkeit, einem früher gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, dem vormals beabsichtigten Erwerb einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit, der vormals beabsichtigten Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts oder dem gemeinsamen schlichten Aufenthalt. Aber auch die Bildung gemeinsamen Vermögens in einem Staat kann ein solches Bindungsmerkmal sein. Es ist aber stets zu beachten, dass nicht die engste Beziehung der Ehe in ihrer Gemeinsamkeit den Ausschlag für das anwendbare Recht gibt. Vielmehr ist nach der stärksten Beziehung der konkret zu entscheidenden Frage zu suchen. Man muss also nach dem jeweils in Frage stehenden, aus den persönlichen Ehewirkungen erwachsenen Anspruch unterscheiden.247 Auf der letzten Stufe der Anknüpfungsleiter ist der Blick mithin vergangenheitsbezogen. Dagegen kann die Suche nach einem gemeinsamen Nenner zukunftsbezogen sein.

247 

Schwind, StAZ 79, 109, 111.

§  2. Ehewirkungen

227

Nach Stancheva-Mincheva ist der gewöhnliche Aufenthalt des einen Ehegatten im Heimatstaat des anderen kein Merkmal der stärksten gemeinsamen Verbindung;248 diese könne man nicht dem Personalstatut des Letzteren entnehmen. Dem ist uneingeschränkt beizupflichten. Wohl kann sich eine Anknüpfung an das Personalstatut eines Ehegatten auf der dritten Stufe einmal ergeben, aber nur, wenn weitere tatsächliche Umstände hinzutreten. Bloß weil der eine Ehegatte seinen Lebensmittelpunkt in dem Staat hat, dem der andere angehört, rechtfertigt keineswegs die Anknüpfung an dessen Personalstatut. Dafür sind vielmehr weitere Gemeinsamkeiten erforderlich. Stancheva-Mincheva nennt als Beispiel die Belegenheit unbeweglichen Vermögens im Aufenthaltsland.249 Beispiel: Eine Deutsche wird beruflich für ein Jahr nach Bulgarien versetzt. In regelmäßigen Zeitabständen kommt sie nach Deutschland. In Bulgarien lernt sie einen Bulgaren kennen und lieben. Man heiratet 2006 vor Ort und führt dort für sechs Monate einen gemeinsamen Haushalt. Wie von Anfang an geplant, ziehen die Ehegatten dann nach Nürnberg. Sieben Jahre später kommt es zur Trennung. Der Ehemann kehrt nach Bulgarien zurück, wo er eine Arbeits­ stelle findet und bleiben will. Welchem Recht unterliegen die persönlichen Wirkungen der Ehe? Der bulgarische Richter wird verschiedene Zeitabschnitte bilden und sie getrennt beurteilen. Dazu zwingt ihn der Wandelbarkeitsgrundsatz der persönlichen Ehewirkungen. I. Für die Zeit von der Eheschließung bis zum Umzug nach Deutschland gilt: 1) Eine Anknüpfung auf der ersten Stufe (Art.  79 Abs.  1 bulgIPRGB) scheitert, weil es an einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit fehlt. 2) Die Voraussatzungen auf der zweiten Stufe (Art.  79 Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB) scheinen erfüllt zu sein, hat das Ehepaar doch in Bulgarien einen gemeinsamen Haushalt geführt. Art.  48 Abs.  7 bulgIPRGB definiert den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts. Eine Mindestdauer ist nicht festgelegt.250 Maßgeblich sind die tatsächlichen Gegebenheiten, wenn auch mit dem Adjektiv „gewöhnlich“ ein wertendes Element hinzutritt.251 Anhaltspunkte für den gewöhnlichen Aufenthalt sind nach Art.  48 Abs.  7 S.  2 bulgIPRGB berufliche oder familiäre Bande zu einem bestimmten Ort.252

248 

Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  243. Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  243. 250  Vgl. BGH IPRax 1984, 328 (eineinhalb Jahre ausreichend, wenn weitere Umstände dafür sprechen). 251  Neuhaus, Grundbegriffe des IPR, §  29 I. 252  Dieses Verständnis ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH und der deutschen IPR-Literatur; vgl. nur BGH NJW 1975, 1068; MüKo BGB/Sonnenberger (2010), Einl. IPR, Rn.  722, der von milieu dʼintégration spricht. Die Erkenntnis ist wichtig, denn im Rahmen eines Renvoi ist immer zu beachten, was das ausländische IPR unter dem gewöhnlichen Aufenthalt versteht; siehe dazu schon Staudinger/Graue (1991), Art.  27 EGBGB, Rn.  163. 249 

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Hiernach ist im Beispielsfall ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt in Bulgarien abzulehnen. Dem steht von Anfang an der Wille der Ehegatten entgegen, ihre Ehe in Deutschland zu leben. Die Begründung eines ehelichen Haushalts für ein halbes Jahr reicht nicht aus. 3) Die Frage kann letztlich dahinstehen, wenn die Ehefrau ihren bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gar nicht verloren hat. Das ist zu bejahen. Denn ihr Aufenthalt im Inland (Bulgarien) war von Anfang an auf eine überschaubare Zeit beschränkt, sie kam in wiederkehrenden Zeitabständen nach Deutschland. Die Anknüpfungspunkte auf der zweiten Stufe führen also nicht zum Ziel. Es ist auf der nächsten Sprosse weiter anzuknüpfen. 4) Auf der dritten Stufe (Art.  79 Abs.  2 Alt.  2 bulgIPRGB) ist die Vergangenheit bis hin zur Gegenwart zu betrachten und der Blick dann in die Zukunft zu richten; man sucht also eine bisherige gemeinsame Entwicklung festzuschreiben. Die von Anfang an beabsichtigte Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland bald nach der Eheschließung führt dazu, dass die Ehegatten gemeinsam am engsten mit Deutschland verbunden sind, und zwar schon zum Zeitpunkt der Eheschließung. Art.  79 Abs.  2 Alt.  2 bulgIPRGB spricht eine IPR-Verweisung aus, Art.  14 Abs.  1 Nr.  2 Alt.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 nimmt sie an. Die persönlichen Wirkungen der Ehegatten unterlagen folglich schon für die Zeit von der Eheschließung bis zum Umzug nach Nürnberg dem deutschen Recht als Ehewirkungsstatut. II. Für die Zeit ab Umzug nach Nürnberg bis zur Rückkehr des Ehemanns nach Bulgarien gilt: Mit dem Umzug des Ehemanns nach Nürnberg geht möglicherweise ein Statutenwechsel einher, denn die Anknüpfung ist wandelbar. Der Mann hat von nun an seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland (Art.  48 Abs.  7 S.  2 bulgIPRGB). Dort hat ihn auch die Ehefrau. Die Voraussetzungen der zweiten Stufe liegen daher vor. Die persönlichen Wirkungen der Ehe unterliegen deshalb nach wie vor deutschem Recht. Trotz Wandelbarkeit des Ehewirkungs­ statuts ist ein Statutenwechsel nicht eingetreten. IV. Für die Zeit ab der Rückkehr des Mannes nach Bulgarien gilt: Mit der Rückkehr des Ehemannes in seine Heimat ist ein Statutenwechsel eingetreten, wenn zumindest von da an für die persönlichen Ehewirkungen bulgarisches Recht anwendbar ist. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat der Mann nun in Bulgarien, die Frau den ihrigen nach wie vor in Deutschland. Die Anknüpfungen auf Stufe eins und zwei versagen. Auf der letzten Stufe maßgebend ist das Recht des Staates, mit dem die Ehegatten gemeinsam am engsten verbunden sind. Die meiste Zeit ihres ehelichen Zusammenlebens haben die Eheleute in Deutschland verbracht. Hier haben sie ihre Ehe gelebt. Mit Bulgarien haben sie nichts Gemeinsames (bis auf den Ort der Eheschließung und die ersten 6 Monate gemeinsamen Haushalts, doch reichen diese Umstände allein nicht aus). Sie sind deshalb am stärksten mit Deutschland gemeinsam verbunden. Die persönlichen Ehewirkungen unterliegen deshalb auch für diesen Zeitabschnitt deutschem Recht. Trotz erfolgter Wandlung der Anknüpfung ist ein Statutenwechsel nicht eingetreten.

§  2. Ehewirkungen

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IV. Allgemeine Fragen des IPR 1. Renvoi Jede Verweisung auf der Stufenleiter ist eine Gesamtverweisung.253 Für die Verweisung auf der dritten Stufe bedeutet dies, dass die Berücksichtigung einer Rück- oder Weiterverweisung zur Anwendung des Rechts eines Staates führen kann, mit welchem die Ehegatten weniger verbunden sind.254 Das ist hinzunehmen. Eine andere Auffassung ließe sich mit Art.  40 Abs.  2 bulgIPRGB nicht in Einklang bringen, der keine Ausnahme von dem Grundsatz der Gesamtverweisung im Recht der persönlichen Ehewirkungen vorsieht; der bewusst eng gehaltene Ausnahmekatalog des Art.  40 Abs.  2 bulgIPRGB lässt eine Analogie hier nicht zu.255 2. Vorfrage der gültigen Eheschließung Ehewirkungen setzen ein Eheband voraus. M.a.W. muss die Ehe wirksam zustande gekommen und darf zum Beurteilungszeitpunkt nicht beendet sein. Bei hinreichendem Inlandsbezug ist die kollisionsrechtliche Vorfrage nach der Gültig­keit der Ehe selbständig nach Art.  75 Abs.  1–2 bzw. Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulg­IPRGB anzuknüpfen. Andernfalls genießt die unselbständige Vorfragen­ anknüpfung Vorrang. Denn einer hinkenden Inlandsehe ohne hinreichenden Inlandsbezug wird man Ehewirkungen schwerlich zuerkennen können. Wenn eine hinkende Ehe nach der hier befürworteten Vorfragenanknüpfung für den Staat des maßgeblichen Ehewirkungsstatuts nicht wirksam zustande gekommen ist, dann muss das von Art.  79 Abs.  1 und Abs.  2 bulgIPRGB nächst­

253  Wohl auch so Todorov, MCP, S.  224; a. A. Stancheva-Mincheva, Art.  40 bulgIPRGB, S.  59 (Sachnormverweisung, da die Annahme einer IPR-Verweisung dem Prinzip der engsten Verbindung i. S. des Art.  2 bulgIPRGB widerspreche). 254  Zu diesem Problem im Rahmen des Art.  14 Abs.  1 Nr.  3 EGBGB i. d. F. von 1986 siehe Staudinger/Mankowski (2011), Art.  14 EGBGB, Rn.  96–98; Stoll, IPRax 1984, 1, 2; Pirrung, IPR, S.  110; v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  622; Kühne, FS Murad Ferid (1988), 251, 260 ff.; Kartzke, IPRax 1988, 8 f. 255  Hierzu aus deutscher Perspektive insbes. Sturm, FS Uni Heidelberg (1967), 168–173, wonach die Eheleute zwischen dem gemeinsamen Heimatrecht, dem Heimatrecht jedes Ehegatten und dem Recht des gemeinsamen gewöhnlichen oder schlichten Aufenthalts wählen können; Neuhaus, FamRZ 1962, 415, 416. Im schweizerischen IPR spricht Art.  54 schweiz­ IPRG eine Sachnormverweisung aus. Ein Renvoi ist bei der objektiven Anknüpfung dennoch dann beachtlich, wenn die Eheleute mit der Anwendung des materiellen Rechts rechnen durften, auf welches das IPR am Wohnsitzstaat verweist (so z. B. Stober, Der deutsch-schweizerische Erbfall, S.  353 m. w. N.; a. A. Guillod, Eheverträge in schweizerisch-deutschen Sachverhalten, S.  242).

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

berufene Ehewirkungsstatut ausschlaggebend sein, für dessen Bereich die Ehe besteht, und nicht sofort das Statut der engsten Verbindung.256 Die Auflösung der Ehe richtet sich nach dem Scheidungsstatut, sofern nicht bereits ein rechtskräftiges oder ein anerkanntes ausländisches Scheidungsurteil vorliegt. C. Vermögensrechtliche Wirkungen der Ehe (Ehegüterrecht) Das Güterrechtsstatut des Art.  79 Abs.  3 und 4 bulgIPRGB257 kennzeichnet sich durch seine Wandelbarkeit. Außerdem vertritt es das Prinzip der Einheit des Güterrechts.258; 259 Beide Prinzipien sind nicht schrankenlos. Sie erfahren Durch­ 256 

Schwimann, Grundriss IRR, S.  79. A. A. die ganz h. M. in Deutschland; bei einer hinkenden Inlandsehe seien die persönlichen Wirkungen gem. Art.  14 EGBGB auch einem Recht zu entnehmen, welches die Ehe nicht für bestehend ansehe; vgl. Staudinger/Mankowski (2011), Art.  14 EGBGB, Rn.  19 f. m. w. N.; Kegel/Schurig, IPR, §  20 V 3, S.  839; MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  14 EGBGB, Rn.  119; anders wiederum LG Düsseldorf, MDR 1952, 623. 257  Bulgarien ist kein Teilnehmerstaat des Haager Übereinkommens über das auf Güter­ stände anzuwendende Recht v. 14.3.1978; deutsche Übersetzung in: RabelsZ 41 (1977), 554 ff. Trotzdem kann das Übereinkommen mittels der Gesamtverweisung nach Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 und 2 bulgIPRGB zur Anwendung kommen. In weitem Umfang ermöglicht dieses die Rechtswahl im ehelichen Güterrecht. 258  Dieser Grundsatz ist für das bulgarische IPR neu. Altrechtlich galt das Prinzip der Güter­ rechtsspaltung, genauer: ausschließlich eheliche Vermögensbeziehungen im Inland regelte das Kollisionsrecht in Art.  133 FamKodex a. F. (1985); vgl. hierzu Todorov, Pravootnoshenia, S.  125, Tz.  49, S.  128 ff., Tz.  52 ff., insbes. S.  131, Tz.  53 a. E. 259  Einheit des Güterrechtsstatuts bedeutet, dass eheliches Vermögen einem einzigen Güterrecht unterliegt, einerlei in welchem Staat es belegen ist. Dieser Grundsatz kommt im Wortlaut des Art.  79 Abs.  1 bzw. Abs.  2 i. V. m. Art.  79 Abs.  3 bulgIPRGB dreifach zum Ausdruck: Erstens bildet die Gemeinsamkeit der Ehegatten zu einem Staat den Maßstab für die Ermittlung des anzuwendenden Rechts. Zweitens erfasst sind „die“ – also sämtliche – Vermögensbeziehungen der Ehegatten. Drittens sind die ehelichen Vermögensbeziehungen „dem“ – m. a. W. einem einzigen – Recht des Staates unterworfen, welches für die persönlichen Ehewirkungen maßgebend ist. Anders (für eine Güterrechtsspaltung betreffend in Bulgarien belegene Grundstücke) Rayongericht Nesebar, Urt. №  79 v. 6.6.2017 i. d. Rs. №  817/2015 (zur Begründung beruft sich das Gericht auf Art.  46 Abs.  1 bulgIPRGB, ohne jedoch „zwingende(n) Vorschriften des bulgarischen Rechts“ im Sinne dieser Norm zu nennen; ferner leitet es die Güterrechtsspaltung aus der ausschließlichen internationalen Zuständigkeit bulgarischer Gerichte gem. Art.  12 Abs.  1 leg. cit. und Art.  109 bulgZPO ab); (mit selbiger Begründung ebengleich) Rayongericht Tsarevo, Urt. №  198 v. 4.7.2018 i. d. Rs. №  491/2017; offenbar auch Tasev, Delba na sasobstvenost, S.  210: Bei Verfügungen über Grundstücke und bei einer Vermögensauseinandersetzung, die „auf dem bulgarischen Territorium“ erfolge, werde bulgarisches Recht angewandt. Ferner ders., ibd., S.  218: Das bulgarische Recht habe ein einheitliches Regime im Internationalen Ehegüter- und Erbrecht in den Fällen eingeführt, in denen „die Parteien der Familien- und Erbrechtsverhältnisse“ (d. h. die Ehegatten oder der Erblasser) bulgarische Staatsangehörige seien, welche ihren Lebensmittelpunkt in einen europäischen Staat verlegt hätten.

§  2. Ehewirkungen

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brechungen, die einen Statutenwechsel bedingen können. Die Ursache dafür kann in einer nachträglichen Rechtswahl liegen oder in einer teilweisen Rückoder Weiterverweisung, wenn also das verwiesene fremde IPR seinerseits eine Statutenspaltung vornimmt, z. B. für unbewegliche Sachen auf die lex rei sitae zurück- oder weiterverweist, im Übrigen aber die Verweisung annimmt. Die Rechtsfolge ist eine Güterrechtsspaltung: das Vermögen teilt sich in so viele Vermögens­massen auf, wie Güterrechtsstatute über sie herrschen; Anpassungsund Angleichungsprobleme sind die Konsequenz. I. Der kollisionsrechtliche Verweisungsbegriff Unter dem Verweisungsbegriff „Vermögensbeziehungen der Ehegatten unter­ einander“ i. S. des Art.  79 Abs.  3 und 4 sowie Art.  81 bulgIPRGB sind Rechts­ normen zu verstehen, welche die während der Ehe entwickelten Vermögensverhältnisse der Ehegatten betreffen. Das Ehegüterrecht bestimmt, ob und, wenn ja, welchen Einfluss die Eheschließung auf das Eigentum der Eheleute hat, wem ein Zuerwerb zugerechnet wird und welche Ansprüche einem Ehegatten bei Trennung, Scheidung oder Tod des anderen zustehen, diesem erwachsen.260 Ferner herrscht das Güterstatut über die Eheverträge. Es bestimmt ihre Zulässigkeit, den möglichen Inhalt und die Gültigkeitserfordernisse.261 Mit anderen Worten geht es bei der Qualifikation der „Vermögensbeziehungen der Ehegatten untereinander“ um die eheliche Sonderzuordnung des Vermögens von Mann und Frau.262 Diese Auffassung findet keinerlei Stütze im Gesetz. Sie ist deshalb abzulehnen. Dass dem bulgarischen IPR-Gesetzgeber die unterschiedliche Anknüpfung im Internationalen Ehegüterund Erbrecht bewusst war, belegt die Streichung des Art.  133 Abs.  3 FamKodex a. F. (1985). Die Vorschrift hatte eine Güterrechtsspaltung vorgesehen und bezüglich Verfügungen über im Inland belegenes unbewegliches Vermögen die Geltung bulgarischen Rechts angeordnet. Wie hier (ohne Begründung) Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  327 f. Zu Art.  133 Abs.  3 FamKodex a. F. (1985) eingehend Todorov, Subekti, S.  293 f., Tz.  216; unklar ist, ob er die Kollisionsnorm allseitig ausbauen wollte. Ob eine vom Güterrecht angeordnete Rechtswirkung (z. B. die Bestellung einer Hypothek an einem ausländischen Grundstück) durchsetzbar ist, hängt wiederum von der lex rei sitae ab; vgl. Vischer/v. Plata, IPR, S.  106 (Fn.  2). Allgemein zur Geltung der lex rei sitae im Güterrecht nach altem IPR Todorov, a. a. O. 260  Dass die vermögensrechtliche Auseinandersetzung anlässlich der Scheidung im bulgarischen IPR güterrechtlich zu qualifizieren, und nicht als Scheidungsfolge dem Scheidungsstatut unterworfen ist, entspringt einem sachrechtlichen (Vor-)Verständnis: Zu jedem Güterstand regelt der Gesetzgeber die Verteilung des (ehelichen) Vermögens bei einer Scheidung. Das sog. Teilungs-Verfahren betr. das Errungenschaftsvermögen richtet sich nach Art.  341 ff. bulgZPO. 261  Ebenso das deutsche Recht: Soergel/Schurig (1996), Art.  15 EGBGB, Rn.  48–57, und das schweizerische: Heini, in: Zürcher Kommentar zum IPRG (2004), Art.  56 IPRG, Rn.  1; Furrer/Girsberger/Müller-Chan/Schramm, IPR (2013), S.  136; Stober, Der deutsch-schweizerische Erbfall, S.  339. 262  Für das Schweizer IPR Furrer/Girsberger/Müller-Chen/Schramm, IPR (2013), S.  131.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Ausgehend vom Güterrechtsverständnis des bulgarischen materiellen Rechts nach Artt.  21–43 FamKodex263 deckt das Güterrechtsstatut insbesondere ab:264 – Entstehung, Änderung und Beendigung eines gesetzlichen wie vertraglichen Güterstands. Vorfragen sind die Frage nach einer wirksamen Ehe hinsichtlich der Entstehung, nach einem wirksamen Ehevertrag bezüglich der Änderung und nach einer anzuerkennenden Scheidung betreffend die Beendigung des Güterstands; sie alle sind selbständig anzuknüpfen. Dem Güterstatut unter­ fallen indes die inneren Gründe für die Beendigung eines Güterstands; hierzu zählt insbesondere die vorzeitige Beendigung einer Errungenschaftsgemeinschaft nach Maßgabe des Art.  27 Abs.  2 bis Abs.  5 FamKodex;265 – Folgen der Beendigung des Güterstands, v. a. die güterrechtliche Auseinandersetzung, die nacheheliche Vermögensaufteilung.266 Selbst die damit zusammen­ hängenden Nebenrechte sind güterrechtlich einzuordnen.267 Das trifft etwa zu auf die Präklusionsfrist des Art.  31 FamKodex für den Anteilserhöhungs­ anspruch i. S. des Art.  29 FamKodex oder den Wertausgleichsanspruch i. S. des Art.  30 FamKodex (beide Ansprüche betreffen den gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft und können durch objektive Klagehäufung zusammen anhängig gemacht werden268). Güterrechtlich zu qualifizieren ist außerdem der Wertausgleichsanspruch nach Art.  33 Abs.  2 Fam­ Kodex bei der Gütertrennung; denn er sieht die Beteiligung am Vermögen des anderen Ehegatten nur anlässlich der Scheidung vor. Dagegen ist dem Erb­ statut die Beantwortung der Frage zu entnehmen, welche Aktiva infolge der güterrechtlichen Auseinandersetzung auf die Erben übergegangen sind.269 263 

Vgl. Todorov, Pravootnoshenia, S.  148, Tz.  63. Zum Anknüpfungsgegenstand der „güterrechtlichen Wirkungen der Ehe“ im deutschen und englischen IPR siehe v. a. Burghaus, Vereinheitlichung des IntEhegüterR, S.  65–68. 265  Dafür, dass Art.  26 Abs.  2 FamKodex a. F. von 1985 (entspricht [fast] wörtlich dem geltenden Art.  27 Abs.  2 FamKodex) zum Güterstatut – und nicht als Scheidungsfolge zum Scheidungsstatut – einzuordnen war, ausdrücklich Todorov, Pravootnoshenia, S.  156, Tz.  67 (Fn.  67.2). 266  A. A. Todorov, Pravootnoshenia, S.  160, Tz.  69 (Scheidungsfolgenstatut). Seine Auffassung bezog sich auf das alte IPR Bulgariens gem. Art.  133 Abs.  1 FamKodex a. F. (1985). Ob er sie bei Geltung des neuen IPR aufrechterhält, lässt sich nicht sagen; in seinem Lehrbuch zum bulgIPRGB findet man sie jedenfalls nicht. Wie hier für das deutsche IPR MüKo BGB/Winkler v. Mohrenfels (2018), Art.  17 EGBGB, Rn.  27 a. E. Dagegen strittig ist diese Qualifikationsfrage (§  19 [Ehegüterstatut] oder §  20 [Scheidungsstatut] österrIPRG) im österreichischen Kollisionsrecht; hierzu näher Nademleinsky/Neumayr, IntFamR, Rn.  04.32–04.36 m. w. N. 267  Aus der Sicht des österreichischen IPR ebenso Nademleinsky/Neumayr, IntFamR, Rn.  04.04. 268  Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  123 v. 22.1.2015 i. d. Rs. №  137/2014 – ciela; Goleva, Sobstvenost i pravo 2019, №  6, 55, 64. 269  Für das schweizerische IPR Patocchi/Geisinger, Art.  52 schweizIPRG, S.  252 m. w. N. zur Kantonalen Rechtsprechung. 264 

§  2. Ehewirkungen

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– Art und Inhalt des Güterstands; – die Wirkungen des maßgebenden Güterstands, also Verwaltungs- und Nutzungsrechte, Erwerbs- und Verfügungsbeschränkungen wie ein etwaiges Erfordernis gemeinsamer Verfügung (so z. B. gem. Art.  24 Abs.  3 FamKodex über Gegenstände aus dem Errungenschaftsvermögen). Im bulgarischen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft kann der Ehegatte über sein Eigengut, einschließlich etwaiger Haushaltsgegenstände, ohne Zustimmung seines Ehepartners verfügen (Art.  25 FamKodex); bei Geltung deutschen Güterrechts könnte er dies freilich nicht (§  1369 BGB). Die bulgarische Norm ist güterrechtlich zu qualifizieren.270 Ebenfalls güterrechtlich, und nicht den persön­ lichen Ehewirkungen zuzuordnen ist die Regelung des Art.  26 FamKodex, wonach ein Ehegatte über die in seinem Eigentum stehende Familienwohnung nicht ohne Zustimmung des anderen Ehepartners verfügen kann, wenn eine zweite Wohnung, gleichviel in wessen Eigentum, nicht vorhanden ist.271 – die Zusammensetzung der ehelichen Vermögensmasse, d. h. die rechtliche Zuordnung eines bestimmten Rechts oder einer bestimmten Sache zum Allein­ eigentum eines oder zum Gemeinschaftsvermögen beider Ehegatten, ferner eine etwaige Beteiligung des einen Ehegatten am Vermögen des anderen. Nach altem Recht gehörten z. B. die Einlagen bei einer Bank zum Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft, wenn sie während der Ehezeit mit Beiträgen beider Ehepartner erworben waren (Art.  19 Abs.  1 Abs.  1 FamKodex a. F. von 1985); das Vorliegen solch gemeinsamer Beiträge wurde nach Art.  19 Abs.  3 FamKodex a. F. (1985) widerlegbar vermutet. Der neue Art.  21 Abs.  1 Fam­Kodex erwähnt Bankeinlagen als Teil des Errungenschaftsvermögens nicht mehr explizite. Daraus leitet die h. M. die Aufgabe dieser Zuordnung durch den Gesetzgeber ab.272 Das führt zu einer wenig geglückten Rechtswirk270  Zum Qualifikationsproblem der Verfügungsbeschränkungen rechtsvergleichend Burghaus, Vereinheitlichung des IntEhegüterR, S.  77–80. 271  Anders betreffend Art.  215 Abs.  3 franz. CC, nach welchem ein Ehegatte über die in seinem Eigentum stehende Ehewohnung sowie den Hausrat nicht ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verfügen kann, jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  55 a. E. Denn diese Vorschrift gelte gem. Art.  226 franz. CC für alle Ehen unabhängig vom Güterstand (Ludwig, a. a. O.). 272  Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  86 v. 14.7.2016 i. d. Rs. №  914/2016 – ciela; Sofioter Stadtgericht, Urt. №  4905 v. 19.7.2018 i. d. Rs. №11478/2017 – ciela; Mateeva, Semeyno pravo, S.  117; Markov, Semeyno i nasledstveno pravo, S.  34; Boyanova, Pravo na izkupuvane, S.  165 f.; Markov, Semeyno i nasledstveno pravo. S.  43 und 52; Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  71; a. A. (der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft erfasse weiterhin Bankeinlagen) Dzherov, Veshtno pravo, S.  187; offenbar im Ansatz auch Ivanova, in: Süß, ErbR in Europa, Länderbericht Bulgarien, Rn.  28. Bankeinlagen können freilich ehevertraglich zum Errungenschaftsgut erklärt werden; s. nur Dimitrova, Sobstvenost i pravo 2019, №  4, 47, 48 (Fn.  3).

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

lichkeit: Mit Inkrafttreten des FamKodex am 1.10.2009 wandelten sich die bis dahin der Errungenschaftsgemeinschaft unterworfenen Spareinlagen (beider Ehegatten) wegen der nach §  4 Abs.  1 der Schlussbestimmungen zum Fam­ Kodex angeordneten Rückwirkung des Art.  21 Abs. leg.cit. kraft Gesetzes mit einem Schlag zum Eigengut desjenigen Ehepartners, auf dessen Namen das Konto eröffnet war.273 Weiters rechnet der Arbeitslohn zum Einhandsvermögen des jeweiligen Arbeitnehmer-Ehegatten.274 – Eine allfällige dingliche Berechtigung des einen Ehegatten an Gesellschaftsanteilen des anderen Ehegatten wäre ebenfalls dem Güter- und nicht dem Gesellschaftsstatut zu entnehmen, vgl. Art.  22 Abs.  3 FamKodex.275 Mitgliedschaftsrechte eines Ehegatten-Gesellschafters an einer Gesellschaft, z. B. die Frage nach ihrer Übertragbarkeit, sind indes gem. Art.  58 Nr.  6 bulgIPRGB einer Regelung durch das Gesellschaftsstatut überlassen. Das Güterstatut befindet darüber, von welcher Art die Beteiligung an gemeinsam gehaltenen Vermögenswerten ist, etwa. an einem gemeinsamen Bankkonto;276 das Außenverhältnis zur Bank regelt dagegen das Vertragsstatut.277; 278 273 

So ausdrücklich Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  264 v. 21.3.2017 i. d. Rs. №  2060/2016 – ciela (= Urteilsbegründung teilw. abgedr. in Stavru/Nekov, Sadebna praktika, S.  409–413 = Sobstvenost i pravo 2017, №  6, 46–49); Sofioter Stadtgericht, Urt. №  4905 v. 19.7.2018 i. d. Rs. №11478/2017 – ciela; Malchev, Sobstvenost i pravo 2017, №  2, 43, 49; krit. hiezu Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zur FamKodex (2015), S.  97 f. 274  Bezirksgericht Stara Zagora, Urt. №  101 v. 14.12.2009 i. d. Rs. №  1028/2009 – ciela; Petkova, Sobstvenost i pravo 2012, №  12, 20, 24 (Fn.  9). 275  Riering, IPRax 1998, 322. Nach bulgarischem materiellem Familienrecht fällt der Gesellschaftsanteil des Ehegatten an einer Gesellschaft (Handelsgesellschaft, Personenhandels­ gesellschaft und Kapitalgesellschaft) nicht in das Errungenschaftsvermögen; er gehört zum Eigengut des Ehegatten; vgl. Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  1001 v. 28.1.2000 i.d.Rs №  805/1999 – ciela; Mateeva, Semeyno pravo, S.  117; Markov, Semeyno i nasledstveno pravo, S.  52. 276  LG Frankfurt/M IPRspr 1975, Nr.  53. 277  OLG Celle, IPRax 1999, 113; Schmitt, Bankgeschäfte von Ehegatten, S.  216. 278  Das darf nicht missverstanden und so gehandhabt werden: Die Rechte im Innenverhältnis unterlägen dem Güterstatut. Was die Rechte eines z. B. deutsch-bulgarischen Ehepaares mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland aber seien, das richte sich bei einem bulgarischen Bankguthaben nach bulgarischem Recht. Also stelle man 1. fest (nach bulgarischem Recht), was die Rechte an dem Bankguthaben seien und unterwerfe sie (= diese Rechte) dann dem 2. deutschen Güterrecht als dem maßgeblichen Güterstatut. Das bedeute, so könnte man weiter fälschlicherweise sagen: wenn nach bulgarischem Recht das Bankguthaben dem einen Ehegatten alleine zustehe (= gehöre), müsse es dieser Ehegatte bei Scheidung der Ehe voll (1/1) nach deutschem Güterrecht im Endvermögen aktivieren; näher zur Qualifikation von Ausgleichsansprüchen im Innenverhältnis bei kreditorisch resp. debitorisch geführten Ehegattenkonten Schmitt, Bankgeschäften von Ehegatten, S.  216–230.

§  2. Ehewirkungen

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– Haftung des einen Ehegatten für Verbindlichkeiten des anderen, wofern der Güterstand sie anordnet, sowie etwaige nachfolgende Ausgleichs- bzw. Regressmöglichkeiten im Innenverhältnis. Die bulgarischen Güterstände der Errungenschaftsgemeinschaft und der Gütertrennung kennen eine solidarische Haftung der Eheleute für Verbindlichkeiten, die zur Befriedigung der Familien­ bedürfnisse begründet worden sind (Art.  32 Abs.  2 FamKodex bzw. Art.  36 Abs.  2 FamKodex);279 beide Normen sind ausweislich ihrer systematischen Stellungen güterrechtlich zu qualifizieren;280

279  Der Wortlaut des Art.  36 FamKodex ist mit dem des Art.  32 FamKodex bis auf eines identisch: Abs.  2 des Art.  36 FamKodex stellt darauf ab, dass es um die Befriedigung „laufender“ Familienbedürfnisse geht, wogegen diese Einschränkung in Art.  32 Abs.  2 FamKodex fehlt. Die unterschiedliche Formulierung veranlasst zur Frage, ob sich daraus unterschiedliche Schlussfolgerungen für die Begründung einer solidarischen Mithaftung des anderen Ehegatten ziehen lassen. Die Literatur schweigt dazu, die Rechtsprechung hatte, soweit ersichtlich, noch keine Gelegenheit zur Stellungnahme. Die besseren Argumente sprechen gegen eine Gleichbehandlung: Art.  36 FamKodex befasst sich mit der solidarischen Haftung in der Gütertrennung. In diesem Güterstand sind die ehelichen Vermögensmassen strikt getrennt. Jeder Ehegatte haftet mit seinem Vermögen nur für persönlich übernommene Verpflichtungen. Einzige Ausnahme stellen die „laufenden Familienbedürfnisse“ dar. Meist werden solche den laufenden Familienbedürfnissen in einer Errungenschaftsgemeinschaft entsprechen, doch muss dies nicht immer so sein. Jedenfalls rechtfertigt das nicht, die solidarische Mithaftung in der Gütertrennung derjenigen in der Errungenschaftsgemeinschaft gleichzustellen. Entscheidend ist nämlich, dass das durch die Erfüllung eines Familienbedürfnisses i. S. des Art.  32 Abs.  2 FamKodex Erworbene eo ipso zum Errungenschaftsgut wird, an dem jeder Gatte bei Auflösung der Ehe grundsätzlich hälftig partizipiert. Kauft beispielsweise der Ehemann mit seinem ersparten Arbeitsentgelt ein Auto, so steht der Ehefrau später die Hälfte davon zu (= primäre Teilung in Natura, sekundäre Teilung dem nunmehrigen Werte nach), es sei denn, dem Mann gelingt es, die Vermutung des gemeinsamen Beitrags gem. Art.  21 Abs.  3 FamKodex zu widerlegen, wofür er jedoch das völlige Fehlen eines Beitrags der Frau zu beweisen hat (Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex, S.  98). Ihre Mithaftung für den Kaufpreis gem. Art.  32 Abs.  2 FamKodex ist darum nur sachgerecht; ebenso Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  203. Hin­ gegen ist bei Gütertrennung eine Teilhabe nur ausnahmsweise möglich (Art.  33 Abs.  2 Fam­ Kodex). Dies wiederum rechtfertigt eine abweichende Ausgestaltung der Mithaftung des nicht persönlich handelnden Ehegatten. Das Tatbestandsmerkmal „laufend“ i. S. des Art.  36 Abs.  2 FamKodex ist deswegen wörtlich zu nehmen und auf gegenwärtige, wiederkehrende Bedürfnisse beider Eheleute zu beschränken. Im vorgenannten Beispiel scheidet daher im Falle von Gütertrennung eine Mithaftung der Ehefrau aus. Für dieses Ergebnis spricht zudem die historische Auslegung: Altrechtlich (Art.  34 bulgGPF i. d. F. von 1949 und Art.  17 Ordnung-Gesetz über die Ehe i. d. F. von 1945) machte das Gesetz die Mitverpflichtung des anderen Ehegatten in der Errungenschaftsgemeinschaft ebenfalls von „laufenden Haushaltsbedürfnissen“ abhängig. Die Einschränkung ist entfallen, was die Zweifel an der Befürwortung einer gleichen Handhabung von Art.  32 Abs.  2 und Art.  36 Abs.  2 FamKodex verstärkt. 280  Die gesetzliche Mithaftung für Geschäfte zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs nach §  1357 BGB wird aus deutscher Sicht dem Statut der allgemeinen Ehewirkungen gem.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

– das Recht des Ehegatten zur Geltendmachung von Ansprüchen betreffend den Güterstand, vgl. Art.  24 Abs.  4 und 5 FamKodex bzw. (bei ehevertraglichen Veräußerungseinschränkungen) Art.  38 Abs.  1 Nr.  3 leg.cit.; – die Zulässigkeit von pre- wie postnuptialen Eheverträgen und ihrem mög­ lichen Inhalt.281 Zum Vertragsinhalt gehört z. B. die Frage, ob Abreden von Todes wegen282 unter den Ehepartnern gestattet sind oder ob die Wahl eines Güterstands zulässig ist und, wenn ja, wieweit die Eheleute in ihrer Gestaltung frei oder auf die Auswahl von vorgegebenen Güterständen beschränkt sind, ob die Ehegatten einen Güterstand ausländischen Rechts durch materiellrecht­ liche Verweisung auf fremdes Recht wählen dürfen.283 Die Ehevertragsfähigkeit284 ist eine besondere Geschäftsfähigkeit und unterliegt deshalb gem. Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB dem gewählten Güterrechtsstatut.285 Abzu­ stellen hat man dabei auf die Zeit des Vertragsschlusses, nicht auf die der Eheschließung. Ein Vertrauensschutz hinsichtlich dieser besonderen Geschäfts­ fähigkeit scheidet wegen Art.  50 Abs.  3 Alt.  1 bulgIPRGB aus. Wird im Ehevertrag zugleich eine kollisionsrechtliche Rechtswahl getroffen, so beurteilt sich jeder Teil des Vertrags nach seinen eigenen Regeln: der sachrechtliche nach den Sachnormen des gewählten Rechts, der kollisionsrechtliche nach dem objektiv berufenen Güterrechtsstatut. Deshalb ist die Form des Ehevertrags nach Art.  61 bulgIPRGB, die Form der Rechtswahl nach Art.  80 Abs.  1 oder Art.  61 bulgIPRGB zu bestimmen.286 Indes gelten auch hier die allgemeinen Regeln des Art.  39 Abs.  3 bzw. Abs.  2 Fall 1 bulgIPRGB: Stößt das Bergriffverständnis des bulgarischen Rechts an seine (Auslegungs-)Grenzen, so ist die fremde Regelung funktional zu erfassen und nach ihrem Sinn und Zweck zu befragen, den sie in dieser fremden Rechtsordnung besitzt. Diesem Sinn und Zweck ist dann – innerhalb der Grenzen des heimischen ordre public – zu entsprechen. Art.  14 EGBGB i. d. F. von 1986 zugerechnet, s. nur jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  56. 281  Das Gleiche gilt aus der österreichischen Perspektive; vgl. Nademleinsky/Neumayr, ­IntFamR, Rn.  04.16. 282  Solche erklärt Art.  38 Abs.  3 S.  1 FamKodex ausdrücklich für unzulässig. 283  Wie hier Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  230. §  1409 Alt.  2 BGB schränkt bspw. solch Verweisungsrecht der Ehegatten-Parteien ein. 284  Manche Rechte sehen Altersobergrenzen vor (Altersuntergrenzen haben alle Rechte), so z. B. Brasilien (60 Jahre für den Mann, 50 Jahre für die Frau) und Portugal (60 Jahre für beide). 285  A. A. (jedenfalls zum alten IPR) Todorov, Pravootnoshenia, S.  141 f., Tz.  59, der die Ehevertragsfähigkeit an das Heimatrecht des jeweiligen Ehegatten anknüpfte, was dem heutigen Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB entspräche. 286  Zur Form der güterrechtlichen Rechtwahlvereinbarung ausführlich unter 3.  Teil, §  2. C. II. 3.

§  2. Ehewirkungen

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II. Rechtswahl287 1. Anknüpfungsregeln288 a) Allgemeines Das Güterrechtsstatut gilt sowohl für das gesetzliche wie für das vertragliche Ehegüterrecht. Primärer Anknüpfungspunkt ist – der Parteiautonomie289 folgend – die Rechtswahl. Die Dispositionsfreiheit erstreckt sich also auch auf das (vor-) eheliche Vermögen. Die Zulässigkeit der Rechtswahl ist nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt fixiert. Sie kann vor der Eheschließung wie danach bis hin zur rechtskräftigen Auflösung der Ehe getroffen werden (Art.  80 Abs.  3 S.  1 bulg­ IPRGB) – und damit insbesondere während einer – sei es streitigen, sei es einvernehmlichen – Scheidung in der Scheidungsvereinbarung i. S. des Art.  49 Abs.  4 resp. Art.  51 FamKodex.290 Das ermöglicht Brautleuten eine Umsetzung ihrer Vorstellungen über die güterrechtlichen Beziehungen, Eheleuten eine Anpassung an sich verändernde Vermögensverhältnisse. Die prenuptiale Rechtswahl kann Wirkungen freilich erst ab der Eheschließung zeitigen; bis dahin ist sie aufschiebend bedingt durch das Tatbestandsmerkmal „Ehe“.291 287 

Die Einführung der Parteiautonomie im Internationalen Ehegüterrecht ist eine Neuschöpfung des bulgarischen IPR. Vor der einheitlichen Kodifizierung im bulgIPRGB war der Wille der Ehepartner in einer gemischt-nationalen Ehe für eine etwaige Anknüpfung nach ganz h. M. bedeutungslos, wenn nur die Vermögensbeziehung auf Bulgarien ausgerichtet war. Bei Ausländerehen kam es auf das Heimatrecht an (Art.  133 Abs.  2 FamKodex a. F. von 1985). Lediglich Todorov vertrat eine abweichende Auffassung: Er wollte die Rechtswahl auch in den Fällen zulassen, in denen die Sache im Ausland belegen war. Ausf. hierzu ders., Pravootnoshenia, S.  135 ff., Tz.  57 m. w. N. Art.  133 FamKodex a. F. (1985) hielt keinen kollisionsrechtlichen Rechtswahltatbestand bereit, sondern nur objektive Anknüpfungspunkte. Der ehegüterrechtliche Parteiwille konnte daher nur über einen Renvoi Berücksichtigung finden, wenn das objektiv berufene Ehegüterstatut die Parteiautonomie gewährte. Dies ist insoweit konsequent, als selbst sachrechtlich der Abschluss von Eheverträgen nicht zugelassen war; eingehend zum letzteren Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  162 ff.; Venedikov, SIO, S.  34 ff. Der Abschluss eines Ehevertrags wird erstmalig mit Inkrafttreten des FamKodex am 1.10.2009 in Artt.  37 ff. FamKodex für zulässig erklärt; vor diesem Zeitpunkt waren ehevertragliche Vereinbarungen nichtig; vgl. Dimitrov, Nishtozhnost, S.  165 m. w. N. So gesehen, ebnete der IPR-Gesetzgeber den Weg zur Beachtung der Privatautonomie im materiellen Recht Bulgariens. 288  Zur geschichtlichen Entwicklung der Parteiautonomie im IPR s. Zidarova, Avtonomia na volyata v MCP, S.  9 ff. 289  Die Rechtswahl ist Ausfluss der Vertragsfreiheit. Die Vertragsfreiheit kann sich sowohl auf der Kollisions- als auf der Sachrechtsebene entfalten. Die kollisionsrechtliche Seite der Vertragsfreiheit bezeichnet man mit Parteiautonomie, die sachrechtliche Seite mit Privatautonomie; vgl. Stoll, Rechtswahl, S.  8. 290  Für das Schweizer IPR bei Abschluss einer Scheidungskonvention Siehr, IPR der Schweiz, §  3 III. 2. (2), S.  40. 291  Vgl. Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  117 v. 16.11.2016 i. d. Rs. №  658/2016 –

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

b) Kollisionsrechtliche Einschränkungen Den Parteien steht es frei, das für ihren Güterstand maßgebende Recht selbst festzulegen. Die Rechtswahl können sie in einem Ehevertrag (vgl. Artt.  37 ff. FamKodex) oder unabhängig davon treffen.292 Mit der Rechtswahl bringen sie ihr starkes Vertrauen in die Geltung des gewählten Rechts (einschließlich seiner späteren Änderungen) zum Ausdruck.293 Einmal getroffen bzw. wirksam geworden, beansprucht die Güterrechtswahl – und mit ihr ebenso der ihr unterstellte bzw. gewählte Güterstand – solange Gültigkeit, bis die Parteien etwas Gegen­ teiliges erklären, sei es durch die Wahl eines anderen Rechts, sei es durch ihre isolierte Aufhebung.294 Anders ausgedrückt: Das mittels der Rechtswahl zur Anwendung berufene Recht wird gleichsam perpetuiert, bis die Gatten ihre Wahl durch eine neue revidieren – sei es nur auf kollisionsrechtlicher Ebene, sei es auf kollisions- und sachrechtlicher Ebene.295 Die kollisionsrechtliche Güterrechtswahl ist jedoch den Ehegatten nicht völlig frei überlassen.296 Vielmehr erfährt sie (und als Minus dazu selbst ihre Änderung nach Art.  80 Abs.  3 S.  2 Alt.  1 bulgIPRGB) in zweierlei Hinsicht297 eine Einschränkung:298 ciela = Sobstvenost i pravo 2019, №  2, 57–60; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  107, 110; auf die sachrechtliche Ebene (Ehevertrag) bezogen Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  117; Markov, Semeyno i nasledstveno pravo, S.  40; Tsankova, YS Goleminov (2010), 223, 234, die bei nichtiger Ehe den prenuptialen Ehevertrag bei entsprechender Vertragsregelung als einen „allgemeinen Zivilvertrag“ aufrechterhalten will. 292  Trotzdem sind stets zwei Ebenen zu unterscheiden: einesteils die kollisionsrechtliche, andernteils die sachrechtliche. Schließen die Parteien einen Ehevertrag auf der Ebene des Sachrechts, so gilt es etwaige Besonderheiten seiner Wirkungen, Aufhebung und Änderung zu beachten. Hierauf wird später noch einzugehen sein. 293  Die Parteien können mithin lediglich das gewählte Recht in seiner Fassung zur Zeit der Wahl bzw. deren Wirksamwerdens rechtsgültig vereinbaren. Auf nachfolgende Veränderungen des materiellen Rechts können sie nur durch eine Neuwahl oder eine Aufhebung der Altwahl reagieren; so für Art.  52 Abs.  2 schweizIPRG Greiner/Geiser, ZBJV 127 (1991), 1, 10 f. 294  Haben die Ehegatten die Güterrechtswahl in einem Ehevertrag getroffen, so können sie freilich ihren Inhalt nur in der Form eines Ehevertrages ändern bzw. ihre Geltung aufheben (actus contrarius-Gedanke), und gerade nicht in der einfachen Form nach Art.  80 Abs.  1 bulg­IPRGB. 295  Ebenso im Geltungsbereich des Art.  55 Abs.  2 Alt.  2 schweizIPRG; vgl. Schnyder/Liatowitsch, IPR und IZVR, Rn.  436; Guillod, Eheverträge in schweizerisch-deutschen Sachverhalten, S.  244. 296  Der bulgarische IPR-Gesetzgeber hat sich somit gegen den Vorschlag von Todorov entschieden, die Parteiautonomie unabhängig von der Sichtweise des objektiv ermittelbaren Ehegüterrechtsstatuts zu respektieren; vgl. Todorov, Pravootnoshenia, S.  137, Tz.  57. 297  Eine fast wortgleiche Regelung trifft das IPR der vormals jugoslawischen Staaten in Art.  37 Abs.  2 IPRG: Die Rechtswahl ist nur dann zulässig, wenn das bei Vertragsschluss maßgebliche Ehewirkungsstatut sie gestattet. 298  Einschränkend können sich zusätzlich der ordre public-Vorbehalt gem. Art.  45 bulg­

§  2. Ehewirkungen

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Einesteils muss der Sachverhalt einen Auslandsbezug aufweisen (Art.  1 Abs.  1 Nr.  2, Abs.  2 bulgIPRGB); reine Inlandssachverhalte scheiden aus.299 Ein internationaler Sachverhalt liegt vor, wenn die objektiven Anknüpfungspunkte des Art.  79 Abs.  1 oder Abs.  2 bulgIPRGB wenigstens zwei Rechtsordnungen be­ rühren; der Belegenheitsort einer Sache im Ausland genügt (vgl. Art.  1 Abs.  2 bulgIPRGB).300 Andernteils steht die Wirksamkeit der getroffenen Wahl unter dem Vorbehalt,301 dass das objektive Ehegüterstatut die Rechtswahl in ihrer konkret vor­ genommenen Gestaltung überhaupt zulässt.302 Damit ist selbst die Abwahl bul­ garischen Ehegüterrechts möglich, ansonsten dem Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB nur klarstellende Funktion zukäme.303 Das objektive Güterrechtsstatut ist zum Zeitpunkt der Rechtswahl zu bestimmen, bei einer vorehelichen Wahl im Augenblick der nachfolgenden Eheschließung. Die Entstehung eines „hinkenden“ Güterrechtsrechtsverhältnisses bei Nichtanerkennung der Rechtswahl im Ausland wird so unterbunden. IPRGB und die Eingriffsnormen i. S. des Art.  46 bulgIPRGB auswirken, die ohnehin losgelöst von einer Rechtswahl im Ehegüterrecht zu berücksichtigen sind. Die Regelungen über die Errungenschaftsgemeinschaft in Artt.  21–32 FamKodex sind keine zwingenden Normen i. S. des Art.  46 Abs.  1 bulgIPRGB; s. Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  231 f. Zum Themenkreis „Eingriffsnormen“ im Allgemeinen und im Besonderen eingehend S. Stalev, MCP-­ Obshta chast, S.  162 ff. 299  Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  229 f.; Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  328. Bei rein nationalen Sachverhalten bleibt den Gatten nur die Möglichkeit einer materiellrechtlichen Verweisung, sofern das Güterstatut sie erlaubt. Ist Güterstatut bulgarisches Recht, so ist die materiellrechtliche Verweisung zulässig. Dafür bedarf es aber eines Ehevertrags. 300  Vgl. Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  117 v. 16.11.2016 i. d. Rs. №  658/2016 – ciela = Sobstvenost i pravo 2019, №  2, 57–60; Bezirksgericht Varna, Urt. №  1137 v. 4.7.2017 i. d. Rs. №  2204/2016 – ciela; Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  230, die diesen Ansatz auf unbewegliche Sachen beschränken will; wohl ebenso Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  328 (Fn.  456). Zu den Schwierigkeiten, den Auslandsbezug mittels eines „internationalen Elements“ des Sachverhalts zu bestimmen, s. Maesch, Kodifikation, S.  81–86. 301  Ebenso Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  327 („unter Bedingung“). 302  Wie hier Bezirksgericht Varna, Urt. №  1137 v. 4.7.2017 i. d. Rs. №  2204/2016 – ciela; Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  329; Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ (2007), 398, 429: Die Wahl sei durch das objektiv anwendbare Recht gebunden. Kritisch zu diesem Erfordernis Todorov, MCP, S.  223 f., und Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  237 f. De lege ferenda schlägt sie eine uneingeschränkte, von den Bedingungen des objektiven Güterrechtsstatuts unabhängige Rechtswahlmöglichkeit vor; ihr folgend Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  331. 303  Hertel, in: Würzburger Notar-Hdb, S.  3058, Rn.  721; Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  327 f.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Hierbei wird Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB die Rolle eines Rocher de Bronze zugedacht. Sie besteht gerade nicht darin, die Rechtsordnungen vorzugeben, aus welchen die Ehepartner ihr Güterrecht wählen können.304 Vielmehr soll die Norm eine Antwort ausschließlich auf die Frage geben, ob das mittels der objektiven Kaskadenanknüpfung nach Art.  79 Abs.  1 oder Abs.  2 bulg­IPRGB verwiesene (ausländische) Kollisionsrecht eine Rechtswahl betreffs des ehelichen Güterstatuts zulässt und, wenn ja, mit welchem Inhalt.305 Daraus folgt: Gestattet das objektive Güterstatut eine postnuptiale Rechtswahl nicht oder nicht so, wie die Ehegatten sie vornehmen wollen, so hat der bulgarische IPR-Anwender dies zu respektieren. Ermöglicht hingegen – nur – das gewählte Güterstatut eine postnuptiale Rechtswahl nicht oder nur in engen Grenzen, so ist das für das bulgarische IPR belanglos. Anders gesagt: Die Abhängigkeit der Rechtswahl von der Einstellung des objektiven Güterstatuts führt zu einer Perpetuierung dieses Güterstatuts und damit des ihm unterliegenden gesetzlichen Güterstands, wenn das objektive Güterrechtsstatut eine Rechtswahl nicht oder nicht so zulässt. Anders als im deutschen Kollisionsrecht (Art.  15 Abs.  2 EGBGB i. d. F. von 1986) können die Ehegatten im bulgarischen IPR mithin eine abschlägige Entscheidung des objektiv maßgeblichen Güterrechtsstatuts nicht unbeachtlich lassen. Ein Renvoi ist an dieser Stelle nicht zu befolgen. Er würde die Bestimmung des objektiven Güterrechtsstatuts und damit die Parteiautonomie beeinträchtigen.306 Nach alledem ist festzuhalten: Sieht das objektiv berufene fremde Kollisionsrecht eine ausdifferenzierte Lösung vor (wie z. B. Art.  15 Abs.  2 EGBGB i. d. F. von 1986 oder Art.  52 Abs.  2 schweizIPRG307), so muss die getroffene Rechtswahl diese ausdifferenzierten Voraussetzungen erfüllen. Ist das dagegen nicht der Fall, stellt also das objektive Güterstatut keine eingehenden Erfordernisse auf (wie bsplw. Art.  19 österrIPRG308), so genügt die Feststellung, eine kollisionsrechtliche Wahl des Ehegüterstatuts sei im allgemeinen zulässig.309 In beiden Varianten müssen die jeweils genannten Voraussetzungen zur Zeit der Rechtswahl, bei einer vorehelichen Rechtswahl zur Zeit ihres Wirksamwerdens vorliegen. Spätere Änderungen sind unbeachtlich, da die einmal wirksam getroffene Rechtswahl Gültigkeit hat bis zu ihrer Änderung bzw. Aufhebung. Freilich kön304 

So aber ist die Regelungstechnik des Art.  22 Abs.  1 EuGüVO. Vgl. Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  233, 241 und insbes. S.  242. 306  Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  233 f.; Todorov, MCP, S.  215. 307  Dazu u. a. Pakuscher, Unwandelbarkeit des Ehegüterrechtsstatuts, S.  166–173 m. w. N.; Bucher, in: Lausanner Kolloquium, S.  115, 118 f. 308  Vgl. Nademleinsky/Neumayr, IntFamR, Rn.  04.25. 309  Wohl im gleichen Sinne ebenfalls Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  237. 305 

§  2. Ehewirkungen

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nen die Eheleute einen Wechsel ihres ehelichen Güterstatuts vereinbaren für den Fall, dass Tatsachen eintreten, die nach dem IPR der zunächst gewählten Rechtsordnung einen Statutenwechsel begründen.310 Das dann gewählte Recht hat sich erneut an dem objektiven Güterstatut gem. Art.  79 Abs.  1 oder 2 i. V. m. Abs.  4 bulgIPRGB messen zu lassen. Denn rechtskonstruktiv handelt es sich hierbei um eine auflösend bedingte Aufhebung der zunächst getroffenen Rechtswahl in Verbindung mit einer aufschiebend bedingten zweiten Rechtswahl.311 Es ist unerheblich, ob das objektiv anknüpfend über Art.  79 Abs.  1 oder Abs.  2 i. V. m. Abs.  4 bulgIPRGB ermittelte Sachrecht eine Vereinbarung des Güterstands vorsieht und, wenn ja, mit welchem Inhalt.312 Dies folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB. Dort ist sogar in der Vergangenheitsform „von dem in den Abs.  1 und 2 bestimmten Recht“ die Rede. Bestimmt ist das Recht in diesem Sinne mit der Lokalisierung der kollisionsrechtlichen Verweisung. Auch steht die Zulässigkeit einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl im Raum, und sie kann nur das Kollisionsrecht, nicht das Sachrecht bestimmen. Objektives Ehegüterstatut ist stets das gemeinsame. Deshalb kann nicht der Fall auftreten, dass zwei auseinanderfallende Statute berufen sind, welche die Frage nach der Zulässigkeit der Wahl unterschiedlich beantworteten. c) Verbindung zum gewählten Recht? Fraglich ist, ob die Eheleute auf die Wahl eines Rechts beschränkt sind, zu welchem sie entweder wenigstens irgendeine oder gar eine relativ enge Verbindung haben. Möglicherweise verlangt schon Art.  2 Abs.  1 bulgIPRGB eine besonders enge Verbindung. Danach beruhen sämtliche Vorschriften des bulgIPRGB zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts auf dem Prinzip der engsten Verbindung. Indes gehört Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB nicht dazu. Denn er bestimmt nicht das anwendbare Recht, dies tun vielmehr die Ehegatten selbst; sie allein legen fest, zu welchem Recht sie die engste Beziehung haben (wollen). Diese Zweigleisigkeit des Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB ist dem Art.  2 Abs.  1 bulgIPRGB gerade fremd. Daraus folgt: Es ist keinerlei Beziehung der Parteien zu dem gewählten Recht erforderlich.313 Die Ehegatten können mithin das gesamte, in verschiedenen Staaten belegene (bewegliche wie unbewegliche) Vermögen einem der Belegen310 

MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  15 ERGBG, Rn.  121. Vgl. Staudinger/Mankowski (2011), Art, 15 EGBGB, Rn.  125; a. A. Stoll, Rechtswahl, S.  219 (einheitliche Rechtswahl mit dynamischem, wandelbarem Inhalt). 312  Wie hier Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  233, 241; zweideutig dagegen auf S.  229: Die Parteiautonomie müsse nach dem objektiv anwendbaren Recht zulässig sein. 313  Wie hier Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  237; dies., Savremenno pravo 2008, №  2, 57, 63. 311 

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heitsrechte oder aber einem dritten Recht unterstellen, zu dem keine Verbindung besteht, gesetzt immer den Fall, das objektive Ehegüterstatut gestattet diese Vorgehensweise. Nur diese Lösung lässt sich aus dem Gesetz entwickeln. In der Praxis mag sie unbequeme Folgen zeitigen. Man denke nur an die Bedürfnisse des grundstücksbezogenen Rechtsverkehrs und die darauf abgestimmten Re­ gistrierungsmechanismen. Doch ist ein anderes Ergebnis de lege lata nicht zu gewinnen. Mit dem Erfordernis eines internationalen Bezugs i. S. des Art.  1 Abs.  1 Nr.  2, Abs.  2 bulgIPRGB darf man diese Herleitung nicht verwechseln. Die Eigentumswohnung also, die ein schwedisch-portugiesisches Ehepaar mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich an der bulgarischen Schwarzmeerküste erwirbt, kann aus Sicht des bulgarischen IPR dem deutschen Güterrecht unterstellt werden. Denn Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB beruft als objektives Güterrechtsstatut das österreichische Kolli­ sionsrecht. Art.  19 österrIPRG ermöglicht eine güterrechtliche Rechtswahl ohne Einschränkungen.314; 315 Und Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB setzt schließlich eine (gegenwärtige wie künftige) Verbindung zum gewählten Güterrecht nicht voraus.

2. Objektbezogene Rechtswahl Ob die Ehegatten die Maßgeblichkeit des gewählten Rechts auf bestimmte Vermögensteile/-gegenstände beschränken können (sog. objektbezogene Rechtswahl), ist nicht ausdrücklich geregelt. Aus dem Wortlaut des Art.  79 Abs.  4 bulg­ IPRGB lassen sich Anhaltspunkte für und gegen sie ableiten. Dabei sind stets zwei Ebenen auseinanderzuhalten: eine kollisions- und eine sachrechtliche. Auf der ersten ist zu entscheiden, ob eine objektbezogene Rechtswahl zulässig ist; auf der zweiten, ob und ggf. welche sachrechtlichen Folgen diese Wahl hat. Anders ist die Sichtweise des Art.  22 EuGüVO. Im Hinblick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit des Güterstatuts können die Ehegatten die Rechtswahl nur für ihr gesamtes Vermögen treffen, ohne Rücksicht auf seine Belegenheit.316

314  Bis auf eine relevante Auslandsbeziehung freilich; welche Stärke diese jedoch aufzuweisen hat, das ist im österreichischen Schrifttum wiederum strittig; dazu Nademleinsky/Neumayr, IntFamR, Rn.  04.26 m. w. N. 315  Art.  19 österrIPRG lautet: „Das Ehegüterrecht ist nach dem Recht zu beurteilen, das die Parteien ausdrücklich bestimmen, mangels einer solchen Rechtswahl nach dem zur Zeit der Eheschließung für die persön­ lichen Rechtswirkungen der Ehe maßgebenden Recht.“ Text der Vorschrift bei Lurger, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Österreich, 205. Lfg., Stand: 1.6.2015. 316  Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  15.

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a) Kollisionsrechtliche Ebene aa) Zulässigkeit der Teilrechtswahl Auf der kollisionsrechtlichen Ebene ist das aufgeworfene Problem positiv zu lösen.317 Dafür streitet bereits eine am Wortlaut ausgerichtete Interpretation. In Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB heißt es buchstäblich: „für Regelung“ – und gerade nicht für die Regelung – „ihrer Vermögensbeziehungen.“318 Durch die Konjunktion „sofern“ – „dies nach dem in Abs.  1 und 2 bestimmten Recht zulässig ist“ – findet dieses Auslegungsergebnis eine weitere Stütze im Gesetzeswortlaut. Außerdem können die ehelichen „Vermögensbeziehungen“ auf einen einzigen Gegenstand ausgerichtet sein, was der Gesetzgeber dadurch kenntlich macht, dass er den Ehegatten ermöglicht, „ein“ – und gerade nicht „das“ – anzuwendende(s) Recht zu wählen. Das Personalpronomen „ihr“, welches in Art.  79 Abs.  4 bulg­ IPRGB in dem Begriffspaar „ihrer Vermögensbeziehungen“ verwendet wird, ist deswegen als „ihr jeweiliges Vermögen“ zu verstehen. Außerdem spricht für diese Auslegung der Vergleich zur Rechtswahl im Erbrecht. Gemäß Art.  89 Abs.  2 bulgIPRGB kann der Erblasser für die Erbfolge in sein gesamtes Vermögen das Recht des Staates wählen, dem er im Augenblick der Wahl angehört. Mangels Gleichklang zu Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB war sich der Normgeber der unterschiedlichen Formulierung in Art.  79 Abs.  4 („für Rege317 

So auch Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  238, die aber die Teilrechtswahl nur hinsichtlich „objektiv abgrenzbarer Vermögensteile“ zulassen will; dies., Savremenno pravo 2008, №  2, 57, 64, 71 (Fn.  14); a. A. (partielle Rechtwahl ablehnend) Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  331. Diese gegenteilige Ansicht argumentiert folgendermaßen: Die Abhängigkeit der Rechtswahl von dem objektiven Güterrechtsstatut sei eine Beschränkung der Parteiautonomie. Das wiederum rechtfertige de lege lata die Ablehnung einer partiellen Rechtswahl. Der Einwand sticht nicht. Im Gegenteil. Der Argumentationsstrang legt allenfalls die umgekehrte Schlussfolgerung nahe: Der Umstand, dass der Gesetzgeber die kollisionsrechtliche Güterrechtswahl lediglich an dem dispositiv-objektiven Güterstatut messen lassen will, im Übrigen aber keinerlei Einschränkungen vorsieht und sie sogar auf der sachrechtlichen Ebene voraus- und fortsetzt, verstärkt das Auslegungsergebnis zugunsten der Zulässigkeit einer solchen partiellen Rechtswahl. Nach dem schweizerischen IPR können die Eheleute nicht durch Teilrechtswahl einzelne Vermögensgegenstände güterrechtlich einem anderen Recht unterstellen als ihr übriges Vermögen; Bucher, in: Lausanner Kolloquium, S.  115, 123; Stober, Der deutsch-schweizerische Erbfall, S.  358. 318  Insofern unzutreffend ist die Übersetzung von Jessel-Holst, RabelsZ 71 (2007), 457, 476. Man kann den Gesetzeswortlaut statt mit einem unbestimmten Artikel („für eine Regelung ihrer Vermögensbeziehungen“) auch mit dem bestimmten Artikel („für die Regelung“) wiedergeben oder mit „zur Regelung ihrer Vermögensbeziehungen“. Doch man würde dabei außer Acht lassen, dass der Gesetzgeber das Wort „Regelung“ ohne Demonstrativpronomen verwendet. Wörtlich übersetzt, lautet der Text: „Die Ehegatten können für Regelung ihrer Vermögensbeziehungen […] wählen.“

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lung ihrer Vermögensbeziehungen“) und in Art.  89 Abs.  2 bulgIPRGB („Erb­ folge in sein gesamtes Vermögen“) sowie der sich daraus ergebenden Folgen wohl bewusst. Diese gesetzgeberische Entscheidung muss man respektieren. Überdies betrachtet das bulgarische materielle Recht den Ehevertrag, durch welchen die Ehepartner ihren Güterstand regeln, sei es im Ganzen, sei es im einzelnen, als akzessorischen319 schuldrechtlichen Vertrag mit familienrecht­ lichem Einschlag.320 Es liegt deshalb nahe, die Wertung des Art.  93 Abs.  3 bulg­ IPRGB fruchtbar zu machen.321 Dieser gestattet ausdrücklich eine gegenständ­ liche Beschränkung der Rechtswahl. Des Weiteren herrscht im bulgarischen Güterrecht ohnehin nicht der Grundsatz der Einheitlichkeit des Güterstands. Das folgt aus Art.  38 Abs.  4 FamKodex. Art.  27 Abs.  3 leg.cit. bestätigt dieses Verständnis.322 Nach der letztgenannten Vorschrift „kann“ die Errungenschaftsgemeinschaft während der Ehe beendet werden, wenn die Ehegatten Gütertrennung wählen oder einen Ehevertrag schließen.323 Eheleute können also in Bezug auf einzelne Gegenstände den gesetz­ lichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft beibehalten,324 hinsichtlich ihres restlichen gegenwärtigen wie künftigen Vermögens dagegen ehevertraglich etwa anderes vereinbaren, z. B. Gütertrennung durch Verweisung auf die Vorschriften der Artt.  33 ff. FamKodex (Art.  38 Abs.  2 S.  1 FamKodex).325 Dieses sachrechtliche Vorverständnis des bulgarischen Rechts beeinflusst entsprechend die Auslegung dessen Kollisionsrechts. Es ist darum nur konsequent, dem objek-

319  Akzessorietät

bedeutet hier Bestand einer Ehe; vgl. Staneva, Brachniyat dogovor, S.  23; Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  395. 320  Näher dazu Staneva, Brachniyat dogovor, S.  19–24. 321  Ähnlich Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  238 f, die sogar eine Gesamtanalogie zu Artt.  93, 94, 113 und 114 bulgIPRGB vertritt. 322  Art.  27 Abs.  3 FamKodex lautet: „Die Errungenschaftsgemeinschaft der Ehegatten kann während der Ehezeit beendet werden, wenn die Ehegatten den Güterstand der Trennung wählen oder einen Ehevertrag schließen.“ 323  Hierzu im Überblick Dobrev, Sobstvenost i pravo 2019, №  6, 65 ff. 324  Wie hier ausdrücklich Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  134 (Fn.  114), allerdings sei die Gesetzesformulierung: Die Errungenschaftsgemeinschaft kann beendet werden – nicht richtig. Denn der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft werde mit dem Abschluss eines Ehevertrags beendet und durch eine vergleichbare Konstruktion ersetzt, die aus dem Ehevertrag herrühre; Topuzov, Sobstvenost i pravo 2013, №  4, 39, 41; ders., Nishtozhnost, S.  38, 40. 325  Ebenso Malchev, Sobstvenost i pravo 2016, №  5, 47, 49; s. a. Topuzov, Sobstvenost i pravo 2013, №  4, 39, 40: „Im Ehevertrag können die Eheleute bestimmen, dass sich ihre Vermögensbeziehungen nach der vertraglichen Errungenschaft oder der vertraglichen Gütertrennung richten; sie können auch ein kombiniertes (gemischtes) Vermögensregime ausarbeiten.“; ders., Nishtozhnost, S.  38, 40.

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tiven Ehegüterstatut die Antwort auf die Frage zu überlassen, ob es eine partielle Rechtswahl als zulässig erachtet und, wenn ja, welchen Inhalt es gestattet.326 bb) Deutliche Anhaltspunkte Für die Annahme einer Teilrechtswahl sind hinreichende Anhaltspunkte erforderlich. Mangelt es daran, so ist im Zweifel von einer allumfassenden Rechtswahl auszugehen, die sich nicht nur auf das zur Zeit der Rechtswahlvereinbarung vorhandene, sondern auch auf später hinzuerworbenes Vermögen erstreckt. cc) Reichweite der Teilrechtswahl Die partielle Rechtswahlmöglichkeit bezieht sich auf Immobiliarvermögen wie auf Fahrnis, selbst wenn die Braut- bzw. Eheleute meist nur das erste einem bestimmten Rechtssystem vertraglich werden unterwerfen wollen. Das erleichtert den Grundstücksverkehr, denn man muss nicht mehr das berufene objektive ­Güterrechtsstatut befragen, wie es die Eigentumsverhältnisse, die Verfügungs­ befugnisse und etwaige Verfügungsbeschränkungen der Eheleute regelt.327 Was als Sache gilt, und welche Sache beweglich und welche unbeweglich ist, das bestimmt nicht die bulgarische lex fori. Zwar hat sie die Verständnishoheit über ihre eigenen Kollisionsnormen inne, doch wird diese Kompetenz von Art.  64 Abs.  2 bulgIPRGB überlagert:328 Das Recht des Belegenheitsortes befindet über die Qualifikation.329 Das wird in der Regel das gewählte Recht sein, 326 

Eine Teilrechtswahl erlaubt etwa das Schweizer IPR nicht, was im Hinblick auf Grundstücke Kritik hervorruft; vgl. Guillod, Eheverträge in schweizerisch-deutschen Sachverhalten, S.  247; Greiner/Geiser, ZBJV 127 (1991), 1, 14. 327  Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  152. 328  Wie hier Mateeva, Deutsches Erbrecht in Bulgarien, S.  283 (Fn.  353). Das Problem angeschnitten, im Ergebnis jedoch offen gelassen Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  333. 329  Das bulgarische Recht definiert lediglich den Begriff „unbewegliche Sache“. Alles, was nicht darunter fällt, zählt zu den beweglichen Sachen. Nach Art.  110 S.  1 bulgEigentumG umschließt das unbewegliche Vermögen alle Gegenstände, die dauerhaft mit dem Boden oder einem sich darauf befindlichen Gebäude verbunden sind. Wie diese Verbindung hergestellt ist – auf natürlichem Wege oder durch Menschenhand –, ist unbeachtlich. Alle sonstigen Sachen sind beweglich (Art.  110 S.  2 bulgEigentumG). Gemäß Art.  111 Abs.  1 bulgEigentumG gilt die Bestimmung des Art.  110 S.  1 leg.cit. auch hinsichtlich dinglicher Rechte an unbeweglichen Sachen. Das Eigentum am Grund und Boden erstreckt sich auf die mit ihm verbundenen Sachen, z. B. Gebäude, Pflanzen und Bäume (Art.  92 bulgEigentumG). Einige Ausnahmen sehen Artt.  63 f. bulgEigentumG vor. Zum Ganzen eingehend L. Vasilev, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  222 ff.; ders., Veshtno pravo, S.  21 f.; Boyanov, Veshtno pravo, S.  28 ff.; Petrov/­Markov, Veshtno pravo, S.  26 f. Bei einer Verweisung auf bulgarisches Kollisionsrecht erhellt daraus: Alles, was mit dem

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was eine Disharmonie zwischen den beteiligten Rechtsordnungen vermeidet: Angleichungsprobleme zwischen Güter- und Erbrecht sowie Erbrechts- und Sachenrechtsstatut lassen sich durch die Wahl der lex rei sitae vermeiden.330 Die Eheleute können somit auch bloß für einen Teil ihres gegenwärtigen wie künftigen Vermögens – also nicht ausschließlich für ihr Gesamtvermögen – eine Rechtswahl treffen. Zum Beispiel können sie über das unbewegliche Vermögen in Deutschland die lex rei sitae herrschen lassen. Für das restliche Vermögen gibt sodann die objektive Anknüpfung nach Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 oder Abs.  2 bulgIPRGB den Ausschlag. Die Ehegatten können aber ebenso verschiedene Vermögensgegenstände jeweils verschiedenen Rechtsordnungen unterstellen, etwa Immobiliarvermögen dem Recht des Belegenheitsorts, Mobiliarvermögen dem gemeinsamen Heimatrecht oder dem Heimatrecht eines der Ehepartner.331 Die Vermögenswerte der jeweiligen Güterrechtsstatute sind in diesem Fall als selbständige Vermögensmassen zu behandeln.332 Es tritt eine Spaltung des Güter­ statuts ein. M.a.W. führt die objektbezogene Rechtswahl zur Rechtszersplitterung.

Grundstück eine (wirtschaftliche) Einheit bildet, ist als unbeweglich zu qualifizieren, insbesondere also die Grundpfandrechte und das Grundstückszubehör. Nicht erfasst sind etwaige Forderungen auf Rückübertragung eines Grundstücks, da sie nicht die Rechtsnatur des zurückzuerstattenden Gegenstands teilen. Es lässt sich dogmatisch Folgendes schwerlich behaupten: Wenn ein (immobiliarbezogenes subjektives) Recht im Register eingetragen sei, dann sei es grundsätzlich als unbeweglich zu qualifizieren. Art.  112 bulgEigentumG zählt zwar katalogartig auf, welches Recht im Eintragungsregister („Grundbuch“) einzutragen ist. Daraus aber gewissermaßen eine Verdinglichung herzuleiten, die sich auf die kollisionsrechtliche Ebene übertragen und weiterentwickeln lässt, verbietet sich. Erstens entsprechen sich die verwendeten Begriffspaare „bewegliche Sache“–“unbewegliche Sache“ im bulgarischen IPR wie im bulgarischen bürgerlichen Recht, was die „autonome/funktionale“ Auslegung auf kollisionsrecht­ licher Ebene nur unter Anwendung des Art.  39 Abs.  3 bulgIPRGB zulässig machte. Dafür wären jedoch entsprechende Anhaltspunkte erforderlich. Zweitens sind im Eintragungsregister bspw. selbst Gerichtsurteile einzutragen, die ein dingliches Recht zum Streitgegenstand haben, sowie die Klageanträge auf Aufhebung eines solchen Gerichtsurteils. Deshalb können etwa Forderungen aus Grundstücksmietverträgen oder -pachtverträgen, die für länger als ein Jahr abgeschlossen werden, nicht als – im Sinne des IPR – zu den unbeweglichen Sachen gehörend qualifiziert werden, obwohl das Bestehen von solchen Mietverhältnissen gem. Art.  112 lit.  e bulgEigentumG in das Eintragungsregister/Grundbuch einzutragen ist. Ähnlich zu verfahren ist bei Anteilen an Gesellschaften und Erbengemeinschaften. Sie sind als beweglich zu qualifizieren, unabhängig vom Inhalt des Gesellschafts- bzw. Erbengemeinschaftsvermögens. Zu diesem Ansatz s. eingehend Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  166 ff m. w. N.. 330  Wie hier Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  238. 331  Vgl. Duchek/Schwind, Art.  19 österrIPRG, S.  55. 332  Vgl. nur Palandt/Thorn (2018), Art.  15 EGBGB, Rn.  22 a. E.

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dd) Beendigung der Teilrechtswahl Die gegenständliche Wirkung der Teilrechtswahl endet selbstverständlich, sobald ein Vermögensgegenstand aus der ehelichen Vermögensmasse ausscheidet, insbesondere durch Veräußerung an einen Dritten.333 b) Sachrechtliche Ebene Ob diese kollisionsrechtliche Spaltung des ehelichen Güterstands auch auf der sachrechtlichen Ebene Wirkungen zeitigt, hängt ausschließlich von der Sichtweise des gewählten Sachrechts ab. Nur dieses kann Auskunft darüber geben, ob es die Vereinbarung verschiedener Güterstände für einzelne Vermögensgegenstände gestattet oder nicht. Genauer gesagt:334 Wählen die Ehegatten für einen Gegenstand ihres gegenwärtigen oder künftigen Vermögens eine Rechtsordnung, welche sich ihrer partiellen Rechtswahlvereinbarung zugänglich zeigt, so können sie – wenn nun das gewählte Sachrecht es erlaubt – für andere Vermögens­ teile in demselben Belegenheitsstaat es beim objektiv berufenen Güterrecht (und dem dortigen gesetzlichen Güterstand) belassen oder ein anderes Güterstatut wählen. Sie können sich aber genauso für das bereits gewählte Güterstatut entscheiden, und hierbei für einen anderen Güterstand optieren. Bei Wahl bulgarischen Güterrechts gilt Folgendes: Das bulgarische Familienrecht kennt den Grundsatz der Einheitlichkeit des Güterrechts nicht (mehr), vgl. Art.  38 Abs.  4 und Art.  27 Abs.  3 FamKodex. Ehe­ gatten können frei über ihr eheliches Vermögen disponieren; Grenzen setzen ­ihnen nur Art.  38 FamKodex selbst und die allgemeinen Vorschriften. Dabei können die Eheleute z. B. die gesetzlichen Güterstände der Errungenschaftsgemeinschaft und der Gütertrennung miteinander kombinieren, wofür sie einen Ehe­ vertrag abschließen müssen.335 Für diese Auslegung streitet schon der klare Wort­laut des Art.  38 FamKodex: Nach dessen Abs.  4 greifen die Regelungen der Errungenschaftsgemeinschaft ein, wenn der Ehevertrag hinsichtlich der Vermögensbeziehungen der Gatten Lücken aufweist. Der Wortlaut des Art.  27 Abs.  1 333 

Hierzu Schotten, DNotZ 1994, 566, 568. MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  41 a. E. Die Rechtslage ist im deutschen IPR umstritten; hiezu PWW/Martiny (2018), Art.  15 EGBGB, Rn.  9; MüKo BGB/Looschelders (2018), Art.  15 EGBGB, Rn.  90 m. w. N. 335  Wie hier Topuzov, Nishtozhnost, S.  40 f.; s. a. Stavru, Sasobstvenost, S.  20, nach dem die Ehegatten einer Errungenschaftsgemeinschaft nur mittels eines Ehevertrags den gesetzlichen Erwerb zum Errungenschaftsvermögen verhindern und Miteigentum zu ideellen Bruchteilen erwerben können; a. A. offenbar Dobrev, Sobstvenost i pravo 2019, №  6, 65, 66 (Dem Abschluss eines Ehevertrags gehe vorderhand eine Beendigung und Abwicklung des Güterstands der Errungenschaftsgemeinschaft voraus). 334 

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und Abs.  3 leg.cit. untermauert dieses Verständnis, wie bereits erwähnt. Danach wird die Errungenschaftsgemeinschaft mit der Scheidung beendet (Abs.  1), hingegen sie bei Wahl der Gütertrennung oder bei Abschluss eines postnuptialen Ehevertrages – nur – enden kann (Abs.  3). Anders ausgedrückt: Während der Ehezeit endet die Errungenschaftsgemeinschaft, wenn die Ehepartner das wünschen. Sie bleibt bestehen, wenn die Ehegatten sie neben der Gütertrennung oder dem Wahlgüterstand aufrechterhalten wollen.336 Ferner können die Eheleute nach Art.  38 Abs.  2 S.  1 FamKodex337 auch auf einen der gesetzlichen Güterstände verweisen; dies können sie jedoch sowohl insgesamt zur Regelung ihrer Vermögensverhältnisse tun als nur partiell für einzelne bereits vorhandene wie künftige Gegenstände.338 Die Gatten können außerdem mittels einer materiellrecht­ lichen Verweisung ­einen ausländischen Güterstand vereinbaren.339 Art.  38 Abs.  2 S.  1 FamKodex steht dem nicht entgegen. Denn es macht keinen Unterschied, ob die Eheleute den gewollten ausländischen Güterstand wörtlich in den Ehevertrag integrieren oder ihn nur durch eine materiellrechtliche Verweisung zu dessen Inhalt machen. Zudem geht es beim Abschluss eines Ehevertrags in erster Linie um die Wahrung wirtschaftlicher Interessen der Ehegatten-Vertragsparteien.340 336  A. A.

Todorova, YS Goleminov (2010), 265, 273 ff. (automatische Beendigung des gesetzlichen Güterstands mit Wahl der Gütertrennung oder des Vertragsgüterstands). Auf den Wortlaut des Art.  27 Abs.  3 FamKodex – „[…] kann […] beendet werden […]“ – geht sie aber nicht ein. 337  Art.  38 Abs.  2 S.  1 FamKodex lautet: „Die Vermögensbeziehungen der Parteien untereinander können auch durch eine Verweisung auf einen der gesetzlichen Güterstände geregelt werden.“ 338  Auf die alte Rechtslage beziehen sich die Ausführungen zum bulgarischen Familienrecht von Hertel, in: Würzburger Notar-Hdb, S.  3059, Rn.  727: „Es gibt keine Wahlgüterstände. Auch lässt das Gesetz keine Modifikationen des gesetzlichen Güterstands durch Ehevertrag zu.“; zur temporalen Geltung des FamKodex n. F. von 2009 siehe §  18 der Schlussbestimmungen. Zum geltenden Recht Süß, in: Beckʼsches Notar-Hdb, H., Rn.  168 (Bulgarien: Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft; „vertragliche Modifikationen möglich“); s. a. Topuzov, ­Nishtozhnost, S.  38 (Fn.  8). Einer Klarstellung bedarf die Formulierung von Ivanova, in: Süß, ErbR in Europa, Länderbericht Bulgarien, Rn.  28: „Nach bulgarischem Familienrecht ist die eheliche Errungenschaftsgemeinschaft zwingender gesetzlicher Güterstand.“ Zwingend ist der bulgarische gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft gem. Art.  18 Abs.  2 FamKodex nur in zwei Konstellation: bei Eheschließung zwischen Nichtvolljährigen (Var.  2) und zwischen beschränkt entmündigten Personen (Var.  3). Außerhalb dieser Fälle greift der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft Platz, wenn die Nupturienten bei Eingehung der Ehe keine Wahl des Güterstands gewählt haben (Var.  1). Doch ist dieser Güterstand nicht zwingend, sondern jederzeit während der Ehedauer per Ehevertrag aufhebbar und abänderbar (argumentum e contrario aus Art.  37 Abs.  3 i. V. m. Art.  42 Abs.  1 Nr.  1 HS.  2 oder 3 FamKodex). 339  Ebenso Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  230 ff. 340  Kötters, Parteiautonomie, S.  27.

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Ökonomische Belange sollen aber grundsätzlich dem Willen der Eheleute und nicht dem Gesetzgeber überlassen bleiben.341 Im Grundsatz entscheidet das gewählte Recht, ob auf den Güterstand eines Drittstaates als den vertraglichen ­Güterstand auf der sachrechtlichen Ebene verwiesen werden darf.342 Die vorstehende Problematik verdeutlicht ein Beispiel: Ein deutsch-bulgarisches Ehepaar mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland trifft 2017 formgültig folgende Vereinbarung: Über ihre ehegüterrechtlichen Beziehungen sollen bulgarisches und deutsches Güterstatut herrschen. Sodann heißt es: Die Immobilie in München unterliege dem bulgarischen gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft, die Liegenschaft in Nürnberg dem bulgarischen Güterstand der Gütertrennung, der Grundbesitz in Dresden der deutschen Zugewinngemeinschaft. Außerdem wollen die Eheleute wissen, ob für ihr Grundstück in Mannheim die deutsche Güter­gemeinschaft wählbar ist. I. Die Rechtswahl ist zulässig, da die Bedingungen hierfür – Zulässigkeit der Rechtswahl im allgemeinen, Zulässigkeit der Rechtswahl in puncto Objektbezogenheit auf kollisions- und sachrechtlicher Ebene – erfüllt sind. Dies ergibt sich aus Folgendem: 1) Objektives Güterrechtsstatut ist deutsches Recht, da die Eheleute mit unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB). a) Gemäß Art.  15 Abs.  2 Nr.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 können die Gatten für die güterrecht­ lichen Wirkungen ihrer Ehe das Recht des Staates wählen, dem einer von ihnen angehört. Einer der Ehegatten hat vorliegend die bulgarische Staatsangehörigkeit. Bulgarisches Güterstatut ist also wählbar. b) Für die Immobilie in Dresden eröffnet zusätzlich Art.  15 Abs.  2 Nr.  3 EGBGB i. d. F. von 1986 die Möglichkeit, sie dem deutschen Recht als dem Recht des Belegenheitsortes zu unterstellen. Die Bedingungen für die Zulässigkeit einer kollisionsrechtlichen Rechtswahlvereinbarung gem. Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB i. V. m. Art.  15 Abs.  2 Nr.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 (betreffs der Grundstücke in München und Nürnberg) bzw. nach Art.  15 Abs.  2 Nr.  3 EGBGB i. d. F. von 1986 (betreffs des Grundbesitzes in Dresden) liegen damit sämtlich vor. 2) Die Zulässigkeit sachrechtlicher Splittergüterstände kann dagegen nur das wirksam gewählte Sachrecht hergeben, in concreto: das bulgarische Ehegüterrecht hinsichtlich der Liegenschaften in München und Nürnberg, das deutsche Güterrecht bezüglich der Immobilie in Dresden. a) Das bulgarische Recht hängt einem Einheitlichkeitsgrundsatz des Güterstandes nicht an. Vielmehr können die Ehepartner eheliches Vermögen teils dem gesetzlichen Güterstand der 341  342 

Vgl. Reinhart, ZVglRWiss 80 (1981), 150, 159. Vgl. MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  35.

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Errungenschaftsgemeinschaft, teils der Gütertrennung unterwerfen (Art.  38 Abs.  2 S.  1 FamKodex),343 die Güterstände modifizieren und eigenverantwortlich ihren Bedürfnissen anpassen.344 Beispielsweise können die Eheleute ehevertraglich regeln, dass während der Ehedauer erworbenes unbewegliches Vermögen Errungenschaftsgut, bewegliches Vermögen dagegen zum Eigengut des Erwerber-Ehegatten wird. Zulässig ist zudem eine Klausel, wonach alles Vermögen – beweglich wie unbeweglich – über einem bestimmten (Verkaufs-)Wert dem Er­ rungenschaftsgut zufällt, und alles Vermögen, was unter diesem Wert liegt, dem Erwerber-­ Ehegatten als Eigengut gehört.345 Enthält der Ehevertrag keine Regelungen über die Zuordnung des gesamten – vorhandenen wie künftigen – Vermögens der Ehegatten, so sind diesbezüglich die Vorschriften über die Errungenschaftsgemeinschaft anzuwenden (Art.  38 Abs.  4 FamKodex).346 Danach können die Ehepartner ihre Vermögensbeziehungen so regeln, wie sie es im Beispiel getan haben. b) Gleiches gilt für die Dresdner Immobilie; für sie gelten §§  1363 ff. BGB. II. Soweit die Eheleute wissen wollen, ob für ihr Grundstück in Mannheim die deutsche Gütergemeinschaft wählbar ist, geht es um folgende Problematik: a) Ob im Falle eines gewählten deutschen Güterstatuts auf der sachrechtlichen Ebene verschiedene Güterstände des deutschen Rechts jeweils für einzelne Grundstücke vereinbar sind, ist umstritten.347 Je nachdem, wie man sich entscheidet, fällt die Beantwortung der in der Abwand­lung gestellten Frage positiv oder negativ aus. Die ganz h. M. verneint sie. 343  Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  80, 121; dies., Brachniyat dogovor, S.  52; Topuzov, Sobstvenost i pravo 2013, №  4, 39, 40 f.; Mateeva, Semeyno pravo, S.  172; Stavru, Sasobstvenost, S.  20; Boyanov, Osnovi na grazhdanskoto pravo, S.  413. 344  Wie hier Dimitrov, Sobstvenost i pravo 2010, №  3, 65; s. a. Jessel-Holst, in: Bergmann/ Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  28 f. Ausführlich zur inhaltlichen Reichweite des Ehevertrags im bulgarischen Familienrecht Mateeva, Semeyno pravo, S.  171 ff.; Staneva, Brachniyat dogovor, S.  48 ff.; dies., in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  120– 135 m. w. N. auch zur Rechtsprechung. 345  Ebenso Topuzov, Sobstvenost i pravo 2013, №  4, 39, 41; ders., Nishtozhnost, S.  40 f. 346  Strittig ist, ob der Ehevertrag ausschließlich güterrechtliche Regelungen i. S. des Art.  38 Abs.  1 FamKodex erhalten darf mit der Folge der Nichtigkeit bei einem Verstoß dagegen; (dafür) Markov, Obshtestvo i pravo 2007, №  3, 13, 18; (abl., Einzelfallentscheidung) Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  120 f. 347  Dafür: LG Mainz, NJW-RR 1994, 73, 74 = Rpfleger 1993, 280 = FamRZ 1994, 1457 (L) mit zust. Anm. Mankowski = IPRspr 1992, Nr.  90 = DNotZ 1994, 564 m. Anm. Schotten; Lichtenberger, FS Ferid (1988), 269, 280; ders., DNotZ 1986, 656, 659; PWW/Martiny (2018), Art.  15 EGBGB, Rn.  9; dagegen: MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  15 EGBGB, 41 a. E.; MüKo BGB/ Looschelders (2018), Art.  15 EGBGB, Rn.  90; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR (2015), Rn.  7.815 f.; Langenfeld, Hdb der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, Rn.  925; ders., FamRZ 1987, 9, 13; Schöner/Stöber, GBR, Rn.  3413 a. E.; Stoll, Rechtswahl, S.  131 ff., 136; Wegmann, NJW 1987, 1740, 1743; Kühne, IPRax 1987, 69, 73; Nieder/Kössinger, Testamentsgestaltung, §  5, Rn.  26. Eingehend Lichtenberger, FS Ferid (1988), 269, 275 ff.; ders., DNotZ 1986, 656 ff.; Henrich, IntFamR, S.  66 ff.; Kemp, Grenzen der Rechtswahl, S.  60 ff.; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  218 ff.

§  2. Ehewirkungen

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b) Unberührt davon bleibt das Recht der Ehegatten, für den Mannheimer Grundbesitz den bulgarischen Wahlgüterstand zu vereinbaren, und den Ehevertrag dann inhaltlich an die deutsche Gütergemeinschaft anzupassen, oder einfach mittels einer materiellrechtlichen Verweisung auf die Vorschriften der Gütergemeinschaft des deutschen Rechts (§§  1415 ff. BGB) diesen Güterstand vertraglich zur Grundlage ihrer Rechte und Pflichte an der Immobile in Mannheim zu machen. Auf diese Weise können sie ihr Ziel auf einigen (kostspieligen) Umwegen schließlich doch erreichen.

3. Formfragen Formgültig ist die Rechtswahlvereinbarung, wenn sie in Schriftform mit Datum und Unterschriften der Ehegatten erfolgt (Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB).348 Eine ausdrückliche Vereinbarung der Rechtwahl schreibt das Gesetz nicht vor. Ihr Inhalt könnte jedoch so lauten: „Für unsere ehelichen Vermögensbeziehungen wählen wir deutsches Recht.“ oder „Unsere güterrechtlichen Verhältnisse beurteilen sich nach deutschem Recht.“ Die Wahl kann auch konkludent getroffen werden (z. B. im Rahmen eines Ehevertrages).349 Wegen des erheblichen Ausmaßes ihrer Wirkungen muss allerdings der Wille der Eheleute, ihre güterrechtlichen Vermögensbeziehungen einer be348  Nach Vladimirov, MCP, S.  340, handele es sich hierbei um „einfache Schriftform“, obschon das bulgarische Recht solche Schriftform nicht definiert. Zu den Schriftformarten siehe Goleva, Obligatsionno pravo, S.  68. 349  A. A. Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  234 (stets ausdrückliche Vereinbarung). Sie argumentiert mit der Schutzwürdigkeit der Ehegatten (Schutz vor Übereilung) und Dritter. Die Ansicht vermag nicht zu überzeugen. Dritte werden über Art.  81 bulgIPRGB hinreichend geschützt, und die Ehegatten dadurch, dass sich ihr Wille zu einer bestimmten Rechtswahl auf das Güterrecht beziehen muss, und nicht nur allgemein auf die Geltung einer fremden Rechtsordnung. Kein überzeugendes Gegenargument ist der Vergleich mit Art.  93 Abs.  1 S.  2 Var.  2 und 3 bulgIPRGB. Denn einerseits erlaubt Art.  93 Abs.  1 S.  2 sowohl die ausdrückliche wie die konkludente Rechtswahl und Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB schweigt dagegen in dieser Hinsicht, so dass keine negativen Schlussfolgerungen daraus herzuleiten sind. Andererseits erscheint es widersprüchlich, eine Analogie zu Art.  93 Abs.  3 bulgIPRGB zu befürworten, wenn es um die Zulässigkeit einer Teilrechtswahl geht (Stancheva-Mincheva, a. a. O., S.  238), sie aber abzulehnen, wenn es um die Frage geht, wie der Wille zur Rechtswahl zu bekunden sei. Eine konkludente Güterrechtswahl ermöglicht das Schweizer IPR in Art.  53 schweizIPRG; s. Furrer/Girsberger/Müller-Chen/Schramm, IPR (2013), S.  133 f. Hingegen erfordert Art.  19 österrIPRG stets eine ausdrückliche, wenn auch formfreie Wahl; vgl. Nademleinsky/Neumayr, IntFamR, Rn.  04.25; Schwind, IPR, S.  123. Wie hier zu Art.  15 Abs.  2 EGBGB NK-BGB/Sieghörtner (2016), Art.  15 EGBGB, Rn.  47; BaRo/Mörsdorf-Schulte, Art.  15 EGBGB, Rn.  72; a. A. OLG Hamm, FamRZ 2002, 459; Palandt/­Thorn (2018), Art.  15 EGBGB, Rn.  23.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

stimmten Rechtsordnung zu unterstellen, eindeutig im schriftlichen Vertragsinhalt eine Stütze finden.350 Es genügt, wenn der Ehevertrag ausdrücklich auf materiellrechtliche Bestimmungen einer wählbaren Rechtsordnung Bezug nimmt,351 etwa so: „§§  1363 ff. BGB regeln die güterrechtlichen Verhältnisse der (künftigen) Ehegatten.“ oder „Für die vermögensrechtlichen Beziehungen der (künftigen) Ehegatten sind die Vorschriften der §§  1363 ff. BGB maßgebend.“ a) Strenge Formerfordernisse Sind die Formerfordernisse des objektiv berufenen oder des gewählten Güterrechtsstatuts strenger, so ist die Form trotzdem gewahrt, wenn die Ehegatten die Vorgaben des Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB beachten. Über Art.  80 Abs.  1 bulg­ 350 

Vgl. Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  117 v. 16.11.2016 i. d. Rs. №  658/2016 – ciela = Sobstvenost i pravo 2019, №  2, 57–60. Zu beachten sind allerdings die Terminologie und die Formulierung, deren sich das Gericht bedient. Es verlangt, dass die Güterrechtswahl „изрично“ (wörtlich: „ausdrücklich“) getroffen werden muss. Konkludentes Verhalten reiche nicht aus; weder die Umstände der Eheschließung noch eine Gerichtsstandsvereinbarung (der Gerichtshof spricht von „Prorogationsklausel für Wahl eines zuständigen Gerichts“) könnten für den Willen der Parteien maßgebend sein, ihre vermögensrechtlichen Beziehungen einer gewünschten Rechtsordnung zu unterwerfen. Doch das bedeute nicht, so die Richter weiter, dass die Ehegatten gehalten seien, eine – buchstäblich wiedergegeben – „absichtliche Willensäußerung zur Rechtswahl“/“нарочно волеизявление за избор на право» zu tätigen (Hervorhebungen hinzugefügt). Es komme vielmehr stets auf die „Auslegung der im Vertrag objektivierten Willensäußerungen“ an. Dieser Vertrag könne natürlich auch ein Ehevertrag sein. Zur Begründung seiner Auffassung zieht das Gericht den Rechtsgedanken des Art.  93 Abs.  1 bulgIPRGB heran. Nach diesem Maßstab bejahte es die Güterrechtswahl, weil der Ehevertrag in Bulgarien nach dortigem Recht zustande kam und Klauseln beinhaltete, wonach die Parteien den Ehevertrag „auf der Grundlage des Art.  37 Abs.  3 FamKodex“ schließen würden und bei Rechtsstreitigkeiten aus ihm das Gericht anrufen könnten. Das Adverb „нарочно“ kann man als „absichtlich“ übersetzen und näher so umschreiben: zur Umsetzung einer bereits gefassten und genau bestimmten Zielvorstellung oder einer Absicht; vgl. Institut für bulgarische Sprache, Wörterbuch der bulgarischen Sprache, abrufbar unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019); Endler/ Walter, Wörterbuch Bulgarisch-Deutsch, S.  432. Das Adverb „изрично“ lässt sich als „ausdrücklich“ wiedergeben und so näher umschreiben: auf unwiderrufliche, kategorische Weise; bedingungslos; vgl. Institut für bulgarische Sprache, Wörterbuch der bulgarischen Sprache, abrufbar unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019). Für das deutsche IPR siehe NK-BGB/Sieghörtner (2016), Art.  15 EGBGB, Rn.  53. 351  Für das Schweizer IPR Schnyder, IPR, S.  52.

§  2. Ehewirkungen

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IPRGB hinausgehende Erfordernisse352 sind weder für in- noch für ausländische international-ehegüterrechtliche Vereinbarungen zu verlangen. Die weniger strengere Form des Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB setzt sich folglich immer durch. b) Milde Formerfordernisse Sind dagegen die Formvorschriften des objektiv berufenen oder des gewählten Güterrechtsstatuts im Vergleich zu Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB milder ausgestaltet, so fragt sich, ob man diese im Sinne des favor negotii genügen lassen soll. Angesprochen ist damit das Verhältnis zwischen Art.  80 Abs.  1 und Art.  61 bulgIPRGB. Man wird die Frage bejahen. Die niedrige Formschwelle des Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB ist gerade Beleg dafür, dass dem bulgarischen IPR-Gesetz­ geber an einer Durchsetzung und Aufrechterhaltung der Parteiautonomie im Internationalen Ehegüterrecht gelegen war.353 Dafür spricht weiter, dass die Form des Ehevertrags im bulgarischen Sachrecht (gem. Art.  39 Abs.  1 FamKodex Schriftform mit notarieller Bestätigung des Inhalts und der Unterschriften) von dem Formverständnis des Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB beträchtlich abweicht.354 In dieser Fallsituation ist darum unter dem auf-das-Geschäft-anzuwendende-Recht i. S. des Art.  61 S.  1 bulgIPRGB das Güterrecht zu verstehen, das auf der Grund352  Etwa die Form des bulgarischen Ehevertrags gem. Art.  39 Abs.  1 FamKodex, d. h. insbesondere die gleichzeitige Anwesenheit der Vertragsteile, also keine getrennte notarielle Bestätigung von Angebot und Annahme. 353  Verkannt von Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  236. 354  Zu beachten ist jedoch, dass Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB nur die Form der Rechtswahlvereinbarung regelt – und nicht zugleich die Form eines Ehevertrags, in dem die Gatten ein bestimmtes Güterrecht aus der gewählten Rechtsordnung nach ihren Bedürfnissen vereinbaren oder modifizieren. Das sind zwei verschiedene Rechtsgeschäfte, die man stets auseinander­ halten muss. Wollen dagegen die Braut- bzw. die Eheleute den fremden gesetzlichen Güterstand wählen, so brauchen sie freilich ein zweites Rechtsgeschäft qua Ehevertrag nicht abzuschließen; dieser Güterstand gilt mit Wirksamwerden der Rechtswahl automatisch. Werden beide Rechtsgeschäfte (Güterrechtswahl und Ehevertrag) zusammen getätigt, so können unterschiedliche Formvorschriften zum Zuge kommen. Denn für die Form eines Ehevertrags gilt ausschließlich Art.  61 bulgIPRGB. Dies führt zur folgenden Erkenntnis: Vereinbaren die Eheleute die kollisionsrechtliche Rechtswahl und den sachrechtlichen Ehevertrag in ein und derselben Urkunde, so setzt sich bei unterschiedlichen Rechtsförmlichkeiten stets die strengere (von beiden) durch. Das wird in der Regel das Recht sein, welches den Ehevertrag beherrscht. Als Beispiel diene Art.  39 Abs.  1 FamKodex. Die Norm verlangt für den Ehevertrag die notarielle Beurkundung. Anders dagegen Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB (einfache Schriftform). Wird also die Form des Ehevertrags nach Art.  39 Abs.  1 FamKodex nicht eingehalten, so entscheidet das verletzte bulgarische Recht über das Schicksal des Ehevertrags und die Möglichkeit einer Heilung. Über das Schicksal der Rechtswahl hingegen (z. B. Gesamtnichtigkeit, Umdeutung usw.) bestimmt in Entsprechung zu Art.  80 Abs.  2 bulgIPRGB das gewählte, und nicht das objektive Güterrechtsstatut. Zum Vorstehenden Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  101 ff.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

lage des objektiv zu ermittelnden oder des subjektiv gewählten Güterstatuts berufen ist. Die Einhaltung der Formerfordernisse eines dieser beiden Güterrechte genügt. Darüber hinaus reicht nach Art.  61 S.  2 bulgIPRGB auch die Form aus, welche das Ortsrecht für eine international-güterrechtliche Rechtswahl vorsieht (locus regit actum quoad formam). Beispiel: Ein bulgarisches Paar heiratet im Jahr 2018. Das eheliche Domizil ist in Mannheim. In einem datierten, namentlich geführten Briefwechsel legen die Gatten fest, dass für ihren ehelichen Güterstand deutsches Recht als das Recht ihres gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts gelten solle. Der Mann beabsichtigt nun den Verkauf eines in seinem Alleineigentum stehenden Grundstücks in Mannheim. Die Immobilie bildet nahezu sein gesamtes Vermögen. Muss er Verfügungsbeschränkungen beachten und, wenn ja, welche? 1) Vorrang der Parteiautonomie a) Die Eheleute wollten durch Rechtswahl ihre Vermögensbeziehungen untereinander dem deutschen Güterrecht unterwerfen. Dazu stellt Art.  15 Abs.  2 EGBGB i. d. F. von 1986 drei Varianten zur Verfügung. Die Ehegatten haben von Nr.  2 Gebrauch gemacht und das Recht des Staates gewählt, in dem mindestens einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Formulierung des Art.  15 Abs.  2 Nr.  2 EGBGB i. d. F. von 1986: „das Recht des Staates, in dem einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat“ – steht der Rechtswahl nicht entgegen. Damit wollte man nur ein Mindesterfordernis aufstellen.355 b) Allerdings verlangt Art.  15 Abs.  3 EGBGB i. d. F. von 1986 hinsichtlich der Form der Rechtswahl die entsprechende Anwendung des Art.  14 Abs.  4 EGBGB. Danach ist eine notarielle Beurkundung der Rechtswahl erforderlich, wenn die Rechtswahl im Inland vorgenommen wird, wie hier. An diesem Formerfordernis fehlt es. Eine wirksame Rechtswahl hat das Ehepaar also nicht getroffen. Die subjektive Anknüpfung scheitert, die objektive lebt wieder auf. 2) Objektive Anknüpfung a) Nach Art.  15 Abs.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht. Die Vorschrift verweist auf Art.  14 EGBGB i. d. F. von 1986 mit der Einschränkung, dass es auf das im Zeitpunkt der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebende Recht ankommt. Die Beteiligten hatten bei der Eheschließung gemeinsam die bulgarische Staatsangehörigkeit, so dass auf das bulgarische Recht verwiesen wird. Es handelt sich um eine Gesamtverweisung, d. h. eine Verweisung auf das bulgarische Recht einschließlich seiner Kollisionsnormen. Das bulgarische Kollisionsrecht knüpft vorrangig an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten im jeweiligen Beurteilungsmoment (Prüfungszeitpunkt) an, nimmt also die Verweisung an (Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB). b) Indessen geht auch das bulgarische IPR vom Vorrang der Parteiautonomie aus. Hiernach haben die Ehegatten möglicherweise eine Rechtswahl wirksam getroffen (Art.  79 Abs.  4 bulg­ IPRGB).

355 

BT-Drucks. 10/504, S.  58.

§  2. Ehewirkungen

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aa) Ein internationaler Sachverhalt liegt vor, da einer der Anknüpfungspunkte – hier: gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt der Eheleute in Deutschland, vgl. Art.  79 Abs.  2 Alt.  1 i. V. m. Abs.  4 bulgIPRGB – einen Auslandsbezug aufweist. Die erste Voraussetzung der Rechtswahl ist damit gegeben. bb) Das objektiv berufene Kollisionsrecht muss die Rechtswahl im allgemeinen und eventuell in ihrer jeweiligen Ausgestaltung erlauben (zweite Voraussetzung einer Rechtswahl). (1) Die erste Stufe der Kaskadenanknüpfung gem. Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB hilft allerdings bei nur-bulgarischen Ehepartnern nicht weiter. Denn das bulgarische IPR regelt die Zulässigkeit der Rechtswahl nicht selbst, überlässt die Entscheidung darüber vielmehr einem fremden Kollisionsrecht. Indes führt das bei Beteiligung von nur-bulgarischen Ehe­ gatten nicht stets direkt zur Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Rechtswahl. Vielmehr sind die Voraussetzungen auf der nächsten Stufe zu prüfen; die Anknüpfungspunkte auf der ersten Stufe führen bei nur-bulgarischen Ehegatten zu keinem Ergebnis. (2) Auf der zweiten Stufe knüpft Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten an. Dieser befindet sich in Deutschland. Es wird also auf deutsches Recht verwiesen, einschließlich seiner Kollisionsnormen (Gesamtverweisung gem. Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB). Dabei hat die IPR-Verweisung diejenige fremde – hier: deutsche – Kollisionsnorm zu befragen, die sich mit der kollisionsrechtlichen Rechtswahlvereinbarung beschäftigt. Vorliegend ist dies Art.  15 Abs.  2 EGBGB i. d. F. von 1986. Dessen Nr.  2 gestattet den Ehegatten, das Recht des Staates zu wählen, in welchem wenigstens einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das objektiv berufene – deutsche – Güterrechts­statut trifft folglich eine differenzierende Regelung über die Rechtswahlmöglichkeiten. Daran hat sich das Ehepaar mit der Wahl deutschen Güterrechts als demjenigen seines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts gehalten. Die zweite Voraussetzung für die Gültigkeit einer Rechtswahl ist somit gegeben. cc) Allerdings sind die Voraussetzungen des Art.  15 Abs.  3 i. V. m. Art.  14 Abs.  4 EGBGB i. d. F. von 1986 (notarielle Beurkundung der Rechtswahl) nicht erfüllt (dazu unter Ziff.  1). Das schadet aber nicht, aus folgendem besonderem Grund: Die Frage nach der Form einer Rechtswahl ist gem. Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB gesondert anzuknüpfen. Demnach reicht einfache Schriftform mit Datum und Unterschrift der beiden Ehe­ gatten aus. Diese Formerfordernisse hat das Ehepaar eingehalten, so dass die Rechtswahl aus Sicht des bulgarischen IPR wirksam ist. Der deutsche Richter hat dieses Ergebnis zu respektieren. Er hat die wirksame Rechtswahl zugunsten deutschen Güterrechts deshalb über die objektive Anknüpfung nach Art.  15 Abs.  1 i. V. m. Art.  14 Abs.  1 Nr.  1 Alt.  1, Art.  4 EGBGB i. d. F. von 1986 zu beachten.356 Ergebnis: Die Ehegatten leben in einem Güterstand des deutschen Rechts. Und weil sie keinerlei weiteren Vereinbarungen getroffen haben (nunmehr auf sachrechtlicher Ebene, also mittels eines Ehevertrags), leben sie folglich im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der Mann muss deswegen bei Veräußerung der Immobilie in Mannheim die Verfügungsbeschränkungen des §  1365 Abs.  1 BGB beachten. 356  S.a. Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR (2015), Rn.  7.797; Soergel/Schurig (1996), Art.  15 EGBGB, Rn.  63 a. E.; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  41.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

c) Änderung und Aufhebung Als actus contrarius unterliegt die Aufhebung einer Rechtswahl dem gleichen Formerfordernis wie die Rechtswahl selbst. Gleiches gilt für die Änderung einer Rechtswahl, umfasst doch jede Änderung eine Aufhebung der alten Rechtswahl. d) Ausschließungsvereinbarung Für die Form des Ausschlusses der Rückwirkung der nachträglichen Güterrechtswahl gem. Art.  80 Abs.  3 S.  3 Alt.  2 bulgIPRGB gilt Art.  80 Abs.  1 bulg­ IPRGB entsprechend (argumentum e contrario). 4. Wirkungen der Rechtswahl: Beginn und Ende. Rückwirkung a) Beginn und Ende Die Folgen einer Rechtswahl können frühestens mit der Eheschließung eintreten; ohne Ehe kann die Wahl nichts bewirken. Die voreheliche Rechtswahl muss ­daher den Anknüpfungspunkten des Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  1 bzw. 2 bulg­ IPRGB zur Zeit der Heirat (Wirksamwerden der Güterrechtswahl) noch entsprechen, auf die sie gestützt war.357 Das folgt aus der Konnexion zwischen dem Zeitpunkt der Güterrechtswahl und dem Eintritt ihrer Wirkungen. Einmal wirksam getroffen, gilt die Rechtswahl, bis die Braut-/Eheleute sie aufheben oder abermals ändern. Beispiel:358 Während seines Auslandsstudiums in der Schweiz lernt der Deutsche D 2014 die Bulgarin B kennen und lieben. Auch sie hält sich zwecks Studiums in der Schweiz auf. Das Paar beabsichtigt, nach Studienabschluss in Bulgarien zu heiraten und einen gemeinsamen ehelichen Haushalt in Dresden zu begründen. Das Brautpaar will wissen, unter welchen Voraussetzungen eine voreheliche Rechtswahl aus Sicht des bulgarischen IPR wirksamen wäre? Die Voraussetzungen einer prenuptialen Güterrechtswahl müssen sowohl zur Zeit ihrer Vereinbarung wie im Augenblick ihres Wirksamwerdens vorliegen. 1) Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB gestattet eine kollisionsrechtliche Wahl, wenn und soweit das objektive Güterstatut sie vorsieht. a) Mangels gemeinsamer Staatsangehörigkeit scheidet eine Anknüpfung auf der ersten Stufe der Kaskadenleiter nach Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB aus. b) Die zweite Stufe des Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB knüpft an einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Brautleute an. D und B halten sich während ihres Auslandsstudiums in der Schweiz auf. Jeder von ihnen hat dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt und haben damit beide einen gemeinsamen inne. 357  358 

Vgl. jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  116. In Anlehnung an Henrich, in: Lausanner Kolloquium, S.  103, 105 a. E.

§  2. Ehewirkungen

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Objektives Güterstatut ist schweizerisches Recht. c) Das Schweizer IPR sieht eine voreheliche Güterrechtswahl vor. Nach Art.  53 Abs.  1 i. V. m. Art.  52 Abs.  2 S.  1 schweizIPRG können die Brautleute wählen zwischen ihrem jetzigen oder (nach der Eheschließung) zukünftigen Wohnsitzrecht sowie dem Heimatrecht eines der Verlobten. aa) Die 1. Var. (jetziges Wohnsitzrecht, also schweizerisches Güterrecht) scheidet für das Brautpaar aus, da es nach der Heirat die eheliche Wohnstatt in Deutschland zu begründen beabsichtigt. bb) In Betracht kommen die 2. (künftiges Wohnsitzrecht) und die 3. Var. (Heimatrecht des D). Beide führen zum deutschen Recht. Nach Art.  15 Abs.  2 EGBGB i. d. F. von 1986 können die Eheleute wählen zwischen dem Recht des Staates, dem einer von ihnen angehört, und dem Recht des Staates, in dem einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Eine voreheliche Rechtswahl lässt das deutsche Kolli­sionsrecht zu. Die Voraussetzungen der Güterrechtswahl wären mithin unter diesen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Güterrechtswahl vorhanden. 2) Setzen die Verlobten ihre Pläne so um, dann lägen diese Voraussetzungen des objektiven Güterstatuts selbst zur Zeit der Eheschließung vor. Damit wäre die Güterrechtswahl aus bulgarischer (und schweizerischer) Sicht wirksam. 3) Probleme entstehen, wenn die Brautpläne sich bis zur Heirat ändern. Angenommen, das Ehepaar begründet das eheliche Domizil nicht in Dresden, sondern in Wien. a) Haben die Brautleute die prenuptiale Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts des D getroffen (Art.  52 Abs.  2 S.  1 Var.  3 schweizIPRG), so ist die Wahl vom Standpunkt des schweizerischen IPR als dem gem. Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB objektiv ermittelten Güterstatut wirksam. Einer positiven Entscheidung des objektiven Güterstatuts folgt das bulgarische gewillkürte Güterstatut uneingeschränkt. b) Wählen die Nupturienten dagegen als Güterrecht ihr zukünftiges gemeinsames Wohnsitzrecht nach Art.  52 Abs.  2 S.  1 Var.  2 schweizIPRG, begründen aber nach der Eheschließung ihren Wohnsitz woanders, so ist die Güterrechtswahl aus Sicht des schweizerischen IPR, des objektiven Güterstatuts, von Anfang an unwirksam. aa) Fraglich ist dann, ob das bulgarische IPR dieser Einstellung des zur Zeit der Rechtswahl objektiv berufenen Güterstatuts folgt. Die Frage ist zu verneinen. Mit der Ankoppelung der güterrechtlichen Wahlvereinbarung an das objektive Güterstatut will Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB eine hinkende Rechtswahl unterbinden. Dieses Ziel muss man als erreicht betrachten, sobald man im Augenblick der Wahl ihre Voraussetzungen nach dem objektiven Güterstatut bejaht. Denn damit löst sich die Rechtswahl vom objektiven Ehegüterstatut und führt von da an ein Eigenleben. Andernfalls, würde man also eine stete Abhängigkeit der Güterrechtswahl nach Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB von dem zur Zeit ihrer Ausübung objektiv berufenen Güterstatut verlangen, missachtete man den Wandelbarkeitsgrundsatz des Art.  79 Abs.  1 bzw. 2 i. V. m. Abs.  4 bulgIPRGB. Anders gesagt: Liegen die Erfordernisse einer vorehelichen Rechtswahl nach dem zur Zeit ihrer Vereinbarung berufenen objektiven Güterstatut vor, und ändern sich die Anknüpfungs-

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

punkte danach, so ist allein nach Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB zu prüfen, ob die Wahl den Anknüpfungspunkten entspricht, auf die sie anfangs im bulgarischen IPR – und nicht im objektiv berufenen Güterstatut bei ihrer Ausübung (!) – gestützt war. Denn das objektive Ehegüterstatut kann auch Anknüpfungen vorsehen, die Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB nicht kennt oder in anderer zeitlicher Reihenfolge bereithält. bb) Gestützt war hier die Wahl auf den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt nach Abs.  2 Alt.  1 i. V. m. Abs.  4 des Art.  79 bulgIPRGB. Nun befindet sich der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt im maßgeblichen Zeitpunkt der Eheschließung (Wirksamwerden der vorehelichen Rechtswahl) in Österreich. Zu prüfen ist damit, ob und inwieweit das nunmehrige objektive Güterstatut die Rechtswahl zulässt. (1) Nach §  19 Alt.  1 österrIPRG beurteilt sich das Güterrecht nach dem Recht des Staates, das die Parteien ausdrücklich vereinbaren. Erfasst ist sowohl die voreheliche wie nachträgliche Wahl. (2) Hier wählten D und B deutsches Recht. Dass es nicht das Recht ihres künftigen gemeinsamen Wohnsitzes ist, bleibt im Ergebnis ohne Belang. Eine (enge/-re) Beziehung zum gewählten Recht verlangt das österreichische IPR als objektives Güterstatut nicht. Ergebnis: Eine Güterrechtswahl wäre selbst dann wirksam, wenn die Brautleute sie in der Schweiz schließen, dabei ihr künftiges Wohnsitzrecht wählen, zur Zeit der Eheschließung aber in Österreich ihre Wohnstätte haben. Daraus folgt zugleich: Differieren die Anknüpfungen i. S. des Abs.  1 oder Abs.  2 i. V. m. Abs.  4 des Art.  79 bulgIPRGB zum Zeitpunkt der Rechtswahlvereinbarung einerseits und im Augenblick ihres Wirksamwerdens andererseits, so kann dies die Güterrechtswahl unwirksam machen. In Betracht kommt in solchem Fall eine Umdeutung unter den Anknüpfungsverhältnissen im Zeitpunkt der Eheschließung.359.

Diese Umdeutung setzt zweierlei voraus: Erstens muss das jetzige objektiv berufene Güterstatut eine kollisionsrechtliche Güterrechtswahl erlauben, deren Voraussetzungen die umzudeutende Rechtswahl genügt (Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB). Zweitens muss der jetzige – gesetzliche – Güterstand dem früheren – gesetzlichen – wegen der Unwirksamkeit der Rechtswahl nicht zum Zuge gelangten Güterstand funktionell gleichwertig sein und damit den ­hypothetischen Willen der nunmehr miteinander verheirateten Vertragsparteien entsprechen. Beispiel: Im Jahr 2017 trifft ein bulgarisches Paar mit gewöhnlichem Aufenthalt in Dresden zur Regelung seiner künftigen ehelichen Vermögensbeziehungen formwirksam eine Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts. Zur Zeit der späteren Eheschließung hat der Mann auf die bulgarische Staatsangehörigkeit bereits verzichtet und ausschließlich die deutsche inne. Sonsti­ge kollisionsrechtliche Veränderungen sind nicht eingetreten. 359  A. A.

für das Schweizer IPR (Art.  52 Abs.  2 S.  1 Alt.  2 schweizIPRG) Greiner/Geiser, ZBJV 127 (1991), 1, 8: Wohnten die Ehegatten in einem anderen Staat als dem des zunächst vorehelich gewählten Rechts, so falle die Rechtswahl ex tunc dahin; näher dazu Guillod, Eheverträge in schweizerisch-deutschen Sachverhalten, S.  249 f. Nach hiesigem Verständnis steht den Brautleuten diese Möglichkeit nur dann zu, wenn sie in der Rechtswahl für diesen Fall eine – sei es auch konkludente – Vereinbarung getroffen haben.

§  2. Ehewirkungen

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Abwandlungen: (1) Bei der Heirat hat der Mann nicht nur die ausschließliche deutsche Staatsangehörigkeit inne, sondern haben die Ehegatten einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich. (2) Wie (1) mit dem Unterschied eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz. Welches Recht beherrscht die ehelichen Güterwirkungen in all den Konstellationen? Nach Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB können die Ehegatten für ihre ehelichen Vermögensbeziehungen eine Rechtswahl treffen, sofern dies nach dem in Abs.  1 oder 2 bestimmten Recht zulässig ist. I. Grundfall 1) Art.  79 Abs.  1 bulgIPRGB beruft das Recht des Staates, dessen gemeinsame Staatsangehörigkeit die Ehegatten haben. Zur Zeit der Rechtswahlvereinbarung waren beide Parteien bulgarische Staatsangehörige. Bei der Eheschließung hingegen hat der Mann die deutsche und die Frau die bulgarische Staats­ angehörigkeit inne. Fraglich ist, ob die Anknüpfungsverhältnisse im Zeitpunkt der Rechtswahl oder der Heirat maßgeblich sind. a) Die Güterrechtswahl kann nach Art.  80 Abs.  3 S.  1 Alt.  1 bulgIPRGB vor der Eheschließung getroffen werden. Wirksamkeit erlangt sie erst mit der Heirat. Dies wiederum setzt voraus, dass die Anknüpfungspunkte im Augenblick der Eheschließung jenen zur Zeit der Rechtswahlvereinbarung entsprechen. Das ist hier nicht der Fall. Die Anknüpfung nach Art.  79 Abs.  1 i.V.m Abs.  4 bulgIPRGB scheidet mithin aus. b) Indes führt eine Änderung der Anknüpfungsmomente zwischen Güterrechtswahl und Eheschließung nicht zur völligen Außerachtlassung getätigter Privatautonomie. Vielmehr ist die infolge des objektiven Statutenwechsels nicht gültig gewordene Rechtswahl umzudeuten. Dafür ist entlang der Anknüpfungsleiter des Art.  79 Abs.  1 bzw. 2 i. V. m. Abs.  4 bulgIPRGB anzuknüpfen, als ob die Eheleute gerade jetzt die Wahl getroffen hätten. Zusätzlich muss der gesetzliche Güterstand, der gemäß der objektiven Anknüpfung zur Anwendung gelangt, mit dem gesetzlichen Güterstand wesensgleich sein, der wegen der Unwirksamkeit der getroffenen Rechtswahl nicht zum Zuge kommt. Eine Wesensgleichheit ist zu bejahen, wenn sich die essentialia der beiden gesetzlichen Güterstände entsprechen. Nur das wahrt den hypothetischen Willen der Vertragsparteien-Brautleute. aa) Nach diesem Prüfungsmaßstab führt die Anknüpfung auf der zweiten Stufe des Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB zum Ziel: (1) Die nun Eheleute haben zur Zeit des Wirksamwerdens der Güterrechtswahl einen gegenwärtigen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Verwiesen wird damit auf deutsches Kollisionsrecht (Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB). (2) Das deutsche IPR sieht in Art.  15 Abs.  2 EGBGB i. d. F. von 1986 für die internationalgüter­rechtliche Rechtswahl eine ausdifferenzierte Regelung vor. Vorliegend greift seine Nr.  2 ein, welche den Ehegatten die Wahl des Rechts desjenigen Staates ermöglicht, in dem wenigstens einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der gar gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Eheleute befindet sich vorliegend in Deutschland.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

bb) Auch die zweite Voraussetzung (Wesensgleichheit zwischen dem gewählten und dem objektiv anwendbaren Güterstand) ist gegeben: Gewählt haben die Parteien deutsches Recht,360 objektiv zum Zuge gelangt mit der Eheschließung deutsches Recht. Ergebnis: Die ursprünglich ungültige Rechtswahl361 ist in eine wirksame Rechtswahl zugun­sten deutschen Güterrechts umzudeuten. Damit ist sie solange wirksam, bis die Eheleute sie ändern oder aufheben. Einem „objektiven Statutenwechsel“ hält sie also stand. Und dies ist der wichtigste Unterschied zum objektiven Güterstatut, der für einen Statutenwechsel anfällig ist. II. Abwandlung (1) 1) Die erste Voraussetzung (Zulässigkeit der Wahl unter den Anknüpfungsverhältnissen zur Zeit der Heirat) ist erfüllt: a) Zwar scheidet eine Anknüpfung auf der ersten Stufe gem. Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  1 bulg­ IPRGB mangels gemeinsamer aktueller Staatsangehörigkeit der Ehegatten aus. b) Aber die zweite Stufe der Kaskadenanknüpfung gem. 79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulg­ IPRGB verweist wegen des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Eheleute in Frankreich auf das französische Kollisionsrecht (Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB). Dieses ist zu befragen, ob und, wenn ja, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen eine kollisionsrechtliche Güterrechtswahl zulässig ist. Frankreich ist Partner des am 1.9.1992 in Kraft getretenen Haager Ehegüterrechtsabkommens v. 14.3.1978.362 Bulgarien ist dem Abkommen nicht beigetreten. Dennoch ist dieses aus Sicht des bulgarischen IPR zu beachten, und zwar in Fällen wie dem vorliegenden, in denen das bulgarische autonome Kollisionsrecht auf französisches (und ferner niederländisches oder luxem­burgisches Recht) verweist. Das Abkommen geht vom Grundsatz der Parteiautonomie aus. Die Ehegatten können sowohl vor der Eheschließung (Art.  3 Abs.  1 des Abkommens) wie während der Ehedauer (Art.  6 Abs.  1 des Abkommens) für die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe das Recht des Staates wählen: – dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zur Zeit der Wahl besitzt, – in dessen Gebiet einer der Ehegatten zur Zeit der Wahl seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat    und im Falle einer vorehelichen Rechtswahl: – zusätzlich das Recht des ersten Staates, in dessen Gebiet einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt unmittelbar nach der Eheschließung begründet (Art.  3 Abs.  2 Nr.  3 des Abkommens). 360 

Genauer: Abwahl bulgarischen und Wahl deutschen Güterstatuts mit der Folge der Berufung deutschen Güterrechts und damit Anwendung des dortigen gesetzlichen Güterstands (Zugewinngemeinschaft). 361  Von einer unwirksamen Rechtswahl spricht auch Stancheva-Mincheva, Artt.  79–80 bulg­IPRGB, S.  237. 362  Übersicht der Teilnehmerstaate unter: (zuletzt am 30.12.2019 angesehen). Bislang sind dies Frankreich, die Niederlande und Luxemburg.

§  2. Ehewirkungen

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In der Abwandlung haben die Eheleute deutsches Recht als das Recht des unmittelbar nach der Eheschließung begründeten Aufenthalts wenigstens eines der Ehegatten gewählt und damit von der dritten Möglichkeit Gebrauch gemacht. 2) Indes ist die zweite Voraussetzung der kollisionsrechtlichen Umdeutung – das Erfordernis der Wesensgleichheit des zunächst gewählten und später objektiv zur Anwendung berufenen Güterstands in ihren essentialia – nicht erfüllt. Denn gewählt haben die Ehegatten deutsches Güterrecht und damit den dortigen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Für die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe ist jedoch französisches Recht als das maßgeb­ liche Güterstatut anwendbar. Dieses geht in Artt.  1400 ff. Code Civil vom gesetzlichen Güterstand der Gemeinschaft aus. Bei diesem Güterstand handelt es sich um eine Errungenschaftsgemeinschaft. Eine Umdeutung in das objektive Güterstatut entspräche deshalb nicht dem ­hypothetischen Willen der nunmehr miteinander verheirateten Vertragsparteien. Ergebnis: Die Rechtswahl ist ungültig. Eine Umdeutung scheidet aus. Den Ehegatten steht nur die Möglichkeit einer neuen güterrechtlichen Wahl zu. Momentan leben sie auf der Grundlage des objektiven Güterstatuts im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach französischem Recht (Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB). III. Abwandlung (2) 1) Die erste Voraussetzung (Zulässigkeit der Wahl unter den Anknüpfungsverhältnissen zur Zeit der Heirat) ist auf der zweiten Stufe der Kaskadenanknüpfung gem. 79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB erfüllt: verwiesen wird wegen des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Eheleute auf das schweizerische IPR. Dieses ist zu befragen, ob es und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen eine kollisionsrechtliche Güterrechtswahl zulässt. Nach Art.  52 Abs.  2 S.  1 schweizIPRG können die Ehegatten für die güterrechtlichen Verhältnisse wählen zwischen dem Recht des Staates, in dem beide ihren Wohnsitz haben oder nach der Eheschließung haben werden, und dem Recht eines ihrer Heimatstaaten. Hier greift die 2. Var. Platz. 2) Im Gegensatz zur ersten Abwandlung ist das Erfordernis der Wesensgleichheit des zunächst gewählten deutschen und später objektiv zur Anwendung berufenen schweizerischen Güterstands gegeben. Denn beide Güterstände gleichen sich in ihren essentialia: Gewählt haben die Ehegatten deutsches Güterrecht und damit den dortigen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, weil sie keine weitere Erklärung auf der sachrechtlichen Ebene abgegeben haben. Auf ihre güterrechtlichen Wirkungen der Ehe wäre wiederum schweizerisches Recht als objektives Güterstatut anzuwenden. Dieses geht in Artt.  196 ff. schweizZGB vom gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung aus. Der Grundgedanke der Errungenschaftsbeteiligung entspricht allerdings dem der Zugewinngemeinschaft des deutschen Rechts: Während des Güterstands bleibt das Eigentum der Ehegatten getrennt, bei Beendigung des Güterstands entstehen Ausgleichsansprüche.363 Deswegen ist anzunehmen, dass dieser Güterstand dem 363 

Schotten/Schmellenkamp, IPR, Anhang II – Schweiz, S.  563; Hegnauer, FamRZ 1986,

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

hypothetischen Willen der nunmehr miteinander verheirateten Vertragsparteien widerspiegelt. Eine kollisionsrechtliche Umdeutung ist zu bejahen. Ergebnis: Die Rechtswahl ist infolge der Umdeutung als gültig zu erachten. Damit übersteht sie einen objektiven Wechsel des Güterstatuts.

Haben hingegen die Parteien die voreheliche Rechtswahl in der Form eines notariellen Ehevertrags geschlossen, so scheidet eine kollisionsrechtliche Umdeutung in der Regel aus. Denn die Ehegatten haben mit dem Abschluss des Ehevertrags, in welchem sie die Rechtswahl getroffen haben, zum Ausdruck gebracht, dass sie sich an seine strengere Form halten wollen, und nicht an die einfache des Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB. Nur bei einem eindeutigen anderslautenden Willen der Eheleute, welcher in der notariellen Ehevertragsurkunde eine Stütze finden muss, ist ein gegenteiliges Auslegungsergebnis denkbar. b) Rückwirkung Eine überraschende Wendung nimmt das Gesetz bei einer der Eheschließung erst nachfolgenden, späteren Rechtswahl: Sie soll rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Eheschließung Wirkungen entfalten,364 es sei denn, die Ehegatten vereinbaren etwas anderes (Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB).365 Bei einer nachträglichen Änderung der Rechtswahl gilt die Rückwirkung erst recht, wird doch eine andere als die ursprünglich getroffene Rechtswahl vereinbart. Deshalb ist Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB offen formuliert: „Sofern die Wahl nach der Eheschließung erfolgt ist […]“. Eine „Wahl erfolgt“ aber sowohl bei einer gänzlich neuen Wahl wie bei deren Änderung (also bei – eventuell nur teilweiser – Aufhebung der bisherigen, verbunden mit Vereinbarung einer neuen Rechtswahl). Freilich kann sich aus der früheren, geänderten Wahl durch Auslegung der Wille der Parteien zum Ausschluss der Rückwirkung ergeben. 317, 320; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR (2015), Rn.  7.748; Henrich, FamRZ 2000, 6, 9; Wolf/Brefin, in: Süß/Ring, EheR in Europa, Länderbericht Schweiz, Rn.  22, 105 ff. 364  Im deutschen IPR ist umstritten, ob die (güterrechtliche) Rechtswahl mit Rückwirkung vereinbart werden kann; (dafür:) Stoll, Rechtswahl, S.  90–93; Mankowski/Osthaus, DNotZ 1997, 10, 21 f.; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  116, 126; MüKo BGB/ Siehr (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  46; (dagegen:) Henrich, IntFamR, S.  101; Kemp, Grenzen der Rechtswahl, S.  87 f. Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  169, schlagen folgende Lösung vor: Die Gatten verabredeten eine Rechtswahl mit ex nunc-Wirkung; auf der sachrechtlichen Ebene (also im materiellen Güterrecht) träfen sie dann eine Regelung, die im Ergebnis der rückwirkenden Geltung des vereinbarten Güterstands von Anbeginn ihrer Ehe praktisch gleich komme; vgl. Schotten, DNotZ 1999, 326, 327; ihm folgend NK-BGB/Sieghörtner (2016), Art.  15 EGBGB, Rn.  58 a. E. 365  Damit ähnelt Art.  80 bulgIPRGB doch sehr dem Art.  53 schweizIPRG, was Zustandekommen, Form und rückwirkende Geltung der Güterrechtswahl mit der Möglichkeit ihres Ausschlusses anbelangt.

§  2. Ehewirkungen

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aa) Allgemeines Mit der ex lege-Rückwirkung der Güterrechtswahl auf den Zeitpunkt der Eheschließung sind die Ehegatten auf der Grundlage des von ihnen gewählten Güterrechts so zu behandeln, als habe dieses Recht von Anbeginn ihrer Ehe ge­golten.366 Über zwischenzeitliche Änderung des Güterrechts befinden seine intertemporalen Regelungen über die eheliche Vermögenszuordnung. Unberührt von der Rückwirkung bleiben natürlich alle abgeschlossenen Sachverhalte (Art.  42 bulgIPRGB). Das stellt keinen Bruch in der Einheitlichkeit des Güterstatuts dar: Denn Art.  42 leg.cit. erfasst auch abgeschlossene Vorgänge (Verwaltungsmaßnahmen und Verfügungen) zwischen den Ehegatten selbst. Gleiches gilt für erworbene Rechte Dritte.367 Betroffene Dritte können sich auf das alte Ehegüterstatut berufen, wenn dieses günstiger für sie ist; tun sie es nicht, so gilt für sie retrospektiv ebenfalls das neue Güterstatut. bb) Bedeutung für das Altvermögen Die rückwirkende Güterrechtswahl führt zur Anwendung des neuen Rechts bis hin zur Heirat zurück. Damit schafft der bulgarische IPR-Gesetzgeber eine differenzierte Handhabung hinsichtlich des Altvermögens der Ehegatten und damit letztlich des „Transformationsmechanismus“, je nachdem der Wechsel des Gü­ ter­statuts zurückwirkt oder nicht:368 Zwar erfasst der Statutenwechsel in beiden Fällen das Gesamtvermögen der Eheleute. Der wesentliche Unterschied besteht aber darin, dass beim nicht-rückwirkenden Güterstatutenwechsel der bisherige Güterstand endet und auf Veranlassung wenigstens eines der Ehegatten auch tatsächlich abgewickelt werden muss, während dieser Vorgang beim rückwirkenden Güterstatutenwechsel zum vornherein ausscheidet.369

366  Zu solch einem Fall s. Bezirksgericht Varna, Urt. №  1137 v. 4.7.2017 i. d. Rs. №  2204/­ 2016 – ciela. 367  Im Ergebnis wie hier Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  236. Auch dies entspricht einem materiellrechtlichen (Vor-)Verständnis, vgl. Art.  40 Abs.  2 FamKodex. 368  In der Schweiz wirkt der Statutenwechsel sowohl bei der nachträglichen Rechtswahl als bei der objektiven Anknüpfung des Güterstatuts grundsätzlich rückwirkend; vgl. Siehr, IPR der Schweiz, §  3 III 2, S.  39–42; Schnyder, IPR, S.  52 f.; Schnyder/Liatowitsch, IPR und IZVR, Rn.  429–437; Schwander, Einführung in des IPR, Bd.  II, Rn.  213–231. 369  Vgl. Schotten/Schmellenkamp, IPR, Anhang II – Frankreich, S.  444 (betr. Art.  6 Abs.  3 Haager Ehegüterrechtsabkommen v. 14.3.1978).

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(1) Reichweite und Inhalt der Rückwirkung Die rückwirkende Güterrechtswahl ergreift jeden vorausgegangenen güterrechtlichen Vorgang und unterwirft ihn den Regeln des neuen Güterstatuts.370 Die Einstellung des alten Güterrechts dazu ist belanglos. Im Gegensatz zum objektiven Güterstatutenwechsel oder einer auf die Zukunft beschränkten Rechtswahl geht es hier also nicht um eine Abwicklung des Alt-Güterstands und eine Überleitung/ Transponierung des Altvermögens in den Neu-Güterstand. Vielmehr handelt es sich um eine rückwirkende Neuzuordnung der gesamten güterrechtlichen Beziehungen. Um dieser neuen (rückwirkenden) Zuordnung der ehelichen Vermögens­ masse(n) Herr zu werden, muss man sich bei jedem Vermögensgegenstand aus der Vergangenheit fragen: Wie vollzieht sich die Vermögenszuordnung unter Geltung des neuen Güterstatuts im Zeitpunkt des Erwerbs? Hierbei kann die Rück­ wirkung sowohl zur Verringerung des ehelichen Vermögens wie zur Entstehung neuer Rechte zwischen den Ehegatten führen.371 Bei Vorhandensein unbeweg­ lichen Vermögens wird i. d. R. eine Berichtigung des Grundbuchs nötig werden. (2) Abgrenzung zu einer Rechtswahl mit Wirkung ex nunc Bei einem objektiven Statutenwechsel oder einer auf die Zukunft beschränkten, also ex nunc-Rechtswahl gilt etwas völlig anderes: Erstens unterfällt neu erworbenes Vermögen dem gewählten Neustatut. Zweitens ist der Alt-Güterstand, unter welchem das alte Vermögen erworben wurde, „abzuwickeln“372 – wenn und soweit einer der Ehegatte am Ende des neuen Güterstands oder aus Anlass des Wechsels des Güterstatuts die Abwicklung verlangt. Nur dann findet eine rechnerische Transponierung statt vom Alt- in den Neu-Güterstand. Denn die Beendigung des Alt-Güterstatuts führt eo ipso nur zur Beendigung des ihm unterstellten Alt-Güterstands, der wiederum unter dem Dach des Neu-Güterstatuts ein juristisches Eigenleben entwickeln kann.373 Dies führt aber nicht zu einem zeitlichen 370 

Stoll, Rechtswahl, S.  91. Zum Vorstehenden Stoll, Rechtswahl, S.  91. 372  Henrich, IntFamR, S.  100 f.; MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  45; Pakuscher, Unwandelbarkeit des Ehegüterrechtsstatuts, S.  214; Kötters, Parteiautonomie, S.  51 f. Siehe ferner Stoll, Rechtswahl, S.  89 ff. 373  Das verträgt sich mit dem bulgarischen materiellen Familienrecht umso mehr, als dieses den Bestand mehrerer Güterstände nebeneinander zulässt, wenn auch nur als Folge eines Ehevertrags, in welchem die (künftigen) Eheleute, sei es bewusst oder nicht, über ihr gegenwärtiges und/oder künftiges Vermögen keine (abschließende) Regelung getroffen haben. Solche Gegenstände unterfallen gem. Art.  38 Abs.  4 FamKodex ausdrücklich dem gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft. Ob sie tatsächlich Errungenschaftsgut werden, ist damit allerdings nicht gesagt. Ihre güterrechtliche Zuordnung beurteilt sich nach den allgemeinen Regeln der Artt.  21–23 FamKodex. 371 

§  2. Ehewirkungen

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Nebeneinander zweier Güterstände, da der Alt-Güterstand endgültig beendet ist.374 Soll deshalb das bis zur Rechtswahl bzw. deren Änderung oder Aufhebung erworbene und damit alte Vermögen dem Neu-Statut unterworfen werden, so müssen die Ehegatten qua Ehevertrag eine sachrechtliche Regelung auf der Grundlage des gewählten Rechts treffen. Andernfalls verbleibt es beim Grundsatz: der Alt-Güterstand ist nur und erst dann tatsächlich „abzuwickeln“ und in den Neu-Güterstand zu transponieren, wenn ein Ehegatte eine güterrechtliche Auseinandersetzung wegen des Wechsels des Güterstatuts oder der Beendigung des Neu-Güterstands verlangt. cc) Ausschluss der Rückwirkung Es ist offensichtlich, dass die Rückwirkung die Interessen des einen oder des anderen Ehegatten beeinträchtigen kann. Lebten z. B. die Eheleute bis zur Rechtswahl in Gütertrennung eines ausländischen Rechts, so hat ein gewillkürter rückwirkender Statutenwechsel hin zum bulgarischen gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft zur Folge, dass bei einer späteren Beendigung dieses Güterstandes alles während der Ehedauer erzielte Vermögen grundsätzlich zur Hälfte in Natur aufzuteilen ist (Art.  28 FamKodex).375 Art.  80 Abs.  3 S.  3 Alt.  2 bulgIPRGB ermöglicht deshalb den Eheleuten, die Rückwirkung durch eine Ausschließungsvereinbarung auszuschalten. Ihre Form richtet sich nach Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB, so dass sie ausdrücklich wie konkludent zulässig ist. Das Zustandekommen und die rechtsgeschäftliche Wirksamkeit bestimmen sich e contrario nach Art.  80 Abs.  2 bulgIPRGB. (1) Zeitpunkt der Ausschließungsvereinbarung Aus der Vergangenheitsform des Wortlauts – „außer wenn die Parteien etwas anderes vereinbart haben“ – ist zu entnehmen, dass die Ehegatten den Ausschluss der Rückwirkung grundsätzlich in der Rechtwahl selbst zu vereinbaren haben;376 andernfalls müssen sie unter Aufhebung der alten Wahl eine neue treffen, um in dieser dann der Rückwirkung einen Riegel vorzuschieben. Die Ausschließungs374  Vgl. Schotten, DNotZ 1999, 326, 331; Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  173a m. w. N. zur Gegenansicht. 375  Für die Schweiz Greiner/Geiser, ZBJV 127 (1991), 1, 21; Guillod, Eheverträge in schwei­ zerisch-deutschen Sachverhalten, S.  246 f. 376  An diesem Punkt weicht Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB vom Art.  53 Abs.  3 S.  2 schweiz­ IPRG ab. Trotzdem gleichen sich die Ergebnisse; vgl. für das Schweizer IPR Heini, in: Zürcher Kommentar zum IPRG (2004), Art.  55 IPRG, Rn.  9 m. Nachw. zur Gegenansicht (Befristung für die Ausschaltung der Rückwirkung). Kritisch zum fehlenden Zeitpunkt der Ausschließungs­ vereinbarung i. S. des Art.  53 Abs.  1 schweizIPRG Bucher, in: Lausanner Kolloquium, S.  115, 127.

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vereinbarung gilt deswegen in aller Regel nur im Zusammenhang derjenigen güterrechtlichen Kollisionsrechtswahl, in welcher sie Eingang gefunden hat. Ausnahmsweise kann sich jedoch aus einer früheren Güterrechtswahl der Wille der noch nicht miteinander verheirateten Vertragsparteien – der Brautleute (bei vorehelicher Wahl) – bzw. der Eheleute selbst (bei der nachträglichen einer Erstwahl nachfolgenden zweiten Rechtswahl) – ergeben, jedwede Rückwirkung auszuschließen: Der Ausschluss der Rückwirkung kann nämlich auch stillschweigend erfolgen. Mithin ist eine antizipierte Ausschließungsvereinbarung zulässig, mag sie selbst in einer früheren Güterrechtswahl vereinbart worden sein. Die Anforderungen daran sind allerdings hoch anzusiedeln. (2) Ausschließungsvereinbarung und Ehevertrag Diese Grundsätze beziehen sich unmittelbar auf den Fall, dass die Eheleute lediglich ein fremdes Güterstatut wählen, sonst es aber bei dem dortigen gesetz­ lichen Güterstand belassen. Indes finden die vorstehenden Prinzipien selbst dann Anwendung, wenn die Braut- bzw. Eheleute sowohl kollisions- wie sachrechtlich agieren. So, wenn sie einen bestimmten Güterstand wählen wollen, der nicht der gesetzliche ist. Denn in dieser Situation bedarf es auf der sachrechtlichen Ebene eines Ehevertrags, in dem die Parteien den gewollten Güterstand vereinbaren. Da es um die rückwirkende Geltung seiner güterstandsrechtlichen Bestimmungen geht,377 kann der Ausschluss der Rückwirkung grundsätzlich nur in dem Vertrag vereinbart werden, in welchem eben diese rückwirkenden Güterstandsregelungen zur Entstehung gelangen. Doch auch der antizipierte Rückwirkungsausschluss ist möglich, sofern er nur in Form eines Ehevertrages erfolgt. dd) Stellungnahme Die ex tunc-Lösung des Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB ist uneingeschränkt zu begrüßen.378 Die Rückwirkung einer postnuptialen Rechtswahl vermeidet oft Überleitungsschwierigkeiten bei der Abwicklung des alten Güterstands (und schafft naturgemäß freilich andere).379 Die Eheleute werden es als Vorteil auffas377  Nach Art.  40 Abs.  1 Fall 2 Alt.  1 FamKodex gilt der Ehevertrag grundsätzlich ex nunc; vgl. Administrativgericht Sofia, Urt. №  3545 v. 8.11.2010 i. d. Rs. №  4194/2010 – ciela; Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  9815 v. 28.6.2013 i. d. Rs. №  8568/2012 – ciela; Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  118 ff. m. w. N.; Mateeva, Semeyno pravo, S.  169; Markov, Obshtestvo i pravo 2007, №  3, 17. 378  Kritisch dagegen zur vergleichbaren Rückwirkungslösung des schweizerischen IPR Henrich, in: Lausanner Kolloquium, S.  103, 108. 379  Vgl. Beitzke, RabelsZ 41 (1977), 457, 474; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 ­EGBGB, Rn.  120 ff. m. w. N.

§  2. Ehewirkungen

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sen, wenn ihre vermögensrechtlichen Beziehungen von Anbeginn ihrer Ehe gänzlich einem einheitlichen Güterstatut unterstehen. Das wird insbesondere auf einen mehrmaligen objektiven Statutenwechsel zutreffen, bei dem das jeweils anwendbare Neu-Güterstatut die güterrechtlichen Verhältnisse der Gatten nur solange beherrscht, bis ein neues Güterstatut seine Herrschaft beendet.380 Die damit geschaffene Rechtszersplitterung läuft den Interessen der Eheleute zuwider, ihre Güterrechtsverhältnisse möglichst einheitlich geregelt zu wissen.381 Die Ehepartner können gar Güter- und Erbstatut aneinanderkoppeln und koordinieren, indem sie das Recht des Erbstatuts des Erstversterbenden wählen.382 Die Güterrechtswahl ist durch den Tod des zuerst versterbenden Ehegatten aufschiebend bedingt: Stirbt einer der Ehepartner während der Ehe, so wird das – objektiv oder subjektiv (qua Rechtswahl) – als Erbstatut berufene Erbrecht zugleich zum gemein­ samen Güterstatut.383 Die Wahl brauchen die Eheleute nicht mit einer Rückwirkung auszustatten – diese tritt kraft Gesetzes ein (Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB). So erzielen sie Gleichklang zwischen Güter- und Erbstatut. Bei bulgarischem Erb- oder Güterstatut können die Ehegatten dieses Ziel allerdings nicht per einheitlichen Vertrag erreichen, also nicht in dem Ehevertrag. Denn Art.  38 Abs.  3 S.  1 FamKodex lässt dies nicht zu, und Art.  15 bulgErbG gestattet kein gemeinschaftliches Testament.384 Jeder Ehegatte muss folglich allein agieren und testieren, auch wenn in Übereinstimmung mit dem anderen. Um einen eventuellen Missbrauch zu unterbinden (der vorverstorbene Ehegatte hatte z. B. sein gesamtes Vermögen gem. Art.  89 Abs.  2 bulgIPRGB seinem Heimatrecht unterstellt, welches den überlebenden Ehegatten schlechter stellt, als er nach dem objektiv oder per Güterrechtswahl bis anhin berufenen Güterrecht stünde), können die Eheleute den Kreis der wählbaren Güterrechtsordnungen in ihrer Rechtswahl selbst vorgeben. Stimmt das als Erbstatut berufene Erbrecht nicht mit einem von ihnen überein, so kommt das von den Ehegatten für diesen Fall bestimmte Güterrecht zum Zuge, in Ermangelung einer solchen Abrede das bis dahin anwend­ bare. Der Rechtsverkehr ist durch die Anwendung des Art.  81 und Art.  50 Abs.  2 380  Bucher, in: Lausanner Kolloquium, S.  115, 126; Schnyder, IPR, S.  52; jew. für das Schwei­zer IPR. 381  Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  235, spricht von Absichten des Gesetzgebers, ein einheitliches Güterrechtsstatut zu bewahren, um so für Stabilität im ehelichen Güterrecht zu sorgen. 382  Siehe nur Art.  89 bulgIPRGB: In Abs.  2 unterstellt er das Immobiliarvermögen der lex rei sitae, in Abs.  4 eröffnet er eine Rechtswahlmöglichkeit zu Gunsten der Staatsangehörigkeit des Erblassers im Zeitpunkt der Wahl. Eine Harmonisierung zwischen Erb- und Ehegüterrechtsstatut hat sich für Altfälle nachgerade angeboten. 383  Zur Zulässigkeit einer solchen bedingten Rechtswahl und deren rechtsgeschäftlichen Wirksamkeit siehe Mankowski/Osthaus, DNotZ 1997, 10, 16 f. und v. a. 19 f. m. w. N. 384  S.a. Musseva, in: Gierl et al., IntErbR, Länderbericht Bulgarien, Rn.  100.

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bulgIPRGB hinreichend geschützt.385 Dass mit der Rückwirkung meist die Notwendigkeit einhergeht, das Grundbuch/Grundstücksregister (имотен регистър) und das Güterrechtsregister zu berichtigen, ist nur konsequent und darum hinnehmbar.386 Der mögliche Ausschluss der Rückwirkung einer Wahl gem. Art.  80 Abs.  3 S.  3 Alt.  2 bulgIPRGB räumt etwaige verfassungsrechtliche Bedenken gegen den nachträglichen Eingriff in die ehegüterrechtlichen Verhältnisse aus. Hiergegen könnte man zwar einwenden, Alt.  2 setze eine Einigung zwischen den Ehegatten voraus; komme sie nicht zustande, so werde derjenige Ehegatte benachteiligt, in dessen bereits bestehende Eigentumspositionen durch die Rückwirkung eingegriffen werde.387 Solchen Einwänden wird man jedoch durch eine ex tunc-feindliche und ex nunc-freundliche Auslegung der Güterrechtswahlvereinbarung wirksam begegnen können. Die Rückwirkungslösung des Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB ist letztlich an Art.  8 Abs.  2 des Haager Übereinkommens über das auf Ehegüterstände anwendbare Recht v. 14.3.1978388 angelehnt. Hiernach wirkt der gesetzliche Statutenwechsel nur für die Zukunft, d. h. das Altvermögen ist von der Neuanknüpfung ausgenommen. Doch können die Eheleute die Anwendung des neuen Rechts für ihr gesamtes Vermögen bestimmen. Diese Befugnis wird häufig mit der Möglichkeit gleichgesetzt, parteiautonom Rückwirkung anzuordnen.389

385 

A. A. Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  235 f. (Analogie zu Art.  93 Abs.  4 S.  2 Fall 2 bulgIPRGB). 386  Vgl. Mankowski/Osthaus, DNotZ 1997, 10, 22; s. zudem die Ausführungen von Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  121 f., betreffend den Inhalt des Grundbuchs bei einer Rückwirkung des Ehevertrags. 387  Zu dieser Argumentation Pakuscher, Unwandelbarkeit des Ehegüterrechtsstatuts, S.  186. 388  Englischer und französischer Text in RabelsZ 41 (1977), 554 ff. Das Übereinkommen ist am 1.9.1992 für Frankreich, Luxemburg, und die Niederlande in Kraft getreten. Es gilt in den Signatarstaaten als loi uniforme, d. h. sein Regelungswerk findet selbst dann Anwendung, wenn auf das Recht eines Nichtvertragsstaates verwiesen wird (z. B. auf das bulgarische oder deutsche Recht). Bulgarische und deutsche Gerichte haben darum die Kollisionsnormen dieses Übereinkommens anzuwenden, wenn Art.  79 Abs.  1 oder 2 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB bzw. Art.  15 Abs.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 auf französisches, luxemburgisches oder niederländisches Recht verweist; vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2000, 1574, 1575; Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  22 (Fn.  53); zu diesem Haager Übereinkommen im Überblick Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  22–26; s. a. Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  3, 95 f. 389  Stoll, Rechtswahl, S.  86, mit Wiedergabe der französischen und englischen Original­ fassung von Art.  8 des vorgenannten Haager Übk. Zum objektiven Statutenwechsel nach Art.  8 des Haager Übk. v. 14.3.1978 siehe Beitzke, RabelsZ 41 (1977), 457, 464 f.

§  2. Ehewirkungen

269

5. Aufhebung und Änderung der Rechtswahl Eine einmal getroffene Wahl können die Ehegatten später nach eigenem Gutdünken wieder ändern oder aufheben (Art.  80 Abs.  3 S.  2 bulgIPRGB). Veränderte (Anknüpfungs-)Umstände sind dafür nicht erforderlich. Die Aufhebung der Rechtswahl ohne die Vornahme einer erneuten Rechtswahl führt dazu, dass rückwirkend die objektive Anknüpfung nach Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 oder Abs.  2 bulgIPRGB eingreift. Dafür spricht der actus contrarius-Gedanke: Wenn die nachträgliche Rechtswahl auf die Zeit der Eheschließung zurückwirkt, dann doch auch die Aufhebung dieser ihrer Wirkung. Anders ausgedrückt: Die nachträgliche Wahl hat Rückwirkung, ihre Aufhebung ebenso. Folgerichtig gilt das Gleiche bei der Aufhebung einer erst mit der Eheschließung Geltung erlangenden Rechtswahl.390 Für die Ermittlung des objektiven Güterrechtsstatuts sind dann die Anknüpfungsmomente im Augenblick der Aufhebungsvereinbarung maßgebend, und nicht jene zum Zeitpunkt der damaligen Vornahme der Rechtswahl bzw. der Eheschließung.391 An etwas anzuknüpfen, was nicht mehr vorhanden ist, scheidet schon denknotwendig aus. Mit der vorstehend befürworteten Rückwirkung des Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB hat das nichts zu tun. Daraus folgt: Mit der Aufhebung der Rechtswahl werden die ehegüterrechtlichen Verhältnisse neu geordnet, indem rückwirkend dasjenige Recht zum Zuge kommen soll, welches heute nach dem objektiv bestimmten Güterstatut anwendbar ist. Die gleichen Grundsätze gelten bei einer Änderung der Rechtswahl. Entscheidend sind die Anknüpfungspunkte zur Zeit der Änderung. Denn die Änderung einer Rechtswahl beinhaltet auch eine Neu-Rechtswahl. Letztere orientiert sich an den gegenwärtigen Anknüpfungspunkten. Dann kann aber für erstere nichts anderes gelten. Der Zulässigkeit einer Rechtswahländerung steht es mithin nicht entgegen, dass das ehemals abgewählte Recht eine weitere Rechtswahl nicht oder nicht so zulässt, wie die Ehegatten sie nun wollen, sofern nur das gegenwärtig berufene objektive Güterrechtsstatut die nunmehr gewollte Rechtswahl gestattet. 6. Folgen der Rechtswahl a) Abgrenzungen Zwar eröffnet Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB den Braut- bzw. Eheleuten die Möglichkeit, für ihre Vermögensbeziehungen untereinander das anzuwendende Recht zu 390 

Ebenso Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  236. Stoll, Rechtswahl, S.  84 (Fn.  90); MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  51; a. A. Lichtenberger, DNotZ 1986, 656, 660. 391 

270

3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

bestimmen. Gleichwohl muss man aber – wie erläutert – die kollisionsrechtliche Rechtswahl gedanklich vom güter-sachrechtlichen Inhalt eines bestimmten Güterstands strikt trennen.392 Es handelt sich um zwei eigenständige Verträge, die aus Zweckmäßigkeitserwägungen in einer Urkunde zusammengefasst werden können: eine Rechtswahl auf kollisionsrechtlicher Ebene und einen Ehevertrag mit dem gewählten Güterrecht auf sachrechtlicher Ebene. Jeder Vertrag folgt den Regeln, die für ihn auf der jeweiligen Ebene gelten.393 Die Abwahl des objektiv berufenen Güterstatuts und – eventuell – die inhaltliche Gestaltung der kolli­ sions­rechtlichen Güterrechtswahl richten sich nach dem abgewählten objektiven Güterrechtsstatut (Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  1 bzw. Abs.  2 bulgIPRGB). Der Umfang güterrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten ist eine Frage der sachrechtlichen Ebene und darum allein dem gewählten Recht zu entnehmen.394 Die Rechtswahl ist mithin zweitstufig aufgebaut, muss aber nicht zweistufig ausgeübt werden. Das bedeutet: Die Eheleute können sich auf die Wahl einer nationalen Rechtsordnung beschränken. Dann gilt der jeweilige gesetzliche Güterstand der gewählten Rechtsordnung, wenn die Gatten keine weiteren sachrecht­ lichen Erklärungen über ihren gewünschten Güterstand abgeben.395 Die Eheleute sind folglich nicht gehalten, die Wahl eines bestimmten Güterstands zu treffen, d. h. innerhalb der gewählten Rechtsordnung sogleich einen der dortigen vertraglichen Güterstände zu wählen. Davon können sie Gebrauch machen, wenn sie das wollen und sich einig werden. Ist das so, dann impliziert die Wahl eines fremden Güterstands die Wahl des Güterstatuts, unter dessen Herrschaft er Bestand hat.396 Soll der gesetzliche Güterstand des gewillkürten Güterstatuts zu einem späteren Zeitpunkt als dem Abschluss der Güterrechtswahl wirken, so gilt er in seiner materiellrechtlichen Ausgestaltung in eben diesem späteren Zeitpunkt.397 Beispiel: (1) Ein gemischt-nationales Ehepaar, sie Bulgarin, er Deutscher, hat seinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Mannheim. Zukünftig will es seine ehelichen Vermögensbeziehungen dem Güterstand der Gütertrennung nach bulgarischem Recht unterstellen. Wie ist das aus bulgarischer Sicht bis zum einschließlich 28.1.2019 zu vollbringen? (2) Die Wahl soll von Anbeginn der Ehe wirken.

392  Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  103; Schotten, IPR, Rn.  168 f.; ders., DNotZ 1999, 326, 327; ders./Schmellenkamp, IPR, Rn.  168 f. 393  Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  169 ff.; Schotten, DNotZ 1999, 326, 330 f. 394  Pakuscher, Unwandelbarkeit des Ehegüterrechtsstatuts, S.  215 f.; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  103; Schotten, IPR, Rn.  168–175; ders., DNotZ, 1999, 326, 328; ders./Schmellenkamp, IPR, Rn.  171 f. 395  Gesetzt immer den Fall, das objektive Ehegüterstatut erlaubt eine kollisionsrechtliche Güterrechtswahl. 396  Vgl. Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  126. 397  Ähnlich Stoll, Rechtswahl, S.  91.

§  2. Ehewirkungen

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Grundfall: 1) Für das Ehepaar gilt momentan nach der objektiven Anknüpfung gem. Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB deutsches Recht als Güterstatut, da die Eheleute mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit ihren gemeinsamen Aufenthalt in Deutschland haben. 2) a) Die Ehegatten können nach Art.  79 Abs.  4, Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB i. V. m. Art.  15 Abs.  2 Nr.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 für die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe das bulgarische Recht wählen. Diese Rechtswahl hat in einfacher Schriftform mit Datum und ihren Unterschriften zu erfolgen (Art.  80 Abs.  1 bulgIPRGB). b) Die Rechtswahl entfaltet Wirkungen nur auf der kollisionsrechtlichen Ebene. Dies bedeutet, dass das objektiv berufene Ehegüterrechtsstatut – hier: deutsches Güterrecht – abgewählt, und an seiner Stelle das gewählte Güterrechtsstatut berufen wird. Im Rahmen des gewählten Güterrechtsstatuts ist der gesetzliche Güterstand anzuwenden, hier also der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft in Bulgarien. c) In Errungenschaftsgemeinschaft wollen diese Ehegatten aber gerade nicht leben, sondern im Güterstand der bulgarischen Gütertrennung. Um ihr Ziel zu erreichen, müssen sie eine Korrektur des kollisionsrechtlichen Anknüpfungsergebnisses auf der sachrechtlichen Ebene des gewählten (und nicht des abgewählten) Güterrechts vornehmen. Über Zulässigkeit, Voraussetzungen und Inhalt eines Ehevertrags herrscht wiederum das gewillkürte Güterstatut. Nach Art.  38 Abs.  2 S.  1 FamKodex ist dafür erforderlich und ausreichend ein Ehevertrag mit einer Verweisungsklausel auf die Vorschriften der Gütertrennung des bulgarischen Rechts nach Artt.  33 ff. FamKodex. Diesbezüglich bedarf es jedoch der Form des Art.  39 Abs.  1 FamKodex, also der notariellen Beurkundung (Schriftform mit notarieller Bestätigung von Inhalt und Unterschriften). Eine Kosten sparende notariell beglaubigte Erklärung, wie Art.  9 Abs.  2 S.  1 FamKodex sie etwa vorsieht, scheidet hingegen aus. Denn sie kann nur bei der Eheschließung gegenüber dem (bulgarischen) Zivilstandsbeamten nachgewiesen werden; die Annahme ihrer Substitution wäre daher nicht erfolgsversprechend. Den Gatten bleibt indes unbenommen, den Ehevertrag vor einem deutschen Notar abzuschließen. Denn das Tatbestandsmerkmal „notarielle Bestätigung von Inhalt und Unterschriften“ i. S. des Art.  39 Abs.  1 FamKodex ist bei Einschaltung eines deutschen Notars substituierbar, weil die notarielle Beurkundung durch einen deutschen Notar mit der durch einen bulgarischen Notar funktional gleichwertig ist. Abwandlung: 1) Der Wunsch der Eheleute, bulgarisches Güterrecht zur Geltung kommen zu lassen, ist mit der wirksamen Vereinbarung der Rechtswahl – kollisionsrechtlich wie sachrechtlich – sofort verwirklicht. Eine echte rückwirkende Geltung bulgarischen Güterrechts erfolgt bereits mit der wirksamen Güterrechtswahl (Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB). Somit müssen die Ehegatten nicht auf der sachrechtlichen Ebene einen Ehevertrag schließen. Alt- und Neu-Vermögen unterliegen einem einzigen Güterstand, von Beginn ihrer Ehe an betrachtet. 2) Wollen die Ehepartner dieses Resultat der Rückwirkung vermeiden, so haben sie zwei gleichrangige Möglichkeit:

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

– auf Kollisionsrechtsebene: sie treffen eine Ausschließungsvereinbarung nach Maßgabe des Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB oder – auf Sachrechtsebene: sie schließen einen Ehevertrag gemäß dem gewählten Güterrecht ab und in diesem zugleich die ex lege-Rückwirkung der Kollisionsrechtsebene aus. Erst dann stehen ihnen die Gütertrennung oder der Wahlgüterstand des bulgarischen Güterrechts zur Verfügung. Diese Güterstände erfassen nur das Neuvermögen, es sei denn, die Gatten regeln kautelar auch ihr Altvermögen.

b) Aufhebung und Änderung der Rechtswahl In zeitlicher Hinsicht problematisch sind die Folgen einer Aufhebung und einer Änderung der Rechtswahl. Genauer: Für welchen Zeitraum (Vergangenheit oder Zukunft) – und damit für welches Statut (Alt- oder Neustatut) – gilt die (teilweise) aufgehobene bzw. geänderte Wahl? Für die Aufhebung der Rechtswahl ist eine Analogie zu Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB dogmatisch der richtige Weg. Es macht keinen Unterschied, ob die Ehegatten eine Neuwahl treffen, die der Altwahl inhaltlich entgegensteht, oder ob sie die Wahl nur aufheben; oder ob sie die früher getroffene Wahl zunächst nur aufheben und später abermals eine neue verabreden. Den Wortlaut des Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB – „Sofern die Wahl nach der Eheschließung erfolgt ist […]“ – hat man nicht dahingehend zu verstehen, dass lediglich die erste von mehreren Rechtswahlvereinbarungen rückwirkend gelten soll. Wenn aber bei einer Neuwahl des Güterstatuts die Rückwirkung nach Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulg­ IPRGB eintritt, so kann für die Aufhebung derselben nichts anderes gelten;398 die Neuwahl beinhaltet die Aufhebung der Altwahl.399 Folgerichtig muss auch die Aufhebung einer vorehelichen, also einer erst mit Eheschließung Geltung erlangenden Rechtswahl die Rückwirkung entfalten. M.a.W. wirkt die Änderung einer Rechtswahl rückwirkend auf die Zeit der Eheschließung zurück, unabhängig davon, ob sie nur punktuell oder allumfassend erfolgt. Denn die (teilweise) Änderung einer Rechtswahl führt zur (teilweisen) Aufhebung dieser früheren Rechtswahl, macht also diese vorangegangene Rechtswahl ungeschehen. Davon zu trennen ist die Frage nach dem Schicksal des Alt-Güterstands bei lediglich punktueller Änderung der Rechtswahl. In diesem Fall tritt eine Güterrechtsspaltung ein mit der Konsequenz, dass nun mehrere Güterstände und damit mehrere Vermögensmassen nebeneinander bestehen, über welche jene sachrechtlichen Regelungen herrschen, denen sie unterliegen. 398 

Wie hier ohne Begründung Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  236. Diese Auslegung vermeidet das Problem, ob der gesetzliche Güterstand zur Zeit der Eheschließung oder der Aufhebung der Wahl gilt. 399 

§  2. Ehewirkungen

273

Das kann zu Komplikationen bei der Transponierung/Überleitung und „Abwicklung“ des Alt-Güterstatuts führen. 7. Zustandekommen und Wirksamkeit der Rechtswahl Zustandekommen und Wirksamkeit der Rechtswahl richten sich – mit Ausnahme der Form – nach dem gewählten Recht (Art.  80 Abs.  2 bulgIPRGB). Die Einstellung des abgewählten Rechts ist im Inland unerheblich. Das verhindert die Entstehung „hinkender“ Ehegüterrechtsverhältnisse. Das gewählte Recht bestimmt über Konsensfragen, Willensmängel und eine allfällige Auslegung der Rechtswahlerklärungen.400 Zu seinem Wirkungskreis gehört außerdem die Frage nach der inhaltlichen Wirksamkeit der Rechtswahl.401 Aus diesem Grund bestimmt das gewählte Recht, ob z. B. Eheverträge erlaubt sind, welchen Inhalt sie haben dürfen,402 ob eine besondere Geschäftsfähigkeit für den Abschluss des Ehevertrags erforderlich ist,403 welche Form einzuhalten ist und ob sonstige Gültigkeitserfordernisse erfüllt werden müssen. Indes entscheidet über das Ob der Zulässigkeit der Rechtswahl selbst nicht das gewählte Recht. Maßgeblich ist das objektive Güterrechtsstatut in Anwendung von Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  1 oder Abs.  2 bulgIPRGB. Nur die Frage des Wie der Rechtswahl ist Art.  80 Abs.  2 bulgIPRGB überlassen. 8. Eintragung in das Güterrechtsregister Die Rechtswahl kann in das bulgarische Register der Vermögensbeziehungen der Ehegatten404 eingetragen werden.405 Das ist nicht ausdrücklich normiert, weil bei Inkrafttreten des bulgIPRGB noch das alte Familienrecht galt; dieses kannte kein 400 

Im Ansatz ähnlich Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  331. wohl Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  236: Über die Zulässigkeit und den Rahmen der Willensautonomie entscheide das objektiv anwendbare Recht. 402  Das bulgarische Recht gestattet im Ehevertrag keine Verfügungen von Todes wegen (Art.  38 Abs.  3 S.  1 FamKodex). 403  Eine Anknüpfung an das Heimatrecht gem. Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB scheidet aus, da es sich um eine besondere Geschäftsfähigkeit i. S. des Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB handelt. Anders Todorov, Pravootnoshenia, S.  141 f., Tz.  59 (Frage der allgemeinen Geschäftsfähigkeit; nach ihm beurteilte sich die Anknüpfung nach Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB). Zweideutig Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  237: „die Rechts- und Geschäftsfähigkeit, einschließlich der Geschäftsfähigkeit zum Abschluss einer Rechtswahl, richten sich nach den allgemeinen Regeln des Art.  49 und Art.  50 bulgIPRGB.“ 404  Auf Bulgarisch: регистър на имуществените отношения на съпрузите/registar na imushtestvenite otnoshenia na sapruzite (vgl. Art.  19 FamKodex); im Folgenden: Güterrechtsregister. 405  Ebenso Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  240 f. 401  Anders

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Güterrechtsregister.406 Außerdem war bei der Fassung des Art.  79 Abs.  4 und Art.  80 bulgIPRGB die Schaffung eines speziellen Registers für international-­ güterrechtliche Rechtswahlvereinbarungen beabsichtigt.407 Offenbar hat der Gesetzgeber diese seine Absicht hintan gestellt, nachdem mit der Einführung des Güterrechtsregisters ein praktisches Bedürfnis dafür nicht mehr ersichtlich ist. Indessen setzt Art.  81 bulgIPRGB die Eintragungsfähigkeit einer Rechtswahl ­voraus. Nach S.  1 können einem Dritten Einwendungen aus einem gewählten ausländischen Güterrecht nur dann entgegengehalten werden, wenn er von der Anwendung dieses Rechts wusste oder wissen musste. Der ausländische gewählte Güterstand steht im Inland damit einem vertraglichen Güterstand gleich. Ähnlich verlangt S.  2 beim Erwerb unbeweglichen Vermögens, dass die Eintragungserfordernisse des Staates gewahrt sind, in dem die Sache belegen ist. In beiden Fällen entfällt der Schutz des Dritten mit der Eintragung der Rechtswahl in das Güterrechtsregister.408 Die Eintragung in das Güterrechtsregister hat nach bulgarischem Recht keine konstitutive Wirkung.409 Für die Wirksamkeit einer Rechtswahl ist sie deshalb – vom Standpunkt des bulgarischen Rechts – nicht erforderlich. Freilich kann das gewählte fremde Güterrecht auf eine Eintragung bestehen, bei deren Fehlen es die Wahl nicht anerkennt.410 Die Bedeutung der Eintragung tritt jedenfalls dann zutage, wenn es um den Schutz eines gutgläubigen Dritten geht, der mit einem der Ehegatten kontrahiert (vgl. Art.  81 bulgIPRGB). Die Eintragung des ausländischen gewählten oder objektiven (str.) Güterstands in das bulgarische Güterrechtsregister hindert die Entstehung guten Glaubens auf Seiten des Vertragspartners. M.a.W. können sich Eheleute einem Dritten gegenüber auf diesen Güterstand nur berufen, wenn er im bulgarischen Güterrechtsregister eingetragen ist. Allein aus diesem Grund empfiehlt sich ihre Vornahme. Zu beachten ist der Umfang einer Eintragung: Das bulgarische Güterregister gibt nur Auskunft darüber, dass die Parteien einen bestimmten gesetzlichen Güterstand des bulgarischen bzw. des ausländischen Rechts vereinbart oder einen 406  Altrechtlich gab es nur den einen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft. Eheverträge waren unzulässig. Das fehlende Bedürfnis nach einem Güterrechtsregister, soweit ausschließlich ein Inlandssachverhalt vorlag, ist unter diesen Umständen zumindest verständlich. Anders verhält sich freilich bei Fällen mit Auslandsberührung. Offenbar sah der Gesetzgeber aber keine Veranlassung, den Rechtsverkehr in solchen Fällen durch Einführung von Publizitätsmechanismen zu schützen. 407  Auskunft von Doz. Dr. Musseva in einem am 22.8.2015 geführten Gespräch mit dem Verfasser. 408  Wohl auch so Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S 241. 409  Markov, Semeyno i nasledstveno pravo, S.  40 und 70; s. a. Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  251. 410  Vgl. Schotten, IPR, Rn.  178; ders./Schmellenkamp, IPR, Rn.  178.

§  2. Ehewirkungen

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Ehevertrag – nach welchem Recht immer – geschlossen haben. Den Inhalt des Ehevertrags selbst verlautbart das Register nicht.411 Gleiches gilt bei der Eintragung einer Güterrechtswahl. III. Objektive Anknüpfung Mangels Rechtswahl bestimmt sich das anwendbare Güterrecht nach dem Recht des Staates, das für die persönlichen Beziehungen der Gatten maßgebend ist, also nach der in Art.  79 Abs.  1 oder Abs.  2 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB vorgesehenen Kaskadenanknüpfung.412 In der stufenweise Reihenfolge sind dies: gemeinsame Staatsangehörigkeit, gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt oder sonstiger gemeinsamer engster Konnex. Ein vorrangiger gemeinschaftlicher Anknüpfungspunkt verdrängt nachrangige. Auch das objektive Güterrechtsstatut ist wandelbar: Mit Änderung der Anknüpfungsverhältnisse ändert sich grundsätzlich das anwendbare Recht.413 Maßgeblich ist das Recht im jeweiligen Beurteilungszeitpunkt.414 Mit der Entscheidung zur Wandelbarkeit des objektiven Güterstatuts respektiert der bulgarische Gesetzgeber das Interesse der Ehegatten, ihre güterrechtlichen Beziehungen an veränderte Lebensumstände anzupassen.415 Die Darstellung zu den persönlichen Ehewirkungen gilt an dieser Stelle sinngemäß. Bedeutsam ist das für die Anknüpfung gem. Art.  15 Abs.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 (starres Güterstatut), als es zu einer Anwendung deutschen Rechts kraft Rück­ verweisung führen kann.416 411  Jessel-Holst, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  29; Staneva, in: ­ sankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  64; a. A. Pavlova, Sobstvenost i pravo, T 2009, №  9, 57, 62. Diese gegenteilige Auffassung spricht sich für eine Pflicht der Eheleute aus, ihren Ehevertrag in kopierter Form dem Güterrechtsregisteramt (Агенция по вписванията/ agentsia po vpisvaniyata/Agentur für Eintragungen) vorzulegen. Damit wäre der Ehevertrag für Dritte einsehbar. Aus diesem Grund ist diese Meinung abzulehnen. Dritte sind darauf hingewiesen, beim Vertragsabschluss ihren Vertragspartner nach der Existenz einer Güterrechtswahl zu fragen; vgl. für das bulgarische Sachrecht Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  249; Dobrev, Sobstvenost i pravo 2019, №  11, 58, 59. Ist eine solche Wahl vorhanden, so obliegt es der verheirateten Partei, Auskunft über ihren Inhalt zu erteilen, soweit es nur um das anwendbare Güterrecht geht. 412  Kritisch zur Anknüpfung an das gemeinsame Heimatrecht der Ehegatten Todorov, ­Pravootnoshenia, S.  125, Tz.  49 a. E. 413  S.a. Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  66. 414  So angeklungen bei Bezirksgericht Plovdiv, Urt. №  306 v. 21.3.2017 i. d. Rs. №  262/2017 – ciela (Erwerb beweglichen Vermögens während der im Mai 2013 in Großbritannien geschlossenen Ehe zweier Bulgaren im Jahr 2014, Anknüpfung der güterrechtlichen Wirkungen an Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB); 415  Vgl. Lüderitz, FS Kegel (1977), 31, 36. 416  So die ganz h. M.; s. nur OLG München, FamRZ 2011, 1006; OLG Düsseldorf, FamRZ 2011, 1510, 1512; Süß, in: Beckʼsches Notar-Hdb, H., Rn.  146; Staudinger/Mankowski (2011),

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Beispiel: Brautleute mit gewöhnlichem Aufenthalt in Sofia (Bulgarien) haben im Augenblick der Eheschließung im Jahr 2010 verschiedene Nationalitäten (er die deutsche, sie die bulga­ rische). 2015 ziehen sie nach Dresden um. Eine Rechtswahl haben sie nicht getroffen, einen Ehevertrag nicht abgeschlossen. Welchem Recht unterliegen die vermögensrechtlichen Beziehungen der Eheleute? I. Aus der Sicht des deutschen IPR Deutsches Recht gilt kraft Rückverweisung und umfasst die gesamte Ehezeit. Denn Art.  15 Abs.  1 i. V. m. Art.  14 Abs.  1 Nr.  2 EGBGB i. d. F. von 1986 verweist auf der zwei­ten Stufe der Kaskadenanknüpfung auf das bulgarische Recht einschließlich seiner Kolli­ sionsregeln. Die Vermögensbeziehungen der Ehegatten unterstellt das bulgarische IPR primär dem jeweils gemeinsamen Heimatrecht der Gatten, sekundär dem Recht des Staates, in dem sich ihr jeweiliger gemeinsamer Aufenthalt befindet (Art.  79 Abs.  1 oder 2 Alt.  1 bulgIPRGB). Die erste Stufe scheitert, nachdem die Eheleute eine gemeinsame Staatsangehörigkeit nie besessen haben. Nach der Eheschließung haben die Eheleute ihren ursprünglichen Aufenthalt in Bulgarien unter Begründung eines neuen in Deutschland aufgegeben. Sohin verweist Art.  79 Abs.  2 Alt.  1 bulg­IPRGB auf der zweiten Stufe auf deutsches Recht als das Recht des jetzigen gemeinsamen Aufenthalts der Ehegatten zurück. Die Rückverweisung nimmt das deutsche IPR an, ungeachtet dessen, ob das rückverweisende (bulgarische) Recht eine Gesamt- oder eine Sachnormverweisung ausspricht (Art.  4 Abs.  1 S.  2 EGBGB). Güterstatut ist nach alledem deutsches Recht. II. Aus Sicht des bulgarischen IPR Komplizierter ist die Rechtslage vom Standpunkt des bulgarischen Rechts. Denn das Güter­sta­ tut ist danach wandelbar. Das bedeutet: Art.  79 Abs.  1 oder 2 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB unterstellt die Vermögensbeziehungen der Ehegatten untereinander dem jeweils berufenen Recht. Der bulgarische IPR-Anwender muss darum Zeiträume bilden, indem er von der jeweiligen stufenweisen Anknüpfung des Art.  79 bulgIPRGB ausgeht:417 Art.  15 EGBGB, Rn.  51–53; Henrich, Internationales Scheidungsrecht, Rn.  233; Ganz, in: Gerhardt et al., Hdb FamR, S.  2022, Rn.  185; Hüßtege/Ganz, IPR, S.  124; a. A. (soweit ersichtlich) nur OLG Nürnberg, FamRZ 2011, 1509 f., m. Anm. Henrich, IPRax 2012, 263 f.: Die Verweisung auf die anzuwendende Rechtsordnung gem. Art.  15 Abs.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 sei nicht auf die Wandelbarkeit des ausländischen Güterrechtsstatuts zu beziehen. Die Wandelbarkeit des ausländischen Güterstatuts sei mit dem Grundsatz der Unwandelbarkeit in Art.  15 Abs.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 nicht zu vereinbaren. 417  Erwähnt sei, dass bulgarische Gerichte solche Prüfung nicht vornehmen. Vielmehr unterstellen sie alle güterrechtlichen Wirkungen der Ehe einem einzigen Güterstatut, nämlich dem im Beurteilungszeitpunkt ermittelten; das Güterrechtsstatut gilt dann offenbar rückwirkend ab Anbeginn der Ehe; exemplarisch hierzu Bezirksgericht Lovech, Urt. №  243 v. 16.11.­ 2018 i. d. Rs. №  721/2017 (nunmehr bestätigt durch den Obersten Kassationsgerichtshof, Beschl. №  509 v. 7.11.2019 i. d. Rs. №  1549/2019), und die Vorinstanz Rayongericht Teteven, Urt.

§  2. Ehewirkungen

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1) Von der Eheschließung bis zum Umzug nach Dresden a) Auf der ersten Stufe der Kaskadenanknüpfung (Abs.  1) ist das gemeinsame Heimatrecht Anknüpfungspunkt. Die Anknüpfung führt nicht zum Ziel, weil die Eheleute im maßgeblichen Zeitfenster (Heirat in Sofia – Umzug nach Dresden) verschiedene Staatsangehörigkeiten innehaben/-hatten. b) Auf der zweiten Stufe (Abs.  2 Alt.  1) wird an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt angeknüpft, ebenfalls zur Zeit der Beurteilung. Die Eheleute haben jetzt ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Indes ist das trotz der Wandelbarkeit des Güterstatuts nicht entscheidend. Abzustellen ist auf den wegen der Möglichkeit eines Statutenwechsels maßgeblichen Beurteilungszeitraum, hier: Heirat in Sofia – Umzug nach Dresden. In diesem Zeitrahmen hatten die Eheleute einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien. Güterstatut ist damit für die Zeit zwischen Eheschließung bis Umzug nach Deutschland bulgarisches Sachrecht. 2) Von dem Umzug nach Dresden bis anhin a) An einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit mangelt es immer noch. Die Anknüpfung auf der ersten Stufe des Art.  79 Abs.  1 bulgIPRGB ist deshalb nach wie vor versperrt. b) Ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben die Gatten zwischenzeitlich in Deutschland begründet. Die Anknüpfung auf der zweiten Stufe des Art.  79 Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB verweist damit auf deutsches Recht einschließlich seines Kollisionsrechts. Dieses knüpft unwandelbar zur Zeit der Eheschließung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten und verweist damit auf bulgarisches Recht zurück. Das bulgarische Recht nimmt die Rückverweisung an (Art.  40 Abs.  3 Alt.  1 bulgIPRGB).418 Güterstatut ist damit – auch – für die Zeit ab dem Umzug nach Deutschland bis heute bulgarisches Sachrecht. Ergebnis: Aus deutscher Sicht ist deutsches, aus bulgarischer Sicht bulgarisches Recht anzuwenden. Da deutsches und bulgarisches Güterrecht schon im Ansatz stark voneinander abweichen (Stichwort: Zugewinngemeinschaft vs. Errungenschaftsgemeinschaft), sind die Eheleute gut beraten, wenn sie einen Ehevertrag schließen, in dem sie ihre güterrechtlichen Verhältnisse regeln. Andernfalls wird möglicherweise der eine Ehegatte im Streitfall sich veranlasst sehen, mittels eines forum shopping dasjenige Recht zum Zuge kommen zu lassen, welches für ihn günstiger ist: Nach Art.  8 Alt.  2 i. V. m. Art.  7 Alt.  1 bulgIPRGB sind bulgarische Gerichte für die güterrechtliche Auseinandersetzung international zuständig, wenn einer der Ehegatten (nicht unbedingt also der Kläger) bulgarischer Staatsangehöriger ist. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt hingegen bei isolierter Geltendmachung von güterrechtlichen An­sprüchen außerhalb eines anhängigen Scheidungsverfahrens aus §  105 FamFG №  25 v. 4.2.2016 i. d. Rs. №  503/2014; s. außerdem das Sondervotum in einem Strafverfahren vor dem Bezirksgericht Plovdiv, Urt. №  123 v. 2.6.2015 i. d. Rs. №  543/2015; jew. zit. nach ciela. 418  Zu berücksichtigen ist, dass bulgarische Gerichte – soweit ersichtlich – (stillschweigend und damit ohne jedwede Begründung oder Erwähnung des Problems) einheitlich von einer Sachnormverweisung des Art.  79 bulgIPRGB ausgehen; s. etwa Bezirksgericht Lovech, Urt. №  243 v. 16.11.2018 i. d. Rs. №  721/2017; Rayongricht Ruse, Urt. №  1246 v. 1.8.2014 i. d. Rs. №  7881/­2013; jew. zit. nach ciela.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

i. V. m. §§  262 Abs.  2 FamFG, 12 ff. ZPO, d. h. aus der örtlichen Zuständigkeit (Grundsatz der Doppelfunktionalität) bzw. – bei güterrechtlichen Streitigkeiten in Verbindung mit einem Scheidungsverfahren – aus §  98 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 FamFG.

Gewiss hat der Gleichlauf des objektiven ehelichen Güterrechtsstatuts mit dem Statut der persönlichen Ehewirkungen Vorteile.419 Vor allem vermeidet er Qualifikationsprobleme – was ist den persönlichen Ehewirkungen, was dem Ehegüterrecht zuzuordnen?420 Praktische Nachteile erwachsen indes daraus, dass die einheitliche Anknüpfung das Güterrechtsstatut wandelbar macht.421 Dies wiederum wird bei der heutigen Mobilität in vielerlei Fällen einen Statutenwechsel bedingen. Damit werden sich Abwicklungs-, Berechnungs- und Transponierungsschwierigkeiten in Hülle und Fülle einstellen. Ferner könnte die Wandelbarkeit des Güterstatuts beiden oder gar dem einen Ehegatten wider Willen einen Güterstand aufdrängen, besitzt doch der Statutenwechsel ein Überraschungsmoment.422 Bei einer gemischt-nationalen Ehe käme das etwa dann in Betracht, wenn die Eheleute ihren gemeinsamen Daseinsmittelpunkt noch nicht abschließend in ein anderes Land verlagert haben und deshalb zu einer Fortgeltung der bisherigen Anknüpfung neigen.423 Solche Schwierigkeiten sind darum im Rahmen einer Rechtswahl tunlichst kautelar zu beheben.424

419 

Eine ähnliche kollisionsrechtliche Anknüpfung sieht Art.  30 Abs.  1 S.  1 des italienischen IPRG vor. Die Regelung unterstellt die güterrechtlichen Verhältnisse zwischen Ehegatten dem Recht des Staates, das für ihre persönlichen Rechtsbeziehungen anwendbar ist. Damit will der italienische Gesetzgeber eine einzige Rechtsordnung über die Gesamtheit der ehelichen Rechts­ verhältnisse zur Geltung kommen lassen; dazu Burghaus, Vereinheitlichung des IntEhegüterR, S.  74 f. 420  Todorov, Pravootnoshenia, S.  124, Tz.  48 a. E., sprach schon bei Geltung des alten IPR davon, dass Ausführungen über das Internationale Ehegüterrecht auf die persönlichen Ehewirkungen mutatis mutandis übertragbar seien. 421  Der bulgarische Gesetzgeber ist mit seiner Entscheidung zur Wandelbarkeit des Güterstatuts dem Vorschlag von Todorov, Pravootnoshenia, S.  146, Tz.  61, gefolgt, der sich für eine Übernahme der Anknüpfungsmomente nach Vorbild des Art.  54 schweizIPRG ausgesprochen hatte. Ein wesentliches Aspekt hat der IPR-Normsetzer dabei übersehen und damit für etwas „Unruhe“ in seiner Systematik gesorgt: Nach schweizerischem IPR gilt die Rückwirkung sowohl bei der nachträglichen Güterrechtswahl (Art.  53 Abs.  2 S.  2 schweizIPRG) wie bei der objektiven güterrechtlichen Anknüpfung nach Art.  54 schweizIPRG (Art.  55 Abs.  1 S.  1 leg.cit.). 422  Hessler, Sachrechtliche Generalklausel und IntFamR, S.  109 m. w. N., formuliert das treffend: Das neue Statut löst das alte ab, das Vertrauen in die Weitergeltung der alten Rechtsordnung wird gestört. 423  Burghaus, Vereinheitlichung des IntEhegüterR, S.  312, unter Bezugnahme auf Staudinger/­ Mankowski (2003), Art.  15 EGBGB, Rn.  45. 424  Zur Kritik an die Regelung des Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB insgesamt Todorov, MCP, S.  224.

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IV. Allgemeine Fragen des IPR 1. Renvoi a) Subjektives Güterstatut Bei der Wahl des Güterrechtsstatuts gem. Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB handelt es sich um eine Sachnormverweisung. Sie bewirkt die Anwendung der Sachnormen des gewählten Rechts; Rück- und Weiterverweisungen sind ausgeschlossen (Art.  40 Abs.  2 Nr.  3 bulgIPRGB).425 b) Objektives Güterstatut Dagegen ist die Verweisung in Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bzw. Abs.  2 bulg­ IPRGB eine Kollisionsnormverweisung; Rück- und Weiterverweisungen sind darum zu befolgen (Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB).426 Verwiesen wird auf die ausländischen ehegüterrechtlichen Kollisionsnormen, obwohl die Verweisung über eine Kollisionsnorm der persönlichen Ehewirkungen erfolgt (Art.  79 Abs.  1 oder Abs.  2 bulgIPRGB). Die Qualifikation des ausländischen Kollisionsrechts und eine allfällige (Un-)Wandelbarkeit der güterrechtlichen Beziehungen werden dabei befolgt.427 Zu einer Rückverweisung auf bulgarisches Recht kann es kommen, wenn das verwiesene Kollisionsrecht eine abweichende Qualifikation vornimmt, z. B. die Vermögensauseinandersetzung anlässlich einer Scheidung als Scheidungsfolge qualifiziert und demgemäß dem Scheidungsstatut unterwirft.428 Für den deutschen Rechtsraum – bei Altehen – hat die wandelbare Anknüpfung an das gemeinsame jeweilige Heimatrecht gem. Art.  79 Abs.  1 bulgIPRGB eine Rückverweisung zur Folge, wenn die Ehegatten zur Zeit der Heirat die bulgarische Staatsangehörigkeit hatten, später jedoch die ausschließlich deutsche erwerben.429 Gleiches gilt, wenn sich zwar nur einer der Ehepartner unter Ver425 

Stancheva-Mincheva, Art.  40 bulgIPRGB, S.  62; dies., Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  241.

426  A. A. Stancheva-Mincheva, Art.  40 bulgIPRGB, S.  58 f. (Sachnormverweisung; der Grund-

satz der engsten Verbindung i. S. des Art.  2 bulgIPRGB stehe der Annahme einer IPR-Verweisung entgegen); ebenso (ohne Begründung) Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  118 v. 21.12.2017 i. d. Rs. №  4596/2016; Bezirksgericht Lovech, Urt. №  243 v. 16.11.2018 i. d. Rs. №  721/2017; Rayongericht Tsarevo, Urt. №  198 v. 4.7.2018 i. d. Rs. №  491/2017; Rayongericht Ruse, Urt. №  1246 v. 1.8.2014 i. d. Rs. №  7881/2013; s. ferner das Sondervotum im Strafverfahren vor dem Bezirksgericht Plovdiv, Urt. №  123 v. 2.6.2015 i. d. Rs. №  543/2015; jew. zit. nach ciela. Wie hier richtig Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  333. 427  Siehe Hausmann, IntEuSchR, F Rn.  53, mit einem Beispiel zum österreichischen Recht; ihm folgend Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  131, mit einem Beispiel zum englischen Recht. 428  Für das österreichische Recht Duchek/Schwind, Art.  20 österrIPRG, S.  57. 429  In der Praxis kommt das immer wieder vor, wenngleich Bulgaren neben dem Erwerb der deutschen in aller Regel die bulgarische Staatsangehörigkeit beibehalten.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

zicht auf die bulgarische Staatsangehörigkeit in Deutschland einbürgern lässt, beide aber ihren Daseinsmittelpunkt dort haben (Art.  79 Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB). In beiden Fällen ist stets das Recht berufen, welches im Beurteilungszeitpunkt das gemeinsame Personal- oder Aufenthaltsstatut ist. Beispiel: Ein bulgarisches Ehepaar lässt sich 2014 vor dem AG/FamG Nürnberg scheiden. Den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben die Eheleute in Deutschland, wo die Ehefrau mit Wissen des Ehemannes einen Einbürgerungsantrag unter Verzicht auf ihre bulgarische Staatsangehörigkeit stellt. Nach zutreffender Auskunft der Behörde steht der Einbürgerung nichts im Wege, das sei nur eine Frage der Zeit, also der Bearbeitungsdauer. Dem Antrag wird statt­ge­geben, nachdem ein Scheidungsantrag in Nürnberg anhängig geworden ist. In diesem Scheidungsverfahren macht die nun ausschließlich deutsche Ehefrau im Verbund einen Zugewinnausgleich geltend. 1) Der Zugewinnausgleichsanspruch ist güterrechtlich zu qualifizieren. Mangels vorrangiger einschlägiger staatsvertraglicher Regelungen und einer Rechtswahl führt die Gesamtverweisung in Art.  15 Abs.  1 i. V. m. Art.  14 Abs.  1 Nr.  1 Alt.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 zum bulgarischen Recht, einschließlich seines Kollisionsrechts. 2) Nach Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB bestimmt sich das Ehegüterstatut primär nach der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Ehegatten, sekundär nach dem gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt (Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB). Hätte also die Frau die bulgarische Staatsangehörigkeit, wäre Güterrechtsstatut bulgarisches Recht. Hätte sie dagegen die alleinige deutsche Staatsangehörigkeit, so wäre deutsches Recht Güterrechtsstatut, da die Gatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Es hängt daher von dem Zeitpunkt ab, zu welchem die Anknüpfungspunkte der Kaskadenanknüpfung zu beurteilen sind. 3) Die Anknüpfungen in Art.  79 Abs.  1 und Abs.  2 bulgIPRGB sind wandelbar. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Beurteilung.430 Ändert sich die Anknüpfung nach der Eheschließung, so ändert sich automatisch das persönliche Ehewirkungsstatut und mit ihm das objektive Güterrechtsstatut. Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung hatte die Frau ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit; hierauf abstellend käme deutsches Recht zur Anwendung. Zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags hatte sie dagegen die bulgarische Staatsangehörigkeit inne; hiernach wäre bulgarisches Recht anwendbar. 4) Vorliegend ist fraglich, ob dem Grundsatz der Wandelbarkeit des Ehegüterrechtsstatuts eine uneingeschränkte Geltung beizumessen ist. Immerhin tritt mit der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags eine Zäsur im ehelichen Güterrecht ein. Von nun an wissen die Ehegatten, dass eine Auseinandersetzung über das eheliche Vermögen stattfinden kann – sei es nach ihrem gemeinsamen Heimatrecht, sei es nach dem Recht ihres gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts. Von da an kann deshalb jeder Ehegatte beurteilen, was auf ihn zukommt. Dieses Vertrauen ist schutzwürdig. 430  Vgl. Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  10751 v. 18.7.2011 i. d. Rs. №  15504/­ 2010 – ciela; so angeklungen ferner bei Administrativgericht Sofia-Stadt, Urt. v. 7.11.2008 i. d. Rs. №  426/2008 – ciela. Für das Ehegüterrecht nach dem alten IPR s. Todorov, Pravootnoshenia, S.  146, Tz.  61 a. E.; ders., Subekti, S.  303 ff., Tz.  221.

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Das Abstellen auf diesen Zeitpunkt ist sachgerecht, weshalb beispielsweise das deutsche gesetzliche Güterrecht den Zugewinn in der Regel auf den Tag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags berechnen lässt (§  1384 BGB). Der Schutzwürdigkeit steht nur entgegen, wenn die Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechts­hän­ gigkeit des Scheidungsantrags wissen oder infolge eigener Fahrlässigkeit nicht wissen, dass die Anknüpfungspunkte des Art.  79 Abs.  1 oder Abs.  2 bulgIPRGB sich demnächst ändern werden. Dies ist Ausfluss des Rechtsgedankens des Art.  81 S.  1 bulgIPRGB: Die Schutzwürdigkeit der Ehegatten untereinander kann nicht weiter reichen, als der Gesetzgeber Schutz einem unbeteiligten Dritten gewährt. Dafür muss aber nur noch der letzte Vollzugsakt fehlen, von dem die Änderung der Anknüpfung abhängt.431 Beweispflichtig ist in Analogie zu Art.  50 Abs.  2 bulgIPRGB der Ehegatte, der sich auf vorgerichtliche Kenntnis des anderen Ehepartners beruft. Im Beispiel wusste der Mann, dass die Frau die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben wollte. Von dem Einbürgerungsantrag hatte er sogar vor der Anhängigkeit des Scheidungsantrags positive Kenntnis. Er ist deshalb nicht schutzwürdig, wenn die maßgeblichen Anknüpfungsmerkmale für die Bestimmung des Güterrechtsstatuts im Laufe des Scheidungsverfahrens eine Änderung erfahren. Für die Bestimmung des Anknüpfungspunkts ist nach alldem auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Nürnberger Familiengerichts abzustellen. Hiernach hat die Ehefrau im Beurteilungszeitpunkt ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit inne. Die Anknüpfung auf der ersten Stufe versagt, die auf der zweiten führt zum Ziel. Ehegüterrechtsstatut ist mithin deutsches Recht. Der Zugewinnausgleich nach deutschem Recht ist daher durchzuführen.

Ein Renvoi kann bei der Aufhebung einer Rechtswahl eintreten. Denn das Güter­ statut ist rückwirkend nach der gesetzlichen Anknüpfungsleiter des Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB im Augenblick der Aufhebung zu bestimmen. 2. Vorfrage der gültigen Eheschließung Die Ausführungen zu den persönlichen Ehewirkungen gelten entsprechend. Es ist grundsätzlich selbständig, nur ausnahmsweise unselbständig anzuknüpfen.432 3. Statutenwechsel Schwierigkeiten verursacht ein Statutenwechsel. Er ist darum ausführlich zu behandeln.

431  Vgl. aus deutscher Sicht Lüderitz, IPRax 1987, 74, 76; Kersting, FamRZ 1992, 268, 274; a. A. Henrich, IntFamR, S.  135 (Fn.  38). 432  Für eine selbständige Anknüpfung der Vorfrage nach der (Form-)Wirksamkeit der Ehe spricht die Vorgehensweise des Obersten Administrativgerichtshofs im Urt. №  10751 v. 18.7.­ 2011 i. d. Rs. №  15504/2010 – ciela.

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a) Grundsätze Bei objektiver Anknüpfung ermöglicht die Wandelbarkeit des Güterstatuts einen Statutenwechsel. Bei subjektiver Anknüpfung wechselt das Güterstatut auf zweierlei Weise: Entweder treffen die Ehegatten eine nachträgliche Rechtswahl und legen für ihre temporale Geltung ein künftiges Datum fest, ab welchem sie gelten soll (sog. ex nunc-Güterrechtswahl gem. Art.  80 Abs.  3 S.  3 Alt.  2 bulgIPRGB), oder sie tun das nicht, so dass Rückwirkung eo ipso eintritt (sog. ex tunc-Güterrechtswahl gem. Art.  80 Abs.  3 S.  3 Alt.  1 bulgIPRGB). Bei der ex nunc-Güterrechtswahl steht es den Eheleuten frei – wenn sie ihre vermögensrechtlichen Beziehungen allein schon durch die Rechtswahl rückwirkend gestalten können -, auch das bis zum gewillkürten Statutenwechsel erworbene Alt-Vermögen unter Ausschluss der Auseinandersetzungsregeln des Alt-­ Güterstands dem neu gewählten Güterrecht zu unterwerfen. Die Ehegatten steuern hier per Ehevertrag (also auf sachrechtlicher Ebene in dem durch Art.  38 FamKodex gezogenen Rahmen) den Auseinandersetzungs-/Abwicklungs- und Transponierungs-/Überleitungsvorgang eigenständig (siehe dazu das nachfolgen­ de Beispiel).433 Unzulässig ist aber eine Beschränkung der Güterrechtswahl auf das Neuvermögen.434 Dies würde zu einer kollisionsrechtlichen Vermögensspaltung und einem zeitlichen Nebeneinander zweier Güterstatute führen, was aber nach der Intention des Gesetzgebers nur im Ausnahmefall zulässig ist. Insoweit tritt das sachrechtliche Vorverständnis zurück, welches angesichts der Regelung des Art.  38 Abs.  4 FamKodex für den Bestand mehrerer Güterstände spräche. Bis zum Eintritt des Statutenwechsels gilt das kraft Gesetzes bestimmte, für die Zeit danach das ex nunc gewählte (Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB) oder das dispositiv-objektive (Art.  79 Abs.  3 leg.cit.) Güterrechtsstatut.435 Wechselt das (gesetzliche oder ex nunc-, also auf die Zukunft beschränkte gewillkürte) Güterstatut, so wechselt mit ihm automatisch der ihm unterworfene Güterstand. Der bisherige endet,436 für die Zukunft gilt nur noch der neue.437 433 

Für das deutsche IPR Stoll, Rechtswahl, S.  90, und für das Schweizer IPR Heini, in: Zürcher Kommentar zum IPRG (2004), Art.  55 IPRG, Rn.  8. 434  A. A. Pakuscher, Unwandelbarkeit des Ehegüterrechtsstatuts, S.  218 (Beschränkung des Statutenwechsels auch nur auf künftig zu erwerbendes Vermögen). Wie hier Stoll, Rechtswahl, S.  108 (Fn.  108). 435  Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  173. 436  Schotten, IPR, Rn.  173 (Fn.  192); ders., DNotZ 1999, 326, 327; Stoll, Rechtswahl, S.  87; ähnlich Rauscher, NJW 1987, 531, 532, für den Fall des gesetzlichen Statutenwechsels nach Art.  220 Abs.  3 S.  2 EGBGB; a. A. Wassermann, FamRZ 1990, 333, 341. 437  Vgl. die Fundstellen in der vorigen Fußnote; s. a. AG Wolfratshausen, IPRax 1982, 23, das offenbar zwei Vermögensmassen nebeneinander bestehen lassen will; für die Schweiz

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Dass das alte Güterstatut endet – und mit ihm auch der ihm unterworfene Güterstand -, folgt aus dem Grundsatz der Einheit des Ehegüterstatuts (nicht des Ehegüter-stands) im bulgarischen IPR. Ein Nebeneinander von Güterrechtsstatuten kann es danach prinzipiell nicht geben. Eine Ausnahme wäre nur bei einer Güterrechtszersplitterung zuzulassen. Davon sah der bulgarische Regelgeber mit Ausnahme der gegenständlich beschränkten Rechtswahl allerdings ab. Der Statutenwechsel erfasst mithin die gesamten güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe.438 Sind diese aber einzig dem Neustatut als dem übrig gebliebenen zu unterstellen, so setzt dies – zumindest gedanklich – eine „Abwicklung“ des alten, nun beendeten Güterstands voraus. Die Ergebnisse dieser (gedanklichen) „Abwicklung“ müssen dann wiederum (gedanklich) in das Neustatut für den ihm unterworfenen Neugüterstand eingepasst werden.439 Aus diesem Kontext erwächst der verbreitete Gebrauch der Formulierung von einer „Abwicklung“ des alten Güterstands. Vielfach wird in der deutschsprachigen Kommentarliteratur zum Ausdruck gebracht, dass der alte Güterstand „abzuwickeln“ sei.440 Greiner/­Geiser, ZBJV 127 (1991), 1, 23. Siehe außerdem unter der Geltung des alten IPR Staudinger/Gamillscheg (1973), Art.  15 EGBGB, Rn.  110, 133–156. 438  Schotten, IPR, Rn.  173 (Fn.  192). 439  Wohl ähnlich Wegmann, NJW 1987, 1740, 1744; a. A. Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  123. 440  Vgl. jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  119: „Der alte Güterstand ist abzuwickeln“; Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  128: „Wird durch die Rechtswahl der bisherige Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet, so ist der Zugewinn auszugleichen. Größere Schwierigkeiten können sich hingegen ergeben, wenn die Ehegatten bisher in einem Güterstand der Güter- oder Errungenschaftsgemeinschaft gelebt haben, denn in diesem Fall ist das Gesamtgut als Folge des Statutenwechsels auseinanderzusetzen.“; zur Wirkung des Statutenwechsels im Rahmen des Art.  220 EGBGB siehe Staudinger/Dörner (2016), Art.  220 EGBGB, Rn.  136: „[…] ein Statutenwechsel [soll] stets eine Abwicklung des früheren Güterstands nach sich ziehen […]“; Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  173a f., umschreiben die Abwicklung so: „Ist der alte Güterstand bei sachrechtlicher Beendigung abzuwickeln, so muss dies auch im Falle seiner Beendigung als Folge einer Rechtswahl gelten. […] Bei Beendigung eines Güterstands der Zugewinngemeinschaft ist der Zugewinn auszugleichen. […] Soweit der bisherige Güterstand abzuwickeln ist, stellt sich die Frage, nach welchen Regeln dies zu geschehen hat.“ Und schon Frankenstein, IPR, Bd.  III, S.  386: „Umgekehrt ist die Gütergemeinschaft des früheren Rechts, die nach dem neuen Statut nicht fortbesteht, zu liquidieren […]“ NK-BGB/Sieghörtner (2016), Art.  15 EGBGB, Rn.  58, formuliert deutlicher: „Ein solcher Statutenwechsel bewirkt gezwungenermaßen auch eine Änderung des Güterstands der Eheleute. Der alte Güterstand muss also in den neuen übergeleitet werden. Die Abwicklung des Güterstands, nämlich seine Beendigung und deren Folgen, dh die daraus resultierenden Rechte, Ansprüche und Pflichten, unterliegen dem alten Güterstand.“ Hervorhebungen jeweils hinzugefügt. Anders offenbar Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  120, der von einer „gegebenenfalls erforderliche(n) Abwicklung des alten Güterstandes“ spricht.

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Das bedarf einer Klarstellung. Eine tatsächliche Abwicklung i. S. einer Durchführung der Auseinandersetzung von Amts wegen ist nicht vorgesehen, und bleibt allein den Ehegatten überlassen. Das gebietet die Parteimaxime. Selbst wenn keiner der Ehegatten eine solche „Abwicklung“ verlangt, bleibt das Schnittstellenoder Transfer-Problem jedoch bestehen: Was geschieht bei einem Statutenwechsel mit güterrechtlichen Positionen der Eheleute aus dem Alt-­Statut? Hier haben die Eheleute für eine juristische Sekunde Ansprüche gegeneinander: im deutschen gesetzlichen Güterstand auf Zugewinnausgleich, im bulgarischen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft auf hälftige Beteiligung am Errungenschaftsvermögen und Herausgabe ihres Eigenguts, im deutschen Wahlgüterstand der Gütergemeinschaft auf Rückerstattung der eingebrachten Vermögensgegenstände u. a. m. Diese Ansprüche können nicht vernachlässigt werden, erlöschen oder in anderer Weise „untergehen“. Gleichzeitig „passen“ sie nicht ohne weiteres in das neue Güterrecht. Aufgabe des IPR ist es deshalb, den Weg zu weisen, wie solche Ansprüche gesetzesentsprechend festzustellen und in den neuen Güterstand nach dessen Gefüge einzubringen sind, wenn das notwendig wird. Nur in diesem letzteren Sinne wird dann der alte Güterstand „abgewickelt“. Klar bleiben muss indes, dass solches nicht von Amts wegen gemacht wird und nicht von Amts wegen gemacht werden darf. Die Parteiautonomie überlässt es den Ehegatten, mögliche Ansprüche vollständig geltend zu machen, sie zur Feststellung gegen den Willen des andern Ehegatten zu bringen, sie einvernehmlich festzustellen oder dies alles auch zu lassen. Im letzteren Falle wird die Frage der Schnittstelle und des Transfers von Ansprüchen aus der Beendigung des alten Güterstands in das neue erst erheblich, wenn der neue Güterstand endet und ein Ehegatte daraus Auseinandersetzungsansprüche gegen den andern Ehegatten ableitet.441 Erst dann muss in einem solchen Fall (zunächst gedanklich, dann bei Geltendmachung rechnerisch) der ursprüngliche, ganz alte Güterstand „abgewickelt“ und sein Ergebnis in den nunmehr ebenfalls beendeten und jetzt auseinander zu setzenden neuen Güterstand eingepasst werden. Aus dem Vorstehenden ergibt sich: Wenn beim Statutenwechsel kein Ehegatte vom anderen eine Auseinander­ setzung nach dem alten Güterstand verlangt, wenigstens im Sinne eines Feststellungsantrags, und wenn die Ehegatten nicht einvernehmlich feststellen, welches Ergebnis im Sinne einer Transformationsbilanz die Auseinandersetzung des bis-

441  Verfügungsbeschränkungen der einzelnen Güterstände spielen bei der Transformation keine Rolle; sie erfassen immer die Vermögensgegenstände, welche ihnen unterliegen.

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herigen alten Güterstands ad hoc hätte: dann passiert gar nichts, und es wird bis auf weiteres nichts „abgewickelt“. Auslöser einer solchen „Abwicklung“ kann immer nur das Verlangen eines der Ehegatten sein. Nur dann wird „abgewickelt“. Wie eine solche Abwicklung dann zu erfolgen hat, stellt die alte Frage neu, jetzt aber an der rechten Stelle: –  Endet mit dem Wechsel des Güterstatuts zugleich der ihm unterworfene Güterstand, oder bleibt der alte Güterstand neben dem neuen Güterstand bestehen? – Wie sind Ansprüche aus der allenfallsigen Beendigung des alten Güterstands zu ermitteln und zu qualifizieren? – Wie sind solche Ansprüche dann in den neuen Güterstand einzupassen und dorthin zu überführen, zu transponieren? Vor der Beantwortung dieser Fragen ist nochmals zu betonen, dass bei Beendigung des Alt-Güterstandes und Eintritt eines kollisionsrechtlichen bzw. materiellrechtlichen Auflösungstatbestandes keine Pflicht zur Geltendmachung von Auseinandersetzungsansprüchen für die Eheleute entsteht oder besteht und auch nicht amtswegig solche Ansprüche festgestellt oder gar zugeteilt werden. Bestehen solche Zwänge und Pflichten materiellrechtlich nicht, dann kann das Kolli­ sionsrecht sie erst recht nicht begründen. Wenn es in §  1372 BGB etwa heißt, dass der Zugewinn nach den Vorschriften der §§  1373–1390 BGB ausgeglichen wird, wenn der Güterstand auf andere Weise als durch Tod eines Ehegatten endet, dann ist zwingend gedanklich hinzuzusetzen: sofern ein Ehegatte das verlangt. Für das bulgarische materielle Recht ist dieses Resultat nur konsequent. Art.  28 FamKodex sieht „bei einer Beendigung“ des gesetzlichen Güterstands der Errungenschaftsgemeinschaft eine hälftige Beteiligung der Eheleute am Errungenschaftsvermögen vor. Ex lege endet die Errungenschaftsgemeinschaft zwingend nur bei Scheidung, Vollstreckung in einen Gegenstand aus dem Gesamtgut und Rechtskraft der Gerichtsentscheidung über die Insolvenz des Ehegatten-Einzelkaufmanns bzw. des Ehegatten-Komplementärs (Art.  27 Abs.  1, 4 und 5 FamKodex). Dagegen „kann“ die Errungenschaftsgemeinschaft enden bei Vereinbarung einer Gütertrennung oder eines sonst zulässigen Wahlgüterstands (Art.  27 Abs.  3 FamKodex).442 Das setzt eine Konsensfindung der Ehegatten ­voraus, begründet indes keine Pflicht zur güterrechtlichen Auseinandersetzung – sie können das auch lassen. 442  A. A.

Todorova, YS Goleminov (2010), 265, 273 ff. (automatische Beendigung des gesetzlichen Güterstands der Errungenschaftsgemeinschaft bei Wahl der Gütertrennung oder des Vertragsgüterstands), die allerdings auf den Wortlaut des Art.  27 Abs.  3 FamKodex – Die eheliche Errungenschaftsgemeinschaft kann während der Ehezeit beendet werden, wenn die Ehegatten den Güterstand der Trennung wählen oder einen Ehevertrag schließen – nicht näher eingeht.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Fraglich kann sein, ob ein Ehegatte beim Wechsel des Güterstatuts eine reale „Abwicklung“ des alten Güterstands verlangen kann, also etwa die Auszahlung eines bis dahin entstandenen Zugewinnausgleichs beim gesetzlichen deutschen Alt-Güterstand, die Zuweisung eines in eine bisherige bulgarische Errungenschaftsgemeinschaft eingebrachten Eigenguts, die Werterstattung eingebrachter Güter bei bisheriger deutscher Gütergemeinschaft u. ä. Die Frage ist zu bejahen. Denn für eine juristische Sekunde endet beim Wechsel des Güterstatuts der alte Güterstand und löst die nach dem jeweiligen Güterrecht mit dem Ende des Güterstandes verbundenen wechselseitigen Ansprüche der Eheleute aus. Erst nach dieser juristischen Sekunde greift der neue Güterstand auf die Vermögensmassen der Eheleute zu. Zur Rekapitulation: Die „Abwicklung“ des Alt-Güterstands ist entweder – eine reale, also in natura, oder – nur eine gedanklich-numerische, je nachdem, wie sich die Eheleute entscheiden. Denn die reale Abwicklung des Alt-Güterstands ist als ihr Recht, nicht als ihre Pflicht zu verstehen.443 Streben die Eheleute aber nach einer Abwicklung in natura, so kann sich diese ausschließlich nach den Bestimmungen des alten Güterrechts richten:444 Ei443  Ebenso für das Schweizer IPR (Art.  55 Abs.  2 schweizIPRG) Greiner/Geiser, ZBJV 127 (1991), 1, 22 f.; Stoll, Rechtswahl, S.  88. Wie Greiner/Geiser (a. a. O., S.  23) geht auch Stoll von einem Nebeneinander zweier Güterstände aus (S.  89): „Die eigentlich den Eheleuten zustehende Aufgabe der Auflösung des ehelichen Sondervermögens muss dann im Wege rechtsfortbildender Angleichung durch ein Überleitungsmodell ersetzt werden.“ A. A. offenbar (Pflicht zur Abwicklung des alten Güterstands) Henrich, in: Lausanner Kolloquium, S.  103, 108 f.: „Hätte also ein Statutenwechsel die Beendigung des Güterstandes zur Folge, müsste ein Zugewinnausgleich erfolgen.“; Kötters, Parteiautonomie, S.  52: „Im umgekehrten Fall ist die Zugewinn­ gemeinschaft des bisher anwendbaren Rechtes B zum Stichtag nach dem Recht B abzuwickeln, das jeweilige Vermögen der Ehegatten fällt danach in die Gütertrennung des neugewählten Rechtes A.“; NK-BGB/Sieghörtner (2016), Art.  15 EGBGB, Rn.  58 und Anhang III zu Art.  15, Rn.  34; MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  45; Wegmann, NJW 1987, 1740, 1744. Siehe ferner Schotten, DNotZ 1999, 326, 332 f.: Bei einer Beendigung des bisherigen Güterstands der Zugewinngemeinschaft „ist der Zugewinn auszugleichen“; deutlich klarer Schotten/ Schmellenkamp, IPR, Rn.  173a f. Wie hier dagegen für das deutsche IPR Stober, Der deutsch-­ schweizerischer Erbfall, S.  359, und Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  141, die aber in Rn.  144 eine Abwicklung der bisherigen Zugewinngemeinschaft in Form der Feststellung eines Ausgleichsanspruchs für erforderlich hält. 444  Eine Parallele zum Rückführungs- und Vermögenszuordnungsmodell einer rückwirkenden Rechtswahl und damit einen gewissen Gleichlauf in der Behandlung eines objektiven wie gewillkürten Statutenwechsels schafft gleichsam derjenige, der sich für eine Abwicklung nach dem Neu-Statut ausspricht.

§  2. Ehewirkungen

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nesteils geht es um das seiner Geltung und Herrschaft unterstehende Altvermögen und damit noch um seine Nachwirkung.445 Andernteils muss das bulgarische Recht – wäre es als das Neustatut berufen – den Alt-Güterstand nicht unbedingt kennen; so z. B. ist ihm den Güterstand der Zugewinngemeinschaft nicht bekannt. Folglich könnte es gar keine Normen für die Abwicklung des deutschen Alt-Güterstands, also Berechnung des Zugewinnausgleichs aufstellen.446 Ein Güterstand entfaltet seine Wirkungen nicht nur während der Dauer seiner Geltung, sondern auch und nachgerade bei seiner Beendigung.447 Die Zuordnung der Gegenstände des Altvermögens innerhalb des neuen Güterstands kann wiederum nur das neue Recht übernehmen;448 hierher zählen außerdem Ansprüche, die sich erst im Gefolge der Abwicklung des Alt-Güterstands ergeben.449 Das neue Recht bestimmt darüber, ob und wie dasjenige Vermögen güterrechtlich gebunden ist, das den Ehegatten nach der Auseinandersetzung (gemäß altem Güterrecht) gehört.450 445  Ebenso für die Schweiz Siehr, IPR der Schweiz, S.  40; Stober, Der deutsch-schweizerische Erbfall, S.  358. Im deutschen IPR ist die Frage umstritten; für eine Abwicklung nach dem alten Recht: Lorenz, Intertemporales Ehegüterrecht, S.  130; Hohage, Deutsch-deutsches Eherecht, S.  131; Kropholler, IPR, §  45 IV 4 d, S.  357; MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  45; Soergel/Schurig (1996), Art.  15 EGBGB, Rn.  24; NK-BGB/Sieghörtner (2016), Art.  15, Rn.  58; Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  173b; Schotten, DNotZ 1999, 326, 332 f.; Langenfeld, Hdb der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, Rn.  917; Wegmann, NJW 1987, 1740, 1743 f.; Stoll, Rechtswahl, S.  89; Lichtenberger, FS Ferid (1988), 269, 274 f.; Wassermann, FamRZ 1990, 333, 341; Pakuscher, Unwandelbarkeit des Ehegüterrechtsstatuts, S.  66 f.; Wachter, in: Flick/Piltz, Der internationale Erbfall, Rn.  286; AG Wolfratshausen, IPRax 1982, 23, 24 f. m. zust. Anm. Jayme, ebd., 11 f. Anders (Abwicklung nach dem neuen Recht) v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  227; Beitzke, FS Bosch (1976), 65, 72; Erman/Hohloch (2017), Art.  15 EGBGB, Rn.  25; Mankowski/Osthaus, DNotZ 1997, 10, 23 f.; BaRo/Mörsdorf-Schulte, Art.  15 EGBGB, Rn.  62; Henrich, in: Johannsen/Henrich, Art.  15 EGBGB, Rn.  15; Schöner/Stöber, GBR, Rn.  3413; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  120–124, jew. m. w. N. 446  Vgl. Wegmann, NJW 1987, 1740, 1743 f., mit einem Beispiel zum türkischen Recht; Stoll, Rechtswahl, S.  89; Kötters, Parteiautonomie, S.  52. 447  Stober, Der deutsch-schweizerische Erbfall, S.  352; Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  173b. 448  MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  45 EGBGB, Rn.  47; Beitzke, FS Bosch, S.  65, 72; Wegmann, NJW 1987, 1740, 1744; Stoll, Rechtswahl, S.  87; Schotten, IPR, Rn.  173; Henrich, ­IntFamR, S.  68 f.; Pakuscher, Unwandelbarkeit des Ehegüterrechtsstatuts, S.  66. Siehe ferner Neuhaus, Grundbegriffe des IPR, S.  297, zum Statutenwechsel im Ehegüterrecht: Finde ein Rechtsverhältnis in dem neuen Statut kein Gegenstück, so müsse notgedrungen das fremde Ursprungsrecht maßgebend bleiben – immer vorbehaltlich des ordre public des neuen Statuts und vielleicht mit einer gewissen Anpassung; ihm folgend Lorenz, Intertemporales Ehegüterrecht, S.  131, 134. Zur Anpassung beim Nacheinander verschiedener Rechtsordnungen Neuhaus, a. a. O., S.  354. 449  Wegmann, NJW 1987, 1740, 1744; Stoll, Rechtswahl, S.  87. 450  MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  45; Stober, Der deutsch-schweizerische Erbfall, S.  352.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Mit dem Wechsel des Güterstatuts tritt mithin – mit Ausnahme der rückwirkenden Güterrechtswahl – eine Zäsur ein und ruft zweierlei Rechtsfolgen hervor: Erstens – fällt von nun an zu erwerbendes Vermögen unter das Neustatut.451 Zweitens – ist der alte Güterstand abzuwickeln – entweder realiter (wenn die Ehegatten das gerichtlich beantragen) oder nur gedanklich-numerisch – und in das Neustatut zu transponieren. Herren der Güterstandsabwicklung und -transponierung sind demnach: – 1.Stufe: die Ehegatten selbst452 bezüglich des Ob der Abwicklung des Alt-Güterstands, – 2. Stufe: das Alt-Güterstatut bezüglich des Wie der Abwicklung des Alt-Güterstands – 3. Stufe: das Neu-Güterstatut bezüglich des Wie der Übernahme des (End­ produkts des auf 2. Stufe realiter oder numerisch abgewickelten) Alt-Güterstands.453 b) Alt-Güterstatut: deutsches Recht, Neu-Güterstatut: bulgarisches Recht Ist das alte Güterstatut deutsches, das neue bulgarisches Recht, so sind folgende Konstellationen denkbar: aa) Alt-Güterstand: (ohne ehevertragliche Abänderung) Gütertrennung mit Zugewinnausgleich vs. Neu-Güterstand: Errungenschaftsgemeinschaft Das stellt den Regelfall dar, so dass er näherer Betrachtung bedarf.

451 

Über die Zuordnung von Vermögen, dessen Erwerb unter dem Altstatut vereinbart, aber erst unter dem Dach des Neustatuts vollzogen wurde, kann nur das neue Güterstatut herrschen: Was nicht abgeschlossen ist, kann eben nicht „abgewickelt“ werden. Solche Erwerbsvorgänge wirken deshalb unter dem neuen Güterstatut und im dortigen Güterstand fort. 452  Sei es qua güterrechtliche Rechtswahl mit Wirkung für die Zukunft (Art.  80 Abs.  3 S.  2 in fine bulgIPRGB), sei es per Änderung der gesetzlichen Anknüpfungspunkte. 453  A. A. Stoll, Rechtswahl, S.  89, nach dem das neue Güterstatut darüber befinden soll, ob es das bisherige eheliche Vermögen erfasst. Aus hiesiger Sicht ist dem Neu-Statut diese Entscheidungskompetenz genommen. Das Alt-Statut sagt, was alles und wie alles abgewickelt wird. Dem Neu-Statut bleibt dann lediglich die Aufgabe übrig, einen materiellrechtlichen Weg für die Umsetzung des durch das Alt-Statut präsentierten Resultats zu finden.

§  2. Ehewirkungen

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(1) Durchführung oder Feststellung des Zugewinnausgleichs nach dem alten Güterstatut/ -stand mit oder ohne tatsächlich erfolgten Ausgleich (Zahlung) Lebten die Ehegatten jeweils im gesetzlichen Güterstand, d. h. vor dem Statutenwechsel in Zugewinngemeinschaft und nach dem Statutenwechsel in Errungenschaftsgemeinschaft, so ist der Zugewinnausgleich nach dem zur Zeit des Statutenwechsels geltenden, also dem alten und damit dem deutschen Recht durch­ zuführen,454 falls ein Ehegatte die güterrechtliche Auseinandersetzung verlangt. Die Feststellung eines Zugewinnausgleichsanspruchs nach dem deutschen als dem früheren Recht ist dann erforderlich, wenn das entsprechende Eigengut des Zugewinn-Gläubigers wie auch die Verpflichtung des Zugewinn-Schuldners im neuen bulgarischen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft bestimmt werden soll. (2) Fiktive Berechnung des Zugewinnausgleichs Die Geltendmachung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich nach §§  1373 ff. BGB beim Wechsel des Güterrechtsstatuts dürfte die Ausnahme bleiben. Nur in den seltenen Fällen wird der Gläubiger seinen Anspruch einer verbindlichen Lösung zuführen. Meistens wird beiden Ehegatten bei einem solchen Statutenwechsel gar nicht bewusst sein, dass der eine gegen den anderen jetzt einen Zugewinnausgleichszahlungsanspruch hätte und jedenfalls eine Klärung herbei­ führen könnte, mit welchen Werten aus dem Ausgleich des bisherigen Zugewinns jeder in das neue Güterstatut und den neuen Güterstand eintritt. Die Ehegatten können indes einen fiktiven Zugewinnausgleich feststellen, indem sie eine Transformationsbilanz erstellen. Es geht m. a. W. um Abwicklung des Alt-Güterstatuts nur gedanklich-numerisch. Hier lautet die Frage: Wie ist der fiktive Zugewinn bei der Auseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft zu berücksichtigen: Rechnet die Zugewinnausgleichsforderung zum Eigenvermögen des ausgleichsberechtigten Ehegatten und belastet die entsprechende Verpflichtung das Eigenvermögen des zugewinnausgleichspflichtigen Ehegatten? Die Antwort muss sich nach hiesigem Verständnis daran orientieren, was ein realisierter Zugewinnausgleich erbracht hätte: das Ergebnis sollte, soweit mit positivem Recht in Einklang, das gleiche sein, ob die Eheleute nun den Zugewinn­ ausgleich realisiert, also durchgeführt hätten, oder ob sie den Zugewinnausgleich nur als Rechenposten in die Errungenschaftsgemeinschaft mitgebracht hätten. Das bedeutet: Für den ausgleichsberechtigten Ehegatten ist der fiktive Zugewinn­ ausgleichsanspruch ein Aktivposten und deshalb als solcher bis zur Auseinander454  Schotten, DNotZ 1999, 326, 332; Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  144; a. A. Mankowski/Osthaus, DNotZ 1997, 10, 23 f.; Henrich, in: Johannsen/Henrich, Art.  15 EGBGB, Rn.  15.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

setzung der Errungenschaftsgemeinschaft gestundet; als Forderung steht er einem vor der Ehe erworbenen Sachenrecht i. S. des Art.  22 Abs.  1 S.  1 Fam­ Kodex455 gleich, gehört mithin zum persönlichen Vermögen des jeweiligen Ehegatten (zu seinem Eigengut).456 Denn Forderungen sind in der bulgarischen Errungenschaftsgemeinschaft eigenguts-fähig. Das leitet die Lehre mit einem argumentum e contrario aus Art.  21 Abs.  1 FamKodex ab: Wenn ausschließlich dingliche Rechte in das Errungenschaftsvermögen hineingehören, dann können doch Forderung jeglicher Art (z. B. aus einem Arbeitsvertrag) nur das Eigengut ausmachen.457 Mit anderen Worten: Der eine Ehegatte bringt in die Errungenschaftsgemeinschaft als Eigengut seine Zugewinnausgleichsforderung gegen den anderen ein, dieser eine entsprechende Verpflichtung (d. h. für den anderen, zugewinnausgleichspflichtigen Ehegatten ist ein entsprechender Passivposten beim Eigenvermögen anzusetzen). Wollte man die Zugewinnausgleichsforderung bzw. -verpflichtung nicht als Eigengut betrachten, so wäre der zugewinnausgleichsberechtigte Ehepartner benachteiligt: ohne sachlichen Grund würde ihm die Ausgleichsforderung genommen. Er stünde damit gerade so, als hätte er beim Güterstatutenwechsel überhaupt keinen Anspruch auf Zugewinnausgleich gehabt. (3) Berücksichtigung des Zugewinnausgleichs bei Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft Bei der Feststellung des Zugewinnausgleichs nach altem Recht ohne tatsächlich erfolgten Ausgleich (Zahlung) sowie bei fiktiver Berechnung des Zugewinnausgleichs (Transformationsbilanz) gilt es zu beachten: 455  Art.  22

FamKodex lautet: „Persönliches Vermögen (1) Die vor der Ehe erworbene Sachenrechte, ferner die vor der Ehe durch Erbschaft oder Schenkung erworbenen Sachenrechte gehören dem Ehegatten, der sie erworben hat. Persönlich sind auch die von einem Ehegatten erworbenen Sachenrechte, wenn ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung wegen einer persönlichen Schuld des anderen Ehegatten im Verfahren nach dem 44.  Kapitel des Zivilprozessgesetzbuches in Sachenrechte gerichtet hat, die in die Errungenschaftsgemeinschaft der Ehegatten fallen. (2) Persönlich sind die von einem Ehegatten während der Ehe erworbenen beweglichen Sachen, die seiner gewöhnlichen persönlichen Nutzung, der Ausübung seines Berufs oder seines Handwerks dienen. (3) Persönlich sind die Sachenrechte, die ein Ehegatte, der Einzelkaufmann ist, während der Dauer der Ehe für die Ausübung seiner kaufmännischen Tätigkeit erworben hat und die in sein Unternehmen einbezogen sind. „ 456  Bzgl. der Abwicklung einer Zugewinngemeinschaft unter dem alten Güterrecht ebenso Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  144. 457  Vgl. Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  83.

§  2. Ehewirkungen

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Ob bei einem solchen Statutenwechsel vom deutschen in das bulgarische Güterrecht der (alte, deutsche) Zugewinnausgleich einvernehmlich oder gerichtlich fest- und fällig gestellt oder nur fiktiv, numerisch errechnet wird: solange er bei Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft nicht realiter gezahlt ist, so lange existiert die Zugewinnausgleichsforderung trotz Beendigung/Auseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft. Davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage nach der Geltendmachung und ggf. Durchsetzung der deutschrechtlichen Zugewinnausgleichsforderung bei Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft. Hier muss man unterschiedliche Wege gehen. Das liegt am Errungenschaftsgut selber. Denn ihm fallen nur Sachen und Sachenrechte zu. Nicht erfasst sind schuldrechtliche Forderungen, also Rechte, die nicht dinglicher Natur sind.458 Solche zählen stets zum persönlichen Vermögen jedes Ehegatten.459 Der Zugewinnausgleich ist aber eine Geldforderung, vom Ausnahmefall des §  1383 BGB abgesehen.460 (a) Geltendmachung der Zugewinnausgleichsforderung im Teilungsverfahren? Das sog. Teilungsverfahren ist in Artt. Art.  341–355 bulgZPO geregelt. In diesem Verfahren wird das mit Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft (in der Regel mit rechtskräftiger Scheidung) gem. Art.  28 FamKodex kraft Gesetzes entstandene hälftige Miteigentum zwischen den Gatten in Natur geteilt. Gegenstand des Teilungsverfahrens bilden das bewegliche und unbewegliche Vermögen, welches während der Ehedauer erworben und damit zum Errungenschaftsgut wurde. (Geld-)Forderungen und Spareinlagen scheiden dagegen aus dem Gegenstand des Teilungsverfahrens aus.461 Eine Ausnahme sieht Art.  346 bulgZPO vor. Danach können die Miteigentümer in der ersten Verhandlung nach der gericht­ lichen Zulassung der Teilung Kostenerstattungsansprüche462 geltend machen. Gemeint sind damit in erster Linie Aufwendungen, die ein Miteigentümer zum Erhalt oder zur Verbesserung des Miteigentumsgegenstands getätigt hat und nunmehr ersetzt haben will. Der Anspruch ist auf Geld gerichtet.463

458  S. nur Malchev, Sobstvenost i pravo 2017, №  2, 43, 48; Jessel-Holst, in: Bergmann/ Ferid/­Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  28. 459  Vgl. den Wortlaut des Art.  30 Abs.  1 S. FamKodex: Wertausgleich für „Forderungen des anderen Ehegatten“. 460  MüKo BGB/Koch (2013), §  1378 BGB, Rn.  3; Staudinger/Thiele (2007), §  1378 BGB, Rn.  1. 461  Vgl. Tasev, Delba na sasobstvenost, S.  169. 462  Auf Bulgarisch: искания за сметки/iskania za smetki; wörtlich: „Forderungen für Rechnungen“. 463  Vgl. Venedikov, SIO, S.  125 f.

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Der Kostenerstattungsanspruch muss „im Zusammenhang mit dem Miteigentum“ stehen;464 der Zeitpunkt seiner Entstehung ist dagegen belanglos.465 Der Zugewinnausgleichsanspruch erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Er betrifft das persönliche Vermögen jedes Ehegatten und nicht das der Errungenschafts­ gemeinschaft. Folglich kann der deutschrechtliche Zugewinn nach dem alten und damit deutschen Recht nicht im Rahmen der Auseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft nach dem neuen bulgarischen Recht in den Teilungs-­ Prozess eingeführt werden. (b) Ehevertragliche Gesamtlösung Vor allem in einer gemischt-nationalen Ehe werden die Ehegatten ein Interesse daran haben, ihre vermögensrechtlichen Beziehungen einer Gesamtlösung zuzuführen, die eine Auseinandersetzung nach altem, hier deutschen Recht und neuem, in casu bulgarischen vermeidet. (aa) Grundsatz und Inhalt der Vertragsklausel Der einzig dafür geeignete Platz ist auf der sachrechtlichen Ebene zu lokalisieren. Per Ehevertrag können die Eheleute unter dem Dach des bulgarischen Rechts die vermögensrechtlichen Folgen ihrer Scheidung regeln (Art.  38 Abs.  1 Nr.  5 FamKodex). Sie können etwa eine Vereinbarung sowohl über die Teilung des während der Ehe erworbenen Vermögens ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse treffen, als sich darüber einig werden, wie der Beitrag jedes Ehegatten zum Erwerb einer Sache i. S. des Art.  21 Abs.  2 FamKodex zu bewerten ist.466 Ferner ist eine Klausel zulässig, die einen Wertausgleich für die wesentliche Mehrung des Eigenvermögens des jeweils anderen Ehepartners i. S. des Art.  30 Abs.  1 S.  1 FamKodex vorsieht.467 Letzteres macht sich besonders bemerkbar. Denn der anspruchsberechtige Gatte müsste andernfalls den Klageweg beschreiten und dabei die 1-jährige Präklusionsfrist ab Rechtskraft der Scheidung gem. Art.  31 FamKodex beachten. Nur Art.  30 Abs.  1 S.  1 FamKodex ermöglicht ihm aber eine Partizipation an Forderungen seines Ehepartners (z. B. am Anspruch auf Auszahlung eines Bankguthabens). Darüber hinaus ist – und das ist entscheidend – eine Abrede des Inhalts erlaubt, dass der eine Ehegatte im Scheidungs­ falle den kraft Gesetzes entstehenden hälftigen Miteigentumsanteil des anderen i. S. des Art.  28 FamKodex erwirbt. Er wird also zum Voll-Eigentümer, vereint 464 

Vgl. Venedikov, SIO, S.  125. Venedikov, SIO, S.  126. 466  Vgl. Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  130. 467  Siehe Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  213, und ­Staneva, ebd., S.  130; Topuzov, Nishtozhnost, S.  178. 465 

§  2. Ehewirkungen

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m. a. W. alle Rechte am beweglichen und unbeweglichen Vermögen aus der einst vorhandenen Errungenschaftsgemeinschaft in seinem Rechtebündel, und dieser zum Gläubiger eines schuldrechtlichen Zahlungsanspruchs.468 Eine solche ehevertragliche Ausgestaltung stellt nach h.L. einen aufschiebend bedingten Vorvertrag über die Teilung des Errungenschaftsvermögens im Falle einer Scheidung dar;469 einen endgültigen Teilungs-Vertrag vor Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft hält die Lehre dagegen für nichtig.470 Die Schriftform mit notarieller Beglaubigung der Unterschriften, welche Art.  35 Abs.  1 bulg­EigentumG für den Abschluss des Teilungsvertrags selbst verlangt, ist gewahrt, da der Ehevertrag sogar der notariellen Beurkundung bedarf (Art.  39 Abs.  1 FamKodex).471 Sollte eine der Vertragsparteien bei Bedingungseintritt den Abschluss des endgültigen Teilungsvertrags verweigern, so muss der andere Vertragsteil gem. Art.  19 Abs.  3 S.  1 bulgGSV472 eine Klage auf Abschluss des Teilungsvertrags erheben.473 Im Ergebnis können die Eheleute im Hinblick auf die Erfordernisse des Art.  19 Abs.  2 bulgGSV474 etwa folgende Klausel ehevertraglich vereinbaren: „Die Parteien sind sich darüber einig, dass ein etwaiger infolge eines Statutenwechsels entstandener Zugewinnausgleichsanspruch nach dem alten Güterstand und damit dem deutschen Recht im Falle einer Scheidung dergestalt im neuen gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht zu berücksichtigen ist, als er aus dem Wert des Errungenschaftsvermögens und des persönlichen Vermögens beider Ehegatten – soweit sie letzteres nicht durch Erbschaft oder Schenkung i. S. des Art.  22 Abs.  1 S.  1 FamKodex nach dem 468  Zur Zulässigkeit einer solchen Vermögensteilung siehe Plenum des Obersten Gerichts, Beschl. №  7 v. 28.11.1973 i. d. Rs. №  7/63, in: Velinov/Naydenov, Postanovlenia i talkuvatelni reshenia, Bd.  II, S.  369, 380; Venedikov, SIO, S.  161; a. A. (Teilung in Natur erforderlich) Stavru, Sasobstvenost, S.  260 und 322–325. 469  Vgl. Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  130; Stavru, Sasobstvenost, S.  281; s. a. Slavov, Predvaritelniyat dogovor, S.  67 f. 470  Siehe Stavru, Sasobstvenost, S.  261, 281 471  Zum Abschluss eines Ehevertrags in Form der notariellen Urkunde (z. B. einer notariellen Teilungsvereinbarung über Immobiliar-Eigentum) s. Topuzov, Sobstvenost i pravo 2018, №  2, 45–47 (Form genügend). 472  Art.  19 Abs.  3 bulgGSV lautet: „Jede der Parteien des Vorvertrags kann eine Klage auf Abschluss des endgültigen Vertrags einreichen. In diesem Fall gilt der Vertrag als in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in welchem die Entscheidung in Rechtskraft erwächst.“ (Übersetzung durch den Verfasser). 473  A. A. Slavov, Predvaritelniyat dogovor, S.  72, der Art.  19 Abs.  3 bulgGSV für nicht anwendbar hält. 474  Art.  19 Abs.  2 bulgGSV hat folgenden Wortlaut: „Der Vorvertrag muss Abreden über die wesentlichen Voraussetzungen des endgültigen Vertrags enthalten.“ (Übersetzung durch den Verfasser).

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Statutenwechsel erworben haben -, (im Folgenden: Gesamt-Vermögen) zusammen mit dem restlichen real verfügbaren (Eigen-)Vermögen beider Ehegatten aus der Zeit vor dem Statutenwechsel herauszunehmen ist. Das übrig verbleibende Gesamt-Vermögen wird dem Werte nach zur Hälfte zwischen den Parteien geteilt. Der zugewinnausgleichspflichtige Ehegatte erwirbt dadurch den gesetzlichen Hälfteanteil i. S. des Art.  28 FamKodex seines zugewinnausgleichsberechtigten Ehepartners. Eine Teilung in Natur findet nicht statt. Das Alt-Vermögen aus dem beendeten alten deutschen Güterstand ist zur Zeit des Statutenwechsels zu bewerten, das Neu-Vermögen nach dem neuen bulgarischen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft – zum Zeitpunkt der Stellung des Scheidungs­ antrags.“ Es ist folglich so zu verfahren, dass bei Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft vom Gesamt-Vermögen der Ehegatten sowohl das real verfügbare Vermögen aus dem Alt-Güterstand, d. h. aus der Zeit im Augenblick des Statutenwechsels, in Abzug gebracht wird als die nur auf dem Papier bestehende, also die nicht realisierte Zugewinnausgleichsforderung. Danach verbleibt das bereinigte Gesamt-Vermögen im Sinne der ehevertraglichen Regelung, welches sich aus dem Vermögen der ehelichen Errungenschaftsgemeinschaft und dem Eigengut jedes Ehegatten – mit Ausnahme von Erbschaften und Schenkungen nach Maßgabe des Art.  22 Abs.  1 S.  1 FamKodex – zusammensetzt, soweit es nur unter dem Dach des neuen Güterstands der Errungenschaftsgemeinschaft erworben, also nicht eingebracht wird. Daran hat anschließend jeder Ehegatte gleichen Anteil, nur dem Wert nach. Die hier vorgeschlagene Gesamtlösung berücksichtigt die beidseitigen Interessen der Eheleute. Die Zugewinnausgleichsforderung ist bei späterer Auseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft aus dem Eigengut des belasteten Ehegatten zu begleichen, soweit dieses recht. Der (i. d. R. zugewinnausgleichsberechtigte) Ehegatte erhält einen Wertausgleich für die Vermehrung des Eigenvermögens seines Ehepartners i. S. des Art.  30 FamKodex;475 damit muss er diesen Anspruch nicht klageweise verfolgen, was ihn aus zwei Gründen in eine 475  Art.  30

FamKodex lautet: „(1) Bei der Scheidung hat jeder Ehegatte Anspruch auf Erhalt eines Teils des Wertes der für die Ausübung des Berufs oder Handwerks bestimmten Sachen und von den Forderungen des anderen Ehegatten, die während der Ehe erworben wurden, wenn sie einen wesentlichen Wert haben und er zu ihrem Erwerb mit seiner Arbeit, seinen Mitteln, seiner Sorge für die Kinder oder seiner Arbeit im Haushalt beigetragen hat. Die Klage kann bereits vor der Scheidung erhoben werden, wenn das Verhalten des Ehegatten, der das Vermögen erworben hat, die Interessen des anderen Ehegatten oder der Kinder gefährdet hat. (2) Abs.  1 gilt auch in den Fällen nach Art.  22 Abs.  3.“ Ausf. zum Wertausgleichsanspruch gegen den Ehegatten-Einzelkaufmann gem. Artt.  30

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vorteilhafte Position versetzt: Erstens muss er seinen Beitrag zur wesentlichen Mehrung des Eigenvermögens des anderen Ehegatten nicht beweisen – die Vermutungsregelung des Art.  21 Abs.  3 FamKodex gilt nach h. M. hier nämlich nicht476 – und zweitens blockiert er den Eintritt der 1-jährigen Präklusionsfrist ab Rechtskraft des Scheidungsurteils gem. Art.  31 FamKodex für die Geltendmachung des Anspruchs nach Art.  30 und Art.  29 Abs.  3 FamKodex. Der ausgleichspflichtige Ehegatte wiederum hat Planungssicherheit und muss sich Wertausgleichs- und Anteilserhöhungsansprüchen gem. Art.  30 und Art.  29 Abs.  3 FamKodex nicht ausgesetzt sehen. Die vorgeschlagene Klausel verstößt nicht gegen Art.  38 Abs.  2 S.  2 Fam­ Kodex.477 Die Vorschrift will verhindern, dass Eigengut des einen Gatten qua Ehevertrag dort zum ehelichen Errungenschaftsvermögen wird, wo ein Beitrag des anderen Ehepartners zu seinem Erwerb von vornherein ausscheidet.478 Das ist beim Statutenwechsel indes nicht der Fall. Denn das Eigenvermögen beider Gatten wird in die Rechnung eingestellt, soweit es nach dem Güterstatutenwechsel erworben wird und nicht als Erbschaft oder Schenkung samt ihrer Transformation/dinglicher Surrogation (dazu sogleich) einzustufen ist. (bb) Der Rechengang Unter diesen Vorzeichen gilt im Detail folgender Rechengang: – Die festgestellte, aber nicht ausgeglichene wie auch die fiktive Zugewinnausgleichsforderung ist als Eigengut vom Wert des ehevertraglich vereinbarten Gesamt-Vermögens bei Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft herauszunehmen.479 Gleiches gilt für das real vorhandene Vermögen aus dem Alt-­ Güterstand. Damit ist das ehevertraglich vereinbarte Gesamt-Vermögen (also das Errungenschafts- und das Eigen-Vermögen beider Ehegatten, erworben nach dem Statutenwechsel unter der Herrschaft des Neu-Güterstatus und damit unter diesem geltenden Neu-Güterstand) bereinigt. Keine Rolle spielt es, Abs.  2 i. V. m. 22 Abs.  3 FamKodex Goleva, Sobstvenost i pravo 2019, №  6, 55 ff. (mit Auswertung der Rechtsprechung). 476  Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  249 v. 16.7.2009 i. d. Rs. №  268/2009 – ciela; Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  212. 477  Art.  38 Abs.  2 S.  2 FamKodex lautet: „Unzulässig ist eine Vereinbarung, wonach das voreheliche Vermögen einer der Parteien zu Gemeinschaftsvermögen beider Ehegatten wird.“ 478  Zur Nichtigkeit einer gegen Art.  38 Abs.  2 S.  2 FamKodex verstoßenden Ehevertragsklausel siehe Dimitrov, Nishtozhnost, S.  165. 479  Haben die Eheleute den Statutenwechsel zum Anlass genommen, die Zugewinngemeinschaft real abzuwickeln und ist der Zugewinn dann gezahlt, so stellt natürlich auch er Eigengut des zugewinnausgleichsbefriedigten Ehegatten i. S. des Art.  22 Abs.  1 S.  1 FamKodex dar.

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wenn die Zugewinnausgleichsforderung des einen Ehegatten höher wäre als der Wert seines Hälfteanteils an der Errungenschaftsgemeinschaft bei ihrer Auseinandersetzung: der Fall liegt dann nicht andres, als wenn das Eigen­ vermögen in anderer Gestalt höher war als der Wert des Hälfteanteils an der Errungenschaftsgemeinschaft. Der entscheidende Punkt ist, dass die Zuge­ winnausgleichsforderung bzw. -verpflichtung genauso Eigenvermögen wird wie mitgebrachte/eingebrachte Grundstücke oder bewegliche Sachen. Bringt ein Ehegatte in die Errungenschaftsgemeinschaft eine Darlehensforderung gegen den andern ein und dieser die entsprechende Verpflichtung, liegt der Fall nicht anders. Das eine ist aktives, das andere passives Eigenvermögen. Die Darlehensansprüche sind dann genauso unabhängig von der Teilung und Größe der verbleibenden bzw. verbliebenen Errungenschaftsgemeinschaft wie beim Zugewinnausgleichsanspruch. Erfüllung und Durchsetzung dieses Anspruchs erfolgen auf der Rechtsgrundlage des alten, deutschen Güterrechts. Gleiches gilt, wenn gemeinschaftliches Eigentum und Vermögen nicht vorhanden sind. Der ausgleichspflichtige Ehegatte würde demzufolge seine Altlast aus der beendeten Errungenschaftsgemeinschaft in eine neue Ehe mitnehmen, der ausgleichsberechtigte Ehegatte seine Altforderung als Eigengut. – Erst im Anschluss daran steht das bereinigte, ehevertraglich vereinbarte und verbliebene Gesamt-Vermögen den Ehegatten wertmäßig je hälftig zu. Für die Abwicklung des Altvermögens könnte man abweichend vom hiesigen Verständnis sogar Art.  29 Abs.  3 FamKodex480 heranziehen;481 seine tatbestandlichen Voraussetzungen wären erfüllt mit dem Vorhandensein einer Zugewinnausgleichsforderung nach Maßgabe des früheren – hier: deutschen – Güterrechts. Würde man Art.  29 Abs.  3 FamKodex anwenden, so spräche man sich für eine Abwicklung des Alt-Güterstands nach den Bestimmungen des Neu-Güterstands aus. Unabhängig davon, ob man für das Altvermögen Art.  29 Abs.  3 FamKodex für anwendbar erklärt oder nicht, bleibt jedoch seine Regelung bezüglich des gütergemeinschaftlichen Neuvermögens unmittelbar geltendes Recht, vorausgesetzt immer, die Gatten vereinbaren keine wie hier vorgeschlagene Gesamtlösung in einem Ehevertrag. Für den anspruchsberechtigten Ehepartner bliebe dann nur der Weg übrig, den Anteilserhöhungsanspruch gerichtlich anhängig zu machen, wenn er das will. 480  Art.  29 Abs.  3

FamKodex lautet: „Bei Beendigung der Gemeinschaft durch Scheidung oder gemäß Art.  27 Abs.  2 kann das Gericht dem einen Ehegatten einen größeren Anteil am Gemeinschaftsvermögen zusprechen, wenn sein Beitrag zum Erwerb den Beitrag des anderen Ehegatten wesentlich übersteigt.“ 481  Eingehend zum Anspruch des Ehegatten auf einen höheren Anteil als seine hälftige Beteiligung am Vermögen der Errungenschaftsgemeinschaft gem. Art.  29 FamKodex Petkova, Pravo na po-golyam dyal; guter Überblick über diese Problematik bei dies., Sobstvenost i pravo 2012, №  12, 20–32.

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Die hiesige Auffassung will erprobt sein an einem Beispiel: Eine Bulgarin mit gewöhnlichem Aufenthalt in Dresden heiratet einen Deutschen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Nürnberg. Das eheliche Domizil ist in Mannheim. Der Ehemann erwirbt im Jahr 2006 zusätzlich zu seiner deutschen die bulgarische Staatsangehörigkeit (Art.  12 Abs.  1 i. V. m. Abs.  2 bulgStAG). Die Eheleute schließen einen Ehevertrag mit einer Klausel wie soеben vorgeschlagen. Im Jahr 2010 wird die Ehe geschieden. Der endgültige Teilungsvertrag wird entsprechend dem Teilungs-Vorvertrag abgeschlossen. Die Frau kehrt im selben Jahr nach Plovdiv (Bulgarien) zurück. Vor dem Bezirksgericht Plovdiv beantragt sie ein Jahr später den vermögensrechtlichen Ausgleich. Im Prozess trägt sie vor: – Ihr stehe ein fiktiver Zugewinnausgleichsanspruch nach deutschem Recht zu. Die Zugewinn­ ausgleichsforderung habe sich zur Zeit des Erwerbs der auch-bulgarischen Staatsangehörigkeit durch den Beklagten auf 91.000,00  € belaufen. Denn sein Anfangsvermögen i. S. des §  1374 BGB sei mit 30.000,00  €, sein Endvermögen i. S. des §  1375 BGB mit 212.000,00  € zu beziffern. Ihr Anfangs- wie Endvermögen hätten dagegen jeweils 0,00  € betragen. – Der Wert des Eigenguts zum Zeitpunkt des Erwerbs der auch-bulgarischen Staatsangehörigkeit durch den Ex-Ehemann sei bei ihr mit 0,00  € und bei ihm mit (212.000,00  € Endvermögen – 30.000,00  € Anfangsvermögen: 2 =) 121,000  € anzusetzen. – Bis heute sei der Zugewinn nicht bezahlt. – Der Gesamtwert des Vermögens beider Prozessparteien habe im Zeitpunkt der Stellung des Scheidungsantrags (wie eben im Ehevertrag/Teilungs-Vertrag vorgesehen) einen Wert von 600.000,00  € betragen. I. Internationale Zuständigkeit 1) Die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte folgt aus Art.  8 Alt.  2 i. V. m. Art.  7 bulgIPRGB. Denn Güterrechtssachen sind vom Anwendungsbereich der EuEheVO (Art.  1 EuEheVO/Brüssel IIa-VO) und der EuGVVO/Brüssel I-VO bzw. Brüssel Ia-VO, die ab dem 10.1.2015 gilt, ausgenommen (Art.  1 Abs.  2 lit.  a Var.  4 EuGVVO). a) Anderer Ansicht ist der Oberste Kassationsgerichtshof Bulgariens. Nach ihm erfasse der Begriff der ehelichen Güterstände in Art.  1 Abs.  2 lit.  a Var.  4 Brüssel I-VO: „ausschließlich die Vermögensrechte, die aus ehelichen Verhältnissen herrühren, also die Ansprüche gem. Art.  21 Abs.  4, Art.  24 Abs.  4, Art.  29 Abs.  3 und Art.  30 FamKodex.“482 Das bedeutet: →  Art.  21 Abs.  4 FamKodex: Anspruch des einen Ehegatten wegen fehlenden Beitrags des anderen Ehepartners zum Erwerb eines Vermögensgegenstands/Rechts zum Errungenschafts­gut, → Art.  24 Abs.  4 FamKodex: Anspruch eines Ehegatten auf Widerruf einer Verfügung über unbewegliche Sachen aus dem Errungenschaftsvermögen, 482 

Oberster Kassationsgerichtshof, Beschl. №  27 v. 21.1.2012 i. d. Rs. №  603/2011, S.  2 – ciela. Ob das Gericht genauso unter Geltung des Art.  1 Abs.  2 lit.  a Brüssel Ia-VO entscheidet, bleibt abzuwarten; die Verordnung ist abgedruckt bei Jayme/Hausmann, Nr.  160.

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→ Art.  29 Abs.  3 FamKodex: Anspruch eines Ehegatten auf Erhöhung seines gesetzlichen Hälfteanteils bei Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft durch Scheidung und → Art.  30 FamKodex: Anspruch eines Ehegatten auf Erhalt eines Teils des Wertes des Eigenguts seines Ehepartners. Versteht man mit dem Obersten Kassationsgerichtshof die Aufzählung als abschließend, so führt das dazu, dass Art.  1 Abs.  2 EuGVVO/Brüssel I-VO nicht greift und damit der sachliche Anwendungsbereich der EuGVVO/Brüssel I-VO eröffnet ist. Denn es handelte sich um eine Zivilsache i. S. des Art.  1 Abs.  1 leg.cit.483 Dann schiede aber nach diesem Verständnis die Zuständigkeit bulgarischer Gerichte aus, insbesondere fände Art.  5 Nr.  1 und Nr.  2 Brüssel I-VO bzw. Art.  7 Nr.  1 Brüssel Ia-VO keine Anwendung. b) Die Auffassung des Obersten Kassationsgerichtshofs vermag nicht zu überzeugen; sie verstößt gegen vorrangiges (EU-)Recht.484 Das hat nun auch der EuGH in der Rs.  Iliev ./. Ilieva festgestellt.485 483  So offenbar Rayongericht Varna als Vorlagegericht im Vorabentscheidungsverfahren ­ odor Iliev ./. Blagovesta Ilieva, FamRZ 2017, 1913. Kritisch zu den bulgarischen Regelungen T über die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens in Artt.  628–633 bulgZPO Semov, Obshtestvo i pravo 2019, №  2, 3 ff. 484  Allgemein hierzu aus dem bulgarischen Schrifttum Popova, Nauchni trudove 2017, Bd.  XV, 7 ff. 485  EuGH, Beschl. v. 14.6.2017 – Rs.  C-67/17: Iliev ./. Ilieva – ECLI:EU:C:2017:459 = FamRZ 2017, 1913. Die Entscheidung kritisiert Musseva, FamRZ 2017, 2009: Die Teilung des mit Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft durch Scheidung entstehenden einfachen Miteigentums der (ehemaligen) Ehepartner erfolge im bulgarischen Recht nach sachenrechtlichen Grundsätzen in einem neuen „sachenrechtlichen Verfahren“. Der ehegüterrechtliche Bezug stelle sich in diesem Verfahren nur bei der Vorfrage der Begründung des Miteigentums, nicht aber bei dessen Auseinandersetzung. All dies spreche für eine sachenrechtliche Qualifikation. Das maßgebliche Kriterium der unmittelbaren vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehe oder Eheauflösung i. S. der de-Cavel-Formel (Urt. v. 27.3.1979 – C-143/78) sei deswegen aus bulgarischer Sicht nicht klar definierbar, zumal der Gerichtshof in der Rechtssache Komu (Urt. v. 17.12.2015 – Rs.  C-605/14 – ECLI:EU:C:2015:833 = IPRax 2016, 11 = NJW 2016, 700 (nur Ls.) = EuZW 2016, 198 = NZM 2016, 151) die Aufteilung einer Miteigentümergemeinschaft an einer unbeweglichen Sache als Rechtsstreitigkeit i. S. des Art.  22 Nr.  1 Brüssel Ia-VO eingeordnet habe. Die Kritik überzeugt nicht. Für die güterrechtliche Qualifikation genügt, dass das einfache Miteigentum der Eheleute mit Rechtskraft des Scheidungsurteils entsteht und damit unmittelbar aus der Auflösung der Ehe herrührt. Das Merkmal der Unmittelbarkeit einer vermögensrechtlichen Beziehung der Ehe oder deren Auflösung wurzelt m. a. W. in der Ehe selbst – bis dahin bestand doch das – anteilslose – Miteigentum der Ehepartner am Errungenschaftsgut. Dass die Teilung des so begründeten einfachen Miteigentums dann in einem separaten sog. Teilungs-Verfahren gem. §§  341 ff. bulgZPO geschieht, ändert nichts daran. Im Teilungs-Verfahren wird ja jedes einfache Miteigentum der Gatten an Gegenständen aus der Errungenschafts­ gemeinschaft aufgeteilt, ungeachtet dessen, wie diese endet, sei es durch Scheidung (Art.  27

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Der Begriff „eheliche Güterstände“ i. S. des Art.  1 Abs.  2 lit.  a Var.  4 Brüssel I-VO bzw. Art.  1 Abs.  2 lit.  a Var.  4 Brüssel Ia-VO ist autonom auszulegen.486 Erfasst sind alle Rechte an oder auf Vermögen aus der ehelichen Beziehung, die während der Ehe oder nach ihrer Auflösung zwischen den Ehegatten untereinander (im Ausnahmefall auch zwischen ihnen und Dritten) entstanden sind,487 sowie alle Vermögensbeziehungen zwischen den Ehegatten, die im engen Zusammenhang mit solchen Fragen oder Beziehungen stehen.488 Auch vermögensrechtliche Vereinbarungen anlässlich einer Ehescheidung fallen nicht unter die Brüssel I-VO bzw. Brüssel Ia-VO.489 Eine Beschränkung auf die Güterstände der lex fori findet – entgegen der Ansicht des Obersten Kassationsgerichtshofs490 – nicht statt.491 Der Begriff der ehelichen Güterstände schließt vielmehr alle vermögensrechtlichen Beziehungen ein, die sich unmittelbar aus der Ehe oder ihrer Auflösung ergeben.492; 493 Abs.  1 FamKodex), sei es während der Ehe aus wichtigem Grund (Art.  27 Abs.  2 leg.cit.), sei es durch Vereinbarung der Gütertrennung oder des Wahlgüterstands (Art.  27 Abs.  3 leg.cit.) oder durch Zwangsvollstreckung in eine Errungenschaftssache nach Art.  27 Abs.  4 FamKodex (hiezu schon im 3.  Teil, §  2. C. IV. 3. b). Die Verfahrensart kann über eine Qualifikationsfrage keine Auskunft geben oder sie gar beantworten, wenn sie – wie hier – keine Wertungen mit oder in sich trägt; sie darf dann eben kein Ratgeber sein. Der Vergleich mit der Rs.  Komu geht ebenfalls fehl; denn dort war das Miteigentum nicht ehe- bzw. scheidungsbedingt begründet worden (so richtig Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2018, 121, 134). 486  Kropholler/v. Hein, EuZPR, Art.  1 EuGVVO, Rn.  16; Natov, in: Natov et al., Art.  1 Brüssel I-VO, S.  39. 487  Vgl. EuGH, Beschl. v. 14.6.2017 – Rs.  C-67/17: Iliev ./. Ilieva – ECLI:EU:C:2017:459 = FamRZ 2017, 1913, 1914; Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  5 m. w. N.; Thomas/Putzo/Hüßtege (2015), Art.  1 EuGVVO, Rn.  11. 488  OGH, FamRZ 2016, 229, unter Berufung auf EuGH v. 27.3.1979, Rs.  143/78 – Slg 1979, 1055, Rn.  7 – De Cavel; s. a. EuGH, Rs.  25/81 – Slg 1982, 1189, Rn.  9 – C.H.W./G.J.H.; Rs.  C-220/95 – Slg 1997, 1147, Rn.  22 – van den Boogaard/Laumen. 489  EuGH, Beschl. v. 14.6.2017 – Rs.  C-67/17: Iliev ./. Ilieva – ECLI:EU:C:2017:459 = FamRZ 2017, 1913, 1914; Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  5; österr. OGH 10.11.2003, 7 Ob 267/03w, ZfRV 2004, 76 (LS). 490  Die österreichische Rechtsprechung differenziert danach, ob der geltend gemachte Anspruch nur zwischen Ehegatten oder unabhängig von einer Ehe denkbar ist. Lässt sich der Anspruch ohne Ehe denken, so soll der Ausnahmevorbehalt in den Verordnungen nicht greifen (krit. hiezu. Nademleinsky/Neumayr, IntFamR, Rn.  04.03). 491  Die zitierte Entscheidung des Obersten Kassationsgerichtshofs v. 21.1.2012 betraf die güterrechtliche Auseinandersetzung bulgarischer Ehegatten an einer während der Ehe erworbenen Familienwohnung in Griechenland – und nicht deren Zuweisung nach der Scheidung. Unter Anwendung des Art.  22 Nr.  1 Brüssel I-VO lehnte der Gerichtshof die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte ab. Selbst bei diesem Sachverhalt kommt der Verfasser der vorliegenden Arbeit zu einem anderen Ergebnis: internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte gem. Art.  8 Alt.  2 i. V. m. Art.  7 bulgIPRGB, da es sich um die güterrechtliche Auseinandersetzung, also um die Vermögensbeziehungen der Ehegatten anlässlich der Scheidung handelt und mindestens einer von ihnen die bulgarische Staatsangehörigkeit innehat. 492  EuGH, NJW 1979, 1100; Beschl. v. 14.6.2017 – Rs.  C-67/17: Iliev ./. Ilieva – ECLI:EU:C: 2017:459 = FamRZ 2017, 1913; Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  5 m. w. N. 493  Dieses weite Verständnis übernimmt nunmehr Art.  3 Abs.  1 lit.  a EuGüVO.

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2) Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Beklagte oder sein (anwaltlicher) Vertreter eine ständige Adresse, also den Wohnsitz hat, in Ermangelung derer das Gericht, in dessen Bezirk der Kläger seine ständige Adresse hat (Art.  105 i. V. m. Art.  107 Abs.  2 i. V. m. Abs.  1 bulgZPO). Hier hat die Klägerin ihre ständige Adresse in Plovdiv. Örtlich und sachlich zuständig (Art.  103 i. V. m. Art.  104 Nr.  4 bulgZPO: Zivilklage mit einem Streitwert über 25.000,00 BGN [= ca. 12.500,00  €]) ist deswegen Bezirksgericht Plovdiv. II. Anwendbares Recht 1) a) Die vermögensrechtlichen Wirkungen der Ehe beurteilen sich mangels einer Rechtswahl und – anfangs – mangels einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Ehegatten gem. Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB nach dem Recht des Staates, in welchem sie ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dieser befand sich bis zum Erwerb der gemeinsamen bulgarischen Staatsangehörigkeit in Deutschland. Das bulgarische IPR verweist somit auf deutsches Recht einschließlich seines Kollisionsrechts (Gesamtverweisung gem. Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB). b) Die erste Stufe der Kegelʼschen Leiter führt nicht zum Ziel, da die Eheleute eine gemeinsame Staatsangehörigkeit bei der Heirat nicht besaßen. c) Auf der zweiten Stufe knüpft das deutsche IPR an den gewöhnlichen Aufenthalt beider Ehegatten zur Zeit der Eheschließung an (Art.  15 Abs.  1 i. V. m. Art.  14 Abs.  1 Nr.  2 EGBGB i.d.F von 2018). Zu diesem Zeitpunkt befand sich der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland. Das deutsche IPR nimmt die Verweisung also an. Güterrechtsstatut ist – zunächst – deutsches Recht. Güterstand ist der gesetzliche, also Zugewinngemeinschaft, richtig ausgedrückt: Gütertrennung mit Zugewinnausgleich. 2) Mit dem Erwerb auch-bulgarischer Staatsangehörigkeit durch den Ehemann ist vom Standpunkt des bulgarischen IPR ein Statutenwechsel eingetreten. Bei einem Aufeinandertreffen von zwei oder mehreren Staatsangehörigkeiten bei ein und derselben Person setzt sich die bulgarische immer durch (Art.  48 Abs.  2 bulgIPRGB). Von nun an ist Güterstatut gem. Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB bulgarisches Recht. Die ehevertragliche Klausel geht genau von diesen Überlegungen aus und damit von der Anwendung deutschen Rechts vor dem Statutenwechsel und der Anwendung bulgarischen Rechts danach. III. Anwendung des berufenen Rechts 1) Der Wechsel des Güterstatuts geht mit einer Beendigung des Güterstands einher, in welchem die Ehegatten bis dahin gelebt haben. Die sachrechtlichen Gründe zur Beendigung des Güterstands werden um einen kollisionsrechtlichen erweitert.494 Ist der alte Güterstand bei sachrecht­ licher Beendigung abzuwickeln, so gilt das auch bei einer ihr gleichgestellten kollisionsrechtlichen Beendigung des bisherigen Güterstatuts.495 Das bedeutet jedoch nicht, dass die Ehegatten mit dem Wechsel des Güterstatuts gehalten sind, den Zugewinnausgleich durchzuführen oder den Zugewinn feststellen zu lassen. Es steht ihnen frei, das zu tun. Beantragt keiner von ihnen 494 

Schotten, IPR, Rn.  174; ders./Schmellenkamp, IPR, Rn.  174. Stoll, Rechtswahl, S.  87; Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  173a; Süß, Rpfleger 2003, 53, 58; Schotten, DNotZ 1999, 326, 331. 495 

§  2. Ehewirkungen

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die gerichtliche Durchführung des Zugewinnausgleichs, so ist der Zugewinn später bei Beendigung des neuen Güterstands zu berechnen – und zwar zum Zeitpunkt des Statutenwechsels. In beiden Fällen richtet sich die Abwicklung nach den Bestimmungen des früheren Rechts. Im Beispiel haben die Eheleute die Abwicklung ehevertraglich mitbestimmt: a) Den Zugewinnausgleich nach Maßgabe der §§  1373 ff. BGB haben die Ehegatten bisher nicht durchgeführt oder festgestellt. Deswegen ist der Zugewinnausgleichsanspruch zum Zeitpunkt des Statutenwechsels zu berechnen. Hier beträgt er 91.000,00  €. b) In dem nunmehrigen neuen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft stellt diese Zugewinnausgleichsforderung aus dem alten Güterstand der Zugewinngemeinschaft Eigengut der Ehefrau i. S. des Art.  22 Abs.  1 S.  1 FamKodex dar. Sie ist also Bestandteil ihres Eigenvermögens, im konkreten Fall: einziger Bestandteil. Der deutschrechtliche Zugewinn gilt m. a. W. als voreheliches Vermögen gemäß dem bulgarischen Recht und fällt somit nicht in das Errungenschaftsvermögen. Gleiches gilt für den hälftigen dem ausgleichspflichtigen Ehegatten (Beklagten) „verbleibenden“ Zugewinn, also das Sowieso-Vermögen, d. h. das Vermögen, welches in corpore in irgendwelchen Gegenständen steckt (Auto, Grundstück etc.), die sowieso Eigenvermögens-Gegenstände sind. Genauer ausgedrückt: Der Zugewinn ist verkörpert in den Gegenständen des beweglichen und unbeweglichen Vermögens eines jeden Ehegatten. Nur für die Bewertung des Zugewinnausgleichs wird vom rechnerischen Wertsaldo des Endvermögens in ebenso rechnerischer Weise der indexierte Wert beider Anfangsvermögen (§  1374 Abs.  1 und 2 BGB) abgezogen, für jeden Ehegatten getrennt. Jeder bleibt aber im System des deutschen gesetzlichen Güterstandes, das ja eine Gütertrennung darstellt bis auf den schlussendlichen Zugewinnausgleich, Allein­ eigentümer seiner Vermögenswerte. Und diese seine unverändert eigenen Vermögenswerte bringt er als Sowieso- oder Jedenfalls-Eigengut ganz selbstverständlich in die neue Errungen­ schafts­gemeinschaft ein. Nur eine einzige, wertmäßig aber nicht unbedeutende Besonderheit macht sich beim Güter­ statuten- und Güterstandwechsel bemerkbar: außer den Gegenständen des Sowieso- oder Jedenfalls-Eigenguts bringt – immer nur – ein Ehegatte seine Zugewinnausgleichs-Forderung in die Errungenschaftsgemeinschaft ein, der andere seine Zugewinnausgleichs-Belastung. Mit anderen Worten: Für die Bestimmung des jeweiligen Eigenguts und damit letztlich des Errungenschaftsvermögens nach bulgarischem Recht (oder wie hier des ehevertraglich vereinbarten Gesamt-Vermögens) rechnet man zum Zeitpunkt des Wechsels des Güterstatuts so, als wäre die Ehe in diesem Augenblick geschieden und hätten die Geschiedenen in der nächsten juristischen Sekunde wieder einander geheiratet. Demnach hat die Klägerin als Eigengut eine Forderung von 91.000,00  €, der Beklagte solches im Wert von 121.000,00  €. 2) Die Scheidung beendete die Errungenschaftsgemeinschaft (Art.  27 Abs.  1 i. V. m. Art.  44 Nr.  3 FamKodex). Nach dem Ehevertrag soll in diesem Fall eine Teilung in Natur gerade vermieden und damit den gesetzlich geregelten Grundfall ausgeschlossen werden. Eine solche Klausel, wonach ein Ehegatte Alleineigentümer des beweglichen und unbeweglichen Vermögens der beendeten Errungenschaftsgemeinschaft wird und der andere Ehegatte einen Zahlungsanspruch gegen diesen in Höhe des Wertes seines gesetzlichen Miteigentums-Hälfte­ anteils i. S. des Art.  28 FamKodex erwirbt, ist zulässig.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Ferner sieht der Ehevertrag die Verteilung der Gesamt-Vermögensmasse vor. Zunächst ist sie zu bereinigen, sodann steht sie jedem Ehegatten zur Hälfte dem Werte nach zu (Art.  28 i. V. m. Artt.  22, 23 FamKodex). Das bedeutet: Der Wert des Eigenguts jedes Ehegatten ist vom Wert des Gesamt-Vermögens abzuziehen, soweit es nur als Folge der Beendigung des Alt-Güterstands im Neu-Güterstand entstanden ist. Damit ist das Gesamt-Vermögen bereinigt. Daran haben die Ehegatten eine hälftige Beteiligung vereinbart bei sonst Alleinerwerb des gegenständlichen Errungenschaftsvermögens durch den Ehemann. In casu sieht das in Zahlen so aus: Von den 600.000,00  € Gesamt-Vermögensmasse der Errungenschaftsgemeinschaft und des persönlichen Vermögens beider Ehegatten vor und nach dem Statutenwechsel ist die Zugewinnausgleichsforderung der Klägerin nach dem früheren deutschen Güterrecht in Höhe von 91.000  € herauszurechnen und auch des Antragsgegners Eigengut von weiteren 121.000,00  €, beide entstanden mit dem Güterstatutenwechsel. Es verbleiben (600.000,00  € – 91.000,00  € – 121.000,00  € =) 388.000  € bereinigtes Gesamt-Vermögen i. S. der Ehevertragsklausel. Daran haben die Gatten gleiche Anteile, also von jeweils 194.000,00  €. Damit hat der Ehemann seine Zugewinnausgleichsverpflichtung zu Lasten seines Eigenguts beglichen, die Ehefrau ihren Zugewinn als Eigengut bekommen. Der Zugewinn ist also – nachträglich – realisiert worden. Das ist billig, weil die Eheleute auf den Zugewinn nicht verzichtet haben. Und es ist gesetzesentsprechend, weil das bulgarische Güterrecht ganz selbstverständlich Forderungen als Eigengut anerkennt, wie etwa die Forderung auf Auszahlung eines Sparguthabens gegen die Bank.496 Überdies haben die Ehegatten ihre vermögensrechtlichen Beziehungen nach der Scheidung, insbesondere etwaige Anteilserhöhungs- und Wertausgleichsansprüche i. S. des Art.  29 Abs.  3 und Art.  30 FamKodex einvernehmlich regelt. Ergebnis: Nach Durchführung der ehevertraglichen Vermögensauseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft erhält die Klägerin (194.000,00 Hälfteanteil am [ehevertraglichen] Errungenschafts-/Gesamt-Vermögen +  € 91.000,00 Zugewinn =) 285.000,00  €, und der Beklagte (194.000,00  € Hälfteanteil am [ehevertraglichen] Errungenschafts-/Gesamt-Vermögen + 121.000,00  € eigener Rest-Zugewinn =) 315.000,00  €. Der Unterschied entspricht genau dem ursprünglichen Anfangsvermögen des Mannes von 30.000,00  €, die ja auch bei damals sofortiger Begründung bulgarischen Güterstands sein Eigengut gewesen wären. Wählen die Eheleute dagegen eine Gesamtlösung per Ehevertrag nicht, so bleiben ihnen nur übrig: (1) die Teilung des Errungenschaftsvermögens in Natur, (2) die Geltendmachung des Zugewinnausgleichsanspruchs, (3) die Geltendmachung eines Anteilserhöhungsanspruchs und (4) die Geltendmachung eines Wertausgleichsanspruchs nach Art.  29 Abs.  3 und Art.  30 FamKodex.

bb) Alt-Güterstand: Gütertrennung vs. Neu-Güterstand: Errungenschaftsgemeinschaft Hatten die Eheleute im alten Statut Gütertrennung vereinbart und leben sie nach dem Statutenwechsel im bulgarischen gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft, so kann natürlich keiner der Ehegatten eine Zugewinnaus496 

Vgl. auch Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  83.

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gleichsforderung als Eigengut in die neue Errungenschaftsgemeinschaft mitbringen. Das in der Gütertrennung von dem jeweiligen Ehegatten erworbene Vermögen stellt vielmehr zu Beginn der Errungenschaftsgemeinschaft sein Eigengut i. S. des Art.  22 Abs.  1 S.  1 FamKodex dar. Das Altvermögen ist insoweit als voreheliches Vermögen zu behandeln. Genauer formuliert: Das Altvermögen ist zum Zeitpunkt des Güterstatuten- und damit des Güterstandwechsels in die Errungenschaftsgemeinschaft so anzusetzen, als sei die Ehe güterrechtlich erst jetzt (in diesem Augenblick) geschlossen. Deswegen ist dieses Eigenvermögen aus der Masse der nunmehrigen Errungenschaftsgemeinschaft auszuscheiden, wenn die Errungenschaftsgemeinschaft endet durch Scheidung, Tod oder in sonstiger Weise (Aufhebung der Ehe497 oder vorzeitige Auflösung der Errungenschafts­ gemeinschaft – gerichtlich nach Art.  27 Abs.  2 FamKodex oder parteiautonom per Ehevertrag gem. Art.  27 Abs.  3 i. V. m. Art.  38 FamKodex). Sieht indessen der Alt-Güterstand der deutschen Gütertrennung bei Scheidung einen Ausgleich des ehelichen Vermögenszuwachs aus Billigkeit vor (nach BGH über die Grundsätze der Ehegatten-Innengesellschaft nach §§  730 ff. BGB498), so muss man, wenn man eine Abwicklung nach dem Neu-Statut befürwortet, die Prüfung des Art.  29 Abs.  3 FamKodex499 nicht nur auf das neu erworbene, sondern auch auf das alte bis zum Güterstatutenwechsel erworbene Vermögen erstrecken. Gegenteils würde der ausgleichspflichtige Ehegatte übervorteilt. cc) Alt-Güterstand: Zugewinngemeinschaft vs. Neu-Güterstand: Gütertrennung Wenn die Ehegatten in Gütertrennung nach bulgarischem Recht leben wollen, müssen sie eine Rechtswahl zugunsten bulgarischen Güterrechts auf der kolli­ sionsrechtlichen Ebene treffen und sodann auf der sachrechtlichen Ebene einen entsprechenden notariell beurkundeten Ehevertrag schließen (Art.  39 Abs.  1 i. V. m. Art.  18 Abs.  4 S.  1 FamKodex). Ist nunmehr Gütertrennung nach bulgarischem Recht wirksam vereinbart, so kann der Alt-Güterstand abgewickelt werden – in natura (also auf Antrag eines Ehegatten hin) oder numerisch (d. h. durch Aufstellung einer Tranformationsbilanz). Der Zugewinnausgleichsanspruch des einen Ehegatten ist ihm als sein persönliches Vermögen nach Art.  33 Abs.  1 Fam-

497  Gemäß Art.  48 Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 S.  1, Art.  44 Nr.  2, Art.  27 Abs.  1 FamKodex entfaltet die Aufhebung der Ehe ex nunc-Wirkung. 498  Siehe nur BGHZ 84, 361; BGH, NJW 1994, 1167; FamRZ 1999, 1580. 499  Art.  29 Abs.  3 FamKodex lautet: „Bei Beendigung der Gemeinschaft durch Scheidung oder gem. Art.  27 Abs.  2 kann das Gericht dem einen Ehegatten einen größeren Anteil am Gemeinschaftsvermögen zusprechen, wenn sein Beitrag zum Erwerb den Beitrag des anderen Ehegatten wesentlich übersteigt.“

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Kodex500 zuzurechnen, die Zahlungsverpflichtung bei anderem Ehegatten belastet sein persönliches Vermögen. Nicht zum Zuge kommt an dieser Stelle Art.  33 Abs.  2 FamKodex501 – jene Vorschrift, welche demjenigen Ehepartner einen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch502 gewährt503, der einen Beitrag504 zur Mehrung vom Eigenvermögen des anderen geleistet hat. Die Vorschrift will einen Ausgleich dafür schaffen, dass der eine Ehegatte unter Verzicht auf eigenen Vermögenszuwachs Opfer erbracht hat, die zu einer Vermögensmehrung auf Seiten seines Ehepartners geführt haben.505 Dieser auf Zahlung gerichtete Anspruch506 betrifft nur das neue, nach dem Wechsel des Güterstatuts in der Gütertrennung erworbene Vermögen. Denn der über das Altvermögen ggf. durchzuführende Zugewinnausgleich nivelliert bereits den so beim Begünstigten geschaffenen Mehrwert – wenn auch nur zur Hälfte. Ein Ausgleichsanspruch nach Art.  33 Abs.  2 FamKodex kann sich deswegen nur aus Beiträgen des Ehegatten zur Mehrung neuen in der Gütertrennung hinzuerworbenen Vermögens des anderen Ehegatten ergeben. 500  Art.  33 Abs.  1 FamKodex lautet: „Die von einem jeden Ehegatten während der Ehe erworbenen Rechte gehören ihm persönlich.“ 501  Art.  33 Abs.  2 FamKodex lautet: „Bei Beendigung der Ehe im Klagewege hat jeder Ehegatte Anspruch auf Erhalt eines Teils des Wertes des vom anderen Ehegatten während der Ehe Erworbenen, soweit er durch Arbeit, eigene Mittel, Sorge für die Kinder, Arbeit im Haushalt oder auf andere Weise einen Beitrag dazu geleistet hat.“ 502  Ebenso Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  108 („парична компенсация“/Geldkompensation). 503  Art.  33 Abs.  2 FamKodex schafft keine Vergemeinschaftung des Vermögens durch gemeinschaftliches Eigentum, sondern eine obligatorische Vermögensteilhabe durch Ausgleichszahlung. Das erinnert an die deutsche Zugewinngemeinschaft, mit dem wesentlichen Unterschied, dass der Ausgleich bei der bulgarischen Gütertrennung von einem kausalen Beitrag des einen Ehegatten zur Vermehrung des persönlichen Vermögens seines Ehepartners abhängt. Darlegungs- und beweispflichtig ist der beitragsleistende Ehegatte. Eine Vermutungsregel dafür – etwa nach dem Vorbild des Art.  21 Abs.  3 FamKodex – gibt es nicht. Das ist konsequent. Wenn schon der Ehegatte, der bei einer scheidungsbedingten Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft einen höheren als den gesetzlich vorgesehenen Hälfteanteil am Errungenschaftsvermögen beansprucht, Beweis dafür erbringen muss, dass durch seinen eigenen Beitrag die Masse der Errungenschaftsgemeinschaft sich wesentlich vergrößert hat (vgl. Art.  29 Abs.  3 FamKodex), so muss das erst recht bei der Gütertrennung gelten. 504  Hierzu Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  108. 505  Im Ergebnis wie hier Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  108. 506  Nach Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  108, handele es sich bei dem Ausgleichsanspruch nach Art.  33 Abs.  2 FamKodex um einen besonderen bereicherungsrechtlichen Anspruch. Deshalb sei eine Berufung auf Entreicherung gem. Art.  59 Abs.  1 bulgGSV ausgeschlossen. Zur ungerechtfertigten Bereicherung nach bulgarischem Recht s. Goleminov, Neosnovatelno obogatyavane, passim.

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dd) Alt-Güterstand: Gütertrennung vs. Neu-Güterstand: Gütertrennung Unkompliziert ist der Übergang vom Güterstand der deutschen Gütertrennung in den der bulgarischen. Die zwei getrennten Vermögensmassen von Mann und Frau entsprechen sich vor und nach dem Statutenwechsel.507 Wieder kann Art.  33 Abs.  2 FamKodex nur das hinzuerworbene Neuvermögen erfassen. Zwar wird seinem Zweck bezüglich des Altvermögens nicht durch einen anderweitigen Zugewinn genügt. Doch entspricht es bei einer vereinbarten Gütertrennung nach deutschem Recht gerade den Willen der Ehegatten, an der wie immer gestalteten und woher immer gespeisten Vermögensentwicklung/-mehrung des anderen nicht teil zu haben, auch nicht in Gestalt eines Ausgleichsanspruchs. Dabei bleibt es selbst beim Wechsel des Güterstatuts. Wollen die Ehegatten einvernehmlich dieses Resultat vermeiden, so stehen ihnen die Rechtswahl mit Rückwirkung nach Art.  80 Abs.  3 S.  3 Alt.  1 bulgIPRGB oder der Abschluss eines Ehevertrags mit den inhaltlichen Modalitäten des Art.  38 FamKodex frei. Eine Ausnahme ist wieder nur dann zu machen, wenn der Alt-Güterstand der deutschen Gütertrennung im Falle der Scheidung einen Ausgleich des ehelichen Vermögenszuwachses aus Billigkeit vorsieht (Stichwort: Ehegatten-Innengesellschaft gem. §§  730 ff. BGB). Hier muss man die Prüfung des Art.  33 Abs.  2 FamKodex nicht nur auf das neu erworbene, sondern zusätzlich auf das alte bis zum Güterstatutenwechsel erworbene Vermögen erstrecken. Andernteils wäre der ausgleichspflichtige Ehegatte übervorteilt. ee) Alt-Güterstand: Gütergemeinschaft vs. Neu-Güterstand: Errungenschaftsgemeinschaft oder Gütertrennung Die Gütergemeinschaft ist nur durch Ehevertrag (§  1415 BGB) begründbar. Dieser Vertragsgüterstand wirkt fort, bis die Eheleute für die bulgarische Errungenschaftsgemeinschaft oder die bulgarische Gütertrennung (dazu sogleich) votieren. Solange sie das nicht tun, solange bleibt es beim vorher geltenden, ehevertraglich vereinbarten Güterstand der deutschen Gütergemeinschaft. Denn der Statutenwechsel allein vermag den rechtsgeschäftlich begründeten Güterstand nicht ipso iure aufzuheben und die Eheleute nunmehr dem allgemeinen gesetz­ lichen Güterstand des neuen Güterstatuts zu unterstellen.508 Es bedarf vielmehr einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl, wonach die Eheleute für die Zukunft im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht leben wollen. Wenn sie aber so weit sind, wer507  Nach Lorenz, Intertemporales Ehegüterrecht, S.  135, finde eine Abwicklung nicht statt, da der Alt-Güterstand nicht abwicklungsbedürftig sei. Vielmehr stehe nur die Aufnahme der bisher getrennten Vermögensmassen der Ehegatten in den neuen Güterstand an. 508  Siehe Gamillscheg, FS Bötticher (1969), 143, 158.

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den sie wohl eine Regelung – diesmal auf der sachrechtlichen Ebene – getroffen haben, wie das Altvermögen der deutschen Gütergemeinschaft (Gesamt-, Sonder- und Vorbehaltsgut) abzuwickeln ist. Diesbezüglich setzen der inhaltlichen Ausgestaltung des Ehevertrags – wie immer – nur die allgemeinen Regeln oder die Rechte Dritter Grenzen. Ist solch eine Abmachung einmal unterblieben, so muss die Gütergemeinschaft – ggf. nachträglich – nach ihren gesetzlichen Regeln auseinandergesetzt werden. Es gelten die Vorschriften der §§  1471 ff. BGB. Das gesamthänderisch gebundene, gemeinschaftliche Vermögen beider Ehegatten (das Gesamtgut) wird zum Errungenschaftsvermögen, das Sondergut und das Vorbehaltsgut zum persönlichen Vermögen i. S. des Art.  22 FamKodex. Ist der neue Güterstand hingegen Gütertrennung, so bilden das jeweilige alte Sonder- und Vorbehaltsgut das neue jeweilige, getrennte persönliche Vermögen nach Art.  33 Abs.  1 FamKodex. Über das alte Gesamtgut haben sich die Eheleute bei Bedarf nach den Vorschriften des alten Rechts auseinanderzusetzen, hier also nach den deutschen Regeln der §§  1471 bis 1481 BGB. Auch insoweit kommt es retrospektiv zu einer fiktiven Auseinandersetzung der alten, deutschen Gütergemeinschaft, wenn die Ehegatten das im Tatsächlichen nicht veranlasst haben. Der verteilte Überschuss nach §§  1477 Abs.  1 i. V. m. §§  752–757 BGB (mit Ausnahme des §  757 BGB) ist dem persönlichen Vermögen eines jeden Ehegatten nach Art.  33 Abs.  1 FamKodex zuzurechnen. Das nach Statutenwechsel neu erworbene Vermögen fällt unter Art.  33 Abs.  1 FamKodex. c) Alt-Güterstatut: bulgarisches Recht, Neu-Güterstatut: deutsches Recht In der umgekehrten Richtung – Altstatut bulgarisches und Neustatut deutsches ­ üterrecht – ist die Abwicklung des Alt-Güterstands nach dem Vorstehenden selbstG erklärend. Die dargestellten Besonderheiten des bulgarischen Güterrechts bleiben Besonderheiten dieses alten Rechts. Sie gelten darum nur für das Altvermögen. aa) Alt-Güterstand: Errungenschaftsgemeinschaft vs. Neu-Güterstand: Zugewinngemeinschaft Gleichwohl verdient der Grundfall einige Aufmerksamkeit. Hier lebten die Ehegatten nach dem alten Güterstand in bulgarischer Errungenschaftsgemeinschaft, nach dem neuen Güterstand leben sie in deutscher Zugewinngemeinschaft. Teils wird die Ansicht vertreten, das gemeinschaftliche, gesamthänderisch gebundene Eigentum am Errungenschaftsvermögen509 könne nicht weiter aufrecht509  Zum Wesen der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht ausf. unter 3.  Teil, §  2. C. VII. 1. a bb.

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erhalten werden. Denn der alte Güterstand, unter welchem es Bestand gehabt habe, sei mit dem Statutenwechsel (Erweiterung der sachrechtlichen Beendigungsgründe um einen kollisionsrechtlichen) beendet.510 Das Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft wandele sich eo ipso in eine Bruchteilsgemeinschaft zu gleichen Teilen an den einzelnen Gegenständen um. Ein dinglicher Vollzugsakt sei für diese Überleitung in den Neu-Güterstand nicht erforderlich. Denn es handele sich um eine personenidentische, lediglich rechtsformwechselnde Umwandlung von gemeinschaftlichem Vermögen.511 Teils lehnt man dies mangels eben eines Übertragungsaktes ab. Aber selbst wenn man mit dem deutschen Recht als dem Neu-Güterstatut für die Umwandlung von Gesamthandsvermögen in Bruchteilsvermögen stets eine rechtsgeschäftliche Übertragung verlangt,512 käme man m. E. zum Ergebnis der erstgenannten Ansicht. Denn nach bulgarischem, also dem alten Güterstand haben die Gatten mit Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft gleiche Anteile am Gesamtgut (Art.  28 FamKodex). Bei dieser gemeinschaftlichen gleichen Teilhabe am ehemals Errungenschaftsvermögen bei Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft handelt es sich um (einfaches) Miteigentum.513 Mit Änderung des bis dahin maßgebenden Anknüpfungspunktes durch Willensentschluss des einen oder beider Ehegatten (Erwerb deutscher Staatsangehörigkeit oder ex nunc-Rechtswahl) übertrugen sie stillschweigend dann selbst dieses zur Zeit des Statutenwechsels vorhandene anteilslose (sog. besondere) Miteigentum nach dem alten Güterstand in die passende Rechtsform des Neu-Güterstands unter dem Dach des Neu-Güterstatuts, also in eine Bruchteilsgemeinschaft zu gleichen Teilen nach deutschem Recht. Eine Anfechtung dieser durch den Statutenwechsel bedingten Übertragung des anteilslosen bulgarischen Errungenschafts-Mit­ eigentums in das deutsche Miteigentum nach Bruchteilen mit dem Argument, dem resp. den Ehegatten sei die Auswirkung des Statutenwechsels nicht bewusst gewesen, scheidet als unbeachtlicher Rechtsfolgeirrtum aus. Der Wert des Eigenguts i. S. der Artt.  22, 23 FamKodex sowie der aufgrund der Umwandlung entstandenen Miteigentumsanteile der Ehegatten sind zum 510 

Stoll, Rechtswahl, S.  89; Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  143; a. A. OLG Brandenburg, DtZ 1997, 204; BaRo/Mörsdorf-Schulte, Art.  15 EGBGB, Rn.  77; für den Statutenwechsel kraft Rechtswahl Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  173a; Schotten, DNotZ 1999, 326, 331; Henrich, in: Johannsen/Henrich, Art.  15 EGBGB, Rn.  15. 511  Stoll, Rechtswahl, S.  89; Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  143 a. E.; a. A. Schotten, IPR, S.  132, Fn.  194; Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  173e, Fn.  295; Wassermann, FamRZ 1990, 333, 341. 512  S. nur MüKo BGB/K. Schmidt (2013), §  741 BGB, Rn.  7; ders., a. a. O. (2017), §  1008, Rn.  12 f. Das gilt auch für den Fall, dass Ehegatten unter dem deutschen Güterstatut und in der deutschen Gütergemeinschaft Gesamtgut in Miteigentum umwandeln; OLG Zweibrücken, OLGZ 1981, 171; MüKo BGB/K. Schmidt (2017), §  1008 BGB, Rn.  13. 513  Allg.M.; s. nur Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  203.

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Stichtag des Statutenwechsels in das jeweilige Anfangsvermögen nach §  1373 Abs.  1 BGB einzustellen.514 Dieses Ergebnis können die Eheleute durch Abschluss eines Ehevertrags nach dem Neu-Statut (also auf sachrechtlicher Ebene) vermeiden. bb) Alt-Güterstand: Gütertrennung vs. Neu-Güterstand: Zugewinngemeinschaft Lebten die Ehegatten vor dem Statutenwechsel in Gütertrennung und ist danach neuer Güterstand Zugewinngemeinschaft, so bildet das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Vermögen jedes Ehegatten sein Anfangsvermögen nach §  1373 Abs.  1 BGB.515 V. Schutz des Rechtsverkehrs Art.  81 bulgIPRGB soll den Rechtsverkehr schützen. Dessen Schutzbedürfnis folgt daraus, dass sachrechtliche Bestimmungen des jeweils einschlägigen Güterstands die Rechtsposition Dritter berühren können, die wenigstens mit einem der Gatten in geschäftlichen Kontakt treten: damit kommt ihnen Außenwirkung zu. Nach dem Buchstaben des Gesetzes betrifft Art.  81 bulgIPRGB nur den Schutz solcher Personen, deren vermögensrechtliche Interessen durch die Wirkungen des gewählten Güterrechts tangiert werden. Dritte sind aber nicht deshalb weniger schutzwürdig, weil das maßgebliche Güterrecht ihrer verheirateten Kontrahenten sich auf der Grundlage der objektiven Anknüpfung des Art.  79 Abs.  1 oder 2 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB ergibt. Mit der Geltung fremden Ehe­ güterrechts brauchen solche Personen im Inland nicht zu rechnen, einerlei auf welchem kollisionsrechtlichen Wege es zum Zuge kommt. Die Vorschrift ist darum in solchen Fällen analog anzuwenden.516 1. Allseitiger Ausbau Die Vorschrift findet Anwendung ausschließlich auf Rechtsgeschäfte in Bulgarien, da sie den dortigen Rechtsverkehr schützen will. Indes ist der Ausbau zur allseitigen Kollisionsnorm nicht ausgeschlossen, vorausgesetzt, der ausländische Staat schützt seinen Rechtsverkehr in vergleichbarer Weise.517 514  Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  143 a. E.; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  425. 515  Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  173a; Henrich, in: Johannsen/Henrich, Art.  15 EGBGB, Rn.  15. 516  A. A. offenbar Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  239, wonach Dritten die Rechte aus dem objektiv berufenen Güterstatut zustünden. Das mittels der objektiven Anknüpfung anwendbare Güterrecht sei vorhersehbar, so dass Dritte sich darauf einstellen könnten; ihr folgend Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  332. 517  Für das deutsche IPR BaRo/Mäsch, Art.  16 EGBGB, Rn.  57.

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2. Voraussetzungen Einwendungen aus dem maßgebenden ausländischen fremden Güterstand können dem Dritten nur bei Kenntnis oder zu vertretener Unkenntnis von einem fremden – nicht notwendig dem berufenen – Güterrecht entgegengehalten werden. Kenntnis der Ausländereigenschaft reicht allein nicht aus, da mit ihr die Anwendbarkeit eines ausländischen Güterrechts nicht feststeht. Aus den Umständen des Einzelfalles kann sich aber eine zu vertretende Unkenntnis ergeben. 3. Dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen Eine Sonderregelung stellt S.  2 der Vorschrift auf. Das betrifft dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen. Einwendungen aus dem ausländischen Güterstand sind hiernach nur dann möglich, wenn die Eintragungserfordernisse nach dem Recht des Staates eingehalten sind, in dem die Sache belegen ist. In Abgrenzung zu Art.  65 Abs.  1 bulgIPRGB können mit Eintragungserfordernissen i. S. des Art.  81 S.  2 bulgIPRGB nur Verfügungsbeschränkungen aus dem maßgebenden Güterstand gemeint sein.518 4. Rechtsfolgen Liegen die Voraussetzungen des Art.  81 bulgIPRGB vor, so ist auf Ansprüche zwischen Ehegatten und Dritten bulgarisches Güterrecht anzuwenden, sofern das für den gutgläubigen Dritten günstiger ist.519 Da das bulgarische Güterrecht jedoch vom Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft ausgeht, der einseitige Verfügungen der Ehegatten über Sachen des Gesamtguts nicht gestattet und dem übergangenen Ehegatten ein Vindikationsrecht einräumt (vgl. Art.  24 Abs.  4 bzw. 5 i. V. m. Abs.  3 FamKodex)520 sowie der gutgläubige Erwerb im Grundstücksverkehr nur im Ausnahmefall zulässt (Art.  113 bulgEigentumG), ist nicht ersichtlich, welchen praktischen Nutzen die Regelung überhaupt hat.

518  Nach Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  332, sind dies – insoweit konsequent – nur die Verfügungsbeschränkungen aus der kollisionsrechtlichen Rechts­ wahl. Unter Eintragungserfordernissen i. S. des Art.  81 S.  2 bulgIPRGB versteht er die „Eintragung der Rechtswahl in das entsprechende öffentliche Register“. 519  A. A. Stancheva-Mincheva, Artt.  79–81 bulgIPRGB, S.  241: Anwendbar sei stets das objektiv berufene Güterrecht. Dagegen spricht bereits der Zweck der Norm, der auf den Schutz des inländischen Verkehrs zielt. 520  Hiezu ausf. zuletzt Stoyanov, Sobstvenost i pravo 2018, №  12, 38 ff.; Georgiev, Prakticheski vaprosi na sobstvenostta, S.  290 ff.

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VI. Das Verhältnis zwischen Güterstatut und lex rei sitae Nach hier befürworteter Auffassung beruft sowohl das dispositiv-objektive Güterrechtsstatut nach Art.  79 Abs.  3 bulgIPRGB wie das subjektive nach Abs.  4 (sofern nur die Ehegatten keine objektbezogenen Einschränkungen per Rechtswahl vorgenommen haben) das gesamte Vermögen der Eheleute, einerlei wo es belegen ist. Das wirft die Frage nach der dinglichen Rechtslage auf, zumal nach bulgarischem Recht prinzipiell auch der von dem einen Ehegatten allein erworbene Gegenstand eo ipso zum Errungenschaftsvermögen (Gesamtgut) wird.521 1. Der Grundsatz Der Eigentumserwerb richtet sich gem. Art.  65 Abs.  1 bulgIPRGB nach dem Recht des Lageortes. Erst wenn nach diesem Recht die Voraussetzungen für den Eigentumserwerb erfüllt sind, kommt das Güterstatut zum Zuge. Das Güterstatut führt in das Güterrecht, welches über die Zuordnung zur Vermögensmasse und das Verhältnis der Ehegatten zu dem erworbenen Vermögensgegenstand bestimmt. Die güterrechtliche Zuweisung ist also die allgemeine Regelung. Sie erfasst eo ipso demgemäß alle einzelnen Vermögensgegenstände und -werte. Aus dem umfassenden Charakter der güterrechtlichen Zuordnung folgt ihr Primat über den einzelnen Vermögenserwerb. Item, das Güterstatut überlagert das Erwerbsstatut.522 521  Siehe statt aller Venedikov, SIO, S.  41 f.; näher hierzu im Exkurs unter 3.  Teil, §  2. C. VII. 1. a bb. 522  Dies entspricht der überwiegenden Meinung in Bulgarien, obwohl man das so genau nicht formuliert. Vgl. Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  10751 v. 18.7.2011 i. d. Rs. №  15504/2010; Administrativgericht Sofia-Stadt, Urt. v. 7.11.2008 i. d. Rs. №  426/2008; Bezirksgericht Burgas, Urt. №  1177 v. 27.11.2015 i. d. Rs. №  1515/2015; Rayongericht Ruse, Urt. №  2195 v. 21.12.2013 i. d. Rs. №  4229/2011; Rayongericht Pazardzhik, Urt. №  432 v. 23.5.2014 i. d. Rs. №  3123/2012; Bezirksgericht Ruse, Urt. №  390 v. 14.7.2014 i. d. Rs. №  533/2014 (Revision nicht zugelassen: Oberster Kassationsgerichtshof, Beschl. №  128 v. 29.1.2015 i. d. Rs. №  6764/2014); s. a. Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  327–329, 334. Zum Territorialitätsprinzip im IPR ausf. Mateeva, Savremenno pravo 2007, №  2, 15 ff. A. A. Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  11019 v. 13.8.2012 i. d. Rs. №  15823/2011, der die Zuordnung eines in Bulgarien belegenen Grundstücks infolge eines Erwerbs durch Ehe­ leute mit irischer Staatsangehörigkeit nicht als güterrechtlich, sondern gem. Art.  65 Abs.  1 bulgIPRGB als sachenrechtlich qualifiziert (richtig dagegen die Vorinstanz: güterrechtliche Qualifikation nach Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB); ebenso Bezirksgericht Dobrich, Urt. №  150 v. 6.6.2017 i. d. Rs. №  108/2017 (bestätigt durch den Obersten Kassationsgerichtshof, Beschl. №  299 v. 6.6.2018 i. d. Rs. №  3581/2017: Erwerb eines in Bulgarien situierten Grundstücks während der Ehe durch die bulgarische Ehefrau; ihr Ehemann hatte die deutsche Staatsangehörigkeit; der gewöhnliche Aufenthalt der Eheleute befand sich seit der Eheschließung im Jahr 1993 in Deutschland. Das Problem verkannte Bezirksgericht Burgas, Urt. №  I-87 v. 5.11.2018 i. d. Rs. №  1097/2018. Es erwähnte zunächst Art.  64 Abs.  1 bulgIPRGB und führte

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Das verdeutlicht folgendes Beispiel:523 F und M sind bulgarische Staatsangehörige und heiraten. Einen Ehevertrag haben sie nicht geschlossen. Im Jahr 2017 erwirbt M in Deutschland ein Grundstück und wird im Grundbuch als Alleineigentümer eingetragen. Die Ehefrau will das Grundbuch berichtigen lassen. Hat sie darauf einen begründeten Anspruch? Der Ehefrau steht ein Anspruch auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gem. §  894 BGB gegen M zu, wenn das Grundbuch unrichtig ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Grundstückserwerb nicht zu Alleineigentum des Ehemanns geführt hat. 1) Die Voraussetzungen eines rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs bestimmen sich gem. 43 Abs.  1 EGBGB nach der lex rei sitae. Belegen ist die Immobilie in Deutschland. Erwerbsstatut ist damit deutsches Recht. 2) Die Erfordernisse der §§  873, 925 BGB sind erfüllt. Folglich ist das Eigentum wirksam auf M übergehen. In dieser Aussage erschöpft sich die Wirkung der durch das Erwerbsstatut berufenen Sachenrechtsordnung. 3) Ob dagegen der Erwerber Alleineigentümer geworden ist oder beide Ehegatten gemeinschaftlich Eigentum erworben haben, darüber entscheidet das für die güterrechtlichen Wirkungen maßgebende Recht. Anders ausgedrückt: Das Güterstatut bestimmt, ob und ggf. wie der Eigentumsübergang zwischen den Ehegatten vonstattengeht, ob es z. B. zum gemeinschaftlichen Eigentumserwerb eines weiteren Übertragungsaktes bedarf. a) Im Beispiel ist Güterstatut bulgarisches Recht. Denn Art.  15 Abs.  1 i. V. m. Art.  14 Abs.  1 Nr.  1 Alt.  1 EGBGB i. d. F. 2018 knüpft an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Eheleute zur Zeit der Eheschließung an. Beide Ehegatten sind und waren bulgarische Staatsangehörige. Die Gesamtverweisung auf bulgarisches Recht wird durch dieses angenommen. Denn auch Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB knüpft primär an eine gemeinsame Staatsangehörigkeit im Beurteilungszeitpunkt an. b) Nach bulgarischem Güterrecht leben die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (Art.  18 Abs.  1 Nr.  1, Abs.  2 Alt.  1 FamKodex). Nach Art.  21 Abs.  1 FamKodex fällt das Grundstück ipso iure in das Errungenschaftsvermögen, es sei denn, der Erwerb ist nicht auf einen gemeinsamen ehelichen Beitrag zurückzuführen. Ein solcher geaus: „Die streitgegenständlichen Autos sind bewegliche Sachen, die sich in Bulgarien befinden, dies ist unstreitig zwischen den Parteien, so dass diesbezüglich die bulgarische Gesetzgebung anwendbar ist“. Anschließend zitierte das Bezirksgericht die Vorschrift des Art.  79 bulgIPRGB, stellte einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der ehemaligen Ehegatten im Inland fest und folgerte daraus, dass „deswegen bulgarisches Recht anzuwenden ist“. Dann prüfte es Artt.  21 und 23 Abs.  1 FamKodex). Wie hier aber wohl auch Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  1106 v. 3.12.2008 i. d. Rs. №  4201/2007 (deutsche Ehegatten stritten um Herausgabe im Inland befindlichen beweglichen Vermögens, welches sie während der Ehe in Deutschland erworben hatten). Alle Gerichtsentscheide jew. zit. nach ciela. 523  In Anlehnung an Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  147 f.; s. a. OLG Hamm, FamRZ 1999, 299 f. = IPRspr 1998 Nr.  72; BayObLGZ 1992, 85 ff. = FamRZ 1992, 1204; Hausmann, in: Hausmann/­ Odersky, §  9, Rn.  174 (alle zum kroatischen gesetzlichen Güterstand); LG Kempten, IPRspr 1982 Nr.  53, 122; LG Heilbronn, IPRspr 1980 Nr.  65 b, 208 f.

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meinsamer ehelicher Beitrag wird widerlegbar vermutet (Art.  21 Abs.  3 FamKodex); ausreichend ist schon ein mittelbarer Beitrag zum Erwerb, insbesondere die Kindessorge oder die Haushaltsführung (Art.  21 Abs.  2 FamKodex). Gelingt es dem M nicht, die Vermutung zu widerlegen (Art.  21 Abs.  4 Nr.  1 Alt.  1 FamKodex), so muss die deutsche lex rei sitae die sich aus dem bulgarischen Güterrecht ergebenden Eigentumszuordnung hinnehmen. Sie steht mit der deutschen Sachenrechtsordnung in Einklang, so dass es trotz deutscher lex situs keiner weiteren dem deutschen Recht zu entnehmenden Übertragungsakte bedarf; die grundbuch­ rechtliche Eintragung ist bloße Berichtigung.524 Ergebnis: Das Grundbuch ist unrichtig. F hat darum gegen M einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung gem. §  894 BGB. Mit der Durchsetzung dieses Anspruchs wird sie als Miteigentümerin525 im Grundbuch eingetragen und so vor einer wirksamen Veräußerung des Grundstücks durch den Ehemann allein an einen gutgläubigen Dritten geschützt (§  892 BGB).

2. Vorrang des Einzelstatuts gem. Art.  46 Abs.  2 bulgIPRGB? Nach Art.  46 Abs.  2 bulgIPRGB kann das bulgarische Gericht in einem ihm vorliegenden Rechtstreit ausländische Normen berücksichtigen, sofern der Sachverhalt mit dem anderen Staat eng verbunden ist und seine Normen allgemein gültigen Charakter haben, für den dortigen Richter also zwingend sind. Fraglich ist, ob man den Anwendungsanspruch einer ausländischen lex rei sitae gerade wegen des Art.  46 Abs.  2 bulgIPRGB beachten muss.526 Die Vorschrift regelt nicht den Vorrang eines Einzelstatuts, wie das etwa Art.  3a Abs.  2 EGBGB i. d. F. von 2008527 tut. Sie soll dem bulgarischen Richter lediglich Spielraum gewähren, Eingriffsnormen eines fremden Staates zu beachten, die weder als lex fori noch als lex causae zur unmittelbaren Anwendung gelangen.528 Die Literatur geht davon aus, dass damit ausschließlich materiellrechtliche Normen zum Schutz des Rechtsverkehrs erfasst werden.529 Zu einem Vorrang des Rechts des Belegenheitsortes der Sache kann es dadurch mithin nicht kommen. Die gesetzgeberische Lösung entspricht letztlich dem Art.  21 EuGüVO. Die Vorschrift schreibt fest, dass sowohl bei der Güterrechtswahl wie bei der objektiv-güterrechtlichen Anknüpfung das gesamte Vermögen ungeachtet seiner Belegenheit einem Recht untersteht. Vorausschauend kann der bulgarische Gesetz­ geber dabei aber nicht gehandelt haben, weswegen er an diesem Punkt für Überraschung sorgt. Denn nach altem Recht sah nämlich Art.  133 Abs.  3 FamKodex 524 

Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR (2015), Rn.  7.859. Wie die genaue grundbuchrechtliche Eintragung lautet, siehe die Ausführungen unter 3.  Teil, §  2. C. VII. 1 a. 526  Die gleiche Frage wirft für das Schweizer IPR auf Bucher, in: Lausanner Kolloquium, S.  115, 119. 527  Art.  3a Abs.  2 EGBGB i. d. F. von 2008 gehört nun formell der Vergangenheit an; zu den Gründen hierfür Mankowski, NJW 2019, 465, 649. 528  Stancheva-Mincheva, Art.  46 bulgIPRGB, S.  96 f.; Natov, Art.  46 bulgIPRGB, S.  397 ff. 529  Vgl. Stancheva-Mincheva, Art.  46 bulgIPRGB, S.  96–98. 525 

§  2. Ehewirkungen

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a. F. (1985) vor, dass Geschäfte mit im Inland belegenen unbeweglichen Sachen bulgarischem Recht unterliegen. Die einseitige Kollisionsnorm war allseitig auszubauen.530 Die Regelung ist ersatzlos gestrichen. Dieser ehemalige Grundsatz lässt sich de lege lata wegen des klaren Wortlauts des Art.  46 Abs.  2 bulgIPRGB nicht durch Auslegung gewinnen.531 Das wiederum wird zu Spannungen führen, wenn Güter- und Belegenheitsrecht auseinanderfallen.532 VII. Das Verhältnis zwischen Güterstand und Grundbuch Publizitätskriterien schützen bei unbeweglichen Sachen den Rechtsverkehr. Der Inhalt des Grundbuchs soll die Eigentumszuordnung widerspiegeln.533 Im Folgenden ist der Frage nachzugehen, wie eine grundbuchrechtliche Eintragung in Deutschland und in Bulgarien vorzunehmen ist, wenn Güterstatut und lex rei sitae auseinanderfallen, und welche Rechtsfolgen eintreten, wenn Grundbuch und wirkliche Rechtslage nicht übereinstimmen. Im Ausgangspunkt gilt: Das Verfahren richtet sich nach dem Recht der lex fori.534 Das deutsche Grundbuch­ amt resp. den bulgarischen Grundbuchrichter treffen im Grundsatz keine weitergehenden Prüfungspflichten als in reinen Inlandssachverhalten.535 1. Bulgarischer Güterstand und deutsches Grundbuch a) Grundbuchrechtliche Eintragung Erwirbt ein Ehepaar unter bulgarischem Güterstatut Grundeigentum in Deutschland, so ist in der Auflassung das Gemeinschaftsverhältnis anzugeben und die Auflassung in grundbuchrechtlicher Form nachzuweisen (§§  20, 29 GBO). Da die Verfügungsbefugnis des einzelnen Berechtigten von der Art des Gemeinschaftsverhältnisses abhängt, eröffnet §  47 Abs.  1 GBO bei einem gemeinschaftlichen Erwerb der Eheleute zwei Möglichkeiten: Entweder sind die Anteile der Ehegatten in Bruchteilen anzugeben (Alt.  1) oder es ist das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis zu bezeichnen (Alt.  2). Unstreitig erfasst die 2. Alternative eheliche Gemeinschaftsverhältnisse nach ausländischem Recht.536 530 

Siehe Todorov, Pravootnoshenia, S.  125, 130 f., Tz.  49, 53; Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  326. 531  Wohl auch so Marinov, Veshtni pravootnoshenia s mezhdunaroden element, S.  327 f. 532  Vgl. Martiny, IPRax 2011, 437, 451, zu Art.  15 EuGüVO-Vorschlag. 533  Ähnlich Dzherov, in: Dzherov et al., Kadastar i imoten registar, S.  236, der davon spricht, dass die grundbuchrechtlichen Eintragungen „wahr“ sein müssen. 534  BayObLGZ 1986, 81, 83; OLG Karlsruhe, Rpfleger 1994, 248; Roth, IPRax 1991, 320 f.; Sieghörtner, in: Kuntze et al., GBR, Einl. U 349. 535  Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  168. 536  OLG Düsseldorf, FamRZ 2010, 1564; OLG München, NJW-RR 2009, 806, 808; Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  169.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Eine der Alternativen ist in der Auflassung zwingend anzugeben. Andernfalls besteht ein Vollzugshemmnis.537 Welche Alternative eingreift, hängt wiederum vom Güterstand ab, in welchem die Ehegatten unter bulgarischem Güterstatut den Grundbesitz erwerben. aa) Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht Bei einer Errungenschaftsgemeinschaft des bulgarischen Rechts genügt ein grundbuchrechtlicher Eintragungsantrag den Anforderungen des §  47 Abs.  1 Alt.  2 GBO, wenn er gleichlautend mit der Auflassung dahin lautet: „Die miteinander verheirateten Käufer erwerben im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht.“538 alternativ: „Die miteinander verheirateten Käufer erwerben zum gemeinschaftlichen Eigen­ tum im gesetzlichen Güterstand des bulgarischen Rechts (Errungenschaftsgemein­ schaft).“539 Die Formulierung erlaubt über die Regelungen der Artt.  21 bis 32 FamKodex eine zuverlässige Bestimmung des ehelichen Gemeinschaftsverhältnisses einschließlich daraus folgender Verwaltungs- und Verfügungsbeschränkungen. Nicht zulässig und der Zurückweisung verfallen wäre – bei gleichem Sachverhalt – ein Antrag auf Eintragung von Miteigentum zu Bruchteilen. Das Grundbuchamt wird deswegen jedwede Eintragung ablehnen, die der 1. Alt. des §  47 537 

Zimmermann, in: Beckʼsches Notar-Hdb, S.  1759, Rn.  115. So zur allgemeinen Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht OLG („in allgemeiner Gemeinschaft bzw. in Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht“) Düsseldorf, FamRZ 2000, 1574; OLG München, NJW-RR, 806, 807 ff.; OLG Schleswig, FGPrax 2010, 19 ff.; OLG Düsseldorf, FGPrax 2010, 5, 6 f.; Hausmann, in: Hausmann/Odersky, §  9, Rn.  169; und bereits Ferid, IntFamR Deutschland-Frankreich, S.  114, 137 (mit Verweis auf eine Entscheidung des KG v. 26.2.1925); a. A. Schotten/Schmellenkamp, IPR, S.  533. Zum Teil hält man jedoch auch die Bezeichnung „im gesetzlichen Güterstand des niederländischen Rechts“ für ausreichend; vgl. Süß, MittBayNot 2009, 44, 45; Döbereiner, MittBayNot 2001, 264, 266. Zur Errungenheitsgemeinschaft nach italienischem Recht siehe OLG Zweibrücken, NJW 2016, 1185 f.; LG Köln, MittRhNotK 1996, 372 („im gesetzlichen Güterstand der Gemeinschaft nach italienischem Recht“); zur Errungenschaftsgemeinschaft nach polnischem Recht OLG München, NJW 2016, 1186 ff.; zum türkischen gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung OLG Zweibrücken, FamRZ 2008, 1366. Siehe außerdem das Formulierungsbeispiel von Zimmermann, in: Beckʼsches Notar-Hdb, S.  1759, Rn.  117. Näher zum Ganzen Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  151–156, und Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  169–177, jew. m. w. N. 539  So nach dem Vorschlag von Süß, MittBayNot 2009, 44, 45. 538 

§  2. Ehewirkungen

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Abs.  1 GBO entsprochen hätte. Eine gleichwohl erfolgte Eintragung machte das Grundbuch unrichtig, weil nach bulgarischem Recht der Erwerbsgegenstand mit dem Erwerb eo ipso in das Vermögen der Errungenschaftsgemeinschaft fällt. Das Grundbuch würde mithin eine Verfügungsbefugnis verlautbaren, welche den Eheleuten nach ihrem maßgeblichen Güterrecht gar nicht zusteht (vgl. Art.  24 Abs.  3 FamKodex).540 Dem widerspricht nicht die Auslegungsfähigkeit des Eintragungsantrags als Grundbucherklärung (ferner z. B. der Eintragungsbewilligung und der Auflassung). Denn eine Auslegung gem. §§  133, 157 BGB scheidet bei eindeutigem Wortlaut der Erklärung aus.541 Und so liegen die Dinge hier. Anders ist das allerdings dann, wenn die Erwerber-Ehegatten dem Grundbuchamt gegenüber eine „Teil-Auseinandersetzung“ i. S. des Art.  27 Abs.  2 FamKodex nachweisen.542 Für diesen Fall können die Gatten ihre Eintragung als Miteigentümer zu Bruchteilen sehr wohl erreichen. Nach o.g. Vorschrift kann der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft bei Vorliegen eines wichtigen Grundes per Gerichtsurteil beendet werden, mit dessen Rechtskraft die Eheleute kraft Gesetzes Miteigentum zu gleichen Teilen erwerben.543 Umstritten ist nur, ob diese Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft in toto, d. h. hinsichtlich des gesamten Errungenschaftsvermögens zu erfolgen hat, oder auch partim möglich ist, also bloß punktuell, bezogen auf einzelne Gegenstände aus dem Errungenschaftsgut, weiters, ob die Beendigung lediglich das zur Zeit der Rechtskraft des Urteils bestehende Errungenschaftsvermögen erfasst oder künftiges Vermögen erschließen kann.544 Indes besteht für das Grundbuchamt keine Pflicht zur Ermittlung, ob der Eintragungsantrag kollisionsrechtlich in das bulgarische Recht und damit vorlie540  So OLG Schleswig-Holstein FamRZ 2010, 377 ff. für den gesetzlichen Güterstand der allgemeinen Gemeinschaft nach niederländischem Recht. 541  Schöner/Stöber, GBR, Rn.  172 m. w. N. 542  Siehe OLG München, NJW 2016, 1186 ff.; Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  176. 543  Tasev, Delba na sasobstvenost, S.  153; ausf. Petkova, Sobstvenost i pravo 2018, №  5, 42 ff., die sogar Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu §  1385 BGB und §  1369 BGB herausarbeitet (dort S.  47–49). 544  Das Plenum des Obersten Gerichts hat sich mit Beschluss №  5 v. 31.10.1972, Sadebna praktika, S.  167–174, Ziff. VII, S.  173, Ziff.  7, der Meinung angeschlossen, die eine Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft während der Ehe annimmt – sowohl in Bezug auf sämtliche vorhandene Gegenstände des Errungenschaftsvermögens wie nur teilweise bezüglich einzelner davon. Die Entscheidung darüber, ob die Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft das gesamte Errungenschaftsvermögen erfasst oder nur Teile davon, trifft das Gericht selbst anhand der Bedeutung, der „Wichtigkeit“ also, der geltend gemachten Beendigungsgründe (vgl. Plenum des Obersten Gericht, ibd., Ziff.  7). Siehe zum Streitstand Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  210 f.; Tasev, Delba na sasobstvenost, S.  153 f. m. w. N.; Petkova, Sobstvenost i pravo 2018, №  5, 42, 50–53.

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gend in das bulgarische Güterrecht führt und nach diesem Recht seine Richtigkeit hat.545 Nur wenn Sicherheit besteht, das Grundbuchamt werde auf der Grundlage des maßgeblichen (hier: bulgarischen) Güterrechts der Erwerber durch die beantragte Eintragung unrichtig, ist diese – vorläufig – zurückzuweisen. Allerdings unterliegt das Grundbuchverfahren nicht dem Grundsatz der Amtsaufklärung; §  26 FamFG ist grundsätzlich nicht anwendbar. Die Beteiligten müssen m. a. W. die zur gewünschten Grundbucheintragung maßgeblichen Umstände darlegen und ggf. nachweisen.546 Daraus folgt: Das Grundbuchamt berücksichtigt die Wandelbarkeit des Güterrechtsstatuts nur dann, wenn Tatsachen eindeutig einen Statutenwechsel ergeben, wie etwa entsprechende Vertragsklausel in der vorgelegten Auflassung. Erscheint ein Wechsel des Güterstatuts nur möglich, haben etwa beide Ehegatten derzeit gemeinsam die deutsche Staatsangehörigkeit oder ist gegenwärtig die Ehefrau Bulgarin, der Ehemann Deutscher, so rechtfertigt dies nicht eine Ablehnung der beantragten Eintragung „im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemein­ schaft nach bulgarischem Recht“. Das Grundbuch muss vielmehr auf Tatsachengrundlage zu der sicheren Überzeugung gelangen, das Grundbuch würde durch die beantragte Eintragung der bulgarischen Errungenschaftsgemeinschaft unrichtig werden.547 Die grundbuchrechtliche Eintragung des güterrechtlichen Rechtsverhältnisses i. S. des §  47 GBO könnte folglich lauten: „im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht.“; alternativ: „zum gemeinschaftlichen Eigentum im gesetzlichen Güterstand des bulgarischen Rechts (Errungenschaftsgemeinschaft)“.548 545  OLG Oldenburg, IPRspr 91 Nr.  81; BayObLG, Rpfleger 1992, 341; OLG Karlsruhe, Rpfleger 1994, 248; OLG-Hamm, NJW-RR 1996, 530; OLG Düsseldorf, Rpfleger 2000, 107; BayObLG, Rpfleger 2001, 173; OLG München, FamRZ 2009, 1582 f.; Riering, MittBayNot 2001, 222, 223; s. a. Wolfsteiner, DNotZ 1987, 67 ff.; Demharter, §  47 GBO, Rn.  5. 546  OLG Zweibrücken, NJW 2016, 1185, 1186. 547  Vgl. BayObLGZ 1986, 81, 83; OLG Düsseldorf, FamRZ 2010, 1564, 1565; Riering, MittBayNot 2001, 222, 223. 548  Die Fassung des Grundbuchvermerks ist Aufgabe des Grundbuchamtes (BayObLG, DNotZ 1996, 24, 26). Es bestimmt nach eigenem Ermessen, was in den Vermerk selbst aufzunehmen und was durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung zu bringen ist (BGH, NJW 1967, 925 = DNotZ 1967, 753 = Rpfleger 1967, 111 m. Anm. Haegele). Eine Bestimmung über die Formulierung der Eintragung kann ein Beteiligter deswegen nicht verbindlich für das Grundbuchamt treffen. Indessen schließt dies nicht aus, dass das Grundbuchamt sich der von den Beteiligten vorgeschlagenen Fassung bedient, wenn sie ihm sachlich und zweckmäßig erscheint; vgl. Schöner/Stöber, GBR, Rn.  223 m. w. N.; a. A. OLG Düsseldorf; Rpfleger 1963, 287; OLG Schleswig, Rpfleger 1964, 82 (das Grundbuchamt habe der vom Antragsteller vorgeschlagenen Fassung der Eintragung zu entsprechen, falls diese weder ungesetzlich sei noch die Übersichtlichkeit des Grundbuchs gefährde).

§  2. Ehewirkungen

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bb) Exkurs: Der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht Bei der Errungenschaftsgemeinschaft des bulgarischen Rechts stellt das voreheliche Vermögen jedes Ehegatten sein persönliches Vermögen dar (sog. Eigengut oder Einhandsvermögen). Was ein Ehepartner während der Ehe durch Schenkung549 oder durch Erbschaft erhält, das fällt ebenfalls seinem Alleinvermögen zu. Dieses erfasst außerdem Gegenstände, die ausschließlich mit Mitteln des Eigenguts erworben werden oder deren Erwerb anstelle des Eigenguts tritt (sog. Transformation). Es geht folglich – in deutscher Terminologie – um eine dingliche Surrogation (pretium succedit in loco rei, res succedit in loco pretii). Beweispflichtig dafür ist, wer sich auf Transformation beruft.550 Je nachdem, ob der Erwerb zum Teil oder zur Gänze mit Mitteln des Eigenguts erfolgt, wird der Erwerbsgegenstand entweder teilweise oder insgesamt in Alleinvermögen des Eigentümer-Ehegatten transformiert. Bei nur partieller Transformation fällt der nicht transformierte Teil dem Errungenschaftsgut zu.551 Nach Art.  23 Abs.  2 FamKodex zählt der Erwerbsgegenstand jedoch dann zum Errungenschafts­vermögen, wenn der transformierte Eigengut-Teil im Vergleich zum restlichen Gesamtgut-Teil unwesentlich ist.552 Weitere Tatbestände, welche die Zuordnung zum Eigengut betreffen, sind in den Absätzen 2 und 3 des Art.  22 FamKodex vorgesehen. Schließlich zählen Urheber-, Marken- und Patentrechte sowie Gesellschaftsanteile an einer juristischen Person zum Eigengut.553 Was die Eheleute im Laufe der Ehe durch gemeinsame Tätigkeit i. w. S.554 erwerben, fällt in ihr – in bulgarischer Terminologie – Miteigentum und wird zur Errungenschaft, Art.  21 Abs.  1 und 2 FamKodex (sog. Gesamtgut oder Errungenschaftsvermögen).555 Die eheliche Errungenschaftsgemeinschaft ist auf Sachenrechte verengt.556 549  Bei Schenkung an beide Ehegatten gemeinsam ist die Art des Miteigentums umstritten; für Errungenschaftsvermögen: Markov, Semeyno i nasledstveno pravo, S.  48; für Miteigentum nach Bruchteilen: Venedikov, SIO, S.  18 f. 550  Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  355 v. 9.1.2012 i. d. Rs. №  430/2011 – ciela; ­Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  96. 551  Venedikov, SIO, S.  5; ders., Dogovori, S.  20. 552  Ausführlich zum Ganzen Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  94 ff. m. w. N.; Venedikov, SIO, S.  17 ff. 553  Markov, Semeyno i nasledstveno pravo, S.  52. 554  Dazu Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  72 ff. mit Rechtsprechungsnachweisen; Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  170 ff. 555  Das bulgarische Recht kennt zwei Arten gemeinschaftlichen Eigentums: das einfache Miteigentum i. S. des Art.  30 bulgEigentumG und das Miteigentum in der Errungenschaftsgemeinschaft. In beiden Fällen spricht man von „Miteigentum“, im zweiten Fall vom „Miteigentum des einen Ehegatten“; vgl. nur Venedikov, Sasobstvenost, S.  1. Das einfache Miteigentum entspricht dem deutschen Miteigentum nach Bruchteilen. 556  Malchev, Sobstvenost i pravo 2017, №  2, 43, 48; Jessel-Holst, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  28.

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Ob eine Sache bzw. ein dingliches Recht während der Ehe zum Gesamtgut erworben wird, kommt es auf den Erwerbsakt an. Die Erforderlichkeit eines gemeinsamen Beitrags i. S. des Art.  21 Abs.  2 FamKodex, der nach Art.  21 Abs.  3 leg.cit. bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird, wirkt sich erst bei der Widerlegung dieser Vermutung aus.557 Der Rechtsgrund des Erwerbs ist ebenso wenig bedeutsam558 wie der Umstand, ob die Ehegatten gemeinsam nach außen hin handeln oder nur der eine von ihnen, ob beide im notariellen Vertrag als Erwerber erscheinen oder nur der eine.559 Auf die Kenntnis des Vertragspartners von der Ehe kommt es nicht an. Der Erwerb der Sache zum Errungenschaftsgut tritt kraft Gesetzes ein und bleibt daher selbst von einem anderslautenden Willen der Vertragsschließenden unberührt.560 Infolgedessen sind bei der Errungenschaftsgemeinschaft drei Vermögens­ massen zu unterscheiden: –  das Eigengut des Mannes, –  das Eigengut der Frau und –  das gemeinsame Gut (die Erkoberung, die Errungenschaft). Kennzeichnend für das in der ehelichen Errungenschaftsgemeinschaft gebundene Miteigentum der Eheleute ist dessen Anteilslosigkeit.561 Das Gesamtgut steht 557 

Näher Markov, Sobstvenost i pravo 2008, №  5, 34, 38 f. Statthaft ist die negative Feststellungsklage. Streitgegenstand ist ein insgesamt fehlender Beitrag des Antragsgegners/Beklagten; vgl. Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  73 ff. m. Rechtsprechungsnachweisen. Eine Trennung der Ehegatten führt nicht a priori zum Ausschluss eines gemeinsamen Beitrags. 558  Eingehend Georgiev, Sobstvenost i pravo 2007, №  12, 35 ff.; Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  69 ff. m. w. N. Zur Entstehung vom Gesamtgut bei Teilung eines Nachlasses Stavru, Sobstvenost i pravo 2008, №  11, 37–44 = Veshtno pravo, S.  729–736. 559  Vgl. Markov, Semeyno i nasledstveno pravo (2014), S.  44; Topuzov, Sobstvenost I pravo 2013, №  4, 39. Ist aber nur der eine Ehepartner als Erwerber im notariellen Kaufvertrag aufgeführt, so scheidet eine Transformation zugunsten des anderen Gatten aus (Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  129 v. 4.5.2011 i. d. Rs. №  89/2010; Bezirksgericht Burgas, Urt. №  1177 v. 27.11.2015 i. d. Rs. №  1515/2015; jew. zit. nach ciela). 560  Venedikov, SIO, S.  42 f. 561  Irreführend sind deshalb die Ausführungen von Ivanova, in: Süß, ErbR in Europa, Länderbericht Bulgarien, Rn.  29: „Die Anteile an dem gemeinsamen Vermögen sind kraft Gesetzes einer besonderen Form der Inhaberschaft zugeordnet […]“ (Hervorhebungen hinzugefügt). Anteile am Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft haben die Ehegatten kraft Gesetzes nie. (Ideelle) Anteile – grundsätzlich in gleicher Höhe (Art.  28 FamKodex), außer die Voraussetzungen der Anteilserhöhung nach Art.  29 Abs.  1 oder 3 FamKodex liegen vor oder ehevertraglich ist etwas anderes vereinbart – erlangen sie überhaupt nur in zwei Konstellationen – entweder kraft Gesetzes, aber nicht am Gesamtgut, oder zwar „an dem gemeinsamen Vermö-

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im Eigentum beider Gatten, ohne dass es zu einer ideellen Teilung des Eigentums oder einzelner Rechte kommt.562 Eine ideelle Teilung des gebundenen Eigentums tritt erst mit Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft ein, in der Regel also mit Rechtskraft des Scheidungsurteils (Art.  27 Abs.  1 FamKodex).563 Nunmehr sind die (einst miteinander verheirateten) Ehegatten Miteigentümer nach Bruchteilen. Das Bruchteilseigentum fällt ihnen kraft Gesetzes zu gleichen Teilen zu (Art.  28 FamKodex), außer die Eheleute vereinbaren etwas anderes. Dafür ist entweder ein Ehevertrag, eine Scheidungsvereinbarung i. S. des Art.  49 Abs.  4 bzw. Art.  51 FamKodex oder ein Teilungsvertrag notwendig.564 Deshalb kommt die sachenrechtliche Beteiligung der Eheleute am Gesamtgut einer Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht der gesamthänderischen Bindung der Ehegatten in der deutschen (fortgesetzten) Gütergemeinschaft nahe565; 566 gen“ (also am Gesamtgut), jedoch nicht kraft Gesetzes: erstens mit der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft, also am ehemals gemeinsamen Vermögen (sog. communio incidens), und zweitens – während der Ehe – in den Fällen des Art.  27 Abs.  2 und 3 FamKodex, d. h. bei vorzeitiger Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft durch Gerichtsentscheid aus wichtigem Grund (Abs.  2) oder durch Wahl der Gütertrennung (Abs.  3 Alt.  1) oder des Vertragsgüterstands (Abs.  3 Alt.  2); wie hier wohl auch Tasev, Delba na sasobstvenost, S.  151–153. Entscheiden sich die Eheleute für den vertraglichen Wahlgüterstand, so können sie nach Art.  38 Abs.  1 Nr.  1 und/oder Nr.  2 FamKodex eine anteilsmäßige Beteiligung am vorhandenen wie künftigen Vermögen im Ehevertrag frei bestimmen. Dann gäbe es in Tat und Wahrheit „Anteile an dem gemeinsamen Vermögen“. Doch handelt es sich bei diesem „gemeinsamen Vermögen“ um (sog. einfaches) Miteigentum nach Bruchteilen i. S. des Art.  30 bulgEigentumG, folglich um Miteigentumsanteile, und nicht um eine „besondere Form der Inhaberschaft“, die gar kraft Gesetzes soll entstehen können; wie hier richtig Topuzov, Nishtozhnost, S.  39. 562  Allg.M.; vgl. Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  69; Stavru, Sasobstvenost, S.  19 f.; Tasev, Delba na sasobstvenost, S.  150 f.; Venedikov, SIO, S.  2; ders., Novo veshtno pravo, S.  114 f.; ders., Sasobstvenost, S.  1 f.; ders., Dogovori, S.  19; Markov, Semeyno i nasledstveno pravo, S.  40; Boyanova, Sobstvenost i pravo 2013, №  5, 35; dies., Pravo na izkupuvane, S.  165 („besonderes anteilsloses Miteigentum“); Zhelev, Targovsko pravo 2014, №  3, 27, 39 f. 563  Tasev, Delba na sasobstvenost, S.  153; Dobrev, Sobstvenost i pravo 2019, №  6, 65, 66. 564  Markov, Semeyno i nasledstveno pravo (2014), S.  47 f. 565  Siehe Venedikov, Novo veshtno pravo, S.  114 f., mit dem Hinweis, dass die bulgarische Errungenschaftsgemeinschaft ursprünglich, d. h. beim Erlass des FamKodex i. d. F. von 1968, auf die deutsche Gütergemeinschaft „ausgerichtet“ war; Stavru, Veshtno pravo, S.  699, spricht von einer „besonderen gemeinsamen Trägerschaft“ der Ehegatten und von „ehelichem Mit­ eigentum“ (ders., Sasobstvenost, S.  342). Zum Vergleich zwischen dem bulgarischen (einfachen) Miteigentum und dem deutschen Miteigentum nach Bruchteilen aufs. Stoyanov, Sobstvenost i pravo 2018, №  10, 48 ff. 566  Zur schweizerischen allgemeinen Gütergemeinschaft nach Art.  222 i. V. m. Art.  652 schweizZGB siehe Näf-Hofmann, Schweizerisches Ehe- und Erbrecht, Rn.  477. Zu beachten ist, dass mit der Bezeichnung „Errungenschaftsgemeinschaft“ oder „Gütergemeinschaft“ in ausländischen Rechtsordnungen nicht immer eine Gesamthandsgemeinschaft nach deutschem Rechtsverständnis verbunden ist. Das trifft z. B. zu auf die österreichische Gütergemeinschaft

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cc) Vertragsgüterstand nach bulgarischem Recht Haben die Eheleute unter bulgarischem Güterstatut den gesetzlichen Güterstand abgewählt und ihre güterrechtlichen Beziehungen ehevertraglich geregelt, worin sie nach bulgarischem Recht nahezu völlig frei sind, kann die Eintragung in das deutsche Grundbuch Schwierigkeiten bereiten. Einen Antrag – entsprechend der Auflassung – auf Eintragung beider Ehe­ gatten „im vertraglichen Güterstand nach bulgarischem Recht“ hat das Grundbuchamt abzulehnen. Denn daraus ist ein eheliches Gemeinschaftsverhältnis nach Maßgabe des Art.  47 Abs.  1 Alt.  2 GBO nicht kenntlich. Auch der einschlägige Art.  38 FamKodex bestätigt nur die Vertragsfreiheit, ohne doch zulässige Vereinbarungen zu typisieren oder aufzuführen. Deshalb können die Ehegatten als „im vertraglichen Güterstand nach bulgarischem Recht“ lebend nicht eingetragen werden. Zur Anwendung steht deswegen nur die 1. Alternative des §  47 Abs.  1 GBO: Gemeinschaftliches Eigentum können die Eheleute nur als Bruchteilseigentum nach deutschem Recht als der lex rei sitae erwerben.567 Wollen sie mit ihrem Eintragungsantrag Erfolg haben, so müssen sie sich über die genauen Eigentumsverhältnisse, z. B. Miteigentum von 1/3 (Ehemann) zu 2/3 (Ehefrau), einig werden; in die Auflassung und den grundbuchrechtlichen Eintragungsantrag sind dann diese Bruchteils-Eigentumsverhältnisse aufzunehmen. Die Eintragung des Rechtsverhältnisses gem. §  47 GBO lautet etwa: „als Miteigentümer zu je 1/2“. Haben allerdings die Gatten mittels der Verweisungsklausel des Art.  38 Abs.  1 Nr.  2 i. V. m. Abs.  2 FamKodex vereinbart, dass ihre güterrechtlichen Beziehungen sich nach den Vorschriften über den gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft richten sollen, so genügt es, wenn der Eintragungsantrag lautet: „Die miteinander verheirateten Käufer erwerben gemeinschaftlich im vertrag­ lichen Güterstand des bulgarischen Rechts nach Maßgabe der Errungenschaftsgemeinschaft dieses Rechts.“ Denn dann lässt sich der Inhalt des Vertragsgüterstands wieder den gesetzlichen Bestimmungen über die Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht zuverlässig entnehmen. oder die Errungenschaftsbeteiligung nach Artt.  196 ff. des Schweizer ZGB (vgl. Schöner/­ Stöber, GBR, Rn.  3422 [Fn.  52]) oder der Gütergemeinschaft in Dänemark, Schweden und Norwegen (siehe Sieghörtner, in: Kuntze et al., GBR, Einl. U 226 a. E.); strittig ist dagegen die Einordnung der niederländischen Gütergemeinschaft; hierzu Schöner/Stöber, a. a. O., m. w. N. 567  Vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ 2008, 1366; Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  152.

§  2. Ehewirkungen

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Das Rechtsverhältnis i. S. des §  47 GBO lautete dann im Grundbuch: „im vertraglichen Güterstand des bulgarischen Rechts nach Maßgabe der Errungenschaftsgemeinschaft dieses Rechts“. b) Rechtsfolgen der Eintragung eines bulgarischen Güterstands in das deutsche Grundbuch Die Eintragung eines ausländischen Güterstands in das deutsche Grundbuch bewirkt die Geltung der gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen dieses fremden, hier bulgarischen Rechts, in casu: Art.  24 und Art.  26 FamKodex. Ab diesem Zeitpunkt sind Dritte nicht mehr schutzwürdig; Art.  16 Abs.  1 EGBGB bzw. Art.  13 Rom  I-VO kommt nicht zum Tragen.568 Geht es dagegen um konkret vereinbarte Verfügungsbeschränkungen aus dem vertraglichen Wahlgüterstand nach Art.  38 Abs.  1 Nr.  3 FamKodex, so gilt das Vorstehende nur, soweit diese Beschränkungen für einen Dritten ersichtlich sind. Aus dem Grundbuch sind sie es nicht, ebenso wenig aus dem Gesetz (Fam­ Kodex). Aus dem Ehevertrag solange nicht, bis der Dritte seinen Inhalt nicht anderweit erfährt. Deshalb können vertragliche Verfügungsbeschränkungen einem Dritten erst bei positiver Kenntnis davon entgegengehalten werden (Art.  16 Abs.  1 EGBGB analog bzw. Art.  13 Rom  I-VO analog). c) Exkurs: Verfügungsbeschränkungen in den bulgarischen Güterständen Im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft kann jeder Ehegatte allein das Gesamtgut verwalten.569 Darüber verfügen können die Eheleute dagegen nur gemeinsam, andernfalls ist die Verfügung anfechtbar. Soweit ihr 568 

Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  158, 163 ff. Die bulgarische Lehre betrachtet den verwaltenden Ehegatten als „besonderen gesetz­ lichen Vertreter“ (особен законен представител/osoben zakonen predstavitel) seines nicht handelnden Ehepartners mit der Rechtsfolge dessen (Mit-)Berechtigung und (Mit-)Verpflichtung; vgl. Markov, Semeyno i nasledstveno pravo, S.  58; Mateeva, Semeyno pravo, S.  134; Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  76; Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  298 f. Sachen, die ein Ehegatte zur Erhaltung des Gesamtguts anschafft, fallen diesem zu. Um seiner Mithaftung zu entgehen, muss der nicht verwaltende Ehegatte vor Abschluss des Rechtsgeschäfts (str., aber h. M.) den kontrahierenden Dritten über seine fehlende Einwilligung in Kenntnis setzen (zum Streitstand siehe Venedikov, SIO, S.  39–40, 62 m. w. N.; Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  325). Die Geltendmachung eines Rechts gehört zur Verwaltung des Gesamtguts; jeder Ehegatte ist klagebefugt, die Klage ist jedoch auf Leistung an beide Ehegatten zu richten (vgl. Bezirksgericht Pazardzhik, Urt. №  542 v. 24.11.2011 i. d. Rs. №  896/2011 – abrufbar unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019): „Was die Rechte der Ehegatten an dem Gegenstand des Gesamtguts anbelangt, so sind diese gleich (Art.  21 Abs.  1 und Art.  27 FamKodex i. d. F. von 1985 [aufgehoben]), so dass die Forderung an beide Ehegatten 569 

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Gegenstand eine gemeinschaftliche Immobilie ist, kann der übergangene Ehegatte binnen sechs Monaten ab Kenntnis über die Verfügung sein Anfechtungsrecht ausüben, spätestens aber bis Ablauf von drei Jahren seit der Verfügung (Art.  24 Abs.  4 S.  2 FamKodex). Sonst tritt Heilung ein.570 Bei entgeltlicher Veräußerung einer beweglichen Sache erwirbt der hinsichtlich der fehlenden Ein­ willigung des anderen Ehegatten gutgläubige Erwerber gem. Art.  24 Abs.  5 S.  1 FamKodex wirksam Eigentum vom Nichtberechtigten.571 Bei Unentgeltlichkeit ist er nicht schutzwürdig. Der übergangene Ehegatte kann deshalb von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch machen und die Herausgabe der Sache verlangen. Gleiches gilt, wenn die Veräußerung der notariellen Form bedarf (Art.  24 Abs.  5 S.  2 FamKodex). Das Eigengut unterliegt der alleinigen und ausschließlichen Dispositions­ befugnis dem jeweiligen Eigentümer-Ehegatten (Art.  25 FamKodex).572 Bei einer Verfügung über die Familienwohnung bedarf es jedoch der Einwilligung des Nicht­eigentümer-Ehegatten.573 Voraussetzung ist, dass eine weitere Wohnung gemeinsam geschuldet ist, und nicht zu „gleichen Teilen“, wie das Rayongericht dies angenommen hat.“; Bezirksgericht Shumen, Urt. №  12 v. 11.1.2013 i. d. Rs. №  422/2012 – abrufbar unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019); Rayongericht Varna, Urt. №  551 v. 15.2.2013 i. d. Rs. №  12490/2009 – abrufbar unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019). A. A. Oberster Kassationsgerichts­ hof, Beschl. №  256 v. 4.4.2013 i. d. Rs. №  1509/2013 – ciela (der nicht verwaltende Ehegatte werde nicht Partei des Rechtsgeschäfts). Ausf. zum Ganzen Zhelev, Targovsko pravo 2014, №  3, 27–45 m. w. N. 570  Rayongericht Burgas, Urt. №  901 v. 26.7.2017 i. d. Rs. №  5255/2015; Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  77 a. E. 571  Vgl. Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  414 v. 26.5.2010 i. d. Rs. №  1083/2009 (zit. nach Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  78 (Fn.  27); eingehend hiezu Stavru, Sobstvenost i pravo 2017, №  1, 43, ff. 572  Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  100. 573  Ob eine Heilung des Rechtsgeschäfts durch nachträgliche Zustimmung des Nichteigentümer-Ehegatten möglich ist, wird nicht einheitlich beantwortet; (dafür, weil nur schwebende Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts) Gemeinsamer Senat des Zivil- und Handelskollegiums, Auslegungsurteil №  5/2013; Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  644 v. 10.7.2000 i. d. Rs. №  38/2000; Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  385 v. 24.10.2012 i. d. Rs. №  968/2011 = Sobstvenost i pravo 2017, №  1, 54 ff.; Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex, S.  103 m. w. N.; Markov, Sobstvenost i pravo 2010, №  2, S.  44, 51 f; Dimitrov, Nishtozhnost, S.  167; (dagegen, wegen Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gem. Art.  26 Abs.  2 bulgGSV) Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  378 v. 23.4.2002 i. d. Rs. №  925/2001; Urt. №  105 v. 15.5.2000 i. d. Rs. №  1159/1999; Marinova, Sobstvenost i pravo 2012, №  3, 38, 43 f.; Nenova, Semeyno pravo (1994), S.  197 f. Für eine Nichtigkeit nach Abs.  1 des Art.  26 bulgGSV hat sich dagegen der Oberste Kassationsgerichtshof ausgesprochen in den Urteilten №  1288 v. 29.12.­2008 i. d. Rs. №  4660/2007 und №  324 v. 19.2.1999 i. d. Rs. №  7/1998. Alle Entscheide jew. zit. nach

§  2. Ehewirkungen

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nicht existiert, sei es als Gesamtgut, sei es als Eigengut eines der Ehegatten (Art.  26 S.  1 FamKodex). Die fehlende Einwilligung ist durch Genehmigung des Rayongerichts ersetzbar. Die stattgebende Entscheidung zur Genehmigung der beabsichtigten Verfügung über die Familienwohnung ist nicht anfechtbar.574 Für den gesetzlichen Güterstand der Gütertrennung verweist Art.  34 FamKodex auf Art.  26 FamKodex; andere Verfügungsbeschränkungen sind hier nicht vorge­ sehen. d) Widerspruch zwischen deutschem Grundbuch und bulgarischem Güterrecht Das Grundbuchamt prüft den Eintragungsantrag nicht auf seine Richtigkeit. Gerade bei Berührung mit ausländischen Güterständen kann es daher zu unrichtigen Eintragungen kommen, also solchen, die mit dem materiellen Recht nicht in Einklang stehen. Der Inhalt des Grundbuchs und die wirkliche Rechtslage fallen dann auseinander. Drei Konstellationen sind denkbar:575 aa) Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht; das Grundbuch weist aber in Entsprechung zur Auflassung nur einen der Ehegatten als Eigentümer aus. Damit ist das Grundbuch unrichtig. Der sachenrechtliche Eigentumserwerb nach der lex rei sitae (§§  873, 925 BGB) muss sich letztendlich dem ausländischen (bulgarischen) Güterstatut und der ihm unterworfenen vermögensrechtlichen Zuordnung in der Ehe (Artt.  21 bis 23 FamKodex) beugen. In der bulgarischen Errungenschaftsgemeinschaft fällt der Erwerbsgegenstand mit dem Erwerb eo ipso in das Errungenschaftsvermögen. Eine Grundbuchberichtigung gem. §  22 GBO setzt den Nachweis in der Form des §  29 GBO voraus, dass Güterstatut das genannte fremde Recht ist;576 denn die Einigung ist wirksam.577 Wenn das Grundbuchamt im Eintragungszeitpunkt aber keine sichere Kenntnis davon hatte, dass das maßgebliche ausländische ­Güterrecht den Grundstückserwerb beiden Ehegatten zum gemeinschaftlichen

ciela. Hinsichtlich der Nichtigkeit nach Art.  26 Abs.  1 bulgGSV eingehend Dimitrov, ibd., insbes. S.  54–109, 163–170 und 240–285; zur Abgrenzung zwischen Abs.  1 und Abs.  2 des Art.  26 bulgGSV ausf. Ruschev, Targovsko pravo 2018, №  4, 5–12. 574  Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  157 v. 8.6.2012 i. d. Rs. №  42/2011 – ciela. 575  Eingehend Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  159–162. 576  Vgl. Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  160; Schöner/Stöber, GBR, Rn.  772 i. V. m. 761. Zur Form des Berichtigungsantrags siehe Schöner/Stöber, a. a. O., Rn.  3418. 577  Schöner/Stöber, GBR, Rn.  3417.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Eigentum zuweist, unterbleibt ein Amtswiderspruch nach §  53 GBO.578 Ein Widerspruch kann gem. §  899 BGB eingetragen werden.579 Anders ausgedrückt: Die Eintragung des einen Ehegatten als Alleineigen­ tümer eines Grundstücks lehnt das Grundbuchamt in dieser Konstellation nur dann ab, wenn es die Gewissheit hat, dass nach dem einschlägigen Güterstand der bulgarischen Errungenschaftsgemeinschaft das Grundstück gemeinschaft­ liches Eigentum beider Ehegatten wird. Ansonst würde das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig werden. Eine Pflicht zu Nachforschungen trifft das Grundbuchamt indes nicht,580 wie bereits dargestellt. (1) Schutz des Rechtsverkehrs bei Eintragung nur des einen Ehegatten im Grundbuch Der Schutz des Rechtsverkehrs richtet sich nach §§  891, 892 Abs.  1 S.  1 BGB. Der allein eingetragene Ehepartner gilt demnach als alleiniger Eigentümer. Der gute Glaube eines Erwerbers an das Alleineigentum des verfügenden Ehegatten wird selbst dann geschützt, wenn die Errungenschaftsgemeinschaft im deutschen Güterrechtsregister (§  1412 BGB) eingetragen581 ist.582 Die Kenntnis, dass eine ausländische, bulgarische Errungenschaftsgemeinschaft auf Seiten der Verfügenden besteht, genügt nämlich nicht, weil es sich beim Grundbesitz auch um einen Eigengutsgegenstand handeln könnte.583 Ein Irrtum des gutgläubigen Erwerbers über das berufene Güterrecht oder seine Unkenntnis über das Vorhandensein eines Ehevertrags sind unbeachtlich. Gleiches gilt, wenn der Erwerber den Verkäufer für ledig hält.584 578 

Siehe OLG Hamm, NJW-RR 1996, 530 f.; Schöner/Stöber, GBR, Rn.  3418. Sieghörtner, in: Kuntze et al., GBR, Einl. U 230. 580  Hüßtege/Ganz, IPR, S.  143. 581  Ausländische Güterstände sind in das deutsche Güterrechtsregister eintragungsfähig – sowohl gesetzliche wie vertragsmäßige, ferner die Rechtswahl gem. Art.  15 Abs.  2 EGBGB. Das Gleiche gilt bei einem Statutenwechsel, d. h. bei Übergang von einem ausländischen Güterstand zu einem nach deutschem Recht; s. MüKo BGB/Kanzleiter (2013), Vor §  1558 BGB, Rn.  13–14; Langenfeld/Milzer, Hdb-Eheverträge, Rn.  484–487 und 200; Krafka/Kühn, Registerrecht, Rn.  329. Das Gericht prüft nicht, ob die abgegebenen Erklärungen wahr sind (z. B. ob die Ehegatten tatsächlich in einem ausländischen Güterstand leben). Der Rechtsgrund der Eintragung ist anzugeben; vgl. Krafka/Kühn, a. a. O., Rn.  2326 bzw. 2331. Eintragungen von ausländischen Güterständen oder einer Rechtswahl in das deutsche Güterrechtsregister werden allerdings nur höchst selten vorgenommen; vgl. Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  218; MüKo BGB/Kanzleiter, ibd., Rn.  3. 582  Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR (2015), Rn.  7.879; MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  98; jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  16 EGBGB, Rn.  22 f. 583  Siehe Süß, Rpfleger 2003, 53, 63. 584  Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR (2015), Rn.  7.879. 579 

§  2. Ehewirkungen

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(2) Schutz des Rechtsverkehrs bei Verfügungen über ein ErrungenschaftsGrundstück Der Schutz des guten Glaubens an das Alleineigentum des verfügenden Ehe­ gatten nach sachenrechtlichem Maßstab reicht für einen gutgläubigen rechtswirksamen Erwerb dann nicht aus, wenn der Ehegatte nach dem maßgebenden Güterrecht nicht (allein-)verfügungsberechtigt ist.585 Vorliegend geht es also um die Verfügungsbeschränkungen gem. Art.  24 Abs.  3 i. V. m. Abs.  4 FamKodex. Danach verfügen Eheleute gemeinsam über unbewegliches Vermögen der Errungenschaftsgemeinschaft. Den Schutz des Rechtsverkehrs übernimmt in diesem Fall das Güterrechtsregister gem. §  1412 BGB i. V. m. Art.  16 Abs.  1 EGBGB.586 §  1558 BGB erfasst ferner Eintragungen eines ausländischen Güterstands in das Güterrechtsregister.587 Liegen die Voraussetzungen für den Schutz des guten Glaubens nach Art.  16 Abs.  1 EGBGB vor, so können Ehegatten unter dem bulgarischen Güterstatut und dort der Errungenschaftsgemeinschaft nicht einem gutgläubigen Dritten die Verfügungsbeschränkung des Art.  24 Abs.  3 i. V. m. Abs.  4 FamKodex entgegenhalten (§  1412 Abs.  1 BGB). (3) Besonderheiten Ein Rückgriff auf die Gutglaubensvorschriften (§§  891, 892 BGB und Art.  16 EGBGB i. d. F. von 1986) ist entbehrlich, wo Mechanismen des anwendbaren ausländischen Eherechts selbst zum Schutze des Rechtsverkehrs vorgesehen und eingehalten sind.588 Ist Güterstatut bulgarisches Recht und leben die Eheleute im Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft, so ist solcher Schutz in Art.  24 Abs.  4 S.  2 FamKodex geregelt. Hiernach erwirbt der Dritte trotz nur einseitiger Verfügung des einen Ehegatten ohne Zustimmung des anderen wirksam das Eigentum an der unbeweglichen Sache, wenn seit der Verfügung bei Kenntnis des anderen Ehepartners sechs Monate, ohne solche Kenntnis drei Jahre vergangen sind. Die bloße Anfechtbarkeit des getätigten Geschäfts gem. Art.  24 Abs.  4 S.  1 FamKodex, die als Folge mangelnder Zustimmung des anderen Ehepartners entsteht, genügt indessen nicht, um die grundbuchrechtliche Eintragung zu verweigern.589 585 

Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR (2015), Rn.  7.883. LG Aurich, IPRax 1991, S.  341 f., Nr.  53 m. zust. Anm. Roth, IPRax 1991, 321 f.; Staudinger/Gursky (2013), §  892 BGB, Rn.  267 m. w. N. 587  Vgl. MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  16 EGBGB, Rn.  16–18 und nun MüKo BGB/Looschelders (2018), Art.  16 EGBGB, Rn.  21–24. 588  Vgl. Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  166 (mit einem Beispiel zur ital. Errungenschaftsgemein­ schaft); Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR, 7.  Aufl., Rn.  6071; s. a. IPG 1967/68 Nr.  22 (Köln); 589  Roth, IPRax 1991, 320, 321. 586 

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Vor einer Verfügung über die eheliche Wohnung/Familienwohnung bietet §  892 BGB keinen Schutz: Vor absoluten Verfügungsbeschränkungen schützt das deutsche Grundbuch nicht. Ob es sich um eine Familienwohnung handelt, ist dem bulgarischen Recht zu entnehmen. Danach ist diejenige Wohnung ehelich, die beide Ehepartner und ihre noch nicht volljährigen Kinder bewohnen (§  1 der Zusatzbestimmungen zum FamKodex).590 Zum Schutze der Kinder ist es nicht notwendig, dass sie der gemeinsame Nachwuchs der Ehegatten sind. Schutzlos gestellt ist der Erwerber aber auch hier nicht. Über Art.  16 Abs.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 i. V. m. §  1412 BGB analog werden die Ehegatten so behandelt, als gelte deutsches Güterrecht. Der gutgläubige Dritte wird damit so gestellt, als habe er mit einer verheirateten Person kontrahiert, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, einschließlich jedoch daraus erwachsender für ihn negativer Rechtsfolgen wie Einwendungen gem. §§  1363 ff. BGB.591 Die Verfügung über die Ehewohnung ist demnach wirksam, es sei denn, es greift eine Verfügungsbeschränkung des deutschen Rechts ein, der gegenüber ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich ist. Im vorliegenden Fall wäre dies §  1365 BGB. (3) Bestellung einer Vormerkung Diese Grundsätze gelten nicht nur für den Erwerb und die Belastung des Grundstücks selbst, sondern auch für die Bestellung einer Vormerkung. Denn sie ist kollisionsrechtlich als dingliches Recht zu qualifizieren und im Verkehrsinteresse nach der lex sei sitae zu behandeln.592 bb) Im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht lebende Eheleute erwerben gemeinsam ein Grundstück in Deutschland. Die Auflassung enthält die Einigung über den Eigentumsübergang zu jeweils hälftigem Miteigentum oder anderen Bruchteilen. Entsprechend lautet das Grundbuch. Die Lösung gleicht der vorigen. 590  Einen guten Überblick über praxisrelevante Probleme in Bezug auf die Ehe-/Familienwohnung gibt Marinova, Sobstvenost i pravo 2012, №  3, 38–45. 591  Vgl. NK-BGB/Sieghörtner (2016), Art.  16 EGBGB, Rn.  12; Schotten, IPR, Rn.  220; BaRo/Otte, Art.  16 EGBGB, Rn.  15 f.; Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  160; s. a. LG Aurich, NJW 1991, 642, 643. 592  Siehe Schöner/Stöber, GBR, Rn.  1500: argumentum de maiore ad minus; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, IntVertrR, 7.  Aufl., Rn.  6069; IPG 1967/68 Nr.  22 (Köln): Eine in niederländischer Gütergemeinschaft lebende Ehefrau hatte ihrem Sohn ohne die Zustimmung ihres Ehemannes eine Vormerkung an einem auf ihren Namen eingetragenen deutschen Grundstück bewilligt.

§  2. Ehewirkungen

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(1) Unrichtigkeit des Grundbuchs Das Grundbuch ist im Hinblick auf die Verlautbarung gemeinschaftlichen Eigentums der Ehegatten unrichtig. Mit der Eintragung der Erwerber „als Miteigen­ tümer zur Hälfte“ oder „zu gleichen Anteilen“593 haben die Ehegatten zwar die Liegenschaft gemeinschaftlich erworben, denn die Auflassung und die Eigentumseintragung waren materiellrechtlich wirksam594 – sie richteten sich nach deutschem Recht als dem Erwerbsstatut. Die falsche Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses schadet nicht; es gilt der Grundsatz falsa demonstratio non nocet – die Ehegatten erwerben nach dem für sie maßgebenden bulgarischen Güterrecht, denn das bulgarische Güterrecht überlagert den sachenrechtlichen Erwerb von Bruchteilseigentum nach deutschem Recht. Die gem. §  47 Abs.  1 Alt.  1 GBO vorgenommene Eintragung in Bruchteilen widerspricht der güterrechtlichen Eigentumszuordnung zum Errungenschaftsvermögen nach Maßgabe des Art.  21 Abs.  1 FamKodex. Dieses Ergebnis stand bereits bei der grundbuchrechtlichen Antragstellung fest, so dass das Grundbuchamt den Vollzug des Antrags auf Eintragung der Ehegatten als Miteigentümer je zur Hälfte hätte ablehnen müssen.595 Die Angabe von Miteigentum zur ideellen Hälfte umfasst nämlich nach deutschem Rechtsverständnis auch eine Verfügungsbefugnis eines jeden Ehegatten darüber, welche ihm das bulgarische Güterrecht gerade nicht zugesteht.596 Das Grundbuch ist darum nach §  22 GBO zu berichtigen.597 (2) Formloser Berichtigungsantrag Wird das Grundstück an die Ehegatten als Bruchteilseigentümer aufgelassen, so muss zur richtigen Eintragung der bulgarischen Errungenschaftsgemeinschaft die Auflassung nicht erneut erklärt werden.598 Diesen Ansatz vertritt der BGH bei einer Übertragung an Ehegatten zu Miteigentum, die in einer Gütergemeinschaft nach Maßgabe der §§  1416 ff. BGB leben.599 Die Rechtsprechung ist auf die 593  Nicht genügend wäre dagegen „zu gleichen Rechten“, denn solche können auch Gesamthandsberechtigte haben; vgl. Demharter, §  47 GBO, Rn.  16. 594  Sieghörtner, in: Kuntze et al., GBR, Einl. U 231; Schöner/Stöber, GBR, Rn.  3416; Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  161. 595  Siehe OLG Düsseldorf, FamRZ 2010, 1564. Das OLG lehnt zu Recht den Antrag auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung für einen Miteigentumserwerb eines spanischen Ehepaars ab, welches im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft des spanischen Rechts lebte. 596  Vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG, FamRZ 2010, 377 ff. betreffend eine niederländische Gütergemeinschaft. 597  BGH, FamRZ 1982, 356; Schöner/Stöber, GBR, Rn.  772 i. V. m. 761 m. w. N. 598  Zu solch einem Fall OLG München, FamRZ 2009, 1582. 599  BGH, FamRZ 1982, 356.

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­ ütergemeinschaft ausländischen Rechts übertragbar.600 Solange das – falsche – G Bruchteilseigentum nicht eingetragen ist, reicht ein formloser Berichtigungs­ antrag bzw. ein formloser richtiger Eintragungsantrag.601 Dadurch sollen praktische Schwierigkeiten vermieden werden, die eine neue Auflassung verursachte, falls der Veräußerer keine Mitwirkungsbereitschaft zeigte.602 cc) Die Ehegatten sind gem. §  47 Abs.  1 Alt.  2 GBO als Eigentümer in Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht eingetragen. In Wirklichkeit ist Güterstatut deutsches Recht und Güterstand der gesetzliche. In dieser Konstellation ist das Grundbuch ebenfalls unrichtig und es bedarf einer doppelten Umdeutung. (1) Dingliche Einigung Die dingliche Einigung ist zwar auch wirksam als „im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft des bulgarischen Rechts erwerbend“. Wird das aber so eingetragen, ist das Grundbuch unrichtig. Das letzte Wort zur Eigentumszuordnung innerhalb der Ehe hat das Güterstatut. Für die deutsche Zugewinngemeinschaft gilt bis zu ihrer Beendigung der Grundsatz der Gütertrennung. Das sachenrechtliche Übereignungsziel – den gemeinschaftlichen Eigentumserwerb – kann das maßgebliche Güterrecht in dieser Fallgestaltung nicht herbeiführen. Es sieht je alleinigen Eigentumserwerb vor. Im Gegensatz zur 1. Konstellation, in der die Ehegatten den Gegenstand kraft Gesetzes zum gemeinschaftlichen Errungenschaftsgut erwerben, gibt es hier kein (eindeutiges) Zuordnungssubjekt: Güterrechtlich kann das Eigentum entweder dem Mann oder der Frau zugeordnet werden. Damit wäre die dingliche Einigung wegen Perplexität nichtig: Einerseits kann ein Erwerb in Errungenschaftsgemeinschaft des bulgarischen Rechts nicht stattfinden, da Güterstatut deutsches Recht ist. Andererseits kann das deutsche Güterrecht die Auflassung so, wie sie erklärt worden ist, nicht übernehmen, weil sie auf die Grundlage eines bulgarischen Güterstatuts gesetzt ist, welche zum bulgarischen Güterrecht hätte führen sollen, aber nicht geführt hat. (2) Doppelte Umdeutung Es bedarf deswegen einer doppelten Umdeutung gem. §  140 BGB – teils im Erwerbsstatut, teils im Güterstatut. 600 

Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  161. Zimmermann, in: Beckʼsches Notar-Hdb, G Rn.  93. 602  Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  161; Schleswig-Holsteinisches OLG, FamRZ 2010, 377, unter Berufung auf BGHZ 82, 346. 601 

§  2. Ehewirkungen

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Der erste Umdeutungsakt betrifft die dingliche Einigung „im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft des bulgarischen Rechts“. Da die Anteile der Erwerber oder die Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses Bestandteil der dinglichen Einigung sind,603 ist die Auflassung so umzudeuten, dass sie an die Eheleute als Bruchteilseigentümer je zur Hälfte erfolgt ist.604 Das Gemeinschaftsverhältnis, in dem der Erwerb erfolgen soll, haben die Ehegatten zwar erklärt, doch scheidet dieses von Rechts wegen aus. Die Umdeutung kommt dem Ziel der Eheleute – Gemeinschaftseigentum – am nächsten. Der zweite Umdeutungsakt ist erforderlich, um den Eigentumserwerb beiden Ehepartnern zuweisen zu können, also abweichend vom Erwerb zu Alleineigentum nach dem deutschen gesetzlichen Güterstand. Inhaltlich entspricht der zweite dem ersten Umdeutungsakt.605 Der Erwerb zu gleichen Bruchteilen scheitert nicht an der inkongruenten Grundbucheintragung. Denn bei einem Mehr an Einigung und einem Weniger an Eintragung ist für die Entstehung des Rechts im eingetragenen Umfang wieder §  140 BGB maßgebend.606 Hier ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien bei Kenntnis des wirklich bestehenden Güterstands (Zugewinngemeinschaft nach deutschem Recht) eine Auflassung an die Ehegatten zu je hälftigem Bruchteilseigentum vereinbart hätten.607 Denn es kommt dem Gewollten am nächsten. Die Grundbuchberichtigung ist nach §  22 GBO vorzunehmen. 2. Deutscher Güterstand und bulgarisches Grundbuch Die Rechtslage ist wesentlich einfacher beim Aufeinandertreffen eines deutschen Güterstands mit dem bulgarischen Grundbuch. Denn das bulgarische Recht kennt einen gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten in der Ausgestaltung der §§  891 ff. BGB nicht. Für die Eintragung gemeinschaftlichen Eigentums – in bulgarischer Terminolo­ gie also entweder Miteigentum nach Bruchteilen oder Errungenschaftsmiteigen­ 603  BayObLGZ 1975, 209, 210; BayObLGZ 1978, 335, 337 m. w. N.; OLG Düsseldorf, DNotZ 1979, 219. 604  Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  162, unter Rekurs auf BayObLGZ 1983, 118, 123 f. = DNotZ 1983, 754, 756 f. = Rpfleger 1983, 346 f. (Auflassung an Ehegatten zur Gütergemeinschaft bei tatsächlich gesetzlichem Güterstand der Zugewinngemeinschaft); Schaub, in: Bauer/v. Oefele, F Rn.  466; Süß, Rpfleger 2003, 53, 62. Diese Grundsätze über die Eintragung der Gütergemeinschaft nach BGB erklären Schöner/Stöber, GBR, Rn.  772, ausdrücklich für anwendbar auf die Errungenschaftsgemeinschaft nach ausländischem Recht. 605  Teilweise anders Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  162, die sich nur für eine Umdeutung – wohl auf der zweiten Stufe nach hiesiger Differenzierung – ausspricht. 606  RGZ 108, 146. 607  Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  162, unter Rekurs auf BayObLGZ 1983, 118 ff. = DNotZ 1983, 754 ff. = Rpfleger 1983, 346 f.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

tum („Gesamthandseigentum“) – sehen Art.  61 Abs.  1 Nr.  9 bulgKatasterGBG und Art.  20 Abs.  1 Nr.  9 Ordnung Nr.  2 über die Führung und Verwahrung des Grundbuchs zwei Möglichkeiten vor: bei Bruchteilseigentum sind die Bruchteile (Alt.  1), bei Errungenschafts-„miteigentum“ die Ehegatten (Alt.  2) einzutragen.608 Unter der 2. Alt. wird man auch Güterstände fremden Rechts einzutragen haben, auf deren Grundlage die Eheleute gemeinschaftliches Eigentum erwerben, einerlei mit welchen Verfügungsbeschränkungen. Andernfalls erzielte man kaum haltbare Ergebnisse, wie der nachfolgende Beispielsfall zeigt.609 Schutz vor Verfügungen des einen Ehegatten entgegen dem maßgeblichen ausländischen Güterrecht bietet das bulgarische Grundbuch(-recht) indessen nicht. Der Eigentumserwerb eines Grundstücks in Bulgarien unterliegt bulgarischem Recht (Art.  65 Abs.  1 bulgIPRGB). Danach wird das Eigentum bereits mit Abschluss des notariellen Kaufvertrags übertragen.610 Die Eintragung ins Grundbuch ist zwar vorgesehen, hat jedoch keine konstitutive Wirkung für den Eigentumserwerb.611 Sie ist bloß eine Ergänzung zum Kaufvertrag, welche nur die Rechtsfolgen des Art.  113 bulgEigentumG auslöst; dingliche Wirkung kommt aber ausschließlich dem Kaufvertrag zu.612 Nach Art.  113 leg.cit. können Rechte aus einem Kaufvertrag einem Dritten nicht entgegengehalten werden, wenn kumulativ –  die Eintragung der notariellen Urkunde613 unterblieben ist, 608  Nach §  47 GBO werden Eheleute in Gütergemeinschaft mit ihren Namen eingetragen mit dem Zusatz „in Gütergemeinschaft“; vgl. Weirich/Mackeprang, Grundstücksrecht, Rn.  471. 609  Die anwaltliche und notarielle Praxis in Bulgarien verschließt sich diesem – m. E. zwingenden – Lösungsweg. 610  Venedikov, Dogovori, S.  24, 42, 44.; Kalaydzhiev, Obligatsionno pravo-Obshta chast, S.  185; s. ferner Mingova, in: Zh. Stalev, Bulgarsko grazhdansko protsesualno pravo, §  206 III 1 a. E., S.  1265 mit Rechtsprechungsnachweisen. Irreführend insoweit NK-BGB/Draganova/ Schmitz, Bd.  3, Länderbericht Bulgarien, Rn.  21: „Der Eigentumserwerb ist mit Unterzeichnung des Notarvertrags und dessen Eintragung im Landregister (Anmerkung: damit gemeint ist das Grundbuch) vollendet.“ (Hervorhebungen hinzugefügt). 611  Stavru, Veshtno pravo, S.  410 f.; Dzherov, in: Dzherov et al., Kadastar i imoten registar, S.  172. Eine grundbuchrechtliche Eintragung ist Wirksamkeitsvoraussetzung bei der Bestellung einer (Buch-)Hypothek (Art.  166 Abs.  1 bulgGSV; dazu Dzherov, a. a. O., S.  173; NKBGB/Draganova/Schmidt, Bd.  3, Länderbericht Bulgarien, Rn.  53) und der Eigentumsaufgabe (Art.  100 Abs.  1 bulgEigentumG: Eintragung des Verzichts erforderlich). Kritisch zu dieser Rechtsunsicherheit schaffenden Rechtslage bei Veräußerung unbeweglichen Vermögens Venedikov, Dogovori, S.  26. 612  Stavru, Veshtno pravo, S.  410, 414; L. Vasilev, Veshtno pravo, S.  591; Venedikov, Dogovori, S.  24; ders. Veshtno pravo, S.  384–391; Teneva, Notarialna deynost, S.  60 und 66 (die Eintragung ins Grundbuch ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung des Kaufvertrags; sie wirkt lediglich informativ und drittschützend). 613  Gemäß Art.  3 Abs.  1 i. V. m. Art.  4 lit.  a der bulgarischen Eintragungsordnung ist die no-

§  2. Ehewirkungen

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– der Dritte vom selben Veräußerer (also vom Nichtberechtigten) wirksam, d. h. mittels eines notariellen Kaufvertrags Eigentum erworben hat und – die Eintragung der notariellen Urkunde dieses zweiten Kaufvertrags zeitlich vor der Eintragung der notariellen Urkunde des ersten Kaufvertrags erfolgt. Im Verhältnis zum Zweit-Erwerber ist die erste kaufvertragliche Verfügung damit relativ unwirksam.614 Für den Zweit-Erwerber hat die Eintragung in das Grundbuch folglich eine quasi-konstitutive Wirkung, da erst sie ihm zum Eigentumserwerb verhilft. Daraus folgt: Gibt das bulgarische Grundbuch den ausländischen Güterstand nicht richtig wieder, so führt das nur zu dem aufgezeigten, abgeschwächten Schutz des Rechtsverkehrs. Bei ausländischem Güterstatut und bulgarischer lex rei sitae sind zudem Eheleute unter einem ausländischen Güterstatut – zum Nachteil eines gutgläubigen Erwerbers – möglicherweise stärker geschützt, als sie es bei einer Übereinstimmung von ausländischem Güterstatut und ausländischer lex rei sitae wären. Das zeigt folgendes Beispiel:615 In einer gemischt-nationalen Ehe hat der Mann die deutsche, die Frau die bulgarische Staatsangehörigkeit. Das eheliche Domizil liegt in Würzburg, wo man geheiratet hatte. Einen Ehevertrag haben die Ehegatten nicht geschlossen. Auch die bulgarische Heiratsurkunde enthält keine Eintragung hinsichtlich des Güterstands.616 Das bulgarische Güterrechtsregister schweigt ebenso. Die Frau erwirbt 2017 in Bulgarien eine Eigentumswohnung und möchte den Erwerb als solchen zu ihrem Alleineigentum eingetragen wissen. Für den zuständigen Grundbuchrichter erhebt sich möglicherweise die Frage, ob es die F als Mit-Eigentümerin in Errungenschaftsgemeinschaft zusammen mit ihrem Ehemann einzutragen hat oder dem Antrag entsprechend als Alleineigentümerin.

tarielle Urkunde in das Grundbuch einzutragen, und nicht der notariell beurkundete Kaufvertrag selbst; vgl. L. Vasilev, Veshtno pravo, S.  558. 614  Vgl. Stavru, Veshtno pravo, S.  410, 415; Venedikov, Dogovori, S.  32; Vasilev, Obshtestvo i pravo 2017, №  6, 42–53. Einige praxisrelevante Fragen nach den Auswirkungen der relativen Unwirksamkeit i. S. des Art.  113 bulgEigentumG bei hypothekarisch belasteter Immobilie und vermietetem Grundstück behandelt Kalaydzhiev, Targovsko pravo 2017, №  3, 35 ff. 615  S.a. Bezirksgericht Dobrich, Urt. №  150 v. 6.6.2017 i. d. Rs. №  108/2017 (bestätigt durch den Obersten Kassationsgerichtshof, Beschl. №  299 v. 6.6.2018 i. d. Rs. №  3581/2017; jew. zit. nach ciela) mit dem Unterschied, dass die Eheleute vor einem deutschen Notar die Anwendung deutschen Güterrechts vereinbart hatten. 616  Gemäß Art.  70 Abs.  1 bzw. 2 PStRegG sind Statusänderungen den bulgarischen Behörden zu melden. Diese registrieren die Änderungen unter Ausstellung eines bulgarischen Dokuments, im Fall also einer Heiratsurkunde (Art.  72 Abs.  3 Nr.  2 i. V. m. Art.  72 Abs.  1, Art.  71 PStRegG).

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S. A. Vorüberlegungen

Ausgangspunkt der Überlegung sind drei bulgarische Vorschriften: –  Art.  18 FamKodex, –  Art.  21 FamKodex und – Art.  20 Abs.  1 Nr.  9 Alt.  2 Ordnung Nr.  2 des Justizministeriums über die Führung und Verwahrung des Grundbuchs vom 21.4.2005.617; 618 1) Nach Art.  18 Abs.  2 Alt.  1 FamKodex leben Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft, wenn sie bei der Eheschließung keinen Güterstand gewählt haben. Die Güterstandswahl ist wirksam, wenn sie die Form des Art.  9 Abs.  2 FamKodex einhält (notarielle Beglaubigung bei Wahl der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Gütertrennung, notariell beurkundeter Ehevertrag bei Wahl des Vertragsgüterstands). Die Eintragung des Güterstands in das Güterstandsregister hat keine konstitutive Wirkung, sondern ist nur deklaratorisch.619 2) Gemäß Art.  21 Abs.  1 FamKodex wird widerlegbar vermutet, dass ein Erwerb während der Ehe zugunsten des Errungenschaftsvermögens erfolgt, also beide Ehegatten – in bulgarischer Terminologie – Miteigentümer (in deutscher Terminologie: in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Eigentümer des Vermögensgegenstands) werden, ungeachtet dessen, in wessen Namen der Erwerb lautet.620 3) Nach Art.  20 Abs.  1 Nr.  9 Alt.  2 Ordnung Nr.  2 des Justizministeriums über die Führung und Verwahrung des Grundbuchs werden beide Ehegatten als Miteigentümer (in bulgarischer Termi­ nologie) eingetragen, wenn sie ein Grundstück in Errungenschaftsgemeinschaft erwerben.621 B. Schlichte Anwendung des Gesetzes Bei wortlautgetreuer Anwendung vorstehender Normen müsste man Folgendes sagen: I. Endete die Prüfung hier, so würde der Grundbuchrichter den Antrag der F zurückweisen, sie also nicht als Alleineigentümerin des Grundstücks eintragen. Denn er würde dann davon ausgehen, dass der antragstellende Ehegatte in Errungenschaftsgemeinschaft lebt und das Grundstück Teil des Gesamtguts geworden ist: Die Heiratsurkunde und das Güterstandsregister verlautbaren keinen Güterstand, so dass ex lege der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft gälte (Art.  18 Abs.  2 Alt.  1 FamKodex). Ein während der Ehe von einem 617 

DV Nr.  39 v. 10.5.2005. Gemäß Art.  20 FamKodex ist der gesetzliche Güterstand (Errungenschaftsgemeinschaft) maßgeblich, wenn ein Ehegatte oder beide Ehegatten gemeinsam mit einem Dritten kontrahieren und das Güterrechtsregister über den Güterstand der Eheleute nichts verlautbart. 619  Zu der Eintragung des Güterstands in das Güterrechtsregister s. Staneva, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  63 ff. m. w. N.; Dobrev, Sobstvenost i pravo 2019, №  11, 58 f. 620  Stavru, Sasobstvenost, S.  19. 621  Art.  20 Abs.  1 Nr.  9 Alt.  2 leg.cit. lautet: „In Abteilung „B“ des Teils werden eingetragen: Nr.  9 bei Miteigentum – die ideellen Anteile (Bruchteile) für jeden Miteigentümer wie auch die Daten über die Miteigentümer, und bei Errungenschaftsgemeinschaft – die Daten über die Ehegatten;“ (Übersetzung durch den Verfasser). 618 

§  2. Ehewirkungen

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Ehegatten erworbenes Grundstück fiele ipso iure in das Errungenschaftsvermögen, es sei denn, diese Vermutung würde widerlegt (Art.  21 FamKodex). Und schlussendlich verpflichtete Art.  20 Abs.  1 Nr.  9 Alt.  2 Ordnung Nr.  2 des Justizministeriums über die Führung und Verwahrung des Grundbuchs das Grundbuchamt, Ehegatten, die in Errungenschaftsgemeinschaft leben, als Miteigentümer des Grundstücks einzutragen. II. Der Richter muss nach dem Buchstaben des Gesetzes seine Prüfung aber richtigerweise fortsetzen:622 1) Der Sachverhalt weist einen internationalen Bezug auf, da der Ehegatte der Antragstellerin Ausländer ist. Ein fremdes Güterrecht, welches sich auf die Eigentumszuordnung der erworbenen Immobilie auswirken könnte, ist nicht von vornherein auszuschließen. Demnach liegt ein privatrechtliches Verhältnis mit internationalem Element i. S. des Art.  1 Abs.  2 bulgIPRGB vor. 2) Die Anforderungen für den Erwerb einer Sache richten sich gem. Art.  65 Abs.  1 bulgIPRGB nach dem Recht ihres Lageortes, hier: nach bulgarischem Recht. Danach steht als Ergebnis des durch das Erwerbsstatut bestimmten Sachenrechts sogleich fest: Das Eigentum an der frag­lichen Immobilie kann damit wirksam übertragen werden. Ob der verheiratete Erwerber jedoch zu Alleineigentum oder gemeinschaftlich mit seinem Ehepartner zum Errungenschaftsvermögen erwirbt, ist eine Frage nach der Zuordnung des Erwerbsgegenstands zu der ehelichen Vermögensmasse – sei es zum persönlichen Vermögen eines Ehegatten, sei es zum gemeinschaftlichen Vermögen beider Ehepartner. Über diese Zuordnung herrscht allein das Güterstatut.623 Mit anderen Worten: Über das Ob des Eigentumserwerbs entscheidet das Sachenrechtstatut, über das Wie des Eigentumserwerbs das Güterstatut. a) Güterstatut ist deutsches Recht. Die erste Stufe der Kaskadenanknüpfung nach Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB führt mangels gemeinsamer Staatsangehörigkeit der Ehegatten nicht zum Ziel. Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB verweist auf der zweiten Stufe auf deutsches Recht einschließlich seines Kollisionsrechts (Gesamtverweisung gem. Art.  40 Abs.  1 bulgIPRGB). 622  Die Prüfungskompetenz des Grundbuchamtes/des -richters ist in Art.  32a Abs.  1 S.  1 Eintragungsordnung geregelt. Danach weist der Richter den grundbuchrechtlichen Antrag (in der Terminologie des bulgarischen Gesetzes wörtlich: den im Eingangsregister vermerkten Akt) mittels einer Verfügung zurück, wenn der (Rechts-)Akt (also der Antrag) den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht oder einer Eintragung nicht zugänglich ist. Die Kasuistik zu dieser Regelung ist vielfältig, aber nicht einheitlich. Während der Oberste Kassationsgerichtshof eine restriktive Auslegung an den Tag legt und dem Richter kaum Prüfungskompetenzen zuspricht, legen die Bezirksgerichte die Norm extensiv aus. Die Gesetzesmäßigkeit des einzutragenden Aktes, dessen bezweckte Wirkungen oder etwa die anders als von den Parteien gewollt tatsächlich eintretenden Rechtsfolgen des Rechtsgeschäfts erklärt ersterer für nicht prüffähig, wogegen letztere das teilweise anders sehen. Nach Stavru muss der Richter jedenfalls den bulgarischen ordre public beachten, wenn es um Immobilien im Inland geht (Stavru, ­Otkazat na sadiyata po vpisvaniyata, S.  139). Zum Ganzen Stavru, a. a. O., S.  121–140 m. w. N. 623  Verkannt von Bezirksgericht Dobrich, Urt. №  150 v. 6.6.2017 i. d. Rs. №  108/2017 (Entscheid bestätigt durch den Obersten Kassationsgerichtshof, Beschl. №  299 v. 6.6.2018 i. d. Rs. №  3581/2017); jew. zit. nach ciela.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

b) Das deutsche IPR knüpft die güterrechtlichen Ehewirkungen zur Zeit der Eheschließung auf der ersten Stufe der Kegelʼschen Anknüpfungsleiter an eine gemeinsame Staatsangehörigkeit der Eheleute an (Art.  15 Abs.  1 i. V. m. Art.  14 Abs.  1 Nr.  1 EGBGB i. d. F. von 1986). Die Anknüpfung führt hier nicht zum Ziel, da eine gemeinsame Staatsangehörigkeit niemals bestanden hat. c) Auf der zweiten Stufe beurteilen sich die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe gem. Art.  15 Abs.  1 i. V. m. Art.  14 Abs.  1 Nr.  2 Alt.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 nach dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten zur Zeit der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Vorliegend haben sich die Eheleute zur Zeit der Heirat in Deutschland gewöhnlich aufgehalten. Das deutsche IPR nimmt folglich die Verweisung an. Güterstatut ist damit deutsches Recht. d) An diesem Ergebnis ändert Art.  3a Abs.  2 EGBGB i. d. F. von 2008 nichts. Die Vorschrift ist nicht anwendbar: Art.  3a Abs.  2 EGBGB i. d. F. von 2008 erfasst nicht den Fall, dass der Gebietsstaat (hier: Bulgarien) nicht nur für Grundstücke, sondern ganz allgemein ein anderes Vermögensstatut beruft. Es steht dann Gesamtstatut gegen Gesamtstatut.624 So liegen die Dinge hier. Zwei Gesamtstatute treffen aufeinander. Beide knüpfen zwar an eine gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten an, aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten – einesteils zur Zeit der Eheschließung (Art.  15 Abs.  1 EGBGB i. d. F. von 1986), andernteils im Augenblick der Beurteilung (Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB). Überdies wäre Art.  3a Abs.  2 EGBGB i. d. F. von 2008 tatbestandlich nicht erfüllt, weil gerade das bulgarische Recht auf das deutsche (zurück-)verweist. 4) Da die Ehegatten weder eine Rechtswahl getroffen noch einen Ehevertrag geschlossen haben, leben sie im gesetzlichen Güterstand der deutschen Zugewinngemeinschaft. Dabei handelt es sich um eine Gütertrennung. Mit ihrer Beendigung entsteht nur ein Zahlungsanspruch, d. h. der unterschiedliche Vermögens-Zuerwerb während der Ehedauer wird zu gegebener Zeit (vorzeitiger Zugewinn gem. §§  1385 ff. BGB oder, im Regelfall: bei Scheidung) schuldrechtlich ausgeglichen.625 Das erworbene Grundstück in Bulgarien gehört hiernach zum Alleinvermögen der Ehefrau. 5) Diese güterrechtliche Zuordnung nach deutschem Recht als dem Güterstatut hat die bulgarische lex rei sitae zu respektieren. Denn auch sie kennt in der Errungenschaftsgemeinschaft den Erwerb zu Alleineigentum eines der Gatten, vgl. Art.  21 Abs.  3 i. V. m. Abs.  4 FamKodex (Widerlegung der Vermutung des gemeinsamen Beitrags zum Erwerb eines Vermögensgegenstands) und Art.  22 FamKodex (Eigengut sowie gänzliche oder partielle Transformation des Eigenguts). Ergebnis: Das Grundbuchamt wird F entgegen anfänglichen Überlegungen antragsgemäß als die alleinige Eigentümerin eintragen. C. Die Praxis in Bulgarien I. Die Praxis in Bulgarien verfährt anders. Im vorliegenden Fall kommt sie zum gleichen „äußeren“ Ergebnis: Nur die Ehefrau wird in das Grundbuch eingetragen. 624  625 

Vgl. Kropholler, IPR, §  26 II 2 b, S.  185 m. w. N. S.a. Kogel, Zugewinnausgleich, Rn.  2.

§  2. Ehewirkungen

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Doch die Alleineintragung begründet die Praxis so:626 1) Der Käufer habe seine Staatsangehörigkeit und seinen Personenstand (ledig, verheiratet oder verwitwet) zu bescheinigen, vgl. Art.  25 Abs.  8 bulgNotarG. Auch Angaben über seinen momentanen Aufenthalt müsse er machen. Sei er verheiratet und verlautbare das Güterstandsregister keinen von dem gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft abweichenden Güterstand, so stehe im Kaufvertrag nur der persönlich erschienene Ehegatte als Käufer und Erwerber. Denn nur er sei Partei des Rechtsgeschäfts. Entsprechend erfolge dann die Eintragung ins Grundbuch. Weil der andere Ehegatte kraft Gesetzes Miteigentümer (съсобственик) des zum Errungenschaftsvermögen gehörenden Grundstücks geworden sei, spiele der Personenstand auf Seiten des Käufers letztlich keine Rolle. Bedeutung erlange der Personenstand im umgekehrten Fall, wenn also eine verheiratete Person auf der Veräußererseite stehe. Denn hier bedürfe es der Zustimmung des anderen Ehegatten, sollte das Güterstandsregister – wie in aller Regel – nichts Abweichendes zum Güterstand des Veräußerers verlautbaren (Art.  24 Abs.  3 FamKodex). Diese Vorgehensweise gelte ungeachtet der Staatsangehörigkeit des Käufers und seines Ehegatten sowie des Verkäufers und seines Ehepartners. Auch ein gewöhnlicher Aufenthalt im Ausland ändere nichts an den skizzierten Grundsätzen. Denn es handele sich um Grundboden in Bulgarien. II. Am Vorstehenden sieht man deutlich, dass die Praxis den kollisionsrechtlichen Befehl des Art.  79 bulgIPRGB außer Acht lässt. Das Zusammenspiel zwischen Güter- und Erwerbsstatut wird verkannt. Die Praxis würde deswegen – insoweit konsequent – bei Weiterveräußerung des Grundstücks durch die Ehefrau im Beispiel eine Zustimmung ihres deutschen Ehemannes verlangen, wiewohl das aus bulgarischer Perspektive maßgebliche deutsche Güterrecht eine solche Zustimmung – vom §  1365 BGB abgesehen – nicht aufstellt. Damit wird letztendlich nicht der schutzwürdige Käufer geschützt, sondern der nicht-schutz­ würdige (hier: deutsche) Ehegatte privilegiert.

VIII. Die Qualifikation vermögensrechtlicher Ansprüche zwischen den Ehegatten Vermögensansprüche zwischen den Eheleuten folgen den allgemeinen Qualifikationsprinzipien. Resultieren sie unmittelbar aus der Ehe, so werden sie im bulgarischen IPR seit eh und je familienrechtlich qualifiziert.627 Haben sie dagegen nur zufällig im Rahmen der Ehe ihren Ursprung, hätten sie m. a. W. genauso bei nicht miteinander verheirateten Personen auftreten können, dann unterliegen sie 626  Die nachfolgenden Erkenntnisse verdankt der Verfasser dieser Arbeit zwei Notarinnen aus Plovdiv (Bulgarien), die er im August 2015 persönlich sprechen konnte. Sie wollen nicht namentlich benannt werden. 627  Vgl. Kutikov, MCP, S.  472; Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  67.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

dem jeweiligen Statut des betreffenden Rechtsverhältnisses (z. B. Arbeitsvertrag). Eine Überlagerung einzelner sich aus diesem Rechtsverhältnis ergebender Rechtsfragen durch das Familienrecht ist allerdings nicht ausgeschlossen; es ist darum mittels einer Teilanknüpfung bei Bedarf zu prüfen, ob nicht das berufene ausländische (Familien-)Recht die Frage anders beantwortet. Einige praxisrelevante Qualifikationsprobleme seien im Folgenden behandelt: 1. Ehebedingte Zuwendungen Das Sachrecht fördert die kollisionsrechtliche Einordnung ehebedingter Zuwendungen. Es ist daher zunächst darzustellen. a) Bulgarisches Sachrecht628 Zuwendungen zwischen Ehegatten oder zwischen Verlobten, die später einander heiraten,629 sowie Zuwendungen Dritter630 an einen (späteren) Ehegatten behandelt das Gesetz stets als Schenkungen,631 wenn sie im Zusammenhang mit oder während der Ehe gemacht werden (Art.  55 FamKodex).632 Wird die Ehe geschieden, so können sie widerrufen und zurückverlangt werden, sofern es sich nicht

628  Eingehend zur Neuregelung des Art.  55 FamKodex Mateeva, YS Goleminov (2010), 243 ff. 629  Zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Schenkung muss also ein Eheversprechen zwischen den späteren Ehegatten vorgelegen haben; wohl auch so Venedikov, Dogovori, S.  99, obschon er etwas ungenauer formuliert („die Zeit, in der die Schenkung gemacht ist“). 630  A. A. Mateeva, YS Goleminov (2010), 243, 258, Fn.  36 (nur zwischen den Ehegatten selbst). Wie hier aber Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  216 f. 631  Für den deutschen Rechtsraum ist auf die geänderte Rechtsprechung des BGH hinzuweisen. Danach sind Zuwendungen von Schwiegereltern, die um der Ehe willen an das Schwiegerkind erfolgen, nicht länger als unbenannte Zuwendungen, sondern als Schenkungen einzustufen. Denn sie erfolgen unentgeltlich und führen zu einer dauerhaften Vermögensminderung beim Zuwendenden; vgl. BGH, FamRZ 2010, 958; BGH FamRZ 2010, 1626; BGH FamRZ 2012, 273; OLG Düsseldorf, FamRZ 2015, 174. Dagegen hält der BGH bei Zuwendungen unter Eheleuten an seiner langjährigen Rechtsprechung fest und unterscheidet bei Ehegatten weiterhin zwischen ehebezogenen Zuwendungen und echten Schenkungen. Eingehend Schulz/ Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Rn.  2032–2133 sowie Rn.  1545–1624. 632  Nach altem Recht galt im Scheidungsfalle ein generelles Widerrufsrecht, vgl. Art.  105 Abs.  1 FamKodex a. F. (1985). Guter Überblick über die Entwicklung der Regelung bei Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  574–577. Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber keine intertemporale Regelung für die vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung vorgesehen hat. Nicht einschlägig ist §  4 FamKodex. Ausweislich seines eindeutigen Wortlauts regelt er nur die Geltung der alten oder der neuen Güterstände. Daraus folgt, dass für Schenkungen, die vor dem 1.10.2009 getätigt worden sind, das alte Recht anwendbar ist.

§  2. Ehewirkungen

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um übliche, der Sitte entsprechende Schenkungen633 zwischen den Ehegatten oder um zweckgebundene Schenkungen634 handelt.635 Für den Widerruf einer Schenkung kommen gesetzliche und vertragliche Gründe in Betracht. Zu den ersteren zählen diejenigen des Art.  227 Abs.  1 bulgGSV (Widerruf eines Schenkungsvertrags) und des Art.  33 bulgErbG (Widerruf bei Beeinträchtigung des Pflichtteils), zu den letzteren solche, die im Schenkungs- oder Ehevertrag ausdrücklich vereinbart sind.636 Widerrufsberechtigt sind der Schenker und seine Erben.637 Im Ehevertrag können die Vertrags­ 633 

Diese Schlussfolgerung zieht die Lehre aus Art.  227 Abs.  2 bulgGSV; vgl. Mateeva, YS Goleminov (2010), 243, 254. Das entspricht der alten Rechtslage zu Art.  105 Abs.  1 FamKodex a. F. (1985); dazu Venedikov, Dogovori, S.  99. Art.  227 Abs.  2 bulgGSV lautet: „Diese Regelungen gelten nicht für die üblichen und die entlohnenden Schenkungen.“ Anmerkung: Abs.  2 bezieht sich auf die Widerrufsbestimmungen des Abs.  1. Der Begriff „entlohnende Schenkungen“ ist wörtlich übersetzt („възнаградителни дарове“/vaznagraditelni darove). Wann eine Schenkung im hiesigen Zusammenhang als „üblich“ einzustufen ist, wird in der wissenschaftlichen Literatur – soweit ersichtlich – nicht weiter vertieft. Art.  227 Abs.  2 bulgGSV will indes Streitigkeiten über Schenkungen vermeiden, die nach Ansicht aller billig und gerecht Denkenden als anstößig angesehen werden. Altrechtlich sah Art.  105 Abs.  1 FamKodex a. F. (1985) dies ausdrücklich vor. Einen Schenkungswiderruf ließ er nur für den Fall zu, dass der Schenkungsgegenstand einen erheblichen Wert („значителна стойност“/znachitelna stoynost) hatte und der Widerruf nicht gegen Moralvorstellungen verstoß. Der bulgarische Gesetzsetzer betrachtete den Ehegatten-Schenkungsempfänger, der möglicherweise sogar für das Scheitern der Ehe verantwortlich war, als nicht schutzwürdig; s. Gemeinsamer Senat des Zivilkollegiums beim Obersten Gericht, Auslegungsurteil №  26 v. 19.6.1972 i. d. Rs. №  11/1972 – ciela. Diese gesetzgeberische Intention findet sich nun in Art.  227 Abs.  2 bulgGSV wieder; wie hier Velinov/Naydenov, Postanovlenia i talkuvatelni reshenia, Bd.  I, S.  219 (Fn.  1). Die bisherige Rechtsprechung und Lehre sind darum weiter berücksichtigungsfähig. Übertragen auf das neue Widerrufsrecht gem. Art.  55 FamKodex i. V. m. Art.  227 bulgGSV, bedeutet dies, dass jene Zuwendungen einem Widerruf entzogen sind, welche die Eheleute zur Aufrechterhaltung des ehelichen Miteinanders machen. Es entscheiden wie immer die Umstände des Einzelfalles, wobei das bisherige (Schenkungs-)Verhalten des Ehegatten-Schenkers wie seine Vermögensverhältnisse – der Rest gehört beiden Ehegatten gemeinsam – im Vergleich zu den des beschenkten Ehepartners den Beurteilungsmaßstab maßgeblich prägen. So z. B. gewährt das Oberste Gericht dem tadellosen Ehegatten ein Schenkungswiderrufsrecht, wenn der Ehegatten-­ Schenkungsempfänger an der Scheidung der Ehe schuld ist (Urt. №  1205 v. 29.11.1993 i. d. Rs. №  535/1993, Sadebna praktika, S.  101 f.). 634  Das sind die „entlohnenden Schenkungen“ i. S. des Art.  227 Abs.  2 Alt.  2 bulgGSV („възнаградителни дарове“). 635  Vgl. Mateeva, Semeyno pravo, S.  274, unter Berufung auf Art.  227 Abs.  2 bulgGSV; Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  217. 636  Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  216. 637  Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  217; a. A. Mateeva, Semeyno pravo, S.  274 (nur Erben des Drittschenkers, soweit jener vor Ablauf der Jahresfrist

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

teile gem. Art.  38 Abs.  1 Nr.  5 i. V. m. Art.  58 FamKodex die Abrede treffen, dass für Zuwendungen untereinander das Widerrufsrecht nur vom jeweils anderen Ehegatten selbst oder auch von einem Dritten ausgeübt werden kann. Das Widerrufsrecht ist nicht abdingbar.638 Nach Art.  105 Abs.  2 FamKodex a. F. (1985) musste das Widerrufsrecht binnen einem Jahr ab Rechtskraft des Scheidungsurteils klageweise ausgeübt werden, andernfalls trat Präklusion ein. Auch für das geltende Recht spricht sich die h.L. mit unterschiedlicher Begründung für eine einjährige Präklusionsfrist aus,639 die frühestens mit Rechtskraft des Scheidungs- bzw. Eheaufhebungsurteils in den Fällen des Art.  46 FamKodex zu laufen beginnen soll.640 Den Vertragsparteien steht es indes frei, eine längere oder kürzere Frist festzulegen.641 Der Widerruf bedarf der gerichtlichen Ausübung. Erfolgt er außergerichtlich, so kann er Wirkungen nur dann zeitigen, wenn diese Form (ehe-)vertraglich vorgesehen ist. Bei Schenkung einer unbeweglichen Sache kann das Widerrufsrecht nur gerichtlich ausgeübt und durchgesetzt werden.642 Kommt darum vor einem deutschen Gericht bulgarisches materielles (Ehe-) Schenkungsrecht zur Anwendung, so muss ein außergerichtlich erklärter Widerruf der Zuwendung erneut gerichtlich erklärt werden. Ist Güterstatut bulgarisches Recht, so findet bei Auflösung der Ehe ein Ausgleich von ehebedingten Vermögensverschiebungen nach den Vorschriften der Artt.  27 ff. FamKodex statt. Nach Art.  22 Abs.  1 S.  1 FamKodex gehört dabei der zugewendete Gegenstand zum Eigengut des beschenkten Ehegatten.

zur gerichtlichen Ausübung des Widerrufsrechts i. S. des Art 227 Abs.  1 S.  1 bulgGSV verstoben sei); weitergehend noch Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  578 (keine Vererblichkeit des Rechts zum Widerruf der Schenkung): Die Erben seien ausgeschlossen, da der Widerruf von Zuwendungen zwischen den Ehegatten einen streng persönlichen Charakter habe. 638  Vgl. Mateeva, Semeyno pravo, S.  273. 639  Mateeva, Semeyno pravo, S.  272 f.; Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  217; Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  580. 640  Vgl. Mateeva, Semeyno pravo, S.  273; ders., YS Goleminov (2010), 243, 253–256, mit dem Hinweis, dass die Verjährungsregelung des Art.  115 bulgGSV nicht auf die Präklusionsfristen anwendbar ist. Zu den Unterschieden zwischen Verjährung und Präklusion aus bulgarischer Sicht Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  379; zur Präklusion im bulgarischen Zivilprozess s. Kostov, Prekluzia, insbes. S.  140–284. 641  Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  217. 642  Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  I, S.  580; Mateeva, YS Goleminov (2010), 243, 257; Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  217.

§  2. Ehewirkungen

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b) Kollisionsrecht Das sachrechtliche Vorverständnis bedingt die schuldrechtliche Qualifikation ehebezogener Zuwendungen643 – sowohl bezüglich des Rechtsgrundes wie des Widerrufs der Zuwendung.644 aa) Qualifikation des Rechtsgrundes für die eheliche Zuwendung Für die allgemeine Anknüpfung der Voraussetzungen einer ehebedingten Zuwendung – des Rechtsgrundes also – spricht schon der eindeutige Wortlaut des Art.  55 FamKodex. Die Norm betrachtet eine Zuwendung unter Ehegatten als Schenkung.645 bb) Qualifikation des Widerrufs der ehelichen Zuwendung Für die Qualifikation des Zuwendungswiderrufs ist entscheidend, dass im bulgarischen materiellen Recht ein Ausgleich der durch die Zuwendung eintretenden Vermögensmehrung im Scheidungsfalle grundsätzlich nicht erfolgt. Die Widerrufsgründe des allgemeinen Schenkungsrechts (Art.  227 Abs.  1 bulgGSV) sind äußerst selten einschlägig; ein besonderer Bezug zum Familien- oder Scheidungsrecht lässt sich mithin nicht herstellen. Sachnähe zum Güter- oder Scheidungsstatut scheidet folglich aus. Das ist ausnahmsweise anders, wenn der Beitrag des einen Ehegatten zur Bildung des Errungenschaftsvermögens den des anderen wesentlich übersteigt. Indes rechtfertigt das nicht, aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis des Sachrechts eine Ausnahme auf die kollisionsrechtliche Ebene vorzuziehen, um eine familienrechtliche Qualifikation zu begründen. Einer güterrechtlichen Qualifikation steht insbesondere der Umstand entgegen, dass im bulgarischen Familienrecht die ehebedingte Zuwendung und ihre Rückforderung bei Auflösung der Ehe nicht vom Güterstand abhängen, in dem die Eheleute gelebt haben. Art.  55 FamKodex gilt für alle Güterstände – sei es der 643  Wenngleich eine sachrechtliche Einordnung nicht zwingend zur Folge hat, dass das Kollisionsrecht sich dieser Wertung anschließen muss. Sie ist und bleibt lediglich ein Indiz. Das ist der Ansatz des Art.  39 Abs.  3 bulgIPRGB. 644  A. A. Todorov, Pravootnoshenia, S.  160, Tz.  69, der den Widerruf einer Schenkung unter den Ehegatten dem Scheidungsfolgenstatut zuschlägt. Auch er argumentiert mit einem sachrechtlichen Vorverständnis aus Art.  55 FamKodex. 645  Für eine schuldrechtliche Qualifikation ebenso der österreichische OGH, FamRZ 2016, 229, Nr.  128 m. krit. Anm. Wiedemann, ebd., 231 f.: „Schuldrechtliche Ausgleichsmechanismen zwischen den Ehegatten sind schuldrechtlich und nicht güterrechtlich zu qualifizieren; auch eine akzessorische Anknüpfung an das Güterrechtsstatut wird nicht in Betracht gezogen (so aber BGH, FamRZ 2015, 1379, m. Anm. Christandl)“ (LS). Für das deutsche Kollisionsrecht früher BGHZ 119, 392, 394 ff. = FamRZ 1993, 289 ff., Nr.  59 m. Anm. Winkler v. Mohrenfels, IPRax 1995, 379 ff.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

gesetzliche, seien es vertragliche (freilich kann ein Ehevertrag die Rückgewähr von Schenkungen ausschließen, vgl. Art.  38 Abs.  4 FamKodex). (1) Rückforderungsanspruch Der Rückabwicklungsanspruch als Anhängsel des gesetzlichen Widerrufs teilt kollisionsrechtlich das Schicksal seines Herrn, ist mithin schuldrechtlich zu qualifizieren (akzessorische Anknüpfung). (2) Ehevertragliches Widerrufsrecht Die Qualifikation zum Schenkungsstatut ändert sich auch nicht dadurch, dass die Ehegatten im Ehevertrag ein Widerrufsrecht für den Fall der Scheidung oder unabhängig davon vereinbaren. Denn gerade dann erfolgt der Widerruf eben auf der vertraglichen Grundlage. Die Scheidung gibt nur den Anlass dafür. cc) Rechtsfolgen der schuldrechtlichen Qualifikation (1) Nebeneinander mehrerer Statute Die schuldrechtliche Qualifikation hat zur Folge, dass auf ehebedingte Zuwendungen bis zu drei unterschiedliche Statute berufen und temporal auseinanderzuhalten sind, je nachdem, in welchem Augenblick die Zuwendung vorgenommen wird: bis zum 16.12.2009 anwendbar sind die Artt.  93 ff. bulgIPRGB, nach diesem Zeitpunkt bis zum 28.1.2019 die Vorschriften der Rom  I-VO und ab dem 29.1.2019 fallen solche Zuwendungen in den sachlichen Anwendungsbereich der EuGüVO, sind mithin güterrechtlich zu qualifizieren.646 Primär maßgebend ist eine ausdrückliche bzw. konkludente Rechtswahl (Art.  94 bulgIPRGB), sekundär das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Schenkers als das Recht der engsten Verbindung (Art.  94 Abs.  2 bulgIPRGB bzw. Art.  4 Abs.  2 Rom  I-VO). Bei Verträgen über dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen wird nach Art.  94 Abs.  5 bulgIPRGB vermutet, dass die engste Verbindung mit dem Recht desjenigen Staates besteht, wo die unbewegliche Sache belegen ist. Art.  4 Abs.  1 lit.  c Rom  I-VO stellt hingegen keine Vermutungen auf, er beruft das Belegenheitsrecht. Leben die Eheleute in einem gesetzlich zulässigen Güterstand des bulgarischen Rechts, so findet kein Ausgleich der während der Ehezeit zwischen ihnen getätigten Zuwendungen statt. Unterliegt allerdings die causa der ehebedingten Zuwendung deutschem Recht, weil beispielsweise das eheliche Domizil sich in Deutschland befand, so ist die Zuwendung 646  Für die güterrechtliche Qualifikation ab dem 29.1.2019 siehe Hausmann, in: Hausmann/ Odersky, IPR, §  9, Rn.  196.

§  2. Ehewirkungen

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ggf. nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§  313 BGB) auszugleichen, als ob die Eheleute in einer Gütertrennung deutschen Rechts gelebt hätten.647 (2) Erbstatut Sachrechtlich wirkt sich die ehebedingte Zuwendung im Erbrecht aus. Gemäß Art.  30 Abs.  1 bulgErbG kann der Erbe, dessen Pflichtteil infolge einer Schenkung (oder testamentarischen Verfügung) des Erblassers – im hiesigem Kontext: an seinen Ehegatten – verkürzt ist, von dem testamentarisch oder schenkungsweise Begünstigten648 (vgl. den Wortlaut des Art.  30 Abs.  2 leg.cit.) die Herabsetzung der Schenkung bis zur Erreichung der Quote seines Pflichtteils verlangen.649 Dieses Recht ausüben kann er jedoch erst nach Erschöpfung des testamentarisch verfügten Vermögens, wenn der Erblasser testiert hat. Die Herabsetzung setzt dann bei der letzten Schenkung an und arbeitet sich von da an der Reihe nach zu jeder vorigen vor (Art.  33 bulgErbG). Sie muss binnen fünf Jahren ab Erbfall erfolgen; andernfalls verfällt der Herabsetzungsanspruch.650 Die Auswirkung ehebezogener Schenkungen auf die Rechtsstellung eines testamentarischen oder gesetzlichen Erben übernimmt das Erbstatut. Denn es geht um die Bestimmung der Erbteile (Art.  91 Nr.  3 bulgIPRGB) sowie des verfüg­ baren Teils i. S. des Art.  91 Nr.  8 bulgIPRGB. Die zitierten Art.  30 und Art.  33 bulgErbG kommen deswegen nur dann zum Zuge, wenn Erbstatut bulgarisches Recht ist. Die Anforderungen, die diese Vorschriften an die „erbrechtliche“ Schenkung stellen, und die Frage, ob sie konkret vorliegen, sind ebenfalls dem Erbstatut zu entnehmen.651

647  Vgl. Schotten/Schmellenkamp, IPR, Rn.  233 (Fn.  471), unter Bezugnahme auf BGHZ 119, 396, 402 = NJW 1993, 386 = IPRax 1995, 399; s. a. jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  60. 648  Tasev, Nasledstveno pravo, S.  89; Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum bulg­ ErbG, S.  504 a. E. 649  Boyanov, Osnovi na grazhdanskoto pravo, S.  455. Zu den variablen Höhen des Pflichtteils im bulgarischen Erbrecht siehe Ivanova, in: Süß, ErbR in Europa, Länderbericht Bulgarien, Rn.  59 f. Ausf. Tsankova, in: Tsankova et al., Kommentar zum bulgErbG, S.  502 ff. 650  Vgl. Boyanov, Osnovi na grazhdanskoto pravo, S.  455, unter Berufung auf eine Entschei­ dung des Plenums des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahre 1973, №  7/73; Tasev, Nasledstveno pravo, S.  89 651  Vgl. jurisPK-BGB/Ludwig (2015), Art.  15 EGBGB, Rn.  62, mit einem Beispiel zum italienischen Recht.

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2. Auskunftsanspruch? Vermögensrechtliche Folgen der Eheauflösung beurteilt das Güterrechtsstatut.652 Es erfasst sowohl den Herausgabeanspruch nach Art.  35 FamKodex wie die Annexansprüche auf Wertausgleich bei der Gütertrennung gem. Art.  33 Abs.  2 FamKodex und auf Anteilserhöhung bei der Errungenschaftsgemeinschaft i. S. des Art.  29 Abs.  3 FamKodex. Um einen höheren als den hälftigen Anteil zugesprochen zu bekommen (Art.  29 Abs.  1 und 3 FamKodex) oder einen Wertausgleich für einen Beitrag zur Vermögensmehrung des anderen Ehepartners beanspruchen zu können (Art.  33 Abs.  2 FamKodex), muss der anspruchsstellende Ehepartner zunächst einmal Kenntnis darüber haben, was denn alles zum Errungenschaftsvermögen und zum persönlichen Vermögen des anderen Ehegatten gehört. Das bulgarische Familienrecht lässt ihn dabei im Stich: Es kennt keinen materiellrechtlichen Auskunftsanspruch. Das Prozessrecht bemüht an dieser Stelle nur den Beibringungsgrundsatz (vgl. Art.  154 Abs.  1 bulgZPO653). 654 In der heutigen Zeit der Mobilität und des grenzüberschreitenden Arbeitseinsatzes kann das in vielerlei Fällen zu einer probatio diabolica führen. 652  Anders offenbar das Schweizer IPR. Danach gehöre die Pflicht der Ehegatten zur gegenseitigen Information über ihre Vermögenswerte und deren Belegenheitsort während der Ehezeit zu den allgemeinen Wirkungen der Ehe. Dem Scheidungsstatut dagegen zuzuschlagen sei die Pflicht der Eheleute zur gegenseitigen Information bei Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung; näher dazu Patocchi/Geisinger, Art.  52 schweizIPRG, S.  251 m. w. N. 653  Art.  154 Abs.  1 bulgZPO lautet: „Jede Partei ist verpflichtet, die Tatsachen festzustellen, auf welche sie ihre Ansprüche oder Einwendungen stützt.“ (Übersetzung durch den Verfasser). 654  Venedikov, SIO, S.  110. Andere fremde Rechtsordnungen kennen ebenfalls keinen Auskunftsanspruch. Indessen folgen sie für die gerichtliche Durchführung des Vermögensausgleichs dem Amtsermittlungsgrundsatz; vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1995, 738 (zum österreichischen Recht); OLG Frankfurt/M, NJW-RR 1991, 583 (zum kroatischen Recht); OLG Stuttgart, FamRZ 1982, 622 (zum griechischen Recht); OLG Stuttgart, FamRZ 2003, 1749 (zum italienischen Recht). In solchen Fällen gewährt die deutsche Rechtsprechung im Wege der Angleichung einen materiellen Auskunftsanspruch – entweder aus dem berufenen Güterstatut heraus (so z. B. OLG Stuttgart, IPRax 1990, 250 f.; OLG Köln, NJW-RR 1998, 865 f.; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  286 f.) oder gem. §  1379 BGB analog bzw. nach §  1605 BGB (dafür LG München I, IPRspr 1977, Nr.  64; AG Wolfratshausen, IPRax 1982, 23; Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  222 m. w. N.). Dieser ist mit der Stufenklage nach §  254 ZPO selbst bei ausländischem Ehegüterstatut durchsetzbar (vgl. OLG München, FuR 2006, 93 f.); siehe zusätzlich zu den zitierten Entscheidungen OLG Köln, NJW-RR 1998, 865 f. (zum türkischen Recht); OLG Hamm, IPRax 1988, 108 f. (zum griechischem Recht) m. i. Erg. zust. Anm. Jayme/­Bissias, ebd., S.  94 ff.; AG Tempelhof-Kreuzberg, IPRspr 2008, Nr.  53, S.  186 f. (zum französischen Recht); AG Wolfratshausen, IPRax 1982, 23 ff. unter Rekurs auf §  242 BGB (zum rumänischen Recht) m. zust. Anm. Jayme, ebd., S.  11 f.; LG München, IPRspr 1977, Nr.  64, S.  183 f. (zum belgischen Recht); Henrich, IntFamR, S.  122; ders., in: Johannsen/Henrich, Art.  15 EGBGB, Rn.  35; Looschelders, Art.  15 EGBGB, Rn.  7.

§  2. Ehewirkungen

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Die gesetzliche Lösung vermag nicht zu befriedigen. Die Miteigentümerposition der (geschiedenen oder in den Fällen des Art.  27 Abs.  2 und 3 FamKodex noch miteinander verheirateten) Ehegatten in der bulgarischen Errungenschaftsgemeinschaft schließt gegenseitige Auskunftsansprüche zwischen ihnen nicht a limine aus.655 Es ist sachlich geboten, den Eheleuten untereinander – ungeachtet ihres Güterstands – einen allgemeinen Auskunftsanspruch zu gewähren. Als Anspruchsgrundlage bietet sich Art.  13 FamKodex an. Danach haben die Ehegatten gleiche Rechte und Pflichten. Dagegen würde verstoßen, wenn der materiellrechtliche Wertausgleichs- bzw. der Anteilserhöhungsanspruch zum Scheitern verurteilt ist, weil der dazu berechtigte Ehegatte die entsprechenden Vermögensverhältnisse des anderen nicht kennt und auch nicht wissen kann. Dafür spricht noch die 1-jährige Präklusionsfrist ab Rechtskraft des Scheidungsurteils für die Geltendmachung des Anteilserhöhungsanspruchs nach Art.  29 Abs.  3 FamKodex (Art.  31 FamKodex). Dogmatisch kann ein deutsches Gericht solch einen Auskunftsanspruch mithilfe richterlicher Rechtsfortbildung aus dem bulgarischen Recht heraus entwickeln.656; 657 Die Rechtsgrundlage hierfür ist in Art.  5 S.  2 bulgZPO zu finden.658 Die Norm verleiht dem einheimischen Richter die Befugnis zur Fortbildung des Rechts. Eine vergleichbare Regelung kennt das schweizerische Recht. Art.  1 Abs.  2 und 3 schweizZGB ermöglicht dem Richter eine Lückenfüllung modo legislatoris.659 Der hier favorisierte allgemeine Anspruch auf Erteilung 655  Vgl. Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  287 a. E.; a. A. (kein Auskunftsanspruch) OLG Hamm, FamRZ 2002, 459 a. E. (zum brasilianischen Recht). 656  Wie hier für eine Anpassung auf dem Boden des ausländischen Sachrechts OLG Hamm, IPRax 1988, 108, 109 = NJW-RR 1987, 1476 f.; OLG Stuttgart, IPRax 1990, 250, 251; Kerameus, IPRax 1990, 228, 229 (alle zum griechischen Recht); OLG Köln, NJW-RR 1998, 865, 866 (Anspruch auf Rechnungslegung nach türkischem Recht als dem maßgeblichen Güter­ statut); OLG Karlsruhe, FamRZ 1995, 738, 740 (zum österreichischen Recht); Staudinger/ Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  286 f. 657  Zur Rechtsfortbildung im bulgarischen Recht Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  I, S.  289–298. Zur Wirksamkeit und Legitimation der Rechtsfortbildung siehe v. a. Zippelius, Juristische Methodenlehre, §  13, S.  63–69. 658  Art.  5 bulgZPO lautet: „Das Gericht beurteilt und entscheidet den Rechtsstreit nach dem genauen Sinn der Gesetze, und wenn diese unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind – gemäß ihrer allgemeinen Vernunft. Beim Fehlen eines Gesetzes stützt das Gericht seine Entscheidung auf die Grund­ sätze des Rechts, das Gewohnheitsrecht und die Moral.“ (Übersetzung durch den Verfasser). Die Vorschrift steht im Ersten Teil des zivilprozessualen Kodexes: „Allgemeine Regelungen“, Zweiten Kapitel: „Grundsätze“, unter der Überschrift „Gesetzesmäßigkeit“. 659  Art.  1 Abs.  2 und 3 schweizZGB lautet: „(2) Kann dem Gesetze keine Vorschrift entnommen werden, so soll der Richter nach Ge-

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von Auskunft über das vorhandene Vermögen im maßgeblichen Augenblick der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft (mit Rechtskraft des Scheidungsurteils in den Fällen des Art.  27 Abs.  1 und 2 FamKodex resp. mit wirksamer Wahl der Gütertrennung oder des Vertragsgüterstands gem. Art.  27 Abs.  3 FamKodex) ist wegen seines engen Sachzusammenhangs mit den o.g. vermögensrechtlichen Ansprüchen nach Art.  33 Abs.  2 und Art.  29 Abs.  3 FamKodex ebenfalls güterrechtlich zu qualifizieren (Art.  39 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB).660 Hingegen sind der Anteilserhöhungsanspruch nach Art.  29 Abs.  1 FamKodex und der Herausgabeanspruch nach Abs.  2 dieser Vorschrift unterhaltsrechtlich einzuordnen, da im Vordergrund dieser Ansprüche die Ausübung der elterlichen Sorge steht. Als Alternative zu diesem Vorschlag bietet sich die Regelung des Art.  161 bulg­ZPO an.661 Danach kann der Richter Behauptungen als bewiesen betrachten, derentwegen die nicht beweisbelastete Partei die Beweisführung vereitelt hat.662 Voraussetzung für eine derartige Beweisvereitelung ist eine vom Berechtigten entschuldbare Ungewissheit über den genauen Bestand des Vermögens seines (ehemaligen) Ehepartners im Zeitpunkt der Beendigung der Errungenschafts­ gemeinschaft und die Zumutbarkeit der Auskunftserteilung durch den letzteren. Lehnt man jedoch das erste Lösungsmodell unter Hinweis auf das Fehlen eines ausdrücklich im Gesetz verankerten Auskunftsanspruchs ab und scheitert der zweite Lösungsansatz im konkreten Einzelfall (etwa mangels Substantiierung wohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die er als Gesetzgeber aufstellen würde.“ (3) Er folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.“ 660  Zu diesem Ansatz aus deutscher Perspektive s. BGHZ, FamRZ 1979, 690; OLG Köln, FamRZ 1999, 298; OLG Stuttgart, FamRZ 2002, 1032; 2005, 1676; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  283; Henrich, in: Johannsen/Henrich, Art.  15 EGBG, Rn.  35. 661  Art.  161 bulgZPO lautet: „Im Hinblick auf die Umstände des Rechtsstreits kann das Gericht die Tatsachen für bewiesen erachten, derentwegen die Partei ein Hindernis für die Führung zugelassener Beweise geschaffen hat.“ (Übersetzung durch den Unterzeichner). Die Vorschrift steht im Zweiten Teil: „Allgemeiner Antragsprozess“, Ersten Unterteil: „Verfahren vor erster Instanz“, Vierzehnten Kapitel: „Beweise“, Abschnitt I.: „Allgemeine Regelungen“, unter der Überschrift: „Folgen aus der Vereitelung der Beweisführung“. 662  Im deutschen Zivilprozessrecht spricht der BGH von einer Beweiserleichterung bis zur Beweislastumkehr; s. BGH, NJW 2008, 982 (Rn.  23); NJW 2006, 434 (Rn.  23); NJW 1987, 1482. Die allgemeine Grundlage dieser Sanktion stellt der Grundsatz von Treu und Glauben bzw. das durch Art.  3 GG verfassungsrechtlich abgesicherte Prinzip der Waffengleichheit im Prozess. Beide Ansätze führen zu prozessualen Mitwirkungs-, Aufklärungs- und Beweissicherungspflichten (näher Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, §  115, Rn.  20; v. a. jedoch Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kap.  8, Rn.  138 ff. m. w. N.).

§  2. Ehewirkungen

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des Sachvortrags), so hätte es damit für den deutschen Rechtsanwender nicht etwa sein Bewenden. Denn es ist anerkannt, dass beim Fehlen eines Auskunftsanspruchs im anwendbaren Ehegüterrechtsstatut ein solcher durch Rechtsanpassung nach deutschem Recht zu ergänzen ist, wenn sich gesetzliche Rechte ohne einen solchen Anspruch nicht verwirklichen lassen.663; 664 Die Ablehnung eines Auskunftsanspruchs hätte außerdem zur Folge, dass ein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zur Vermögensauskunft ausschiede. Seine Qualifikation folgt nämlich der des Hauptanspruchs, also güterrechtlich. Und dem bulgarischen Güterrecht ist – insoweit konsequent – solch ein Anspruch unbekannt. Schließt man sich indessen dem hiesigen Lösungsvorschlag an (d. h. Auskunftsanspruch in Analogie zu Art.  13 FamKodex), ist trotzdem ein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vermöge einer Angleichung nicht konstruierbar. Die angleichungsweise Gewährung eines solchen Anspruchs zöge eine strafbewehrte Mitwirkungshandlung nach sich, die das berufene fremde (hier: bulgarische) Güterrecht gerade nicht vorsieht.665 3. Gesellschaften unter den Ehegatten a) Ehegatteninnengesellschaft? Aus Sicht des deutschen Rechts erfasst der Begriff der Ehegatteninnengesellschaft Fallgestaltungen, in denen die Eheleute einen über die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden gemeinsamen Zweck verfolgen.666 Typisches Beispiel ist die gemeinsame Schaffung von Vermögen bzw. Vermögenszuwachs oder der gemeinsame Aufbau eines Unternehmens. Formal sind in solchen Gestaltungen Vermögenswerte nur dem einen Ehegatten (Firmeninhaber, Kontoinhaber, Grundeigentümer) zugeordnet, auch wenn sie durch überobligatorische Leistungen des anderen (mit-)geschaffen worden sind. Das Ergebnis erschiene unbillig, wenn das Güterrecht kein Ausgleichsmechanismus dafür bereithielte,667 so vor allem bei der Gütertrennung.668 663  OLG Köln, NJW-RR 1998, 865, 866; OLG Frankfurt/M, NJW-RR 1991, 583; OLG Karlsruhe, FamRZ 1995, 738, 740. 664  Zur Rechtsfortbildung im anwendbaren ausländischen Recht siehe M. Becker, FS Martiny (2014), 619, 627–630, mit dem Hinweis zur nötigen Abgrenzung zwischen der Rechtsfortbildung im anwendbaren ausländischen Recht und der richterlichen Rechtsfortbildung der lex fori nach deutschem Recht (S.  629). 665  Dazu OLG Stuttgart, FamRZ 2003, 1749. 666  Vgl. BGH, NJW-RR 1990, 736; NJW-RR 1995, 3383, 3384 f.; NJW 1999, 2962 f., 2966 m. w. N. 667  St. Rspr.; s. nur BGHZ 142, 137, 143 f. 668  Nur ausnahmsweise kann eine Innengesellschaft auch beim gesetzlichen Güterstand anzunehmen sein, wenn der Zugewinnausgleich wegen besonderer Umstände nicht zu einer billi-

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

aa) Deutsches Kollisionsrecht Im deutschen IPR erfolgt die Qualifikation der Ausgleichsansprüche zwischen den Ehegatten-Gesellschaftern nicht einheitlich.669 Vertreten wird eine Zuordnung zum allgemeinen Ehewirkungsstatut (Art.  14 EGBGB),670 zum Güterstatut (Art.  15 Abs.  1 EGBGB)671 sowie zum Vertragsstatut (Art.  3 Abs.  1 S.  2 Rom  I-­ VO [subjektives Vertragsstatut] bzw. Art.  4 Abs.  4 Rom  I-VO [objektives Vertragsstatut]).672 Eine Zuordnung zum Gesellschaftsstatut scheidet demgegenüber aus, weil die Innengesellschaft lediglich ein Hilfskonstrukt darstellt, was der funktionalen Nähe zum Gesellschaftsstatut entgegensteht.673 Vorzugswürdig erscheint die güterrechtliche Qualifikation. Denn die Funktion der „Ehegatten-­ Innengesellschaft“ ist es gerade, eine vom Ergebnis her als unbillig empfundene „Lücke“ im Güterrecht zu schließen und einen Vermögensausgleich dort zu schaffen, wo die formale güterrechtliche Lösung keine befriedigenden Ergebnisse bietet (teleologische Qualifikation).674 Selbst wenn man für eine schuldrechtliche Qualifikation plädierte, käme man über die Anknüpfung an die engste Verbindung gem. Art.  4 Abs.  4 Rom  I-VO letztlich zur akzessorischen Anknüpfung an das Recht, welchem die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten unterstehen.675 bb) Bulgarisches Kollisionsrecht Das bulgarische IPR tut sich dagegen leichter mit der Qualifikation. Das liegt an der sachrechtlichen Zuordnung solcher Ansprüche (Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB): gen Lösung führt und es zur Vermeidung unangemessener und untragbarer Ergebnisse der Korrektur bedarf; vgl. nur BGH, NJW 1986, 1870 f.; NJW-RR 1994, 652, 654; BGHZ 115, 132, 135 ff. Besteht zwischen den Ehegatten Gütergemeinschaft, bewirkt das Güterrecht hinsichtlich der zum Gesamtgut gehörenden Gegenstände bereits einen billigen und gerechten Ausgleich; von einer stillschweigend vereinbarten Innengesellschaft kann dann nicht die Rede sein; s. BGH, NJW 1994, 652, 654. 669  Neuerdings Christandl, FamRZ 2012, 1692 ff. 670  Henrich, FS Richardi (2007), 1039, 1043; er setzt an der Frage an, ob außerhalb des Güterrechts Ausgleichs- und Abfindungsansprüche bestünden. 671  Christandl, FamRZ 2012, 1692, 1695; Andrae, IntFamR, Rn.  217. 672  Zuletzt BGH, NJW 2015, 2581 ff. Zum Ganzen eingehend Christandl, FamRZ 2012, 1692, 1693–1695 m. w. N. 673  Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  198. 674  Allgemein dazu MüKo BGB/Sonnenberger (2010), Einl. IPR, Rn.  500 f.; Kegel/Schurig, IPR, §  7 III 3, S.  343 ff.; Kropholler, IPR, §  17 I, S.  126 ff. In puncto Qualifikation von Ehegatten-Innengesellschaften Christandl, FamRZ 2012, 1692, 1695. 675  S.a. BGH, Urteil v. 10.6.2015 – IV ZR 69/14 = BeckRS 2015, 11260 = FamRZ 2015, 1379 m. i. Erg. zust. Anm. Christandl; ders., FamRZ 2012, 1692, 1694; Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  217.

§  2. Ehewirkungen

347

Der beim Güterstand der Gütertrennung bestehende Wertausgleichsanspruch nach Art.  33 Abs.  2 FamKodex soll einen gerechten Vermögensausgleich zwischen den Ehegatten bei Auflösung der Ehe erreichen. Er behebt also gerade jene unbefriedigenden Resultate, welche die deutsche Rechtsprechung im Güterrecht mit der Rechtskonstruktion der Ehegatten-Innengesellschaft auszugleichen sucht. Das Gleiche gilt für den Anspruch auf Anteilserhöhung bei der Errungenschaftsgemeinschaft nach Art.  29 Abs.  3 FamKodex.676 Dieses sachrechtliche Vorverständnis setzt sich auf der kollisionsrechtlichen Ebene fort (Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB). Davon abzuweichen gibt selbst Art.  39 Abs.  3 bulgIPRGB mit der funktionalen Qualifikation keinen Anlass. Nach alledem sind Ausgleichs- und Abfindungsansprüche zwischen den Ehegatten-Gesellschaftern (auch) aus der Perspektive des bulgarischen IPR güterrechtlich zu qualifizieren. b) Außengesellschaften Gründen Eheleute eine (in deutscher Terminologie) Außengesellschaft, so unterliegt diese dem Gesellschaftsstatut. Gesellschaften bürgerlichen Rechts fallen unter Art.  57 bulgIPRGB, weil solche aus Sicht des bulgarischen Rechts keine juristischen Personen sind.677 Danach ist das Recht des Gründungsstaates maßgebend (sog. Gründungstheorie).678 Anders qualifiziert das deutsche IPR. Es unterstellt Ehegattenaußengesellschaften dem Recht des Staates, in dem der Gesellschaftszweck hauptsächlich verfolgt wird, es sei denn, die Gesellschaft ist eindeutig nach einem bestimmten Recht gegründet (sog. Sitztheorie).679 Das Gesellschaftsstatut bestimmt die Beteiligung jedes Ehegatten-Gesellschafters am Gewinn und Verlust (Art.  58 Nr.  6 und 7 bulgIPRGB). Wie im Verhältnis zur lex rei sitae hat das Güterstatut auch im Verhältnis zum Gesellschaftsstatut das letzte Wort, wenn es darum geht, die Zuordnung der Einkünfte aus der Gesellschaft innerhalb der ehelichen Vermögensmasse(n) zu bestimmen. In die676 

Indem Art.  29 Abs.  3 FamKodex einen „wesentlich höheren Beitrag“ zur Mehrung des Errungenschaftsvermögens verlangt, gleichen sich die Lösungsergebnisse in den Fällen, in denen Güterstatut mal deutsches, mal bulgarisches Güterrecht ist. 677  Vgl. Stancheva-Mincheva, Art.  57 bulgIPRGB, S.  136. Siehe ferner Artt.  357–363 bulgGSV, welche Regelungen über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts beinhalten. 678  Die Gründungstheorie ist in Artt.  56–58 bulgIPRGB ausdrücklich festgelegt; hierzu aus bulgarischer Sicht Babarov, Targovsko pravo 2018, №  1, 65 ff. Die grenzüberschreitende Verlegung des (Satzungs-)Sitzes ist wirksam bei Beachtung der Rechtsvorschriften des Ursprungsund des Zuzugslandes; vgl. Doytchinova/Stoyanova, in: Süß/Wachter, IntGmbH-Recht, Bulgarien, Rn.  108. 679  MüKo BGB/Martiny (2015), Art.  1 Rom  I-VO, Rn.  70; Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  218.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

sem Kontext gehört nach Art.  22 Abs.  3 FamKodex der Gegenstand, den ein Einzelkaufmann-Ehegatte während der Ehe in Ausübung dieser seiner beruflichen Tätigkeit erwirbt und in seinem Geschäftsbetrieb einsetzt, zu seinem Eigengut. Freilich betrifft diese Vorschrift eine Frage aus dem Güter-, und nicht aus dem Gesellschaftsstatut, soweit sie darauf abzielt, eine dingliche Beteiligung eines Ehegatten an Gesellschaftsanteilen des anderen zu erreichen. Anders ausgedrückt: Art.  22 Abs.  3 FamKodex ist nur dann anwendbar, wenn Güterstatut bulgarisches Recht ist. 4. Verfügungsbeschränkungen der Ehegatten Das bulgarische Familienrecht kennt Verfügungsbeschränkungen für die einzelnen gesetzlichen Güterstände, und zwar in Art.  24 Abs.  3–5 und Art.  26 Fam­ Kodex für die Errungenschaftsgemeinschaft sowie in Art.  34 i. V. m. Art.  26 FamKodex für die Gütertrennung. Verpflichtungsbeschränkungen gibt es dagegen keine – weder bei der Errungenschaftsgemeinschaft noch bei der Gütertrennung. Zur Verwaltung gemeinschaftlichen wie persönlichen Vermögens ist jeder Ehegatte berechtigt. Für die Gütertrennung folgt dies aus der Natur der Sache, für die Errungenschaftsgemeinschaft aus Art.  24 Abs.  2 oder Art.  25 FamKodex.680 Bedeutsam ist diese Feststellung insofern, als man die bulgarischen Regelungen als güterrechtlich betrachten muss; dementsprechend sind sie auch zu qualifizieren. Soweit ausländische Rechtsordnungen ähnliche Beschränkungen losgelöst vom Güterstand bereithalten,681 sind sie im bulgarischen Kollisionsrecht nach Art.  39 Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB den persönlichen Ehewirkungen (Art.  79 Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB) zuzuschlagen. Fallen Ehewirkungs- und Güterrechtsstatut ausnahmsweise auseinander, so kann das zu Normwidersprüchen führen. Solche Widersprüche sind mit einer Doppelqualifikation aufzulösen. Es sind die Verfügungsbeschränkungen nach dem an sich nicht anwendbaren Ehewirkungsrecht des ermittelten Güterstatuts heranzuziehen.682

680  Art.  24 Abs.  2

FamKodex betrifft das Gesamtgut, Art.  25 FamKodex das Eigengut. Rechtsvergleichende Hinweise bei Staudinger/Mankowski (2011), Art.  14 EGBGB, Rn.  302. 682  Die kollisionsrechtliche Rechtslage in Bulgarien ist an diesem Punkt mit der deutschen vergleichbar. Die hierzulande gewonnenen Rechtserkenntnisse sind daher auf das bulgarische IPR übertragbar; näher NK-BGB/Andrae (2016), Art.  14 EGBGB, Rn.  71; Henrich, IntFamR, S.  74, 116; Henrich, in: Johannsen/Henrich, Art.  15 EGBGB, Rn.  31; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  14 EGBGB, Rn.  303. 681 

§  2. Ehewirkungen

349

5. Verbindlichkeiten der Ehegatten gegenüber Dritten Geht ein Ehegatte persönlich eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung ein oder trifft ihn eine solche von Gesetzes wegen, so ist stets zwischen Außen- und Innenverhältnis zu unterscheiden. a) Das Außenverhältnis aa) Primärhaftung Über das Außenverhältnis herrscht das Schuldstatut und bestimmt die Voraus­ setzungen einer Verpflichtung. Dazu gehört die Frage nach dem Schuldner. Das Schuldstatut kann dabei eine Mithaftung des anderen Ehegatten vorsehen, soweit es sie aus schuldrechtlichen (und nicht aus familienrechtlichen) Gründen ableitet.683 Ob und wie das Güter- oder Ehewirkungsstatut dies beurteilt, interessiert dann nicht weiter; der inländische Rechtsverkehr ist über Art.  50 Abs.  2 bulg­ IPRGB hinreichend geschützt. Anders ist es, wenn das Schuldstatut nur den einen Ehegatten verpflichtet. Hier muss man das Güterstatut – und eventuell das Ehewirkungsstatut684 – nach einer Mithaftung des anderen Ehegatten befragen, der die Verpflichtung nicht persönlich eingegangen ist. Denn das Güterstatut beherrscht die Frage nach einer solchen Mithaftung des anderen Ehegatten eben aus familienrechtlichen Gründen.685 Sieht es eine derartige Mithaftung vor, so wertet das ihm unterworfene Güterrecht die Rechtsstellung des Gläubigers auf – er hat nun zwei Schuldner, auch wenn er davon nichts ahnt. Das bulgarische Güterrecht kennt eine Mithaftung des nicht handelnden Ehegatten nur bei Verbindlichkeiten zur Deckung der Familienbedürfnisse (Art.  32 Abs.  2 oder Art.  36 Abs.  2 FamKodex). Beide Regelungen sind güterrechtlich einzuordnen. Kontrahiert also ein Ehegatte unter bulgarischem Güterstatut in Deutschland und dient das getätigte Rechtsgeschäft nicht der Deckung der – im Anwendungsbereich des Art.  36 Abs.  2 FamKodex „laufenden“- Familien­ bedürfnisse, so kommt eine Mithaftung des anderen Ehegatten nur unter den Voraussetzungen des Art.  16 Abs.  2 EGBGB i. V. m. §  1357 in Betracht.

683 

Vgl. Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  231. Das Ehewirkungsstatut muss deswegen befragt werden, weil einige Rechtsordnungen die Mitverpflichtung des anderen Ehegatten unabhängig vom Güterstand vornehmen und darum nicht güterrechtlich, sondern ehewirkungsrechtlich qualifizieren. Beispiel dafür ist §  1357 BGB, der den allgemeinen Ehewirkungen gem. Art.  14 EGBGB zugeordnet wird. 685  Vgl. Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  232 m. w. N. 684 

350

3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

bb) Sekundärhaftung Lässt sich eine primäre Mithaftung des anderen Ehegatten nicht begründen, so kann sie sich sekundär daraus ergeben, dass sein Vermögen als Haftungsmasse dem Zugriff der Gläubiger seines Ehepartners zur Verfügung steht. Das trifft auf den Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht zu, wenn die Gläubiger die Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut betreiben. Diese vollstreckungsrechtliche Mithaftung ist aus Sicht des bulgarischen IPR güterrechtlich zu qualifizieren.686 Denn es geht um eine akzessorische Haftung für Verbindlichkeiten des anderen Ehepartners: das Güterrecht lässt den nicht handelnden Gatten zwar nicht in Person haften, wohl aber das Errungenschaftsvermögen als Ganzes. Das bulgarische Güterrecht als lex fori kennt solch eine Haftungskonstruktion.687 Nach Art.  27 Abs.  4 FamKodex scheidet diejenige Sache aus dem Errungenschaftsvermögen aus, in welche die Zwangsvollstreckung betrieben wird. Die Zwangsvollstreckung beendet folglich die Zugehörigkeit einer bestimmten Sache zum Errungenschaftsvermögen. b) Das Innenverhältnis Das Güterstatut beherrscht ferner allfällige Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis der Ehegatten, sofern ein bestimmter Güterstand die Grundlage der Eintrittspflicht bildet.688

§  3. Ehescheidung Bei Scheidung einer Ehe unterscheidet man zwischen Inlands- und Auslandsscheidungen, weil sich daraus Besonderheiten ergeben. A. Inlandsscheidung I. Anknüpfungsgegenstand des Scheidungsstatuts Anknüpfungsgegenstand ist die Scheidung einer Ehe. Vom Standpunkt des bulgarischen Familienrechts bedeutet Scheidung die gerichtliche Auflösung des Ehebandes mit Wirkung ex nunc aus Gründen, die nach der Heirat eingetreten sind.689 686 

Gleiches gilt aus deutscher Sicht; s. BGH, FamRZ 1998, 905 ff.; AG Menden, FamRZ 2006, 1471. 687  Zum italienischen Recht Süß, MittBayNot 2007, 385 ff.; AG Menden, FamRZ 2006, 1471. 688  Andrae, IntFamR, §  3, Rn.  234; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  15 EGBGB, Rn.  271. 689  Todorov, Pravootnoshenia, S.  156, Tz.  67.

§  3. Ehescheidung

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Der Begriff der Ehescheidung i. S. des Art.  82 bulgIPRGB erfasst natürlich auch all jene Erscheinungsformen in fremden Rechtsordnungen, die ihm funktional gleichen (Art.  39 Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB), darunter z. B. die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes. Das ist ebenso nach der Rom  III-VO690 (vgl. seinen Art.  1 Abs.  1). Das Scheidungsstatut bestimmt über die Scheidbarkeit einer Ehe, nach Gründen und Wirkungen.691 II. Anknüpfungsregeln Auf Scheidungsverfahren, die nach dem 21.6.2012 eingeleitet worden sind, ist die Rom  III-VO anzuwenden. In der Zeit davor bestimmt sich das Scheidungsstatut nach dem autonomen Kollisionsrecht gem. Art.  82 Abs.  1 oder 2 bulg­ IPRGB. 1. Bis zum 20.6.2012 eingeleitete Scheidungsverfahren692 a) Anknüpfungsgrundsätze Das auf eine Ehescheidung anwendbare Recht bestimmt Art.  82 bulgIPRGB693 mit einer dreistufigen Anknüpfungsleiter.694 Primär maßgebend ist die gemeinsame695 690 

Verordnung (EU) Nr.  1259/2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts v. 20.12.2010 (ABl. 2010 L 343 v. 29.12.2010, S.  10). Bulgarien ist Teilnehmerstaat. 691  Schon zum alten Recht so Todorov, Pravootnoshenia, S.  157 ff., Tz.  67 f. 692  Für den Begriff „Einleitung des Verfahrens“ ist Art.  16 EuEheVO entsprechend heranzuziehen. Abzustellen ist auf den Tag, an welchem das verfahrenseinleitende Schriftstück bei Gericht eingereicht wurde oder die für die Zustellung verantwortliche Stelle dieses erhalten hat (Art.  16 lit.  a und b EuEheVO); vgl. Andrae, IntFamR, §  4, Rn.  14. 693  Art.  82 bulgIPRGB übernimmt zum größten Teil die Regelung des Art.  134 FamKodex a. F. (1985). Die Neuerungen betreffen nur Art.  82 Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB, d. h. die Scheidung gemischt-nationaler Ehe: Hatten die Ehegatten mehrere Staatsangehörigkeiten, erfolgte die Anknüpfung früher an die gemeinsame von ihnen, einerlei ob sie die effektive war (heute ist dies wegen Art.  47 Abs.  3 bulgIPRGB anders); mangelte es an einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit, knüpfte das Gesetz an das Recht des Staates an, welches die Scheidung zuließ. vgl. Art.  134 Nr.  3 FamKodex a. F. (1985). 694  Teilweise a. A. Stancheva-Mincheva, Art.  82 bulgIPRGB, S.  246, die lediglich den Abs.  2 des Art.  82 bulgIPRGB als Kaskadenanknüpfung versteht. Unklar Todorov, MCP, S.  234, der von einer „hilfsweisen“ Anknüpfung spricht. 695  Das Gesetz spricht ausdrücklich von gleicher „ausländischer“ Staatsangehörigkeit. Indes kann bei gemeinsamer bulgarischer Staatsangehörigkeit nichts anderes gelten. Im Ergebnis wohl ebenso Sofioter Stadtgericht, Urt. v. 19.3.2013 i. d. Rs. №  5837/2012 – ciela (mit einem argumentum e contrario aus Art.  82 Abs.  2 bulgIPRGB).

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Staatsangehörigkeit der Ehegatten (Abs.  1),696 sekundär ihr gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt (Abs.  2 S.  1)697. Auf der letzten Stufe ist bulgarisches Scheidungs­ recht berufen, wenn die Ehegatten im Augenblick der Stellung des Scheidungs­ antrags einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt nicht haben (Abs.  2 S.  2).698 Die Anknüpfungen auf den ersten zwei Stufen sind in Anbetracht der Anknüpfungsmomente des Art.  76 Abs.  1 S.  1 (Eheschließung) und des Art.  79 Abs.  1 und Abs.  2 (i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB) bulgIPRGB (persönliche und güterrechtliche Ehewirkungen) nur folgerichtig. Sie gehören allesamt zum persönlichen Bereich der Ehegatten. In ihrem Interesse entscheidet daher ihr gemeinsames Personal- oder Aufenthaltsstatut. Es handelt sich jeweils um eine IPR-Verweisung, weshalb Rück- und Weiterverweisungen zu befolgen sind (Art.  40 Abs.  1 i. V. m. Abs.  2 bulgIPRGB).699 Versagen die Anknüpfungen auf der ersten und zweiten Stufe, so kommt an letzter Stelle bulgarisches Scheidungsrecht zum Zuge (Abs.  2 S.  2). Mit dem in Art.  2 bulgIPRGB proklamierten Grundsatz der engsten Verbindung hat dies wenig zu tun, hängt doch die Anknüpfung auf der dritten Stufe nur noch von der internationalen Zuständigkeit bulgarischer Gerichte ab, die schon bei bulgarischer Staatsangehörigkeit eines der Ehegatten begründet ist (Art.  7 Alt.  1 bulgIPRGB; die 2. Alt. dieser Norm setzt einen gewöhnlichen Aufenthalt – wieder nur eines Ehepartners – im Inland voraus). Man mag dem Gesetzgeber die Absicht unterstellen, im Interesse einer Wiederheiratung das bulgarische Recht mit seiner Scheidungsfreundlichkeit berufen zu wollen.

696 

Für verheiratete Mehrstaater, Asylanten, Staatenlose und Flüchtlinge gelten die allgemeinen Bestimmungen nach Art.  47 Abs.  2–6 bulgIPRGB. 697  S. dazu Stadtgericht-Sofia, Urt. v. 27.1.2012 i. d. Rs. №  2135/2011 – ciela; Rayongericht Stara Zagora, Beschl. №  991 v. 26.3.2013 i. d. Rs. №  2321/2011 – ciela. 698  Hiezu Berufungsgericht Vratsa, Urt. №  303 v. 9.7.2013 i. d. Rs. №  341/2013 – ciela. Bemerkenswert ist es, dass die Rayongerichte nicht immer den Anwendungsvorrang der Rom  IIIVO beachten. Ohne diese zu prüfen, stützen sie sich sofort auf Art.  82 Abs.  2 S.  2 bulgIPRGB und gelangen damit zur Anwendbarkeit bulgarischen Familienrechts. Hierher gehört die Rechtsprechung von Rayongericht Veliki Preslav, Urt. №  107 v. 22.4.2014 i. d. Rs. №  502/2013; Rayongericht Mezdra, Urt. №  72 v. 31.10.2013 i. d. Rs. №  804/2013; Rayongericht Mezdra, Urt. №  8 v. 19.2.2013 i. d. Rs. №  1108/2012; Rayongericht Varna, Urt. №  6171 v. 19.12.2014 i. d. Rs. №  12069/2013; Rayongericht Varna, Urt. №  4877 v. 24.10.2014 i. d. Rs. №  6868/2014; Rayongericht Varna, Urt. №  1067 v. 13.3.2013 i. d. Rs. №  5943/2012; Rayongericht Varna, Urt. №  567 v. 10.2.2014 i. d. Rs. №  9998/2013; Rayongericht Kazanlak, Urt. №  555 v. 25.11.2013 i. d. Rs. №  2327/2013 (internationale Zuständigkeit für die Ehescheidung nicht [ausdrücklich] geprüft); sämtliche Urteile jew. zit. nach JurDB ciela. 699  Vgl. Todorov, MCP, S.  234.

§  3. Ehescheidung

353

b) Unwandelbarkeit Anknüpfungszeitpunkt ist jeweils die Stellung des Scheidungsantrags (starres Statut). Das ist – in deutscher Terminologie und im Gegensatz zum deutschen Recht (§  261 ZPO) – der Eintritt der Anhängigkeit des Scheidungsantrags (vgl. Art.  125 bulgZPO700).701 Der Zeitpunkt der Anhängigkeit des Scheidungsantrags ist bewusst gewählt, da die Scheidungsvoraussetzungen zu dieser Zeit gegeben sein müssen.702 Folgerichtig kommt es bei einer rechtsgeschäftlichen Scheidung im Ausland auf die Zeit der Vornahme des Scheidungsakts an. Die zeitliche Fixierung macht das Scheidungsstatut bis zur Anhängigkeit resp. Vornahme des Scheidungsakts wandelbar, danach ist es unwandelbar. Das hat wiederum zur Folge, dass es an einem Gleichklang zwischen Scheidungs- und Güter- bzw. objektivem Ehewirkungsstatut fehlen kann. Auf den ersten Blick gibt es dafür keinen einleuchtenden Grund. Denn man kann geneigt sein, Eheleute demselben Ehewirkungs- und Scheidungsstatut zu unterstellen.703 Die gesetzgeberische Entscheidung verdient trotzdem Zustimmung. Die Möglichkeit eines Statutenwechsels während des Scheidungsverfahrens würde Manipulationen des Scheidungsstatuts Tür und Tor öffnen. An einer gescheiterten Ehe sollte indes kein Gatte festgehalten werden. Bei Scheidungsverfahren, die vor dem 21.6.2012 eingeleitet sind, werden darum nachfolgende Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen der Eheleute, die nach Anhängigkeit des Scheidungsantrags eintreten, nicht berücksichtigt. Späterer Erwerb einer übereinstimmenden oder verschiedenen Staatsangehörigkeit (Abs.  1) oder spätere Begründung bzw. Aufgabe eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts (Abs.  2) sind damit für die Bestimmung des Scheidungsstatuts belanglos. c) Anwendung bulgarischen Scheidungsrechts Nach Art.  82 Abs.  3 bulgIPRGB findet auf die Scheidung bulgarisches Recht außerdem dann Anwendung, wenn das nach der Kaskadenanknüpfung ermittelte Recht die Scheidung der Ehe nicht zulässt. Das europarechtliche Pendant dazu ist in Art.  10 Rom  III-VO zu finden. Es handelt sich um eine besondere Ausprägung des ordre public-Vorbehalts i. S. des Art.  45 bulgIPRGB;704 insoweit ist 700  Art.  125

bulgZPO lautet: „Die Klage ist erhoben mit dem Eingang der Klageschrift beim Gericht.“ (Übersetzung durch den Verfasser). 701  Vgl. Gachev, in: Punev et al., Artt.  124–152 bulgZPO, §  2. Tz.  1., S.  182. 702  Natov, MCP-Osobena chast, S.  368. 703  So z. B. die Lösung des österreichischen Kollisionsrechts, vgl. §  18 und §  20 des österreichischen IPRG. 704  Wohl in diesem Sinne ebenfalls Stancheva-Mincheva, Art.  82 bulgIPRGB, S.  246 f.; teil-

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Art.  82 Abs.  3 bulgIPRGB lex specialis. Den hinreichenden Inlandsbezug stellt die Vorschrift dabei selbst her, indem sie auf die bulgarische Staatsangehörigkeit oder den gewöhnlichen Aufenthalt eines Ehegatten (nicht notwendig des Antragstellers/Klägers) abhebt.705 Wieder kommt es für die Anknüpfung auf den Zeitpunkt der Anhängigkeit des Scheidungsantrags an. Im Vergleich zum früheren Rechtszustand wird die Rechtsposition eines bulgarischen Ehegatten aufrecht­ erhalten, die eines ausländischen verbessert, indem nun auch dieser sich nach bulgarischem Recht scheiden lassen kann.706 Die Norm verlangt, dass „das anzuwendende Recht die Scheidung nicht zulässt“. Gemeint ist objektive Unscheidbarkeit der Ehe; subjektive Elemente spielen keine Rolle. Ein solches scheidungsrelevantes Nicht-Zulassen kann etwa darin bestehen, dass das maßgebliche (ausländische) Scheidungsrecht, anders als das bulgarische Recht, die Ehe als eine hinkende betrachtet und sie darum nicht auflösen kann. Fraglich sind die Fälle, in denen das ausländische Recht eine Scheidung zwar nicht grundsätzlich verwehrt, sie aber von langen Wartefristen oder außerordentlich strengen Bedingungen abhängig macht, so dass dies dem Versagen einer Scheidung nahezu gleichkäme. Die Gesetzesformulierung ist nicht so zu interpretieren, dass das anwendbare Scheidungsstatut eine Scheidung generell, also abstrakt betrachtet, ausschließen müsste. Es genügt, wenn das bulgarische Gericht die Scheidung unter Anwendung des maßgebenden ausländischen Scheidungsrechts derzeit abzulehnen hätte. Für diese Feststellung, dass die Anwendung des fremden Scheidungsrechts dem bulgarischen Gericht augenblicklich die Scheidung nicht erlaubt, streitet bereits der Wortlaut. Er stellt ausdrücklich darauf ab, dass das fremde Recht „die“ – und gerade nicht eine – Scheidung nicht zulässt; entscheidend sollen m. a. W. die Scheidungsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall sein. Zudem ist die Ehe mit wenigen Ausnahmen707 fast überall auf der Welt einer Auflösung zugänglich, so dass es meist auf die Gründe oder die Modalitäten der Scheidung ankommt. Nach Art.  82 Abs.  3 bulgIPRGB soll dem scheidungsfreundlichen Recht der Vorrang gegeben werden.708 Das spricht weise anders Todorov, MCP, S.  234: Die Norm sei Ausdruck der Tendenz, dem Einzelnen mehr Freiheiten zuzusprechen und den Staat aus seinem persönlichen Bereich auf Distanz zu halten. 705  So schon nach altem Recht Todorov, Pravootnoshenia, S.  150, Tz.  65. 706  Altrechtlich sah Art.  134 Nr.  1 FamKodex a. F. (1985) einseitig vor, dass die Scheidung bulgarischem Recht unterliegt, wenn einer der Ehegatten Bulgare ist. Ein Anknüpfungszeitpunkt fehlte; die Lehre stellte auf die Zeit der Stellung des Scheidungsantrags ab, bediente sich m. a. W. einer Analogie zu Abs.  2 des Art.  134 leg.cit.; vgl. Todorov, Pravootnoshenia, S.  150, Tz.  65. 707  Bspw. die Philippinen. Malta sah lange Zeit keine Scheidung vor, hat sie aber zwischenzeitlich in Art.  66B Civil Code eingeführt (Government Gazette of Malta No.  18784 v. 29.7.2011). Das Gleiche gilt für Chile; vgl. Samtleben, StAZ 1998, 77 ff. 708  Den Grundsatz des Vorrangs des scheidungsfreudigen Rechts kannte schon das alte IPR,

§  3. Ehescheidung

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für eine extensive Auslegung. Dies entbindet freilich nicht von einer Prüfung des vorrangig berufenen ausländischen Scheidungsstatuts. Das bulgarische Scheidungsrecht kann als Ersatzrecht erst dann zuständig sein, wenn die Ehe nach dem eigentlichen Scheidungsstatut derzeit und bis auf weiteres nicht scheidbar ist. Ein zu rascher Rückgriff auf das inländische Scheidungsrecht könnte dem einen Ehegatten Rechtspositionen vorenthalten, die ihm (als Scheidungsfolgen) nach dem „eigentlich“ anwendbaren fremden, nicht aber (oder jedenfalls nicht so) nach dem angewandten bulgarischen Scheidungsrecht zustehen.709 Ist Scheidungsstatut deutsches Recht, stellt die dreijährige Trennungsfrist des §  1566 Abs.  2 BGB vom Standpunkt des bulgarischen Rechts keine allzu lange Zeit dar, welche die Anwendung des Art.  82 Abs.  2 S.  2 bulgIPRGB rechtfertigte. 2. Ab dem 21.6.2012 eingeleitete Scheidungsverfahren Für Scheidungsverfahren ab dem 21.6.2012 gilt die Rom  III-VO. Ihre Bestimmungen sind autonom und einheitlich auszulegen. Zum Anwendungsbereich der Verordnung und den Anknüpfungsregeln kann auf die deutsche Rechtsprechung und Literatur verwiesen werden; abweichende, erwähnenswerte Äußerungen bulgarischer Gerichte und Literaturstimmen sind – soweit ersichtlich – nicht vorhanden.710 Für die Anwendung der Rom  III-VO ist es irrelevant, ob die interna­ tionale Zuständigkeit sich nach der EuEheVO/Brüssel IIa-VO bestimmen lässt. beschränkte ihn aber auf die Fälle gemischt-nationaler Ehen, die lediglich nach dem Recht des einen Gatten scheidbar waren, vgl. Art.  134 Nr.  3 S.  2 Fall 1 FamKodex a. F. (1985). 709  Zur vergleichbaren Problematik im internationalen Vergleich siehe zu Art.  17 Abs.  1 S.  2 EGBGB a. F. Henrich, IntFamR, S.  135 f., und BGH NJW 2007, 220; zu §  20 Abs.  2 des österreichischen IPRG: OGH, SZ 59/22 = ZfRV 1987, 195 = IPRax 1987, 35, Nr.  9 m. Anm. Schwind, ebd., S.  51 f.; Verschraegen, ZfRV 1987, 187, 188. 710  Siehe nur Todorov, MCP, S.  230 ff. Auffällig ist, dass die Instanzgerichte nicht immer den Vorrang der Rom  III-VO beachten. So bspw. Rayongericht Gorna Oryahovitsa, Urt. №  230 v. 7.6.2017 i. d. Rs. №  942/2017 – ciela (Anwendung der Brüssel IIa- und Rom  III-VO übersehen; stattdessen unter Berufung auf „Art.  4 und Art.  7 bulgIPRGB“ die internationale Zuständigkeit „des“ bulgarischen Gerichts bejaht und ohne kollisionsrechtliche Prüfung bulgarisches Scheidungsrecht angewandt ). Siehe ferner exemplarisch Rayongericht Teteven, Urt. №  60 v. 21.5.2013 i. d. Rs. №  211/2013 – ciela. Dem Rubrum ist zu entnehmen, dass das Scheidungsverfahren 2013 eingeleitet war. Das Gericht führt aus: „Gemäß Artt.  4, 79 Abs.  2 und Abs.  3, Art.  82 Abs.  2 bulgIPRGB wie auch nach Art.  3 Abs.  1 und folgender der Verordnung EG/2201/2003 des Rates vom 27.11.2003, in Kraft seit 1.8.2004 […], ist der Antrag auf einvernehmliche Scheidung der Ehe prozessual zulässig, wobei eine Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu bejahen ist. Es geht um ein Familienrechtsverhältnis mit internationalem Element. Hierauf ist bulgarisches Recht anzuwenden, sowohl bezüglich der Regelungen über die Stellung und Behandlung eines Scheidungsantrags als hinsichtlich der Voraussetzungen der Scheidung und ihrer Rechtsfolgen (Argument nach Art.  7, Art.  82 Abs.  2 bulgIPRGB und Art.  3 f. Verordnung 2201/2003 des Rates.“

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Beispiel:711 Im September 2008 ziehen die Eheleute M (Franzose) und F (Bulgarin) von Paris nach Sofia (Bulgarien) um. Dort gehen beide Gatten einer geregelten Arbeit nach. Anfang 2015 kommt es zu einer Ehekrise, infolge derer der Ehemann aus der Ehewohnung auszieht. Im Juni 2015 kehrt M nach Frankreich zurück, F bleibt in Sofia. Bereits im Mai 2015 hatte F jedoch beim Rayongericht Sofia u. a. einen Scheidungsantrag gestellt. Sie behauptet, M sei am Scheitern der Ehe schuld. Nach welchem Recht beurteilen sich die Scheidung und ihre Voraussetzungen? I. 1) Die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte folgt aus Art.  3 Abs.  1 lit.  a Spiegelstrich 1 EuEheVO.712 Das Rayongericht hätte Art.  8 lit.  a Rom  III-VO anwenden müssen, bulgarisches Recht wäre im Ergebnis ebenfalls zur Anwendung berufen. Überdies verkannte es den Vorrang des Art.  16 KSÜ, als es um die Zuordnung der elterlichen Sorge im Rahmen der von den Ehegatten vorgelegten Scheidungsfolgenvereinbarung i. S. des Art.  51 FamKodex ging; es wendete die – verdrängte – autonome Kollisionsregel des Art.  85 bulgIPRGB an. In diese Rechtsprechung reiht sich das Urt. №  263 v. 20.2.2019 i. d. Rs. №  7470/2018 – ciela – des Rayongerichts Ruse ein: Für die einvernehmliche Scheidung einer in Großbritannien kirchlich geschlossenen Ehe britischer Staatsangehöriger wendete das Gericht richtigerweise zwar bulgarisches Scheidungsrecht an. Doch Art.  8 lit.  a Rom  III-VO erwähnte es nicht. Eher verwirrend war daher die Aussage/Behauptung: „Die einverständliche Scheidung ist nach britischem Recht zulässig […].“ 711  In Anlehnung an Stadtgericht-Sofia, Urt. v. 27.1.2012 i. d. Rs. №  2135/2011 – ciela; der Scheidungsantrag wurde im Originalfall am 29.5.2009 gestellt. 712  Die Ausführungen des Stadtgerichts-Sofia sind an dieser Stelle sehr knapp und eher irreführend: „Gemäß Art.  17 der Verordnung №  2201/2003 muss das wegen der Scheidung der Ehe angerufene Gericht von Amts wegen seine Zuständigkeit feststellen. Im vorliegenden Fall hatten die Parteien ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien, die Klägerin ist bulgarische Staatsangehörige und lebt auch im Zeitpunkt der Klageerhebung in Bulgarien; deshalb ist das bulgarische Gericht zuständig.“ (Hervorhebungen hinzugefügt). Es bleibt mithin unklar, auf welche Vorschrift das Stadtgericht-Sofia die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte stützt. (Von der Zuständigkeit des bulgarischen Gerichts spricht ferner Musseva, in: Natov et al., Art.  3 Brüssel IIa-VO, S.  72; solche Tendenz in der Formulierung ist allgegenwärtig – im Schrifttum wie in der Rechtsprechung). Die Ausführungen, die Parteien hätten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien gehabt, wo die Klägerin auch zur Zeit der Klageerhebung lebe, deuten auf Art.  3 Abs.  1 lit.  a Spiegelstrich 2 EuEheVO hin. Indes hätte es einer „Abstellung“ auf die Staatsangehörigkeit der Klägerin nicht bedurft. Wie hier richtig Musseva, in: Natov et al., Art.  3 Brüssel IIa-VO, S.  69, 72. Die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte nach der EuEheVO verkannte das Sofioter Stadtgericht in seinem Urteil vom 19.3.2013 i. d. Rs. №  5837/2012 – ciela; hinsichtlich der Scheidung einer in den USA („im Staat M.“, so der Tatbestand des Urteils) geschlossenen Ehe zweier Bulgaren stütze das Gericht die internationale Zuständigkeit auf Art.  7 bulgIPRGB. Die vorrangig anwendbare EuEheVO erwähnten die Richter nicht. Indes ergab sich die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte aus Art.  3 Abs.  1 lit.  a Spiegelstrich 5 EuEheVO/Brüssel IIa. Auch Berufungsgericht Vratsa, Urt. №  303 v. 9.7.2013 i. d. Rs. №  341/2013 – ciela, übersah Art.  3 Abs.  1 lit.  a Spiegelstrich 2 leg.cit. und prüfte stattdessen Art.  7 bulgIPRGB. Die Liste mit der unterbliebenen Anwendung der EuEheVO bei der Beurteilung der internationalen Zuständigkeit bulgarischer Gerichte kann man (beinah beliebig) fortsetzen: Rayongericht Veliki Preslav, Urt. №  107 v. 22.4.2014 i. d. Rs. №  502/2013 – ciela; Rayongericht Mezdra, Urt. №  72 v. 31.10.2013 i. d. Rs. №  804/2013 – ciela.

§  3. Ehescheidung

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2) Örtlich zuständig ist das Rayongericht Sofia als das Gericht, in dessen Bezirk der Beklagte seine feste Wohnanschrift zur Zeit der Antragstellung hatte (Art.  105 bulgIPRGB). Denn diese Frage regelt das autonome Recht selbst, nicht die EuEheVO.713 II. Für die Scheidung kommt es auf die Rom  III-VO als vorrangiges und unmittelbar anwendbares Recht an (Art.  3 Abs.  1 bulgIPRGB). 1) Eine Rechtswahl nach Art.  5 Rom  III-VO haben die Parteien nicht geschlossen. 2) Damit ist das anwendbare Recht anhand der Anknüpfungen des Art.  8 Rom  III-VO zu bestimmen.714 Nach lit.  a ist für die Scheidung das Recht des Staates maßgebend, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist autonom zu definieren und sollte, soweit möglich, einheitlich in Art.  8 lit.  a EuEheVO und in Art.  3 lit.  a Rom  III-VO ausgelegt werden.715 M.a.W. sollte man einen Gleichlauf zwischen internationalprivatrechtlicher und -zuständigkeitsrechtlicher Qualifikation anstreben. Hier hatten die Eheleute im relevanten Augenblick einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien. Scheidungsstatut ist damit bulgarisches Recht. 3) Das Scheidungsstatut bestimmt über die Scheidbarkeit einer Ehe, die Scheidungsgründe und die Wirkungen einer vollzogenen Scheidung auf die Existenz der Ehe.716 Das berufene Recht befindet ferner darüber, ob und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen eine Scheidung/Ehetrennung aus Verschulden eines Ehegatten zulässig ist.717 Eine gesonderte Anknüpfung der Verschuldensfrage verbietet sich damit.

Einen sonderbaren Weg geht Rayongericht Teteven, Urt. №  60 v. 21.5.2013 i. d. Rs. №  211/2013 – ciela, indem es die internationale Zuständigkeit „des angerufenen Gerichts“ nach „Art.  4, Art.  79 Abs.  2 und 3, Art.  82 Abs.  2 bulgIPRGB sowie Art.  3 Abs.  1 und folgender“ EuEheVO beurteilt. Damit missachtet das Gericht den Anwendungsvorrang der EuEheVO und bringt Fragen des IZVR mit solchen des IPR durcheinander. Für eine rechtsfehlerfreie Prüfung der internationalen Zuständigkeit bulgarischer Gerichte s. aber Rayongericht Ruse, Urt. №  263 v. 20.2.2019 i. d. Rs. №  7470/2018 – ciela (einvernehm­ liche Scheidung einer in North Yorkshire (Großbritannien) kirchlich geschlossenen Ehe); 713  Musseva, in: Natov et al., Art.  3 Brüssel IIa-VO, S.  67. 714  Das Stadtgericht-Sofia erwähnt in den Entscheidungsgründen den Art.  82 bulgIPRGB nicht, behandelt also nicht explizit die Frage nach dem anzuwendenden Scheidungsrecht. Es beschränkt sich darauf, das Verschulden am Scheitern der Ehe kollisionsrechtlich als zu den allgemeinen Ehewirkungen gehörig zu qualifizieren (Art.  79 Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB). Das Gericht muss aber Art.  82 Abs.  2 S.  1 bulgIPRGB gedanklich geprüft und bejaht haben, weil es auf die Scheidung bulgarisches Recht anwendet. 715  Vgl. Andrae, IntFamR, §  4, Rn.  28; Gruber, IPRax 2012, 381, 385; a. A. Helms, FamRZ 2011, 1765, 1769. 716  Andrae, IntFamR, §  4, Rn.  56. 717  S. nur Gruber, IPRax 2012, 381, 383; Staudinger/Mankowski (2011), Art.  17 EGBGB, Rn.  236 ff.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Anders urteilt das Stadtgericht-Sofia. Es knüpft diese Frage selbstständig an und unterstellt das Verschulden am Scheitern der Ehe dem Recht der persönlichen Ehewirkungen nach Art.  79 Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB. Zur Begründung weist das Gericht darauf hin, dass die Frage nach der Schuld am Scheitern einer Ehe unmittelbar mit den persönlichen Verhältnissen der Ehegatten verbunden sei.718; 719 Die Ansicht überzeugt nicht. Sie ist nicht im Einklang zu bringen mit der objektiven Anknüpfung des Art.  8 Rom  III-VO bzw. (im Fall des Stadtgerichts-Sofia) Art.  82 (Abs.  2 S.  1 bulgIPRGB): Die Anknüpfungsleiter des Art.  8 Rom  III-VO geht im Grundsatz vom gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Gatten aus und macht nur in lit.  c eine Ausnahme zugunsten ihrer gemeinsamen Staatangehörigkeit. Damit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die Eheleute die Gewissheit haben müssen, sich jedenfalls nach dem Recht des Staates scheiden lassen zu können, in dem sie ihren gemeinsamen Lebensmittelpunkt haben. Damit verträgt sich aber nicht eine Abspaltung der Verschuldensfrage. Überdies birgt die selbstständige Anknüpfung an das wandelbare Ehewirkungsstatut Rechtsunsicherheit. Ähnlich ist der Argumentationsstrang im Rahmen des Art.  82 bulgIPRGB. Im Ergebnis ist festzuhalten: Das zur Scheidung berufene bulgarische Recht entscheidet insgesamt, also auch über die Schuld des M am Scheitern der Ehe.720 718 

Stadtgericht-Sofia, Urt. v. 27.1.2012 i. d. Rs. №  2135/2011 – ciela. Eine gesonderte Anknüpfung der Verschuldensfrage nahm die selbe II. Berufungskammer für Familiensachen des Stadtgerichts Sofia im ihrem Urteil vom 19.3.2013 i. d. Rs. №  5837/2012 – ciela – nicht vor; diese hätte allerdings bei einer selbständigen Anknüpfung gem. Art.  79 Abs.  1 bulgIPRGB ohnehin zur Anwendung bulgarischen Familienrechts geführt und damit dem Recht der Hauptfrage entsprochen. 719  Rayongericht Targovishte, Urt. №  147 v. 28.3.2013 i. d. Rs. №  1391/2012 – ciela, macht offenbar die Anwendung bulgarischen Rechts über die Verschuldensfrage von der internationalen Zuständigkeit bulgarischer Gerichte abhängig: „Schuld an der unumkehrbaren Zerrüttung der Ehe trägt der Beklagte gem. Art.  49 Abs.  3 (FamKodex) i. V. m. Art.  7 bulgIPRGB“. 720  Auch das Stadtgericht-Sofia beurteilt letztlich die Verschuldensfrage nach bulgarischem Recht. Es ist dabei aber nicht konsequent. Es hätte nach seinem Verständnis das Recht anwenden müssen, mit dem die Ehegatten am engsten verbunden sind (Art.  79 Abs.  2 Alt.  2 bulgIPRGB): Weil es an einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Eheleute mangelte, hat das Gericht sofort Art.  79 Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB geprüft und bejaht. Indes lagen seine Voraussetzungen nicht vor: Art.  79 Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB knüpft an den gemeinsamen Aufenthalt der Ehegatten im jeweiligen Beurteilungszeitpunkt an. Das Ehewirkungsstatut ist nämlich wandelbar. Einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten die Ehegatten nur zur Zeit der Anhängigkeit des Scheidungsantrags am 29.5.2015, nicht aber zur Zeit der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Damit scheidet Art.  79 Abs.  2 Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB aus. Auf der dritten Stufe der Kaskadenanknüpfung des Art.  79 Abs.  2 Alt.  2 leg.cit. ist an die engste Verbindung anzuknüpfen. Wie lange die Eheleute in Paris gelebt haben, wie ihre Beziehungen zu Frankreich und Bulgarien genau waren, das alles lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Einiges spricht für eine engere Verbindung zu Frankreich. Denn die Eheleute dürften wohl mehrere Jahre in Paris zusammengelebt haben, wo ihr gemeinsames Kind zur Welt kam und erst mit 5 Jahren oder gar mehr (all das bleibt im Urteil unklar) nach Bulgarien mit den Eltern übersiedelte. Wären die Eheleute zu Frankreich gemeinsam am engsten verbunden, so hätte das Gericht die Verschuldensfrage nach französischem IPR erst qualifizieren müssen. Anschließend hätte es entweder französisches oder infolge Rückverweisung bulgarisches Sachrecht anwenden müssen.

§  3. Ehescheidung

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3. Autonomes Kollisionsrecht Autonomes Kollisionsrecht findet Anwendung auf die Auflösung fehlerhaft geschlossener Ehen sowie auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe. Das Statut der Aufhebung, der Anfechtung, der Nichtigerklärung oder des Feststellens des Nichtbestehens einer Ehe regeln die Kollisionsnormen des Art.  78 bulgIPRGB (bei Verstoß gegen sachliche Eheschließungserfordernisse) oder Art.  75 Abs.  1 bulgIPRGB (bei Formverstoß). III. Wirkungen einer Scheidung Folgesachen sind aus Sicht des bulgarischen materiellen Rechts die Unterhalts-, Wohnungszuweisungs-, Kindschafts- und die Ehenamenssachen. Familienrechtliche Folgesachen sind gem. Art.  322 Abs.  2 S.  2 bulgZPO mit der Scheidung in einem einheitlichen Verfahren anhängig zu machen und zu entscheiden. Indessen bedeutet dies nicht, dass solche Folgesachen auch scheidungsrechtlich zu qualifizieren und damit dem auf die Scheidung anzuwendenden Recht unterworfen sind. Bis zum Inkrafttreten der EuGüVO beurteilen sich die Ehescheidungsfolgen nach dem Scheidungsstatut nur dann, soweit sie keine Sonderanknüpfung erfahren. Daraus folgt:721 1. Vermögensrechtliche Scheidungsfolgen Die vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen unterliegen dem Scheidungsstatut, sofern sie nicht anderweitig zu qualifizieren sind, etwa als güterrechtlich oder den persönlichen Ehewirkungen zugehörig. Eigenständigen Statuten unterworfen sind: – die elterliche Sorge für gemeinsame Kinder (Art.  85 bulgIPRGB sowie vorrangig KSÜ), – Unterhalt während des Getrenntlebens und nachehelicher Unterhalt (vgl. Art.  5 HUntProt), – güterrechtliche Ansprüche im Zusammenhang einer Scheidung (Art.  79 Abs.  4 bzw. Abs.  3 bulgIPRGB),722 – Rückforderung von Schenkungen aus Anlass der Eheschließung oder aus der Ehezeit herrührenden unbenannten Zuwendungen (Schenkungsstatut),723 721 

Vgl. auch Art.  1 Abs.  2 lit.  d-g Rom  III-VO. (jedenfalls zum alten IPR) Todorov, Pravootnoshenia, S.  160, Tz.  69 (Scheidungsfolgenstatut). 723  A. A. (jedenfalls zum alten IPR) Todorov, Pravootnoshenia, S.  160, Tz.  69 (Scheidungsfolgenstatut). 722  A. A.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

– die Zuweisung der Familienwohnung während des Getrenntlebens ist den persönlichen Ehewirkungen nach Art.  79 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB zuzuschlagen;724 hingegen ist die Zuweisung der Familienwohnung nach der Ehescheidung dem Scheidungsfolgenstatut zuzurechnen, wofür die systematische Stellung und Wortlaut des Art.  56 FamKodex sprechen. Ansprüche des geschiedenen Ehegatten von Todes wegen gegen den Nachlass oder die (übrigen) Erben des verstorbenen Ex-Ehepartners sind erbrechtlich zu qualifizieren. Deswegen kommt Art.  54 Abs.  2 i. V. m. Abs.  1 FamKodex nur dann zum Einsatz, wenn Erbstatut bulgarisches Recht ist. Die Vorschrift gestattet dem Erblasser, der den anderen Ehegatten testamentarisch bedacht hat, seinen letztwilligen Verfügungen über die Ehescheidung hinaus Wirksamkeit zu verleihen.725 Dafür ist allerdings eine ausdrückliche Anordnung des Testators erforderlich. Andernfalls wird die Begünstigung des anderen Ehegatten mit der Scheidung unwirksam. 2. Persönliche Scheidungsfolgen Über die persönlichen Scheidungsfolgen befindet das Scheidungsstatut, sofern keine Sonderanknüpfung stattfindet. Ohne Einfluss ist das Scheidungsstatut auf den Namen der Eheleute und ihrer Kinder. Über die namensrechtlichen Wirkungen einer Scheidung befindet Art.  53 Abs.  1 bulgIPRGB.726 Denn es gibt keine explizite Kollisionsnorm für die Namensführung von Ehegatten und ihren Kindern nach Auflösung der Ehe. Die Anknüpfung an das Heimatrecht eines jeden Ehepartners gem. Art.  53 Abs.  1 bulgIPRGB erfährt nicht dadurch eine Änderung, dass das Gericht von Amts wegen727 im Scheidungsurteil über die Führung des Familiennamens für jeden Ehegatten nach der Scheidung entscheiden muss (vgl. 724  A. A. eventuell Oberster Kassationsgerichtshof, Beschl. №  587 v. 29.4.2014 i. d. Rs. №  1079/2014 – ciela (güterrechtliche Zuweisung der ehelichen Wohnung nach der Scheidung; möglich ist allerdings auch eine Deutung der Ausführungen der Vorinstanz, welcher sich der Oberste Kassationsgerichtshof anschließt, als Qualifikation der nachehelichen Zuweisung der Ehewohnung zu den persönlichen Ehewirkungen). Bezüglich der Zuweisung der Familien­ wohnung im bulgarischen Familienrecht s. Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  218 ff. m. w. N. 725  Grundsätzlich werden testamentarische Verfügungen eines Ehegatten zu Gunsten des anderen mit Rechtskraft der Scheidung unwirksam (Art.  54 Abs.  1 S.  1 FamKodex). Ohne Bedeutung ist dabei, wer am Scheitern der Ehe schuld ist, vgl. Art.  54 Abs.  1 S.  2 i. V. m. Art.  52 Abs.  2 FamKodex. 726  Zum alten IPR siehe Todorov, Pravootnoshenia, S.  163, Tz.  71, unentschieden und schwan­­kend zwischen familienrechtlicher Qualifikation, einer Qualifikation zum Personalstatut und einer alternativen Anknüpfung an den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute, wenn ihn wenigstens ein Ehegatte beibehält. 727  Kritisch dazu Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  189 f.

§  3. Ehescheidung

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Art.  326 bulgZPO). Eine reine Verfahrensvorschrift ist Art.  326 bulgZPO gewiss nicht. Sie soll Namenskontinuität gewährleisten, wenn der Ehegatte, der seinen Familiennamen anlässlich der Heirat geändert hat,728 diesen Namen nach der Ehescheidung behalten und weiter führen will. Wenn also vor einem deutschen Gericht ein Scheidungsverfahren mit bulgarischem Namenstatut anhängig ist, hat der deutsche Richter auf Antrag im Beschlusstenor die Namensführung des/der Ehegatten nach Scheidung gemäß bulgarischen Namensregeln zu bestimmen. Indessen kann es vorkommen, dass das durch Art.  53 Abs.  1 bulgIPRGB berufene Recht die Namensführung nach Eheauflösung dem Scheidungsstatut unterstellt. Dieser andersartigen Qualifikation hat man dann gem. Art.  39 Abs.  3 bulg­ IPRGB Folge zu leisten. 3. Versorgungsausgleich nach Art.  17 Abs.  3 EGBGB (i. V. m. Art.  8 Rom  III-VO)?729 Nach Art.  17 Abs.  3 S.  1 EGBGB unterliegt der Versorgungsausgleich dem Scheidungsstatut. Durchzuführen ist er nur dann, wenn deutsches Recht anwendbar ist und ihn das Recht eines der Staaten „im Kern“730 kennt, denen die Ehegatten zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags angehören. Das bulgarische Recht kennt keine dem deutschen Versorgungsausgleich angenäherte Regelung, also auch keine „im Kern“.731 IV. Vollzug der Scheidung 1. Unzulässigkeit inländischer Privatscheidungen und Nachformung des einheimischen Verfahrensrechts Ausländische Rechtsordnungen kennen Ehescheidungen mittels eines Verwaltungsaktes732 und bisweilen gar kraft (einseitigen) Rechtsgeschäfts.733 Zum Vollzug der Scheidung äußert sich die Rom  III-VO nicht, und dem bulgarischen IPR ist eine dem Art.  17 Abs.  2 EGBGB vergleichbare Regelung unbekannt. Die Fra728 

D.h. im Zeitpunkt der Eheschließung oder danach, vgl. Art.  12 S.  1 FamKodex. S. hiezu Streicher, Familiensachen mit Auslandsberührung, §  7, Rn.  16–119. 730  Rauscher, IPR, Rn.  868. 731  Zum Rentenanspruch des überlebenden Ehegatten, auch im Falle eines Auslandsbezugs, eingehend Koycheva, Nasledstveni pensii, passim. 732  Z.B. Art.  127 norwegisches EheG sowie §§  42, 42a dänisches EheG. 733  Bspw. das Get nach jüdischem Recht; dazu Staudinger/Mankowski (2011), Art.  17 ­EGBGB, Rn.  71 ff.; eingehend Herfarth, Scheidung nach jüdischem Recht, passim, samt Wiedergabe des Wortlauts eines typischen Get auf S.  455. Neuerdings führte Italien durch das Gesetzesdekret Nr.  132 v. 12.9.2014 eine Privatscheidung ein; näher NK-BGB/Gruber (2015), Bd.  6, Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  70. 729 

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

ge lautet also: Kann im Inland eine Privatscheidung nach ausländischem Recht wirksam erfolgen? Anders formuliert: Müssen sich Ehegatten im Inland ausschließlich vor den bulgarischen Gerichten scheiden lassen, um jedenfalls im Inland als geschieden zu gelten? Man kann geteilter Meinung sein, ist doch die Scheidung in der Form des Heimatrechts nicht ausdrücklich untersagt. Die besseren Argumente sprechen allerdings für ein Scheidungsmonopol der bulgarischen (staatlichen) Gerichte. Dreierlei Gründe greifen Platz: Erstens stellt schon Art.  82 bulgIPRGB auf die „Stellung eines Scheidungsantrags“ ab und hat dabei wohl die Regelungen der Artt.  49–51 FamKodex im Blick. Diese benennen das Gericht als das alleinige Scheidungsorgan. Zweitens wäre nicht folgerichtig, die Eheschließung von Ausländern im Inland zwingend den inländischen Formvorschriften zu unterwerfen,734 ihre Scheidung aber nicht – ist doch die Letztere das Gegenstück der Ersteren (staatliches Scheidungsmonopol als Kehrseite der obligatorischen Zivil­ehe). Drittens würde man andernfalls die negative Eheschließungsfreiheit stärker schützen als die positive, was in dieser generalisierenden Betrachtung nicht im Einklang mit Art.  46 Abs.  1 S.  1 bulgVerf steht. Gewiss mag man rechtspolitisch eine andere Lösung erstrebenswert finden. Zu tun hat man es indes mit der lex lata. Die Konsequenz daraus ist, dass das bulgarische Gericht die Scheidung nach seinem eigenen Verfahrensrecht vollzieht, mag das Scheidungsstatut etwas anderes vorsehen. Jedenfalls aber sollte man das Procedere des Scheidungsstatuts nachformen, um die Anerkennung der Scheidung im Ursprungsstaat zu gewährleisten. Ansonst bleibt die Gefahr von Entstehung hinkender Statusverhältnisse bestehen. Die Nachformung des Privatscheidungsrechts erfolgt dergestalt, als der Privatakt den Scheidungsgrund darstellt, auf dessen Grundlage das Scheidungsurteil ergeht.735 Als Beispiel für die Umsetzung ausländischer dem Forum unbekannter Rechtsnormen diene die Entscheidung BGHZ 160, 332.736 Verfahrensgegenstand war die Scheidung von in Deutschland wohnansässigen iranischen Ehegatten islamisch-schiitischen Glaubens; den Scheidungsantrag hatte die Ehefrau gestellt. Scheidungsstatut war iranisches, religiöses Recht. Hier­nach kann der Ehemann jederzeit die Verstoßung seiner Ehefrau aussprechen (sog  talaq) und die Ehe damit einseitig scheiden, ohne Angabe von Gründen und ohne Anrufung eines Gerichts oder einer Behörde. Erst die dritte Verstoßung löst die Ehe auf, bis dahin kann der Mann die Frau zurücknehmen.737 Der Frau steht 734 

So jedenfalls die Literaturmeinung, der hier gefolgt wird. NK-BGB/Gruber (2015), Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  63 und 79; Andrae, IntFamR, §  4, Rn.  73. 736  Parallelabdruck in FamRZ 2004, 1952 = IPRax 2004 Nr.  135. 737  Staudinger/Mankowski (2011), Art.  17 EGBGB, Rn.  63. 735 

§  3. Ehescheidung

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solches Verstoßungsrecht nicht zu. Indes kann sie den Mann zum Ausspruch des talaq zwingen, wenn ihr die Fortführung der Ehe unzumutbar ist. Das kann ersatzweise ein (iranisches) staatliches Gericht verfügen, indem es den Mann zur Abgabe einer Verstoßungserklärung verurteilt.738 In solch einer Konstellation gilt es zu beachten: Das Ziel eines Verfahrens ist die Rechtsverwirklichung, hier also dem berufenen fremden Sachrecht seine Geltungskraft zu verleihen. Denn Prozessvorschriften sind nicht um ihrer selbst willen geschaffen worden, sondern sollen dem materiellen Recht dienen.739 Von daher, aber auch in Anbetracht des Annäherungsgrundsatzes muss das Verfahrensrecht sich als flexibel zeigen, ohne seine weltanschauliche Neutralität aufzugeben und sich in Dinge innerreligiöser Selbstbestimmung einzumischen, ohne die Glaubensfreiheit zu verletzen und Unmögliches vom Richter zu verlangen.740 Seine Entscheidung kann deshalb der mit dem obigen Fall befasste bulgarische (wie deutsche) Richter etwa so tenorieren: Der Beklagte (resp. Antragsteller) wird verurteilt, die Verstoßung, den talaq, der Klägerin (resp. Antragstellerin) auszusprechen mit der Wirkung, dass die zwischen den Parteien am … in … vor … geschlossene Ehe geschieden wird.741 2. Inländische Scheidung nach ausländischem Scheidungsrecht Ob es sich um eine Inlandsscheidung handelt, ist in Entsprechung zur Inlandsheirat zu beurteilen: Es ist auf den Ort abzustellen, an dem der destruktive Scheidungsakt vollzogen wird. Ist das im Inland, so liegt eine Inlandsscheidung vor. Ist die so erfolgte Inlandsscheidung eine Privatscheidung, die nach dem Heimatrecht der Eheleute gültig wäre, in Bulgarien aber wegen des Scheidungsmonopols bulgarischer Gerichte nicht gültig sein kann, so führt das zu einer hinkenden Inlandsehe. Um dieses Manko zu beheben, müssten die Eheleute die Scheidung ihrer Ehe noch einmal im Inland vornehmen, und zwar vor einem bulgarischen Gericht. Die lis alibi pendens steht dem nicht entgegen, da eine Privatscheidung im Inland rechtlich nicht möglich ist.742 Was die Gatten nicht tun können, ist die Vornahme der Privatscheidung im Heimatstaat, verbunden mit einem Antrag auf Anerkennung dieser Auslandsscheidung in Bulgarien. Denn die Ehe ist aus Sicht ihres Heimatrechts bereits 738 

Siehe M. Becker, FS Martiny (2014), 619, 623. BGHSt 14, 233, 238 („Verfahrensvorschriften sind nicht Selbstzweck, sondern zweckbestimmt.“); BGH, LM N. 9 zu §  209 BGB (die Durchsetzung des materiellen Rechts soll so wenig wie möglich an Verfahrensfragen scheitern). 740  Zu diesem Ansatz Siehr, FS Schlosser (2005), 877, 882. 741  M. Becker, FS Martiny (2014), 619, 624 (Fn.  19). 742  Vgl. Siehr, FS Schlosser (2005), 877, 893 f., 897 f. 739 

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

wirksam aufgelöst. Nach welchem Recht die Ehe in dieser Konstellation zu scheiden ist, steht auf einem anderen Blatt und wird unten erläutert. V. Schuldausspruch 1. Qualifikation Das Scheidungsstatut bestimmt, ob mit dem Scheidungsurteil ein Schuldausspruch zu verbinden ist.743 Solch einen Schuldausspruch kennt das bulgarische Eherecht in Art.  49 Abs.  3 FamKodex. Danach hat das Gericht auf den Antrag eines Ehegatten744 über das Verschulden am Scheitern der Ehe zu entscheiden; diese Entscheidung ist zu tenorieren.745 Davon versprach sich der Gesetzgeber eine Verringerung der Zahl der Ehescheidungen und damit eine Kräftigung des Ehebandes.746 Der Schuldausspruch hat Bedeutung für: – den nachehelichen Unterhalt: Nur der tadellose Ehepartner kann ihn beanspruchen (Art.  145 Abs.  1 FamKodex); – die Fortführung des Scheidungsverfahrens: Den Erben des am Scheitern der Ehe unschuldigen Ehepartners steht solches Recht zu (Art.  52 Abs.  3 Fam­ Kodex); – die Kosten des Scheidungsverfahrens: Diese sind dem schuldigen Gatten aufzuerlegen (Art.  329 Abs.  1 S.  1 bulgZPO); – die Zuweisung des Nutzungsrechts an der im Miteigentum der Eheleute stehenden Familienwohnung nach der Ehescheidung: Die Verschuldensfrage ist Teil des Prüfungsmaßstabs (Art.  56 Abs.  5 FamKodex). Bei der Entscheidung über die elterliche Sorge wirkt sich das Verschulden grundsätzlich nicht aus (Art.  59 FamKodex).747 Der Schuldausspruch entfällt bei einer einverständlichen Ehescheidung.748

743 

Vgl. Gruber, IPRax 2012, 381, 383; so schon nach altem Recht Lüderitz, IPRax 1987, 74, 77. 744  Art.  99 Abs.  2 FamKodex a. F. (1985) zwang dagegen den Richter, eine Tenorierung der Schuldfrage von Amts wegen vorzunehmen. 745  Plenum des Obersten Gerichts, Beschl. №  10 v. 3.11.1971 i. d. Rs. №  5/1971 (dort Ziff.  5) – ciela; Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  170. 746  Vgl. Beshkov, Dela za razvod, S.  101. Der Schuldspruch habe eine präventive Funktion in der konkreten Ehe und eine verhaltenssteuernde Funktion im Allgemeinen. 747  Vgl. Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  171. 748  Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  8 v. 5.11.2011 i. d. Rs. №  1289/2009 – ciela; ­Balevska, in: Punev et al., Artt.  318–330 bulgZPO, §  4., Tz.  1., S.  762 f.

§  3. Ehescheidung

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2. Tenorierung der Verschuldensfrage durch ein deutsches Gericht Bei Anwendung bulgarischen Scheidungsstatuts muss ein deutsches Gericht zwei Aspekte voneinander trennen und separat behandeln: Erstens hat es die erforderliche Schuld am Scheitern der Ehe zu erforschen.749 Denn es geht um eine materiellrechtliche Voraussetzung für die (streitige) Scheidung der Ehe nach dem anwendbaren bulgarischen Scheidungsrecht. Aus der Aufgabe des Verschuldensprinzips im deutschen Recht ist nicht zu schlussfolgern, sein ordre public sei tangiert. Der Antragsgegner (in bulgarischer Terminologie: der Beklagte750), der mit dem Schuldvorwurf konfrontiert ist, hat nach bulgarischem Recht die Möglichkeit, diesen zu entkräften und sich selbst auf die Schuld seines (klagenden) Ehepartners am Scheitern der Ehe zu berufen;751 das kann er z. B. in der Klageerwiderung tun. Das steht der Annahme einer ordre public-Widrigkeit entgegen.752 Der Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen eines Verschuldens am Scheitern der Ehe richtet sich ebenfalls nach bulgarischem Recht als dem Scheidungsstatut. Die bulgarische Judikatur misst es an der objektiven und subjektiven Einstellung der Ehegatten zueinander und zu den Kindern; Verstöße gegen den Pflichtenkatalog der Artt.  15–17 FamKodex stehen dabei im Vordergrund.753 749 

MüKo BGB/Winkler v. Mohrenfels (2018), Vor Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  24. Ist die Scheidungsklage vor einem deutschen Gericht anhängig, dann treten an die Stelle der bulgarischen Bezeichnungen Kläger (ищец/ishtets) – Beklagter (ответник/otvetnik) die deutschen Bezeichnungen Antragsteller und Antragsgegner; vgl. Henrich, IPRax 1982, 9. 751  Vgl. Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  167 f. 752  Vgl. BGH, NJW 1982, 1940, 1942 = IPRax 1983, 180, 182; MüKo BGB/Winkler v. Mohrenfels (2018), Vor Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  24 a. E.; Henrich, IPRax 1982, 9, 10; ders., IPRax 1983, 161, 163. 753  Vgl. Bezirksgericht Yambol, Urt. №  224 v. 2.11.2010 i. d. Rs. №  318/2010 – ciela. Betreffend den Scheidungsgrund „eheliche Untreue“ und das diesbezügliche Verschulden siehe Oberster Kassationsgerichtshof, Urteil №  799/1955; №  862/1972; №  889/1980; №  1084/1980; №  3484/1981; №  1021/1982; №  3964/1983; №  236/1984. Bezüglich des Scheidungsgrundеs „unpassende Charaktere der Ehegatten“ samt dem dazu gehörenden Verschulden (dieser Begriff hat sich eingebürgert, obwohl das Gesetz ihn nicht kennt; vgl. Beshkov, Dela za razvod, S.  51; de facto erfasst er die Fälle des Art.  14 FamKodex, in denen die Gatten sich auseinander gelebt haben) siehe Oberster Kassationsgerichtshof, Urteil №  60/1963; №  513/1972; №  1688/­ 1972; №  2264/1974; №  1164/1976; №  131/1980; №  889/1980; №  2401/1981; №  128/1985; №  63/1985. Hinsichtlich des Scheidungsgrunds „faktische Trennung“ und des Verschuldens hierzu siehe die Grundsatzentscheidung des Plenums des Obersten Gerichts №  10 v. 3.11.1971 i. d. Rs. №  5/1971 – ciela; ferner Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  658/1955; №  587/1956; №  916/1956; №  3749/1981 (Trennung innerhalb der Ehewohnung); №  669/1955; №  514/1966 (kurzfristige Versöhnung hebe weder die tiefgreifende Entfremdung zwischen den Gatten auf, noch beseitige sie die Bedeutung der faktischen Trennung als einer Tatsache, welche die Zerrüttung der Ehe objektiviere); №  543/1992 (zehnjährige Trennung innerhalb der Ehewohnung). Betreffs des Scheidungsgrundes „Verletzung der Sorge für die Familie“ i. S. des Art.  14 Var.  2 750 

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Zweitens hat der deutsche Richter – in Entsprechung des bulgarischen Rechts als dem maßgebenden Scheidungsstatut – auf Antrag die Schuldfeststellung zu tenorieren.754 Darin liegt kein Verstoß gegen deutsches Verfahrensrecht. Der Tenor hat die materielle Rechtslage wiederzugeben,755 und darüber befindet nun einmal nicht die lex fori, sondern das Scheidungsstatut.756 Zudem ist das Verfahrensrecht, wie erwähnt, zur Verwirklichung des (qua deutschen Kollisionsrechts berufenen) materiellen – selbst fremden – Rechts zu dienen bestimmt.757 Es darf deshalb dessen Wertungen nicht durchkreuzen. Dies wäre aber dann der Fall, wenn das deutsche Gericht entgegen dem anwendbaren bulgarischen Recht das Scheidungsverschulden nur in den Entscheidungsgründen feststellt. Die Feststellung der Scheidungsschuld in den Gründen wird sich bei Beteiligung eines Ausländers bereits aus der Begründungsnotwendigkeit gem. §  38 Abs.  5 Nr.  4 FamFG ergeben758 und damit aus einer Verfahrensvorschrift der lex fori;759 darum lässt ihre Aussage keine eindeutigen Rückschlüsse darauf zu, wo die Verschuldensfeststellung im deutschen Gerichtsentscheid zu behandeln ist. Ausschlaggebend sollte vielmehr sein, dass die Tenorierung der Schuld am Scheitern der Ehe aus Sicht des bulgarischen Familienrechts von Bedeutung für die Folgesachen ist (den nachehelichen Unterhalt und die Zuweisung der Familienwohnung).760 Schließt man sich der hiesigen Ansicht an, so scheidet ein separater Antrag auf Feststellung der Scheidungsschuld gem. §  256 Abs.  1 ZPO mangels eines Feststellungsinteresses aus. Gegen die Schuldfeststellung kann in Bulgarien isoliert Berufung eingelegt werden (vgl. Art.  325 bulgZPO). Das muss das deutsche Verfahrensrecht ebenfalls sicherstellen. Darum ist die Beschwerde zum OLG statthaft. und 3 sowie Art.  17 Var.  2 FamKodex siehe Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  2401/1981; №  1939/1974. Zu sonstigen Scheidungsgründen samt Rechtsprechungsnachweisen eingehend Beshkov, Dela za razvod, S.  65–94. Alle Entscheidungen ohne Angabe von „ciela“ sind nach Beshkov, ibd., zitiert. 754  MüKo BGB/Winkler v. Mohrenfels (2018), Vor Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  26 m. w. N. 755  In dieser Deutlichkeit Henrich, IPRax 1982, 9, 10; Roth, IPRax 2000, 292. 756  BGH, NJW 1982, 1940, 1941 (zum französischen Recht); BGH, NJW 1988, 636, 638 = IPRax 1988, 173, 175 = FamRZ 1987, 793, 795 (zum italienischen Recht); OLG Zweibrücken, FamRZ 1997, 430; OLG Hamm, IPRax 2000, 309, und FamRZ 1989, 625; OLG Celle, FamRZ 1989, 623 (alle zum polnischen Recht); OLG Karlsruhe, FamRZ 1995, 738 (zum österreichischen Recht); Staudinger/Mankowski (2011), Art.  17 EGBGB, Rn.  237; Henrich, IPRax 1982, 9, 10; Roth, IPRax 2000, 292; Lüderitz, IPRax 1987, 74, 77, der eine Anpassung für erforderlich hält; anders noch BGH, NJW 1982, 1940, 1942 = FamRZ 1982, 795 = IPRspr 1982 Nr.  66 (Schuldspruch in den Entscheidungsgründen). 757  Siehe nur BGH, NJW 1988, 636, 638 = IPRax 1988, 173, 175. 758  Vgl. Oberheim, in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, §  38 FamFG, Rn.  107 und 111. 759  Die Begründungspflicht räumt etwaige Bedenken wegen eines Verstoßes gegen den deutschen ordre public aus. 760  Henrich, IPRax 1982, 9, 10; NK-BGB/Huber (2016), Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  57.

§  3. Ehescheidung

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Ist der Schuldausspruch im bulgarischen Scheidungsurteil unterblieben, so kann er in Deutschland nur incidenter im Rechtsstreit um die Scheidungsfolge nachgeholt werden, allerdings nur auf Antrag.761 Ist dagegen die nach bulgarischem Recht erforderliche Schuldfeststellung im deutschen Scheidungsverfahren unterblieben, so ist sie nicht gem. §  43 FamFG nachholbar; mithin kommt es auf die dortige 2-Wochen-Frist gar nicht an. Denn von der Schuldfeststellung kann der Inhalt des Scheidungsurteils in der Hauptsache und in den geltend gemachten Nebenfolgen abhängen. Deshalb ist der Schuldausspruch nicht von den übrigen Teilen des Verfahrens trennbar (Grundsatz der Einheitlichkeit der Entscheidung).762 Die Nachholung der Schuldfeststellung ist nur in der Rechtsmittelinstanz möglich, wenn das gesamte Urteil zur erneuten Überprüfung steht.763 Andernfalls (bei abgelaufener Rechtsmittelfrist) bleibt lediglich die Inzidentfeststellung im Verfahren über die Folgesache übrig.764 VI. Einverständliche Scheidung und Scheidungsfolgenvereinbarung 1. Bulgarisches Sachrecht Das bulgarische Recht gibt einer einverständlichen Scheidung stets Vorrang.765 Gemäß Art.  49 Abs.  2 FamKodex und Art.  321 Abs.  2 bulgZPO766 hat der Richter die Parteien auf die Möglichkeit der Streitbeilegung durch Mediation767 oder einverständliche Scheidung hinzuweisen.768 761  BGH, FamRZ 1976, 614, 615; MüKo BGB/Winkler v. Mohrenfels (2018), Vor Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  27; a. A. Jayme/Siehr, FamRZ 1969, 188, 192. 762  MüKo BGB/Winkler v. Mohrenfels (2018), Vor Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  28; zu §  321 ZPO siehe MüKo BGB/ders. (2010), Art.  17 EGBGB, Rn.  132; OLG Hamm IPRax 2000, 308 m. Anm. Roth, S.  292 ff. 763  MüKo BGB/Winkler v. Mohrenfels (2018), Vor Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  28; zu §  321 ZPO MüKo BGB/ders. (2010), Art.  17 EGBGB, Rn.  132. 764  Roth, IPRax 2000, 292, 293 f. 765  S.a. Takoff, Private Law in Bulgaria, S.  149, 159. In rechtvergleichender Hinsicht grundlegend zur einverständlichen Scheidung Dethloff, Die einverständliche Scheidung, insbes. S.  143–171 und 173–202. 766  Die Intention des Gesetzgebers besteht in der Reduzierung streitiger Scheidungsverfahren. Deshalb wird das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine einverständliche Scheidung bedacht sein. So verlangt Art.  321 Abs.  2 bulgZPO, nach Klärung prozessualer Vor- und Zulässigkeitsfragen „erneut“ auf die Mediation und die freiwillige Streitbeilegung hinzuweisen. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass das Gericht den Hinweis immer dann zu erteilen hat, wenn er angezeigt erscheint. 767  Für den deutschen Richter bietet sich der Rückgriff auf §  135 FamFG an; vgl. MüKo BGB/Winkler v. Mohrenfels (2018), Vor Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  21. 768  Ein Gütetermin findet nicht statt; vgl. Balevska, in: Punev et al., Artt.  318–330 bulgZPO, §  8., vor Tz.  1., S.  769.

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Die einverständliche Scheidung durchläuft mehrere Etappen. Der Richter muss zuerst die Überzeugung gewinnen, dass der Wille der Ehegatten zur Scheidung ihrer Ehe ernsthaft und unerschütterlich ist. Die Gründe, welche die Ehegatten zu der Scheidung bewogen haben, unterliegen nicht der gerichtlichen Nachprüfung (Art.  50 FamKodex).769 Einer bestimmten Trennungszeit oder eine Mindestdauer der Ehe ist nicht erforderlich.770 Es genügt, dass die Ehegatten wesentliche Fragen für die Zeit nach der Scheidung im Wege einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln.771 Den Schutz vor Übereilung mit dem Entschluss, sich scheiden zu lassen, soll die Mediation gewährleisten.772 Anschließend prüft das Gericht, ob die einzureichende Scheidungsfolgenvereinbarung i. S. des Art.  51 Abs.  1 FamKodex die Interessen der Kinder wahrt.773 Konkret geht es um sieben Einigungskomplexe (die jeweils einer Qualifikation bedürfen):774 – Wohnsitz des Kindes (elterliche Verantwortung nach KSÜ), – Ausübung der Elternrechte (elterliche Verantwortung nach KSÜ), – persönliche Beziehungen zum Kind (elterliche Verantwortung nach KSÜ), – Kindesunterhalt (nach HUntProt), – Nutzung der Familienwohnung (nach hier vertretener Ansicht: während des Getrenntlebens zu den allgemeinen Ehewirkungen nach Art.  79 Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB, nach Scheidung zum Scheidungsfolgenstatut), – nachehelicher Unterhalt (nach HUntProt) und – Familienname (nach hiesiger Auffassung: zum Namensstatut nach Art.  53 bulg­IPRGB). Sind noch weitere Bereiche eingeschlossen (v. a. die güterrechtliche Auseinandersetzung),775 so unterliegen sie ebenfalls der Qualifikation und der Prüfungs769  Ähnlich das französische Recht bei einem gemeinsamen Scheidungsantrag gem. Art.  230 Code Civil; s. Dethloff, Die einverständliche Scheidung, S.  174, 180. 770  Die Voraussetzung einer mindestens dreijährigen Ehedauer nach Art.  100 Abs.  2 FamKodex a. F. (1985) ist mit Erlass des FamKodex n. F. im Jahre 2009 entfallen; gem. §  4 der Schluss­bestimmungen zum FamKodex gilt das auch für die Altehen. 771  Rayongericht Teteven, Urt. №  60 v. 21.5.2013 i. d. Rs. №  211/2013 – ciela. 772  Balevska, in: Punev et al., Kommentar zur bulgZPO, Artt.  318–330 bulgZPO, §  1., Tz.  4.1., S.  755. 773  Vgl. Jessel-Holst, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  30. Ausf. hierzu Grigorova, Novia Semeen kodeks, S.  31 ff. 774  Wohl auch so Rayongericht Teteven, Urt. №  60 v. 21.5.2013 i. d. Rs. №  211/2013 – ciela; verkannt jedoch von Rayongericht Gorna Oryahovitsa, Urt. №  230 v. 7.6.2017 i. d. Rs. №  942/2017 – ciela (keinerlei IPR-Prüfung, sondern Anwendung bulgarischen Sachrechts). 775  Im Gegensatz zum alten Recht (Art.  101 Abs.  1 FamKodex a. F. von 1985) sind die Eheleute nunmehr nicht gehalten, die güterrechtliche Auseinandersetzung bereits im einvernehm-

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pflicht des Gerichts. Erfasst die Scheidungsvereinbarung nicht alle Gegenstände des Errungenschaftsvermögens, so steht es den Ehegatten frei, sich hierüber unabhängig vom anhängigen Verfahren der einvernehmlichen Scheidung auseinandersetzen.776 Sofern über den einzelnen Regelungskomplex die Möglichkeit einer kolli­ sionsrechtlichen Rechtswahlvereinbarung eröffnet ist, können die Eheleute freilich Gebrauch davon machen.777 Das werden fachlich gut beratene Ehepaare zu schätzen wissen. Abschluss und rechtsgeschäftliche Wirksamkeit der Scheidungsfolgenvereinbarung beurteilen sich wiederum nach dem Scheidungsstatut; Schuldverhältnisse aus einem Familienverhältnis sind aus dem Anwendungsbereich der Rom  I-VO ausgenommen (Art.  1 Abs.  2 lit.  b Rom  I-VO). Soweit die vorgesehene Scheidungsvereinbarung nicht dem Kindeswohl genügt, setzt das Gericht den Parteien eine Frist zu ihrer Änderung bzw. Ergänzung. Bei fruchtlosem Fristablauf ist die einverständliche Scheidung zu versagen. Erfährt die Vereinbarung hingegen die gerichtliche Billigung, so gibt der Richter dem Scheidungsantrag statt778 und stellt die Scheidungsvereinbarung in seinem Urteil fest (Art.  330 Abs.  3 bulgZPO).779 Fraglich ist, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn die Scheidungsvereinbarung unwirksam ist und ob der betroffene Ehegatte nach Abschluss des einvernehm­ lichen Scheidungsverfahrens den behaupteten materiellrechtlichen Wirksamkeitsmangel der Scheidungsfolgenvereinbarung in einem neuen Prozess oder im alten Verfahren vor demjenigen Gericht geltend machen muss, welches die Scheidungsfolgenvereinbarung einst geprüft und gebilligt hatte. Man könnte folgende Über­ legung anstellen: Ist die Scheidungsfolgenvereinbarung nie wirksam zustande gekommen oder wirksam angefochten, so sei sie nach bulgarischem materiellen Recht von Anfang an nichtig.780 Diese Nichtigkeit781 ziehe einen prozessualen Mangel nach sich, denn schließlich handele es sich bei der Scheidungsvereinbalichen Scheidungsverfahren zu regeln. Sie können es aber tun. Die gesetzliche Änderung hängt damit zusammen, dass früher nur der eine gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft bestand, wogegen jetzt den Ehegatten drei Güterstände (Art.  18 Abs.  1 FamKodex) zur Wahl offen stehen; vgl. Grigorova, Novia Semeen kodeks, S.  32. 776  Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №780/1995 (zit. nach Beshkov, Dela za razvod, S.  156). 777  S. hierzu Rayongericht Slivnitsa, Urt. №  209 v. 12.1.2015 i. d. Rs. №  679/2014 – ciela. 778  Diese Entscheidung ist unanfechtbar, vgl. Art.  330 Abs.  5 bulgZPO. 779  Zur (begrenzten) richterlichen Inhaltskontrolle bei einer einverständlichen Scheidung im französischen Recht Dethloff, Die einverständliche Scheidung, S.  185–189. 780  Für die ex tunc-Wirkung der Anfechtung im bulgarischen Sachrecht siehe nur Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  512. 781  Ob Teil- oder Gesamtnichtigkeit vorliegt, beurteilt sich nach dem verletzten, hier bulgarischen Recht. Zu den Voraussetzungen einer Teilnichtigkeit allgemein Tadzher, Grazhdansko pravo-Obshta chast, Bd.  II, S.  545 ff.; Pavlova, Grazhdansko pravo-Obshta chast, S.  513 ff.

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rung um eine Scheidungsvoraussetzung, welche das Gericht gar geprüft und gebilligt habe. Das wiederum, so könnte man weiter argumentieren, führe dazu, dass das alte Scheidungsverfahren rechtshängig geblieben und deshalb fortzusetzen sei. Eine solche Auffassung ist abzulehnen.782 Zwar weist die Gerichtsentscheidung, mit welcher die Scheidungsvereinbarung gebilligt wird, Ähnlichkeit mit einem Prozessvergleich auf, als auf ihrer Grundlage die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann (z. B. hinsichtlich des Unterhalts).783 Entscheidend ist nach der Lehre aber der Vergleich zu Art.  303 Abs.  2 Var.  1 bulgZPO. Nach dieser Vorschrift ist das im streitigen Scheidungsverfahren ergangene Scheidungsurteil nicht anfechtbar, wenn er in Rechtskraft erwachsen ist. Daraus leitet man eine Gleichbehandlung mit der einverständlichen Scheidung ab.784 Anders gesagt: Eine einmal rechtskräftig geschiedene Ehe bleibt für immer geschieden, selbst wenn die Scheidungsvereinbarung unwirksam sein sollte. Dafür spricht zudem Art.  330 Abs.  5 bulgZPO.785 Danach unterliegt die Entscheidung, mit welcher die einverständliche Scheidung zugelassen wird, nicht der Berufung. Die Unwirksamkeit der Scheidungsvereinbarung ist nur für die in ihr geregelten Ansprüche von Bedeutung und kann in einem – neuen – Verfahren gem. Art.  537 Abs.  2 und 3 bulgZPO geltend gemacht werden.786 2. Kollisionsrecht: Qualifikations- und Formfragen Die Abhängigkeit der einvernehmlichen Scheidung von einer Scheidungsfolgenvereinbarung, deren Gültigkeit erst das Gericht zu prüfen und zu bestätigen hat, führt nicht zu einer Doppelqualifikation – teils verfahrensrechtlich, teils materiellrechtlich. Die Pflicht zur Einigung über die Scheidungsfolgen i. S. des Art.  51 FamKodex ist als materiellrechtlich einzustufen und darum dem Scheidungsstatut unterworfen.787 Zwar weist die gerichtliche Feststellung der Wirksamkeit ei782  Nach Grigorova, Novia Semeen kodeks, S.  40, sei jedes Teil des einvernehmlichen Scheidungsverfahrens nach eigenen Regeln anzugreifen – der Teil, in dem die Scheidung auf Einvernehmen geschieden werde, nach Art.  537 Abs.  3 bulgZPO, der restliche Teil nach den allgemeinen Vorschriften über das streitige Verfahren. 783  Popova, in: Zh. Stalev, Bulgarsko grazhdansko protsesualno pravo, §  122 XX 3, S.  715; nach a. A. sei die Scheidungsvereinbarung „de jure und de facto“ ein Prozessvergleich (so Kornezov, Grazhdansko sadoproizvodstvo, Bd.  I, S.  976. 784  Popova, in: Zh. Stalev, Bulgarsko grazhdansko protsesualno pravo, §  122 XX 2 a. E. und 3, S.  715; s. a. Kornezov, Grazhdansko sadoproizvodstvo, Bd.  I, S.  976. 785  Vgl. Kornezov, Grazhdansko sadoproizvodstvo, Bd.  I, S.  976 a. E. 786  Popova, in: Zh. Stalev, Bulgarsko grazhdansko protsesualno pravo, §  122 XX 2 a. E., S.  715; Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  185; Beshkov, Dela za razvod, S.  156; Grigorova, Novia Semeen kodeks, S.  40. 787  MüKo BGB/Winkler v. Mohrenfels (2018), Vor Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  30; s. a. Jayme, NJW 1977, 1378, 1382.

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ner Scheidungsfolgenvereinbarung durchaus Züge des Scheidungsvollzugs auf. Sie ist jedoch sachliche Voraussetzung einer einverständlichen Scheidung788 und von daher materiellrechtlich zu qualifizieren.789 Die gerichtliche Prüfung der Scheidungsfolgenvereinbarung ist dem bulgarischen Verfahrensrecht zuzuordnen. Gleichwohl hat dieser Umstand für die Qualifikation keine Bedeutung, zumal die verfahrensrechtlich vorgesehene gericht­ liche Prüfung der Scheidungsfolgenvereinbarung mit Art.  51 Abs.  1 FamKodex – auch – materiellrechtlich angelegt ist. Daraus folgt: Ein ausländischer Richter hat entsprechend zu verfahren, d. h. die Wirksamkeit der Scheidungsfolgenvereinbarung prüfen und ggf. in den Entscheidungsgründen wiedergeben; andernfalls besteht die Gefahr, dass seiner Entscheidung im Inland die Anerkennung versagt bleibt.790 Die Form der Scheidungsvereinbarung unterliegt Art.  61 bulgIPRGB,791 da sie einen rechtsgeschäftlichen Charakter aufweist. Sie ist gewahrt, wenn die Formvorschriften des Scheidungsstatuts oder des Vornahmeortes eingehalten werden. Bei Anwendung bulgarischen Rechts reicht einfache Form aus; die Scheidungsvereinbarung muss aber protokolliert und in der Gerichtsentscheidung wiedergegeben werden.792 Ist deutsches Recht anwendbar, so bedarf es einer Erklärung zur Niederschrift der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts (Art.  134 Abs.  1 FamFG analog).793 VII. Mediationsversuch794 Wie bereits erwähnt, muss das Gericht Scheidungswillige auf eine Mediation hinweisen (Art.  321 Abs.  2 Alt.  1 bulgZPO). Ihre Wahrnehmung unterbricht das Scheidungsverfahren (Art.  321 Abs.  3 Alt.  1 bulgZPO). Der Prozess endet, wenn ihn die Ehegatten binnen sechs Monaten nicht weiter betreiben (Art.  321 Abs.  4 S.  2 bulgZPO). 788 

Vgl. Balevska, in: Punev et al., Artt.  318–330 bulgZPO, §  8., Tz.  3., S.  770 f., unter Verweis auf den Obersten Kassationsgerichtshof, Beschl. №  387 v. 25.7.2011 i. d. Rs. №  157/2011 (Beschluss des erstinstanzlichen Rayongerichts als Voraussetzung zum Übergang vom Verfahren der streitigen Scheidung in das der einvernehmlichen). 789  Derjenige, der verfahrensrechtlich qualifiziert, wird eine Befassung des Gerichts mit der Wirksamkeit der Scheidungsfolgenvereinbarung und ihre Feststellung in den Entscheidungsgründen für erforderlich, aber auch ausreichend halten. 790  Was sich i. d. R. nur auf Gerichtsurteile aus Drittstaaten auswirken wird. In der EU gilt Art.  21 EuEheVO (Anerkennung ipso iure). 791  Bzw. Art.  11 EGBGB aus deutscher Sicht. 792  Markov, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  184. 793  Andrae, IntFamR, §  4, Rn.  66. 794  Ausf. Borisov, Mediatsia, S.  163–170; Manev, Mediatsia, S.  68–82; überblicksweise Rashkov, Obshtestvo i pravo 2017, №  3, 74 ff.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Vorschriften solcher Art nehmen eine Zwitterstellung ein: Einesteils zielen sie auf eine Aussöhnung der Ehegatten ab, und erfüllen damit den staatlichen Auftrag zum Schutze der Ehe, andernteils sichern sie eine gerichtliche Teilhabe an der Auflösung einer gescheiterten Ehe.795 Der zweite Teil ist verfahrensrechtlicher Natur.796 Er überwiegt. Denn die Mediation ist kein sachliches Erfordernis einer Ehescheidung.797 Wird die Ehe zweier Bulgaren in Deutschland geschieden, so hat ein Mediationsversuch folglich weder stattzufinden noch der deutsche Richter darauf hinzuweisen. Anders ist es, wenn die Eheleute eine Mediation durch­ führen, vor dem Mediator eine gütliche Einigung erzielen und sich nun einvernehmlich scheiden lassen wollen. Um den Sinn und Zweck des Art.  51 FamKodex nicht zu konterkarieren, hat diese Einigung den Voraussetzungen des Art.  51 Fam­ Kodex und Art.  330 Abs.  3 bulgZPO (gerichtliche Wirksamkeitsprüfung und Feststellung in den Entscheidungsgründen) Genüge zu tun.798 Ihre Form bestimmt sich anhand der alternativen Anknüpfung gem. Art.  61 bulgIPRGB. VIII. Die Vorfrage nach dem Bestehen einer Ehe Die Ehescheidung setzt ein Eheband voraus. Die Ehe muss darum wirksam zustande gekommen und darf zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz nicht durch eine rechtskräftige inländische oder eine im Inland anerkannte ausländische Scheidung beendet sein. Die kollisionsrechtliche Vorfrage nach dem Bestehen einer Ehe ist für den Geltungsbereich der Rom  III-VO und des Art.  82 bulgIPRGB selbstständig anzuknüpfen.799 Führt die selbstständi795 

Ähnlich angeklungen bei Balevska, in: Punev et al., Artt.  318–330, §  1., Tz.  4., S.  755 f.; Borisov, Mediatsia, S.  165. 796  Verfahrensrechtlich zu qualifizieren ist die Regelung des Art.  320 bulgZPO. Danach ist das Scheidungsverfahren auf Antrag der Ehefrau auszusetzen, wenn sie schwanger oder ein Kind vorhanden ist, das jünger als 12 Monate ist. 797  Obschon der unterbliebene Hinweis des Gerichts zur Durchführung einer Mediation i. S. des Art.  321 Abs.  2 Alt.  1 bulgZPO das Urteil anfechtbar macht; vgl. Borisov, Mediatsia. S.  166 f. (unter Berufung auf die Rspr. des Obersten Kassationsgerichtshofs und des [früheren] Obersten Gerichts). 798  Vgl. Oberster Kassationsgerichtshof, Beschl. №  387 v. 25.7.2011 i. d. Rs. №  157/2011 – ciela; Borisov, Mediatsia, S.  169. Zur ähnlich gelagerten Frage nach der Berücksichtigung eines Aussöhnungsversuchs siehe aus der deutschen Rechtsprechung und Literatur einerseits (fakultative Berücksichtigung) OLG Hamburg, FamRZ 2001, 1007; OLG Karlsruhe, FamRZ 1990, 168; Hau, FamRZ 2013, 249, 250; MüKo BGB/Winkler v. Mohrenfels (2018), Vor Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  18 ff.; andererseits (grundsätzliche Nichtbeachtung wegen Überwiegens des verfahrensrechtlichen Charakters) OLG München, IPRax 1989, 238, 241; OLG Düsseldorf, FamRZ 1974, 132; Erman/Hohloch (2017), Art.  17 EGBGB, Rn.  24. 799  Für die Rom  III-VO ist sich das deutsche Schrifttum nicht einig; (für eine selbständige Anknüpfung) Hausmann, IntEuSchR, A, Rn.  254; Rauscher, IPR, Rn.  824, 836; Andrae, IntFamR, §  4, Rn.  41; (für eine unselbständige Anknüpfung) Palandt/Thorn (2020), Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  8.

§  3. Ehescheidung

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ge Anknüpfung zu einer hinkenden Inlandsehe, so wird diese gem. Art.  82 Abs.  2 S.  2 bulgIPRGB nach bulgarischem Recht geschieden, selbst wenn sie nach dem Scheidungsstatut nicht auflösbar wäre, weil es nach eben diesem Scheidungs­ statut an einer Ehe mangelt. Das gilt selbst im Anwendungsbereich der Rom  IIIVO.800 Denn es wäre sinnwidrig, die Auflösung einer Ehe einem Recht zu überlassen, nach welchem gar keine scheidbare Ehe vorliegt. Ebenfalls nach Art.  82 Abs.  2 S.  2 bulgIPRGB beurteilt sich die Scheidung einer Ehe, die zwar nach dem Scheidungsstatut, nicht aber im Inland als aufgelöst gilt, so z. B. bei einer nicht anerkennungsfähigen Inlandsprivatscheidung. Das frühere Argument für eine ­reguläre kollisionsrechtliche Verweisung – Sicherung der Kohärenz zwischen Scheidungs- und Scheidungsfolgenstatut801 – sticht nicht mehr. Denn der Unterhalt wird nicht mehr akzessorisch an das Recht angeknüpft, nach dem die Scheidung tatsächlich erfolgte, sondern an die engste Verbindung (Art.  5 HUntProt) oder den gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten (Art.  3 HUntProt). Es fehlt also an einem notwendigen Einheitsstatut zwischen Scheidung und Scheidungsfolgen. Eine schutzwürdige Verbindung liegt deshalb nicht vor. B. Auslandsscheidungen Bei Scheidungen im Ausland ist zwischen solchen durch Entscheidung einer staatlichen Stelle und Privatscheidungen zu unterscheiden. I. Erfordernis der Anerkennung Damit eine im Ausland vollzogene Scheidung in Bulgarien Wirkungen entfalten kann, bedarf es dort ihrer Anerkennung. 1. EU-Mitgliedstaaten Bei Entscheidungen EU-mitgliedschaftlicher Gerichte (mit Ausnahme Dänemarks) richtet sich die Entscheidungsanerkennung nach Artt.  21 ff. EuEheVO. Es gelten zwei Grundsätze: Anerkennung ipso iure (Art.  21 Abs.  1 leg.cit.) und Inzidentprüfung (Art.  21 Abs.  4 leg.cit.).802

800  A. A.

Palandt/Thorn (2020), Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  8. Siehe nur Staudinger/Mankowski (2011), Art.  17 EGBGB, Rn.  98 f.; MüKo BGB/Winkler v. Mohrenfels (2010), Art.  17 EGBGB, Rn.  96 ff.; v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  261. 802  Eingehend zur Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen aus dem EU-Rechtsraum Staudinger/Spellenberg (2015), Art.  21 ff. Brüssel IIa-VO; Rauscher/Rauscher, EuZPR/ EuIPR, Art.  21 ff. Brüssel IIa-VO; NK-BGB/Andrae (2016), Anh. I zum III. Abschnitt EGBGB, Art.  21 ff. EheVO; dies., IntFamR, §  4, Rn.  116 ff. 801 

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

2. Drittstaaten Entscheidungen von Gerichten und Behörden aus Drittstaaten und Dänemark unterliegen dem Anerkennungsverfahren nach Artt.  117–121 bulgIPRGB803 oder – vorrangig – dem jeweiligen RHAbk.804 Die inzidente Anerkennung stellt den Grundsatz dar. Bei Streit über die Voraussetzungen der Anerkennung kann eine Feststellungsklage vor dem Sofioter Stadtgericht erhoben werden (Art.  118 bulg­ IPRGB). Erfreulich ist der Wegfall des Gegenseitigkeitserfordernisses.805 3. Scheidungsfolgen Nach diesem Muster verfährt man außerdem, wenn es um die Anerkennung von Scheidungsfolgen geht. Unter die Geltung der EuEheVO (Brüssel IIa-VO) fallen nur Entscheidungen zur elterlichen Verantwortung. Unterhaltssachen gehören zur EuUntVO. Restliche Nebenfolgeentscheidungen erfassen Artt.  117 ff. bulg­IPRGB. II. Ausländische Privatscheidungen 1. Anerkennungsverfahren? Konstitutives Element einer Privatscheidung ist ein rechtsgeschäftlicher Willensakt wenigstens eines Ehegatten, so bsplw. bei dem talaq nach islamischem Recht,806 dem Get nach jüdischem Recht807 oder dem Auflösungsvertrag nach japanischem, koreanischem und thailändischem Recht.808 Auch ausländische Privatscheidungen sind nach hiesiger Ansicht einer Anerkennung zugänglich. Diese richtet sich nach Artt.  117 f. bulgIPRGB. Der Fall, dass eine Behörde an der privaten Ehescheidung beteiligt war, ist als vom Art.  117 bulgIPRGB erfasst anzusehen, da er jedweden Akt ausländischer Organe neben eine Gerichtsentscheidung als gleichberechtigt stellt. Die Begriffe „Entscheidung“ und „Organ“ sind also weit zu fassen, so dass etwa Entscheidungen religiöser Gerichte darunter zu subsumieren sind (z. B. die eines israelischen Rabbinatsgerichts).809 803 

Vgl. Musseva, IPRax 2007, 256, 260. Zu solch einem Fall s. Appellationsgericht Sofia, Urt. №  784 v. 20.10.2010 i. d. Rs. №  345/2010 – ciela (Anerkennung der durch ein mazedonisches Gericht ausgesprochenen Ehescheidung zwischen einer Bulgarin und einem Deutschen gem. Artt.  21, 22 RHAbk mit Mazedonien [DV Nr.  7/2001, in Kraft seit 7.4.2002]). 805  Näher zu Artt.  117 ff. bulgZPO Musseva, IPRax 2007, 256 ff. Zum früheren Recht Tschipev, in: Internationales Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, S.  45 ff.; ders., WGO 1991, 109 ff. 806  Dazu Gärtner, Privatscheidung, S.  11 ff. 807  Hiezu BGHZ 176, 365 = NJW-RR 2008, 1169 m. Nachw. aus der Literatur. 808  Näher Staudinger/Mankowski (2011), Art.  17 EGBGB, Rn.  59 ff. m. w. N. 809  Zu diesem Ansatz aus deutscher Sicht Martiny, in: Schulte-Bunert/Weinreich, §  107 FamFG, Rn.  5. 804 

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Bei reinen Privatscheidungen, d. h. ohne behördliche/gerichtliche Mitwirkung, kann indes nichts anderes gelten:810 Einesteils ist die Interessenlage (Rechtsklarheit und Rechtssicherheit) identisch. Andernteils erfolgt die Prüfung der Wirksamkeit einer Privatscheidung mit staatlicher Teilhabe im Grundsatz ebenfalls inzident (Art.  118 Abs.  1 bulgIPRGB), so dass man keinen (Rechts-)Gewinn daraus zöge, Privatscheidungen ohne staatliche Mitwirkung aus dem Anwendungsbereich der Artt.  117 f. bulgIPRGB herauszunehmen – diese werden ohnehin nur incidenter anerkannt werden können. Auf diese Weise eröffnet man rechtsgeschäft­ lich Geschiedenen die Möglichkeit einer Feststellungsklage vor dem Sofioter Stadtgericht nach Maßgabe des Art.  118 Abs.  2 bulgIPRGB. Umgesetzt bedeutet dies, dass es bei der Anerkennung der ausländischen Privatscheidung in der Regel um die Prüfung des ordre public nach Art.  117 Nr.  5 bulgIPRGB gehen wird. Zweierlei darf man dabei nicht unbeachtet lassen: Die Notwendigkeit eines hinreichenden Inlandsbezugs und das Verbot der révision au fond. 2. Anerkennungsvoraussetzungen a) Privatscheidung vor dem 21.6.2012 Die Voraussetzungen für die Anerkennung ausländischer Privatscheidungen aus der Zeit vor dem 21.6.2012 bestimmt das Scheidungsstatut gem. Art.  82 bulgIPRGB, denn es geht um die Anerkennung eines Rechtsgeschäfts. Der Anknüpfungszeitpunkt der Stellung des Scheidungsantrags gem. Art.  82 leg.cit. ist hierbei zu ersetzen mit dem Zeitpunkt der förmlichen Einreichung eines destruktiven Scheidungsakts beim anderen Ehegatten.811 Die Privatscheidung muss nach dem so berufenen fremden Recht wirksam vorgenommen worden sein. Kommt bulgarisches Recht zur Anwendung, scheidet natürlich eine Privatscheidung aus. Die Lehre bejahte früher bei einer Privatscheidung einen Verstoß gegen den heimischen ordre public i. S. des Art.  142 FamKodex a. F. (1985), falls wenigstens ein Ehegatte die bulgarische Staatsangehörigkeit besaß.812 Waren die Eheleute Ausländer, nahm Todorov zwar eine Verletzung des Gleichberechtigungsgrundsatzes von Mann und Frau an, lehnte aber im Ergebnis eine ordre public-­ Widrigkeit ohne nähere Begründung ab und gestattete damit die Anerkennung im Inland;813 ob ein Inlandsbezug erforderlich war und, wenn ja, wie er auszusehen hatte, wurde dabei nicht gesagt. 810 

Wohl auch so unter der Geltung alten Rechts Todorov, Pravootnoshenia, S.  183, Tz.  81. Vgl. Andrae, IntFamR, §  4, Rn.  171. 812  Siehe Todorov, Pravootnoshenia, S.  157, Tz.  67 (Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau). 813  Todorov, Pravootnoshenia, S.  183, Tz.  81. 811 

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Das neue Kollisionsrecht stellt die Weichen für die Anerkennung einer Privatscheidung, indem es die Folgen des anzuwendenden ausländischen mit denen des bulgarischen Rechts miteinander vergleicht (Art.  45 Abs.  1 bulgIPRGB). Die Annahme eines Verstoßes gegen den bulgarischen ordre public bedingt ein hinreichend enges Verhältnis zur inländischen Rechtsordnung, welches die Rechtsfolgen des fremden Rechts freilich nicht aufwiegen dürfen (Art.  45 Abs.  2 bulg­ IPRGB). Anders ausgedrückt: Es bedarf stets der Prüfung, ob die Privatscheidung dem Willen beider Ehegatten entspricht. Zudem muss sie nach dem Scheidungsstatut gültig vollzogen sein. Ist dem so, dann ist die Scheidung anzuerkennen. Denn die Ehe wäre auch nach bulgarischem Rechtsverständnis im Wege der einvernehmlichen Scheidung prinzipiell scheidbar gewesen.814 b) Privatscheidung ab dem 21.6.2012 Bei Privatscheidungen ab dem 21.6.2012 beurteilen sich die Anerkennungs­ voraussetzungen ebenfalls nach dem Scheidungsstatut. Dieses bestimmt jedoch nicht Art.  82 bulgIPRGB, sondern die Rom  III-VO, genauer: primär Art.  5 Rom  III-VO (Rechtswahl), sekundär Art.  8 Rom  III-VO. Die Anerkennung hängt davon ab, ob das verwiesene Recht die jeweilige Privatscheidung zulässt und, wenn ja, ob diese wirksam vollzogen wurde.815 Gegen diesen Lösungsansatz hat sich der EuGH mit Urteil vom 20.12.2017 ausgesprochen.816 Privatscheidung seien nicht vom Anwendungsbereich der Rom  III-VO erfasst.817 Die Anerkennungsfähigkeit von Privatscheidungen in Europa haben die Luxemburger Richter den Mitgliedstaaten überlassen818 und damit ihrem jeweiligen autonomen IPR überantwortet. Die hierdurch entstandene Lücke schließt der deutsche Gesetzgeber mit einem neuen Art.  17 Abs.  2 EGBGB n. F.,819 indessen der bulgarische Normsetzer bis heute untätig bleibt.820 814 

Für die Anerkennung einer Verstoßung (talaq) im Ausland sowie der jüdischen Scheidung (Get) jüdischer Israelis vor einem Rabbinatsgericht in Israel Siehr, FS Schlosser (2005), 877, 882 f., 892–894. 815  Ausf. hierzu Andrae, IntFamR, §  4, Rn.  180 ff. m. w. N.; NK-BGB/Gruber (2019), Art.  1 Rom  III-VO, Rn.  62 ff.; ders., IPRax 2012, 382 f. 816  EuGH, ECLI:EU:C:2017:988 = NJW 2018, 447 = NZFam 2018, 126, Rn.  47 (Soha Sahyouni/Raja Mamisch). 817  So bereits der Generalanwalt beim EuGH Saugmandsgaard Øe, Schlussanträge v. 14.9.­ 2017, NZFam 2017, 997, Rn.  67 – Sahyouni/Mamisch. 818  Für verbleibende Fragen nach der Behandlung ausländischer Privatscheidungen s. ­Antomo, NJW 2018, 435, 436–438. 819  Das Scheidungsmonopol deutscher Gerichte besteht freilich fort (Art.  17 Abs.  3 EGBGB n. F.). 820  Privatscheidungen werden hinkünftig vermehrt bulgarische wir deutsche Gerichte be-

§  4. Abstammung

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§  4. Abstammung A. Internationale Zuständigkeit Die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte und anderer Organe821 in Abstammungssachen regeln Art.  4 Abs.  1 Nr.  1 und Nr.  2 Alt.  1 sowie Art.  9 Abs.  1 bulgIPRGB.822; 823 Bislang gibt es weder gemeinschaftsrechtliche Regelungen noch vorrangige Staatsverträge.824 Die bulgarische Staatsangehörigkeit oder der gewöhnliche Aufenthalt eines der Beteiligten825 im Inland genügt zur Begründung der internationalen Zuständigkeit bulgarischer Gerichte.826

schäftigen, nachdem das französische, italienische, spanische und portugiesische Recht sie nunmehr gestatten; darauf weist zutreffend Mankowski, NJW 2019, 465, 469, hin. 821  Damit gemeint ist der bulgarische Zivilstandsbeamte, da die Abstammungserklärung gem. Art.  65 Abs.  1 FamKodex vor ihm abzugeben ist; vgl. Todorov, MCP, S.  235. 822  S.a. Appellationsgericht Varna, Beschl. №  376 v. 23.6.2017 i. d. Rs. №  281/2017; Administrativgericht Kyustendil, Urt. №  227 v. 15.12.2017 i. d. Rs. №  248/2017; jew. zit. nach ciela. 823  Art.  9 bulgIPRGB unterscheidet sich von Art.  4 bulgIPRGB dadurch, dass er die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Antragstellers im Inland begründet, und zwar ungeachtet dessen Nationalität. 824  Vgl. Bezirksgericht Ruse, Beschl. №  1108 v. 11.10.2018 i. d. Rs. №  372/2018 – ciela. 825  Auf den ersten Blick irreführend spricht das Gesetz in Art.  9 Abs.1 bulgIPRGB vom „Elternteil“, steht doch diese Feststellung erst noch bevor. Als doppelrelevante Tatsache reicht es indessen für die Begründung der internationalen Zuständigkeit bulgarischer Gerichte aus, wenn die Eigenschaft „Elternteil“ behauptet wird. 826  Bulgarien ist kein Vertragsstaat des Römischen CIEC-Übereinkommen v. 14.9.1961 über die Erweiterung der Zuständigkeit der Behörden, vor denen nichteheliche Kinder anerkannt werden können (BGBl 1965 II, S.  17, 19), sowie des Brüsseler CIEC-Übereinkommen v. 12.9.1962 über die Feststellung der mütterlichen Abstammung nichtehelicher Kinder (BGBl. 1965 II, S.  17, 23). Das Römische CIEC-Übereinkommen ist eine inhaltsleere IPR-Hülse, da die Vertragsstaaten nur die Anerkennung mit Standesfolge kennen; vgl. Staudinger/Henrich (2014), Vorb. zu Art.  19 EGBGB, Rn.  5. Das Brüsseler CIEC-Übereinkommen kann hingegen bedeutsam werden, wenn Art.  83 Abs.  1 oder Abs.  2 bulgIPRGB auf das Recht eines Vertragsstaats des Brüsseler Übereinkommens (Deutschland, die Niederlande, die Schweiz, die Türkei, Griechenland, Luxemburg, Spanien und Niederländisch-Aruba) einschließlich seines Kolli­ sionsrechts (Art.  83 Abs.  3 bulgIPRGB) verweist und danach die Abstammung von der Mutter her begründbar ist. Text beider Übereinkommen unter: und bzw. und (jew. zuletzt angesehen am 30.10.2018).

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

B. Anerkennung ausländischer Abstammungsentscheidungen Die Anerkennung ausländischer Abstammungsentscheidungen richtet sich nach Artt.  117 ff. bulgIPRGB, da es bislang vorrangiges gemeinschaftliches oder staatsvertragliches Recht nicht gibt. An einen Verstoß gegen den ordre public-­ Vorbehalt gem. Art.  117 Nr.  5 bulgIPRGB ist immer dann zu denken, wenn die Vaterschaftsfeststellung erschlichen wurde. C. Kollisionsrecht827 Von der Abstammung handeln die Absätze 1 und 2 des Art.  83 bulgIPRGB. Die Anerkennung eines Kindes ist Regelungsgegenstand der Abs.  4 und 5. Die Anknüpfungspunkte zur Bestimmung der Abstammung einer Person sind sechs an der Zahl. Es sind alternative Anknüpfungen.828 Sie werfen einige Fragen auf, die sich durch Auslegung beantworten lassen. I. Vorbemerkung 1. Rückblick Bis zum Inkrafttreten des bulgIPRGB regelte Art.  135 FamKodex a. F. (1985) die Abstammung des Kindes auf kollisionsrechtlicher Ebene.829 Einziger Anknüpfungspunkt war die Staatsangehörigkeit des Kindes bei der Geburt. Auf eheliche oder nichteheliche Kindschaft kam es nicht an. Die Anknüpfung an die lex patriae setzte man konsequent bei den bilateralen Rechthilfeabkommen fort,830 wobei teilweise eine Abkehr von der starren hin zur wandelbaren Anknüpfung zur Zeit der Abstammungsfeststellung zu verzeichnen war.831 Dieses Verständnis spiegelt sich noch in vielerlei Hinsicht im geltenden IPR Bulgariens wider. 827  Das bulgarische Recht kennt das Rechtsinstitut der Legitimation nicht. Darum gibt es keine entsprechende Kollisionsvorschrift. Wenn Abstammungsstatut eine fremde Rechtsordnung ist, die zwischen ehelichen und unehelichen Kindern unterscheidet (z. B. Österreich), entsteht eine Lücke im bulgarischen Kollisionsrecht. Diese ist per Qualifikation gem. Art.  39 Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB zu schließen. Das Begriffs- und Regelungsverständnis des bulgarischen Rechts, auf die es bei einer kollisionsrechtlichen Regelungslücke nach Art.  39 Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB ankommt, legen eine Analogie zu Art.  83 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB nahe. Die dort vorgesehenen alternativen Anknüpfungen an favor filiationis sind auf einen ­favor legitimationis übertragbar. 828  Ebenso Maesch, Kodifikation, S.  166. 829  Zum alten Kollisionsrecht Todorov, Pravootnoshenia, S.  205–207, Tz.  93 f. 830  So z. B. in den RHAbk mit Vietnam (Art.  24 Abs.  1), Kuba (Art.  26 Abs.  1), der Mongolei (Art.  22 Abs.  1), Polen (Art.  26 Abs.  1), Rumänien (Art.  25), Ungarn (Art.  22 Abs.  1). 831  Vgl. einerseits Art.  25 RHAbk mit Rumänien und Art.  24 Abs.  1 RHAbk mit Vietnam, und andererseits Art.  22 Abs.  1 RHAbk mit Ungarn (Zeitpunkt der Geburt).

§  4. Abstammung

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2. Übergangsrecht Das bulgIPRGB enthält keine Übergangsregelungen. Indes bedeutet dies nicht, dass seine Vorschriften auf Altfälle zu übertragen wären. Vielmehr gelten für Vorgänge mit Abschluss bis 20.5.2005 (das bulgIPRGB trat am 21.5.2005 in Kraft) das bis dahin geltende Kollisionsrecht.832 Das entspricht den allgemeinen Grundsätzen. 3. Bulgarisches materielles Abstammungsrecht Das materielle Abstammungsrecht Bulgariens unterscheidet sich vom deutschen Recht. Die Unterschiede werden an folgenden Schnittstellen mit der dann praktischen Bedeutung deutlich: a) Mutterschaftsfeststellung Für die Feststellung der Mutterschaft gilt in Bulgarien das Abstammungssystem: Mutter des Kindes ist die Frau, die es geboren hat. (Art.  60 Abs.  1 und 2 Fam­ Kodex). Die Geburtsurkunde liefert eine widerlegbare Vermutung dafür, vgl. Art.  34 Abs.  2 PStRegG833 (Art.  60 Abs.  3 FamKodex). b) Vaterschaftsfeststellung Bei Geburt des Kindes während der Ehedauer gilt der Ehemann als sein Vater (Art.  61 Abs.  1 FamKodex) -diese Vermutung galt schon im römischen Recht: „Pater is est quem nuptiae demonstrant“;834 ob die Empfängniszeit in der Ehe lag, ist ohne Bedeutung. Kommt das Kind jedoch vor Ablauf von 300 Tagen nach Ehescheidung835 zur Welt, so wird es dem gewesenen Ehemann zugeordnet,836 außer die Mutter war zur Zeit der Geburt bereits erneut verheiratet (Art.  61 Abs.  1 Alt.  2 und Abs.  2 FamKodex).

832  Str.; wie hier Bezirksgericht Varna, Urt. №  1048 v. 12.6.2018 i. d. Rs. №  2407/2011 – ciela; zum Streitstand s. 1.  Teil, §  1. C. I. m. w. N. 833  Die anfechtungsberechtigten Personen zählt Art.  60 Abs.  3 FamKodex auf. Anfechtungsfristen gibt es nicht; vgl. Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  II, S.  41, 46. 834  Vgl. Tsankova, Pravna misal 2017, №  4, 38, 46. 835  Die Frist beginnt um 00.00 Uhr am Tag nach Rechtskraft des Scheidungsurteils und endet mit Ablauf des 300sten Tages um 24.00 Uhr; vgl. Nenova/Markov, Semeyno pravo, Bd.  II, S.  53, unter Berufung auf Art.  60 Abs.  5 bulgZPO. 836  Ähnliche Vermutung kennen Estland (§  84 Abs.  1 estländisches FamGB), Japan (Art.  772 japanisches ZGB), Lettland (Art.  146 lettisches ZGB [306 Tage]; vgl. OLG Hamm, FamRZ 2009, 126 ff.), Polen (Art.  62 §  1 und §  2 polnisches FamGB), Spanien (Art.  116 spanischer Cc), die Türkei (Art.  285 Abs.  1 türkisches ZGB).

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

II. Reichweite des Abstammungsstatuts Der Frage nach der Abstammung begegnet man als Hauptfrage z. B. im Personenstandsrecht, wenn es darum geht, die Eltern eines Neugeborenen in die Geburtsurkunde gem. Art.  45 Abs.  1 Nr.  9 PStRegG einzutragen. Praxisbedeutung erlangt sie allerdings als Vorfrage im Unterhalts-, Erb-837 und Namensrecht. Der Verweisungsbegriff der Abstammung erfasst all jene Fragen, welche die Begründung der Abstammung838 und ihre Anfechtung839 betreffen – also sowohl die Entstehung eines Abstammungsverhältnisses wie dessen nachträgliche Beseitigung -, soweit es nur um die medizinisch-biologische Abstammung geht. Die rechtliche Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses (Adoption) übernimmt hingegen Art.  84 bulgIPRGB. Gesondert anzuknüpfen ist außerdem die Anerkennung eines Kindes (Art.  83 Abs.  4 bulgIPRGB). Im Wesentlichen unterfällt dem Anwendungsbereich des Abstammungsstatuts die Regelungsmaterie der Artt.  60–63 FamKodex.840 Dazu zählen insbesondere: – Wirksamkeitsvoraussetzungen der Abstammung: Abstammungsvermutungen und Empfängniszeiten;841 –  Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Abstammungsklage: v. a. (Ablaufs-)Fristen für die Anfechtung der Vaterschaft, Kreis der Anfechtungsberechtigten; – Rechtsfolgen erfolgreicher Abstammungsanfechtungen. III. Staatsangehörigkeit des Kindes 1. Anknüpfungsgrundsätze Nach der Grundregel des Art.  83 Abs.  1 bulgIPRGB ist das für die Abstammung maßgebende Recht die Staatsangehörigkeit des Kindes zur Zeit der Geburt. Das Statut ist starr. Das Anknüpfungsmoment ist nicht gelungen und führt in einigen Konstellationen zu einer petitio principii: Leitet das Kind unter Geltung des ius sanguinis seine Staatsangehörigkeit von der eines jeden Elternteils ab, so müssen seine Eltern zunächst feststehen.842 Dies aber soll die Abstammung gerade klären. Stehen die Eltern des Kindes nicht fest, besteht keine Vermutung der Elternschaft. Hängt der Geburtsstaat auch nicht dem ius soli an, versagt die Anknüpfung. Sie kann dem Kind nicht zu seinen Eltern verhelfen; es wäre elternlos. 837 

Hiezu Bezirksgericht Pazardzhik, Urt. №  623 v. 10.12.2015 i. d. Rs. №  795/2015 – ciela. So schon altrechtlich Todorov, Pravootnoshenia, S.  194, Tz.  88. 839  Wie hier Todorov, MCP, S.  234; ders., Pravootnoshenia, S.  198, Tz.  89; S.  206, Tz.  93; Kutikov, MCP, S.  488. 840  In diese Richtung wohl ebenso Stancheva-Mincheva, Art.  83 bulgIPRGB; S.  248, Todorov, Pravootnoshenia, S.  196, Tz.  89. 841  Vgl. Todorov, Pravootnoshenia, S.  194, Tz.  88. 842  Wie hier richtig Todorov, Pravootnoshenia, S.  194, Tz.  88. 838 

§  4. Abstammung

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Dem Regelgeber war die skizzierte Problematik bewusst.843 Trotzdem hält er an dieser Anknüpfung weiterhin fest, weil das Heimatrecht des Kindes seine Interessen am besten schütze.844 Diese gesetzgeberische Intention muss der Rechts­ anwender respektieren, zumal ihm weitere Anknüpfungspunkte in Abs.  2 zur Verfügung stehen.845 Daraus folgt: In der Regel ist die Mutter bekannt, so dass das Kind jedenfalls an ihrer Staatsangehörigkeit partizipiert.846 Für die Feststellung der Vaterschaft ist unter Zugrundelegung der Staatsangehörigkeit des in Betracht kommenden Vaters an die von diesem abgeleitete hypothetische Staatsangehörigkeit des Kindes anzuknüpfen,847 um einer sonst bestehenden Gefahr der Einschränkung der Abstammungsfeststellung zu entgehen.848 Letztlich ist dies Ausfluss des Gün­ stigkeitsprinzips, welches der Gesetzgeber mit den alternativen Anknüpfungen umzusetzen sucht. Ein weiteres Argument liefert der Wortlaut des Art.  135 FamKodex a. F. (1985) selbst: „Für die Abstammung wird das Heimatgesetz des Kindes zur Zeit der Geburt angewandt.“ Schon damals knüpfte man also an die ­hypothetische Staatsangehörigkeit des Kindes im Geburtszeitpunkt an, die er von seinem hypothetischen Elternteil ableitete.849 Mit der Neuregelung bezweckte der Normgeber eine Begünstigung des Kindes bei seiner Abstammungsfeststellung, und keine Schlechterstellung. Bei Mehrstaatern, Staatenlosen, Flüchtlingen und Asylberechtigten gelten die allgemeinen Regeln. 2. Unwandelbarkeit Zur Umschreibung des temporalen Anknüpfungsmoments verwendet der Gesetzgeber die Vergangenheitsform: „erworben hat“. Die Auslegung ergibt: Nur diejenige Staatsangehörigkeit ist anknüpfungsfähig, die das Kind mit der Geburt unwiderruflich erwirbt. An die Staatsangehörigkeit des Kindes knüpft zudem Art.  83 Abs.  2 Nr.  1 Alt.  1 bulgIPRGB an. Im Gegensatz zu Abs.  1 ist das Statut wandelbar; es kommt auf die Staatsangehörigkeit zur Zeit der Abstammungsfeststellung an.850 843 

Siehe die Kritik von Todorov, Pravootnoshenia, S.  196 ff., Tz.  89. Vgl. Todorov, MCP, S.  236. 845  Trotzdem können diese Alternativanknüpfungen die zu den Wirkungen des Eltern-Kind-­ Verhältnisses (Art.  85 bulgIPRGB) bestehende Disharmonie nicht beseitigen. 846  Vgl. Bezirksgericht Burgas, Urt. №  139 v. 12.2.2015 i. d. Rs. №  1503/2014 – ciela; Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 432. 847  Wie hier Todorov, Pravootnoshenia, S.  197, Tz.  89. 848  Verkannt vom Bezirksgericht Burgas, Urt. №  139 v. 12.2.2015 i. d. Rs. №  1503/2014 – ciela. 849  Vgl. Todorov, Pravootnoshenia, S.  197, Tz.  89. 850  Den Zeitpunkt der Abstammungsfeststellung regelt das Gesetz explicite nur für die 844 

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IV. Gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes 1. Anknüpfungsgrundsätze Die Abstammung kann weiterhin nach dem Recht des Staates beurteilt werden, in dem das Kind zur Zeit der Feststellung seiner Abstammung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art.  83 Abs.  2 Nr.  1 Alt.  2 bulgIPRGB). Wo dieser Ort liegt, bestimmen im Grundsatz die allgemeinen Kriterien des Art.  48 Abs.  7 bulgIPRGB. Es kommt auf den Daseinsschwerpunkt an. Auf einen Säugling oder ein Kleinkind übertragen, ist das Lebenszentrum der Mutter zugleich dasjenige ihres (neugeborenen) Kindes.851 Dies setzt voraus, dass die Mutter das Kind betreut und dass es nicht um ihre eigene Mutterschaftsfeststellung geht; andernfalls gibt die Integration des Kindes in ein soziales und familiäres Umfeld den Ausschlag,852 wobei Dauer und Beständigkeit des Aufenthalts entscheidend sind. Maßgeblich ist der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes zur Zeit seiner Abstammungsfeststellung. Erfolgt diese in einem Vaterschaftsprozess, so kommt es auf den Schluss der letzten mündlichen Verhandlung an.853 In allen anderen Fällen ist auf den Augenblick der Erstellung der Geburtsurkunde abzustellen. Die Anknüpfung ist zu begrüßen, denn sie ist auf das Kindeswohl ausgerichtet. Sie harmonisiert außerdem nicht nur mit den Wirkungen des Eltern-Kind-Verhältnisses (Art.  85 bulgIPRGB), sondern auch mit dem Haager Unterhaltsübereinkommen (Art.  4 Abs.  1 HUÜ 2007), nun Haager Unterhaltsprotokoll (Art.  3 HUntProt), dem MSA (Art.  2 Abs.  1 i. V. m. Art.  1 MSA) und seit dem 1.1.2011 mit dem KSÜ (Art.  5 KSÜ). 2. Wandelbarkeit Die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt im jeweiligen Zeitpunkt macht das Abstammungsstatut wandelbar: Die Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts geht mit einem Wechsel des für die Bestimmung der Abstammung maßgebenden Rechts einher. Der Statutenwechsel kann indessen den Statusbesitz, den das Kind nach dem Altstatut bereits erworben hat, nicht nachträglich entfallen 2. Alt. des Art.  83 Abs.  2 Nr.  1 bulgIPRGB. Für die 1. Alt. kann jedoch nichts anderes gelten. Das ist aus dem Sinnzusammenhang des Abs.  1 und des Abs.  2 Nr.  1 zu schlussfolgern; wie hier (ohne Begründung) Todorov, MCP, S.  236; Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 432; wohl auch so Bezirksgericht Ruse, Beschl. №  1108 v. 11.10.2018 i. d. Rs. №  372/2018 – ciela. 851  Ähnlich Natov, MCP-Osobena chast, S.  371; aus dem deutschen Schrifttum MüKo BGB/­Helms (2018), Art.  19 EGBGB, Rn.  8 m. w. N. 852  So zum gewöhnlichen Aufenthalt eines Säuglings im Rahmen des Art.  8 EuEheVO EuGH, Rs.  C-497/10 PPU Rn.  55, FamRZ 2011, 619. 853  NK-BGB/Bischoff (2016), Art.  19 EGBGB, Rn.  14 a. E.

§  4. Abstammung

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lassen. Für eine gerichtlich festgestellte Abstammung folgt das aus der Rechtskraft des im Inland anerkannten Urteils und für nicht gerichtlich festgestellte Abstammungsverhältnisse aus Art.  42 bulgIPRGB.854 Lediglich wenn das Altstatut eine Zuordnung des Kindes zu den Eltern nicht ermöglicht, und sei es nur, weil im Augenblick des Statutenwechsels nicht alle Erfordernisse erfüllt waren, übernimmt das Neustatut diese Aufgabe. Es befindet dann, ob die nach dem alten Statut teilweise erfüllten Voraussetzungen der Abstammung als substituierbar erachtet und deshalb anerkennt. V. Elternstatut In Abs.  2 Nr.  2 beruft Art.  83 bulgIPRGB als weiteres Abstammungsrecht dasjenige, welches „für die persönlichen Beziehungen der Eltern untereinander im Zeitpunkt der Geburt“ maßgeblich ist. Was der IPR-Gesetzgeber will, ist eindeutig: die Anknüpfungen aus den persönlichen Ehewirkungen in Art.  79 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB im Internationalen Abstammungsrecht fruchtbar machen.855 Wie er diesen Willen zum Ausdruck bringt, ist dagegen wenig geglückt: Einesteils stehen die Eltern im Beurteilungszeitpunkt nicht immer fest, sondern sollen mithilfe der Anknüpfung erst ermittelt werden. Andernteils pflegen Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, nicht notwendig „persönliche Beziehungen untereinander“. Grund für die gewählte Formulierung mag das gesetzgeberische Anliegen sein, eheliche wie uneheliche Kinder zu erfassen, da Ehegatten natürlich Eltern sein können, Eltern nicht aber Ehegatten sein müssen. Die Beachtung des Kindeswohls stützt eine derartige Auslegung, weil sie eine weitere Anknüpfung zur Abstammungsfeststellung eröffnet. Aus diesem Verständnis heraus ergeben sich nun variable Anknüpfungen an: – die gemeinsame Staatsangehörigkeit der hypothetischen Eltern (Art.  83 Abs.  2 Nr.  2 i. V. m. Art.  79 Abs.  1 bulgIPRGB), – den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der hypothetischen Eltern (Art.  83 Abs.  2 Nr.  2 i. V. m. Art.  79 Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB) oder – die gemeinsame engste Verbindung der hypothetischen Eltern (Art.  83 Abs.  2 Nr.  2 i. V. m. Art.  79 Abs.  2 Alt.  2 bulgIPRGB).856 854 

Ebenso (ohne nähere Begründung) Bezirksgericht Ruse, Beschl. №  1108 v. 11.10.2018 i. d. Rs. №  372/2018 – ciela; Todorov, Pravootnoshenia, S.  196, Tz.  89; S.  203, Tz.  91. 855  Vgl. Todorov, MCP, S.  236; Stancheva-Mincheva, Art.  83 bulgIPRGB, S.  249; s. a. die Verweisung auf Art.  79 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB von Musseva, MCP, Bd.  I, Art.  83 bulg­ IPRGB, S.  99 (Fn.  2). 856  Wie hier Stancheva-Mincheva, Art.  83 bulgIPRGB, S.  249.

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Für die Bestimmung des anwendbaren Rechts anhand dieser Anknüpfungsmomente behalten die Erläuterungen zu den persönlichen Ehewirkungen der Ehegatten ihre Gültigkeit, mit dem einzigen Unterschied, dass sämtliche Anknüpfungen auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zu prüfen sind. Dies macht das Statut unwandelbar. Wird die Ehe oder die Elternbeziehung vor der Geburt des Kindes durch Tod eines der Ehegatten bzw. eines der Partner aufgelöst, so kann es bei der Geburt keinerlei gemeinsame Anknüpfungspunkte mehr geben. In diesem Fall ist auf den Todeszeitpunkt abzustellen. Das ist der letzte Zeitpunkt, zu dem eine Gemeinsamkeit im kollisionsrechtlichen Anknüpfungssinne bestanden haben kann. VI. Verhältnis der Anknüpfungsvarianten zueinander 1. Problemstellung In welchem Verhältnis die einzelnen Anknüpfungsalternativen zueinander stehen, ist dem Gesetz nicht leicht zu entnehmen. Der Anleitungssatz des Abs.  2 spricht zwar ausdrücklich das Günstigkeitsprinzip an. Dabei stellt er aber lediglich eine Verbindung zwischen dem ersten Anknüpfungspunkt in Abs.  1 und den restlichen Anknüpfungspunkten in Abs.  2 her: „Entgegen857 der Vorschrift von Abs.  1 kann, wenn dies für das Kind günstiger ist, zur Anwendung kommen: […]“ Indes verträgt sich ein ausschließlich vertikales Konkurrenzverhältnis nicht mit dem Kindeswohl. Eine Konkurrenz – gemessen am Kindeswohl orientierten Günstigkeitsprinzip – zwischen den Absätzen anzunehmen, sie jedoch unter den Anknüpfungsvarianten selbst abzulehnen, ist sachlich nicht zu rechtfertigen. Aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber in den Absätzen 1 und 2 im Gegensatz zur alten Rechtslage eine Vielzahl an Rechten zur Auswahl stellt, kann man schließen, dass er die Feststellung der Abstammung begünstigen will (favor filiationis). Dieser gesetzgeberischen Absicht ist alles abträglich, was die Zahl der durch die Anknüpfungen vermittelten Rechte schmälert. Darum ist das Günstigkeitsprinzip als das Bindeglied zwischen den einzelnen Anknüpfungsmomenten unterein­ ander aufzufassen – vertikal wie horizontal.858 Andernfalls würde – nähme man es mit dem Wortlaut ernst – eine Anknüpfung über Abs.  2 zum vorneherein ausscheiden, wäre die Anknüpfung in Abs.  1 nicht von Erfolg gekrönt. Denn dann wäre nach Abs.  1 nichts Abstammungsrechtliches feststellbar, dem Abs.  2 noch 857  Der Gesetzgeber verwendet den Begriff „въпреки/vapreki“. Man kann ihn als „entgegen“ oder – gleichwertig – „trotz“ übersetzen; vgl. Rankoff, Bulgarisch-Deutsches Wörterbuch, S.  26. 858  Wohl ähnlich angeklungen bei Stancheva-Mincheva, Art.  83 bulgIPRGB, S.  249.

§  4. Abstammung

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etwas entgegen-setzen könnte. Anders formuliert: Auch wenn eine Anknüpfung nach Abs.  1 versagt, muss eine nach Abs.  2 möglich bleiben. Erst die Existenz verschiedener Anknüpfungsmöglichkeiten – vertikal wie horizontal – verschafft dem Günstigkeitsprinzip den nötigen Raum. 2. Problemlösung Das Verhältnis der Anknüpfungsvarianten zueinander kann man mit zwei dia­ metralen Ansätzen umschreiben: Subsidiarität und Alternativität. Bei einer sub­ sidiä­ren Anknüpfung kommt der nachrangige Anknüpfungspunkt nur zum Einsatz, wenn der vorrangige sein Ziel nicht erreicht. Im hiesigen Kontext bedeutete dies: Abs.  2 als subsidiäre Anknüpfung würde erst nach der Feststellung geprüft, dass das gemäß Abs.  1 berufene Recht die Abstammung nicht habe begründen können. Bei einer alternativen Anknüpfung stehen die Anknüpfungspunkte dagegen gleichrangig nebeneinander. Für ein Subsidiaritätsverhältnis spricht, dass nach Abs.  1 die Abstammung dem Heimatrecht des Kindes „unterliegt“; ein anderes Recht „kann“ nur unter der Bedingung zur Anwendung gelangen, dass „dies für das Kind günstiger ist“. Trotz dieser eng am Gesetz ausgerichteten Auslegung verdient die Alternativanknüpfung den Vorzug. Bereits der Wortlaut steht einer Subsidiarität der Anknüpfungspunkte entgegen: Abs.  2 geht ersichtlich davon aus, dass Abs.  1 eine Abstammungsfeststellung schon ermöglicht hat, indem er weitere Anknüpfungen gerade für diese Fallsituation – „entgegen der Vorschrift von Abs.  1“ – bereithält. Dem Kind sollen hierdurch möglichst vorteilhafte Lösungen gewährleistet sein. Das aber sichern alternative Anknüpfungen als Ausdruck des Günstigkeitsprinzips.859 VII. Konkurrenz mehrerer Elternprätendenten 1. Problemstellung und Lösungsansatz Das vorgenannte Rangverhältnis wird praktisch bedeutsam, wenn für das Kind mehrere Personen als Vater bzw. Mutter in Betracht kommen. Der Begünstigungszweck des Art.  83 Abs.  2 bulgIPRGB reicht in solch einem Fall allein nicht aus. Für die Auflösung der Konkurrenz gilt das Prinzip der Priorität. Dieser Grundsatz ist im bulgarischen Recht fest verankert860 (vgl. Art.  71 S.  1 Fam­Kodex861); der 859  Unklar Stancheva-Mincheva, Art.  83 bulgIPRGB, S.  249, die nur davon spricht, dass Abs.  2 alternative Anknüpfungen vorsehe. Wie hier Maesch, Kodifikation, S.  166. 860  Vgl. Bezirksgericht Ruse, Beschl. №  1108 v. 11.10.2018 i. d. Rs. №  372/2018; Bezirksgericht Pazardzhik, Urt. №  623 v. 10.12.2015 i. d. Rs. №  795/2015; Administrativgericht Silistra, Urt. №  62 v. 31.8.2015 i. d. Rs. №  1/2015; Rayongericht Pazardzhik, Urt. №  483 v. 9.6.2015 i. d. Rs. №  1073/2010; jew. zit. nach ciela. 861  Art.  71 FamKodex lautet:

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IPR-Gesetzgeber hat ihn deswegen bei der Fassung des Art.  83 Abs.  1 und Abs.  2 bulgIPRGB vorausgesetzt. Materiellrechtlich ist nach diesem Grundsatz die Abstammung bei einer Geburt des Kindes während der Ehe (mit der 300-Tage-Regelung bei deren Auflösung) kraft Gesetzes im Zeitpunkt der Geburt begründet. Nachfolgende Anerkennungen sind deswegen erst dann zulässig, wenn die vorausgehende gesetzliche Abstammungsvermutung wirksam angefochten worden ist. Überträgt man dieses sachrechtliche Vorverständnis auf die kollisionsrechtliche Ebene, so folgt daraus: Mit der Anknüpfung, welche als erste dem Kind auf einfacherem Wege zu seinem Vater verhilft, hat es sein Bewenden.862; 863 Diese Anknüpfung ist für das Kind dann die „günstigere“ i. S. des Art.  83 Abs.  1 und Abs.  2 bulgIPRGB,864 was sich insbesondere in unterhaltsrechtlicher Hinsicht auswirken kann.865 Das so erzielte Resultat wird freilich mit den wahren Abstammungsverhältnissen nicht immer übereinstimmen. Dies ist jedoch hinzunehmen. Statusklarheit bedeutet Rechtssicherheit. Rechtssicherheit ist wiederum Element des Günstigkeitsprinzips, welches dem Kindeswohl folgt. Ferner verlangt Art.  83 Abs.  2 bulgIPRGB gerade nicht, dem Kind denjenigen Vater zu verschaffen, der für das Kind „am günstigsten“ ist, sondern eben nur denjenigen, der „günstiger“ ist. Diese Abstufung führt zur Anwendung desjenigen Rechts, welches dem Kind zuerst einen Vater zuordnet, möge er vielleicht auch nicht der Erzeuger sein. Diese Schlussfolgerung trägt selbst das bulgarische materielle Recht, welches eine Treuepflicht der Ehegatten nicht (mehr) statuiert, jedenfalls ausdrücklich nicht. Für diese Auslegung spricht außerdem der Umstand, dass es für die Beurteilung des auf die Abstammung anwendbaren Rechts grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Geburt ankommt, und hierbei auf die Staatsangehörigkeit, die das Kind mit der Geburt erworben hat. Die biologische Vaterschaft ist dann nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung immer noch im Vaterschaftsfeststellungsverfahren feststellbar.

„Klage auf Feststellung der Abstammung kann nicht erhoben werden und eine Anerkennung kann nicht vorgenommen werden, solange nicht im Klagewege die durch die Geburtsurkunde, die Vermutung nach Art.  61 oder durch Anerkenntnis festgestellte vorhandene Abstammung angefochten ist. Die beiden Klagen können verbunden werden.“ 862  Wohl auch so Administrativgericht Kyustendil, Urt. №  227 v. 15.12.2017 i. d. Rs. №  248/2017 – ciela. 863  Geht es um die Mutterschaftsfeststellung, gelten die gleichen Grundsätze. Vaterschaftsfeststellungen sind allerdings die Hauptanwendungsfälle des Art.  83 Abs.  1 und Abs.  2 bulg­ IPRGB. 864  Wie hier richtig Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 431 f. 865  U.a. auf den Gesichtspunkt der Sicherung des Kindesunterhalts stellt ab Todorov, Pravootnoshenia, S.  197, Tz.  89.

§  4. Abstammung

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2. Angleichung Der hier vertretene Lösungsansatz – Vorrang des Prioritätsprinzips – stößt allerdings an seine Grenzen, wenn im Geburtszeitpunkt zwei Männer als Väter gelten. Beispiel: Ein bulgarisches Ehepaar hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Göteborg (Schweden). Die Frau wendet sich dem schwedischen Liebhaber L zu. Ein Kind kommt zur Welt. Mit schriftlicher Bestätigung des Ehemannes M und der Mutter erkennt L seine Vaterschaft an. Welchen Mann wird der bulgarische Zivilstandsbeamte als Vater in die Geburtsurkunde eintragen? 1) Die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit des Kindes zur Zeit der Geburt beruft bulgarisches Recht als Abstammungsstatut, da die Mutter Bulgarin ist und damit ihr Kind automatisch die bulgarische Staatsangehörigkeit erwirbt. Nach Art.  61 Abs.  1 Alt.  1 FamKodex ist ihr Ehemann M der sog. Gilt-Vater, weil das Kind während der Ehezeit geboren ist. 2) Die weiteren Anknüpfungen in Abs.  2 (Staatsangehörigkeit oder gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes im Beurteilungszeitpunkt [Nr.  1] sowie gemeinsame Staatsangehörigkeit, gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt oder sonstiger gemeinsamer Konnex der Eltern im Augenblick der Geburt [Nr.  2]) ergeben nichts Abweichendes: Das schwedische Kollisionsrecht, auf welches lediglich die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes im Augenblick der Abstammungsfeststellung in Abs.  2 Nr.  1 Alt.  2 des Art.  83 bulgIPRGB verweist, nimmt zwar die Verweisung an, als es gem. §  2 S.  2 des Gesetzes (1985:367) über internationale Vaterschaftsfragen das schwedische Recht beruft, wenn das Kind bei der Geburt seinen Wohnsitz im Inland erhielt.866 Gemäß §  1 S.  1 des schwedischen Elterngesetzbuches (1949:381) gilt der Ehemann jedoch bei einer Kindesgeburt in der Ehe als der Kindesvater. Das wäre der M. 3) Die Vaterschaft des M ist indessen fraglich, wenn L mit der Geburt des Kindes ebenfalls als Vater gilt. So liegen die Dinge hier: Die Wirksamkeit der Anerkennung des L ist gesondert nach Art.  83 Abs.  4 bulgIPRGB anzuknüpfen. Darüber entscheidet nach der 1. Variante das Personalstatut des Anerkennenden, also das schwedische Recht. Nach schwedischem Recht reicht es für die Zuordnung zu einem anderen Vater als dem Ehemann aus, dass der Ehemann und die Mutter dessen Vaterschaftsan­ erkennung schriftlich bestätigen (§  2 Abs.  2 schwed. Elterngesetzbuch [1949:381]867); die sonstigen Zustimmungserfordernissen des §  4 Abs.  1 schwed. Elterngesetzbuch (1949:381) seien als gegeben unterstellt. Die Vaterschaftsanerkennung ist selbst vor der Geburt des Kindes möglich, §  4 Abs.  2 schwed. Elterngesetz (1949:381). Somit kommt auch L als Vater des Kindes in Frage. 866  Text der Vorschrift bei Giesen, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Schweden, 211. Lfg., Stand: 1.3.­2015, S.  48. 867  Normtext bei Giesen, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Schweden, 211. Lfg., Stand: 1.3.­2015, S.  65.

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Der Widerstreit mehrerer Vaterprätendenten ist mittels Angleichung aufzulösen. Sie findet auf kollisionsrechtlicher Ebene statt, unter den Wertungskriterien des Kollisionsrechts, und nicht unter denen des materiellen (bulgarischen) Familienrechts.868 Zwar entsteht die Diskrepanz im materiellen Recht der berufenen Rechtsordnungen, aber zum Zusammenstoß gesteuert hat das Kollisionsrecht. Hinzu kommt, dass sich das Günstigkeitsprinzip nach der gesetzgeberischen Vorstellung bereits auf der kollisionsrechtlichen Stufe entfalten soll. Anders angedrückt: Das Günstigkeitsprinzip ist mit kollisionsrechtlichen Kriterien auszufüllen.869 Als solche treten zweierlei in Konkurrenz hervor: Vorrang der abstammungsrechtlichen vor den anerkennungsrechtlichen Anknüpfungen (aa) oder Vorrang der engsten Verbindung (bb). a) Gesetzessystematik Für einen Vorrang der Anknüpfung nach Abstammung gegenüber der Anknüpfung nach Anerkennung spricht die Systematik des Art.  83 bulgIPRGB. Abstammung und Anerkennung sind gesondert anzuknüpfende Rechtsinstitute. Die Abstammung steht an der Spitze (in Abs.  1 und Abs.  2), erst danach kommt die Anerkennung (in Abs.  4). Geht es dagegen um eine gleichzeitige Zweitvaterschaft innerhalb der abstammungsrechtlichen Anknüpfungsalternativen – also innerhalb der Absätze 1 und 2 -, so lässt sich argumentieren, dass eine solche zweite Vaterschaft für ein Kind niemals „günstiger“ sein kann, macht sie ihm doch die Primärvaterschaft nicht nur streitig, vielmehr diese in ihre Feststellung zu hindern sucht. Der Prioritätsgrundsatz würde ins Gegenteil verkehrt. b) Gesetzeswortlaut Für einen Vorrang der Rechtsordnung mit der engsten Verbindung zum Sachverhalt streitet der Wortlaut des Art.  2 Abs.  2 (nicht Abs.  1) bulgIPRGB: Auf die engste Verbindung kommt es an, wenn das anzuwendende Recht sich anhand der vorgesehenen Anknüpfungen nach Maßgabe der Artt.  39–116 bulgIPRGB nicht bestimmen lässt. Man könnte meinen, hier ließen sich sogar zwei Rechtsordnungen zur Feststellung der Abstammung bestimmen. Indes würde solches Verständnis den Rechtsanwendungsfehl des IPR missachten. Darum heißt es in Art.  2 Abs.  2 bulgIPRGB: Sofern das – und nicht ein – anzuwendende(s) Recht nicht bestimmt werden kann, ist das Recht der engsten Verbindung maßgebend. 868 

Wohl ähnlich auch Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 431. Stancheva-Mincheva, Art.  83 bulgIPRGB, S.  249 f., sowie Art 40 bulgIPRGB, S.  60, die das Günstigkeitsprinzip materiellrechtlich einordnet. Ihr zufolge wären mithin die Kriterien für die Ausfüllung des Begriffs „günstiger“ der lex fori zu entnehmen. 869  A. A.

§  4. Abstammung

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Diese Auslegung überzeugt. Sie führt dazu, dass das Kind in aller Regel den biologischen Vater zugeordnet bekommt.870 Die Ausfüllung des unbestimmten Begriffs „günstiger“ i. S. des Art.  83 Abs.  2 bulgIPRGB dem Kind zu überlassen, kann hingegen nicht befriedigen.871 Das Risiko, dass sein gesetzlicher Vertreter (die Mutter etwa) nicht den wahrscheinlich biologischen, sondern den Wunschvater wählen könnte, ist nicht aus der Hand zu weisen. Denn die Kriterien, mit welchen das Günstigkeitsprinzip bzw. das Kindeswohl an dieser Stelle der Prüfung auszufüllen wäre, müsste man nun im materiellen Recht suchen, und nicht im Kollisionsrecht. Dem bulgarischen Familienrecht lässt sich allerdings eine eindeutige Aussage zugunsten der Abstammungswahrheit nicht entnehmen (Stichworte: keine gesetzlich statuierte Treuepflicht zwischen den Ehegatten). Außerdem ist einem Wahlrecht Rechtsunsicherheit immanent, was wiederum Art.  83 Abs.  1 und Abs.  2 bulgIPRGB widerspricht. Lösung des Beispiels: Nach hier vertretener Auffassung ist der Konflikt konkurrierender Vaterschaftsfeststellungen auf kollisionsrechtlicher Ebene zu lösen. Dabei ist an das Recht der engsten Verbindung anzuknüpfen (Art.  2 Abs.  2 bulgIPRGB). Die engste Verbindung hat der Sachverhalt mit Schweden. Dort halten sich alle Beteiligten auf, dort haben der Ehemann und die Mutter der Anerkennung zugestimmt. Mit Bulgarien hat das Kind bis auf seine bulgarische Staatsangehörigkeit, vielleicht die bulgarische Sprache und evtl. Sitten und Gebräuche kaum etwas zu tun; das allein reicht indes nicht aus. Im Ergebnis setzt sich also L als Vater durch.

E. Allgemeine Fragen des IPR I. Renvoi 1. Aufschiebend bedingte Gesamtverweisung Die Verweisungsfrage872 ist in Art.  83 Abs.  3 bulgIPRGB873 gesondert geregelt.874 Danach wird in Abweichung von der Grundregel des Art.  40 Abs.  3 bulgIPRGB 870  Vgl. Budzikiewicz, Materielle Statuseinheit und kollisionsrechtliche Statusverbesserung, S.  111. 871  Dafür aus deutscher Sicht aber PWW/Martiny (2018), Art.  19 EGBGB, Rn.  13; Erman/ Hohloch (2017) Art.  19 EGBGB, Rn.  18; Palandt/Thorn (2020), Art.  19 EGBGB, Rn.  6. 872  Altrechtlich war diese Frage umstritten. Die h. M. bejahte den Renvoi; vgl. Todorov, Pravootnoshenia, S.  200 f., Tz.  90; Damyanov, Stalknovitelni normi po semeyno pravo, S.  111; a. A. Kutikov, MCP, S.  488 f. 873  Die Vorschrift ist an Art.  13 Abs.  3 des italienischen IPRG angelehnt; vgl. Zidarova/ Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 432, Fn.  32. Danach ist eine Rück- oder Weiterverweisung bei der Abstammung, Legitimation und der Anerkennung eines nichtehelichen Kindes nur dann zu berücksichtigen, wenn sie zur Anwendung eines Rechts führt, das die Feststellung der Vaterschaft ermöglicht. 874  S.a. Natov, Art.  40 bulgIPRGB, S.  320.

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die Verweisung auf das Recht eines Drittstaates angenommen, wenn dieses Recht die Feststellung der Abstammung des Kindes gestattet. Die Zahl der Rechtsordnungen, aus denen sich die Abstammung des Kindes ableiten kann, soll also mittels eines Renvoi begünstigt und keinesfalls verringert werden. Letztlich kommt einmal mehr das Günstigkeitsprinzip zum Vorschein.875 Die Verweisung ist deshalb primär eine aufschiebend bedingte Gesamtverweisung.876 Bedingung ist, dass sich aus dem materiellen Recht der verwiesenen Rechtsordnung die Abstammung des Kindes von einer bestimmten Person ergibt.877 Andernfalls liegt eine Sachnormverweisung auf das Recht des Zweitstaates vor, auf welches Art.  84 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB verweisen.878 2. Rückverweisung Problematisch erscheint die Behandlung einer Rückverweisung. Ausweislich des klaren Wortlauts des Art.  83 Abs.  3 bulgIPRGB könnte man meinen, hier verbleibe es beim Grundsatz des Art.  40 Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB. Anders ausgedrückt: Eine Rückverweisung sei stets zu berücksichtigen mit der Folge der Anwendung des zurückverwiesenen Sachrechts. Indes wäre eine solche Folgerung vorschnell. Sie ließe außer Acht, dass die Annahme einer Rückverweisung notwendigerweise mit einer Schmälerung der Möglichkeiten zur Abstammungsfeststellung einhergeht. Einen sachlichen (Differenzierungs-)Grund dafür gibt es jedoch nicht. Absatz  3 ist darum gedanklich um einen zweiten Satz folgenden Inhalts zu erweitern: „Eine Rückverweisung ist nur zu befolgen, wenn das zuerst verwiesene Recht eine Feststellung der Abstammung des Kindes nicht gestattet.“ Hierbei handelt es sich um eine ausdehnende Auslegung im Lichte des Günstigkeitsprinzips.879 875 

Wie hier Stancheva-Mincheva, Art.  40 bulgIPRGB, S.  60; Maesch, Kodifikation, S.  166; So auch Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 431 f. 877  Ebenso Stancheva-Mincheva, Art.  40 bulgIPRGB, S.  60; wohl auch Administrativgericht Silistra, Urt. №  62 v. 31.8.2015 i. d. Rs. №  1/2015 – ciela. 878  In diesem Sinne wohl ähnlich Todorov, MCP, S.  237. 879  A. A. Todorov, MCP, S.  237 (stete Beachtung einer Rückverweisung auf das bulgarische Recht); Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 432: „Die Rückverweisung auf die lex fori (das bulgarische Recht) steht unter keiner Bedingung, weil dieses Recht die Feststellung der Abstammung zulässt.“ Das Argument sticht nicht. Es geht primär darum, ob eine Abstammung nach dem fremden Recht im konkreten Einzelfall besteht, und nicht, ob sie theoretisch begründbar wäre. Unklar Stancheva-Mincheva, Art.  83 bulgIPRGB, S.  249 f., die einesteils das Günstigkeitsprinzip in den Vordergrund stellt und einen Renvoi nur dann zulassen will, wenn eine Abstammung feststellbar ist, andernteils aber eine Rückverweisung auf das bulgarische Recht als „problemlos“ bezeichnet; sowie dies., Art.  40 bulgIPRGB, S.  60. 876 

§  4. Abstammung

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II. Vorfragen Materiellrechtliche Vorfragen können im Rahmen des Art.  61 Abs.  1 und Abs.  2 FamKodex auftreten. Da diese Vorschriften das Kind dem ggf. ehemaligen Ehemann zuweisen, setzen sie eine Ehe zwischen ihm und der Mutter voraus. Die Vorfrage ist grundsätzlich durch eine selbständige Anknüpfung gem. Art.  75 und/ oder Art.  76 bulgIPRGB zu lösen. Das Gleiche gilt, wenn Abstammungsstatut ausländisches Recht ist; wenn danach jedoch eine Ehe zu verneinen ist, dann gebietet das Günstigkeitsprinzip, das Recht der Abstammung als der Hauptfrage zu befragen, ob es das Bestehen einer Ehe bejaht.880 Nach denselben Grundsätzen ist bei der Frage zu verfahren, ob die Ehe wirksam aufgelöst worden ist. Im bulgarischen materiellen Recht ist das beispielsweise im Rahmen des Art.  61 Abs.  2 FamKodex denkbar: Die Auflösung der Vorehe geht der Zuweisung des Kindes zum jetzigen Ehemann voraus. Liegt ein ausländisches Scheidungsurteil vor, so kommt es auf seine Anerkennung im Inland an. Eine aus der Perspektive des bulgarischen Rechts unwirksame Scheidung (z. B. inländische Privatscheidung) lässt mithin die Vaterschaftsvermutung für den ersten, vom Standpunkt dieses Rechts noch mit der Mutter verheirateten Ehemann fortbestehen. Ein inländisches Scheidungsurteil setzt sich dagegen immer durch, selbst wenn ausländisches Recht Abstammungsstatut ist.881 Denn die Frage nach der wirksamen Auflösung der Vorehe, die das materielle fremde Recht aufwirft, ist durch Substitution zu lösen: Die Eheauflösung als Tatbestandsmerkmal der ausländischen Norm wird im Inland (Bulgarien) vollzogen. Art.  83 bulgIPRGB hingegen wirft eine kollisionsrechtliche Vorfrage nach dem Bestehen einer Ehe nicht auf. Für die Anknüpfung des Art.  83 Abs.  2 Nr.  2 bulgIPRGB i. V. m. Art.  79 Abs.  1 bzw. Abs.  2 bulgIPRGB ist das Vorliegen einer Ehe belanglos. Welche Wirkungen eine fehlerhafte Ehe auf die Abstammungsfeststellung eines aus dieser Verbindung hervorgegangenen Kindes hat, entscheiden in Umsetzung des Günstigkeitsprinzips alternativ das Abstammungsstatut oder das Statut, aus dem sich das Manko der Ehe ergibt. F. Anfechtung der Abstammung I. Anfechtungsstatut Für die Anfechtung der Abstammung hält das Gesetz keine eigenständige Kollisionsnorm bereit. Der actus contrarius-Gedanke ergibt: Das Anfechtungsstatut 880  881 

Andrae, IntFamR, §  5, Rn.  40. Für diesen Ansatz aus deutscher Sicht Krömer, StAZ 2007, 304 f. m. w. N.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

folgt dem Abstammungsstatut. Der Rückweg kann nur denselben Rechten unterliegen wie der Hinweg selbst.882 Hierbei ist von einer strengen Akzessorietät des Anfechtungsstatuts auszugehen: Die Anfechtung der Abstammung beurteilt sich ausschließlich nach dem Recht, welches die Abstammung einst begründet hat. Das sorgt für Statusklarheit und ist Ausdruck des Günstigkeitsprinzips. Die Abstammung, deren Anfechtung in Frage steht, kann auch Folge einer vorausgegangenen Anerkennung sein. In diesem Fall richtet sich das Anfechtungsstatut nach dem Anerkennungsstatut (Akzessorietätsgrundsatz). II. Reichweite des Anfechtungsstatuts Erfasst sind sämtliche materiellrechtlichen Voraussetzungen einer Abstammungs­ anfechtung – von den Anfechtungsberechtigten über die Anfechtungsgründe, -fristen und -form bis hin zu Beweisregeln. III. Allgemeine Fragen des IPR 1. Renvoi Für einen etwaigen Renvoi gilt Art.  80 Abs.  3 bulgIPRGB und das oben dazu Gesagte. Aus der Akzessorietät der Statute folgt, dass ein Renvoi nur beachtlich ist, wenn zuvor ein Renvoi im Abstammungsstatut selbst zur Abstammung des Kindes geführt hat. 2. Vorfragen Vorfragen sind auf kollisions- wie materiellrechtlicher Ebene denkbar. Geht es um die eheliche Abstammung, so sind sowohl der Bestand der Ehe als die Abstammung von einer bestimmten Person zu prüfen. Es gelten die vorhin aufgestellten Grundsätze: Die selbständige Anknüpfung verdient den Vorzug. Alternativ kommt die unselbständige Anknüpfung zum Zuge, wenn sie dem Kindeswohl dienlicher ist. G. Abstammungsanerkennung I. Anerkennungsstatut Vaterschafts- wie Mutterschaftsanerkennungen unterliegen der nach Art.  83 Abs.  4 bulgIPRGB berufenen Rechtsordnung. Die Anknüpfung, die zum Teil 882  Das war schon altrechtlich so, s. nur Todorov, Pravootnoshenia, S.  196, Tz.  88; S.  198, Tz.  89; S.  206, Tz.  93.

§  4. Abstammung

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von den Anknüpfungspunkten im Abs.  1 und Abs.  2 abweicht, soll wieder die Möglichkeiten erweitern, dem Kind einen Vater zuzuordnen.883 Vorgesehen sind drei alternative Anknüpfungsmomente:884 Heimatrecht des Anerkennenden, Heimatrecht des Kindes885; 886 und Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Anerkennung. Für die letzten zwei Anknüpfungsalternativen steht das ausdrücklich im Gesetz, für die erste kann nichts anderes gelten.887 Das so berufene Recht beherrscht die Begründung der Anerkennung in seiner Gesamtheit. Sieht es etwa die Einwilligung eines Beteiligten vor (bspw. des mit der Mutter verheirateten Mannes), so muss sie folglich dem Zivilstandsbeamten in gültiger Form erklärt vorliegen (Art.  83 Abs.  5 bulgIPRGB). Ist bulgarisches Recht Anerkennungsstatut, so ist besonders Art.  66 Abs.  3 FamKodex zu beachten.888 Ist der Anerkennende bulgarischer Staatsbürger, so erwirbt das Kind gem. Art.  9 Alt.  1 bulgStAG die bulgarische Staatsangehörigkeit. Gesondert anzuknüpfen ist die Form der Anerkennung. Nach Art.  83 Abs.  5 bulgIPRGB unterliegt sie entweder dem Ortsrecht (lex loci actus)889 oder dem Anerkennungsrecht i. S. des Art.  83 Abs.  4 bulgIPRGB (lex causae). Das gleiche Resultat erzielte man über eine Anknüpfung nach Art.  61 bulgIPRGB.890

883  Kritisch zur Altregelung, welche die kollisionsrechtliche Anknüpfung der Anerkennung und der Abstammung gleichbehandelte, Todorov, Pravootnoshenia, S.  195, Tz.  88. 884  Stancheva-Mincheva, Art.  83 bulgIPRGB, S.  250; Zidarova/Stancheva-Mincheva, ­RabelsZ 71 (2007), 398, 432. 885  Exemplarisch Administrativgericht Kyustendil, Urt. №  227 v. 15.12.2017 i. d. Rs. №  248/2017; siehe ferner, wenngleich ohne (ausdrückliche) kollisionsrechtliche Prüfung, Bezirksgericht Vratsa, Urt. №  314 v. 31.10.2018 i. d. Rs. №  383/2018; jew. zit. nach ciela. 886  Bei einem Mehrstaater setzt sich seine bulgarische Staatsangehörigkeit stets durch (Art.  48 Abs.  2 bulgIPRGB); verkannt von Borisov, Savremenno pravo 2006, №  3, 38, 42. 887  Wie hier Todorov, MCP, S.  237; a. A. (ohne Begründung) Oberster Administrativgerichtshof, Beschl. №  12668 v. 2.10.2013 i. d. Rs. №  12714/2013 – ciela (Heimatrecht des Anerkennenden zur Zeit der Geburt des Kindes). 888  Art.  66 Abs.  3 FamKodex lautet: „Ist die Anerkennung vorgenommen worden, bevor die Geburtsurkunde des Kindes aus­ gestellt wurde, und erklärt der Elternteil nach Art.  65 Abs.  1, dass er das Anerkenntnis nicht bestreiten werde, so wird der Anerkennende sogleich in die Geburtsurkunde als Elternteil eingetragen. Eine Anfechtung des Anerkenntnisses durch den Elternteil ist nach Ausstellung der Geburtsurkunde nicht statthaft.“ (Übersetzung durch den Verfasser). 889  Die gesetzgeberische Entscheidung, das Ortsrecht alternativ über die Form der Anerkennung befinden zu lassen, geht wohl zurück auf den Vorschlag von Todorov, Pravootnoshenia, S.  195, Tz.  88. Seine Argumentation: Im Zeitpunkt der Vornahme der Anerkennung stehe dem Anerkennenden (nur) die Ortsform zur Verfügung. Dies überzeugt, zumal Fragen der Substitution vermieden werden. 890  In diese Richtung wohl ebenso Stancheva-Mincheva, Art.  83 bulgIPRGB, S.  250.

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II. Allgemeine Fragen des IPR 1. Renvoi Allen Anknüpfungsalternativen des Art.  83 Abs.  4 bulgIPRGB liegt das Kindeswohl zugrunde. Dieses muss sich folglich bei der Beurteilung eines etwaigen Renvoi auch behaupten können. Dieses Ziel gewährleistet eine analoge Anwendung des Art.  83 Abs.  3 bulgIPRGB, denn der Grundsatz des Art.  40 Abs.  3 bulg­ IPRGB liefe einer Begünstigung des Kindes zuwider:891 Die vom Normgeber bei der Feststellung der Abstammung aufgestellten Grundsätze einer aufschiebend bedingten Gesamtverweisung auf das Recht eines Drittstaates und der sonst anzunehmenden Sachnormverweisung auf das Recht des Zweitstaates müssen zur Wahrung des Kindeswohls auch bei der Anerkennung einer Abstammung zum Einsatz kommen. 2. Vorfragen Im Rahmen der Vaterschaftsanerkennung können sich Vorfragen nach der Geschäftsfähigkeit und der Form stellen. Nach bulgarischem Recht etwa bedarf die Anerkennung der Schriftform (Art.  65 Abs.  1 FamKodex) und sie kann nur von einer Person vorgenommen werden, die bereits das 16. Lebensjahr vollendet hat (Art.  64 Abs.  2 FamKodex). a) Geschäftsfähigkeit Wofern das ausländische Anerkennungsrecht besondere Erfordernisse aufstellt (z. B. an das Alter), handelt es sich um eine besondere Geschäftsfähigkeit, die gem. Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB der unselbständigen Anknüpfung zugewiesen ist. Über sie bestimmt darum das nach Art.  83 Abs.  1–3 bulgIPRGB berufene Recht. Ist bulgarisches Recht Anerkennungsstatut, so greift die Regelung des Art.  64 Abs.  2 FamKodex ein, die vom Anerkennenden ein Mindestalter von 16 Jahren verlangt. Ist fremdes Recht berufen und trifft dieses keine Sonderregelungen, dann ist selbständig anzuknüpfen. In dieser Situation ist die für die Vaterschaftsanerkennung erforderliche Geschäftsfähigkeit dem Heimatrecht des Anerkennenden zu entnehmen (Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB). Vorstehende Grundsätze gelten sinngemäß bei Anfechtung der Anerkennung oder der Abstammung.

891  A. A.

Todorov, MCP, S.  237 (Rück- und Weiterverweisungen seien nicht ausgeschlossen).

§  4. Abstammung

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b) Form Formvorschriften bestimmt die nach Art.  83 Abs.  5 bulgIPRGB berufene Rechtsordnung.892 Wird danach auf bulgarisches Recht verwiesen, so bedarf die Anerkennung der Schriftform. Diesbezüglich eröffnet Art.  65 Abs.  1 FamKodex drei Möglichkeiten: persönliche Anwesenheit des Anerkennenden vor dem Zivilstandsbeamten,893 eine an den letzteren gerichtete Erklärung mit notarieller Beglaubigung der Unterschriften des Anerkennenden oder eine Vermittlungs-Äußerung des Leiters der Entbindungsstation.

892  A. A.

(ohne Begründung und in der Sache verkehrt) Vladimirov, MCP, S.  340 f., der bei Anwendung bulgarischen Rechts als Abstammungsstatuts die Form der Anerkennung Art.  65 Abs.  1 FamKodex entnehmen will, d. h. ohne diese Frage gem. Art.  83 Abs.  5 bulgIPRGB gesondert anzuknüpfen. 893  Vgl. Administrativgericht Sofia-Stadt, Beschl. №  4588 v. 20.6.2013 i. d. Rs. №  4868/2013 – ciela.

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§  5. Adoption A. Erscheinungsform der Adoption im bulgarischen materiellen Recht Das bulgarische Recht kennt nur eine Adoptionsform: die Annahme Nichtvolljähriger (Art.  77 Abs.  1 FamKodex).894; 895 Sie kann eine Volladoption („starke“ Adoption)896 wie eine unvollständige897 („schwache“) Adoption sein.898 894  Das Gesetz spricht von der Adoption einer Person, die bei Antragstellung „das 18. Lebensjahr nicht vollendet hat“. Trotzdem soll im Folgenden der besseren Lesbarkeit willen der Begriff „Annahme/Adoption Minderjähriger“ bzw. „Minderjährigenadoption“ verwendet werden; ebenso Staudinger/Henrich (2014), Vorb. zu Art.  22, Rn.  5. In der Sache selbst ist das bedenkenlos, weil Volljährigkeit im bulgarischen Recht mit Erreichung des 18. Lebensjahres eintritt. Mehr sogar: Da nach Art.  99 FamKodex die Regelungen des Artt.  77–98 FamKodex stets Anwendung finden, wenn das minderjährige/nichtvolljährige Kind oder wenigstens einer der adoptierenden Ausländer den gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien hat, musste der bulgarische Gesetzgeber den unterschiedlichen Altersgrenzen für den Eintritt der Volljährigkeit, welche sich nach Maßgabe des ausländischen Adoptionsstatuts als Folge der Sonderanknüpfung an Art.  50 Abs.  1 S.  2 bulgIPRGB ergeben können, Genüge tun. Deshalb ist in Art.  77 Abs.  1 FamKodex nicht vom Eintritt der Volljährigkeit, sondern von der Vollendung des 18. Lebensjahres die Rede. Das war nach altem Recht schon so, obwohl der damalige Anknüpfungspunkt (Staats­ angehörigkeit des Adoptivkindes) nur teilweise dem heutigen Anknüpfungspunkt (Staatsan­ gehörigkeit aller Beteiligten und evtl. bulgarische Staatsangehörigkeit des Adoptivkindes) entspricht, vgl. Art.  84 Abs.  1 bzw. Abs.  2 und evtl. Abs.  4 bulgIPRGB einerseits und Art.  136 Abs.  1 und Abs.  2 FamKodex a. F. (1985) andererseits. 895  Die altersabhängige Adoption nach bulgarischem Recht führt nicht dazu, dass man im Geltungsbereich des deutschen Kollisionsrechts Art.  7 EGBGB anwendet, denn es geht um eine Frage des Adoptionsstatuts; vgl. Soergel/Lüderitz (1996), Art.  22 EGBGB, Rn.  2 (Fn.  1); a. A. BayObLG NJW-RR 1995, 1287 m. w. N. 896  Bei ihr wechselt das Kind völlig in die Familie der Adoptiveltern. Es entsteht ein Rechtsverhältnis wie zwischen Blutsverwandten: zwischen dem Adoptierenden bzw. den Adoptiveltern und seinen/ihren Verwandten auf der einen Seite und dem Adoptivkind mitsamt seinen Abkömmlingen auf der anderen. Das bisherige Rechtsverhältnis zu den Blutsverwandten erlischt (Art.  101 Abs.  1 S.  1 FamKodex). 897  Wörtliche Übersetzung. Bei der unvollständigen Adoption sind zwei Rechtsverhältnisse auseinanderzuhalten: Eines entsteht zwischen dem Annehmenden bzw. den Adoptiveltern und dem Angenommenen samt seinen Verwandten, das andere zu den Blutsverwandten bleibt gleichwohl aufrechterhalten (Art.  102 Abs.  1 S.  1 FamKodex). 898  Die Rechtslage hat sich seit Erlass des FamKodex a. F. (1968) kaum verändert; siehe den Überblick bei Boschan, EuFamKodex, Länderbericht Bulgarien, S.  46–48. Zu Adoptionen im Anwendungsbereich des Gesetzes über die nichtehelichen Kinder und die Wahlkindschaft (DV Nr.  267 v. 26.11.1940, aufgehoben DV Nr.  182 v. 9.8.1949; teilw. abgedr. in Sibi-Semeen kodeks [2010], Ziff.  7.3) siehe Georgiev, Sobstvenost i pravo 2017, №  3, 55 ff. unter Berufung auf das Oberste Gericht, Urt. №  19 v. 16.1.1992 i. d. Rs. №  1134/1991 (rückwirkende Geltung der Vorschriften über die Volladoption bei erfolgter schwacher Kindesannahme, wenn zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes über die Änderung des bulgGPF [DV. Nr.  50 v. 23.6.1961] – d. h. bis

§  5. Adoption

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Die schwache Adoption nach bulgarischem Recht tangiert nicht den deutschen ordre public.899 B. Quellen adoptionsrechtlicher Bestimmungen Das Internationale Adoptionsrecht Bulgariens ist gekennzeichnet durch eine breite Palette von Regelungen, die teils auf multi- und/oder bilateralen Verträgen gründen und damit gem. Art.  3 Abs.  1 bulgIPRGB Vorrang genießen, teils einen autonomen Hintergrund haben. I. Haager Adoptionsübereinkommen (HAÜ)900 Seit dem 1.9.2002901 ist Bulgarien Teilnehmerstaat des HAÜ.902 Ziel des Übereinkommens ist es, durch Sachnormen über ein einheitliches und kontrolliertes Verfahren den Kindesschutz bei grenzüberschreitenden Adoptionen sicherzustellen (vgl. Art.  1 HAÜ und die Präambel).903 Es dient der Umsetzung der durch die Resolution 41/85 der UN-Vollversammlung904 und das KSÜ gesetzten Standards für den Bereich grenzüberschreitender Adoptionen.905 Das HAÜ enthält keine Kollisionsnormen und kann deswegen das autonome Kollisionsrecht nicht tangieren.906 Allerdings sehen Artt.  4 und 5 HAÜ sachliche Mindestvoraussetzunzum einschließlich 26.6.1961 [Art.  24 bulgVerf i. d. F. von 1947; DV Nr.  284 v. 6.12.1947]weder der Adoptans noch das Adoptivkind verstorben sind). 899  Vgl. VGH Kassel, FamRZ 1994, 956, 958. 900  Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoptionen v. 29.5.1993 (BGBl. 2001 II, S.  1035); aktueller Stand der Teilnahmestaaten unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019); abgedr. in Jayme/Hausmann, Nr.  223. 901  BGBl. 2002, S.  2872. 902  DV Nr.  78 v. 13.8.2002; abgedr. in bulgarischer Sprache bei Natov, Sbornik MCP, Bd.  II, S.  141–152. 903  Eingehend Stancheva-Mincheva, Savremenno pravo 1993, №  4, 71 ff.; dies., Art.  84 bulg­IPRGB, S.  257 ff. 904  Resolution 41/85 der Vollversammlung der UN über die sozialen und rechtlichen Grundsätze für den Schutz und das Wohl von Kindern unter besonderer Berücksichtigung der Aufnahme in eine Pflegefamilie und der Adoption auf nationaler und internationaler Ebene v. 3.12.1986; abrufbar unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019). 905  Lange, FPR 2001, 327 ff. 906  Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  258; aus der deutschen Literatur siehe nur Dietz, Erbrecht des Adoptivkindes, S.  80; Emmerling de Oliveira, in: Würzburger Notar-Hdb, S.  3192, Rn.  66; dies., in: Müller et al., Adoptionsrecht, Rn.  264.

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gen für die Adoption vor.907 Außerdem regelt das HAÜ nicht die internationale Zuständigkeit in Adoptionssachen. Das Übereinkommen greift nicht ein, wenn die Annehmenden und das Kind ihren gewöhnlichen Aufenthalt bereits vor der Adoption in demselben Staat haben oder hatten, ferner bei Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.908 Das HAÜ beinhaltet folgende Regelungsschwerpunkte:909 – Adoption minderjähriger Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Vertragsstaat, wenn das Kind in einen anderen Vertragsstaat gebracht worden ist oder gebracht werden soll; Staatsangehörigkeit ist ohne Bedeutung; – starke wie schwache Adoption; Begründung dauerhaften Eltern-Kind-Verhältnisses erforderlich;910 – grenzüberschreitende Adoptionsvermittlung, die das Kind bestimmten Adoptionsbewerbern zuordnet (sog. Matching). Zur Sicherung der Subsidiarität internationaler Adoptionen und des Kindeswohls, zur Wahrung der Rechte der leiblichen Eltern sowie zur Verhinderung des Kinderhandels ist ein Vorverfahren durchzuführen;911 – sachliche Mindesterfordernisse für die Adoption, deren Einhaltung das Vorverfahren gewährleisten soll; – Bildung Zentraler Behörden912 zur Wahrnehmung der Aufgaben nach HAÜ;913 – Anerkennung und Wirkung der Adoption in den anderen Vertragsstaaten.

907 

Lorenz, FS Sonnenberger (2004), 497, 503 f. Emmerling de Oliveira, in: Müller et al., Adoptionsrecht, Rn.  265. 909  Ausf. Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  253 f., 257 ff.; dies., Savremenno pravo 1993, №  3, 71 ff.; Todorov, MCP, S.  238 ff. Aus der deutschsprachigen Literatur v. a. Staudinger/Henrich (2014), Vorb zu Art.  22, Rn.  11 ff.; Dietz, Erbrecht des Adoptivkindes, S.  79–88; Andrae, IntFamR, §  7, Rn.  1–7, 10 ff. (mit Beispiel); Lorenz, FS Sonnenberger (2004), 497 ff.; Steiger, DNotZ 2002, 184, 197 ff.; Bornhofen, StAZ 2002, 1, 3 ff.; Lange, FPR 2001, 327, 329 ff. 910  Rechtsverhältnisse, die nur dem Namen nach Adoptionen sind, aber kein dauerhaftes Eltern-Kind-Verhältnis begründen, scheiden aus; s. den Erläuternden Bericht zum HAÜ von Prof. Conzales Parra-Aranguren, BT-Drucks. 14/5437, S.  38, Rn.  94, abrufbar in originalnaher deutscher Übersetzung unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019). Der Erläuternde Bericht zum HAÜ hat zwar keinen verbindlichen Charakter; man kann ihn jedoch als Auslegungshilfe heranziehen; vgl. Rudolf, ZfRV 2001, 183, 184 (Fn.  15). 911  Anerkannte Adoptionsvermittlungsstellen können auf der Internetseite der Bundeszentralstelle für Auslandsadoptionen eingesehen werden: (Rubrik: Bürgerdienste – Auslandsadoption – Anschriften); zuletzt angesehen am 3.8.2019. 912  Für Bulgarien: das Justizministerium (Art.  112 Abs.  1 FamKodex). 913  Zu den Anforderungen an solche Organisationen zur Adoptionsvermittlung s. Bornhofen, StAZ 2002, 1, 3 f. 908 

§  5. Adoption

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II. EuEheVO und sonstige Staatsverträge Auf Adoptionen ist weder die EuEheVO noch sind die restlichen EU-Verordnungen, noch das MSA oder das KSÜ anwendbar. Dem Haager Übereinkommen vom 15.11.1965,914 dem Europäischen Übereinkommen über Adoptionen vom 24.4.1967915 und dem Interamerikanischen Übereinkommen vom 24.5.1984916 ist Bulgarien nicht beigetreten. Die UN-Kinderrechtskonvention vom 20.11.1989 (KRÜ),917 die in ihren Artt.  20 und 21 materielle Regelungen zur Adoption enthält, ratifizierte Bulga­ rien im Jahr 1991.918 Der in Art.  21 lit.  b KRÜ verankerte Subsidiaritätsgrundsatz, wonach eine internationale Adoption erst dann in Betracht kommt, wenn das Kind nicht in seinem Heimatland in einer Pflege- oder Adoptionsfamilie unter­gebracht oder in geeigneter Weise betreut werden kann, findet sich nicht nur in Art.  4 Abs.  1 lit.  b HAÜ und seiner Präambel, sondern auch in Art.  110 Abs.  1 FamKodex919 wieder. Wichtig dabei ist die Erkenntnis, dass Art.  110 Abs.  1 FamKodex das Subsidiaritätsprinzip zur Zulässigkeitsvoraussetzung der Adop­tion erhebt.920 Das macht nämlich weder das HAÜ noch das KRÜ.921 Eine Adoption also, auf welche Artt.  110 ff. FamKodex Anwendung finden, ist nur und erst nach der positiven Feststellung zulässig, dass eine Unterbringung oder eine Betreuung des Kindes in seinem Heimatstaat ausscheidet. 914  Haager Übereinkommen über die behördliche Zuständigkeit, das anzuwendende Recht und die Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Annahme an Kindes Statt v. 15.11.1965. Es ist am 23.10.1978 für Österreich, die Schweiz und das Vereinigte Königreich in Kraft getreten. Den Regelungsbereich verrät schon sein Titel. Dazu Schwind, StAZ 1965, 33 ff.; Kegel/Schurig, IPR, §  20 XIII 4, S.  977 f. 915  In Deutschland seit 11.2.1981 in Kraft; BGBl. 1981 II, S.  72. 916  Interamerikanisches Übereinkommen über das auf Minderjährigenadoption anwendbare Recht v. 24.5.1984; in deutscher Übersetzung abgedr. in der Reihe der Vorschläge, Reden und Berichte aus dem Europainstitut der Universität des Saarlandes, 1984, sowie in RabelsZ 56 (1992), 145 ff. Das Übereinkommen steht außeramerikanischen Staaten zum Beitritt offen. 917  Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes v. 20.11.1989 (BGBl. 1992 II, S.  121, 990); in bulgarischer Sprache abgedr. in Natov, Sbornik MCP, Bd.  II, S.  241–259. 918  DV Nr.  55 v. 12.7.1991. 919  Art.  110 FamKodex lautet: „(1) Ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Republik Bulgarien kann von einer anderen Person mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland adoptiert werden, wenn die Möglichkeiten für seine Adoption im Inland ausgeschöpft sind und es in dem Register nach Art.  113 Abs.  1 Nr.  1 eingetragen ist, mit Ausnahme der Fälle nach Art.  82 Abs.  2. (2) Die Adoption eines Kindes, das bulgarischer Staatsangehöriger mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem anderen Staat ist, erfolgt unter Wahrung der Erfordernisse der Gesetzgebung jenes Staates.“ 920  Wie hier Todorova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  342. 921  Vgl. Marx, Perspektiven der internationalen Adoption, S.  68; Klingenstein, Kulturelle Identität und Kindeswohl im deutschen und internationalen Adoptionsrecht, S.  47.

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III. Rechtshilfeverträge Verweisungsnormen betreffs Adoptionen enthalten die Rechtshilfeabkommen mit Vietnam (Art.  25 Abs.  1 und 3), Kuba (Art.  27 Abs.  1 und 3), Polen (Art.  28 Abs.  1 und 3), Rumänien (Art.  32 Abs.  1 und 3) und der Mongolei (Art.  24 Abs.  1 und 3).922 Bei einer Einzeladoption wird an die Staatsangehörigkeit des Annehmenden angeknüpft, bei einer Adoption durch Ehegatten, bei der jeder Gatte die jeweils andere Staatsangehörige eines Vertragsstaats innehat, kumulativ an die jeweilige Staatsangehörigkeit eines jeden von ihnen. Nicht einheitlich ist dagegen die Frage nach dem Anknüpfungszeitpunkt geregelt. Bald kommt es auf die Zeit der Adoption an, bald auf den jeweiligen Beurteilungszeitpunkt. IV. Autonomes Kollisionsrecht923 1. Anwendbare Vorschriften Zu nennen sind: – Internationale Zuständigkeit (Art.  10 bulgIPRGB), – Kollisionsrecht (Art.  84 bulgIPRGB und Art.  46 Abs.  1 bulgIPRGB i. V. m. Art.  99 FamKodex), – Sonderregelungen bei Internationaler Adoption gem. Artt.  110–121 Fam­Kodex, – Anerkennung ausländischer Adoptionsentscheidungen (Artt.  117–121 bulg­ IPRGB), – Ordnung №  2 vom 24.10.2014 über Voraussetzungen und Verfahren für die Erteilung und Entziehung der Erlaubnis zur Vermittlung bei der Internationalen Adoption und für Führung und Aufgabe der Tätigkeit der akkreditierten Organisationen924 und – Ordnung №  3 vom 24.10.2014925 über Voraussetzungen und Verfahren für die Führung der Register für internationale Adoptionen und die Erteilung der Zustimmung des Justizministers.926 922 

Näher Todorov, Pravootnoshenia, S.  234 ff., Tz.  108. Soweit im Folgenden von Adoptiveltern die Rede ist, gemeint ist auch den Annehmenden bei der Einzeladoption; umgekehrt gilt das entsprechend. 924  DV Nr.  91 v. 4.11.2014. 925  DV Nr.  91 v. 4.11.2014. Mit Ordnung №  3 aufgehoben ist Ordnung №  13 v. 30.9.2009 des Justizministeriums über Voraussetzungen und Verfahren für die Erteilung der Zustimmung zur internationalen Adoption und für die Führung der Register für internationale Adoptionen (§  2 der Schlussbestimmungen der Ordnung №  3). 926  Die Rechtsgrundlage für den Erlass der Ordnung №  3 findet sich in Art.  112 Abs.  2 Nr.  3 i. V. m. Art.  113 Abs.  4 FamKodex. Auf sie verweist auch Art.  84 Abs.  3 S.  2 bulgIPRGB; s. a. Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  7972 v. 13.7.2006 i. d. Rs. №  3347/2006 – ciela. 923 

§  5. Adoption

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2. Abgrenzungen Die Dichte an Vorschriften, die teils im bulgIPRGB, teils im FamKodex verortet sind, macht eine Abgrenzung ihrer Anwendungsbereiche erforderlich. Genauer geht es um das Verhältnis dreier Regelungskomplexe: – Art.  84 Abs.  1–2 und Abs.  4 bulgIPRGB, – Art.  99 i. V. m. Artt.  77–98 FamKodex und – Artt.  110–121 FamKodex.927 Folgende Fragen verbergen sich hinter diesem Normendreieck: – Verdrängen sich die vorgenannten Vorschriften gegenseitig und, wenn ja, welche von ihnen führt?928 927 

Das Verhältnis der einzelnen Vorschriften aus diesem Normenkomplex wird in der bulgarischen wissenschaftlichen Literatur unzulänglich behandelt. Todorova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2009), S.  295 f., umschreibt es z. B. so: „Bei der Adoption eines Kindes mit gewöhnlichem Aufenthalt in Bulgarien wie bei der Adoption durch einen Ausländer mit gewöhnlichem Aufenthalt in Bulgarien werden die Regelungen über die „nationale“ Adoption angewandt. […] Der internationale Bezug ist selbst dann ausgeschlossen, wenn sogar einer der Beteiligten eine ausländische Staatsangehörigkeit innehat. Befindet sich der gewöhnliche Aufenthalt in Bulgarien, so gilt das nationale Adoptionsrecht, weil die Übersiedlung des Kindes in einen Staat nicht erforderlich ist. Anders gesagt: Selbst wenn eine bulgarische Staatsangehörigkeit vorliegt, sind zusätzlich die besonderen Regelungen über internationale Adoption anzuwenden, wenn die Beteiligten unterschiedliche gewöhnliche Aufenthalte haben. […] Wenn das Kind oder der Annehmende keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien hat, das zuständige Gericht (Anmerkung: gemeint ist ein bulgarisches Gericht, das gem. Art.  10 bulg­ IPRGB international zuständig ist) aber mit einem Adoptionsantrag angerufen wurde, dann müssen die einschlägigen Normen des bulgIPRGB angewandt werden – Abs.  1–2 des Art.  84 i. V. m. Art.  48 Abs.  1–6.“ (Hervorhebungen hinzugefügt). Todorov, MCP, S.  238, weist nur darauf hin, dass Regelungen zur internationalen Adoption in bulgIPRGB, FamKodex und HAÜ enthalten seien. Doch wie diese Regelungen im Zusammenhang zueinander stehen, das erläutert er nicht. Andere wiederum (Todorova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex [2009], S.  346 f.; dies., a. a. O. [2015], S.  338 f.; ihr folgend Jessel-Holst, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  37 f.) setzen an der richtigen Stelle an, indem sie die Frage aufwerfen, wann von einer internationalen Adoption auszugehen ist. Dann allerdings behandeln sie ausschließlich Art.  99 und Art.  110 Abs.  2 FamKodex. 928  Hintergrund dieser Fragestellung ist der Titel, unter dem Artt.  110–121 FamKodex stehen: „Besondere Regelungen bei internationaler Adoption“. Überdies befinden sich Art.  84 bulgIPRGB und Artt.  110–121 FamKodex auf der gleichen Ebene der Normhierarchie, da sie jeweils in einem Kodex – und nicht bald in einem Kodex, bald in einem Gesetz(-buch) – verortet sind. Insoweit ist die hier verwendete Bezeichnung als bulgIPRGB, anstatt bulgIPR­ Kodex, ungenau. Sie hat sich jedoch im deutschen Schrifttum eingebürgert, so dass sie auch dieser Arbeit zugrunde liegt. Zur Unterscheidung zwischen Gesetz(-buch) und Kodex siehe Artt.  3 f. bulgGNA.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

– Wenn sie sich nicht ausschließen, sondern nebeneinander bestehen, sind sie dann in ihrer Anwendung wechselseitig voneinander abhängig,929 oder greifen sie vielmehr ineinander, indem sie sich ergänzen?930 Die Auslegung ergibt: Nach dem Systemverständnis und Normzusammenhang – bestimmt Art.  84 in den Abs.  1, 2 und 4 bulgIPRGB das Adoptionsstatut und – beinhalten Artt.  110–121 FamKodex Ausführungsvorschriften zum HAÜ und grenzen zugleich die internationale Adoption von der inländischen ab. Schlussendlich – ist Art.  99 FamKodex als Eingriffsvorschrift i. S. des Art.  46 Abs.  1 bulgIPRGB aufzufassen, der bei einer jeden Adoption die Anwendung der Artt.  77–98 FamKodex zwingend vorschreibt, wenn nur ein hinreichender Inlandsbezug gegeben ist, belegt durch den gewöhnlichen Aufenthalt der Wahleltern oder des Wahlkindes.931 Ausgangspunkt dieser Gesetzesinterpretation sind dreierlei Faktoren: Erstens hat der bulgarische Gesetzgeber mit Erlass der Artt.  110–121 Fam­ Kodex die Vorgaben des HAÜ umgesetzt.932 Diese Sonderregelungen (ebenfalls als Eingriffsvorschriften i. S. des Art.  46 Abs.  1 bulgIPRGB zu verstehen933) greifen lediglich bei einer grenzüberschreitenden Adoption ein,934 einerlei ob inneroder außerhalb des Anwendungsbereichs des HAÜ.935 Grenzüberschreitend und darum international i. S. der Artt.  110 ff. FamKodex ist die Adoption nur dann, 929  In dem Sinne, dass die kollisionsrechtliche Prüfung mit bulgarischem Recht als dem Adoptionsstatut endet und Art.  99 und Artt.  110 ff. FamKodex deshalb nur dann zum Zuge kommen? 930  Weil Art.  99 und Artt.  110–121 FamKodex Eingriffsvorschriften i. S. des Art.  46 Abs.  1 bulgIPRGB sind, oder weil die Regelung des Art.  110 Abs.  2 FamKodex eine versteckte Kollisionsnorm beinhaltet? 931  Wie hier Doz. Dr. Musseva in einem persönlichen Gespräch mit dem Verfasser dieser Arbeit am 22.8.2015 in Sofia. Im Ergebnis und Begründungsvorgang teilweise anders Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  268 f.; unklar Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 433 (Fn.  33): Die in das IPR-Gesetzbuch aufgenommene allgemeine Kollisionsnorm (Anm.: gemeint ist Art.  84 bulgIPRGB) verdränge die genannte Regelung (Anm.: gemeint sind Artt.  136a–136h FamKodex a. F. [1985], die weitgehend den derzeit geltenden Artt.  110– 121 FamKodex entsprechen) nicht, sondern stelle eine Ergänzung dar. 932  Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  268; Todorova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  340. 933  Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  269 f. 934  Ebenso Todorova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  338 f. 935  Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  268.

§  5. Adoption

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wenn das Kind aus seinem Ursprungsstaat in den Aufenthaltsstaat des Adoptans übersiedelt;936 Ursprungsstaat wird in der Regel Bulgarien sein (vgl. den Wortlaut des Art.  110 Abs.  1, Art.  111 und Art.  117 Abs.  1 FamKodex), obschon der umgekehrte Fall – den gewöhnlichen Aufenthalt hat das Kind im Ausland (Ursprungsstaat) und haben die Adoptiveltern im Inland (Aufenthaltsstaat), wobei das Kind anlässlich der Adoption nach Bulgarien verbracht wird oder werden soll – gleichwohl möglich ist (vgl. nur Art.  113 Abs.  1 Nr.  3 und Art.  115 Nr.  2 FamKodex). Zweitens ist der gesetzgeberische Wille (Art.  99 FamKodex) unverkennbar, zum Schutze des Kindes die Anforderungen der Artt.  77–98 FamKodex durchzusetzen – unabhängig davon, ob das gem. Art.  84 Abs.  1 oder 2 bulgIPRGB bestimmte Heimatrecht eines der Beteiligten damit in Kongruenz steht. Drittens ist die Reichweite des HAÜ zu bedenken: Das Übereinkommen gilt nur für Adoptionen, bei denen das Kind aufgrund oder im Zusammenhang mit einer Adoption in ein anderes Land verbracht wird oder verbracht werden soll.937 Bei einer Inlandsadoption hingegen, bei welcher die ausländischen Beteiligten938 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien haben und ihn auch nicht zu ändern beabsichtigen, sind ausschließlich die durch Art.  84 Abs.  1, 2 und 4 bulg­ IPRGB bezeichneten Rechte zur Begründung der Adoption berufen.939 Art.  99 FamKodex ist deshalb nur dann von Belang, wenn keiner der Beteiligten bulgarischem Personalstatut unterliegt. Andernfalls (besitzt also einer der Beteiligten die bulgarische Staatsangehörigkeit) hat die Norm nur klarstellende Bedeutung, indem sie den Rechtsanwender darauf aufmerksam macht, Vorschriften zu beachten, die in ihrem Kern verfahrensrechtlicher Natur sind (insbes. die Registereintragungserfordernisse nach Artt.  83, 85, 86, 87 und 88 FamKodex). Auf Artt.  110 ff. FamKodex kommt es dagegen gar nicht an, da eine Übersiedlung des Kindes von Bulgarien in den Aufenthaltsstaat der Adoptiveltern bei einer Inlandsadoption ausscheidet. Maßgeblich sind mithin: – betreffs Art.  84 bulgIPRGB: → die Staatsangehörigkeit aller Beteiligten zur Zeit der Stellung des Adoptionsantrags (Abs.  1 und 2) und 936  Jessel-Holst, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  38; Todorova, in:­ ­ sankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  338; Stancheva-Mincheva, Art.  84 T bulg­IPRGB, S.  254. 937  Staudinger/Henrich (2014), Art.  22 EGBGB, Rn.  22; Steiger, DNotZ 2002, 184, 190. 938  Es reicht aus, wenn einer der unmittelbar Beteiligten Ausländer ist. 939  Wie hier Todorova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  339, die – ohne Art.  84 bulgIPRGB zu erwähnen – von einer „nationalen Adoption“ spricht.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

→ der gewöhnliche Aufenthalt der Adoptiveltern im Ausland bei bulgarischer Staatsangehörigkeit des Adoptivkindes (Abs.  4); – betreffs Art.  99 i. V. m. Artt.  77–98 FamKodex: → der gewöhnliche Aufenthalt eines der unmittelbar Beteiligten im Inland; –  betreffs Artt.  110–121 FamKodex: → die adoptionsbedingte Verbringung des Adoptivkindes mit inländischem gewöhnlichem Aufenthalt in einen anderen Staat oder → die bulgarische Staatsangehörigkeit des Adoptivkindes mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland. C. Inlandsadoptionen I. Internationale Zuständigkeit Bulgarische Gerichte sind gem. Art.  10 Abs.  1 bulgIPRGB international zuständig, wenn entweder einer der Beteiligten einschließlich der leiblichen Eltern des Adoptivkindes die bulgarische Staatsangehörigkeit besitzt oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Es handelt sich um Zulässigkeitsvoraussetzungen, die zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen müssen (vgl. den Wortlaut des Art.  27 Abs.  2 bulgIPRGB).940 Die Zuständigkeit bezieht sich auf die Begründung,941 Anfechtung942 und Beendigung einer Adoption. Im Übrigen943 940  A. A. Natov, Art.  10 bulgIPRGB, S.  169 (im Zeitpunkt der Anhängigkeit des Adoptionsverfahrens). 941  Das Gesetz spricht von „допускане на осиновяването“ (wörtlich: Zulassung der Adoption). 942  Altrechtlich bestand lediglich die internationale Zuständigkeit jener Gerichte, die über die Begründung der aufzuhebenden Adoption entschieden haben, vgl. Todorov, Pravootnoshenia, S.  210, Tz.  96, unter Rekurs auf Art.  80b lit.  a bulgZPO a. F. 943  Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte zunächst nach Art.  4 bulgIPRGB zu untersuchen. Erst wenn sie sich daraus nicht ergibt, soll der Richter auf Art.  10 Abs.  1 bulgIPRGB zurückgreifen. Diese Vorgehensweise steht indes dem allgemeinen Grundsatz entgegen, wonach besondere (Zuständigkeits-)Regelungen Vorrang genießen. Ein einleuchtender Grund, warum dies im Internationalen Zivilprozessrecht anders sein soll, ist nicht ersichtlich. Die Verweisung auf Art.  4 bulgIPRGB, die der IPR-Gesetzgeber mit Ausnahme des Art.  6 (Eheschließung), Art.  7 (Eheklagen), Art.  8 (persönliche und Vermögens-Beziehungen der Ehegatten), Art.  13 (Rechte an Gegenständen des geistigen Eigentums) und Art.  25 (Zuständigkeit bei Klagesicherung) bulgIPRGB in jeder Zuständigkeitsnorm ausspricht, soll offenbar eine breit gefächerte internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte begründen. In Art.  10 Abs.  1 bulgIPRGB will man den Kindesschutz vollumfänglich gewährleisten. Nun lässt sich diese gesetzgeberische Intention umsetzen, ohne Dogmatik und Gesetzessystematik zu missachten. Das bedeutet: Zuerst schaut man, ob nicht eine ausschließliche internationale Zuständigkeit i. S. des Art.  22 bulgIPRGB besteht, dann prüft man die besonderen Zuständigkeitsvorschriften der Artt.  5–18, 20, 21, 25 bulgIPRGB und

§  5. Adoption

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soll Art.  4 bulgIPRGB gelten. Indes sind keine Fallgestaltungen ersichtlich, die nicht von 10 Abs.  1 bulgIPRGB erfasst würden; die Verweisung auf Art.  4 bulg­ IPRGB läuft darum ins Leere.944 schlussendlich, wenn die vorausgegangenen zwei Prüfungsschritten fehlgehen, widmet man sich Art.  4 bulgIPRGB. Anders Natov, Art.  10 bulgIPRGB, S.  168 f. Nach ihm beginnt die Prüfung mit Art.  10 Abs.  1 i. V. m. Art.  4 bulgIPRGB (eine Begrenzung auf Abs.  1 des Art.  4 bulg­ IPRGB nimmt er nicht vor, offensichtlich, weil dessen Abs.  2 ins Leere führt). Er prüft, ob der gerichtliche Antragsgegner den gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien hat (Art.  4 Abs.  1 Nr.  1), oder – alternativ also – ob der gerichtliche oder behördliche Antragsteller die bulgarische Staatsangehörigkeit besitzt (Art.  4 Abs.  1 Nr.  2 Alt.  1 bulgIPRGB). Die so begründete internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte/Organe bezeichnet er als internationale Zuständigkeit nach den allgemeinen Regeln. Unter einer internationalen Zuständigkeit nach den zusätz­ lichen Regeln versteht er die Zuständigkeit nach Art.  10 Abs.  1 bulgIPRGB. Die zusätzlichen Regeln gründen sich nach seiner Ansicht auf der persönlichen oder der territorialen Beziehung der Parteien eines gerichtlichen bzw. behördlichen Verfahrens, in welchem eine Adoption Verfahrensgegenstand sei. Dabei interessiere sich das bulgIPRGB, so ausdrücklich Natov, ebd., nicht für den prozessualen Status der Parteien. Die Regeln gälten sowohl für den Antragsteller als für den Antragsgegner. An dieser Stelle prüft er, ob der Antragsteller oder der Antragsgegner die bulgarische Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Anhängigkeit des Adoptionsverfahrens hat; alternativ dazu reiche aber aus, wenn einer der vorgenannten Personen den gewöhn­ lichen Aufenthalt im Inland habe. Als Antragsteller oder Antragsgegner kämen in Betracht das Adoptivkind, jeder leiblicher Elternteil, die Adoptiveltern bzw. ein Adoptivelternteil. Die zusätzlichen Regeln würden die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte bzw. bulgarischer Behörden/Organe erweitern. Obwohl die Auffassung von Natov die Gesetzesangaben wortgetreu umzusetzen sucht, kann sie nicht überzeugen. Sie würde zwar Art.  10 Abs.  1 bulg­ IPRGB direkt ohne den Umweg über Art.  4 Abs.  1 bulgIPRGB anwenden, wenn der Antragsgegner keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, aber Bulgare ist, oder wenn der Antragsteller einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, aber Ausländer ist. Doch auch sie vermag nicht zu erklären, warum eine allgemeine Zuständigkeitsnorm Vorrang haben soll vor einer Vorschrift aus der besonderen Zuständigkeit, zumal der Regelungsbereich der besonderen Zuständigkeit weitreichend ist als jener der allgemeinen Zuständigkeit. Das bedeutet: Alle Sachverhalte, die Art.  4 Abs.  1 Nr.  1 und Nr.  2 Alt.  1 bulgIPRGB erfassen, fallen schon unter den Anwendungsbereich des Art.  10 Abs.  1 bulgIPRGB; für Art.  4 Abs.  1 bulgIPRGB bleibt daher keinen Raum. 944  Im Vergleich zum alten IZVR ist die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte in Adoptionssachen spürbar erweitert. Früher gab es – bis auf die Adoption eines bulgarischen Kindes, vgl. Art.  136 Abs.  1 S.  2 FamKodex a. F. von 1985 (ausschließliche internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte) – keine ausdrückliche Zuständigkeitsnorm für internationale Adoptionen. Man wusste sich jedoch mit einem Rückgriff auf die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (Art.  425 Abs.  2 bulgZPO a. F.) und Rückschlüssen aus der Verweisungsnorm des Art.  136 FamKodex a. F. (1985) zu helfen. Daraus ergab sich die Möglichkeit, auf den (ehemaligen) Wohnort des Antragstellers (der sowohl der Adoptierende wie das Adoptivkind sein konnte) oder des Anzunehmenden im Inland abzustellen. Der Wohnsitz des Antragsgegners eröffnete eine internationale Zuständigkeit lediglich im Falle der Adoptionsbeendigung wegen schwerwiegender Verfehlungen des Antragsgegners. Das geltende Recht dagegen lässt schon den inländischen gewöhnlichen Aufenthalt ausreichen. Ihn braucht auch nur einer aus

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Zu beachten ist die Zuständigkeitskonzentration gem. Art.  118 Abs.  1 S.  1 FamKodex. Sie entsteht nur, wenn das Adoptivkind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, und nicht einfach immer dann, wenn die Regelungen der Artt.  110–121 FamKodex zum Zuge kommen.945 Zuständig ist das Sofioter Stadtgericht.946 Welches Sachrecht für die Adoption Anwendung findet – bulgarisches, ausländisches oder gar beides947 –, ist für die Begründung der Zuständigkeit des Sofioter Stadtgerichts ohne Belang. Deren Missachtung führt gar zur Unwirksamkeit der Adoptionsentscheidung.948 II. Qualifikation 1. Lex fori Art.  84 bulgIPRGB erfasst die Minderjährigen- wie die ausländische Erwachsenenadoption. Das erste folgt aus der Qualifikation lege fori nach Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB (vgl. Art.  77 Abs.  1 FamKodex), das zweite aus einem Umkehrschluss: Wenn schon Art.  84 Abs.  8 bulgIPRGB expressis verbis den „nicht volljährigen Angenommenen“ erwähnt, wenn es darum geht, seine Interessen bei Beendigung der Adoption gehörig zu berücksichtigen, dann setzt dies voraus, dass Art.  84 bulgIPRGB die Erwachsenenadoption einschließt; ansonst hätte es die Hervorhebung in Abs.  8 nicht bedurft.949 dem Kreis der Beteiligten innezuhaben, wobei der Begriff „Beteiligter“ die leiblichen Eltern (mit) einschließt. Schließlich kommt alternativ die bulgarische Staatsangehörigkeit – einmal mehr – nur eines der Beteiligten hinzu. Die allumfassende internationale Zuständigkeitsnormierung in Adoptionssachen ist verständlich, wenn man sich die Prüfungsweite und -dichte der zwingenden bulgarischen Adoptionsregelungen vor Augen führt. Dadurch will man dem Kindesschutz vollumfänglich Genüge tun; vgl. dazu nur Todorov, Pravootnoshenia, S.  208, Tz.  96. Zum alten Recht und zur Kritik daran eingehend Todorov, a. a. O., S.  208 ff., Tz.  96 ff. 945  Ähnlich Todorov, MCP, S.  240. 946  Das Stadtgericht Sofia zählt zu den meistbelasteten Gerichten des Landes. In diesem Zusammenhang ist Art.  119 Abs.  1 bulgIPRGB zu nennen. Für das Verfahren der Vollstreckbarerklärung ist ausschließlich das Sofioter Stadtgericht zuständig. Zügige Verfahren kann man damit von diesem Gericht nicht erwarten; s. dazu Ivanova, forost Arbeitspapier Nr.  33, Nov. 2005, S.  53 und 56, abrufbar unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019). 947  Das kann etwa dann der Fall sein, wenn „Adoptionszustimmungsstatut“ und Adoptions­ begründungsstatut unterschiedliche Rechtsordnungen berufen. Diese Situation kann eintreten, obwohl Zustimmungserfordernisse aus Sicht des bulgarischen IPR Teil des Adoptionsbegründungsstatuts sind. Denkbar ist dies beispielsweise, wenn das gem. Art.  84 Abs.  1–2 bulgIPRGB verwiesene Adoptionsbegründungskollisionsrecht seinerseits die Zustimmungserfordernisse gesondert anknüpft, und Anknüpfungsmoment dabei nicht die Staatsangehörigkeit des Adoptiv­kindes ist. 948  Plovdiver Appellationsgericht, Beschl. v. 22.2.2006 i. d. Rs. №  149/2006 – ciela. 949  Aus der Formulierung des Art.  84 Abs.  8 bulgIPRGB – „nicht volljährigen Angenommenen“, anstatt „Kind“ – ist kein Argument (weder pro noch contra) zu gewinnen. Denn auch das

§  5. Adoption

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Das bulgarische Familienrecht kennt zwar nur die Minderjährigenadoption (d. h. die Adoption noch nicht volljähriger Kinder), diese aber mit starken950 wie mit schwachen Wirkungen951 (vgl. Artt.  101 f. FamKodex).952 Dieses sachrechtliche Vorverständnis setzt sich auf kollisionsrechtlicher Ebene bei der Qualifikation einer Adoption i. S. des Art.  84 bulgIPRGB fort. Erfasst sind deswegen beide Adoptionsarten.953 2. Funktionale Qualifikation Darüber hinaus fallen unter den Verweisungsbegriff „Adoption“ alle vergleichbaren ausländischen Regelungen, aufgrund derer ein neues, auf Dauer angelegtes Eltern-Kind-Verhältnis entsteht, das eine natürliche – sei es eine vermutete, sei es eine behauptete – Abstammung nicht voraussetzt (Art.  39 Abs.  2 Alt.  1 i. V. m. Abs.  3 bzw. Abs.  1 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB).954 Das ist etwa der Fall bei der sog. equitable adoption, die in einigen US-Bundesstaaten vorkommt.955 bulgarische materielle Recht spricht mal vom Kind (z. B. in Artt.  83 Abs.  1 und 2, 84, 86 Abs.  1 und 2, 87 Abs.  1, 95 FamKodex), mal vom Anzunehmenden (etwa in Artt.  80 Abs.  1 S.  2, 82 Abs.  1 Nr.  1, 89 Abs.  1 Nr.  2–4, Abs.  3, 90, 91 Abs.  2, 101 Abs.  1, 102, 105 FamKodex), obgleich es die Adoption eines Volljährigen nicht kennt. 950  Von einer starken Adoption (sog. adoptio plena) spricht man, wenn das Adoptivkind infolge der Adoption vollständig aus seinem bisherigen Familienverband austritt und nunmehr mit allen Rechten und Pflichten in die neue Familie eintritt; s. Tsankova, Nasledstvenopravno deystvie na osinovyavaneto, S.  6, 9–13; Jessel-Holst, in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Bulgarien, Rn.  21; v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  318. Das ist der Fall des Art.  101 Abs.  1 S.  1 Fam­ Kodex; einen guten Überblick liefert Mateeva, Semeyno pravo, S.  402–405. 951  Von einer schwachen Adoption (sog. adoptio minus plena) spricht man, wenn das Adoptivkind nur in einzelnen Beziehungen (z. B. Unterhalt, Sorgerecht und v. a. Erbrecht) einem Kind des Adoptans gleichsteht, im Grundsatz aber die Bindung zu seiner bisherigen Familie aufrechtrechterhält; s. Tsankova, Nasledstvenopravno deystvie na osinovyavaneto, S.  6, 13–15; Jessel-Holst, in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Bulgarien, Rn.  21; v. Bar, IPR, Bd.  II, Rn.  318. Diese Konstellation regelt im bulgarischen Familienrecht Art.  102 FamKodex; siehe die gut gelungene, prägnante Darstellung von Mateeva, Semeyno pravo, S.  406–408. 952  Die starke und die schwache Minderjährigenadoption sind bsplw. auch folgenden Ländern bekannt: Argentinien, Bosnien und Herzegowina (beide Landesteile), Guinea, Madagaskar, Japan, Polen, Portugal; s. Länderliste der Bundeszentralstelle für Auslandsadoption betreffend die rechtlichen Wirkungen einer im Ausland oder nach ausländischem Recht ausgesprochenen Adoption eines minderjährigen Kindes (Stand: Januar 2019), abrufbar unter: (zuletzt angesehen am 27.12.2019); ausf. hierzu Staudinger/ Henrich (2014), Vorb. zu Art.  22 EGBGB, Rn.  3 ff. 953  S.a. Todorov, Pravootnoshenia, S.  222, Tz.  102. 954  Vgl. MüKo BGB/Klinkhardt (2010), Art.  22 EGBGB, Rn.  6, und nunmehr MüKo BGB/ Helms (2018), Art.  22 EGBGB, Rn.  6 m. w. N.; wohl ähnlich Todorov, Pravootnoshenia, S.  223, Tz.  102. 955  Eingehend dazu Frank, Grenzen der Adoption, S.  229 ff.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Um eine Abgrenzung zur Vormundschaft und Pflegschaft i. S. des Art.  86 bulgIPRGB zu ermöglichen, ist jedoch zu fordern, dass die elterliche Sorge auf die Adoptiveltern vollständig übergeht und dass jene wenigstens vorrangig unterhaltspflichtig sind (vgl. Art.  102 Abs.  1 S.  2 und Abs.  2 S.  1 FamKodex).956 Andererseits ist für die Qualifikation ohne Bedeutung, ob sich die Wirkungen einer Adoption auf Verwandte des Adoptans und/oder Abkömmlinge des Wahlkindes erstrecken;957 Beleg dafür liefert die Ausgestaltung der schwachen Adoption im bulgarischen materiellen Recht: Nach Art.  5 Abs.  3 bulgErbG beerben der Adoptandus und seine Abkömmlinge nicht Verwandte des Annehmenden; die leiblichen Eltern verlieren wiederum ihr Erbrecht gegenüber dem Adoptivkind (Art.  102 Abs.  2 S.  2 FamKodex). 3. Dekret- und Vertragsadoptionen Schließlich erfasst Art.  84 bulgIPRGB nicht nur Dekretadoptionen (Kindesannahme durch Gerichtsentscheidung), wie das bulgarische Recht sie in Art.  97 FamKodex bzw. Art.  118 Abs.  1 i. V. m. Art.  97 FamKodex kennt, sondern im Wege einer funktionalen Qualifikation nach Art.  39 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 bzw. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB auch Vertragsadoptionen (Kindesannahme durch privatrechtliche Vereinbarung). 4. Kafala und Pflegekindschaft Die Kafala958 und die Pflegekindschaft sind nicht an Art.  84 bulgIPRGB an­ zuknüpfen. Sie entsprechen funktional der Vormundschaft und Pflegschaft des Art.  86 bulgIPRGB, da sie eine Kindesfürsorge, aber keine dauerhafte Verwandtschaftsbeziehung begründen.959 Außerdem sind sie nunmehr gem. Art.  3 lit.  c und e KSÜ sowie gem. Art.  1 Abs.  2 lit.  b und d EuEheVO dem Bereich der elterlichen Verantwortung zugeordnet.960 956 

Das verlangt die deutsche Lehre für die Minderjährigenadoption; s. König, Die Annahme eines Kindes im Ausland, S.  15 f.; Hepting, StAZ 1986, 305, 306; MüKo BGB/Klinkhardt (2010), Art.  22 EGBGB, Rn.  6, und MüKo BGB/Helms (2015), Art.  22 EGBGB, Rn.  6 m. w. N. 957  Vgl. Andrae, IntFamR, §  7, Rn.  21 a. E. 958  Sie ist eine Art Pflegekindschaft und ersetzt in ihrer sozialen Funktion die in einigen islamischen Rechten fehlende Adoption. Zu einer schwachen Adoption nach iranischem Recht s. OLG Köln, StAZ 2012, 339. 959  A. A. (jedenfalls zum alten IPR) Todorov, Pravootnoshenia, S.  215 und 223, Tz.  100 und 102, der die Kafala adoptionsrechtlich qualifizierte und für Rechtsinstitute, die eine Art Adoptionsersatz darstellen – weil deren Rechtsordnungen die Adoption verbieten, z. B. Ägypten, Algerien, Marokko, oder nicht anerkennen -, für eine Analogie zu Art.  136 Abs.  2 FamKodex a. F. (1985) plädierte (die Kollisionsnorm regelte nur Adoptionen, an denen ausschließlich Ausländer beteiligt waren). 960  BVerwG, FamRZ 2011, 369, 371 f.; OVG Hamburg, NJW-RR 2013, 2, 5; Andrae, Int-

§  5. Adoption

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III. Kollisionsrecht961 1. Reichweite des Adoptionsstatuts Eine den Artt.  58, 74, 88, 91 bulgIPRGB entsprechende Vorschrift über den Geltungsbereich des Adoptionsstatuts gibt es nicht. Deswegen ist er durch Auslegung zu ermitteln. Diese ergibt: –  Zulässigkeit einer Adoption, – Voraussetzungen der Adoption: z. B. Altersgrenzen von Adoptans und Adop­ tandus (Höchst-962 oder Mindestalter963) und Altersunterschiede zwischen ih-

FamR, §  7, Rn.  23; Staudinger/Henrich (2014), Art.  22 EGBGB, Rn.  2; MüKo BGB/Klinkhardt (2010), Art.  22 EGBGB, Rn.  8; MüKo BGB/Helms (2015), Art.  22 EGBGB, Rn.  8; NK-BGB/ Benicke (2016), Art.  22 EGBGB, Rn.  3 f.; Erman/Hohloch (2017), Art.  22 EGBGB, Rn.  12; Winkelsträter, Anerkennung und Durchführung internationaler Adoptionen, S.  39; a. A. OLG Karlsruhe, FamRZ 1998, 56; Kegel/Schurig, IPR, §  20 XIII 2 a, S.  971; Rauscher, IPR, Rn.  1034; Hepting, StAZ 1986, 305; jurisPK-BGB/Behrentin (2015), Art.  22 EGBGB, Rn.  6 und 12 f.; BaRo/Heiderhoff, Art.  22 EGBGB, Rn 12. 961  Adoptionen sind in Bulgarien häufig. Tendenz steigend. Während im Jahre 2004 die Zahl der im Inland angenommenen Kinder bei 645 lag, stieg sie 2008 auf 674. Internationale Adop­ tionen sind wie folgt zu verzeichnen: 236 Adoptionen im Jahr 2004 gegenüber 184 vier Jahre später. Gleiches gilt für die Zahl der Kinder, die im Register für Volladoption eingetragen waren: 2.598 im Jahr 2008 im Gegensatz zu 2.058 Eintragungen im Jahr 2004. Ebenfalls hat sich die Zahl der Personen erhöht, die ein Kind in Bulgarien adoptieren wollen, wenn auch schwankend: 2004 waren 2.590 Kandidaten im Adoptionsregister eingetragen, 2005: 3.220, 2006: 2.308, 2007: 2.328 und 2008: 2.715. Alle Angaben stammen aus der Statistik der Staatliche Agentur für Schutz des Kindes, abrufbar unter: (zuletzt am 22.3.2017 angesehen). Der Anteil ausländischer Kinder oder ausländischer Annehmender an diesen Adoptionen bzw. Registereintragungen ist nicht bekannt. Dem Verfasser liegen keine zuverlässigen Informationen darüber vor, wie viele bulgarische Ehepaare oder Einzelpersonen mit bulgarischer Staatsbürgerschaft ein Kind im Ausland adoptieren und dieses erst im Anschluss nach der dort durchgeführten Kindesannahme mit nach Bulgarien bringen. Todorova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  340, erwähnt bloß, es seien Einzelfälle, in denen ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland adoptiert werde. Todorov, MCP, S.  238, berichtet darüber, dass Adoptionen eines ausländischen Kindes durch bulgarische Eltern selten vorkämen; gemeint dürfte damit sein nur die Inlandsadoption. 962  Geschäftsfähigkeit qua Heirat gem. Art.  6 Abs.  4 FamKodex macht aus dem betroffenen Ehegatten nicht einen Volljährigen im Sinne des Adoptionsrechts; er bleibt nicht volljährig („minderjährig“). Deswegen kann ein nichtvolljähriger Ehegatte adoptiert werden; s. Markov, Semeyno i nasledstveno pravo, S.  132. 963  Nach bulgarischem Recht muss das Kind mindestens 30 Tage alt sein. Denn erst ab diesem Zeitpunkt ist eine Zustimmung der Kindesmutter zur Adoption zulässig (Art.  89 Abs.  2 FamKodex). Der nasciturus kann folglich nicht adoptiert werden; s. Markov, Semeyno i nasledstveno pravo, S.  132.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

nen,964 Kinderlosigkeit des Annehmenden,965 gesundheitliche Anforderungen und sonstige Eignung, – Zustimmungserfordernisse und Voraussetzungen für ihre Erteilung samt etwaigen zeitlichen Schranken für die Ausübung der Zustimmung und ihre Ersetzbarkeit: etwa Zustimmung des bulgarischen Ministers der Justiz bei der Annahme eines bulgarischen Kindes nach Art.  84 Abs.  3 bulgIPRGB, Einwilligung des Ehegatten des Annehmenden und des Anzunehmenden sowie der leiblichen Eltern966 gem. Art.  89 Abs.  1 Nr.  2–3 FamKodex.967 Dazu zählt die Frage, ob die Einwilligung des Kindes durch einen gesetzlichen Vertreter erteilt werden kann bzw. muss;968 eine selbständig anzuknüpfende Vorfrage ist dagegen, wer der gesetzliche Vertreter des Kindes ist (gem. Art.  19 KSÜ, i.Ü. anhand Artt.  85, 86 bulgIPRGB bzw. vorrangiger Staatsverträge).969 Hierher gehört außerdem das Erfordernis der Bestätigung durch die Wahleltern und die leiblichen Eltern gem. Art 89 Abs.  6 FamKodex, dass die erteilte Zustimmung nicht die Folge eines finanziellen Versprechens darstelle,970 – Adoptionsart (starke oder schwache Adoption), – Art und Weise des Zustandekommens einer Adoption (durch Vertrag oder Dekret, Erfordernis der behördlichen Mitwirkung) mit Ausnahme der Anwendung reinen Verfahrensrechts, das stets der lex fori unterliegt, und

964  Wie hier Oberster Administrativgerichtshof, Urt. №  1751 v. 16.2.2006 i. d. Rs. №  7354/­ 2005; Sofioter Stadtgericht, Urt. v. 3.2.2009 i. d. Rs. №  555/2009; beide Gerichtsentscheide zitiert nach ciela. 965  So früher das türkische Recht; dazu AG Siegen, IPRax 1993, 184 f. 966  Die Form der Zustimmungen ist dagegen gesondert nach Art.  61 bulgIPRGB anzuknüpfen. Nach S.  2 dieser Vorschrift genügt die Einhaltung der bulgarischen Form. Hiernach geben der Annehmende und sein Ehegatte, der Ehegatte des Anzunehmenden sowie die leiblichen Eltern ihre Zustimmungen persönlich vor dem Gericht, mittels einer notariell beglaubigten Urkunde oder durch einen besonderen Vertreter (Art.  91 Abs.  1 S.  1 FamKodex). 967  Wer der Vater und/oder die Mutter sind/ist und ob eine Ehe auf Seite des Annehmenden und/oder des Anzunehmenden besteht, das sind Vorfragen, die selbständig anzuknüpfen sind; s. Kegel/Schurig, IPR, §  20 XIII, S.  973. 968  LG Augsburg, FamRZ 1973, 160 f.; Erman/Hohloch (2017), Art.  22 EGBGB, Rn.  15; Kegel/Schurig, IPR, 20 XIII 2 b, S.  972 f. Nach bulgarischem Recht erklärt das bereits 14. Jahre alt gewordene Kind seine erforderliche Zustimmung zur Adoption stets persönlich vor dem Gericht (Art.  91 Abs.  2 i. V. m. Art.  89 Abs.  1 Nr.  4 FamKodex). 969  Erman/Hohloch (2017), Art.  22 EGBGB, Rn.  15 a. E.; BaRo/Heiderhoff, Art.  22 EGBGB, Rn.  18; Emmerling de Oliveira, in: Würzburger Notar-Hdb, S.  3194 f., Rn.  76, 81. 970  Die Art und Wiese der Abgabe dieser Bestätigung (nach Art.  89 Abs.  6 FamKodex bedarf jene der notariellen Beglaubigung) ist dagegen eine Formfrage, welche gesondert nach Art.  61 bulgIPRGB anzuknüpfen ist.

§  5. Adoption

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– Mitwirkungspflicht des Adoptivkindes: so bsplw. sein Zustimmungserfordernis gem. Art.  89 Abs.  1 Nr.  4 FamKodex, wenn es zur Zeit der Antragstellung das 14. Lebensjahr vollendet hat gehören zum Adoptionsstatut.971 2. Anknüpfungsregeln des Adoptionsstatuts972 a) Abgrenzung zwischen Inlands- und Auslandsadoptionen Das auf Adoptionen anwendbare Recht bestimmt Art.  84 bulgIPRGB. Die Vorschrift unterscheidet zwischen Zustandekommen (Abs.  1–4), Rechtsfolgen (Abs.  5) und Beendigung der Kindesannahme (Abs.  6–8). Sie ist stets als Teil des oben erwähnten Normendreiecks zu sehen. Danach sind Art.  99 und Artt.  110 ff. FamKodex immer zu prüfen, da sie das Ergebnis der Anknüpfung verändern können. Dabei ist zwischen einer im Inland durchzuführenden und einer im Ausland bereits erfolgten Adoption strikt zu trennen: Bei Inlandsadoptionen kommt das Normendreieck zum Tragen, wenn Auslandsberührung vorhanden ist. Diese besteht in der ausländischen Staatsangehörigkeit des Wahlkindes oder der Wahleltern.973 Bei Auslandsadoptionen kann das Normendreieck ausschließlich bei einer Kindesannahme durch Privatrechtsakt Platz greifen, wenn es um deren Anerkennung als Rechtsgeschäft im Inland geht. Hat dagegen ein ausländisches Gericht oder eine sonstige ausländische öffentliche Stelle974 an der Annahme mitgewirkt, so ist der Frage nach dem anwendbaren Recht i. S. des Art.  84 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB nicht nachzugehen; denn hier geht es um die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung gem. Art.  117 bulgIPRGB. b) Anknüpfungsregeln Getreu der Grundsatzanknüpfung in Statusfragen folgt der Gesetzgeber dem Staatsangehörigkeitsprinzip. Die Adoptionsvoraussetzungen unterwirft Art.  84 Abs.  1 bulgIPRGB den Heimatrechten von Adoptivkind und Adoptiveltern;975 971  Ebenso (wenn auch nicht zu jedem aufgezählten Punkt) Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  252, 255. Aus dem deutschen Schrifttum siehe Lorenz, IPRax 1994, 193, 194; Staudinger/Henrich (2014), Art.  22 EGBGB, Rn.  23. 972  Zum alten Recht Conradi, ZfJ 1996, 225. 973  Ebenso Todorova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  339. 974  Art.  117 bulgIPRGB spricht von einem „Organ“. 975  Bei Mehrstaatern ist Art.  48 Abs.  2 und 3 bulgIPRGB zu beachten. Ist Annehmender ein Flüchtling, Staatenloser und Asylberechtigter, so wird sein Personalstatut nicht durch die Staatsangehörigkeit, sondern durch seinen gewöhnlichen Aufenthalt bestimmt (Art.  48 Abs.  4

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

nach Abs.  2 sind sie zu kumulieren.976 Dadurch berücksichtigt der Gesetzgeber, dass die Adoption in bestehende Familienrechtsbeziehungen eingreift, sie (teilweise) zum Erlöschen und neue statusrelevante Folgen zum Entstehen bringt.977 Maßgeblich ist die Staatsangehörigkeit jedes Beteiligten zur Zeit der Stellung des Adoptionsantrags.978 Das gilt sowohl bei gemeinsamer (Abs.  1) wie verschiedener (Abs.  2) Staatsangehörigkeit. Ein späterer Wechsel des Personal­statuts hat keinen Einfluss mehr auf das Adoptionsstatut (starres Statut); dies gilt auch für den Fall eines Staatsangehörigkeitserwerbs durch die Adoption selbst. Zur Bestimmung der zeitlichen Komponente (Antragstellung) geht das Gesetz vom eigenen Begriffsverständnis aus (lex fori), vgl. Art.  96 FamKodex i. V. m. Art.  125, Art.  540 bulgZPO.979 In deutscher Terminologie ist das der Zeitpunkt der Anhängigkeit. Steht dagegen eine Vertragsadoption im Raum, so wird man für Inlandswie Auslandsadoptionen auf den Zugang des Adoptionsangebots abstellen müssen, soweit sie ohne gerichtliche Genehmigung geschieht; andernfalls ist der Zeitpunkt der Stellung des Bewilligungsantrags maßgebend. Das Personalstatut zur Zeit der Antragstellung bestimmt sich nach Art.  48 bulgIPRGB. Die zeitlich fixierte Kumulation der Personalstatute liegt im Interesse einer allseitigen Wirksamkeit der Adoption. Denn sie verhindert die Entstehung hinkender Adoptionen (Kindesannahmen, welche nicht die Heimatrechte aller Beteiligten anerkennen). Die Gefahr einer hinkenden Adoption können unter­schiedliche Erfordernisse der berufenen Rechtsordnungen hervorrufen, z. B. nach Mindest­ und 5 bulgIPRGB). Notfalls gilt für diese Personen das Recht der engsten Verbindung (Art.  48 Abs.  6 bulgIPRGB). 976  Die gleiche Anknüpfung sieht Art.  44 IPRG der (früheren) Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien vor. Dieses IPRG SFR Jugoslawiens gilt weiterhin für Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Serbien; vgl. Staudinger/Henrich (2014), Vorb. zu Art.  22 EGBGB, Rn.  7; Emmerling de Oliveira, in: Würzburger Notar-Hdb, S.  3205, Rn.  116. 977  Bereits im Ingress erwähnt sei, dass Art.  84 Abs.  1–3 bulgIPRGB letztlich die frühere IPR-Regelung des Art.  136 Abs.  1 und 2 FamKodex a. F. (1985) übernimmt. Neu sind die Absätze 4 und 6, zum Teil auch Abs.  5. Keine Kollisionsnorm stellt hingegen Abs.  8 dar; er drückt ein allgemein anerkanntes materiellrechtliches Prinzip aus und dieses beanspruchte schon altrechtlich Geltung; s. Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 436; Stancheva-­ Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  256. 978  Die Staatsangehörigkeit des Annehmenden und des Adoptivkindes wird nicht von Amts wegen ermittelt. Vielmehr obliegt es dem Annehmenden selbst, diesbezüglich vorzutragen und diese nachzuweisen. Gleiches gilt hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthalts nach Abs.  4 des Art.  84 bulgIPRGB; s. Berufungsgericht Sofia, Beschl. №  863 v. 18.5.2011 i. d. Rs. №  1680/2011 – ciela. 979  Dafür, dass es sich bei der Adoption um ein Sicherungsverfahren (in deutscher Terminologie: ein FG-Verfahren) handelt, siehe Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  571 v. 22.11.­ 2010 i. d. Rs. №  221/2009 – ciela; Beschl. №  775 v. 3.12.2013 i. d. Rs. №  6348/2013 – ciela; s. a. Todorova, in: Tsankova et al., Kommentar zum FamKodex (2015), S.  334 ff.

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alter des Annehmenden, Höchstalter des Anzunehmenden, Mindestaltersunterschied zwischen ihnen, Unzulässigkeit einer Erwachsenenadop­tionen. Weil die Wahlkindschaft die Rechtsstellung des Annehmenden und des Anzunehmenden gleichermaßen berührt, macht das die kumulative Anknüpfung an die Personalstatute der unmittelbar Beteiligten erforderlich. Die Zahl der kumulativ anzuwendenden Heimatrechte bringt eine nicht geringe Erschwerung für das Zustandekommen einer Kindesannahme mit sich.980 Sie ist jedoch des Kindeswohls wegen gerechtfertigt. Schwierigkeiten bei der Umsetzung ausländischen Rechts (Art.  44 Abs.  1 bulgIPRGB) begegnet die Ausgestaltung der Adoption durch das bezeichnete Normendreieck: Im Regelfall führt das Normendreieck quasi zu einer Adoption nach lex fori. Verantwortlich hierfür ist die Kumulation der Heimatrechte, verbunden mit der Geltung bulgarischen Adoptionsrechts als dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts eines der Beteiligten im Inland (Art.  99 FamKodex i. V. m. Art.  46 Abs.  1 bulgIPRGB); hinzu kommt die nahezu lückenlose internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte in Adoptionssachen. c) Adoption durch miteinander unverheiratete Personen Eine Differenzierung zwischen der Annahme durch eine unverheiratete Person und der Annahme durch einen oder beide Ehegatten nimmt Art.  84 bulgIPRGB nicht vor.981 Das stellt im Hinblick auf Art.  39 Abs.  1 bulgIPRGB eine kollisionsrechtliche Eigentümlichkeit dar, kennt doch das bulgarische materielle Recht nicht die Adoption durch mehrere Personen – außer es handle sich um ein Ehepaar (Art.  81 Abs.  1 und 3 FamKodex). Eine Adoption durch mehrere nicht miteinander verheiratete Personen (z. B. nichteheliche Lebensgemeinschaft, Geschwister, gleichgeschlechtliche Ehepartner,982 im Ausland registrierte Lebenspartnerschaft983) ist deswegen nur dann möglich, wenn deren Heimatrechte und das des Kindes die gemeinschaftliche Annahme zulassen – gesetzt freilich stets den Fall, es komme zu keiner Rückoder Weiterverweisung. Außerdem darf trotz ausländischer (gemeinsamer) Staatsangehörigkeit aller Beteiligten keiner von ihnen einen gewöhnlichen Auf980  Hinzu kommt noch das Aufenthaltsrecht des Adoptivkindes mit bulgarischer Staatsangehörigkeit nach Maßgabe des Abs.  4. Dazu sogleich. 981  Vgl. den Wortlaut des Art.  84 Abs.  1 bulgIPRGB: „[…] der Annehmende (die Annehmenden) […]“. 982  Gleichgeschlechtliche Ehen sind immer häufiger anzutreffen. Staaten, die sie zulassen, sehen i. d. R. eine gemeinschaftliche Adoption durch das Paar vor. 983  Über 30 Länder kennen das Rechtsinstitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Einige Staaten, die lediglich die eingetragene Lebenspartnerschaft kennen, ermöglichen den Lebens­ partnern die gemeinschaftliche Adoption eines Kindes (z. B. Schweden).

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enthalt in Bulgarien haben, ansonst scheiterte die Adoption mangels eines Ehebündnisses der Adoptiveltern im Augenblick der Stellung des Adoptionsantrags an der Eingriffsvorschrift des Art.  81 Abs.  1 und 3 FamKodex i. V. m. Art.  99 FamKodex (Art.  46 Abs.  1 bulgIPRGB). Ob Bulgarien sich für eine Teilnahme an dem revidierten Europäischen Übereinkommen über die Adoption von Kindern vom 27.11.2008984 entscheidet, ist derzeit offen.985 d) Adoption durch miteinander verheiratete Personen Häufig wird ein Kind durch ein Ehepaar adoptiert. Kumulativ sind ihre Heimatrechte zur Anwendung zu bringen. Nimmt nur der eine Ehegatte allein ein Kind an, so kommt es ausschließlich auf sein Heimatrecht an. In beiden Fällen müssen zudem die sachlichen Voraussetzungen der Adoption nach dem Heimatrecht des Wahlkindes erfüllt sein.986 Wenngleich das Adoptionsstatut nicht davon abhängt, ob der Annehmende verheiratet ist oder nicht, bedeutet das nicht, dass die Wirksamkeit seiner Ehe völlig belanglos wäre. Gestattet das Heimatrecht auch nur eines der Annehmenden die Adoption durch mehrere unverheiratete Personen nicht, so wirkt sich das auf Art.  84 Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB aus: Das Kind kann auch vom Standpunkt des bulgarischen IPR nicht wirksam angenommen werden. Die Vorfrage nach der Ehegatteneigenschaft und damit der Existenz einer Ehe ist in Konsequenz dazu unselbständig anzuknüpfen, also nach dem Heimatrecht eines jeden Adoptivelternteils zu beantworten. Denn sie wird nicht vom bulgarischen Kollisionsrecht aufgeworfen. e) Konsequenzen für das deutsche IPR Die kumulative Anwendung der Heimatrechte aller Beteiligten nach Art.  84 Abs.  1 bzw. 2 bedeutet für den deutschen Rechtsanwender eine (teilweise) Rückoder Weiterweisung. Beispiel: Ein bulgarisches Ehepaar mit Wohnsitz in Nürnberg will ein deutsches Kind annehmen. Es stellt einen entsprechenden Antrag beim Amtsgericht Nürnberg/Familiengericht. 984  Text unter: (zuletzt angesehen am 30.12.2019). 985  Das Übereinkommen sieht in seinem Art.  7 Abs.  2 eine gemeinschaftliche Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare vor. Statusübersicht zu den Ratifikationen unter:

(zuletzt angesehen am 30.12.2019). 986  Das Gleiche gilt, wenn eine unverheiratete Person allein ein Kind adoptieren will. Kumulativ anzuknüpfen ist an ihre und die des Kindes Staatsangehörigkeit.

§  5. Adoption

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Der Nürnberger Amtsrichter (§  101 FamFG; §  187 Nr.  1 i. V. m. §  186 Nr.  1 FamFG) muss vorliegend sowohl bulgarisches (Artt.  77 ff. FamKodex) wie deutsches Recht (§§  1741 ff. BGB) anwenden. Dies ergibt sich aus Folgendem: 1) Art.  22 S.  2 i. V. m. Art.  14 Abs.  1 Nr.  1 Alt.  1 EGBGB i. d. F. von 1986 verweist mittels einer Gesamtverweisung i. S. des Art.  4 Abs.  1 S.  1 EGBGB auf die maßgebliche bulgarische Kollisionsnorm für Adoption (Art.  84 Abs.  2 bulgIPRGB) – und nicht auf die Kollisionsnorm für die persönlichen Ehewirkungen nach Art.  79 Abs.  1 bulgIPRGB.987 Bei Wahleltern mit gemeinsamer bulgarischer Staatsangehörigkeit nimmt Art.  84 Abs.  2 bulgIPRGB die Verweisung an, bei einem Wahlkind mit deutscher Staatsangehörigkeit verweist er auf das deutsche Recht einschließlich seines Kollisionsrechts zurück (Art.  40 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB). Das deutsche IPR wiederum nimmt die teilweise Rückverweisung an (Art.  4 Abs.  1 S.  2 EGBGB). Adoptionsstatut ist folglich –  bzgl. der Adoptiveltern bulgarisches und –  bzgl. des Adoptivkindes deutsches Recht. 2) Da ausländische – in casu: bulgarische – Sachvorschriften anzuwenden sind, ist das AG/ FamG Nürnberg – als zentrales Gericht, in dessen Bezirk das Oberlandesgericht seinen Sitz hat – für den Bezirk dieses Oberlandesgerichts zuständig (§  187 Abs.  4 FamFG i. V. m. §  5 Abs.  1 S.  1 HS.  1, Abs.  2 AdoptWirkG988).

f) Art.  84 Abs.  4 bulgIPRGB: eine Kollisionsnorm? Probleme bereitet Abs.  4 des Art.  84 bulgIPRGB. Danach „muss der Annehmende“ auch die Adoptionsvoraussetzungen nach dem Recht jenes ausländischen Staates „erfüllen“, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das soll aber nur dann gelten, wenn das Adoptivkind im Zeitpunkt der Antragstellung989 die bulgarische Staatsbürgerschaft besitzt; auf die Staatsangehörigkeit des Annahmewilligen kommt es dagegen nicht an.990

987  Kropholler, IPR, §  49 III 1, S.  420; Henrich, IntFamR, S.  304; wohl i. d. S. a. Vladimirov, MCP, S.  342. 988  Gesetz zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts vom 5.11.2001 (Adoptionswirkungsgesetz), BGBl. 2001 I, S.  2950. 989  Das wird zwar in Abs.  4 nicht ausdrücklich ausgesprochen, ergibt sich jedoch aus Abs.  1. 990  Hervorgehoben hat dies die erste Fassung des Art.  84 Abs.  4 bulgIPRGB noch durch einen Klammerzusatz: „(mit bulgarischer oder ausländischer Staatsangehörigkeit)“. Wegen seiner Überflüssigkeit hat man ihn ersatzlos gestrichen.

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Folgende Fragen wirft Abs.  4 auf: (1)­ Handelt es sich bei Abs.  4 um eine Kollisionsnorm, genauer: um eine selbständige, unvollkommen allseitige991 Kollisionsnorm oder um eine bloße Beachtungsklausel? Schließlich entspricht die gewählte Formulierung in Abs.  4 nicht der einer typischen Anknüpfungsnorm: „[…] unterliegt dem Recht des Staates […]“ (2) Wenn es sich bei Abs.  4 um eine Kollisionsnorm handelt, ist sie dann allseitig auszubauen in dem Sinne, dass das ausländische Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Adoptans unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Adoptivkindes stets eingreift? (3) Wenn Abs.  4 eine Kollisionsnorm darstellt, spricht sie eine Gesamt- oder eine Sachnormverweisung aus? (4) Gilt dasselbe – also die Schlussfolgerungen aus (1) bis (3) – bei einer Einordnung als Beachtungsklausel?992 Etwa in Analogie dazu? (5) Ist der Anwendungsbereich von Abs.  4 auf die Adoption durch eine einzige Person beschränkt, ungeachtet ihres Familienstandes? (6) Wenn sich Abs.  4 – auch – auf die Adoption durch mehrere miteinander verheiratete Personen bezieht, müssen dann die Adoptiveltern einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben? (7) Fehlt es an einem gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Wahleltern, auf wessen gewöhnlichen Aufenthalt ist dann abzustellen? (8) Zu welchem Zeitmoment ist der gewöhnliche Aufenthalt des Adoptierenden zu beurteilen – zu dem der Antragstellung oder dem, in welchem die letzte Wirksamkeitsvoraussetzung für die Adoption erfüllt ist?

Auf die 1. Frage kommt es immer an, als es darum geht, ob dem Rechtsanwender ein Ermessen zusteht, die Vorschrift anzuwenden oder nicht; schließlich richtet sie sich vom Wortlaut her direkt nur an den „Annehmenden“. Die Norm kann indessen auch so zu verstehen sein, dass lediglich die tatsächlichen Auswirkungen des fremden Aufenthaltsrechts einzubeziehen sind.993 Die 2. Frage gewinnt an Bedeutung, wenn das verwiesene Recht einen Renvoi ausspricht, die 3., wenn das anzunehmende Kind zwar eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, aber sonst ein enger Bezug zum Inland vorhanden ist. Frage 4 ist das Spiegelbild von Frage 5. Letztere beschäftigt einen dann, wenn ein Ehepaar den Adoptionsantrag stellt.994 Die nächsten zwei Fragen (6 und 7) knüpfen an die vorangegan991  Bzw. unvollkommen fremdseitige Kollisionsnorm; zur Terminologie insbesondere Ferid, IPR, S.  1–11 ff.; Kegel/Schurig, IPR, §  6 I 2, S.  302; Neuhaus, Grundbegriffe des IPR, §  11 III, S.  100 ff. 992  Zu der sog. selbstgerechten Sachnorm sei verwiesen v. a. auf Kegel, GS Ehrenzweig (1976), 53 ff. 993  Zu diesem Aspekt Kegel/Schurig, IPR, §  1 VIII 2 b, S.  62; §  2 IV 2, S.  156; §  6 I 4 a, S.  304. 994  Bei der Annahme durch mehrere unverheiratete Ausländer weist Frage 5. keine Bedeut-

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gene (5) und sind in der heutigen mobilen Gesellschaft nicht hinwegzudenken. Die zuletzt aufgeworfene 8. Frage interessiert, wenn der Adoptierende nach Stellung des Adoptionsantrags995 – aber vor dem konstitutiven Adoptionsausspruch – seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einen anderen Staat verlegt, und das neue Aufenthaltsrecht andere (ungünstigere, da erschwerende) Anknüpfungsmerk­ male für die Adoption aufstellt. Die Auslegung ergibt: Abs.  4 ist eine sachnormverweisende Kollisionsnorm, die nicht allseitig ausbaufähig ist. Sie erfasst ausschließlich die Adoption durch Ehegatten. Zu prüfen sind die Adoptionsvoraussetzungen nach dem Recht des Staates, in dem sich der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Wahleltern zur Zeit der gerichtlichen bzw. behördlichen Adoptionsentscheidung befindet. Im Einzelnen: (zu 1) Für die Einordnung des Abs.  4 als Anknüpfungsnorm spricht bereits der Wortlaut des Abs.  6:996 Die Anfechtung der Adoption unterliegt dem Recht, das auf die Voraussetzungen der Adoption gemäß Abs.  1, 2 und 4 anzuwenden war. Das Anfechtungsstatut ist damit zusätzlich/kumulativ dem Aufenthaltsrecht nach Abs.  4 unterworfen. Dabei steht Abs.  4 gleich berechtigt neben den Kollisionsnormen des Abs.  1 und 2.997 Die systematische Stellung der Vorschrift – eigenständiger Absatz, dabei verortet hinter Abs.  3, der zweifellos keine Kollisionsnorm darstellt – liefert kein tragendes Argument für eine bloße Beachtungsklausel. Denn die Einstufung als Anknüpfungsnorm geschieht nicht vordergründig anhand systemgebundener Aspekte, wie die Existenz selbstgerechter Sachnormen es belegt. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Tatbestand einen Anknüpfungsgegenstand998 und einen Anknüpfungspunkt999 enthält, und die Rechtsfolge in samkeit auf, da wegen der bulgarischen Staatsbürgerschaft des Adoptivkindes eine Anerkennung der Adoption in Bulgarien ausscheidet. 995  Bei rein Privatadoptionen erübrigt sich die Frage, ob man auf den Einleitungsakt des Adoptionsvertrags (z. B. das Angebot) abzustellen hat, da einer Privatadoption eines bulgarischen Kindes die Anerkennung von vornherein zu versagen ist. Daher behalten lediglich jene Fälle Relevanz, in denen eine staatliche Beteiligung an der Durchführung der Kindesannahme stattgefunden hat. 996  Zweideutig Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  254. Einesteils spricht sie von „kumulativer Anwendung der Voraussetzungen von […] Rechtsordnungen“. Andernteils ist von Art.  84 Abs.  4 bulgIPRGB als Kollisionsnorm nirgendwo die Rede. 997  Unklar bleibt die rechtliche Qualifizierung des Abs.  4 bei Jessel-Holst, in: Bergmann/ Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  23. Sie bezeichnet Abs.  4 (und Abs.  3) als „gewisse Sonderregeln“ für die Adoption eines Wahlkindes mit bulgarischer Staatsangehörigkeit. Ebenfalls undeutlich Todorov, MCP, S.  241, der die Formulierung von einem „erweiterten Regime“ der Adoption bulgarischer Kinder gebraucht. 998  Das wäre die Adoption eines bulgarischen Kindes. 999  Im hiesigen Kontext wäre dies der gewöhnliche Aufenthalt des Annehmenden in einem anderen Staat.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S. einem Anwendungsbefehl besteht, d. h. in der Anwendbarkeit einer bestimmten Rechtsordnung.1000 Diese Erfordernisse vereinigt Abs.  4 problemlos in sich.1001

(zu 2) Die Kollisionsnorm des Abs.  4 ist nicht allseitig auszubauen. Denn ein allseitiger Ausbau (im Einzelfall) hängt nicht (nur) davon ab, ob das Heimatrecht des Anzunehmenden einen wertungsmäßig vergleichbaren Schutz Wahlkindern mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland gewähren will. Die Allseitigkeit ist an erster Stelle vom Willen des Ge­ setzgebers abhängig: Hat er eine Kollisionsnorm bewusst als unvollkommen allseitig formuliert, so ist sie einer Auslegung als vollkommen allseitig nicht mehr zugänglich. So liegen die Dinge hier: Durch die Regelung des Abs.  4 (und natürlich des Abs.  3) will der bulgarische IPR-Normsetzer den Schutz von Adoptivkindern mit bulgarischer Staats­angehörigkeit verstärken.1002 Seine Sorge ist berechtigt, taucht doch Bulgarien auf dem Gebiet der internationalen Adoption überwiegend als Ursprungstaat i. S. des Art.  2 HAÜ auf.1003 Darum will der Regelgeber nur bulgarische Wahlkinder, die in den Aufnahmestaat des Annehmenden (meistens ist dies der Staat, in dem der Annehmende seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat) verbracht werden, mit aller Macht schützen.1004 (zu 3) Es ist von einer unbedingten Verweisung auszugehen, weil Abs.  4 „auch“ die „Adop­ tionsvoraussetzungen“ des Aufenthaltsstaates erfüllt wissen will – also ungeachtet dessen, ob das fremde Recht selbst angewendet werden will, oder ob ein anderes Recht seine Anwendung begehrt. Dem steht nicht entgegen, dass Art.  40 Abs.  2 bulgIPRGB die Adoption nicht ausdrücklich erwähnt. Die Vorschrift zählt abschließend nur diejenigen Fälle auf, in denen das Gesetz stets eine Sachnormverweisung ausspricht. Davon unberührt bleibt die Ermittlung des sachnormverweisenden Charakters einer Kollisionsnorm durch Auslegung. Gerade das will aber Art.  40 Abs.  1 Alt.  1 bulgIPRGB ermöglichen, indem er verlautbart: „[…] außer wenn in diesem Gesetz […] etwas anderes vorgesehen ist.“ Vorgesehen nach hiesigem Verständnis ist auch – also nicht nur expressis verbis – das, was sich durch Auslegung gewinnen lässt. Etwas anderes ergibt die Auslegung, wenn sie im Einzelfall zu einer Sachnormverweisung führt, die Art.  40 Abs.  2 bulgIPRGB nicht ausdrücklich vorsieht. (zu 5) Zwar verwendet Abs.  4 im Gegensatz zu Abs.  1 des Art.  84 bulgIPRGB ausschließlich den Singular, wenn er den Annahmewilligen beschreibt. Das bedeutet aber nicht, dass er seinen Anwendungsbereich gezielt auf die Einzel-Adoption durch eine einzige (un-) verheiratete Person beschränken will. Eine solche Gesetzesinterpretation würde den Sinn und Zweck des Abs.  4 (Schutz bulgarischer Wahlkinder) konterkarieren, adoptieren doch meistens Eheleute. Vielmehr ist Art.  84 bulgIPRGB insgesamt so zu lesen, dass mit „der Annehmende“ stets auch mehrere Annehmende i. S. von Ehegatten gemeint sind. Diese Lesart macht der IPR-Gesetzgeber bereits im Abs.  1 deutlich, indem er von „der Annehmende“ spricht, und daneben in Klammern „die Annehmenden“ setzt. Wenn in den folgenden Absätzen 4 und 5 die Rede ist von „der Annehmende“, also 3. Person Singular, dann ist das zu verstehen als „der oder die Annehmende(n)“. 1000 

Dies wäre das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Annehmenden. Damit erübrigt sich die Beantwortung der 4. Frage. 1002  Todorov, MCP, S.  241; Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 434. 1003  Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 434. 1004  Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 434. 1001 

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(zu 6) Infolgedessen wird klar, warum der Normgeber bei der Annahme durch Ehegatten1005 nicht ausdrücklich an ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt anknüpft. Dieses Verständnis setzt er nämlich voraus. Immer wenn Eheleute Beteiligte eines Rechtsverhältnisses mit Auslandsbezug sind, ist ihre Gemeinsamkeit für die Bestimmung der Anknüpfung entscheidend, und zwar sowohl in zweipoligen (zwischen den Ehegatten untereinander)1006 wie in dreipoligen Rechtsbeziehungen (zwischen Eltern-Ehegatten und Kind). An den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute knüpfen daher an: Art.  79 Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB; Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  2 Alt.  1 bulgIPRGB; Art.  82 Abs.  2 S.  1 bulgIPRGB; Art.  83 Abs.  2 Nr.  2 i. V. m. Art. 79 Abs.  2 Alt.  1 bulg­ IPRGB; Art.  85 Abs.  1 bulgIPRGB; Art.  87 Abs.  4 Alt.  2 i. V. m. Art.  82 Abs.  2 S.  1 bulg­ IPRGB. Auf der Grundlage dieser Tour d‘Horizon kann deswegen der Schluss gezogen werden, dass auch Art.  84 Abs.  4 bulgIPRGB an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Wahleltern anknüpft, zumal ihr gemeinsames Personalstatut über den Abs.  1 (i. V. m. Abs.  2) berufen ist. Außerdem stellt Abs.  5 S.  2 bezüglich der Adoptionswirkungen auf den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt aller Beteiligten ab, was für die hiesige Auslegung des Abs.  4 spricht. (zu 7) Mangelt es an einem gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Adoptiveltern, so kann nur Art.  2 Abs.  2 bulgIPRGB Auskunft über das maßgebende Anknüpfungsmoment geben. Die engste Verbindung ist dann sinnvollerweise bei demjenigen Adoptivelternteil zu verorten, der das Kind in seiner Obhut hat.1007; 1008 (zu 8) Der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Wahleltern ist zur Zeit der gerichtlichen/ behördlichen Adoptionsentscheidung zu bestimmen. Eine Anlehnung an die zeitliche Fixierung im Abs.  1 (Stellung des Adoptionsantrags) scheidet aus. Dies gebietet das bulgarische Sachrecht: Da Art.  81 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 FamKodex nur die gemeinsame 1005  Nur Ehegatten kommen bei Abs.  4 als Anknüpfungspersonen auf der Seite des Annehmenden in Betracht, da es um die Adoption eines Kindes mit bulgarischer Staatsangehörigkeit geht. Deshalb ist über Art.  84 Abs.  2 auf jeden Fall bulgarisches materielles Recht zur Anwendung berufen. Nach Art.  81 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 FamKodex können jedoch nur Ehepartner gemeinsam adoptieren. Das bedeutet: Der Anerkennung einer Auslandsadoption eines bulgarischen Kindes durch mehrere Unverheiratete ist zu versagen (Art.  117 Nr.  5 bulgIPRGB). Im Inland kann sie dagegen gar nicht durchgeführt werden. 1006  Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB macht keine Ausnahmen davon; er betrifft nur die Begründung der Ehegatteneigenschaft. 1007  Für die hier vertretene Ansicht dürften wohl die Ausführungen von Zidarova/Stancheva-­ Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 434, sprechen: „In der Regel wird das angenommene Kind weggebracht und in dem Staat großgezogen, in dem der Annehmende seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Beachtung der Voraussetzungen seines (des Annehmenden) Rechts ist für die Lage und Sicherheit des angenommenen Kindes in diesem Staat von großer Bedeutung.“ 1008  Man kann sich freilich auf den folgenden Standpunkt stellen: Warum denn nicht gleich an den gewöhnlichen Aufenthalt desjenigen Adoptivelternteils anknüpfen, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat? Des Umwegs über einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Wahleltern bedürfe es gar nicht. Solche Sichtweise ist abzulehnen. Sie übersieht zweierlei: Eine Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Adoptiveltern entspricht – wie dargelegt – nicht nur der Dogmatik des bulgarischen IPR, sie schiebt außerdem einer fraudulös vorgenommenen Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts eines der Adoptionsehegatten eine Riegel vor.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S. Annahme durch Ehegatten gestattet, kann es ausschließlich auf den Zeitpunkt der konsti­tutiven Begründung der rechtlichen Verwandtschaftsbeziehung, also des Zustandekommens der Adoption ankommen; andernfalls wäre die im Ausland erfolgte Wahlkindschaft eines bulgarischen Kindes im Inland wegen Verstoßes gegen den bulgarischen ordre public gem. Art.  117 Nr.  5 bulgIPRGB nicht anzuerkennen. Für In­lands­ adoptionen folgt das aus Art.  97 Abs.  3 i. V. m. Art.  118 Abs.  1 S.  2 FamKodex, Art.  84 Abs.  1 (i. V. m. Abs.  2) bulgIPRGB und Art.  81 Abs.  1 und 3 FamKodex (Dekretadop­ tion). Zwar besteht diese Gefahr bei der Adoption durch eine Einzelperson nicht. Um den oben definierten Schutz bulgarischer Adoptionskinder aber vollumfänglich zu gewährleisten, wird man auf diesen Zeitpunkt beharren und ihn nicht analog Abs.  1 vorverlegen.

III. Formstatut adoptionsrechtlicher Zustimmungen 1. Selbständige Anknüpfung Wie bereits erwähnt, unterliegen eventuelle adoptionsrechtliche Zustimmungen dem Adoptionsstatut des Art.  84 Abs.  1 bzw. 2 und Abs.  4 bulgIPRGB. Dieses erfasst allerdings nicht ihre Form. Diese Frage ist selbständig anzuknüpfen. In Betracht kommt eine analoge Anwendung des Art.  61 bulgIPRGB oder des Art.  83 Abs.  5 leg.cit. Indessen kann dahinstehen, welche der Vorschriften letztlich Platz greift. Denn beide sehen gleiche Anknüpfungen vor (lex loci actus und lex causae) und erzielen damit gleiche Ergebnisse. Gleichwohl sprechen die ­besseren Argumente für eine Analogie zu Art.  61 bulgIPRGB, weil man so eine einheitliche Anknüpfung von Formerfordernissen erreicht, für welche eine ausdrückliche Regelung fehlt. Demnach ist die Zustimmung formgültig, wenn sie die Form des Geschäftsstatuts oder des Ortsrechts erfüllt. Geschäftsstatut ist hier das gem. Art.  84 Abs.  1 bzw. 2 und 4 bulgIPRGB berufene Adoptionsrecht, Ortsrecht ist dort zu lokalisieren, wo die Einwilligung abgegeben wird.1009 Kennt das Ortsrecht eine Annahme an Kindes Statt nicht, so kann es keine Form dafür bereithalten. In diesem Fall ist ausschließlich das Geschäftsstatut maßgeblich.1010 Ist einer der Beteiligten zur Zeit der Antragstellung bulgarischer Staatsangehöriger oder hat einen gewöhnlichen Aufenthalt in Bulgarien, so kann gem. Art.  91 Abs.  1 S.  1 Fam­ Kodex die Zustimmung von Annehmendem, seinem Ehegatten, leiblichen Eltern und dem Ehegatten des Anzunehmenden in notariell beglaubigter Form oder durch einen besonderen Vertreter erklärt werden. Das Wahlkind dagegen gibt 1009 

Vgl. Emmerling de Oliveira, in: Würzburger Notar-Hdb, S.  3198, Rn.  82; dies., in: Müller et al., Adoptionsrecht, Rn.  241. 1010  Emmerling de Oliveira, in: Würzburger Notar-Hdb, S.  3198, Rn.  82; dies., in: Müller et al., Adoptionsrecht, Rn.  241; Lorenz, IPRax 1994, 193, 196; Baumann, Adoption mit Auslandsberührung, S.  50; a. A. Benicke, Typenmehrheit, S.  82 (Einhaltung der strengsten Form des Ortsrechts genügt).

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seine Zustimmung stets in eigener Person vor dem Gericht (Art.  91 Abs.  2 FamKodex). Nur das erste Erfordernis ist substituierbar. 2. Nachholung erforderlicher Adoptionszustimmungen Das bulgarische Recht kennt keine Ersetzung notwendiger Zustimmungen zur Adoption. Indes bedeutet das nicht, dass die Annahme an Kindes Statt aus bulgarischer Sicht deshalb scheitern soll, nur weil eine adoptionsrechtliche Zustimmung fehlt. Vielmehr bietet sich die Möglichkeit ihrer Nachholung an. Zwei Fälle sind dabei zu unterscheiden: Geht es um die Anerkennung einer Auslandsadoption außerhalb des Anwendungsbereichs des HAÜ, so kann die unterbliebene Zustimmung nach einem der berufenen Heimatrechte der unmittelbar Beteiligten (Art.  84 Abs.  1 bzw. 2 bulgIPRGB) resp. nach dem Aufenthaltsrecht des Annehmenden (Art.  84 Abs.  4 bulgIPRGB) im Anerkennungs­ verfahren nach Artt.  117 f. bulgIPRGB nachgeholt werden.1011 Besaß einer der Beteiligten die bulgarische Staatsangehörigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (Art.  84 Abs.  1 bulgIPRGB), dann ist zu prüfen, ob die im Ausland abgegebene Zustimmung substituierbar ist, also mit der Einwilligung nach Art.  89 FamKodex funktionell gleichwertig ist. Freilich scheidet eine Substitu­ tion und damit die Anerkennung im Inland aus, wenn es sich um eine Vertrags­ adoption mit bulgarischer Beteiligung außerhalb des HAÜ handelt. Bei einer Inlandsadoption nach (auch) ausländischem Recht ist die nach diesem Recht erforderliche Zustimmung ebenfalls einer Nachholung zugänglich. Ob das fremde Recht solche Nachholung akzeptiert, interessiert vom bulgarischen Standpunkt nicht weiter. IV. Allgemeine Fragen des IPR 1. Vorfragen a) Kollisionsrechtliche Ebene Kollisionsrechtliche Vorfragen (etwa nach dem Bestand einer Ehe zwischen den Wahleltern) wirft Art.  84 Abs.  1 und 2 bulgIPRGB nicht auf, nachdem er an die Staatsangehörigkeit aller Beteiligten anknüpft. Bei Abs.  4 ist das anders, und es ist selbständig anzuknüpfen. 1011  Bei der Anerkennung von Adoptionen nach dem HAÜ dürfte das Problem kaum auftreten, da die zuständige Behörde des Staates, in welchem die Annahme stattgefunden hat, das Zustandekommen der Adoption in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen bescheinigen muss. Die in den einzelnen Ländern zuständige Behörde kann man über die Homepage der Haager Konferenz () ermitteln.

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b) Sachrechtliche Ebene Materiellrechtliche Vorfragen sind durchaus vorstellbar. Sie sind – bei bulgarischem wie ausländischem Adoptionsstatut – selbständig anzuknüpfen. Wer z. B. die Eltern des Adoptivkindes sind, deren Einwilligung Art.  89 Abs.  1 Nr.  2 FamKodex festschreibt, ist eine materiellrechtliche Vorfrage. Diese ist gem. Art.  83 Abs.  1–3 bulgIPRGB lege fori anzuknüpfen. Gleiches gilt, wenn eine verheiratete Person ein Kind annimmt oder wenn der Anzunehmende selbst verheiratet ist. In diesem Fall verlangt Art.  89 Abs.  1 Nr.  3 FamKodex auch die Einwilligung des jeweiligen Ehegatten. Diese ist aber nur dann erforderlich, wenn die Ehe nach bulgarischem Kollisionsrecht als wirksam anzusehen ist. Das beurteilt sich für die sachlichen Eheschließungsvoraussetzungen nach Art.  76 bulgIPRGB, für die Form der Ehe – hiesiger Ansicht zufolge – nach dem Recht des Eheschließungsortes (lex loci celebrationis). Fragen nach dem Sorgerecht und den gesetzlichen Vertretern des Wahlkindes beantwortet das gem. Artt.  16 ff. KSÜ berufene Recht. Die Frage nach der Form der erforderlichen Einwilligungen ist, wie soeben dargestellt, nach Art.  61 bulgIPRGB selbständig anzuknüpfen. Ob das Kind minder- bzw. (in bulgarischer Terminologie) nichtvolljährig ist oder nicht, bestimmt sein Heimatrecht (Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB). Ohne Bedeutung für die selbständige Anknüpfung ist es, ob die Adoption (die Hauptfrage) bulgarischem oder ausländischem Statut unterliegt. Ist Adoptionsstatut bulgarisches Recht, so ist das Alterserfordernis des Art.  77 Abs.  1 FamKodex, wonach das Kind bei Antragstellung „noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben“ dürfe, nicht so zu verstehen, dass man die Vorfrage nach der Minder- oder Nichtvolljährigkeit des Kindes ohne Einschaltung des IPR beantworten könne. Denn mit der ausdrücklichen Benennung eines Höchstalters des Adoptivkindes verweist der bulgarische Gesetzgeber lediglich auf die Altersstufen der Artt.  2–4 bulgGPF und damit auf den Eintritt der Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres gem. Art.  2 bulgGPF. Folglich hätte er Art.  77 Abs.  1 FamKodex genauso gut auch so fassen können:

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„Nur minderjährige und nichtvolljährige Kinder können adoptiert werden.1012 Die Nichtvolljährigkeit ist zum Zeitpunkt der Antragstellung zu beurteilen.“1013 2. Rück- und Weiterverweisung Art.  84 Abs.  1 bzw. Abs.  2 bulgIPRGB spricht eine IPR-Verweisung aus; ein Renvoi ist zu befolgen. Hingegen ist die Verweisung in Abs.  4 – wie bereits erläutert – eine Sachnormverweisung. Die Problematik der versteckten Rückverweisung taucht bei internationalen Adoptionen dort auf, wo die Verweisung zu einer Rechtsordnung führt, die für Adoptionen keine geschriebenen Kollisionsregeln kennt; meist handelt es sich um Rechtssysteme des anglo-amerikanischen Rechtskreises. Die wissenschaftliche Literatur in Bulgarien diskutiert das Problem nicht, Rechtsprechung ist nicht veröffentlicht. Die Erkenntnisse der deutschen Lehre kann man ohne Einschränkung übernehmen. Danach müssen folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen: – die ausländischen Gerichte sind in der Adoptionssache nach den dortigen Regeln nicht international zuständig, – die bulgarischen Gerichte dagegen besitzen vom Standpunkt des ausländischen Rechts die ausschließliche oder die konkurrierende1014 internationale Zuständigkeit, – die ausländischen Gerichte würden, wenn die Voraussetzungen einer internationalen Zuständigkeit für sie spiegelbildlich zuträfen, die lex fori ohne kollisionsrechtliche Prüfung anwenden und – es kann von der Anerkennungsfähigkeit einer bulgarischen Adoptionsentscheidung in der Sache selbst ausgegangen werden.1015 1012  Alternativ: „Eine Adoption ist nur bis zum Eintritt der Volljährigkeit des Kindes möglich.“ Damit erfasst wären alle Altersstufen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Dagegen würde es Verwirrung stiften, stellte man im Wortlaut nur auf die Nichtvolljährigkeit oder nur auf die Minderjährigkeit des Kindes ab. Man könnte dann meinen, eine Adoption sei nur bei Kindern zwischen 15. und 18. Jahren bzw. bis Vollendung des 14. Lebensjahres zulässig. Denn das bulgarische Gesetz unterscheidet strikt zwischen Minder- und Nichtvolljährigkeit, knüpft an sie verschiedene Folgen an und kennt im Übrigen keinen allgemeinen beide Institute ver­ einenden Begriff. Das ist auch der Grund, warum der Gesetzgeber solche Umschreibungen verwendet wie in Art.  77 Abs.  1 FamKodex. 1013  Bulgarisch: „Осиновени могат да бъдат само малолетни и непълнолетни деца. Непълнолетието се определя към момента на подаване на молбата за осиновяване.“ ­Alternativ: „Осиновяване е възможно само до настъпването на пълнолетие на детето. Непълнолетието се определя към момента на подаване на молбата за осиновяване.“ 1014  Nicht unumstritten, aber h. M.; dafür u. a.: BayObLGZ 1965, 245; KG, IPRax 1983, 246; dagegen u. a.: Wengler, NJW 1959, 127, 129; Beitzke, RabelsZ 37 (1973), 380, 390 ff. 1015  Andrae, IntFamR, §  7, Rn.  38; Staudinger/Henrich (2014), Art.  22 EGBGB, Rn.  17 f.

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V. Aufhebung einer Adoption Art.  84 bulgIPRGB sieht besondere Kollisionsregeln für die Bestimmung des auf die Anfechtung (Abs.  6) oder sonstige Beendigung (Abs.  7) einer Adoption anwendbaren Rechts vor. 1. Anfechtungsstatut Demnach folgt das Anfechtungsstatut dem Adoptionsbegründungsstatut (also nach den Abs.  1, 2 und 4) zur Zeit der Stellung des Adoptionsantrags; es gilt das Akzessorietätsprinzip. Das ist nur konsequent, waren doch die Vorschriften des Adoptionsbegründungsstatuts nicht eingehalten.1016 Erfolgte die Kindesannahme nach Abs.  1 (gemeinsame Staatsangehörigkeit), so unterliegen Begründung und Aufhebung der Adoption wegen Mängel im Begründungsstadium ein und demselben Recht. Dieses entscheidet über Voraussetzungen und Folgen eines bei der Begründung der Adoption aufgetretenen Mankos1017 (samt Anforderungen sowie Art und Weise der Aufhebung). Waren dagegen auf die Adoption infolge der Kumulation gem. Art.  84 Abs.  2 bulgIPRGB mehrere (Heimat-)Rechte anzuwenden und leidet die Kindesannahme an mehreren Mängeln nach unterschiedlichen Rechten, so setzt sich das strengere („ärgere“) Recht durch, wenn die Sanktionen in den verletzten Rechten nicht übereinstimmen. Das verletzte strengere Recht bestimmt außerdem über die Geltendmachung des Mangels (Anfechtungserklärung, Kreis der Anfechtungsberechtigten vor und nach Tod des Annehmenden bzw. des Wahlkindes, Fristen für die Ausübung des Anfechtungsrechts, ex tuncoder ex nunc-Wirkung der Anfechtung).1018 Im bulgarischen Recht wirkt die Anfechtung der Adoption für die Zukunft (Art.  109 FamKodex). 2. Beendigungsstatut Anders hingegen sieht die Anknüpfung bei sonstigen Beendigungsgründen aus. Das Beendigungsstatut nach Abs.  7 folgt dem Adoptionswirkungsstatut nach Abs.  5. Dieses wiederum deckt sich bei gemeinsamer Staatsangehörigkeit aller Beteiligten mit dem Adoptionsbegründungsstatut nach Abs.  1, in deren Ermangelung ist Wirkungsstatut das Recht des Staates, in welchem Adoptans und Adoptivkind ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Da das Adop­ tionswirkungsstatut seinerseits wandelbar anknüpft (str.; dazu sogleich), ist auch das Beendigungsstatut wandelbar. 1016  Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 435; Todorov, MCP, S.  241; Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  256 (Sanktion für die Verletzung). 1017  Ebenso Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 435. 1018  Zum Vorstehenden s. Henrich, IntFamR, §  8 III 2 b, S.  310 m. w. N.

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Über Voraussetzungen (einschließlich der aufhebungsberechtigten Personen) und Folgen nachträglicher, nach Begründung der Adoption auftretender Mängel oder sonstiger Gründe, entscheidet das jeweils verletzte bzw. tangierte Recht,1019 bei mehreren verletzten bzw. tangierten Rechten gibt das strengere den Ausschlag. Das bulgarische Recht gestattet u. a. die Aufhebung einer Adoption durch übereinstimmende Erklärungen von Adoptans und Adoptandus. Voraussetzung ist nur die beiderseitige Geschäftsfähigkeit (Art.  106 Abs.  8 FamKodex); der Grund ihrer Übereinkunft ist belanglos.1020 Praktisch bedeutet dies, dass die Aufhebung der Annahme eines minder- bzw. nichtvolljährigen Kindes erst ab Vollendung seines 18. Lebensjahres in Betracht kommt – außer das Wahlkind geht eine Ehe ein. Denn dann ist es mündig geworden (Art.  6 Abs.  4 FamKodex). 3. Schlussfolgerungen Der unterschiedlichen Anknüpfung in den Abs.  6 und 7 ist beizupflichten. Sie ist konsequent: Auch anfängliche materielle Mängel bei der Eheschließung unterliegen gem. Art.  78 bulgIPRGB dem Eheschließungsstatut nach Art.  76 Abs.  1 bulgIPRGB. Später eintretende Gründe für das Scheitern der Ehe sind wogegen dem (neuen) Scheidungsstatut zu entnehmen.1021 Indes kann die unterschiedliche Anknüpfung zu einer Anhäufung von Aufhebungsstatuten führen. Das ist dann der Fall, wenn für die Aufhebung der Adop­ tion sowohl Gründe vorliegen, die bei ihrer Begründung, als auch Gründe, die erst nachträglich eintreten, vorausgesetzt immer, Anfechtungs- und Beendigungs­ statut fallen auseinander. Denn das Adoptionswirkungsstatut knüpft seinerseits nicht an das Adoptionsbegründungsstatut im Augenblick der Antragstellung an. Infolgedessen wird die Aufhebung einer Adoption durch Anfechtung oder sonsti­ ge Beendigung in aller Regel divergierenden Rechten unterworfen sein. Daraus folgt: Für die Aufhebung der Adoption durch Anfechtung wegen anfänglicher Mängel kommt es auf die Zeit des Wirksamwerdens der Adoption an – und nicht die der Anfechtungserklärung.1022 Grund dafür ist die Unwandelbarkeit des Adoptionsbegründungsstatuts. Für die Aufhebung der Adoption durch sonsti­ ge Beendigungserklärungen wegen nachträglicher Mängel bzw. Umstände 1019  Wie hier Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 435; Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  256. 1020  Markov, Semeyno i nasledstveno pravo, S.  146. 1021  Vgl. Staudinger/Henrich (2014), Art.  22 EGBGB, Rn.  40 a. E. 1022  Ebenso Todorov, Pravootnoshenia, S.  232 f., Tz.  106 f. Bei anfänglichen Adoptionsmängeln stellt er auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption ab, bei nachträglichen Adoptionsmängeln auf die Anhängigkeit des Antrags auf Adoptionsbeendigung. Auf die Zeit der Adoption bei Verletzung von Adoptionsvoraussetzungen stellt außerdem das österreichische IPR; vgl. Verschraegen, IPR, Rn.  200.

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kommt es hingegen auf den Zeitpunkt des Beendigungsbegehrens an, genauer: Zeitpunkt der Klageerhebung.1023 Grund dafür ist die Wandelbarkeit des Adop­ tionswirkungsstatuts. VI. Adoptionswirkungen 1. Anknüpfungsregeln Nach Art.  84 Abs.  5 bulgIPRGB unterliegen die Wirkungen einer Adoption dem gemeinsamen Heimatrecht von Adoptans und Adoptivkind oder – bei unterschiedlicher Staatsangehörigkeit – dem Recht ihres gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts.1024 Welches Recht zur Anwendung berufen ist, wenn es ausnahmsweise auch an einem gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt mangelt, sagt das Gesetz nicht. Darüber muss man die engste Verbindung entscheiden lassen (Art.  2 Abs.  2 bulgIPRGB). Um eine kollisionsrechtliche Gleichbehandlung leiblicher und adoptierter Kinder zu gewährleisten, erscheint eine Analogie zu Art.  85 Abs.  2 bulgIPRGB angezeigt. Hiernach besteht die engste Verbindung zum Recht des Staates, in dem sich der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes befindet (Alt.  1), oder aber zu seinem Heimatrecht, wofern dieses für das Kind günstiger ist (Alt.  2). 2. Wandelbarkeit des Adoptionswirkungsstatuts Das Adoptionswirkungsstatut ist wandelbar.1025 Das folgt bereits aus dem Wortlaut des Abs.  5 S.  2: Danach unterliegt die Wirkung der Adoption dem Recht des 1023  Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 435; Todorov, Pravootnoshenia, S.  233, Tz.  106 f. Auf das Beendigungsbegehren stellt ein Teil der deutschen Literatur ab; vgl. Winkelsträter, Anerkennung und Durchführung internationaler Adoptionen, S.  167. Andere erklären den Zeitpunkt der Aufhebung für entscheidend; s. NK-BGB/Benicke (2016), Art.  22 EGBGB, Rn.  13 m. w. N.; ders., Typenmehrheit, S.  293, 295–298. In Österreich stellt man auf die Zeit der Vollendung des Beendigungstatbestandes ab; vgl. Verschraegen, IPR, Rn.  200. 1024  Im früherem IPR knüpfte der Gesetzgeber ausschließlich an die Staatsangehörigkeit des Adoptans an (Art.  136 Abs.  3 FamKodex a. F. von 1985). Kritisch dazu Todorov, Pravootnoshenia, S.  229 f., Tz.  104. Er schlug eine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Annehmenden vor, bei Ehegattenadoptionen – an die allgemeinen Ehewirkungen. 1025  Ebenso Zidarova/Stancheva-Mincheva, RabelsZ 71 (2007), 398, 434; a. A. Stancheva-­ Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  255. Nach ihr ist das Adoptionswirkungsstatut starr. Maßgeblich sei der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption: „[…] denn die notwendige Stabilität des Verhältnisses zwischen Adoptivkind und Adoptans wie auch der Inhalt der zwischen ihnen entstandenen rechtlichen Verbindung können nicht von der Dynamik der Umstände abhängen, die dem Anknüpfungspunkt zugrunde liegen. Im Adoptionsrecht stellt die Entstehung des Rechtsverhältnisses das relevante temporale Moment dar, was diesem Rechtsinstitut aber eigen ist […].“

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Staates, in dem sich der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt von Annehmendem und Angenommenem befindet. Da allerdings das Adoptionsbegründungsstatut an einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt nicht anknüpft,1026 kann es sich denknotwendig nur um den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt nach Durchführung der Adoption und damit frühestens im Augenblick des Wirksamwerdens der Adoption handeln. Dafür spricht noch, dass im Abs.  1 von dem „Anzunehmende(n)“ die Rede ist, im Abs.  5 hingegen von „Angenommenem“. Indes kann ein Angenommener erst nach oder jedenfalls erst mit erfolgter Annahme einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen und ihn noch jetzt und heute, also zur Beurteilungszeit, aufrechterhalten – nicht diesen aber schon damals (vor der Annahme) innegehabt haben, war er doch noch nicht angenommen. Folgerichtig können der Angenommene und der Annehmende frühestens im Zeitpunkt der Annahme einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Auf diese Weise wird eine Gleichstellung mit den Wirkungen eines Eltern-leiblichen-Kind-Verhältnisses i. S. des Art.  85 bulgIPRGB hergestellt, weil auch diese wandelbar sind. Daraus folgt: Stirbt nach einer Adoption durch Ehegatten der eine von ihnen, so erstarrt damit das Adoptionswirkungsstatut nicht. Es kann vielmehr im Rahmen des Abs.  5 S.  1 wechseln, wenn der überlebende Adoptivelternteil und das Adoptivkind eine neue gemeinsame Staatsangehörigkeit erwerben oder wenn die bestehende gemeinsame Staatsangehörigkeit einseitig verloren geht. Das Gleiche gilt bei Abs.  5 S.  2, wenn also ein neuer gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt begründet oder bestehender gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt einseitig aufgegeben wird. 3. Reichweite des Adoptionswirkungsstatuts Dem Adoptionswirkungsstatut nach Abs.  5 unterliegen nur im Inland durchgeführte Adoptionen und im Ausland begründete Vertragsadoptionen. Bei im Ausland dekretierten und nach Artt.  117 f. bulgIPRGB anzuerkennenden Adoptionen dagegen kommt es auf das/(die) bei der Adoptionsbegründung tatsächlich angewandte(n) Recht(e) an. Denn auf dieses Recht bezogen sich die Anträge und die Einwilligungen der Beteiligten, nach ihm erfolgte die gerichtlich/behördliche Prüfung.1027

1026  Art.  84

Abs.  4 bulgIPRGB geht davon aus, dass Wahleltern und -kind verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben. 1027  NK-BGB/Benicke (2016), Art.  22 EGBGB, Rn.  17.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

4. Selbständig anzuknüpfende Fragen Unter Abs.  5 fallen nur die unmittelbaren Adoptionswirkungen, die weitergehenden unterliegen hingegen dem jeweiligen Wirkungsstatut.1028 Das entspricht einem sachrechtlichen Vorverständnis: 8.  Kapitel Abschnitt III des FamKodex trägt den Titel „Wirkung der Adoption“ und behandelt die Adoptionsarten samt ihren statusbegründenden und -lösenden Wirkungen zur Adoptiv- und leiblichen Familie. Anders ausgedrückt: Existiert für die aufgeworfene Rechtsfrage eine spezielle Kollisionsnorm, so ist jene gesondert anzuknüpfen und danach zu beantworten; es liegt eine mittelbare Wirkung der Adoption vor. Existiert dagegen keine spe­ zielle Kollisionsnorm, so geht es bei der gestellten Rechtsfrage grundsätzlich um eine unmittelbare Wirkung der Adoption. Das Adoptionswirkungsstatut erfasst zweierlei Rechtsverhältnisse: einesteils – zwischen Adoptivkind mit seinem Nachkommen und Adoptiveltern mit ihren Verwandten andernteils – zwischen Adoptivkind mit seinem Nachkommen und leiblichen Eltern mit ihren Verwandten.1029 Von den Adoptionswirkungen sind dagegen folgende Aspekte der Kindesannahme abgespalten: a) Eltern-Kind-Verhältnis Die Rechtsbeziehungen zwischen Adoptivkind und Adoptiveltern beurteilen sich vorrangig nach Art.  16 KSÜ, im Übrigen unterliegen sie dem Eltern-Kind-­Statut gem. Art.  85 bulgIPRGB.1030 Dieses Verständnis ist durch das bulgarische materielle Adoptionsrecht bedingt. Sowohl bei der starken wie der schwachen Adoption erlangt der Adoptierte die rechtliche Stellung eines leiblichen Kindes der Adoptiveltern bzw. des Annehmenden (Art.  101 Abs.  1 S.  1 und Art.  102 Abs.  1 S.  1 FamKodex). 1028 

Im Ansatz wohl ähnlich Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  256. Dieses zweipolige Verständnis der Adoptionswirkungen entspricht schon altem IPR; vgl. Todorov Pravootnoshenia, S.  230, Tz.  104, der sich allerdings kritisch dazu äußerte. 1030  Im Ergebnis wie hier Stancheva-Mincheva, Art.  84 bulgIPRGB, S.  256. Sie argumentiert mit dem Fehlen einer besonderen Kollisionsvorschrift für das Verhältnis Adoptivkind – Adoptiveltern. Das Argument sticht freilich nicht. Die Rechtsbeziehungen zwischen Adoptivkind und Adoptiveltern richten sich nach Art.  85 bulgIPRGB bzw. nach den vorrangig anwendbaren Vorschriften des KSÜ. Überholt ist die Auffassung Todorovs zum alten IPR, Pravoot­noshenia, S.  228, Tz.  104 (Maßgeblichkeit des Adoptionsstatuts). 1029 

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b) Unterhalt Die unterhaltsrechtlichen Wirkungen der Adoption richten sich vorrangig nach Artt.  3 ff. HUntProt, im Übrigen nach dem von Art.  87 bulgIPRGB berufenen Recht.1031 c) Sorgerecht Auf die elterliche Sorge sind Artt.  15 ff. KSÜ anzuwenden, welche Art.  85 bulg­ IPRGB verdrängen. Sie kommen bei einer Adoption ebenfalls zum Zuge.1032 d) Name Selbständig anzuknüpfen ist außerdem die Namensgebung/-führung des angenommenen Kindes.1033 Sie unterliegt dem Namensstatut. Nach Art.  53 Abs.  1 bulgIPRGB ist das Heimatrecht des Kindes maßgeblich, wofern mit der Adop­ tion seine Staatsangehörigkeit nicht wechselt. Gegenteils, kommt es also durch die Adoption zu einem Staatsangehörigkeitswechsel beim Kind, richtet sich sein Name nach der neu erworbenen Staatsangehörigkeit (Art.  53 Abs.  2 S.  1 leg.cit.). Bei bulgarischem Personalstatut des Adoptivkindes greift Art.  18 PStRegG Platz: Den Eigennamen bestimmt das Gericht auf Antrag der Adoptiveltern nach ihren Wünschen (Abs.  1). Wenn das Kind das 14. Lebensjahr vollendet hat, bedarf es für die Änderung des Eigennamens seiner Zustimmung. Bei einer schwachen Adoption behält das Kind seinen bisherigen Vater- und Familiennamen, es sei denn, die Adoptiveltern beantragen ihre Änderung. Ist aber das Kind 14. Jahre alt geworden, so ist seine Zustimmung erforderlich.1034 Bei einer starken Adoption sollen offenbar die allgemeinen Regeln der Artt.  13 und 14 PStRegG gelten. Denn nach Abs.  2 des Art.  18 PStRegG bestimmen sich der Vater- und Familienname „entsprechend dem Namen des Annehmenden in der Weise nach diesem Gesetz“.1035 Ob daraus allerdings zu schlussfolgern ist, das Kind erhalte automatisch als Familiennamen den Familiennamen seines Adoptivvaters und dessen Eigennamen als Vaternamen, ist zweifelhaft. Die Verwei1031  Als überholt gilt nunmehr die zum alten IPR geäußerte Gegenansicht von Todorov, ­Pravootnoshenia, S.  228, Tz.  104, maßgeblich sei das Adoptionsstatut. 1032  Vgl. Hohnerlein, Internationale Adoption, S.  106; MüKo BGB/Helms (2018), Art.  22 EGBGB, Rn.  35. 1033  A. A. (zum alten IPR) Todorov, Pravootnoshenia, S.  228, Tz.  104 (Personalstatut des Annehmenden). 1034  Vgl. Markov, Semeyno i nasledstveno pravo, S.  145. 1035  Art.  18 Abs.  2 PStRegG lautet: „Bei einer Volladoption werden der Vater- und der Familienname entsprechend dem Namen des Annehmenden in der Weise nach diesem Gesetz bestimmt.“

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sung auf Artt.  13 und 14 PStRegG eröffnet die Möglichkeit einer Anpassung dieser zwei Namensbestandteile an die Umwelt der Eltern. Als Voraussetzung dafür stellen die vorgenannten Vorschriften auf die familiären, ethischen oder religiösen Traditionen der Eltern ab. Bei einer Volladoption sind diese Erfordernisse freilich nur „entsprechend“ heranzuziehen. Man sollte deswegen den Adoptiveltern und dem Wahlkind selbst überlassen, ob und, wenn ja, wie sich die familiäre Namens-Tradition der Adoptiveltern auf den Vater- und Familiennamen des Angenommenen auswirkt. Sie sollen m. a. W. eigenständig bestimmen können, ob das Wahlkind den Vater- und Familiennamen des Adoptivvaters erhält. Für diese Auslegung streitet zudem der Vergleich zu Art.  11 des Gesetzes über die Namen bulgarischer Staatsangehöriger. Nach dieser Vorschrift waren der Vater- und Familienname des Wahlkindes zwingend von jenem des Adoptivvaters abzu­ leiten.1036 Die Norm ist aufgehoben; ihre Formulierung hat der Gesetzgeber in Art.  18 Abs.  2 PStRegG gerade nicht übernommen. Das spricht gegen das Argument, am fehlenden Erfordernis der Zustimmung eines (bereits 14-jährigen) Wahlkindes in Art.  18 Abs.  2 PStRegG lasse sich ersehen, dass seine vollständige rechtliche Eingliederung in die Adoptivfamilie nach außen hin gewollt sei. Andererseits kann eine wie hier vertretene Übereinkunft über die Namensbestimmung des Wahlkindes ohne Beachtung von Altersgrenzen des Angenommen nicht auskommen. Sie sind an der Vollendung seines 14. Lebensjahres festzumachen; hierfür lassen sich Art.  18 Abs.  1 S.  2 und Abs.  3 S.  2 PStRegG dem Rechtsgedanken nach heranziehen. Auch hier sind beiden Namensbestandteilen die passenden geschlechtsbe­ zogenen Suffixe beizulegen: -ov(a)/ev(a), -ski/-ska, -ovski/-ovska oder evska/-­ evski.1037 Bei der starken Adoption ist belanglos, ob die Wahleltern einen gemeinsamen Ehenamen tragen; mit dem Namen des Annehmenden meint Art.  18 PStRegG den Familiennamen des Ehemannes, was sich aus der Verweisung auf Art.  14 Abs.  1 PStRegG ergibt. Bei einer schwachen Adoption gilt das Gleiche, nur müssen die Wahleltern einen entsprechenden Namensänderungsantrag stellen, was eine Übereinstimmung in der Namensgebung voraussetzt. Bei Adoptionen im Ausland behält das Kind im Grundsatz seinen bisherigen Namen: Einesteils genießt ein solcher Name als wohlerworbenes Recht den Schutz des Art.  42 bulgIPRGB. Andernteils ergibt sich der Fortbestand eines bereits gebildeten Namens aus der Bindungswirkung einer im Inland anerkannten ausländischen Adoptionsentscheidung.1038 1036 

Das Gesetz ist aufgehoben (DV Nr.  67 v. 27.7.1999). Sein Art.  11 Abs.  2 lautete: „Als Vater- und Familiennamen des Angenommenen werden der Vater- und Familienname des Annehmenden eingetragen.“ (Übersetzung durch den Verfasser). 1037  Das gilt natürlich auch bei der schwachen Adoption. 1038  Staudinger/Henrich (2014), Art.  22 EGBGB, Rn.  48 m. w. N.

§  5. Adoption

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Art.  15 i. V. m. Art 18 PStRegG betreffen den Fall einer Einzeladoption durch eine weibliche Person. Die Abgabe der Änderungserklärungen der Adoptiveltern und der Zustimmung des Adoptivkinds i. S. des Art.  18 PStRegG (vor dem Gericht) sind Formfragen. Für sie gilt deshalb Art.  61 bulgIPRGB entsprechend. 5. Staatsangehörigkeit Jeder Staat regelt souverän Erwerb wie Verlust seiner Staatsangehörigkeit. Von daher sind Vorfragen im Staatsangehörigkeitsrecht stets unselbständig anzuknüpfen.1039 Gemäß Art.  6 bulgStAG führt die Adoption nicht zu einer Änderung im Staatsangehörigkeitsstatus des Adoptandus.1040 Damit verhindert der Gesetzgeber die Entstehung einer Mehrstaatsangehörigkeit, wenn das Kind die Staatsangehörigkeit seines Heimatstaates trotz Adoption beibehält. Adoptiert beispielsweise ein bulgarisches Ehepaar einen minderjährigen Deutschen, so verliert das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit nicht (vgl. §  27 S.  1 StAG). Indes erwirbt ein stark adoptiertes Kind die bulgarische Staatsangehörigkeit, wenn wenigstens einer der Adoptivelternteile Bulgare ist und sie die Einbürgerung beantragen;1041 hat das Kind das 14., noch nicht aber das 18. Lebensjahr vollendet, so bedarf es auch seiner Zustimmung (Art.  18 Abs.  2 i. V. m. Abs.  1 bulgStAG1042). Da es um den Erwerb bulgarischer Staatsangehörigkeit geht, ist allein das Alter des Kindes entscheidend – und nicht, ob es nach seinem Heimatrecht (Art.  50 Abs.  1 S.  1 bulg­ IPRGB) (noch) minderjährig ist. Das Kindesalter ist zur Zeit der Stellung des Einbürgerungsantrags zu beurteilen. Ist der Angenommene zu diesem Zeitpunkt 1039 

Wohl ähnlich Todorov, Pravootnoshenia, S.  231, Tz.  105, der von einem öffentlich-­ rechtlichen Verhältnis ausgeht; hierzu bereits 1.  Teil, §  8. B. II. 3. a. 1040  Art.  6 bulgStAG lautet: „Die Adoption ändert nicht die Staatsangehörigkeit des Angenommenen.“ 1041  Art.  18 Abs.  1 S.  1 bulgStAG verlangt „eine schriftliche Zustimmung“ der Eltern zum Erwerb der bulgarischen Staatsangehörigkeit. 1042  Art.  18 bulgStAG lautet: „(1) Kinder im Alter bis zu 14 Jahren, bei welchen nur der eine Elternteil bulgarischer Staatsangehöriger ist, können, falls sie nicht die bulgarische Staatsangehörigkeit besitzen, bulgarische Staatsbürger werden, ohne dass die Voraussetzungen des Art.  12 vorliegen, wenn beide Elternteile oder der Überlebende von ihnen eine schriftliche Zustimmung erteilen. Nicht erforderlich ist die Zustimmung des Elternteils, dessen Sorgerecht entzogen ist. Unter den gleichen Voraussetzungen können auch Kinder zwischen 14 und 18 Jahren die bulgarische Staatsangehörigkeit erwerben, wenn sie das beantragen. (2) Nach den Voraussetzungen nach Abs.  1 können ferner Personen die bulgarische Staatsangehörigkeit erwerben, die von einem bulgarischen Staatsbürger unter den Voraussetzungen der starken Adoption angenommen worden sind.“ (Übersetzung durch den Verfasser).

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bereits volljährig, also 18. Jahre alt, so richtet sich der Erwerb bulgarischer Staatsangehörigkeit nach Art.  15 Abs.  1 Nr.  2 bulgStAG.1043 Auch danach muss der Adoptandus stark adoptiert sein. Die Regelungen des Art.  18 und Art.  15 Abs.  1 Nr.  2 bulgStAG gehen ausweislich ihrer systematischen Stellung und dem klaren Wortlaut von einer Volladoption nach bulgarischem Recht aus. Ist das Kind dagegen nach ausländischem Recht adoptiert, so muss die Adoption im Inland anzuerkennen sein und müssen ihre Wirkungen im Wesentlichen funktionell gleichwertig sein mit den Wirkungen, die das bulgarische Recht einer starken Adoption beimisst. Bei dem ersten Erfordernis geht es um die Vorfrage der Adoptionsanerkennung, das zweite Erfordernis handelt von der Substitution einer Wahlkindschaft. Die wesentliche Gleichwertigkeit der Adoption ist bei einer völligen Loslösung des Kindes aus seiner vorigen Familie und seiner vollständigen rechtlichen, nur unter vergleichbaren Voraussetzungen i. S. der Artt.  106 und 107 Abs.  1 FamKodex aufzuhebenden Eingliederung in die Adoptivfamilie anzunehmen. Doch steht einer wesentlichen Gleichwertigkeit nicht entgegen, wenn vereinzelt Rechtsbeziehungen zu den natürlichen Eltern bestehen bleiben (v. a. Erbrechte oder Unterhaltsansprüche).1044 Die Schwelle der Gleichwertigkeit dürfte indes überschritten sein, wenn die Kindesannahme keine rechtliche Beziehung zu den Verwandten des Annehmenden begründet.1045 6. Erbrecht Die Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt dem Erbstatut (Art.  89 bulg­ IPRGB). Im Kontext der Adoption ist die Frage interessant, welches Recht darüber entscheidet, ob und, wenn ja, inwieweit (in welchem Umfang) die Annahme an Kindes Statt ein Erbrecht des Kindes, des Adoptans oder der jeweiligen Verwandten begründet oder zum Erlöschen bringt. Es geht um ein Qualifikationsproblem. 1043  Art.  15 Abs.  1

Nr.  1 und 2 bulgStAG lauten: „Eine Person, die kein bulgarischer Staatsbürger ist, kann die bulgarische Staatsangehörigkeit per Naturalisation erwerben, ohne dass die Voraussetzungen des Art.  12 Abs.  1 Nr.  2, 4, 5 und 6 vorliegen müssen, wenn sie eine der nachfolgenden Anforderungen erfüllt: Nr.  1: sie ist bulgarischer Abstammung; Nr.  2: sie ist adoptiert von einem bulgarischen Staatsangehörigen unter den Voraussetzungen einer Volladoption;“ (Übersetzung durch den Verfasser). 1044  Vgl. jurisPK-Behrentin (2015), Art.  22 EGBGB, Rn.  68; NK-BGB/Benicke (2016), Art.  22 EGBGB, Rn.  35; Steiger, DNotZ 2002, 184, 202; a. A. MüKo BGB/Klinkhardt (2010), Art.  22 EGBGB, Rn.  48; wohl aufgegeben durch MüKo BGB/Helms (2018), Art.  22 EGBGB, Rn.  41. 1045  So aber für das deutsche internationale Adoptionsrecht MüKo BGB/Helms (2018), Art.  22 EGBGB, Rn.  41 m. w. N.

§  5. Adoption

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Dem Zusammenspiel zwischen Erb- und Adoptions(-wirkungs-)statut widmet die bulgarische Lehre keine Aufmerksamkeit.1046 In seinem Lehrbuch zum alten IPR bemerkt Todorov1047 nur, die oben aufgeworfene Frage sei strittig und erklärt dann ohne Begründung das Erbstatut für maßgeblich.1048 a) Notwendigkeit eines Zusammenwirkens zwischen Erb- und Adoptionsstatut Indes kann weder das Erbstatut noch das Adoptionsbegründungs- bzw. Adoptions­ wirkungsstatut1049 allein darüber befinden. Das folgt aus Art.  91 Nr.  2 Fall 1 bulg­ IPRGB. Danach bestimmt das Erbstatut den Kreis der Erben. Daher kann das Adoptionsstatut erst dann zum Zuge kommen, nachdem das Erbstatut das Wahlkind als prinzipiell erbberechtigt erklärt hat. Für diese Auslegung streitet außerdem ein sachrechtliches Vorverständnis, also die lex fori (Art.  39 Abs.  1 bulg­ IPRGB): Das bulgarische Erbrecht behandelt ein schwach adoptiertes Kind anders (nicht schlechter, auch nicht besser) als ein leibliches Kind. Zwar beerbt solch ein Wahlkind nicht Verwandten des Annehmenden (Art.  5 Abs.  3 bulg­ ErbG), dafür aber seine leiblichen und die Adoptiv-Eltern1050 (Art.  102 Abs.  2 und Art.  107 Abs.  2 FamKodex).1051 Den Verlust des Erbrechts nach den Verwandten des Annehmenden gem. Art.  5 Abs.  3 bulgErbG machen Artt.  102 Abs.  2 und 107 Abs.  2 FamKodex also wieder wett durch ein Erbrecht nach den leib­ lichen und den adoptierenden Eltern. Letztlich partizipiert das schwach angenommene Kind an zwei Vermögensmassen.1052 Daraus folgt: Die erbrechtlich begründete Stellung eines Wahlkindes (es ist grundsätzlich erbberechtigt), füllt das Adoptionsrecht hinsichtlich der notwendigen verwandtschaftlichen Beziehung inhaltlich aus und weist damit dem Erb1046  In Deutschland gehört die Schaukelwirkung zwischen Erb- und Adoptionsstatut zu den spannendsten Fragen des IPR; Überblick zum Meinungsstand in der Literatur bei Müller, NJW 1985, 2056 ff. 1047  In: Pravootnoshenia, S.  231, Tz.  105; weitere Nachweise sind nicht aufgeführt. In seinem Lehrbuch zum neuen IPR Bulgariens behandelt er die Materie hingegen überhaupt nicht. 1048  Das Erbstatut als allein maßgeblich für die erbrechtlichen Adoptionsfolgen erachten auch für Deutschland u. a. Beitzke, IPRax 1990, 36, 37 f., und Ferid, IPR, Rn.  8–372, 1, für Österreich Posch, IPR, §  11, Rn.  14, Verschraegen, IPR, Rn.  199, und Duchek/Schwind, Art.  26 österrIPRG, S.  172, und für Georgien Vashakidze, IPR von Georgien, S.  334. 1049  Je nachdem, ob man bei Anwendbarkeit des Art.  84 Abs.  5 bulgIPRGB (im Inland erfolgte Adoption oder im Ausland durchgeführte Vertragsadoption) die Anknüpfung für statisch (Stancheva-Mincheva) oder wandelbar (wie hier) hält. Für die Maßgeblichkeit des Adoptionsstatuts aus deutscher Sicht etwa Lüderitz, IPR, Rn.  394, wonach das Erbstatut nur dann maßgebend sei, wenn es ausdrücklich Adoptivkinder in die Erbfolge aufnehme oder ausschließe; andernfalls komme es auf das Adoptionsstatut an. 1050  Bzw. den Annehmenden selbst bei der Einzeladoption. 1051  Tasev, Nasledstveno pravo, S.  42. 1052  S.a. Dinekova, Sobstvenost i pravo 2013, №  1, 44, 45.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

recht den weiteren Weg. Keines der beiden Rechte entscheidet im Alleingang, sondern stets im Zusammenwirken mit dem anderen. Das Erbrecht führt, das Adoptionsrecht dient. b) Art des Zusammenwirkens zwischen Erb- und Adoptionsstatut Auf Kollisionsebene übertragen lautet diese Prämisse: Das Erbstatut muss zunächst die Erbberechtigung eines adoptierten Kindes vorsehen, indem es dieses in den Kreis der Erben zieht. Das Adoptionsstatut sagt sodann, ob und, wenn ja, was für ein Verwandtschaftsverhältnis durch die Kindesannahme entstanden ist. Dabei ist die Vorfrage nach der Wirksamkeit einer ausländischen Vertrags- bzw. der Anerkennung einer ausländischen Dekretadoption selbständig anzuknüpfen. Das so begründete bzw. aufrechterhaltene Verwandtschaftsverhältnis muss schließlich mit dem vom Erbstatut vorausgesetzten Verwandtschaftsverhältnis als funktionell äquivalent zu werten, also substituierbar sein.1053 Erforderlich ist mithin eine distributive Anwendung von Erb- und Adoptionsstatut.1054 Das Gleiche gilt, wenn es um das Erbrecht der Wahl-, der leiblichen Eltern und der sonsti­ gen Verwandten geht. Das Rollenspiel zwischen dem Herrn (dem Erbstatut) und seinem Diener (dem Adoptionsstatut) stellt sich nun so dar: 1. Schritt: Das Erbstatut befindet vorerst darüber,

–  ob der jeweilige Erbprätendent zum Kreis der Erben gehört



und



– welches Verwandtschaftsverhältnis für eine erbrechtliche Berechtigung vorliegen muss.1055

2. Schritt: Die Vorfrage nach der Wirksamkeit der Adoption ist selbständig anzuknüpfen und damit aus der Sicht des bulgarischen IPR zu beantworten. 3. Schritt: Das Adoptionswirkungsstatut entscheidet sodann – bei positivem Ergebnis der Zwischenprüfung (= 2. Schritt) – darüber, –  ob ein solches Verwandtschaftsverhältnis entstanden ist bzw. bestehen blieb.1056



4. Schritt: Reichen nach dem Adoptionswirkungsstatut die Wirkungen der Adoption entsprechend weit, bestimmt wiederum das Erbstatut über Art und Umfang der erbrecht­ lichen Position (Erbquote).1057 1053 

Vgl. nur OLG Düsseldorf, IPRax 1999, 380; Beitzke, IPRax 1990, 36, 40; Steiger, DNotZ 2002, 184, 188 f. 1054  Sonnenberger, GS Lüderitz (2000), 713, 715. 1055  Sieghörtner, in: Müller et al., Adoptionsrecht, Rn.  422. 1056  Vgl. Lüderitz, IPR, Rn.  394. 1057  Vgl. Schotten, IPR, Rn.  256.

§  5. Adoption

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Dieses Verständnis des Zusammenwirkens beider Statute stützt außerdem der Gedanke des Vertrauensschutzes: Bei der Entscheidung, ob eine letztwillige Verfügung notwendig und wie diese auszugestalten ist, wird sich der Erblasser in aller Regel von der Beurteilung der gesetzlichen Erbfolge durch das Erbstatut leiten lassen.1058 D. Auslandsadoptionen Eine im Ausland durchgeführte Kindesannahme zeitigt in Bulgarien Wirkungen erst mit ihrer Anerkennung. Dabei sind Adoptionen nach dem HAÜ und außerhalb des HAÜ zu trennen. I. Anerkennung nach HAÜ Artt.  23–27 HAÜ regeln Anerkennung und Wirkungen einer nach dem HAÜ durchgeführten Adoption. Ihre Anwendbarkeit ist von der Adoptionsart (Dekteroder Vertragsadoption) unabhängig.1059 1. Voraussetzungen Gemäß Art.  23 HAÜ ist eine Adoption in allen Vertragsstaaten kraft Gesetzes anzuerkennen, wenn die zuständige Behörde des Staates, in welchem sie statt­ gefunden hat, das Zustandekommen der Adoption in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen bescheinigt.1060 Jeder Vertragsstaat bestimmt die zuständige Stelle selbst (Art.  6 HAÜ). Für Bulgarien ist es das Justizministerium (Art.  112 Abs.  1 FamKodex). Einziger Versagungsgrund für die Anerkennung ist eine Verletzung des ordre public. Der Begriff der öffentlichen Ordnung i. S. des Art.  24 HAÜ ist dabei sehr eng auszulegen; es müssen unverzichtbare Anforderungen der jeweiligen lex fori auf dem Spiel stehen.1061 2. Wirkungen Art.  26 HAÜ regelt die Wirkungen der Adoption in den Vertragsstaaten. Die Anerkennung umfasst die Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses und die elterliche Verantwortung der Adoptiveltern für das Kind. Sofern die Kindesannahme die Beendigung des früheren Eltern-Kind-Verhältnisses in dem Vertragsstaat der Adoptionsdurchführung bewirkt hat, wird auch diese Wirkung anerkannt. In diesem Fall genießt das Kind in jedem anderen Vertragsstaat, in dem die Adop­ 1058 

Coester-Waltjen/Mäsch, Übungen im IPR, 2.  Aufl. 2001, Fall 11, S.  241. Vgl. Frank, StAZ 2003, 257, 259. 1060  Zur Bescheinigung eingehend Bornhofen, StAZ 2002, 1, 4 f. 1061  Emmerling de Oliveira, in: Müller et al., Adoptionsrecht, Rn.  270. 1059 

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tion anerkannt wird, die gleichen Rechte wie ein Kind, welches bei einer Voll­ adoption nach dem Recht eben dieses Anerkennungsstaates hat (sog. innerstaatliche Gleichstellung).1062 Art.  26 Abs.  2 HAÜ zieht folglich keine Wirkungs­ erstreckung nach sich, sondern eine Wirkungsgleichstellung.1063 3. Verhältnis zu Artt.  117 f. bulgIPRGB Fehlt die Bescheinigung der zuständigen Behörde des Heimatstaats, so scheidet eine Anerkennung nach Art.  23 HAÜ aus und lebt eine nach Artt.  117 f. bulg­ IPRGB auf. Das betrifft zwei Fälle: Entweder ist die Bescheinigung durch eine unzuständige ausländische Behörde erteilt oder sie konnte wegen Nichteinhaltung der Verfahrensvorschriften des HAÜ gar nicht erteilt werden. Der generelle Ausschluss der Anerkennung ist mit dem Kindeswohl nicht zu vereinbaren.1064 II. Anerkennung außerhalb der HAÜ1065 1. Dekretadoptionen Die Anerkennung von Dekretadoptionen aus Nichtvertragsstaaten beurteilt sich vorrangig nach vorhandenen Rechtshilfeabkommen (so z. B. gem. Art.  47 RHAbk mit Vietnam), in Ermangelung derer nach Artt.  117 f. bulgIPRGB. Nach Art.  117 Nr.  5 bulgIPRGB ist die Anerkennung zu versagen, wenn sie dem heimischen ordre public widerspricht. Prüfungsmaßstab ist das Kindeswohl, das eine Beteiligung des Kindes und der leiblichen Eltern erfasst. Die Wirkungen einer anerkannten Dekretadoption unterliegen dem Recht des Staates, nach dem die Kindesannahme ausgesprochen war, und zwar unter Einschluss dessen Kollisionsrechts.1066 2. Vertragsadoptionen Vertragsadoptionen außerhalb des HAÜ beurteilen sich wiederum ausschließlich nach Art.  84 Abs.  1 bzw. 2 und Abs.  4 bulgIPRGB. Gleiches gilt, wenn zwar eine staatliche Teilhabe an der Adoption stattfindet, diese sich aber auf die Prüfung formeller Kriterien beschränkt. Bei einer auf das Kindeswohl ausgerichteten materiellrechtlichen Prüfung hingegen greifen wieder Artt.  117 f. bulgIPRGB Platz.1067 1062 

Busch, IPRax 2003, 13, 16. Emmerling de Oliveira, in: Müller et al., Adoptionsrecht, Rn.  272. 1064  Näher zu dieser Problematik Andrae, IntFamR, §  7, Rn.  68–71 m. w. N. zur Gegenmeinung. 1065  Zum alten Recht s. Todorov, Pravootnoshenia, S.  237 f., Tz.  109. 1066  Andrae, IntFamR, §  7, Rn.  82 m. w. N. 1067  Vgl. den Wortlaut des Art.  117 bulgIPRGB: „Entscheidungen und Akte ausländischer Gerichte und anderer Organe“ (Hervorhebung hinzugefügt). 1063 

§  6. Unterhalt (im Überblick)

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Ob die staatliche Beteiligung eine konstitutive Wirkung für die Kindesannahme hat oder nicht, ist belanglos.1068 Indes scheidet eine Anerkennung aus, wenn über Art.  84 Abs.  1 bzw. 2 und Abs.  4 bulgIPRGB bulgarisches Recht zur Anwendung gelangt, d. h. bei bulgarischer Staatsangehörigkeit oder gewöhnlichem Aufenthalt eines der Beteiligten in Bulgarien. Denn das bulgarische Recht kennt nur die Dekretadoption.1069

§  6. Unterhalt (im Überblick)1070 Bulgarien ist nicht Teilnehmerstaat von HUÜ 19731071 und HUÜK1072. Das HUÜ 20071073 soll die Haager Übereinkommen zur Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen1074 sowie das New Yorker Übereinkommen (UNUÜ)1075

1068  Vgl. Hohnerlein, Internationale Adoption, S.  48; Andrae, IntFamR, §  7, Rn.  84 m. w. N. zur Gegenansicht. 1069  Das Gleiche gilt bei Art.  22 Abs.  1 EGBGB, wenn deutsches Recht berufen ist; s. Palandt/Thorn (2020), Art.  22 EGBGB, Rn.  12 m. w. N. 1070  Ausf. aus dem bulgarischen Schrifttum Zidarova, Yuridicheski svyat 2010, №  1, 11–55; aus der deutschsprachigen Fachliteratur sei v. a. verweisen auf Dose, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, §  9, Rn.  1–93, und Streicher, in: Schwab/Ernst, ScheidungsR-Hdb, §  11. 1071  Haager Übereinkommen über das auf die Unterhaltspflichten anzuwendende Recht v. 2.10.1973 (BGBl. 1986 II, S.  837); abgedr. in Jayme/Hausmann, Nr.  41. 1072  Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht v. 24.10.1956 (BGBl. 1961 II, S.  1013); abgedr. in Jayme/Hausmann, Nr.  40. 1073  Haager Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsan­sprü­ che von Kindern und anderen Familienangehörigen v. 23.11.2007 (ABl. 2011 L 192, S.  51); in Kraft seit dem 1.1.2013.  Teilnehmer sind außer der EU: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Brasilien, Honduras, Kasachstan, Norwegen, Türkei, Ukraine, USA und Weißrussland. Aktuelle Statusinformationen unter: (zuletzt angesehen am 28.12.2019). Das HUÜ 2007 regelt die Zusammenarbeit auf Verwaltungsebene durch Zentrale Behörden der Signatarstaaten in grenzüberschreitenden Unterhaltsfällen, die Gewährung effektiven Zugangs zu Verfahren zwecks Realisierung von Unterhaltsansprüchen und Unterhaltsvereinbarungen aus einem Vertragsstaat in einem anderen Vertragsstaat; s. Andrae, IntFamR (2019), §  10, Rn.  1. 1074  Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern v. 15.4.1958 (HUAVÜK; BGBl. 1961 II, S.  1006) und Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen v. 2.10.1973 (HUAVÜ; BGBl. 1986 II, S.  826). 1075  New Yorker UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20.6.1956 (BGBl. 1959 II, S.  150).

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

ersetzen.1076 Die EU-Mitgliedstaaten, und damit auch Bulgarien, sind durch die Teilnahme der EU gebunden (mit Ausnahme Dänemarks).1077 Im autonomen Kollisionsrecht handeln Art.  87 und Art.  88 bulgIPRGB von Unterhalt, wobei letzterer den Regelungsgegenstand des Unterhaltsstatuts bestimmt. Seit dem 18.6.2011 bestimmt sich das Unterhaltsstatut allerdings gem. Art.  15 EuUntVO1078 nach den Vorschriften des HUntProt1079 für alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks und des Vereinigten Königreichs.1080 Das HUntProt geht also Artt.  87 f. bulgIPRGB vor (Art.  3 Abs.  1 bulgIPRGB).1081 Sein Anwendungsvorrang dürfte wohl der Grund dafür sein, warum Bulgarien bisher seine autonomen Kollisionsnormen nicht angepasst hat. Im Verhältnis zu Island, Norwegen und der Schweiz anwendbar ist das LugÜ 2007.1082 Inhaltlich entspricht es der Brüssel I-VO. Regelungsgegenstand sind die internationale Zuständigkeit sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltstiteln aus einem EU-Mitgliedstaat in einem Vertragsstaat und umgekehrt.1083 1076 

Beschluss des Rates vom 9.6.2011 über die Genehmigung des Haager Übereinkommens vom 23.11.2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen im Namen der Europäischen Union (ABl. 2011 L 192 v. 22.7.2011, S.  39). 1077  Andrae, IntFamR (2019), §  10, Rn.  1. 1078  Verordnung (EG) Nr.  4/2009 des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen v. 18.12.2008 (ABl. 2009 L 7, S.  1); abgedr. in Jayme/Hausmann, Nr.  161. 1079  Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht v. 23.11.2007 (ABl. 2009 L 331 v. 16.12.2009). Das Übereinkommen ist am 1.8.2013 in Kraft getreten. Aufgrund des Beschlusses des Rates war es allerdings mit Anwendungsbeginn der EuUntVO vorläufig als sekundäres Unionsrecht anwendbar, ausgenommen freilich Dänemark und Großbritannien (s. Andrae, IntFamR (2019), §  10, Rn.  96). Bisher sind dem HUntProt außer der EU noch Brasilien und Serbien beigetreten. 1080  Zur Historie des HUntProt s. Zidarova, Yuridicheski svyat 2010, №  1, 11–16; Mansel/ Thorn/Wagner, IPRax 2011, 1, 12, und IPRax 2012, 1, 10; zur evtl. Entwicklung im Falle eines „Brexit“ s. Kohler/Pintens, FamRZ 2018, 1369 ff.. Allgemein zu „Brexit“ und den möglichen Rechtsfolgen aus dem bulgarischen Schrifttum s. Popova, Yuridicheski svyat 2019, №  2, 11 ff.; Meleva, Pravna misal 2019, №  2, 27–46. 1081  Jessel-Holst, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Bulgarien, 199. Lfg., S.  23; Zidarova, Yuridicheski svyat 2010, №  1, 11, 21 f.; verkannt vom Obersten Kassationsgerichtshof, Beschl. №  381 v. 18.10.2017 i. d. Rs. №  2912/2017 – ciela = Stavru/Nekov, Sadebna praktika – Grazhdansko protsesualno pravo, S.  37, 38 (gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes in den USA, Anknüpfung gem. Art.  87 bulgIPRGB). 1082  Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen v. 30.10.2007 (ABl. 2009 L 147, S.  5). 1083  Andrae, IntFamR (2019), §  10, Rn.  1.

§  6. Unterhalt (im Überblick)

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A. Internationale Zuständigkeit1084 In Unterhaltssachen folgt die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte aus der EuUntVO1085 oder dem LugÜ 2007. B. Anwendungsbereich des HUntProt I. Räumlicher Anwendungsbereich Das HUntProt ist gem. Art.  2 universell anwendbar: Es ist selbst dann anzuwenden, wenn es zum Recht eines Nichtvertragsstaates führt. Einer räumlichen oder persönlichen Beziehung zu einem Teilnehmerstaat bedarf es nicht.

1084  Ausf.

hiezu Andrae, IntFamR (2019), §  10, Rn.  30–94 m. w. N. und vielen Beispielen. Verkannt von Rayongericht Varna (Beschl. №  6380 v. 4.6.2018 i. d. Rs. №  16836/2017), der Berufungsinstanz (Bezirksgericht Varna, Beschl. №  2096 v. 15.8.2018 i. d. Rs. №  1682/2018) und der Revision (dem Obersten Kassationsgerichtshof, Beschl. №  515 v. 2.11.2018 i. d. Rs. №  3788/2018); alle Entscheide jew. zit. nach ciela. Der Fall war einfach gelagert: Aus der Ehe der Prozessparteien hervorgegangene minderjährige Kinder, vertreten durch den Vater, machen gegen ihre Mutter Kindesunterhalt geltend, u. a. für die Vergangenheit (gestützt waren die Anträge auf Artt.  143 und 149 FamKodex). Bei den Beteiligten handelt es um bulgarische Staatsangehörige mit gewöhnlichem Aufenthalt in Kanada/Toronto. Rechtsfehlerhaft verneinten das Rayon- und das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte unter Rekurs auf Artt.  4 und 5 Abs.  2 KSÜ: Weil nach Art.  4 leg.cit. das Übk. nicht zur Anwendung gelange, beurteile sich die internationale Zuständigkeit nach dem autonomen Zivilverfahrensrecht, in casu gem. Artt.  4 und 11 bulgIPRGB. Und danach sei sie nicht zu begründen. Zudem vermischten die Richter Fragen der internationalen Zuständigkeit mit solchen nach dem anwendbaren Recht: „Nach amtswegiger Prüfung hält das Gericht die Anträge für unzulässig gem. Artt.  85–87 bulgIPRGB aufgrund felgender internationaler Zuständigkeit des bulgarischen Gerichts, um über den Rechtsstreit zu befinden.“ Das beanstandete der Oberste Kassationsgerichtshof: „Grundsätzlich wird zunächst die internationale Zuständigkeit geprüft, was eine prozessuale Frage ist, dann werden die restlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit des Verfahrens gemäß bulgarischem Recht untersucht, und erst danach bestimmt das Gericht das über den Rechtsstreit anwendbare materielle Recht und stellt seinen Inhalt fest. Das Wesentliche hier besteht darin, dass aus Normen, die das anwendbare Recht in dem Rechtsstreit bestimmen, keine Kriterien darüber zu entnehmen sind, ob das Gericht im Streitfall international zuständig ist.“ Die Revision führte folglich zur Aufhebung der Appellationsentscheidung, doch mit einer rechtsfehlerhaften Begründung über die internationale Zuständigkeit. Die obersten Richter hielten diese – so wörtlich – „gem. Art.  11 i. V. m. Art.  4 Abs.  1 Nr.  2 Alt.  1 bulgIPRGB“ für gegeben, und missachteten damit Art.  6 EuUntVO, wenn nicht schon Art.  5 EuUntVO (die Beklagte hatte sich erstinstanzlich auf „Unzulässigkeit der Anträge“ berufen; ob sie damit eine Zuständigkeitsrüge i. S. des Art.  5 EuUntVO erhoben hatte, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen nicht; indes waren ihre hilfsweisen Einlassungen zur Unbegründetheit der Anträge nach der Rspr. des EuGH, Rs.  25/81, IPRax 1983, 77; Rs.  27/81, IPRax 1982, 238; Rs.  150/80, IPRax 1982, 234, unschädlich). 1085 

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

II. Sachlicher Anwendungsbereich Erfasst werden Unterhaltspflichten, die sich aus Beziehungen der Familie, der Verwandtschaft, der Ehe oder der Schwägerschaft ergeben – einschließlich der Unterhaltspflichten gegenüber Kindern, ungeachtet des Familienstands der Kindeseltern (Art.  1 Abs.  1 HUntProt).1086 Im Hinblick auf den Begriff der familienrechtlichen Beziehungen, der Unterhaltspflicht und deren Rechtsgrundes sowie der Erstreckung des HUntProt auf Regressansprüche der öffentlichen Hand besteht Übereinstimmung mit dem sachlichen Anwendungsbereich der EuUntVO.1087 III. Zeitlicher Anwendungsbereich Art.  22 HUntProt sieht eine Übergangsregelung vor, die allerdings überlagert wird durch Art.  5 des Beschlusses des Rates vom 30.11.2009 über den Abschluss des Haager Protokolls vom 23.11.2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwen­ dende Recht durch die Europäische Gemeinschaft. Demnach gilt das HUntProt für ab dem 18.6.2011 eingeleitete Verfahren.1088 B. Unterhaltsstatut nach HUntProt I. Art der Verweisungen Gemäß Art.  12 HUntProt sind die Verweisungen in Artt.  3–10 HUntProt Sachnormverweisungen. Ein Renvoi scheidet damit zum vornherein aus. II. Rechtswahl Nicht zuletzt aus Praktikabilitätsgründen (Stichwort: Wandelbarkeit des Unterhaltsstatuts) lässt HUntProt eine eingeschränkte Rechtswahl zu. Es unterscheidet zwischen der einzelfallbezogenen Rechtswahl (Art.  7 HUntProt) und der allgemeinen (Art.  8 HUntProt). 1. Gegenstand. Art und Form Die einzelfallbezogene Rechtswahl besteht für alle Unterhaltssachen, also auch in Bezug auf den Kindesunterhalt und den Unterhalt einer in den persönlichen Fähigkeiten beschränkten Person. Sie erstreckt sich über den konkreten Unterhaltsprozess nicht hinaus. Wird bspw. die Abänderung eines Unterhaltstitels be1086 

Hüßtege/Ganz, IPR, S.  136; Cherkezova, Sobstvenost i pravo 2014, №  5, 37, 39. Andrae, IntFamR, §  8, Rn.  103 i. V. m. Rn.  29 ff. m. w. N.; ausf. Zidarova, Yuridicheski svyat 2010, №  1, 11, 17–20. 1088  BaRo/Heiderhoff, Art.  18 EGBGB, Rn.  11; Zidarova, Yuridicheski svyat 2010, №  1, 11, 25. 1087 

§  6. Unterhalt (im Überblick)

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gehrt, so ist der Abschluss einer neuen Rechtswahl erforderlich. Andernfalls kommt über Artt.  3 ff. HUntProt das objektiv berufene Recht zur Anwendung. Zulässig ist nur die Wahl der lex fori. Sie hat stets ausdrücklich zu erfolgen. Nach Einleitung des Unterhaltsverfahrens kann die Rechtswahl schriftlich wie mündlich getroffen werden (Art.  7 Abs.  1 HUntProt).1089 Vor Einleitung des ­Unterhaltsverfahrens muss sie entweder von beiden Parteien in einer unterschriebenen einheitlichen Urkunde niedergelegt oder auf einem Datenträger erfasst sein, dessen Inhalt für eine spätere Einsichtnahme zugänglich ist (Art.  7 Abs.  2 HUntProt). Auch im zweiten Fall bleibt das Erfordernis der Unterschrift bestehen.1090 Die (wirksame) Rechtswahl hindert die Parteien nicht daran, den Unterhaltsprozess in einem anderen Staat zu führen. Eine Sperrwirkung entfaltet die Wahl folglich nicht. Anders ist das natürlich dann, wenn die Parteien zugleich eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen haben.1091 2. Zeitpunkt, wählbare Rechtsordnungen und ausgeschlossene Unterhaltsbeziehungen. Unterhaltsverzicht Den Parteien steht es frei, jederzeit (also losgelöst von einem konkreten Unterhaltsprozess) eine Rechtswahl zu treffen (Art.  8 HUntProt). Die wählbaren Rechts­ordnungen sind in Abs.  2 taxativ aufgezählt. Ausgeschlossen ist die Rechtswahl für den Unterhalt von Personen unter 18. Jahren oder von Geschäftsunfähigen (Abs.  3). Die Zulässigkeit eines Unterhaltsverzichts richtet sich nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsberechtigten im Augenblick der Rechtswahl (Abs.  4). Erfolgt der Verzicht allerdings später als die Rechtwahl, so kommt es entgegen dem Wortlaut auf den Zeitpunkt der materiellen Vereinbarung an.1092 Abs.  4 erfasst nach zutreffender Ansicht nur die Fälle des materiellrechtlichen Unterhaltsverzichts (z. B. im Ehevertrag), findet mithin keine Anwendung, wenn die Parteien eine Rechtsordnung gewählt haben, die einen Unterhalt nicht vorsieht.1093 Rechtswahlschranken stellt Art.  8 HUntProt in Abs.  5 auf.

1089 

Andrae, IntFamR, §  8, Rn.  154; a. A. NK-BGB/Gruber (2012), Anh. zu Art.  18 EGBGB, Art.  7 Haager Protokoll, Rn.  5 (lex fori). 1090  Andrae, IntFamR, §  8, Rn.  154. 1091  Andrae, IntFamR, §  8, Rn.  154. 1092  Andrae, IntFamR, §  8, Rn.  164. 1093  Andrae, IntFamR, §  8, Rn.  165; a. A. Hüßtege/Ganz, IPR, S.  137.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

III. Objektive Anknüpfung 1. Anknüpfungsregeln Haben die Parteien keine (wirksame) Rechtswahl getroffen, so bestimmt sich das Unterhaltsstatut nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsberechtigten gem. Art.  3 HUntProt. Mit Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts wechselt das anwendbare Recht (Abs.  2). Das Unterhaltsstatut ist also wandelbar. Der Statutenwechsel ist im Unterhaltsprozess zu berücksichtigen, wenn er bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz eintritt.1094 Er ist bei einer wirksamen Unterhaltsvereinbarung unbeachtlich.1095 Art.  4 HUntProt sieht Sonderregeln für Eltern, Verwandte und Kinder vor. Für diese Personen gilt grundsätzlich zwar die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten gem. Art.  3 Abs.  1 HUntProt. Eine Ausnahme davon ist aber dann zuzulassen, wenn nach dem primär berufenen Recht eine Unterhaltspflicht nicht besteht. In diesem Fall ist das Recht des angerufenen Gerichts maßgebend (Abs.  2), an letzter Stelle kommt das Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit zur Anwendung (Abs.  4) Sonderregeln für den Ehegattenunterhalt stellt Art.  5 HUntProt auf. Ausgangspunkt der Prüfung ist Art.  3 Abs.  1 HUntProt; es ist folglich an den gewöhnlichen Aufenthalt des unterhaltsberechtigten Ehegatten anzuknüpfen. Wendet sich dieser jedoch gegen die Anwendung des hiernach maßgeblichen Rechts, so ist das Recht des Staates anzuwenden, zu dem die Ehegatten eine engere Verbindung haben. Die Ablehnung stellt eine kollisionsrechtliche Einrede dar, für die es kein Formerfordernis gibt. Die Einrede muss nicht unbedingt durch Prozesserklärung geltend gemacht werden, sondern kann auch außergerichtlich erklärt werden.1096 Zu welchem Zeitpunkt sie spätestens erhoben werden kann, bestimmt das Prozessrecht der lex fori. In Deutschland ist dies grundsätzlich der Schluss der mündlichen Verhandlung, ebenso in Bulgarien. 2. Ordre public Art.  11 HUntProt regelt den Geltungsbereich des anzuwendenden Unterhaltsrechts, Art.  13 HUntProt den ordre public-Vorbehalt.

1094  MüKo BGB/Siehr (2015), Art.  3 HUnthProt, Rn.  23; MüKo BGB/Staudinger (2018), Art.  3 HUP, Rn.  23. 1095  Palandt/Thorn (2020), Art.  3 HUntProt, Rn.  13. 1096  Andrae, IntFamR, §  8, Rn.  136.

§  7. Elterliche Verantwortung (im Überblick)

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§  7. Elterliche Verantwortung (im Überblick) A. Rechtsquellen Das Recht der elterlichen Verantwortung zeichnet sich durch eine Fülle europäischer und staatsvertraglicher Rechtsquellen aus: Bulgarien ist Vertragsstaat des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens1097 (EuSorgeRÜ), des Haager Kindesentführungsübereinkommens1098 (HKÜ) und des Haager Kindesschutzübereinkommens1099 (KSÜ). Es ist aber kein Teilnehmerstaat des Haager Minder­ jährigenschutzabkommens1100 (MSA).1101 Im autonomen Kollisionsrecht regelt 1097  Luxemburger Europäisches Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts v. 20.5.1980 (BGBl. 1990 II, S.  220). Für Bulgarien gilt dieses Übereinkommen seit dem 1.10.­ 2003 (DV Nr.  104 v. 28.11.2003; siehe ferner: (zuletzt angesehen am 1.9.2019); abgedr. in bulgarischer Sprache in Natov, Sbornik MCP, Bd.  II S.  34–44, und in deutscher Übersetzung bei Jayme/Hausmann, Nr.  183. Zu den teilnehmenden Vertragsstaaten siehe Staudinger/Pirrung (2018), Vorbem. D zu Art.  19 EGBGB, Rn. D 13. 1098  Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung v. 25.10.1980 (BGBl. 1990 II, S.  207); abgedr. in Jayme/Hausmann, Nr.  222; im Internet auffindbar unter: . Für Bulgarien in Kraft seit dem 1.8.2003 (DV Nr.  82 v. 16.9.2003), BGBl. 2008 II, S.  56.; abgedr. in bulgarischer Sprache bei Natov, Sbornik MCP, Bd.  II, S.  705–715, und im Internet abrufbar unter: (jeweils zuletzt am 1.9.2019 angesehen). Zu den teilnehmenden Vertragsstaaten siehe Staudinger/Pirrung (2018), Vorbem. D zu Art.  19 EGBGB, Rn. D 13. 1099  Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit bezüglich der elterlichen Verantwortung und Maßnahmen zum Schutz von Kindern v. 19.10.1996 (deutscher, englischer und französischer Text des Übereinkommens in BGBl. 2009 II, S.  603, und Staudinger/Pirrung (2018), Vorbem. D zu Art.  19 EGBGB); abgedr. in Jayme/Hausmann, Nr.  53. Für Bulgarien ist das Übereinkommen am 1.2.2007 in Kraft getreten (DV Nr.  15 v. 16.2.2007); bulgarische Sprachfassung in Natov, Sbornik MCP, Bd.  II, S.  539–554, und im Internet unter: . Für Deutschland ist dieses Übereinkommen am 1.1.2011 in Kraft getreten. Die aktuellen Vertragsstaaten dieses Übereinkommens sind ersichtlich im Internet unter: . Jeweils am 1.9.2019 zuletzt angesehen. Mittlerweile (1.8.2018) ist das KSÜ für alle Mitgliedstaaten der EU und zahlreiche andere Länder in Kraft getreten; Staudinger/v. Hein (2019), Vorbem. zu Art.  24 EGBGB, Rn.  5 m. w. N. Eingehend zu diesem Haager Übereinkommen Krah, KSÜ, und die Kommentierung in Staudinger/Pirrung (2018), ibd.; guter Überblick bei Balschun, in: Schwab/Ernst, ScheidungsR-­ Hdb, §  7, Rn.  81–91. 1100  Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen v. 5.10.1961 (BGBl. 1971 II, S.  217); abgedr. in Jayme/Hausmann, Nr.  52. 1101  Natov, in: Natov et al., Art.  60 Brüssel IIa-VO, S.  433 (Fn.  719). Zu den Teilnehmerstaaten des MSA siehe Staudinger/Pirrung (2018) Vorbem. D zu Art.  19 EGBGB, Rn. D 3 a. E., und

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

Art.  85 bulgIPRGB das anwendbare Recht für die Beziehungen zwischen Kindern und Eltern. Bis zum Inkrafttreten des bulgIPRGB am 21.5.2007 galt Art.  137 FamKodex a. F.1102 Seit dem EU-Beitritt Bulgariens am 1.1.2007 beansprucht die EuEheVO/Brüssel IIa1103 unmittelbare Geltung. Die Anwendungsbereiche dieser Rechtsquellen gehören voneinander abgrenzt. Man kann sich an folgendem Raster orientieren: – betreffs der internationalen Zuständigkeit: Anwendung der EuEheVO beim gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in einem EU-Mitgliedstaat. Andernfalls Rückgriff auf KSÜ. – betreffs des anzuwendenden Rechts: Anwendung des KSÜ für Schutzmaßnahme ab dem 1.2.2007. Rückgriff auf autonomes Kollisionsrecht (Art.  85 bulgIPRGB) oder gem. Art.  3 Abs.  1 leg. cit. vorrangig anwendbares RHAbk nur bei fehlender (räumlich-persönlicher oder sachlicher) Anwendbarkeit des KSÜ.1104 die tabellarische Übersicht unter D 13, sowie im Internet unter: (zuletzt angesehen am 1.9.2019). 1102  Art.  137 FamKodex i. d. F. von 2003 (DV Nr.  63 v. 15.7.2003) lautet: „(1) Die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern unterliegen dem Heimatrecht des Kindes, außer die Eltern haben eine gemeinsame Staatsangehörigkeit und ihr Heimatrecht ist für das Kind günstiger. (2) In den Fällen, in denen die Eltern nicht miteinander leben und eine Entscheidung über Maßnahmen der persönlichen Beziehungen fehlt oder die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Entscheidung eines ausländischen Gerichts über die Ausübung elterlicher Sorge abgelehnt wurde, kann der Justizminister in Anwendung der Europäischen Konvention über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über die Ausübung elterlicher Sorge und Wiederherstellung der Ausübung des elterlichen Sorgerechts aus dem Jahr 1980 auf Antrag eines Interessenten hin das Sofioter Stadtgericht anrufen zwecks Festsetzung von Maßnahmen über die persönlichen Beziehungen. Das Gericht erlässt ein Urteil binnen 30 Tagen. (3) Das Urteil nach Abs.  2 unterliegt der Anfechtung vor dem Sofioter Appellationsgericht innerhalb einer Frist von 7 Tagen seit seiner Bekanntgabe. Binnen 30 Tagen ab Eingang der Beschwerde erlässt das Gericht ein Urteil, welches endgültig ist.“ (eigene Übersetzung des Verfassers). Art.  137 FamKodex a. F. (1985) lautet: „Die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern unterliegen dem Heimatrecht des Kindes, außer die Eltern haben eine gemeinsame Staatsangehörigkeit und ihr Heimatrecht ist für das Kind günstiger.“ 1103  Verordnung (EG) Nr.  2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr.  1347/2000 v. 27.11.2003 (ABl. 2003 L 338, S.  1); abgedr. in Jayme/Hausmann, Nr.  162. 1104  Item Kaseva, Pravna misal 2018, №  3, 43, 52; dies., .Nauchni trudove 2017, Bd.  XV, 301, 304 f. Eine zeitliche Unanwendbarkeit des KSÜ kann dagegen seit dem 1.2.2007 nicht mehr ein-

§  7. Elterliche Verantwortung (im Überblick)

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B. Internationale Zuständigkeit1105 Ausgangspunkt bei der Prüfung der internationalen Zuständigkeit bulgarischer Gerichte ist stets die Frage, ob der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der EU hat.1106 Ist das der Fall, so genießt die EuEheVO Vorrang vor dem KSÜ und dem Art.  9 Abs.  2 bulgIPRGB. Das folgt letztlich aus Art.  62 i. V. m. Art.  61 EuEheVO. Auch eine Restzuständigkeit bulgarischer Gerichte nach Art.  9 Abs.  2 bulg­ IPRGB scheidet aus, weil Art.  14 EuEheVO eine fehlende Zuständigkeit nach der EuEheVO voraussetzt, was in dieser Konstellation jedoch nicht auftrifft.1107 treten. Relevant war der temporale Anwendungsbereich des KSÜ in der Zeit vom 17.5.2005 (Inkrafttreten des bulgIPRGB) bis 1.2.2007 (Inkrafttreten des KSÜ für Bulgarien). 1105  Eingehend Kress, Internationale Zuständigkeit für elterliche Verantwortung. 1106  Natov, in: Natov et al., Art.  61 Brüssel IIa-VO, S.  437 f.; wohl auch Oberster Kassationsgerichtshof, Beschl. №  381 v. 18.10.2017 i. d. Rs. №  2912/2017 = Stavru/Nekov, Sadebna praktika – Grazhdansko protsesualno pravo, S.  37–39. 1107  Verkannt von Rayongericht Ruse, Urt. №  496 v. 28.3.2014 i. d. Rs. №  6725/2013 – ciela. Verfahrensgegenstand war die Ersetzung der mütterlichen Zustimmung zur Ausstellung von jeweils einem Reisepass für zwei minderjährige Kinder. Es ging also um die Ausübung der elterlichen Verantwortung, genauer: Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Die Kinder wohnten seit Jahren beim sorgerechtberechtigten Vater in Hamburg. Der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter befand sich dagegen in Frankreich. Alle Beteiligten hatten die bulgarische Staatsangehörigkeit. Das Rayongericht bejahte rechtsfehlerhaft die internationale Zuständigkeit „des“ bulgarischen Gerichts mit folgender Begründung: „Zuständig über das Begehren ist das bulgarische Gericht an der gegenwärtigen Adresse [auf Bulgarisch: „настоящ адрес“/ nastoyasht adres] der Kinder in Bulgarien, ungeachtet der Feststellung, dass die Kinder eine gegenwärtige Adresse i. S. des §  1 Nr.  15 [bulg]KiSchG in Hamburg, Deutschland, haben, also dort, wo sie sich aufhalten. Diese Schlussfolgerung gründet sich darauf, dass die Regelungen des bulgIPRGB im hiesigen Fall keine Anwendung finden. Im bulgIPRGB gibt es keine spezifische Norm für die vorliegende Konstellation. Denn weder geht es um die persönlichen Beziehungen der Ehegatten (Art.  79 bulgIPRGB) noch um das Eltern-Kind-Verhältnis (Art.  85 bulg­ IPRGB).“ (Hervorhebungen hinzugefügt). Das Rayongericht fügte noch hinzu: Schließlich werde keine Änderung des Sorgerechts begehrt. Das Gericht nennt zwar keine Zuständigkeitsnorm, aber seine Ausführungen lassen sich unter Art.  9 Abs.  2 Alt.  1 i. V. m. Abs.  1 bulgIPRGB subsumieren. Außerdem wendet das Rayongericht ohne weitere IPR-Prüfung bulgarisches Recht an. Auf Art.  17 KSÜ wird nicht eingegangen. Die in Bezug genommene Vorschrift des §  1 Nr.  15 bulgKiSchG lautet: „Im Sinne dieses Gesetzes: „Gegenwärtige Adresse eines Kindes“ ist die Adresse, unter der es sich aufhält.“ (Übersetzung durch den Verfasser). Klarstellung: Der Gesetzgeber gebraucht das Wort/Verb „пребивавам“/­ prebivavam (zu Deutsch: sich aufhalten, verweilen), und nicht den Begriff des Art.  48 Abs.  7 bulgIPRGB „обичайно местопребиваване“/obichayno mestoprebivavane (auf Deutsch: gewöhnlicher Aufenthalt). Richtig dagegen das I. Zivilkollegium beim Obersten Kassationsgerichtshof, Beschl. №  496 v. 10.11.2015 i. d. Rs. №  1988/2015 (gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes in Italien); ihm fol-

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Weil Bulgarien kein Teilnehmerstaat des MSA ist, bleibt es bei der Zuständigkeit bulgarischer Gerichte nach der EuEheVO auch dann, wenn das minderjährige Kind die Staatsangehörigkeit eines Teilnehmerstaats des MSA innehat, der ­ weder EU-Mitgliedstaat noch Vertragsstaat des KSÜ ist (z. B. das Nachbarland Türkei).1108 Das Gleiche gilt bei einem gewöhnlichen Kindesaufenthalt in einem Vertragsstaat des MSA.1109 Befindet sich dagegen der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes in einem Teilnehmerstaat des KSÜ, der aber kein EU-Mitgliedstaat sein darf (mit Ausnahme Dänemarks), etwa in der Schweiz, so bestimmt sich die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte ausschließlich nach dem KSÜ.1110 gend Bezirksgericht Plovdiv, Beschl. №  1043 v. 12.5.2016 i. d. Rs. №  1049/2016 (gewöhnlicher Kindesaufenthalt in Deutschland); Bezirksgericht Varna, Beschl. №  82 v. 9.1.2015 i. d. Rs. №  23/2015 (gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes in Großbritannien); Rayongericht Pleven; Beschl. №  4198 v. 31.10.2016 i. d. Rs. №  5761/2016 (gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes in den Niederlanden); Rayongericht Dupnitsa, Beschl. №  481 v. 31.5.2016 i. d. Rs. №  570/2014 (bestätigt durch Bezirksgericht Kyustendil, Beschl., №  810 v. 7.11.2016 i. d. Rs. №  439/2016 [gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes in Italien]); Rayongericht Peshtera, Beschl. №  488 v. 11.11.2014 i. d. Rs. №  915/2014 (gewöhnlicher Kindesaufenthalt in Tschechien). Eine abweichende Auffassung vertritt jedoch das IV. Zivilkollegium beim Obersten Kassationsgerichtshof im Beschl. №  689 v. 1.2.2010 i. d. Rs. №  660/2010: Rechtstreitigkeiten über die Ersetzung der elterlichen Zustimmung zur Ausstellung eines bulgarischen Reisedokuments für ein minderjähriges bulgarisches Kind und zum Passieren der bulgarischen Grenze mit einem solchen Kind würden demnach nicht unter den sachlichen Anwendungsbereich der EuEhe­ VO fallen, selbst wenn sich der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes in einem anderen EU-Mitgliedstaat befinde. Dafür spreche schon, dass die Gerichtsentscheidung, welche die fehlende elterliche Zustimmung ersetze, dem Innenministerium vorzulegen sei, damit dieses seinerseits den Grenzübertritt gestatten und die nötigen Reisepapiere ausstellen könne (vgl. Art.  45 und Art.  78 i. V. m. Art.  76 Abs.  1 Nr.  9 bulgPAG). Dem IV. Zivilkollegium folgten Bezirksgericht Blagoevgrad, Beschl. №  330 v. 23.1.2015 i. d. Rs. №  37/2015 (gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes in Spanien), Bezirksgericht Haskovo, Beschl. №  744 v. 10.7.2014 i. d. Rs. №  573/2014, und Bezirksgericht Yambol, Beschl. №  359 v. 31.5.2013 i. d. Rs. №  231/2013 (gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes in Italien). Diese abweichende Ansicht gilt nunmehr infolge der Entscheidung des EuGH v. 21.10.2015 – C-215/15, EU:C:2015:466 – Vasilka Ivanova Gogova ./. Ilia Dimitrov Iliev als überholt. Alle Entscheide jew. zitiert nach ciela. Zum Ganzen ausf. Kaseva, Pravna misal 2018, №  3, 43, 53–61. 1108  Anders ist das wiederum für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte; s. nur Andrae, IntFamR, §  6, Rn.  20. 1109  A. A. Kaseva, Nauchni trudove 2017, Bd.  XV, 301, 305 (Anwendung autonomen Zivilverfahrensrechts). 1110  Ebenso Kaseva, Nauchni trudove 2017, Bd.  XV, 301, 304; Natov, in: Natov et al., Art.  61 Brüssel IIa-VO, S.  438; vgl. zudem Oberster Kassationsgerichtshof, Urt. №  156 v. 3.8.2017 i. d. Rs. №  450/2017 – ciela = Stavru/Nekov, Sadebna praktika, S.  431 ff.; Beschl. №  381 v. 18.10.2017 i. d. Rs. №  2912/2017 – ciela = Stavru/Nekov, Sadebna praktika – Grazhdansko protsesualno pravo, S.  37, 38.

§  7. Elterliche Verantwortung (im Überblick)

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Beim gewöhnlichen Kindesaufenthalt in einem Drittstaat (also nicht in einem EU-Mitgliedstaat, KSÜ- und MSA-Teilnehmerstaat) ergibt sich die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte entweder aus EuEheVO, KSÜ oder aber aus Art.  9 Abs.  2 bulgIPRGB.1111 C. Kollisionsrecht I. KSÜ Ab dem 1.2.2007 verdrängt das KSÜ die nationale Kollisionsregel des Art.  85 bulgIPRGB. Das auf die elterliche Verantwortung anzuwendende Recht bestimmt sich nunmehr nach diesem Übereinkommen. Den wesentlichen Inhalt des KSÜ lässt sich wie folgt umschreiben:1112 – das KSÜ unterscheidet zwischen zwei Arten von Kollisionsnormen: die einen setzen eine Zuständigkeit nach dem KSÜ voraus, folgen also dem Gleichlaufgrundsatz (Art.  15 KSÜ),1113 die anderen sind davon unabhängig (Artt.  16–22 KSÜ). Mit Eröffnung des Anwendungsbereichs einer dieser Vorschriften wird Art.  85 bulgIPRGB verdrängt; – der sachliche Anwendungsbereich des KSÜ in puncto elterliche Verantwortung stimmt weitgehend mit der EuEheVO überein.1114 Erfasst sind Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres;1115 – Art.  15 Abs.  1 KSÜ hängt dem lex fori-Prinzip an: einmal zuständig, wendet der Richter für Schutzmaßnahmen grundsätzlich das eigene Recht an. Nach vorzugswürdiger Meinung greift diese Regelung selbst dann, wenn ein KSÜ-Teilnehmerstaat, der zugleich EU-Mitgliedstaat ist, seine Zuständigkeit auf EuEheVO stützt; Voraussetzung dafür ist der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes in einem EU-Mitgliedstaat;1116 – die Zuweisung oder das Erlöschen der elterlichen Verantwortung kraft Gesetzes unterliegt gem. Art.  16 KSÜ dem Recht des Staates am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes; 1111  A. A. Kaseva, Nauchni trudove 2017, Bd.  XV, 301, 305 (Anwendung autonomen Zivilverfahrensrechts). 1112  Eingehend mit Beispielen Andrae, IntFamR, §  6, Rn.  103–139; Balschun, in: Schwab/ Ernst, ScheidungsR-Hdb, §  7, Rn.  42–80; überblicksweise Grabow, in: Motzer et al., Kinder aus Migrationsfamilien, Rn.  194 ff.; aus der bulgarischen Literatur s. Zidarova, TMP 2000, Bd.  V, S.  177–200; Stancheva-Mincheva, Art.  85 bulgIPRGB, S.  272 f.; Kaseva, Pravna misal 2018, №  3, 43 ff.; dies., Nauchni trudove 2017, Bd.  XV, 301, 306 ff. 1113  Kienle, IPR, Rn.  329. 1114  Hüßtege/Ganz, IPR, S.  141. 1115  Zidarova, TMP 2000, Bd.  V, S.  177, 183. 1116  Andrae, IntFamR, §  6, Rn.  106; dies., IPRax 2006, 82, 87 f. m. w. N. zur Gegenansicht; MüKo BGB/Helms (2018), Art.  21 EGBGB, Rn.  10.

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3. Teil: Internationales Familienrecht i. e. S.

– Art.  17 KSÜ bestimmt die Ausübung der elterlichen Sorge; KSÜ unterscheidet folglich zwischen Inhaberschaft (Art.  16 KSÜ) und Ausübung der elterlichen Verantwortung. Maßgebend ist das Recht des aktuellen gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes. Ändert sich also dieser, so ändert sich mit ihm auch das Kindschaftsstatut;1117 – schließlich richtet sich der Schutz des rechtsgeschäftlichen Verkehrs nach Art.  19 KSÜ;1118 – KSÜ spricht Sachnormverweisungen aus; – materiellrechtliche Vorfragen sind selbständig anzuknüpfen, es sei denn, das Kindeswohl gebietet ausnahmsweise eine unselbstständige Vorfragenanknüpfung.1119 II. Art.  85 bulgIPRGB Soweit Art.  85 bulgIPRGB nicht durch die vorrangigen Regelungen der Artt.  16 ff. KSÜ verdrängt wird,1120 unterstellt er das Eltern-Kind-Verhältnis primär dem gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt aller Beteiligten, in Ermangelung dessen dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder seinem Heimatrecht, sofern dieses günstiger für das Kind ist. Es handelt es sich um eine IPR-Verweisung und wandelbare Anknüpfung. Auftretende Vorfragen sind prinzipiell selbständig anzuknüpfen.

§  8. Vormundschaft und Pflegschaft (im Überblick) Das autonome Kollisionsrecht regelt die Vormundschaft und Pflegschaft in Art.  86 bulgIPRGB. Nur soweit ein Staatsvertrag nicht anwendbar ist, darf Art.  86 bulgIPRGB herangezogen werden. Zu beachten ist vor allem das KSÜ.1121 Die Vorschrift knüpft an den gewöhnlichen Aufenthalt des Mündels bzw. 1117  Vgl. Berufungsgericht Vratsa, Urt. №  303 v. 9.7.2013 i. d. Rs. №  341/2013 – ciela; s. ferner Andrae, IntFamR, §  6, Rn.  117; Hüßtege/Ganz, IPR, S.  152; Siehr, RabelsZ 62 (1998), 464, 491. 1118  Dazu Zidarova, TMP 2000, Bd.  V, S.  177, 191. 1119  Andrae, IntFamR, §  6, Rn.  121 m. w. N. 1120  Der Anwendungsvorrang des KSÜ wird in den bulgarischen Instanzgerichten nicht immer beachtet; so z. B. Oberster Kassationsgerichtshof, Beschl. №  381 v. 18.10.2017 i. d. Rs. №  2912/2017 = Stavru/Nekov, Sadebna praktika – Grazhdansko protsesualno pravo, S.  37, 38; Rayongericht Teteven, Urt. №  60 v. 21.5.2013 i. d. Rs. №  211/2013; Rayongericht Veliki Preslav, Urt. №  107 v. 22.4.2014 i. d. Rs. №  502/2013; Rayongericht Kazanlak, Urt. №  555 v. 25.11.2013 i. d. Rs. №  2327/2013; Gerichtsentscheide jew. zit. nach ciela. 1121  Gleiches gilt für das deutsche IPR: Art.  24 EGBGB ist getreu Art.  3 Nr.  2 EGBGB subsidiär zu KSÜ und ErwSÜ, wird also von diesen beiden vorrangig anwendbaren Staatsverträ-

§  8. Vormundschaft und Pflegschaft (im Überblick)

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Pfleglings an. Nach dem Aufenthaltsrecht richten sich sowohl die Errichtung und Beendigung der Vormundschaft/Pflegschaft als die Beziehungen zwischen Mündel und Vormund resp. Pflegling und Pfleger. Für vorläufige oder eilige Schutzmaßnahmen kann nach Abs.  3 bei (schlichtem) Aufenthalt des Mündels/ Pfleglings in Bulgarien oder dort situiertes bewegliches wie unbewegliches Vermögen das bulgarische Recht zum Zuge kommen.

gen verdrängt; v. Bar/Mankowski, IPR, Bd.  II, §  6, Rn.  115, 118; Erman/Hohloch (2017), KSÜ, Rn.  3.

Fazit und Ausblick Das Internationale Familienrecht Bulgariens erweist sich teilweise als noch der Geschichte verhaftet. Es ist aber auf dem Weg in eine europäische Zukunft. Einen Meilenstein dorthin stellt die kollisionsrechtliche Güterrechtswahl dar. Der Ehevertrag, ihr sachrechtliches Pendant, folgte ihr im Jahr 2009 mit dem Erlass der Artt.  38 ff. FamKodex. Die Güterrechtswahl ermöglicht risikobewussten Eheleuten, ihre Vermögensverhältnisse an die Umwelt anzupassen. Bei einem Auswanderungsland wie Bulgarien ist die neue gesetzliche Regelung zweifellos begrüßenswert. Die Rechtswahl ist von der Einstellung des objektiven Güterstatuts abhängig; damit soll ihre Anerkennung im Ausland gewährleistet sein. Ist diese Hürde einmal genommen, weil das objektiv berufene Güterstatut sich einer Güterrechtswahl zugänglich zeigt, dann haben die Braut- bzw. Eheleute ein breites Spektrum an Möglichkeiten. Sie können das gesamte vorhandene wie künftige Vermögen einem einzigen Recht unterstellen oder ihre Wahl objektbezogen gestalten. Der Gesetzgeber überlässt ihnen freie Hand. Folgerichtig ist nur, dass die einfache Schriftform mit Datum und Unterschriften der Parteien genügt. Die Wahl kann sogar konkludent erfolgen. Um ein Korrektiv zu den recht niedrigen Formerfordernissen herzustellen, bedarf jedoch der Wille der Parteien, ihre güterrechtlichen Vermögensbeziehungen einer bestimmten Rechtsordnung zu unterwerfen, einer hinreichend deutlichen Stütze in der schriftlichen Rechtswahlvereinbarung. Bei einer postnuptialen Güterrechtswahl ordnet Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB die rückwirkende Geltung des neuen Statuts an. Dieses dehnt seine Herrschaft in die Vergangenheit bis hin zur Heirat aus. Die Rückwirkungslösung überzeugt. Einesteils vermeidet sie Überleitungsschwierigkeiten vom Alt- in das Neu-Statut und dabei vom Alt- in den Neu-Güterstand. Andernteils wird sie meist ohnehin den Willen der Ehegatten entsprechen, ihre vermögensrechtlichen Beziehungen von einer einzigen Rechtsordnung und damit von einem ihr unterstehenden Güterstand beherrscht zu wissen. Die Durchführung der Rückwirkung verträgt sich im Übrigen mit dem respect des droits acquis: Erstens ist den Eheleuten die Möglichkeit eröffnet, die Wahl auf die Zukunft zu beschränken. Zweitens bleiben Rechte Dritter als abgeschlossene Tatbestände von der Rückwirkung unberührt (Art.  42 bulgIPRGB).

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Fazit und Ausblick

Der Güterstand ist ein Dauertatbestand, dessen rechtliche Bewertung sich mit jedem Statutenwechsel ändert oder doch ändern kann. Kommt es zu solch einem Statutenwechsel, weil die Eheleute die Rechtswahl mit Wirkung ex nunc ausstatten (subjektives Güterstatut) oder weil der Anknüpfungspunkt eine Änderung erfahren hat und das neue Güterstatut mit dem alten nicht übereinstimmt (objektives Güterstatut), so können die Gatten auf sachrechtlicher Ebene per Ehevertrag den Auseinandersetzungsvorgang steuern, indem sie z. B. über ihr Altvermögen eine Tranformationsbilanz erstellen. All das sorgt für die Stetigkeit ihrer Vermögensinteressen. Treffen beispielsweise deutsches Recht als Alt-Güterstatut und der dortige gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft (sog. abgebendes Recht) auf bulgarisches Recht als das Neu-Güterstatut und den hiesigen gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (sog. annehmendes Recht) aufeinander, so bietet sich eine ehevertragliche Vereinbarung dahin­ gehend an, dass beide Ehepartner im Scheidungsfalle einen hälftigen Wert-Anteil an ihrem Gesamt-Vermögen, welches sie unter dem Dach des Neu-Statuts mit Ausnahme der Erbschaften und Schenkungen Dritter erworben haben, erhalten – bei vorheriger Herausnahme des deutschrechtlichen Zugewinns mitsamt dem Sowieso-/Jedenfalls-Eigenvermögen des ausgleichspflichtigen Ehegatten und sonstigem Erwerb allen beweglichen und unbeweglichen Vermögens durch den letzteren selbst. Sehen die Eheleute von einer ehevertraglichen Regelung der Überleitung ab, so vollzieht sich die Transponierung vom alten Güterstand in den neuen nach einfachen Grundsätzen: Der neue Güterstand ergreift das vorhandene Vermögen beider Ehegatten. Soweit er dabei einzelne Gegenstände bestimmten Vermögens­ massen zuweist, gilt das nur nach dem Stand zur Zeit des Statutenwechsels. Der alte Güterstand ist wiederum abzuwickeln, wenn ein Ehegatte das beantragt. Standen bspw. dem einen Ehepartner bei der kollisionsrechtlichen Beendigung des alten deutschen Güterstands Ansprüche nach diesem Güterstand zu, etwa auf Zugewinnausgleich, so sind sie als voreheliches Vermögen im neuen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischen Recht zu betrachten und entsprechend zu behandeln. Bei einem Aufeinandertreffen des deutschen Grundbuchs mit einem bulgarischen Güterstand scheinen keine Probleme auf. Im Regelfall der Errungenschafts­ gemeinschaft nach bulgarischem Recht kann das Rechtsverhältnis i. S. des §  47 Abs.  1 Alt.  2 GBO so bezeichnet werden: im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht. Umgekehrt ist der deutsche Güterstand, auf dessen Grundlage die Ehegatten gemeinschaftliches Eigentum in Bulgarien erwerben, in das dortige (bulgarische) Grundbuch einzutragen. Bei der Qualifikation vermögensrechtlicher Ansprüche zwischen den Ehegatten gilt Folgendes: Ehebedingte Zuwendungen sind schuldrechtlich einzuordnen

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(und nicht akzessorisch dem Güterstatut zuzuschlagen); Ansprüche aus Verbindlichkeiten des einen Ehegatten sind im Verhältnis zum kontrahierenden Dritten schuldrechtlich einzustufen, eine Mithaftung des anderen Gatten kann sich indes aus familienrechtlichen Gründen ergeben; güterrechtlich zu qualifizieren sind aus der Perspektive des bulgarischen IPR etwaige Ausgleichs- und Abfindungsansprüche zwischen Ehegatten-Innengesellschaftern, Außengesellschaften sind dem Recht ihres Gründungsstaates unterworfen, so dass das Gesellschaftsstatut darüber herrscht. Artt.  75–78 bulgIPRGB regeln das Internationale Eheschließungsrecht. Gewisse Auslegungsprobleme schafft Art.  75 Abs.  1 leg.cit. mit der Anknüpfung an das Recht des Trauungs-Organs. Sie sind in der Weise zu lösen, als die Eheform dem Recht des Eheschließungsortes unterliegt. Für die sachlichen Eheschließungsvoraussetzungen ist die Anknüpfung an das Heimatrecht jedes Ehegatten traditionell. Hierbei sind bulgarische Gerichte gem. Art.  7 Alt.  2 bulgIPRGB international zuständig für die Entscheidung über eine Befreiung von Ehehindernissen nach dem berufenen fremden Recht. Bei Versagung der Befreiung durch die zuständige Heimatbehörde kann der einheimische ordre public das ausländische Ehehindernis eventuell ausschalten. Die vorgelegte Befreiung von Ehe­ hindernissen ist wiederum nach Art.  76 Abs.  1 S.  1 bulgIPRGB anzuerkennen, und nicht nach Artt.  117 f. leg.cit. Über Verstöße gegen sachliche wie formelle Eheerfordernisse befindet das verletzte Recht. Das besagt im Grunde genommen Art.  78 bulgIPRGB über die ersteren schon selber, über die letzteren kann nichts anderes gelten. Für Ehescheidungen ab dem 21.6.2012 gilt das EU-Recht. Insofern haben Gerichte und Behörden die Rechtsprechung des EuGH zu beachten. Soweit es auf die innerstaatliche Kollisionsnorm des Art.  82 bulgIPRGB ankommt, ist die Unwandelbarkeit des Scheidungsstatuts zu beachten, fixiert auf den Zeitpunkt der Stellung des Scheidungsantrags. Zudem findet bulgarisches Recht auf die Scheidung dann Anwendung, wenn das nach der Kaskadenanknüpfung berufene Recht die Scheidung der Ehe nicht zulässt. Bei der Qualifikation vermögensrechtlicher Scheidungsfolgen sind güterrechtliche Ansprüche im Zusammenhang der Scheidung dem Güterstatut nach Art.  79 Abs.  3 bzw. 4 i. V. m. Abs.  1 oder 2 bulg­ IPRGB zuzuschlagen, Rückforderungen von Schenkungen anlässlich der Eheschließung oder während der Ehezeit dem Schenkungsstatut, über namensrechtliche Wirkungen der Scheidung befindet das Heimatrecht des jeweils betroffenen Ehegatten nach Art.  53 bulgIPRGB und über die Zuweisung der Familienwohnung nach der Ehescheidung das Scheidungsfolgenstatut. Die Scheidung vollzieht ein bulgarisches Gericht nach dem eigenen Verfahrensrecht. Ist auf die Scheidung allerdings fremdes Recht anzuwenden, so sollte das Procedere des Scheidungsstatuts nachgeformt werden, um die Anerkennung

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der Scheidung im Ursprungsstaat zu gewährleisten und damit die Gefahr der Entstehung eines hinkenden Statusverhältnisses zu unterbinden. Ähnlich verfährt ein deutsches Gericht, das bulgarisches Scheidungsrecht anzuwenden hat; der Richter hat die Schuld am Scheitern der Ehe auf Antrag hin zu tenorieren. Die Abstammung eines Kindes hat der IPR-Gesetzgeber detailliert geregelt. Die alternativen Anknüpfungen in Art.  83 Abs.  1 und 2 sind teils wandelbar, teils unwandelbar und Ausfluss des Günstigkeitsprinzips. Sie alle sind gelungen, weil sie auf das Kindeswohl ausgerichtet sind. Der Widerstreit mehrerer Vaterpräten­ denten ist zugunsten der engsten Verbindung und damit auf kollisionsrechtlicher Ebene aufzulösen. Die Adoption zeichnet sich durch eine komplexe Verquickung zwischen der Kollisionsvorschrift des Art.  84 bulgIPRGB und den Sachnormen des Art.  99 und Artt. Artt.  110 ff. FamKodex aus, die in aller Regel zu einer Kindesannahme nach der lex fori führen wird. Sie ist gelungen, werden doch meistenteils bulgarische Kinder adoptiert, um dessen Schutz es dem IPR-Gesetzgeber geht. Bezüglich der elterlichen Verantwortung und des Unterhalts greifen vorran­ gige EU-Regelungen. Das wird grundsätzlich in Rechtsprechung und Lehre berücksichtigt. Was den allgemeinen Teil des IPR anbelangt, so hat der bulgarische Regelgeber bei Beachtung allgemein/international geltender Rechtsgrundsätze alles Wesentliche normiert: den Renvoi (Art.  40 bulgIPRGB), die Anwendbarkeit eines Rechts mit mehreren Rechtsordnungen (Art.  41 bulgIPRGB), die Auswirkung einer Änderung von Anknüpfungskriterien (Art.  42 bulgIPRGB) und die Auslegung und Anwendung des fremden Rechts (Artt.  43 f. bulgIPRGB), ferner den ordre public-­ Vorbehalt (Art.  45 bulgIPRGB) sowie die Eingriffsnormen (Art.  46 bulgIPRGB). Nicht reglementiert geblieben sind die Vorfrage, die Gesetzesumgehung, die Anpassung; für sie gelten die allgemein anerkannten Grundprinzipien. Zweifellos eine große Errungenschaft ist das ausdrückliche Bekenntnis zur funktionalen Qualifikation gem. Art.  39 Abs.  3 bulgIPRGB. Damit brach die Herrschaft der lex fori. Kritikwürdig bleibt trotzdem der Vorschaltauslegungsbefehl nach Abs.  2 dieser Vorschrift, weil der verfolgte Gesetzgeberwunsch in aller Regel bereits „bei Vornahme der Qualifikation“ i. S. des Abs.  3 auf der ersten Stufe der sog. Stufenqualifikation verwirklicht sein wird. Die angesprochene Stufenqualifikation ist eine Besonderheit des bulgarischen Kollisionsrechts, im Vergleich zum deutschen IPR. Diese teilt den Qualifikationsvorgang in zwei Schritte und qualifiziert auf der ersten Stufe grundsätzlich selbständig und auf der nächsten nach der lex causae, wobei sie in einer weiteren Unterebene die Entscheidung über die letztlich zur Anwendung berufenen Sachnormen aus der fremden Rechtsordnung der Kollisionsnorm des Forums überlässt, welche den juristisch normierten Sachverhalt einst tatbestandsmäßig erfasst und die Verwei-

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sung auf das fremde Recht ausgesprochen hat, deren Sachnormen in ihrer Gesamtheit zur Anwendung berufen sind (sog. kanalisierte Verweisung oder offene Verweisung mit Kontrollfunktion). Der bulgarische IPR-Regelgeber verdient nach alledem ein Lob. Indes lässt sich dieses Lob auf die Rechtsprechung und Lehre nur bedingt übertragen. Allzu selten berücksichtigen die Gerichte das internationale Element in dem zu regelnden Verhältnis und die Besonderheiten des IPR i. S. des Art.  39 Abs.  3 bulg­ IPRGB. Die Folge davon ist die Anwendung des Forums Rechts, man ist im eigenen Fahrwasser. Die Verantwortung dafür kann man jedoch nicht einseitig den Gerichten anlasten. Zwischen Wissenschaft und Rechtsprechung mangelt es an einem Dialog. Die Lehre kommentiert zwar die Gesetze ausführlich, setzt sich aber mit der Rechtsprechung nicht (genügend) auseinander. Die Gerichte ihrerseits blenden Argumente der Lehre aus. Ja noch mehr: In den Entscheidungsgründen werden in aller Regel keine Gerichtsentscheide und wissenschaftliche Literatur aufgeführt. Von einer „natürlichen Distanz“ zwischen Rechtsprechung und Wissenschaft kann darum nicht die Rede sein, denn jeglicher Dialog fehlt. Es überrascht deshalb nicht, wenn die Richter ihre Entscheidungen in aller Kürze fassen. Der bulgarische Gesetzgeber hatte die IPR-Kodifizierungen von über 15 Staaten rechtsvergleichend berücksichtigt, bevor er das bulgIPRGB erließ. Seine Bestrebungen, ein Kollisionsrecht auf dem neuesten Stand zu schaffen, können sich in den in dieser Arbeit behandelten Artt.  75–88 bulgIPRGB sehen lassen. Der Gesetzestext bietet – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – eine sichere Grundlage für die Lösung familienrechtlicher Fälle mit Auslandsberührung. Bei der Anwendung der Kollisionsregeln entstehende Schwierigkeiten sind allesamt mit den herkömmlichen Auslegungsmethoden zu bewältigen. Das setzt natürlich voraus, dass man sich hie und da von alten Denkstrukturen löst, ausgetretene Pfade verlässt und neue einschlägt. Denn dem Rechte dienen kann nur, wer bereit ist, das Recht zu gestalten. Dazu ist der Richter berufen und wird der IPR-Anwender hiermit ermutigt.

Adnex: Die Europäische Güterrechtsverordnung Die europäischen Bestrebungen nach der Schaffung einer Verordnung über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen im Ehegüterrecht blicken lange in die Vergangenheit und auf ein dorniges Gesetzgebungsverfahren zurück. Am 2.3.2016 war es schließlich soweit: Die Kommission legte überarbeitete Verordnungsvorschläge für das Ehegüterrecht (EuGüVO-E 2016)1 und das Güterrecht der eingetragenen Lebenspartnerschaft (EuPartVO-E 2016)2 vor. Noch im selben Jahr beschloss der Rat die EuGüVO3 und die EuPartVO4. Die Endfassungen weichen marginal von den Kommissionsvorschlägen ab.5 Im Folgenden sollen die Grundsätze der EuGüVO – unter weitgehender Ausklammerung prozessualer Fragen – dargestellt und jene Unterschiede zu Artt.  79– 81 bulgIPRGB herausgearbeitet werden, die sich auf die Lösung güterrechtlicher Fälle mit Auslandberührung auswirken.6 Die Beachtung solcher Abweichungen bedingt die zeitliche Dimension der EuGüVO: Ihre kollisionsrechtlichen Vorschriften in Artt.  20–35 gelten nur für Ehegatten, die am 29.1.2019 oder später eine Ehe schließen oder eine Güterrechtswahl treffen (Art.  69 Abs.  3 EuGüVO).7 Trotz des Anwendungsvorrangs der EuGüVO werden die Regelungen der Artt.  79–81 bulgIPRGB (bzw. Artt.  15–16 EGBGB i. d. F. von 1986 [vgl. Art.  229 1 

COM(2016) 106 final; abgedr. in Jayme/Hausmann, 17.  Aufl., Nr.  33. COM(2016) 107 final; abgedr. in Jayme/Hausmann, 17.  Aufl. Nr.  34. 3  Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands v. 24.6.2016 (ABl.2016 L 183, S.  1); abgedr. bei Jayme/Hausmann, Nr.  33. 4  Verordnung (EU) 2016/1104 des Rates zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen güterrechtlicher Wirkungen eingetragener Partnerschaften v. 24.6.2016 (ABl. 2016 L 183, S.  30); abgedr. bei Jayme/Hausmann, Nr.  39. 5  Zur Entstehungsgeschichte s. MüKo BGB/Looschelders (2018), EuGüVO, Rn.  1–11; Hausmann, IntEuFamR, B, Rn.  9 ff. 6  Kollisionsrechtlich entspricht die EuPartVO im Wesentlichen der EuGüVO; dazu und zu ihren Besonderheiten sei insbes. verwiesen auf Coester, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  111 ff. 7  Gleiches sieht Art.  69 Abs.  3 EuPartVO für eingetragene Partnerschaften vor. 2 

458

Adnex: Die Europäische Güterrechtsverordnung

§  47 Abs.  2 Nr.  2 EGBGB n. F.])8 mithin noch viele Jahrzehnte ihre Bedeutung behalten.9

§  1. Allgemeines Die EuGüVO ist wie die Rom  III-VO aufgrund der Verstärkten Zusammenarbeit zustande gekommen.10 Aufbau und Struktur der EuGüVO gleichen demjenigen der EuErbVO.11 Anders als die Rom  III-VO jedoch behandelt die EuGüVO – über das anwendbare Recht hinaus – die Gerichtszuständigkeit sowie Anerkennung, Vollstreckbarkeit und Vollstreckung von Entscheidungen (sog. gemischte Verord­ nung).

§  2. Internationale Zuständigkeit12 Die Verordnung erstrebt die Konzentration zusammenhängender Verfahren vor den Gerichten desselben Mitgliedstaats.13 Güterrechtliche Fragen stellen sich v. a. bei Beendigung des Güterstands durch Tod eines Ehegatten oder Scheidung der Ehe. Für ihre Beantwortung erklären Artt.  4 und 5 EuGüVO die Gerichte jenes Mitgliedstaats für international zuständig, vor welchen die Erbsache oder die Scheidung anhängig ist.14 Im Übrigen richtet sich die internationale Zuständigkeit primär nach dem gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute zur Zeit der Anrufung des Gerichts (Art.  6 lit.  a EuGüVO). Gerichtsstandsvereinbarungen lässt Art.  7 leg.cit. im beschränkten Maße ausdrücklich zu. 8 

Zu Artt.  15 und 16 EGBGB n. F. siehe den Überblick von Mankowski, NJW 2019, 465, 647 f. 9  Vgl. MüKo BGB/Looschelders (2018), EuGüVO, Rn.  41 a. E.; Hausmann, IntEuFamR, B, Rn.  272 a. E.; Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  48, Rn.  2; Mankowski, NJW 2019, 465, 649. 10  Zur Thematik, ob die Verstärkte Zusammenarbeit ein geeignetes Instrument zur Rechtssetzung auf dem Gebiet des Kollisionsrechts darstelle, s. Schurig, FS v. Hoffmann, 405, 406; Trüten, Entwicklung der IPR in der EU, S.  631 f. („Verfestigung eines weiteren Raums der abgestuften Integration“); MüKo BGB/v. Hein (2018), Art.  3 EGBGB, Rn.  52–54 m. w. N. 11  S.a. Weber, DNotZ 2016, 659, 661. 12  Eingehend hiezu Mankowski, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  11 ff.; Andrae, IntFamR (2019), §  4, Rn.  41–115; s. ferner MüKo BGB/Looschelders (2018), EuGüVO, Rn.  44–66; Streicher, Familiensachen mit Auslandsberührung, §  5, Rn.  6–29, und Rn.  30–37 (Vollstreckung ausländischer Entscheidungen) sowie Rn.  38 (sachliche Zuständigkeit). 13  MüKo BGB/Looschelders (2018), EuGüVO, Rn.  14. 14  Zu Auswirkungen des europäischen Verbundsgerichtsstands nach Art.  5 EuGüVO auf das deutsche Güterverfahrensrecht s. Dutta, FamRZ 2019, 1390, 1391 f.

§  3. Anwendungsbereich

459

§  3. Anwendungsbereich A. Sachlicher Anwendungsbereich Sachlich gilt die EuGüVO nach ihrem Art.  1 Abs.  1 für „die ehelichen Güterstände“. Die bulgarische Sprachfassung verwendet den Begriff „имуществения режим между съпрузите“ (wörtlich: das Vermögensregime zwischen den Ehegatten). Das bedarf einer Klarstellung. Der Terminus ist euro-autonom und weit auszulegen.15 Art.  3 lit.  a EuGüVO definiert ihn dahingehend, dass nicht nur die vermögensrechtlichen Regelungen darunter fallen, die speziell und ausschließlich für die Ehe und damit „zwischen den Ehegatten“ gelten, sondern darüber hinaus alle vermögensrechtlichen Verhältnisse in Bezug zu Dritten, soweit sie aufgrund der Ehe oder ihrer Auflösung Geltung beanspruchen (s. a. ErwGr 18). Diese Umschreibung entstammt offenbar der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache de Cavel.16 Eingeschlossen sind zudem Verwaltungs- und Verfügungsbeschränkungen, ferner Schenkungen zwischen den Ehepartnern.17 Hierher gehören der Anteilserhöhungsanspruch gem. Art.  29 Abs.  3 FamKodex wie der Wertausgleichsanspruch nach Art.  30 leg.cit.18 Für die allgemeinen Ehewirkungen nach Art.  79 Abs.  1 oder 2 bulgIPRGB bleibt folglich kaum etwas übrig.19 Abs.  2 des Art.  1 EuGüVO zählt taxativ acht Bereichsausnahmen auf, die aus dem sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung herausfallen. Über die Anknüpfung dieser Gegenstände befindet die lex fori. B. Persönlicher Anwendungsbereich Persönlich gilt die EuGüVO für Ehegatten. Eine Definition des Begriffs „Ehe“ bleibt dem nationalen (Kollisions-)Recht der Mitgliedstaaten vorbehalten (Erw­Gr 17).20 Doch welches das ist, darüber schweigt die Verordnung. Ein Be­ rufen der lex fori bedingte eine ungleiche Behandlung für dieselbe Ehe, je nach Haltung des internationalen und nationalen Eherechts des Forums gegenüber 15 

Dutta, FamRZ 2019, 1390, 1394. Vgl. EuGH Slg 1980, S.  731 = IPRax 1981, 19; s. a. Martiny, ZfPW 2017, 1, 8 (Fn.  55); Rodrigo/Miller, NZFam 2016, 1065, 1066. 17  Martiny, ZfPW 2017, 1, 8 f. 18  Um eine „vermögensrechtliche Regelung“ i. S. des Art.  3 Abs.  1 lit.  a EuGüVO handelt es sich beim Abgeltungsanspruch für geleistete Mitarbeit im Erwerb des anderen Ehegatten gem. 89 ABGB ; s. Henrich, ZfRV 2016, 171, 173. 19  Für das deutsche Kollisionsrecht Martiny, ZfPW 2017, 1, 9 m. w. N. Zu den Auswirkungen der erbrechtlichen Qualifikation des §  1371 Abs.  1 BGB durch EuGH, 1.3.2018, Rs.  C-558/­16 (Doris Margret Lisette Mahnkopf), FamRZ 2018, 632, s. Dutta, FamRZ 2019, 1390, 1394 f. 20  Martiny, ZfPW 2017, 1, 7; Weber, DNotZ 2016, 659, 669; Dutta, FamRZ 2016, 1973, 1975 f.; Hausmann, IntEuFamR, B, Rn.  286. 16 

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Adnex: Die Europäische Güterrechtsverordnung

gleichgeschlechtlichen Ehen.21 Deswegen sollte man das Recht des Ortes, an dem die Ehe geschlossen bzw. die Partnerschaft registriert wurde, entscheiden lassen.22 Für Mitgliedstaaten wie Bulgarien, welche die gleichgeschlechtliche Ehe nicht kennen, schlägt die deutschsprachige Literatur die Anwendung der EuPartVO vor.23 Nach hiesigem Dafürhalten ist der persönliche Anwendungsbereich der EuGüVO bei einer im Ausland geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehe (aus bulgarischer Sicht) gleichwohl eröffnet. Dafür spricht zunächst, dass solche Ehen dem Ehebegriff des nationalen bulgarischen Kollisionsrechts zufallen.24 Überdies folgt gerade aus Art.  9 EuGüVO, dass dem nationalen IPR der jeweiligen lex fori nur die Entscheidung über die Anerkennung einer solchen Ehe überlassen ist.25 Im Übrigen beansprucht die Verordnung universelle Geltung (Art.  20 Eu­ GüVO). Zur Anwendung kommen kann mithin sowohl das Recht eines EU-Mitgliedstaats, der nicht an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnimmt, wie das Recht eines Drittstaats (s. ErwGr 44). Freilich können bestehende bilaterale Verträge den Universalitätsgrundsatz durchbrechen.26 C. Räumlicher Anwendungsbereich Räumlich gilt die EuGüVO nur für diejenigen Mitgliedstaaten, die sich zur Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des Ehegüterrechts zusammengefunden haben. Der Begriff „Mitgliedstaat/en“ bezieht sich also nur auf die daran teilnehmenden Staaten.27 Derzeit sind sie 18 an der Zahl. Bulgarien und Deutschland gehören dazu.28 D. Zeitlicher Anwendungsbereich Die temporale Geltung des kollisionsrechtlichen Teils der Verordnung regelt Art.  69 Abs.  3 EuGüVO: Für die Beurteilung güterrechtlicher Fragen für vor dem 21 

Martiny, ZfPW 2017, 1, 7. Für die Maßgeblichkeit der lex fori plädieren Weber, DNotZ 2016, 659, 669, und Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  49, Rn.  6 (Verweis auf das Sachrecht der lex fori). 22  Vgl. Dutta, FamRZ 2016, 1973, 1976. 23  Hausmann, in: Hausmann/Odersky, IPR, §  9, Rn.  4; Martiny, ZfPW 2017, 1, 8; Döbereiner, MittBayNot 2011, 463, 464. 24  Vgl. 3.  Teil, §  1. B. I. 2. 25  Wie hier Hausmann, IntEuFamR, B, Rn.  287; a. A. Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  49, Rn.  6 (Fn.  10). 26  Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  50, Rn.  9. 27  Vgl. Weber, DNotZ 2016, 659, 662. 28  Außerdem: Belgien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik und Zypern.

§  4. Anknüpfungsprinzipien

461

29.1.2019 geschlossene Ehen verbleibt es aus bulgarischer Sicht bei dem nach Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 oder 2 bulgIPRGB berufenen Recht. Nur für Rechtswahlvereinbarungen, welche die Partner einer solchen Altehe ab dem 29.1.2019 treffen oder eine vor diesem Datum getroffene später ändern, gelten die Kolli­ sionsvorschriften der Artt.  22 ff. EuGüVO.29

§  4. Anknüpfungsprinzipien Die EuGüVO baut auf fünf Prinzipien auf: Einheitlichkeit (Art.  21 leg.cit.) und Unwandelbarkeit des Güterstatuts (Art.  26 Abs.  1 leg.cit.), eingeschränkte Rechtswahl (Artt.  22–24 leg.cit.), Vorrang der Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Braut- und Ehepartner vor deren gemeinsamer Staatsangehörigkeit (Art.  26 Abs.  1 leg.cit.) und schlussendlich Sachnormverweisung (Art.  32 EuGüVO). A. Subjektive Anknüpfung30 Da finanzielle Aspekte der Ehe eine Angelegenheit der (künftigen) Ehepartner sind und bleiben müssen, gestattet Art.  22 Abs.  1 EuGüVO ihnen eine Rechtswahl (s. a. ErwGr 45 S.  1 EuGüVO). Die Zulassung der Parteiautonomie ermöglicht eine Anpassung der güterrechtlichen Ehewirkungen an die Umwelt der Gatten (vgl. ErwGr 45 S.  1).31 Die Parteien können damit dasselbe Recht für Unterhalt, Scheidung und ihre güterrechtlichen Beziehungen wählen.32 Trotzdem ist der Kreis der wählbaren Rechtsordnungen kleiner als bei Rom  III-VO33 und HUntProt34: die Wahl der lex fori ist nicht möglich (s. Art.  5 Abs.  1 lit.  d Rom  IIIVO); weiters nicht wählbar ist das auf die Scheidung anwendbare Recht (vgl. Art.  8 Abs.  1 lit.  c HUntProt).35 Die subjektive Anknüpfung genießt stets Vorrang vor der objektiven. Die Rechtswahl muss nicht ausdrücklich geschehen, sie kann stillschweigend erfolgen. Das ergibt sich aus Art.  24 Abs.  2 EuGüVO – die Norm kann nur bei

29 

Vgl. Hausmann, IntEuFamR, B, Rn.  290; Döbereiner/Frank, IntGüR, Rn.  202. Brosch, Rechtswahl und Gerichtsstandsvereinbarung, S.  91–120. 31  S.a. Martiny, ZfPW 2017, 1, 15; Kroll-Ludwigs, NZFam 2016, 1061, 1063. 32  Vgl. Martiny, ZfPW 2017, 1, 14. 33  Ausf. dazu Brosch, Rechtswahl und Gerichtsstandsvereinbarung, S.  57–86. 34  Eingehend hiezu Brosch, Rechtswahl und Gerichtsstandsvereinbarung, S.  15–56. 35  Heiderhoff, IPRax 2017, 160, 162. 30  Ausf.

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Adnex: Die Europäische Güterrechtsverordnung

einer konkludenten Wahl bedeutsam werden.36 Gleichwohl sind an ihre Annahme strenge Anforderungen zu stellen.37 I. Beschränkte Rechtswahl Die Wahl kann vor der Eheschließung bis hin zur Scheidung getroffen, geändert oder aufgehoben werden (vgl. ErwGr 45, S.  2).38 Indes ist sie nicht uneingeschränkt zulässig, sondern auf die Rechtsordnung beschränkt, mit welcher die Braut- resp. Eheleute eng verbunden sind aufgrund ihres gewöhnlichen Aufenthalts (lit.  a) oder ihrer Staatsangehörigkeit (lit.  b).39 Doch muss weder der gewöhnliche Aufenthalt ein gemeinsamer sein, noch brauchen die Staatsangehörigkeiten übereinzustimmen. Diese (relativ enge) Verbindung muss lediglich im Augenblick des Abschlusses – und nicht des Wirksamwerdens40 – der Güterrechtswahl bestehen.41 Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage bei Eheschließungen vor dem 29.1.2019 und danach – also bei Ehepaaren, deren güterrecht­ liche Verhältnisse sich nach Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  1 oder 2 bulgIPRGB richten, und solchen, deren Güterstatut nach Art.  22 EuGüVO zu bestimmen ist.42 Davon zu trennen ist stets die Frage nach dem internationalen Bezug des Falles. Für diesen genügt es, wenn er beim Wirksamwerden der Wahl vorhanden ist.43 Die Wahlmöglichkeiten des Art.  22 EuGüVO entsprechen denen des Art.  79 Abs.  4 i. V. m. Abs.  1 oder 2 bulgIPRGB mit dem Unterschied, dass die prioritäre Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit in der Reihenfolge zurücktritt. Im Einzelnen bedeutet das: Die Braut- und Eheleute können zunächst das Recht des Staates wählen, in dem sie zur Zeit der Wahl ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Nicht erforderlich ist es, dass der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt auch noch im Augenblick der Eheschließung fortbesteht.44 Das Paar kann zudem für das Recht des Staates optieren, in welchem einer der Parteien sich zum Zeitpunkt 36 

Martiny, ZfPW 2017, 1, 19; Weber, DNotZ 2016, 659, 680 f.; Dutta, FamRZ 2016, 1973, 1981; Hausmann, IntEuFamR, B, Rn.  326; Döbereiner/Frank, IntGüR, Rn.  279. 37  So auch Andrae, IntFamR (2019), §  4, Rn.  133. 38  Vgl. Andrae, IntFamR (2019), §  4, Rn.  121; Streicher, Familiensachen mit Auslandsberührung, §  5, Rn.  44; Dutta, FamRZ 2016, 1973, 1981 (jederzeit möglich). 39  Krit. zur Beschränkung der Wahlmöglichkeiten Kroll-Ludwigs, NZFam 2016, 1061, 1063. 40  Insoweit ist die bulgarische Sprachfassung des Art.  22 Abs.  1 lit.  a EuGüVO deutlicher formuliert als die deutsche: „[…] към момента на сключване на споразумението […]“ (wörtlich: im Augenblick des Abschlusses der Vereinbarung). 41  S.a. Hausmann, IntEuFamR, B. Rn.  327; Weber, DNotZ 2016, 659, 677. 42  Zur Rechtslage nach dem bulgIPRGB siehe 3.  Teil, §  2. C. II. 4. a. 43  Weber, DNotZ 2016, 659, 677; Hausmann, IntEuFamR, B. 325. 44  Hausmann, IntEuFamR, B, Rn.  327.

§  4. Anknüpfungsprinzipien

463

der Wahlvereinbarung gewöhnlich aufhält. Eine retrospektive Wahl zugunsten des Staates Rechts, in dem die Gatten sich lange gemeinsam aufgehalten haben und mit dem sie deshalb am engsten miteinander verbunden sind, scheidet folglich dann aus, wenn zur Zeit der Wahl keiner von ihnen sich dort in diesem Staat (noch) gewöhnlich aufhält.45 Alternativ kommt ferner die Wahl des Rechts jenes Staates in Betracht, dessen Staatsangehörigkeit einer der Braut- oder Ehepartner im Augenblick der Wahlabrede innehat. Bei einem Mehrstaater ist jedes seiner Heimatrechte wählbar (s. ErwGr 50 S.  2);46 das schließt einen Rekurs auf Art.  48 Abs.  2 bulgIPRGB aus und damit eine stete Bevorzugung der bulgarischen Staatsangehörigkeit. Die beiden Anknüpfungen in lit.  a stehen nicht in einem Stufen-, sondern in einem Alternativitätsverhältnis zueinander. Dafür sprechen Wortlaut und Systematik der Verordnung: letztere trennt die Anknüpfungsmöglichkeiten durch zwei Buchstaben voneinander, ersterer verbindet sie miteinander vermöge der Konjunktion „oder“.47 Aus alldem folgt: – eine nachträgliche Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts wirkt sich nicht auf die Wirksamkeit der Wahl aus,48 – das Recht am künftigen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt ist nur aufschiebend bedingt wählbar, wenn das Errichtungsstatut nach Art.  24 Abs.  1 EuGüVO einen aufschiebend bedingten Ehevertrag gestattet49 und – die Wahl der lex fori50 scheidet aus.51

45 

Heiderhoff, IPRax 2018, 1, 6; Hausmann, IntEuFamR, B, Rn.  328. dem deutschen Schrifttum s. nur MüKo BGB/v. Hein (2018), Art.  5 EGBGB, Rn.  81; MüKo BGB/Looschelders (2018), EuGüVO, Rn.  72; Nordmeier, in: Weller, Europäisches Kollisionsrecht, D, Rn.  409; Martiny, IPRax 2011, 437, 439; Dengel, IntEhegüterR, S.  281, Döbereiner/Frank, IntGüR, Rn.  218. 47  Missverständlich Döbereiner, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  65 f., Rn.  7: „Haben die (künf­ tigen) Ehegatten keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, erlaubt Art.  22 lit.  a Alt.  2 EuGüVO auch die Wahl des Rechts am gewöhnlichen Aufenthalt (nur) eines der beiden Ehegatten.“ Deutlich formuliert Weber, DNotZ 2016, 659, 677: „Alternativ können die Ehegatten […] wählen […].“ 48  S.a. Weber, DNotZ 2016, 659, 677; Döbereiner, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  66, Rn.  10. 49  Weber, DNotZ 2016, 659, 677; a. A. Döbereiner, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  66 f., Rn.  11; Döbereiner/Frank, IntGüR, Rn.  214. 50  Anders ist das im internationalen Ehescheidungsrecht gem. Art.  5 Abs.  1 lit.  d Ram III-VO. 51  MüKo BGB/Looschelders (2018), EuGüVO, Rn.  71; krit. dazu Nordmeier, in: Weller, Europäisches Kollisionsrecht, Rn.  408; Hausmann, IntEuFamR, B, Rn.  324. 46  Aus

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Adnex: Die Europäische Güterrechtsverordnung

II. Schranken Eine wichtige Schranke ergibt sich aus Art.  21 EuGüVO. Die Norm stellt den Grundsatz der Einheit des Güterrechtsstatuts auf. Sonach ist das Güterstatut für das gesamte bewegliche wie unbewegliche Vermögen der Ehegatten einheitlich anzuknüpfen. Eine gesonderte Anknüpfung an die lex rei sitae für Immobilien scheidet fortan aus.52 Damit will der Verordnungsgeber eine Rechtszersplitterung vermeiden und weitestgehend einen Gleichlauf mit dem Erbstatut erzielen:53 für letzteres gilt nach Art.  21 EuErbVO das Prinzip der Nachlasseinheit.54 Freilich kann dies zu Spannung mit dem Sachenrecht am Ort der Belegenheit des Immobiliarvermögens führen.55 Eine gerichtliche Billigkeitskontrolle nach dem Vorbild des Art.  8 Abs.  5 HUntProt sieht die Verordnung nicht vor.56 III. Form Die Form einer Wahlabrede richtet sich nach Art.  23 EuGüVO. Es handelt sich um eine Sachnorm.57 Die Vereinbarung bedarf der Schriftform, Datierung und Unterschriften der Parteien (Abs.  1 S.  1). Ihnen soll die Tragweite der Wahl verdeutlicht, die Rechtssicherheit gefördert und den schwächeren Ehegatten geschützt werden.58 Der Begriff der Schriftform ist autonom zu bestimmen.59 Nach Abs.  2 setzen sich allerdings nach dem Recht am gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten zur Zeit der Wahl vorhandene zusätzliche, also strengere, Formvorschriften über Güterstandsvereinbarungen stets durch. Gleiches gilt nach Abs.  4, wenn nur ein Ehegatte sich in einem Mitgliedstaat gewöhnlich aufhält. Ist demnach bulgarisches Formstatut zur Anwendung berufen, so greift das Beurkundungserfordernis des Art.  39 Abs.  1 FamKodex ein.60 Halten sich dagegen die Ehegatten in verschiedenen Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen Formvorschriften gewöhnlich auf, so genügt die Einhaltung der Form eines dieser Mitgliedstaaten (Abs.  3). Nach Art.  23 Abs.  1 S.  2 EuGüVO ersetzt zudem jede elektronische 52  Martiny, ZfPW 2017, 1, 13; Döbereiner, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  64, Rn.  3; Coester-Waltjen, in Dutta/Weber, EuGüVO, S.  50 f., Rn.  13; Dutta, FamRZ 2019, 1390, 1393. 53  Martiny, ZfPW 2017, 1, 13 und 15; Döbereiner, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  64 f., Rn.  3. 54  MüKo BGB/Looschelders (2018), EuGüVO, Rn.  14. 55  Martiny, ZfPW 2017, 1, 13. 56  Krit. dazu Dethloff, FS v. Hoffmann (2011), 73, 77 f. 57  Martiny, ZfPW 2017, 1, 18. 58  Dethloff, FS Martiny (2014), 41, 52 ff.; Martiny, ZfPW 2017, 1, 18. 59  Martiny, ZfPW 2017, 1, 18. 60  Art.  39 Abs.  1 FamKodex lautet: „Der Ehevertrag wird von den Parteien persönlich in Schriftform mit notarieller Bestätigung des Inhalts und der Unterschriften geschlossen.“

§  4. Anknüpfungsprinzipien

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Übermittlung die Schriftform, wenn sie nur die Möglichkeit einer dauerhafte Aufzeichnung erlaubt; Hauptanwendungsfall soll der E-Mail-Schriftverkehr sein.61 IV. Einigung und materielle Wirksamkeit der Rechtswahl Diese regelt Art.  24 Abs.  1 EuGüVO. Maßgeblich ist das subjektive hypothetische Güterstatut i. S. des Art.  22 EuGüVO. Die Formgültigkeit einer Vereinbarung über den ehelichen Güterstand ist dagegen nach der Sachnorm des Art.  25 Abs.  1 leg.cit. zu beurteilen. V. Wirkungen der nachträglichen Rechtswahl Im Gegensatz zu Art.  80 Abs.  3 S.  3 bulgIPRGB wirkt eine während der Ehe getroffene Wahl gem. Art.  22 Abs.  2 EuGüVO prinzipiell nur für die Zukunft. Indes steht es den Ehegatten nach Art.  22 Abs.  3 leg.cit. frei, die Güterrechtsvereinbarung mit Rückwirkung auszustatten, z. B. auf den Zeitpunkt der Eheschließung.62 Die ex tunc-Rechtswahl nach Art.  22 Abs.  3 EuGüVO betrifft nur die kollisionsrechtliche Ebene. Ob innerhalb der neu gewählten Rechtsordnung, also auf der sachrechtlichen Ebene, die rückwirkende Änderung des gesetzlichen oder gewillkürten Güterstands zulässig ist, darüber hat das gewählte Recht selbst zu befinden (Art.  27 lit.  g EuGüVO).63 Das bulgarische Familienrecht geht im Grundsatz von einer solchen Rückwirkung aus (vgl. §  4 der Übergangs- und Schlussbestimmungen zum FamKodex). Die rückwirkende Änderung des anwendbaren Güterrechts darf natürlich die Rechte Dritter nicht beeinträchtigen, die sich aus der zuvor maßgebenden Rechtsordnung ergeben (vgl. ErwGr 46 S.  2).64 Mit „Ansprüche Dritter“ gemeint ist ihre Rechtsstellung insgesamt.65 Die bulgarische Sprachfassung gebraucht die Formulierung „правата на трети лица“ (wörtlich: die Rechte von Drittpersonen); das deckt sich mit dem englischen und französischen Text: rights of third parties bzw. droits des tiers. Die Ermöglichung einer retrospektiven Wahl ist zu begrüßen. Sie überwindet Transponierungsschwierigkeiten vom Alt- ins Neu-Statut und dabei von dem Alt- in den Neu-Güterstand. Freilich entstehen dabei andere Probleme, doch sie sind jedem Güterstatutenwechsel immanent. Die Vermeidung von Überleitungsdiffizilität erscheint indessen wichtiger.66 61 

Döbereiner/Frank, IntGüR, Rn.  231. Döbereiner/Frank, IntGüR, Rn.  293. 63  S.a. Hausmann, IntEuFamR, B, Rn.  335; Martiny, ZfPW 2017, 1, 18. 64  Eingehend zum Schutz Dritter Süß, in: Dutta/Weber, EuGüVO, 85 ff. 65  Martiny, ZfPW 2017, 1, 18. 66  Trotzdem krit. zur Rückwirkungslösung Kroll-Ludwigs, NZFam 2016, 1061, 1063 m. w. N. 62 

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Adnex: Die Europäische Güterrechtsverordnung

B. Objektive Anknüpfung Scheidet eine subjektive Anknüpfung aus, weil die Ehegatten eine Güterrechtswahl nicht getroffen oder diese aufgehoben haben, so ist das Güterstatut nach Maßgabe des Art.  26 EuGüVO objektiv zu bestimmen. Die Vorschrift enthält eine Anknüpfungsleiter. Ihr Abs.  1 sieht im Vergleich mit Art.  79 Abs.  1 oder 2 i. V. m. Abs.  3 bulgIPRGB umgekehrte Anknüpfungsmomente vor: Auf der ersten Stufe ist an den ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute nach der Eheschließung anzuknüpfen, auf der zweiten Stufen an die gemeinsame Staatsangehörigkeit im Augenblick der Heirat und schlussendlich auf der dritten und letzten Stufe an die gemeinsame engste Verbindung der Ehegatten zur Zeit der Eheschließung. Diese Rangfolge entspricht den anderen Verordnungen zum Familien- und Erbrecht.67 I. Erster gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt Das primäre Anknüpfungsmoment nach Abs.  1 lit.  a ist autonom auszulegen. Ein Rückgriff auf Art.  48 Abs.  7 bulgIPRGB verbietet sich. Gleichwohl kann man die dortigen Kriterien zur Bestimmung des tatsächlichen Lebensmittelpunktes einer Person heranziehen; denn darauf kommt es an.68 Für die Begründung des ersten gewöhnlichen Aufenthalts nach der Eheschließung stellt der Unionsgesetzgeber keine zeitlichen Schranken auf. Die Norm entspricht insoweit Art.  4 Abs.  1 des Haager Güterrechtsübereinkommens von 1978 („first habitual residence after marriage“). Eine Frist von bis zu drei Monaten erscheint angemessen,69 um die Flexibilität der Regelung zu gewährleisten, ohne die Rechtssicherheit bei der Bestimmung des Güterstatuts preiszugeben;70 bei besonderen Umständen kann sich der Zeitraum sogar auf sechs bis acht Monate verlängern.71 Innert dieses 3-monatigen Zeitraums können die Eheleute das Zentrum ih67 

Näher Dethloff, FS v. Hoffmann (2011), 73, 78; MüKo BGB/Looschelders (2018), EuGüVO, Rn.  79. 68  Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  52, Rn.  20; Weber, DNotZ 2016, 659, 670. 69  Weber, DNotZ 2016, 659, 671; Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  53, Rn.  22. Für eine 6-Monats-Frist plädieren Dengel, IntEhegüterR, S.  142 ff, und Döbereiner/ Frank, IntGüR, Rn.  129. Dutta, FamRZ 2016, 1982 (Fn.  58), will dagegen auf starre Fristen verzichten und darauf abstellen, ob die Eheleute bereits bei der Eheschließung konkrete Pläne zur Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts gehabt hätten; ebenso Andrae, IntFamR (2019), §  4, Rn.  142; wohl auch Kemper, in: Göppinger/Rakete-Dombek, Vereinbarungen anlässlich der Ehescheidung, S.  554, Rn.  135. 70  A. A. Dethloff, FS v. Hoffmann (2011), 73, 78, die nur die unmittelbare Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts nach der Heirat als von Art.  26 Abs.  1 lit.  a EuGüVO erfasst sieht. 71  Heiderhoff, IPRax 2018, 1, 5; Hausmann, IntFamR, B, Rn.  351.

§  4. Anknüpfungsprinzipien

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res gemeinsamen künftigen Lebens frei bestimmen. Das Güterstatut wirkt dann von Anbeginn der Ehe und ist gegen spätere Änderungen des Anknüpfungspunktes nur bei Vorliegen einer Rechtswahl oder Ausweichklausel i. S. des Art.  26 Abs.  3 EuGüVO statutenwechselanfällig.72 Die Anknüpfung ist also prinzipiell starr. Der Zeitpunkt der Anknüpfung kann außerdem zu Unterschieden bei der Ermittlung des Scheidungs- und Güterrechtsstatuts führen. Denn anders als Art.  26 Abs.  1 lit.  a EuGüVO stellt Art.  8 lit.  a Rom  III-VO auf den Augenblick der Anrufung des Gerichts an.73 II. Gemeinsame Staatsangehörigkeit Auf Stufe zwei der Kaskadenanknüpfung ist Güterstatut das gemeinsame Heimatrecht der Ehegatten zur Zeit der Heirat (Abs.  1 lit.  b). Die Anknüpfung ist unwandelbar. Die Wahlmöglichkeiten bei Doppel- oder Mehrstaatern regelt die EuGüVO nicht ausdrücklich. Nach ErwGr 50 S.  1 handelt es um eine selbständig anzuknüpfende Vorfrage, die keine Auswirkungen auf die Gültigkeit der Rechtswahl haben sollte (S.  2 des ErwGr 50). Daraus ist zu schlussfolgern: Gehört ein Ehepartner mehreren Staaten an, so kommen ausschließlich die Absätze 3–6 des Art.  48 bulgIPRGB zum Tragen (vgl. ErwGr 50 S.  1 HS.  2); die Ausweichklausel des Art.  26 Abs.  2 EuGüVO ist nach ihrem klaren Wortlaut – „Besitzen die Ehegatten […] mehr als eine gemeinsame Staatsangehörigkeit“ – nicht (analog) anwendbar. Die so ermittelte gemeinsame Staatsangehörigkeit muss nicht die effektive sein; andere Faktoren können m. a. W. den in einem Heimatstaat zu verortenden gewöhnlichen Aufenthalt nicht aufwiegen.74 Sind jedoch beide Ehegatten Doppel- oder Mehrstaater mit mehreren gemeinsamen Staatsangehörigkeiten zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eheschließung, so ist das Recht jenes Staates anwendbar, zu welchem sie am engsten miteinander verbunden sind (Art.  26 Abs.  2 i. V. m. Abs.  1 lit.  c EuGüVO).75 Die Verweisung des Art.  26 Abs.  2 leg.cit. auf Abs.  1 lit.  a ist dagegen nur denkbar bei Überschreitung der zeitlichen Grenze von (den hier vertretenen) drei Monaten zur Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts nach Eingehung der 72 

S.a. Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  53, Rn.  23. Zu dieser Divergenz Dengel, IntEhegüterR, S.  194. 74  Anders ist das nach Art.  5 Abs.  1 S.  1 EGBGB. Für die Anwendung des Effektivitätsgrundsatzes Dengel, IntEhegüterR, S.  209 ff.; MüKo BGB/Looschelders (2018), EuGüVO, Rn.  86; Hausmann, IntFamR, B. Rn.  353; Döbereiner/Frank, IntGüR, Rn.  148; a. A. (Berücksichtigung auch einer nicht-effektiven Staatsangehörigkeit) Martiny, ZfPW 2017, 1, 23; ­Heiderhoff, IPRax 2018, 1, 5 f. 75  Wie hier Dutta, FamRZ 2016, 1973, 1981: „[…] sodass es beim Recht der engsten Verbindung nach lit.  c bleibt“; Martiny, ZfPW 2017, 1 22. 73 

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Ehe; andernfalls wäre die Anknüpfung des Abs.  1 lit.  a bereits auf der ersten ­Stufe von Erfolg gekrönt und würde damit den nachfolgenden Kaskadenanknüpfungen den Weg versperren. Treffen aber die Anknüpfungsfälle im Abs.  2 i. V. m. lit.  a und lit.  c aufeinander, dann genießt das Anknüpfungsmoment der lit.  a keineswegs Vorrang.76 Es ist vielmehr danach zu fragen, mit welcher Rechtsordnung die Eheleute zur Zeit der Heirat gemeinsam am engsten verbunden sind.77 Dafür streitet schon der Wortlaut des Art.  26 Abs.  2 EuGüVO. Danach finden Abs.  1 lit.  a und lit.  c Anwendung, und eben nicht: „Abs.  1 lit.  a, andernfalls lit.  c“. Für diese Interpretation spricht zudem ErwGr 49.78 Zu beachten ist schließlich, dass die Ausweichklausel des Art.  26 Abs.  3 EuGüVO angesichts ihres klaren Wortlauts hier nicht greift; sie kann nur das Anknüpfungsergebnis auf der ersten Sprosse verändern. III. Engste Verbindung Scheiden die Anknüpfungen auf der ersten und zweiten Stufe aus, so kommt auf der letzten Sprosse das Recht des Staates zum Zuge, mit dem die Ehegatten zur Zeit der Eheschließung gemeinsam am engsten verbunden sind (Abs.  1 lit.  c). Der Begriff der engsten Verbindung ist autonom auszulegen.79 Die Anknüpfung entspricht im Wesentlichen der des Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  2 Alt.  2 bulgIPRGB mit dem Unterschied ihrer zeitlichen Fixierung und folglich der Unwandelbarkeit des Güterstatuts. Zur Bestimmung der gemeinsamen engsten Verbindung sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen. Der Ort der Eheschließung reicht allein nicht aus.80 Entscheidend sind Gemeinsamkeiten der Ehepartner in Bezug auf Herkunft, Religion, Sprache, kulturelle und soziale Bindungen,81 Belegenheit von Vermögen, Wohnsitz.82 Gemeinsame Zukunftspläne sind beachtlich, wofern sie zur Zeit der Heirat präzise waren, z. B. ein geplanter gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt nach der Eheschließung.83 76  A. A.

wohl Hausmann, IntFamR, B. Rn.  354; „[…] so wird das Güterstatut […] nach Abs.  1 lit c bestimmt, sofern nicht ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt nach lit a begründet wurde.“ 77  Wie hier MüKo BGB/Looschelders, EuGüVO, Rn.  85. 78  S.a. MüKo BGB/Looschelders, EuGüVO, Rn.  85 (Fn.  112). 79  Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  54, Rn.  27. 80  Wohl auch so Meise, RNotZ 2016, 485, 492; Döbereiner/Frank, IntGüR, Rn.  157. Anders noch Art.  17 Abs.  1 lit.  c EuGüVO-E 2011 (abgedr. in Jayme/Hausmann, 17.  Aufl., Nr.  33), der den Ort der Eheschließung als Indiz für die engste Verbindung vorsah; krit. dazu Döbereiner, MittBayNot 2011, 463, 465. 81  Vgl. Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  54, Rn.  27. 82  Martiny, ZfPW 2017, 1, 23 m. w. N. 83  Vgl. MüKo BGB/Looschelders, EuGüVO, Rn.  88; Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGü­VO, S.  54, Rn.  27; Martiny, ZfPW 2017, 1, 23.

§  4. Anknüpfungsprinzipien

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IV. Ausweichklausel Art.  26 Abs.  3 EuGüVO sieht eine Korrektur der primären Anknüpfung zugun­ sten des Rechts des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts vor84 und damit eine Kompromisslösung für mitgliedstaatliche Rechtsordnungen, die das Güterstatut wandelbar anknüpfen (wie eben Art.  79 Abs.  3 i. V. m. Abs.  1 oder 2 bulgIPRGB).85 Der Anwendungsbereich der Ausweichklausel ist eng. Eine Ausweichung kommt ausschließlich für die objektive Anknüpfung nach Art.  26 Abs.  1 EuGüVO in Betracht und dabei nur im Rahmen der lit.  a. Führt die erste Stufe nicht zum Ziel und wollen die Gatten das Resultat der Anknüpfung auf der zweiten oder dritten Stufe verändern, so steht ihnen der Weg einer Rechtswahl offen, was natürlich ihre Konsensfindung voraussetzt.86 Erforderlich ist stets der Antrag zumindest eines Ehegatten. Der Richter kann also von der Anknüpfung des Art.  26 Abs.  1 lit.  a EuGüVO nicht von Amts wegen ausweichen. Ist ein Antrag aber gestellt und liegen die übrigen Voraussetzungen des Art.  26 Abs.  3 UAbs.  1 leg.cit. vor, so kommt das Recht des Staates zur Anwendung, in welchem die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten; ein Ermessen steht dem Gericht auf der Rechtsfolgen­ seite nicht zu, trotz des Wortlauts.87 Das neue Güterstatut zeitigt Wirkungen ab Eheschließung. Widerspricht jedoch ein Gatte dieser rückwirkenden Geltung, so gilt das Neu-Güterstatut erst ab Begründung des letzten gemeinsamen gewöhn­ lichen Aufenthalts und damit nur für die Zukunft (Abs.  3 UAbs.  2). Die Ausweichklausel trägt sohin Züge einer konkludenten Wahl.88 C. Statutenwechsel Zu einem Güterstatutenwechsel führen sowohl die (postnuptiale ex nunc- wie ex tunc-) Güterrechtswahl als der Widerspruch eines Ehegatten nach Abs.  3 UAbs.  3 des Art.  26 EuGüVO. Der bisherige Güterstand endet. Das neu gewählte, geänderte oder objektiv bestimmte Güterstatut tritt sodann an die Stelle des alten subjektiven bzw. objektiven Güterstatuts. Der neue Güterstand löst den bis anhin gegoltenen ab. Somit erhebt sich die Frage, wie die einzelnen Güterstände ineinander zu überführen wären. Auch für die EuGüVO verwendet das deutschsprachige Schrift­tum 84 

Krit. dazu Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  56, Rn.  34. Vgl. Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  55, Rn.  28. 86  S.a. Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  55, Rn.  30. 87  Coester-Waltjen, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  57, Rn.  37. 88  Dutta, FamRZ 2016, 1973, 1982. 85 

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Adnex: Die Europäische Güterrechtsverordnung

die Formulierung: der alte Güterstand sei abzuwickeln.89 In dieser generalisierenden Wendung überzeugt das nicht. Die im Geltungsbereich des Art.  79 Abs.  4 bulgIPRGB entwickelten Grundsätze finden m. E. bei einem Statutenwechsel unter dem Dach der EuGüVO sinngemäße Anwendung.90 Das bedeutet: Eine güterrechtliche Auseinandersetzung erfolgt weder automatisch noch von Amts wegen, sondern setzt immer das Verlangen eines Ehegatten voraus. Andernfalls geschieht bis auf weiteres nichts und es wird nichts „abgewickelt“.

89 

So z. B. Döbereiner, in: Dutta/Weber, EuGüVO, S.  82, Rn.  69; Döbereiner/Frank, IntGüR, Rn.  305. 90  Dazu 3.  Teil, §  2. C. IV. 3.

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Sachregister Abstammung  377 ff. – Anerkennung 392 – Anerkennung ausländischer Entscheidungen 378 – Anfechtung  391 ff. – bulgarisches materielles Abstammungsrecht 379 – Kollisionsrecht  378 ff. Abstammungsstatut  380 ff. – Angleichung  387 ff. – Anknüpfungen  380 ff. – Anwendungsbereich 380 – Elternstatut  383 f. – gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes  382 – intertemporale Regelung 379 – mehrere Elternanwärter  384 ff. – Qualifikation  380 – Reichweite 380 – Renvoi  389 f. – Staatsangehörigkeit des Kindes  380 f. – Unwandelbarkeit 381 – Verhältnis der Anknüpfungsvarianten  384 f. – Vorfragen 391 – Wandelbarkeit  382 f. Adoption siehe auch HAÜ, Anerkennung ausländischer Adoptionen  396 ff. – Adoptionsfähigkeit 129 – Anfechtung 424 – Beendigung  424 f. – Internationale Zuständigkeit  404 ff. – Kollisionsrecht  409 ff. – Qualifikation  406 ff. – schwache Adoption  396 f., 407, 410, 428 – starke Adoption  396 f., 407, 410, 410 f. – Volladoption siehe starke Adoption – Wirkungen  426 ff.

Adoptionsstatut – Anknüpfungsregeln  411 ff. – Annahme durch ledige Personen  413 f. – Annahme durch verheiratete Personen  414 – Anwendungsbereich  409 ff. – Eltern-Kind-Verhältnis 428 – Erbrecht  432 ff. – Name  429 ff. – Renvoi 423 – Sorgerecht 429 – Staatsangehörigkeit  431 f. – Unterhalt 429 – Verhältnis zu anderen Statuten  428 ff. – Vorfragen  421 ff. – Wandelbarkeit  426 f. – Zustimmungserfordernisse  420 f. Anerkennung ausländischer Adoptionen  435 ff. – außerhalb HAÜ  436 f. – Dekretadoptionen 436 – nach HAÜ  435 f. – Verhältnis zwischen HAÜ und autonomem IZVR  436 – Vertragsadoptionen  436 f. – Wirkungen  436 f. Angleichung siehe Anpassung Anhängigkeit – Begriff  353 Anpassung – Begriff  66 – Adoptions-/Erbstatut  433 ff. – Auskunftsansprüche  342 ff. – Erbrecht – EuErbVO 96 – Kommorienten 99 – Verschollenheits- und Todeserklärung  109 f.

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Sachregister

– Namensrecht  146, 161 f., 165 f. – ordre public 71 Arbeitsvertrag – zwischen Ehegatten/Qualifikation vermögensrechtlicher Ansprüche  335 f. Arbeitsvertragsfähigkeit  120 f. Asylberechtigter – Eheschließungsstatut 179 f. – Personalstatut  31 Auskunftsansprüche – Güterrecht  342 ff. Befreiung von Ehehindernissen  185 ff. Brüssel Ia-VO – güterrechtliche Vorfragen/Güterrechts­ sachen  297 ff. Brüssel IIa-VO – güterrechtliche Vorfragen/Güterrechts­ sachen  297 f. – Privatscheidungen  373 CIEC-Übereinkommen – Ehefähigkeitszeugnis  177 Deliktsfähigkeit  133 Doppelehe – Ehehindernis  182 f. Ehe – bulgarisches Eheschließungsrecht  174 ff. – Ehemündigkeit  127 – Ehevertragsfähigkeit  127 f. – Formwirksamkeit – materielles bulgarisches Eheschließungsrecht  171 ff. – materielle Wirksamkeit – Namensrecht  147 ff., 160 ff. – polygame  178 – Vorehe  183 f. Ehe, Begriff – autonomes IPR, Eheschließung  177 f., 178 ff. ehebedingte Zuwendungen – autonomes IPR  339 ff. – bulgarisches Recht  336 ff. Ehebeseitigungsstatut – Begriff  214 – Formmängel  215 – materielle Eheschließungsmängel  214 f.

Ehefähigkeitszeugnis/-nachweis – CIEC-Übereinkommen  176 f. – Wirkung/unterbliebenes  191 ff. – zuständige bulgarische Ausstellungs­ behörde  187 Ehegattenaußengesellschaft  347 f. Ehegatteninnengesellschaft  345 ff. Ehegüterstatut, autonomes IPR  230 ff. – Anwendungsbereich  232 ff. – EuGüVO, intertemporale Abgrenzung  2 f., 457 – Grundsatz der Wandelbarkeit  279 ff. – objektive Anknüpfung  275 – Rechtswahl siehe auch Rechtswahl, Ehegüterstatut, autonomes IPR  237 ff. – Renvoi  279 ff. – Statutenwechsel  281 ff. – Verhältnis zum Belegenheitsrecht  310 ff. – Vorfragen  281 Ehegüterstatut EuGüVO  457 ff. – Anknüpfung: gewöhnlicher Aufenthalt  466 f. – Anknüpfung: Staatsangehörigkeit  467 f. – Anknüpfung: engste Verbindung  468 – Anwendungsbereich  457 f. – Ausweichklausel  469 – objektive Anknüpfung  466 ff. – Rechtswahl siehe auch Rechtswahl, EuGüVO  461 ff. Ehehindernisse  175, 182 f., 185 f., 187 ff. – Doppelehe  182 Ehehindernisse nach ausländischem Recht  185 – ordre public  186 – Befreiung  186 f. – Feststellung  187 ff. eheliche Vermögensbeziehungen, Qualifikation  231 ff. – ehebedingte Zuwendungen  339 ff. – Ehegattenaußengesellschaft 347 f. – Ehegatteninnengesellschaft 345 f. – Eigentumsvermutungen  220 – Eigentums- und Verwaltungsrechte  220, 233 – Schenkungen unter Ehegatten  336 ff. – Verbindlichkeiten gegenüber Dritten  349 ff. – Vermögensbeschränkungen der Ehegatten  348 Ehemündigkeit  127

Sachregister Eheschließung – Befreiung von Ehehindernissen  185 ff. – Ehefähigkeitsnachweis/-zeugnis  187 f. – Ehehindernisse  175 f., 182 f., 185 f., 187 f. – Ehewillen  173, 175 – fehlerhafte Ehe  214 – Form siehe auch Eheschließung, Form  194 ff. – Geschlechtsverschiedenheit  174 – Gesetzesumgehung  180 – Haager Eheschließungsübereinkommen  176 – New Yorker UN-Übereinkommen über die Erklärung des Ehewillens  177 – ordre public  184 – Rechtsquellen  176 f. – religiöse Trauung  173, 195 ff., 205, 209 – Scheinehe  175 – Zeitehe  188, 211 f. Eheschließung, Form – Anwendungsbereich  194 f. – Anerkennung Auslandstrauungen  208 ff. – auf hoher See  207 f. – Auslandsehe  206 f., 206 f. – Bestimmung des Formstatuts  195 ff. – Folgen von Formmängeln  215 – Handschuhehe  213 – Inlandsehe  206 – vor Konsularbeamten/diplomatischem Vertreter  197 ff., 206 – vor Popen  48 f., 202 f. Eheschließung vor  18 Jahren – nach Vollendung des 16., aber vor Vollendung des 18. Lebensjahres  174 – vor Vollendung des 16. Lebensjahres  174 Ehevertrag – und gemeinschaftliches Testament  267 – und Statutenwechsel  292 ff. Ehewirkungsstatut  219 ff. – Anwendungsbereich  219 ff. – Funktion  221 – Mehrrechtsstaat  224 – objektive Anknüpfung  223 ff. – Rechtswahl  223 – Renvoi  229 – Vorfragen  229 f. – Wandelbarkeit  222 f. Ehewohnung siehe Familienwohnung

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Eigentumsvermutung – Qualifikation  220 elterliche Verantwortung  443 ff. – Abgrenzung der Rechtsquellen  444 – internationale Zuständigkeit  443 f. – Rechtsquellen  443 f. elterliche Verantwortung, Kollisionsrecht  447 f. – autonomes IPR  448 – KSÜ  447 f. Erbrecht – Adoption  432 ff. – Erbfähigkeit  129 – Erbvertrag  132 f. – Erbvertragsfähigkeit  132 f. – gemeinschaftliches Testament  267 – Testierfähigkeit  129 f. EuEheVO siehe Brüssel IIa-VO Errungenschaftsgemeinschaft des bulgarischen Rechts  317 ff. Familienwohnung – Verfügungs- und Verwaltungsrechte  233, 326 fehlerhafte Ehe – Abstammungsstatut  391 f. – Heilung  216 ff. – Rechtsfolgen  214 ff. Gesamtverweisung siehe Renvoi Geschäftsfähigkeit – Eheschließung  121 ff. – Renvoi  115 – Teilfrage  63 f. – Unionsrecht  76 gesetzliche Vertretung des Kindes – Anknüpfung  410 Get-Scheidung – im Ausland, Anerkennungsverfahren  374 – im Inland  361 – Qualifikation  39 Gewöhnlicher Aufenthalt – Begriff  32 – Begründung  382 – Kind – Säugling  382 gleichgeschlechtliche Ehe – EuGüVO  457

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Sachregister

– Qualifikation  177 f. Grundbuch, bulgarisches, bei deutschem Güterstand – Eintragung  329 f. – Prüfungspflicht des Grundbuchrichters  333 f. – Widerspruch zwischen Grundbuchseintragung und Güterrecht  331 ff. – Wohneigentum  331 ff. Grundbuch, deutsches, bei bulgarischem Güterstand – Eintragung  313 f. – Familienwohnung  322 f. – Rechtsfolgen  321 – Verfügungsbeschränkungen  321 ff. – Widerspruch zwischen Grundbuchseintragung und Güterrecht  323 ff. Grundrecht auf Eheschließungsfreiheit  193 Grundrechte siehe auch ordre public  70 f. Güterrechtsregister – bulgarischer Güterstand und deutsches Güterrechtsregister  313 ff.. – Rechtswahl  273 ff. – Schutz des guten Glaubens  324 ff. Güterstand – Wechsel/Änderung infolge Statuten­ wechsel  281 ff. Güterstatut siehe auch Ehegüterstatut – Grundbuch  313 – Grundbuch, bulgarisches, bei deutschem Güterstand  329 ff. – Grundbuch, deutsches, bei bulgarischem Güterstand  313 ff. Gütertrennung – und Statutenwechsel  288 ff., 302 ff., 305 ff. Handschuhehe – Qualifikation  213 – ordre public  213 Haushaltsgegenstände – Verfügungs- und Verpflichtungsbefug­ nisse der Ehegatten  233 HAÜ  397 ff. Inlandsadoptionen  404 ff. – Dekretsystem  408 – Vertragssystem  408

Islamische Rechtsordnungen – Scheidung siehe talaq  362 f., 374 Jüdische Rechtsordnungen – Scheidung siehe Get  361, 374 Kafala – Begriff  408 – Verhältnis zur Adoption  408 kanalisierte Verweisung  46 ff. Mehrehe siehe Doppelehe Mehrrechtsstaat  58 f. Minderjährigkeit – nach bulgarischem Recht  116 ff. offene Verweisung  44 ff. ordre Public – Anerkennung ausländischer Abstammungsentscheidungen  378 – Anerkennung ausländischer Todes­ erklärungen  110 f. – Anerkennung einer Adoption außerhalb HAÜ  436 – Anerkennung einer Adoption nach HAÜ  435 – Anerkennung einer Auslandsehe, ordre public  211 f. – Anerkennung einer Privatscheidung  374 ff. – ausländischer Güterstand und bulgarisches Grundbuch  329 ff. – ausländisches Güterstatut  236 – Befreiung von Ehehindernissen  185 ff. – Begriff  69 ff. – Beispielsfall  331 ff. – effet atténué de lʼordre public  70 – Ehe – Ehefähigkeitsnachweis  191 ff. – Eheschließung  178 ff. – Einschränkung der Geschäftsfähigkeit infolge Eheschließung  124 – Entmündigung  137 – Erbvertrag  132 – foreign court theory  55 – Geschäftsfähigkeit  116 – gleichgeschlechtliche  178 – Güterrechtswahl  238 f.

Sachregister – Handschuhehe 213 – Heilung fehlerhafter/hinkender Ehe  216 ff. – interpersonales Privatrecht 58 – Name – polygame 178 – privatrechtlich geschlossene 178 – Rechtsfähigkeit 81 – Rechtsfolgen 71 – Rechtswahl 57 – Scheidung, autonomes IPR  353 f. – schwache Adoption 397 – Statutenwechsel  167 f. – Tenorierung der Verschuldensfrage bei Scheidung  365 ff. – Unterhaltsstatut 442 – Vatername 145 – Vaterschaftsfeststellung 146 – Voraussetzungen der Anwendung  70 f. – Zeitehe  178, 211 f. – zeitlich geschlossene  178, 211 f. – Zustimmung Dritter zur Eheschließung  181 Personalstatut – Abstammung  380 f., 382 f. – Abstammungsanerkennung  392 f. – Adoption  411 ff. – Anfechtung der Abstammung  391 ff. – Annahme und Ausschlagung der Erbschaft 132 – Arbeitsvertragsfähigkeit 120 – Bestimmung  29 ff. – Eheschließung  179 f. – Ehewirkungen  223 ff. – Entmündigung  136 f. – Erbvertrag/Erbvertragsfähigkeit  132 f. – Güterrecht 275 – Kommorienten  95 ff. – Name  158 ff. – natürlicher Tod 112 – Partei- und Prozessfähigkeit  140 f. – Rechts- und Geschäftsfähigkeit  76 f., 80 ff. – Scheidung, autonomes IPR  351 f. – Schreibweise  162 f. – Teilgeschäftsfähigkeit 119 – Verschollenheits- und Todeserklärung  82 ff.

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Pflegekindschaft  408 Privatscheidung  374 ff. – Anerkennung ausländischer  374 f. – Begriff  374 – Rom III-VO 376 – talaq  362 f., 374 Qualifikation siehe auch Stufenqualifikation – autonome  46 f. – Begriff  33 f. – Gegenstand  35 ff. – lege causae  50 ff. Qualifikationsproblem  38 Rechtswahl, allgemein, bulgIPRGB  57 Rechtsahl Ehegüterstatut autonomes IPR – Aufhebung und Änderung  269 – Eintragung ins Güterrechtsregister  273 ff. – Form  251 ff. – konkludente  251 f. – Teilrechtswahl  242 ff. – wählbare Rechtsordnungen  240 f. – Wirkungen  256 ff. – Zeitpunkt 237 – Zustandekommen/Wirksamkeit 273 Rechtswahl EuGüVO – Form  464 f. – konkludente 462, 469 – Teilrechtswahl  462 f. – wählbare Rechtsordnungen 461 – Wirkungen 461, 465 – Zeitpunkt  460 f. – Zustandekommen/Wirksamkeit 465 Rechtswahl Unterhaltsstatut – ausgeschlossene Unterhaltsbeziehungen  441 – Form  440 f. – Unterhaltsverzicht 441 – Zeitpunkt 441 Renvoi – Begriff  52 – double renvoi siehe foreign court theory – EU-Kollisionsrecht 56 – foreign court theory  54 f. – Prüfungsmethode  52 ff. Rom III-VO – Privatscheidung  375 f. – Scheidungsstatut  350, 355 ff.

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Sachregister

Scheidung – einvernehmliche gerichtliche  367 ff. – islamische Rechtsordnungen  361 ff., 374 f. – jüdisches Scheidungsrecht  361, 375 – Mediationsversuch  371 f. – religiöse Rechtsordnungen  362 f. – religiöses Gericht  196, 374 f. – Schuldspruch, Qualifikation  364 – Tenorierung des Schuldspruchs  365 ff. – Vollzug  361 ff. – Vorfragen  372 f. Scheidung, einvernehmliche nach bulgarischem Recht  367 ff. Scheinehe  175 Schenkung siehe auch ehebedingte Zuwendungen – Verlöbnis, bulgarisches Recht  336 ff. Schenkung unter Ehegatten – autonomes IPR  339 ff. – nach bulgarischem Recht  336 ff. Schutz Dritter im rechtsgeschäftlichen Verkehr – autonomes IPR Güterrecht  308 f. Staatsangehörigkeit – Bestimmung  29 ff. – Erwerb durch Adoption  431 f. Standesbeamter siehe Zivilstandsbeamter Stufenqualifikation – Begriff  39 f. – erste Stufe  40 f. – zweite Stufe  41 ff. Substitution – Abstammung  391 – Adoption  432 – Adoption, Zustimmungserfordernisse  421 talaq – im inländischen Scheidungsverfahren  362 f. – Privatscheidung  374 Unterhalt – Adoptionswirkungen  429 – Begriff und Abgrenzung  440 – Rechtsquellen  437 f. Unterhaltsstaut – Anknüpfungsprinzipien  439 ff., 442 – Anwendungsbereich  439 f. – Ehegattenunterhalt  442

– ordre public  442 – Rechtswahl  440 f. – Renvoi  440 – Statutenwechsel  442 Unterhaltsverzicht  441 Vaterschaftsanerkennung  392 ff. – Anknüpfungen  392 f. – besondere Geschäftsfähigkeit  128, 394 – Form  395 – Renvoi  394 – Staatsangehörigkeit  393 – Vorfragen  394 f. Vaterschaftsanfechtung – besondere Geschäftsfähigkeit  128 f. – Name  146 Verbot der révision au fond  70, 110, 375 Verfügungsbeschränkungen – bei bulgarischem Güterstand und deutschem Grundbuch  321 – Beispielsfall  254 ff. – bei Transformation  282 – EuGüVO  459 – Grundbuchrecht  309, 314, 321 ff. – im bulgarischen Familienrecht  321 f. – Qualifikation  124, 220, 233, 348 – über die Familienwohnung  325 – unter Ehegatten Verlöbnis – Ansprüche bei Auflösung, Qualifikation  38 – Verlöbnisfähigkeit  127 Vermögensrechtliche Scheidungsfolgen – Qualifikation  359 f. Verpflichtungsbeschränkungen  348 Versorgungsausgleich  361 Verstärkte Zusammenarbeit – EuGüVO  458 – Rom III-VO  458 Versteckte Rückverweisung – Adoption  423 – Eheform  197 – Geschäftsfähigkeit  115 Verweisung – kanalisierte  46 ff. – offene  44 ff. Volljährigkeit  116 – Adoption  396, 422 – Vaterschaftsanerkennung  128

Sachregister Vollstreckung – Eigengut  285 – Gesamtgut von Ehegatten  285, 298 f., 350 Vorbehaltsklausel siehe ordre public Vorfrage – Begriff  61 f. – bezogen auf Abstammung  391 – bezogen auf Adoption  421 f. – bezogen auf Anerkennung einer Auslands­ eheschließung  210 f. – bezogen auf Anerkennung der Abstammung  394 f. – bezogen auf Anfechtung der Abstammung  392 – bezogen auf den Namen  163 – bezogen auf Ehegüterrecht  281 – bezogen auf Eheschließung  183 f. – bezogen auf Ehewirkungen  229 f. – bezogen auf Scheidung  372 f. – prozessuale, Begriff  63 – selbständige Anknüpfung, Begriff  61 f. – unselbständige Anknüpfung, Begriff  61 ff. Vormundschaft  448 f. – Abgrenzung zur Adoption  408 – Kafala  408 – Pflegekindschaft  408

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Wirkungserstreckung – Adoption, Anerkennung nach HAÜ  435 f. Zentrale Behörde – nach HAÜ  398, 435 Zivilstandsbeamter – Eheschließungskollisionsrecht, ­Ehehindernisse  188 f. – Feststellung von Ehehindernissen  187 f. – Nachforschungspflicht – Namenskollisionsrecht  154 – Prüfungspflicht/-recht, Namenskollisionsrecht  158 Zugewinnausgleich – Statutenwechsel  281 ff. Zustimmungsstatut (Eheschließung, Adoption und Abstammung) – Adoption  129, 406, 410, 420 ff. – Anerkennung der Vaterschaft  128 – Befreiung von Ehehindernissen  185 – Eheschließung – Form (Adoption)  420 f. – Nichtvolljähriger  122 f. – Qualifikation  181 – Qualifikation als Formfrage  181