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German Pages 232 Year 1999
Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR in seiner Gründungsphase 1971 bis 1974
SCHRIFTENREIHE DER GESELLSCHAFT FÜR DEUTSCHLANDFORSCHUNG BAND 70
Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR in seiner Gründungsphase 1971 bis 1974 Von
Michael B. Klein
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Klein, Michael B.: Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR in seiner Gründungsphase 1971 bis 1974/ von Michael B. Klein.Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriftenreihe der Gesellschaft für Deutschlandforschung ; Bd. 70) Zugl.: Erlangen-Nürnberg, Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09342-9
Alle Rechte vorbehalten
© 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fotoprint: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5774 ISBN 3-428-09342-9
Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 97068
Vorwort Die vorliegende Dissertation, welche im Februar 1997 von der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als Inauguraldissertation angenommen wurde, behandelt Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR in seiner Gründungsphase 1971 bis 1974 und entstand auf Anregung von Herrn Prof. Dr. Michael Stürmer, dem ich für seine Unterstützung ebenso danken möchte wie seitens der Universität Samberg Herrn Prof. Dr. Dr. Jürgen Schneider und Herrn Dr. Oskar Schwarzer sowie Herrn Prof. Dr. Karl-Heinz Metz, der sich für die Erlangener Fakultät als Zweitgutachter zur Verfügung stellte. Ferner gilt mein Dank für Rat und Tat Herrn Prof. Dr. Konrad Jarausch von der University of North Carolina, Chapel Hili, wie auch Herrn Dr. Martin Sabrow vom Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam. Daß in einer überschaubaren Zeitspanne eine Unmenge von Akten und Dokumenten ausgewertet werden konnten, ist den Mitarbeitern zahlreicher Institutionen und Einrichtungen zu verdanken, die - ohne Ausnahme - in bewundernswerter Weise unterstützend wirkten. In diesem Zusammenhang seien an erster Stelle Frau Dr. Watther und Herr Lange von der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv in Berlin, Frau Kopka von der Gauck-Behörde in Berlin sowie Herr Dr. Wagner vom Bundesarchiv Abteilung Potsdam genannt. Darüber hinaus gilt mein Dank dem Archiv der Humboldt-Universität Berlin, der Staatsbibliothek Berlin, dem Institut für Politik und Wirtschaft Haus Rissen Hamburg, der Körber-Stiftung Hamburg, Herrn Dr. Spanger von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung, dem Haus der Geschichte I Bibliothek zur Geschichte der DDR in Bonn, Herrn Prof. Dr. Karl Kaiser vom Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Frau Dr. Regine Mehl von der Arbeitsstelle Friedensforschung in Bonn, dem ehemaligen Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts des DGB, Herrn Prof. Dr. Heinz Markmann, dem ehemaligen Mitarbeiter am Gesamtdeutschen Institut, Herrn Buch, dem Institut für Weltwirtschaft in Kiel, Herrn Prof. Dr. Winfried Schlaffke vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, Herrn Prof. Dr. Manfred Wilke vom Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin, dem Archiv des NEUEN DEUTSCHLAND, der Friedrich-Naumann-Stiftung, der KonradAdenauer-Stiftung, der Bundesgeschäftsstelle der CDU, der Friedrich-EbertStiftung, der Bundesgeschäftsstelle der SPD, dem Auswärtigen Amt, dem Innen- und Wirtschaftsministerium sowie dem Bundeskanzleramt.
Vorwort
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Mein besonderer Dank gilt jedoch den ehemaligen IPW-Mitarbeitem, ohne deren Unterstützung die Arbeit nicht hätte erfolgreich abgeschlossen werden können. An erster Stelle sei in diesem Zusammenhang Detlef Herrmann genannt, des weiteren Dr. Werner Rossade, Dr. Hans Pirsch, Prof. Dr. Siegtried Schwarz, Prof. Dr. Jürgen Nitz sowie die ehemaligen IPW-Direktoren Prof. Dr. Max Schmidt und Prof. Dr. Stefan Doernberg. Der Hanns-Seidel-Stiftung, München, danke ich für die finanzielle wie ideelle Unterstützung in Form eines Stipendiums ebenso wie dem Verlag Duncker & Humblot, hier besonders dem Herstellungsleiter Herrn D. H. Kuchta, sowie Frau Alexandra Büning für Korrekturlesen und schließlich meinen Freunden Alexander Krapp und Patrick Sourek für unermüdliche Hilfe in technischen Fragen. Der größte Dank gilt jedoch meiner Familie. Bann I Erlangen, im Januar 1999
Michael Bruno Klein
Inhalt Zur Einführung ......................... ........................... ............................... 13 Methodische Anmerkungen ......................... ........................................... 17 Quellenkritische Anmerkungen ................................... ......... ................... 31 Einleitung ............................. .......................... ......... .......................... 34 A. Die Deutschlandpolitik der SED 1961 bis 1971.. ............................ .. ...... . 37 I.
Die Veränderung der SED-Deutschlandpolitik ....................... .... ... 37
1. Die neue Westpolitik der SED ...... ....... .. ............... ........... ..... . 39 2. Die Veränderung der SPD-Deutschlandpolitik ........ .. ........ .. .... ... 44 II. Das Staatssekretariat für gesamtdeutsche Fragen ...................... ... .. 49 III. SED und Große Koalition ... ................. .. ... .............................. . 52 IV. Differenzen zwischen Moskau und Ost-Berlin ......... .... ................. 56 V.
Abgrenzu~gspolitik
und VIII. Parteitag der SED ............ ..... .......... 60
B. Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft............. .............. ..... . 69 I.
Gründung und Auftrag .. ................. ..... ................... ........ ........ 69
II.
Einbettung in das SED-System ............... .. .. ...................... ....... . 80
III. Exkurs: Zur Einheit von Politik und Wissenschaft. ... ........ ........ .. .. 82 IV. Struktur und Aufgaben .... ........... ........ ... ... ........................ .... . 86 V.
Forschungstätigkeit .... ......................... ....... ........................ ... 95
VI. Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 VII. Kader- und Weiterbildung ........ ........ ..... .... .............. ............ . 113 VIII. Kontakte innerhalb der DDR .............. .......... ......... ..... ........... 119 1. Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit .... .................. 123
IX. Internationale Kontakte und Beziehungen .... ......... ..... ......... ....... 125 1. Kontakte zu sozialistischen Einrichtungen ....... ... .. ..... ............. 125
2. Kontakte zu nicht-sozialistischen Einrichtungen .... ............. .. .... 131
Inhalt a) Bundesrepublik Deutschland ..................................... ....... 131 b) Übriges Ausland ........................................................... 138 C. SED-Deutschlandpolitik und IPW 1971 bis 1974 ................................... 147 I. Vom Machtwechsel in Ost-Berlin zum Grundlagenvertrag ....... ........ 147 ll. Vom Grundlagenvertrag zur KSZE ............................................ 158 D. Die Bedeutung des IPW ................................................................. . 168 I. Die Bedeutung für die Deutschlandpolitik der SED ........................ 169 ll. Die Bedeutung für die Innenpolitik der SED .. .............................. 177 Resümee ......... .................................................. ....................... ........ 187 Anhang I Dokumente .................................. ..... ........................... ........ 193 Literaturverzeichnis ............................................. ............. ................. 222
Abkürzungen AA a.a.O. Abs. Abt. ADN AK APuZ Art. BAPAR Bd. BRD BSTU CDU
csu
DAW DDR ddz DEFA DFD DFU DGB d. h.
DIZ DKP
DPZI DTSB d. Verf. DWI EFTA EWG FDGB FDJ FDP HA
Auswärtiges Amt am angegebenen Ort Absatz Abteilung Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst Arbeitskreis Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung DAS PARLAMENT Artikel Bundesarchiv, Abteilungen Potsdam, Außenstelle Ruschestraße Band Bundesrepublik Deutschland Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (Gauck-Behörde) Christlich Demokratische Union Christliche Soziale Union Deutsche Akademie der Wissenschaften Deutsche Demokratische Republik Dokumentation der Zeit Deutsche Film-Aktiengesellschaft Demokratischer Frauenbund Deutschlands Deutsche Friedensunion Deutscher Gewerkschaftsbund das heißt Deutsches Institut für Zeitgeschichte Deutsche Kommunistische Partei Deutsches Pädagogisches Zentralinstitut Deutscher Turn- und Sportbund der DDR der Verfasser Deutsches Wirtschaftsinstitut European Free Trade Association Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Freier Deutscher Gewerkschaftsbund Freie Deutsche Jugend Freie Demokratische Partei Hauptabteilung
10 Hrsg. HSFK IFW IIB !MEMO IML IMSF INION IPSA IPW KP KPD KPdSU LDPD MBFR MfAA MfS MHF MPK NATO NBZ ND NVA PDS PHS
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SDS SED SHB SIPRI SPD
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UN UNO Urania
Abkürzungen Herausgeber Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt am Main Institut für Weltwirtschaft Kiel Institut für Internationale Beziehungen Babelsberg Institut für Weltwirtschaft und Internationale Beziehungen der Akademie der Wissenschaften der UdSSR Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED Institut für marxistische Studien in Frankfurt am Main Institut für Wissenschaftliche Information Moskau International Political Science Association Institut für Internationale Politik und Wirtschaft Kommunistische Partei Kommunistische Partei Deutschlands Kommunistische Partei der Sozialistischen Union Liberal-Demokratische Partei Deutschlands Mutual Balanced Forces Reduction Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten (der DDR) Ministerium für Staatssicherheit (der DDR) Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen (der DDR) Multilaterale Problemkommission North Atlantic Treaty Organisation Neue Bildzeitung Neues Deutschland Nationale Volksarmee Partei des Demokratischen Sozialismus Parteihochschule politisch-ideologische Diversion Institut für Internationale Fragen Warschau Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe Seite Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv, Berlin Torstraße Sozialistischer Deutscher Studentenbund Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Sozialistischer Hochschulbund Stockholm International Peace Research Institute Sozialdemokratische Partei Deutschlands Sowjetunion United Nations United Nations Organisation URANIA - Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Fachkenntnisse
Abkürzungen VdgB VEB vgl.
VR
VVB WSI ZAG z. B.
ZK
Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe Volkseigener Betrieb vergleiche Volksrepublik Vereinigung Volkseigener Betriebe Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut des DGB Zentrale Arbeitsgemeinschaft zum Beispiel Zentralkommitee (der SED)
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Zur Einführung Von 1971 bis 1990 gab es das IPW (Institut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR) in Berlin Ost. Es war Teil und Instrument des SEDStaates: Ausgerichtet auf Westanalyse, parteiisch im totalitären Sinne, ein Instrument des Politbüros, eng verbunden mit der Staatssicherheit, zugleich aber nach Westen Element des kontrollierten Dialogs, der angedeuteten, VorfeldDiplomatie, der Sondierung, der Beeinflussung und der Koordinierung. Der Zusammenbruch der DDR 1989 und die Öffnung der Archive gaben die Voraussetzungen ab, um die Strukturen, die Leitprinzipien und die Leistungen des IPW in seiner Gründungsphase aus der Innen- und Außensicht zu analysieren und zu bewerten. Michael B. Klein hat diese einmalige zeitgeschichtliche Situation benutzt für eine zupackende Untersuchung, mit überzeugenden Ergebnissen. Seine Studie zeigt nicht nur die schwachen Möglichkeiten und engen Grenzen eines "apparatgebundenen think tank" im kommunistischen System. Sie wirft auch Licht auf die Innenwirkung (in den Apparat) wie auf die Außenwirkung (vor allem auf das westliche Deutschland) des IPW. Es zeigt sich auch, daß die Geschichte des IPW von Anfang bis Ende verflochten war mit dem Ringen der SED um beides, internationale Anerkennung auf der einen Seite, Einflußgewinnung und Mitbestimmung der Agenda auf der anderen Seite. Insgesamt kommt der Verfasser zu dem Schluß, daß das IPW zwar den Hautgout des SED- und Stasi-Instituts nicht los wurde, daß es auch nach innen viel Propagandalärm zu veranstalten hatte bei der Widerlegung des "Imperialismus", daß es aber auch in der hermetischen Parteisprache und SED-Denkweise gefangen blieb und das langsame Sinken des DDR-Schiffes erst bemerkte, als dieses auf Grund lag. Zugleich fanden die Reisekader des IPW im Westen aufmerksame, mitunter devote Gesprächspartner, bis hin zu Verbrüderungen, weshalb der Verfasser viel Zurückhaltung fand bei seinem Wunsch nach Gesprächen. Die 1961 errichtete Berliner Mauer hatte ihre eigene Dialektik: Zwar sicherte sie, solange die Rote Armee dahinterstand, den Bestand des SED-Staates gegen die Mehrheit der Bevölkerung. Zugleich aber bewies ihre Existenz, daß die Vision des kommunistischen Gesamtdeutschlands, die noch Themen und Ziele der 40er und SOer Jahre bestimmt hatte, keine Chance hatte. Die Mauer bedeutet im doppelten Sinn, daß die DDR da war, um zu bleiben: Als Gamisonstaat der Roten Armee mit SED-Statthalterschaft, aber auch als deutsches Nationalfragment mit verblaßtem anti-faschistischen Legitimationsglanz und
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Zur Einführung
leerlaufender anti-imperialistischer Propagandamaschine, ohne demokratische Selbstbestimmung. Sowjetgarantie und Mauer blieben Ersatz von Legitimität. Früh schon war deutlich, daß der SED-Staat zu jenen bescheidenen Reformen, die Ungarn und andere Randstaaten des Sowjetsystems einführten, nicht in der Lage sein würde. Jedes Loch in der Mauer konnte der Anfang vom Ende sein. Die DDR mußte, zumal in der Ära von .. Abschreckung und Entspannung" seit 1967, sich einerseits entspannt und friedensfreundlich geben, andererseits sich ideologisch, politisch und materiell abgrenzen gegen das westliche Deutschland. In diese Widersprüche war das IPW gestellt, als es 1971 gegründet wurde, um die ostdeutsche .. BRD-Forschung" zu konzentrieren. Es entstand aus mehreren älteren Komponenten, vor allem dem Staatssekretariat für Gesamtdeutsche Fragen. In Zukunft sollte es als Koordinierungs- und Leitstelle dienen für Propaganda, Informationssammlung und Einflußnahme. Der Name war, wie der Verfasser zurecht schreibt, .,bewußte Irreführung" . Denn es ging nahezu ausschließlich um die Bundesrepublik Deutschland: Analyse der .. politischen Prozesse in der BRD und Westberlin"; Forschung zur .. Entwicklung des Imperialismus in der BRD"; Zusammenarbeit mit sowjetischen Stellen und der Westabteilung des ZK der SED (zur Unterstützung der .. Bruderpartei in der BRD"); Analyse der .,ideologischen Feindtätigkeit"; Publikationen entsprechenden Inhalts; Bereitstellung eines Forums für öffentliche Auftritte leitender DDRGenossen wie auch westdeutscher Prominenz; Teilnahme an internationalen Konferenzen etc; Publikation von periodischen u. nicht periodischen .. Agitationsschriften" für den Westen. Der erste Leiter war SED-Funktionär, dem zur Erhöhung seines Prestiges der Professorentitel mitgegeben wurde. Ihm zur Seite standen zwei Wissenschaftler von fester ideologischer Prägung. Das IPW wurde, wie die Expertenkommission des Deutschen Bundestages unlängst feststellte, .. wichtigster brain trust" der SED-Deutschlandpolitik. Anders als die Institute im Westen, vom Royal Insti-tute for International Affairs über die RAND Corporation, CSIA an der Harvard University, CSIS in Washington, Ifri in Paris bis zu SWP-Ebenhausen, alle bewußt als unabhängige Analyse- und Beratungszentren ins Leben gerufen, war das IPW eindimensionale Einflußagentur und Koordinationsinstrument für die ideologisch-politische Auseinandersetzung mit dem westlichen Deutschland. Später wurde dieser eindimensionale Zug zwar besser kaschiert, bestand aber unverändert fort. Es galt, für ein .. klares, unverfälschtes Feindbild" zu sorgen (A. Norden). Arbeitsanweisungen kamen vom Politbüro und speziell vom ZK-Sekretariat für Propaganda. Die .. Einbettung in das SEDSystem" (M. Klein) galt umfassend und ohne Spielräume. Die .. kadermäßige
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Zur Einführung
Besetzung" entsprach den Stellenplänen jener Institute, die im IPW aufgegangen waren. Es standen rund 190 Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter, 170 für Bibliothekare und Dokumentare zur Verfügung, dazu 195 technische Hilfskräfte -alles in allem eher vergleichbar mit dem sowjetischen IMEMO in Moskau als den schlanken westlichen Instituten. Die Bibliothek war mit rund 150.000 Bänden zur Zeitgeschichte nach 1945 gut ausgestattet, in der DDR die beste, aber zugänglich nur für geprüfte Kader. Dazu kamen Zeitschriften und Zeitungen aus dem Westen und ein biographisches Archiv. Doch blieb es bei dem dem IPW in die Wiege gelegten Widerspruch, daß das Institut einerseits nach innen und außen Propaganda zu machen hatte, andererseits aber der politischen Führung wissenschaftlich fundierte Information und Analyse zur Verfügung stellen sollte. Das aber konnte es nicht, und die Gründe dafür werden in dieser Studie sorgsam dargelegt. Das Entsetzen war groß, wenn einmal eine Analyse eine Katze eine Katze nannte ("nützt dem Klassenfeind") . Das sozialistisch-kommunistische Postulat von der "Einheit von Politik und Wissenschaft" gibt den Schlüssel. Polemik siegte über Empirie. Das IPW war Teil des politisch, sprachlich und geistig hermetischen Systems der SED: Es war nicht dafür erfunden, einen archimedischen Punkt der nüchternen, sachlichen Analyse zu bilden, zur Korrektur des propagandistischen Feind- und Wunschbildes beizutragen. Statt dessen war es selbst Teil und Mittel des Propaganda-Apparates. Geradezu rührend wirkt, zumal im Blick auf das spätere Scheitern der DDR, die immer erneute Exhortation der Mitarbeiter zu quantitativ und qualitativ erweiterter ideologischer Arbeit. Der Schwerpunkt dieser Analyse liegt auf den Gründungsjahren, während die - für die DDR schicksalhafte - Auseinandersetzung mit Gorbatschows Reformen und der damit verbundenen Dynamik der Ost-West-Beziehungen, vor allem seit 1987, nicht mehr zum Thema gehört. Gerade in dieser zunehmend kritischen Schieflage hätte das IPW, wäre es nicht von Anfang an Teil des Systems und damit des Problems gewesen, Beachtenswertes leisten und den Ereignissen vorausdenken können. Aber im IPW hatte man von Anfang an niemals Klartext über die Lage gesprochen oder geschrieben - allenfalls, aber auch das ist nicht sicher, gedacht. Ebenhausen, im November 1997
Prof. Dr. Michael Stürmer
Methodische Anmerkungen Durch den Zusammenbruch der DDR und die Vereinigung Deutschlands im Jahre 1990 sind, wie es Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin formuliert, wissenschaftliche Fragestellungen zur Entstehung und Entwicklung der DDR auf doppelte Weise aktualisiert worden: Einmal kennen wir jetzt das Ende des "ersten deutschen Arbeiter-und-BauernStaates auf deutschem Boden " und analysieren somit eine abgeschlossene Entwicklungsphase. Andererseits sind durch die Öffnung der Staats- und Parteiarchive erstmals Originalquellen zugänglich, die eine Erforschung der Geschichte der DDR ... ermöglichen. .I Dennoch gestaltet sich die wissenschaftliche Analyse schwierig, da moralisches Urteil und empirische Bestandsaufnahme, Politik und Geschichte, Betroffenheit und Analyse ungewöhnlich eng beieinander(liegenl, weshalb eine solche Arbeit fast zwangsläufig in die Auseinandersetzung über die Frage nach dem richtigen Umgang mit der DDR geraten muß, da nicht nur das Interesse an der DDR als Geschichte ... groß ise, sondern auch als Teil der politischen Gegenwart, was die wissenschaftliche Untersuchung einerseits durchaus befruchtet, andererseits jedoch belastet. 4 Insofern handelt es sich bei der Untersuchung der DDR/SED nicht nur um einen abstrakten und abgeschlossenen Gegenstad der historischen Forschung, sondern aufgrund seiner Bedeutung für die Gestaltung der gesamtdeutschen Gegenwart und Zukunft auch um eine politisch unerläßliche Verpflichtung und Notwendigkeit, besonders in einer Zeit, in der die Gefahr, den Staat der SED nostalgisch zu verklären (Karl Wilhelm Pricke) groß ist und die Zeit der historischen Legenden heranreift.
K. Schroeder (Hrsg.), Geschichte und Transfonnation des SED-Staates, Berlin 1994, s. 11. z Resolution des 40. Deutschen Historikertages in Leipzig, 1994, Zum Umgang mit Zeitgeschichte in der Offentlichkeit, verabschiedet von der Mitgliederversammlung während des 40. Historikertages in Leipzig am 30.09.1994. 3 Ebenda. 4 Vgl. H. Graml, Internationale Bedingungen der Deutschlandpolitik 1949-1955, S. 78, in: Deutscher Bundestag (Hrsg.), Materialien der Enquete-Kommission Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland, Bd. V/1: Deutschlandpolitik, innerdeutsche Beziehungen und internationale Rahmenbedingungen, Frankfurt/Main 1995, S.78-88. 2 Klein
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Methodische Anmerkungen
So darf man nicht bei der juristischen und politischen Auseinandersetzung mit der DDR/SED stehenbleiben, sondern muß auch die historische Aufarbeitung vorantreiben - eine große Herausforderung an die Zeitgeschichte, denn Vergangenheitsbewältigung ist auch immer Gegenwartsbewältigung. Wie schwierig sich ein solches Unterfangen gestaltet, beweist die Arbeit der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zur Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland, der 22 Abgeordnete und 12 Sachverständige angehörten, unterstützt von rund 320 Zeitzeugen und Wissenschaftlern. Die Kommission hatte die Aufgabe, Beiträge zur politischhistorischen Analyse und zur politisch-moralischen Bewertung zu erarbeiten 5 , und obwohl man sich in der grundlegenden Feststellung, daß es sich bei der SED-Herrschaft in der DDR um eine Fonn der Diktatur gehandelt habe, einig war6 (lediglich der POS-Vertreter beurteilte beide deutschen Staaten und ihre Entwicklung als historisch wie völkerrechtlich, moralisch wie politisch gleichennaßen legitim\ belegen doch die zahlreichen Sondervoten eine kontroverse Deutung und Bewertung einzelner Bereiche, so daß Konrad Jarausch nur bedingt zuzustimmen ist, wenn er ausführt, daß der wachsende temporäre Abstand und die Probleme der Vereinigungskrise . . . eine Distanz zur DDR geschaffen (haben), die eine ausgewogene Beurteilung zuläßt. 8 Wissenschaftliche Analyse und politische Absicht vennischen sich - bewußt oder unbewußt - so wie es bereits in den siebziger Jahren geschah, als es zu einer Kontroverse über den methodischen Ansatz im Rahmen der bundesdeutschen DDR-Forschung kam, welche zum besseren Gesamtverständnis kurz nachgezeichnet werden soll. Bereits ab Mitte der sechziger Jahre kam es innerhalb von Wissenschaft und Medien der Bundesrepublik zu einem Stimmungswandel bezüglich der DDR9 , da sich die Meinung auszubreiten begann, eine Annäherung an die DDR würde zur Liberalisierung führen. So konnte Theo Sommer 1966 befriedigt feststellen. daß die geistige Wende von der Dogmatik zur Pragmatik längst vollzogen sei 10 , hatte doch Ralf Dahrendorf bereits ein Jahr zuvor die deutsche Frage nicht als eine politische, sondern als eine soziale interpretiert, zu deren Lösung nicht Deutscher Bundestag (Hrsg.), Bericht der Enquete-Kommission Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland, Drucksache 12/7820, 31.05.94, s. 9. 6 Ebenda,S. 280. 7 Ebenda. 8 K. Jarausch, Die DDR-Geschichtswissenschaft als Forschungsgegenstand, Vortrag gehalten auf dem Historikertag in München, September 1996. 9 Vgl. zu diesem Thema J. Hacker, Deutsche Irrtümer. Schönfärber und Helfershelfer der SED-Diktatur im Westen, Berlin 1992. 10 T. Sommer, Denken an Deutschland, S.14, in: ders. (Hrsg.). Denken an Deutschland. Zum Problem der Wiedervereinigung - Ansichten und Einsichten, Harnburg 1966, S. 11-34.
Methodische Anmerkungen
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nationale Gesinnung, sondern soziale Aktivität erforderlich sei. 11 Vor diesem Hintergrund geriet die zwischen 1952 und 1962 herausgegebene Dokumentation des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen - Unrecht als System - mit dem Vorwurf der Propaganda und Einseitigkeit zunehmend in die Kritik. Die DDR müsse, so hieß es, mit der Methode der immanenten Deskription (nach Peter Christian Ludz und Gert-Joachim Glaeßner) wissenschaftlich gefaßt werden, um die DDR anhand des eigenen Selbstverständnisses und der eigenen Zielvorgaben zu analysieren. Dieser neue Ansatz erfaßte den Großteil der bundesdeutschen DDR-Forschung, und nur wenige Wissenschaftler konnten sich dem öffentlichpolitischen Druck entziehen 12 , da dieser neue Ansatz auch von der sozialliberalen Koalition nachhaltig gefördert wurde. Die bis dahin vorherrschende Totalitarismuskonzeption, welche u.a. wertende Vergleiche zwischen DDR und Bundesrepublik vorgelegt hatte, wurde von den Vertretern der systemimmanenten Methode als unzulässig verworfen, und so kritisierte Gert-Joachim Glaeßner, daß der Begriff Totalitarismus, die schlichte Gleichsetzung von "rot" und "braun" ... das Axiom der Kommunismus- und DDR-Forschung bis in die sechziger Jahre (war). 13 Statt dessen wurde nun eine objektive Sichtweise der DDR verlangt, um, auf der Grundlage einer differenzierten Analysemethode14 , das sozialistische Gesellschaftssystem zu entdämonisieren 15 und die DDR nicht nur als eine bloße "Negativfolie" der Bundesrepublik darzustellen.' 6 Dadurch, daß eine unspezifizierte, unreflektierte "westliche Sicht" als Maßstab der Beurteilung abzulehnen sei 17, stellte der neue Ansatz die DDR prinzipiell gleichrangig neben die Bundesrepublik und löste damit den grundlegenden Charakter der II
480.
R. Dahrendorf, Gesellschaft und Demokratie in Deutschland, München 1965, S.
12 F.-C. Schroeder, Unrechts-Altlasten des SED-Regimes. Strafrechtliche Probleme ihrer Beseitigung, in: Hanns-Seidel-Stiftung (Hrsg.) , Gerechtigkeit in Deutschland Aufarbeitung des SED-Unrechts, Reihe POLITISCHE STUDIEN, Sonderheft 1/1991, S. 37ff.; vgl. H. Reitzer I G. Lozek, Kritische Bemerkungen zur bundesdeutschen DDR-Forschung, in: APuZ, B 34189, 18.8.1989, S. 18-34; vgl. J. Hacker, Deutsche Irrtümer - Schönfärberei und Helfershelfer der SED-Diktatur im Westen, Frankfurt/Main 1992, S. 422ff.; K. Löw, ... bis zum Verrat der Freiheit. Die Gesellschaft der Bundesrepublik und die ..DDR", München 1993, S. 66ff. und 126ff. 13 G.-J. Glaeßner, Politische und konzeptionelle Probleme der DDR- und der Kommunismusforschung, S. 5, in: Der X. Parteitag der SED. 35 Jahre SED-Politik Versuch einer Bilanz. Vierzehnte Tagung zum Stand der DDR-Forschung in der Bundesrepublik Deutschland, 9. bis 12. 6.1981, Köln 1981, S. 3-20. 14 DDR-Handbuch , Köln 1979, S. 1084. 15 G.-J. Glaeßner, Die Mühen der Ebene - DDR-Forschung in der Bundesrepublik, in: ders. (Hrsg.), Die DDR in der Ära Honecker, Politik-Kultur-Gesellschaft, Opladen 1988, S. 11. 16 Heitzer I Lozek, a.a.O., S.ZO. 17 P.C. Ludz, J. Kuppe u.a., Das "DDR-Handbuch": Eine Antikritik, in: DEUTSCHLAND ARCHIV 9/1976, S. 926.
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Methodische Anmerkungen
sozialistischen Diktatur im Nebel systemimmanenter Kriterien auf. In diesem Zusammenhang vermutete 1975 der Sozialdemokrat Prof. Hermann Lübbe, daß hinter der Ablehnung des Totalitarismuskonzeptes politische Gründe steckten, da die Entspannungspolitik nicht durch das Instrument des primitiven Antikommunismus gefährdet werden sollte. Lübbe dagegen betonte, daß die Etikettierung des Kommunismus durch den Begriff des Totalitarismus nach wie vor zutreffe und kritisierte, daß diejenigen, die den Totalitarismusansatz ablehnten, totalitäre Herrschaft rechtfertigten und letztlich den Gegensatz zwischen Demokratie und Totalitarismus verwischten. 18 Hintergrund der sich weiter durchsetzenden systemimmanenten Konzeption 19 war die Annahme, die DDR entwickele sich von einer totalitären Gesellschaft zu einer autoritären lndustriegesellschaft. in welcher brutale Drangsalierung zunehmend zurücktrete. Dabei wurde der gesellschaftliche Entwicklungsprozeß einseitig auf ökonomische Kriterien bezogen, ohne das politische System jedoch genügend einzubeziehen, da sich dieses, so das Konzept, aufgrund der Konkurrenz zum Westen der ökonomischen Modernisierung anpassen müsse. Die DDR sollte in Zukunft nur noch aus sich heraus analysiert werden, quasi als Alternativmodell zur bundesdeutschen lndustriegesellschaft, jedoch ohne wertende Vergleiche, vor allem nicht im Bereich der politischen Ordnung. Dabei wurde jedoch übersehen, daß es sich bei der DDR in erster Linie um eine politische Gesellschaft handelte, mit dem totalitären Machtanspruch einer sozialistischen Diktatur in Theorie (Ideologie) und Praxis (Politik), eine Diktatur ohne jede demokratische Legitimität. 20 Bei der methodischen Frage nach den Grundkriterien der wissenschaftlichen Analyse der DDR (politisches System oder sozioökonomische Struktur). standen daher auch nicht zwei gleichrangige Alternativen zur Wahl, im Gegenteil, der systemimmanente Ansatz (mit dem Gewicht der sozioökonomischen Struktur und unter weitgehender Ausblendung des politischen Systems) mußte fast zwangsläufig zu einem falschen Bild der DDR führen. Dieses wissenschaftliche Appeasement21 stellte sich damit, wenn auch unbewußt, in den Dienst der SED, die bestrebt war, ein anderes Bild der DDR zu vermitteln22 , weshalb Jürgen Schneider von einem tiefen Verfall der DDRForschung in der Bundesrepublik spricht: Systemimmanente Ana{yse und formale Aussagen sowie der Verzicht auf Vergleiche mit der Bundesrepublik Deutschland ... führten zu einem Propagandabild der DDR, das dem Erkenntnisobjekt 18 H. Lübbe, Haltet den Begriff! Wer über Totalitarismus redet, gilt als Gegner der Entspannung, in: DEUTSCHE ZEITUNG vom 5.9.1975. 19 P.C. Ludz, Ideologiebegriff und marxistische Theorie. Ansätze zu einer immanenten Kritik, Opladen 1976; vgl. ders., Kuppe, a.a.O. 20 Chr. Stötzl im RHEINISCHEN MERKUR vom 15.3.1996. 21 K. Schroeder I J. Staadt, Der diskrete Charme des Status-quo: DDR-Forschung in der Ära der Entspannungspolitik, in: Schroeder, a.a.O., S. 322. 22 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., S. 151.
Methodische Anmerkungen
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nicht entsprach. 23 So stellte der ehemalige Berater der Präsidentin der DDRNotenbank und spätere Professor für Finanzwirtschaft in Leipzig. Paul, in seinen Erinnerungen fest, daß es sich bei der systemimmanenten DDR-Forschung um weitgehende Schönfärberei gehandelt habe. 24 Auch der damals an der Freien Universität Berlin tätige französische Wissenschaftler Jean-Paul Pieaper wies auf die Schwäche der systemimmanenten Methode hin, der er vorwarf, DDR und Marxismus zu verharmlosen und der DDR-Führung eine für westliche Verhältnisse maßgeschneiderte Rechtfertigungs- und Entlastungstheode zu liefern. 25 So kam Pieaper zu dem Schluß, daß es ... heute von entscheidender Bedeutung (ist), die Strategie und Taktik der SED und der KPdSU durchschauen zu helfen, statt theoretische Sympathie und Verständnis für sie zu wecken. . . . Es ist dabei irrelevant, ob man das System von außen oder von innen her sieht. Die Unterscheidung zwischen immanenter und externer DDR-Forschung, diese Lebenslüge der Entspannungsforschung der sechziger und siebziger Jahre, ist irrelevant. Wichtig ist, daß man die vorherrschenden Merkmale erfaßt, die zum Wesenskern des Systems führen. Dieser Kern läßt sich mit dem Wort "Zwangsherrschaft" annähernd erfassen. 26 Doch ginge es zu weit, allen Vertretern der systemimmanenten Methode vorzuwerfen, den diktatorischen Kern der DDR übersehen zu wollen, auch wenn sich in dieser Zeit, wie es Bernhardt Marquardt genannt hat, eine linksliberal-sozialistische Grundstimmung feststellen läßt. 27 Den wahren Hintergrund der Problematik offenbarte Thomas Ammer 1976 im DEUTSCHLAND ARCHIV. als er ausführte, daß westliche Forscher, die an einer Wissenschaftskooperation mit der DDR interessiert sind, darauf achten, von den Beobachtern in der DDR nicht mit der Zensur "kalter Kdeger" = "nicht kooperationsfähig" belegt zu werden. Damit aber ist der Westforschung in der DDR, insbesondere dem IPW, eine unübersehbare Einwirkungsmöglichkeit zumindest auf Teile der DDR-Forschung hier eröffnet. . .. Der Partei- und Staatsführung der DDR ist ... primär an einem von ihr selbst und von DKP-nahen Wissenschaftlern geprägten DDR-Bild in der Bundesrepublik und an weiterer "Verunsicherung" unserer DDR-Forschung gelegen. Was ein von nichtkommunistischen Wissenschaftlern hier gezeichnetes "realistisches" DDR-Bild betdfft, so wird die DDR-Forschung das nur insoweit tolederen, wie bestimmte ihr unangenehme Probleme (z.B. Menschenrechte, Rechtssicherheit, Beziehungen 23 J. Schneider, Einleitung, S. 14, in: ders. (Hrsg.), Paul Frenzel, 40 verlorene Jahre. Erinnerungen an die Diktaturen des nationalen und des realen Sozialismus, Stuttgart 1995. 24 Ebenda, S. 281. 25 J.-P. Picaper, DDR-Bild im Wandel, Berlin 1982, S. 104f. 26 Ebenda, S. 126 u. 226. 27 B. Marquardt, Totalitarismustheorie und die Aufarbeitung der SED-Diktatur, S. 1545, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. lll/3, Ideologie, Integration und Disziplinierung, S.1530-1549.
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Methodische Anmerkungen
DDR-UdSSR) dabei ausgeklammert oder in ihrem Sinne retuschiert werden. Die Unterwerfung unter das Verdikt von DDR-Zensoren, was ein "realistisches" DDR-Bild und was "antikommunistische Verleumdung" sei, wäre das Ende einer DDR-Forschung, die der Politik bei der Gestaltung des Verhältnisses der Bundesrepublik zur DDR behilflich sein könnte. 28 Während es also im Westen Vorbehalte gegen den systemimmanenten Ansatz gab, wurde dieser in der DDR begrüßt, und so stellte das Ost-Berliner Institut für Internationale Politik und Wirtschaft (IPW) in einer Analyse vom 14. September 1973 fest, daß mit dem Versuch, die "DDR-Forschung" neu zu ordnen, .. . die der gegenwärtigen ERDRegierung nahestehenden Kräfte zugleich darauf abzielen, jenen "DDR-otogen" den Boden zu entziehen, die im wesentlichen an alten Positionen aus der Zeit des Kalten Krieges festhalten. 29 In den IPW-BERICHTEN 4/74 wurde so auch anerkannt, daß die bundesdeutsche DDR-Forschung aufgrund der Existenz- und Funktionsfähigkeit der sozialistischen DDR . . . ein modifiziertes DDR-Bild zu konstruieren (beginnt), das zwar die sichtbaren Errungenschaften der DDR nicht mehr ganz ignoriert, doch kritisierte die DDR-Publikation, daß das Wesen des Sozialismus und seine historische Überlegenheit über den Kapitalismus aber weiterhin verfälscht und bestritten werde. 30 Eine eindeutige, wenn auch späte Weihe erfuhr die systemimmanente Methode schließlich 1989 durch zwei DDRWissenschaftler, welche den Ansatz als Versuch lobten, die DDR von ihrer gesellschaftlichen Eigenart her zu begreifen, was zu einem Abbau bzw. einer Zurücknahme des militant antikommunistischen Totalitarismus-Klischees gegenüber der DDR beigetragen habe. 31 Vor diesem Hintergrund konnte die in den siebziger Jahren wachsende Sympathie für die DDR in Teilen der westdeutschen Öffentlichkeit nicht überraschen, vermittelte doch die, vom systemimmanenten Ansatz dominierte bundesdeutsche DDR-Forschung ein schiefes Bild der DDR, dessen Ursache Wilfried von Bredow 1991 rückblickend beschrieb: Das schiefe DDR-Bild hat auch etwas mit dem schiefen Bild der Vergangenheit zu tun und mit dem schiefen Bild, das viele Westdeutsche, zumal Intellektuelle, von der Bundesrepublik Deutschland pflegen. In der ideologischen Auseinandersetzung, die einen Teil des Ost- West-Konflikts ausmachte, ist es ja den Propagandisten des Sozialismus I Kommunismus recht erfolgreich gelungen, die Bundesrepublik Deutschland im Verständnis nicht weniger ihrer Bürger als eine Gesellschaft der Restauration zu verankern, als strukturell besonders anfällig für Neofaschismus und Rechtsextremismus, als imperialistischer Lehrling der USA. Bredow schloß 28 T. Ammer, Zu den Bemerkungen "Verunsicherte DDR-Forschung" von D. Herrmann, in: DEUTSCHLAND ARCHIV 3/1976, S. 255-258. 29 Institut für Geschichte der Arbeiterbewegung, Zentrales Parteiarchiv, Nach: Schroeder I Staadt, Der diskrete Charme des Status-quo, a.a.O., S. 316. 30 R. Graf, Imperialistische "DDR-Forschung" - defensiv und aggressiv, S. 25f., in: IPW-BERICHTE 4/74, S. 24-33. 31 Heitzer I Lozek, a.a.O., S. 18ff.
Methodische Anmerkungen
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mit der Bemerkung, daß eine Geschichte der politischen Urteilskraft im OstWest-Konflikt ... noch aus(steht). Es ist indes nicht schwer, sich vorzustellen, daß dies eine Geschichte von Fehlwahrnehmungen und Falschmeldungen sein wird, wenn man sich die Gruppe der intellektuellen und bildungsbürgerlichen Diskurs-Anführer in der Bundesrepublik Deutschland vornimmt. 32 Die einseitige Fixierung dieser Diskurs-Anführer konnte nicht einmal durch Berichte von DDR-Flüchtlingen erschüttert werden. Im Gegenteil, diese wurden entweder nicht zur Kenntnis genommen oder als antikommunistische Propaganda abgetan, selbst wenn es sich um Personen wie den ehemaligen IPW-Mitarbeiter Detlef Herrmann handelte, der 1976 schrieb: Leute, die die DDR aus eigener Anschauung kennen, schlagen vor etlichen Ergebnissen der etablierten DDR-Forschung die Hände über dem Kopf zusammen... Von nun an müssen sie sich als "kalter Krieger" bezeichnen lassen, wer da noch fest am eigenen, pro-westlichen und antikommunistischen Standpunkt festhalte. Herrmann bemängelte eine enorme Fehleinschätzung und Verniedlichung des derzeitigen West-Ost- Verhältnisses und stellte fest: Nach wie vor ist daher ein essentieller und wohlverstandener Antikommunismus die beste Grundlage einer Analyse der Gegenseite, weil sich eben an Amoralität und Pathologie jener Gesellschaftsform kein Deut geändert hat. 33 In ihrer Replik schreckten die systemimmanenten Forscher nicht davor zurück, Herrmann eine organologische Sichtweise vorzuwerfen, die leicht Vorstellungen über "Gesundes" und "Krankes" am "Volkskörper" ... nahelegt. Die Folgen dieser ideologischen Versatzstücke sollten auch heute noch schrecken. 34 Auf diese Weise sollte Herrmann in die geistige Nähe des Nationalsozialismus gerückt werden, wie es auch von ehemaligen IPW-Kollegen versucht wurde. 35 Im Gegensatz zu den Vertreten der systemimmanenten Methode ging Hermann Weber bei seinen Arbeiten methodisch weiterhin von der Dominanz des politischen Systems aus und beschrieb die DDR stets als das, was sie war: Eine SEDDiktatur. 36 Doch noch 1982 kritisierte Wilhelm Bleek diese realistische Sicht32 W. v. Bredow, Perzeptions-Probleme. Das schiefe DDR-Bild und warum es bis zum Schluß so blieb, in: DEUTSCHLAND ARCHIV 2/1991, S. 147-154. 33 D. Herrmann, "Verunsicherte" DDR-Forschung. Bemerkungen zu einem Aufsatz von C. Burrichter und E. Förtsch, in: DEUTSCHLAND ARCHIV 111976, S. 2730. 34 J. Straßburger, H. Zimmermann, Parteilichkeit in der DDR-Forschung? Zu einem polemischen Beitrag von Detlef Herrmann, in: DEUTSCHLAND ARCHIV 3/1976, s. 252-255. 35 J.-P. Picaper, DDR-Bild im Wandel, a.a.O., S.206. 36 H. Weber, DDR. Grundriß der Geschichte 1945- 1990, Hannover 1991, S. 10; vgl. H. von Berg, u.a., Die DDR auf dem Weg in das Jahr 2000, Köln 1987, S. 18ff.; vgl. B. Marquardt, Totalitarismustheorie, S. 1541, in: Materialien der EnqueteKommission, a.a.O., Bd. III/3, Ideologie, Integration und Disziplinierung, S. 15301549; vgl. G. Brunner, Staatsapparat und Parteiherrschaft in der DDR, S. 990f., in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. 11/2: Macht, Entscheidung, Verantwortung, S. 989-1029.
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Methodische Anmerkungen
weise der DDR folgendermaßen: Statt Infonnation vennitteln diese Veröffentlichungen vielfach Desinfonnation, statt Lageanalyse politische Wunschbilder, statt Anregungen für Refonnen Argumente zur Refonnabwendung, insgesamt statt rationaler Aufklärung emotionale Vorurteile und Feindbilder. 37 Es ist erstaunlich, daß Schießbefehl, 17. Juni 1953 und Staatssicherheitsdienst scheinbar keine nennenswerten Größen in der Analyse der systemimmanenten Forscher waren38 und noch 1989, anläßlich des vierzigjährigen Bestehens der DDR, forderte Bleek, Bonn müsse endlich die DDR als normalen Staat anerkennen, da mit der DDR und den dortigen Deutschen ... die Bundesrepublik und ihre Bürger nur historische Erinnerungen und ethnische Gemeinsamkeiten, aber nicht mehr verbinden, vor allem keine politisch relevanten Gemeinsamkeiten. 39 Die Geschehnisse des Jahres 1990 sprechen da jedoch eine deutlich andere Sprache und es ist Heinrich Oberreuter zuzustimmen, der 1994 die DDR als eine totalitäre Diktatur "von Anfang an" (J. Weber) und bis zum Schlu;fD beschrieb, unterstützt von Horst Möller, der im Lexikon des Sozialismus ausführte: Keine Frage also: Die DDR war eine Diktatur, für die Einschüchterung, Überwachung und Terrorisierung der Bevölkerung zum Alltag gehörte. Die DDR war trotz ihres Namens weder eine Demokratie noch ein Rechtsstaat, sondern eine Parteidiktatur... . Zwar weist Bemhard Marquard zu Recht daraufhin, daß "Großbegriffe" wie Totalitarismus und Faschismus ... die Gefahr in sich (bergen), den Blick auf die spezifische Eigenart des jeweiligen Systems zu verstellen41, weshalb er eine differenzierte Analyse als zwingend nötig erachtet. 42
37 W. Bleek, Zwischendeutsche Vergleiche - Politische Probleme und politikwissenschaftliche Möglichkeiten, in: DEUTSCHLAND ARCHIV 711982, S. 718 u. 227. 38 Schroeder I Staadt verweisen in diesem Zusammenhang auf die Tatsache, daß sich im DDR-Handbuch von Ludz zum Stichwort Forst- und Holzwirtschaft 6 Seiten {finden), das Ministerium für Staatssicherheit hingegen wird auf 1 1/4 Seiten abgehandelt. Schroeder I Staadt, Der diskrete Charme des Status-quo, a.a.O., S. 334f. Günter Erbe schafft es sogar in seinem Studientext für die politische Bildung zum Thema Politilc, Wirtschaft und Gesellschaft in der DDR, Op/aden 1970, die DDR-Staatssicherheitsorgane überhaupt nicht zu erwähnen! 39 W. Bleek, Das eine und das andere Deutschland, in: ders./ H. Maul! (Hrsg.), Ein ganz normaler Staat, München 1989, S. 211. 40 H. Oberreuter, Vorwort, in: J. Weber (Hrsg.) , Der SED-Staat. Neues über eine vergangene Diktatur, München 1994. 41 B. Marquardt, Totalitarismustheorie, S. 1535, in: Materialien der EnqueteKommission, a.a.O., Bd. lliJ3, Ideologie, Integration und Disziplinierung, S. 15301549. 42 Siehe dazu: K. D. Bracher, Der umstrittene Totalitarismus: Erfahrung und Aktualität, in: M. Funke (Hrsg.), Totalitarismus. Ein Studien-Reader zur Herrschaftsanalyse moderner Diktaturen, Düsseldorf 1978, S. 81-119; vgl. P. Graf Kielmannsegg, Krise der Totalitarismusidee?, in: M. Funke, ebenda, S. 75-80.
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Dennoch ist der Totalitarismusansatz nicht ein Produkt des Kalten Krieges43 , quasi eine ideologisch motivierte Attacke auf ein anderes System (wie teilweise noch heute behauptet44), sondern liegt in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Entstehung radikaler Ideologien am Anfang des 20. Jahrhunderts begründet. 45 Vor diesem Hintergrund charakterisiert Marquard, wie auch Georg Brunner, Horst Möller und Jürgen Kocka, die DDR auch zu Recht als totalitäre Diktatur, da zum einen die politische Macht . . . in einem Herrschaftszentrum konzentriert und nicht auf verschiedene Machtträger verteilt (war), und zum anderen der Herrschaftsanspruch unbegrenzt - und damit total - definiert wurde.46 Zu welchen Ergebnissen die bundesdeutsche DDR-Forschung bis zur Vereinigung im Jahre 1990 auch immer gekommen sein mag, fest steht, wie Klaus Schroeder und Jochen Staadt es formulieren, daß der nach dem Wegfall der sowjetischen Protektion und Existenzgarantie erfolgte schnelle und umfassende Zusammenbruch der DDR ... offen(/egte), was dem Alltagswissen der meisten Menschen in Ost- und Westdeutschland immer schon selbstverständlich war: Der zweite deutsche Teilstaat - die DDR - war eine von der sowjetischen Siegermacht nach dem 2. Weltkrieg erzwungene und ausgehaltene Diktatur, die sich in den vierzig Jahren ihrer Existenz vor allem durch offenen und latenten Terror gegenüber der Bevölkerung am Leben hielt. Diese Diktatur wurde im Auftrag und in Absprache mit der Sowjetunion bzw. der Kommunistischen Partei der SU von der KPDISED errichtet und in den Jahren bis 1989 in verschiedenen, das Wesen der Diktatur nicht berührenden Ausprägungen aufrechterhalten. 47 Nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Sowjetdiktatur und dem damit verbundenen weitgehenden Wegfall des westlichen Feindbildes, stand für die breite Mehrheit der Bevölkerung in Osteuropa und Ostdeutschland eine vollständige Abkehr vom Realsozialismus außer Frage - nicht jedoch für viele bundesdeutsche Sozialwissenschaft/er, die über zwanzig Jahre hinweg die DDR-
43 Vgl. H. Möller, Zur Auseinandersetzung mit den beiden Diktaturen in Deutschland in Vergangenheit und Gegenwart, S. 577, in: Materialien der EnqueteKommission, a.a.O., Bd. IX: Zwei Diktaturen in Deutschland, S. 576-587. 44 R. Eckert I 1.-S. Kowalczuk, I. Stark (Hrsg.), Hure oder Muse? Klio in der DDR. Dokumente und Materialien des UHV, Berlin 1994. 45 Vgl. H. Lübbe, Für Diktaturen gilt derselbe Maßstab, in: RHEINISCHER MERKUR vom 19.04.1996. 46 B. Marquardt, ebenda, S. 1541; vgl. G. Brunner, Staatsapparat und Parteiherrschaft, S. 990f., in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. 11/2: Macht, Entscheidung, Verantwortung, S. 989-1029; vgl. H. Möller, ebenda, S. 587; vgl. J. Kocka, Zur Auseinandersetzung mit den beiden Diktaturen in Deutschland in Vergangenheit und Gegenwart, S. 596, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. IX: Zwei Diktaturen in Deutschland, S. 588-597. 47 Schroeder I Staadt, Der diskrete Charme des Status-quo, a.a.O., S. 309.
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Forschung dominiert und ihrem Untersuchungsgegenstand eine ausgeprägte und im Laufe der Zeit zunehmende gesellschaftliche Stabilität attestiert hatten. 48 Schroeder I Staadt kommen daher zu dem Ergebnis, daß nach dem Untergang der sich stets zukunftsgewiß gebenden DDR- "Zielkultur" ... jetzt die Verhältnisse offen(liegen), an denen der größere Teil der etablierten bundesdeutschen DDR-Forschung so zielgerichtet vorbeigeforscht hat. Nicht nur ihre Prognosekraß steht in einem schlechten Licht da, auch die beanspruchte Vorurteilsfreiheit und der kritische Rationalismus erweisen sich angesichts der nun offenbarten Realität als leere methodische Hülsen. 49 Einen Beitrag zur wissenschaftlichen Analyse des Wesentlichen, nämlich der Strukturen und Wirkungsmechanismen des diktatorischen Systems50 , soll die vorliegende Arbeit anhand des IPW leisten, verbunden mit einer abschließenden bewertenden Einordnung in den Gesamtzusammenhang SED/DDR. Gerade der von den Vertretern der systemimmanenten Konzeption abgelehnten Bewertung - von Bundespräsident Roman Herzog in einer Rede vom März 1996 ausdrücklich gefordert51 -kommt dabei große Bedeutung zu, denn, so Michael Wolffsohn, zur Vergangenheitsbewältigung gehören Wissen, Werten, Weinen, Wollen. 52 So geht es im Rahmen dieser Arbeit zunächst um das Wissen, d.h. die wissenschaftlich-distanzierte Darstellung, aber auch um das Werten, da gerade der Historiker bei seiner Arbeit nicht bei der Darstellung stehenbleiben darf, im Gegenteil, er ist geradezu zur Bewertung verpflichtet, um so wissenschaftliche Ergebnisse hinsichtlich praktischer Erkenntnisse und Umsetzungen nutzbar zu machen. Wie fatal eine fehlende oder mangelnde Bewertung sein kann, beschrieb Kurt Sontheimer in bezugauf eine Biographie über Wemer Sombart in DIE ZEIT vom 4. November 1994: Der Biograph hütet sich vor einem klaren kritischen Urteil über die Verantwortung eines so einflußreichen Gelehrten wie Sambart für den Weg des deutschen Geistes und der deutschen Politik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er bleibt angesichts der wichtigen, aus heutiger Sicht nach wie vor zu stellenden Fragen überraschend urteilsbefangen und unsicher; alles wird dermaßen "historisiert", neutralisiert, ausbalanciert, in die Zeit "eingebettet", daß ein moralisch und historisch begründetes Urteil über diese Persönlichkeit quasi überflüssig wird. . . . Ich halte dies für Leisetreterei, für die Abdankung des Moralischen in der Geschichtsschreibung, für eine Flucht aus der politischen Verantwortung des Historikers, der sich doch nicht damit begnügen darf zu 48
Ebenda, S. 310. Ebenda. so Ebenda, S. 346. 51 Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.), Bulletin Nr. 30, S. 297 vom 22.04.1996. 52 M. Wolffsohn, Brauchen wir eine neue Vergangenheitsbewältigung?, in: BannsSeidel-Stiftung (Hrsg.), Gerechtigkeit in Deutschland- Aufarbeitung des SED-Unrechts, Reihe POLITISCHE STUDIEN, Sonderheft 1/1991, S. 44ff. 49
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zeigen, wie es gewesen ist, sondern auch die geistige, moralische und politische Verantwortung der handelnden Figuren im Blick behalten sollte. . . . In solchen Bahnen bewegt sich der Mainstream der deutschen Histon"ographie, die bemüht zu sein scheint, mit enormem methodischen Aufwand, ... , zu zeigen, daß pauschale kritische Würdigungen sich verbieten, da alles viel differenzierter und in seiner komplexen historischen Einordnung gesehen werden muß und so weiter. Es wird dann solange eingebettet, bis von der politischen und moralischen Verantwortung der Handelnden und Denkenden so gut wie nichts mehr übrigbleibt. 53 Daher gilt es, abschließend auch die Verantwortung der Handelnden aufzuzeigen, allerdings nicht nur der SED-Funktionäre, sondern auch die ihrer westdeutschen Gesprächspartner, was sich jedoch als schwierig erweist, da die Betroffenen, deren Hilfsbereitschaft oftmals über das Akademische hinausging, heute nicht mehr daran erinnert werden möchten. Ein solches Beispiel liefert z.B. DER SPIEGEL, indem er auf die schriftliche Anfrage bezüglich seiner Beziehungen zum IPW recht einsilbig reagierte: Ein Redakteur teilte telefonisch (!) mit, daß man darüber aus Gründen des Informantenschutzes keine Auskünfte geben könne. Auch der Einwand, daß das IPW doch 1990 geschlossen worden sei, erbrachte keine weiteren Auskünfte, lediglich die lapidare Erklärung, daß die Kontakte zum IPW unter der Hand gelaufen seien und dies hauptsächlich im Auftrag der Bundesregierung. Auch DIE ZEIT erwies sich als wenig auskunftsfreudig: Zwar hatte der ehemalige Chefredakteur Theo Sommer brieflichen Kontakt zu IPW-Hauptabteilungsleiter Bertsch und ließ die schönsten Grüße ausrichten54 , doch ergab eine schriftliche Anfrage lediglich folgendes: Leider können wir Ihnen nicht weiterhelfen. In der ZEIT ist kein Artikel darüber (IPW, d. Verf.) erschienen, und wir haben im Politischen Ressort nur noch zwei Redakteure, die zwischen 1971 und 1974 der Redaktion angehörten. Beide haben jedoch andere Aufgabengebiete und hatten somit keine Kontakte zum IPW. 55 Vor diesem Hintergrund urteilt Henryk M. Broder zu Recht: Die Herrschaften, die auf der anderen Seite der Mauer in wichtigen Positionen tätig waren - als Richter, Staatssekretäre, Vorsitzende von Anwaltskollegien -, haben Vergleichbares geleistet, teilen sich mit den Richtern, Staatssekretären, Vorsitzenden von Anwaltskollegien im Westen den gleichen sozialen Status. Gegen sie vorzugehen würde bedeuten, die eigene Klasse zu verraten, die Hand gegen sich selbst zu erheben. 56 Deutlich legt auch Stefan 53 K. Sontheimer, Wider die Leisetreterei der Historiker, in: DIE ZEIT vom 4.11.1994, s. 15. 54 Brief des Sekretariats Sommer an Prof. Bertsch vom 26.2.1973, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-73, Direktion DC 34). 55 Anwort der ZEIT vom 2.6.1995 auf eine schriftliche Anfrage. 56 Henryk M. Broder: Eine schöne Bescherung allerseits! Es gibt in Deutschland wieder ein autoritäres und totalitäres Element I Polemische Anmerkungen zu einer Verharmlosung, in: FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vom 29.11.1994.
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Methodische Anmerkungen
Wolle den Finger auf den wunden Punkt, indem er im Berliner TAGESSPIEGEL vom 25. September 1994 ausführte: In Leipzig disputierten die marxistischen Gelehrten noch 1989 im Auftrage der Partei über den welthistorischen Revolutionszyklus. Sie übersahen dabei, daß vor den hermetisch geschlossenen Scheiben ihres bunkerartigen Hochbaus eine wirkliche Revolution heranreifte. Doch die westlichen Kollegen sollten darüber nicht vorschnell die Nase rümpfen. Dort hatte sich ein beachtlicher Teil der Historiker durchgerungen, die Nation zugunsten einer "Bi-Nationalisierung" Deutschlands (Hans Mommsen) aufzugeben. . . . Dies mag damit zusammengehangen haben, daß den westlichen Historikern die DDR ein unbekanntes Land geblieben war. Sie kannten ausschließlich die SED-Reisekader, die gelegentlich im Westen auftauchten. Akademische Vornehmheit und falsch verstandene professorale Solidarität hinderten sie daran, in den Ost-Kollegen das zu sehen, was sie waren: eine spezielle Sorte von Schreibtischtätern, die für Mauer, Stasi und Schießbefehl die historische Legitimation lieferten. . .. An den Schalthebeln der Macht saßen die Beweihräucherer des SED-Systems, die sich weniger durch wissenschaftliche Leistungen als mehr durch unbedingte Treue zur Partei ausgezeichnet hatten. Als die Wende über sie hereinbrach, geschah ein kleines Wunder. Nach einer kurzen Schrecksekunde waren sie die ersten im Westen und verkündeten dort, die DDRHistoriographie müsse sich endlich aus den Fängen der Partei befreien. Es kam zu grotesken Veranstaltungen, bei denen die alten Vorturner der SED-Ideologie schon wieder auf dem Podium saßen und einem ehrfürchtig lauschenden Westpublikum die neue Linie erklärten. . .. Im 1992 gegründeten Zentrum für Zeitgeschichtliche Studien beispielsweise üben sich ehemalige SED-Historiker unter der kommissarischen Leitung von Jürgen Kocka und Christoph Kleßmann im Diktaturvergleich. Der Aussagewert der "Akten aus dem Herrschaftsbereich" wird außerordentlich niedrig veranschlagt. Aus ihnen könne nur ein einseitiges Bild entstehen meint Kocka im Vorwort des ersten Sammelbandes des Potsdamer Zentrums. Man düife sich nicht nur auf Repression und Unterdrückung konzentrieren. Diese Argumente könnten den Schluß nahe legen, daß eine "Entsorgung der DDR-Geschichte" notwendig sei. Die Ironie der Geschichte will es, daß gerade Kocka zu jenen gehört, die einst eine unnachsichtige Klinge gegen die "Entsorgung der deutschen Vergangenheit" (Hans-Ulrich Weh/er) geführt haben. Spiegelverkehrt scheinen sich frühere Diskussionen zu wiederholen. Wieder geht es um Schuld und Verantwortung. Doch die "Rechten" sind nun die Moralisten und Ethiker, die "Linken " die Verharmloser, Abwieg/er und Pragmatiker. 57 In die gleiche Richtung gehen die Ausführungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demo-
V.
57 S. Wolle, Wenn Geschichte in die Gegenwart drängt, in: DER TAGESSPIEGEL 25.9.1994, S. 3.
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kratischen Republik, Joachim Gauck, als er am 20. Januar 1995 in der ZEIT zu bedenken gab, daß ganz offensichtlich . . . die Diskussion über Amnestie und Schlußstrich nur ein Teil einer größeren Revisionsdebatte im linksliberalen Spektrum seit 1989 (ist). Ich werde den Verdacht nicht los, daß gerade die westlichen Protagonisten dem Schlußstrich zuneigen, um alte Fehleinschätzungen nicht revidieren zu müssen. Einige derer, die auf dem linken Auge blind waren, sind immer noch geprägt durch ihre einstige Unterschätzung des repressiv-totalitären Charakters des realen Sozialismus. Fundamentale Distanzierung blieb aus, der Gesellschaftsansatz wurde als links und nicht als totalitär rezipiert. . . . Systemkritische Ansätze wie die Totalitarismustheorie wurden ignoriert oder modisch verworfen. Die Bücher derer, die aus bitterer Erfahrung gelernt hatten, wurden in ihrer Dimension verkannt: "Renegatenliteratur". Dies gilt speziell für den deutschen intellektuellen Diskurs der Nach-68er-Zeit. Wahrnehmungsverweigerung und Blendung waren nicht auf Politik und Journalismus beschränkt. Zeitgeschichtliche, politologische, soziologische und theologische Schulen waren im Blick auf den Osten wie gebannt. War man bei der Ana(yse des eigenen Systems von schneidender Schärfe der Kritik, so billigte man den "linken" Ostgesellschaften vorab mildemde Umstände zu. Eine kritische Theorie zur Entlarvung der östlichen Diktatur fehlte. Kam sie von konservativer Seite, wurde sie, kaum geprüft, verworfen. Kam sie aus antifaschistischer Grundhaltung (Eugen Kogon) oder sozialismuskritischer Position (Leszek Kolakowski), wurde sie marginalisiert. Die Angst davor, als Antikommunist gebrandmarkt zu werden, untergrub den Einsatz für Menschen- und Bürgerrechte im real existierenden "linken" Totalitarismus in Ostdeutschland. Selbstauf geklärter Antikommunismus war und blieb inakzeptabel für viele Intellektuelle, obwohl er in konkreten historischen Situationen ein Bruder des Antifaschismus hätte sein müssen - ein Plädoyer für universale Freiheits- und Menschenrechte. Statt dessen gab es eine weitgehende Solidaritätsverweigerung denen gegenüber, die innerhalb des Sozialismus rebellierten. Diese störten den gepflegten Dialog des Westens mit der alten Herrschaftselite des Ostens. Ohne substanzielle Selbstkorrektur setzt sich diese Haltung fort (eben nicht nur im Osten, auch der Westen hat umzudenken!), wenn heute der Psyche und den Interessen der einst priviliegierten Schichten mehr Verständnis und Nachsicht gewährt wird als der Masse der einst Unterdrückten. In der Amnestiedebatte fordert dann Uwe Wesel von den Opfern die Bereitschaft zur Versöhnung, bevor die Täter auch nur ansatzweise die Anerkennung von Schuld und Übernahme von Verantwortung signalisiert hätten. Wenn diese Schieflage nicht korrigiert wird, kann kein innerer Friede wachsen. 58 Dieser Schieflage zu begegnen ist ein Anliegen der Arbeit, immer jedoch unter Beachtung und Betonung der Leitlinien, die der 40. Historikertag in Leipzig verabschiedet hat: Historische Interpretationen sind S8
J. Gauck, Wut und Schmerz der Opfer, in: DIE ZEIT vom 20.1.1995, S. 5.
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Methodische Anmerkungen
von den Ordnungsvorstellungen ihrer Autoren nicht unbeeinflußt. Die Existenz konkurrierender und entgegengesetzter Ordnungsvorstellungen ist in einer offenen Gesellschaft notwendig und berechtigt. Notwendig und berechtigt sind deshalb auch unterschiedliche, kontroverse Interpretationen der Geschichte der DDR. Ebenso notwendig ist allerdings ihre gegenseitige Kritik, ihre ständige Prüfung am empirischen Befund, mit dem Ziel der Verständigung über Parteiund Lagergrenzen hinweg. Dies entspricht nicht nur wissenschaftlichen Grundsätzen, sondern auch den Erfordernissen der politischen Kultur im sich vereinigenden Deutschland. 59
59
Resolution des 40. Deutschen Historikertages in Leipzig 1994, a.a.O.
Quellenkritische Anmerkungen Die Öffnung der DDR-Archive im Zuge der deutschen Vereinigung ennöglichte den Zugang zu den wichtigsten Quellen in bezug auf die Geschichte der DDR. Da jedoch die Bestände teils ungeordnet, teils unvollständig übernommen werden mußten, sind sie bis heute archivalisch noch nicht vollständig erschlossen, falls sie überhaupt noch vorhanden sind, da zahlreiche Unterlagen (nicht archiviertes Schriftgut) und Akten (archiviertes Schriftgut) im Zuge der Ereignisse von 1989/90 durch staatliche Stellen der DDR vernichtet wurden. So ist es schon erstaunlich und für die vorliegende Untersuchung äußerst hinderlich, daß in der Berliner Gauck-Behörde fast gar keine Unterlagen zum Thema IPW der Jahre 1971 bis 1975 zu finden waren. Trotz mehrfacher schriftlicher und mündlicher Nachfrage - bis hin zum Direktor der Behörde waren keine Akten bzw. Unterlagen aus dem genannten Bereich und Zeitraum zu finden, was - wie bereits gesagt - äußerst merkwürdig erscheinen muß, nahm doch das IPW seit seiner Gründung einen, wenn nicht sogar den zentralen Platz innerhalb der Westarbeit der SED ein. Auch erbrachten mehrfache Nachfragen bei Verfassungschutz und Bundesnachrichtendienst wie auch beim Bundeskanzleramt keine weiterführenden Infonnationen, weshalb das Kapitel IPWKontakte zum Ministerium für Staatssicherheit auch wenig ergiebig ausfallen mußte, da lediglich lnfonnationen ehemaliger IPW-Mitarbeiter genutzt werden konnten. Diese zum Teil sehr aufschlußreichen lnfonnationen können schriftliche Unterlagen jedoch nicht ersetzen. Darauf verwies auch die Enquete-Kommission des Bundestages, indem sie ausführte, daß zweifellos auch Zeitzeugenbefragungen von hohem Wert für das Verständnis der SED-Diktatur sind, doch die Auswertung schriftlicher Quellen ... nur ergänzen können. Die wichtigste Grundlage für die Erforschung und Aufarbeitung der SBZ/DDR-Geschichte bleibt die Auswertung sämtlicher Archive. Von zentraler Bedeutung für die Erforschung des Herrschaftssystems in der SBZ/DDR sind die Akten der SED. Der hohe Stellenwert dieser Materialien ergibt sich aus der völligen Durchdringung von Staat und Gesellschaft durch die "Partei der Arbeiterklasse". 60 Mit dem Zugang zu den Quellen entzündet sich jedoch die Frage nach der Bewertung jener archivalischen Überlieferungen der SED/DDR, d.h. wie denn die Quellen von Partei, Staatsapparat und Massenorganisationen zu bewerten
60
Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., S. 247.
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Quellenkritische Anmerkungen
sind. 61 Dabei wird ins Feld geführt, daß den Akten prinzipiell nicht getraut werden dürfe, da diese einem nicht-demokratischen System entspringen. Dazu zwei grundsätzliche Bemerkungen: 1. Quellen sind immer mit gebotener Vorsicht zu bewerten, ungeachtet ob sie in einer Diktatur oder in einer Demokratie entstanden sind. 2. Klaus Schroeder betont zu Recht, daß die Akten aus dem Herrschaftsapparat der SED ... nicht angelegt worden (sind), um die zeitgeschichtliche Forschung nach dem Zusammenbruch des SED-Regimes in die Irre zu führen! Sie sind vielmehr bei der Arbeit eines bürokratischen Apparates nach der Logik solcher Apparate entstanden. 62 Ein weiterer Einwand gegen die Quellen besteht darin, daß die Verfasser der einzelnen Akten unter Erfolgsdruck gestanden und deshalb ihre Berichte geschönt hätten. Daß solch ein Erfolgsdruck im SED-System bestanden hat, ist nicht zu bezweifeln, doch läßt sich fragen, ... 1. . .. ob solch ein Erfolgsdruck, wenn auch in geringerer Form, nicht jeder Bürokratie zu eigen ist, und 2. . . . ob deshalb die Quellen unbrauchbar sind, denn ein politischoperativer Apparat (hätte) wohl kaum über mehrere Jahrzehnte ... funktionieren können, wenn konzeptionell und in der praktischen Tätigkeit von einer rein fiktiven Welt ausgegangen worden wäre.63 Darüber hinaus muß auch bedacht werden, daß das äußerst zentralistisch und hierarchisch strukturierte SED-System auf einem umfangreichen Berichts- und Informationswesen aufbaute, weshalb es häufig zahlreiche Berichte verschiedener Stellen (gerade im Bereich der Westpolitik) gab, welche die Herausarbeitung eines relativ verläßlichen Bildes durchaus ermöglichen. Doch so einfach scheint es nun auch nicht zu sein: Die Auseinandersetzung um die Aufarbeitung der DDR als nunmehr historisches Phänomen schlägt in der Öffentlichkeit, wie auch in der Wissenschaft, hohe Wellen. Dabei werden zum einen die oftmals fehlende Distanz zum Forschungsobjekt wie auch politisch motivierte Veränderungen der Sichtweise ebenso beklagt, wie auch das bereits angesprochene Quellenproblem. Da viele der heutigen Wissenschaftler in Ost oder West politisch-ideologisch eingebunden waren, mischen sich häufig politische Absicht und wissenschaftliche Untersuchung. So wirft z.B. Jürgen Kocka dem Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin Quellenfunde in 61 Vgl. S. Suckut, Die Bedeutung der Akten des Staatssicherheitsdienstes für die Erforschung der DDR-Geschichte, S. 67-74, in: G. Helwig (Hrsg.), Rückblicke auf die DDR. Festschrift für Ilse Spittmann-Rühle, 1995. 62 Schroeder, Geschichte und Transformation des SED-Staates, a.a.O., S. 17. 63 Ebenda, S. 19.
Quellenkritische Anmerkungen
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politischer Absicht vor64 , während es ihm selbst darum gehe, den Zugriff politischer Parteien, Strömungen und Interessen zu verhindern 65, während es dagegen, so Kocka zu recht, dem verantwortungsvollen Zeithistoriker um die Nuancen ... , um die Grautöne zwischen Schwarz und We!ß, die Mehrdeutigkeifen und Proportionen gehen müsse. 66 Vor dem Hintergrund dieser Auseinandersetzung stellte Klaus Schroeder Mitte 1994 fest: Vier Jahre nach der deutschen Vereinigung im Vorfeld des Bundestagswahlkampfs 1994 wiederholt sich in Deutschland in atemberaubender Geschwindigkeit ein Prozeß der Geschichtsverdrängung. Täter werden entlastet oder mit den Opfern gleichgestellt, indem behauptet wird, alle seien Opfer und Täter zugleich; irdische Justiz wird mit dem Verweis auf das Jüngste Gericht abgelehnt, und die Opfer werden zur vorschnellen Versöhnung gemahnt, während von den Tätern kaum noch eine Entschuldigung erwartet oder gar gefordert wird. Hiergegen setzt der Bezug auf die SED-Akten einen notwendigen Kontrapunkt. 67 Nur durch gründliche Analyse der DDR-Quellen, zu der es letztlich keine Alternative gibt, kann die Geschichte der DDR historisch-wissenschaftlich untersucht werden, weshalb der Enquete-Kommission zuzu-stimen ist, wenn sie ausführt: Entscheidend für die Beurteilung des Aussagewertes der SED-Akten sind die in der Wissenschaft üblichen quellenkritischen Gesichtspunkte. Die Frage, ob die Akten lügen oder nicht, erledigt sich damit von selbst. Zweifellos ist aber die Perspektive der Herrschenden eine andere als die der Beherrschten. Was ihren Quellenwert angeht, so lassen sich die Akten der SED durch keine andere schnftliche Hinterlassenschaft der DDR ersetzen.68 Vor diesem Hintergrund stützt sich die Untersuchung notgedrungen hauptsächlich auf Dokumente aus der Hinterlassenschaft des IPW (da von westdeutscher Seite kaum Unterlagen zu erhalten waren6~, unterstützt durch Aussagen ehemaliger Funktionsträger und Mitarbeiter des IPW sowie westdeutscher Gesprächspartner. 70
64 J. Kocka, Von der Verantwortung der Zeithistoriker. Das Interesse an der Geschichte der DDR ist - auch - Munition in der Tagespolitik, in: FRANKFURTER RUNDSCHAU vom 3.5.1994, S. 10. 65 Ders., Die Geschichte der DDR als Forschungsproblem. Einleitung, in: ders. (Hrsg.), Historische DDR-Forschung. Aufsätze und Studien, Berlin 1993, S. 12. 66 Ders., Von der Verantwortung der Zeithistoriker, a.a.O., S. 10. 67 Schroeder, Geschichte und Transfonnation des SED-Staates, a.a.O., S. 19f. 68 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., S. 247. 69 Vgl. S. 121. 70 Siehe S. 6.
3 Klein
Einleitung Im Rahmen einer sich verstärkenden Abgrenzungspolitik der SED unter Erich Honecker gegenüber der Bundesrepublik wurde im Juni 1971 in OstBerlin das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft (IPW) durch Zusammenlegung des Staatssekretariats für westdeutsche Fragen, des Deutschen Instituts für Zeitgeschichte und des Deutschen Wirtschaftsinstituts gegründet. Offiziell sollte die Imperialismusforschung, in der Realität jedoch die Westpropaganda koordiniert und verbessert werden, weshalb der Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz des Jahres 1974 dem IPW eine wichtige Funktion in der subversiven Arbeit der SED gegen die Bundesrepublik Deutschland bescheinigt.71 Durch die Ostpolitik der Großen Koalition in Bonn war die DDRFührung politisch mehr und mehr in die Defensive geraten, da es Ost-Berlin zunehmend schwerer fiel, auf die bewegliche Politik Banns zu reagieren. Die SED konnte nicht an einem Dialog interessiert sein, der wohlmöglich auf die DDR hätte übergreifen und den ostdeutschen Staat von innen her destabilisieren können. Aus diesem Grund löste sich die SED zunehmend von gesamtdeutschen Positionen, da es die nationale Verantwortung [der SED, d. Verf.] erfordert, mit aller Klarheit auszusprechen, daß . . . durch die Schuld des westdeutschen Monopolkapitalismus und seiner Banner Regierung einschließlich der sozialdemokratischen Minister, Begriffe wie "gesamtdeutsch" ihres Inhalts entleert und gegenstandslos geworden sind. 72 Die Vermeidung gesamtdeutscher Bezüge war bereits in formaler Hinsicht sichtbar geworden, so z.B. in der Umbenennung des Staatssekretariats für gesamtdeutsche Fragen in Staatssekretariat für westdeutsche Fragen. Deutlich sprach sich das SED-Politbüromitglied Hermann Axen im September 1970 für eine Abgrenzung der DDR von der Bundesrepublik aus, indem er ausführte, daß der antifaschistische Grundzug der Deutschen Demokratischen Republik ... uns verpflichtet ... , in Gegenwart und Zukunft erst recht, unseren sozialistischen Arbeiter- und Bauern-Staat weiterhin auf allen Gebieten von der imperialistischen Bundesrepublik abzugrenzen. . . . Keine nationalistische Demagogie von sogenannten 'innerdeutschen' Beziehungen oder von der angeblichen 'Einheit der Nation' kann die Grundwahrheit verdunkeln, daß ganze Welten und Epochen den sozialistischen deutschen Staat vom mono-
71 72
Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz für 1974, Bonn 1975, S. 82.
J. Herrmann, Presseerklärung im NEUEN DEUTSCHLAND vom 3.2.1967.
Einleitung
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pol-kapitalistischen Westdeutschland trennen. 73 So erklärte Erich Honecker auf der 14. Tagung der SED, daß sich zwischen den beiden deutschen Staaten ein objektiver Prozeß der Abgrenzung und nicht der Annäherung vollziehe74 , und Staats- und Parteichef Walter Ulbricht sprach im Januar 1971 von einem objektiven Prozeß der Abgrenzung, der einen Stand erreicht (hat), von dem aus es ein .. k mc . ht mehr gz"bt. 75 Z uruc Nach der Ablösung Ulbrichts durch Honecker im Mai 1971 setzte eine politische Umorientierung ein, welche Hermann Weber als einen der tiefsten Einschnitte in der DDR-Entwicklung bezeichnet. 76 Die DDR schwenkte wieder ganz auf die Linie der UdSSR ein, und die SED baute ihre beherrschende Rolle in Politik und Gesellschaft weiter aus, um durch eine verstärkte Kontrolle und Reglementierung mehr Flexibilität und Effektivität zu erreichen. Honecker dazu rückblickend 1974: Es ist heute so, daß kein Problem von Bedeutung ohne die tatkräftige politisch-ideologische und organisatorische Arbeit unserer Partei gelöst werden kann. 77 Dies galt besonders für die Wissenschaft, die in der DDR als wesentliche Grundlage der sozialistischen Gesellschaft gesehen wurde, mit dem Ziel, die Gesellschaft und das Leben der Bürger zu schützen und zu bereichern, die wissenschaftlich-technische Revolution zu meistern sowie den ständigen Fortschritt der sozialistischen Gesellschaft zu fordern. 78 Bereits 1963 hatte das ZK-Institut für Gesellschaftswissenschaften darauf verwiesen, daß in der sozialistischen Gesellschaft ... die Partei der Arbeiterklasse mit der Leitung der gesamten gesellschattlichen Entwicklung auch die Führung der Wissenschaften übernehmen (muß). 9 Vor diesem Hintergrund wurde 1971 das IPW gegründet, um die Westarbeit der SED zu koordinieren und zu verbessern. Bis zu seiner Auflösung 1990 verfügte das Institut über rund 450 Mitarbeiter und wurde zunächst von Prof. Herbert Häber (SED), später von Prof. Dr. Max Schmidt (SED) geleitet. Übergeordnete Instanz war offiziell das Präsidium des Ministerrates der DDR, in der Praxis der SED-Herrschaft unterstand das Institut jedoch dem Politbüro und war dort dem Sekretär für Propaganda, Albert Norden (ab 1981 Joachim Herrmann), zugeordnet. Im Rahmen der ZK-Abteilungen unterstand es der Westabteilung unter Heinz Geggel (ab 1973 unter Herbert Häber). 73 Ministerium für Innerdeutsche Beziehungen (Hrsg.), Texte zur Deutschlandpolitik, Bd. VI, 29. Juni 1970-26. Januar 1971, Bonn 1971, S. 126ff. 74 Nach: G. Zieger, Die Haltung von SED und DDR zur Einheit Deutschlands 1949- 1987, Köln 1988, S. 133. 75 W. Weber I W. Jahn, Synopse zur Deutschlandpolitik 1941 bis 1973, Göttingen 1973, s. 912. 76 Weber, DDR. Grundriß, a.a.O., S. 129. 77 E. Honecker, in: NEUER WEG 5/74, S. 199. 78 Verfassung der DDR vom 6. April 1968, Art. 17, Abs. 1, 3. 79 Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED (Hrsg.), Wissenschaft und Sozialismus, Staatsverlag der DDR, Berlin 1963, S. 12.
3•
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Einleitung
Die hier untersuchte Thematik gehört in den größeren Zusammenhang der alles andere als abgeschlossenen zeithistorischen und politischen Debatte um die ehemals deutsch-deutschen Beziehungen und die Ost- und Entspannungspolitik der Regierung Brandt. Durch die Vereinigung des Jahres 1990 und der damit einhergehenden Öffnung der Archive ist es nun möglich, die Thematik sozusagen von der anderen Seite zu beleuchten. Vor diesem Hintergrund soll das 1971 gegründete Institut für Internationale Politik und Wirtschaft untersucht und im Hinblick auf die Bedeutung für die DDR-Westarbeit analysiert werden: Handelte es sich beim IPW um eine wissenschaftliche Einrichtung. welche die Außenund Deutschlandpolitik der SED (mit)prägte, oder war das IPW mehr eine Art Propagandaorganisation, quasi zur "wissenschaftlichen" Aufbereitung der politischen Vorgaben und Anordnungen der Parteispitze? Dies stellt so auch den Kern der Untersuchung dar, nämlich die Frage nach dem Grundwiderspruch des IPW, einerseits nach innen und außen als Propaganda- und Koordinierungsinstrument zu wirken, andererseits aber der politischen Führung, also der SED, wissenschaftlich fundierte Informationen und Analysen zu liefern. Als was war das IPW gedacht und wozu hat es sich entwickelt? Konnte es die ideologischen Spitzen der SED-Politik abmildern und somit ein wichtiges - vielleicht sogar entscheidendes - Diskussionsforum zwischen Ost- und Westdeutschland bieten oder war es letztlich nur eine Art Tarneinrichtung der Staatssicherheit zur gezielten Desinformation der westdeutschen bzw. westlichen - wissenschaftlichen wie auch politischen - Öffentlichkeit? In diesem Spannungsbogen zwischen politisch-ideologischer Instrumentalisierung und wissenschaftlich-emanzipatorischem Anspruch vollzieht sich folgende Untersuchung, um somit die historischpolitische Einordnung des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft in den Gesamtzusammenhang DDR/SED- Bundesrepublik zu ermöglichen.
A. Die Deutschlandpolitik der SED 1961 bis 1971 I. Die Veränderung der SED-Deutschlandpolitik Die Deutschlandpolitik der SED geriet nach der Gründung der DDR im Jahre 1949 zunehmend in einen Widerspruch: Während einerseits, quasi als strategisches Ziel80 , die revolutionäre Umwälzung der politischen Zustände in Gesamtdeutschland hin auf ein sozialistisches System angestrebt wurde, verlagerte sich das praktische Ziel der SED auf die Durchsetzung der offiziellen Akzeptanz der DDR. Es galt, die westdeutsche Position, welche die Unrechtmäßigkeit des östlichen Regimes im Rahmen der Hallstein-Doktrin betonte und die internationale Akzeptanz der DDR somit blockierte, zu durchbrechen. Für die Machthaber in Ost-Berlin bedeutete diese Isolation nicht nur ein außenpolitisches Ärgernis, sondern erwies sich auch hinsichtlich der innenpolitischen Akzeptanz als Problem, da die völkerrechtliche Stigmatisierung der DDR81 der Distanz, die ein Teil der Bevölkerung gegenüber dem SED-Regime einnahm, Nahrung gab. Durch den Mauerbau 1961, nach Heinrich Krone die Stunde der großen Desillusion 82 , versuchte die SED, die eigenen Kräfte sowie die Aufmerksamkeit der eigenen Bevölkerung auf die Vorteile eines sozialistischen Systems zu lenken, weshalb man sich auf den raschen Aufbau eines zentralistischen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems konzentrierte, um zumindest im Rahmen einer langfristigen Perspektive dem wirtschaftlichen Aufschwung im Westen etwas entgegenzusetzen. Die Absicht der SED war es, sich spätestens zu dem Zeitpunkt, an dem der Westen wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch ins Wanken geriet - nach marxistisch-leninistischer Überzeugung lediglich eine Frage der Zeit - als vernünftige und zukunftsorientierte Alternative zu erweisen. Doch nachdem bereits im politischen Bereich kein Durchbruch erzielt worden war, entwickelte sich auch die Wirtschaft nicht in der, im wahrsten Sinne des Wortes, geplanten Weise. Der Ausschluß aus dem westlichen Wirtschafts80 Staadt, Westpolitik, a.a.O., S. 23; vgl. K. Adenauer, Erinnerungen 1945-1953, Stuttgart 1965, S. 97; vgl. M. Zimmer, Das gesamte deutsche Volk bleibt aufgefortert... Die Deutschlandpolitik der Bundesrepublik 49-90, Deutschland-Report 14/1991 , S. 12ff. 81 Ebenda. 82 H. Krone, Aufzeichnungen zur Ost- und Deutschlandpolitik 1954-1969. in: R. Morsey I K. Repgen (Hrsg.), Adenauer-Studien III, Mainz 1974, S. 162.
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A. Die Deutschlandpolitik der SED 1961 bis 1971
system - wie auch die eigene Mißwirtschaft - ließen einen großen Teil des anfänglichen Optimismus rasch verfliegen. Zwar konnte durch Mauerbau und Beendigung der Kuba-Krise der sich bis dahin steigemde Ost-West-Gegensatz entschärft werden, doch gelang es der DDR noch immer nicht, die außenpolitische Blockade zu durchbrechen. Den Machthabern in Ost-Berlin wurde immer deutlicher, daß der Weg zur Partizipation am globalen System nur über die Bundesrepublik, d.h. die Beseitigung der HaBstein-Doktrin führen konnte. Dies war jedoch schwierig, da die große Mehrheit der Westdeutschen zu dieser Zeit dem Banner Alleinvertretungsanspruch zustimmte und somit die Grundlage der Deutschlandpolitik der eigenen Regierung unterstützte. Doch auch die Banner Deutschlandpolitik stieß in diesen Jahren an ihre Grenzen. Bedingt durch die weltpolitischen Entwicklungen und das nukleare Gleichgewicht verschob sich der Kem der deutschen Frage: Die Wiedervereinigung galt nicht länger als Vorbedingung einer europäischen Sicherheitsarchitektur, es dominierte nun vielmehr die Frage bezüglich der Vermeidung einer Vertiefung der Spaltung und, damit verbunden, des Offenhaltens der deutschen Frage. 83 Um die Hallstein-Doktrin zu untergraben, setzte die SED von nun an auf eine Doppelstrategie: Während weiterhin der westdeutsche Imperialismus, Revanchismus und Militarismus angeprangert wurde, sollte verstärkt dem Antikommunismus in der Bundesrepublik begegnet werden. Nur dadurch, so hoffte die SED-Spitze, sei die Veränderung des negativen DDR-Bildes im Westen zu erreichen. Während die SED die Bundesrepublik weiterhin lauthals als imperialistische Bedrohung und Gefahr für den Frieden brandmarkte, sollte eine behutsam-unauffällige Politik, von Jochen Staadt treffend als geheime Westpolitik bezeichnet84 , ein Aufweichen der harten Haltung im Westen bewirken. Wichtigster Ansatzpunkt dieser Strategie war, nach SED-Pianung, die westdeutsche Sozialdemokratie, in der sich ein Neuansatz hinsichtlich der Ostpolitik abzuzeichnen begann, worauf die SED mit einer Offensive an der unsichtbaren Front ihrer Westpo/itik85 reagierte, indem Reisekader in den Westen geschickt wurden, um Kontakt mit einflußreichen SPD-Politikem aufzunehmen. Vor diesem Hintergrund mußte zwangsläufig das alte Ziel der Komintern, klassenmäßig fehlgeleitete Sozialdemokraten an den Kommunismus zu führen, zurücktreten, da die SED nun in erster Linie versuchte, auf den sich abzeichnenden Meinungsbildungsprozeß innerhalb der SPD in ihrem Sinne einzuwirken. Vor diesem Hintergrund erhielt auch der FDGB die Anweisung, Kontakte zu den
83 H.-P. Schwarz, Das außenpolitische Konzept Konrad Adenauers, in: R. Morsey I K. Repgen (Hrsg.), Adenauer-Studien I, Mainz 1971, S. 102. 84 Ebenda, S. 24. 85 Ebenda.
I. Die Veränderung der SED-Deutschlandpolitik
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westdeutschen Gewerkschaften aufzubauen und ebenso auf das Ziel der Anerkennung der DDR hinzuarbeiten. 86 Als sich jedoch nach der Kuba-Krise der Ost-West-Gegensatz zu entspannen begann und die UdSSR auf die Politik der friedlichen Koexistenz einschwenkte, sah sich die SED plötzlich auch aus dem eigenen Lager unter Druck gesetzt, weshalb Ulbricht Ende des Jahres 1962 in einer Rede vor SED-Bezirksdelegierten in Cottbus erklären mußte, daß die neue Politik KornErarnisse erfordere, welche sich auch auf die Bundesrepublik erstrecken könnten. 7 Zwar blieb es bei der bekannten aggressiven Rhetorik, indem u.a. weiterhin der Sturz der Bundesregierung gefordert wurde, doch veränderte sich das Klima zwischen Bonn und Ost-Berlin. Begriffe wie friedliche Koexistenz, Entspannung, Abrüstung und eur~äische Sicherheit bestimmten zunehmend die innerdeutschen Beziehungen , auch wenn die Nationale Front der DDR in einer Erklärung vom März 1962 feststellte, daß sich die beiden deutschen Staaten ... feindlich gegenüber(stehen).89 Doch mußte die SED, welche vonBonnimmer wieder die Anerkennung politischer Realitäten gefordert hatte, diese nun selbst zur Kenntnis nehmen: Weder die Bundesrepublik noch der Westen insgesamt waren zu Beginn der sechziger Jahre wirtschaftlich, politisch oder gesellschaftlich labil, im Gegenteil, der Westen war stabil und geschlossen, so daß ein Warten auf den Zusammenbruch des Westens keinen Erfolg versprach. Vor diesem Hintergrund setzte die SED auf eine neue Strategie, welche internationale Anerkennung und politische Stabilität bringen sollte.
1. Die neue Westpolitik der SED Die neue Politik der friedlichen Koexistenz gegenüber der Bundesrepublik wurde von der SED auf verschiedenen Ebenen verfolit. Während man einerseits immer wieder die alte rituelle Beschwörungsformel der gegenseitigen Nicht-
86 Vgl. dazu: M. Wilke I H.-H. Hertle, Deutsche Gewerkschaftsgeschichte zwischen Ost und West, Berlin 1992; vgl. H.-H. Hertle, Funktion und Bedeutung der Massenorganisationen am Beispiel des FDGB, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. II/1: Macht, Entscheidung, Verantwortung, S. 301-343. 87 Diese Rede wurde im NEUEN DEUTSCHLAND vom 5.12.1962 unter dem Titel Der Kampf um den Frieden und die Regierungskrise in Westdeutschland abgedruckt. 88 Staadt, Westpolitik, a.a.O., S. 25. 89 Erklärung der Nationalen Front, in: NEUES DEUTSCHLAND vom 25.03.1962. 90 Ebenda.
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A. Die Deutschlandpolitik der SED 1961 bis 1971
einmischung betonte, verfuhren die Einheitssozialisten selbst jedoch anders: Über eine massive und geheime Reisekader-Politik sollte Einfluß im Westen ausgeübt werden, weshalb die Westabteilung 1969 rund zweitausend Kader in den Westen schickte (1961 waren es lediglich einhundert gewesen) 91 , die auf eine Veränderung des DDR-Bildes hinarbeiten sollten, wobei diese Westarbeit nicht nur aus der üblichen Agitation und Propaganda bestand, sondern nun auf zielgerichtete und direkte Einflußnahme abzielte. 92 Vor diesem Hintergrund wurden die Reisekader nicht nur auf westdeutsche Politiker und Gewerkschaftsfunktionäre angesetzt, sondern auch auf Journalisten und Wissenschaftler, da diese das DDR-Bild im Westen in besonderer Weise prägten. Die Reiseberichte dieser Kader, die selbstverständlich dem Staatssicherheitsdienst vorgelegt werden mußten, können im Parteiarchiv der SED eingesehen werden und sind fast alle mit dem Vermerk streng vertraulich bzw. Nicht zur Veröffentlichung versehen. Neben den direkten Informanten des MfS und den Kadern, die im Westen kommunistische Gruppierungen unterstützten, bildeten diese Reisekader mit Parteiauftrag die dritte Gruppe im System der gezielten Einflußnahme und Erkenntnisgewinnung, und es ist Jochen Staadts Ansicht beizupflichten, daß die Reisekader . . . gegenüber ihren westlichen Ger,rächspartnem gewissermaßen den zweiten deutschen Staat (repräsentierten). 9 Zuständig für die Leitung der Westarbeit war eine eigene Kommission beim Politbüro der SED, welche zunächst als Kommission für gesamtdeutsche Arbeit bzw. Zentrale gesamtdeutsche Kommission, nach dem Mauerbau als Westkommission firmierte. Ihre Aufgabe bestand in der straffe(n) operative(n) Leitung der gesamtdeutschen Arbeit nach Westdeutschland, weshalb die Kommission im Rahmen der Beschlüsse des Politbüros weisungsberechtigt für alle Organisationen u. Institutionen, soweit es deren gesamtdeutsche Arbeit betrifft94 , war. Das bedeutete, daß auch diejenigen westdeutsch-orientierten Aktionen der verschiedenen Massenorganisationen (FDGB, FDJ, VdgB, Kulturbund, Deutscher Friedensrat etc.), welche zwar offiziell der Nationalrat koordinierte, in der Realität des SED-Systems jedoch von der Kommission für gesamtdeutsche Arbeit angeleitet wurden. Doch blieben gewisse Koordinationsprobleme, da neben der Kommission noch eine Abteilung Arbeitsbüro bestand, welcher die Anleitung der KPD (bzw. der DKP) und in den fünfziger Jahren auch die Politik gegenüber SPD und Gewerkschaften oblag. Die Aufgaben des Arbeitsbüros, welches von Erich Glückauf, der 1959 von der SED in das illegale Politbüro der KPD delegiert worden war, geleitet wurde, hatte das Politbüro am 4. Januar 1959 folgendermaßen festgelegt: Die 91
Nach:ebenda, S. 26. Vgl. H.-H. Hertle, a.a.O., S. 334. 93 Ebenda, S. 27. 94 Mitteilung des Politbüros an die 1. Sekretäre der Bezirksleitungen der SED vom 27. Juli 1959. Zit. nach: Staadt, Westpolitik, a.a.O., S. 28. 92
I. Die Veränderung der SEn-Deutschlandpolitik
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Abteilung Arbeitsbüro ist verantwortlich für die Arbeit in der SPD vom Standpunkt der Zusammenarbeit mit der SED und der Schaffung eines Vertrauensverhältnisses zur DDR; sie organisiert sozialdemokratische Organisationen sowie Beratungen mit Sozialdemokraten, soweit sie im Gebiet der DDR durchgeführt werden. Sie organisiert die Unterstützung von Maßnahmen der KPD in Westdeutschland, wenn sie es wünscht. 95 Aufgrund dieser Aufgabenüberschneidung mußte es über kurz oder lang zu Koordinierungsproblemen und Kompetenzstreitigkeiten zwischen Westkommission und Arbeitsbüro kommen, welche sich auch vor dem Hintergrund unterschiedlicher Auffassungen bezüglich der politischen Vorgehensweise abspielten. So beklagte der spätere Leiter des IPW, Herbert Häher, im Februar 1960 in seiner Eigenschaft als Mitglied der Westkommission Abstimmungsschwierigkeiten sowie Konzeptionslosigkeit insgesamt. Häher beschwerte sich unter anderem darüber, daß leitende SED-Kader sich von ihnen unterstellten Genossen erzählen lassen müssen, welche Vorschläge bzw. Vorstellungen die KPD auf einzelnen Gebieten hat. 96 Hintergrund dieser Streitigkeiten war die Frage nach der politischen Linie gegenüber der SPD nach deren Godesberger Beschlüssen. Während die KPD an der alten Linie des Einwirkens auf klassenmäßig fehlgeleiteten Sozialdemokraten beharrte, verlagerte die SED ihr Interesse auf generelle Einwirkungsmöglichkeiten mit dem Ziel der Aufweichung der verhärteten Haltung der SPD, d.h. man wollte, so Ulbricht, den Kampf innerhalb der Partei führen, um echte linke Gruppen in der SPD zu bilden und auf diese Art und Weise wirklich oppositionelle Kräfte bei der Wahl 61 mit in den Bundestag zu bekommen. 97 Ulbricht kritisierte in diesem Zusammenhang die KPD, indem er ausführte, daß die Genossen über die Perspektive unsicher sind, d. h. daß ihnen die Hauptidee nicht klar ist. 98 Die Auseinandersetzung endete schließlich mit einer weitreichenden Kompetenzerweiterung der Westkommission und der Auflösung des Arbeitsbüros durch das Politbüro am 15. November 1960, womit die SED ihren Führungsanspruch auch gegenüber der KPD deutlich unterstrich. Darüber hinaus wurden einige leitende Mitarbeiter des Arbeitsbüros wegen Nichterfüllung ihrer Arbeitsaufgaben mit Parteistrafen belegt und mußten große politische und ideo/o-
95 Vorschläge der Mitgliederversammlung der Grundorganisation 24 (Arbeitsbüro des ZK) für die Neuaufteilung der Arbeit der Abteilung Arbeitsbüro vom 8. Juli 1960 (SAPMDB, Bestand Büro Norden, IV 2/2028/2). 96 H. Häber, Zu einigen Problemen der gesamtdeutschen Arbeit, 6. Februar 1960 (SAPMDB. Bestand Büro Norden, IV 2/2028/10). 97 Ulbricht laut einer Mitschrift des stellvertretenden Leiters der gesamtdeutschen Kommission, Hans Rentmeister vom 13./29. September 1960 (SAPMDB, Bestand Büro Norden, IV 2/2028/10). 98 Ebenda.
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A. Die Deutschlandpolitik der SED 1961 bis 1971
gisehe Fehler einräumen. 99 Aufgabe der Westkommission sei nun, so das Politbüro, die Durchführung der Beschlüsse der Partei auf dem Gebiet der gesamtdeutschen Arbeit anzuleiten und zu kontrollieren, der Parteiführung Konzeptionen für einzelne Gebiete der gesamtdeutschen Arbeit auszuarbeiten, die gesamtdeutsche Arbeit in den Bezirken anzuleiten und zu kontrollieren und durch eine aktuelle Argumentation, gemeinsam mit der Agitations-Kommission, ständig die Offensive gegenüber dem Gegner zu gewährleisten. Somit sei die Kommission für eine straffe operative Leistung der gesamtdeutschen Arbeit nach Westdeutschland verantwortlich und ist daher im Rahmen der Beschlüsse des Politbüros für alle Organisationen und Institutionen weisungsberechtigt. 100 Dazu erhielt die Kommission acht bis zehn hauptamtliche Mitglieder, zehn bis fünfzehn hauptamtliche Mitarbeiter sowie acht bis zehn Instrukteure, welche für die Westarbeit der Bezirksleitungen verantwortlich waren, dazu schließlich noch zahlreiche ehrenamtliche Mitarbeiter. Doch konnten diese Maßnahmen die Wirkung der Westarbeit nicht in der erwarteten Weise erfüllen, weshalb auf einer Konferenz aller mit Westarbeit befaßten Funktionäre u.a. die Nutzung von Rundfunk und Fernsehen für die Westarbeit vorgeschlagen wurde. 101 Aufgrund der auf der Konferenz erörterten Probleme und Erfahrungen sah sich das Politbüro veranlaßt, die Westarbeit im März 1962 erneut umzustrukturieren: Die Zahl der Funktionäre, welche sich hauptamtlich mit der Westarbeit befaßt hatten, wurde (allein außerhalb des SED-Apparats 102) drastisch verkleinert und eine Kaderkartei erfaßte die persönlichen Verbindungen, welche für die SED wichtig waren. Verantwortlich für die Durchführung war eine neu errichtete Abteilung beim ZK der SED, welche als Abteilung 62 (später Abteilung 70) firmierte. Aber nicht nur an dieser Stelle kam es zu Umstrukturierungen; auch die Westarbeit bzw. deren Koordination bei den Blockparteien und Massenorganisationen sollte verbessert werden, indem beim Nationalrat, den jeweiligen SEDLeitungen sowie bei der Nationalen Front auf Bezirks- und Kreisebene eigene Westkommissionen eingerichtet wurden. Nachdem diese organisatorischen Umstrukturierungen abgeschlossen waren, widmete sich das Politbüro in einer Sitzung am 19. September 1961 der weite99 Vorschläge der Mitgliederversammlung der Grundorganisation 24 (Arbeitsbüro des ZK) für die Neuaufteilung der Arbeit der Abteilung Arbeitsbüro vom 8. Juli 1960 (SAPMDB, Bestand Büro Norden, IV 2/2028/2). 100 Ebenda. 101 Zur bisherigen Arbeit der Westkommission, Protokoll der Sitzung der Westkommission beim Politbüro des ZK der SED am 8. Januar 1962 (SAPMDB, Bestand Westkommission, IV 2/1002/4). 102 Hans Rentmeister, Abteilung 62: Für Genossen Norden! Aufstellung der hauptamtlichen Mitarbeiter der verschiedenen Organisationen, die in der Westarbeit eingesetzt sind, 6. Februar 1962 (SAPMDB, Bestand Büro Norden, IV 2/2028117).
I. Die Veränderung der SED-Deutschlandpolitik
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ren Entwicklung in Westdeutschland, wozu neben den ständigen Mitgliedern des Politbüros auch der KPD-Vorsitzende Reimann sowie die SED-Funktionäre Rentmeister, Spangenberg, Geggel, Häber, Herrmann, Eisler, Mielke, Mohn, Glückauf und Ledwohn hinzugezogen wurden. In dieser Sitzung beurteilte das Politbüro die Lage nach dem Mauerbau insofern, daß . . . eine Anderung der Lage in Westdeutschland eingetreten ist. Den Bonner Revanchisten wurde ein ernster Schlag versetzt. Die von der Bonner Regierung seit 1945 bis jetzt vertretene revanchistische Politik ist am 13. August gescheitert. Die nationale Frage in Deutschland heißt: Beseitigung des Imperialismus und Militarismus. Es ist ein Dokument des Politbüros des ZK der SED über die Lehren der Entwicklung in den letzten Monaten in beiden deutschen Staaten auszuarbeiten. Unter Punkt 3 des Protokolls heißt es weiter: Für die Arbeit nach Westdeutschland wird festgelegt, daß die SED mit ihrem eigenen Apparat arbeitet. 103 Dies war ein deutlicher Hinweis an die Adresse der KPD, und als Honecker vorschlug, die Westarbeit komplett zu zentralisieren und Glückauf dem widersprach, kritisierte Ulbricht massiv die KPD, die nicht ermöglicht habe, eine Antwort auf die Perspektive zu geben, welche der SED-Vorsitzende als militärisch neutrales Deutschland bezeichnete. In Bezug auf die SPD führte Ulbricht aus, daß das Hoffen auf eine Spaltung der SPD illusorisch sei, vielmehr müsse deutlich gemacht werden, daß die SPD keine Arbeiterpartei mehr ist. 104 Somit stellte Ulbricht also nicht nur die zukünftige Marschroute klar, sondern betonte den Führungsanspruch der SED, welchem sich die KPD bedingungslos unterzuordnen hatte. In einer vom 15. ZK-Pienum im März 1962 beschlossenen und in der ganzen DDR verbreiteten Erklärung über Die geschichtliche Aufgabe der Deutschen Demokratischen Republik und die Zukunft Deutschlands wurde schließlich der Versuch unternommen, den Mauerbau und die veränderte Politik gegenüber der Bundesrepublik zu rechtfertigen. In der Erklärung setzte die SED nun ihrerseits auf eine Art Alleinvertretungsanspruch, da die DDR die gesamte deutsche Nation vertrete und zu einem unbezwingbaren Bollwerk der nationalen Wiedergeburt und des Fortschn"tts geworden sei. Desweiteren wurde ausgeführt, daß beide deutschen Staaten Beziehungen im Rahmen der friedlichen Koexistenz aufnehmen sollten und eine Wiedervereinigung nur unter sozialistischen Voneichen denkbar sei. Diese Erklärung wurde Mitte 1962 vom Nationalkongreß der Nationalen Front als Nationales Dokument bestätigt, seine Bedeutung somit unterstrichen. Der Westkommission oblag nun die Verbreitung dieses Doku103 Sitzung des Politbüros vom 19. September 1961, Protokoll Nr. 49/61 (SAPMDB, Bestand Politbüro des ZK, J IV 2/2/791). 104 Westkommission beim Politbüro des ZK der SED: Bericht vom 28. Oktober 1961 über eine Diskussion im Politbüro, betr. Westarbeit (SAPMDB, Bestand Büro Norden, IV A2/2028/16).
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A. Die Deutschlandpolitik der SED 1961 bis 1971
ments in Westdeutschland, weshalb die einzelnen SED-Bezirksleitungen angewiesen wurden, auf ihre jeweiligen Patengebiete in der Bundesrepublik einzuwirken.105 Obwohl die Bezirksleitungen über ihre Propagandamaßnahmen eifrig Meldung erstatteten, gab es jedoch auch einzelne Berichte, in denen sich die Realität wiederspiegelte. So wurde aus Dresden gemeldet, daß sich zwar einzelne Briefzirkel gebildet hätten, doch sei die Mitarbeit der Bevölkerung mangelhaft, da in Diskussionen mit Brigaden in Görlitzer Betrieben ... das Schreiben von offenen Briefen abgelehnt (wurde) mit der Begründung, daß sie nicht schreiben könnten, daß es in der DDR besser sei, wo es doch nicht genügend zu esseng1"bt. 106 Alles in allem war die Kampagne ein Mißerfolg, und die SED versuchte nun mit einem Vorschlag über ein Abkommen der Vernunft ihre Ziele zu erreichen. Ulbricht erläuterte diesen Vorschlag auf dem VI. Parteitag der SED, welcher auf die volle Anerkennung der DDR hinausliee 07 , von der Bundesrepublik daher jedoch postwendend abgelehnt wurde.
2. Die Veränderung der SPD-Deutschlandpolitik Im Rahmen des VI. Parteitages der SED im Januar 1963 wurde deutlich, daß die nationale Frage in den Hintergrund trat und stattdessen die internationale Stellung sowie die innere Konsolidierung der DDR in den Mittelpunkt rückte: Durch den Mauerbau sei die Beseitigung der unmittelbaren Kriegsgefahr108 erreicht, weshalb man sich nun dem weiteren Ausbau des Sozialismus widmen könne. Beide Ziele, Festigung der internationalen Position und Ausbau des Sozialismus, bezogen sich indirekt jedoch auch auf die Bundesrepublik, da die Stärkung der DDR als Grundlage für die weitere Auseinandersetzung um die Anerkennung der DDR mit Bonn angesehen wurde. Während bis zur ersten 105 Im Rahmen dieser Patengebiete, die in den Berichten oft auch als Einflußgebiete bezeichnet wurden, war z.B. Rostock für Hamburg, Kari-Marx-Stadt für Düsseldorf, Aachen, Wuppertal, Solingen, Siegburg, Remscheid und Köln, Suhl für Nümberg und Augsburg sowie Gera für München, Landshut, Passau, Rosenheim, Straubing und Regensburg zuständig. 106 Grasemann: Bericht vom 2. Juni 1962 an die Westkommission beim Politbüro des ZK der SED über den Einsatz in der BL Dresden vom 29.-30. Mai 1962 (SAPMDB, Bestand Westkommission, IV 2/1002/42). 107 W. Ulbricht, Das Programm des Sozialismus und die geschichtliche Aufgabe der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, in: Protokoll der Verhandlungen des VI. Parteitages der SED, Bd. I, Berlin 1963, S. 6lf. 108 Protokoll der Verhandlungen des VI. Parteitages der SED, Berlin (Ost) 1963, S. 24.
I. Die Veränderung der SED-Deutschlandpolitik
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Hälfte des Jahres 1963 die SED an der Einschätzung festgehalten hatte, daß in Westdeutschland der staatsmonopolistische Kapitalismus in zunehmendem Maße rechte Führer der Sozialdemokratie und Gewerkschaften unmittelbar in das System seiner Herrschaftsausübung ein(bezieht), um seine Macht ... und die Revanchepolitik durchführen zu können 109 , veränderte sich ab der Mitte des Jahres 1963 diese Haltung. Überlegungen des Regierenden Bürgermeisters von Berlin und SPD-Kanzlerkandidaten Willy Brandt, wie auch Äußerungen seines Pressechefs Egon Bahr ließen die Westkommission hellhörig werden. So berichtete ein Mitarbeiter der Kommission im März 1963 über Brandts Buch KoExistenz- Zwang zum Wagnis, in welchem der SPD-Politiker die Voraussetzungen zu einer Politik der Koexistenz nannte. Brandt hatte darin u.a. auf reale Interessen und nicht theoretische Prinzipien der UdSSR verwiesen, wie auch auf das Abrücken von kontroversen Ideologien als beherrschendes Moment und der Verbindung der Interessen beider Seiten. 110 Besonders die Aussagen Egon Bahrs auf der Festveranstaltung der Evangelischen Akademie in Tutzing vom Juli 1963 gelten heute als Basis für die spätere neue Ostpolitik der Regierung Brandt. 111 Die Beiträge Brandts und Bahrs auf der Veranstaltung in Tutzing müssen auf dem Hintergrund der strategy for peace von US-Präsident Kennedy gesehen werden, welche im Kabinett Adenauer zu Irritationen geführt hatte. Während sich die offizielle Bonner Regierungspolitik von der Haltung der USRegierung distanzierte, standen die SPD-Politiker mit ihren Überlegungen auf dem Boden der sich verändernden amerikanischen Politik, in deren Zentrum der Problemkreis Deutschland zwar noch immer einen wichtigen, aber nicht mehr den bedeutendsten Platz einnahm. 112 Demgegenüber hielt Adenauer an der Absicht fest, Entspannung erst nach einer Wiedervereinigung zu ermöglichen. Solch ein Junktim paßte jedoch nicht in die Pläne der US-Administration, die den Kalten Krieg beenden wollte. Zwar war Kennedy nicht bereit, die DDR de jure anzuerkennen, doch wollte er eine pragmatische Position einnehmen, welches er in einer Rede im Juni 1963 in Berlin öffentlich kundtat: Die Wahrheit verlangt von uns, daß wir den Tatsachen ins Auge sehen, daß wir uns von Selbsttäuschungen freimachen und daß wir uns weigern, nur in Schlagworten zu denken. Wenn wir für die Zukunft dieser Stadt arbeiten wollen, dann lassen Sie uns mit den Gegebenheiten fertig werden, so wie sie wirklich 109 Westkommission beim Politbüro des ZK der SED: Zur SPD, (SAPMDB, Bestand Westkommission, IV 2/1002/110). 110 Gabo Lewin: Information über das Buch von Willy Brandt: Ko-Existenz - Zwang zum Wagnis, (SAPMDB, Bestand Büro Norden, IV A2/2.028/24). 111 Vgl. M. Uscher, Die Ostpolitik der SPD, Berlin 1991. 112 E.-0. Czempiel, Auf der Suche nach neuen Wegen: Die deutsch-amerikanischen Beziehungen 1961-1969, in: W.-U. Friedrich (Hrsg.). Die USA und die deutsche Frage 1945-1990, Frankfurt am Main 1991, S. 169.
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sind, nicht so, wie sie hätten sein können, und wie wir sie uns gewünscht hätten.113 Während die Bundesregierung den neuen Tönen aus Washington mit Mißtrauen begegnete, sah sich die SPD in ihrer Haltung bestärkt. So führte Brandtin Tutzing u.a. aus, daß es ... eine Lösung der deutschen Frage nur mit der Sowjetunion, nicht gegen sie (gibt). Wir können nicht unser Recht aufgeben, aber wir müssen uns damit vertraut machen, daß zu seiner Verwirklichung ein neues Verhältnis zwischen Ost und West erforderlich ist und damit auch ein neues Verhältnis zwischen Deutschland und der Sowjetunion. 114 Was Brandt in seinen Ausführungen lediglich angedeutet hatte, verdeutlichte Bahr in einem Konzept unter der vieldeutigen Formel Wandel durch Annäherung 115, indem er erklärte, daß die Wiedervereinigung nur im Rahmen von vielen Schritten und vielen Stationen zu erreichen sei, wobei man sich selbst durch die Überlegung einer Anerkennung der DDR nicht lähmen lassen dürfe. Die SED sah sich durch diese Überlegungen in ihrer Forderung an den Westen bestätigt, die politischen Realitäten anzuerkennen. Die Westkommission setzte daher auch an diesem Punkt an und legte im September 1963 ein Konzeptionspapier unter dem Titel Über unsere Politik nach und in Westdeutschland für die Zeit bis Ende Oktober 1963 vor. Darin beschrieb der stellvertretende Leiter der Westkommission, Geggel, das Ziel, die in Westdeutschland dominierende Einstellung, ohne Lösung der Deutschlandfrage keine Entspannung, aufzubrechen und betonte, daß die wachsende Diskussion [in Westdeutschland, d. Verf.] über die Notwendigkeit, die DDR in irgendeiner Form anzuerkennen bzw. ihre Existenz wenigstens zu respektieren, ... mit allen Mitteln gefördert werden (muß). Wir müssen jene Kräfte in Westdeutschland fördern, die sich die realistische Erkenntnis zu eigen gemacht haben, daß die Wiedervereinigung nur über eine Internationale und innerdeutsche Entspannung und Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten erreicht werden kann. 116 Vor diesem Hintergrund veränderte die SED ihre Vorgehensweise erneut: Waren Brandt und sein Umfeld bisher als Teil der imperialistischen Kriegsfrak113 J. F. Kennedy, Eine Universität für die freie Welt. Rede in der FU Berlin, in: S. Lönnendonker, T. Fichter, Hochschule im Umbruch, Teil III, Auf dem Weg in den Dissens (1957-1964), Berlin 1974, S. 156. 114 W. Brandt, "Denk ich an Deutschland ... " . Rede des Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt anläßtich des zehnjährigen Bestehens des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie Tutzing, in: Brandt-Reden 1961- 1965, Köln 1965, S. 122. 115 E. Bahr, Wandel durch Annäherung. Diskussionsbeitrag in Tutzing, in: O.K. Flechtheim, Dokumente zur parteipolitischen Entwicklung in Deutschland seit 1945, Bd. VII, Berlin 1969, S. 193ff. 116 H. Geggel, Westkommission beim Politbüro des ZK der SED: Über unsere Politik nach und in Westdeutschland für die Zeit bis Ende Oktober 1963, 19. September 1963 (SAPMDB, Bestand Westabteilung des ZK der SED, IV A2/1002/221) .
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tion in der SPD dargestellt worden, deren Einfluß zurückzudrängen sei, so förderte die SED im Rahmen ihrer Westpolitik nun die Verbreitung der Vorstellungen des Regierenden Bürgermeisters innerhalb der SPD nachdrücklich, besonders auch. da sich Moskau entschlossen hatte, die Sozialdemokratie nicht mehr nur als Gegner des Sozialismus zu brandmarken, sondern den entscheidenden Einfluß zu betonen und auszunutzen, den die sozialdemokratischen Parteien auf die Arbeiterschaft des Westens ausübten. 117 So entwickelte die Westkommission eine umfangreiche Tätigkeit, welche, trotz Nordens Wort vom gesamtdeutschen Verständigungsfrieden mit der SPD 118 , nicht allein die Vertiefung persönlicher Kontakte zwischen SED- und SPD-Funktionären bedeutete, sondern auch weiterhin die Verleumdung sozialdemokratischer Politiker einschloß.119 Auch über die Sozialistische Internationale versuchte die SED Einfluß zu nehmen, ganz nach den Vorstellungen der Außenpolitischen Kommission beim Politbüro (Sitzungen vom 5.10. und 18.11.1963), jedoch ohne größeren Erfolg. Daher nahm die SED die SPD stärker direkt ins Visier und verfolgte die Verstärkung der ideologisch-politischen Arbeit mit der deutlichen Orientierung auf die Grundfragen, wobei es - laut Politbüro - besonders wichtig sei, der westdeutschen Arbeiterklasse die Gnmdprobleme des Kampfes in Deutschland klassenmäßig aufzuzeigen. Es ist erforderlich, überzeugend das Wesen und die innen- und außenpolitische aggressive Rolle des westdeutschen Imperialismus in der gegenwärtigen Etappe zu enthüllen. Dazu entschloß man sich, die Diskussion in Westdeutschland und das öffentliche politische Auftreten geeigneter Vertreter der DDR in Westdeutschland zu organisieren . 120 Auf diese Weise gelang es der SED in den folgenden drei Jahren, Beziehungen zur SPD auf Landes- und Kommunalebene auf- und auszubauen, dies jedoch nicht mehr nur im Rahmen persönlicher Kontakte, sondern durch Teilnahme an Parteiveranstaltungen, mit dem Ziel, auf der unteren Parteiebene die Aufnahme
Rede des Direktors des Moskauer Instituts für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen auf einer Konferenz im September 1964: Nach: A. Rummel (Hrsg.), Die Sowjetunion, die DDR und die Deutschland-Frage 1965-1976. Einvernehmen und Konflikt im sozialistischen Lager, Stuttgart 1976, S. 30, vgl. Spanger, a.a.O., 147. 118 Norden auf einer Tagung des Nationalrates vom 15. November 1965, in: Deutsches Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.), Dokumentation der Zeit, Nr. 347, 1965, S. 5. 119 So wurde Herbert WehnerVerrat an der Arbeiterklasse vorgeworfen, da er sich angeblich 1942 der illegalen Arbeit für die KPD in Deutschland durch eine provozierte Verhaftung in Schweden entzogen habe. Vgl. Staadt, Westpolitik, a.a.O., S. 100ff. 120 Politbüro des ZK der SED: Stellungnahme zum bevorstehenden ordentlichen SPD-Parteitag vom 23. bis 28. November 1964 in Karlsruhe, Reinschriftprotokoll vom 1. Juli 1964, (SAPMDB, Bestand Politbüro des ZK, J IV 2/2/937). 117
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offizieller Kontakte zu erreichen. 121 Die ostdeutschen Reisekader wurden in einem solchen Umfang eingesetzt, daß es in der Westabteilung zeitweise zu Koordinierungsproblemen kam. Die Westarbeit beschränkte sich nicht mehr allein auf Parteifunktionäre, sondern schloß auch Betriebe, Sportvereine, kommunale Behörden, Kultureinrichtungen und besonders Wissenschaftler bzw. Universitäten ein. So bestanden allein 1963 rund 370 wissenschaftliche Projekte, die sich mit der Bundesrepublik befaßten, und es wurde schließlich eine eigene wissenschaftliche Arbeitsgruppe gebildet, die unmittelbar mit der Koordinierung und Auswertung der Grundlagenforschung über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklungen in Westdeutschland für die Strategie und Taktik der KPD verantwortlich war. 122 Das Arbeitsbüro unterbreitete dem Politbüro darüber hinaus Vorschläge zur Leitung der wissenschaftlichen Arbeit, worin die Zersplitterung der Westdeutschland betreffenden Forschung beklage 23 und ein zentrales Koordinierungs- und Leitungsorgan angeregt wurde, nicht ohne sich selbst für diese Aufgabe ins Spiel zu bringen. Auch die FDJ hatte nach Maßgabe der Westkommission ihre Westarbeit zu verstärken und sollte die vorhandenen Kräfte darauf ... konzentrieren, die Verbindungen mit den aktiven, fortgeschrittenen Kräften, vor allem der Arbeiterjugendorganisationen zu erweitern und sie wirkungsvoller politisch-ideologisch zu beeinflussen und über sie auf die Masse der westdeutschen Jugend einzuwirken, um so an der Verbreitung der Wahrheit über die DDR beizutragen. 124 Über diese Schiene gelang es der SED, zahlreiche, sich später als wichtig erweisende Beziehungen aufzubauen, weshalb Jochen Staadt zu Recht feststellt: Nicht nur in der studierenden Jugend der Bundesrepublik vollzog sich in der zweiten Hälfte der 60er Jahre ein Meinungsumschwung gegenüber der DDR; trotz weiter bestehender Ablehnung ihres politischen Systems fand die DDR zwischen 1965 und dem Erfurter Treffen von Brandt und Stoph im März 1970 als zweiter deutscher Staat im politischen Alltagsbewußtsein der Bundesbürger ihren Platz. 125
121 G. Wettig, Die Sowjetunion, die DDR und die Deutschland-Frage 1965-1976, Stuttgart 1976, S. 41. 122 Arbeitsbüro des ZK der SED: Vorschläge für die Ausarbeitung gesellschaftswissenschaftlicher Grundfragen für die Strategie und Taktik der Partei in Westdeutschland, (SAPMDB, Bestand Arbeitsbüro, IV 2/100317). 123 Neben dem Deutschen Wirtschaftsinstitut (DWI), dem Institut für Agrargeschichte bei der Deutschen Akademie für Landwirtschaften und dem Institut für Agrarökonomie der Kari-Marx-Universität Leipzig, arbeiteten auch das Institut für Arbeiterpolitik nach Westdeutschland beim FOGS-Bundesvorstand und eine Abteilung des Deutschen Pädagogischen Zentralinstituts (DPZI) über Westdeutschland. 124 Staadt, Westpolitik, a.a.O., S. 132. 125 Ebenda.
li. Das Staatssekretariat für gesamtdeutsche Fragen
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II. Das Staatssekretariat für gesamtdeutsche Fragen Ab 1965 versuchte die SED mit aller Macht, den Bonner Alleinvertretungsanspruch zu durchbrechen, doch mußte sie sich dabei zunächst auf die Festigung der eigenen Position in sozialistischen Staaten konzentrieren, da Polen, Rumänien, Ungarn und Bulgarien im Begriff waren, Handelsabkommen mit der Bundesrepublik und den USA abzuschließen. Die Absicht des Westens sprach der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der USA, William Fullbright, im Mai 1965 deutlich aus: Ziel sei es, die Bindung dieser Länder an den ostdeutschen Rumpfstaat zu schwächen, das System dort zu untergraben und schließlich den Weg für die Eingliederung in die Bundesrepublik zu ebnen. 126 In diesem Zusammenhang ist es einleuchtend, daß die DDR alle Versuche Moskaus ohne Vorbehalt unterstützte, die sozialistischen Bruderländer über den Warschauer Pakt stärker zu kontrollieren, und so erarbeitete das Politbüro zahlreiche Konzeptionen, wie den sozialistischen Staaten die nationale Politik der DDR bezüglich Maßnahmen zur weiteren Demontage der HaBstein-Doktrin und ge~en die westdeutsche Ausschließlichkeitsanmaßung verdeutlicht werden konnte. 12 Doch nicht nur die sozialistischen Partner sollten von der eigenen Politik überzeugt werden, auch ihre direkte Westpolitik suchte die SED zu verstärken, um in Westdeutschland der Hallstein-Doktrin wirksam zu begegnen. Aus diesem Grund beschloß das Politbüro im Juni 1965 die erneute Umstrukturierung der Westarbeit, indem der ZK-Abteilung 62, welche bisher der Westkommission zugeordnet war, nun die Hauptverantwortung für die zukünftige Westarbeit übertragen wurde. Die Leitung blieb in den Händen Albert Nordens, da dieser nicht nur der Westkommission, sondern auch der Abteilung 62 als zuständiger ZK-Sekretär weiterhin vorstand. Nach den Richtlinien des Politbüros sollte sich die Westkommission mit Grundfragen des allseitigen politischen Einwirkensauf die Entwicklung in Westdeutschland, der Agitation und Propaganda unter den Westdeutschen, der Propagierung der nationalen Friedenspolitik und der sozialistischen Errungenschaften der DDR beschäftigen und dazu Vorlagen beraten, die vor allem in der Westabteilung des ZK zu erarbeiten seien. Demgegenüber erhielt die Westabteilung den bisherigen Apparat der Westkommission und hatte die Anleitung, Koordinierung und Kontrolle der Beschlüsse des Zentralkomitees, des Politbüros und des Sekretariats auf dem Gebiet der Westarbeit 128 zur Auf126 Nach: K. Hildebrand, Von Erhard zur Großen Koalition: 1963-1969. Geschichte der Bundesrepublik, Bd. 4, Stuttgart 1984, S. 91. 127 So z.B. in einer Konzeption des Politbüros zu Verhandlungen mit Ungarn vom 18. Mai 1965, (SAPMDB, Bestand Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, Zentralkomitee, J IV 2/2/986). 128 Sekretariat des ZK der SED: Protokoll Nr. 47/65 der Sitzung des Sekretariats des ZK vom 30. Juni 1965, (SAPMDB, Bestand Sekretariat des ZK, J IV 2/3/1087).
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gabe. Darüber hinaus sollte die Abteilung zukünftig auch die Westarbeit der Bezirksleitungen, die jeweils neben den Westkommissionen einen eigenen Sektor für Westarbeit zu bilden hatten, anleiten, während sie im Bereich der Abteilungen des ZK lediglich eine koordinierende Funktion einnahm, d.h. die mit Westarbeit befaßten Abteilungen des ZK blieben selbständig. mit Ausnahme des Nationalrates, des FDGB und der FDJ. Die leitenden SED-Funktionäre wurden weitgehend bestätigt: In der Westabteilung des ZK waren dies Heinz Geggel (Leiter), der spätere IPW-Chef Herbert Häber und Karl Wildherger (stellvertretende Abteilungsleiter) sowie der Nachfolger Hähers als IPW-Direktor, Max Schmidt (Sekretär und Sektorenleiter in der Westabteilung des ZK), während Gabo Lewin von der Westkommission zur Westabteilung wechselte. Die Koordination von Westabteilung I Westkommission und Ideologischer Kommission übernahm als neues Mitglied der Ideologischen Kommission beim Politbüro Herbert Häher, der auch, so die Anweisung des Politbüros, für die stärkere Einbindung des Deutschen Wirtschaftsinstituts und des Deutschen Instituts für Zeitgeschichte Vorschläge erarbeiten sollte. Den für die Westarbeit verantwortlichen Funktionären wurde zunehmend deutlich. daß sie neben der verdeckten Westarbeit eine Einrichtung benötigten. um auch institutionell offen in den Staatsapparat eingebunden zu sein und somit der entsprechenden Stelle in der Bundesrepublik, dem Gesamtdeutschen Ministerium, gegenübertreten zu können. Bereits zu Beginn des Jahres 1962 hatte es dazu Überlegungen gegeben, welche das Politbüro Ende 1965 aufnahm und die Bildung eines Staatssekretariats für gesamtdeutsche Fragen bei der Regierung unter Anleitung der Westabteilung beschloß. Die neue Einrichtung, die Kompetenzen von der Westabteilung erhielt, hatte die Aufgabe, die nationale Politik der Deutschen Demokratischen Republik gegenüber Westdeutschland kontinuierlich und auf lange Sicht zu vertreten und dazu beizutragen, in der Deutschlandpolitik stets die Initiative der DDR zu gewährleisten. Darüber hinaus sei die Entwicklung staatlicher Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten und jener Kräfte der verschiedensten gesellschaftlichen und politischen Richtungen in Westdeutschland, die eine realistische Position zu Verhandlungen mit der DDR einnehmen, zu fördern und, gestützt auf gründliche Analysen der westdeutschen Politik und der Situation in der Bundesrepublik ... , eine gezielte, differenzierte Politik gegenüber Westdeutschland zu entwickeln. 129 Unterstützung erhielt das Staatssekretariat dabei von wissenschaftlichen Instituten, wie dem Deutschen Wirtschaftsinstitut, dem Institut für Zeitgeschichte, dem Institut für Agrargeschichte sowie den jeweiligen Instituten der Akademie für Staat und Recht. Zum Leiter wurde der bisherige Chefredakteur der Berliner
129 Protokoll Nr. 43/65 der Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees am 9. November 1965, (SAPMDB, Bestand Politbüro des ZK, J IV 2/2/1011).
II. Das Staatssekretariat für gesamtdeutsche Fragen
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Zeitung und Honecker-Vertraute Joachim Herrmann berufen 130 , den Norden zu verhindem versucht hatte, da er statt dessen einen Mann aus seinen Reihen an dieser Stelle plazieren wollte. Die Mitarbeiter der Westabteilung, Häher und Rehan, schieden aus dem ZK-Apparat aus und wurden dem Staatssekretariat zugeordnet, Häher als Stellvertreter Herrmanns. Im Dezember 1965 nahm Herrmann mit rund 70 Mitarbeitern die Arbeit auf, und im Mai 1966 wurde zu dem bereits bestehenden Rat für gesamtdeutsche Fragen 131 (der politisch beratend und koordinierend wirken sollte), eine Wissenschaftliche Kommission eingerichtet, in der 26 Fachleute saßen, so auch die späteren Mit§lieder des IPW-Direktoriums, Prof. Lutz Maier und Prof. Stefan Doemberg. 13 Hatte die Westarbeit der SED bisher einen inoffiziellen und geheimen Charakter gehabt 133 , so trat das Staatssekretariat nunmehr offen auf und erfüllte somit eine doppelte Funktion: Einerseits war es offizieller Ansprechpartner für das Bonner Gesamtdeutsche Ministerium, andererseits steuerte es die DDR-Propaganda in Westdeutschland und versuchte, ein negatives Bild der
Ebenda. Darin saßen u.a. : Kurt Ehrich (Intendant des Deutschlandsenders), Gerhard Dengier (Nationalrat), Klaus Gysi (Leiter Aufbau-Verlag), Heinz Geggel (Westabteilung des ZK), Erich Rau (Zentralrat der FDJ), Hermann Kant (Schriftsteller), Rudi Kirchner (Bundesvorstand des FDGB), Alfred Heil (Bundesvorstand des DTSB), Kari-Eduard von Schnitzler (Chefkommentator des Deutschen Fernsehfunks) sowie Wissenschaftler, Vertreter der Blockparteien, des DFD, des VdgB und des Verbandes Bildender Künstler. 132 Neben Lutz Maier (Direktor des Deutschen Wirtschaftsinstituts) und Stefan Doemberg (Direktor des Deutschen Instituts für Zeitgeschichte), saßen u.a. Prof. Reinhold (Direktor des Instituts für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED), Prof. Dr. Bergner (Direktor des Instituts für Philosophie der Martin-Luther-Universität Halle), Prof. Dr. Lekschas (Prorektor Gesellschaftswissenschaften an der Humboldt-Universität Berlin), Prof. Dr. Klein (Direktor für Politische Ökonomie an der Humboldt-Universität Berlin), Prof. Dr. Kohl (Leiter der Abteilung Wissenschaft beim Ministerium für Volksbildung) und Dr. Korn (Leiter des wissenschaftlichen Beirates für Jugendfragen Berlin) in diesem Gremium. 133 Wie geheim die SED ihre Westarbeit hielt, hatte sich im Rahmen einer Reise Geggels, Hähers und Rehans nach Moskau gezeigt, die nach ihrer Rückkehr berichteten, daß die Genossen der KPdSU, mit denen wir die Besprechung führten, keine Vorstellung davon hatten, daß im ZK der SED eine Abteilung existierte, die sich mit der Arbeit nach Westdeutschland beschäftigt. Geggel, Häher, Rehan: Westkommission beim Politbüro: Bericht über die Beratungen einer Delegation des ZK der SED mit Vertretern der KPdSU in Moskau vom 24. bis 27. Mai 1965, (SAPMDB, Bestand Politbüro des ZK, J IV 2/202/113). 130 131
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Bundesrepublik in der DDR zu verbreiten. 134 In diesem Zusammenhang nahm die Reisetätigkeit von Kadern in die Bundesrepublik in den Jahren 1965/66 ebenso zu wie auch mit Beginn des Jahres 1966 Bewegung in die SEDDeutschlandpolitik kam, welche jedoch schnell wieder abebbte. Vor dem Hintergrund einer sowjetischen Initiative mit dem Ziel der Aufweichung der NATO hatte Ulbricht der SPD im Februar 1966 in einem offenen Brief eine gemeinsame Aktion gegen die Politik der CDU/CSU, u.a. in Form eines Gremium(s) für die offene Aussprache der Deutschen in Ost und West, vorgeschlagen. 135 Die SPD, welche solche Angebote bereits mehrmals erhalten und unbeantwortet gelassen hatte, reagierte nun zum ersten Mal und schlug ihrerseits öffentliche Diskussionen von Bundestags- und Volkskammermitgliedern in beiden Teilen Deutschlands vor. 136 Die SED reagierte zunächst zurückhaltend137, da man die Erfahrungen der LDPD, welche im März 1966 offizielle Gespräche mit der FDP führte, abwarten wollte. Die Ost-Berliner Parteispitze hatte dieser Veranstaltung in Bad Hornburg zugestimmt, da die FDP nicht auf einer Veranstaltung in der DDR bestanden hatte und die SED die Tauglichkeit solcher Gespräche auszuloten gedachte. Doch nachdem der Süddeutsche Rundfunk und der Südwestfunk die Volkskammer- und Bundestagsfraktionen zu einer Fernsehdiskussion eingeladen hatte, schreckte die SED zurück und ließ. obwohl man nicht offiziell ablehnte, die ganze Angelegenheit im Sande verlaufen.
111. SED und Große Koalition Als ab 1963 Bundesaußenminister Sehröder die Politik der Bewegung. d.h. die behutsame Hinwendung zu den Staaten Osteuropas (Handelsmissionen in Polen, Rumänien, Ungarn 1963, Bulgarien 1964, Tschechoslowakei 1967) . begann, geriet die DDR weiter unter Druck, da Bonn zwar seine Ostpolitik multilateralisierte, weiterhin jedoch eine unnachgiebige Nichtanerkennungspolitik der DDR betrieb. Durch die Ostpolitik der Großen Koalition geriet die SED
So z.B. durch zahlreiche Propagandabroschüren, die Westbesuchern in der DDR kostenlos dargeboten wurden, jedoch keinen Erfolg erzielen konnten. 135 Offener Brief Walter Ulbrichts an die Delegierten des Dortmonder Parteitages der SPD, 11. Februar 1966, in: I. Wilhann (Hrsg.), Deutsche Geschichte 1962-1983. Dokumente in zwei Bänden, Bd. 1, Frankfurt/M. 1990, S. 64ff. vgl. E. Deuerlein, Deutschland 1963-1970, Hannover 1972, S. 6lff. 136 Antwort der SPD vom 18.3.1966 auf den Offenen Brief der SED vom 11.2.1966, in: Wilhann, a.a.O., S. 66ff. 137 Antwort des ZK der SED vom 26.3.1966 auf den Offenen Brief der SPD vom 18.3.1966, in: ebenda, S. 70ff. 134
III. SED und Große Koalition
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ab 1966 politisch mehr und mehr in die Defensive, da es Ost-Berlin zunehmend schwerer fiel, auf die bewegliche Politik Banns zu reagieren. 138 Die SED konnte an keinem Dialog interessiert sein, der auf die DDR hätte übergreifen und den ostdeutschen Staat von innen her destabilisieren können, besonders, da die sowjetischen Reaktionen auf die Regierungserklärung in Bonn im Dezember 1966 ungewöhnlich positiv ausfielen. 139 Daher setzte die SED auf eine verschärfte Abgrenzungspolitik, und Ulbricht erklärte vor diesem Hintergrund öffentlich, daß die Große Koalition in Bonn einen Rechtskurs steuere, da es den Herren Adenauerund Strauß ... gelungen (ist), die Revanchepolitiker in der sozialdemokratischen Parteiführung für die Notstands- und Bunkergemeinschaft mit der CDU/CSU zu gewinnen. Im Zeichen des Chauvinismus und Revanchismus wird eine Front der reaktionären Kräfte organisiert. 140 Doch reagierte die SED auf die Herausforderung nicht allein rhetorisch: Die personelle Ausstattung der Westabteilung wurde aufgestockt und die Westpropaganda erneut gestrafft. Bereits am 13. Dezember 1966 lagen dem Politbüro diesbezüglich Überlegungen vor, und zum vierten Mal in nur sechs Jahren wurde die Westarbeit der SED umstrukturiert. Die Westabteilung erhielt die Kompetenzen vom Staatssekretariat zurück, die es nur ein Jahr zuvor an dieses hatte abtreten müssen und wurde mit 35 politischen Funktionären unter Heinz Geggel in vier Arbeitsbereiche unterteilt: Den Bereich Agitation (Günter Pötschke), den Bereich Arbeiterbewegung und Propaganda (Max Schmidt), den Bereich Westberlin und Koordinierung (Dieter Kerschek) und den Bereich PolitischOperative Arbeit (Kar! Wildberger). Auf der übergeordneten Ebene war Albert Norden weiterhin für die Westabteilung, die Westkommission, die Abteilung für Auslandsinformation, den Deutschlandsender, den Nationalrat und die Weltfriedensbewegung verantwortlich, während die Abteilungen für Agitation und Propaganda sowie die Parteihochschule Wemer Lamberz unterstellt wurden. Die Westabteilung erhielt nun auch die Aufgabe, den Deutschlandsender und das Deutsche Wirtschaftsinstitut anzuleiten und Vorschläge zu erarbeiten, wie die Westarbeit des Deutschen Instituts für Zeitgeschichte und des Instituts für Agrargeschichte bei der deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu koordinieren sei. Diese auf den ersten Blick mehr bürokratischen Umstrukturierungen beinhalteten jedoch zwei wichtige Veränderungen: Während zum einen Albert Norden zugunsten des Honecker-Vertrauten Wemer Lamberz an Einfluß verlor, wurde zum anderen mit der Eingrenzung der Verantwortlichkeit W. Link, Die Deutschlandpolitik der Regierung Erhard und der Großen Koalition, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O. , Bd. V/2 Deutschlandpolitik, S. 1676-1743. 139 Vgl. PRAWDA vom 14./15. Dezember 1966. 140 Ulbricht im NEUEN DEUTSCHLAND, nach: Staadt, Westpolitik, a.a.O., S. 225. 138
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der ZK-Abteilungen für Agitation und Propaganda auf die Meinungsbildung in der DDR und der Ausgrenzung der Westarbeit aus anderen Bereichen des ZKApparates . . . die gesamtdeutsche Orientierung der Parteizentrale (strukturell) beendet. 141 Doch bevor sich die SED wieder verstärkt ihrer Westarbeit zuwenden konnte, mußte man sich zunächst einem Problem im eigenen sozialistischen Lager stellen: Rumänien beabsichtigte, diplomatische Beziehungen mit Bonn aufzunehmen, welches Ost-Berlin zu Warnungen an seine sozialistischen Bruderländer veranlaßte, die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Bundesrepublik nur unter der Aufgabe des Banner Alleinvertretungsanspruchs zu vollziehen. 142 Mit dieser Forderung konnte sich die DDR auf der Konferenz der Außenminister der Warschauer Pakt Staaten im Februar 1967 durchsetzen, und die SED beantwortete die von ihr bekämffte Hallstein-Doktrin mit einer eigenen Variante, der sog. Ulbricht-Doktrin. 14 Dazu Günther Schmid: Kaum ein anderes Trauma hat die Außen- und Deutschlandpolitik der DDR seit Kriegsende so nachhaltig geprägt wie die durch die deutsch-rumänische Annäherung erzeugte Furcht, von der Bundesrepublik mit einer Strategie der "selektiven Koexistenz" im eigenen Lager überspielt zu werden. 144 Gleichzeitig verschärfte die SED ihre Abgrenzungspolitik gegenüber der Bundesrepublik und löste sich zunehmend von gesamtdeutschen Positionen: So begründete Joachim Herrmann im Februar 1967 die Umbenennung des Staatssekretariats für gesamtdeutsche Fragen in Staatssekretariat für westdeutsche Fragen mit dem Hinweis, daß es unsere nationale Verantwortung eifordert, mit aller Klarheit auszusprechen, daß ... durch die Schuld des westdeutschen Monopolkapitalismus und seiner Banner Regierung einschließlich der sozialdemokratischen Minister, Begriffe wie 'gesamtdeutsch' ihres Inhalts entleert und gegenstandslos geworden sind. 145 Die Vermeidung von gesamtdeutschen Bezügen wurde z.B. auch darin sichtbar, daß Ost-Berlin die SPD nur noch als SP bezeichnete 146 , und auch das eigene Publikationsorgan NEUES DEUTSCHLAND hieß nur noch schlicht ND.
Staadt, Westpolitik, a.a.O., S. 228. Rede von DDR-Außenminister Winzer im September 1966, in: 0 . Winzer, Deutsche Außenpolitik des Friedens und des Sozialismus, Berlin (Ost), 1969, S. 305ff. 143 W. Osten, Die Außenpolitik der DDR, S. 31; vgl. H.-A. Jakobsen I G. Leptin I U. Scheuner I E. Schulz (Hrsg.), Drei Jahrzehnte Außenpolitik der DDR. Bestimmungsfaktoren, Instrumente, Aktionsfelder, München 1979, S. 431. 144 G. Schmid, Politik des Ausverkaufs? Die Deutschlandpolitik der Regierung Brandt/Scheel, München 1979, S. 34. 145 J. Herrmann: Presseerklärung im NEUEN DEUTSCHLAND vom 3.2.1967. 146 Zieger, a.a.O., S. 111; vgl. Jacobsen I Leptin I Scheuner I Schulz, a.a.O., S. 432. 141
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III. SED und Große Koalition
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Das Staatssekretariat zog die Grenzen der Beziehungen nach Westdeutschland immer enger und ließ nur noch solche Kontakte zu, die der Verbreitung sozialistischer Propaganda im Westen dienten. Nachdem unter der Koordinierung des Staatssekretariats im Sommer 1967 eine Kommission für die Gestaltung der Arbeit nach Westdeutschland und Westberlin beim Ministerrae 47 eingerichtet worden war, deren Aufgabe auf ideologischem Gebiet lag, und die SED am 20. Februar 1967 in der Volkskammer ein eigenes Staatsbürgergesetz rückwirkend zum 7. Oktober 1949 hatte verabschieden lassen 148 , wurden sämtliche gesamtdeutschen Bezüge von Einrichtungen und Institutionen gestrichen, und die SED betonte ausdrücklich, daß es für Existenz und Tätigkeit sogenannter gesamtdeutscher Gesellschaften und für die Mitgliedschaft von DDRBürgern in westdeutschen Gesellschaften keine Grundlage mehr gibt 149 , was den Rückzug der DDR aus allen gesamtdeutschen Institutionen, Publikationen und sonstigen Einrichtungen bedeutete. Im Rahmen dieser Maßnahmen der Jahre 1966/67 wurde die Grundlage eines neuen politischen Ansatzes gelegt, der vier Jahre später im Konzept der Konstituierung der sozialistischen Nation DDR zum Ausdruck kommen sollte. Auf der Sitzung der Westkommission Anfang Juli 1967, welche den Arbeitsplan für das zweite Halbjahr 1967 bestimmte, legte Norden eine Einschätzung der Lage in der Bundesrepublik vor und verdeutlichte damit die Grundlage, auf welcher die SED ihre Westpolitik betrieb: Einerseits sind die Beherrscher Westdeutschlands, die ihre Herrschaft auch über die DDR ausdehnen möchten, dazu nicht in der Lage; andererseits sind die fortschn"ttlichen Kräfte Westdeutschlands noch nicht in der Lage, gestützt auf die Errungenschaften der DDR, die Verhältnisse in der Bundesrepublik im Sinne einer grundlegenden demokratischen Umwälzung zu verändern. Die Absicht der reaktionären inneren Staatsreform (gemeint ist die Große Koalition), sei der Aufbau eines faschistischen Führerstaat(es) neuer Prägung mit dem Ziel der Diktatur der Monopolbourgeoisie für die neue Etappe der Expansion. Norden beklagte in seinen Ausführungen, daß die Abstraktion aus den verschiedenen Materialien und die analytische Verarbeitung der Informationen unzureichend sei, da es ohne genaue Analyse keine Prognose geben könne, welche wiederum die Bedingung für eine
147 Darin waren vertreten: Innenministerium, Außenministerium, Gesundheitsministerium, Ministerium für Fach- und Hochschulwesen, Staatssekretariat für westdeutsche Fragen sowie das Büro des Ministerrates. 148 Dies stand jedoch im Widerspruch zur gültigen DDR-Verfassung von 1949, in der es im Art. 1. , Abs. 4 hieß: Es gibt nur eine deutsche Staatsangehörigkeit. 149 Protokoll Nr. 25/67 der Sitzung des Sekretariats des ZK vom 5. April 1967, (SAPMDB, Bestand Sekretariat, J IV 2/3/1290).
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langfristig geplante Politik sei. 150 Doch die neue politische Ausrichtung Banns zeigte auch positive Auswirkungen für die DDR. Die Reisetätigkeit der Westkader stieg zwischen 1967 und 1969 stark an, und die Zulassung der DKP im Herbst 1968 verschaffte der SED ein weiteres proftagandistisches Instrument, um das Lügengewebe über die DDR zu zerreißen 1 1 und zur Verbreitung der Wahrheit über die DDR in Westdeutschland beizutragen. 152 Aber auch von westlicher Seite kam es zu Kontaktaufnahmen: Jungsozialisten und Sozialdemokratischer Hochschulbund (SHB) luden DDR-Vertreter zu Veranstaltungen ein bzw. richteten zahlreiche Anfragen in bezug auf Referenten für marxistische Schulungen im Westen an die SED.
IV. Differenzen zwischen Moskau und Ost-Berlin Daß die Politik der SED nicht auf Entspannung gerichtet war, zeigte sich im Rahmen einer Kampagne gegen die Bundesrepublik vor dem Hintergrund einer positiven Reaktion seitens der UdSSR auf ein westdeutsches Angebot über eine gegenseitige Gewaltverzichtserklärung. Als Moskau in Bonn nachfragte, ob eine solche Erklärung auch zwischen Bonn und Ost-Berlin möglich sei, startete die SED eine Kampagne, in der die Banner Regierung attackiert und eine angebliche militärische Bedrohung der DDR durch die Bundesrepublik herausgestellt wurde. Ziel war es, das imperialistisch-aggressive Feindbild als Ersatz für eine konstruktive Antwort auf die flexible Banner Politik zu verstärken. Daher wurden alle Gespräche zwischen Bonn und Moskau mit größtem Mißtrauen beobachtet, und es kam zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Ulbricht und dem sowjetischen Botschafter Abrassimow. 153 Der Streit trat jedoch durch die Geschehnisse in der CSSR vorübergehend in den Hintergrund 154, und im Rah-
Westabteilung des Zentralkomitees der SED: Neukonstituierung der Westkommission beim Politbüro am 3. Juli 1967, (SAPMDB, Bestand Westabteilung, IV A2/1002/2) . 151 Information der Westabteilung. 24. August 1966, (SAPMDB, Bestand IV A2110.02, Nr. 1). 152 Zur Propagierung der DDR, 19.08.66, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02 Nr. 2). 150
153 Kurzniederschrift der Aussprache des Gen. Walter Ulbricht mit dem Gen. Botschafter Abrassimow am 5. August 1968, (SAPMDB, Bestand Zentralkomitee, J IV 2/202/80); vgl. R. Fritsch-Bournazel, Die Sowjetunion und die deutsche Teilung, Opladen 1979, S. 113 .. 154 Schmid, Politik des Ausverkaufs?, a.a.O., S. 42.
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men der Warschauer Pakt-Intervention, den die SED massiv gefordert hatte 155 , benutzte die DDR bei ihrer Kritik an den Ereignissen in der CSSR den ideologische(n) Kampfbegriff "Sozialdemokratismus", um so nicht nur die Konfrontation gegen die tschechoslowakischen Reformkommunisten zu legitimieren und eine Verbindung zwischen dem Prager Reformprozeß und westlicher Einmischung herzustellen, sondern auch, um die neue Ostpolitik der Bundesrepublik ... zu bekämpfen. 156 Die Meinungsunterschiede im sozialistischen Lager traten jedoch zu dem Zeitpunkt in den Vordergrund, als Moskau wieder Herr der Lage in Prag geworden war und sich erneut der eigenen Europapolitik zuwandte. Die SED versuchte in diesem Zusammenhang direkte Gespräche zwischen Moskau und Bonn zu verhindem und attackierte die Bundesrepublik propagandistisch weiterhin massiv. So findet sich in den Unterlagen des Staatssekretariats der Jahre 1968-69 z.B. eine Begrüßungsrede des Leiters Joachim Herrmann auf einer Tagung des Rates für westdeutsche Fragen, in der anläßtich des 20jährigen Bestehens der Bundesrepublik ein Dokument mit dem Titel Vom Spalterstaal zum Störenfried in Europa vorgelegt wurde. 157 Zunächst zitierte Herrmann einige Passagen aus der Broschüre: Nirgendwo zwischen Flensburg und Passau ist bei der Bevölkerung Westdeutschlands die Neigung zu spüren, dieses Ereignis mit innerer Anteilnahme feierlich zu begehen. . . . Offenkundig hat sich der Tag der Gründung der Bundesrepublik den Bürgern Westdeutschlands nicht als ein Datum eingeprägt, auf das es sich mit Freude und Genugtuung zurückzublicken lohnt. ... Denn alles Reaktionäre aus der deutschen Vergangenheit ist in diesem Staat des Monopolkapitals, der Revanche und des grassierenden Neonazismus konserviert. Ständig erzeugt er Unsicherheit nach innen wie nach außen. Hermanns Fazit lautete schließlich: Was wir für die zurückliegenden 20 Jahre festhalten müssen, wird heute jeden Tag aufs neue bestätigt: Bonn bekämpft offen den Status quo in Europa, stellt die europäischen Grenzen in Frage und bedroht so den Frieden auf unserem Kontinent. . . . Immer offener wird der Anspruch auf Verfügungsgewalt über Atomwaffen angemeldet! Bonn mißachtet die besorgten Warnungen aus aller Welt und gibt dem Neonazismus in der Bundesrepublik grünes Licht!! Danach griff der Leiter des Staatssekretariats die Große Koalition in Bonn direkt an: Das alles geschieht durch eine Regierung der Großen Koalition, in der sich sozialdemokratische Minister bereits zweieinhalb Jahre lang als willfährige L. Prieß I M. Wilke, Die DDR und die Besetzung der Tschechoslowakei am 21. August 1968, in: APuZ, 28.8.1992, S. 26-34. 156 Ebenda; vgl. H.-J. Spanger, Die SED und der "Sozialdemokratismus". Ideologische Abgrenzung der DDR, in: Edition Deutschland Archiv (Hrsg.), Der X. Parteitag der SED. 35 Jahre SED-Politik. Versuch einer Bilanz, Köln 1980, S. 100-111. 157 Rede zur Eröffnung des Rates für westdeutsche Fragen, ohne Datum, (BAPAR. Bestand Staatssekretariat für westdeutsche Fragen 1968-1969, DC 204 Direktion 08). 155
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Helfer der Herren Kiesinger, Strauß und Schröder, als Gehilfen der CDUICSU, der Hauptpartei des westdeutschen Monopolkapitals, betätigen! So blieb das Verhältnis zwischen Bonn und Ost-Berlin gespannt, besonders, als die SPD Kontakt zu sozialistischen Ländern suchte. Die SED-Führung sah darin den Versuch, SED und DDR als erstes und entscheidendes Angriffsziel im revanchistischen Stufenprogramm des westdeutschen Imperialismus von Freunden und Verbündeten zu isolieren und Keile in die sozialistische Staatengemeinschaft und die kommunistische Weltbewegung zu treiben, um schließlich unter Ausnutzung revisionistischer Tendenzen in Teilen der kommunistischen Bewegung die bankrotten Theorien vom "demokratischen Sozialismus" und vom "dritten Weg" zu kolportieren und einen Prozeß der Sozialdemokratisierung in kommunistischen Parteien in Gang zu bringen. 158 Die vor diesem Hintergrund zunehmende Abgrenzung von der Bundesrepublik spiegelte sich so auch in der im April 1968 in Kraft getretenen neuen Verfassung wieder, in welcher sich die DDR als sozialistischer Staat deutscher Nation bezeichnete, obwohl die Einheit der Nation (noch) nicht bestritten wurde. 159 Auch die in West-Berlin zusammengerufene Bundesversammlung, welche den Sozialdemokraten Gustav Heinemann zum Bundespräsidenten wählen sollte, veranlaßte die SED zu Maßnahmen, welche die russische KP-Führung mit zunehmendem Unbehagen sah, da man sich von der Wahl Heinemanns positive Signale versprach. Die SED wurde somit doppelt verunsichert: Einerseits von der flexiblen Ostpolitik Bonns, andererseits von der Aufgabe der starren Blokkadehaltung seitens Moskaus. 160 Aus diesem Grund drängte Ost-Berlin im Rahmen des Warschauer Paktes auf eine Veränderung der Konsultationsstruktur, deren Gewicht bisher auf zweiseitigen Absprachen der Partner gelegen hatte. 161 Hier kommt das Mißtrauen der DDR gegenüber ihren Partnern, besonders der UdSSR, deutlich zum Ausdruck, da die Aufgabe der zweiseitigen Besprechungen eine stärkere Einbindung und Kontrolle zum Nutzen der DDR bedeutete. Im Rahmen der Vorbereitungen für die im Juli 1969 stattfindenden Beratungen zwischen DDR- und sowjetischer Führungsspitze in Moskau legte die SED besonderen Wert auf Tagesordnungspunkte, bei denen die Expansionspolitik des westdeutschen Imperialismus, die Bilanz der Großen Koalition und die Politik der SPD-Führung angesprochen werden sollten, ebenso wie gemeinsame An158 Westabteilung des ZK der SED, H. Geggel: Information über die Versuche der westdeutschen Sozialdemokratischen Partei zum Eindringen in sozialistische Länder und kommunistische- und Arbeiterparteien, (SAPMDB, Bestand Büro Norden, IV A2/2028/24). 159 Art. 1 der DDR-Verfassung; vgl. Jacobsen (u.a.), a.a.O. , S. 431. 160 Vgl. Fritsch-Boumazel, a.a.O. , S. 114. 161 Protokoll Nr. 11/69 der Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees am 11. März 1969, (SAPMDB, Bestand Politbüro des ZK, J IV 2/2/1219).
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strengungen der kommunistischen Arbeiterparteien und Staaten des Warschauer Vertrages im Kampf gegen den Imperialismus. Die SED wies im Rahmen der Gespräche über die europäische Sicherheit darauf hin, daß lediglich die unbelehrbaren revanchistischen Kräfte der westdeutschen Imperialisten . . . eine Rückgängigmachung der im Ergebnis des zweiten Weltkrieges entstandenen territon'alen Veränderungen in Betracht ziehen. Mit dem Verweis auf den expansiven Charakter der sozialdemokratischen Ostpolitik wurde versucht, die UdSSR wieder auf eine härtere Linie festzulegen, da die sozialdemokratischen Minister in der Banner Regierung . . . insbesondere eine Lostrennung der DDR von der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Staaten (erstreben) und die Umwandlung der kleineren sozialistischen Länder in instabile kleinbürgerliche Staatswesen, die dann leichter in die Netze des westdeutschen Imperialismus getn'eben werden könnten, betrieben. Daher seien alle Gesprächsangebote aus Bonn Schein-angebote, um die DDR in ökonomische Abhängigkeit von westdeutschen Monopolunternehmen zu bringen und gleichzeitig Mißstimmung in sozia. . hen Lan .. d em zu erzeugen. 162 l1St1sc Auf der Ende April 1969 beginnenden außerordentlichen 23 . Tagung des RGW, an der Ulbricht aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen konnte, zeigten sich die Meinungsverschiedenheiten zwischen SED und KPdSU deutlich. Ebenso wie in wirtschaftlichen Fragen (Moskau lehnte die von Ost-Berlin gewünschten Liefermengen ab) kam es auch im politischen Bereich zu Dissonanzen, da die Vertreter der KPdSU den seitens der SED vorgeschlagenen Aktionsaufgaben gegen den westdeutschen Imperialismus nicht zustimmten. Der SED wurde deutlich, daß die UdSSR einen Neuansatz in der Westpolitik verlangte, und den Sozialdemokraten ... Auftrieb zu geben sei. Ulbrichts Reaktion auf diesen Mißerfolg lief auf Konfrontation heraus: Auf dem 11. ZK-Plenum im Juli 1969 unterstrich er demonstrativ die beachtlichen Beiträge an Eigenleistungen der DDR am Sozialismus und sprach von einer echten und vertrauensvollen Partnerschaft, von einer brüderlichen Zusammenarbeit auf allen Gebieten ... , wobei es nicht ohne Kritik und Selbstkritik abgeht. 163 Doch untergrub der SEDChef mit dieser Kritik am Großen Bruder seine eigene Stellung, obwohl am Ende der ZK-Tagung beschlossen wurde, der Sowjetunion die volle Übereinstimmung der Auffassungen zu versichern. 164 Doch gab sich Moskau damit allein nicht zufrieden, sondern machte der SED im Rahmen des eigenen Vorge-
162 Protokoll Nr. 17/69 der Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees am 21. April 1969, (SAPMDB, Bestand Politbüro des ZK, I IV 2/2/1225). 163 Nach: Jacobsen (u.a.) , a.a.O., S. 435. 164 Beschluß der 1l.Tagung des Zentralkomitees am 29./30.7.1969, (SAPMDB, Bestand Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, Zentralkomitee, IV 2/l 401) .
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hens bezüglich einer Lösung der West-Berlin-Problematik im September 1969 klar, daß die Ost-Berliner Position schlichtweg unhaltbar sei. 165 Die SED versuchte in dieser Zeit weiterhin, die Wahrheit über die DDR 166 im Westen durch direkte Gespräche mit SPD-Vertretem auf der unteren und mittleren Ebene sowie der Teilnahme an Veranstaltungen zu verbreiten , doch verweigerte die SED-Führung jede Gegenseitigkeit dieser Beziehungen hartnäckig. Daher lehnte die SED auch das Banner Angebot ab, DDR-Zeitungen und Zeitschriften in der Bundesrepublik zuzulassen, da man zwar die Möglichkeit der direkten Beeinflussung der Bevölkerung im Westen nutzen wollte, ein allgemeiner Zeitungsaustausch mit Westdeutschland, der dem westdeutschen Imperialismus als ein Mittel der "Beeinflussung" der Bevölkerung der DDR dienen könnte, jedoch kategorisch abgelehnt wurde. 167 So setzte die SED wieder verstärkt auf Reisekader, deren Zahl mittlerweile auf rund 2000 angewachsen war, und ordnete an, daß diese besser vorzubereiten seien, woraufhin die Westabteilung Ende 1969 Vorschläge erarbeitete und einen Wissenschaftlichen Beirat berief, der die Westpropaganda in dieser Hinsicht unterstützen sollte. 168
V. Abgrenzungspolitik und VIII. Parteitag der SED Mit der Korrektur der sowjetischen Deutschlandpolitik und der Bildung der sozialliberalen Koalition in der Bundesrepublik 169 veränderte sich auch die Basis der SED-Westpolitik. Im Rahmen der nach 1967 stark angewachsenen Zahl der 165
Vgl. J. Staat, Westpolitik, a.a.O., S. 274ff.
Westabteilung des ZK der SED : Information vom 25. Juni 1968 über die Propagandaarbeit in Westdeutschland im 1. Halbjahr 1968; (SAPMDB , Bestand Büro Norden, IV A2/2028/39) . 167 Hans Voß, Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten: Schreiben an Joachim Herrmann vom 15. April 1968 betr. Zeitungsaustausch, als Anlage Konzeption des MfAA dazu, (BAPAR, Bestand Staatssekretariat für westdeutsche Fragen, D-2/4). 168 Diesem Beirat gehörten Wissenschaftler der Universitäten Jena, Dresden, Leipzig und Berlin, des Instituts für Gesellschaftswissenschaften, des Deutschen Wirtschaftsinstituts, der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft Potsdam und des Instituts für Lehrerbildung Templin an. Quelle: Westabteilung: Maßnahmen zur Verbesserung der politisch-ideologischen Anleitung und Qualifizierung der Propagandisten, 31.10.1969, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02, Nr. 1) . 169 Vgl. W. Bleek IR. Bovermann, Die Deutschlandpolitik der SPD/FDP-Koalition 1969-1982, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O. , Bd. V/2: Deutschlandpolitik, S. 1141-1187; vgl. darin auch: J. Hacker, Die Deutschlandpolitik der SPD/FDPKoalition 1969-1982, S.1489-1542. 166
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Einflußnahme durch Reisekader auf die mittlere und untere SPD-Partei- und Nachwuchsebene, ging es nicht mehr um die prinzipielle Frage der Anerkennung der DDR, sondern vielmehr um deren Zeitpunkt, da sich die neue Koalition in dieser Frage flexibel zeigte. Bonn zielte nun nicht mehr länger auf die Isolierung der DDR im Sinne der Hallstein-Doktrin, sondern auf die Einbindung in eine außenpolitische Gesamtstrategie, welche die politischen Nachkriegsgegebenheiten anerkannte und auf dieser Einsicht eine konstruktive Ostpolitik aufbauen wollte. Dies sollte jedoch nicht auf der Partei-, sondern auf der Staatsebene erfolgen, was die SED durch verstärkte Kontaktbemühungen zur SPD-Basis zu unterlaufen suchte, weshalb im Januar 1970 der Berliner SPDLandesvor-stand ausdrücklich erklärte, daß es ... nicht Sache der Partei (ist), auf ihren Zusammenkünften Rednern des politischen Gegners, insbesondere Vertretern totalitärer Ideologien Raum zur Agitation zu geben. 170 Dennoch gelang es der Parteispitze nicht, die Kontakte völlig zu unterbinden. Vor diesem Hintergrund sollte der im März 1970 durch das Treffen zwischen Bundeskanzler Brandt und DDR-Ministerpräsident Stoph in Erfurt eingeleitete direkte Kontakt zwischen Ost- und Westdeutschland auch die ausufernden Kontakte zwischen SED-Reisekadern und der unteren SPD-Ebene auffangen, doch zeigte sich immer deutlicher, daß besonders unter den Jungsozialisten die Sympathie für die DDR beträchtlich wuchs. Während sich die SED-Reisekader stärker auf den SPD-Nachwuchs konzentrierten, wandte sich die DKP verstärkt an Parteifunktionäre der westdeutschen Sozialdemokratie. Zwar versuchte die SPD-Führung auch diese Kontakte zu unterbinden, doch konnte die Annäherung eines großen Teils der Jungsozialisten an die SED nicht verhindert werden. Auch der Sozialdemokratische Hochschulverband (SHB), der 1960 als Antwort auf den nach links abdriftenden Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) gegründet worden war, geriet in diesen Sog und stellte sich auf einer Delegiertenkonferenz Ende 1970 offen gegen die eigene Partei , indem das Weiterbestehen des Alleinvertretungsanspruchs scharf kritisiert und die Bundesrepublik als vorgeschobener Posten des Weltimperialismus bezeichnet wurde. 171 Die Geschwindigkeit, mit der sich der SHB in die Arme der SED warf, überraschte schließlich sogar SED-Funktionäre, als sich im Juli 1970 der SHB-Vorstand (der nun unter dem Titel SHB-Bundeszentralrat agierte) mit Vertretern der FDJ in Ost-Berlin traf. 172 170 Erklärung des Berliner SPD-Landesvorstands, (SAPMDB, Bestand Büro Norden, IV AZ/2028/24).
Nach: Staadt, Westpolitik, a .a.O. , S. 289. Hans Jagenow, Zentrale Arbeitsgruppe des FDJ-Zentralrats (ZAG) : Information über ein Gespräch zwischen Vertretern des Zentralrats der FDJ und einer Delegation des Bundeszentralrats des Sozialdemokratischen Hochschulbundes (SHB) der Bundesrepublik, (SAPMDB, Bestand Büro Norden, IV A2/2028/106). 171
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Das Treffen zwischen Brandt und Stoph wirkte in der DDR in zwei Richtungen nach: Während das Politbüro einerseits die Sympathiebekundungen für den Bundeskanzler in Erfurt als provokatorische Demonstration scharf verurteilte, wurden die politischen Ergebnisse als durchaus positiv gewertet, da zum ersten Mal nach 20 Jahren Banner Politik im Zeichen der A//einvertretungsanmaßung, . . . ein westdeutscher Bundeskanzler gezwungen (war), sich mit dem Vorsitzenden des Ministerrates der DDR auf gleichberechtigter Ebene zu treffen und mit ihm offizielle Gespräche zu führen. Dies wertete die SED als Bestätigung der eigenen Position in bezug auf Souveränität und ZweistaatlichkeiL Zwar strebe Bann besondere innerdeutsche Beziehungen an, doch sei dies nichts anderes als die neueste Van·ante zur Fortsetzung der Alleinvertretungsanmaßung. 173 Dennoch blieb der SED nichts anderes übrig, als sich im Rahmen der von Moskau vorgegebenen Politik zu bewegen, doch stellte Ost-Berlin klar, daß die Festigung des Bündnisses mit der Sowjetunion, den anderen sozialistischen Staaten sowie die weitere Entwicklung der völkerrechtlichen Anerkennung der DDR . . . Vorrang vor den Gesprächen mit der BRD (hat). 174 Dies zeigte sich deutlich bei einem zweiten Treffen zwischen Brandt und Stoph in Kassel am 21. Mai 1970, welches bedeutend frostiger verlief als die erste Zusammenkunft in Erfurt, und so war es keine große Überraschung, als die SED anschließend eine Denkpause bezüglich der Gespräche mit Bann verkündete. Dies sollte sich jedoch als schwierig erweisen, da die Bundesrepublik durch Verträge mit Polen und der Sowjetunion im Sommer 1970, die SED-Propaganda, welche Bann weiterhin Revanchismus und Imperialismus vorwarf, ins Leere laufen ließ. Die SED mußte reagieren, und so begannen am 27. November 1970 die ersten vertraulichen Gespräche zwischen DDR-Staatssekretär Kohl und dem Banner Staatssekretär und Brandt-Vertrauten Bahr, begleitet von Behinderungen des Berlinverkehrs seitens der DDR. Wie in außenpolitischer Hinsicht, so geriet die SED in dieser Zeit zunehmend auch im eigenen Lager unter Druck, da das imperialistisch-aggressive Feindbild nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte. War es der SEDFührung unter Ulbricht bisher gelungen, kritische Geister im eigenen Land durch die Warnung vor der angeblichen militärisch-faschistischen Banner Gefahr zu bändigen, so gab das flexible Vorgehen der westdeutschen Regierung dazu keinen hinreichenden Anlaß mehr175 , weshalb die SED wieder stärker auf Abgrenzung von der Bundesrepublik setzte. Bereits im Januar 1970 hatte 173 Einschätzung und Vorschläge der APK nach Erfurt und in Bezug auf Kassel, (SAPMDB, Bestand Walter Ulbricht, NL 182/1305). 174 Ebenda, vgl. IIB Babelsberg (Hrsg.), DDR-Außenpolitik für Sozialismus und Frieden, Berlin (Ost) 1974, S. 6lff. 175 Vgl. G. Schmid, Entscheidung in Bonn. Die Entstehung der Ost- und Deutschlandpolitik 1969/70, Köln 1979.
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Ulbricht auf einer internationalen Pressekonferenz den sozialistischen deutschen Nationalstaat propagiert und gegen das, von Bundeskanzler Brandt in seinem Bericht zur Lage der Nation vertretene Fortbestehen der Einheit der Nation gestellt. 176 Diese Haltung verdeutlichte Politbüro-Mitglied Axen im September 1970: ... der antifaschistische Grundzug der Deutschen Demokratischen Republik hat uns verpflichtet ... , in Gegenwart und Zukunft erst recht, unseren sozialistischen Arbeiter- und Bauern-Staat weiterhin auf allen Gebieten von der imperialistischen Bundesrepublik abzugrenzen. . . . Keine nationalistische Demagogie von sogenannten ' innerdeutschen Beziehungen' oder von der angeblichen 'Einheit der Nation' kann die Grundwahrheit verdunkeln, daß ganze Welten und Epochen den sozialistischen deutschen Staat vom monopolkapitalistischen Regime Westdeutschlands trennen . 177 Auf der 14. Tagung des ZK der SED betonte dementsprechend Erich Honecker, daß sich zwischen beiden deutschen Staaten ein objektiver Prozeß der Abgrenzung und nicht der Annäherung vollziehe 178 , und in einem Referat zur Vorbereitung des VIII. Parteitages erklärte Ulbricht schließlich, daß der objektive Prozeß der Abgrenzung dieser beiden Staaten voneinander ... einen Stand erreicht (hat), von dem es ein zurück nicht mehr gibt. 179 Was die SED genau unter Abgrenzung verstand, verdeutlicht ein Artikel im NEUEN DEUTSCHLAND vom Februar 1971:
Genosse Honecker hat auf der 15. Tagung unseres Zentralkomitees erklärt, daß wir bei der Entwicklung unserer sozialistischen Gesellschaft stets vor Augen haben, "daß wir die neue Gesellschaft des Sozialismus unter den Bedingungen unversöhnlicher Klassenauseinandersetzungen mit dem Imperialismus in der ERD und seiner verschärften geistigen Diversionsversuche aufbauen. " Und daraus hat er den Schluß gezogen: "Die weitere Abgrenzung der sozialistischen DDR von der imperialistischen ERD ist die wirksamste Antwort auf die reaktionäre nationalistische, antikommunistische Politik der herrschenden Kreise der ERD. " Das Wort "Abgrenzung" hat größte Empörung in den monopolhörigen Massenmedien der ERD, in Rundfunk und Presse, hervorgerufen. Und das kann man verstehen. Gibt es doch unter den Ganoven dieser Welt, genau wie unter den Monopolen, zwei "grundlegend verschiedene " Theorien des Raubens von Freiheiten, Brieftaschen, Ersparnissen usw.
176 Jacobsen (u.a.), a.a.O., S. 436; vgl. R. Koenen. Nation und Nationalbewußtsein aus der Sicht der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Bochum 1975. 177 Texte zur Deutschlandpolitik, Bd. VI, 29. Juni 1970- 26. Januar 1971, Bonn 1971 , s. 126ff. 178 Nach: Zieger, a.a.O., S. 133, vgl. D. Staritz, Geschichte der DDR 1949-1985, Frankfurt/M. 1985, S. 209ff. 179 Weber, Jahn, a.a.O., S. 912.
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Die einen sind Anhänger der brutalen Angrijfsstrategie: Sie schlagen ihr Opfer nieder und rauben es dann aus. Die anderen nähern sich dem Opfer plumpvertraulich, benehmen sich, wie sie es nennen, human, und rauben es dann beim Schlagen einer menschlichen Brücke zur inneren Jackentasche aus. Wer die Wahl hat, sollte sich nun doch, meinen einflußreiche Kreise in Bann, für den "menschlichen" Weg des Beraubtwerdens entscheiden. Ist dieser nicht in jeder Beziehung dem des brutalen Niederschiagens des Opfers vorzuziehen? In diesem Falle könnte man doch wirklich nicht sagen: Wer die Wahl hat, hat die Qual. . . . Ja, wir in unserer Deutschen Demokratischen Republik wollen uns abgrenzen, soweit abgrenzen wie nur möglich, und immer weiter abgrenzen von einer Gesellschaftsordnung, in der die Interessen des Monopolkapitals das Leben der Menschen bestimmen, ihre Gedanken manipulieren und ihre Existenz verunsichern. Abgrenzen im doppelten Sinne: Abgrenzen im Objektiven, in der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft und ihrer Gesetze, die beinhalten: Eine konsequente Friedenspolitik, die der imperialistischen Aggression keine Chance gibt, während der Revanchismus und Militarismus in der BRD die Sicherheit in Europa bedroht. Eine menschliche Gemeinschaft, die allen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht, während in der BRD die Werktätigen zu Objekten der Profitmacherei degradiert sind. Eine stete Sicherheit des Lebens, auch durch die Sicherheit des Arbeitsplatzes, während in der BRD steigende Arbeitslosigkeit droht. Eine fortlaufende Hebung des kulturellen Lebensniveaus, auch durch Hochschul- und Akademiereform, während in der BRD das Wort Misere immer häufiger im Kulturteil selbst der Monopolpresse erscheint. Abgrenzen aber auch im Subjektiven, in unserem Verstehen dessen, was bei uns und was in der BRD vorgeht, im Erkennen des Großen und Schönen bei uns, im Begreifen all des Schlimmen, das heute in der BRD vor sich geht, und des Schlimmeren, was sich dort vorbereitet, uns auch im Durchschauen aller Gaunertricks des Feindes. Ja, wir ziehen bewußt eine Grenze zwischen uns und dem Abgrund, zwischen uns und der Pest, zwischen Leben und Tod! ... Abgrenzen - wie sie das Wort hassen, unsere Feinde, genau wie die "Mauer", die wir vor zehn Jahren gegen ihre Angn!fe in einer Nacht gebaut haben! Abgrenzen - gegen alles, was an Schädlichem in unser Land eingeschleust werden soll, gegen Rauschgifte und ideologische Perversionen, gegen "Hasch" und Heroin, gegen nationalistische Reaktion und Sozialdemokratismus! Wenn wir ihnen aber korrekte völkerrechtliche Beziehungen zwischen unseren beiden Staaten vorschlagen, dann geht ihnen das "zu weit". Natürlich geht ihnen das "zu weit" auf dem Weg der friedlichen Koexistenz, da sie doch den Weg der "friedlichen" Vernichtung unserer Existenz gehen wollen. Diesen Weg aber werden wir ihnen
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versperren: aus eigener Kraft und im Schutze unserer sozialistischen . ha,r,t. 180 Staatengemeznsc 1 Aber Ost-Berlin beließ es nicht bei verbalen Demonstrationen, sondern versuchte durch die Störung des Berlinverkehrs die eigene Stärke zu unterstreichen und die Vier-Mächte-Verhandlungen zu beeinträchtigen. 181 In dieser Situation bremste jedoch Moskau die ostdeutschen Genossen und ließ keinen Zweifel daran, daß man die eigene Politik nicht stören und das starre Beharren der SED auf Abgrenzun~ und Feindschaft gegenüber der Bundesrepublik nicht weiter dulden würde. 1 2 Die Machthaber im Kreml hatten die wachsende Selbstsicherheit und Eigenmächtigkeit Ulbrichts bezüglich seines Ökonomischen Systems des Sozialismus 183 zunehmend verärgert, und so verschlechterte sich Ulbrichts Position zusehends. Die Mehrheit des Politbüros setzte in dieser Situation auf einen Führungswechsel, auch deshalb, um einer Kritik der eigenen Basis für Fehler der Vergangenheit zuvorzukommen und die Schuld allein auf die Person Ulbrichts lenken zu können. 184 Unter diesem Druck mußte der erste Mann der DDR schließlich auf der 16. Tagung des ZK im Mai 1971 aus Altersgründen um seine Entlassung von seinen Aufgaben als Erster Sekretär der SED bitten und schlug Erich Honecker als Nachfolger vor. 185 Mit diesem Wechsel, den Herman Weber als einen der tiefsten Einschnitte der DDR-Entwicklung bezeichnee86, akzeptierte die DDR unter Honecker wieder völlig den absoluten politischen Führungsanspruch der Sowjetunion 187, die ab 1971 vor dem Hintergrund einer Annäherung zwischen der Volksrepublik China und den USA 188 sowie
180 J. Kuczynski, "Abgrenzung", in: NEUES DEUTSCHLAND vom 10.2.1971. 181 Wettig, Die Sowjetunion, die DDR, a.a.O., S. 101ff. 182 Jacobsen I Leptin I Scheuner I Schulz, a.a.O., S. 424, vgl. B. von Plate, Die
Außenpolitik und internationale Einordnung der DDR, in: Weidenfeld I Zimmermann, a.a.O., S. 589-604. 183 G. Wettig, Phasen des DDR-Sozialismus, in: Eppelmann I Möller I Nooke I Wilms, a.a.O., S. 26 184 G. Neumann, E. Trümpler, Von Ulbricht zu Honecker. 1970 - ein Krisenjahr der DDR, Berlin 1990, S. 53; vgl. Weber, Die DDR 1945-1986, a.a.O., S. 77. 185 R. Badstübner, u.a., Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin (Ost), 1981, S. 295; vgl. I. Spittmann, Warum Ulbricht stürzte, in: DEUTSCHLAND ARCHIV, 611971, S. 568ft. 186 H. Weber, DDR. Grundriß der Geschichte, Hannover 1991, S. 129. 187 Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), Zur Geschichte der DDR. Von Ulbricht zu Honecker, Bann 1986, S. 63, vgl. Griftith, a.a.O., S. 273; vgl. U. Wetzlaugk, Berlin und die deutsche Frage, Köln 1985, S. 175. 188 W. E. Griftith, Die Ostpolitik der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1981, S. 220, vgl. H. Kissinger, The White Hause Years, Boston 1979, S. 684ft. S Klein
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großer Spannungen zwischen Peking und Moskau 189 , auf den Kurs der Entspannung setzte. Vor diesem Hintergrund setzte die SED nun verstärkt auf die Abgrenzung zur Bundesrepublik, und so stellte der VIII . Parteitag der SED im Juni 1971 fest. daß ... der Prozeß der Abgrenzung zwischen beiden Staaten in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens immer tiefergehender wird. 190 Honecker verdeutlichte die Haltung der SED gegen alles Gerede im Westen von der sogenannten Einheil der deutschen Nation ... 191 und betonte demgegenüber die Eigenständigkeit der sozialistischen Nation. 192 Hatte die Deutschlandpolitik der SED bis zum Mauerbau unter dem Motto Nationale Einheitspolitik unter den Bedingungen der sozialistischen Revolution 193 bestanden, so wurde ab 1961 der Weg zum sozialistischen deutschen Nationalstaat beschritten, wobei jedoch noch immer ein gesamtdeutscher Anspruch beibehalten wurde. Doch durch die Ostpolitik der sozialliberalen Koalition geriet die SED so in die Defensive. daß Ost-Berlin mit der Absage an die Einheit der Nation reagierte. welches unter Honecker durch die Theorie der zwei Nationen seine theoretische Fundierung fand: Von nun an galt die Bundesrepublik als Ausland 19~. und so hieß es in der DEUTSCHEN AUSSENPOLITIK: Die Deutsche Demokratische Republik hat durch ihre gesellschaftspolitische Entwicklung alle Brücken zur imperialistischen ERD abgebrochen. Nichts verbindet sie mehr mit der imperialistischen Ordnung in Westdeutschland. 195 Doch änderte sich unter Honecker nicht nur der deutschlandpolitische Kurs der SED. auch im Inneren kam es zu einer Neuorientierung196, welche jedoch nicht im Sinne einer Liberalisierung oder Lockerung der absoluten SED-Herrschaft gedeutet werden darf. vielmehr war es das Ziel der neuen Parteiführung, die wirksamsten Herrschaftsmechanismen zur Erha/189 Ab 1969 kam es zu großen Spannungen, welche sich u.a. in Grenzkonflikten und massiven Truppenkonzentrationen entluden. Auf russischer Seite standen Anfang der siebziger Jahre rund 450.000 Mann. die konventionell und atomar ausgerüstet waren, an der Grenze zur VR China. Vgl. Griffith, a.a.O., S. 220. 190 Protokoll der Verhandlungen des VIII. Parteitages der SED, 1971. Bd. I. Berlin (Ost), S. 35. 191 M. Roth, Zwei Staaten in Deutschland. Die sozialliberale Deutschlandpolitik und ihre Auswirkungen 1964-1978, Opladen 1981, S. 5lf. 192 DDR-Handbuch, a.a.O., S. 748; vgl. Koenen, a.a.O. 193 R.W. Schweizer, DDR und die Nationale Frage. Zum Wandel der Position von der Staatsgründung bis zur Gegenwart, S. 38, in: APuZ, B 51-52, 21.12.1985, S. 3754. 194 Erich Honecker am 6.1.1972 bei einem Truppenbesuch auf Rügen. Nach: ebenda, S. 49. 195 G. Hahn I K. Bollinger, Der VIII. Parteitag der SED - Kraftquell neuer Erfolge, S. 633, in: DEUTSCHE AUßENPOLITIK 4/1971, S. 629-636. 196 Vgl. H. Weber, Die SED nach Ulbricht, Hannover 1974, S. !Off.
V. Abgrenzungspolitik und VIII. Parteitag der SED
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tung des Systems und der führenden Rolle der Partei zufinden 197 , und so festigte und erweiterte die SED ihre beherrschende Rolle in Staat, Wirtschaft. Gesellschaft und Wissenschaft 198, um die weitere Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus des Volkes auf der Grundlage eines hohen Entwicklungstempos der sozialistischen Produktion, der Erhöhung der Effektivität, des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und des Wachstums der Arbeitsproduktivität zu erreichen. 199 Vor diesem Hintergrund verlangte der neue Mann eine straffe und eiserne Parteidisziplin200 und setzte durch, daß jüngere SEDKader mit einer typischen Parteikarriere - wie Honecker selbst - ins Zentrum der Macht vorrückten. Im Zuge dieser Entwicklung wurde auch die ideologische Schulung der Parteimitglieder verstärkt, wodurch den Grundorganisationen der SED eine besondere Bedeutung zufiel. Honecker. der in der ideologischen Arbeit den Hauptinhalt unserer marxistisch-leninistischen Partei sah201 , wollte durch die verstärkte ideologische Ausbildung die Einsicht in die Notwendigkeit einer absoluten Parteidisziplin erreichen, da die politischen Ziele der SED nur durch eine geschlossene Kampfpartei zu erzielen seien, in der zwar das Ideal des freiwilligen Kampfbund(es) Gleichgesinnter gepflegt wurde, doch sich in der Praxis nicht auf Gleichwertigkeit, sondern auf Arbeitsteilung bezog. 202 Auf dem Parteitag wurde die neue Linie deutlich, als Honecker den Bericht des ZK vortrug, wobei er betont sachlich und realistisch allen früheren Phantasieplänen und übersteigerten Erwartungen eine Absage erteilte. Besondere Betonung erfuhr das Ziel des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und die Erhöhung der Effektivität, was nur durch eine Versachlichung der Arbeitsmethoden und den Ausbau der fachlichen Qualifikation der Funktionäre zu erreichen sei, welches sich z.B. im Rahmen der Gesellschaftswissenschaften durch die erstmalige Aufstel-
Weber, DDR. Grundriß, a.a .O., S. 132. Vgl. ebenda, S. 129; vgl. Badstübner, a.a.O., S. 296ff. 199 Institut für Internationale Beziehungen Potsdam-Babelsberg (Hrsg.), Außenpolitik der DDR. Drei Jahrzehnte sozialistische Friedenspolitik, Ost-Berlin 1979, S. 107. 200 Honecker, Reden und Aufsätze , Bd. 1, Berlin (Ost) , 1975, S. 207; vgl. G . Brunner, Verfassungs- und Rechtsentwicklung in der Honecker-Ära, in: Göttinger Arbeitskreis (Hrsg.), Studien zur Deutschlandfrage Bd. 6, Die innere und äußere Lage der DDR, Berlin 1982, S. 7-34. 201 E. Honecker, in: NEUER WEG 28/1973, S. 1009ff.; vgl. Friedrich-EbertStiftung, Zur Geschichte der DDR, a.a.O., S. 61f. 202 Ders., in: EINHEIT 2/1974, S. 132f; vgl. J. Schütrumpf, Steuerung und Kontrolle der Wissenschaft durch die SED-Führung am Beispiel der Akademie der Wissenschaften der DDR unter Berücksichtigung der Akademie der Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, S. 362f., in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. III/3: Ideologie, Integration und Disziplinierung, S.359-373. 197 198
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lung eines Zentralen Forschungsplanes niederschlug. 203 Auch in personeller Hinsicht wurden wichtige Weichen gestellt: Mit Wemer Lamberz rückte ein Vertrauter Honeckers ins Politbüro auf, der sich wissenschaftlich wie auch strategisch mit dem Marxismus-Leninismus beschäftigt hatte und aus der Westarbeit, d.h. der politisch-ideologischen Auseinandersetzung mit der Bundesrepublik, kam. Allgemein ist unter Honecker eine starke Berücksichtigung der aus dem Bereich Westarbeit I Außenpolitik stammenden SED-Kader zu beobachten, welches die wachsende Bedeutung dieses Bereiches nachdrücklich verdeutlicht.
203 Vgl. Badstünber, a.a.O., S. 301; vgl. Kapital B 4, (Zentraler Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975, siehe: SAPMDB, Bestand J IV 2/2 Nr. 1374).
B. Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft I. Gründung und Auftrag Vor dem Hintergrund der verstärkten Abgrenzungspolitik und den Ergebnissen des VIII. Parteitages, der dem Kampf gegen den Imperialismus und die offensive Auseinandersetzung mit diesem eine hohe Priorität eingeräumt hatte204, suchte die SED die Westarbeit stärker zu zentralisieren, um die internationale Entwicklung der DDR durch wissenschaftliche Arbeiten zu befördern und zu einer Stabilisierung des Verhältnisses zur Bundesrepublik und den großen westlichen Industriestaaten beizutragen205 , weshalb die Westarbeit - wieder einmal - umorganisiert und nun besonders wissenschaftlich ausgerichtet werden sollte. In diesem Zusammenhang bestimmte der im Januar 1972 vorgelegte Zentrale Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975, daß die Aufgabe der Gesellschaftswissenschaften darin besteht, den theoretischen Gehalt des VIII. Parteitages allseitig zu erschließen und für die Tätigkeit der Partei nutzbar zu machen. Durch die doppelte Funktion der Wissenschaft, als theoretisches und politisch-ideologisches Instrument der Arbeiterklasse und ihrer Partei, gewinnen die marxistischleninistischen Gesellschaftswissenschaften im Leben der sozialistischen Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Schließlich hätten die Gesellschaftswissenschaften . . . daher die theoretische Arbeit in Forschung, Lehre und Propaganda so zu qualifizieren, daß Inhalt und Form der ideologischen Auseinandersetzung mit dem Gegner den wachsenden Anforderungen entsprechen. 206 Im Rahmen dieser Aufgabenstellung wird bereits die Doppelgleisigkeit des sozialistischen Wissenschaftsverständnisses, die sogenannte Einheit von Politik und Wissenschaft, deutlich: Einerseits die theoretische, andererseits die politisch-ideologische Funktion. Neben der wissenschaftlichen Analysetätigkeit des IPW beinhaltete dies den ideologisch-politischen Kampf gegen den KlassenVerlag Marxistische Blätter, Geschichte der SED. Abriß, Berlin (Ost), S. 562. Herbst I Ranke I Winkler, So funktionierte die DDR, a.a.O., S. 416ff. 206 Zentraler Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975. Bestätigt durch das Politbüro der SED am 11. Januar 1972, S. 1, (BAPAR, Bestand Bericht ü. d. Realisierung des Zentralen Forschungsplans u. zur Entwicklung der Imperialismusforschung, DC 204 Direktion 14115). 204
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feind, an dessen Ende ein, im Sinne des Marxismus, gesetzmäßiger Sieg des Sozialismus stehen würde. Dazu später mehr. Bevor es durch die Gründung des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft zu einer Zentralisierung der ostdeutschen BRD-Forschung kam, war diese zunächst Aufgabe aller Gesellschaftswissenschaften. So hatten sich zahlreiche Einrichtungen der DDR mit der Bundesrepublik zu befassen: Neben dem Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED als Leitinstitut und Koordinierungsstelle (hier besonders der Wissenschaftliche Rat für Imperialismusforschung sowie die Lehrstühle für lmperialismusforschung, für Geschichte und Theorie der Literatur und Kunst, für Geschichte der Arbeiterbewegung, für Internationale Arbeiterbewegung, für Politische Ökonomie und für Soziologie und Philosophie), auch das Deutsche Wirtschaftsinstitut (wirtschaftliche und soziale Aspekte, wie auch Entwicklungen im Herrschaftssystem kapitalistischer Staaten), das Zentralinstitut für Geschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften, die Deutsche Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften Waller V/bricht (vor allem als Ausbildungsstätte) , das Deutsche Institut für Zeitgeschichte sowie zahlreiche Universitäten und Institute, wie z.B. die Sektion Staats- und Rechtsentwicklung im imperialistischen Herrschaftssystem Westdeutschlands des Beirats für Staats- und Rechtswissenschaften beim Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen, die FGDB-Hochschule, die Abteilung Westdeutsche Pädagogik am Deutschen Pädagogischen Zentralinstitut, die Parteihochschule der SED (Geschichte der Arbeiterbewegung) sowie das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED (Abteilung Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung von 1945 bis heute). Für all diese Einrichtungen galten die gleichen Aufgaben, nämlich Sicherung, Perpetuierung und L~~itimierung der Herrschaft, Prognose, Bewußtseinsbildung und Klassenkampf 2 7 Darüber hinaus sollten die von der Ideologie und der Politik vorgegebenen Bewertungskriterien inhaltlich ausgefüllt und präzisiert werden. 208 Welche Bedeutung die SED der ideologischen Auseinandersetzung mit der Bundesrepublik beimaß, zeigt ein detaillierter Arbeits- und Aufgabenplan, den das Politbüro am 22. Oktober 1968 festgelegt hatte:
systematische Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Ideologie und ihren Hauptvertretem; systematische Analyse und offensive parteiliche Auseinandersetzung mit den imperialistischen und rechtssozialdemokratischen Ideologien; die Ziele des westdeutschen Imperialismus gegenüber den sozialistischen Staaten verstärkt zu entlarven; 207 E. Förtsch, Zur "BRD-Forschung" in der DDR, S. 22, in: APuZ, B 6/71, 6.2.1971, s. 21-28. 208 Ebenda.
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die Rolle der westdeutschen Monopole und die Ursachen der besonderen Aggressivität des heutigen staatsmonopolistischen Herrschaftssystems zu entlarven,· durch gründliche Analyse der Widersprüche des impen"alistischen Systems die staatsmonopolistische Formierung in Westdeutschland und die geistige Manipulierung der Menschen durch die Massenmedien des Imperialismus aufzudecken und zu bekämpfen; die Notwendigkeit des Klassenkampfes der Arbeiterklasse im Bündnis mit den antiimperialistischen Kräften mit dem Ziel einer grundlegenden gesellschaftlichen Umwälzung in Westdeutschland zu begründen; - Auseinandersetzung mit: Methoden der psychologischen Kriegsführung, Nationalismus, Europaideologie, Konvergenztheorie, bürgerlicher Philosophie und Weltanschauung, der imperialistischen und revisionistischen Auffassung einer Autonomie der Kultur und Kunst; Forschungen über: den Zusammenhang zwischen Imperialismus und Opportunismus, die Krise der Sozialdemokratie, die Rolle der sozialdemokratischen Führer im staatsmonopolistischen Kapitalismus, die Entlarvung des modernen Revisionismus und der Theorie des dritten 209 Weges. Um alldiese Aufgaben bewältigen zu können, löste der DDR-Ministerrat am 7. Juli 1971 das Staatssekretariat für westdeutsche Fragen auf und beschloß, nachdem das Politbüro dieses einen Tag zuvor angeordnet hatte, die Gründung des Institutsfür Internationale Politik und Wirtschaft (IPW). Die Aufgabenstellung des neuen Instituts verdeutlicht die bewußte Irreführung in der Namensgebung, da sich das IPW fast ausschließlich mit der Bundesrepublik befassen sollte, weshalb das Politbüro folgende Grundaufgaben erließ:
1. Analyse der politischen Prozesse in der BRD und in Westberlin. Systematische Information der Partei- und Staatsführung (entsprechend der bisherigen Tätigkeit des Staatssekretariats für westdeutsche Fragen). 2. Forschungstätigkeit zur ökonomischen u. politischen Entwicklung des Imperialismus der BRD (entsprechend den Forschungsaufgaben des DWI und des DIZ im Rahmen des Planes für Impen'alismusforschung). 3. Enge Zusammenarbeit mit den Partnerinstituten der Sowjetunion und anderer sozialistischer Länder und verstärkte Auswertung der sowjetischen Imperialismusforschung für politische und wissenschaftliche Aufgaben. 4. In Zusammenarbeit mit der Westabteilung des ZK Ausarbeitung von Materialien zur Unterstützung der Bruderpartei in der BRD. 209
EINHEIT, 12/1968, S. 1455ff.
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5. Analyse der ideologischen Feindtätigkeit gegen die DDR in Rundfunk und Fernsehen der BRD; regelmäßige Information der Parteiführung darüber. 6. Herausgabe von Publikationen und Argumentationen zur Auseinandersetzung mit dem westdeutschen Impen"alismus und seinen Ideologien sowie von Informationsmaterialien über die Entwicklung der BRD (in Fortsetzung der Veröffentlichungen des DIZ und des DWI). 7. Öffentliches Auftreten leitender Genossen des Instituts in Presse, Rundfunk und Fernsehen der DDR zu Fragen der Auseinandersetzung mit dem Imperialismus und der konstruktiven Politik der DDR. 8. Teilnahme leitender Genossen des Instituts an internationalen Veranstaltungen, die im Zusammenhang mit den Fragen der Auseinandersetzung mit dem Impen"alismus und der europäischen Sicherheit stehen. Unterstützung internationaler Aktivitäten der DDR, die eine Auseinandersetzung mit dem Imperialismus der BRD und seiner Politik sowie die entsprechende Darlegung der konstruktiven Politik der DDR erforderlich machen. 9. Leitung einer zentralen Redaktion für pen"odische und nichtperiodische Agitationsschriften für die Bürger der BRD über die sozialistische Entwicklung der DDR und ihre Politik sowie zur Entlarvung des Imperialismus (entsprechend den bisherigen Veröffentlichungen des Staatssekretariats für westdeutsche Fragen und des Nationalrats). Diese Materialien, die vorrangig zum Vertrieb an der Staatsgrenze bestimmt sind, erscheinen unter eigenen Titeln; das Institut tritt als Herausgeber nicht in Erscheinung. 210 Am 13. Juli wurde die Institutsgriindung kurz im NEUEN DEUTSCHLAND bekanntgegeben, während in anderen führenden DDR-Publikationen dieses Bereiches (EINHEIT und DEUTSCHE AUSSENPOLITIK) nichts zu finden war. So hieß es im NEUEN DEUTSCHLAND lediglich:
Institut für Internationale Politik und Wirtschaft Berlin (ADN), Auf Beschluß des Präsidiums des Ministerrates der DDR ist das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft gebildet worden, das seinen Sitz in Berlin hat. Das Deutsche Institut für Zeitgeschichte (DIZ) und das Deutsche Wirtschaftsinstitut (DWI) gehen in das neu geschaffene Institut über. Zum Direktor des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft wurde Professor Herbert Häber, zu Mitgliedern der Direktion und Stellvertre210 Protokoll des Politbüros, Nr. 3/71 vom 6. Juli 1971, Anlage Nr. 7, (SAPMDB, Bestand J IV 2/2 Nr. 1344).
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tem des Direktors wurden Prof. Dr. Stefan Doemberg und Prof. Dr. Lutz Maier berufen. 211 Aufschlußreich ist die Ernennung Herbert Häbers zum Direktor des IPW, dem bei seiner Berufung auch gleich ein Professorentitel mit verliehen wurde, damit sein Image als Institutsdirektor die nötige wissenschaftliche Reputation erhielt. 212 Die Leitung des neuen Instituts wurde bewußt in die Hände eines (politischen) SED-Funktionärs aus dem ideologisch-propagandistischen Bereich der Westarbeit (Westkommission und Staatssekretariat für gesamtdeutsche Fragen) gelegt, dem allerdings zwei Wissenschaftler zur Seite gestellt wurden. Im Rahmen der Anhörungen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages, beschrieb Häbers Nachfolger als IPW-Direktor, Prof. Dr. Max Schmidt, die Aufgaben des IPW folgendermaßen: Natürlich ist in unserem Institut . . . die Ost- und Deutschlandpolitik der Bundesrepublik analysiert worden, sowohl in der Zeit der sozialliberalen Koalition als auch danach, und selbstverständlich ist auch klar erkannt worden, daß es im Prinzip um zwei Dinge ging: Einerseits gab es andere Grundpositionen vor allen Dingen in der Frage der Nation, der Einheit und des politischen Systems. Zugleich gab es aber einen immer deutlicher heraustretenden gemeinsamen Nenner: Frieden, Stabilisierung in Europa, das Schicksal der Menschen. 213 Deutlicher charakterisierte jedoch Häber, der bereits im Januar 1967 in einer Sitzung der Westkommission gründliche und langfristige Untersuchungen in bezug auf Westdeutschland gefordert hatte214 , die ideologisch-politische Intention in einem Artikel im NEUEN DEUTSCHLAND vom 1. Januar 1972, indem er die Aufgaben des IPW im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung und propagandistischen Tätigkeit folgendermaßen umriß:
die Entwicklung des Imperialismus, besonders seiner Widersprüche, gründlich zu analysieren, um stets das Klassenwesen der imperialistischen Politik in ihren verschiedenen Varianten erkennen zu können und seinen unverändert reaktionären, menschenfeindlichen Charakter immer wieder aufzudecken; die Wirkung des veränderten Kräfteverhältnisses zugunsten des Sozialismus auf den Imperialismus zu analysieren und den vielschichtigen Prozeß der Anpassung des Imperialismus an diese Situation und damit NEUES DEUTSCHLAND vom 13. 7.1971. K. W. Fricke, Ein Zentrum der DDR-Westforschung, S. 802, in: DEUTSCHLAND ARCHIV 8/1972, S. 802-805. 213 M. Schmidt, S. 876f., zit. nach: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O .. Bd. V/1: Deutschlandpolitik, Protokoll der 52. Sitzung, Zeitzeugen: Strategie und Taktik der SED in den innerdeutschen Beziehungen, S. 872-910. 214 Protokoll der Diskussion der Sitzung der Westkommission am 30.1.67, (SAPMDB, Bestand IV A 2/10.02 Nr. 2). 211
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verbundene Fragen der internationalen Beziehungen gründlich zu erforschen; die Haltung der verschiedenen sozialen und politischen Kräfte kapitalistischer Länder zu solchen Grundproblemen unserer Zeit wie der Gewährleistung der europäischen Sicherheit zu untersuchen . ·.. sowie die unzweifelhafte Verschärfung des ideologischen Kampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus nicht nur zu registrieren und zu beschreiben, sondern noch wirkungsvoller durch die offensive Vertretung der Position des Marxismus-Leninismus die bürgerliche Ideologie in al/ ihren Spielarten zu bekämpfen. 215 Die Westpropaganda der SED sollte nicht in erster Linie auf eine wissenschaftlich-realistische Basis gestellt werden, sondern es ging primär um die Erhöhung der ideologisch-propagandistischen Schlagkraft. Darüber hinaus sollten schließlich auch die letzten Reste gesamtdeutscher Bezüge, wie sie allein sprachlich in den Bezeichnungen Deutsches Institut für Zeitgeschichte und Deutsches Wirtschaftsinstitut bestanden, beseitigt werden, welches der stellvertretende Direktor (und frühere Leiter des Deutschen Instituts für Zeitgeschichte) Doernberg im nachhinein als kleinliche Absichten zur Untermauerung der These vom langen Nebeneinanderbestehen von zwei deutschen Staaten bezeichnete. 216 So wurden nicht nur alle wissenschaftlichen Einrichtungen, die sich mit der Bundesrepublik befaßt hatten (Deutsches Wirtschaftsinstitut217 und Deutsches Institut für Zeitgeschichte218) zentral zusammengefaßt, sondern auch die betref215 H. Häber, Gründliche Analysen über Charakter des Imperialismus, in: NEUES DEUTSCHLAND vom 1.1.1972. 216 S. Doernberg auf Anfrage schriftlich vom 5. April 1995. 217 Das Deutsche Wirtschaftsinstitut (DWI) wurde am 1. Juni 1949 auf Beschluß der Deutschen Wirtschaftskommission gegründet und war dem Präsidium des Ministerrates der DDR unterstellt. In seiner wissenschaftlichen Arbeit konzentrierte sich das DWI auf die Bundesrepublik, weshalb 1952 die Abteilung Sozialistische Länder an das neugegründete Deutsche Institut für Marktforschung abgegeben wurde. Wie das DIZ, so fungierte auch das DWI ab 1968 als "Leitinstitut" der Imperialismusforschung und war besonders mit der politisch-ideologischen Propaganda gegenüber der Bundesrepublik betraut. Ab Mitte der 60er Jahre expandierte das DWI. da für die SED nun auch Fragen zur EWG und den Beziehungen zwischen den USA und der Bundesrepublik in den Vordergrund rückten. Das DWI wurde zwischen 1949 und 1951 von Jürgen Kuczynski, bis 1965 von Siegbert Kahn und bis zu seiner Auflösung von Lutz Maier geleitet. 218 Das Deutsche Institut für Zeitgeschichte (DIZ) wurde am 1. März 1946 als Zentralstelle für Zeitgeschichte gegründet und bereits im Juli 1947 mit dem Institut für Zeitungskunde zusammengefaßt und im Oktober 1949 in DIZ umbenannt. Unterstellt war das DIZ offiziell zunächst dem Presseamt beim Ministerpräsidenten der DDR, später u.a. dem Staatssekretariat für Hoch- und Fachschulwesen; so erhielt das Institut seine politischen Vorgaben vom ZK der SED, und die fachliche Anleitung erfolgte durch das Institut für Gesellschaftswissenschaften. War die Hauptaufgabe des DIZ zunächst die Dokumentation (Quellenpublikationen), so kamen ab Mitte/Ende der fünfziger Jahre auch zunehmend Forschungsaufgaben im Bereich der deutschen und interna-
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fenden (politischen) Abteilungen des Nationalrates der Nationalen Front (besonders des Ausschusses für Deutsche Einheit) und des Staatssekretariates für westdeutsche Fragen, wodurch sich zwangsläufig ein enges und unmittelbares Unterstellungsverhältnis zur Staatsführung der DDR ergeben mußte. 219 Deutlich wurde die exponierte Stellung des IPW daran, daß es zum Leitinstitut der ostdeutschen Imperialismusforschung avancierte, weshalb die Enquete-Kommission des Bundestages das IPW auch als wichtigste(n) Braintrust der SED-Deutschlandpolitik bezeichnet220 , eine Einschätzung, der sich nur- wie sich im Verlauf der Untersuchung zeigen wird - bedingt zustimmen läßt. Solche Leitinstitute, welche die SED seit 1968 einzurichten begonnen hatte, waren beim ZK der SED angesiedelt und unterstanden, obwohl sie oftmals offiziell als staatliche Einrichtungen firmierten (so auch das IPW), jedoch der Partei, genauer der ZKAbteilung Wissenschaft unter Kurt Hager. Die Institute leisteten Forschung, Lehre, Lenkung des Forschungsbetriebes und Beratung staatlicher und gesellschaftlicher Entscheidungsträger bzw. oberster Parteiorgane und waren Mittel für einen straffen Konnex von Wissenschaft und Politik und zugleich einer "aufgeklärten " Dominanz der letzteren über erstere. 221 Den Tätigkeitsrahmen des IPW steckte das Politbüro im Juli 1971 ab, als es zu den Aufgaben für die Außenpolitik, die internationalen Beziehungen der SED und die Auslandsinformation, die sich aus den Beschlüssen des VIII. Parteitages ergeben 222, erklärte: In der wissenschaftlichen Forschung ist das Problem der Entwicklung der imperialistischen Staaten, Staatengruppierungen und ihrer internationalen Beziehungen große Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei ist das Schwergewicht auf die exakte Analyse der Widersprüche zwischen den imperialistischen Staaten und Staatengruppierungen und auf die Möglichkeit ihrer Ausnutzung im antiimperialistischen Kampf zu legen. Als Schwerpunkte wurden in diesem Zusammenhang genannt: Grundlagen und Entwicklungstendenzen der Widersprüche in den politischen, wirtschaftlichen und militärischen Gruppierungen imperialistischer Staaten tionalen Politik hinzu, wodurch das DIZ, das ab 1968 sogar zum "Leitinstitut" der DDR-Imperialismusforschung avancierte, zu einem wichtigen Informationszentrum für die politisch-ideologische Auseinandersetzung mit dem Westen, insbesondere der Bundesrepublik wurde. Ab 1951 wurde das Institut von Prof. Karl Bittel geleitet, von 19571962 von Prof. Waller Bartel und von 1962 bis zur Auflösung 1971 von Prof. Doemberg. 219 H. Güttler (Institut für Gesellschaft und Wissenschaft Erlangen), IPW-Berichte 1 und 2/1974, in: DEUTSCHLAND ARCHIV 4/1974, S. 360-363. 220 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., S. 152f. 221 B. Marquardt I E. Schmickl, Wissenschaft, Macht und Modemisierung in der DDR, S. 27, in: APuZ, B 3/87, 17. 1.1987, S. 20-32. 222 Protokoll Nr. 10 des Politbüros vom 21. Juli 1971, (SAPMDB, Bestand J IV 2/3 Nr. 1764).
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(NATO, EWG, EFTA usw.); die Entwicklung von Widersprüchen zu den USA. Ursache, Inhalt und Wirkung der Schlüsselstellung der BRD in der Globalstrategie der USA; die Rolle als imperialistische Speerspitze gegen den Sozialismus in Europa; Entwicklungstendenzen der Ostpolitik der USA und der europäischen kapitalistischen Staaten, insbesondere der BRD; Analyse der Widersprüche in der Ostpolitik dieser Staaten und ihre Ausnutzung in der Politik der sozialistischen Staaten für Frieden und Sicherheit in Europa. Grundlagen und Entwicklungstendenzen der Widersprüche zwischen der BRD und den USA; Hegemoniebestrebungen des Imperialismus der BRD in Westeuropa. die staatsmonopolistische Herrschaftsstruktur in der BRD, Klasseninhalte und Fonnen des politischen Differenzierungsprozesses und die sich daraus für die Staaten der sozialistischen Gemeinschaft ergebenden Anknüpfungspunkte. - die neokolonialistische Politik des Imperialismus der BRD und seine Beziehungen zu anderen neokolonialistischen Kräften. Diese Aufgabenstellung zeigt deutlich, daß das IPW nicht mit der allgemeinen Imperialismusforschung betraut war, wie es offiziell hieß, sondern sich mit dem ideologischen Kampf speziell gegen die Bundesrepublik zu befassen hatte. 223 Dies wird nicht nur durch die zentralen Vorgaben und die Unterlagen der Institutsarbeit belegt, sondern auch durch die Tatsache, daß es bei der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED ein eigenes Institut für Imperialismusforschung gab, welches nicht dem IPW zugeschlagen worden war, und daß mit dem Institut für Internationale Beziehungen Babelsberg eine Einrichtung bestand, welche den nicht auf die Bundesrepublik gerichteten Forschungsbereich der außenpolitischen Analyse übernahm. So lag die Hauptaufgabe des IPW in der ideologisch-politischen Auseinandersetzung mit der Bundesrepublik, mit dem Ziel einer Verwirklichung der Einheit von Politik und Wissenschaft, um so am politischen und ideologischen Kampf der Partei wirksamer teilzunehmen 224 und die Massenwirksamkeit der Gesellschaftswissenschaften erhöhen zu können. 225 Deutlich zum Ausdruck kommt dies im Zentra223 So hieß es in einer internen IPW-Konzeption, Hauptaufgabe sei die wissenschaftliche Informationstätigkeit über die BRD in ihrer gesellschaftlichen Gesamtheit. Konzeption einer IPW-Kommission: Aufgaben und Zielstellung der Informationsarbeit des IPW, 19.10.1971, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 224 Zentraler Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975. Bestätigt durch das Politbüro der SED am II. Januar 1972, S. 2 bzw. I (BAPAR, Bestand Bericht ü.d. Realisierung des Zentralen Forschungsplans u. zur Entwicklung der Imperialismusforschung, DC 204 Direktion 14/15). 225 Ebenda, S. 2.
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/en Forschungsplan der Gesellschaftswissenschaften, in welchem die SED einen wirksamen Beitrag zur marxistisch-leninistischen Strategie und Taktik des Kampfes gegen den Imperialismus forderte. Um dies zu erreichen, sei das menschenfeindliche Wesen und der parasitäre Charakter des Imperialismus noch vollständiger zu enthüllen. Es ist ein offensiver Kampf gegen den Antikommunismus und den Nationalismus in der Politik und Ideologie der imperialistischen Bourgeoisie zu führen. 226 Eindeutig dazu die Ausführungen des ZKSekretärs für Propaganda, Norden, dem das IPW im Rahmen des Parteiapparates unterstand, auf der konstituierenden Versammlung der Parteiorganisation des Institutsam 13. September 1971: Mit der Gründung des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft ... wurde auch in diesem Bereich mit der konkreten Verwirklichung der auf dem VIII. Parteitag gefaßten Beschlüsse begonnen. In dem entsprechenden Beschluß hat die Parteiführung exakt den Kamp/abschnitt des Instituts und seiner Parteiorganisation festgelegt: die Analyse des Impen·alismus in der BRD und die politisch-ideologische Auseinandersetzung mit ihm. Das Institut konzentriert sich also in Forschung, Information, Propaganda und Agitation auf den Imperialismus in der BRD... Mit anderen Worten, liebe Genossen, das Institut beschäftigt sich in erster Linie mit einem spezifischen Gebiet unserer Außenpolitik, nämlich dem Kampf gegen den westdeutschen Imperialismus und alle seine Stützen einerseits und der Unterstützung und Hilfe für die progressiven Kräfte in der BRD andererseits. Diese Aussagen stehen in deutlichem Widerspruch zu den Ausführungen des späteren IPW-Direktors Max Schmidt, der 1979 in den Marxistische Studien zum IPW schrieb, daß sich das Institut auf die theoretische Erforschung und praktische Untersuchung von Grundfragen der internationalen Entwicklung der Gegenwart, der Dialektik der internationalen Klassenauseinandersetzung unserer Zeit, der Auseinandersetzung und der Beziehungen zwischen Sozialismus und Imperialismus sowie der Entwicklungstendenzen und neuen Erscheinungen des heutigen Kapitalismus in schöpferischer Anwendung der Leninschen Imperialismustheorie konzentriert. 227 Kein Wort von der Bundesrepublik, welche Schmidt jedoch in einer Information über die Tätigkeit des Instituts vom Januar 1974 selbst als vorrangiges Forschungsziel beschrieben hatte, indem er ausführte, daß die Gründungsaufgaben des JPW die Analyse der politischen Prozesse in der BRD und in Westher/in sowie die Forschungstätigkeit zur ökonomischen und politischen Entwicklung des imperialistischen Systems, vorrangig der BRD seien. Danach war das IPW für die systematische Information der Partei- und Staatsführung auf diesen Gebieten verantwortlich und unterstützt die politischideologische Arbeit der Partei in den Fragen der Auseinandersetzung mit dem Ebenda. M. Schmidt, Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR zu Berlin (IPW), in: MARXISTISCHE STUDIEN, Jahrbuch des IMSF 2/1979, S. 415ft. 226
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Imperialismus und seiner Ideologie. Es hat in Zusammenhang mit der Westabteilung des ZK die Bruderparteien in der BRD und Westher/in zu unterstützen, die ideologischen Feindtätigkeiten gegen die DDR in Rundfunk und Fernsehen der BRD zu analysieren, Publikationen und Argumentationen herauszugeben. 228 Doch zurück zur Rede Nordens vor der konstituierenden Versammlung der Parteiorganisation des IPW, in der er die Beschlüsse des VIII. Parteitages als den zuverlässigen Kompaß, als eine für jedes Mitglied unserer Partei, für jeden Bürger unseres Landes verständliche wissenschaftliche Analyse der internationalen Lage der Klassenkräfte und des Klassenkampfes bezeichnete. Für die Arbeit des IPW, so der ZK-Sekretär weiter, hat der VIII. Parteitag ... auch inhaltlich das Fundament gelegt; es hat für die Auseinandersetzung mit dem Imperialismus eine prinzipielle, sachlich-nüchterne marxistisch-leninistische Einschätzung und Orientierung gegeben. Norden machte deutlich, daß Partei- und Staatsführung ... hohe Erwartungen in Eure Arbeit (setzen) ... Wir erwarten von Euch, daß ihr die politischen Prozesse in der BRD und in Westhertin exakt analysiert und darüber die Partei- und Staatsführung schnel/229 informiert. Wir erwarten von Euch, daß Ihr eine systematische Forschungstätigkeit zur ökonomischen und politischen Entwicklung des Imperialismus der BRD leistet, die ideologische Feindtätigkeit des Klassengegners analysiert und Eure Analyse- und Forschungsarbeit einmünden laßt in die vielseitige und kämpferische Auseinandersetzung mit dem westdeutschen Imperialismus sowie den verschiedenen Spielarten seiner Ideologie, in nützliche Beiträge zur weiteren Entwicklung des sozialistischen Bewußtsein unseres Volkes. Wir erwarten von Euch, daß Ihr mit Eurer Arbeit im Geiste proletarischer Solidarität den demokratischen und sozialistischen Kräften in der Bundesrepublik ideologisch-politische Hilfe für ihren Kampf um demokratischen Fortschritt in der BRD leistet. Und, liebe Genossinnen und Genossen, wir erwarten von Euch vor allem, daß Ihr alle Eure Aufgaben in enger Zusammenarbeit mit den Partnerinstituten in der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Ländern anpackt und löst, daß Ihr beständig die Ergebnisse der sowjetischen Imperialismusforschung für Eure politische und wissenschaftliche Arbeit nutzt. Denn noch immer und heute erst recht gilt die traditionelle Erkenntnis unserer Partei: Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen. Deutlich unterstrich das Politbüromitglied noch einmal die eminent praktisch-politische Bedeutung der Arbeit des IPW, weshalb auch die Vereinigung der bisherigen Institute nicht einfach eine Summierung der Kräfte zum Ziel haben dürfe, sondern Ziel ist eine neue höhere Qualität. ... Es geht darum, Ökonomie und Politik wirksam zu verzahnen, Politik und Wissenschaft enger zusammenzuschließen. Im Rahmen seiner weiteren Ausführungen beschäftigte 228 M. Schmidt: Zur Tätigkeit des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft, 15. Januar 1974, (SAPMDB, Bestand J IV 2110.02 Nr. 5). 229 Im Redemanuskript heißt es allerdings nüchtern, was jedoch handschriftlich gestrichen und durch schnell ersetzt wurde.
I. Gründung und Auftrag
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sich Norden mit einzelnen ideologischen Fragen, die in der nächsten Zeit vor allem ins Zentrum unserer ideologischen Offensive rücken. In diesem Zusammenhang nannte er den Antikommunismus und Antisowjetismus sowie den mit dem Antikommunismus gepaarten Nationalismus. Heute tritt uns der bürgerliche Nationalismus vor allem in Gestalt der "innerdeutschen" Van·ante gegenüber. Mit der klassenmäßigen Beantwortung der Frage der Nation haben wir auf dem VIII. Parteitag für die Führung des ideologischen Klassenkampfes entscheidende Impulse gegeben. Mit diesem Rüstzeug können die Genossen auch hervorragend dem sozialdemokratisch eingefärbten Nationalismus begegnen. . . . Die Parteiführung erwartet vom Institut wirkungsvolle Beiträge zu unserem Angriff gegen den aggressiven, ausbeutensehen Imperialismus. Und weiter: Das Institut ist ein wertvoller Fond unserer sozialistischen Gesellschaft. Es gehe darum, die höchstmögliche Verwendbarkeit der Arbeitsergebnisse des IPW für die Lösung der politischen und ideologischen Aufgaben der Partei und des sozialistischen Staates zu bemühen. Das IPW sollte in die politisch-ideologische Arbeit in der DDR kämpferisch eingrezfen. 230 Norden präzisierte später den Begriff des wissenschaftlichen Feindbildes im Rahmen einer Rede vor den Ersten Sekretären der Kreisleitungen in Brandenburg über Fragen des Kampfes gegen den Impen·alismus in der BRD, indem er die Notwendigkeit, sich von der imperialistischen BRD bedingungslos abzugrenzen, betonte und erklärte: Die Aufgabe unserer ideologischen Arbeit ist es daher, für ein klares, unverfälschtes Feindbild zu sorgen, das volksfeindliche, ausbeuterische, aggressive Wesen des Imperialismus, seine Machtgrundlagen, seine Fäulnis und Überlebtheil aufzudecken. 231 In welchem Kontrast stehen doch diese (internen) Ausführungen zu einem Artikel in den IPW-BERICHTEN 11/73 zum Thema Geistig-kultureller Austausch und ideologischer Kampf Dort heißt es u.a. : Die Politik der friedlichen Koexistenz ist darauf gerichtet, das Wettrüsten einzuschränken und die Anwendung und Androhung von Waffengewalt aus den zwischenstaatlichen Beziehungen auszuschließen. Dazu ist es notwendig, die internationale Atmosphäre zu "entgzften ", Völkerhaß und Diskriminierung gerade der fortschrittlichen Ideen, die von der Menschheit hervorgebracht wurden, der Ideen des Marxismus-Leninismus, des Humanismus, der Friedensliebe, aus den Beziehungen zwischen den Staaten zu verbannen. Die gesellschaftliche und ideologische Gegensätzlichkeit von Sozialismus und Kapitalismus schließt nicht aus, sondern erfordert nac~e rade, Bedingungen zu schaffen, daß die Völker sich besser kennen lernen. .. . 2 230 Referat A. Nordens auf der konstituierenden Versammlung der Parteiorganisation des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft, 13. September 1971, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02 Nr. 29). 231 Albert Norden: Zu Fragen des Kampfes gegen den Imperalismus in der BRD, September 1971, (SAPMDB, Berlin-Torstr., Bestand IV A2/10.02 Nr. 29). 232 W. Neubert, Geistig-kultureller Austausch und ideologischer Kampf, S. 23, in: IPW-BERICHTE 11/73, S. 23-32.
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All diese rhetorischen Blendformeln können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich das IPW - zumindest in den Anfangsjahren - fast auschließlich mit der Bundesrepublik beschäftigte. Der dabei von der SED geforderten Doppelfunktion, einerseits wissenschaftliche Analyse und Information, andererseits politisch-ideologischer Kampf durch Propaganda (siehe Kapitel B.IV. sowie Kapitel B.III.) konnte das IPW zu keiner Zeit gerecht werden, da beide Vorgaben gleichzeitig nicht zu lösen waren. Ansätze einer wissenschaftlichen Analyse im Sinne realistischer Informationen, wie sie sich kurzzeitig 1974/75 abzeichneten, wurden von der Institutsleitung im Keim erstickt, da dies zu ernsthaften Konsequenzen geführt hätte. Somit staute sich gerade in der Anfangszeit innerhalb des IPW ein Frustrationspotential auf, das sich 1975 im Selbstmord eines Gruppenleiters und der Flucht dreier Mitarbeiter entladen sollte.
II. Einbettung in das SED-System Während das IPW offiziell dem Präsidium des Ministerrates der DDR unterstand, erhielt es in der Praxis der SED-Herrschaft vom Politbüro und dort vom ZK-Sekretär für Propaganda, Albert Norden, seine Anweisungen, indem das Politbüro verfügt hatte: Das Institut untersteht dem für die Westarbeit zuständigen Sekretär des ZK der SED. Die politische Anleitung der Parleiorganisation erfolgt durch die Westabteilung des ZK, die organisatorische Anleitung durch die Bezirksleitung Berlin der SED. 233 Im Rahmen der ZK-Abteilungen unterstand das Institut demnach der Westabteilung unter Heinz Geggel 234, welche wiederum der Westkommission beim Politbüro unter Norden verantwortlich war. Aus diesen ZK-Einrichtungen erhielt das IPW seine Aufträge und die politische Ausrichtung235 und war somit, obwohl es offiziell als staatliche Einrichtung firmierte, in den Parteiapparat, mit der Suprematie der SED 236 , fest eingebunden.237 Wie stark diese Einbindung war, läßt sich daran ablesen, daß Albert Norden in einem Brief an IPW-Direktor Herbert Häher in scharfer Form darauf hinweist, IPW-Mitarbeiter seien - ohne seine Kenntnis und Erlaubnis - in die
ZJJ Protokoll des Politbüros, Nr 3/71 vom 6.7.1971, (SAPMDB, Bestand J IV 212 Nr.l344). 234 Ebenda. ZJS Herbst I Ranke I Winkler, So funktionierte die DDR, a.a.O., S. 416ff. 236 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., S. 25, vgl. G.J. Glaeßner, Der politische Prozeß in der DDR, in: W. Weidenfeld I H. Zimmermann (Hrsg.), Deutschland-Handbuch. Eine politische Bilanz 1949-1989, Bonn 1989, S. 509534. ZJ7 Vgl. W. Weichelt, Der Staat im politischen System der DDR, Berlin (Ost) 1986.
II. Einbettung in das SED-System
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Bundesrepublik gereist. 238 Der Westkommission, welche sich am 9. September 1971 neu konstituiert hatte, oblag die Beratung grundlegender Fragen der Politik unserer Partei im Kampf gegen den Imperialismus ... in der BRD und Westher/in. Ziel sei eine pn"nzipiel/e, sachlich-nüchterne, marxistisch-leninistische Einschätzung und Orientierung . In der internen Konzeption für die Arbeit des Gremiums hieß es weiter: Die Westkommission und al/ ihre Mitglieder müssen sich in diesem Sinne für eine echte Synthese von Wissenschaft und Politik einsetzen. Nebenbei gesagt ist ja gerade auch aus diesem Grunde die Vereinigung der bishengen Institutionen im IPW erfolgt. ... Die taktischen Notwendigkeiten - die es z.B. gegenwärtig nicht zweckmäßig erscheinen lassen eine öffentliche Auseinandersetzung mit der Brandt-Regierung und ihrer "neuen Ostpolitik" zu führen können und dürfen uns nicht daran hindern, die vielschichtigen Differenzierungsprozesse, ihre ökonomischen und politischen Hintergründe, zu analysieren und für die Politik aufzubereiten. Schließlich wurde deutlich gemacht, daß es ... keine "gesamtdeutschen Dächer" irgendwelcher Art mehr geben (wird). Darüber hinaus sollte die Westkommission mithelfen, diese prinzipielle ideologische Auseinandersetzung mit dem imperialistischen Gegner und seiner psychologischen Kriegsführung in n er h a I b unserer Republik, im Leben unserer Partei, in den Massenorganisationen und unseren Massenmedien zu befruchten und organisieren zu helfen. D. h., wir dürfen unsere Energie keineswegs in der Unterstützung des Kampfes in der BRD und in Westher/in erschöpfen, sondern wir müssen in diesem Kreise unseren Blick stets auch und gerade auf die DDR richten.239 Auch die Westkommission blieb von der Umstrukturierung der Westarbeit nicht verschont, und so gehörte neben Albert Norden (Politbüromitglied und Sekretär des ZK), Heinz Geggel (Leiter der Westabteilung), Kurt Goldstein (Intendant des Deutschlandsenders) , Wemer Heilemann (FDGB), Michael Kohl (Staatssekretär), Siegtried Mohr (Nationalrat), Wemer Paff (Institut für Gesellschaftswissenschaften), Günter Pötschke (stellv. Leiter der Westabteilung), Erich Rau (FDJ), Max Schmidt (stellv. Leiter der Westabteilung) und Karl Wildberger (stellv. Leiter der Westabteilung und stellv. Chefredakteur des NEUEN DEUTSCHLAND), nun auch das Direktorium des IPW (Herbert Häber, Stefan Doemberg, Lutz Maier) dem Gremium an. Im Rahmen des SEDApparates arbeitete das IPW eng mit der Abteilung 70 (Abteilung für Westarbeit beim ZK der SED) zusammen, wie auch mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen (Universitäten und Instituten), dem Außenministerium, dem FDGB sowie der Staatssicherheit, zu dessen Hauptverwaltung Aufklärung das IPW 238 Brief Nordens an Häber vom 21.10.1972 (SAPMDB, Bestand Vor!. SED, 16119). 239 Westkommission: Gedankenführung für die einleitenden Ausführungen auf der konstituierenden Sitzung der Westkommission am 9. September 1971, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02, Nr. 1).
6 Klein
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später im Rahmen seiner Hauptabteilung Ideologie direkten Kontakt unterhielt.240 Dementsprechend war die Arbeit des IPW vor allem ein Beitrag zum ideologischen Kampf. der seit 1971 wachsende Priorität erhielt, was sich allein an der steigenden Anzahl der ZK-Mitglieder aus dem Bereich Westarbeit zeigt. Wie wichtig die SED das IPW einschätzte. zeigte sich deutlich, als das Institut im August 1971 in das System des Diensthabenden beim Vorsitzenden des Ministerrates einbezogen wurde. Dies bedeutete die Meldung eines Chefs vom Dienst (montags 8 Uhr bis montags 8 Uhr), der ständig erreichbar sein mußte, um in kürzester Zeit wichtige Informationen liefern zu können. Es zeigt sich deutlich, wie sehr das IPW in das Staats- und Parteisystem der DDR eingebunden war. Diese Einbindung ergab sich zum einen aus der Rolle eines Leitinstituts für die Imperialismusforschung innerhalb der DDR, zum anderen war sie ein probates Kontrollmittel der Parteiführung. Anhand des IPW läßt sich exemplarisch die Durchdringung und Vermischung von Wissenschaft, Partei und Ministerium für Staatssicherheit belegen. Diese Trennung ist zwar anlaytisch, da sich die verschiedenen Bereiche oftmals in einer Person vereinen, doch hilft sie. die Struktur von DDR-Einrichtungen nachzuvollziehen. Während Herbert Häher aus dem Staats- bzw. Parteiapparat zum IPW kam, wobei ihm der Professorentitel kurzerhand mitverliehen wurde, kamen zahlreiche Institutsmitarbeiter aus dem wissenschaftlichen Bereich (Universitäten) oder, wie Prof. Dr. Herbert Bertsch. direkt oder aus dem Umfeld des Ministerium für Staatssicherheit, um gemeinsam ihren Beitrag zum Kampf gegen den Imperialismus (Herbert Häber) zu leisten
111. Exkurs: Zur Einheit von Politik und Wissenschaft Vor dem Hintergrund der Einbindung des IPW in die sozialistische Staatsund Parteistruktur der DDR und zum besseren Verständnis der später zu untersuchenden Aufgaben des IPW gilt es nun, das Grunddiktum des sozialistischen Wissenschaftsverständnisses - die Einheit von Politik und Wissenschaft - zu beleuchten. Den in diesem zentralen Punkt der sozialistischen "Wissenschaftsphilosophie" enthaltenen grundsätzlichen Widerspruch zwischen Ideologie und Empirie versuchte der Marxismus durch die verblüffende Formel von der Einheit von Wissenschaftlichkeit und Parteilichkeit, d.h. ihre gegenseitige Durchdringung, zu lösen. So galt die gesellschaftliche Praxis als das entscheidende Wahrheitskriterium der Wissenschaft, und durch den Kunstgriff (Konrad Jarausch) der dialektischen Wechselwirkung rangierte die ideologische Position vor der Aus240
Vgl. Kap. B VIII.l.
III. Exkurs: Zur Einheit von Politik und Wissenschaft
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sagekraft der Quellen. 241 Parteilichkeit war so auch der Zentralbegriff allen wissenschaftlichen Arbeitens im Sozialismus und markiert den grundsätzlichen Unterschied zum westlichen Wissenschaftsverständnis. Um seine wissenschaftlichen Aufgaben zu lösen, mußte der marxistische Wissenschaftler die Werke der Klassiker des Marxismus-Leninismus, die Beschlüsse der Partei sowie die Arbeiten ihrer führenden Mitglieder studieren und umsetzen, da die ständige Entwicklung der ideologischen Arbeit . . . eine Gesetzmäßigkeit beim Aufbau des Sozialismus und Kommunismus (ist). 242 Vor diesem Hintergrund forderte der Zentrale Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften. vom Politbüro am 11. Januar 1972 bestätigt, die Verwirklichung der Einheit von Politik und Wissenschaft, um auf diese Weise am politischen und ideologischen Kampf der Partei wirksamer teilzunehmen und die Massenwirksamkeit der Gesellschaftswissenschaften erhöhen zu können. 243 Dieses Grunddiktum ist jedoch nur dann nachvollziehbar, wenn zwei weitere grundlegende Faktoren berücksichtigt werden: Während der wissenschaftliche Kommunismus mit der Parteilichkeit als oberster Prämisse die Basis jeglicher wissenschaftlicher Betrachtung und Analyse darstellte (zum wissenschaftlichen Kommunismus gibt es und kann es keine Alternative geben) 244 , wies das bestimmende politischideologische Moment - der Klassenkampf - die Richtung: Unter den heutigen Bedingungen tobt der Kampf zwischen Sozialismus und Imperialismus besonders schaif und erbittert an der ideologischen Front. ... Sozialistische und bürgerliche Ideologie sind unversöhnlich. 245 Auf diese Weise schloß sich der Kreis: Durch eine wissenschaftlich-ideologische Vorgabe in Form von Denkmuster und Methoden des wissenschaftlichen Kommunismus sowie einer politischideologischen Vorgabe des- letztlich siegreichen- Klassenkampfes (der Sieg des Sozialismus und der Untergantr,des Imperialismus {ist) die grundlegende Gesetzmäßigkeit unserer Epoche) blieb dem Wissenschaftler nur wenig Spielraum, und so hieß es im Forschungsplan von 1972: In der Einheit von theoreti241 W. Eckennann I H. Mohr (Hrsg.), Einführung in das Studium der Geschichte, Berlin 1979, S. 215ff. 242 Beschlußentwurf über die Aufgaben der Agitation und Propaganda bei der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des VIII. Parteitages der SED, ohne Datum, (SAPMDB. Bestand IV B2/22.028- 001). 243 Zentraler Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975. Bestätigt durch das Politbüro der SED am 11. Januar 1972, S. 1 f. (BAPAR, Bestand Bericht ü.d. Realisierung des Zentralen Forschungsplans u. zur Entwicklung der Imperialismusforschung, DC 204 Direktion 14/15). 244 Politbüro: Beschlußentwurf über die Aufgaben der Agitation und Propaganda bei der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des VIII. Parteitages der SED, ohne Datum, (SAPMDB, Bestand IV B2/22.028- 001). 245 Ebenda. 246 Beschlußentwurf über die Aufgaben der Agitation und Propaganda bei der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des Vlß. Parteitages der SED, ohne Datum, (SAPMDB, Bestand IV B2/22.028- 001).
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scher Analyse der gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse und bewußter, zielgerichteter Teilnahme am politischen Kampf der Partei besteht ein wesentliches Element der Wirksamkeit der gesellschaftswissenschaftliehen Arbei/41 , weshalb die Gesellschaftswissenschaftler aufgefordert wurden, sich . . . selbst aktiv an Agitation und Propaganda (zu) beteiligen, denn nur auf diese Weise (können) Agitation und Propaganda . . . voll wirksam sein. 248 Auch die genaue Zielsetzung dieser Teilnahme beschrieb das Politbüro. In einer internen Anweisung vom Mai 1973, worin ein wirksamer Beitrag zur marxistisch-leninistischen Strategie und Taktik des Kampfes gegen den Imperialismus gefordert wurde, hieß es: Ziel ist es, das menschenfeindliche Wesen und den parasitären Charakter des lmpen"alismus noch vollständiger zu enthüllen. Es ist ein offensiver Kampf gegen den Antikommunismus und den Nationalismus in der Politik und Ideologie der imperialistischen Bourgeoisie zu führen. 249 Damit, trotzdieser eindeutigen Vorgaben, auch wirklich das gewünschte Ergebnis erzielt werden konnte, wurde für jede Leistungsanforderung . . . von dem verantwortlichen Leiter eine eindeutigfsfolitische und wissenschaftliche Zielstellung vor(ge)geben oder ... bestätig(t). Für die tägliche Arbeit des IPW bedeutete die Einheit von Politik und Wissenschaft, so Direktor Herbert Häber, daß wir vor der Notwendigkeit stehen, sowohl die empirische Seite der Forschung zu erweitern als auch stärkeren Wert auf die wissenschaftliche Polemik, auf die Entwicklung der ideologisch-theoretischen Beweisführung zu legen. 251 In diesem Sinne unterstrich der ZK-Sekretär für Propaganda, Albert Norden, im September 1971 die eminent praktisch-politische Bedeutung der Arbeit des IPW, weshalb auch die Vereinigung der bisherigen Institute nicht einfach eine Summierung der Kräfte zum Ziel haben dürfe, sondern Ziel ist eine neue höhere Qualität. ... Es geht darum, Ökonomie und Politik wirksam zu verzahnen, Politik und Wissenschaft enger zusammenzuschließen. . . . Die Parteiführung erwartet vom Institut wirkungsvolle Beiträge zu unserem Angriff gegen den aggressiven, ausbeuterisehen Imperialismus. Und weiter: Das Institut ist ein wertvoller Fond unserer sozialistischen Gesellschaft. Es gehe darum, die höchstmögliche Ver247 Zentraler Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975. Bestätigt durch das Politbüro der SED am 11. Januar 1972, S. 26. (BAPAR, Bestand Bericht ü.d.Realisierung des Zentralen Forschungsplans u. zur Entwicklung der Imperialismusforschung, DC 204 Direktion 14/15). 248 Ebenda. 249 Politbüro der SED: Interne Anweisung zur Einheit von Politik und Wissenschaft, 17. Mai 1973, S. 1. 250 Grundsätze zur Sicherung einer zielgerichteten Leitung, Kontrolle und Ergebnisbewertung der Erfüllung des wissenschaftlichen Leistungsplanes, 30.12.71, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 251 Direktor: Direktive für die Erarbeitung des Forschungsplanes des Instituts für 1972, 26.0ktober 1971, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44, s. 10).
III. Exkurs: Zur Einheit von Politik und Wissenschaft
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wendbarkeil der Arbeitsergebnisse des IPW für die Lösung der politischen und ideologischen Aufgaben der Partei und des sozialistischen Staates zu bemühen. Das Institut sollte in die politisch-ideologische Arbeit in der DDR kämpferisch eingreifen. 252 Klar umriß Norden wenig später die eigentliche Aufgabe der angestrebten Einheit von Politik und Wissenschaft, indem er die Notwendigkeit, sich von der imperialistischen BRD bedingungslos abzugrenzen, betonte und erklärte: Die Aufgabe unserer ideologischen Arbeit ist es daher, für ein klares, unverfälschtes Feindbild zu sorgen, das volksfeindliche, ausbeuterische, aggressive Wesen des Imperialismus, seine Machtgrundlagen, seine Fäulnis und Überlebtheil aufzudecken. 253 Daß es sich dabei nicht um die Privatmeinung Nordens handelte, geht aus einer Festeilung des Politbüros vom 7. November 1972 hervor, in der es heißt, daß der Haß ... die notwendige Konsequenz aus dem Befreiungskampf der Arbeiterklasse (ist). An unserem Feindbild ändert sich nichts... . 254 Die SED sah in den Gesellschaftswissenschaften ein theoretisches und politisch-ideologisches Instrument, um die theoretische Arbeit in Forschung, Lehre und Propaganda so zu qualifizieren, daß Inhalt und Form der ideologischen Auseinandersetzung mit dem Gegner den wachsenden Anforderungen entsprechen, vor dem Hintergrund, daß sich der ideologische Kampf zwischen Sozialismus und Imperialismus weiter verstärken wird. Ziel sei die Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins und der offensive Kampf gegen den Antikommunismus und den Nationalismus in der Politik und Ideologie der imperialistischen Bourgeoisie. Die immer wieder betonte Einheit von Politik und Wissenschaft sollte besonders das weitere Wachstum der führenden Rolle der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei255 unterstreichen und die SEDHerrschaft so nach innen absichern. Vor diesem Hintergrund ist ein Vorgang aufschlußreich, der sich im April 1974 im IPW abspielte: Ein Beitrag in den IPW-FORSCHUNGSHEFTEN 1/74 zum Thema Veränderungen in der sozialökonomischen Struktur der Bauemsehaft der BRD wurde einer prinzipiellen Kritik unterzogen, da dieser auf eine Korrektur der Leninschen Positionen zur klassenmäßigen Analyse der Landbevölkerung hinauslaufe. 256 Kritikpunkt war also nicht mangelnde wissenschaftliche Qualität, sondern ein Verstoß gegen die klassenmäßige Analyse, d.h. gegen die ideologische Parteilichkeit der sozialisti252 Referat A. Nordens auf der konstituierenden Versammlung der Parteiorganisation des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft, 13. September 1971, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02 Nr. 29). 253 Albert Norden: Zu Fragen des Kampfes gegen den Imperialismus in der BRD, September 1971, (SAPMDB, Berlin-Torstr., Bestand IV A2/10.02 Nr. 29). 254 Nach: Schneider, P. Frenzel, a.a.O., S. 262f. 255 Maßnahmenplan zur Realisierung des Forschungsplanes der marxistischleninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975, Protokoll 1/72 der Sitzung des Politbüros vom 11.1.1972, (SAPMDB, Bestand J IV 2/2 Nr. 1374). 256 H. Häher an A. Norden, 17.4.1974, (SAPMDB, Bestand IV B2/2.028 Nr. 006).
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sehen Vo~aben, was nicht geduldet werden konnte, da der demokratische Zentralismus strenge Parteidisziplin und Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit sowie unbedingte Verbindlichkeit der Entscheidungen der höheren Organe for die niedrigen 258 bedeutete. Wie schwerwiegend die SED diesen Vorfall wertete, zeigt die Tatsache, daß nicht nur die Parteiorganisation und die Leitung des IPW die Auseinandersetzung über die aufgetretenen Fehler zu führen hatte, sondern daß auch Albert Norden und sogar Erich Honecker damit befaßt waren. 259 Bei der sogenannten Einheit von Politik und Wissenschaft handelte es sich also nicht um ein gegenseitiges Befruchten im Sinne eines kritisch-konstruktiven Miteinanders, sondern um die bedingungslose Unterordung der Wissenschaft unter die Vorgaben und Ziele der Politik, d.h. der kommunistischen Ideologie. Da - nach sozialistischem Verständnis - die Wissenschaft keinen eigenständigen Bereich, sondern einen Teil der Politik (Ideologie) darstellte, konnte das IPW keine wissenschaftlichen Informationen im Sinne unabhängiger und realistischer Analysen leisten, da es seinen festen Platz und seine klaren Aufgaben im kommunistischen System zu erfüllen hatte. Daher wurden alle noch so kleinen Ausbruchsversuche im Keim erstickt, so daß eine wissenschaftlich-emanzipatorische (wie es sich einige Mitarbeiter erhofft hatten) Entwicklung des Instituts von Beginn an ausgeschlossen war.
IV. Struktur und Aufgaben Am 8. September 1971 beriet das Politbüro über die Struktur des neu geschaffenen Instituts, wozu Heinz Geggel (Westkommission), Herbert Häher (IPW) und Hannes Hörnig (Leiter der ZK-Abteilung Wissenschaft) hinzugezogen wurden. Die kadermäßige Besetzung des Instituts erfolgte auf Grundlage der Stellenpläne der bisherigen Einrichtungen, die im IPW aufgegangen waren. So standen Planstellen für 190 wissenschaftliche Mitarbeiter (Mitarbeiter der Forschungsabteilungen, der Redaktionen, der Leitung), für 170 wissenschaftlich-technische Mitarbeiter (Bibliothekare, Dokumentalisten usw.) sowie für 195 technische Kräfte bzw. Hilfskräfte (Mitarbeiter in den Archiven, den Bibliotheken, im Photolabor, im Bereich Druck und Vervielfältigung, Buchbinderei, Wachdienst usw.) zur Verfügung. 260 Das IPW unterhielt die größte Biblio257 Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), Der demokratische Zentralismus. Herrschaftsprinzip der DDR, Bonn 1984; vgl. G. Neugebauer, Der Staatsapparat, in: G. Erbe, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der DDR, Opladen 1979, S. 92-100. 258 Grundlagen des Marxismus-Leninismus, Ost-Berlin 1960, S. 391. 259 H. Häher an A. Norden, 17.4.1974, (SAPMDB, Bestand IV B2/2.028 Nr. 006). 260 Protokoll Nr. 26 der Sitzung des Politbüros vom 8.9.1971, (SAPMDB, Bestand J IV 2/3 Nr. 1780).
IV. Struktur und Aufgaben
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thek der DDR zu Problemen des Impen·alismus für den Zeitraum nach 1945 mit rund 150.000 Bänden, einem Zeitungsausschnitt-Archiv mit ca. 12 Millionen Ausschnitten (seit 1946). rund 110.000 Bände gebundener Zeitungen und Zeitschriften sowie einem Biographen-Archiv mit rund 46.000 Personendaten. 261 (Leider war es nicht möglich, das Budget des IPW, dessen Genehmigung beim Ministerrat lag. in Erfahrung zu bringen, weder aufgrund schriftlicher Unterlagen, noch durch Auskunft ehemaliger IPW-Mitarbeiter). Das Politbüro stimmte 262 dem vorgeschlagenen Aufbau zu und ordnete an: Entsprechend dem Beschluß des Politbüros vom 6. Juli 1971 über die Bildung des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft und seine Grundaufgaben sowie unter Berücksichtigung der bishengen strukturellen Formen der wissenschaftlichen und politischen Arbeit in den zusammengeschlossenen Einrichtungen besitzt das Institut ... folgende Struktur: I. Direktion (Direktor des Instituts und 2 stellvertretende Direktoren) Bei der Direktion bestehen die Abteilungen für Führungsinformation, Planung, Internationale Verbindungen, Kader und Qualifizierung, Finanzen sowie das Direktionsbüro. Die Abteilung Innere Verwaltung ist dem Leiter Direktionsbüro zugeordnet. 2. Hauptabteilungen Hauptabteilung Forschung "Wirtschaftliche und soziale Entwicklungsprozesse in der BRD und in den anderen wichtigen kapitalistischen Ländern ". Zu dieser Hauptabteilung gehören Forschungsabteilungen für Fragen der Monopolisierung, Mi/itarisierung und Machtstruktur, für Fragen der Reproduktion, der Lage der Arbeiterklasse, zu Fragen der Landwirtschaft und kapitalistischen Weltwirtschaft. Hauptabteilung Forschung "Entwicklung des politischen Herrschaftssystems in der BRD einschließlich Fragen der Außenpolitik". Zu dieser Hauptabteilung gehören Forschungsabteilungen für Fragen der imperialistischen Globalstrategie, der psychologischen Kriegsführung und der Ostjorschung, für Fragen des Staates und der Parteien, für Fragen der Außenpolitik und der europäischen Sicherheit sowie für Fragen der Länderpolitik in der BRD. Hauptabteilung "Dokumentation und Information " In dieser Hauptabteilung bestehen der Bereich Materialbeschaffung, Speicher, Recherche, der Bereich thematische Information, die Bibliothek, das zentrale Zeitungs-, Zeitschriften- und Ausschnittsarchiv. 261 262
Ebenda. Ebenda.
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Hauptabteilung "Schriftliche Agitation" In dieser Hauptabteilung bestehen Abteilungen für die Herausgabe periodischer und nichtperiodischer Broschüren und die Redaktion der Wochenzeitung "NBZ". Wissenschaftliche Redaktionen: Redaktion 'Wirtschafts-Berichte' Redaktion 'Dokumentation der Zeit'. 263 Der Direktion gehörten neben Herbert Häber als stellvertretende Direktoren der ehemalige Leiter des Deutschen Wirtschaftsinstituts, Prof. Lutz Maier sowie der ehemalige Leiter des Deutschen Instituts für Zeitgeschichte, Prof. Stefan Doemberg an. Während Maier für Fragen der wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiet der inneren Systementwicklung des Imperialismus der BRD verantwortlich zeichnete, fiel Doemberg die wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Aussenpolitik der BRD, damit zusammenhängender wissenschaftlicher, politisch-ideologischer Probleme der Außenpolitik der DDR, der europäischen Sicherheit usw. zu 264 , woran sich die Konzentration auf die Bundesrepublik deutlich zeigt. Doch die vom Politbüro im September 1971 beschlossene Einteilung in vier Hauptabteilungen (HA) wurde Mitte 1972 abgeändert, so daß sich die Struktur folgendermaßen darstellte265 :
I. HA Forschung und Ökonomie Forschungsabteilung Monopolisierung/Militarisierung - Forschungsgruppe Monopolisierung - Forschungsgruppe Militarisierung - Forschungsabteilung Reproduktion - Forschungsgruppe Reproduktion - Forschungsgruppe Krisen/Wirtschaftsbeobachtung - Forschungsgruppe Reproduktion des individuellen Kapitals Forschungsabteilung Kapitalistische Weltwirtschaft - Forschungsgruppe Grundprobleme d. kapitalistischen Weltwirtschaft - Forschungsgruppe Westeuropäische Integration - Forschungsgruppe Ökonom. Beziehungen Sozialismus/Kapitalismus Ebenda. Herbert Häher, Festlegungen der Besprechung am 14.7.1971, 15.7.1971, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 265 Der Direktor: Festlegung zur Weiterentwicklung der Leitungsarbeit im IPW, 3.7.1972, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 2.63 264
IV. Struktur und Aufgaben
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Forschungsabteilung Lage und Kampf der Arbeiterklasse - Forschungsgruppe Struktur der Arbeiterklasse - Forschungsgruppe Ausbeutung der Arbeiterklasse - Forschungsgruppe Landwirtschaft II. HA Politisches Herrschaftssystem und Außenpolitik Forschungsabteilung Internationale Fragen - Forschungsgruppe Westeuropäische Integration - Forschungsgruppe Europäische Sicherheit Forschungsabteilung Ideologische Probleme - Forschungsgruppe Ideologische Diversion - Forschungsgruppe Antikommunistische Ideologie Forschungsabteilung Innenpolitik - Forschungsgruppe Politische Herrschaftssysteme - Forschungsgruppe Politischer Klassenkampf III. HA Dokumentation und Information (2 Bibliotheken, 2 Archive) IV.
HA Schriftliche Agitation
V. HA Planung und Methodik der wissenschaftlichen Arbeit dazu schließlich noch die Hauptbibliothek. Für die Hauptabteilung I wurden folgende Forschungsrichtungen festgelegt:
1. Ökonomische und politische Grundlagen der Herrschaft, der Strategien und Widersprüche der Monopolbourgeoisie unter den Bedingungen der Krise des staatsmonopolistischen Systems. Ihr Zusammenhang mit bürgerlichen und opportunistischen Gesel/schaftskonzeptionen. ... 2. Ökonomische und soziale Voraussetzungen, Möglichkeiten und Auswirkungen der Abrüstung im heutigen Kapitalismus. ... 3. Der Militarismus im heutigen Kapitalismus. ... 4. Die von der wissenschaftlich-technischen Revolution ausgehenden grundlegenden Veränderungen in den Bedingungen des Reproduktionsund Kapitalverwertungsprozesses. . .. 5. Die Haupttendenzen und Widersprüche des ökonomischen Wachstums unter den Bedingungen der Systemauseinandersetzung, der wissen-
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schaft/ich-technischen Revolution u. d. imperialistischen Integration. 6. Die Veränderungen in der Wirkungsweise des Krisengesetzes sowie die Wechselbeziehungen zwischen zyklischen und außerzyklischen bzw. chronischen Krisenerscheinungen im gegenwärtigen Imperialismus . ... 7. Grundlegende Entwicklungstendenzen des Reproduktionsprozesses im Bereich des Einzelkapitals und der Konzerne sowie die Haupttendenzen in der Entwicklung des Konzerns und der Konzernstrukturen. . .. 8. Die Auswirkungen der Verschärfung der Widersprüche des kapitalistischen Reproduktionsprozesses auf die staatsmonopolistische Regulierung des Reproduktionsprozesses, Effektivität, Widersprüche, Grenzen. 9. Haupttendenzen der Entwicklung der kapitalistischen Weltwirtschaft. 10. Westeuropäi-flche Integration . ... 11. Die Entwicklung der ökonomischen Beziehungen zwischen sozialistischen und kapitalistischen Ländern (vor allem innerhalb Europas). 12. Ausbeutung der Arbeiterklasse und Reprodukiionsbedingungen der Arbeitskraft im staatsmonopolistischen Kapitalismus. . .. 13. Wachstum und soziale Strukturveränderungen der Arbeiterklasse im staatsmonopolistischen Kapitalismus. 14. Zum sozialen und politischen Inhalt des Kampfes der Arbeiterklasse der hochentwickelten kapitalistischen Länder. .. . 15.Probleme der Agrarwirtschaft der entwickelten kapitalistischen Länder Westeuropas unter den Bedingungen der allgemeinen Krise des Kapitalismus und der wissenschaftlich-technischen Revolution. . ... 266 Die Forschungsrichtung der Hauptabteilung II bestand in der Bearbeitung von politischen Grundproblemen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus und der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnungen, vor allem in Europa. Der einheitliche Ausgangspunkt aller Forschungsrichtungen ist die Analyse der Kontinuität und Veränderungen im imperialistischen Herrschaftssystem, in der Innen- und Außenpolitik des Impen"alismus in Europa unter der aktiven Einwirkung der sozialistischen Staatengemeinschaft und der Gesamtheit des revolutionären Weltprozesses. 267 (Nach 1974 wurde diese Struktur allerdings wieder geändert.) 268 266 Der Direktor: Festlegung zur Weiterentwicklung der Leitungsarbeit im IPW, 3.7.1972, (BAPAR. Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 267 Ebenda. 268 Nach 1974 wurden drei Hauptabteilungen ("Politik" . "Ökonomie", "Ideologie") mit entspEechenden Forschungsabteilungen und Arbeitsgruppen gebildet. Die Hauptabteilung "Okonomie", in der vor allem Mitarbeiter aus dem ehemaligen Deutschen Wirtschaftsinstitut tätig waren und die personell am stärksten besetzt war, bestand aus den
IV. Struktur und Aufgaben
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Innerhalb der Direktion waren Häher für die Hauptabteilung IV, Maier für die Hauptabteilungen I, II und V (sowie DWI-BERICHTE) und Doernberg für die Hauptabteilungen II und III zuständig. Darunter wurden folgende Abteilungen eingerichtet, die dem Direktor unmittelbar zugeordnet waren: Führungsinformation, Internationale Beziehungen sowie Weiterbildung und Kader. Im Juli 1972 wurde die Position des Wissenschaftlichen Sekretärs geschaffen, der als Mitglied der Direktion die Kontinuität der wissenschaftlichen Geschäftsführung in der Direktion (sichert), d. h. Vorbereitung der Direktionsbesprechungen, der Kollegiumssitzungen und zentraler Beratungen mit den Abteilungsleitern. Er zeichnete weiterhin für die termin- und qualitätsgerechte Erfüllung der im Forschungsplan enthaltenen Schwerpunktaufgaben verantwortlich sowie für die Vorbereitung konzeptioneller Materialien für die Weiterentwicklung der Arbeit des Instituts und sollte darüber hinaus Vorschlägefür die Aufgaben des Instituts entsprechend der jeweiligen aktuell-politischen Entwicklung erarbeiten. Außerdem war er für die Zusammenarbeit mit dem Büro des Ministerrates zuständig, eine Aufgabe, welche er in enger Zusammenarbeit mit den stellvertretenden Direktoren zu erfüllen hatte. 269 Als zentrales Beratungsgremium wurde ein Kollegium gebildet, welches aus den drei Direktoren, den Leitern der Hauptabteilungen, dem Leiter der Abteilung für Auslandsinformation sowie dem Leiter des Direktionsbüros bestand und als Leitungsorgan des Direktors beratende Funktion hatte. Auch der Parteisekretär, den es selbstverständlich auch im IPW gab, nahm an den Sitzungen des Kollegiums teil, das 14-tägig zusammentrat und der kollektiven Diskussion von Problemen und der Vorbereitung von Entscheidungen, die für die Arbeit des Instituts von zentraler Bedeutung sind, dienen sollte. Neben dem Kollegium wurde vor dem Hintergrund eines Beschlusses des Politbüros vom Dezember 1972 darüber hinaus ein Wissenschaftlicher Rat eingerichtet. 270 Das Politbüro hatte festgelegt, daß es sich bei den Wissenschaftlichen Räten um zentrale beraForschungsabteilungen "Weltwirtschaft", .. Westeuropa" (ab 1978), "Reproduktion", "Konjunktur und Krise", "Monopolisierung", .. J\grarfragen", "Lage und Probleme der Arbeiterklasse", "Fragen der Rüstung" sowie "Okonomische Rolle der Entwicklungsländer". In der Hauptabteilung "Politik" arbeiteten besonders Mitarbeiter aus dem früheren Deutschen Institut für Zeitgeschichte, und es bestanden die Forschungsabteilungen "Sicherheit und Entspannung" , "Rüstung", "Rüstungspolitik und Entspannung" sowie "Innen- und gesellschaftspolitische Entwicklung in Westeuropa" . Die Hauptabteilung "Ideologie" schließlich bestand vor allem aus Mitarbeitern des ehemaligen Staatssekretariats für westdeutsche Fragen und untergliederte sich in die Forschungsabteilungen "Konzeptionelle Fragen der friedlichen Koexistenz" , "Ideologische Strömungen" und "Feindbeobachtung". Nach: DDR-Handbuch, a.a.O., S. 536f. 269 Funktion und Aufgaben des Wissenschaftlichen Sekretärs, Mai 1973, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 270 Protokoll Nr. 128 der Sitzung des Politbüros vom 13.12.1972, Grundsätze für die Tätigkeit der Wissenschaftlichen Räte der gesellschaftswissenschaftliehen Forschung der DDR, (SAPMDB, Bestand J IV 2/3 Nr. 1951).
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tende Organe handeln solle, die ihren Sitz an einer der zentralen gesellschaftswissenschaftlichen Einrichtung (auch Leiteinrichtung genannt) hatten. Die Räte arbeiten auf der Grundlage der Beschlüsse des Zentralkomitees der SED und des Ministerrates der DDR sowie des Zentralen Forschungsplanes der marxistischleninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR. . .. Die Räte sind Zentren und Initiator des wissenschaftlich-geistigen Lebens, sie diskutieren theoretische und politisch-ideologische Grundfragen, beraten grundlegende Konzeptionen und Ergebnisse der Forschung, schätzen den Stand der Forschung ein, geben Informationen über inhaltliche Resultate wissenschaftlicher Arbeit, fordern den wissenschaftlichen Meinungsstreit sowie die sozialistische Gemeinschaftsarbeit. Als erste Aufgabe der Räte wurde die Sicherung eines hohen theoretischen Niveaus und die höchstmögliche Wirksamkeit der gesellschaftswissenschaftliehen Forschung sowie die ständige Festigung der marxistisch-leninistischen Positionen auf allen Gebieten genannt. Als Mitglieder der Wissenschaftlichen Räte wurden bestimmt: Die Leiter sog. Problemräte (Räte für Teilbereiche innerhalb eines Wissenschaftlichen Rates), die Leiter wichtiger gesel/schaftswissenschaftlicher Einrichtungen, die Leiter von entscheidenden Forschungskollektiven und andere Wissenschaftler entsprechend den Schwerpunkten der Forschungstätigkeit sowie darüber hinaus verantwortliche Mitarbeiter von Partei- und Staatsorganen, gesellschaftlichen Institutionen und aus anderen Praxisbereichen und verantwortliche Mitarbeiter aus wissenschaftlichen Archiven und Verlagen sowie aus spezifischen Einrichtungen der jeweiligen Disziplinen. Die Mitgliederzahl sollte zwischen 20 und 40 liegen, und der Vorsitz war durch den Leiter der Einrichtung zu bestimmen, an welcher der Rat seinen Sitz hatte. Die Tätigkeit der Räte wurde durch langfristige Arbeitspläne geregelt und es wurde drei- bis viermal pro Jahr getagt. Im Rahmen der gesellschaftswissenschaftliehen Forschung bestanden in der DDR 1972 sechzehn Wissenschaftliche Räte, darunter der Rat für Imperialismusforschung mit Sitz am IPW, bestätigt durch die Westabteilung, in Abstimmung (durch den Forschungsplan) mit der Abteilung Wissenschaft des ZK der SED. So sollte der Wissenschaftliche Rat beim IPW der Diskussion wissenschaftlicher Probleme und von Arbeitsergebnissen mit grundsätzlicher Bedeutung sowie von Dissertationen dienen.271 Über Zusammensetzung und Aufgaben gab der stellvertretende Direktor des IPW in einem Schreiben vom 15. September 1971 Auskunft, in welchem es zur Aufgabenstellung heißt: Der Wissenschaftliche Rat ist das Gremium für die Diskussion wissenschaftlicher Probleme und Forschungsergebnisse von zentraler Bedeutung sowie grundlegender konzeptioneller Fragen der wissenschaftlichen Arbeit des IPW. später auch von Dissertationen usw. Der Inhalt der Arbeit des Wissenschaftlichen Rates ist also vor allem die wissenschaftliche Diskussion im Unterschied zum Kollegium, wo 271
Protokoll Nr. 26 der Sitzung des Politbüros vom 8.9.1971, (SAPMDB, Bestand
J IV 2/3 Nr. 1780).
IV. Struktur und Aufgaben
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es wesentlich um die Beratung von zentralen Leitungsentscheidungen (von ihrer Vorbereitung bis zur Durchführung), um Grundfragen der Leitungstätigkeit im IPW. Fragen der laufenden politischen Führung, der Plankontrolle usw. geht. Zusammensetzung und Arbeitsweise des Wissenschaftlichen Rates sollten gewährleisten, daß die sich aus der Diskussion ergebenden theoretischen Leitideen direkt in die Tätigkeit der Leiter der entsprechenden Abteilungen eingehen. In bezugauf die Zusammensetzung hieß es: Die Zusammensetzung muß eine optimale Kombination zwischen den Spezialisten der hauptsächlichen Fachgebiete und Leistungskräften des IPW gewährleisten. 272 Insgesamt hatte der Rat 22 Mitglieder und traf sich in der Regel alle vier bis sechs Wochen: Im Mittelpunkt steht jeweils eine Diskussion auf der Grundlage eines schriftlichen Manuskripts oder eines Referats. Bei schriftlichem Material wird jeweils ein Gutachter (oder auch mehrere) beauftragt, der ähnlich einem Korreferenten seine Meinung vorträgt. Daneben sollten auf Wissenschaftlichen Ratssitzungen kurze (15 - 30 Min.) "wissenschaftliche Informationen" (z. B. über bedeutende internationale Konferenzen, mündliche Rezensionen besonders wichtiger Neuerscheinungen u.a.) behandelt werden. Vortragender soll auch hier in der Regel ein Mitglied des Wissenschaftlichen Rates oder ein Beauftragter sein. Zu diesem Punkt sollte keine Diskussion erfolgen, nur Fragen an den Vortragenden. Neben den Vollsitzungen des Wissenschaftlichen Rates (Großer Rat), fanden auch Beratungen von Ratsmitgliedern unter Leitung eines Hauptabteilungsleiters (Kleiner Rat) statt, auf denen Manuskripte und später besonders Dissertationen beraten wurden, deren Inhalt wesentlich dem Profil einer Hauptabteilung entspricht, wo aber unbedingt eine kritische kollektive Diskussion im Auftrage des Wissenschaftlichen Rates durchgeführt werden muß. 273 Im Rahmen der acht Sitzungen des Rates für Imperialismusforschung im Berichtzeitraum März bis Dezember 1972 hatte das IPW fünfmal die Beratungsgrundlage zu stellen. 274 Welche Zielrichtung die Arbeit des IPW hatte, präzisierte das Politbüro in einem Beschlußentwurf über die Aufgaben der Agitation und Propaganda bei der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des VIII. Parteitages der SED: Die ständige Entwicklung der ideologischen Arbeit ist eine Gesetzmäßigkeit beim Aufbau des Sozialismus und Kommunismus . ... Die ganze Partei, die Arbeiterklasse und alle Werktätigen ideologisch so zu rüsten, daß die begeistemden und anspruchsvollen Aufgaben, die sich daraus ergeben, erfolgreich und voll verwirklicht werden, das ist Grundanliegen und Kampfprogramm der ideologischen Arbeit der Partei. Dafür gilt es, Agitation und Propaganda auf ein qualitativ höheres Niveau zu heben. Auch die Grundlage aller Forschungsarbeit wurde deutlich betont: Zum wissenschaftlichen Kommunismus gibt es und kann es 272 Prof. L. Maier an Prof. H. Häber in einem Brief vom 15.9.1971, (BAPAR, Bestand Wissenschaftlicher Rat Nov. 1971-1973, DC 204 Direktion 01). 273 Ebenda. 274 Siehe Anhang 5.
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keine Alternative geben . ... Allein sie [die marxistisch-leninistische Theorie, d. Verf.] gibt gültige Antworten auf die Fragen unserer Epoche . ... Konsequent gilt es, das Prinzip der Einheit von Theorie und Praxis, von Wort und Tat zu verwirklichen. Nach innen sollten Agitation und Propaganda . . . die allseitige Stärkung unseres sozialistischen Vaterlandes und seine immer festere Verknappung in der sozialistischen Staatengemeinschaft unterstützen, und so sei es erforderlich, daß Sinn und Wesen des Sozialismus, seine großen Vorzüge und seine Gesetzmäßigkeilen mit hoher Überzeugungskraft propagiert werden, denn es kommt darauf an, die Erkenntnis zu vertiefen, daß der Sieg des Sozialismus und der Untergang des Imperialismus die grundlegende Gesetzmäßigkeit unserer .Z75 E.poche 1st. Auch in bezug auf die Art der Agitation machte das Politbüro Vorgaben: Die zutiefst lebendige Lehre des Marxismus-Leninismus muß lebendig, praxisverbunden und parteilich in verständlicher Sprache und fesselnder Art, beweiskräftig und leidenschaftlich vermittelt werden, so daß sie auf Verstand und Gefühl der Menschen wirkt. Aus der Sicht der SED stellte sich dabei die internationale Lage folgendermaßen dar: Unter den heutigen Bedingungen tobt der Kampf zwischen Sozialismus und Imperialismus besonders scharf und erbittert an der ideologischen Front. Hier gibt es keine friedliche Koexistenz, hier kann es sie nicht geben. Sozialistische und bürgerliche Ideologie sind unversöhnlich. Deutlicher kann die Grundlage der Arbeit des IPW nicht ausgedrückt werden. Mit dem Instrumentarium des wissenschaftlichen Kommunismus ausgestattet, hatten sich die Gesellschaftswissenschaftler selbst aktiv an Agitation und Propaganda (zu) beteiligenz76 und waren dabei der Festigung des sozialistischen Bewußtseins der Bürger ebenso verpflichtet wie auch der wissenschaftlichen Erkenntnis vom gesetzmäßigen Sieg des Sozialismus über den Kapitalismus. Vor diesem Hintergrund war das IPW gar nicht in der Lage, wissenschaftlichrealistische Erkenntnisse zu liefern, auf denen die Parteispitze dementsprechend eine realistische Politik hätte betreiben können, da ideologische Starrheit und Angst vor der Wahrheit dieses verhinderten (vgl. In diesem Zusammenhang Kapital B III. "Zur Einheit von Politik und Wissenschaft", eine der grundlegenden Voraussetzungen wissenschaftlichen Arbeits im Sozialiamus. Dieser unlösbare Widerspruch galt jedoch nicht nur für das IPW bzw. die Gesellschaftswissenschaften im Sozialismus, sandem für alle anderen Bereiche in gleicher Weise, wodurch es zu einem zunehmenden Realitätsverlust innerhalb des gesamten Systems zwangsläufig kommen mußte. Was nicht sein durfte, konnte eben auch nicht sein - die Realität hatte sich dem ideologischen An275 Beschlußentwurf über die Aufgaben der Agitation und Propaganda bei der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des VIII. Parteitages der SED, ohne Datum, (SAPMDB, Bestand IV B2/22.028 Nr. 001). 276 Ebenda.
V. Forschungstätigkeit
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spruch unterzuordnen. Diese Schere ging im Laufe der Zeit immer weiter auf und kulminierte im Zusammenbruch der sozialistischen Diktatur 1989.
V. Forschungstätigkeit Die Forschungsarbeit des IPW wurde, wie in allen anderen wissenschaftlichen Einrichtungen der DDR auch, durch Zentrale Forschungspläne bestimmt, wozu das Politbüro im Mai 1972 klare Richtlinien erteilte: Ausgehend von den gesellschaftlichen Erfordernissen und den daraus abgeleiteten Empfehlungen der Wissenschaftler, der wissenschaftlichen Gremien, der Hochschulen, der Sektionen und Institute sind vom Präsidenten der DA W und Minister für Hochund Fachschulwesen Vorschläge für die Ausarbeitung der zentralen Pläne zu unterbreiten. Auf der Grundlage der beschlossenen zentralen Pläne, einschließlich der staatlichen Plankennziffern zu den Forschungsaufgaben und den Fonds und der Hinweise anderer zentraler Organe, erarbeiten die DA Wund das MHF eigene, aufeinanderabgestimmte Forschungspläne. In ihnen sind für gemeinsam zu lösende Forschungsvorhaben die verantwortlichen Einrichtungen festzulegen. 277 Im Juli 1972 bekräftigte das Politbüro die vorgelegte Forschungsplanung und betonte, daß Rolle und Verantwortung der Akademie [der Wissenschaften, d. Verf.] erfordern, die Leistungsfähigkeit ihrer Forschung und den wissenschaftlichen Gehalt ihrer Empfehlungen und Entscheidungsvorschläge wesentlich zu erhöhen. . .. Die Überleitung der Forschungsergebnisse in die gesellschaftliche bzw. volkswirtschaftliche Nutzung bildet den eigentlichen Abschluß der Forschungsaufgaben der Akademie, weshalb die systematisch-analytischprognosti-sche Arbeit zu verstärken sei, um die gesellschaftswissenschaftliche Forschung der Akademie stärker auf die vom Parteitag geforderte Lösung der konkreten Aufgaben bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft sowie die Durchsetzung der marxistisch-leninistischen Weltanschauung zu orientieren... 278 Der Zentrale Forschungsplan für die Gesel/schaftswissenchaften der DDR bis 1975279 übertrug vor diesem Hintergrund dem IPW, zusammen mit dem Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK und dem Institut für Internationale Beziehungen Babelsberg, die Verantwortung für den Forschungs277 Protokoll Nr. 20/72 der Sitzung des Politbüros vom 9.5 .1972, Anlage 1: Grundsatz für die Leitung, Planung und Finanzierung der Forschung an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin und der Hochschulen der DDR, (SAPMDB , Bestand J IV 2/2 Nr. 1393). 278 Protokoll Nr. 28/72 der Sitzung des Politbüros vom 18.7.1972, Anlage Nr. 8, (SAPMDB, Bestand J IV 2/2 Nr. 1402). 279 Zentraler Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975 (Bestätigt durch das Politbüro des ZK der SED am 11. Januar 1972), (SAPMDB, Bestand J IV 2/2 Nr. 1374).
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komplex 6, d.h. für die Grundfragen des revolutionären Weltprozesses und des antiimperialistischen Kampfes in der Gegenwart. Es galt u.a. das weitere Fortschreiten der allgemeinen Krise des Kapitalismus, die Verschärfung der antagonistischen Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft, besonders in der BRD, die Widersprüche zwischen den imperialistischen Staaten sowie die Versuche und die Grenzen der Anpassung des Imperialismus an das neue Kräfteverhältnis allseitig zu analysieren und durch die Entlarvung des menschenfeindlichen Wesens des Imperialismus in all seinen Erscheinungsformen ... ein(en) wirksame(n) Beitrag zur sozialistischen Bewußtseinsbildung zu leisten. Dies bedeutet im Klartext, daß sich das IPW an die Vorgaben der Partei zu halten hatte, die den politisch-ideologischen Kampf gegen den Imperialismus mit dem unumstößlichen Sieg des Sozialismus forderte. Der Forschungsplan überantwortete dem IPW folgende Themenkomplexe:
1. Entwicklungstendenzen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus in Europa, 2. Die Krise der kapitalistischen Gesellschaft (in Auseinandersetzung mit imperialistischen sowie rechtssozialdemokratischen Gesellschaftskonzeptionen und Zukunftsmodellen). Die soziale Struktur der kapitalistischen Gesellschaft in der BRD (unter besonderer Berücksichtigung der Strukturveränderungen in der Arbeiterklasse und in Auseinandersetzung mit imperialistischen Klassentheorien). Darüber hinaus war das IPW, zusammen mit der Deutschen Akademie der Wissenschaften, für den Forschungskomplex 10, Grundprobleme der ideologischen Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus. Funktion und Klasseninhalt der bürgerlichen Ideologie, insbesondere des Antikommunismus, zuständig, um die ideologische und theoretische Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Ideologie, die als eine grundlegende Aufgabe aller gesellschaftswissenschaftlichen Disziplinen und Bereiche verstanden werden muß, ... offensiv zu führen. Im Rahmen dieses Forschungskomplexes war das IPW für Buchprojekte zu folgenden Themen verantwortlich:
1. Imperialistische und sozialdemokratische Gesellschaftskonzeptionen. Ihre Funktion in der Klassenauseinandersetzung (zusammen mit der Martin-Luther-Universität Halle), 2. Der Antikommunismus in der Gegenwart (Funktion und Instrumentarium in der imperialistischen Strategie), 3. Hauptformen und Methoden der psychologischen Kriegsführung des Imperialismus. Bezüglich Ausgewählter Lehrbuchvorhaben und zentraler wissenschaftlicher Tagungen hatte sich das IPW mit Der Einführung in die Politische Ökonomie
V. Forschungstätigkeit
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des Kapitalismus (gemeinsam mit der Parteihochschule .,Kar! Marx" beim ZK und dem Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK) und der Politische(n) Ökonomie des Kapitalismus zu befassen und ein wissenschaftliches Kolloquium zum Thema Die Anpassung des Imperialismus an seine neuen Existenzbedingungen und der ideologische Kampf durchzuführen. Im letzten Abschnitt zu Aufgaben zur Verbesserung der Kaderarbeit, insbesondere zur Entwicklung des wissenschaftlichen Nachwuchses wurde die Zielrichtung nochmals verdeutlicht: Die wachsenden Aufgaben der Gesellschaftswissenschaften in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft stellen höhere Anforderungen an die zielstrebige und planmäßige Entwicklung der Kader und verlangen, daß die Aus- und Weiterbildung in den gesel/schaftswissenschaftlichen Disziplinen auf der Grundlage der Beschlüsse und Dokumente der Partei und der fortgeschrittenen wissenschaftlichen Erkenntnisse weiter verbessert wird. Der Maßstab für die Ausbildungsund Erziehungsarbeit liegt in dem vom VIII. Parteitag betonten gesellschaftlichen Auftrag, Absolventen heranzubilden, die einen festen Klassenstandpunkt und hohe fachliche Kenntnisse besitzen und die fähig und bereit sind, veranwortungsbewußt an der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft mitzuwirken. So komme es darauf an, das theoretische Niveau weiter zu erhöhen, den Grundsatz der Einheit von marxistisch-leninistischer Theorie und revolutionärer Praxis zu verwirklichen und die Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Ideologie zu verstärken. Abschließend heißt es: In der Einheit von theoretischer Analyse der gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse und bewußter und zielgerichteter Teilnahme am politischen Kampf der Partei besteht ein wesentliches Element der Wirksamkeit der gesellschaftlichen Arbeit. 280 Anhand des Zentralen Forschungsplans wird jedoch nicht deutlich, wie sehr die Arbeit des IPW auf die Bundesrepublik konzentriert war, sah doch der Forschungsplan für das IPW folgende, allgemein gefaßten Forschungskomplexe und Schwerpunktthemen vor:
1. Grundfragen des revolutionären Weltprozesses und des antiimperialistischen Kampfes in der Gegenwart, 2. Grundprobleme der ideologischen Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus. Funktion und Klasseninhalt der bürgerlichen Ideologie, insbesondere des Antikommunismus. Im Rahmen dieser Themenbereiche sollten Forschungsarbeiten über die Struktur, das Bewußtsein und die Organisiertheil der Arbeiterklasse in den hochentwickelten kapitalistischen Ländern, besonders in der BRD, untersucht werden, wie auch das weitere Fortschreiten der allgemeinen Krise des Kapitalismus, die Verschärfung der antagonistischen Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft, besonders in der BRD, die Widersprüche zwischen den imperialistischen 280
7 Klein
Ebenda.
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Staaten sowie die Versuche und Grenzen der Anpassung des Imperialismus an das neue Kräfteverhältnis. Die ideologische und theoretische Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Ideologie sei dabei offensiv zu führen, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Auseinandersetzung mit dem Sozialdemokratismus zu richten sei. 281 Doch ein Blick auf die Forschungspraxis des IPW zeigt erneut die eindeutige Konzentration auf die Bundesrepublik, ebenso wie eine interne Vorlage über das Wissenschaftliche Profil des IPW. 282 Darin heißt es: Entsprechend der Aufgabenstellung des IPW bildet die Analyse der Perspektiven des Imperialismus der BRD, der Entwicklungstendenzen auf ökonomischem, politischem und ideologischem Gebiet sowie der Rolle des Imperialismus der BRD im imperialistischen System und in der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus die Grundaufgabe und Hauptorientierung für die wissenschaftliche Arbeit. Ausgehend davon lassen sich 6 profilbestimmende Themenkomplexe ableiten. Es folgt dann eine mehrseitige Aufzählung dieser auf die Bundesrepublik abzielenden Themenbereiche. 283 Deutlich wird diese Focussierung auch anhand einer Tenninliste für die zweite Hälfte 1973, auf der sämtliche für das IPW interessanten und auszuwertenden Veranstaltungen aufgeführt sind. Neben den Parteitagen von CDU, FDP, SPD und DKP, der Tagung des Haushaltsausschusses des Bundestages und dem Deutschen Mietertag, finden sich u.a. zahlreiche Veranstaltungen von Industrie- und Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften, Kirchen, Vertriebenenverbänden und Studentenverbindungen sowie ein Kongreß der Europäischen Zentrale der öffentlichen Wirtschaft, die Jahresversammlung des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft, Tagungen der Gesellschaft für Agrarrecht, der deutschen Ostpfarrer, des deutschen Bundeswehrverbandes sowie des Engeren Kreises der allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland. 284 Um dieser Konzentration auch in struktureller Hinsicht Rechnung zu tragen, wurde schließlich die Abteilung Innenpolitische Fragen der BRD gebildet, der 13 wissenschaftliche und 9 nicht-wissenschaftliche Mitarbeiter zugeordnet waren, mit den drei primären Themenkreisen Staat (Forschungsgruppe /), Parteien (Forschungsgruppe //) und Demokratische Bewegungen (Forschungsgruppe I//). Die Abteilung befaßte sich - laut einer internen Aufstellung vom 29. März 1974 - mit Gesetzmäßigkeilen und Widersprüche(n) der innenpolitischen Entwicklung in der BRD unter dem zunehmenden Einfluß der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus 281 Zentraler Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975. Bestätigt durch das Politbüro der SED am 11.1.1972, S. 10 ff. (BAPAR, Bestand Bericht ü.d. Realisierung des Zentralen Forschungsplans u. zur Entwicklung der Imperialismusforschung, DC 204 Direktion 14/15). 282 Arbeitsgruppe: Vorlage: Wissenschaftliches Profil des IPW (lt. Arbeitsplan der Direktion), (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 283 Siehe Anhang 2. 284 Siehe Anhang 3.
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und der Vertiefung der allgemeinen Krise des Kapitalismus. Als größere Forschungsgebiete wurden genannt: Grundfragen der Entwicklung des imperialistischen Staates der BRD. Entwicklungstendenzen des Staatsapparates (Exekutive, Parlament usw.). Zielsetzungen, Triebkräfte und Ergebnisse der Regierungs- u. Reformpo/itik. Gesetzgebung und ihre Entwicklung, Haupttendenzen der politischen Herrschaftsformen und -methoden des Imperialismus der BRD. Wesentliche Entwicklungstendenzen im Verhältnis Bund - Länder. Parteien und Parteiensystem als Bestandteil des imperialistischen Herrschaftssystems, als wichtiges Element der politischen Struktur der herrschenden Klasse und tragende Institutionen ihrer politischen Strategie und Taktik. Grundfragen der Programmatik und der Politik der Parteien und des politisch-parlamentarischen Kräfteverhältnisses. Differenzierungsprozesse in den systemtragenden Parteien. Probleme und Tendenzen eines breiten, über die Arbeiterklasse hinausgreifenden antiimperialistischen Kampfes. Strömungen, Parteien, Zentren des antiimperialistischen Kampfes, insbesondere der Jugend und Intelligenz; Proffamme, Strategien, Aktivitäten. Aktivitäten in den linksradikalen Strömungen. 5
Aufgrund dieser Vorgaben erstellte das IPW u.a. halbjährlich ein Gutachten zur wirtschaftlichen Situation der Bundesrepublik sowie zur Wirtschafts- und Finanzpolitik der Regierung sowie Einschätzungen zu Parteitagen der bundesdeutschen Parteien. 286 Im Forschungsbericht des Rates für Imperialismusforschung für das Jahr 1972 wurden die einzelnen Projekte vorgestellt und erläutert. Wichtig für die Jahre 1972/73 war dabei besonders die Arbeit über Tendenzen der ökonomischen Entwicklung der BRD bis 1975, zu der es hieß: Mit dieser Studie wurde zum ersten Mal eine Arbeit vorgelegt, in der die voraussichtlich zu erwartende ökonomische Entwicklung der BRD zusammenhängend analysiert wird. . . . Die Prognosestudie ist in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen der Akademie der Wissenschaften der UdSSR entstanden. 2ß7 Die Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung der BRD und der wichtigsten imperialistischen Hauptländer wurde darüber hinaus als Information der Parteiführung als halb- und ganzjährliche Analyse angefertigt. Auch wurden spezielle Themen behandelt, wie u. a. die Steuerreform in der BRD, Zur Struktur der Industriekonzerne der BRD sowie vergleichende Studien, wie z.B. Das Kräfteverhältnis und Widersprüche in den ökonomischen Beziehungen zwischen den USA und Westeuropa und Perspektiven der westeuropäischen Integration mit der Erweiterung der EWG und der Herausbildung einer westeuropäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Neben 2BS Abt. Innenpolitische Fragen der BRD: Aufstellung der Aufgaben, 29.3.1974, (BAPAR, Bestand Kollegium 1974-1975, DC 204 Direktion 45). 286 Brief Geggels an Norden, 26.10.71, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02 Nr. 1). 287 Rat für Imperialismusforschung: Forschungsbericht für 1972, 13.4.73, (SAPMDB, Bestand IV B2/9.04 Nr. 109). 7•
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ökonomischen und militärischen Untersuchungen (u.a. Die Rolle der bürgerlichen Parteien und militärischen Organisationen der BRD im militärpolitischen Entscheidungsprozeß) nahmen besonders die politischen Analysen breiten Raum ein, zum einen im Bereich der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus (z.B. Entwicklungstendenzen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus in Europa, Politik der BRD und der USA gegenüber den sozialistischen Staaten und ihr Verhältnis zueinander und Ausgangspositionen für die multilaterale Vorbereitungsphase der europäischen Sicherheitskonferenz), zum anderen im Bereich Innenpolitische Probleme der BRD (z.B. Stellung der Bundestagsparteien in der BRD zur Ratifizierung der Verträge von Moskau und Warschau sowie Zur politischen Lage in der BRD vor den Bundestagswahlen 1972 und zur Lage und Entwicklung in den nächsten Jahren). Neben der Ökonomie und Politik bildete die Ideologie den dritten großen Block der Untersuchungen mit Themen wie z.B. Die Politik der friedlichen Koexistenz und der ideologische Kampf, die Theorie des Wirtschaftswachstums, die Analyse der bürgerlichen Friedens- und Konfliktforschung, zu Futurologie und Zukunftsforschung, zu Hauptformen und Methoden der psychologischen Kriegsführung des Imperialismus und zur Kritik der imperialistischen Staatsund Rechtsideologie sowie des modernen Revisionismus in der Staatsfrage. Ein kleiner, aber durchaus wichtiger Bereich war die Erstellung von Lehrmaterial, hier besonders eine Einführung in die Politische Ökonomie des Kapitalismus (Lehrbuch) und eine Politische Ökonomie des Kapitalismus (Lehrhefte). 288 Ziel der Forschung sollte es sein, nicht nur politisch-ideologische, sondern auch taktische Schlußfolgerungen für den Kampf mit dem Gegner zu ziehen289, und so betonte IPW-Chef Häher in einer Direktive zum Forschungsplan für das Jahr 1972 folgende Forschungsschwerpunkte: Grundlegende Tendenzen der ökonomischen Entwicklung der BRD bis 1975 und damit verbundene voraussichtliche innen- und außenpolitische Auswirkungen, Fragen der kapitalistischen Weltwährungskrise unter besonderer Beachtung der Stellung der BRD, strukturelle Verqnderungen in der Arbeiterklasse der BRD, Analyse der ideologischen Situation der Arbeiterklasse der BRD, Gesamtanalyse des soziologischen und politischen Bildes der Bourgeoisie der BRD, sozialökonomische Veränderungen in der westdeutschen Bauernschaft, Entwicklung der internationalen Stellung der BRD im Weltsystem des Imperialismus sowie ihres Platzes im internationalen Klassenkampf zwischen Sozialismus und Imperialismus, die Stellung der BRD in Westeuropa, Verfassung der 288 Vgl. M. Schmidt, Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft in der DDR zu Berlin (IPW), in: MARXISTISCHE STUDIEN, Jahrbuch des IMSF 2/1979, S. 415ff. 289 H. Häher, Direktive für die Erarbeitung des Forschungsplanes des Instituts für 1972, 26.10.1971, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44).
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"Lehrhefte zur marxistisch-leninistischen Politischen Ökonomie des Kapitalismus" sowie ... "Einführung in die Politische Ökonomie des Kapitalismus". Erforschung der Ideologie des Imperialismus. Entwicklung des Antikommunismus und der psychologischen Kriegsführung. 290 Zusätzlich sollte ein wissenschaftliches Kolloquium zu Fragen der leninistischen Imperialismustheorie vorbereitet werden, und im Rahmen der wissenschaftlichen Prozeßbeobachtung galt es, eine ständige Prozeßbeobachtung und analytische Bearbeitung folgender Themenkomplexe zu gewährleisten: 1. Die wirtschaftliche Entwicklung der BRD, die Bonner Wirtschafts- u. Finanzpolitik; 2. Die Entwicklung der innenpolitischen Widersprüche und Konflikte, die Banner Innenpolitik in ihren wichtigsten Elementen (einschließlich Gesetzgebung); 3. Die Position der politischen Kräfte der BRD zu den zentralen Fragen der Außenpolitik und der internationalen Entwicklung; 4. Inhalt u. Methoden der psychologischen Kriegsführung und des ideologischen Kampfes gegen die DDR und andere sozialistische Staaten; 5. Probleme des Kampfes für europäische Sicherheit; 6. Aufrüstung und Militarisierung in der BRD; 7. Die Entwicklung der inneren Lage und der Stellung Westberlins. 291 Im April 1972 legte der Direktor des IPW der Abteilung Wissenschaften des ZK der SED die Hauptrichtungen und ausgewählten Planvorhaben der Imperialismusforschung bis 1975 vor. 292 Als Hauptforschungsrichtungen, die sich fast ausschließlich auf die Bundesrepublik bezogen, wurden genannt:
a) Theoretische u. methodische Grundfragen der Imperialismusanalyse und -prognose. Die internationale Entwicklung der marxistischleninistischen Imperialismustheorie. Die allgemeine Krise des Kapitalismus u. die Entwicklung des Imperialismus in der BRD. b) Die Entwicklung der ökonomischen Grundfragen des BRD-Imperialismus. Entwicklungstendenzen u. Widersprüche im staatsmonopolistischen Reproduktionsprozeß unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution. Die Monopolisierung als Ausdruck des Grundwiderspruchs des Kapitalismus.
Ebenda. Ebenda. 292 H. Häber, Hauptrichtungen und ausgewählte Planvorhaben der Imperialismusforschung bis 1975, April1972, (SAPMDB, Bestand IV B 2/9.04 Nr. 84). 290
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c) Die ökonomische u. politische Herrschaftsstruktur u. die Entwicklungstendenzen des politischen Herrschaftssystems. Die Rolle des Militär-Industrie-Komplexes. d) Die sozial-ökonomischen Veränderungen der Gesellschafts- u. K/assenstruktur, insbesondere der Arbeiterklasse im staatsmonopolistischen System der BRD. Struktur u. soziale Lage der Bauemsehaft u. anderer nichtmonopolistischer Schichten. e) Entwicklungsprobleme der revolutionären Arbeiterbewegung in der BRD im Kampf um antimonopolistische Demokratie u. Sozialismus. j) Die Entwicklung des Imperialismus der BRD im kapitalistischen Weltsystem und in der internationalen Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus u. Kapitalismus. Die westeuropäische Integration u. das Verhältnis zwischen Westeuropa und den USA. Die Aggressivität des Imperialismus u. ihre heutigen Erscheinungsformen. Probleme des Kampfes um die Durchsetzung der friedlichen Koexistenz. g) Die wesentlichen impen·alistischen Gesellschaftskonzeptionen, ihre ideologisch-theoretischen Grundlagen u. ihre Funktion in der geistigen Manipu/ierung u. im ideologischen Kampf gegen den Sozialismus. Platz u. Funktion der imperialistischen Ideologie in der imperialistischen Gesamtstrategie. Neue Formen des Antikommunismus. Die spezifische Funktion des Sozialdemokratismus in der Politik des Imperialismus nach innen u. außen. Auch im Rahmen der aus~ewäh/ten Ergebnisse der Forschungsarbeit in den verschiedenen Einrichtungen 3 zeigt sich die Konzentration auf die Bundesrepublik, da das IPW für folgende Arbeiten bzw. Kolloquien verantwortlich zeichnete: Regelmäßige Herausgabe von Jahresgutachten über die wirtschaftliche Situation in der BRD und anderen Hauptländern des Kapitalismus (einschließlich periodischer Kurzberichte), Periodische Analysen über die Innen- und Außenpolitik der BRD (Grundtendenzen, Herrschaftskonzeptionen, Strategien, Differenzierungsprozesse), Der Antikommunismus in der Gegenwart, Die Anpassung des Imperialismus an seine neuen Existenzbedingungen und der ideologische Kampf (Kolloquium), Hauptformen und Methoden der psychologischen Kriegsführung des Imperialismus, Haupttendenzen der ökonomischen Entwicklung der BRD bis 1975, Die Krise der kapitalistischen Gesellschaft (Analyse der Gesetzmäßigkeilen und Erscheinungsformen des Niedergangsprozesses des Kapitalismus, seiner Krisenerscheinungen und Konflikte in Auseinandersetzung mit imperialistischen sowie rechtssozialdemokratischen Gesellschaftskonzeptionen und Zukunjtsmodellen), Ökonomische und politische Folgen 293
Ebenda.
V. Forschungstätigkeit
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der Erweiterung der EWG. Die Stellung der BRD in diesem Prozeß. Entwicklungstendenzen und Widersprüche im Verhältnis USA - Westeuropa, Lehrheftreihe zur Politischen Ökonomie des Kapitalismus, Einführung in die Politische Ökonomie des Kapitalismus, Gesamtanalyse der sozialen Struktur der kapitalistischen Gesellschaft in der BRD, Entwicklungstendenzen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus in Europa. In bezug auf die über die Bundesrepublik hinausgehenden Untersuchungen im Rahmen der zentrale(n) wissenschaftliche(n) Aufgaben und Hauptergebnisse(n) der wissenschaftlichen Arbeit im IPW, vermeldete Häber in den drei Kategorien Kontinuierliche Analysen und Gutachten, Langfn"stige Vorhaben und Projekte sowie Bücher, größere Studien, Kolloquien die Erfüllung des Planes. 294 Auf dieser Grundlage erarbeitete das IPW Informationen zur Unterstützung der Partei- und Staatsführung, wobei folgende Hauptformen unterschieden wurden: 1. lnitiativin{Ormationen: aus aktuellem Anlaß als interne Materialien aus der laufenden Informations- und Forschungstätigkeit des IPW, 2. InfOrmationen und Analysen: kurzfristig auf Anforderung, 3. Wissenschaftliche Studien: Analyse von politisch besonders wichtigen Prozessen, ohne Anforderung, 4. pen"odische Informationen: Aktuelle Informationen aus Politik und Wirtschaft, wöchentlich; Propaganda feindlicher Funk- und Fernsehsender, monatlich; zentrales Informationsmittel der Partei zur Unterstützung der Propagandatätigkeit, wöchentlich ab 1973. 295 Darüber hinaus wurden jedoch auch allgemeine Informationen für ein breiteres Publikum aufbereitet, wie z.B. zu Themen Warum ist der lmpen"alismus nicht imstande, die Probleme unserer Zeit zu lösen (Auflage 60.000) oder Tatsachen und Zahlen über die Verschärfung der allgemeinen Kn"se des Kapitalismus in der Gegenwart (Auflage 110.000). 296 Neben einer fundiert wissenschaftlichen Information der politischen Führung sollte das IPW also im Rahmen eines weiter gefaßten politisch-propagandistischen Auftrages, wie es im Forschungsben"cht des Wissenschaftlichen Rates für Impen'afismusforschung für das Jahr 1974297 hieß, die Forschungsergebnisse unmittelbar der wissenschaftlichen Diskussion und der ideologischen Arbeit nutzbar . . . machen. Dies vollzog sich u.a. in einer Reihe von Publikationen der IPW-Ben"chte, der "Einheit" und Ebenda. Forschungsbericht des Wissenschaftlichen Rates 1974, 15.4.1975, (SAPMDB, Bestand IV 82/9.04 Nr. 109). 296 Rat für Imperialismusforschung: Forschungsbericht für 1972, 13.4.73, (SAPMDB, Bestand IV B2/9.04 Nr. 109). 297 Bericht des Wissenschaftlichen Rates 1974, 15.4.1975, (SAPMDB, Bestand IV B2/9.04 Nr. 109). 294 295
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anderer zentraler Publikationsorgane sowie in einer umfassenden propagandistischen Arbeit. Besonders interessant in diesem Zusammenhang ist eine Arbeit zum Thema Hauptformen und Methoden der psychologischen Kriegsführung des Impen'alismus, welche unter dem Titel Kreuzzug gegen die Koexistenz - Psychologische Kn'egsführung heute im Staatsverlag der DDR im März 1975 erschien. Mit dieser Arbeit solle, so der Bericht, ein wichtiger Beitrag zur weiteren offensiven Entwicklung unseres ideologischen Kampfes gegen den Imperialismus und seine Ideologie geleistet werden. Sie trägt dazu bei, das Verhältnis von friedlicher Koexistenz und ideologischem Kampf zu klären und verdeutlicht, daß der Impen'alismus seine konterrevolutionäre Zielstellung nicht aufgegeben hat, sondern sie unter den Bedingungen der friedlichen Koexistenz auf modifizierte Weise weiter verfolgt. Hauptanliegen dieser Schrift ist die populärwissenschaftliche Auseinandersetzung mit den wichtigsten ideologischen Angriffsrichtungen des Gegners sowohl in ihren militanten als auch in ihren flexiblen Formen und Methoden. Dabei wird Schwergewicht auf die Propagierung der Vorzüge des realen Sozialismus in Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Ideologie gelegt. Es wird ein Beitrag zur Darstellung des aggressiven Wesens des Imperialismus und zum völkerrechtswidrigen Wesen imperialistischer Diversion geleistet. . .. Im Prozeß der Realisierung dieses Hauptprojektes wurden die gewonnenen Erkenntnisse bereits in einer umfassenden propagandistischen und publizistischen Tätigkeit vielfältig ausgewertet und für die politisch-ideologische Arbeit der Partei nutzbar gemacht. 298 Das IPW erarbeitete im Rahmen dieser Vorgabe einer populärwissenschaftliche(n) Auseinandersetzung auch eine zwölf Vorträge umfassende Serie im Wissenschaftsprogramm von Radio DDR über die psychologische Kriegsführung und eine populär-wissenschaftliche Abhandlung über die Philosophie und Ideologie im staatsmonopolistischen Herrschaftssystem, welche gezielt für den Staatsbürgerkunde-Unterricht verwendet wurde. 299 Ab 1974 nahmen Auftragsforschungsarbeiten, Studien, Einschätzungen, Arbeitspapiere und ad hoclnformationen für Genossen der Parteiführung und leitende Staatsorgane ... zu 300 wie auch konkrete Aufträge, z.B. des Außenministeriums zum Thema Internationale Konzerne, darunter u.a. ein Positionspapier zur Vollversammlung der Vereinten Nationen bzw. zur 57. Tagung des Wirtschafts- und Sozialrates der UN. Auch in personeller Hinsicht trat das IPW in der UN in Erscheinung, und so nahm Hauptabteilungsleiter Prof. Heininger den Sitz der DDR in der UNO-Untersuchungskommission über multilaterale Konzerne wahr. Darüber hinaus oblag dem IPW auch die Koordinierung bestimmter Projekte, wie z.B. die Leitung einer internationalen (sozialistischen) Redaktionskommission 298 299 300
Ebenda. Ebenda. Ebenda.
V. Forschungstätigkeit
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zum Thema Europa in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre. Dazu kamen periodische Berichte über die ideologische Diversion des Gegners, einmal als vierteljährlicher Bericht über die Diversionstätigkeit wissenschaftlicher und politischer Einrichtungen sowie monatliche Hauptlinien gegnerischer Argumentation in Rundfunk und Fernsehen. 301 Im Rahmen größerer Veranstaltungen organisierte das IPW Anfang Februar 1973 ein sog. Rund-Tisch-Gespräch zum Thema: Die Lage in der BRD nach den Bundestagswahlen - voraussichtliche Tendenzen der Entwicklung 1973 sowie Mitte Februar, gemeinsam mit dem Institut für Gesellschaftswissenschaften, der Akademie der Wissenschaften und der Sektion Philosophie der Universität Halle, ein Kolloquium zur Politik der friedlichen Koexistenz und der ideologische Kampf. Darüber hinaus veranstaltete das IPW eine Expertenberatung über Grundfragen der Erarbeitung und Herausgabe einer gemeinsamen Dokumentation zu Fragen der europäischen Sicherheit zwischen den verantwortlichen Leitern der Informationseinrichtungen europäischer Institute sozialistischer Lager (27 .2.1973) sowie eine Tagung der Länderverantwortlichen für das Bulletin der multilateralen Problemkommission "Erforschung des heutigen Kapitalismus" zu Fragen der Effektivität der gemeinsamen Arbeit sowie der Gestaltung und weiteren Entwicklung des Bulletins (6.-8. März 1973). Im Juni veranstaltete das IPW die 3. Tagung der internationalen Arbeitsgruppe "Integration" der multilateralen Problemkommission zum Thema "Ökonomische und politische Mechanismen der westeuropäischen Integration, · im September, zusammen mit dem Institut für den Frieden in Wien, ein Symposium über Wirtschaftliche und soziale Folgen der Abrüstung sowie im Oktober ein bilaterales Symposium mit der UdSSR zur Vorbereitung der multilateralen Konferenz Perspektiven der ökonomischen Entwicklung des heutigen Kapitalismus. Als weitere Schwerpunkte galten: 1. Vorbereitung auf die im Mai 1973 in Prag stattfindende 8. Tagung der multilateralen Problemkommission "Erforschung des heutigen Kapitalismus" sowie auf die Berichterstattung an die im September 1973 in der VR Polen stattfindende VIII. Konferenz der Vertreter der Akademien der Wissenschaften sozialistischer Länder. . .. 2. Erfüllung der im Rahmen der multilateralen Problemkommission "Erforschung des heutigen Kapitalismus" festgelegten Aufgaben, insbesondere die Mitwirkung bei: der Verbreitung der 1974 stattfindenden multilateralen Konferenz 'Perspektiven der ökonomischen Entwicklung des heutigen Kapitalismus ·, der Durchführung der V. Internationalen Sommerschule Junger Ökonomen im Mai 1973 in Varna (Lektor u. Teilnehmer) zum The301
Ebenda.
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ma: Ökonomische Beziehungen zwischen sozialistischen und kapitalistischen Ländern im Lichte der Probleme der europäischen Sicherheit; der für 1973 vorgesehenen Fertigstellung des gemeinsamen Buchprojektes der internationalen Agrargruppe. Zusätzlich wurden Tagungen außerhalb des IPW vorbereitet (Mai 1973 beim Institut für Internationale Beziehungen in Budapest sowie im März 1974 die in London stattfindende Direktorenkonferenz europäischer Institute für Internationale Beziehungen). Darüber hinaus sollten weitere bilaterale Kontakte aufgenommen bzw. die getroffenen Vereinbarungen wahrgenommen werden. 302
VI. Publikationen Hauptaufgabe des IPW blieb jedoch die politische Information der Parteiund Staatsführung, die Unterstützung der Bruderparteien, die weitere wissenschaftliche Arbeit als Grundlage für Entscheidungsfindungen, welche schließlich noch ausgedehnt wurde, und so erarbeitet das Institut im Jahre 1974 erstmalig eine Gesamtanalyse der ökonomischen und politischen Entwicklung der BRD. Diese Arbeit wurde in einer Auflage von 500 Exemplaren der Partei- und Staatsführung sowie zentralen Publikationsorganen und wissenschaftlichen Einrichtungen als persönliches Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt und sollte von nun an in Zweijahresabständen fortgesetzt werden. Dazu kamen periodische Berichte über die ideologische Diversion des Gegners, einmal als vierteljährlicher Bericht über die Diversionstätigkeit wissenschaftlicher und politischer Einrichtungen sowie monatliche Hauptlinien gegnerischer Argumentation in Rundfunk und Fernsehen. In diesem Zusammenhang wurde angeregt, einen eigenen Rat für Ideologieforschung einzurichten, um neue Möglichkeiten für die schwerpunktmäßige Forschung (zu) eröffnen und die Effektivität .. . auf diesem Gebiet (zu) erhöhen. So hieß es im Forschungsbericht des Wissenschaftlichen Rates: Der Erhöhung der Praxiswirksamkeit der Forschungsergebnisse und ihres politisch-ideologischen Gehalts galt auch 1974 besondere Aufmerksamkeit. Durch zahlreiche Forschungsergebnisse wurden wissenschaftlich fundierte Unterlagen für den Prozeß der Entscheidungsfindung in den Partei- und Staatsorganen zur Verfügung gestellt. Die Arbeitsergebnisse wurden für den ideologischen Kampf der Partei, für die propagandistische Arbeit, für die Auseinander-
302 Zusammenfassung zentraler wissenschaftlicher Veranstaltungen des IPW sowie weitere Schwerpunkte der internationalen Arbeit 1973, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-73, DC 204 Direktion 44).
VI. Publikationen
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setzung mit bürgerlichen Theorien, für die Lehr- und Erziehungsarbeit nutzbar gemacht. 303 Im Rahmen der periodischen Publikationen zur Information der Staats- und Parteiführung gab das Institut seit Anfang 1972 die BERICHTE DES INSTITUTS FÜR INTERNATIONALE POLITIK UND WIRTSCHAFT (Sprachgebrauch: IPW-BERICHTE), als Nachfolger der ab 1950 erschienenen DWIBERICHTE, heraus. In einer internen Vorlage vom 6. Dezember 1971 über die neue periodische Publikation des IPW hieß es u.a.: Der VIII. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands hat sich auf die Notwendigkeit verstärkter ideologischer Arbeit orientiert. Notwendig ist, "das menschenfeindliche Wesen des Imperialismus vollständig und wirksam zu enthüllen". Von den Gesellschaftswissenschaft/ern erwartet die Partei, so führte Genosse Hager auf der Tagung der Gesellschaftswissenschaft/er am 14. Oktober 1971 aus, "zur Herausbildung der sozialistischen Weltanschauung, zur Erziehung der Werktätigen im Geiste des Marxismus-Leninismus beizutragen. " Die Gründung des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft dient diesen Aufgaben. Im einzelnen soll es Entscheidungen von Parteiführung und Regierung mit vorbereiten helfen, zur sozialistischen Bewußtseinsbildung der Bevölkerung beitragen und der DKP Hilfe in ihrem Kampf geben. In dem gleichen Rahmen ist die Aufgabe der neuen Publikation zu sehen. 1. Die Publikation dient dazu, die Ergebnisse der Imperialismusforschung politisch effektiv zu machen. Sie unterstützt die Politik der Partei und Regierung in der Auseinandersetzung mit dem Imperialismus, speziell der ERD, bringt Beiträge, die direkt in die Auseinandersetzung eingreifen oder die versuchen, neue Fragen und Argumente in sie einzubringen. . . . Sie stellt sich die Aufgabe, wirkungsvoll die sozialistische Bewußtseinsentwicklung in der DDR zu unterstützen und dabei vor allem ein marxistisch-leninistisches Imperialismusbild zu vennitteln. Weiter heißt es: Die Zeitschrift wird sich gleicherweise das Ziel stellen, grundsätzliche und aktuelle Probleme zu behandeln und hierbei eine möglichst enge Verbindung zwischen beiden anstreben. Dabei muß die polemische Auseinandersetzung mit gegnerischen Auffassungen und Theorien einen breiten Raum einnehmen. 304 Im einleitenden Artikel der neuen Publikation zum Thema Der MarxismusLeninismus in der Offensive, betonte IPW-Chef Häher die Notwendigkeit einer solchen Offensive, zu welcher, gerüstet mit der wissenschaftlichen Theorie des Marxismus-Leninismus als die stärkste Kra[t im Kampf der Völker für den Frieden, die neue Zeitschrift beitragen solle. 30 Am 19. Januar 1972 hatte der desi303 Forschungsbericht des Wissenschaftlichen Rates 1974, 15.4.1975, (SAPMDB, Bestand IV B2/9.04 Nr. 109). 304 Interne Vorlage, IPW; Die neue periodische Publikation des IPW, 6.12.1971 (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 305 IPW-BERICHTE 1/72, S. 5.
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gnierte Chefredakteur Weckwerth dem Kollegium eine Konzeption vorgelege06 , welche die IPW-BERICHTE anstelle der bisher erschienenen Publikationen DWI-BERICHTE und DOKUMENTATION DER ZEIT als eine marxistischleninistische wissenschaftliche Monatspublikation vorsah. In dem vom Kollegium gebilligten Konzept wurde darauf verwiesen, daß die Probleme des Imperialismus und der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus ... nicht nur schlechthin vom marxistisch-leninistischen Standpunkt aus, sondern aus der Sicht ... der sozialistischen DDR behandelt (werden). Dabei sollte die Darstel/un!fo in hohem Grade politisch und kämpferisch sein, nicht akademisch dozierend. 7 Der Gesamtumfang sollte ca. 80 Seiten betragen, bei einer Auflage von 15000 Stück; 70% des Inhalts befaßte sich mit der Bundesrepublik. Verantwortlich war eine Redaktion308 , die auch für die IPW-FORSCHUNGSHEFTE zuständig war und der ein Redaktionskollegium von 8 bis 10 Wissenschaftlern zur Seite stand. Zu der neuen Publikation hieß es ferner:
1. Sie ist das Organ des IPW und der Imperialismusforschung der DDR. 2. Sie dient der Veröffentlichung der Ergebnisse der Imperialismusforschung des Instituts und seiner Kooperationspartner. 3. Sie leistet einen Beitrag zur Auseinandersetzung mit der imperialistischen Ideologie. 4. Die Publikation hat die Aufgabe, über aktuelle Prozesse und Ereignisse im Imperialismus zu informieren. 5. Die Zeitschrift wendet sich an Gesellschaftswissenschaft/er, Funktionäre, Lehrer, Propagandisten und Mitarbeiter der Bereiche Agitation. Die Zeitschrift sollte sich unterteilen in:
1. Beiträge zu gesellschaftlich-theoretischen Grundfragen (ca. 5 Seiten), 2. Analysen, Problemartikel (4 Beiträge mit ca. 32 Seiten), 3. Konferenzberichte, Diskussionsbeiträge (ca. 4 Seiten), 4. Informationen (ca. 21 Seiten), 5. Dokumentation (ca. 6 Seiten), 6. Rezensionen (ca. 5 Seiten) 7. Statistik, Zeittafel (ca. 5 Seiten). ferner: Inhaltsverzeichnis, Referate (2 Seiten). 309 306 Vorlage für das Kollegium am 19.1.1972, vorgelegt durch Gen. Dr. Weckwerth, Chefredakteur, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 307 Ebenda. 308 Der Redaktion gehörten 1972 fünfzehn Personen an. 309 Vorlage für das Kollegium am 19.1.1972, vorgelegt durch Gen.Dr. Weckwerth, Chefredakteur, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44).
VI. Publikationen
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Die Entwicklung der IPW-BERICHTE wurde wenig später intern sehr positiv bewertet, da sich die Publikation zu einem wichtigen Publikations- und Informationsmittel der Imperialismusforschung der DDR entwickelt habe, und der Verbreitungsgrad in den sozialistischen Ländern, aber auch im kapitalistischen Ausland steigt. Trotzdem wurde nochmals darauf hingewiesen, daß in den Beiträgen die Gesamtzusammenhänge der imperialistischen Widersprüche deutlicher sichtbar zu machen, der theoretische Gehalt und die Polemik mit bürgerlichen Theorien durchgängig zu verstärken sei. 310 Doch trotz dieses herausgestellten Erfolges, blieben jedoch auch die IPW-Publikationen nicht von den praktischen Widrigkeiten des real-existierenden Sozialismus verschont, und so hieß es in einer internen Information vom April 1973: Mitte April wird die Nummer 3/73 der IPW-Berichte ausgeliefert werden. Info/ge zeitweiligen Papiermangels der Staatsdruckerei hat sich die Herausgabe dieser eigentlich für März vorgesehenen Ausgabe um einige Wochen verschoben. 311 Das positive Urteil über die IPW-Berichte wurde auch von bundesdeutscher Seite bestätigt, so als Karl Wilhelm Fricke im DEUTSCHLAND ARCHIV 8/72 die beiden ersten Ausgaben der IPW-BERICHTE lobte, obwohl er eine eine gewisse Tendenz, ideologische Pflichtübungen und politische Einseitigkeilen durchaus bemängelt. Trotzdem, so Fricke, seien dadurch nicht in jedem Falle . . . sachliche Informationen und solide Argumentation ausgeschlossen, weshalb er die Publikation als Bereicherung für die deutsche Publizistik bezeichnete. 312 Im Jahre 1974 erschien eine weitere Einschätzung der neuen Publikation im DEUTSCHLAND ARCHIV, worin Herbert Güttler die Vermutung äußert, daß die in den ersten beiden Jahrgängen der IPW-Berichte engagiert und konzentriert vorgetragene Kritik an Gesellschaft und Politik der Bundesrepublik . . . von Wissenschafts- und parteiinternen Diskussionen in der DDR begleitet worden sein (dürfte), da die IPWBerichte bereits innerhalb der DDR auf Kn.tik gestoßen seien. So schrieb, laut Güttler, ein Mitarbeiter des IIB Babelsberg in der DDR-Publikation DEUTSCHE AUSSENPOLITIK 1/72 über die IPW-Berichte: Erstens: das imperialistische Lager besteht nicht ausschließlich aus der BRD. Die Zeitschrift sollte den Umfang und die Zahl der Beiträge erhöhen, die sich mit den Vorgängen im imperialistischen Weltsystem befassen. Zweitens: um ihren Platz unter den Zeitschriften der DDR einnehmen zu können, muß sie ihre Aufgabe und Stellung noch deutlicher markieren. Diese Kritik zielt in dieselbe Richtung, welche der ehemalige IPW-Abteilungsleiter Prof. Siegtried Schwarz andeutet, indem er über die IPW-BERICHTE rückblickend ausführt: Nach Friedrich Schor/emmer 310 Rat für Imperialismusforschung: Forschungsbericht für 1972, 13.4. 73, (SAPMDB, Bestand IV B2/9.04 Nr. 109). 311 IPW: Informationen zu einigen aktuellen Problemen zur Arbeit des IPW, 10.4.1973, (SAPMDB, Bestand J IV 2/10.02 Nr. 5). 312 K.W. Fricke, Ein Zentrum der DDR-Westforschung, in: DEUTSCHLAND ARCHIV 8/1972, S. 802-805.
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waren die IPW-Berichte die einzig ·lesbare· Zeitschrift jener Zeit. . .. Selbst die Parteihochschule ·Kar/ Marx • beim ZK der SED ordnete die IPW-Ben"chte der 'West-Literatur' zu, da darin überwiegend 'Westquellen' verwendet und zitiert wurden. Den dortigen Studenten war die Zeitschrift nicht zugänglich .313 Interessant ist die Annahme Herbert Güttlers, die IPW-BERICHTE seien auch ein Exportartikel und wohl auch Devisenbringer für die DDR auf dem westdeutschen Markt, da sie unter dem Aspekt der qualitativ veränderten Systemauseinandersetzung in Deutschland (versuchen), durch geschickte Aufmachung und angepaßte Journalistik relativ undogmatisch "Kapitalismuskritik" zu präsentieren. Die Kritik gibt sich pragmatisch und zeigt eine gute statistische Fundierung; sie verfällt auch nicht dem üblichen Zitationsritua/, das sich jeweils bei Klassikern des Marxismus-Leninismus absichert. Schließlich vermittelten die Berichte insbesondere einen Einblick in Intensität und Breite der Imperialismusforschung in der DDR. 314 Neben ideologisch-theoretischen Beiträgen315 setzten sich die IPW-Berichte auch mit konkret-politischen Themen auseinander316, informierten über Tagungen und lieferten neben graphisch aufbereiteten Kurzinformationen auch Buchrezensionen (aus Ost und West) sowie Biographien meist bundesdeutscher Konzerne (u.a. Klöckner, Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk, VW, Thyssen) und auch von Politikern bzw. Wirtschafts- und Gewerkschaftsführern. Ab 1972 (Jahrgang 7) wurden die IPW-BERICHTE durch die vierteljährlich erscheinenden, seriös aufgemachten317 IPW-FORSCHUNGSHEFTE ergänzt, welche die bis dahin vom IPW herausgegebenen DWI-FORSCHUNGSHEFTE ablösten. Unter der Leitung von Chefredakteur Weckwerth sollten wissenschaftliche Beiträge von DDR- und Ostblockwissenschaftlern zur AuseinanderProf. Dr. Siegfried Schwarz auf Anfrage am 20.8.1995. H. Güttler (Institut für Gesellschaft und Wissenschaft Erlangen), IPW-Berichte 1 und 2/74, in: DEUTSCHLAND ARCHIV 4/1974, S. 360-363. 315 z.B. Friedliche Koexistenz setzt sich durch 4/72, Klassentheorie und Klassendefinition 4/72 , Neue Spekulationen zur Konvergenz auf dem alten Dritten Weg 2/73, Der Bankrott revisionistischer Pluralismus-Konzeptionen 12/73, Nationalbewußtsein in der BRD und der DDR 2/74, Zu den Grundlagen, Triebkräften und Erscheinungsformen der Aggressivität des Imperialismus 4/74, Die allgemeine Krise des Kapitalismus heute 9/74, Zur Krise der bürgerlichen Staatsideologie des Imperialismus 11/74. 316 z.B. XX. Olympische Spiele in München 4/72, Zur China-Reise Gerhard Schröders 6/72, Rolle und innere Konflikte der bürgerlichen 'DDR-Forschung · 7/72, Arbeitszeitsituation und Ausbeutung in der ERD-Industrie 8/72, Bundestagswahlen in der BRD 1/73, Verbrechens- "Explosion" -Ausdruck der Krise des Impen"ali'smus 2/73, Zur Auseinandersetzung um die Mitbestimmung in der BRD 10/73, Aktuelle Tendenzen im Iandsmannschaftlichen Revanchismus der BRD 1174, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten in der BRD 1/74, Zum Militär-Weißbuch der ERD-Regierung 3/74, Zur gegenwärtigen gesellschaftstheoretischen Diskussion in der CDU/CSU 11/74, Kapitalkonzentration in der BRD 1973 10/74, Die Profite der BRD-Industriekonzerne im Jahre 1973 12/74. 317 DDR-Handbuch 1979, a.a.O., S. 537. 313
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setzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus publiziert werden und, laut IPW-Direktor Schmidt, faktisch die kontinuierliche Schriftenreihe des IPW dar(stellen). In ihnen werden umfangreichere Ergebnisse der Forschungstätigkeit des Instituts und der Mitglieder des Rates für Imperialismusforschung publiziert. Sie enthalten in monographischer Form oder als Sammelband wissenschaftliche Untersuchungen zu Grundfragen der internationalen Entwicklung sowie zu ökonomischen, politischen und ideologischen Prozessen im heutigen Kapitalismus. 318 Allein ein Blick auf die Titel der zwischen 1972 und 1974 erschienenen zwölf Ausgaben zeigt die Konzentration auf die Bundesrepublik: 1/72: Arbeiterklasse - Konsumption - Klassenkampf 2/72: Monopolisierung im Einzelhandel der BRD 3/72: Steuersystem- Steuerreform in der BRD 4/72: Verbände des Finanzkapitals 1/73: Internationale Konzerne- Monopolmacht- Klassenkampf 2/73: Friedliche Koexistenz- ideologischer Kampf 3/73: Lohnsysteme im Dienst verschärfter Ausbeutung 4/73: BRD-Monopole auf Kurs zu internationalen Dimensionen 1/74: Soziale Prozesse in der kapitalistischen Landwirtschaft 2/74: Kapitalstruktur und -Verwertung in der BRD-Industrie 3/74: Grundlagen und Formen der Herrschaft des Finanzkapitals 4/74: Position u. Entwicklung der Ökonomie des BRD-Imperialismus. Daneben wurde der interne Wochendienst AKTUELLE INFORMATIONEN AUS POLITIK UND WIRTSCHAFT erstellt, der in einer Auflage von 480 Exemplaren wöchentlich (Auslieferung Freitag mittag) an die Partei- und Staatsführung sowie an politische und wissenschaftliche Einrichtungen ging und auf 18 Seiten Kurzinformationen und Quellenangaben umfaßte. Darüber hinaus war das IPW für die monatliche Einschätzung der Haupttendenzen der antisozialistischen Propaganda der gegnerischen Rundfunk- und Fernsehmedien gegen die DDR und spezielle Analysen der gegnerischen Arbeit zu bestimmten Ereignissen (Auflage rund 100 Stück) verantwortlich. Neu begonnen wurde 1974 mit der quartalsmäßigen Analyse der Linien und Methoden der gegnerischen Diversionstätigkeit, der Tätigkeit der Haupteinn"chtungen imperialistischer "DDRForschung" in der BRD und in Westher/in sowie der Umsetzung ihrer Ergebnisse in den Massenmedien der BRD und Westher/ins. Im Rahmen der periodischen Information der Staats- und Parteiführung spielte schließlich noch die Informationsreihe ZUR KENNTNIS eine Rolle, welche ab 1974 zweimonatlich erschien und sich u.a. mit folgenden Themen befaßte: 318 M. Schmidt, Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR zu Berlin (IPW), in: MARXISTISCHE STUDIEN. Jahrbuch des IMSF 2/1979, S. 415ff.
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die Lage und die Entwicklungstendemen in der Wirtschaft sowie die ökonomischen Krisenerscheinungen der imperialistischen Hauptländer; aktuelle Probleme der imperialistischen Integration in der EWG; Anlage und Wertung der beabsichtigten Haushaltspolitik der ERDRegierung 1975; Probleme der imperialistischen "DDR-Forschung" in der BRD und die Hauptlinien der BRD- "Maten"alien zum Bericht zur Lage der Nation"; die Komeption der Militär- und Rüstungspolitik der ERD-Regierung,· die Umbildung der Regierung der BRD. 319
Darüber hinaus wurden zahlreiche Propaganda- und Agitationsmaterialien für die massenpolitische Arbeit in der DDR erarbeitet, so z.B. Lesematerial für die Kandidatenschulung der Partei und wöchentliche Beiträge für den Referentendienst der Abteilung Propaganda des ZK zu Grundfragen des Kampfes gegen den Imperialismus sowie Kurzdokumentationen für die Publikationen NEUER WEG und NEUES DEUTSCHLAND. Angestiegen, so der Bericht, sei auch die Vortragstätigkeit von Mitarbeitern des IPW, vor allem vor Funktionären des Partei- und Staatsapparates, in propagandistischen Großveranstaltungen, in Parteiversammlungen, in Veranstaltungen von Großbetrieben, in der NVA, vor Jugendlichen sowie im Rahmen der Urania. . . . Angewachsen ist auch die Tätigkeit in der Ausbildung wissenschaftlichen Nachwuchses in Betriebsakademien, Abendschulen und im Parteilehrjahr. 320 Unter maßgeblicher Mitarbeit des IPW wurde z.B. eine Broschüre erstellt, welche unter dem Titel Die Jugend der Welt klagt den Imperialismus an, vom Zentralrat der FDJ zu den X. Weltfestspielen im Sommer 1973 veröffentlicht wurde. Für die Abteilung Agitation des ZK erarbeitete das IPW z.B. ein Manuskript zum Thema Wo lebt man besser? sowie eine Dokumentation Antikolonialismus - Reichtum auf Kosten anderer Völker. Schließlich erarbeitet das IPW Propagandamaterial in Form kleiner Publikationen (NEUE BILDZEITUNG, VISITE, AUS ERSTER HAND), welche an Bahnhofskiosken und Grenzübergangsstellen ausgelegt, jedoch - aufgrund des tristen Erscheinungsbildes und propagandistischen Inhalts- auf wenig Interesse stießen. Zwar schrieben IPW-Mitarbeiter hauptsächlich in hauseigenen Publikationen, doch finden sich einige wenige Artikel in der DEUTSCHEN AUSSENPOLITIK und der EINHEIT über Themen wie Konsequent auf dem Wege Lenins (EINHEIT 9/1971) oder Sozialpartnerschaft - Legende und Wirklichkeit. Zur Streikbewegung in der chemischen Industrie der BRD (EINHEIT 9/1971). Auffällig ist, daß sich die periodischen IPW-Publikationen nicht mit bestimmten 319 Forschungsbericht des Wissenschaftlichen Rates 1974, 15.4.1975, (SAPMDB, Bestand IV BZ/9.04 Nr. 109). 320 Ebenda.
VII. Kader- und Weiterbildung
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aktuellen politischen Ereignissen auseinandersetzten (z.B. bezüglich des Grundlagenvertrages vom Dezember 1972 oder des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes vom Juni 1973), sondern sich ideologisch-propagandistischen Grundfragen im Sinne marxistischer Wissenschaftlichkeit widmeten, wahrscheinlich, da erst Anweisungen von höherer Stelle abzuwarten waren, wie mit aktuellen Themen zu verfahren sei. Welche zynische Dimension die Propaganda des IPW teilweise annehmen konnte, zeigt ein Beitrag in den IPWBERICHTEN 11/73 zum Thema Geistig-kultureller Austausch und ideologischer Kampf, worin u.a. zu lesen ist, daß die international psychologische Atmosphäre zu "entgiften", Völkerhaß und Diskriminierung gerade der fortschrittlichen Ideen, die von der Menschheit hervorgebracht wurden, der Ideen des Marxismus-Leninismus, des Humanismus, der Friedensliebe, aus den Beziehungen zwischen den Staaten zu verbannen seien. Die gesellschaftliche und ideologische Gegensätzlichkeit von Sozialismus und Kapitalismus schließt nicht aus, Bedingungen zu schaffen, daß sich die Völker besser kennenlernen, sich durch vereinte Anstrengungen zum Schutz des Friedens auf die humanistischen geistigen Werte ihrer eigenen Kultur besinnen und diese für die weitere Verbesserung der internationalen Beziehungen bewußt einsetzen. Als das Kriterium der Denkfreiheit unserer Zeit wird von dem Vertreter eines Regimes, welches den Besitz jeglicher Westpublikation bei Strafe untersagte, unverfroren erklärt: Den Entwicklungsstandard der geistigen Freiheit messen die Marxisten-Leninisten folglich auch daran, welche Möglichkeiten zur Propaganda der Weltanschauung der Arbeiterklasse in den kapitalistischen Ländern bestehen, ob und in welchem Umfang die Werke der Klassiker des Marxismus-Leninismus verbreitet werden, ob gleiche Chancen für die Anhänger der marxistisch-leninistischen Weltanschauung in allen Berufszweigen bestehen und vor allem, ob die marxistischleninistischen Parteien sich ungehindert politisch und geistig betätigen können. lZI
VII. Kader- und Weiterbildung Einen besonders wichtigen Bereich der sozialistischen Wissenschaftspolitik bildete, wie in allen übrigen Bereichen der SED-Herrschaft, die Kader- und Weiterbildung. 322 So legte das Politbüro im Rahmen der Realisierung des Forschungsplanes der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der
321 W. Neubert, Geistig-kultureller Auslausch und ideologischer Kampf in: IPWBERICHTE 11/73, S. 23ft. 322 G.-J. Glaeßner, Herrschaft durch Kader. Leitung der Gesellschaft und Kaderpolitik in der DDR, Opladen 1977.
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DDR bis 1975323 zu Beginn des Jahres 1972 fest, daß in der Aus- und Weiterbildung gesellschaftswissenschaftlicher Kader ... der Grundsatz der Einheit von marxistisch-leninistischer Theorie und revolutionärer Praxis konsequent zu verwirklichen (ist). So hatte die gesellschaftswissenschaftliche Forschung in der DDR . . . einen wirksamen Beitrag zur Erforschung gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse und ihrer objektiven Gesetzmäßigkeiten, zur Erziehung der Werktätigen im Geiste des Marxismus-Leninismus und zur offensiven Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Ideologie zu leisten. Ihre Aufgabe besteht darin, den theoretischen Gehalt des VIII. Parteitages allseitig zu erschließen und für die Tätigkeit der Partei nutzbar zu machen. Die SED sah in den Gesellschaftswissenschaften ein theoretisches und politisch-ideologisches Instrument, um die theoretische Arbeit in Forschung, Lehre und Propaganda so zu qualifizieren, daß Inhalt und Fonn der ideologischen Auseinandersetzung mit dem Gegner den wachsenden Anforderungen entsprechen, vor dem Hintergrund, daß sich der ideologische Kampf zwischen Sozialismus und Imperialismus weiter verstärken wird. Ziel sei die Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins und der offensive Kampf gegen den Antikommunismus und den Nationalismus in der Politik und Ideologie der imperialistischen Bourgeoisie. Die immer wieder betonte Einheit von Politik und Wissenschaft sollte besonders das weitere Wachstum der führenden Rolle der Arbeiterklasse und ihrer marxistischleninistischen Partei3Z4 unterstreichen und die SED-Herrschaft so nach innen absichern. An dieser Stelle wird erneut der Grundwiderspruch der sozialistischen Wissenschaftsideologie deutlich, unter dessen Druck das IPW nicht effektiv arbeiten konnte. Entweder war die Parteispitze mit wissenschaftlich fundierten, d.h. im Sinne realistischer Wahrnehmung erforschten Infonnationen zu versorgen, was jedoch gegen die ideologischen Grundvorgaben verstoßen hätte oder das Institut beteiligte sich an Agitation und Propaganda, was wiederum die objektive, wissenschaftliche Analyse ausschloß (vgl. Kapitel B.III.). Vor diesem Hintergrund ist die Forderung Erich Honeckers nach erhöhter Effizienz und Flexibilität ein frommer Wunsch, da sich die SED diesen Weg durch ideologische Vorgaben selbst verbaute. Da dies jedoch eine conditio sine qua non für die Aufrechterhaltung des gesamten sozialistischen Systems war, stellte der Forschungsplan im Rahmen der Aufgaben zur Verbesserung der Kaderarbeit, insbesondere zur Entwicklung des wissenschaftlichen Nachwuchses fest: Die wachsenden Aufgaben der Gesellschaftswissenschaften in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft stellen höhere Anforderungen an die zielstrebige und 323 Zentraler Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975. Bestätigt durch das Politbüro des ZK der SED am 11. Januar 1972, (SAPMDB, Bestand J IV 2/2 Nr. 1374). JZ4 Maßnahmenplan zur Realisierung des Forschungsplanes der marxistischleninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975, Protokoll 1172 der Politbürositzung vom 11.1.1972, (SAPMDB, Bestand J IV 2/2 Nr. 1374).
VII. Kader- und Weiterbildung
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planmäßige Entwicklung der Kader und verlangen, daß die Aus- und Weiterbildung in den gesellschaftswissenschaftliehen Disziplinen auf der Grundlage der Beschlüsse und Dokumente der Partei und der fortgeschrittenen wissenschaftlichen Erkenntnisse weiter verbessert wird. Der Maßstab für die Ausbildungsund Erziehungsarbeit liegt in dem vom VIII. Parteitag betonten gesellschaftlichen Auftrag, Absolventen heranzubilden, die einen festen Klassenstandpunkt und hohe fachliche Kenntnisse besitzen. Deutlich heißt es am Schluß: In der Einheit von theoretischer Analyse der gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse und bewußter, zielgerichteter Teilnahme am politischen Kampf der Partei besteht ein wesentliches Element der Wirksamkeit der gesellschaftswissenschaftliehen Arbeit. 325 Aufgrund dieser zentralen Vorgaben legte die Abteilung Kader und Weiterbildung des IPW eine Konzeption für die Aus- und Weiterbildung mit konkreter Aufgabenstellung für 1972/73 vor, mit dem Ziel, die Mitarbeiter zu befähigen, die Parteilichkeit auf der Grundlage der Strategie und Taktik der Partei zur Stärkung der DDR und der sozialistischen Staatengemeinschaft ständig weiter auszuprägen. Dazu sollten Direktoren, Hauptabteilungsleiter und Abteilungsleiter der Forschungsbereiche, des Bereiches Information/Dokumentation und der Redaktion ... zum Zwecke der Weiterbildung entweder regelmäßig an bestimmten Veranstaltungen beim ZK, an turnusmäßigen Weiterbildungslehrgängen des Instituts für Gesellschaftswissenschaften (in der Regel alle 3 Jahre) oder an ausgewählten Lehrveranstaltungen der einzelnen Lehrstühle der Parteihochschule "Kar/ Marx" teil(nehmen). Leiter und promovierte wissenschaftliche Mitarbeiter werden zu langfristig geplanten, sorgfältig vorbereiteten Studienaufenthalten in die Sowjetunion entsandt. Im Rahmen dieser Konzeption wurde so auch das Promotionsrecht angestrebt, welches das Institut zusammen mit dem Berufungsrecht zum 1. September 1975 erhielt (1981 auch das Habilitationsrecht, in der DDR Promotion B genannt) 326, um entscheidenden Einfluß auf die wissenschaftliche Ausbildung der Mitarbeiter, welche ohne Ausnahme der SED angehörten, nehmen zu können. 327 Im Rahmen der Grundsätze für die Aus- und Weiterbildung am Institut galt u.a., daß das IPW als Leiteinrichtung für die Imperialismusforschung in der DDR, seinem politischen und wissenschaftlichen Auftrag entsprechend, einen spezifischen Beitrag zur Erforschung der Entwicklungsprozesse im staatsmonopolistischen Kapitalismus und bei der Propagierung des Marxismus-Leninismus leistet. Die Weiterbildung sei, so der Bericht, 325 Zentraler Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975. Bestätigt durch das Politbüro der SED am 11.1.1972, S. 26f. (BAPAR, Bestand Bericht ü.d. Realisierung des Zentralen Forschungsplans u. zur Entwicklung der Imperialismusforschung, DC 204 Direktion 14/15). 326 Herbst I Ranke I Winkler, So funktionierte die DDR, a.a.O., S. 416ft. 327 W. Bleek I L. Mertens, DDR-Dissertationen. Promotionspraxis und Geheimhaltung von Doktorarbeiten im SED-Staat, Opladen 1994, S. 112.
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untrennbarer Bestandteil der politischen Führungstätigkeit des Direktors und der Parteiorganisation und muß mehr als bisher zur Sache aller Leiter werden, da die Aus- und Weiterbildung als untrennbare Einheit von marxistischleninistischer und beruflich-fachlicher Weiterbildung aufzufassen ist. Sie soll die Mitarbeiter befähigen, die Parteilichkeit auf der Grundlage der Strategie und Taktik der Partei zur Stärkung der DDR und der sozialistischen Staatengemeinschaft ständig weiter auszuprägen. Dabei geht es insbesondere um die Vertiefung des Wissens auf dem Gebiet der Grundlagen der marxistisch-leninistischen Theorie, der marxistisch-leninistischen Philosophie, speziell der Dialektik, der politischen Ökonomie (vorrangig "Das Kapital'') und des wissenschaftlichen Kommunismus, weshalb die Institutsmitarbeiter zur systematischen Verbesserung der Sprachkenntnisse angehalten wurden, vor allem der russischen Sprache. 328 Daneben gehörte die Selbstkontrolle als weiteres wichtiges Instrument zur sozialistischen Kaderpolitik. So gab Direktor Häher im Rahmen der internen Durcharbeitung des Zentralen Forschungsplanes (sowie von Aufsätzen Honekkers zu Fragen von Wissenschaft und Politik in der sozialistischen Gesellschaft der DDR und Hagers zu Aufgaben der Gesellschaftswissenschaften nach dem VIII. Parteitag der SED) im März 1972 u.a. die Anweisung, zu prüfen, ob in der wissenschaftlichen Forschung und in der propagandistischen Tätigkeit höchstmögliche Ergebnisse erzielt werden und wie ... durch unser Institut in den nächsten Wochen und Monaten in stärkerem Maße als bisher Beiträge zur politisch-ideoiD_Jischen Auseinandersetzung mit dem Gegner geleistet werden (können) f Dabei mußten die Grundsätze zur Sicherung einer zielgerichteten Leitung, Kontrolle und Ergebnisbewertun~ der Erfüllung des wissenschaftlichen Leistungsplanes vom 30. Dezember 1971 30 erfüllt werden: Für jede Leistungsanforderung ist von dem verantwortlichen Leiter eine eindeutige politische und wissenschaftliche Zielstellung vorzugeben oder zu bestätigen, welche, zumindest in einem belegten Fall, nicht erbracht wurde. Im April 1974 beschäftigte ein Beitrag in den IPW-Forschungsheften 1/74 zum Thema Veränderungen in der sozialökonomischen Struktur der Bauemsehaft der BRD nicht nur die Leitung des IPW, sondern auch Albert Norden und sogar Erich Honecker, da die Auffassungen in dem Artikel auf eine Korrektur der Leninschen Positionen zur klassenmäßigen Analyse der Landbevölkerung 328 Grundsätze für die Aus- u. Weiterbildung, o. Datum, (BAPAR, Bestand Kollegium 71-73, DC 204 Direktion 44). 329 Herbert Häher, Hinweis für die Durchführung der Seminare über den zentralen Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften in der DDR bis 1975, 28.2.1972, (BAPAR, Bestand Bericht ü.d. Realisierung des Zentralen Forschungsplans und zur Entwicklung der Imperialismusforschung, DC 204 Direktion 14/15). 330 Grundsätze zur Sicherung einer zielgerichteten Leitung, Kontrolle und Ergebnisbewertung der Erfüllung des wissenschaftlichen Leistungsplanes, 30.12.1971, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44).
VII. Kader- und Weiterbildung
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hinauslaufen. Aus diesem Grund müsse der Artikel einer prinzipiellen Kritik unterzogen werden, und man hatte bereits veranlaßt, daß die Parteiorganisation und die Leitung des IPW die Auseinandersetzung über die aufgetretenen Fehler führt. 331 Kritikpunkt war also nicht mangelnde wissenschaftliche Qualität, sondern ein Verstoß gegen die klassenmäßige Analyse, d.h. gegen die ideologische Parteilichkeit der sozialistischen Vorgaben, was nicht geduldet werden konnte, da der demokratische Zentralismus332 die völlige Unterordnung unter die unbedin~te Verbindlichkeit der Entscheidungen der höheren Parteiorgane bedeutete.3 3 Schaut man sich die so kritisierte Arbeit einmal genauer an, so fällt auf, daß jeder Ansatz realistischer, wissenschaftlicher Analyse mit einer Mischung aus Zynismus und Arroganz, aber auch Erschrockenheit unterdrückt wurde. So verwundem auch nicht Randbemerkungen wie Widerspricht der ML-Erkenntnis, Unterstützt den Klassenfeind oder dreiste Fehlinterpretation, im Gegenteil, sie verdeutlichen die wissenschaftsideologische Praxis im Sozialismus auf drastische Weise. Aber nicht nur auf diese direkte Weise wurden die Institutsmitarbeiter kontrolliert. Durch die im Parteistatut vorgeschriebene Grundorganisation (welche auch in VEB, LPG, PHG, in Armee und Polizei, in den Staatsorganen, in wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen sowie in Dörfern und städtischen Wohn~ebieten, wenn dort mindestens drei SED-Mitglieder tätig waren (!), bestanden 34) besaß die SED durch den jeweiligen Parteisekretär die Möglichkeit, ihre Mitglieder innerhalb des IPW direkt anzuleiten. In diesem Zusammenhang legte das Politbüro fest: I. Die Grundorganisation der SED des Instituts für Internationale Politik
und Wirtschaft (300 Mitglieder) wird entsprechend Punkt 60 des Statuts der Partei in Abteilungsparteiorganisationen mit den Aufgaben, Pflichten und Rechten von Grundorganisationen untergliedert.
Il. Entsprechend der Struktur des Instituts werden folgende Abteilungsparteiorganisationen gebildet: APO 1: für die Abt., die bei der Direktion bestehen; für die Habt. "Wirtschaftliche u. soziale EntwicklungsproAPO II: zesse"; APO 111: für die Habt. "Entwicklung des politischen Herrschaftssystems",· H. Häher an A. Norden, 17.4.1974, (SAPMDB, Bestand IV B2/2.028 Nr. 006). Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), Der demokratische Zentralismus. Herrschaftsprinzip der DDR, Bonn 1984; vgl. G. Neugebauer, Der Staatsapparat, in: G. Erbe, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der DDR, Opladen 1979, S. 92-100. 333 Vgl. Grundlagen des Marxismus-Leninismus, Ost-Berlin 1960, S. 391. 334 DDR-Handbuch, a.a.O., S. 496; vgl. T. Ammer, Die Machthierachie der SED, S. 816ff., in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. W2: Macht, Entscheidung, Verantwortung, S. 803-867. 331
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für die Habt. "Dokumentation u. lnfonnation "; für die Habt. "Schriftliche Agitation"; für den Bereich der Inneren Verwaltung, Fahrdienst, und Wache. Die Bildung von Parteigruppen innerhalb der Abteilungsparteiorganisation erfolgt entsprechend den Erfordernissen der Arbeit und der weiteren strukturellen Untergliederung des Instituts. 335
APO/V: APO V: APO VI:
Unter Honecker orientierte sich die Kaderpolitik der SED somit immer stärker an Qualifizierung und Akademisierung. Die SED sicherte ihre Herrschaft nicht mehr allein aufgrund der Parteidominanz gegenüber Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft, sondern drang selbst in diese Bereiche ein, wodurch ein neuer Typ des SED-Funktionärs entstand, der - fachlich und akademisch geschult- den Herrschaftsanspruch der Partei in Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft verwirklichen sollte. Wer sich so bei seiner Arbeit im Rahmen des politischen Kampj(es) der Partei336 bewährte, den belohnte die SED z.B. für hervorragende Verdienste im Kampf um die Sicherung des Friedens mit dem Banner der Arbeit (Doemberg, Grasnick, Flach, Rehnan), mit der Verdienstmedaille der DDR (Becker, Seiß, Ullrich, Frau Hoffmann, Frau Berg) oder mit dem Titel Verdienter Aktivist (Frau Muthund Frau Kramer). 337 Aber das IPW sorgte sich auch um das Wohl der Familien seiner Mitarbeiter, weshalb entsprechend dem Plan des IPW zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen . . . in Absprache mit dem zuständigen Genossen des Ministerrates im Dorf Cantnitz, Kreis Neustrelitz, ein Objekt zur Nutzung als Kinderferienlager und Ferienheim für Mitarbeiter des Instituts gekauft wurdi38 , wohin jedoch nur verdiente Mitarbeiter reisen durften und diese nur jeweils unter Aufsicht einer Leitungsperson, um auf diese Weise auch außerhalb des Instituts die Kontrolle über den einzelnen Mitarbeiter zu behalten. Durch die Übertragung der Arbeitsatmosphäre ins Privatleben sollte eine Koppelung und Durchdringung beider Lebenswelten - im Hinblick auf das Ziel der sozialistischen Bewußtseinsbildung auch der IPW-Mitarbeiter - verstärkt und gefördert
335 Protokoll Nr. 26 der Sitzung des Politbüros vom 8.9.1971, (SAPMDB, Bestand J IV 2/3 Nr. 1780). 336 Zentraler Forschungsplan der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975. Bestätigt durch das Politbüro der SED am 11.1.1972, S. 26f. (BAPAR, Bestand Bericht ü.d. Realisierung des Zentralen Forschungsplans u. zur Entwicklung der lmperialismusforschung, DC 204 Direktion 14/15). 337 Protokoll Nr. 21 der Sitzung des Politbüros vom 4.3.1974, (SAPMDB, Bestand J IV 2/3 Nr. 2125) bzw. Protokoll Nr. 57174 der Sitzung des Politbüros vom 13.7.1974, (SAPMDB, Bestand J IV 2/3 Nr. 2161). 338 H. Häher in einem Schreiben an A. Norden, 6.11.1972, (SAPMDB, Bestand J IV 2/10.02 Nr. 5).
VIII. Kontakte innerhalb der DDR
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werden339 , denn auch hier galt das Wort Herbert Hähers, wonach es keine ideologiefreien Räume geben dürfe.
VIII. Kontakte innerhalb der DDR Innerhalb der DDR unterhielt das IPW auf wissenschaftlicher Ebene Kontakt zu Universitäten und anderen Institutionen, die ebenfalls mit der BRDForschung betraut waren, wie dem Institut für Internationale Beziehungen in Babelsberg340, der Akademie der Wissenschaften, dem Institut für Gesellschaftswissenschaften, der Parteihochschule Kar! Marx, dem Institut für Internationale Studien, dem Institut für Staats- und Rechtstheorie, der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaften, dem Institut für Wirtschaftsgeschichte und der Gewerkschaftshochschule "Fritz Heckert" . Mit diesen Einrichtungen arbeitete das IPW zusammen, da interdisziplinäre, auf der koordinierten und gemeinsamen Arbeit . . . mit wissenschaftlichen Kollektiven außerhalb des /PW beruhende Forschungen . . . . einen Hauptweg zur Erreichung von wissenschaftlichen Ergebnissen, zu größeren Problemkomplexen und zu neuen theoretischen Verallgemeinerungen (bilden). 341 Diese Zusammenarbeit vollzog sich u.a. im Rahmen übergreifender wissenschaftlicher Foren, welche in drei Gruppen zu unterscheiden sind: 1. Wissenschaftliche Räte (z.B. im Rat für Imperialismusforschung), 2. Kommissionen (z.B. Kommission der Leiter der gesellschaftswissenschaftliehen Institute des ZK der SED342, 3. Arbeitskreise (z.B. AK Kapitalistische Weltwirtschaft, AK Internationale Währungsprobleme, AK Lage und Kampf der Arbeiterklasse, AK Militarisierung und Aggressivität, AK Politisches Herrschaftssystem und AK Landwirtschaft). 343 Andererseits gab es sog. Lektorengruppen zu speziellen Themen wie Grundfragen des Charakters unserer Epoche und der Entwicklung des KräfteverhältEbenda. IIB: Jahresbericht 1972, 15.5.1973, (SAPMDB, Bestand IV B2 9.04 Nr. 96). 341 IPW-Arbeitsgruppe: Wissenschaftliches Profil des IPW (lt.Arbeitsplan der Direktion), Anlage Nr. 2: Formen der interdisziplinären komplexen Forschungsarbeit, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 342 Protokoll Nr. 22/71 der Sitzung des Politbüros, Anlage Nr.14 (SAPMDB, Bestand J IV 2/2 Nr. 1363). 343 IPW-Arbeitsgruppe: Wissenschaftliches Profil des IPW (lt. Arbeitsplan der Direktion), Anlage Nr. 2: Formen der interdisziplinären komplexen Forschungsarbeit, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 339
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nisses in der Welt, der 67 Personen angehörten, darunter vier Mitarbeiter des IPW (u.a. der stellv. Direktor Doemberg). Zur Lektorengruppe Zu Grundproblemen und neuen Erscheinungen des Imperialismus und zur Auseinandersetzung mit dem Antikommunismus und Nationalismus, der Politik und Ideologie der rechten Sozialdemokratie und dem Revisionismus (55 Mitglieder), gehörten 26 Mitarbeiter des IPW, darunter Direktor Häher und sein Stellvertreter Maier. 344 Daneben gab es eine wissenschaftliche Zusammenarbeit im Rahmen bestimmter Einzelprojekte (Kolloquien oder Publikationen), entsprechend den Vorgaben des Zentralen Forschungsplanes. So wurde z.B. in einem Rundschreiben des ZK an die 1. Sekretäre der Bezirks- und Kreisleitungen der SED vom 16. September 1971 das IPW zusammen mit der Parteihochschule und dem Institut für Gesellschaftswissenschaften beauftragt, eine Einführung für das Studium von Grundfragen der politischen Ökonomie des Kapitalismus auszuarbeiten. 345 Neben dieser Zusammenarbeit auf wissenschaftlicher Basis gab es Kontakte zu staatlichen Stellen (besonders zum Außenministerium, zum Wirtschaftsministerium und zur Armee) im Rahmen jeweils erteilter Auftragsarbeiten (z.B. Vorbereitung von Arbeitsunterlagen als Vorlage für Konferenzen und Tagungen), bei denen meist auch Mitarbeiter der entsprechenden Auftraggeber mitwirkten. Da das IPW die größte Bibliothek der DDR zu Problemen des Imperialismus für den Zeitraum nach 1945 unterhielt, wurde das Institut ständig von wichtigsten Nutzem, die Aufträge erteilen oder deren Vertreter in unseren Archiven arbeiten, aufgesucht. Dazu gehörten ZK-Abtei/ungen, das Institut für Gesellschaftswissenschaften, das Institut für Marxismus-Leninismus, die Parteihochschule, die Akademie der Wissenschaften, Universitäten und Hochschulen, die Akademien für Staats- und Rechtswissenschaften, für Landwirtschaftswissenschaften und für ärztliche Fortbildung, die Bauakademie, das Büro des Ministerrates, die Staatliche Plankommission, das Außenministerium, die Ministerien für Nationale Verteidigung, Außenhandel und Staatssicherheit sowie eine große Anzahl selbständiger Ämter und nachgeordneter Dienststellen, volkseigene Betriebe, die DEFA und das Armeefilmstudio, Funk, Fernsehen, zentrale Presseorgane,· Theater und Verlage. 346 Im Rahmen solcher Auftragsarbeiten legte das IPW z.B. im September 1972 für das Außenministerium eine Situationsanalyse über Ausgangspositionen für die multilaterale Vorbereitung der europäischen Sicherheitskonferenz vor, eine Untersuchung der Interessenlage 344
Protokoll Nr. 10 der Sitzung des Politbüros vom 21.7.1971 (SAPMDB, Bestand
J IV 2/3 Nr. 1764).
345 ZK der SED: Rundschreiben 02/5 vom 16.9.1971 , Die Hauptaufgaben des Parteilehrjahres der SED und seine weitere Entwicklung in den Jahren 1971 - 1975, (SAPMDB, Bestand J IV 2/3 Nr. 1780). 346 M. Schmidt, Zur Tätigkeit des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft, 15.1.1974, S. 9ff., (SAPMDB Bestand J IV 2/10.02 Nr. 5).
VIII. Kontakte innerhalb der DDR
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der wichtigsten NATO-Länder sowie einiger neutraler Staaten Europas, worin besonders auf die Vertiefung der Widersprüche zwischen den USA und der westeuropäischen Machtkonzentration des lmpen"alismus verwiesen wurde. 347 Wie die USA so sei auch Großbritannien durch den Druck der in Europa wachsenden Tendenz zur friedlichen Koexistenz gezwungen, seine reservierte Haltung in dieser Frage [einer europäischen Sicherheitskonferenz, d. Verf.] aufzugeben. Weiter wird in der IPW-Analsye von einer Position der Stärke gesprochen, aus der die USA, Großbritannien und die Bundesrepublik ihre Politik den sozialistischen Staaten gegenüber verfolgten, welche von einer kontinuierlich aufrechterhaltenden militärischen Aggressionsbereitschaft begleitet werde. Darüber hinaus seien nahezu alle NATO-Staaten bestrebt, gesamteuropäischen Vereinbarungen über die Gestaltung der Beziehungen zwischen den Staaten einen gegen die Prinzipien des sozialistischen Internationalismus gerichteten Inhalt zu geben. In bezug auf die Bundesrepublik hieß es: Der Imperialismus der BRD ist bestrebt, sich den neuen Bedingungen anzupassen, unter denen sich die internationale Klassenauseinandersetzung in den kommenden Jahren vollziehen wird. Während ihn die wachsende Stärke des Sozialismus und die Verschärfung der Widersprüche zwischen den imperialistischen Staaten und Machtzentren dazu zwingen, in bestimmtem Maße auf Lösungen im Sinne der friedlichen Koexistenz einzugehen, versucht er gleichzeitig, seine antisozialistischen Zielsetzungen, insbesondere gegenüber der DDR, weiter zu verfolgen... Am deutlichsten kommen die von der BRD erhobenen Vorbehalte gegenüber einer vollständigen Durchsetzung der Prinzipien der friedlichen Koexistenz in ihrem Verhalten gegenüber der DDR zum Ausdruck. Der Wesenskern der Konzeption vom "Sondercharakter" der Beziehungen zwischen der DDR und der BRD besteht in dem Versuch, die "deutsche Frage offen zu halten " und eine völkerrechtlich verbindliche Verpflichtung zur Wahrung des Prinzips der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten gegenüber der DDR - ausgenommen mit militärischen Mitteln - zu vermeiden. Aber nicht nur auf die Haltung der Bonner Regierungskoalition ging der IPW-Bericht ein, auch die Haltung der oppositionellen CDU/CSU wurde beleuchtet, und der Bericht kommt zu dem Schluß, daß sich die Positionen kaum unterscheiden und daß auch eine CDU/CSU geführte BRD-Regierung dazu gezwungen sein würde, sich den veränderten Existenzbedingungen des Imperialismus anzupassen, auch wenn sich das Tempo dieses Anpassungsprozesses und der Grad der Kompromißbereitschaft in den zur Lösung anstehenden Problemen der europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit möglicherweise 1:,genüber denen der gegenwärtigen ERD-Regierung negativ unterscheiden wird. 347 IPW, Situationsanalyse über Ausgangspositionen für die multilaterale Vorbereitung der europäischen Sicherheitskonferenz, Sept. 1972, (BAPAR, Bestand Internationales Institut für den Frieden Wien, 1969-1974, DC Direktion 26). 348 Ebenda.
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Zudem erarbeitete das IPW im Auftrag des Außenministeriums z.B. Material zum Thema Internationale Konzerne, darunter u.a. ein Positionspapier zur Vollversammlung der UN sowie zur 57. Tagung des Wirtschafts- und Sozialrates der Ufi349 , und der stellvertretende Außenminister der DDR, Moldt, bat das IPW um Unterstützung anläßlich der 18. Generalkonferenz der UNESCO in Paris (15. Oktober bis 20. November 1974). 350 Darüber hinaus saßen IPWMitarbeiter im Rat für Geschichtsforschung, im Rat für außenpolitische Forschung sowie für ökonomische Forschung, und mit dem stellvertretenden Direktor Doemberg stellte das IPW auch den Generalsekretär des DDR-Komitees für europäische Sicherheit und damit das Mitglied des Internationalen Initiativkomitees in Brüssel. 351 Die zunehmende Bedeutung der Wissenschaft für die Ziele der SED verstärkte auch den Zwang, die Wissenschaftler zu kontrollieren, weshalb das MfS seinen Einfluß auch in diesem Bereich ausdehnen konnte. Dies nicht nur bezüglich der Reisekader, sondern auch aufgrund der Tatsache, daß durch die Entspannungspolitik und die Normalisierung der innerdeutschen Beziehungen nach dem Grundlagenvertrag 1972 das von der SED propagierte imperialistische Feindbild nicht mehr aufrechterhalten werden konnte, zusätzlich bewirkt durch die nun einsetzenden millionenfachen Westkontakte der DDR-Bürger. 352 Dem versuchte die SED auf eine dreifache Weise zu begegnen: Durch eine weitere Verstärkung der Abgrenzungspolitik353 , den Ausbau sozialpolitischer Maßnahmen zur Hebung des Lebensstandards und Massenkonsums354 sowie schließlich eine verstärkte ideologische Beeinflussung und Kontrolle der Bevölkerung.
349 Forschungsbericht des Wissenschaftlichen Rates 1974, 15.4.1975, (SAPMDB, Bestand IV B2/9.04 Nr. 109). 350 Anfrage des Stellvertretenden Außenministers der DDR, Moldt, an das IPW, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-73, Direktion DC 204, Nr. 44). 351 Protokoll Nr. 48 der Sitzung des Politbüros vom 2.5.1973 (SAPMDB, Bestand J IV 2/3 Nr. 2003). 352 Vgl. die an der Hochschule des MfS entstandenen Untersuchungen, so z.B. die der HA IX und VI zu Außenpolitisch-völkerrechtlichen Grundfragen. Erfahrungen und Schlußfolgerungen zum Beitrag des MJS zur Verwirklichung der sozialistischen Friedenssicherung - untersucht am Beispiel des Auftretens der Delegationen der DDR bei Verhandlungen zu humanitären Fragen im Rahmen der KSZE und Problemen der Verwirklichung des Transitabkommens DDR-BRD. BStU, Zentralarchiv, MfS JHS 21999 I 22000. 353 Vgl. D. Staritz, Geschichte der DDR. 1945-85, Frankfurt/Main, S. 209ff. 354 Vgl. H.-H. Hertle, Staatsbankrott Der ökonomische Untergang des SEDStaates, in: DEUTSCHLAND ARCHIV 25/1992, S. 1019-1030.
VIII. Kontakte innerhalb der DDR
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1. Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist die Analyse der Einflußnahme seitens der Staatssicherheit nur unzureichend, da kaum Unterlagen zu diesem Themenkomplex gefunden werden konnten. Besonders die Hoffnungen auf Funde in der Berliner Gauckbehörde wurden enttäuscht, da dort - merkwürdigerweise - nur ein einziger Aktenvorgang zum Thema IPW im Zeitraum zwischen 1971 und 1974 vorliegt, der nur wenige und unbedeutende Aussagen enthält. Auch konnten weder bei Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst oder Bundesministerien, noch beim Bundeskanzleramt weitere Informationen gefunden bzw. in Erfahrung gebracht werden. So trifft das zu, was der ehemalige IPW-Abteilungsleiter Dr. Hans Pirsch auf Anfrage zum Thema IPW/MfS schrieb: Ihr Interesse an der Erforschung von Beziehungen des IPW zum Ministerium für Staatssicherheit wird auf Schwierigkeiten unterschiedlichen Charakters stoßen. Mancher kann Ihnen keine Auskunft geben. Mancher will Ihnen keine Auskunft geben. Manche Weigerung widerspiegelt sicherlich die Tatsache, daß die Zeit noch nicht reif ist für eine reale Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheit aus relativ junger Vergangenheit. 355 Aus diesem Grunde mußte sich die Untersuchung des wichtigen Komplexes IPW/ Staatssicherheitsdienst auf die Aussagen ehemaliger Institutsmitarbeiter bzw. westdeutscher Gesprächspartner beschränken. Die Tätigkeit, die im Zusammenhang mit dem IPW besonders interessiert, ist im Organisationsplan des MfS kaum zu finden: Die Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion (PID), welche im Unterschied zur ideologischen Diversion die politische Komponente stärker betonte und zu Beginn der siebziger Jahre im MfS als eigenständiger Untersuchungsgegenstand definiert wurde.356 Unter PID verstand man das subversive ideologische Einwirken des Imperialismus auf das gesellschaftliche Bewußtsein in sozialistischen Staaten und das individuelle Bewußtsein ihrer Bürger, insbesondere durch das planmäßige und systematische Verbreiten von Konzeptionen, Anschauungen, Wertungen und Grundsätzen, deren Inhalt sowohl von militant-grobschlächtigem als auch von flexibel-verschleiertem Antikommunismus geprägt ist. Mit ihr wird das subversive Ziel verfolgt, in den sozialistischen Staaten in einem langfristigen Prozeß entscheidende ideologische Voraussetzungen für konterrevolutionäre Veränderungen zu schaffen. Diese Zielsetzung schließt ein, die sozialistische Bewußtseinsbildung zu verhindern, das sozialistische Bewußtsein ihrer Bürger zu zersetzen, feindlich-negatives Handeln zu aktivieren. Sie wird durch das imperialistische Herrschaftssystem entsprechend den strategischen Grundlinien seines Kampfes gegen die sozialistischen Staaten konzipiert, durch spezielle EinrichDr. Hans Pirsch auf Anfrage am 4.10.1995. S. Mampel, Die ideologische Kontrolle der DDR durch das Ministerium für Staatssicherheit, S. 16, in: APuZ, B 20/96 vom 10. Mai 1996, S. 13-22. 355
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tungen und Organe in imperialistischen Ländern geleitet, unter Anwendung und Mißbrauch wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden vorbereitet und vor allem über elektronische Medien, den Mißbrauch von Kontakten und die ·Einschleusung von Informationsträgern in sozialistische Länder realisiert. Sie vergiftet die normalen Beziehungen zwischen den Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung und ist unvereinbar mit dem Prinzip der friedlichen Koexistenz.35 Es ging also um das Bewußtsein der Menschen, wobei dem MfS wie auch dem IPW- die Aufgabe zufiel, das sozialistische Bewußtsein zu schaffen und zu erhalten (vgl. Kapitel D.II.). Vor dem Hintergrund der beschriebenen Aufgaben des IPW gestaltete sich die Beziehung zwischen der Staatssicherheit, dem Kernstück des Macht- und Disziplinierungsapparates ... der SED358 , und dem IPW zwangsläufig sehr eng, so daß der Verfassungsschutzbericht des Jahres 1974 u.a. betont, daß das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) die Tätigkeit des IPW sachlich und personell erheblich beeinflußt. 359 Im Rahmen einer Arbeitsgruppe, die in keinem Forschungs- oder Planungsbericht auftauchte360 , unterhieb das IPW unter Leitung von Prof. Dr. Herbert Bertsch (wahrscheinlich im Range eines Oberst der Staatssicherheit) Kontakt zur Staatssicherheit bzw. die Staatssicherheit zum IPW, da Stasi-Offiziere zum IPW abgeordnet wurden. 361 Die zunächst vierköpfige (später zehnköpfige) Arbeitsgruppe Bertsch stand, als Partner des operativen Zusammenwirkens (POZW) 362 , in direktem Kontakt zur Hauptverwaltung Aufklärung363 , deren Hauptabteilung XX auch die Kontrolle der Reisekader sowie die Überwachung der Wissenschaft oblag364 , weshalb die Arbeitsgruppe nach Meinung des ehemaligen IPW-Mitarbeiters Dr. Wemer Rossade eine direkte Außenstelle des MfS war und für aktive Westkontakte zuständig zeichnete.365 IPW-Mitarbeiter Detlef Herrmann dazu: Mit dem normalen Betrieb hatte diese geheimnisumwitterte Truppe kaum etwas zu tun. Bemerkenswert ist, daß der Abfall aus diesen Büros grundsätzlich durch einen Aktenvernichter geschickt wurde. 366 Auch der Verfassungsschutzbericht von 1975 unterstrich nochmals die enge Verbindung des IPW mit dem MfS und wies im Rahmen der nachrichtendienstlichen Bedeutung darauf hin, daß die offizielle Tätigkeit des einzelnen 357 Die politisch-ideologische Diversion gegen die DDR, in: Lehrbuch der Juristischen Hochschule Potsdam, Nr. 20/1988, S. 19. 358 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., S.223. 359 Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz 1974, Bonn 1975, S. 82. 360 Prof. Dr. Siegfried Schwarz auf Anfrage am 20.8.1995. 361 Dr. Wemer Rossade auf Anfrage am 3.9.1995. 362 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., S. 222. 363 DDR-Handbuch, a.a.O., S. 654. 364 Ebenda. 365 Dr. Wemer Rossade auf Anfrage am 3.9.1995. 366 Detlef Hermann auf eine Anfrage am 3.8.1995.
IX. Internationale Kontakte und Beziehungen
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Mitarbeiters für das IPW eine Tarnung des geheimdienstliehen Hintergrundes durch eine besondere "Legende" weitgehend entbehrlich macht. 367 Vor diesem Hintergrund reisten IPW-Mitarbeiter mit besonderem Auftrag in die Bundesrepublik, um dort vor allem Kontakt zu Wissenschaftlern aufzunehmen. So berichtete Dr. Rossade, daß er 1973 beauftragt wurde, Kontakt zum Direktor des Münchener Instituts für Zeitgeschichte, Prof. Broszat, aufzunehmen. Auf westdeutscher Seite berichtete z.B. ein Mitarbeiter des Bundesamtes für ostwissenschaftliche Studien in Köln, daß seitens des IPW-Mitarbeiters (und Offiziers der Staatssicherheit) Dr. Heinz Kosin der Versuch einer Anwerbung unternommen wurde. Insofern titelte DIE WELT in ihrer Ausgabe vom 14. Juli 1976 zu Recht: Ein Institut mit biederem Namen schickt Agenten in den Westen. Im Verlauf des Artikels hieß es u.a.: Diese neue Institution schafft der 'DDR·Spionage Möglichkeiten, vordergründig legale Beziehungen zu Dienststellen, politischen Gruppen und Personen in der Bundesrepublik zu knüpfen und diese dann nachn"chtendienstlich abzuschöpfen. . . . Ober das IPW und dessen Mitarbeiter kann die Hauptabteilung des MJS zudem politische Störoperationen in der Bundesrepublik und Desinformation zielstrebig betreiben, ohne daß die nachn"chtendienst/iche Handschn"ft erkennbar wird. Zur Stellung des IPW im System der SED schn"eb die Zeitung: Eine der wesentlichen Grundlagen des kommunistischen Machtkampfes ist die Koppelung von Geheimdienst und Parteiapparat. An dieser Schnittstelle, wo die Interessen beider Seiten zusammengeführt werden, ist das IPW angesiedelt. 368 Das IPW wurde seitens des MfS somit - quasi als wissenschaftliche Tarneinrichtung - nicht nur zur Informationssammlung genutzt, sondern vor allem besonders auch für die aktive Einflußnahme auf Personen und Einrichtungen im Westen, in erster Linie in der Bundesrepublik.
IX. Internationale Kontakte und Beziehungen 1. Kontakte zu sozialistischen Einrichtungen Die internationalen Kontakte des IPW bezogen sich in erster Linie auf Einrichtungen in den sozialistischen Bruderländern, weshalb der stellvertretende Institutsleiter Doernberg seine Kollegen der entsprechenden Ost-Institute auch unmittelbar nach der Gründung informierte und seiner Hoffnung Ausdruck gab, Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz 1975, Bonn 1976, S. 118. Ein Institut mit biederem Namen schickt Agenten in den Westen, in: DIE WELT vom 14.7.1976. 367
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B. Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft
daß sich die bisherigen Kontakte, die es zum Deutschen Institut für Zeitgeschichte bzw. zum Deutschen Wirtschaftsinstitut gegeben hatte, sich zum IPW noch fruchtbarer als bisher gestalten würden.369 Vorgegeben war diese Intensivierung und Ausweitung der internationalen Arbeit im Zentralen Perspektivplan der gesellschaftswissenschaftliehen Forschung, welches in erster Linie die Mitarbeit . . . in den multilateralen Problemkommissionen, darüber hinaus aber auch die effektivere Gestaltung der bilateralen Beziehungen mit den sozialistischen Partnerinstituten bedeutete. 370 Im Plan der internationalen Arbeit des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft im Jahre 1972371 hieß es dazu, daß die internationale Tätigkeit des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft . . . von den Forderungen des VIII. Parteitages der SED auf außenpolitischem Gebiet, den Beschlüssen über die Aufgaben der Gesellschaftswissenschaften sowie dem Beschluß über die Bildung und die Grundaufgaben des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft (bestimmt wird). Das IPW hatte seinen spezifischen Beitrag zur Eifüllung der internationalistischen Verpflichtungen der DDR zu leisten und insbesondere den Erfordernissen einer engeren Zusammenarbeit und schrittweisen Kooperation mit entsprechenden wissenschaftlichen Einrichtungen der Sowjetunion und anderer sozialistischer Staaten sowohl auf multilateraler als auch bilateraler Ebene voll Rechnung zu tragen sowie auch der Notwendigkeit ... , im Geiste des proletarischen Internationalismus den progressiven Kräften in der BRD die erforderliche politische und wissenschaftliche Hilfe zu geben. Besonders intensiv war diese, auch vertraglich vereinbarte Zusammenarbeit gemäß den zentralen Vorgaben mit dem Moskauer Institut für Weltwirtschaft und Internationale Beziehungen der Akademie der Wissenschaften der UdSSR (IMEMO) deshalb, weil der zuständige ZK-Sekretär Norden auf der konstituierenden Versammlung der Parteiorganisation des IPW gefordert hatte, daß Ihr alle Eure Aufgaben in enger Zusammenarbeit mit den Partnerinstituten in der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Ländern anpackt und löst, daß Ihr beständig die Ergebnisse der sowjetischen Imperialismusforschung für Eure politische und wissenschaftliche Arbeit nutzt. Denn noch immer und heute erst recht gilt die traditionelle Erkenntnis unserer Partei: Von der Sowjetunion /er-
369 Brief des stellv. Direktors des IPW, Prof. Doernberg, an den Leiter des Instituts für Internationale Beziehungen in Sofia, 3.8.1971, (BAPAR, Außenstelle Ruschestr., Bestand Institut f. Außenpolitik "Ivan Bacher" Sofia (1971-1976), TschechoslowakischSowj.Institut Prag (1966-1981), Ökonomisches Institut (1971-1977), 1966-1981, DC 204 Abt. IV 57). 370 Abt. Internationale Verbindungen: Plan der internationalen Arbeit des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft im Jahre 1972, 15.2.1972, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 371 Ebenda.
IX. Internationale Kontakte und Beziehungen
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nen, heißt siegen lernen. 372 Ganz in diesem Sinn wurde daher bei einem Besuch des Direktors des IMEMO, Prof. Dr. Inosemzew, am 15. Dezember 1973 beschlossen, die bisherige gute Zusammenarbeit fortzusetzen und zu erweitern, besonders im Bereich der politisch-ideologische(n) Erziehung der Wissenschaftler, besonders der jungen Kader, um zu gewährleisten, daß die geforderte realistische Analyse der komplizierten Probleme des gegenwärtigen Kapitalismus auf einer parteimäßigen Grundlage beruht und sch'l'!ierige Fragen ohne Scheu, auch auf Parteiart gestellt werden. 373 Dariiber hinaus unterhielt das IPW vor allem bilaterale Beziehungen zum USA-Institut der Akademie der Wissenschaften in Moskau, zum Institut für wissenschaftliche Information Moskau (INION), zum Institut für Internationale Arbeiterbewegung Moskau, zum Institut für Ökonomie des sozialistischen Weltsystems Moskau sowie zum Polnischen Institut für Internationale Fragen Warschau (PISM), zum Zentrum für die Erforschung der Ost-West-Beziehungen Warschau, zum Institut für Außenpolitik der VR Bulgarien Ivan Bacher Sofia, zum Institut für moderne soziale Theorien Sofia, zum Institut Zachodni Poznan (Polen) sowie zum Institut für Internationale Beziehungen Prag und zum Institut für Tschechoslowakisch-Sowjetische Beziehungen Prag. Die Zusammenarbeit mit all diesen Instituten bezog sich meist auf bestimmte Publikationen oder vollzog sich im Rahmen wissenschaftlicher Tagungen, besonders den sog. Rund-Tisch-Gesprächen, welche jährlich stattfanden und, neben der wissenschaftlichen Intention, auch der Außenwirkung und Selbstdarstellung des IPW dienten. Meist nahmen an diesen Gesprächen neben Vertretern aus dem kommunistischen Machtbereich sowie marxistischer Einrichtungen des Westens auch Mitarbeiter des DDR-Außenministeriums, des IIB, der Westabteilung und der Abt. IV des ZK teil. Die Tagungen beschäftigten sich mit aktuellen politischen und wirtschaftlichen Themen, so in den Jahren 1973 und 1974 mit der Lage in der BRD nach den Bundestagswahlen - voraussichtliche Tendenz der Entwicklung (1.12. Februar 1973) bzw. mit dem Platz der BRD in der politisch-ökonomischen Struktur Westeuropas (23./24. April 1974). In einer jeweils vorher erstellten Konzeption374 wurden Ziel und Inhalt der Gespräche 372 Referat Albert Nordens auf der konstituierenden Versammlung der Parleiorganisation des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft, 13.9.1971, (SAPMDB, Bestand IV A2/l0.02 Nr. 29). 373 Information über ein Gespräch mit dem Direktor des Moskauer Instituts für Weltwirtschaft und Internationale Beziehungen (IMEMO), Genossen Prof. Dr. Inosemzew, am 15.12.1973 im Institut für Internationale Politik und Wirtschaft, Berlin, 3.1.1974, (BAPAR, Bestand Bestand IMEMO Moskau (1971-1977), Schriftverkehr (1978-83), Bit. Verträge (1978-1983), 1971-1983, DC 204 Abt. IV 56). 374 Konzeption für die Durchführung des Rund-Tisch-Gesprächs zum Thema "Die Lage in der BRD nach den Bundestagswahlen - voraussichtliche Tendenzen der Entwicklung 1973", 18.12.1972, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-1973, DC 204 Direktion 34).
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B. Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft
genau festgelegt. So galt es nach der Konzeption vom 18. Februar 1974 zum Thema Der Platz der BRD in der politisch-ökonomischen Struktur Westeuropas, folgendes herauszuarbeiten: 375 die langfristig wirkenden Faktoren ... , die den Platz der BRD im imperialistischen System generell beeinflussen (eigene ökonomische und politische Potenzen und Zielstellungen; Einfluß der sozialistischen Staatengemeinschaft und Verhältnis zu ihr; Verhältnis zu den USA und deren globalen Interessen; westeuropäische Integration als Bewegungsform imperialistischer Widersprüche u.a.) das konkrete Wechselverhältnis und die widersprüchliche Wirkung dieser Faktoren unter den gegenwärtigen Bedingungen der Verschätfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus . . . (z. B. Auswirkungen der Verschärfung der Widersprüche zwischen den 3 Rivalitätszentren; Krise der westeuropäischen Integration u. a.) neue Tendenzen und Faktoren und ihre mögliche Wirkung auf die Stellung und den Platz der BRD im impen"alistischen System ... (Auswirkungen der Politik der friedlichen Koexistenz; Ergebnisse der ungleichmäßigen Entwicklung im kapitalistischen System; Energie- und Rohstoffproblematik; die Wirkung neuer Erscheinungen in der Politik der Entwicklungsländer,· Dialektik von Kampf und Zusammenarbeit zwischen sozialistischen und kapitalistischen Staaten u.a.) - die Reflexion der Stellung und Rolle der BRD im imperialistischen System in strategischen Konzeptionen der herrschenden Kreise ... , Widersprüche und Modifizierungen solcher Konzeptionen sowie den Einfluß des inneren Kräfteverhältnisses in der BRD auf ihre internationale Stellung .. . .
Zusätzlich wurde ein detaillierter Fragenkatalog vorgegeben, der die Konzeption vervollständigte: Wie ist das ökonomische Gewicht der BRD im imperialistischen System gegenwärtig einzuschätzen? Wie wird die BRD ihre relativ starke ökonomische Position • vor allem in Westeuropa · stärker ausspielen können, oder gehen ihre Möglichkeiten auf diesem Gebiet zurück? Wird sie von der "englischen Krankheit" etfaßt oder ist die Fortsetzung des ökonomischen Wachstums (unter Beachtung der Zyklizität) wahrscheinlich? Wie gestaltet sich das Verhältnis der BRD zu den USA? Trägt die gegenwärtige Krise der westeuropäischen Integrationspolitik dazu bei, daß die BRD ihr bilaterales Verhältnis zu den USA verstärkt? Gibt es eine Neubelebung des Sonderbündnisses Bonn Washington? Wie entwickelt sich die Stellung der BRD in Westeuropa? Kann sie von den Krisenerscheinungen der EWG für ihre Stellung profitieren (auf Kosten Frankreichs und Großbritanniens)? Welche Linie vetfolgt sie in der weiteren europäischen Integration? Vetfolgt sie einen Kurs der beschleunigten Überwin375
Ebenda.
IX. Internationale Kontakte und Beziehungen
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dung der Stagnationserscheinungen (auch angesichts der Tatsache, daß sie den Vorsitzenden im EWG-Ministerrat stellt) oder tritt sie kurz und orientiert sich stärker auf die USA? Was kennzeichnet die sogenannte 2. Phase der Ostpolitik der ERD-Regierung nach dem Abschluß der Verträge? Was sind die Ursachen der Verschärfung der Situation? Führt sie eine Doppelstrategie? Ausfüllen und Aushöhlen der Verträge? Welche Linien sind erkennbar für die nächste Periode? Welche Interessen und Ansichten hinsichtlich wirtschaftlicher Kooperation sind erkennbar? Was kennzeichnet die militärische Stellung der BRD im Jahre 1974? Haben Anderungen in der USA-Strategie Auswirkungen? Militärisches Gewicht der BRD in der NATO und in Westeuropa. Welchen Weg schlägt die BRD zur "Bereinigung" ihres Verhältnisses zu den Entwicklungsländern, vor allem den Rohstoffländern ein? Gibt es auch hier eine Doppe/strategie? (Geheime Lösungen mit USA und EWG-Partnem und bilaterale Maßnahmen) Orientiert sie sich stärker auf wirtschaftliche Kooperation und Verflechtung? Wie ist der Einfluß innenpolitischer Auseinandersetzungen und Schwierigkeiten auf den außenpolitischen Handlungsspielraum der ERD-Regierung einzuschätzen? (wirtschaftliche Kn"senerscheinungen, Zunahme der sozialen Kämpfe, Differenzen Regierung Opposition, innere Lage der SPD u.a. 376 Diese Rund-Tisch-Gespräche wurden propagandistisch in den DDR-Medien groß herausgestellt und sollten die Überlegenheit des kommunistischen Systems gegenüber dem Kapitalismus verdeutlichen. Weiterhin arbeitete das IPW auf multilateraler Ebene in institutionalisierten Gremien mit, so im Rat für außenpolitische Forschung und in den sog. multilateralen Problemkommissionen (MPK) zu Fragen der internationalen Beziehungen und europäischen Sicherheit (Leiter: Prof. Doemberg) und der Erforschung des heutigen Kapitalismus. Diese MPK war mit ihrem Sekretariat beim IPW angesiedelt und wurde dort, im Auftrag der Akademie der Wissenschaften der DDR, koordiniert und von Prof. Maier geleitet. 377 Besondere Priorität hatte die Mitarbeit in der Ständigen Kommission der Forschungseinrichtungen der sozialistischen Länder zu Fragen der europäischen Sicherheie78 , und so betont der Forschungsbericht 1974 ausdrücklich, daß auf multilateraler Ebene ... das IPW 1974 im Rahmen der Ständigen Kommission der Forschungseinrichtungen der sozialistischen Staaten zu Fragen der europäischen Sicherheit einen bedeutend umfangreicheren Beitrag als in den vergangenen Jahren (/eistet). 379 VorsitzenEbenda. Funktionsplan: Sekretariat der Multilateralen Problemkommission ,,Erfor-schung des heutigen Kapitalismus", 22.8.1974, (BAPAR, Bestand Kollegium 1974-1975, DC 204 Direktion 45) 378 Vorschläge zur Verbesserung und Vereinfachung der Leitung und Auswertung der internationalen Arbeit des Instituts, ohne Datum (Anlage vom 22.8.74), (BAPAR, Bestand Kollegium 1974-1975, DC 204 Direktion 45). 379 Forschungsbericht des Wissenschaftlichen Rates 1974, 15.4.1975, (SAPMDB, Bestand IV B2/9.04 Nr. 109). 376 377
9 Klein
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der der DDR-Sektion dieser Kommission war der Leiter des Instituts für internationale Beziehungen in Babelsberg, sein Stellvertreter IPW-Chef Herbert Häber. Darüber hinaus saßen Mitglieder des IPW in Kommissionen, die seitens der DDR mit Vertretern anderer sozialistischer Länder die gesellschaftswissenschaftliche Zusammenarbeit berieten, so vertrat z.B. Prof. Maier die Deutsche Akademie der Wissenschaften in Beratungen mit der Polnischen Akademie der Wissenschaften380 , um auf der Grundlage eines Abkommens vom Oktober 1964, die marxistisch-leninistische Theorie der gesellschaftlichen Entwicklung offensiv zu verbreiten und durch die Vertiefung der Zusammenarbeit beider Seiten den politisch-ideologischen Kampf gegen den Imperialismus wirksamer zu führen und die sozialistische Nationalkultur in beiden Ländern weiterzuentwikkeln.381 Im Rahmen der Kontakte zu sozialistischen Organisationen unterhielt das IPW auch Beziehungen in den Westen; außerhalb der Bundesrepublik in - äußerst geringem Umfang - zu (Partei-)Organisationen in Frankreich, Italien, Großbritannien und den USA, sowie bezüglich deutsch-deutscher Beziehungen besonders zum Institut für Marxistische Studien in Frankfurt am Main382 sowie zur DKP. All diese Organisationen und Einrichtungen waren jedoch auf wiederholte Anfrage nicht bereit oder nicht in der Lage, inhaltliche Auskunft über Ihre Beziehungen zum IPW zu geben. Hinsichtlich der Kontakte zur DKP nahmen IPW-Vertreter regelmäßig an Beratungen der SED mit DKP-Funktionären über die Unterstützung ihrer ideologischen Arbeit teil und stellten ihren Genossen in Westdeutschland Forschungsergebnisse zur Verfügung bzw. erarbeiteten speziell für die Unterstützung ihres ideologischen Kampfes Materialien zu Themen wie u.a. Die gegenwärtige Krise - populäre Auseinandersetzung oder EG - Europa der Monopole.383 Für die Deutsche Friedens Union (DFU) erarbeitete das IPW Ende 1974 ein Memorandum Gegen den Hunger in der We/1384 , welches auf der Welternährungskonferenz der UNO in Rom vorgestellt und auch in der Bundesrepublik 380 Protokoll der Verhandlungen, (BAPAR, Bestand USA/Kanada-Institut Moskau, 1967-83, DC 204 Abt. IV 08-03, 52). 381 Langfristiger Plan zur Realisierung des ,,Abkommens zwischen der Regierung
der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der Volksrepublik Polen über die kulturelle Zusammenarbeit" vom 6. Oktober 1964 für die Jahre 1972-1975,
(BAPAR, Bestand USA/Kanada-Institut Moskau ... , 1967-83, DC 204 Abt. IV 08-03, 52). 382 Forschungsbericht des Wissenschaftlichen Rates 1974, 15.4.1975, (SAPMDB, Bestand IV B2/9.04 Nr. 109). 383 Information über eine Beratung mit Genossen der DKP zu Fragen der Unterstützung ihrer ideologischen Arbeit im Jahre 1975, 30.10.1974, (SAPMDB, Bestand IV B2/2.028 Nr. 007). 384 An die Welternährungskonferenz der UNO: Memorandum gegen den Hunger in der Welt, ohne Datum, (SAPMDB, Bestand IV B2/2.028 Nr. 007).
IX. Internationale Korytakte und Beziehungen
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mit 2000 Exemplaren verbreitet wurde, um die Friedensbewegung in der Bun-
desr~ublik anläßlich eines Friedenskongresses Ende 1974 in Bonn zu unterstützen. 5 In ähnlicher Weise wurden andere progressive Kräfte386 in der Bundesre-
publik unterstützt und der Kontakt zu marxistisch orientierten Kräften besonders in der SPD gesucht. Letztlich ist festzuhalten, daß das IPW im Rahmen seiner Kontakte zu sozialistischen Einrichtungen, offiziell als Leitinstitut für Imperialismusforschung, in Wahrheit jedoch als Propagandaspitze der SED-Westarbeit, die ideologischen Parteivorgaben aufnahm und umsetzte. Eigene Akzente konnte das Institut weder nach innen noch nach außen setzen, da dies das kommunistische System als solches nicht zuließ.
2. Kontakte zu nicht-sozialistischen Einrichtungen a) Bundesrepublik Deutschland Bezüglich der zahlreichen Kontakte zur Bundesrepublik bemerkte IPW-Vize Doemberg 1995 rückblickend: Breiten Raum nahmen auch Kontakte zu Forschungseinrichtungen der Bundesrepublik Deutschland ein, wodurch vorher beiderseitige Abgrenzungserscheinungen gelockert wurden. . .. All diese Kontakte gestalteten sich zum gegenseitigen Nutzen, waren nicht unwichtiger Bestandteil des sich insgesamt trotz Kalten Krieges vertiefenden Entspannungsprozesses. Zuspitzungen im Kalten Krieg gingen an der Zusammenarbeit nicht vorbei, behinderten sie aber wesentlich weniger als die offizielle Politik. Viele Dinge, die sich erst Ende der 80er Jahre durchsetzten, wurden in Beratungen und Aussprachen der Wissenschaftler vorgedacht. 387 Ob dies der Grund dafür ist, daß auch von westdeutscher Seite keine bzw. nur sehr unzureichende Auskünfte bezüglich der jeweiligen Kontakte zum IPW zu erhalten waren, kann nur vermutet werden, doch ist die übergroße Zurückhaltung • indem Kontakte zum IPW zunächst rundweg bestritten wurden - auffällig. Fast alle westdeutschen Forschungseinrichtungen reagierten auf Anfragen lediglich telephonisch und spielten ihre Kontakte zum IPW herunter, meist aus Angst, in die Turbulenzen aktueller politischer Auseinandersetzungen zu gera-
385
007).
K. Wildherger an A. Norden, 18.11.1974, (SAPMDB, Bestand IV BZ/2.028 Nr.
386 Forschungsbericht des Wissenschaftlichen Rates 1974, 15.4.1975, (SAPMDB, Bestand IV B2/9.04 Nr. 109). 387 Prof. Stefan Doemberg auf Anfrage am 5.4.1995. 9*
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B. Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft
ten. 388 Aus diesem Grund muß sich die Darstellung auf IPW-Unterlagen sowie mündliche Auskünfte ost- und vereinzelt auch westdeutscher Wissenschaftler beschränken, wobei aufgrund dieser nur unzureichenden Informationslage vor einer falschen Beurteilung der IPW-Erfolge gewarnt werden muß, da der Rechtfertigungs- und Erfolgsdruck im SED-System sehr hoch anzusetzen ist, weshalb der jeweilige Verfasser seine Erfolge und Planerfüllungen übergroß zeichnete, sich mithin die Leistungen des IPW nach eigenen Angaben ins Überdimensionale steigern. Als wichtige Anlaufstelle bezüglich dieser Beziehungen fungierte u.a. das Institut für Politik und Wirtschaft (Haus Rissen) in Hamburg, zu welchem das IPW intensive Beziehungen unterhielt, so z.B. im Rahmen abwechselnd in Ost-Berlin und Harnburg stattfindender Kolloquien. In einer Information über ein Seminar in Harnburg vom September 1972, an dem seitens des IPW Prof. Doernberg und Prof. Bertsch teilnahmen, heißt es: Provokationen und offene Versuche, die DDR anzugreifen, die im vergangenen Jahr noch mehifach zu verzeichnen waren, kamen auf der diesjähn'gen Konferenz nicht bzw. höchstens im Ansatz vor. . . . Hervorgehoben werden muß das in dieser Fonn bisher nicht anzutreffende starke Interesse, das eine Reihe von Vertretern aus den USA an Gesprächen mit den anwesenden Wissenschaftlern aus der DDR zeigten. 389 Vom 24. bis 29. September 1973 besuchte IPW-Direktor Häher das Hamburger Institut und nahm dort am Jahresseminar teil, welches sich mit Fragen der Weltpolitik, der Entwicklung in Europa sowie auch der Situation nach Abschluß des Grundlagenvertrags zwischen der Bundesrepublik und der DDR befaßte. In einer als Streng vertraulich eingestuften Information an Erich Honecker erstattete Häher ausführlich Bericht über die Tagung390 und meldete u.a.: Unter den anwesenden BRD-Kadem zeigte sich eine beträchtliche Skepsis, zum Teil ein deutliches Mißtrauen, gegenüber dem Verhalten der USA bei der Entwicklung ihrer Beziehungen zur UdSSR. Das Problem der Bündnistreue der USA wurde sehr stark diskutiert. Auch in der Diskussion über die europäische Integration zeige sich, so Häher, ein wachsendes Selbstbewußtsein und ein recht kritischer Ton gegenüber den USA-Positionen. In Bezug auf den Grundlagenvertrag berichtete Häher dem Generalsekretär, daß einige der Anwesenden mehr oder weniger deutlich vom Karlsruher Urteil über den Grundlagenvertrag abrückten. Darüber hinaus bemerkte der IPW-Chef, daß der Respekt vor dem Auftreten von Vertretern der DDR wächst, und es ist möglich, in gewissem MaSo ein leitendes Mitglied einer größeren westdeutschen Forschungseinrichtung. Information über ein einwöchiges Seminar im Institut für Politik und Wirtschaft (.,Haus Rissen"), Hamburg, zum Thema .,Internationale Politik 1972- Deutschland und Europa in einer multipolaren Welt" unter Beteiligung von DDR-Wissenschaftlern in der Zeit vom 25. bis 30. September 1972, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr BRD/Berlin (W) 1972-1985, DC 204 Direktion 38). 390 H. Häher:. Information über meinen Aufenthalt im Institut für Politik und Wirtschaft (Haus Rissen in Hamburg) vom 24. bis 29. September 1973, 29.10.1973, (SAPMDB, Bestand J IV 2/10.02 Nr. 21). 388 389
IX. Internationale Kontakte und Beziehungen
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ße Illusionen zu zerstören. Am Ende gab Häber die Empfehlung, in genau abgestimmter Weise die Verbindungen zum Hamburger Institut aufrechtzuerhalten, da es so möglich ist, die Denkweise der dort versammelten ERD-Kader kennenzulernen- nicht nur offizielle Positionen, sondern auch private Meinungen. An dieser Stelle wird die Absicht der Westkontakte des IPW deutlich und tritt in Widerspruch zu der oben angeführten Meinung Doernbergs: Offizielle und besonders inoffizielle Positionen und Einstellungen von westlichen Wissenschaftlern und Politikern sollten in Erfahrung gebracht werden, wobei es hauptsächlich nicht um wissenschaftliche Diskussion und Auseinandersetzung ging, was eine weitere Stellungnahme Hähers verdeutlicht: Der Charakter des Besuches und der Gespräche wird so gestaltet, daß bei späterer politischer Auswertung und nach Maßgabe der politischen Erfordernisse wir entweder die vorhandene und nachgewiesene Bereitschaft zu politisch-wissenschaftlichen Kontakten betonen können oder - falls notwendig - den Charakter des Besuches und der Gespräche als ausschließlich persönliche Geste werten. 391 Aus diesem Grund lud das IPW zu Besuchen in die DDR ein, so z.B. den Direktor des Hamburger Instituts für Politik und Wirtschaft, Gerhard Merzyn. Dieser bedankte sich anschließend herzlich bei Prof. Doernberg für die außerordentlich interessanten und eindruclcsvollen Wochen in Berlin und der DDR und schloß sein Schreiben mit der Hoffnung auf eine verstärkte Zusammenarbeit. 392 Bereits im Oktober 1972 hatte der stellvertretende Direktor des Forschungsinstituts der Gesellschaft für Auswärtige Politik in Bonn, Dr. Schutz, das IPW zum Informationsaustausch für zwei Tage besucht393 , und im September 1973 kam es zu einem inoffiziellen Meinun~saustausch mit führenden politisch engagierten Wissenschaftlern aus der BRD 94, an dem von bundesdeutscher Seite der Direktor des Seminars für Politikwissenschaft der Pädagogischen Hochschule Rheinland (Abteilung Bann) und Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion Prof. Dr. Schweitzer, der Direktor des Seminars für politische Wissenschaften der Universität Bann, Prof. Jacobsen, sowie der Banner Politikwissenschaftler und Zeithistoriker Professor Bracher teilnahmen. In einer IPW-Inforrnation über 391 Konzeption für den Aufenthalt von sechs führenden, politisch engagierten Wissenschaftlern aus der BRD am 5./6.9.73, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-1973, DC 204 Direktion 34). 392 Brief des Direktors des Instituts für Politik und Wirtschaft Haus Rissen, Gerhard Merzyn, an Prof. Häher vom 22.6.1973, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr BRD/Berlin (W) 1972-1985, DC 204 Direktion 38). 393 Programm für den Besuch des Stellvertretenden Direktors des Forschungsinstituts der Gesellschaft für Auswärtige Politik Bonn, Dr. Schulz und dessen Mitarbeiter Kupper im Institut für Internationale Politik und Wirtschaft, 10.10.1972, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-1973, DC 204 Direktion 34). 394 Information über einen inoffiziellen Meinungsaustausch mit führenden, politisch engagierten Wissenschaftlern aus der BRD, 7.9.1973, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-1973, DC 204 Direktion 34).
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B. Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft
diese Gespräche heißt es: Von unserer Seite wurde deutlich gemacht, daß friedliche Koexistenz und Abgrenzung keinen Gegensatz darstellen. Die klare Abgrenzung der sozialistischen von der kapitalistischen Gesellschaft als objektiver Prozeß schaffe erst die Voraussetzung für eine Politik der friedlichen Koexistenz. Von unserer Seite wurde unmißverständlich deutlich gemacht, daß es eine friedliche Koexistenz der Ideologien nicht geben kann. . . . Von der Seite der BRD-Wissenschaftler wurde die These von der Koexistenz im Ideologiebereich ins Gespräch gebracht. Sie sprachen sich einerseits für enge Kontakte und Zusammenarbeit aus und äußerten sich andererseits besorgt darüber, daß marxistisch-leninistisches Gedankengut in den kapitalistischen Ländern eine zunehmend stärkere Rolle spielt. Im Rahmen von Kontakten und Zusammenarbeit heißt es: Von den BRDWissenschaftlern waren mehrfach Vorschläge für eine Zusammenarbeit mit uns angekündigt worden. Auf Grund unserer prinzipiellen Haltung zu dieser Frage übten sie eine gewissen Zurückhaltung. Sie akzeptierten unsere Position, daß für eine wissenschaftliche Zusammenarbeit erst durch einen entsprechenden Vertrag zwischen den Regierungen der DDR und der BRD der Rahmen gegeben sein muß. Sie sagten selbst, die Politik müsse grünes Licht geben. Es wurde vereinbart, in lockerer Beziehung zu bleiben. Für Wissenschaftler des IPW besteht die Möglichkeit, in den entsprechenden Instituten der BRD Auskünfte einzuholen und Materialstudien zu treiben. In Einzelfällen wird bei Bedarf vom IPW eine Gegenleistung geboten. . . . Von unserer Seite wurde betont, daß wir an keinerlei Initiativen oder Veranstaltungen teilnehmen, die unter der Schirmherrschaft des "Ministeriums für innerdeutsche Beziehungen" stehen. Prof Dr. Schweitzer, SPD-Bundestagsabgeordneter, bot in einer persönlichen Unterhaltung Prof Häher an, ihm bei einem eventuellen Besuch in der BRD, Mitglieder der SPDBundestagsfraktion usw. als Gesprächspartner zu vermitteln. 395 Dieser Besuch der bundesdeutschen Professoren war im IPW - selbstverständlich in Absprache mit der Parteiführung - konzeptionell vorbereitet worden. 396 Darin wurde das Treffen als interner, nichtoffizieller Gedankenaustausch über politische Fragen bezeichnet, der die Fortsetzung der in der BRD hergestellten persönlichen Kontakte darstelle. Als Ziel der Gespräche wurde genannt, solche Meinungen und Auffassungen zu erfahren, die nicht allgemein zugänglich und für die analytische Arbeit hinsichtlich der Politik der BRD gegenüber den sozialistischen Staaten von Bedeutung sind. Besuch und Gespräch sollen zugleich Veranlassung für die BRD- Wissenschaftler sein, über die politisch konsequente und prinzipienfeste Haltung der DDR-Wissenschaftler sowie über die Bereitschaft der DDR, die Verträge nach Buchstaben und Geist zu erfüllen und den sich für die BRD Ebenda. Konzeption für den Aufenthalt von sechs führenden, politisch engagierten Wissenschaftlern aus der BRD am 5. und 6. Sept. 1973, (BAPAR, Bestand Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-1973, DC 204 Direktion 34). 395
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daraus ergebenden Konsequenzen nachzudenken und in ihre weitere Darstellung einfließen zu lassen. Wie es die DDR mit der Freiheit der Information von Wissenschaftlern hielt, belegt die folgende Aussage: Bei der Erarbeitung des Programms sind wir bemüht, die Zeit des Aufenthaltes so auszulasten, daß es den Besuchern nicht möglich sein wird, unkontrolliert weitere Kontakte mit anderen Institutionen oder Personen herzustellen. 397 Zum Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Bonn suchte das IPW ebenfalls Kontakt, und so empfing im Sommer 1972 der damalige Direktor Prof. Dr. Carstens IPW-Hauptabteilungsleiter Bertsch zu einem Gespräch, welches offenkundig in angenehmer Atmosphäre verlief, ... [und] sich auf Fragen der innerdeutschen Beziehungen sowie der Verhältnisse in Europa (bezog). Danach kam es zu gegenseitigen Besuchen, so des stellvertretenden Direktors der Banner Gesellschaft, Prof. Dr. Schulz im Oktober 1972, über die jedoch Stillschweigen vereinbart wurde, obwohl, so die Aktenlage, der Inhalt dies nicht erfordert hätte, da auch dieses Gespräch sich auf die allgemeine Situation der deutsch-deutschen und der internationalen Situation der Zeit bezog. Auf Anfrage berichtete Prof. Schulz, daß IPW-Hauptabteilungsleiter Bertsch in den sechziger Jahren in dem Ruf (stand), für das MJS Kontakte mit westdeutschen Journalisten zu suchen und gleichzeitig als informeller Mittelsmann zwischen amtlichen Stellen der DDR und der Bundesrepublik fungieren zu sollen. 398 Darüber hinaus wurde der Austausch von Publikationen verabredet. Am 16./17. November 1973 führte das IPW gemeinsam mit dem Wiener Institut für den Frieden ein Symposium in Ost-Berlin zum Thema Ökonomische und soziale Aspekte der Abrüstung durch, woran rund 50 Wissenschaftler teilnahmen (zehn aus sozialistischen Ländern, dreißig aus dem Westen sowie zehn aus der DDR). Ziel des Symposiums war es, eine erste Auswertung des Moskauer Weltkongresses der Friedenskräfte, speziell zum Thema Abrüstung vorzunehmen, einen internen Meinungsaustausch zwischen Wissenschaftlern sozialistischer und kapitalistischer Länder zu führen und dabei die Grundpositionen der sozialistischen Staaten im Kampf für internationale Sicherheit und Abrüstung darzulegen sowie einen Beitrag zur Intensivierung der Aktivitäten von Wissenschaftlern unterschiedlicher politischer und weltanschaulicher Orientierungen im Friedenskampf zu leisten. Von bundesdeutscher Seite nahmen an der Veranstaltung Professor Albrecht (Freie Universität Berlin), Dr. Farndran (Vor-sitzender der Förderungskommission für Friedens- und Konfliktforschung St. Augustin, Dr. Geiss (Universität Hamburg), Dr. Ipsen (Institut für Völkerrecht, Universität Kiel), Dr. Jahn, Herr Freier und Frau Hans (Hessische StifEbenda. Schriftliche Auskunft von Prof. Dr. E. Schulz vom Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Bonn, vom 31.5.1995. 397 398
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tung Friedens- und Konfliktforschung, Frankfurt am Main), Professor Knirsch (Freie Universität Berlin), Professor Carl Friedrich von Weizsäcker (MaxPianck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlichtechnischen Welt) sowie die Professoren Kühn! und von Bredow (Universität Marburg) teil. 399 Nur knapp eine Woche später veranstaltete die Hamburger Körber-Stiftung ebenfalls in Wien - im Rahmen des Bergedorier Gesprächskreises zu Fragen der freien industriellen Gesellschaft ein Symposium zum Thema Neutralität - Wert oder Unwert für die europäische Sicherheit, an dem zahlreiche hochrangige Persönlichkeiten aus dem politischen und wirtschaftlichen Leben Europas teilnahmen, so u.a. der schweizer Bundespräsident Kirchschläger, der Iuxemburgische Außenminister Thorn, für die EG Professor Ralf Dahrendorf sowie von bundesdeutscher Seite Dr. Altmann (Industrie- und Handelstag), Herr von Dungern und Staatssekretär Moersch (Auswärtiges Amt), Walther Leisler Kiep (CDU), Dr. Sommer (DIE ZEIT), Dr. Schuster (SÜDDEUTSCHE ZEITUNG), Dr. Stehe (WDR) und Admiral Steinhaus (Bundesverteidigungsministerium). 400 Der anwesende IPW-Vertreter, Prof. Bertsch, nutzte die Gelegenheit und unterstrich nachdrücklich, daß eine entwickelte ökonomische Zusammenarbeit bis in die Bereiche der direkten Kooperation hinein durchaus vorstellbar sei401 eine Stellungnahme, welche Albert Norden in einer internen Anweisung ausdrücklich angeordnet hatte, einerseits, um das eigene Interesse an guten Beziehungen zu verdeutlichen und andererseits, um die ökonomische Stabilität der DDR zu verbessern. 402 Zudem unterhielt das IPW Kontakte zum Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, welche jedoch erst gegen Mitte I Ende der siebziger Jahre zustande kamen403 , ebenso wie auch zum ehemaligen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut des Deutschen Gewerkschaftsbundes (WSI). Wie der damalige Leiter des WSI, Professor Markmann, auf Anfrage erklärte, blieben diese Kontakte rein informell und wurden auch nur von ihm selbst in bescheidenem Umfang wahrgenommen. 404 399 Konzeption für die Durchführung des internationalen wissenschaftlichen Symposiums zum Thema 6konomische und soziale Aspekte der Abrüstung vom 16. - 17. November 1973 in Berlin, 12.10.1973, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 400 Körber-Stiftung (Hrsg.), Bergedorier Gesprächskreis zu Fragen der freien industriellen Gesellschaft, Protokoll Nr. 46, Neutralität- Wert oder Unwert für die europäische Sicherheit, 46. Tagung am 22./23. November 1973 in Wien, Harnburg 1973, S. 3. 401 Ebenda, S. 26. 402 A. Norden, Anweisung zur Teilnahme am .,Bergedorfer Gesprächskreis", November 1973 in Wien, 24.9.1973, (BAPAR, Bestand Wissenschaftlicher Rat, 19711973, Nr. 01). 403 Schriftliche Auskunft des Direktors des IFSH, Dieter L. Lutz vom 29.5.1995 404 Schriftliche Auskunft von Prof. Dr. Heinz Markmann vom 24.4.1995.
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Auch zur Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt am Main (HSFK) blieben die Kontakte in der Gründungsphase des IPW auf die Teilnahme an Tagungen des IPW in Ost-Berlin beschränkt. Persönliche Kontakte gab es zwar ebenfalls, doch blieben diese, so die Auskunft der HSFK, die Ausnahme und fanden im Ausnahmefall im IPW-Gebäude, zumeist auf Wunsch der IPW-Mitarbeiter außerhalb in Restaurants statt: Der Inhalt der Kontakte war rein wissenschaftlich; persönliche Beziehungen ergaben sich daraus - im Unterschied etwa zu den späteren Universitätsbeziehungen - nicht. Offen kann man die Gespräche kaum nennen. Vielmehr kam es darauf an, die mündlichen Informationen, die ja auch zum Teil gezielt ausgestreut wurden, ähnlich wie die DDR-Publikationen zu dieser Zeit zu dechiffrieren - eine rückblickend absurde Beschäftigung. Eine gezielte Abschöpfung war nicht zu erkennen, was u. a. wohl auch daran lag, daß das IPW erhebliche Mühe hatte, die HSFK im politischen Spektrum der Bundesrepublik zu verorten. 405 Zwischen der Arbeitsstelle Friedensforschung Bonn und dem IPW bestanden ebenfalls Kontakte, welche sich allerdings auf den Austausch von Publikationen beschränkte. 406 Das IPW knüpfte auch Kontakt zum Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IFW) , welcher jedoch erst Ende der siebziger Jahre einsetzte, mit dem Ziel, so ein IFW-Mitarbeiter, daß wiralso "abgeschöpft" werden sollten. 407 Ab Ende der siebziger Jahre gelang es dem IPW darüber hinaus, Kontakte zur Theodor-Heuss-Akademie, zum Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, zur Stiftung Wissenschaft und Politik in Ebenhausen, zum Institut für Sicherheitspolitik und Friedensforschung an der Universität Hamburg, zur Körber-Stiftung ("Bergedorfer Gespräche") in Harnburg sowie zur Friedrich-Ebert-Stiftung zu knüpfen und bundesdeutsche Politiker zu Vorträgen ins IPW einzuladen (u.a. Karsten Voigt, Oskar Lafontaine, Peter Glotz, Volker Rühe, Gerhard Sehröder und Klaus Hänsch) . 408 Neben Beziehungen zu wissenschaftlichen Einrichtungen suchte das IPW in der ersten Zeit auch Kontakte zu SPD-Politikem und besonders zu Funktionären der Jungsozialisten, um dem ideologisch-propagandistischen Auftrag der SEDWestarbeit gerecht zu werden. So führte z.B. im Juni 1974 IPW-Mitarbeiter Heinz Schlaffke ein Gespräch mit dem Bezirksvorsitzenden der Jungsozialisten in Hessen-Süd, Dr. Klaus Fritzsche, über aktuelle politische Fragen. Laut der 405 Schriftliche Auskunft von Dr. Hans-Joachim Spanger von der HSFK vom 26.5.1995. 406 Schriftliche Auskunft von Dr. Regine Mehl von der Arbeitsstelle Friedensforschung Bonn vom 9.5.1995 . ..,7 Schriftliche Auskunft von Klaus Dieter Schmidt vom Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel vom 24.4.1995. 408 Angaben nach: Prof. Dr. Siegfried Schwarz vom 20.8.1995; zur Information über die Art der Kontakte auf der politischen Ebene zwischen IPW und Bonn in den achziger Jahren: J. Nitz, Länderspiel, Berlin 1995.
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Information des IPW-Mitarbeiters war Fritzsche ein typischer Juso-Intellektueller, jedoch mit Sinn und Gespür für politische Fragen und in seinen Positionen und politischen Einschätzungen an marxistischen Grundkategorien orientiert. Nach allgemeinen Einschätzungen zur Person ging Schlaffke auf den politischen Teil der Unterredung ein, wobei Fritzsche, laut Bericht, die Ursache der Regierungskrise in Bonn analog unseren Einschätzungen bewertete und den neuen Bundeskanzler Schmidt als Vertreter kapitalistischer Klasseninteressen in der SPD bezeichnete. Daher müsse, so der Juso-Funktionär laut Schlaffke, die antikapitalistische Zielrichtung der Juso-Politik . . . theoretisch und politisch weitergeführt und präzisiert werden . Fritzsche, der betonte, daß die Kontaktaufnahme in Absprache mit der Bundesvorsitzenden der Jungsozialisten, Heide Wieczorek-Zeul, und dem bisherigen Juso-Vorsitzenden von Hessen-Süd, Gert Lütgert, erfolge, sprach sich dafür aus, die SPD im Sinn eines "echten demokratischen Sozialismus" zu wandeln. Abschließend grenzte F. sich offen von den Antikommunismus-Beschlüssen .. . [der SPD, d. Verf.] ab .409 Solche direkten Kontaktaufnahmen zu Politikern seitens des IPW blieben allerdings die Ausnahme, auch wenn, laut Verfassungsschutzbericht, es Anhaltspunkte dafür {gibt), daß die SED "Zielpersonen ", die sie für eine Zusammenarbeit gewinnen will, zu Besuchen in die DDR einlädt, wobei das IPW als Gastgeber vorgetäuscht wir~ 10 , und Mitarbeiter des IPW auch im Rahmen nachrichtendienstlicher Einsätze im Auftrag des Mß in die Bundesrepublik reisen .411
b) Übriges Ausland Auch hinsichtlich von Organisationen und Einrichtungen im nicht sozialistischen Ausland unterhielt das IPW Kontakte auf bilateraler wie multilateraler Ebene, welche ebenfalls nur auf der Basis von IPW-Unterlagen nachgezeichnet werden können, so daß auch hier die Einleitung zum vorherigen Abschnitt zutrifft. So stand das Ost-Berliner Institut einerseits in Kontakt zu wissenschaftlichen Einrichtungen (Institute, Stiftungen und Universitäten) und staatlichen Stellen (Botschaften und Konsulaten) sowie zum anderen zu internationalen Organisationen (z.B. den Vereinten Nationen), oder auch solchen mit internationalem Anstrich, jedoch sozialistischer Dominanz. Um eine solche Einrichtung handelte es sich beim Internationalen Institut für den Frieden in Wien, 409 Westabteilung: Information über ein Gespräch mit dem Bezirksvorsitzenden der Jungsozialisten in Hessen-Süd, Klaus Fritzsche, 28.6.1974, (SAPMDB, Bestand IV B2/2.028 Nr. 006). 410 Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz 1974, Bonn 1975, S. 82. 411 Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz 1975, Bonn 1976, S. 118; siehe auch Kapitel B.8.1.
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dessen Hintergrund in einem Bericht von Prof. Doernberg über die Generalversammlung 1972 deutlich wird. Zwar wurde zunächst betont, daß das Grundanliegen des Instituts auch weiterhin die Durchführung von wissenschaftlichen Symposien und Konferenzen sein wird, um den Meinungsaustausch zwischen Wissenschaftlern aus verschiedensten Ländern sowie unterschiedlicher Fachrichtungen zu fördern 412 , doch tritt die eigentliche Bedeutung des Instituts wenig später deutlich zu Tage. Zwar bestand der Vorstand aus acht Wissenschaftlern (darunter fünf aus sozialistischen Ländern, zwei Österreicher und ein Westdeutscher), doch wie diese Internationalität in der Praxis aussah, zeigte sich im Rahmen eines Vorschlages seitens eines skandinavischen Mitgliedes, echte NATO-Vertreter in Vorstand und Präsidium einzubeziehen. Prof. Doernberg dazu in seinem Bericht: Genosse Poljanow [Vertreter der UdSSR, d. Verf.] stimmte im Prinzip zu, betonte aber, daß entsprechende Kontakte erst geknüpft werden müßten. Im internen Kreis waren sich die Vertreter der sozialistischen Länder darin einig, daß eine gezielte Auswahl getroffen werden müßte, um einerseits die Ausstrahlungskraft des Instituts zu erhöhen, andererseits aber keine Minderung unserer Schlüsselpositionen in der Leitung des Instituts zuzu/assen.413 Welchem Zweck das Institut also in Wahrheit diente, kommt in einer weiteren Passage zum Ausdruck: Die sowjetischen Genossen . . . schätzten unter uns ein, daß das Institut zunehmend ein eigenes Profil erhält und in der ideologischen Auseinandersetzung beginnt, eine wichtige Funktion wahrzunehmen. 414 So handelte es sich beim Wiener Institut also mehr um eine Propagandaeinrichtung, welches in einem Bericht über ein wissenschaftliches Symposium zum Thema Prinzipien, mögliche Strukturen und Perspektiven für ein System der kollektiven Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Wien vom Oktober 1972 unterschwellig anklingt. Darin heißt es: Das Symposium bestätigte die wachsende Bedeutung des Wiener Instituts für die Verbreitung und Durchsetzung unserer Politik der friedlichen Koexistenz. Sie besteht vor allem darin, daß es wissenschaftlichen Instituten aus sozialistischen Staaten die Möglichkeit bietet, für den internationalen Gedankenaustausch auf neutralem Boden die Initiative zu ergreifen, Grundfragen der Politik der sozialistischen Länder zu Themen internationaler Kolloquien zu machen sowie Informationen über repräsentative Interessen, Standpunkte und Konzeptionen in den kapitalistischen Ländern zur Frage der Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden gegensätzlichen gesellschaftlichen Systemen in Europa zu erhalten. Das Institut hat sich offenkundig im kapitalistischen West-Europa den Ruf einer Stätte des sachlichen und 412 Bericht über die Generalversammlung und das wissenschaftliche Kolloquium des Internationalen Instituts für den Frieden in Wien vom 14. bis 17.12.1972, (BAPAR, Bestand Internationales Institut für den Frieden Wien , 1969-1974, DC 204 Direktion 26). 413 Ebenda. 414 Ebenda.
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infonnativen Meinungsaustauschs zwischen Wissenschaftlern aus sozialistischen und kapitalistischen Ländern über Fragen der europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit, der Abrüstung und allgemeine Probleme der internationalen Beziehungen zwischen Kapitalismus und Sozialismus erworben. . . . Unter den teilnehmenden Wissenschaftlern aus den kapitalistischen Ländern herrschte ein reges Interesse an wissenschaftlichen Kontakten mit der DDR und speziell mit dem Institut für Internationale Politik und Wirtschaft. 415 Interessant ist die Einschätzung der Haltung der Teilnehmer aus der Bundesrepublik vom hessischen Institut für Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt (Dr. Senghaas und Dr. Jahn), von der Deutschen Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung (Dr. Fondran) und vom Institut für Politik und Wirtschaft, Haus Rissen (Dr. Merzyn,) zur Frage der Beziehungen zwischen Bonn und Ost-Berlin. Im DoembergBericht heißt es dazu: Die These von "besonderen Beziehungen" zwischen der DDR und der ERD wurde auch von den Teilnehmern aus der Bundesrepublik nicht vorgetragen. 416 Woran der Ostblock und besonders die SED interessiert war, zeigt sich in einem Beitrag Doembergs auf dem genannten Symposium, in dem es u.a. heißt: Unverkennbar sind auch Gegenkräfte wirksam, die die feindselige Konfrontation zu erhalten suchen und sich gegen die Durchsetzung der Prinzipien der friedlichen Koexistenz stemmen. Diese Kräfte sind vor allem unter einflußreichen Politikern und Militärs des NATO-Blocks zu suchen. ... Die Strukturen und Parameter eines sich entwickelnden Systems europäischer Sicherheit und Zusammenarbeit müssen vom Prinzip der souveränen Gleichheit aller europäischer Staaten ausgehen, denen grundsätzlich gleiche Rechte und Pflichten eingeräumt werden. Über die Bedeutung der Wissenschaft heißt es: Für das positive Ergebnis der europäischen Staatenkonferenz und für die Entwicklung von Sicherheit und Zusammenarbeit auf dem Kontinent vennag die Wissenschaft eine eigenständige positive Rolle zu spielen. Die Entwicklung des wissenschaftlichen Gedankenaustausches kompetenter Gelehrter und wissenschaftlicher Einrichtungen über diese Probleme kann den Regierungen helfen, die Interessen und Standpunkte der beteiligten Völker und Staaten exakter und differenzierter kennenzulernen und damit Mißtrauen abzubauen. Entsprechende wissenschaftliche Einrichtungen sind ohnehin mit der Ausarbeitung von Lösungsvarianten europäischer Probleme für Politiker und Regierungen ihrer Länder befaßt. Der freimütige wissenschaftliche Kontakt zwischen ihnen erleichtert es, die staatlichen Verhandlungen auf die tatsächlichen politischen Kernfragen zu konzentrieren. Schließlich spielt die Wissenschaft auch bei der Erarbeitung von Prognosen und 415 Bericht über ein wissenschaftliches Symposium "Prinzipien, mögliche Strukturen und Perspektiven für ein System der kollektiven Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa", Wien, 14.-15.10.1972, 30.10.1972, (BAPAR, Bestand Internationales Institut für den Frieden Wien, 1969-1974, DC 204 Direktion 26). 416 Ebenda.
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Programmen für die zukünftige Entwicklung auf dem Kontinent eine Schlüsselrolle. Hier wird die Verantwortung des Wissenschaftlers gegenüber der Gesellschaft besonders deutlich, denn der Ablauf der europäischen Geschichte ist kein automatischer Prozeß, er wird vom Ringen politisch engagierter gesellschaftlicher Kräfte bestimmt. Diesem Engagement für die friedliche und gehaltvolle Zukunft des Lebens auf dem Kontinent kann sich vor allem die verantwortliche Wissenschaft auf Grund der großen Wirkungen, die von ihren Ergebnissen ausgehen können, nicht entziehen. Deshalb ist es nicht zufällig, daß in der Bewegung der demokratischen Öffentlichkeit Europas für Sicherheit und Zusammenarbeit den Initiativen und Begegnungen engagierter Wissenschaftler ein hervor417 ragender Platz zukommt. So bestand seitens der SED also großes Interesse, über das Vehikel Wissenschaft die eigene Stellung im In- und Ausland zu stärken. Dazu waren Kontakte zum Westen nötig, nicht aber mit dem Ziel des freimütigen wissenschaftlichen Kontaktes, wie es Doemberg gefordert hatte, sondern mit dem Ziel der einseitigen lnformationsgewinnung. Dazu die bereits zitierte Aussage Herbert Hähers über das Ziel wissenschaftliche Kontakte: Der Charakter des Besuches und der Gespräche wird so gestaltet, daß bei späterer politischer Auswertung und nach Maßgabe der politischen Erfordernisse wir entweder die vorhandene und nachgewiesene Bereitschaft zu politisch-wissenschaftlichen Kontakten betonen können oder -falls notwendig - den Charakter des Besuches und der Gespräche als ausschließlich persönliche Geste werten. 418 Daher kam es der SED gelegen, daß der Westen ebenfalls an Kontakten interessiert war und die bestehenden Beziehungen ausbauen wollte. So heißt es in einem Bericht über die 5. Tagung der Direktoren der Vertreter der Institute für Internationale Beziehungen aus sozialistischen und kapitalistischen Ländern Europas vom 4.-5. Oktober 1972 in Varna, Bulgarien: Bei der Behandlung des Tagesordnungspunktes: "Probleme der Zusammenarbeit der Institute auf dem Gebiet der Information und Dokumentation" entwickelten die Repräsentanten der westlichen Institute offensichtlich eine Strategie, die darauf abzielte, durch Aufnahme von Empfehlungen solche Bedingungen zu schaffen, die es in der Zukunft gestatten, das "Centre d'etude des relationes internationales", Paris, zu einer Art Clearinghause auf
417 Wissenschaftliches Symposium zu Thema "Prinzipien, mögliche Strukturen und Perspektiven für ein System der kollektiven Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" in Wien am 14. und 15. Oktober 1972, Thesen, ausgearbeitet von Prof. S. Stefan Doernberg, (BAPAR, Bestand Internationales Institut für den Frieden Wien, 1969-1974, DC 204 Direktion 26). 418 H. Häher: Information über meinen Aufenthalt im Institut für Politik und Wirtschaft (Haus Rissen in Hamburg) vom 24. bis 29. September 1973, 29.10.1973, (SAPMDB, Bestand J IV 2/10.02 Nr. 21).
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dem Gebiet der Dokumentation für den Bereich der Außenpolitik und der internationalen Beziehungen für die Institute aller Länder zu machen. 419 Doch die SED strebte nicht nur lose Kontakte multilateraler Natur an, sondern konkrete bilaterale Beziehungen besonders zu wissenschaftlichen Einrichtungen in den USA. Auf entsprechende inoffizielle Anfragen seitens des IPW reagierte der DDR-Referent bei der US-Mission in West-Berlin, Barkley, am 2. November 1972, indem er fünf US-Einrichtungen vorschlug: Das Center for International Affairs der Harvard University, das Center for Foreign Policy Research der John Hopkins University, das International Program der Northwest University in Illinois, das Center of International Studies der Princeton University und das Center for Study of American Foreign and Military Policy der University of Chicago. 4zo Darüberhinaus sollten nach Absprache zwischen Doernberg und Vertretern der US-Mission im Herbst 1972 persönliche Kontakte zu US-Wissenschaftlern geknüpft werden, wozu der US-Vertreter zwei Wissenschaftler vorschlug, welche das IPW im Rahmen eines wissenschaftlichen Austausches besuchen sollten. Doch blieb es nicht bei Kontakten auf wissenschaftlicher Ebene, da laut IPW-Bericht die US-Vertreter zu verstehen (gaben), daß an diesem Meinungsaustausch auch Vertreter unseres Außenministeriums teilnehmen könnten, wenn es seinen jetzigen, inoffiziellen Charakter behalte.421 Bei einem weiteren Treffen vom Januar 1973 zwischen Häher und Barkley im IPW, erklärte der US-Diplomat, daß in absehbarer Zeit Verhandlungen über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den USA und der DDR beginnen könnten. Darüber hinaus überbrachte Barkley die Nachricht, daß die Direktoren der entsprechenden Wissenschaftszentren in Washington, Princeton und Harvard bereit seien, Häher zu einem Besuch in die USA einzuladen. In der Information über dieses Gespräch an ZK-Sekretär Norden, erfragte Häher weitere Anweisungen auf diese amerikanischen Vorschläge und Absichtserklärungen. 422 Die SED nutzte diese Möglichkeit der wissenschaftlich getarnten Kontakte und schickte Häher entsprechend einem Beschluß des Sekretariats des ZK vom 12. 419 Bericht über die Durchführung einer Beratung der Ständigen Kommission der Forschungseinrichtungen der sozialistischen Länder über Probleme der europäischen Sicherheit ... am 3. Oktober 1972 und der 5. Tagung der Direktoren und Vertreter der Institute für Internationale Beziehungen aus sozialistischen und kapitalistischen Ländern Europas vom 4.-5. Oktober 1972 in Varna, Bulgarien, (BAPAR, Bestand Ständige Kommission der Forschungseinrichtungen der soz. Länder (Beratung über Probleme der europ. Sicherheit 3.10.1972 Varna), 5. Tagung der Direktoren der Institute für Intern. Beziehungen Europas (4.-5.10.1972 Varna) 1972, DC 204 Direktion 27). 420 Information über ein Gespräch mit dem DDR-Referenten bei der US-Mission, Herrn Barkley, am 2. November 1972 im IPW, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-73, DC 204 Direktion 34). 421 Entwurf, ohne Datum, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-1973, DC 204 Direktion 34). 422 Brief Hähers an Norden, 18.1.1973, (SAPMDB, Bestand J IV 2/10.02 Nr. 21).
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bis zum 23. März 1973 auf Einladung wissenschaftlicher Institute in die USA, wo er Vorträge besonders zur Außenpolitik der DDR hielt, wobei, wie bei späteren Besuchen auch, die Konzeption des Auftretens . . . mit Genossen Albert Norden abzustimmen war. 4ZJ In New York führte der IPW-Direktor ein mehrstündiges Informationsgespräch mit dem Präsidenten des Council on Foreign Relations, ein Gremium, so Häher in seinem Bericht, das in erheblichem Maße an der Diskussion und Formulierung der außenpolitischen Strategie der USA beteiligt ist. Hähers Information über seine Reise ist voller Bemerkungen, welche die Bedeutung dieser Kontakte betonen, so z.B.: Bei diesem Rat für Internationale Beziehungen handelt es sich um die führende außenpolitische Studiengesellschaft der USA, worauf eine Aufzählung der bekanntesten Mitglieder folgt. Und weiter: Die USA- Vertreter äußerten ihre Zufriedenheit, daß es zu dieser Begegnung gekommen sei. Sie bedauerten, daß ich mich nicht für längere Zeit in den USA aufhalte, weil sie mir sonst Gelegenheit gegeben hätten, vor einem Kreis von Mitgliedern des Council mit einem Vortrag aufzutreten. Sie sprachen die Hoffnung aus, daß dies zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden könne. . . . Sie kündigten an, daß Herr Pierre und Herr Diehold im Sommer anläßlich einer Reise nach Europa unser Institut besuchen möchten . Schließlich betonte Häher amEndeseines Berichtes, daß es zwischen dem Council Kontakte und dem USA-Institut in Moskau (gibt); Beziehungen zu Instituten anderer sozialistischer Staaten bestehen noch nicht. Die Gespräche des IPW-Direktors in der Abteilung für außenpolitische Studien des Brookings-Instituts in Washington verliefen nach Hähers eigenen Worten in einer höflichen, aber sehr zurückhaltenden Form. Der Direktor des Zentrums für Außenpolitische Studien des John-Hopkins-Instituts in Washington hatte, so Häher, für eine Begegnung angeblich keine Zeit, doch konnte der IPW-Chef vor einer kleinen Gruppe wissenschaftlicher Mitarbeiter und Studenten einen Vortrag über die Außenpolitik der DDR halten, wie auch an der Harvard-University im Rahmen einer sog. Mittagessen-Diskussion. Als generellen Eindruck seiner Reise hielt Häber u.a. fest: Abgesehen von den leitenden Leuten des Rates für Internationale Beziehungen in New York war es nicht erreichbar, die anderen von mir besuchten USWissen-schaftler zu profilierten politischen Äußerungen zu bewegen. Ihre Meinungsäus-serungen mir gegenüber waren betont unverbindlich und allgemein gehalten, so daß es außerhalb der durchgeführten Versammlungen nicht möglich war, echte Diskussionen zu führen. Da einige leitende Persönlichkeiten von Instituten, die mich schriftlich eingeladen hatten, plötzlich keine Zeit fanden, um mit mir zusammenzutreffen, mußte der Eindruck entstehen, daß vom USAußenministerium gebremst worden war. . . . Offensichtlich geht man darauf aus, Besucher aus der DDR gezielt mit Vertretern der BRD zusammenzuführen . ... Die Haltung [von US-Wissenschaftlem, d. Verf.] zu Fragen der europäi4ZJ Protokoll Nr. 12/73 der Sitzung des Sekretariats des ZK vom 30.1.73, (SAPMDB, Bestand J IV 2/3 Nr. 1967).
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sehen Politik ist in starkem Maße durch die politische Linie der BRD geprägt und dementsprechend sind auch die Argumente, auf die man in Gesprächen trifft. Schließlich gab er die Empfehlung, die geknüpften Kontakte zunächst in lockerer Form aufrecht zu erhalten. 424 Im Zusammenhang mit Häbers USA-Reise besuchte Anfang April 1973 der Generalkonsul der USA in Westberlin, Alkalovsky, zusammen mit einem Vertreter des Planungsstabes des OS-Außenministeriums das IPW, um Häher über seine Eindrücke zu befragen. Nebenbei, so Häbers Bericht, deuteten die Amerikaner an, daß in Washington Gerüchte über den möglichen USA-Botschafter in der DDR (umliefen), ohne jedoch einen Namen zu nennen. 425 Später besuchten auch amerikanische Wissenschaftler das IPW, so zunächst ein Mitglied des Center for European Studiesan der Columbia-University (Professor Griffith) im Juni 1974 und informierte sich u.a. über Fragen der Beziehungen zwischen den USA und der DDR sowie zwischen der DDR und der Bundesrepublik. Nach einer Notiz über dieses Gespräch unterstrich Griffith das Interesse . . . an einem weiteren Meinungsaustausch mit DDR-Wissenschaftlern und offerierte seine Bereitschaft zum Arrangement von Diskussionen bei eventuellen Aufenthalten von DDR-Vertretern in den USA. 426 Im Rahmen von Besuchen westlicher Wissenschaftler im IPW weilte im Oktober 1973 der schweizer Wissenschaftler und Direktor des Institut Universitaire de Hautes Etudes Internationales Geneve, Professor Freymond, in OstBerlin. In einer IPW-Information wird Freymond als bürgerlicher Wissenschaftler beschrieben, der besonders in den westeuropäischen Ländern Autorität und internationale Anerkennung besitze, der zu den zentralen Fragen der Entspannung, der Sicherheit und des Friedens in Europa . . . eine realistische Position (vertn'tt) und sich in den letzten Jahren auch für die völkerrechtliche Anerkennung der DDR und ihre Aufnahme in die UNO aus(sprach). Im Verlaufe der Gespräche zeigte sich Freymond stark daran interessiert, wissenscha[!liche Kontakte und eine Zusammenarbeit mit unserem Institut .. . herzustellen. 4 7 Dieses Angebot wiederholte Freymond, als er Häher zu seiner neuen Aufgabe als Leiter der Westabteilung in einem Brief vom November 1973 gratulierte und
424 H. Häber: Information über eine Reise in die USA vom 12. bis 23. März 1973, 27.3.1973, (SAPMDB, Bestand J IV 2/10.02 Nr. 5). 425 IPW: Information zu einigen aktuellen Problemen zur Arbeit des IPW, 10.4.1973, (SAPMDB, Bestand J IV 2/10.02 Nr. 5). 426 H. Häber: Notiz über ein Gespräch mit Professor Griffith (USA) am 17. Juni 1974 im IPW, 18.6.1974, (SAPMDB, Bestand IV B2/2.028 Nr. 006). 427 Information, Berlin, den 16. Oktober 1972, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-1973, DC 204 Direktion 34).
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seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, daß der außerordentlich gute Kontakt zu Ihrem Institut auch durch Ihren Nachfolger aufrechterhalten wird. 428 Doch auch auf multilateraler Ebene suchte das IPW seine Position und damit sein Ansehen auszubauen und drängte daher auf die Mitgliedschaft in der International Political Science Association (IPSA) durch die Akademie der Wissenschaften der DDR, da nationale Vereinigungen der IPSA in fast allen kapitalistischen Ländern, den Entwicklungsländern und in den sozialistischen Ländern mit Ausnahme der DDR bestünden und der Arbeit der IPSA . . . von den sozialistischen Ländern große Aufmerksamkeit gewidmet (wird). Daher dürfe die DDR nicht abseits stehen, um die Mitwirkungsmöglichkeiten dieser Vereinigung zur Propagierung der Erfolge der sozialistischen Staats- und Rechtsentwicklung sowie zur ideologischen Auseinandersetzung mit bürgerlichen sowie revisionistischen Staats- und Rechtsauffassungen (zu nutzen). Darüber hinaus, so das wahrscheinlich ausschlaggebende Argument des IPW, wurde mehrfach, vor allem seitens der UdSSR, der Wunsch geäußert, das Gewicht der sozialistischen Länder in der IPSA durch den Beitritt der DDR weiter zu stärken. 429 Daher stimmte das Politbüro am 18. Dezember 1974 der Mitgliedschaft in der IPSA zu. Doch die wichtigste multilaterale Ebene, auf der das IPW in Erscheinung trat, waren die Vereinten Nationen, in deren Untersuchungskommission über multilaterale Konzerne das IPW die DDR vertrat, wie auch in der UNKommission für Imperialismus und Kolonialismus. 430 Ab Mitte I Ende der siebziger Jahre verstärkte das IPW unter Max Schmidt seine internationalen Kontakte, so u.a. zur International Peace Research Association in Groningen, zum Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) sowie den entsprechenden Instituten für Internationale Beziehungen in Paris, London, Rom und Tokio (Institut Francais des Relations Internationales Paris, Centre d · Etudes de Politique Etrangere Paris, Royal Institute of International Affairs London, Centre for Economic Policy Research London, European Centre for Political Sturlies London, Instituto Affari Internazionali, Rom, Centro Studi di Politica Internazionale Rom, Institute for Internationale Affairs Tokio), zur EGKommission sowie zum Europa College Brügge431 und entwickelte sich immer weiter zu einem wichtigen offiziellen, wie auch inoffiziellen Forum und Ansprechpartner für internationale wissenschaftliche und politische Kontakte, durch welche die SED ihre Position auszubauen versuchte. 428 Brief von J. Freymond an H. Häher vom 9.11.1973, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-1973, DC 204 Direktion 34). 429 Protokoll Nr. 132 des Politbüros vom 18.12.1974, (SAPMDB, Bestand J IV 2/3 Nr. 2248). 430 Bericht des Wissenschaftlichen Rates 1974, 15.4.1975, (SAPMDB, Bestand IV B2/9.04 Nr. 109). 431 Angaben laut schriftlicher Auskunft von Prof. Dr. Siegfried Schwarz vom 20.8.1995.
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Das IPW fungierte somit als außenpolitisches Instrument der SED, über welches - zunächst auf der Schiene der Wissenschaft - politische Kontakte geknüpft werden sollten, zum einen, um Informationen und Hintergrundwissen über die westliche Politik zu erhalten, zum anderen, um gegebenenfalls westliche Positionen und Einstellungen beeinflussen zu können. Während das IPW auf dem Feld der Informationsgewinnung nur wenig erfolgreich agierte, konnten die Reisekader des Instituts - wenn auch in begrenztem Umfang - so doch zur Imageverbesserung der DDR beitragen. Gerade auf Seiten der westdeutschen Wissenschaft, Politik und Publizistik waren gewisse Erfolge zu verzeichnen, wenn auch weit weniger als die Reisekader sich selbst und ihren jeweiligen Vorgesetzten glauben machen wollten, da es den IPW-Mitarbeitern gelang, sich eine Aura der Wissenschaftlichkeit, in bewußter Absetzung zum Parteipolitischen zu geben. Dies gelang besonders bei westdeutschen Gesprächspartnern, die in den IPW-Vertretern oftmals mehr Kollegen als Klassenfeinde sahen- eine Tatsache, vor der auch die mangelnde Bereitschaft zur Auskunft westlicher Organisationen bezüglich ihres Verhältnisses zum IPW zu sehen ist.
C. SED-Deutschlandpolitik und IPW 1971 bis 1974 I. Vom Machtwechsel in Ost-Berlin zum Grundlagenvertrag Die unter Honecker zu beobachtenden Strukturverschiebungen innerhalb der SED beruhten auf der Einsicht, daß der wissenschaftlich ausgebildete Politfunktionär den reinen Politfunktionär an den Schalthebeln der Macht ablösen sollte, ja ablösen mußte, da der Führungsanspruch der SED nur noch durch die Versachlichung der Arbeitsmethoden und . . . (die) bessere Qualifikation ihrer Mitarbeiter432 aufrechtzuerhalten war. Die Verantwortung der Grundorganisationen der SED in Betrieben, Behörden und allen anderen Einrichtungen des öffentlichen Lebens wurde daher gestärkt, weshalb im Rahmen der Parteischulung besonderes Gewicht auf die ideologische Arbeit gelegt wurde, die Honekker zum Hauptinhalt unserer marxistisch-leninistischen Parte{03 erklärte, um Parteidisziplin und Effektivität zu stärken (vgl. dazu Kapitel B. VII.) . Nach dem Wechsel von Ulbricht zu Honecker kam Bewegung in die Deutschlandpolitik der SED, da Honecker sich wieder ganz dem Führunf.sanspruch Moskaus unterordnete, das in dieser Zeit auf Entspannung setzte. 4 Vor diesem Hintergrund hatte Ost-Berlin im Januar 1971 als Zeichen der Entkrampfung nach 19 Jahren den Telephonverkehr zwischen Ost- und West-Berlin wieder zugelassen, und bezüglich des Berliner Vier-Mächte-Abkommens vom September 1971 435 erarbeitete das IPW noch vor der Unterzeichnung des Abkonunens einen Bericht über die bisherigen Reaktionen der politischen Kräfte in der BRD und Westher/in auf den Abschluß der Botschafter-Gespräche der vier Mächte in Westberlin. Darin wird besonders die uneinheitliche Position innerhalb der CDU/CSUFraktion hervorgehoben, wie auch die Ansicht der großbürgerlichen, insbesondere der Springer-Presse, daß in der langfristig historisch-politischen Perspektive der Westen große Einbußen hinnehmen mußte. Die Haltung der Sowjetunion und der DDR habe sich in dieser Sicht durchgesetzt. Die "Teilung Deutsch432 Weber, DDR, a.a.O., S. 133, vgl., Verlag Marxistische Blätter, Geschichte der SED, a.a.O., S.577. 433 E. Honecker, in: NEUER WEG 22/1973, S. 1009ff. 434 Wetzlaugk, a.a.O., S. 179; vgl. Griffith, a.a.O., S. 267. 435 Vgl. H. Haftendom, Sicherheit und Entspannung. Zur Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland 1955-1982, Baden-Baden 1983, S. 350ff.
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Iands" sei perfektioniert, die Rolle Westher/ins als "Mahnmal der Einheit" sei beseitigt und damit seine Existenz ausgehöhlt, die Souveränität der DDR sei akzeptiert, die Position der Hauptstadt der DDR gestärkt, die Bundespräsenz in Westher/in jedoch gemindert und dafür die sowjetische Präsenz verstärkt. 436 Darüber hinaus beschreibt der IPW-Bericht Versuche der gegnerischen Rundfunk- und Femsehstationen, mit Entstellungen und Spekulationen über die 4Mächte- Vereinbarung ideologisch in die DDR einzuwirken und nennt vier Hauptlinien: 1. Die Vereinbarung wird als Beweis aktiver Politik der ERD-Regierung für "Normalisierung und menschliche Erleichterung" dargestellt. Gleichzeitig wird behauptet, das Ergebnis der Verhandlungen sei gegen die Vorstellungen der DDR zustandegekommen, so daß in den weiteren Verhandlungen von ihrer Seite Komplikationen erwartet werden müßten. Daraus resultiere auch eine unzureichende Information der DDR-Massenmedien über das Verhandlungsergebnis . ... 2. Durch ständige Wiederholung der These, daß es nunmehr darauf ankäme, auch den DDR-Bürgern mehr "menschliche Erleichterungen" zu gewähren, wird der Versuch unternommen, unterschwellig die Bürger der DDR dahingehend zu beeinflussen, entsprechende Forderungen anzumelden. So wird der Eindruck erweckt, als würden in der DDR bereits Diskussionen in dieser Richtung geführt. ... 3. Um das brüderliche Bündnis der DDR mit der Sowjetunion zu stören, wird gerade jetzt versucht, in verstärktem Maße Mißtrauen gegenüber der sowjetischen Politik auszustreuen. Es wird gehetzt, die UdSSR habe die Interessen der DDR preisgegeben, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen . ... 4. Der vom Gegner konstruierte Widerspruch zwischen der "Abgrenzungspolitik" der DDR und Entspannung wird stärker in den Vordergrund gerückt. 437 An diesem Bericht läßt sich exemplarisch das Grundproblem des IPW darstellen: Obwohl den Mitarbeitern • ihren eigenen Aussagen zufolge • der oben angesprochene Widerspruch zwischen verstärkter Abgrenzungspolitik und Entspannung durchaus bewußt war, wurden diese Entwicklung und die sich daraus zwangsläufig ergebenden innenpolitischen Probleme einfach als westliche Propaganda abgetan. Derjenige, der den Finger auf diesen wunden Punkt gelegt 436 IPW, Zur Kenntnis: Zu den bisherigen Reaktionen der politischen Kräfte in der BRD und in Westberlin auf den Abschluß der Botschafter-Gespräche der vier Mächte in Westberlin, 27.8.1971, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02. Nr. 29, S. 1-3). Vollständiger Text, siehe Anhang 6. 437 Ebenda, S. 16-18.
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hätte, wäre zwangsläufig gemaßregelt worden, da er gegen die vorgegebene Linie (im sozialistischen Sprachgebrauch gegen die klassenmäßige Analyse) verstoßen hätte. So trug das IPW letztlich mehr zum fortschreitenden Realitätsverlust der Parteispitze als zur Aufklärung und Information bei, da die kommunistische Ideologie nur das nachträgliche Rechtfertigen und Bejubeln der SEDPolitik zuließ. Deutlich wird dies an den Ausführungen Albert Nordens zum Westberlin-Abkommen, welches er- noch vor der Unterzeichnung - als kein(en) Vertrag zwischen Freunden, sondern als eine partielle Vereinbarung mit dem Gegner, dem Klassenfeind charakterisierte. Das schreiben wir zwar nicht im 'ND', aber warum sollen wir das nicht in der mündlichen Erläuterung offen sagen? ... Was der Gegner will, ist klar: Eine modifizierte Taktik soll jetzt erneut ein freundliches Bild des grauen Räubers hervorzaubern. Unser richtiges, wissenschaftliches Feindbild soll durch ein Freundbild verwischt werden. Das muß jeder begreifen! Die Genossen Wissenschaftler werden der Parteiführung helfen, die wissenschaftlichen Grundlagen unseres sozialistischen Bildes von Freund und Feind noch besser für Agitation und Propaganda nutzbar zu machen. .. . Das Institut trägt ... für die ideologische Auseinandersetzung mit dem Klassenfeind und der bürgerlich-imperialistischen Ideologie eine große Verantwortung. Es muß, gestützt auf seine Forschungsarbeit, tatkräftig eingreifen in die politisch-ideologische Auseinandersetzung mit dem imperialistischen Gegner und nicht zuletzt dessen psychologische Kriegsführung gegen unsere Republik und ihre Bürger offensiv durchkreuzen. 438 In Anschluß an das Berlin-Abkommen fanden erneut intensive Gespräche zwischen Staatssekretär Bahr und DDR-Vertreter Kohl bezüglich eines Transitvertrages statt, welcher am 17. Dezember 1971 unterzeichnet wurde. Nur drei Tage später kam es zu einer Übereinkunft bezüglich des Reiseverkehrs zwischen dem West-Berliner Magistrat und der DDR. Ab Januar 1972 verhandelten Bonn und Ost-Berlin über einen Verkehrsvertrag, in den IPW-BERICHTEN von Jubelbeiträgen439 und warnenden Berichten über den Zusammenhang von Kapitalismus und Aggressivität440 propagandistisch unterstützt. Im Mai 1972 wurde der Verkehrsvertrag schließlich unterzeichnet, um sich anschließend Gesprächen zuzuwenden, die in einen Vertrag münden sollte, der die Grundlagen der weiteren Beziehungen regeln sollte. Diese neue Entwicklung beurteilte die DEUTSCHE AUSSENPOLITIK 1972 wie folgt: Die internationale Position der DDR 438 Referat Albert Nordens auf der konstituierenden Versammlung der Parleiorganisation des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft, 13. September 1971, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02 Nr. 29). 439 Vgl. IPW-BERICHTE: Marxismus-Leninismus in der Offensive 1/72, Friedliche Koexistenz setzt sich durch 4172. 440 Vgl. IPW-BERICHTE: Monopolprofit im Rüstungsgeschäft 1/72, Hintergründe der ideologischen Offensive des BRD-Monopolkapita/s 2/72, Monopol, Krise und Krieg 4/72.
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hat sich gefestigt. Die Zahl der Staaten, die mit der DDR diplomatische Beziehungen unterhalten, hat sich auf 31 erhöht. Auf Initiative unserer Republik wurde mit der BRD ein Transitabkommen unterzeichnet, das in Inhalt und Form völkerrechtlichen Charakter trägt und auch die Staatsgrenze zwischen der DDR und der BRD anerkennt. 441 Diese Aussagen belegen erneut die eingeschränkte Sichtweise der sozialistischen Wissenschaftler, nur sind diese öffentlichen ParoIen von der Anerkennung einer Staatsgrenze zwischen beiden deutschen Staaten im offiziellen außenpolitischen Propagandaorgan der SED nachvollziehbar, da hier die nationale wie auch die internationale Öffentlichkeit beeinflußt werden sollte. Anders verhält es sich dagegen mit internen Berichten, welche das IPW der Parteispitze vorzulegen hatte. Hier wäre eine kritische Begleitung dringend nötig gewesen, doch war diese - wie bereits erwähnt - innerhalb des kommunistischen Systems nicht möglich, da gegen die Parteivorgaben nicht verstoßen werden durfte. So hielt sich das Institut beispielsweise mit konkreten Vorschlägen zur Ausgestaltung des Grundlagenvertrages zurück, obwohl doch im IPW der "deutschIandpolitische Sachverstand" der DDR versammelt war. Erst nach der Unterzeichnung am 21. Dezember 1972 in Ost-Berlin442 bezog das IPW in einem internen Bericht Stellung und stellte fest, daß der Grundlagenvertrag einen entscheidenden Schritt zur Normalisierung, zur Herstellung von Beziehungen friedlicher Koexistenz zwischen der DDR und der BRD darstelle, der von der Anerkennung der Souveränität der DDR ausgeht und der DDR somit einen beträchtlichen Impuls zur allseitigen diplomatischen Anerkennung und zur uneingeschränkten Teilnahme der DDR am internationalen Leben ermöglichen werde. Mit dem Vertrag, so das IPW, zeichnet sich eine gewisse Wende in der Außenpolitik der BRD ab, da die langjährigen Versuche, die DDR zu diskriminieren und zu isolieren, endgültig eine Niederlage erlitten haben. 443 Es zeigt sich, daß das IPW keine eigenen konkret-perspektivischen Vorschläge erarbeitete, sondern lediglich klassenmäßige Zustandsanalysen sowie bestärkende Jubelberichte im nachhinein verfaßte. Dennoch war der Parteispitze bewußt, daß der Grundlagenvertrag letztlich zwei verschiedene Realitäten widerspiegelte: Während die SED diesen als eine Art Teilungsvertrag ansah, der die deutsche Frage durch die Anerkennung der DDR als zweiten deutschen Staat endgültig gelöst hatte, stellte er für Bonn die Festschreibung der Grundvoraussetzungen für ein geregeltes Miteinander dar, ohne jedoch das Ziel der Wiedervereinigung aufzugeben. Die441 H. Ott, Zum Klassencharakter der Außenpolitik der DDR, S. 425f., in: DEUTSCHE AUßENPOLITIK 3/1972, S. 421-430. 442 Haftendom, a.a.O., S. 373ff. 443 IPW: Zum Grundlagenvertrag zwischen der DDR und der BRD, 21.11.1972, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02. Nr. 29, S. 1-3). Passagen dieses Berichtes finden sich in einer Publikation von 1974: H. Neubert, Der antiimperialistische Kampf und die Politik der friedlichen Koexistenz, Ost-Berlin 1974, S. 39f.
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sem versuchte die SED entgegenzuwirken, indem auf der 8. ZK-Tagung im Dezember 1972 betont wurde, daß der Vertrag jedoch nicht zu einer Annäherung oder Aussöhnung der feindlichen Ideologien führen könne, im Gegenteil, der Kampf an der ideologischen Front verstärke sich zunehmend. 444 Diese Äußerung muß wohl auch vor der Erkenntnis der SED bewertet werden, daß durch den Grundlagenvertrag der Sonderstatus in den beiderseitigen Beziehungen erhalten, eine völkerrechtliche Anerkennung der DDR verwehrt (blieb) 445 , obwohl der Grundlagenvertrag als eine Art von Durchbruch der DDRAußenpolitik zu bewerten sei. 446 Diese Sichtweise führt das IPW in einem Bericht (zusammen mit dem IIB Babelsberg) über die europäischen Beziehungen in den siebziger Jahren vom Juli 1972 weiter, indem auf die günstige internationale Lage verwiesen wurde, welche aufgrund der erfolgreichen Fn'edenspolitik der Sowjetunion und der anderen Länder der sozialistischen Staatengemeinschaft, wie auch durch die realistische Haltung der kapitalistischen Staaten entstanden sei und das Zusammenleben und die Zusammenarbeit der Völker und Staaten ermögliche. Als Voraussetzung für eine weitere positive Entwicklung wurde schließlich die volle internationale Anerkennung der DDR gefordert, um danach das Anliegen einer internationalen Sicherheitskonferenz anzuführen. Ausdrücklich betonte man in diesem Zusammenhang, daß der Grundsatz der gleichberechtigten Teilnahme aller Staaten . . . sich auch nicht nur auf das Verhältnis eines Staates zu einem anderen Teilnehmerstaat beziehen (dürfe), sondern ... die völlige Gleichberechtigung gegenüber allen an der Konferenz teilnehmenden Staaten beinhalten (solle). 447 Ziel einer solchen Konferenz sei es, so der Bericht, die Ergebnisse des II. Weltkrieges, den gegenwärtigen territorialen Status quo, die in Europa bestehenden Grenzen ... und die vorbehaltlose Anwendung der Prinzipien der friedlichen Koexistenz zwischen sozialistischen und kapitalistischen Staaten anzuerkennen, um auf dieser Basis zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung, vor allem der nuklearen Abrüstung. sowie zur Verwirklichung von Maßnahmen zur Begrenzung und Einstellung des Wettrüstens bei(zu)tragen. Dann entwickelten IIB und IPW Perspektiven der Entwicklung der Beziehungen der friedlichen Koexistenz zwischen sozialistischen und kapitalistischen Staaten in Europa und verwiesen zunächst auf den entscheidende(n) Faktor, nämlich, daß sich Sozialismus und Imperialismus in Europa gegenüberstehen, wobei sich in beiden Systemen Integrationsprozesse vollziehen. Während sich diese Prozesse im Nach: DDR-Handbuch, a.a.O., S. 277. H.-J. Spanger, Die SED und der Sozialdemokratismus. Ideologische Abgrenzung in der DDR. Köln 1982, S. 125. 446 W. Bruns, Die Außenpolitik der DDR, Berlin 1985, S. 25, vgl. IIB Babelsberg (Hrsg.), Geschichte der Außenpolitik der DDR. Abriß, Berlin (Ost), S. 279ff. 447 IIB Babelsberg, IPW: Die europäischen Beziehungen in den siebziger Jahren, Juli 1972, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 27). 444
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Sozialismus jedoch planmäßig entwickeln und die damit verbundenen komplizierten Probleme schrittweise lösen, wird der Integrationsprozeß zwischen den Staaten der erweiterten EWG dem Wirken vielfältiger objektiver Widersprüche unterliegen und durch soziale Spannungen . . . tangiert werden. Dennoch werde die national-staatliche Struktur Europas nicht in Frage gestellt oder gar aufgelöst werden, obwohl sich die Prinzipien der friedlichen Koexistenz letztlich durchsetzen würden. Schließlich empfahlen beide Institute den Aufbau eines Systems von gegenseitigen Vetpjlichtungen zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit für alle Staaten in Europa in Gestalt völkerrechtlicher Vereinbarungen, wie auch die Schaffung eines Mechanismus der friedlichen Streitbeilegung unter Respektierung der Grundsätze des Völkerrechts und schließlich die Entwicklung institutionalisierter Formen des Zusammenwirkens der Staaten Europas, wozu u.a. gehören könnten: die Entscheidung über die Durchführung einer Serie von Sicherheitskonferenzen in den siebziger Jahren; die Bildung von zeitweise oder I und ständig arbeitenden Organen der Sicherheitskonferenz für verschiedene Sachprobleme. Folge der Westen diesen Vorschlägen, so sei es möglich, die Barrieren aus der Zeit des kalten Krieges zu zerstören, die der Verwirklichung gemeinsamer Projekte, die im Interesse aller europäischen Staaten liegen, entgegenstanden, wodurch eine systematische, sich ständig vertiefende Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wirtschaft, der Wissenschaft und Technik, des Umweltschutzes, der Kultur und des Tourismus erfolgen könne. Nicht ungeschickt, aber doch zu offensichtlich versuchten IPW und IBB schließlich, das Hauptproblem des Sozialismus zu überdecken: Im Interesse der Hebung des Wohlstandes aller Völker Europas werden im Ergebnis der Beseitigung noch vorhandener künstlicher Barrieren und sonstiger Diskriminierungen oder Ungleichheiten gemeinsame Maßnahmen ermöglicht, die der rationalen Nutzung der Rohstoff- und Energieressourcen Europas, der Erhöhung des Industriepotentials, der Ausnutzung anderer natürlicher Ressourcen wie überhaupt der Nutzung der Ergebnisse des wissenschaftlich-technischen Fortschritts dienen. Um von diesem Zwang zur wirtschaftlichen Zusammenarbeitaufgrund der sich zusehends verschlechtemden Lage im Ostblock abzulenken, dienteamEnde der deutliche Hinweis auf die Bedeutung des politischen Problemkomplexes für den militärischen Bereich, da eine Lösung der politischen Grundfragen ... die Erörterung von Möglichkeiten und Wegen zu einer allmählichen Reduzierung der Streitkräfte und Rüstungen in Europa außerordentlich begünstigen (würde), gegebenenfalls sogar mit der Perspektive für Vorbereitungen in Richtung eine Auflösung der militärisch-politischen Gruppierungen auf dem Kontinent. Im Rahmen der weiteren Analyse bezüglich einer europäischen Sicherheitskonferenz untersuchte das IPW im September 1972 die Interessenslage der wichtigsten NATO-Länder und einiger neutraler und nichtpaktgebundener
Tfl
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Staaten Europas und stellte bezüglich der USA fest, daß diese gezwungen sei, ihre über lange Zeit betriebene Obstruktionspolitik gegenüber dem Zustandekommen einer europäischen Sicherheitskonferenz aufzugeben, da sich die Widersprüche zwischen den USA und der westeuropäischen Machtkonzentration des Imperialismus vertiefen und die USA so ihre Position im westlichen Lager stärken wolle. Trotzdem verträten neben den USA auch Großbritannien, Frankreich und vor allem die Bundesrepublik eine Position der Stärke aufgrund der seit 1968 gängige(n) NATO-Fonnel von der "bewaffneten Entspannung", was von einer kontinuierlich aufrechterhaltenen militärischen Aggressionsbereitschaft begleitet sein wird. Demgegenüber glaubte das IPW, einen Dissens zwischen den USA, der Bundesrepublik, Großbritannien und Italien einerseits sowie Frankreich andererseits bezüglich einer Perspektive der Herausbildung eines kollektiven Sicherheitssystems erkennen zu können, wie auch eine langfristige, gemeinsame imperialistische Strategie gegenüber den sozialistischen Staaten, welche in dem Versuch bestünde, im Prozeß der Durchsetzung der europäischen Sicherheit "die Grenzen durchlässiger (zu) machen" (Scheel), "Differenzen unter den sozialistischen Staaten auszunutzen" und "alles zu venneiden, was die Integration innerhalb des RWG festigen könnte (Memorandum der britischen Regierung), obwohl es immer schwieriger werde, eine einheitliche NATOKonzeption im Hinblick auf ein gesamteuropäisches System der Sicherheit und Zusammenarbeit auszuarbeiten, besonders im Rahmen der Koordination zwischen NATO und EWG, da die EWG in der Frage künftiger Wirtschaftsbeziehungen mit den sozialistischen Staaten offensichtlich einen vorsichtigeren Kurs als die USA verfolge. Realistisch ist die Analyse, daß die Mehrzahl der EWGStaaten, insbesondere die BRD, Großbritannien und Italien ... dem Ausbau und der Vertiefung der westeuropäischen Integration eine eindeutige Vorrangstellung gegenüber der Entwicklung gesamteuropäischer Zusammenarbeit auf handelspolitischem Gebiet einräume. Schließlich weist der Bericht daraufhin, daß hinsichtlich der Frage der Truppen- und Rüstungsreduzierung erhebliche Meinungsverschiedenheiten im Westen bestünden. 449 Danach folgen auf einer Seite die neutralen und blockfreien Staaten, die die günstige Entwicklung der Lage in Europa (be-grüßen) und . . . eine friedliche Zusammenarbeit der Länder (befürworten). Laut IPW-BERICHT besteht bei diesen Staaten ein vordringliches Anliegen . . . darin, daß auf der Konferenz die Prinzipien der zwischenstaatlichen Beziehungen in Europa verpflichtend festgelegt und damit die Positionen dieser Länder I/sichert werden (besonders Finnland, Schweden, Österreich, Jugoslawien). 4 In einem Anhang folgt schließlich die Interessenslage der Bundesrepublik, welche auf sieben Seiten ausführlich beschrieben wird. 449 IPW, Situationsanalyse: Ausgangspositionen für die multilaterale Vorbereitung der europäischen Sicherheitskonferenz, September 1972, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 26). Siehe Anhang 7. 450 Ebenda.
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Dazu heißt es: Das veränderte internationale Kräfteverhältnis sowie der wachsende Druck der an der Sicherung des Friedens interessierten Volksmassen hat die herrschenden Kräfte der BRD dazu gezwungen, ihre frühere ablehnende Haltung gegenüber den von der sozialistischen Staatengemeinschaft ausgehenden Initiativen zur Gewährleistung der europäischen Sicherheit und zur Entwicklung einer gleichberechtigten Zusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung beträchtlich zu modifizieren. Die gegenwärtige Regierung der BRD hat mehrfach ihr Interesse an einer gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz hervorgehoben und sich im Kommunique von Oreanda bereiterklärt, mit ihren Verbündeten sowie den anderen europäischen Staaten Konsultationen (zu) führen, um die Abhaltung einer solchen Konferenz zu beschleunigen. Die Bundesregierung sei darauf aus, sich den neuen Bedingungen anzupassen, unter denen sich die internationale Klassenauseinandersetzung in den kommenden Jahren - aufgrund der wachsenden Stärke des Sozialismus - vollziehen wird. Dennoch verfolge Bonn seine antisozialistischen Zielsetzungen, insbesondere gegenüber der DDR, weiter. Vor diesem Hintergrund faßt das IPW die bundesdeutsche Situation in einem Satz zusammen, der jedoch eher die Situation der DDR bzw. SED beschreibt: Es besteht also ein Wechselverhältnis zwischen objektiven Sachzwängen und subjektiven Zielvorstellungen. Dazu gehöre, daß die BRD ... die Aufrechterhaltung der NATO (befürwortet) und . . . die Schaffung eines die Militärkoalitionen ablösenden kollektiven Sicherheitssystems in Europa als "außerhalb jeder Betrachtung" liegend ab(/ehnt). Darüber hinaus sei die Bundesrepublik bestrebt, die von den sozialistischen Staaten in den Mittelpunkt gestellten Grundprinzipien der europäischen Sicherheit abzuwerten, indem Bonn das von ihr stark unterstützte und mitinitiierte Projekt einer beiderseitigen ausgewogenen Truppen- und Rüstungsreduzierung (MBFR) als eine Art Alternative zur Herausbildung eines kollektiven Sicherheitssystems ansehe, mit dem Ziel, die auf ein kollektives Sicherheitssystem gerichtete Konzeption der sozialistischen Staatengemeinschaft zu hemmen und den Fortbestand der NATO zu garantieren. Schließlich wurde der Vorwurf erhoben, daß die Bundesrepublik nicht bereit sei, alle für die Gewährleistung der Sicherheit in Europa notwendigen bilateralen und multilateralen Verpflichtungen vorbehaltlos zu akzeptieren. Dieses gelte, so das IPW, hinsichtlich der Verträge mit der UdSSR und der VR Polen wie auch gegenüber der DDR. Durch die Konzeption vom "Sondercharakter" der Beziehungen zwischen der DDR und der BRD werde versucht, die "deutsche Frage offen zu halten " und eine völkerrechtlich verbindliche Verpflichtung zur Wahrung des Prinzips der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten gegenüber der DDR ausgenommen mit militärischen Mitteln - zu vermeiden. Da sich die BRD der generellen Anerkennung dieses Prinzips im Kontext einer gesamteuropäischen Vereinbarung über die Grundlagen der zwischenstaatlichen Beziehungen nicht entziehen kann, erstrebt sie eine vorherige Ausnahmeregelung im Rahmen eines
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bilateralen Vertrages über die Gestaltung der gegenseitigen Beziehungen zwischen DDR und BRD. 451 Mit diesen Vorwürfen sollte einer Entwicklung vorgebeugt werden, welche die DDR hätte destabilisieren können, da der Parteiführung in Ost-Berlin die Ambivalenz bezüglich der Folgen einer solchen internationalen Konferenz deutlich vor Augen stand. Eine zunehmende Kooperation würde die gegenseitige Anerkennung bedingen, durch welche die DDR zum einen vom Westen als Gleicher unter Gleichen hätte akzeptiert werden wollen, zum anderen aber auch westliche Einflüsse auf das eigene System hätte zulassen müssen. Diese Gefahr war der SED-Spitze durchaus bewußt (/)ie Zusammenarbeit zwischen kapitalistischen und sozialistischen Staaten ist unvermeidlich mit einer Verstärkung der Kontakte auch auf anderen Gebieten verbunden. Die imperialistischen Kräfte der BRD gehen davon aus, daß sich damit das Feld für eine ständige und vielgestaltige Einwirkung in Richtung auf eine allmähliche ideologisch-politische Erosion der sozialistischen Gemeinschaft verbreitert) 452 , weshalb man sich in dieser Frage etwas zögerlich verhielt und sich - stärker als sonst - hinter ideologischen Phrasen und Vorwürfen verschanzte. Wie unzählige Male zuvor, versuchte das IPW schließlich, den Zwang zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit, unter welchem der Ostblock aufgrund eigener Schwäche stand, zu verdekken, indem auf eine angebliche Krise im Westen verwiesen wurde: Die mit der sich verändernden Kräftekonstellation innerhalb des imperialistischen Gesamtsystems verbundene Verschärfung des Marktproblems sowie die vielfältigen Krisenerscheinungen in der imperialistischen Welt lassen den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu den sozialistischen Staaten für bestimmte Monopole der BRD an Bedeutung gewinnen. Abschließend stellte das IPW fest, daß auch eine von der CDUICSU geführte ERD-Regierung dazu gezwungen sein würde, sich den veränderten Existenzbedingungen des Imperialismus anzupassen. Gleichzeitig wird sichtbar, daß sich das Tempo dieses Anpassungsprozesses und der Grad der Kompromißbereitschaft in den zur Lösung anstehenden Problemen der europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit möglicherweise gelenüber denen der gegenwärtigen ERD-Regierung negativ unterscheiden wird. 45 Solche zwar detaillierten, aber letztlich unrealistischen Untersuchungen bildeten die Grundlage des außenpolitischen Handeins der DDR, ebenso wie auch euphemistische Institutsberichte über internationale wissenschaftliche Tagungen. In solch einem Bericht anläßtich einer Tagung der Direktoren und Vertreter der Institute für Internationale Beziehungen aus sozialistischen Ländern über Pro-
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bleme der europäischen Sicherheit im Oktober 1972 in Bulgarien454 , an der auch Vertreter westlicher, nicht-sozialistischer Institute teilnahmen, wiesen die DDRVertreter (IIB Babelsberg und IPW) mit großer Zufriedenheit darauf hin, daß auf der Konferenz . . . die gleichberechtigte Stellung der Vertreter der DDRInstitute vollständig und ganz selbstverständlich geachtet (wurde) und daß die Konferenzergebnisse . . . die in den kapitalistischen Ländern sichtbaren realistischen Tendenzen (widerspiegeln). So wurde u.a. festgestellt, westliche Teilnehmer hätten dem sozialistischen System, trotzseiner zeitweiligen Schwierigkeiten, langfristig die größeren Entwicklungspotenzen bescheinigt, wie auch den wachsenden Einfluß der Länder der sozialistischen Gemeinschaft in der Weltpolitik. Diese Aussage wurde zwar auf der Konferenz getan, dies auch von einem westlichen Teilnehmer, doch handelte es sich dabei um ein Mitglied der französischen KP, wodurch die Aussage, daß insbesondere in den Arbeitspapieren der französischen Teilnehmer . . . eine anti-amerikanische Position - mit Abschwächung auch eine undifferenzierte "anti-deutsche" Position - zutage(trat) , einen anderen Stellenwert erhält. Als Schlußbemerkung hielt der Bericht fest, daß diese Konferenzen .. . vor allem deshalb nützlich (sind), weil sie Einblick in das konzeptionelle Denken der Institute der westlichen Länder vermitteln. 455 Man könnte hinzufügen: ... sowie um die Bedeutung und Wichtigkeit des IPW der Parteispitze zu demonstrieren. Während sich also auf wissenschaftlicher und politischer Ebene die Beziehungen zwischen Bonn und Ost-Berlin normalisierten, verstärkte die SED auf ideologisch-propagandistischer Ebene - nach innen, wie außen - ihre Anstrengungen, welches sich besonders in einem Beschluß des Politbüros vom 7. November (einen Tag vor der Paraphierung des Grundlagenvertrages) zeigte. Die SED sagte in diesem Beschluß (zu Fragen der Agitation und Propaganda) dem Antikommunismus als politisch-ideologische{s) Hauptinstrument der imperialistischen Bourgeoisie sowie dem bürgerlichen Nationalismus, dem Sozialdemokratismus, dem Revisionismus und dem 'linken ' Opportunismus den Kampf an456 , weshalb IPW-Direktor Häher seinen Mitarbeitern einschärfte, daß wir vor der Notwendigkeit stehen, sowohl die empirische Seite der Forschung zu erweitern als auch stärkeren Wert auf die wissenschaftliche Polemik, auf die Entwick-
454 Im: Bericht über die Durchführung einer Beratung der Ständigen Kommission der Forschungseinrichtungen der sozialistischen Länder über Probleme der europäischen Sicherheit( ...) am 3. Oktober 1972 und der 5. Tagung der Direktoren und Vertreter der Institute für Internationale Beziehungen aus sozialistischen und kapitalistischen Ländern Europas vom 4.-5. Oktober 1972 in Varna, VR Bulgarien, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 27, S. 2-8). 455 Ebenda, S. 8-12. 456 Nach: NEUES DEUTSCHLAND vom 11.11.1972, vgl. Spanger, a.a.O., S. 143.
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lung der ideologisch-theoretischen Beweisführung zu legen. 457 Vor diesem Hintergrund wurde das IPW beauftragt, eine wissenschaftliche Problemstudie über die grundlegenden Tendenzen der ökonomischen Entwicklung der BRD bis 1975 und damit verbundene voraussichtliche innen- und außenpolitische Auswirkungen sowie eine zusammenfassende theoretisch-verallgemeinemde Ausarbeitung über die strukturellen Veränderungen in der Arbeiterklasse der BRD und damit verbundene Auswirkungen in sozialer, politischer und ideologischer Hinsicht anzufertigen, aus der politisch-ideologische als auch taktische Schlußfolgerungen ... ableitbar sind. 458 Neben spezielleren finanz- und wirtschaftspolitischen Fragestellungen, hatte sich das IPW besonders mit der Entwicklung der internationalen Stellung der BRD im Weltsystem des Imperialismus sowie ihres Platzes im internationalen Klassenkampf zwischen Sozialismus und Imperialismus zu beschäftigen, wobei die Parteispitze in erster Linie das Verhältnis zwischen der BRD und den USA sowie die Stellung der BRD in Westeuropa interessierte. Ziel dieser Ausarbeitungen war es, Führungsinformationen in Form von Situationsanalysen anzufertigen. 459 Im Rahmen der vorgegebenen wissenschaftlichen Prozeßbeobachtung hatte sich das Institut mit folgenden Bereichen zu befassen: 1. Die wirtschaftliche Entwicklung der BRD, die Banner Wirtschafts- und Finanzpolitik; 2. Die Entwicklung der innenpolitischen Widersprüche und Konflikte, die Banner Innenpolitik in ihren wichtigsten Elementen (einschließlich Gesetzgebung); 3. Die Positionen der politischen Kräfte der BRD zu den zentralen Fragen der Außenpolitik und der internationalen Entwicklung; 4. Inhalt u. Methoden der psychologischen Kriegsführung und des ideologischen Kampfes gegen die DDR und andere sozialistische Staaten; 5. Probleme des Kampfes für europäische Sicherheit; 6. Aufrüstung und Militarisierung in der BRD; 7. Die Entwicklung der inneren Lage und die Stellung Westberlins. 460 Daher hielt die SED auch nach dem Grundlagenvertrag ihren harten ideologischen Kurs bei 461 , und so stellte das ZK in einer internen Kaderanweisung 457 Direktor: Direktive für die Erarbeitung des Forschungsplanes des Instituts für 1972, 26.0ktober 1971, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44, s. 10). 458 Ebenda, S. Zf. 459 Ebenda, S. 4. 460 Ebenda, S. 6f. 461 Haftendom, a.a.O., S.403f.
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(während dem Grundlagenvertrag) am 7. November fest, daß der Haß . . . die notwendige Konsequenz aus dem Befreiungskampf der Arbeiterklasse (ist). An unserem Feindbild ändert sich nichts, wenn auch in der BRD die Sozialdemokraten die Regierungsgeschäfte und die Militärpolitik betreiben. 462 Niederschlag findet diese Anweisung in zahlreichen Beiträgen der IPW-BERICHTE, welche die ideologische Konfrontation dokumentieren. 463 Darüber hinaus wurde weiterhin die Politik der Abgrenzung zur Bundesrepublik betont, so durch ZKSekretär Norden, der am 19. März 1973 vor dem Nationalrat der Nationalen Front ausführte: Zwischen der sozialistischen Nation der DDR und der kapitalistischen Nation der BRD hat sich, das anerkennt die Welt, die historische Tendenz der Abgrenzung durchgesetzt464 , und so lehnte DDR-Außenminister Oskar Fischer den von Bann betonten besonderen Charakter der deutschdeutschen Beziehungen ab und erklärte: Die DDR ist kein Inland der BRD und die BRD kein Inland der DDR. 465 Diese Strategie, Aufrechterhaltung des westdeutschen Feindbildes und Abgrenzungspolitik verfolgte die SED nach dem Grundlagenvertrag in erster Linie aus innenpolitischen Motiven, um die eigene Stellung innerhalb der DDR nicht in Gefahr zu bringen.
II. Vom Grundlagenvertrag zur KSZE Die Anstrengungen der SED nach dem Grundlagenvertrag richteten sich darauf, die DDR als zweiten, irreversibel unabhängigen sozialistischen deutschen Staat zu etablieren und diese Position auch international-völkerrechtlich abzusichern ... , da mit dem Abschluß des Grundlagenvertrages von 1972 das bis dahin verfolgte Hauptziel der SED, die völkerrechtliche Anerkennung durch Bann zu erlangen, nicht erreicht wurde, suchte die SED es in den folgenden Jahren durchzusetzen. 466 Die dazu notwendige Stabilisierung versuchte die SED auf eine doppelte Weise zu erreichen. Einerseits suchte Ost-Berlin die verstärkte Integration in das Nach: Schneider, P. Frenzel, a.a.O., S. 262f. Z.B. P. Przybylski: "Verbrechens-Explosion - Ausdruck der Krise des Imperialismus" (2/73), H.-G. Müller, "Aktuelle Aspekte des bürgerlichen Nationalimus im ideo-logischen Kampf" (4/73), "Zum Problem der Aggressivität des Imperialismus" (5/73). 464 NEUES DEUTSCHLAND vom 20.3.1973. 465 NEUES DEUTSCHLAND vom 14.6.1973. 466 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., S. 127, vgl. M. Stürmer, Grenzen der Macht. Begegnung der Deutschen mit der Geschichte, Berlin 1990, s. 171. 462 463
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sozialistische Lager, andererseits verhielt man sich in bezug auf Westdeutschland schwankend: Während auf der einen Seite eine klare ideologische Position (Absage an die deutsche Nation, verbunden mit der Betonung der sozialistischen deutschen Nation467) bezogen wurde, war sich die SED-Spitze auf der anderen Seite dennoch darüber im klaren, daß die wirtschaftliche Stabilität der DDR nur mit und über die Bundesrepublik zu erreichen sei. Daher blieb die verstärkte Abgrenzungspolitik auch nach dem Grundlagenvertrag die offizielle Linie der SED-Deutschlandpolitik, verbundenjedoch mit einer mehr inoffiziellen, wirtschaftlich-technischen Annäherung. Im Rahmen dieser Politik normalisierte sich das Verhältnis nach 1972, und der DDR gelang es nicht nur zu fast allen Staaten diplomatische Beziehungen aufnehmen zu können (z.B. zu den USA 1974), sondern man erreichte über die Mitgliedschaft in der UNO (September 1973) auch die weltweite diplomatische Anerkennung. Dieses internationale Engagement besaß jedoch auch eine deutschlandpolitische Dimension: So war die DDR seit dem Grundlagenvertrag bis zur KSZE-Konferenz in Helsinki 1975 darauf bedacht, diplomatische Beziehungen aufzubauen und bilaterale Dialoge zu beginnen, um auf diese Weise die Fixierung auf die Bundesrepublik zu reduzieren.469 So bewegte sich die SED in ihrer Deutschlandpolitik zwischen einer harten und einer weichen Linie (H. Weber), da sie einerseits die wirtschaftlichtechnische Zusammenarbeit mit dem Westen dringend benötigte, andererseits aber keinen westlichen Einfluß, der auf die DDR-Gesellschaft hätte destabilisierend wirken können, dulden wollte, der jedoch durch den im Rahmen des Grundlagenvertrages stark zunehmenden Reiseverkehr zwischen Ost und West nicht völlig zu unterbinden war. Nachdem die erzielten Ergebnisse der Westarbeit nicht den Vorstellungen der SED entsprachen, wurden die Gremien des Nationalrates und der VdgB, die sich mit Fragen der Arbeit nach der BRD beschäftigen, drastisch verringert, die Westarbeit weiter gestrafft und auf das IPW konzentriert. 470 In einer zusätzlichen Information verdeutlichte die SED nochmals ihre Haltung: Die BRD ist für uns ein ausländischer Staat, dessen Politik gleich welche der staatserhaltenden Parteien des Imperialismus dort die Regierungsgeschäfte ausübt - immer von Feindschaft gegen den Sozialismus und un467 Siehe dazu die IPW-Rezension zu: G. Schweigler, Nationalbewußtsein in der BRD und der DDR, in: IPW-BERICHTE 2/74, S. 58ff. 468 R. Fritsch-Boumazel, Die Sowjetunion und die deutsche Teilung, Opladen 1979, s. 111. 469 In diesem Zusammenhang weist Herman Weber daraufhin, daß die DDR auch ohne den Grundlagenvertrag zur internationalen Anerkennung gekommen wäre, sie war dazu bereits bis 1971 auf dem besten Wege, die Verträge beschleunigten aber diese Entwicklung. Weber, Die DDR, a.a.O., S. 149. 470 Westabt.: Vorlage an das Sekretariat des ZK, 23.1.1973, (SAPMDB, Bestand IV B2/2.2028 Nr. 001).
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seren Arbeiter-und-Bauern-Staat behetTScht ist.. . Wir können unsere konstruktive Politik gegenüber der BRD um so wirksamer weiterführen, je mehr wir das sozialistische Bewußtsein der Bürger unseres Landes festigen und die offensive Auseinandersetzung mit allen Spielarten der bürgerlich-impen"alistischen Ideologie führen ... Wir begegnen so Kontaktversuchen aus der BRD offensiv und e 1a s t i s c h . Wir verschließen uns nicht der Entwicklung normaler Beziehungen, aber dulden selbstverständlich kein Eindn"ngen der Konterrevolution und der feindlichen Ideologie. Wir sind für Beziehungen, die uns nützen, die unserer Einflußnahme auf die politische Entwicklung in der BRD dienen und unseren Kampf um Fn"eden und europäische Sicherheit, für die Verbreitung der sozialistischen Ideen und die Unterstützung der fortschn"ttlichen Kräfte in der BRD fördern. 471 In diesem Zusammenhang beschloß das Politbüro kurze Zeit später eine Interne Anweisung für das Verhalten gegenüber Vertretungen der BRD. Darin hieß es: Das Verhalten gegenüber Vertretungen aus der BRD wird von der Tatsache bestimmt, daß die DDR und die BRD zwei souveräne, voneinander unabhängige Staaten mit gegensätzlicher Gesellschaftsordnung sind, zwischen denen sich ein objektiver Prozeß der allseitigen Abgrenzung vollzieht. Die DDR ist ein fester Bestandteil der sozialistischen Gemeinschaft. Die BRD ist eine der Hauptkräfte des Impen"alismus und der NATO. Der Berliner Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen regelt in völkerrechtlich verbindlicher Form die Beziehungen zwischen der DDR und der BRD. Die BRD mußte vertraglich die Existenz der DDR als souveräner Staat akzeptieren und insbesondere die Grenzen und die territon"ale Integn"tät der DDR anerkennen. Sie hat sich verpflichtet, sich jeglicher Einmischung auch in die Außenbeziehungen der DDR zu enthalten. Der Vertrag läßt keinen Raum für Interpretationen, die Beziehungen zwischen der DDR und der BRD hätten einen vom allgemein anerkannten Völkerrecht abweichenden Sondercharakter. Seine Bestimmungen besagen: Die DDR ist kein Inland der BRD und umgekehrt. Beide Staaten sind und bleiben füreinander Ausland. Die DDR setzt konsequent die Politik der Abgrenzung fort. Die aggressive Zielsetzung des Impen"alismus der BRD gegenüber der DDR hat sich nicht geändert. Die von der SPDIFDP-Koalition verfolgte Politik ist darauf gen"chtet, auf längere Sicht durch Versuche des verstärkten Eindn"ngens die sozialistische Ordnung in der DDR zu untergraben, um sie zu beseitigen. Für diese Politik des "Wandels durch Annäherung" soll durch verstärkte und differenzierte Propagierung nationalistischer und neorevanchistischer Parolen der Boden vorbereitet werden. Die Beziehungen zwischen der DDR und der BRD dürfen auf keinen Fall als ein klassenmäßig indifferentes politisches Verhältnis 471 Information zu einigen Fragen der politischen Arbeit nach der BRD und den zunehmenden Kontaktversuchen aus der BRD, 23.1.1973, (SAPMDB, Bestand IV B2/2.2028 Nr. 001).
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zwischen zwei souveränen Staaten schlechthin betrachtet werden. In ihnen spiegelt sich besonders augenfällig der Klassenkampf zwischen Sozialismus und Imperialismus auf internationaler Ebene wider. Deshalb ist in der Frage des Verhältnisses zu BRD-Vertretungen strikteste Einhaltung der Partei- und Staatsdisziplin erforderlich. Kontakte mit BRD- Vertretungen verlangen einen festen Klassenstandpunkt, revolutionäre Wachsamkeit und ein klares Feindbild.412 Deutlicher kann die Grundlage, auf der das IPW seine "wissenschaftliche Arbeit" zu betreiben hatte, nicht beschrieben werden, wodurch auch die Äußerungen vom stellvertretenden IPW-Direktor Doemberg auf einem wissenschaftlichen Symposium des Wiener Instituts für den Frieden im Oktober 1972 zum Thema Prinzipien, mögliche Strukturen und Perspektiven für ein System der kollektiven Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, zur Farce werden. Doemberg erklärte: Für das positive Ergebnis der europäischen Staatenkonferenz und für die Entwicklung von Sicherheit und Zusammenarbeit auf dem Kontinent vermag die Wissenschaft eine eigenständige positive Rolle zu spielen. Die Entwicklung des wissenschaftlichen Gedankenaustausches kompetenter Gelehrter und wissenschaftlicher Einrichtungen über diese Probleme kann den Regierungen helfen, die Interessen und Standpunkte der beteiligten Völker und Staaten exakter und differenzierter kennenzulernen und damit Mißtrauen abzubauen. Entsprechende wissenschaftliche Einrichtungen sind ohnehin mit der Ausarbeitung von Lösungsvarianten europäischer Probleme für Politiker und Regierungen ihrer Länder befaßt. Der freimütige wissenschaftliche Kontakt zwischen ihnen erleichtert es, die staatlichen Verhandlungen auf die tatsächlichen politischen Kernfragen zu konzentrieren. Schließlich spielt die Wissenschaft auch bei der Erarbeitung von Prognosen und Programmen für die zukünftige Entwicklung auf dem Kontinent eine Schlüsse/rolle. Hier wird die Verantwortung des Wissenschaftlers gegenüber der Gesellschaft besonders deutlich, denn der Ablauf der europäischen Geschichte ist kein automatischer Prozeß, er wird vom Ringen politisch engagierter gesellschaftlicher Kräfte bestimmt. Diesem Engagement für die friedliche und gehaltvolle Zukunft des Lebens auf dem Kontinent kann sich vor allem die verantwortliche Wissenschaft auf Grund der großen Wirkungen, die von ihren Ergebnissen ausgehen können, nicht entziehen. Deshalb ist es nicht zufällig, daß in der Bewegung der demokratischen 6ffentlichkeit Europas für Sicherheit und Zusammenarbeit den Initiativen und Begegnungen engagierter Wissenschaftler ein hervorragender Platz zukommt. 473 47Z Protokoll Nr. 55, Anlage Nr. 4 der Sitzung des Politbüros vom 16.5.1973, (SAPMDB, Bestand J IV 2/3 Nr. 2010, S. 40-45). 473 Wissenschaftliches Symposium zum Thema "Prinzipien, mögliche Strukturen und Perspektiven für ein System der kollektiven Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" in Wien am 14. und 15. Oktober 1972, (BAPAR, Bestand Internationales Institut für den Frieden Wien, 1969-1974, DC 204 Direktion 26). 11 Klein
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Doch beurteilte die SED-Führung die europäische Lage intern weitaus kritischer als es Doernberg vor einem internationalen Publikum getan hatte. Dies wird in einer vom IPW im September 1972 erstellten Situationsanalyse zur Ausgangsposition für die multilaterale Vorbereitung der europäischen Sicherheitskonferenz474 deutlich, in welcher das Institut die Interessenlage der wichtigsten NATO-Länder und einiger neutraler und nichtpaktgebundener Staaten Europas sowie ihre bisher erkennbaren Ausgangspositionen für die Konferenz über europäische Sicherheit und Zusammenarbeit analysiert. Darin wird u.a. festgestellt, daß sich der Westen nun nicht mehr prinzipiell gegen die vom Osten angestrebten Vereinbarungen über die Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen, Gewaltverzicht und Zusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten sperre, und daß sich das Prinzip einer parallelen, aber getrennten Inangriffnahme der politischen Grundsatzfragen der europäischen Sicherheit auf der Staatenkonferenz und einer gesonderten Erörterung von Problemen einer Reduzierung der Streitkräfte und Rüstungen in Europa ... durchgesetzt (hat). Innerhalb der NATO-Staaten, so der Bericht, mußten die USA ihre über lange Zeit betriebene Obstruktionspolitik gegenüber einer Sicherheitskonferenz, aufgrund des sich gewandelten internationalen Kräfteverhältnisses sowie aufgrund der Vertiefung der Widersprüche zwischen den USA und der westeuropäischen Machtkonzentration des Imperialismus aufgeben, obwohl die Politik des Westens gegenüber den sozialistischen Staaten noch immer von der Position der Stärke aus betrieben wird, im besonderen, so das IPW, von den USA, Großbritannien, der Bundesrepublik wie auch von Frankreich. Der Bericht kommt zu dem Schluß, daß auch bei wachsender Bedeutung der Entspannungskomponente diese auf absehbare Zeit von einer kontinuierlich aufrechterhaltenen militärischen Aggressionsbereitschaft begleitet sein wird. Diese Aggressionsbereitschaft glaubte die SED auch im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Grundlagenvertrag vom Juni 1973 zu erkennen, auf das die DDR sowie die sozialistischen Staaten in scharfer Weise reagierten. Das Politbüro bezeichnete das Karlsruher Urteil als völkerrechtswidrig475 und forcierte die zwischenzeitlich etwas abgemilderte Kritik an der Bundesrepublik, der Ost-Berlin nun in massiver Weise u.a. die Unterstützung von Fluchthilfeorganisationen sowie die Pläne zur Errichtung eines Bundesumweltamtes in WestBerlin vorwarf. Bestärkt wurde die SED-Spitze in ihrer Kritik am Karlsruher Urteil durch einen streng vertraulichen Bericht von IPW-Chef Häber an Erich 474 IPW-Situationsanalyse: Ausgangspositionen für die multilaterale Vorbereitung der europäischen Sicherheitskonferenz, zusammengestellt und erarbeitet vom Autorenkollektiv der Gen. Hans Richter, Dr. Alexander Tinschmidt, Gerda Voigt unter Leitung von Dr. Martin Winter, September 1972, (BAPAR, Bestand Internationales Institut für den Frieden Wien, 1969-1974, DC 204 Direktion 26). 475 Bericht des Politbüros an das ZK der SED vom 2.10.1973, (SAPMDB, Bestand J IV 2/3, Nr. 2011); vgl. Badstübler, a.a.O., S. 339.
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Honecker über ein Seminar vom September 1973 im Hamburger Institut "Haus Rissen", indem er bezüglich des Grundlagenvertrages meldete, daß einige der Anwesenden {Westdeutsche Wissenschaftler, d. Verf.] mehr oder weniger deutlich vom Karlsruher Urteil über den Grundlagenvertrag abrückten. 476 Auch diese Beurteilung muß wiederum im Zusammenhang mit dem Erfolgs- und Rechtfertigungsdruck innerhalb des kommunistischen Systems gesehen werden, doch folgte aus solchen, die SED ermutigenden Berichten, der Auftrag an das IPW, verstärkt den Kontakt zu westdeutschen Wissenschaftlern und Einrichtungen zu suchen. Dieser Aufgabe nahm sich ab Oktober 1973 der neu ernannte IPW-Direktor Max Schmidt an477, während Herbert Häber zum Leiter der Westabteilung aufstieg. Den Gesprächspartnern sei, so die Anweisung, die grundsätzliche, außenpolitische Konzeption der DDR zu erläutern. Dabei wird vor allem der Zusammenhang zwischen Berlin- Vertrag, europäischer Sicherheit und friedlicher Koexistenz im allgemeinen herausgearbeitet. Weiterhin sei der Standpunkt der DDR zu den grundsätzlichen Beziehungen zwischen DDR und BRD gemäß des Berlin-Vertrages (insbesondere nach der Begründung des Karlsruher Urteils) herauszustellen. Es ist deutlich zu machen, wie die DDR konstruktiv den Vertrag realisiert und welche Erwartungen dabei an die Politik der BRD gestellt werden müssen. Die Diskussion ist zu nutzen, um von den ERDVertretern die Position zu folgenden Fragen in Erfahrung zu bringen: a) Wie soll das weitere Verhältnis von Ost- und Westpolitik der ERD-Regierung gestaltet werden? b) Meinungen und Vorstellungen der Bundesregierung und ihrer Institutionen über die konkrete Realisierung des Berlin-Vertrages und des gesamten Vertragswerkes unter den gegebenen politischen Bedingungen des Spruchs des Bundesverfassungsgerichts. c) Meinungen und Vorstellungen hinsichtlich der bevorstehenden Aufnahme in die UN. Absichten hinsichtlich der DDR-Delegation usw. 418 Doch da die SED mit ihrer Strategie nicht den gewünschten Erfolg verzeichnen konnte und man sich mit voller Kraft auf die im Juli 1973 in Helsinki beginnende erste Phase der KSZE-Konferenz konzentrieren wollte479, schränkte Ost-Berlin im Laufe des Jahres die Kontakte mit der Bundesrepublik auf politi-
476 Information über ein einwöchiges Seminar im Institut für Politik und Wirtschaft ("Haus Rissen"), Hamburg, zum Thema "Internationale Politik 1972- Deutschland und Europa in einer multipolaren Welt" unter Beteiligung von DDR-Wissenschaftlern in der Zeit vom 25. bis 30. September 1972, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr BRD/Berlin (W) 1972-1985, DC 204 Direktion 38). 477 Protokoll Nr. 110 der Sitzung des Politbüros vom 8.10.1973, (SAPMDB, Bestand J IV 2/3 Nr. 2066). 478 Abt. Internationale Verbindungen: Konzeption für den Aufenthalt von sechs führenden, politisch engagierten Wissenschaftlern aus der BRD am 5. und 6. Sept. 1973, 29.8.1973, (BAPAR, Bestand DC 204 Direktion Nr. 34). 479 Vgl. Badstübner, a.a.O., S.338ff.
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scher und wirtschaftlicher Ebene ein und verdoppelte im November den Mindestumtauschsatz - eine Maßnahme, welche von nun an auch Rentner betraf, wodurch die Zahl der DDR-Besuche aus dem Westen um rund 30 Prozent zurückging. Während Bonn dieses Vorgehen als Verstoß gegen die bestehenden Vereinbarungen kritisierte, wurden dennoch die Verhandlungen im Anschluß an den Grundlagenvertrag (Artikel 7) fortgesetzt. Besonderes Gewicht legte die SED bei diesen Verhandlungen auf die Frage über die Errichtung der diplomatischen Vertretungen, welche nach Ost-Berliner Vorstellungen möglichst mit Botschaften gleichgesetzt werden sollten, nach Bonner Absicht jedoch die besonderen innerdeutschen Beziehungen zum Ausdruck bringen sollten. Am 14. März 1974 wurde in Bonn ein Protokoll unterzeichnet, welches die Voraussetzungen der Ständigen Vertretungen in Bonn bzw. Ost-Berlin regelte. Im April und Mai 1974 wurden die ersten Folgevereinbarungen bezüglich des Grundlagenvertrages unterzeichnet (Gesundheitswesen, nicht-kommerzieller Zahlungsverkehr, Sport) . Eine weitere Belastung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten stellte die Guillaume-Affäre im Jahre 1974 dar, in deren Verlauf Bundeskanzler Brandt zurücktrat, ein Schritt, den das NEUE DEUTSCHLAND als Ergebnis innerer Widersprüche in der Bundesregierung darstellte. 480 Auch die ungelöste Frage bezüglich der Stellung Berlins störte die weitere Entwicklung der Beziehungen, und so setzte die SED weiterhin auf Abgrenzung, wobei sie den 7. Oktober 1974- den 25. Jahrestag der Staatsgründung- nutzte, um einerseits die Entwicklung der DDR als überzeugenden Beweis der histon·schen Überlegenheit des Sozialismus über den Impen"alismus 481 (Stefan Doemberg) zu feiern, andererseits, um alle noch verbliebenen Reste einer nationalen Zusammengehörigkeit der beiden deutschen Staaten aus der Verfassung zu streichen, so z.B. die 1968 aufgestellte Absichtserklärung einer schrittweisen Annäherung der beiden deutschen Staaten mit dem Ziel einer Vereinigung auf der Grundlage von Demokratie und Sozialismus. 482 Danach blieb es beim Wechsel zwischen harten und weichen Phasen der deutsch-deutschen Beziehungen, und so vereinbarten Honecker und der Bonner Vertreter in der DDR, Günter Gaus, Erleichterungen im Reiseverkehr, welches die Bundesrepublik im Gegenzug mit der Verlängerung des 1968 vereinbarten Swing belohnte, und Anfang Dezember 1974 schlug Ost-Berlin den Ausbau der Transitwege vor, worüber nach rund einem Jahr eine Einigung erzielt wurde. Hintergrund all dieser Übereinkommen bildete ein ständiger Briefwechsel zwischen Honecker und Bundeskanzler Schmidt, worin auch die Vorbereitung der dritten KSZE-Konferenzphase im NEUES DEUTSCHLAND vom 8.5.1974. S. Doemberg, 25 Jahre Deutsche Demokratische Republik. Konsequenter Kampf gegen den Imperialismus, in: IPW-BERICHTE 9/74, S. 2-6. 482 Nach: DDR-Handbuch, a.a.O., S. 279. 480
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Sommer 1975 in Helsinki zur Sprache kam, welche die IPW-BERICHTE mit einer ideologischen Offensive gegen den Westen verbanden (J)ie Leninsche Partei- Hauptangnffspunkt imperialistischer "Kommunismusforschung" (6174), Zur anthropologischen Tendenz der bürgerlichen Ideologie in der Gegenwart (7/74) und die auch nach der Konferenz weiter fortgesetzt wurde (Aggressivität und Krise der NATO (8174), 25 Jahre Deutsche Demokratische Republik- Konsequenter Kampf gegen den Imperialismus (9174), Zur Wiederbelebung autoritärer Herrschaftskonzeptionen in der BRD (10/74), Zur Verschärfung der Krise der bürgerlichen Demokratie (12174). Bezüglich einer solchen Konferenz hatte das IPW in einer Situationsanalyse im September 1972 festgestellt, daß sich die USA wie auch Großbritannien durch den Druck der in Europa wachsenden Tendenz zur friedlichen Koexistenz gezwungen sähen, die reservierte Haltung in dieser Frage aufzugeben.483 In bezug auf die Bundesrepublik hieß es: Der Imperialismus der BRD ist bestrebt, sich den neuen Bedingungen anzupassen, unter denen sich die internationale Klassenauseinandersetzung in den kommenden Jahren vollziehen wird. Während ihn die wachsende Stärke des Sozialismus und die Verschärfung der Widersprüche zwischen den imperialistischen Staaten und Machtzentren dazu zwingen, in bestimmtem Maße auf Lösungen im Sinne der friedlichen Koexistenz einzugehen, versucht er gleichzeitig, seine antisozialistischen Zielsetzungen, insbesondere gegenüber der DDR, weiter zu verfolgen... Am deutlichsten kommen die von der BRD erhobenen Vorbehalte gegenüber einer vollständigen Durchsetzung der Prinzipien der friedlichen Koexistenz in ihrem Verhalten gegenüber der DDR zum Ausdruck. Der Wesenskern der Konzeption vom "Sondercharakter" der Beziehungen zwischen der DDR und der BRD besteht in dem Versuch, die "deutsche Frage offen zu halten " und eine völkerrechtlich verbindliche Verpflichtung zur Wahrung des Prinzips der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten,Jegenüber der DDR - ausgenommen mit militärischen Mitteln - zu vermeiden . Im Rahmen der ersten Phase der gesamteuropäischen Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vom 3. bis 7. Juli 1973 in Helsinki stimmten alle 35 Außenminister den Schlußempfehlungen der Helsinki-Konsultationen zu, um im Rahmen einer zweiten Konferenzphase in Genf die Prüfung der Fragen der Tagesordnung fortzusetzen und Entwürfe für Erklärungen, Empfehlungen, Resolutionen oder sonstige Schlußdokumente auf der Grundlage der Vorschläge auszuarbeiten, die während der ersten Phase der Konferenz gemacht
483 IPW: Situationsanalyse "Ausgangspositionen für die multilaterale Vorbereitung der europäischen Sicherheitskonferenz", September 1972, (BAPAR, Bestand Internationales Institut für den Frieden in Wien, 1969-1974, Direktion DC 26). 484 Ebenda.
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wurden bzw. die noch unterbreitet werden. 485 Das IPW begleitete diese erste Konferenzphase nach außen durch eine Intensivierung der ideologischen Auseinandersetzung im Rahmen der IPW-FORSCHUNGSHEFTE 2/73 zum Thema Friedliche Koexistenz - Ideologischer Kampf. In dieser Veröffentlichung von Beiträgen eines Kolloquiums vom Februar 1973 in Ost-Berlin, wurden die unversöhnliche(n) Gegensätze zwischen Sozialismus und Imperialismus betont, da der Imperialismus ... sein Wesen nicht verändert, den Kampf gegen den Sozialismus nicht aufgibt, sondern nach wie vor das Haupthindernis auf dem Wege zu gesellschaftlichem Fortschritt und dauerhaftem Frieden darstellt. Daher sei es erforderlich, stets völlige Klarheit über das Wesen der Politik der Friedlichen Koexistenz von Staaten gegensätzlicher Gesellschaftsordnung zu besitzen. . . . So ist die friedliche Koexistenz keine Idylle! Sie ist harter, zäher Kampj1 486 Während die zu Beginn der siebziger Jahre verstärkt einsetzende Entspannungspolitik mit dem Höhepunkt der KSZE-Schlußakte von 1975 der DDR einerseits die Voraussetzungen für ein konstruktives und unabhängigeres außenpolitisches Handeln ermöglichte, erforderten die Ergebnisse von Helsinki Akzeptanz, Gleichberechtigung und Kooperation - andererseits zwangsläufig eine Öffnung des Systems. Zu den bisherigen, eingebildeten Bedrohungen trat nun eine reale Bedrohung, da die SED auf die Schaffung gemeinsamer Sicherheit nicht vorbereitet war, ja auch nicht sein konnte. In diesem Dilemma reagierte die SED unter Honecker mit einer verstärkten, fast schon grotesk anmutenden Verschärfung der Abgrenzungspolitik - der Michael Stürmer eine hysterische Schärfe aufgrund einer gewissen Unsicherheit bescheinigt487 - durchgehend unterstützt durch IPW-Publikationen. Überall, wo die DDR nun außenpolitisch auftreten konnte, war die Bundesrepublik bereits anwesend und nahm aufgrund ihres wirtschaftlichen und technologischen Potentials eine wichtige Position ein. Dort, wo die Bundesrepublik nun quasi zur DDR hinzutrat, eroberte sie sich in kurzer Zeit eine starke Position, wodurch die DDR zunehmend an den Rand gedrängt wurde. Gerade für die sozialistischen Entwicklungsländer spielte Bonn - bei aller ideologischer Verbundenheit zu Ost-Berlin - eine unverzichtbare Rolle. Daß die DDR selbst die Wirtschaft zum Hauptfeld der Auseinandersetzung zwischen den unterschiedlichen Gesellschaftssystemen (Erich Honecker) erklärt hatte, ließ die fehlenden Möglichkeiten einer konstruktiven und erfolgreichen Außenpolitik schließlich noch deutlicher hervortreten. Dies konnten auch alle noch so angestrengten Versuche der SED, international anerkannt und geachtet zu werden, nicht än485 Auswärtiges Amt (Hrsg.), Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Dokumentation zum KSZE-Prozeß, Bonn 1990, S. 14. 486 H. Häber, Die Politik der friedlichen Koexistenz und der ideologische Kampf, in: IPW-FORSCHUNGSHEFfE 2/73, S. 8-43. 4n Stürmer, a.a.O., S. 173.
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dem. Im direkten Aufeinandertreffen zwischen beiden deutschen Staaten blieb die DDR aufgrund ihrer wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Defizite im Schatten Bonns und geriet auch innenpolitisch in zunehmende Schwierigkeiten, da die Unzufriedenheit der DDR-Bevölkerung wuchs: Wirtschaftliche Schwierigkeiten und oppositionelle Bestrebungen selbst innerhalb der SED machten deutlich, daß sich die DDR auch drei Jahrzehnte nach ihrer Griindung nicht aufgrund der Zustimmung der eigenen Bevölkerung, sondern lediglich durch die Einschüchterungspolitik der SED und der sie stützenden Sowjetunion behaupten konnte.
D. Die Bedeutung des IPW Über die Gründung des IPW wurde zwar bereits im Juli 1971 durch das Erlangener Institut für Gesellschaft und Wirtschaft berichtet, doch waren die Informationen dürftig. So hieß es lediglich, daß das IPW nach dem VIII. Parteitag auf Beschluß des Präsidiums des Ministerrates der DDR durch Zusammenlegung zweierbisher selbständiger Institute entstanden (ist), des Deutschen Instituts für Zeitgeschichte (DIZ) und des Deutschen Wirtschaftsinstituts (DWI). (ND vom 13. 7. 71, S. 2). Die Bildung des Instituts dürfte im Zusammenhang mit der Auflösung des Staatssekretariats für westdeutsche Fragen und der Konzentration der Imperalismusforschung stehen. 488 Erst ein Jahr später, im August 1972, wurde im DEUTSCHLAND ARCHIV genauer über das IPW berichtet. 489 Karl Wilhelm Fricke beschrieb die Einrichtung als neues Zentrum der DDR-Westforschung und bemerkte, daß das IPW als Leitinstitut der marxistisch-leninistischen Imperialismusforschung mit dem Schwerpunkt Bundesrepublik ... für andere ähnliche Institute in der DDR richtungsweisend ist und . . . auf die politisch-ideologische Auseinandersetzung in Deutschland erheblichen Einfluß nimmt. Die Zusammenlegung des Deutschen Wirtschaftsinstitutes und des Deutschen Instituts für Zeitgeschichte bewertete Fricke folgerichtig als Konzentration der DDR-Westforschung, die in ihrer Auswirkung einer Intensivierung gleichkommen dürfte und zitierte als Beweis IPW-Direktor Häher, der die ideologische Offensive gegen die Bundesrepublik noch zielgerichteter zu führen und all jene scheitern zu lassen gedachte, die darauf aus sind, die Politik der friedlichen Koexistenz, wie sie von den sozialistischen Staaten erfolgreich vertreten wird, mit ideologischer Diversion gegen den Sozialismus unter der demagogischen Losung von der "Freizügigkeit der Ideen" zu beantworten. Die Aufgaben des IPW sah Fricke treffend zum einen in der ideologischen Erziehung sowie der Entscheidungshilfe für die FühJUng der SED und die Regierung der DDR (Innenfunktion), zum anderen im Einwirken auf die Öffentlichkeit in der DDR, wie auch in der Bundesrepublik (Außenfunktion).
IGW-Infonnation zur Wissenschaftsentwicklung und-politikder DDR 7/71. H. Häber, Der Marxismus-Leninismus in der Offensive, S.S, in: IPW-BERICHTE 1/1972, hier zit. nach: K.W. Pricke, Ein Zentrum der DDR-Westforschung, S. 802, in: DEUTSCHLAND ARCHIV 8/1972, S. 802-805. 488
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I. Die Bedeutung für die Deutschlandpolitik der SED
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Den Leiter des IPW charakterisierte Fricke als SED-Funktionär ohne wissenschaftliche Qualifikation, jedoch als Mann mit reichhaltiger Erfahrung in der Westarbeit und politischer Zuverlässigkeit (Häber war in den fünfziger Jahren an die Parteihochschule nach Moskau delegiert worden), weshalb Fricke in Hähers Ernennung gleichsam ein Programm sah. All diese Einschätzungen und Beobachtungen trafen den Kern der Dinge, nur in der Angabe der Mitarbeiter (bei der sich Fricke auf das Erlangener Institut für Gesellschaft und Wissenschaft berief) lag ein großer Irrtum vor: Während Fricke den Personalstand des IPW mit etwa 1200, davon 400 Wissenschaftler angab, waren zu dieser Zeit, d.h. im Januar 1974, im IPW 437 Personen beschäfti~t, davon 245 wissenschaftliche bzw. wissenschaftlich-technische Mitarbeiter. 90 Welche Bedeutung hatte das IPW nun für die Außen- bzw. Deutschlandpolitik der SED? Trifft die Beurteilung des Instituts für Gesellschaft und Wissenschaft aus dem Jahre 1979 zu, daß das IPW im Sinne der sich aus den Forschungsplänen ergebenden Aufgaben Forschung, Lehre, Beratung und Lenkung des Forschungsbetriebes eine herausragende Bedeutung für die Bereiche Gesellschaft und Außenpolitik der DDR491 innehatte?
I. Die Bedeutung für die Deutschlandpolitik der SED Um die Bedeutung der Arbeit des IPW im Rahmen der Beziehungen der DDR zur Bundesrepublik, nach Max Schmidt der zentrale Bezugspunkt der Außenpolitik der DDR überhaupt492 , ermessen zu können, muß zunächst einmal der außen- bzw. deutschlandpolitische Entscheidungsablauf innerhalb des SEDSystems skizziert werden: Die grundlegenden Entscheidungen traf, wie in allen Bereichen, selbstverständlich das Politbüro der SED, unterstützt aufgrund des durchgehenden Dualismus von Partei und Staat493 durch einen komplizierten Apparat. Während der Ministerrat die Durchführung der Außenpolitik der DDR auf der Grundlage der
M. Schmidt, Zur Tätigkeit des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft, 15.1.1974, S. 11, (SAPMDB, Bestand J IV 2/10.02 Nr. 2). 491 W. Gruhn I G. Lauterbach, Die Organisation der Forschung in der DDR, S.151, in: Institut für Gesellschaft und Wissenschaft, Erlangen (Hrsg.), Das Wissenschaftssystem in der DDR, Frankfurt/M., 19792, S. 127-231. 492 M. Schmidt, S. 882, zit. nach: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. V/3: Deutschlandpolitik, Protokoll der 52. Sitzung: Strategie und Taktik der SED in den innerdeutschen Beziehungen, S. 872-910. 493 H. Rausch (Hrsg.), DDR- Das politische, wirtschaftliche, soziale System, München 1984, S. 315. 490
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D. Die Bedeutung des IPW
Beschlüsse der SED (leitete) 494, oblag dem Außenministerium zunächst die Durchführung der Aufgaben auf außenpolitisch-diplomatischem und staatlichauslandsinformatorischem Gebiet. Demnach trafen also weder Außenministerium noch Ministerrat die eigentlichen Entscheidungen, beide Einrichtungen waren lediglich mit der Durchführung und Umsetzung der vom Politbüro getroffenen Vorgaben befaßt. Zwar nahm das Außenministerium nach 1970 nicht mehr nur reine Koordinierungsfunktionen wahr, sondern sollte selbst die komplexe wissenschaftliche Vorbereitung von Entscheidungen leisten495 , dies allerdings in bezug auf die Arbeit des Ministerrats, wodurch die Suprematie der SED, d.h. des Politbüros, erhalten blieb. Die enge Verflechtung von Staats- und Parteiapparat496 in Form von Personalunion in Führung~fositionen, von gegenseitige(r) Zuordnung ähnlich gegliederter Abteilungen49 sowie die Parteikontrolle innerhalb staatlicher Einrichtungen durch die SED-Grundorganisationen gewährleistete die totale Parteidominanz, weshalb weder Ministerrat, noch Volkskammer oder Außenministerium die außenpolitischen Entscheidungen trafen, sondern das Politbüro, welches sich dabei (offiziell) auf das Zentralkomitee, in der Praxis auf die ZK-Abteilungen stützte. Im Hinblick auf den Bereich der Außenpolitik waren dies die Abteilungen für Internationale Verbindungen, für Auslandsinformation, für Handel, Versorgung und Außenhandel, für Staats- und Rechtsfragen sowie besonders die Westabteilung und die Abteilung für Propaganda. Das Zentralkomitee griff dabei nicht direkt in den Entscheidungsablauf ein, doch leistete es, laut DDR-Handbuch, einen wichtigen Beitrag als Diskussionsgremium. 498 Diese Aussage muß jedoch relativiert werden, da sich in den Akten des ZK keinerlei Belege für eine echte Diskussion finden lassen. So lag die Funktion des ZK mehr darin, die vom Politbüro festgelegte allgemeine Linie zu bekräftigen und in der Öffentlichkeit zu vertreten, sei es durch Resolutionen oder im Rahmen von Plenartagungen. 499 Die außen- und deutschlandpolitische Forschungsarbeit der DDR wurde von zwei Instituten geleistet, zum einem vom Institut für Internationale Beziehungen Babelsberg (IIB), welches Diplomaten ausbildete sowie vom IPW. Während das IIB dem Außenministerium zugeordnet war, unterstand das IPW offiziell dem Ministerrat, erhielt jedoch in der Praxis seine Vorgaben vom ZK-Sekretär für Propaganda und unterstand somit der Partei, woraus sich eine eindeutig stärkere Stellung ergab. Diese (marxistisch) wissenschaftliche Grundlage der Außenpo-
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Statut des Ministerrates der DDR vom 16.10.1972. Statut des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten vom 18.2.1970. Jacobsen I Leptin I Scheuner I Schulz, a.a.O., S. 135. Rausch, DDR, a.a.O., S. 316. P.C. Ludz im DDR-Handbuch von 1985, S. 317. Jacobsen I Leptin I Scheuner I Schulz, a.a.O.. S. 136.
I. Die Bedeutung für die Deutschlandpolitik der SED
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litik wurde in der DDR folgendermaßen beurteilt: Eines der wichtigsten Kennzeichen, eine Stärke unserer Außenpolitik besteht darin, daß sie stets von einer marxistisch-leninistischen Analyse der internationalen Entwicklung insgesamt, von /angfnstig wirkenden Faktoren, von der konkreten Einschätzung der sozialökonomischen und politischen Prozesse und Tendenzen in einzelnen Gebieten oder Ländern ausgeht. 500 Die Bedeutung des IPW für die Außen- und Deutschlandpolitik der DDR bzw. der SED lag nun einerseits in der Ausarbeitung einer wissenschaftlichen Außenpolitik501 durch Analyse und Aufbereitung der internationalen politischen und wirtschaftlichen Situation (besonders in bezug auf die Bundesrepublik), andererseits in der auf dieser Basis betriebenen ideologischen Propaganda. Dieser Doppelcharakter-Wissenschaft und Propaganda- wurde dadurch zwingend, daß das IPW die gesamte Westarbeit der SED koordinierte und die politischideologischen Vorgaben, die es zu belegen galt, zentral von der Parteispitze erhielt (vgl. Kapitel B.III. Zur Einheit von Politik und Wissenschaft im Sozialismus). Dazu der frühere IPW-Mitarbeiter Detlef Herrmann: Das IPW war meiner Einschätzung nach der ideologische Think-Tank der Abteilungen West sowie Agitation und Propaganda, wohl auch der Außenpolitik des ZK der SED. Hier sammelten, sichteten und werteten Gesellschaftswissenschaftler legal zugängliche Quellen aus dem Westen, wobei sich diese Auswertungen in den Usancen und Sprachregelungen der herrschenden Ideologie zu vollziehen hatten. So biß sich die Katze in den ·Schwanz, denn die 'Impen'altsmusforscher' des IPW hatten immer nur das herauszufinden, was die Ideologen vorgegeben hatten - und sie lieferten die ideologischen Argumente, die ihre Postulate stützten. Die Möglichkeit zu macht-technokratischem Klartext bestand nicht. Den Einfluß des Instituts auf die Außenpolitik der SED beurteilt Herrmann so auch als denkbar klein, weil die ideologiedurchtränkten 'Analysen ' per se keine ungewohnten Neuigkeiten enthalten durften. 502 Dies trifft genau das bereits angesprochene Kernproblem des IPW, aufgrund dessen das Institut kein Think-Tank (Detlef Herrmann) oder Braintrust der SED (Enquete-Kommission des Bundestages503) sein konnte. Zum gleichen Ergebnis kommt auch der ehemalige IPW-Abteilungsleiter Prof. Dr. Siegfried Schwarz, der den Einfluß des IPW auf die Außenpolitik der SED gering einschätzt, da alle Grundentscheidungen von den Spitzen innerhalb des Politbüros des ZK der
500 H. Ott, Zum Klassencharakter der Außenpolitik der DDR, S. 426, in: DEUTSCHE AUßENPOLITIK 3/1972, S. 421-430. 501 C. Braumann, Zum Problem der Aggressivität des Imperialismus. Tagung des Rates für Imperialismusforschung, S. 37, in: IPW-BERICHTE 5/73, S. 37-39. 502 Detlef Herrmann auf Anfrage am 3.8.1995. 503 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., S. 152f.
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D. Die Bedeutung des IPW
SED getroffen wurden. 504 Vor diesem Hintergrund klingt die Aussage Max Schmidts, er habe versucht, seine Arbeit undogmatisch zu erfüllen und wirkliche Probleme zu untersuchen und auch aufzuschreiben 505 wie ein frommer Wunsch. Dennoch kommt Schmidt - hinsichtlich der Wirkung seines Instituts - schließlich zu einer ähnlichen Ansicht wie seine oben zitierten ehemaligen Mitarbeiter: Im Rahmen der Aufgabe, die Politik der SED von der wissenschaftlichen Seite ... zu begleiten und auch zu versuchen, sie zu beraten ist diese Beratu:l zeitweise gefragt, zeitweise nicht gefragt... , und oft auch ignoriert worden. Dennoch beeinflußte das IPW die Parteispitze, da es, so der ehemalige Abteilungsleiter Pirsch, wesentlich ... dazu beigetragen (hat), das Verständnis dafür zu wecken, daß Politikwissenschaft, Politik, ökonomische Interessen und ideologische Prozesse im Westen differenziert zu betrachten sind und daß sich Interessensübereinstimmungen herausbilden, die Ansatzpunkte für paralleles oder gar gemeinsames Handeln bieten. 501 Während dieser Aussage zuzustimmen ist, muß die Einschätzung, das IPW hätte nicht nur Bedeutung für die Gestaltung der Außenpolitik der DDR, sondern auch für die ideologische und politische Entwicklung im Inneren der DDR gehabt508 , relativiert werden, da das IPW zwar die außen- bzw. deutschlandpolitischen Aktivitäten zahlreicher Einrichtungen und Organisationen innerhalb der DDR (Ministerien, Massenorganisationen FDJ, FDGB, Liga für Völkerfreundschaft, Freundschaftsgesellschaften etc. und Wirtschaftskombinate) wie auch kommunistischer G~pen in der BRD, in Westberlin und in den anderen imperialistischen Staaten anleitete und damit beeinflußte, doch letztlich keinen gestalterischen Einfluß auf die Außen- bzw. Deutschlandpolitik der Parteispitze hatte. Die Informationstätigkeit des IPW bezog sich lediglich auf Probleme (tatsächliche und konstruierte) innerhalb der Bundesrepublik, niemals jedoch wurden Stärken oder Vorteile des Klassengegners und daraus eventuell resultierende Konsequenzen für die DDR dokumentiert, womit gerade die Aufgabe ausgeklammert blieb, die eine konstruktive Forschung als Unterstützung der Politik zum Ziel hätte haben müssen. Vor diesem Hintergrund erfolgte die Informations- und Analysetätigkeit des IPW, welche, wie Direktor Schmidt im Januar 1974 ausführt, im Rahmen der Anaryse Prof. Dr. Siegtried Schwarz auf Anfrage am 20.8.1995. M. Schmidt, S. 896, zit. nach: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. V/3: Deutschlandpolitik, Protokoll der 52. Sitzung: Strategie und Taktik der SED in den innerdeutschen Beziehungen, S. 872-910. 506 Ebenda. 507 Dr. Hans Pirsch auf Anfrage am 4.10.1995. 508 Ebenda. 509 Konzeption einer IPW-Kommission: Aufgaben und Zielstellung der Informationsarbeit des IPW, 19.10.1971, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 504 505
I. Die Bedeutung für die Deutschlandpolitik der SED
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der ökonomische(n) und politische(n) Entwicklung in der BRD und Westher/in folgende lnfonnationsarbeit gegenüber der Partei- und Staatsführung beinhaltet: Eine monatliche Einschätzung der Haupttendenzen der antisozialistischen Propaganda der gegnerischen Rundfunk- und Fernsehmedien gegen die DDR mit spezielle(n) Einschätzungen zur Reaktion des Gegners auf bestimmte Ereignisse (wie z.B. Schriftstellerkongreß in der DDR). Ergänzt wurden diese laufenden Arbeiten durch ad hoc-lnfonnationen, die auf Aufträge führender Genossen zurückgehen. Die Themen erfassen sowohl Krisenerscheinungen des imperialistischen Systems (Rohstoffe, Energie, Währungskrise), konkrete innenpolitische Probleme der BRD, Parteieneinschätzungen, Streitkämpfe, Wirtschafts- und Finanzpolitik) als auch Probleme der Klassenauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus oder andere Bereiche. Daneben gab es noch tägliche Presseübersichten aus Zeitungen und Zeitschriften der BRD sowie umfangreiche Informationsarbeiten zu einer breiten Themenpalette... Hier handelt es sich sowohl um längerfristige Vereinbarungen als auch kurzfristige Aufträge (z.B. Studien zur Weltemährungssituation, zur Lage der ausländischen Arbeitskräfte in der BRD; Arbeitspapiere für den We/tkongreß der Friedenskräfte). 510 Von Beginn an diente das IPW lediglich dem Zweck, die Überlegenheit des Sozialismus über den Kapitalismus sowie die Gefahr und Aggressivität des Klassenfeindes zu belegen. 511 In diesem Sinn hatte das IPW bereits im August 1971 eine Studie über die bisherigen Reaktionen der politischen Kräfte in der BRD und Westberlin auf den Abschluß der Botschafter-Gespräche der vier Mächte in Westberlin vorgelegt, worin u.a. ausführlich Versuche der gegnerischen Rundfunk- und Fernsehstationen dargestellt wurden, mit Entstellungen und Spekulationen über die 4-Mächte-Vereinbarung ideologisch in die DDR einzuwirken. 512 Auf die Gefahr des aggressiven Imperialismus hob auch IPWHauptabteilungs-leiter Herbert Bertsch in einem Artikel vom Juli 1972 in den IPW-BERICHTEN ab, indem er ausführte: Ausgehend von der Strategie, die in den Bündnisverträgen der BRD mit ihren Alliierten und auch in der Konzeption der NATO ihren Ausdruck fand, wurde die DDR als ein Gebiet betrachtet, das bei nächstgünstiger Gelegenheit zu annektieren sei und in dem (innerhalb eines
510 M. Schmidt: Zur Tätigkeit des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft, 15.1.1974, (SAPMDB, Bestand J IV 2/10.02 Nr. 5). 511 K. Hager, Aufgaben der Gesellschaftswissenschaften, S.141, in: EINHEIT 2/1975, s. 136-143. 512 IPW: Zu den bisherigen Reaktionen der politischen Kräfte in der BRD und Westhertin auf den Abschluß der Botschafter-Gespräche der vier Mächte in Westberlin, 27.8.1971, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02 Nr. 29).
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D. Die Bedeutung des IPW
Jahres!) gesellschaftliche Bedingungen einzuführen seien, die denen der BRD entsprechen. 513 Nach der Bestätigung der sozialliberalen Koalition in Bonn 1972 und der Fortführung der Ostpolitik der Regierung Brandt/Scheel wies die SED daher das IPW an, Richtung und ... Inhalt der Politik der ERD-Regierung, vor allem ihrer 'Reformpolitik', stärker herauszuarbeiten, um so der politischen Offensive des Westens begegnen zu können. 514 Dank solcher Vorgaben konnte schließlich im Bericht über die Arbeitsergebnisse auf dem Gebiet der außenpolitischen Forschung im Jahre 1974 für die Arbeit von IPW, IIB und Rat für außenpolitische Forschung zufrieden die Planerfüllung festgestellt werden: Das Jahr 1974 war gekennzeichnet durch eine stärkere Konfrontation mit hohen Anforderun~.:en an das theoretische Niveau und die Praxisnützlichkeit der Forschungsarbeit. 15 Die Arbeit des Instituts bestand somit darin, Publikationen und Argumentationen zur Auseinandersetzung mit dem Imperialismus und seiner Ideologie heraus(zugeben) und . . . einen umfangreichen Beitrag zur Propaganda- und Agitationstätigkeit der Partei (zu leisten). IPW-Direktor Schmidt nannte in diesem Zusammenhang die IPW-FORSCHUNGSHEFTE (Auflage: feste Abonnenten 6.500, im freien Verkauf 8.000), die IPW-BLÄTTER (Auflage: 13.000) sowie das interne Wochenbulletin AKTUELLE INFORMATIONEN AUS POLITIK UND WIRTSCHAFT (Auflage: 420) , welches den ZK-Akteilungen, der zentralen Presse, den Ministerien und Instituten zur Verfügung gestellt wurde. Darüber hinaus verwies Schmidt auf die LITERATURDIENSTE A und B (Fremdsprachige Materialien zur Imperialismusforschung aus kommunistischen und Arbeiterparteien und bürgerliche Publikationen über Politik und Ökonomie des Imperialismus mit einer Auflage von 360 Stück), die Sonderdienste im Rahmen dieser Literaturdienste sowie auf die wissenschaftliche Betreuung und Herausgabe von bedeutenden internationalen Arbeiten zum Imperialismus. Außerdem erstelle das IPW, so der Institutsleiter, noch zahlreiche Propaganda- und Agitationsmaterialien, wie z.B. eine wöchentliche Materiallieferung für den Referentendienst der Abteilung Propaganda des ZK zu Grundfragen des Kampfes gegen den Imperialismus und arbeitete an der Reihe Tatsachen und Informationen der Abteilung Agitation des ZK mit (1973: Was charakterisiert die Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus, Auflage: 110.000; Einige Wahrheiten über das Leben in der BRD, Auflage: 150.000; Die 513 H. Bertsch, Rolle u. innere Konflikte der bürgerlichen "DDR-Forschung", S.7, in: IPW-BERICHTE 7/72, S. 2-11 . 514 IPW: Zur Kenntnis: Zu den bisherigen Reaktionen der politischen Kräfte in der BRD und Westhertin auf den Abschluß der Botschafter-Gespräche der vier Mächte in Westberlin, 27.8.1971, (SAPMDB, Bestand IV A2 10.02 Nr. 29). 515 IIB: Bericht über die Arbeitsergebnisse auf dem Gebiet der außenpolitischen Forschung im Jahre 1974, Mai 1975, (SAPMDB, Bestand IV B2 9.04 Nr. 96).
I. Die Bedeutung für die Deutschlandpolitik der SED
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Welt des Kapitals - eine Welt der sozialen Unsicherheit und Ungerechtigkeit, Auflage: 70.000). 516 Schließlich wurde 1974 erstmalig eine Gesamtanalyse der ökonomischen und politischen Entwicklung der BRD erarbeitet, die für die politische Information der Partei- und Staatsführung, die Unterstützung der Bruderparteien, die weitere wissenschaftliche Arbeit, als Grundlage für Entscheidungsfindungen bedeutsam war. Diese Arbeit wurde in einer Auflage von 500 Exemplaren der Partei- und Staatsführung sowie zentralen Publikationsorganen und wissenschaftlichen Einrichtungen als persönliches Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt und sollte von nun an in Zweijahresabständen fortgesetzt werden. Durch diese Bericht- und Publikationstätigkeit trug das IPW maßgeblich zum zunehmenden Realitätsverlust der Parteiführung bei, da es als Teil des kommunistischen Gesamtsystems keine andere Wahl hatte. Das IPW war insofern für die SED von deutschland- und außenpolitischer Bedeutung, da es häufig als inoffizieller Ansprechspartner diente. Neben bundesdeutschen Stellen nutzten besonders auch die USA das Institut zum informellen Austausch, so z.B. im Rahmen eines Gespräches zwischen Herbert Häber und dem DDR-Referenten bei der US-Mission in West-Berlin, Barkley, am 2. November 1972517 , wobeilaut internem IPW-Bericht - die US-Vertreter an inoffiziellen Kontakten zum DDR-Außenministerium interessiert waren. 518 Bei einem weiteren Treffen vom Januar 1973 zwischen Häher und Barkley im IPW, teilte der US-Diplomat mit, daß in absehbarer Zeit Verhandlungen über die Aufnahme diglomatischer Beziehungen zwischen den USA und der DDR beginnen könnten. 19 Aufgrund der bereits dargestellten Publikationstätigkeit sowie durch zahlreiche Reisen von Institutsmitarbeitern in den Westen hatte das IPW darüber hinaus großen Anteil an der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der DDR im Westen, wovon schließlich auch die Stellung der DDR auf internationaler Ebene profitierte. So konnte IPW-Hauptabteilungsleiter und Dauer-Westreisender Herbert Bertsch im Juli 1972 mit Zufriedenheit feststellten, daß sich die Welt ... verändert (hat). Unter dem Eindruck des deutlich sichtbar gewordenen internationalen Kräfteverhältnisses und daraus resultierender strategischer Umorientierungen führender imperialistischer Kräfte ist heute eine Situation in der BRD herangereift, die es gestattet, daß einer der jüngeren Politologen die damalige Ausgangslage für die wissenschaftliche Beschäftigung mit der DDR so ironi516 M. Schmidt: Zur Tätigkeit des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft, 15.1.1974, (SAPMDB, Bestand J IV 2/10.02 Nr. 5). 517 Information über ein Gespräch mit dem DDR-Referenten bei der US-Mission, Barkley, am 2. 11.1972 im IPW, (BAPAR. Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-1973, DC 204 Direktion 34). 518 Entwurf, ohne Datum, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-1973, DC 204 Direktion 34). 519 Brief Hähers an Norden, 18.1.1973, (SAPMDB, Bestand J IV 2/10.02 Nr. 21).
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D. Die Bedeutung des IPW
siert. [An dieser Stelle zitiert Bertsch den westdeutschen Forscher und Vertreter des systemimmanenten Ansatzes Peter Christian Ludz] Die von W. W. Schütz für das politische Bewußtsein in der BRD diagnostizierte 'unübertroffene Fähigkeit, mit beiden Füßen fest auf den Wolken zu stehen ', hat sich bei kaum einem Sachverhalt deutlicher gezeigt als in der Einschätzung der DDR. Was man lange Zeit nur als 'Phänomen' zu begreifen suchte, wurde dadurch - unbestimmt genug - eher zum Objekt von Spekulation und moralischer Entrüstung als zum Gegenstand emotionsfreier Analyse. Das Prinzip der Nicht-Anerkennung, wurde nicht selten auf empirisch faßbare Daten ausgedehnt, deren Registrierung als formalistischer Positivismus abgetan wurde. Das zweite Deutschland war 'ein Staat, der nicht sein darf', er wurde daher vorwiegend in Kategorien der Freund-Feind-On"entierung durch pauschalierende Wertungen wie 'totalitäres System' dingfest gemacht und erfüllt darin für die BRD zuerst eine Funktion der innenpolitischen Selbstbestätigung. Bertsch weiter: Ahnliehe Ursachen lagen offenbar auch der mangelnden Beschäftigung von amerikanischen Wissenschaftlern mit der DDR zugrunde. In dem zitierten Aufsatz hebt Ludz eine Konferenz der Columbia-Universität vom Dezember 1971 deshalb hervor, "weil hier erstmals bei einer derartigen Gelegenheit die DDR in die Analyse osteuropäischer Länder einbezogen wurde". Bis dahin war man nicht geneigt, die Tatsache eines engen, unzerstörbaren Bündnisses der DDR mit der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Staaten auf der Grundlage der gleichen gesellschaftlichen Ordnung zur Kenntnis zu nehmen. Selbstverständlich bedeutete dies den Verzicht, überhaupt irgend etwas Solides zu erforschen .520 So gelang es der SED zum Teil auch aufgrund der Existenz und Arbeit des IPW, über die wissenschaftliche Schiene auf das Bewußtsein der westdeutschen politisch-wissenschaftlichen Öffentlickeit einzuwirken und - ganz wie es die Westkommission gefordert hatte- das Lügengewebe über die DDR zu zerreißen und zur Verbreitung der Wahrheit über die DDR521 beizutragen. Dies bescheinigt auch der ehemalige IPW-Mitarbeiter Detlef Herrmann, indem er anmerkt: Mitarbeiter der Gruppe Bertsch wurden in die politischen Salons Westdeutschlands geschickt, um dort Desinformation zu betreiben. 522 Daß dies durchaus erfolgreich war, zeigt sich an den Ergebnissen der bundesdeutschen DDRForschung, worauf auch ein Bericht des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz hinweist: . . . das IPW (sucht) die "DDR-Forschung" in der Bundesrepublik Deutschland zu penetrieren und zu desorientieren. Diesem Zweck dienen Reisen von ausgewählten, wissenschaftlich qualifizierten Mitarbeitern des IPW 520 H. Bertsch, Rolle u. innere Konflikte der bürgerlichen "DDR-Forschung" , S.7, in: IPW-BERICHTE 7/72, S. 2-11. 521 Bericht über die Sitzung der Westkommission vom 22.8.1966, 24.8.66, (SAPMDB Bestand IV A2/10.02 Nr. 1). 522 D. Herrmann auf Anfrage am 3.8.1995.
II. Die Bedeutung für die Innenpolitik der SED
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zu wissenschaftlichen Instituten in der Bundesrepublik Deutschland und zu deren Veranstaltungen im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Dabei gewonnene Kontakte nutzt die SED sowohl politisch als auch nachrichtendienst/ich: sie dienen der Erlangung von Informationen über wesentlich erscheinende Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland und über die hiesigen Ergebnisse der "DDR-Forschung", der Vermittlung eines von der SED gewünschten Bildes der DDR und der nachrichtendienstliehen Ausspähung sowie der Anlcnüpfung nachrichtendienstlicher Verbindungen. Es gibt ferner Anhaltspunkte dafür, daß die SED "Zielpersonen ", die sie für eine Zusammenarbeit gewinnen will, zu Besuchen in die DDR einlädt, wobei das IPW als Gastgeber vorgetäuscht wird.523 Vor diesem Hintergrund konnte der Wissenschaftliche Sekretär des IPW, van der Meer, - nicht ganz zu Unrecht - dem Entwurf eines Artikels in den IPW-BERICHTEN, der das Resultat der Bundestagswahl von 1972 als Ergebnis der prinzipienfeste(n) und zugleich konstruktive(n) Politik der Sowjetunion, der anderen sozialistischen Staaten und nicht zuletzt der DDR feierte, handschriftlich hinzufügen: ... und natürlich unserer Arbeit!lZ4
II. Die Bedeutung für die Innenpolitik der SED Im innenpolitischen Bereich erfüllte das IPW ebenfalls eine wichtige Funktion, auch wenn dies in den Vorgaben und der Aufgabenstellung seitens des Politbüros nicht direkt zum Ausdruck kam. Auf einer Tagung der Gesellschaftswissenschaftler im Oktober 1971 sprach SED-Chefideologe Hager diese Aufgabe jedoch deutlich an, indem er die Gesellschaftswissenschaftler dazu aufforderte, zur Herausbildung der sozialistischen Weltanschauung, zur Erziehung der Werktätigen im Geiste des Marxismus-Leninismus beizutragen. Schließlich bezog sich Hager direkt auf das IPW: Die Gründung des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft dient diesen Aufgaben. Im einzelnen soll es Entscheidungen von Parteiführung und Regierung mit vorbereiten helfen, zur sozialistischen Bewußtseinsbildung der Bevölkerung beitragen und der DKP Hilfe in ihrem Kampf geben. 525 In einer Direktive IPW-Direktor Häbers vom Oktober 1971 hieß es daher auch: Im Vordergrund der Tätigkeit des Instituts steht das Ziel, der Partei neue Erkenntnisse der marxistisch-leninistischen Imperialismus-
Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz 1974, Bonn 1975, S. 82. Entwurf für die IPW-Berichte 1173: H. van der Meer, Bundestagswahlen in der BRD, (SAPMDB, Bestand J IV 2/10.02 Nr.S). Abgedruckt in: IPW-BERICHTE 1173, s. 42-45. 525 Hervorhebungen durch den Verfasser. (BAPAR, Bestand Kollegium 71-1973, DC 204 Direktion 44). 523
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forschung zur Verfügung zu stellen, mit voller Kraft zur Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Werktätigen der DDR sowie zum ideologischen Kampf gegen den Imperialismus beizutragen. 526 So sollte das IPW neben seiner wissenschaftlichen Informations- und Analysetätigkeit also nicht nur im ideologischen Kampf nach außen wirken, sondern auch nach innen, d.h. die eigene Bevölkerung von der Überlegenheit des SoziaIismus überzeugen und die SED-Herrschaft so nach innen absichern. Kurt Hager dazu in der EINHEIT: Es gilt, die Vorzüge der sozialistischen Gesellschaft zu verdeutlichen und die historische Oberlegenheil der sozialistischen Wirtschaftsordnung, Lebensweise und Moral nachzuweisen. Das elfordert neben der Forschungsarbeit eine intensive po/tisch-ideologische und propagandistische Tätigkeit der Gesellschaftswissenschaftler. 527 In ihrer konstituierenden Sitzung vom September 1971 brachte es die Westkommission auf den Punkt, indem sie die Aufgabe der Westarbeit folgendennaßen beschrieb: Mithelfen, diese prinzipielle ideologische Auseinandersetzung mit dem imperialistischen Gegner und seiner psychologischen Kriegsführung i n n e r h a I b unserer Republik, im Leben unserer Partei, in den Massenorganisationen und unseren Massenmedien zu befruchten und organisieren zu helfen. D.h., wir düifen unsere Energie keineswegs in der Unterstützung des Kampfes in der BRD und in Westberlin erschöpfen, sondern wir müssen in diesem Kreise unseren Blick stets auch und gerade auf die DDR richten .528 Diese innenpolitische Wirkungsabsicht kam in einer IPW-Konzeption vom Oktober 1971 deutlich zum Ausdruck, nach der das Institut der gesellschaftswissenschaftliehen Forschung, Lehre und zentralen Propaganda (Staatliche Komitees für Rundfunk und Fernsehen, ND, PropagandaApparate der Bezirksleitungen u.a.) aufbereitetes Material über den Themenbereich bereit(zu)stellen und durch Publikationen die sozialistische Bewußtseins-
526 Hervorhebungen durch den Verfasser. H. Häher, Direktive für die Erarbeitung des Forschungsplanes des Instituts für i972, 26.10.1971, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44); vgl. U. Margedant, Bildungs- und Erziehungssystem der DDR- Funktion, Inhalte, lnstrumentalisierung; Freiräume, S. 1499, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. 111/3: Ideologie, Integration und Disziplinierung, S. 1490-1529; vgl. C. Lieberknecht, Die sozialistische Persönlichkeit als Erziehungsziel, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. lli/1: Ideologie, Integration und Diszipliniering, S. 214-218. 527 K. Hager, Aufgaben der Gesellschaftswissenschaften, S.141, in: EINHEIT 2/1975, s. 136-143. 528 Westkommission: Gedankenführung für die einleitenden Ausführungen auf der konstituierenden Sitzung der Westkommission am 9. September 1971, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02, Nr. 1).
II. Die Bedeutung für die Innenpolitik der SED
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bildung in der DDR (zu) befruchten hatte. 529 Dieses geschah in erster Linie durch Publikationen (weshalb es in einer internen IPW-Vorlage heißt: Sie [die IPW-BERICHTE, d.Verf.] stellt sich die Aufgabe, wirkungsvoll die sozialistische Bewußtseinsentwicklung in der DDR zu unterstützen und dabei vor allem ein marxistisch-leninistisches Imperialismusbild zu vermitteln 5~, aber auch im Rahmen von Tagungen, Seminaren, Vorträgen sowie Radio- und Fernsehberichten zu aktuellen und grundsätzlichen politischen und wirtschaftlichen Themen. Allein im Jahr 1973, so IPW-Chef Schmidt, hätten Leiter und Mitarbeiter des IPW über 400 Vorträge und Lektionen vor leitenden Kadern der Partei, des Staatsapparates, der Armee und vor Jugendlichen gehalten. Außerdem nimmt das Institut vermehrten Anteil an der Arbeit von Funk und Fernsehen. Dazu der ehemalige IPW-Mitarbeiter Detlef Hernnann: Aus dem IPW holten sich die unterschiedlichsten Institutionen der DDR gern Referenten, die ihnen so schön gruselig, hautnah und aus erster Hand über den 'strebenden Imperialismus' erzählen konnten. 531 So hielten IPW-Mitarbeiter im Rahmen der Weltfestspiele 1973 in der DDR Vorträge und Seminare, erstellten eine Dokumentation zum Thema Die Jugend der Welt klagt den Imperialismus an und waren für die organisatorische und inhaltliche Leitung und Sicherung der Veranstaltungen des Anklagezentrums in der Humbold-Universität verantwortlich. 532 Bezüglich dieser politisch-ideologischen Arbeit hatte sich Herbert Häber bereits am 18. August 1971 im NEUEN DEUTSCHLAND über die von US-Präsident Richard Nixon getroffenen finanzpolitischen Maßnahmen geäußert. Die Dollarkrise bezeichnete der IPW-Leiter als Ausdruck der tiefgehenden allgemeinen Krise, von der der Imperialismus unrettbarerfaßt ist. Von den westeuropäischen Staaten habe nur die Bundesregierung Verständnis für die amerikanischen Bemühungen bekundet, obgleich auch die BRD von der Sondersteuer auf alle zollpflichtigen Importe in die USA betroffen werde, ... , das könne Produktionseinschränkungen, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit hervorrufen. Häber schloß seinen Artikel mit der Bemerkung, daß es den Bürgern der DDR deutlich werde, wie gut es ist, im Sozialismus zu leben, den Völkern Westeuropas, wie sehr es ihren Interessen wi-
529 Konzeption einer IPW-Kommission: Aufgaben und Zielstellung der Informationsarbeit des IPW, 19.10.1971, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 530 Interne Vorlage, IPW: Die neue periodische Publikation des IPW, 6.12.1971, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). 531 Detlef Herrmann auf Anfrage vom 3.8.1995. 532 M. Schmidt: Zur Tätigkeit des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft, 15.1.74, (SAPMDB Bestand J IV 2/10.02 Nr. 5).
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D. Die Bedeutung des IPW
derspricht, wenn ihre Staaten der USA-G/oba/strategie verbunden sind. 533 Auf diese Weise hielt das IPW den ideologischen Graben zum Westen auch innerhalb der DDR offen und vertiefte diesen, da die SED ein griffiges Feindbild zur Selbstbehauptung nach innen benötigte. Deutlich wird dies im Lehrplan für das Fach Geschichte, in welchem ein konkretes und überzeugungswirksames Feindbild vom Faschismui34 gefordert wurde. Darüber hinaus sollte den Schülern vermittelt werden, daß die DDR ... die besten Traditionen deutscher Geschichte verkörpert und den bisherigen Höhepunkt der ganzen deutschen Geschichte darstellt. Der Sozialismus sollte, so der Lehrplan, als Erbe und Fortsetzer alles Guten, Humanen, Demokratischen und Fortschrittlichen in der Geschichte des deutschen Volkes, als Verkörperung der progressiven, antifaschistischen und revolutionären Traditionen vennittelt werden. 535 Daher erfüllte das IPW nicht nur bezüglich der nach außen gerichteten Westpropaganda eine wichtige Aufgabe, sondern auch für die Selbstdarstellung der SED nach innen, ganz wie es in einer Kollegiumssitzung im Oktober 1973 festgelegt worden war: Es (wird) vor allem darauf ankommen, planmäßig (im Plan festgelegt) die ideologische Wirksamkeit der Arbeit des Instituts zu erhöhen, womit besonders auf die Steigerung der Qualität der periodischen Leistungen als wichtiger Beitrag des Instituts für den politischen Kampf abgestellt wurde. 536 Im November 1973 verdeutlichte das Kollegium erneut, daß in den IPW-Berichten . . . bestimmte Themen wiederholt zu behandeln (sind), ... und der Dokumentationsteil . . . so zu gestalten (ist), daß er für die propagandistische und agitatorische Arbeit stärker genutzt werden kann. 537 Diese Doppelfunktion (Destabilisierung der Bundesrepublik, Stabilisierung der DDR) läßt sich an zahlreichen Arbeiten belegen, welche entweder auf einer mehr theoretisch-ideologischen Ebene angesiedelt waren (z.B. Die aggressiven Bestrebungen in den kapitalistischen Staaten gegen den Entspannun~sproze~38) oder sich im Rahmen der populärwissenschaftlichen Propagandi3 praktischNach: Institut für Gesellschaft und Wissenschaft, Erlangen, IGW-Infonnation zur Wissenschaftsentwicklung und -politik in der DDR 7/71, Hier: Institut für Internationale Politik und Wirtschaft, Ost-Berlin zur Dollarkrise, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr Ausland 1971-1973, DC 204 Direktion 34). 534 In: Geschichtsunterricht und Staatsbürgerkunde, Berlin (Ost) 1983, S. 1. 535 Lehrplan Geschichte, Verlag Volk und Wissen, Berlin (Ost) 1988, S. 8. 536 Protokoll der Kollegiumssitzung vom 2.11.1973, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-73, DC 204 Direktion 44). 537 Direktionsbüro, 22.11.1973, Festlegung i.d. Kollegiumssitzung vom 20.11. 1973, (BAPAR, Bestand Kollegium 71-73, DC204 Direktion 44). 538 Forschungsbericht des Wissenschaftlichen Rates 1974, 15.4.1975, (SAPMDB, Bestand IV B2/9.04 Nr. 109). 539 Ebenda. 533
II. Die Bedeutung für die Innenpolitik der SED
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konkrete Gegebenheiten im Westen zum Angriffspunkt nahmen. So beschäftigte sich z. B. eine Untersuchung von 1973 mit dem Thema Verbrechens- "Explosion" - Ausdruck der Krise des Imperialismus. Darin hieß es u.a.: Jeden Tag prägen Morde und Raubüberfälle, Sittlichkeitsverbrechen, Flugzeugen/führungen, Geiselnahmen und Bombenanschläge, aber auch Wirtschaftsdelikte von Angehörigen der herrschenden Klasse Schlagzeilen in der bürgerlichen Presse. Zahlreiche Kategorien der für die imperialistische Welt charakteristischen Verbrechen sind jedoch nicht nur eine unerträgliche Belastung für die werktätigen Schichten des Volkes, die ihrer Habe, ihrer Gesundheit und ihres Lebens nicht mehr sicher sein können, sondern beeinträchtigen zunehmend auch die politischen und ökonomischen Interessen der herrschenden Klassenkräfte und die Stabilität des imperialistischen Systems. 540 In den IPW-BERICHTEN 8/74 war beispielsweise zu lesen, daß das Schulwesen der BRD ... in offiziellen statistischen Erhebungen von 1972/73 selbst innerhalb der EWG-Länder an letzter Stelle (rangiert). Schulraumnot, Lehrermangel sowie der daraus resultierende hohe Unterrichtsausfall, würden, so das IPW, dazu führen, daß am Ende des Schuljahres 1971/72 34 754 Schüler die Hauptschule (bis 9. Klasse) verließen, ohne den erforderlichen Abschluß erzielt zu haben. In den Ballungsgebieten der BRD beendeten 1973 demnach über 30 Prozent der Schüler die Schule ohne Abschluß (1967 noch 28 Prozent), und die Zahl der Sonderschüler nehme, so der Bericht, ständig zu; hatte sie 1959 noch 116 000 betragen, so wird sie für das Jahr 1977 vom Bundesministeriumfür Arbeit auf 436 000 geschätzt. Jeder dritte Gymnasiast schaffe das Abitur nicht, 30 Prozent der Studenten verließen die Hochschule ohne Abschluß. Am Schluß des Berichts hieß es schließlich: Der weitgehend faktische Boykott der Berufsausbildung durch die Unternehmer zeigt besonders anschaulich die wirklichen Machtverhältnisse in der BRD: Die Lebensinteressen Millionen Werktätiger zählen dort nichts gegenüber dem Primat des Profits. 541 Gelegentlich gerieten die Versuche der IPW-Mitarbeiter, die Bundesrepublik als Hort der Reaktion und des Faschismus zu entlarven schlicht zur Farce, so z.B., als Otto Seifert Ende 1974 anhand von neun West-Publikationen über Adolf Hitler bzw. den Nationalsozialismus542 eine Wiederbelebung autoritärer Herrschaftskonzeptionen in der BRD zu erkennen glaubte. 543 Demgegenüber P. Przybylski, Verbrechens-Explosion - Ausdruck der Krise des Imperialismus, S. 16, in: IPW-BERICHTE 2/73, S. 16-22. 541 B. Wiechert, Zur Misere der Berufsausbildung in der BRD, S. 53, in: IPWBERICHTE 8/74, S. 53-57. 542 Darunter z.B.: J. Fest, Hitler. Eine Biographie; C. Zentner, Adolf Hitlers Mein Kampf. Eine kommentierte Auswahl; O.E. Schüttekopf, Bis alles in Scherben fällt. Die Geschichte des Faschismus; H. Kehrl, Krisenmanager im m. Reich. 543 0. Seifert, Zur Wiederbelebung autoritärer Herrschaftskonzeptionen in der BRD, in: IPW-BERICHTE 10/74, S. 43-47. 540
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D. Die Bedeutung des IPW
wurde die DDR in leuchtenden Farben gemalt, und anläßlich des 25jährigen Bestehens der DDR erging an das IPW folgende Anweisung:
Betr.: Vorbereitung des 25. Jahrestages der DDR 1. Das Institut stellt sich die Aufgabe, den 25. Jahrestag der DDR mit hohen politisch-wissenschaftlichen Leistungen zu würdigen. Gleichzeitig soll die Vorbereitung des Jahrestages genutzt werden, um die Effektivität und Rationalität der Institutsarbeit zu erhöhen und in allen Bereichen die Qualität der Arbeit zu steigern. . .. 2. Die Aktivitäten des Instituts sind dabei auf folgende Schwerpunkte zu konzentrieren: Vorbereitung einer wissenschaftlichen Konferenz; Artikelserie in den IPW-Ben"chten; Presseberatungen zu aktuellen und grundsätzlichen Themen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus; aktive Teilnahme an der allgemeinen propagandistischen Vorbereitung des Jahrestages. 544 Vor diesem Hintergrund jubelte der stellvertretende IPW-Direktor Doemberg in den IPW-BERICHTEN: Die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik am 7. Oktober 1949 war ein organischer Bestandteil des revolutionären Weltprozesses, der mit dem Sieg der Sowjetunion im zweiten Weltkrieg und der Herausbildung der sozialistischen Staatengemeinschaft in eine neue Pen·ode eingetreten war. . . . Die Befreiung Deutschlands vom faschistischen Joch durch die Armee des ersten sozialistischen Staates eröffnete damit die Chance für eine antifaschistisch-demokratische Neugeburt. Die Gründung der DDR bezeichnete Doemberg schließlich als Krönung der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung und deren Entwicklung als überzeugenden Beweis der historischen Überlegenheit des Sozialismus über den Imperialismus. 545 Der eigenen Bevölkerung wurde die Außenpolitik der SED und ihrer Bruderparteien als Erfolg verkauft, so z.B. in einer für die DDR typischen Einschätzung der internationalen Lage in den IPW-BERICHTEN 7/72 vom IPWHauptabteilungsleiter Bertsch zum Thema Rolle und innere Konflikte der bürgerlichen "DDR-Forschung". In der Einleitung hieß es: Der Kapitalismus als eine historische, vorübergehende Erscheinung erfährt gegenwärtig die Zeit seines Niedergangs mit allen typischen Kennzeichen. Auf der Tagesordnung der Weltgeschichte steht der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus, und selbst interne Vorgänge des kapitalistischen Systems können schon nicht mehr
K. E. Reuter: Vorlage an das Kollegium, Betr.: Vorbereitung des 25. Jahrestag der DDR, ohne Datum, (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 544
44).
545 S. Doernberg, 25 Jahre Deutsche Demokratische Republik. Konsequenter Kampf gegen den Imperialismus, in: IPW-BERICHTE 9/74, S. 2-6.
II. Die Bedeutung für die Innenpolitik der SED
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aus dessen Eigengesetzmäßigkeilen allein, sondern müssen unter dem an Bedeutung immer mehr zunehmenden Einfluß der sozialistischen Staatengemeinschaft und des Sozialismus als gewaltiger internationaler revolutionärer, auch geistiger Bewegung gesehen und bewertet werden. Selbst blindwütige Antikommunisten sehen sich heute veranlaßt, den ständigen objektiven und subjektiven Einfluß des Sozialismus auf ihren Herrschaftsbereich in Rechnung zu stellen. Der Zwang zur Anpassung an das bestehende und sich ständig weiter verändernde Kräfteverhältnis zugunsten des Friedens und des Sozialismus in der Welt, der Zwang zur friedlichen Koexistenz als Drehachse der internationalen Beziehungen zwischen Staaten mit entgegengesetzter gesellschaftlicher Ordnung bewirkte jene Krise des Antikommunismus, die sich auch in der sogenannten Kommunismusforschung of{i"nbart, so daß deren Konflikte nicht mehr verborgen gehalten werden können. Angesichts solcher Aussagen konnte der Forschungsbericht des Wissenschaftlichen Rates für Imperialismusforschung für das Jahr 1974 feststellen: Neben der Erarbeitung der Manuskripte wurde ... Wen darauf gelegt, die Forschungsergebnisse unmittelbar der wissenschaftlichen Diskussion und der ideologischen Arbeit nutzbar zu machen. Dies geschah in mehreren Zuarbeiten zu Pienurtagungen des Zentralkomitees unserer Pat1ei, in einer Tagung des Wissenschaftlichen Rates für Imperialismusforschung, in einer Reihe von Publikationen der IPW-Berichte, der "Einheit" und anderer zentraler Publikationsorgane sowie in einer umfassenden propagandistischen Arbeit. 547 Besonders interessant im Rahmen dieser propagandistischen Arbeit nach innen ist eine IPW-Analyse zum Thema Hauptformen und Methoden der psychologischen Kriegsführung des Imperialismus, welche unter dem Titel Kreuzzug gegen die Koexistenz - Psychologische Kriegsführung heute im Staatsverlag der DDR im März 1975 erschien. Mit dieser Arbeit wurde, so der Bericht, ein wichtiger Beitrag zur weiteren offensiven Entwicklung unseres ideologischen Kampfes gegen den Imperialismus und seine Ideologie geleistet. Sie trägt dazu bei, das Verhältnis von friedlicher Koexistenz und ideologischem Kampf zu klären und verdeutlicht, daß der Imperialismus seine konterrevolutionäre Zielstellung nicht aufgegeben hat, sondern sie unter den Bedingungen der friedlichen Koexistenz auf modifiziet1e Weise weiter verfolgt. Hauptanliegen dieser Schrift ist die populärwissenschaftliche Auseinandersetzung mit den wichtigsten ideologischen Angriffsrichtungen des Gegners sowohl in ihren militanten als auch in ihren flexiblen Formen und Methoden. Dabei wird Schwergewicht auf die Propagierung der Vorzüge des realen Sozialismus in Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Ideologie gelegt. Es wird ein Beitrag zur Darstellung des ag546 H. Bertsch, Rolle und innere Konflikte der bürgerlichen "DDR-Forschung", in: IPW-BERICHTE 7/72, S. 2-11 . 547 Forschungsbericht des Wissenschaftlichen Rates 1974, 15.4.1975, (SAPMDB, Bestand IV BZ/9.04 Nr. 109).
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D. Die Bedeutung des IPW
gressiven Wesens des Imperialismus und zum völkerrechtswidrigen Wesen imperialistischer Diversion geleistet. . .. Im Prozeß der Realisierung dieses Hauptprojektes wurden die gewonnenen Erkenntnisse bereits in einer umfassenden propagandistischen und publizistischen Tätigkeit vielfältig au~ewertet und für die politisch-ideologische Arbeit der Partei nutzbar gemacht. In diesen Ausführungen wird das Dilemma der SED erneut deutlich: Durch die Entspannungspolitik, welche außenpolitische Erfolge in Form diplomatischer Anerkennung und Mitsprache brachte, geriet die SED jedoch unter inneren Druck, da man die Aufweichung des imperialistischen Feindbildes und damit um die innere Stabilität der DDR fürchtete. Insofern mußte die latent vom Westen ausgehende Gefahr und seine wachsende Aggressivität schließlich immer lauter propagiert werden. Die SED mußte der eigenen Bevölkerung deutlich machen, daß die Entspannungspolitik des Westens nichts weiter als eine geschickte Ablenkungstaktik zur Durchsetzung der eigenen, aggressiven Ziele sei. Je besser sich die Beziehungen gestalteten, desto stärker wurde dieser Druck, wobei die SED die Entspannungsphase nicht einfach abbrechen konnte, zum einen, da Moskau die Marschrichtung vorgab, zum anderen, da man bisher unablässig die Friedensliebe und -bereitschaft des Sozialismus betont hatte. Daher verstärkte das IPW sein öffentliches Wirken innerhalb der DDR und erarbeitete eine zwölf Vorträge umfassende Radioserie über die psychologische Kriegsführung des Westens wie eine populärwissenschaftliche Abhandlung zum Thema Philosophie und Ideologie im staatsmonopolistischen Herrschaftssystem. welche gezielt für den Staatsbürgerkunde-Unterricht verwendet wurde, um die Erkenntnis zu vertiefen, daß der Sieg des Sozialismus und der Unte';§;ang des Kapitalismus die grundlegende Gesetzmäßigkeit unserer Epoche ist. 9 Obwohl die innenpolitischen Probleme der DDR wuchsen, blieben die Erfolgsmeldungen gleich: So stellte der Bericht über die Ergebnisse der Arbeit im Bereich des Rates für Außenpolitische Forschung der DDR zur Verwirklichung der Aufgaben seit dem VIII. Parteitag der SED im Dezember 1975 fest, daß die Periode zwischen dem VIII. und dem IX. Parteitag der SED . . . im Bereich des Rates für Außenpolitische Forschung durch eine effektivere, den Bedürfnissen der politischen Praxis der DDR und den ideologischen Aufgaben der Partei besser entsprechende Forschungsarbeit ... gekennzeichnet (ist) .550 Die Grundlage jeglicher Beschäftigung Ebenda. Beschlußentwurf über die Aufgaben der Agitation und Propaganda bei der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des VIII. Parteitages der SED, (SAPMDB, Bestand IV B 2/2.0828 Nr. 001) 550 Rat für Außenpolitische Forschung der DDR I IIB: Bericht über die Ergebnisse der Arbeit im Bereich der Rates für Außenpolitische Forschung der DDR zur Verwirklichung der Aufgaben seit dem VIII. Parteitag der SED, Dezember 1975, (SAPMDB, Bestand IV B2 9.04 Nr. 96). 548
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ß. Die Bedeutung für die Innenpolitik der SED
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mit dem Westen bildete dabei die Anweisung des Politbüros, wonach der Haß ... die notwendige Konsequenz aus dem Befreiungskampf der Arbeiterklasse (ist). 551 Wie die SED dabei propagandistisch vorging, zeigt ein Beispiel aus dem juristischen Bereich. Unter dem Tagesordnungspunkt Durchführung eines Prozesses und damit verbundener publizistischer Maßnahmen im Rahmen des Kampfes um die strikte Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen durch die BRD beschloß das Politbüro 1973:
die Praktiken des organisierten Mißbrauchs des Transitabkommens zwischen der DDR und der BRD sowie der fortgesetzten Verletzung der Souveränität der sozialistischen Staaten und anderer europäischer Länder durch gewerbsmäßige, in der BRD und Westher/in tätige Menschenhändlerbanden zu entlarven; nachzuweisen, daß die BRD ihrer völkerrechtlich fixierten Verantwortung für die Verhinderung des Mißbrauchs des Transitabkommens und anderer gegen die Entspannung gen"chteter Aktivitäten nicht nachkommt und damit Völkerrecht verletzt; die internationale Öffentlichkeit gegen die permanente Verletzung völkerrechtlicher Verbindlichkeiten zu mobilisieren. Dazu sei ein Prozeß vor erweiterter Öffentlichkeit entsprechend der Prozeßkonzeption durchzuführen und dieser entsprechend seiner Zielsetzung in der DDR und auf der Grundlage getroffener Vereinbarungen in anderen sozialistischen Staaten publizistisch auszuwerten .552 Doch all diese Anstrengungen führten nicht zum gewünschten Erfolg, die inneren Probleme wurden größer, und es kam schließlich sogar innerhalb der SED zu oppositionellen Tendenzen. Daher hieß es - vor dem Hintergrund der KSZE-Konferenz in Helsinki - in einem internen IPW-Bericht: In der gegenwärtigen Phase dieser Auseinandersetzung gewinnt der ideologische Kampf zunehmend an Bedeutung. Zugleich kompliziert sich die ideologische Auseinandersetzung angesichts unserer Zielstellung, den Imperialismus zur friedlichen Koexistenz, zur Regelung der europäischen Sicherheit, zu gutnachbarlichen Beziehungen zu zwingen und ihn auch zu einer Zusammenarbeit auf ökonomischem und technischem Gebiet zu bewegen, die beiden Seiten nützlich ist. Die in Europa in Gang gesetzte Entwicklung macht eine verstärkte ideologische Arbeit notwendig, weil sich für viele Menschen das äußere Imperialismus-Bild scheinbar verändert. Notwendig ist nicht nur . . . Vorstellungen von einer kommenden Ära des Brückenschlages usw. defensiv entgegenzuwirken, sondern offensiv der Nach: Schneider, P. Frenzel, a.a.O. , S. 262f. Protokoll Nr. 45/73 der Sitzung des Politbüros vom 23.10.1973, (SAPMDB, Bestand J IV 2/2 Nr. 1473). 551
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D. Die Bedeutung des IPW
marxistisch-leninistischen Ideologie den weiteren Vormarsch zu sichern. 553 Es folgt die Auflistung der zu verbessemden Themenkomplexe. 554 Im Rahmen der innenpolitischen Propagandafunktion kann schließlich festgestellt werden, daß das IPW seine Aufgabe, die Vorzüge der sozialistischen Gesellschaft zu verdeutlichen und die historische Überlegenheit der sozialistischen Wirtschaftsordnung, Lebensweise und Moral nachzuweisen, letztlich nicht erfüllt hat. Obwohl eine intensive politisch-ideologische und propagandistische Tätigkeit (Kurt Hager) 555 entwickelt wurde, um unser richtiges, wissenschaftliches Feindbild (Albert Norden) 556 im Bewußtsein der DDR-Bevölkerung zu verankern, konnte das IPW nicht erfolgreich sein. Zu kraß entwickelte sich der Gegensatz zwischen ideologischem Anspruch und gesamtgesellschaftlicher Realität im real existierenden Sozialismus. Unter diesem unüberwindbaren, da in der Struktur angelegten, Widerspruch zerbrach schließlich die DDR.
553 Publikationsplan 1975 für IPW-Forschungshefte und IPW-Berichte, (BAPAR, Bestand Kollegium 1973-1975, DC 204 Direktion 56). 554 Siehe Anhang 10. 555 K. Hager, Aufgaben der Gesellschaftswissenschaften, S.141, in: EINHEIT 2/1975, S. 136-143; vgl. D. Keller, Die Machthierarchie der SED-Diktatur, S. 3019, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. Il/4: Macht, Entscheidung, Verantwortung, S. 3013-3022. 556 Referat A. Nordens auf der konstituierenden Versammlung der Parteiorganisation des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft, 13. September 1971, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02 Nr. 29).
Resümee Nachdem die DDR durch die Banner Ostpolitik seit 1966 bzw. 1969 mehr und mehr in die politische Defensive gedrängt worden war und auch die Sowjetunion zunehmend ungehalten auf die destruktiven SED-Positionen reagierte, setzte unter Erich Honecker als neuem Generalsekretär ab 1971 eine gesamtpolitische Neuorientierung ein, welche einen beginnenden deutsch-deutschen Dialog mit einer verstärkten Politik der Abgrenzung zur Bundesrepublik verband. 557 Für die Einheitssozialisten existierte die Einheit der deutschen Nation spätestens seit 1970 nicht mehr, und die durch die Mauer zementierte Teilung Deutschlands betonierte auch den völligen Mißerfolg der zentralen ideologischen Zielstellung der SED in den vierziger und fünfziger Jahren: die Schaffung eines sozialistischen Deutschland. 558 Der Hintergrund dieses Mißerfolges lag dabei zum einen in der weltpolitischen Situation begründet, zum anderen aber auch in der Ablehnung der SED-Diktatur durch die Mehrheit der Deutschen. Die Maßnahmen vom August 1961 verstärkten diese Ablehnung und verdeutlichten das strukturelle Problem der DDR: Die eigene Bevölkerung konnte nur schwer von den Errungenschaften des Sozialismus überzeugt werden, ja viele mußten durch brutalen Zwang daran gehindert werden, die DDR zu verlassen. Daher versuchte die SED durch eine umfangreiche Westpolitik, das Lügengewebe - so die Westkommission -über die DDR zu zerreißen 559 , um durch einen Stimmungsumschwung zugunsten der DDR im Westen die eigene Situation zu stabilisieren und zu verbessern. Diese Politik der Beeinflussung des politischen Klimas im Westen wurde durch eine umfangreiche Reisetätigkeit von SED-Kadern eingeleitet und begleitet, eine wichtige Voraussetzung für die späteren Erfolge auf innerdeutscher und internationaler Ebene, denn hier wurden viele alsdann fruchtbare politische Verbindungen geknüpft. 560 Aber nicht nur im Westen sollte das Bild der DDR entsprechend den wahren Gegebenheiten des Sozialismus korrigiert werden, auch auf innenpolitischer 557 B. von Plate, Außenpolitik und internationale Einordnung der DDR, in: Weidenfeld I Zimmermann, a.a.O., S. 593f. 558 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., S. 152. 559 Information vom 24.8.1966 über eine Sitzung der Westkommission, in: Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv, BerlinTorstr., Bestand IV A 2110.02). 560 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission , a.a.O., S. 152.
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Ebene, d.h. mit Blick auf die eigene Bevölkerung, setzte die SED, laut ZKSekretär Norden im September 1971, viel daran, für ein klares, unverfälschtes Feindbild zu sorgen, das volksfeindliche, ausbeuterische, aggressive Wesen des Imperialismus, seine Machtgrundlagen, seine Fäulnis und Überlebtheil aufzudecken. 561 So gilt die von Hagen Schulze im Rahmen der napoleonischen Befreiungskriege konstatierte Selbstdefinition durch Feindmarkierung, welche seither eine Konstante deutscher Identität562 bildet, auch - und besonders - für das Kapitel "DDR" der deutschen Geschichte. War die Westarbeit vor 1971 von verschiedenen und teils auch konkurrierenden Einrichtungen im Staats- und Parteiapparat der DDR wahrgenommen worden, so wurde dieser Bereich unter Erich Honecker zentral gefaßt und dem neu entstandenen Institut für Internationale Politik und Wirtschaft (DDR-Jargon Westauge) als Leitinstitut zugeordnet. Die Institutsarbeit basierte dabei streng auf politisch-ideologischen Vorgaben der Parteispitze, kombiniert mit den Methoden der Darstellung, Analyse und Information des wissenschaftlichen Kommunismus. Dazu IPW-Chef Schmidt 1979: Wollte mizn eine Gesamtheit dieser vielfältigen Forschungs-, Informations- und Publikationsfelder des IPW erfassende Aussage vornehmen, so kann man sagen: Sein Hauptanliegen ist die schöpferische Anwendung der Leninschen Imperialismustheorie zur Beantwortung neuer und grundlegender Fragen, die für die Politik der sozialistischen Staaten, die internationale Arbeiterklasse und alle antiimpen"alistischen Kräfte von Bedeutung sind. 563 Das IPW sollte die Überlegenheit des Sozialismus gegenüber dem Kapitalismus auf wissenschaftlicher Ebene herausarbeiten und entsprechend propagandistisch darstellen. Der ideologische Kampf, der bis dahin zur Abwehr westlicher Unterwanderungs- und Aufweichungsversuche, also defensiv, eingesetzt worden war, erhielt nun eine offensive Ausrichtung und entwickelte sich zum konstitutiven Bestandteil der friedlichen Koexistenz564, da die Entspannungspolitik der siebziger Jahre die innere Stabilität der DDR untergrub und die Notwendigkeit verstärkte, auch die innenpolitische Propaganda unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit zu verstärken. Der Kommunismus nahm dabei in Gestalt seiner "Heiligen Texte" 565 (Marx und Lenin) eine fast religiöse Dimension an, in der die sozialistische Nationalisierung der DDR in Abgrenzung zur Bundesrepublik wissenschaftlich vertreten und bewiesen werden sollte. So forderte der Marxismus-Leninismus, nach sozialistischer 561 A. Norden: Zu Fragen des Kampfes gegen den Imperialismus in der BRD, September 1971, (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02 Nr. 29). 56z H. Schulze, Gibt es überhaupt eine deutsche Geschichte?, Berlin 1989, S. 28. 563 M. Schmidt, Das Institut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR zu Berlin (IPW), in: Marxistische Studien, a.a.O., S. 424. 564 Spanger, a.a.O., S. 166. 565 Schneider, P. Frenzel, a.a.O., S. 260.
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Überzeugung der höchste Ausdruck wissenschaftlicher Erkenntnis566 , die Parteilichkeit im Klassenkampf als Grundbedingung wissenschaftlicher Objektivität. Dazu IPW-Abteilungsleiter Hänel: Der ist ein schlechter Wissenschaftler, der sich da eingeengt fühlt. 567 Der Marxismus-Leninismus war als ideologische Grundlage des politischen Systems der SED jeder Kritik entzogen und wurde zur Rechtfertigung der Parteiherrschaft und zur Disziplinierung der Gesellschaft, zur Verschleierung von Repressionen und zur Abwehr von Systemkritik instrumentalisiert. 568 Der ehemalige Professor für Finanzwirtschaft an der Universität Leipzig, Paul Frenzel, dazu: Es gibt jedoch in der DDR keine Freiheit der Lehre. ... So wurde verlangt, daß injeder Lehrveranstaltung ... den Studenten an Beispielen des konkreten Faches die Unvenneidlichkeit des Untergangs des Imperialismus und des Sieges des Sozialismus im Weltmaßstab vennittelt werden sollte. 569 Fachkenntnis war demgegenüber als bürgerlicher Mül/570 besonders in den Geisteswissenschaften verpönt, und die von einigen westlichen Wissenschaftlern vertretene These, durch die Verwissenschaftlichung sei eine Entideologisierung der Beziehungen zu erreichen, erwies sich als grundlegend falsch im Gegenteil: Stärkere Ideologisierung durch (scheinbare) Verwissenschaftlichung. Über das IPW versuchte die SED, politische Unterschiede durch eine wissenschaftliche Sichtweise in den Hintergrund treten zu lassen, weshalb die im Westen bisher überwiegend offen politisch auftretenden SED-Funktionäre nun durch wissenschaftliche Kader unterstützt bzw. weitgehend ersetzt wurden. Man hatte in Ost-Berlin erkannt, daß westdeutsche Wissenschaftler sich oftmals durch eine falsch verstandene akademische Solidarität blenden ließen und die SED-Kader in erster Linie nicht als Parteiideologen, sondern als Kollegen sahen. Im Gegensatz zu zahlreichen westdeutschen Gesprächspartnern, betonte IPW-Direktor Herbert Häber deutlich, daß es keine ideologiefreien Räume geben dürfe, weshalb sich der ideologische Kampf nicht nur im Rahmen der staatlichen Außenpolitik vollziehe, sondern bis hin zu privaten Gästen und
566 Vgl. J.L. Kuppe, Zur Funktion des Marxismus-Leninismus, S.l384ff, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O. , Bd. III/2: Ideologie, Integration und Disziplinierung, S.1370-1400; vgl. R. Wisniewski, Marxismus als Voraussetzung des politischen Systems der DDR, in: Materialien der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. III/3: Ideologie, Integration und Disziplinierung, S. 2062-2095 567 Zit. nach: "Den Klassenfeind fest im Visier", in: Spandauer Volksblatt vom 26.6.1977. 568 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., S. 48. 569 Schneider, P. Frenzel, a.a.O., S. 254. 570 S. Wolle in seinem Vortrag zum Thema "Die 3. Sozialistische Hochschulreform von 1968 und die Akademiereform von 1969 als Zäsuren der Wissenschaftsentwicklung der DDR" auf dem 40. Deutschen Historikertag in Leipzig 1994.
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Besuchern, die als Träger bürgerlichen Denkens zu uns kommen, reiche. 571 Da die SED schnell erkannte, daß Wissenschaftlern im Westen (und besonders in der Bundesrepublik) oftmals unkritischer als "reinen" Polit-Funktionären begegnet wurde, überhäufte die Partei die entsprechenden Kader mit akademischen Titeln und schuf so den "wissenschaftlich-getarnten" Politfunktionär: Wissenschaft als Ideologie, ganz im Sinne des Sozialismus. Durch dieses Vorgehen ließen sich viele westliche Wissenschaftler täuschen und waren nicht in der Lage, ihre angeblichen Ost-Kollegen als das zu sehen, was sie in Wirklichkeit waren: Wissenschaftlich getarnte "Meßdiener" der "Hohen Priester" einer sozialistischen Diktatur. Daß die SED mit ihrer Politik Erfolg hatte, zeigt sich daran, so die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages, daß es gelang, die Differenzen unter den westlichen Gesprächsg_artnern zu eifassen und in eine gezielte "Differenzierungspolitik" umzusetzen. 52 So konnte Erich Honecker im Mai 1973 stolz darauf verweisen, daß sich in der BRD ein neues DDR-Bild herausbildet und seine Konturen immer deutlicher werden. 573
Der Grundlagenvertrag von 1972 hatte es der SED ermöglicht, die internationale politische Isolation durch den Westen aufzubrechen, mit dem Erfolg, daß die internationale Anerkennung der DDR als zweiter deutscher Staat . . . die Reputation der SED-Führung (stärkte) und . . . den Wandel des von weiten Teilen der Medien, der einschlägigen Wissenschaftsdisziplinen und der Päda.fiogik verbreiteten DDR-Bildes in der Bundesrepublik Deutschland (beförderte). 54 Der Preis für diese Entwicklung, welche durch den Entspannungsprozeß erreicht worden war, bestand jedoch in einer zunehmenden innenpolitischen Destabilisierung, welche für die SED immer bedrohlicher wurde. Während außenpolitisch, so die optimistische Einschätzung von IPW und IBB, zu Beginn der siebziger Jahre . . . in Europa der Grundstein für den Übergang zu einer neuen historischen Phase der Beziehungen zwischen den sozialistischen und kapitalistischen Staaten gelegt worden (ist) und sich Möglichkeiten zur vollen und uneingeschränkten Durchsetzung der Politik der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung (bieten/ 75 , erhöhten sich die 571 H.Häber, Politik der friedlichen Koexistenz und ideologischer Kampf, in: IPWFORSCHUNGSHEFfE 2/1973, S. 20 bzw. 18. 572 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., S. 152f. 573 BerichtE. Honeckers auf der 9. Tagung des ZK, in: NEUES DEUTSCHLAND vom 29.5.1973. 574 Deutscher Bundestag, Bericht der Enquete-Kommission, a.a.O., 153f. 575 Die europäischen Beziehungen in den siebziger Jahren, vorgelegt von: Institut für Internationale Beziehungen, Potsdam-Babelsberg I Institut für Internationale Politik und Wirtschaft, Berlin, Juli 1972, (BAPAR, Bestand Ständige Kommission der Forschungseinrichtungen der soz. Länder (Beratung über Probleme der europ. Sicherheit 3.10.1972), 5. Tagung der Direktoren der Institute für Intern. Beziehungen Europas (4.5.10.1972 Varna) 1972, DC 204 Direktion 27).
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innenpolitischen Probleme, weshalb die SED ihre Abgrenzungspolitik wie auch den Druck auf die eigene Bevölkerung verstärken mußte. Diese Spannungen zeigten sich 1975 auch im IPW an der Flucht von drei IPW-Mitarbeitem und den scharfen Reaktionen der SED-Führung, die eine genaue Überprüfung aller Institutsmitarbeiter durchführen ließ, um weitere schwache Stellen aufzuspüren und auszuschalten. 576 Zwar erfüllte das IPW eine wichtige Funktion im Rahmen der SED-Konzeption (innenpolitische Propaganda und informeller Ansprechpartner für den Westen577), welche es ab Mitte der siebziger Jahre unter der neuen Leitung (Schmidt I Maier I Heininger) ausbauen konnte, doch beeinflußte das IPW die Deutschland- bzw. Außenpolitik der SED im Sinne wissenschaftlichen Vordenkens und konzeptioneller Perspektiven zu keiner Zeit maßgeblich, auch wenn Andreas Herbst, Winfried Ranke und Jürgen Winkler zuzustimmen ist, wenn sie -für die achtzigerJahre-darauf verweisen, daß ohne die vom IPW erarbeiteten Informationsmaterialien über die politische Lage in der BRD sowie über die dort wirkenden Parteien, Fraktionen und Personen, ... die SED-Führung wohl kaum in der Lage gewesen (wäre), mit der SPD über die Reduzierung der Mittelstreckenwaffen und über eine atomwaffenfrei Zone in Europa zu verhandeln oder das gemeinsame Dokument. "Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit" im August 1987 zu veröffentlichen. 578 Dennoch gilt für das IPW, was Klaus Schroeder und Jochen Staad für die DDR generell konstatieren, nämlich, daß sich die Legitimation der DDR . . . bei näherem Hinsehen als Selbstlegitimation der die Gesellschaft beherrschenden Partei und der mit ihr verbundenen administrativen und kulturellen Eliten (entpuppte). 579 Am Ende hat in der DDR - wie Johannes L. Kuppe vor der Enquete-Kommission des Bundestages ausführte - doch Marx gesiegt: Die Wirklichkeit der Beherrschten hat die Scheinwirklichkeit der Herrschenden eingeholt. Was von diesen als neue Ideologiebegründung geplant war und dann auch praktiziert wurde, endete in hilflosen Indoktrinierungsversuchen. War Marx der Verkünder einer revolutionären Utopie, die Befreiung und Selbstbestimmung verhieß, und lieferte er mit seiner revolutionären Ideologiekritik zugleich ein Werkzeug für eine revolutionäre Wende, so zeigen die Vorgänge um den Untergang der DDR, 576 BStU, Bestand MfS ZAIG 9892, Abteilung Agitation, Materialhinweis VII.C.69.1. vom 12.07.1975. 577 So verstand sich IPW-Direktor Schmidt beispielsweise mit dem Oberbürgermeister der Stadt Saarbrücken, Oskar Lafontaine, so gut, daß man sich duzte. Brief Schmidts an Lafontaine am 24.6.1982, (BAPAR, Bestand Schriftverkehr BRDIBerlin (W) 1972-1985, DC 204 Direktion 38). 578 Herbst I Ranke I Winkler, So funktionierte die DDR, a.a.O., S.416ff. 579 Schroeder I Staadt, Der diskrete Charme des Status-quo, S.309f., in: Schroeder, Geschichte und Transformation des SED-Staates, a.a.O.
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daß eine aus purem Machterhaltungsstreben unterdrückte Ideologiekritik stets den Anfang vom Ende einer Diktatur bedeutet. 580 So realisierte sich die Hoffnung der marxistischen Wissenschaftler Heitzer und Lozek schneller und anders als gedacht, als diese 1989 ausführten, daß in bezug auf den wissenschaftlichen Umgang mit der DDR der Tag ... vielleicht nicht mehr fern (ist), da von einem Spezialzweig der Geschichtswissenschaft (wir hoffen: nicht einer wie auch immer gearteten Politikwissenschaft) gesprochen werden kann. 581 Die DDR wird heute u.a. von der Geschichtswissenschaft erforscht, nun allerdings nicht mehr als präsentes Phänomen, sondern als ein abgeschlossenes, wenn auch noch lange nicht verarbeitetes Kapitel der deutschen Geschichte, da, so Horst Möller, die Unfähigkeit [der DDR, d.Verf.] zur Lösung aller zentralen Probleme von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft dem verein~~ten Deutschland eine nur mühsam anzutragende Erbschaft hinterlassen hat. 58 Versucht man die Wirkung und Bedeutung des IPW abschließend zu beurteilen, so läßt sich folgendes feststellen: Erfolgreich war das Institut außenpolitisch hinsichtlich der Einwirkung auf die Bundesrepublik (außenpolitische Propaganda) sowie als inoffizieller Ansprechpartner des Westens, während es im Rahmen der sozialistischen Bewußtseinsbildung der eigenen Bevölkerung (innenpoliti-sche Propaganda) ebenso erfolglos blieb wie auch im Rahmen der wissenschaftlichen Informationstätigkeit für die SED-Spitze, dies allerdings bedingt durch das grundlegende Strukturdefizit des sozialistischen Systems, die Ideologie über die Realität zu stellen. So war das IPW in gewisser Weise mitverantwortlich für den Untergang der DDR, doch hatte es keine andere Wahl, da ein wissenschaftlich-realistischer und damit emanzipatorischer Kurs zwangsläufig das Ende des Instituts bzw. seiner leitenden Mitarbeiter gewesen wäre. Als es mit Beginn des Jahres 1989 schließlich dennoch zu ersten vorsichtigen Emanzipationsschritten im IPW kam, signalisierte dies nicht den langsamen Beginn einer möglichen Reform und damit die Auflösung des grundlegenden Widerspruchs, sondern war - aus heutiger Sicht betrachtet - ein deutlicher Hinweis auf das bevorstehende Ende der SED-Herrschaft.
580 J.L. Kuppe, Funktion des Marxismus-Leninismus, S. 1387f., in: Material der Enquete-Kommission, a.a.O., Bd. IIII2: Ideologie, Integration und Disziplinierung, S. 1370-1400. 581 H. Reitzer I G. Lozek, Kritische Bemerkungen zur bundesdeutschen DDRForschung, S. 26, in: APuZ, B 34189, 18.8.1989, S. 18-34. 582 Horst Möller, Der SED-Staat - die zweite Diktatur in Deutschland, in: Eppelmann I Möller I Nooke I Wilms, a.a.O., S. 5.
Anhang I Dokumente Anhang 1:
IPW: Vorläufige Richtlinie zur Planungsmethodik im IPW, 22.9.1971 (BAPAR, Bestand Bericht ü.d. Realisierung des Zentralen Forschungsplans und zur Entwicklung der Imperialismusforschung, DC 204 Direktion 14/15). 1. Prinzipien der Planung Für die Planerarbeitung gelten folgende Grundsätze: 1.1. Es ist ein einheitlicher Institutsplan anzustreben, in dem die verschiedenen Elemente des Arbeitsprozesses folgerichtig miteinander verbunden geplant werden. Die Planung ist dort, wo sie am sachkundigsten erfolgen kann - in den einzelnen Struktureinheiten des Instituts - komplex und als Einheit von inhaltlich-thematischer und bedarfsorientierter Planung vorzunehmen. 1.2. Die Pläne sind unter Einbeziehung der Mitarbeiter (Plandiskussion) zu erarbeiten. 1.3. Die Planung im Institut erfolgt auf der Grundlage der "Planungsdirektive" des Direktors. Diese Direktive wird für jeden Planungszeitraum neu vorgegeben und konzentriert sich auf: 1. 3.1. die Entwicklungsschwerpunkte des gesamten Instituts im kommenden Planjahr und die dabei auf den verschiedenen Gebieten zu erreichenden Ziele sowie die Bestimmung grundlegender Hauptaufgaben der Führungsarbeit, insbesondere hinsichtlich der politischen Wirksamkeit und der Rationalität der wissenschaftlichen Arbeit sowie der Entwicklung der Kaderarbeit. 1.3.2. die grundlegenden Aufgaben der Wissenschaftsarbeit (Forschung und Information) sowohl als Zielvorgaben für die Hauptforschungsrichtungen wie auch als Bestimmung der wichtigsten zentralen komplexthematischen Vorhaben in Zusammenarbeit mit den im Perspektivplan gestellten Aufgaben; 1.3.3. die Vorgabe bestimmter personeller, zeitlicher und materieller Orientierungsgrößen, soweit das für die komplexe Planung in den Struktureinheiten erforderlich ist. 2. Der Inhalt des einheitlichen. in sich geschlossenen Institutsplans Der Inhalt des komplexen, den gesamten Arbeitsprozeß der Einrichtung umfassenden Institutsplans wird durch die fünf Planungsgegenstände (WiSsenschaftsleistungen, schriftliche Agitation, materielle und finanzielle Sicherung des Arbeitsprozesses und Entwicklung der Arbeits- und Lebensbedingungen, Kader13 Klein
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politik I Persona/entwicklung, internationale Zusammenarbeit) bestimmt, wobei jedem einzelnen Planungsgegenstand die ihm entsprechenden Planteile zugeordnet werden. 2.1. Planung der Wissenschaftsleistungen 2.1.1. Plan der Forschungsleistungen 2.1. 2. Plan der Informationsleistungen 2.1. 3. Plan der Publikationsleistungen (wissenschaftliche Publikationen) 2.1. 4. Plan der wissenschaftlichen Veranstaltungen 2.2. Planung der schriftlichen Agitation 2.3. Planung der materiellen und finanziellen Sicherung des Arbeitsprozesses und der Arbeits- und Lebensbedingungen 2.3.1. Materialplan 2.3.2. Plan der Grundfondsreproduktion (Investitionen, Werterhaltung, laufende Instandsetzung) 2.3.3. Plan der Einnahmen und Ausgaben (Finanzplan) 2.3.4. Plan der Arbeits- und Lebensbedingungen 2.4. Planung der Kaderpolitik und Personalentwicklung 2.4.1. Stellenplan 2.4. 2. Kaderentwicklungsplan 2.4.3. Plan der Weiterbildung und Qualifizierung 2.5. Planung der internationalen Zusammenarbeit 2. 5.1. Plan der internationalen Zusammenarbeit 2.5.2. Plan der wissenschaftl. Veranstaltungen mit internationaler Beteili'gung 2. 5. 3. Plan der Auslandsreisen zur Unterstützung der Wissenschaftsarbeit 3. Planungsverantwortlichkeiten Die Ausarbeitung der Planentwürfe innerhalb der Struktureinheiten erfolgt auf der Grundlage der in der Planungsdirektive des Direktors enthaltenen Auflagen. Aus der Größe und der Verschiedenartigkeit der Aufgaben des Instituts ergibt sich die Notwendigkeit, bestimmte Planungsverantwortlichkeiten festzulegen, wobei unter Beachtung des Prinzips der Leistungspyramide die Einzelaufgaben dort zu planen sind, wo das am sachkundigsten geschieht: in den Fachabteilungen der Forschung, der Information und der anderen Arbeitsbereiche. Daraus ergeben sich für die einzelnen Leitungsebenen folgende Verantwortlichkeiten: 3.1. . Direktion Durch die Direktion erfolgt: 3.1.1. Entscheidung u. Planung der Grundentwicklungsrichtungen des Instituts 3.1. 2. die Entscheidung u. Planung der wissenschaftlichen Hauptaufgaben zur Unterstützung der Partei- und Staatsführung bei der Entscheidungsvorbereitung und zur Teilnahme an der Umsetzung der beschlossenen Politik 3.1.3. die Planung der zentralen Aufgaben der komplexen, problemorientierten wissenschaftlichen Arbeit 3.1.4. die Aufgabenplanung der internationalen Beziehungen und Kooperation
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3.1.5. die Bestätigung und Inkraftsetzung des Institutsplanes sowie der Hauptabteilungspläne 3.1. 6. die Bestätigung der Arbeitspläne der Stabs- u. der dem Direietor unmittelbar unterstehenden Abteilungen 3.2. Hauptabteilungen Die Hauptabteilungen sind verantwortlich: 3.2.1. für die Planung der ihnen vorgegebenen zentralen Aufgaben und deren Lösung mit höchstem gesellschaftlichen Nutzeffelet durch die qualifizierte inhaltliche Leitung und die rationale Organisation der wissenschaftlichen Arbeit in ihren Verantwortungsbereichen 3.2.2. für die Planung und Erfüllung der darüber hinaus gehenden, sich aus dem wissenschaftlichen Gesamtprofil der Hauptabteilungen und ihrer Gesamtverantwortung für die Leistungsfähigkeit des Instituts ergebenden Aufgaben, die vor allem qualifizierte Analysen und Prozeßinformationen zu ihren speziellen Forschungsrichtungen zu gewährleisten haben 3.2.3. für die Planung der zur Aufgabenlösung notwendigen Maßnahmen der Kaderarbeit und Qualifizierung 3.2.4. für die Planung der im Planjahr durchzuführenden wissenschaftlichen Veranstaltungen 3.2.5. für die Planung der Vorhaben in der internationalen Zusammenarbeit 3.2.6. für die Koordination und Arbeitsteilung bei solchen Aufgaben, die über den Fachbereich einer Hauptabteilung hinausgehen. In diesen Fällen ist die jeweils federführende Hauptabteilung verantwortlich 3.2. 7. für die den vorgenannten Verantwortlichkeilen entsprechende Aufgabenplanung und Kräftebilanzierung für die Fachabteilungen ihrer Bereiche 3.2.8. für die Ausarbeitung des Planangebots der Hauptabteilungen an den Direietor in folgender Form: - Stellungnahme zur Plandireletive des Direietors und Planung der Realisierungsschritte für die vorgegebenen Hauptaufgaben - Planung der Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit nach Leistungsarten bzw. Ergebnisformen mit Bestimmung der Erfüllungstermine und der Leistungsverantwortlichkeit (sowie Einbeziehung von Kooperationspartnern) - Planung der Maßnahmen zur Qualifizierung der Führungsarbeit in der Hauptabteilung und der erforderlichen Kader- und Qualifizierungsarbeit wissenschaftliche Veranstaltungen Vorhaben der internationalen Zusammenarbeit 4. Kontrolle des Plans der Wissenschaftsleistungen Die Kontrolle der Planerfüllung wird wie folgt organisiert: 4.1. Die Hauptabteilungsleiter erstatten jeweils am 15. 7.1972 und am 15.1.1973 vor der Direktion den Rechenschaftsbericht zur Planerfüllung des L Halbjahres bzw. zur Gesamtplanerfü/lung. 4. 2. Die Stabsabteilung der Direktion für wissenschaftsorganisatorische, ölconomische und planmethodische Fragen sichert auf der Grundlage der bestätig13•
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ten Plandokumente und in Auswertung der Auftragsbogen und Arbeitsberichte die monatliche Information der Direktion zum Stand der Erfüllung des Plans der Wissenschaftsleistungen und bereitet für die Rechenschafts/egung der Hauptabteilungen vor der Direktion eine Einschätzung der Planetfüllung vor. 5. Ablaufder Planung und Wissenschaftsleistungen Die Planungsarbeit vollzieht sich in folgenden Schritten: 5.1. Übergabe der Plandirektive des Direktors und der planmethodischen Richtlinien an die planende Struktureinheit. Verantw.: Direktion Termin: 20.10.1971 5.2. Erläuterung der Plandirektive u. der planmethodischen Richtlinie in den Hauptabteilungen unter Hinzuziehung von Mitarbeitern der Stabsabteilung für wissenschaftsorganisatorische, -ökonomische und planmethodische Fragen. Einleitung der Plandiskussion in den Fachabteilungen. Termin: bis 25.10.1971 Verantw.: Hauptabteilungen 5.3. Abgabe der Planentwüife der Fachabteilungen (eingeschlossen die Abstimmung mit Kooperationspartnem) an den Leiter der Hauptabteilung sowie an die Redakteure der DWI-Berichte und der ddz. Termin: 19.11.1971 Verantw.: Fachabteilungen der HA /-/// 5. 4. Analyse der in der Planentwüifen enthaltenen Publikationsvorhaben in den Redaktionen, Abstimmung der Redaktionspolitik zwischen den Redaktionen der DWI-Berichte und der ddz, Übermittlung einer gemeinsamen Stellungnahme der Redaktionen zur Publikationsplanung an die Leiter der Hauptabteilungen. Termin: 26.11.1971 Verantw.: Chefredakteure 5.5. Abgabe der Planentwüife der Hauptabteilungen und des Plans der Publikationen 2-fach an die stellvertr. Direktoren, I-fach an die Stabsabtei/ung. Termin: 1.12.1971 Verantw.: Hauptabteilungen 5. 6. Zusammenfassung der Vorschläge der Hauptabteilungen und Ausarbeitung des Plans der Wissenschaftsleistungen. Vorlage an den Direktor Termin: 13.12.1971 Verantw.: stellvertr. Direktoren ( + Stabsabteilung) 5. 7. Verteidigung und Bestätigung des Planes der Wissenschaftsleistungen und der Gesamtplanentwüife der Hauptabteilungen vor dem Direktor - unter Hinzuziehung des Leiters der Stabsabteilung. Termin: 15.12.1971 Verantw. : Direktion 5. 8. Durchführung der sich aus der Verteidigung evtl. ergebender Plankorrekturen und Schlußbearbeitung der Einzelpläne und des Plans der Wissenschaftsleistungen im Zusammenwirlcen von Hauptabteilungen und Stabsabteilung. Termin: 22.12.1971 Verantw. : Hauptabteilungen ( + Stabsabteilung) 5. 9. Bestätigung der Arbeitspläne Termin: 29.12.1971 Verantw.: Hauptabteilungsleiter
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Anhang 2:
Arbeitsgruppe: Vorlage - Wissenschaftliches Profil des IPW (/t. Arbeitsplan der Direktion). (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). Entsprechend der Aufgabenstellung des IPW bildet die Anaryse der Perspektiven des Imperialismus der BRD, der Entwicklungstendenzen auf ökonomischem, politischem und ideologischem Gebiet sowie der Rolle des Imperialismus der BRD im imperialistischen System und in der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus die Grundaufgabe und Hauptorientierung für die wissenschaftliche Arbeit. Ausgehend davon lassen sich 6 profilbestimmende Themenkomplexe ableiten: Themenkomplex 1: Theoretische und methodische Grundfragen der lmperialismusanaryse und prognose. Die internationale Entwicklung der marxistisch-leninistischen Imperialismustheorie. 1.1. Die Entwicklung der gesellschaftlichen Grundkonflikte des staatsmonopolistischen Systems. Grundzüge u. neue Erscheinungen der allg. Krise des Kapitalismus. 1.2. Haupttendenzen und Gesetzmäßigkeilen der Weltentwicklung, vor allem die Entwicklung des Kräfteverhältnisses und die sich verändernden Formen des Kampfes zwischen den beiden Gesellschaftssystemen in ihrer Bedeutung für die Anaryse des Imperialismus der BRD. 1.3. Methodische Grundfragen der Prognostizierung gesellschaftlicher Grundprozesse des Imperialismus, Kritik der bürgerlichen Zukunftsmodelle. 1.4. Besonderheiten des Imperialismus der BRD. Themenkomplex 2: Entwicklung des ökonomischen Potentials des BRD-Imperialismus im internationalen Vergleich, Entwicklungstendenzen und Widersprüche im staatsmonopolistischen Reproduktionsprozeß. 2.1. Der kapitalistische Vergesel/schaftungsprozeß, ökonomisches Potential und ökonomisches Wachstum des BRD-lmperialismus im internationalen Vergleich, Haupttendenz, Struktur und ökonomische Effektivität der Entwicklung der Produktivkräfte, Konzentration und Zentralisation der Produktion und des Kapitals, einschließlich Zweigstruktur der Konzentration, Entwicklung der Kapitalstruktur, wie: organische Zusammensetzung des Kapitals, Struktur und Auslastungsgrad des fixen Kapitals, Relationen im gesellschaftlichen Gesamtprodukt, Nationaleinkommen, Wachstum und Struktur individueller und gesellschaftlicher Konsumfonds, Aldcumulation, Struktur und Entwicklung der industriellen lnve-
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stitionen und im lnfrabereich, Niveau, Effektivität und Wachstumsmöglichkeiten der BRD-Wirtschaft, einschließlich internationaler Vergleiche, Prognose des mittel- und längerfristigen Wachstums der imperialistischen Wirtschaft in der BRD im Vergleich zu den wichtigsten anderen imperialistischen Ländern und Wertung der ökonomisch-politischen Expansionsmöglichkeiten des ImperialismusderBRD. 2.2. Charakter, Formen und Entwicklung der Monopolisierung. Die Monopolisierung als Ausdruck des Widerspruchs zwischen den Erfordernissen der Produktivkraftentwicklung und den kapitalistischen Produktionsverhältnissen (Einfluß der Monopolisierung auf die Entwicklung der Technik, ihre Auswirkungen auf die Spezialisierung, damit verbundene Leistungsprobleme), neue Formen der Monopolisierung (Fusion, Diversifikation, Internationalisierung des Kapitals, die Rolle der Banken und des Staates, neue Formen der Kapitalverjlechtung). die Trennung von Kapital-Eigentum, Kapitalverfügung und Kapitalfunktion, Haupttendenzen der Monopolisierung des Rüstungskapitals, Monopol und Konkurrenz heute, heutige Bedingungen und Triebkräfte der Kapitalanlage des Problems der kurzfristigen und langfristigen Interessen, Widerspruch zu staatlichen Strategien, die Rolle des Marktes und die Rolle staatlicher Monopolbedingungen, Formen der monopolistischen Konkurrenz, monopolistische Beherrschung der Hauptfaktoren des wissenschaftlich-technischen Fortschritts, Einfluß der Monopolisierung auf Kapital- und Zweigstruktur der Wirtschaft, Monopolisierung der Wissenschaft und der Bildungskapazität, Rüstung und wissenschaftlich-technischer Fortschritt, Unterordnung und Ausplünderung des nicht-monopolistischen Kapitals unter der Herrschaft der Monopole, ökonomische Ursachen des Differenzierungsprozesses innerhalb der Finanzoligarchie. 2.3. Der staatsmonopolistische Mechanismus zur Verteilung der gesellschaftlichen Gesamtarbeit, seine Effektivität, Widersprüche und Grenzen unter den gegenwärtigen und zukünftigen Reproduktionsbedingungen. Die Rolle der Inflation, spezifisch staatsmonopolistische Bedingungen der Kapitalverjlechtung, der Monopolprofit als Triebkraft des kapitalistischen Reproduktionsprozesses, Entwicklung der Mehrwertmasse und -rate (Ausbeutungsgrad) unter den gegenwärtigen staatsmonopolistischen Reproduktionsbedingungen, Profit und Lohn im staatsmonopolistischen Reproduktionsprozeß, Tendenzen der Profitentwick/ung, das Gesetz vom tendenziellen Fall der Profitrate, seine heutigen Erscheinungsformen, die Unterschiede der Profitentwicklung in den Hauptbereichen der Wirtschaft, der Monopolkreis, die wachsende Bedeutung der Umweltprob/eme, Widerspruch zwischen Erfordernissen zur Entwicklung der Infrastruktur der Volkswirtschaft und dem individuellen Profitinteresse der Monopole, die Rolle des Staatshaushaltes bei der Stimulierung des Monopolprofits, Umverteilung des Nationaleinkommens über Steuern, Subventionen, Staatsaufträge, Rüstung usw., die Rolle der staatlichen Unternehmen bei der Profitstimulierung der Monopole, die spezifischen Verwertungsbedingungen des Rüstungskapitals und
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die daraus resultierenden Widersprüche, die Rolle der Inflation im staatsmonopolistischen Reproduktionsprozeß. 2. 4. Der Krisenmechanismus, die Verflechtung zyklischer und struktureller Prozesse und ihrer Widersprüche, die Rolle der Zyklität im staatsmonopolistischen Reproduktionsprozeß, ihr Zusammenhang mit langfristigen Strukturveränderungen, Prognose des kurzfristigen, zyklischen Wirtschaftswachstums, Auswirkungen des Krisenzyklus auf die K/assenauseinandersetzungen. 2. 5. Die Besonderheiten der Entwicklung des Reproduktionsprozesses in der Landwirtschaft unter Bedingungen des staatsmonopolistischen Kapitalismus. 2. 6. Die Wirtschaftspolitik des Bonner Staates, Widersprüche und Grenzen der staatsmonopolistischen Regulierung des Reproduktions- u. Verwertungprozesses. 2. 7. Kritik der wichtigsten bürgerlichen Theorien über den staatsmonopolistischen Kapitalismus. Themenkomplex 3: Grundlagen, Struktur und Entwicklungstendenzen des politischen Herrschaftssystems in der BRD. 3.1. Das Wechselverhältnis zwischen der ökonomischen Basis und der politischen Herrschaftsstruktur, die Finanzo/igarchie, ökonomisch-politische Grundlagen ihrer Herrschaft, die Zusammensetzung der herrschenden Klassen, die Konzentration ökonomischer Macht und der Prozeß der politischen Mach/konzentration. 3.2. Das politische Kräfteverhältnis und die es bestimmenden Faktoren. 3.3. Der staatsmonopolistische Entscheidungsprozeß über strategische Fragen von Ökonomie und Politik, die Rolle der einzelnen Monopolzentren, der Banken und des Staates, die Umsetzung ökonomischer Macht in politische Macht, ihre Wege und Formen, die Wechselbeziehungen zwischen ökonomischen und politischen Anforderungen im Entscheidungsprozeß, Linien zwischen den ökonomischen Machtzentren und den politischen Kräften der Gesellschaft, die Rolle der Manager, "Technokraten " und Experten sowie der Verbands-, Parteien- u. Staatsbürokratie, die Einwirkung von Internationalisierungsprozessen auf den Entscheidungsprozeß. 3. 4. Die Wirkung der inneren Gesel/schaftskonflikte, des Kräfteverhältnisses und der Auseinandersetzung mit dem Sozialismus und die Methoden der politischen Machtausübung des Monopolkapitals, der Einfluß der veränderten Existenzbedingungen auf die Strategien der Herrschaftssicherung: Gemeinsamkeiten und Differenzierungen in den Herrschaftsstrategien, die Umsetzung der politischen Strategien des Monopolkapitals in konkrete Formen und Methoden der Mach/ausübung, die Veränderung in der sozialen Struktur, im Aufbau und
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in den Anforderungen an den Staatsapparat, die Herausbildung "neuer Herrschaftstechniken" {politische Planung, Öffentlichkeitsarbeit), die Entwicklung des Unterdrückungsapparates des Staates. 3.5. Platz und Funktion des staatsmonopolistischen Parteiensystems in der BRD, Entwicklung und Funktionsweise des Parteiensystems. Die Stellung der Parteien im imperialistischen Herrschaftssystem, die politische Rolle einzelner Parteien, ihre Struktur, ihr sozialer Einflußbereich und ihre tendenzielle Integrationsfähigkeit, die gesellschaftspolitischen Grundlagen für die Politik der einzelnen Parteien, ihre Gemeinsamkeiten und ihre Differenzierungen sowie deren Bedeutung für die politisch-ideologische Auseinandersetzung, die "zwei Methoden " der Machtausübung der Monopolbourgeosie in ihrem Wechselverhältnis zur Entwicklung der Klassenauseinandersetzung in der BRD und zum internationalen Kräfteverhältnis. Die soziale und politische Basis der "zwei Methoden" in den Parteien, der Stellenwert der "Refonnpolitik" in Programmatik und Politik der Parteien, Grundtendenzen der Differenzierung in der innen- und außenpolitischen Konzeption der Parteien. 3. 6. Rolle des militärischen Machtapparates und der Militärclique in der Gesellschaft der BRD, objektive Grundlagen der veränderten Funktion der Militärclique im Herrschaftssystem, Integration des Militärs in die Gesellschaft, Einfluß der Militärclique und der militan·stischen Organisationen auf die Militarisierung der Gesellschaft (ökonomisch, politisch-ideologisch, militärisch). 3. 7. Charakter und Entwicklungstendenzen der antiimperialistischen politischen Bewegungen und Strömungen in der BRD, der Einfluß des sozialistischen Systems auf die Entwicklung antiimperialistischer Bewegungen, Programme, Forderungen und Lösungen, politische Bewegungen für eine demokratische Entwicklung in der BRD, Bewegungen für europäische Sicherheit, Integrationsbestrebungen der herrschenden Klasse gegenüber antiimperialistischen Bewegungen. Die Rolle des Sozialdemokratismus. 3. 8. Ana{Yse und Auseinandersetzung mit den imperialistischen (einschl. rechtssozialdemokratischen) Herrschaftskonzeptionen, neue Prozesse in den westlichen Gesellschafts- und Machtkonzeptionen als Ausdruck der wachsenden inneren Gesellschaftskonflikte und der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperia/i'smus, Entwicklungstendenzen in den autoritären und neofaschistischen Konzeptionen über politische Herrschaft und Staat, die Entwicklung der rechtssozialdemokratischen Theorien über politische Herrschaft, Staat u. Demokratie. Themenkomplex 4: Die sozialökonomischen Veränderungen der Gesellschafts- und Klassenstruktur, insbesondere der Arbeiterklasse, im staatsmonopolistischen System der BRD, Struktur und soziale Lage der Bauemsehaft und anderer nichtmonopolistischer Schichten.
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4.1. Ausbeutung der Arbeiterklasse und Reproduktionsbedingungen der Arbeitskraft im staatsmonopolistischen Kapitalismus, Veränderungen im Ausbeutungsprozeß unter staatsmonopolistischen Bedingungen, staatsmonopolistische Methoden der Ausdehnung und Verschärfung der Ausbeutung, Tendenzen der Internationalisierung des Ausbeutungsprozesses, die Rolle des Lohnes und der Lohnformen im Ausbeutungs- und Manipulierungsprozeß des staatsmonopolistischen Kapitalismus, Veränderungen der Reproduktionsbedingungen der Arbeitskraft und zum Verhältnis zwischen den Erfordernissen der individuellen Konsumption und den gesellschaftlichen Bedingungen der kapitalistischen Lohnarbeit, Wechselverhältnis zwischen körperlicher und geistiger Arbeit unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution im Kapitalismus und Entwicklungen im Charakter der kapitalistischen Lohnarbeit, die Reflexion der Veränderungen im Ausbeutungsprozeß und in den Reproduktionsbedingungen im Bewußtsein der Arbeiterklasse, staatsmonopolistische Manipu/ierung und ideologische Verschleierung im Ausbeutungsprozeß. 4.2. Wachstum und Strukturveränderung der Arbeiterklasse im staatsmonopolistischen Kapitalismus, zunehmende Polarisierung der Klassenverhältnisse, Pro/etarisierungsprozeß, Wachstum und innere Differenzierung der Arbeiterklasse, Veränderungen in der Struktur der Arbeiterklasse (Berufs-, Qualifikations-, Altersstruktur), zur Entwicklung des Kerns der Arbeiterklasse und zur Spezifik ihrer verschiedenen Abteilungen, Dialektik von sozialer Annäherung und weiterer Differenzierung der Arbeiterklasse und Intelligenz und den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution, zur Entwicklung der sozialen Basis des Opportunismus, Veränderungen in der "Oberschicht" (Arbeiteraristokratie) der Arbeiterklasse, Widerspiegelungen der Strukturveränderungen auf die ideologische Position der verschiedenen Abteilungen der Arbeiterklasse, Strukturveränderungen und die Entwicklung sozialer Konflikte, technologischer Arbeitslosigkeit und Freisetzung. 4.3. Der Zusammenhang zwischen den veränderten Existenz- und Kampfbedingungen der Arbeiterklasse und dem Klassenkampf, die Wechselbeziehungen zwischen ökonomischem, politischem und ideologischem Kampf, Tendenz zur Politisierung des ökonomischen Kampfes, staatsmonopolistische Regulierung der Einkommensverhältnisse und gewerkschaftlicher Tarijkampf, Veränderungen der Reproduktionsbedingungen der Arbeitskraft und der Kampf der Arbeiterklasse gegen das Kapital, Bildung, Erholung usw. in der Klassenauseinandersetzung, zunehmende soziale Unsicherheit im staatsmonopolistischen Kapitalismus, die Entwicklung der zwei Grundtendenzen in der Arbeiterbewegung (Integration und Desintegration), zum Wechselverhältnis Imperialismus und Opportunismus, Analyse der Faktoren des Kräfteverhältnisses der Klassen bei sozialen Konflikten, Probleme der Strategie und der Taktik der Kommunistischen Partei im antiimperialistischen Kampf.
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4. 4. Die gesellschaftliche Grundsituation der Arbeiterklasse in der BRD und ihre Perspektiven, gegenseitige Bedingtheit und Wechselwirkung des wachsenden Einflusses des Sozialismus, der konkreten Formen staatsmonopolistischer Herrschaft und der wissenschaftlich-technischen Entwicklung auf Lage· und Kampf der Arbeiterklasse, veränderte Stellung des Imperialismus der BRD im imperialistischen Weltsystem und Lage der Arbeiterklasse, Haupttendenzen imperialistischer Gesellschaftskonzeptionen gegenüber der Arbeiterklasse und die Entwicklung differenzierter Integrationsstrategien, die Verschärfung des ideologischen Klassenkampfes und die Wirkung imperialistischer Leitbilder, insbesondere der Ideologie des Antikommunismus, auf die Arbeiterklasse. 4.5. Soziale Lage, Strukturveränderungen innerhalb der Landwirtschaft und Bauernschaft, der Intelligenz sowie innerhalb der städtischen Mitte/schichten, neue Tendenzen der Ausplünderung der Bauern und der städtischen Mittelschichten durch die Monopole, Einfluß der staatsmonopolistischen Strukturpolitik und der Sozialmaßnahmen auf die Beschleunigung der Proletarisierung werktätiger Bauern, der Intelligenz und der städtischen Mitte/schichten, Platz der kleinen Warenproduzenten in der heutigen und künftigen Klassen- und Sozialstruktur der kapitalistischen Gesellschaft, Hauptkonfliktfelder infolge Verschärfung des Gegensatzes zwischen kleinen Warenproduzenten und Monopolkapital, Probleme des Bündnisses der Arbeiterklasse mit den anderen werktätigen Schichten. 4. 6. Zur marxistisch-leninistischen Theorie über die Arbeiterklasse im Kapitalismus. Kn'tik bürgerlicher Theorien vom Verschwinden bzw. der abnehmenden Rolle der Arbeiterklasse, Probleme der marxistisch-leninistischen Theorie über die gesellschaftliche Rolle und Funktion der Arbeiterklasse im Kapitalismus, die sich aus den veränderten Existenz- und Kampfbedingungen der Arbeiterklasse im staatsmonopolistischen Kapitalismus ergeben, Probleme der Theorie der Lage und des Kampfes der Arbeiterklasse unter der Wirkungsweise des allgemeinen Gesetzes der kapitalistischen Akkumulation, Verhältnis vom Wert der Ware Arbeitskraft, Arbeitslohn und Reproduktionsbedingungen der Arbeitskraft. Themenkomplex 5: Grundprobleme und Entwicklungstendenzen des Imperialismus der BRD im kapitalistischen Weltsystem und in der internationalen Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus (auf ökonomischem, politischem und militärischem Gebiet). 5.1. Grundprozesse der internationalen Beziehungen im imperialistischen System und der Platz der BRD, die Haupttendenzen der internationalen Monopolisierung. Die verschiedenen Ebenen der Integration: internationale Konzerne, staatsmonopolistische Zusammenschlüsse und internationale Monopolverbände. Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen ihnen, die internationalen kapi-
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Iaiistischen Währungsbeziehungen und ihre Hauptkonjliktfelder, die Entwicklung von Konzernen mit internationaler Struktur und die Veränderung der Bedingungen im antiimperialistischen Kampf, Grundzüge der kapitalistischen internationalen Arbeitsteilung und Veränderungen im ökonomischen Kräfteverhältnis, die Stellung der ERD im kapitalistischen Außenhandel, im Kapita/export und in der Internationalisierung der Produktion, Entwicklung der Beziehungen Westeuropa - USA, besonders ERD - USA, neue Formen der Einbeziehung der Entwicklungsländer in den internationalen Monopolisierungsprozeß, die ökonomischen Bedingungen zwischen sozialistischen und kapitalistischen Ländern, die Problematik der Formen und Tendenzen der gesamteuropäischen Zusammenarbeit im Bereich der Wirtschaft, der Kultur und des Umweltschutzes. 5.2. Die Rolle des Imperialismus in der westeuropäischen Integration, Ökonomische und politische Entwicklungstendenzen der Integration, Integrationskonzeptionen der westeuropäischen Hauptmächte, das spezifische Gewicht der ERD innerhalb der westeuropäischen Integration (Kräftedreieck Bonn-Paris-London). 5.3. Die strategischen und taktischen Konzeptionen des ERD-Imperialismus zur Führung der Auseinandersetzung mit dem Sozialismus, Entwicklungsprozesse der NATO. Ihre Widerspiegelung in den herrschenden politischen und militärischen Strategien. Die NATO als Zentrum der Koordination einer gemeinsamen Politik gegenüber den sozialistischen Ländern, konzeptionelle Gestaltung und Entwicklungstendenzen der Ostpolitik des ERD-Imperialismus, die Ostpolitik der ERD und die G/obalstrategie. Die Schlüsselstellung der ERD als Speerspitze gegen den Sozialismus in Europa, die langfristigen strategisch-taktischen Leitlinien der Ostpolitik des ERD-Imperialismus. Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen der West- und Ostpolitik. (Antikommunistische Machtkonzentration in Westeuropa als Basis und Ausgangspunkt der Ostpolitik. Aufspaltung der sozialistischen Staatengemeinschaft. Impen"alistisch beherrschtes Gesamteuropa unter Berücksichtigung der Hegemonialabsichten des ERD-Imperialismus), die Entwicklung der Grundlinie der ostpolitischen Aktivitäten des Imperialismus der ERD, die Grundlinie der Gestaltung des Verhältnisses DDR/ERD und DDR I Westberlin, Gemeinsamkeiten, spezifische Besonderheiten und Widersprüche der Ostpolitik der ERD im Vergleich zu den USA, Frankreich und Großbritannien, ihre Auswirkungen auf die politische Zusammenarbeit der imperialistischen Mächte gegenüber der sozialistischen Staatengemeinschaft im Rahmen der NATO und der EWG, ihre Auswirkungen auf die militärstrategische Konzeption der NATO, einschließlich der Probleme der Truppen- und Rüstungsreduzierung sowie der militärischen Präsenz der USA in Europa. 5. 4. Grundprobleme der ökonomischen und politischen Entwicklung in den impen"a/istischen Haupt/ändern. Ihre Bedeutung für die zwischenimperialistischen Beziehungen und den Kampf gegen den Sozialismus. Als Länder kommen vorrangig in Frage: USA, Frk., GB, Italien, Japan.
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Themenkomplex 6: Die Ideologie des Impen"alismus der BRD, Grundlagen und Hauptn"chtungen, ihre innere und äußere Funktion. Inhalt und Methoden der Meinungsmanipulation und der ideologischen Machtausübung innerhalb der BRD. Hauptinhalt und Formen der psychologischen Kn"egsführung gegen die DDR und die anderen sozialistischen Länder. 6.1. Die wesentlichen impen"alistischen Gesellschaftskonzeptionen. Ihre ideologisch-theoretischen Grundlagen, ihre Funktion bei der geistigen Manipulierung und im ideologischen Kampf gegen den Sozialismus. Ihre Modifizierung unter dem wachsenden Einfluß des Sozialismus und der revolutionären Arbeiterbewegung, impen"alistische Gesellschaftskonzeptionen als Zielvorstellung impen"alistischer Reform- und Anpassungsstrategien an das veränderte Kräfteverhältnis zwischen Sozialismus und Impen"alismus. Die Theon·e von der Transformation des Kapitalismus, Entwicklungstendenzen der Industn"egesel/schaftstheon"e als der generellen bürgerlichen Gesel/schaftstheon·e der Gegenwart, Konzeption der nachindustn"ellen Gesellschaft. Rolle der Futurologie bei der Modifizierung impen"alistischer Gesel/schaftskonzeptionen, Einfluß der Fn"edens- und Konfliktforschung auf die Entwicklung impen"alistischer Gese/lschaftskonzeptionen, die Modifizierung ideologischer Konzeptionen (z.B. Konvergenzauffassung, Totalitan"smus-Doktn"n, Nationalismus) unter dem Zwang zur Anpassung an das veränderte Kräfteverhältnis. 6.2. Platz und Funktion der impen"alistischen Ideologie in der impen"alistischen Gesamtstrategie. Entwicklungstendenzen und inhaltliche Hauptn"chtungen des ideologischen Kampfes. Die Wirkungsweise politisch-ideologischer Konzeptionen. Instrumente und Methoden des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems zur Führung des ideologischen Klassenkampfes, sein ideologischer Planungsund Lenkungsmechanismus, Dialektik von impen"alistischer Strategie und Ideologie. Ihr Einfluß auf die Modifizierung strategischer und taktischer Konzeptionen, Modifizierung der Formen und Methoden der impen"alistischen Ideologie. Neue Formen des Antikommunismus, die spezifische Funktion des Sozialdemokratismus im System des politisch-ideologischen Kampfes des Impen"alismus der BRD nach innen und außen, innere und äußere Funktion der Sowjetologie und der sog. DDR-Forschung der BRD, Institutionen und Methoden, das System der Planung und Leitung der impen"alistischen Ideologie, spezifische politischideologische Konzeptionen zur Integration der Arbeiterklasse der BRD in das staatsmonopolistische Herrschaftssystem ("soziale Marktwirtschaft", "soziale Demokratie", "Vermögensbildung" u.a.), System und Formen der geistigen Manipulierung. Die Rolle der Massenmedien und anderer Instrumente des ideologischen Klassenkampfes.
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Anhang 3:
Ergänzung der Tenninliste 1973 . (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 44). Tagung des Haushaltsausschusses des Bundestages, der 1. Teil der 25. Session der beratenden Versammlung des Europarates, der XX. Ordentliche Kongreß der Europa Union Deutschland, der Steuerkongreß, der Deutsche Mietertag, das Bundestreffen der Landsmannschaft Weichsel- Warthe, der Bundeskongreß der Mittelstandsvereinigung der CDU, das Danziger Heimattreffen, der VI. Kongreß der Europäischen Zentrale der öffentlichen Wirtschaft, der Jahrestag der Bundesvereinigung der Deutschen Industn'e, die Tagung der Evangelischen Kirchen in Deutschland, der Weltkongreß des Internationalen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung, das Internationale Ost-WestSymposium "Politische Erwachsenenbildung", die voraussichtliche Paraphierung eines Abkommens über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der CSSR, der Bundesdelegierten-Tag der DeutschBaltischen Landsmannschaft, der Bundesverbandstag des Bundes ehemaliger Arbeitsdienstangehöriger, die Bundesdelegiertenversammlung des Gesamtverbandes der 'Sowjetzonen-Flüchtlinge', die 12. Partner-Tagung der Bundeszentrale für Politische Bildung, der offizielle Besuch Willy Brandts in Israel, der SPD-Landesparteitag in Hamburg, das Deutschlandtreffen der Schlesier, das Bundestreffen der Landsmannschaft der Buchenland-Deutschen, das Treffen der Landsmannschaft Ostpreußen, der Sudelendeutsche Tag, die Tagung der Synode der Vereinigten Evangelischen Lutherischen Kirche Deutschlands, der Deutsche Burschentag, der CDU-Parteitag, die Jahresversammlung des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft, der CDU-Landesparteitag in Rheinland-Pfalz, die Tagung der Gesellschaft für Agrarrecht, der deutsche Ostpfarrertag, die Tagung der Gewerkschaft Rundfunk, Fernsehen, Film, der Bundesverbandstag des Fachverbandes Metall, die Jahrestagung des Kartellverbandes katholischer deutscher Studentenverbindungen, das Internationale Kolloquium der Vereinigung für soziale Sicherheit, die Tagung des deutschen Bundeswehrverbandes, der Weltkongreß des Internationalen Frauenrates, der Deutsche Evangelische Kirchentag, die IG-Metall Frauenkonferenz, die Tagung des Wissenschaftsrates, die Großkundgebung im Rahmen des Deutschen Bauerntages, das 11. Hindenburger Heimattreffen, der Bundesparteitag der FDP, der CSU-Parteitag, der CDU-Partei-tag, die Tagung des Engeren Kreises der allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland, der 14. Ordentliche Delegiertentag der Gewerkschaft der Polizei sowie der Parteitag der DKP.
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Anhang 4:
H. Häher, Hauptrichtungen und ausgewählte Planvorhaben der Imperialismusforschung bis 1975, Apri/1972. (SAPMDB, Bestand IV B 2/9.04 Nr. 84). I. Kontinuierliche Analysen, Gutachten 1. Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung und der sozialen Auswirkungen, verbunden mit der Charakterisierung der wirtschaftspolitischen Positionen der politischen Kräfte der BRD. Dabei: Entwicklung derBRD- Wirtschaft, Termin: Juni u. Dezember 1972. Entwicklung der kapitalistischen Weltwirtschaft, Termin: November 1972 2. Regelmäßige Einschätzungen, Studien und Situationsanalysen zur innen- und außenpolitischen Entwicklung (Ereignisse, Prozesse, Bewegungen der politischen Kräfteverhältnisse, Konflikte und Konfliktfe/der) und Ausblick. Dabei: Standpunkte zur Ratifizierung, Termin: April. Erweiterung der EWG, Termin: April u. November 1972 3. Jahresgutachten des IPW zur voraussichtlichen ökonomischen und politischen Entwicklung der BRD im Jahre 1973. li. Langfristige Vorhaben und Projekte 1. Entwicklungstendenzen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus in Europa. Ergebnisform: Buch, Termin: 1974 2. Die soziale Struktur der kapitalistischen Gesellschaft in der BRD (unter besonderer Berücksichtigung der Strukturveränderungen in der Arbeiterklasse und in der Auseinandersetzung mit imperialistischen Klassentheorien). Ergebnisform: Studie I Buch, Termin: 1973 (Studie) I 1974 (Buch) 3. Krise der kapitalistischen Gesellschaft. Ergebnisform: Buch, Termin: 1975 4. Kolloquium der multilateralen Problemkommission: "Perspektiven der ökonomischen Entwicklung der kapitalistischen Länder. ", Termin: 1973 in Moskau
III. Bücher, größere Studien, Kolloquien 1972 1. Der Antikommunismus der Gegenwart, Termin: Juni 2. Kolloquium (mit internationaler Beteiligung). Thema: "Die Anpassung des Imperialismus an seine neuen Existenzbedingungen und der ideologische Kampf", Termin: September 3. Mitarbeit an der Ausarbeitung des Lehrbuches "Einführung in die politische Ökonomie des Kapitalismus" (Federführung PHS), Termin: Oktober 4. Die Ostpolitik der USA in ihrer Auswirkung auf das Verhältnis USA-BRD und die Politik der USA gegenüber der DDR, Termin: Oktober 5. Haupttendenzen der ökonomischen u. polit. Entwicklung der BRD bis 1975, Termin: Dezember 6. Wesen, Struktur und Machtzentren der Finanzoligarchie in der BRD, Termin: November (Einzelstudien)
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7. Die strukturellen Veränderungen in der Arbeiterklasse der BRD und ihre sozialen, politischen und ideologischen Auswirkungen, Tennin: Januar 1973 8. Die Veränderungen in der sozialen Stellung der landwirtschaftlichen Kleineigentümer im Prozeß der fortschreitenden Proletarisierung der Bauernschaft in der BRD, Tennin: Dezember 9. Faktoren zur Bestimmung von politischen Verhaltensweisen der Klassen, Tennin: November 10. Die Beziehungen zwischen den wichtigsten Monopolzentren, den Parteien und der Regierung, die Haupttendenzen der Entwicklung des staatlichen Machtund Parteiensystems, Tennin: November:
Anhang 5:
Beratungsgrundlagen des IPW für die Sitzungen des Rates für Imperialismusforschung im Berichtzeitraum März bis Dezember 1972. (BAPAR, Bestand Wissenschaftlicher Rat 11/1971-1973, DC 204 Direktion 01). März: Auswertung des Zentralen Forschungsplanes der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften der DDR bis 1975 für die Imperialismusforschung. Gutachten zur Entwicklung in der BRD im Jahre 1972.. Juni: Die Anpassung des Imperialismus an das veränderte Kräfteverhältnis Qualität und Grenzen . . . . Stand und Erfahrung der intern. Zusammenarbeit in der Imperialismusforschung September: Infonnation über die Tätigkeit einer Arbeitsgruppe zur Erarbeitung von Vorschlägen für die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses ... November: Die Aggressivität des Imperialismus, Wurzel u.Erscheinungsfonnen in der Gegenwart .... Diskussion des Forschungsben'chtes ...
Anhang 6:
IPW, Zur Kenntnis: Zu den bisherigen Reaktionen der politischen Kräfte in der BRD und Westher/in auf den Abschluß der Botschafter-Gespräche der 4 Mächte in Westber/in, 27.8.71. (SAPMDB, Bestand IV A2/10.02. Nr. 29, S. 1-3). Die Massenmedien der BRD und Westher/ins berichteten am Wochenanfang sensationell aufgemacht über den Abschluß der Botschafter-Gespräche; sie gaben Einzelheiten aus dem nichtveröffentlichten Text wieder und ergingen sich in Spekulationen über die vorgesehenen Regelungen. . ..
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Die Regierung der BRD hat in der Kabinettssitzung vom 25. August den "Textentwurf eines Gesamtabkommens" gutgeheißen und ihre Bereitschaft erklärt, nach Unterzeichnung des Abkommens unverzüglich in Verhandlungen mit der Regierung der DDR einzutreten. Mitglieder der Regierung und der Führungsgremien von SPD und FDP nahmen übereinstimmend positiv Stellung. Sie werteten das zu erwartende Abkommen als Ergebnis der Einigkeit zwischen den drei westlichen Großmächten und der Bundesregierung sowie als Bestätigung ihrer "auf Frieden und Normalisierung" gerichteten Ostpolitik. ... Die der Regierung nahestehende Presse in der BRD wertete das Verhandlungsergebnis als Erfolg für die Westmächte und die Bundesregierung ("ungewohnte Erfolgsquote von 80 Prozent") und hebt die "Erleichterungen" für die Westberliner Bevölkerung hervor. Gleichzeitig werden Angriffe gegen die bisherige Haltung der Sowjetunion und der DDR geführt ("Chroniken der Behinderungen'~. Damit verbunden wird die Behauptung, die DDR habe sich den Interessen der Sowjetunion unterordnen müssen. Zu den bevorstehenden Verhandlungen mit der DDR wird erklärt, sie seien besonders schwierig. man müsse sich auf lange Fristen einrichten. Der Regierung der BRD wird empfohlen, Geduld zu wahren und bezüglich der Ratifizierung der Verträge mit Moskau und Warschau nichts zu überstürzen. Die Stellungnahmen der CDUICSU-Politiker sind weniger einheitlich und haben erst seit dem 22. August eine gewisse Wandlung erfahren. Die ersten Reaktionen der CSU-Politiker Strauß, Guttenberg, Stücklen und auch des CDUICSUFraktionsvorsitzenden Barze/ waren Ablehnung des Verhandlungsergebnisses und scharfe Angriffe auf die Haltung der Regierung der BRD. Demgegenüber nahmen die CDU-Politiker Sehröder und Leisler-Kiep eine abwartende Haltung ein und registrierten neben negativen auch positive Aspekte des Abkommens. Nach der Sitzung des CDU- Vorstandes am 24. August und des Vorstandes der CDUICSU-Bundestags(raktion am 25. August 1971 wurde eingeräumt, daß "dank der konsequenten Haltung der Westmächte und trotz der Nachgiebigkeit der Bundesregierung" das Papier einige Punkte enthält, "die gut sind. " Gleichzeitig wurde der Bundesregierung von der CDU/CSU angeboten, "auch in der nächsten Etappe für eine Berlin-Regelung vertraulich mitzuwirken". Die CDUI CSU rückt stark in den Vordergrund die Forderung, nunmehr "Erleichterungen für die Mitteldeutschen " durchzusetzen. Das sei die Voraussetzung zur Ratifizierung der Verträge von Moskau und Warschau. Nach wie vor sind jedoch Gegensätze innerhalb der Unionsparteien unübersehbar. Die großbürgerliche Presse. insbesondere die Springer-Presse untersucht die kurz- und längerfristigen Wirkungen des Abkommens und stellt dabei heraus, daß in der langfristig historisch-politischen Perspektive der Westen große Einbußen hinnehmen mußte. Die Haltung der Sowjetunion und der DDR habe sich in dieser Sicht durchgesetzt. Die "Teilung Deutschlands" sei perfektioniert, die
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Rolle Westher/ins als "Mahnmal der Einheit" sei beseitigt und damit seine Existenz ausgehöhlt, die Souveränität der DDR sei akzeptiert, die Position der Hauptstadt der DDR gestärkt, die Bundespräsenz in Westher/in jedoch gemindert und dafür die sowjetische Präsenz verstärkt. Die Reaktionen der Westberliner Politiker und Presse lassen erkennen, daß sie stärker den Interessen der Westberliner Bevölkerung Rechnung tragen müssen. So werden die Vorteile für Bevölkerung und Wirtschaft Westher/ins hervorgehoben. Selbst die Westberliner CDU-Po/itiker waren von Anfang an zurückhaltender (Lummer und Grad/), ohne jedoch die ablehnende Haltung der CDUICSU zur Ratifizierung der Verträge von Moskau und Warschau aufzugeben. Auch in der in Westher/in erscheinenden Springer-Presse ("BILD", "Berliner Morgenpost'~ ist gegenüber der "Welt" eine etwas gemäßigtere Haltung zu verzeichnen. Weiter ist festzustellen, daß in der BRD allgemein - auch in offiziellen Stellungnahmen der Regierung - von "Berlin- Verhandlungen" und "Berlin-Regelung" gesprochen wird.
Anhang 7:
IIB Babelsberg, IPW: Die europäischen Beziehungen in den 70er Jahren, Juli 1972. (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 27). 1. Zu Beginn der siebziger Jahre ist in Europa der Grundstein zu einer neuen historischen Phase der Beziehungen zwischen den sozialistischen und den kapitalistischen Staaten gelegt worden. Es eröffnen sich Möglichkeiten zur vollen und uneingeschränkten Durchsetzung der Politik der friedlichen Koexistenz zwischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung. ...
2. Die Veränderungen der europäischen Szenerie in Richtung anwachsender politischer Entspannung bedeuten das Ende der "Politik des kalten Krieges". Es bestätigt sich, daß eine derartige Politik mit den Interessen der Völker Europas und der Welt unvereinbar und nicht geeignet ist, konstruktiv an die Lösung der Zukunftsaufgaben der europäischen Völker und Staaten heranzugehen. 3. Die neue Etappe des fn.edlichen Zusammenlebens und der Zusammenarbeit der Völker und Staaten auf unserem Kontinent ist das Resultat des Wirkens verschiedener Faktoren. Unter diesen kommt der erfolgreichen Friedenspolitik der Sowjetunion und der anderen Länder der sozialistischen Staatengemeinschaft, der breiten Bewegung der Völker für europäische Sicherheit sowie dem realistischen Herangehen von Regierungen und Parlamenten kapitalistischer Staaten die Lösung der in Europa bestehenden Probleme besondere Bedeutung zu.
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Die militärtechnische Entwicklung hat darüber hinaus die Erkenntnis gefördert, daß die Lösung strittiger Probleme zwischen den Staaten mit militärischen Mitteln den Völkern nur die Perspektive ihrer Selbstvernichtung bietet. 4. Auf die Struktur der Beziehungen zwischen den Staaten Europas im Sinne der Festigung des Friedens und der Sicherheit in Europa haben vor allem folgende Prozesse Einfluß ausgeübt: a) Die Durchsetzung des Verbots der Weitergabe von Kernwaffen an nicht Kernwaffen besitzende Staaten durch Abschluß eines entsprechenden internationalen Vertrages. b) Die Anerkennung des territorialen Status quo und der Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa sowie der Verzicht auf Anwendung und Androhung von Gewalt durch die BRD in ihren Verträgen mit der UdSSR und der VR Polen. c) Der Abschluß des Vierseiligen Abkommens über Westberlin, in dem völkerrechtlich verbindlich festgelegt wurde, daß Westher/in nicht zur BRD gehört und nicht von ihr regiert werden darf. d) Die verschiedenen Schritte zur Normalisierung der Beziehungen zwischen der DDR und der BRD auf völkerrechtlicher Grundlage. 5. Es ist nicht zu übersehen, daß der Entspannungsprozeß in Europa der weiteren Stabilisierung bedarf. Unzweifelhaft muß man zu den Elementen dieses Stabilisierungsprozesses solche Faktoren rechnen wie die Norma/isierung der Beziehungen zwischen allen europäischen Staaten, die dies noch nicht getan haben, insbesondere die Herstellung diplomatischer Beziehungen seitens der kapitalistischen Staaten Europas zur DDR und die Beseitigung jeglicher Diskriminierung der DDR in den internationalen Beziehungen; die Gewährleistung der gleichberechtigten Mitarbeit der DDR in internationalen Organisationen und internationalen Konferenzen; die Anerkennung der ex-tunc-Ungültigkeit des Münchener Abkommens durch die BRD sowie der entschiedene Widerstand gegen alle Versuche ebenso notwendig ist, bereits bestehende Koexistenzvereinbarungen zu unterminieren oder zu umgehen. Der Einfluß reaktionärer und revanchistischer Kräfte, die den Entspannungsprozeß aufzuhalten beabsichtigen, muß im Interesse dieses Stabilisierungsprozesses weiter zurückgedrängt werden. Im Interesse der Förderung dieser Entwicklung läge es, wenn die Regierung der BRD den Vorschlag der Regierung der DDR aufgreifen würde, eine Vereinbarung zu treffen, in der sich beide Seiten vetpjlichten, eine solche Sicherheitsund Abrüstungspolitik zu betreiben, durch die die friedlichen Beziehungen zwischen den europäischen Staaten gefördert und ein konstruktiver Beitrag zur Schaffung eines Systems der europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit geleistet wird.
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Anhang 8:
/PW, Situationsanalyse: Ausgangspositionen für die multilaterale Vorbereitung der europäischen Sicherheitskonferenz, September 1972. (BAPAR, Bestand Kollegium 1971-1973, DC 204 Direktion 26). Interessenslage der wichtigsten NATO-Länder und einiger neutraler und nichtpaktgebundener Staaten Europas: I. Die USA sahen sich gezwungen, ihre über lange Zeit betn"ebene Obstruktionspolitik gegenüber dem Zustandekommen einer europäischen Sicherheitskonferenz aufzugeben. Die Ursachen für diese modifizierte Haltung der USA ergeben sich aus der Veränderung des internationalen Kräfteverhältnisses sowie aus der Vertiefung der Widersprüche zwischen den USA und der westeuropäischen Machtkonzentration des Imperialismus. Durch ihre Teilnahme an einer europäischen Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit wollen die USA ihre Position in Europa sowohl innerhalb der NATO als auch gegenüber der sozialistischen Staatengemeinschaft absichern. Insbesondere sahen sich die USA veranlaßt, den wachsenden Einfluß der sozialistischen Europapolitik auf eine Reihe ihrer westeuropäischen Verbündeten in Rechnung zu stellen. Info/ge der veränderten Haltung der USA zur europäischen Sicherheitskonferenz sowie unter dem Druck der in Europa wachsenden Tendenz zur friedlichen Koexistenz sahen sich auch die herrschenden Kreise Großbritanniens veranlaßt, ihre reservierte Haltung in dieser Frage aufzugeben. 2. Deutlich ist im NATO-Bereich die Linie zu erkennen, die Politik gegenüber den sozialistischen Staaten auch weiterhin von der "Position der Stärke" aus zu betreiben. Die seit 1968 gängige NATO-Formel von der "bewaffneten Entspannung" wird offenbar auch für die nächsten Jahre ihre Gültigkeit behalten. Besonders nachdrücklich wird dieser Standpunkt von den USA, Großbritannien und der BRD vertreten. Auch Frankreich, das sich zwar aus der militärischen Integration der NATO zurückgezogen hat, bezieht diese Haltung. Es stützt sich hier in erster Linie auf sein eigenes militärisches Potential. (Hieraus resultiert u.a. auch das Desinteresse Frankreichs an einer Truppen- und Rüstungsreduzierung.) Wenn auch die "Entspannungskomponente" bei Zustandekommen gesamteuropäischer Vereinbarungen über Sicherheit und Zusammenarbeit wachsende Bedeutung erlangen wird, so dürfte sie sicher auf absehbare Zeit von einer kontinuierlich aufrechterhaltenen militärischen Aggressionsbereitschaft begleitet sein. 3. Die USA, die BRD, Großbritannien und Italien betrachten die Aufrechterhaltung der NATO aus Gründen der Systemauseinandersetzung bzw. auf Grund ihrer jeweiligen spezifischen Interessenslage als unabdingbar. Sie lehnen die Perspektive der Herausbildung eines kollektiven Sicherheitssystems im Gegensatz zur Haltung Frankreichs in dieser Frage grundsätzlich ab. Die Haltung 14*
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Dänemarks und Norwegens erscheint auf längere Sicht in gewisser Hinsicht offen. Gegenwärtig tendieren die herrschenden Kreise beider Länder zu einer Aufrechterhaltung ihrer NATO-Bindungen. 4. Es besteht zwischen den NATO-Staaten ein relativ hoher Grad an Übereinstimmung hinsichtlich der Themenkomplexe, die nach ihren Vorstellungen auf einer Sicherheitskonferenz behandelt werden sollten: Sicherheitsfragen und Grundsätze für zwischenstaatliche Beziehungen Freizügigkeit für Menschen, Informationen, Ideen u. kulturelle Beziehungen Zusammenarbeit in der Wirtschaft, der angewandten Wissenschaft und Technologie sowie der reinen Wissenschaft Zusammenarbeit zur Verbesserung des Umweltschutzes (. .. ) Die Interpretation dieser vier Themenkomplexe, vor allem des zweiten, der von den USA, England und der BRD besonders betont wird, läßt einen Teil der langfristigen, gemeinsamen imperialistischen Strategie gegenüber den sozialistischen Staaten erkennen. Diese Strategie besteht in dem Versuch, im Prozeß der Durchsetzung der europäischen Sicherheit "die Grenzen durchlässiger (zu) machen" (Scheel), "Differenzen unter den sozialistischen Staaten auszunutzen" und "alles zu vermeiden, was die Integration innerhalb des RWG festigen könnte (Memorandum der britischen Regierung). Nahezu alle NATO-Staaten sind bestrebt, gesamteuropäischen Vereinbarungen über die Gestaltung der Beziehungen zwischen den Staaten einen gegen die Prinzipien des sozialistischen Internationalismus gerichteten Inhalt zu geben. 5. In dem Bestreben der führenden NATO-Staaten, besonders der USA und der BRD, einen einheitlichen politischen Kurs des gesamten Blocks zu sichern, wird in den NATO-Gremien immer wieder versucht, das politische Instrumentarium ständig weiter zu peifektionieren, die NATO immer stärker zum Koordinationszentrum der Ost- West-Beziehungen, insbesondere für die sich aus der europäischen Sicherheitsproblematik ergebenden Fragen auszubauen (vgl. u.a.: Die NATO-Ratstagungen im Mai 1970 in Rom, im Dezember 1970 in Brüssel, im Juni 1971 in Lissabon, im Dezember 1971 in Brüssel und im Mai 1972 in Bonn). Wie jedoch insbesondere die letzte NATO-Ratstagung in Bonn gezeigt hat, wird es immer schwieriger, eine einheitliche NATO-Konzeption im Hinblick auf ein gesamteuropäisches System der Sicherheit und Zusammenarbeit auszuarbeiten. Eine Expertengruppe des NATO-Generalsekretariats ist seit Dezember 1971 damit befaßt, eine Studie für das gemeinsame Auftreten aller NATO-Staaten (ohne daß jedoch die NATO als Block in Erscheinung treten soll) auszuarbeiten. Diese Studie versucht alle von den einzelnen NATO-Staaten unterbreiteten Vorstellungen über ein gesamteuropäisches System der Sicherheit und Zusammen-
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arbeit zu analysieren und "auseinanderstrebende nationale Positionen multinational zu koordinieren". Überhaupt ist die Rolle der NATO bei einemfortschreitenden Entspannungsprozeß in Europa in NATO-Kreisen selbst nicht geklärt. So hat die Internationale Planungsgruppe der NATO im April 1972 beschlossen, die Aufgaben der NATO für die nächsten zehn Jahre zu untersuchen und erforderlichenfalls eine neue Zielsetzung zu definieren. Auftragnehmer für diese Untersuchung sind das Brooking Institute (Washington) und das Institut for Strategie Studies (London). 6. Es zeigen sich auch Differenzen zwischen dem NATO- und dem EWGBereich. Obwohl alle potentiellen Mitglieder der erweiterten EWG - außer Irland- der NATO angehören, gibt es Schwierigkeiten bei der Koordinierung der Vorbereitungsarbeiten zur Sicherheitskonferenz zwischen der EWG und der für dieses Vorhabenfederführenden NATO, in der die USA ihren Standpunkt durchzusetzen versuchen. So gibt es z.B. Meinungsverschiedenheiten in der Frage der Gestaltung der künftigen Wirtschaftsbeziehungen zu den europäischen sozialistischen Staaten. Wie der französische Außenminister Schuman erklärte, stehe ein unter Ägide der USA ausgearbeitetes NATO-Papier im Gegensatz zur EWGAuf!assung. Die EWG verfolgt in der Frage künftiger Wirtschaftsbeziehungen mit den sozialistischen Staaten offensichtlich einen vorsichtigeren Kurs als die USA (z.B. werden im Unterschied zu den USA im EWG-Raum Computer noch immer zu den strategischen Gütern gezählt}. Insbesondere Frankreich und auch die BRD bekundeten ihre Absicht, die übrigen EWG-Staaten zu drängen, ohne Rücksicht auf die anderen NATO-Partner (vor allem die USA) gemeinsame Richtlinien für eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den sozialistischen Staaten auszuarbeiten. Hierbei dürfte allerdings die ERD-Regierung ungleich stärker als die französische über die Aussicht besorgt sein, daß ein koordinierter Standpunkt der EWG jenem der USA zuwiderlaufen könnte. 7. Die Mehrzahl der EWG-Staaten, insbesondere die BRD, Großbritannien und Italien räumen dem Ausbau und der Vertiefung der westeuropäischen Integration eine eindeutige Vorrangstellung gegenüber der Entwicklung gesamteuropäischer Zusammenarbeit auf handelspolitischem Gebiet ein. Diese Haltung ist mit der Tendenz verknüpft, gegenüber den anderen Staaten Europas als exklusiver wirtschaftspolitischer Block aufzutreten. 8. Innerhalb der NATO bestehen hinsichtlich der Frage der Truppen- und Rüstungsreduzierung erhebliche Meinungsverschiedenheiten. Während die BRD, die USA sowie die kleineren NATO-Staaten dieser Frage aus teilweise unterschiedlichen Motiven größere Bedeutung zumessen, verhält sich Großbritannien reserviert. Frankreich lehnt eine Truppen und Rüstungsverminderung nach wie vorab.
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Das veränderte internationale Kräfteverhältnis sowie der wachsende Druck der an der Sicherung des Friedens interessierten Volksmassen hat die herrschenden Kräfte der BRD dazu gezwungen, ihre frühere ablehnende Haltung gegenüber den von der sozialistischen Staatengemeinschaft ausgehenden Initiativen zur Gewährleistung der europäischen Sicherheit und zur Entwicklung einer gleichberechtigten Zusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung beträchtlich zu modifizieren. Die gegenwärtige Regierung der BRD hat mehrfach ihr Interesse an einer gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz hervorgehoben und sich im Kommunique von Oreanda bereierklärt, mit ihren Verbündeten sowie den anderen europäischen Staaten Konsultationen (zu) führen, um die Abhaltung einer Konferenz zu beschleunigen. Die Interessenslage der BRD wird dabei vor allem von folgenden Gesichtpunkten beeinjlußt: 1. Der Imperialismus der BRD ist bestrebt, sich den neuen Bedingungen anzupassen, unter denen sich die internationale Klassenauseinandersetzung in den kommenden Jahren vollziehen wird. Während ihn die wachsende Stärke des Sozialismus und die Verschärfung der Widersprüche zwischen den imperialistischen Staaten und Machtzentren dazu zwingen, im bestimmten Maße auf Lösungen im Sinne der friedlichen Koexistenz einzugehen, versucht er gleichzeitig, seine antisozialistischen Zielsetzungen, insbesondere gegenüber der DDR, weiter zu verfolgen. Es besteht also ein Wechselverhältnis zwischen objektiven Sachzwängen und subjektiven Zielvorstellungen. 2. Obwohl die herrschenden Kräfte der BRD einerseits nicht mehr umhin können, Vereinbarungen einzugehen, die objektiv der Sicherheit in Europa dienen. unterliegt ihr Interesse an Regelungen im Sinne der europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit stärkeren Begrenzungen alsr Interesse einiger anderer NATOStaaten wie Frankreich, Dänemark und Norwegen. Diese Begrenzungen werden bei allen entscheidenden Fragen der europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit sichtbar, besonders bei der Analyse der längerfristigen Vorstellungen der imperialistischen Kräfte der BRD bezüglich dieser Problematik. Sie lassen sich etwa in folgenden Komplexen zusammenfassen: Die BRD befürwortet die Aufrechterhaltung der NATO und lehnt die Schaffung eines die Militärkoalitionen ablösenden kollektiven Sicherheitssystems in Europa als "außerhalb jeder Betrachtung" liegend ab. Der Leiter des Planungsstabes des Bundeswehrministeriums, Dr. Hans-Georg Wieck, schreib in diesem Zusammenhang: "Für die Sicherheit und Stabilität hat . . . nicht allein die rechtliche Festlegung von Friedenspflichten, sondern vor allem das Zusammenwirken von Staaten mit gleichen Sicherheitsinteressen in einer integrierten Verteidigungsorganisation Bedeutung... Grundlage der west-
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liehen Sicherheitspolitik ist der Grundsatz, gegenüber dem Militärpotential der Sowjetunion und des Warschauer Paktes ein angemessenes, ein ausreichendes militärisches Gleichgewicht zu unterhalten... " (Außenpolitik 7/72, S. 338, 390). - Die BRD betrachtet das von ihr stark unterstützte und mitinitiierte Projekt einer beiderseitigen ausgewogenen Truppen- und Rüstungsreduzierung (MBFR) als eine Art Alternative zur Herausbildung eines kollektiven Sicherheitssystems. Sie ist bestrebt, damit die von den sozialistischen Staaten in den Mittelpunkt gestellten Grundprinzipien der europäischen Sicherheit abzuwerten. Der Bonner Staatssekretär Paul Frank bezeichnet als langfristiges Ziel von MBFR die Erreichung eines "auf Vereinbarungen beruhende(n) ausgewogene(n) Streitkräfteniveau(s) in Europa auf niedrigerer Ebene." (Europa-Archiv, 5/72, S. 158). Das Interesse der BRD am MBFR-Projekt erklärt sich aus mehreren Gründen. In der Hauptsache soll es dazu dienen, die auf ein kollektives Sicherheitssystem gerichtete Konzeption der sozialistischen Staatengemeinschaft zu hemmen und den Fortbestand der NATO zu garantieren. Angesichts der französischen Haltung und der sichtbar werdenden Bündnismüdigkeit einiger kleinerer NATOStaaten erscheint dies um so dringender. Gleichzeitig betrachten die herrschenden Kräfte der BRD die Einleitung von MBFR- Verhandlungen als eine Möglichkeit, der von bestimmten Kräften des USA-Imperialismus ausgehenden Tendenz zu einer einseitigen Verringerung der US- Truppen in Europa entgegenzuwirken. Daneben spielen ökonomische Erwägungen im Sinne einer Freisetzung von Mitteln für die Lösung dringender Reformvorhaben zur Stabilisierung des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems und für den Umweltschutz eine Rolle. Schließlich verbinden sich mit dem MBFR-Projekt auch spekulative Erwartungen hinsichtlich der Erlangung einseitiger militärischer Vorteile (Asymmetn·sche Modelle) sowie einer Schwächung des sozialistischen Verteidigungsbündnisses durch Verringerung der auf dem Territorium befreundeter Staaten stationierten sowjetischen Streitkräfte. - Im Interesse der langfristigen Verfolgung seiner antisozialistischen Ziele ist der Imperialismus der BRD nicht bereit, alle für die Gewährleistung der Sicherheit in Europa notwendigen bilateralen und multilateralen Verpflichtungen vorbehaltlos zu akzeptieren. Er bestreitet den Endgültigkeitscharakter der in den Verträgen der BRD mit der UdSSR und der VR Polen getroffenen Vereinbarungen über die Anerkennung der bestehenden Grenzen in Europa. Er ist bestrebt, diesen Vorbehalt auch auf eine gesamteuropäische Vereinbarung über die Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen zu übertragen. Am deutlichsten kommen die von der BRD erhobenen Vorbehalte gegenüber einer vollständigen Durchsetzung der Prinzipien der friedlichen Koexistenz in ihrem Verhalten gegenüber der DDR zum Ausdruck. Der Wesenskern der Kon-
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zeption vom "Sondercharakter" der Beziehungen zwischen der DDR und der BRD besteht in dem Versuch, die "deutsche Frage offen zu halten" und eine völkerrechtlich verbindliche Verpflichtung zur Wahrung des Prinzips der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten gegenüber der DDR - ausgenommen mit militärischen Mitteln - zu vermeiden. Da sich die BRD der generellen Anerkennung dieses Prinzips im Kontext einer gesamteuropäischen Vereinbarung über die Grundlagen der zwischenstaatlichen Beziehungen nicht entziehen kann, erstrebt sie eine vorherige Ausnahmeregelung im Rahmen eines bilateralen Vertrages über die Gestaltung der gegenseitigen Beziehungen zwischen DDR und BRD. - Die grundsätzliche Haltung der BRD zur Frage einer gesamteuropäischen Zusammenarbeit auf ökonomischem und wissenschaftlich-technischem Gebiet wird durch die Einschränkung gekennzeichnet, daß eine solche Zusammenarbeit nur insoweit akzeptabel sei, wie sie den Ausbau, die Erweiterung und Vertiefung der EWG nicht beeinträchtige und im Koordinationsrahmen der EWG er(olge. Die BRD wendet sich gegen die bilaterale Entwicklung von Handelsbeziehungen zwischen den Mitgliedsstaaten der EWG und den Ländern der sozialistischen Gemeinschaft. Sie unterstützt nachdrücklich die ab 1973 vorgesehene Regelung, nach der der Abschluß entsprechender Abkommen nur mit der Genehmigung der EWG-Behörden möglich sein soll. Die herrschenden Kreise in der BRD versuchen damit offensichtlich, die "Osthandelspolitik" ihrer EWG-Partner zu kontrollieren und entsprechend den eigenen Interessen zu beeinflussen. Gleichzeitig soll der innere Zusammenhalt der EWG, als einer gegen den Sozialismus gerichteten imperialistischen Machtkonzentration in Westeuropa, gefestigt werden. Die herrschenden Kräfte der BRD sind im Rahmen der skizzierten Grenzen jedoch an einer Intensivierung und Ausdehnung der ökonomischen, wissenschaftlich-technischen und vor allem der kulturellen Zusammenarbeit mit den sozialistischen Staaten Europas interessiert. Die mit der sich verändernden Kräftekonstellation innerhalb des imperialistischen Gesamtsystems verbundene Verschärfung des Marktproblems sowie die vielfältigen Krisenerscheinungen in der imperialistischen Welt lassen den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zu den sozialistischen Staaten für bestimmte Monopole der BRD an Bedeutung gewinnen. Die Erfordernisse des Umweltschutzes drängen ebenfalls objektiv auf Schritte zur Kooperation. Die Zusammenarbeit zwischen kapitalistischen und sozialistischen Staaten ist unvermeidlich mit einer Verstärkung der Kontakte auch auf anderen Gebieten verbunden. Die imperialistischen Kräfte der BRD gehen davon aus, daß sich damit das Feld für eine ständige und vielgestaltige Einwirkung in Richtung auf eine allmähliche ideologisch-politische Erosion der sozialistischen Gemeinschaft verbreitert. Sie hoffen überdies, ihr ökonomisches und wissenschaftlich-tech,
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nisches Potential stärker in die Waagschale der Systemauseinandersetzung werfen zu können. Staatssekretär Frank unterstreicht das besonders hohe diesbezügliche Interesse der BRD mit dem Hinweis, "daß Impulse der Zusammenarbeit etwa auf dem Gebiet der wirtschaft/ich-wissenschaftlich-technischen Kooperation oder des erweiterten menschlichen Austausches in ihrer tiefgreifenden langfristigen Bedeutung erkannt werden sollten" (Europa-Archiv, 5/72, S. 156). Eine differenzierte Beurteilung der spezifischen Interessenslage der BRD in den Grundfragen der europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit durch SPD/ FDP-Koalition einerseits und CDU!CSU-Opposition andererseits läßt sich gegenwärtig keine detaillierte Aussage machen, da sich die Positionen kaum unterscheiden. Die Haltung der CDU wird durch einen kürzlich veröffentlichten Grundsatzartikel des stellvertretenden Parteivorsitzenden W. Stoltenberg deutlich, der darin die Auffassung vertritt, daß eine europäische Sicherheitskonferenz bzw. eine gesamteuropäische Zusammenarbeit "nicht mehr verweigert" werden könne. Er fürchtet eine Interessensverknüpfung zwischen sozialistischen Staaten und neutralen bzw. nichtpaktgebundenen Ländern Europas. Diese Staaten würden "in einer gesamteuropäischen Institution jene ständige und gesicherte Mitsprache" erstreben, die ihnen die EWG "nach ihrer Struktur nicht bieten kann ". Deshalb und infolge der "Unfertigkeit der politischen Organisation" der EWG sowie der noch nicht überwundenen "Zielkonflikte" ihrer Mitglieder müsse der Lösung der dringlichsten Aufgaben "westeuropäischer Einigungspolitik" ein politischer und zeitlicher Vorrang gegenüber der gesamteuropäischen Zusammenarbeit eingeräumt werden. Stoltenberg tritt für eine wirkungsvollere militätpolitische Zusammenarbeit in Westeuropa ein, ohne die Bindungen zu den USA zu lockern. Die Darlegungen Stoltenbergs deuten darauf hin, daß auch eine von der CDU/ CSU geführte ERD-Regierung dazu gezwungen sein würde, sich den veränderten Existenzbedingungen des Imperialismus anzupassen. Gleichzeitig wird sichtbar, daß sich das Tempo dieses Anpassungsprozesses und der Grad der Kompromißbereitschaft in den zur Lösung anstehenden Problemen der europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit möglicherweise gegenüber denen der gegenwärtigen ERD-Regierung negativ unterscheiden wird.
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Anhang 9:
1/B: Bericht über die Durchführung einer Beratung der Ständigen Kommission der Forschungseinrichtungen der sozialistischen Länder über Probleme der europäischen Sicherheit(. .. ) am 3.10.1972 und der 5. Tagung der Direktoren und Vertreter der Institute für Internationale Beziehungen aus sozialistischen und kapitalistischen Ländern Europas vom 4.-5. Oktober 1972 in Varna, VR Bulgarien. (BAPAR, Bestand Kollegium 71-73, DC 204 Direktion 27, S. 2-12) - westliche Teilnehmer unterstrichen in ihren Stellungnahmen, daß die langfristig wirkenden Faktoren der Weltentwicklung zu einer zunehmenden Komplizierung der internationalen Beziehungen im kapitalistischen System führen werden, während das sozialistische System trotz seiner zeitweiligen Schwierigkeiten langfristig die größeren Entwicklungspotenzen mobilisieren kann; sie unterstrichen den wachsenden Einfluß der Länder der sozialistischen Gemeinschaft in der Weltpolitik; ... - insbesondere in den Arbeitspapieren der französischen Teilnehmer trat eine anti-amerikanische Position - mit Abschwächung auch eine undifferenzierte "anti-deutsche" Position- zutage;· - In besonders starkem Maße wurde in den Papieren und in der Diskussion unterstrichen, daß die regionale Entwicklung in Europa nicht unabhängig von der globalen Entwicklung beurteilt werden darf. Die sowjetischen Vertreter wandten sich gegen eine eurozentristische Behandlung der Probleme der europäischen Entwicklung und betonten insbesondere, daß die europäische Sicherheit und das zu entwickelnde System so projektiert werden müssen, daß es zu keiner Einmischung in die inneren Angelegenheiten der beteiligten Staaten führen darf, daß die Sicherheits/äsungen, die gefunden werden müssen, so gestaltet sein müssen, daß Gefahrenmomente, die sich aus inneren Entwicklungen (z.B. Festigung von Positionen reaktionärer Kräfte in kapitalistischen Ländern) ergeben könnten, neutralisiert werden. Diese Feststellung wurde vom Vertreter der BRD mißbräuchlich unterstützt, in dem er einen indirekten Bezug auf die sogenannte "Breshnew-Doktrin" herstellte. Gegenüber der DDR traten die Vertreter der BRD nicht provokatorisch auf. Probleme der Beziehungen DDR-BRD wurden nicht diskutiert. ... - Eine bestimmte Polemik wurde auf der Konferenz gegen Auffassungen geführt, die behaupteten, daß Vereinbarungen und Abkommen lediglich eine Iegalistische Behandlung der anstehenden Probleme bedeuteten, nicht aber einen tatsächlichen Wandel in der Situation. Von mehreren Sprechern aus den sozialistischen Ländern wurde hervorgehoben, daß die mit der BRD abgeschlossenen Verträge die tatsächliche Lage bereits wesentlich beeinjlußt haben und daß ein Standpunkt nicht unterstützt werden könnte, der darauf hinausläuft, Verträge nur als ein Stück Papier zu behandeln. Wenn heute im Entspannungsprozeß gewisse
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Möglichkeiten noch nicht zur Realität geworden seien, so fordert diese Situation dazu auf, besondere Anstrengungen zu unternehmen, um diese Möglichkeiten in der internationalen Politik im Interesse der europäischen Sicherheit auszuschöpfen. In diesem Zusammenhang wurde unterstn'chen, daß eine evtl. Regierung der CDUICSU in Bonn sich keinesfalls den Wirkungen der abgeschlossenen Verträge entziehen könne. Der Entspannungsprozeß in Europa beruhe auf langfn'stig wirkenden Faktoren und sei auch nicht durch die Politik einer Regierung Barzel aufzuheben. Natürlich könne er erschwert werden. Bei der Diskussion über Probleme der Zusammenarbeit der Institute auf dem Gebiet der Information und Dokumentation vermutete der Bericht bezüglich der westlichen Institute offensichtlich eine Strategie, die darauf abzielte, durch Annahme von Empfehlungen solche Bedingungen zu schaffen, das "Centre d'etude des relations internationales", Pan's, zu einer Art Clean'ngshouse auf dem Gebiet der Dokumentation für den Bereich der Außenpolitik und der internationalen Beziehungen für die Institute aller europäischer Länder zu machen. Nach der Konferenz wurde unsererseits ermittelt, daß tatsächlich zwischen den westlichen Teilnehmern eine Abstimmung darüber bestand, auf dem Gebiet der Dokumentation und Information dem oben erwähnten Centre die Pn'on'tät in den Handlungen zu ermöglichen.
Angesichts dieser Situation muß es als ein Erfolg betrachtet werden, wenn es durch die Verhaltensweise der Delegationen aus den sozialistischen Ländern gelang, die Lage völlig offenzuhalten und Entscheidungen mit noch nicht zu überblickenden Fernwirkungen zu vermeiden. Einige westliche Repräsentanten haben den bulgan'schen Gastgebern gegenüber zum Ausdruck gebracht, daß sie über die Haltung der Vertreter der Institute aus sozialistischen Ländern in dieser Frage sehr enttäuscht sind, und sie würden annehmen, daß für diese Haltung politische und ideologische Gründe ausschlaggebend seien. ... Die von der Expertengruppe weiterhin ausgesprochene Empfehlung, Tätigkeitsben'chte der Institute anzufertigen und zu versenden, wurde von uns nicht unterstützt, die Empfehlung wurde verändert in einer solchen Weise, daß jedes Institut selbst entscheidet, ob und in welcher Form es andere Institute informiert. Als eine Schlußbemerkung hielt der Bericht fest, daß diese Konferenzen ... vor allem deshalb nützlich (sind), weil sie Einblick in das konzeptionelle Denken der Institute der westlichen Länder vermitteln.
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Anhang 10:
Publikationsplan 1975 fiir IPW-Forschungshefte und IPW-Ben"chte. (BAPAR, Bestand Kollegium 1973-1975, DC 204 Direktion 44). Die Anstrengungen zu dieser Verbesserung konzentn"eren sich auf folgende Schwerpunkte: 1. Beiträge zu grundsätzlichen Fragen, zu Kernfragen der ideologischen Auseinandersetzung müssen ein größeres Gewicht erhalten. Es sind dies solche Fragen wie die des Eigentums, der Demokratie, der Freiheit, der politischen Macht in den beiden entgegengesetzten Gesellschaftsordnungen; ferner die angebliche Konvergenz der Systeme, die Auseinandersetzung mit apologetischen Thesen und Theon"en, welche einen angeblichen Wandel oder eine Reformierung des Kapitalismus nachweisen wollen usw. zu diesen Themen sind von der Redaktion vor allem leitende Wissenschaftler des IPW und anderer Institutionen zu gewinnen. Grundsätzliche Beiträge zu Problemen der allgemeinen Kn"se des Kapitalismus und ihren neuen Erscheinungen sind gleichfalls im Rahmen dieser Aufgabe zu suchen. Hierzu gehören Arbeiten zur Problematik der Veränderung des Kräfteverhältnisses, der Anpassung des lmpen"alismus, der Ungleichmäßigkeit der Entwicklung kapitalistischer Länder und der Herausbildung und Rivalität der drei Kräftezentren, der sog. Gesellschaftskn"se im Kapitalismus, Kn"se der bürgerlichen Ideologie, der "Qualität des Lebens" usw. Schließlich ist es notwendig, bestimmte allgemeine, klassische Wesensmerkmales des Kapitalismus/Impen"alismus in ihrer Modifizierung unter den heutigen Bedingungen darzustellen, z.B. die Aggressivität des Impen"alismus, der parasitäre Charakter des Impen"alismus, Unterdrückungsfunktion des Staates, Ausbeutung unter heutigen Bedingungen, soziale Unsicherheit u. a. In den IPW-Ben"chten wird künftig gleichfalls zur Unterstützung der massenpolitischen Arbeit mehr Maten"al (in den Rubn"ken Umschau, Dokumentaion, Statistik) über den "gewöhnlichen" Kapitalismus, insbesondere die Lage der Arbeiterklasse veröf fentlicht werden. 2. Die Proportion zwischen ökonomischen und politischen Themen muß zugunsten der letzteren verändert werden. Eine Verbesserung wird in dieser Hinsicht bis zu einem gewissen Grade schon bei der Erfüllung des Plans der aus dem IPW kommenden Arbeiten ... geschaffen werden. Desgleichen gilt es, weiterhin in Arbeiten mit ökonomischer Thematik die enge Wechselwirkung zu den politischen Prozessen mit zu erfassen. Darüber hinaus wird die Redaktion in stärkerem Maße fremde Autoren gewinnen. Insbesondere mit der Akademie fiir Gesellschaftswissenschaften bemüht sich die Redaktion, eine kontinuierliche Zusammenarbeit zu vereinbaren.
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3. In stärkerem Maße werden die IPW-Berichte Ergebnisse der sowjetischen Wissenschaft und der anderen sozialistischen Länder, und zwar sowohl in Orginalbeiträgen, Nachdrucken und Rezensionen veröffentlichen. 4. Einen größeren Raum in den Veröffentlichungen müssen Fragen des revolutionären Weltprozesses erhalten. Zunächst wird begonnen, eine stärkere aktuelle und auch zusammenfassende Information über den Kampf der Arbeiterklasse in den imperialistischen Ländern zu geben. Ziel ist, auf diesem Ge_biet auch zu regelmäßigen verallgemeinemden Analysen zu gelangen. 5. Ein Schwerpunkt zur Verbesserung der Publikationsaufgaben wird sein, entsprechend der Position, in die die DDR im internationalen Leben hineingewachsen ist, die IPW-Berichte und -Forschungshefte zu Publikationen zu entwickeln, deren Thematik stärker über den Rahmen der Auseinandersetzung mit dem BRDlmperialismus hinausgeht. Insbesondere im Dokumentations- und Rezensionsteil der IPW-Berichte muß dies schon 1973 gelingen. 6. Von der Redaktion werden Diskussionen zu wichtigen Problemen des Imperialismus veranstaltet und die Ergebnisse veröffentlicht. 11. Thematisch müssen . . . 1973 folgende Fragen in den Publikationen vorrangig behandelt werden: 1. Europäische Sicherheit und Zusammenarbeit, Abrüstung 2. Außenpolit. Strategie des Imperialismus unter dem Zwang zur Anpassung 3. Veränderung des Kräfteverhältnisses unter den imperialistischen Ländern 4. Ideologischer Kampf der Systeme 5. Auseinandersetzung mit dem Sozialdemokratismus, Reformismus, Lage und Kampf der Arbeiterklasse im Kapitalismus 6. Akute Krisenerscheinungen des Kapitalismus, z.B. Inflation, Währungskrise, Krise des imperialistischen Herrschaftssystems 7. Krise der imperialistischen Gesellschaftspolitik
Quellen- und Literaturverzeichnis Unveröffentlichte Quellen und Dokumente 1. Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR imBundesarchiv, Berlin, Torstraße: Bestand J IV 2/2, Nr: 1343, 1344, 1363, 1374, 1393, 1399, 1402, 1412, 1454, 1477, 1505 Bestand J IV B2/9.04, Nr: 84, 96, 109 Bestand J IV B2/2.028, Nr: 001, 004, 006, 007, 055 Bestand J IV 2/3, Nr: 1764, 1780, 1801, 1951, 1967, 2003, 2010, 2033, 2125, 2161, 2242, 2248 Bestand J IV A2/10.02, Nr: 1, 2, 5, 21, 22, 29, 138
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