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German Pages 1243 [1238] Year 2004
Die wissenschaftliche Edition der Tagebücher, Briefe und Aufzeichnungen von Vizeadmiral Albert Hopman (1865 bis 1942), einem der ranghöchsten Admírale der Kaiserlichen Marine, erlaubt einen tiefen Einblick in den Alltag eines Marineoffiziers in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Darüber hinaus ermöglicht sie es, wichtige außen- und marinepolitische Entscheidungen in den Jahren vor 1914 und während des Ersten Weltkrieges nachzuzeichnen. Hopmans Aufzeichnungen, vor allem seine Schilderungen führender Persönlichkeiten wie Wilhelm IL, Tirpitz und Bethmann Hollweg, bestätigen einmal mehr in höchst anschaulicher Form die These vom „polykratischen Chaos" an der Spitze des Deutschen Reiches.
Der Herausgeber: Privatdozent Dr. Michael Epkenhans, Geschäftsführer der Otto-von-BismarckStiftung, Friedrichsruh
Umschlagabbildungen: Vordere Umschlagsei te: Vizeadmiral Albert Hopman, 1918, im Hinteigrund Ausschnitt aus einem Brief Hopmans an seinen Sohn Immo vom 24. September 1914 (Familienarchiv Fischer-Hopman, Bad Harzburg) Hintere Umschlagseite: Foto aufgenommen an Bord von SMS „Deutschland" am 5. August 1907, v.l.n.r.: Admiral Graf Baudissin, Zar Nikolaus II., Korvettenkapitän Hopman, Kapitän z. S. Trummler, Kaiser Wilhelm U.,
Admirai Büchsel und Admiral Nilov (Famiüenarchiv Fischer-Hopman, Bad Harz-
burg)
Buchrücken: Konteradmiral Albert Hopman, 1915 (Marineschule Mürwik)
Oldenbourg
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Brief Hopmans
an
seine Frau
Irmgard vom 4. Februar 1917
(auszugsweise abgedruckt auf Seite 955)
I. 1.
Einleitung
Vorbemerkungen
Vizeadmiral Albert Hopman gehört nicht zu jenen kaiserlichen Marineoffizieren, die wie Großadmiral Alfred v. Tirpitz, der eigentliche »Vater der Flotte«, oder Admiral Reinhard Scheer, der »Sieger vom Skagerrak«, über den engeren Kreis von Historikern der wilhelminischen Ara und an Marinegeschichte interessierten Laien auch heute noch einer größeren Öffentlichkeit bekannt sind. Im Gegensatz zu diesen war Hopman trotz seines schließlich erreichten Ranges weder einer der maßgeblichen Akteure im Bereich der Marinepolitik noch einer der wenigen, um so mehr aber gefeierten »Seehelden« des Ersten Weltkrieges. Dennoch ist es außerordentlich lohnend, sich mit diesem Offizier aus der »zweiten Reihe« der kaiserlichen Marine, der seit seiner Ernennung zum Vizeadmiral im Jahre 1917 einen der höchsten erreichbaren Ränge bekleidete, intensiver zu beschäftigen. Dafür spricht zunächst die in der Geschichtswissenschaft inzwischen ohne Einschränkungen anerkannte Notwendigkeit, neben den sozialökonomischen Entwicklungen, politischen Ereignissen und gesellschaftlichen Strukturen das personale Moment angemessen zu berücksichtigen. Nach der Überwindung der allgemeinen Krise der Biographik in den 1960er und 1970er Jahren bedarf es dazu keiner weiteren Begründung mehr. Seit den großen Bismarck-Biographien von Lothar Gall1, Ernst Engelberg2 und Otto Pflanze3, die dieser Form der Rekonstruktion der Vergangenheit theoretisch und praktisch wieder den Weg geebnet haben, sind zahlreiche, wenn auch unterschiedlich ertragreiche biographische Arbeiten über Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft, Wirtschaft und Militär vorgelegt worden4. —
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i 2 3
4
Vgl. Gall, Bismarck. Vgl. Engelberg, Bismarck. Vgl. Pflanze, Bismarck. Vgl. Röhl, Wilhelm II.; Cecil, Wilhelm II.; Forsbach, Kiderlen-Wächter; Seebacher-Brandt, Bebel;
Gall, Bürgertum in Deutschland (darin: über Ernst Bassermann); Anderson, Windthorst; Koehler, Bamberger; Molkenbuhr, Arbeiterführer; Feldman, Hugo Stinnes; Lenger, Sombart; Rebenich, Mommsen; Szöllösi-Janze, Haber; Schaser, Helene Lange und Gertrud Bäumer; vgl. zuletzt den von Michael Fröhlich herausgegebenen Sammelband: Das Kaiserreich, mit zahlreichen interessanten Studien; Afflerbach, Falkenhayn; Mombauer, Moltke, Venohr, Ludendorff; Uhle-Wettler, Ludendorff; Maser, Hindenburg; Philbin, Admiral v. Hipper; Schubert, Admiral Adolf v. Trotha; Granier, Levetzow; Fischer, Admiral des Kaisers; Eschenburg, Prinz Heinrich; Arnauld de la Perière, Prinz Heinrich; Schulze-Hinrichs, Großadmiral Alfred v. Tirpitz; Kaulisch, Tirpitz; Salewski, Tirpitz; Uhle-Wettler, Tirpitz
2
I.
Einleitung
gleicher Weise wie Biographien haben auch personenbezogene Editionen jenseits der »Kriegsschulddebatte«5 nach dem »Tief« der Zwischenkriegszeit, in der viele höchst problematische Quellenpublikationen erschienen waren6, wissenIn
schaftlich eine bemerkenswerte Renaissance erfahren. Über zahlreiche einflußreiche Diplomaten und Politiker7, Militärs8, Industrielle9, Historiker und Publizisten10, aber auch über »kleine« Leute" hegen inzwischen fundierte Editionen vor oder sind in Vorbereitung. Damit versucht die Geschichtsschreibung jene lange vernachlässigten »EgoDokumente«12 wieder stärker in den Bück zu nehmen, die bei aller Subjektivität eine »Annäherung an den Menschen in der Geschichte«13 erlauben. Vor allem die Frühneuzeitforschung hat in dieser Hinsicht methodisch und inhaltlich wichtige Vorarbeiten geleistet und den Weg von der Makro- zur Mikrohistorie ebnen helfen. Es ist daher inzwischen wieder »in«, entsprechend der Definition des niederländischen Historikers Rudolf Dekker solche Quellen zu erschließen, »die Auskunft über die Selbstsicht eines Menschen geben«14. Gegen den weitverbreiteten Gebrauch dieser Dokumente als »Fakten- und Praktikensteinbruch«15 sind jüngst zwar durchaus gewichtige Bedenken vorgetragen worden, der Wert derartiger >Ego-Dokumente< für die mentalitäts- und sozialgeschichtlich orientierte Forschung dürfte dennoch unstreitig sein. In der Verlängerung gilt dies auch für die moderne Militärgeschichtsschreibung. Mit Ausnahme von Konteradmiral Paul v. Hintze16 und Korvettenkapitän Ernst v. Weizsäcker17, die beide allerdings weniger primär wegen ihrer Tätigkeit als Marineoffizier als vielmehr aufgrund ihrer späteren Stellung an der Spitze bzw. innerhalb des Auswärtigen Amts das Interesse von Editoren gefunden haben, ist der Befund für die Marine von einzelnen Dokumentationen abgesehen18 im —
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dazu die leider nicht unumstrittene Edition Riezler, Tagebücher; für Österreich-Ungarn: Redlich, Schicksalsjahre. Vgl. z.B. Waldersee, Denkwürdigkeiten; Einem, Ein Armeeführer; Tirpitz, Politische Dokumente. Vgl. Eulenburg, Politische Korrespondenz; Hatzfeldt, Nachgelassene Papiere; Herding, Briefwechsel; Holstein, Die geheimen Papiere; Koch-Weser, Kommunalpolitik; Molkenbuhr, Arbeiter-
Vgl.
führer.
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1'
12 13 14 15 16
17 18
Vgl. Bergh, Aus den Geburtsstunden; Böhm, Adjutant; Wild v. Hohenborn, Briefe, sowie demnächst die Tagebücher und Kriegsbriefe des Generaladjutanten Wilhelms II., Generaloberst Hans v. Plessen, sowie des langjährigen Chefs des Militärkabinetts, Generaloberst Moritz v. Lyncker in: Kaiser Wilhelm als Oberster Kriegsherr. Vgl. die Edition des Walther Rathenau-Tagebuches von Pogge-von-Strandmann sowie die von Heilige, Michalka, Schulin u.a. herausgegebene Walther Rahenau-Gesamtausgabe. Vgl. Thimme (ediert von A. Thimme); Oncken (ediert von Studt); Meinecke (ediert von Meineke); Fischer-Baling (ediert von Forsbach); Wolff (ediert von Sösemann). Vgl. Richert, Beste Gelegenheit zum Sterben; für die Marine: Mensing, An Bord der >GazelleEgo-Dokumenten< insgesamt jedoch eher allein hinsichtlich der Quantität die Veröffentlichungen der bescheiden, Record englischen Navy Society oder des amerikanischen Naval Institute zum Maßstab nimmt. Hinzu kommt, daß im Vergleich zu deren Editionen manche älteren und mangels Alternativen auch heute noch vielbenutzten Quellenpublikationen wissenschaftlich nicht befriedigen: Tirpitz hat nach dem Desaster seiner Politik die von ihm veröffentlichten Dokumente ohne Skrupel an entscheidenden Stellen gekürzt oder sogar schlichtweg gefälscht, um sich in der »Schlacht der Admírale«19 zu rechtfertigen20, und auch die von Walter Görlitz veröffentlichten Tagebücher des Chefs des Marinekabinetts, Admiral v. Müller, weisen zahlreiche verfälschende Kürzungen auf21. So wenig ertragreich insofern der Befund hinsichtlich der Veröffentlichung personenbezogener Quellenpublikationen ist, so erfreulich sind hingegen die Fortwenn man
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schritte bei der Edition von Akten aus den Beständen des Reichsmarineamts und des Marinekabinetts, des Admiralstabs und des Flottenkommandos sowie anderer Marinedienststellen. Die von Volker Berghahn und Wilhelm Deist vorgelegten Dokumente zur »Rüstung im Zeichen der wilhelminischen Weltpolitik«22 wie auch die von Gerhard Granier in mühsamer Arbeit auf vier Bände konzipierte Quellenedition über »Die deutsche Seekriegsleitung im Ersten Weltkrieg«23 haben nach vielen Jahrzehnten einer teilweise äußerst polemisch geführten Diskussion über die Geschichte der Marine in der Ara Wilhelms II. den Boden für die Zerstörung teilweise äußerst zählebiger Legenden bereitet, indem sie der Forschung endlich eine große Fülle wichtiger Dokumente allgemein und leicht zugänglich zur Verfügung stellten. Insbesondere das trotz seines Umfanges tendenziöse offiziöse »Seekriegswerk«24 mit seinem nicht unproblematischen Dokumentenanhang, aber auch manche als »gelehrt« geltenden Darstellungen aus den Händen renommierter Marinehistoriker können dadurch kritisch überprüft werden.
19 20
gende Ausführungen zur Bedeutung dieser Form der Überlieferung für die Geschichtsschreibung); Granier, Levetzow (Anhang); Hubatsch, Die Krise in der deutschen Flottenführung (Auszüge aus dem Bachmann-Tagebuch). So der »Vorwärts« vom 21.10.1926.
Vgl. Tirpitz, Erinnerungen; Tirpitz, Politische Dokumente; vgl. dazu Epkenhans, »Clio«, Tirpitz und die Marine; Berghahn, Zu den Zielen, S. 46 f., 74 f.; Berghahn, Der Tirpitz-Plan, S. 172, und passim. Die Publikationen anderer Seeoffiziere in führenden Stellungen wie der Admiräle Reinhard Scheer, Andreas Michelsen oder im Rahmen des amtlichen »Seekriegswerkes« Otto Groos, Erich Raeder, Heinrich Rollmann und Hermann Bauer waren in dieser Hinsicht zwar we-
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dem Hintergrund des niger skandalträchtig, aber dennoch kaum weniger einseitig bzw. weitervvirkcnden Streites zwischen Tirpitzgegnern und -anhängem über Politik und Seestrategie vor 1918 weniger parteiisch. Anstatt zu einer nüchternen Betrachtung der politischen und militärischen lireignisse und Entscheidungen während des Krieges beizutragen, lieferte diese »Schlacht der Admiräle« wie der sozialdemokratische »Vorwärts« im Oktober 1926 nicht ohne Schadenfreude konstatierte vielmehr einen erneuten Beweis dafür, daß »während die Massen bluteten und hungerten [...] an der Spitze ein frisch-fröhlicher Privatkrieg aller gegen alle« tobte. Vgl. Müller, Der Kaiser; Müller, Regierte der Kaiser?; vgl. dazu kritisch Röhl, Admiral v. Müller. Vgl. Rüstung im Zeichen wilhelminischer Weltpolitik. Vgl. Granier, Die deutsche Seekriegsleitung. Einleitung und Kommentierung sind allerdings nicht frei von unnötig scharfen und einseitigen Wertungen. vor
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24
Vgl. Der Krieg zur See.
I.
4
Einleitung
Angesichts dieser Entwicklung ist es nicht weiter erstaunlich, daß auch die dritte hier zu nennende »Gattung« die lange verschmähte oder zumindest belächelte Autobiographie ebenso wie die der Memoiren25 wieder geschätzt, hinsichtlich ihrer Erklärungskraft zugleich aber auch ausführlich reflektiert wird. Kaum eine Generation in Deutschland hat wohl ihr eigenes Leben soviel beschrieben, wie die der »Übergangsmenschen« (Martin Doerry) der wilhelminischen Ära26. Autobiographien »kranken« zweifelsohne an ihrer Subjektivität, dem Willen zur Verfremdung; »richtig« gelesen eröffnen sie jedoch im Zusammenhang mit anderen Zeugnissen ein vielschichtiges Bild des Autors, seiner Tätigkeiten und im weitesten Sinne seiner Schicht wie auch seiner Generation27. Diese zusätzlichen Zeugnisse können aber nur eigene Tagebuchaufzeichnungen und Briefe des Autors selbst oder aber eines ihn beobachtenden bzw. mit ihm arbeitenden Zeitgenossen sein. Martin Doerry hat in der Neubewertung dieser an verfügbaren Quellen außerordentlich reichen »Gattung« theoretisch und methodisch Kärrnerarbeit geleistet, andere sind ihm mit beeindruckenden Ergebnissen gefolgt. Beispielhaft genannt seien hier nur die Arbeiten von Michael Maurer28 und Gunilla Budde29 aus dem Bereich der Bürgertumsforschung, von Marcus Funck und Stephan Malinowski30 für den Adel oder von Thomas Welskopp31 für Angehörige der Arbeiterbewegung. Dies gilt auch, trotz mancher Einschränkungen, für die ältere Studie von Gotthard Breit32 über die Autobiographien führender Generale und Admírale. Alle Arbeiten zeigen, wie fruchtbar eine kulturgeschichtliche Erweiterung der Sozialgeschichte für die Erschließung einer Epoche, der in dieser lebenden und handelnden Menschen, ihrer Mentalitäten und ihrer Lebensverhältnisse im Kleinen wie im Großen ist. Autobiographien und das gilt in der Verlängerung auch für Editionen sind mehr als nur ein Beitrag zur »Kolorierung« vorgefertigter Umrisse und anders als von Bourdieu33 behauptet kein Beitrag zur »biographischen Illusion«. In ihrer Gesamtheit ermöglichen alle drei methodischen Zugriffe biographischer, editorischer und autobiographischer die »Rekonstruktion des sozialen FeldesFlugbahn< des einzelnen Menschen verläuft«34. Diese Etablierung von Biographie, Autobiographie und Edition ist eine Ermutigung, weitere Quellen aus dem Bereich der Kaiserlichen Marine wie auch ihrer »Nachfolgerinnen« zu erschließen. Dies gilt um so mehr, als die Marine an überlieferten Tagebüchern, Briefsammlungen und Lebenserinnerungen keineswegs arm ist. Im Gegensatz zum Heeresarchiv hat das Marinearchiv die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges zum einen weitgehend unbeschadet überstanden. Zum ande—
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Zur Abgrenzung: Henning, Selbstzeugnisse, S. Vgl. Doerry, Übergangsmenschen.
Ebd., S.
119-127.
66-72.
Vgl. Maurer, Die Biographie des Bürgers. Vgl. Budde, Auf dem Weg ins Bürgerleben. Vgl. Funck/Malinowski, Geschichte von oben. Vgl. Welskopp, Das Banner der Brüderlichkeit. Vgl. Breit, Das Staats- und Gesellschaftsbild. Vgl. Bourdieu, L'illusion biographique. Vgl. Funck/Malinowski, Geschichte von oben, S. 240-243.
I.
ren waren zu
angehende
5
Einleitung
Marineoffiziere als Kadetten amtlich
verpflichtet, Tagebuch
führen35; viele haben diesen Brauch in späterer Zeit, teilweise mit mehr, teilwei-
mit weniger Ertrag, beibehalten. Allein deshalb schlummern in amtlichen Archiund in Privatbesitz weitaus mehr Tagebücher von Marine- als von Armeeangehörigen. So ruhen beispielsweise im Bundesarchiv-Militärarchiv mit den täglichen Aufzeichnungen des zeitweiligen Chefs des Admiralstabs, Admiral Gustav Bachmann, des Chefs des Marinekabinetts, Admiral Georg Alexander v. Müller, des letzten Chefs der Hochseeflotte, Admiral Franz Ritter v. Hipper, des zeitweiligen Staatssekretärs des Reichsmarineamts, Admiral Paul Behncke, des Chefs des Oberkommandos, Admiral Eduard v. Knorr sowie der Korvettenkapitäne Rudolph Firie und Bogislav v. Selchow zahlreiche Tagebücher, die das Interesse von Editoren verdienen. Weitere, wie die des unglücklichen Chefs der Hochseeflotte zu Beginn des Ersten Weltkrieges, Admiral Friedrich v. Ingenohl36, oder des früh verstorbenen zeitweiligen Chefs des Admiralstabs und Nachfolger Ingenohls, Admiral Hugo v. Pohl17, sollen sich auch heute noch in Privathand befinden, wenn sie nicht, wie die täglichen Aufzeichnungen von Admiral Reinhard Scheer38, dem »Sieger vom Skagerrak«, als verschollen gelten müssen. Die kritische Edition der Tagebücher, Briefe und Aufzeichnungen eines hochrangigen kaiserlichen Marineoffiziers soll den beschriebenen Mangel an allgemein zugänglichen aussagekräftigen personalen Quellen für eine der entscheidenden Phasen deutscher Geschichte des 20. Jahrhunderts beheben und unsere Kenntnisse darüber erweitern helfen. Die von Albert Hopman 1865 geboren und damit ein typischer »Übergangsmensch« (Martin Doerry) überlieferten schriftlichen Zeugnisse sind dazu trotz mancher Lücken im Bereich der sogenannten privatdienstlichen Korrespondenz aus mehreren Gründen besonders geeignet: In Hopmans Karriere als Seeoffizier spiegeln sich zunächst die tastenden Anfange, der stolze Höhepunkt und das dramatische Scheitern der deutschen Seemacht- und Weltmachtambitionen. Aufgrund seiner hohen Position innerhalb der Marinehierarchie, der Vielseitigkeit seiner dienstlichen Verwendungen Admiralstabsoffizier, Beobachter im russisch-japanischen Krieg 1904/05, Kommandant eines Kleinen Kreuzers bzw. eines der modernsten Linienschiffe, Chef der Zentralabteilung des Reichsmarineamts, Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte in der Ostsee, Marineberater im Osmanischen Reich und schließlich Chef der Nautisch-technischen Kommission (Nateko) im besetzten Odessa, um nur einige zu nennen —, seiner vielseitigen Interessen, Bekannt- und Freundschaften sowie insbesondere seiner Nähe zum Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral Alfred v. Tirpitz, in den kritischen Jahren 1911 bis 1915, aber auch in der Zeit danach, enthalten Hopmans Aufzeichnungen viele, zum Teil bisher unbekannte Informationen sowohl über die Marine- als auch über die Außen- und Innenpolitik der wilhelminise
ven
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35
Vgl. Anonym (= Admiral Seeoffiziers.
36 37
38
v.
Müller, der spätere Chef des Marinekabinetts),
Das
Tagebuch
des
Vgl. Sauerbrei, Ingenohl.
Mündliche Auskunft von Prof. Ivo Lambi (f). Ein Typoskript der Kriegsbriefe Scheers hat allerdings »überlebt« und ist auf Besitz des Verfassers gelangt, der dieses demnächst veröffentlichen wird.
Umwegen
in den
6
I.
Einleitung
sehen Ära. Wie nur wenige andere Quellen aus dieser Zeit zeichnen die Tagebücher und Privatbriefe zugleich und dies macht sie für den Historiker so besonders wertvoll ein außerordentlich lebendiges und plastisches Bild vom Alltag eines Seeoffiziers, seiner privaten Freuden und Sorgen, Erlebnisse und Begegnungen sowie seines sich im Laufe des Lebens wandelnden Weltbildes. Hinzu kommt noch die unschätzbare Tatsache, daß Hopman seine Erlebnisse und Gefühle immer wieder reflektierte, sich selbst über sein eigenes Handeln, aber auch das seiner privaten und dienstlichen Umgebung Rechenschaft zu geben versuchte. Diese Dichte der Überlieferung ermöglicht es, im Rahmen der biographischen Einleitung die vielen Seiten einer interessanten Persönlichkeit der wilhelminischen Ära und die verschiedenen Stationen eines ereignisreichen Lebens unter Einbeziehung der historischen Zusammenhänge ausführlich darzustellen. Die im Anschluß abgedruckten Auszüge aus Tagebüchern, Briefen und Denkschriften, die den Schwerpunkt dieser Arbeit bilden, sollen dem Leser ein unmittelbares Bild der Person und der Ereignisse vermitteln, die diese erlebt oder direkt bzw. indirekt mitgestaltet hat, zugleich aber auch einen Baustein für weitere Forschungen zur Politik-, Marine und Mentalitätsgeschichte des Kaiserreichs hefern. Der kritische Kommentar wurde dabei vor allem für die wichtigste Zeit in Hopmans Leben, seine Zeit als Chef der Zentralabteilung des Reichsmarineamts in den Jahren 1911 bis 1914, mit zusätzlichen Quellen aus verschiedenen privaten und amtlichen Nachlässen »angereichert«. Der unbefangene Leser soll damit ausdrücklich nicht bevormundet werden. Im Hinblick auf die unzuverlässigen Veröffentlichungen von Tirpitz und anderer hochrangiger Marineoffiziere soll dieser ausführliche kritische Kommentar vielmehr einen weiteren und in Anbetracht bisheriger Überlieferungen auch notwendigen Beitrag zur Vervollständigung oder Korrektur unserer bisherigen Kenntnisse über wichtige Ereignisse und Entwicklungen in dem hier behandelten Zeitraum leisten. —
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2. Zur
Quellen- und Literaturlage
In den
Jahren 1924 und 1925 hat Hopman seine »Memoiren« in der Form eines »Logbuches« bzw. eines »Kriegstagebuches« in zwei Bänden veröffentlicht39. Anders als Tirpitz40 oder Scheer, deren unmittelbar nach der katastrophalen Niederlage von 1918 erschienene Autobiographien sowohl Rechtfertigung vergangenen Handelns als auch teilweise maßgeblich von im Hintergrund wirkenden politischen Akteuren unterstützt Denunzierung aktueller Politik waren, spielten bei Hopman finanzielle zunächst Gründe eine wichtige Rolle: 1920 aus der Marine ausgeschieden, hatte er in der Inflation einen großen Teil seines nicht unbeträchtlichen Vermögens verloren. Politisch orientierungslos, wollte aber auch er dazu -
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39 40
Vgl. Hopman, Das Logbuch, und Hopman, Das Kriegstagebuch. Vgl. Tirpitz, Erinnerungen. Treibende Kraft bei der Veröffentlichung war der Bonner Mediävist und konservative Publizist (»Die Grenzboten«) Fritz Kern. Vgl. dazu ausführlich Epkenhans, »Clio«, Tirpitz und die Marine. -
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I.
Einleitung
7
beitragen, aus der Vergangenheit Lehren für Gegenwart und Zukunft zu ziehen, wie im einzelnen noch zu zeigen sein wird. Grundlage dieser Veröffentlichungen waren neben den inzwischen erschienenen Werken anderer »Mitstreiter« und der Bände des amtlichen »Seekriegswerkes« in erster Linie seine Tagebücher und Briefe sowie Abschriften und Entwürfe einiger größerer Denkschriften, die er wie viele andere Offiziere unter seinen privaten Papieren aufbewahrt hatte. Obwohl er in seinem »Logbuch« wie auch in seinem »Kriegstagebuch«41 gelegentlich wichtige Details über interne Diskussionen und Konflikte preisgab und dabei kritische Bemerkungen nicht scheute, hat er sich dennoch bemüht, die gescheiterte Welt- und Seemachtpolitik zu rechtfertigen, insbesondere aber die Person des »Meisters«, Tirpitz, dem er bis zu dessen Tode verbunden blieb, in ein mildes Licht zu tauchen. Dies gilt auch für die zahlreichen von ihm veröffentlichten Presseartikel über Marinefragen. Da Hopman zudem ein breites Publikum erreichen wollte, hat er seiner aktiven Zeit an Bord vergleichsweise breiten Raum eingeräumt, die Jahre seiner Tätigkeit als Chef der Zentralabteilung vor Kriegsausbruch hingegen eher gerafft dargestellt42. Dies gilt auch für den zweiten »Memoirenband«, der die Jahre 1914 bis 1918 behandelt. Diese Quellen, auf die Hopman seine »Memoiren« stützte, sind auch die zentrale Grundlage der Edition. Während die Tagebücher und die ursprünglich in seinem Privatbesitz befindlichen dienstlichen Denkschriften und Schriftwechsel heute als geschlossener Bestand im Bundesarchiv-Militärarchiv (N 326) verwahrt werden, galt der außerordentlich umfangreiche Briefwechsel mit seiner Ehefrau und seinem ältesten Sohn als verschollen und wurde eher zufällig im Besitz der Nachfahren aufgefunden. Zur Ergänzung wurden, soweit diese zu ermitteln waren, aus anderen Nachlässen oder amtlichen Beständen Privatbriefe Hopmans an befreundete oder ihm dienstlich eng verbundene Marineoffiziere (Konteradmiral Paul v. Hintze, Vizeadmiral Paul Behncke, Vizeadmiral Adolf v. Trotha, Vizeadmiral Wilhelm Souchon, Kapitän z.S. Wilhelm Widenmann, Kapitän z.S. Ernst Vanselow, Korvettenkapitän Erich v. Müller), dienstliche Vorgesetzte wie Admiral Eduard v. Capelle oder an den zeitlebens, wenn auch nicht immer ohne offene oder leise Kritik verehrten Großadmiral Alfred v. Tirpitz, aufgenommen. Einige von Hopman verfaßte Denkschriften von übergeordneter Bedeutung ergänzen die Edition. Den zeitlichen Rahmen der Edition bilden die Jahre 1901 bis 1918: Sieht man einmal von wenigen privaten Briefen aus den 1890er Jahren ab, enthält der private briefliche Nachlaß erst seit der Ausreise Hopmans nach China im Sommer 1900 als Navigationsoffizier auf dem Linienschiff »Brandenburg« eine sehr dichte Folge von Briefen an seine Ehefrau Irmgard, geb. Stubenrauch, mit der er seit Februar —
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42
Nach Mitteilung von Gerhard Schreiber liegt dieses auch in italienischer Übersetzung vor unter dem Titel »II diario de guerra di un Ufficiale della Marine Germánica, Firenze 1927. Diese Version soll auch größere Tagebuchpassagen enthalten. Nach Auskunft von Gerhard Schreiber ist aber nur noch ein Exemplar im Archiv der italienischen Marine erhalten, das dem Autor nicht zugänglich war. Vgl. Hopman, Das Logbuch, wo er seine aktive Zeit an Bord auf insgesamt 378, seine Zeit im Reichsmarineamt aber nur auf 25 Seiten behandelt.
H
I.
Einleitung
1900 verheiratet war; außer einem Tagebuch aus seiner Zeit als junger Seekadett hegen Tagebücher in geschlossener Folge erst seit 1904 vor. Nach der Niederlage 1918 und dem schließlichen Ausscheiden aus der Marine im Jahre 1920 werden diese zwar nicht uninteressant, da Hopman wie noch zu schildern sein wird weiterhin direkt oder indirekt für die Marine oder auch politisch tätig war; über das im Mittelpunkt der Edition stehende Leben und Denken eines kaiserlichen Marineoffiziers enthalten diese jedoch kaum noch erwähnenswerte Informationen. Da die Tagebücher darüber hinaus 1921 abbrechen und für die Zeit danach nur sehr wenige andere Quellen ermittelt werden konnten, erschien es auch aus dieser Sicht sinnvoll, das Ende des Ersten Weltkrieges und damit das Ende der kaiserlichen Marine als Endpunkt zu wählen. Als Anhang wurde daher nur ein Brief an seinen ältesten Sohn Immo aus dem Jahre 1920 aufgenommen, in dem Hopman sein bisheriges Leben reflektierte und sich auch ausführlich über die gegenwärtige und zukünftig zu verfolgende Politik äußerte. Im übrigen sei auf die biographische —
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Lebensskizze verwiesen. Angesichts des großen Umfangs des überlieferten Nachlasses konnte aus der Zeit der sehr reichhaltigen Überlieferung 1900 bis 1918 auch nur eine Auswahl publiziert werden. Dies erschien insofern vertretbar, als der Gehalt der Tagebuchaufzeichnungen und Briefe sehr unterschiedlich ist. Während die Beobachtungen in der Zeit des russisch-japanischen Krieges durchaus sehr dicht und inhaltlich bedeutsam sind, enthalten viele Tagebücher und Briefe aus den Jahren 1900 bis 1911 häufig nur belanglose kurze Aufzeichnungen über die alltägliche Routine seiner dienstlichen Tätigkeiten oder seines privaten Lebens. Je näher Hopman jedoch in das Zentrum der Macht rückte, und je kritischer die Lage nach außen wie auch im Innern in seinen Augen erschien, um so dichter wurden seine Tagebucheintragungen und soweit er von zu Hause abwesend war die Schilderungen in seinen Briefen. Um die Zusammenhänge in einer Zeit sich beschleunigender Entwicklungen zu wahren und Hopmans eigene, manchmal täglichen Stimmungsschwankungen wie auch die anderer Entscheidungsträger in Marine und Politik zu dokumentieren, wurden die Tagebücher für diese Jahre daher nur noch sehr behutsam gekürzt, es sei denn, daß, wie für die Jahre 1916 und 1917, längere Briefe und Denkschriften vorhegen, die sein Denken und Handeln ausführlich dokumentieren und insofern geeignet sind, die täglichen Aufzeichnungen zu ersetzen. Was mancher Leser bei der Dokumentation der Jahre 1911 bis 1917, vor allem aber der Zeit als Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte der Ostsee im Jahre 1915 und nochmals im Jahre 1917, daher als unnötige Längen empfinden mag, findet hierin seine Begründung. Von den Privatbriefen wurden ohnehin nur diejenigen ganz oder teilweise aufgenommen, die im weitesten Sinne für die Beschreibung seiner Persönlichkeit oder von ihm miterlebter bzw. mitgestalteter Ereignisse von besonderer Bedeutung sind. Von den von Hopman im Laufe seiner Dienstzeit verfaßten Denkschriften wurden nur jene ausgewählt, die für die strategisch-taktische und die politische Entwicklung der Marine von grundsätzlicher Relevanz waren. Angesichts des dennoch sehr erheblichen Umfangs stellt sich trotzdem die Frage, ob nicht weitere Kürzungen möglich gewesen wären, die Auswahl sich auf —
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I.
Einleitung
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»klassische« politische und militärische Themen, Aufzeichnungen über Gespräche mit Wilhelm II. oder Tirpitz und die hier abgedruckte Denkschrift über die Zukunft des Flottenbaus hätten beschränken sollen, vielleicht sogar müssen. Im Hinblick darauf, daß die Marinegeschichtsschreibung in vielerlei Hinsicht noch sehr »kopflastig« ist, sich gerade im Hinblick auf die aus guten Gründen umstrittene traditionelle Operationsgeschichtsschreibung weiterhin auf die höchst problematischen amtlichen Werke stützt, ist diese Frage nach sorgfältiger Abwägung schließlich verneint worden. Dies gilt um so mehr, als Studien über das »Innenleben« von Armee- und Marineeinheiten, das Zustandekommen militärischer Entscheidungen weiterhin ein Desiderat der Forschung sind43. Während diese »Längen« wissenschaftlich und d.h. heißt vor allem marinegeschichtlich begründet sind, hat der Bearbeiter dort gekürzt, wo dies aus historischer Sicht vertretbar erschien. So wurden von Ausnahmen abgesehen rein private Eintragungen oder additive, in der Regel nicht näher ausgeführte Beschreibungen dienstlicher Routineangelegenheiten oder politischer Ereignisse ohne weitere Kennzeichnung ausgelassen. Weiterhin wurde darauf verzichtet, die von Winfried Baumgart in seiner mustergültigen Edition über den Weg von »Brest-Litovsk zur deutschen Novemberrevolution«44 bereits veröffentlichten umfangreichen Tagebuchaufzeichnungen Hopmans aus der Zeit vom 14. März bis zum 26. November 1918 noch einmal abzudrucken, die ihm in den 1960er Jahren von dessen damals noch lebendem Sohn Immo Hopman zugänglich gemacht worden waren. Einige ergänzende übergreifende dienstliche Berichte und bisher unveröffentlichte private Briefe stellen jedoch den inhaltlichen Zusammenhang her, so daß die Edition mit dem Jahre 1918 dem Ende der kaiserlichen Marine sinnvoll schließen kann. Nicht abgedruckt wurden auch die im Tirpitz-Nachlaß aufgefundenen und von Volker Berghahn und Wilhelm Deist im Zuge der »Fischer-Kontroverse« veröffentlichten »Tagesmitteilungen« Hopmans an Tirpitz vom Juli 191445. Die Tagebucheintragungen sind diesbezüglich inhaltlich weitgehend identisch, ergänzen diese allerdings auch an manchen Stellen. In die Edition aufgenommen wurden hingegen einige bereits in Tirpitz' »Politischen Dokumenten«46 veröffentlichte Briefe, da sie dort teilweise in verfälschender Weise gekürzt wiedergegeben wurden, oder auch die aus dem Umkreis des »Kriegsrates« vom Dezember 1912 stammenden Tagebuchaufzeichnungen Hopmans, die Bernd F. Schulte vor einigen Jahren nicht ohne einige gravierende Lesefehler publiziert hat47. Sieht man von den vielen Arbeiten Baumgarts48 zur deutschen Ostpolitik im Jahre 1918, den umstrittenen Studien Schuhes49 oder auch der Dissertation des —
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43
44 43 46 47 48 49
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als Muster die Studie von Smith, Between Mutiny and Obedience, über die französische 5. Infanteriedivision sowie Groß, Unternehmen »Albion«. Vgl. Von Brest—Litovsk zur deutschen Novemberrevolution. Vgl. Berghahn/Deist, Kaiserliche Marine und Kriegsausbruch 1914.
Vgl.
Vgl. Tirpitz, Politische Dokumente. Vgl. Schulte, Zu der Krisenkonferenz, S. 182-197; Schulte, F^uropäische Krise, passim. Vgl. Baumgart, Deutsche Ostpolitik 1918; Baumgart, Neue Quellen. Vgl. Anm. 47.
10
I.
Einleitung
Bearbeiters5" einmal ab, so sind die Hopman-Tagebücher in der Forschung bisher nur noch von Kurt Fischer51, Raffael Scheck52, Jörg-Uwe Fischer53 und Johannes Hürter54 in sehr geringem Umfang benutzt worden. Dies erstaunt, ist zugleich aber eine weitere Rechtfertigung für eine umfassendere kritische Edition. Zur Kommentierung der in dieser Edition aufgenommenen Tagebuchaufzeichnungen, Briefe und Denkschriften wurden die im Bundesarchiv-Militärarchiv befindlichen außerordentlich reichhaltigen Bestände zur Marinegeschichte sowie die einschlägigen Akten der Reichskanzlei, des Auswärtigen Amts und des Geheimen Zivilkabinetts sowie die inhaltlich relevanten Nachlässe herangezogen. Im zu zahlreichen anderen Gegensatz heutigen Editionen, die bei der Kommentierung aus durchaus verständlichen Gründen auf die Einbeziehung von Sekundärliteratur wurden hier auch die wesentlichen älteren und neueren Mogänzlich verzichten, nographien und Editionen berücksichtigt soweit dies inhaltlich notwendig oder geboten schien. Der Bearbeiter hat sich dabei bemüht, im wesentlichen nur möglichst neutrale und nüchterne Sachinformationen zu geben. Darüber, daß mancher Kommentar dennoch auch als Kritik an bisherigen Deutungen aufgefaßt werden kann, ist dieser sich im Klaren; diese Kritik an tradierten Überlieferungen ist, wo sie geäußert wird, aber auch beabsichtigt. 3. Editorische Vorbemerkung
Obwohl in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Editionen vorgelegt wurden, gibt es bis heute keine einheitlichen Richtlinien über die bei der Kommentierung und der äußeren Textgestaltung zu berücksichtigenden Kriterien. Der Wille, historische Quellen buchstaben- und zeichengetreu zu edieren, um so die Authentizität des Dokuments zu bewahren, ist manchmal nur schwer mit dem Bemühen zu vereinbaren, diese über den engen Kreis von Fachhistorikern hinaus anderen an Geschichte Interessierten zugänglich zu machen, setzt dieses doch voraus, sie dementsprechend »lesbarer« zu machen55. Die vorliegende Edition lehnt sich insofern an die übliche Praxis an, indem sie einen »Mittelweg« zu gehen versucht: a) Die Dokumente Tagebuchaufzeichnungen, Briefe und Denkschriften sind chronologisch geordnet, nicht aber numeriert. Die Datumszeilen wurden vereinheitlicht; bei Briefen und Denkschriften werb) den darüber hinaus Verfasser, Adressat, Ort, Datum und Fundort genannt sowie notwendige Angaben zum Schriftbild (maschinenschriftlich; handschriftlich —
50
51 52 53 54 55
—
Vgl. Epkenhans, Die wilhelminische Flottenrüstung. Vgl. Fischer, Deutsche Truppen. Vgl. Scheck, Alfred von Tirpitz, S. 24. Vgl. Fischer, Admiral des Kaisers. Hintze, Marineoffizier, Nr.
85. Zum Stand der Diskussion vgl. Schultze, »Richtlinien«, S. 1 -10; Boberach, Zur F^dition zeitgeschichtlicher Quellen, S. 61 68; vgl. auch die ausführlichen editorischen Hinleitungen in: Von Brest-Litovsk zur deutschen Novemberrevolution, S. 41 -46; Wolff, Tagebücher, S. 54-58; Hintze, Marineoffizier, S. 15 f. -
I.
Einleitung
11
d.h. eigenhändig) gemacht. Soweit einzelne Passagen bzw. Briefe bereits veröffentlicht wurden, werden in den Damms- bzw. Kopfzeilen auch die Druckorte
genannt.
c)
d) e)
Der laufende Text der Dokumente ist im Interesse der besseren Lesbarkeit und wie bei vielen Editionen von Texten des 20. Jahrhunderts üblich weitgehend
modernisiert worden. Offensichtliche Schreibfehler wurden stillschweigend verbessert und fehlende Satzzeichen wurden behutsam ergänzt. Unterschiedliche Schreibweisen bei Namen wurden gleichfalls stillschweigend korrigiert; ausländische Namen sind in wissenschaftlicher Transkription wiedergegeben. Die in den Tagebüchern sehr häufig vorkommenden und zudem sehr uneinheitlichen Abkürzungen für zivile Amtsbezeichnungen und militärische Ränge, Schiffstypen oder andere marinespezifische Begriffe wurden aufgelöst und hinsichtlich der Schreibweise vereinheitlicht. Vereinheitlicht wurden auch unterschiedliche Schreibweisen wie gelegentlich vorkommendes »th« anstelle von »t«, »Centrum« anstelle von »Zentrum«, »Cabinet« für »Kabinett«, »Gouvernör« anstelle von »Gouverneur«, »großer Kreuzer« anstelle »Großer Kreuzer« usw. Soweit es sich nicht um allgemein verständliche Abkürzungen handelt, wurden diese ebenfalls im Text aufgelöst. Alle Ergänzungen des Verfassers wurden hierbei wie auch in anderen Fällen mit eckigen Klammern kenntlich gemacht. Für unsichere Lesungen wurden spitze Klammern verwendet. Textkritische Anmerkungen geben Auskunft über von Hopman vorgenommene Bearbeitungsvermerke, Ergänzungen, Streichungen und Einschübe. zur Hinweise Sachanmerkungen geben Erläuterung historischer Zusammensowie auf verweisen weitere hänge einschlägige Quellen und Literatur; wo es zum allgemeinen Verständnis gerechtfertigt oder notwendig erschien, ergänzen aus Auszüge zeitgenössischen Dokumenten die edierten Aufzeichnungen. Soweit inhaltlich sinnvoll wurden auch im Text erwähnte amtliche oder private Schriftstücke bei der Kommentierung nachgewiesen. In einzelnen Fällen war dies trotz intensiver Recherche in den einschlägigen Archiven dennoch nicht möglich. Ausführliche biographische Anmerkungen von sachlich gebotenen Ausnahmen abgesehen enthält das Register. Adelsprädikate und der jeweilige Dienstrang der in den Anmerkungen angeführten Personen sind von sachlich begründeten Ausnahmen abgesehen daher nicht angeführt worden. -
—
—
—
4. Zur
Überlieferung
Die Tagebücher Albert Hopmans und eine geringe Zahl an Briefen aus späterer Zeit sowie Abschriften von Briefen, des Kriegstagebuches über das Ösel-Unternehmen 1917 und Denkschriften aus seiner Zeit als Marineberater im Osmanischen Reich, als Chef der Nateko und als Präses der Waffenstillstandskommission für das Schwarze Meer und das Mittelmeer befinden sich heute im Bestand N 326 im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg.
I.
12
Einleitung
Nachlaß Albert Hopman: Tagebücher (N 326) Nr. 2 3 4 5 6 7 8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
von
20. 15. 23. 3. 19. 11. 21. 9. 19. 28. 16. 27. 4.
29. 16. 19.
19 20 21 22 23 24
25 26 27 28 29 30 31 32 darin:
7. 24. 19. 22. 3. 16. 14. 10. 22. 4. 26. 26. 10. 30. 15. 13.
Mai 1885 Februar 1904 Juni 1904 September 1904 April 1905 August 1908 Oktober 1909 September 1911 Dezember 1912 Juni 1914 August 1914 Oktober 1914 April 1915 Juni 1915 August 1915 Dezember 1915 April 1916 Juni 1916 Dezember 1916 Juni 1917 November 1917 Dezember 1917 März 1918 Juni 1918
August 1918
Oktober 1918 Dezember 1918
August 1919
Dezember 1919 Mai 1920 Mai 1921 Mai 1940
bis 24. 23. 2. 18. 10. 20. 8. 18. 27. 31. 26. 3. 28.
15. 18. 6. 23. 18. 21. 2. 13. 12.
9.
Oktober 1885 Juni 1904 September 1904 April 1905 August 1908 Oktober 1909 September 1911 Dezember 1912 Juni 1914 Juli 1914 Oktober 1914 April 1915 Juni 1915 August 1915 Dezember 1915 April 1916 Juni 1916 Dezember 1916 Juni 1917 November 1917 Dezember 1917 März 1918
Junil91856
22. August 1918 4. Oktober 1918 25. Dezember 1918 25. August 1919 9. Dezember 1919
29. Mai 1920 14. Mai 1921 18. November 1921 20. Mai 1940
fol 1-76 1-85 1-79 1-84 1-95 nicht paginiert 1-76 1-96 1-84 1-15 1-48 1-95 1-48 1-48 1-96 1-48 1-47 1-96 1-96 1-96 1-32 1-72 1-48 1-48 1-32 1-94 1-99 1-94 1-72 1-83 1-24
25-28
Als Tagebücher benutzte Hopman in der Regel schwarze Wachstuchkladden im Format 16,5 X 20 cm bzw. 12,5 X 20 cm. Aus dem Jahre 1918 hegt darüber hinaus ein in schwarzer steifer Pappe gebundenes Heft im Format 11 x 16,8 cm vor. Bei dem am 26. Dezember 1918 begonnen Tagebuch handelt es sich um einen beidseitig einschließlich des Durchschlagspapiers beschriebenen »Briefpapier-Block« im Format 20 cm x 28 cm. Beginnend mit dem Tagebuch aus dem Jahre 1904 Die Aufzeichnungen vom 14.3. bis 26.11.1918 wurden bereits Litovsk zur deutschen Novemberrevolution ediert.
von
Baumgart
in: Von Brest-
I.
Einleitung
13
wurden diese von Hopman auf der Innenseite mit arabischen oder römischen Zahlen numeriert. Dort finden sich auch zusammenfassende Datierungen; gelegentlich ist auch der zu dieser Zeit bekleidete Dienstgrad angegeben. In einigen Tagebüchern ursprünglich vorhandene »Einlagen« in der Form von Aufzeichnungen, die Tirpitz Hopman nach wichtigen Gesprächen unmittelbar diktierte, sind ausnahmslos nicht überliefert, da sie diesem später übergeben wurden. Die Tagebücher wurden mit Tinte, ausnahmsweise aber auch mit Bleistift verfaßt und sind ausnahmslos gut lesbar. Nur einzelne Stellen sind aufgrund von Wasserschäden kaum oder gar nicht lesbar. Die Tagebücher wurden regelmäßig geführt und die Eintragungen allem Anschein nach noch am gleichen Tage vorgenommen, wobei manche allerdings auch mehrere Tage abdecken. Eine größere, offenbar durch die erhebhchen dienstlichen Belastungen zu erklärende Lücke besteht nur für die Zeit vom 1. August bis 15. August 1914. Hinzu kommen einige wenige krankheitsbeLücken. dingte Spätere Überarbeitungen sind nicht erkennbar; wohl aber gibt es am Rand gelegentlich Anstreichungen, die offenbar im Zuge der Arbeit an der eigenen Autobiographie entstanden sind. Aus Gründen der Lesbarkeit wurde auf eine Kennzeichnung dieser Stellen im laufenden Text verzichtet. Im Gegensatz zu den Tagebüchern und Briefen des Generalfeldmarschalls Alfred Graf v. Waldersee sind keine Passagen oder Sätze nachträglich von Hopman selbst oder Dritten unleserlich gemacht worden, so daß an deren Authentizität kein Zweifel bestehen kann. Im Besitz der Familie Fischer-Hopman, Bad Harzburg, befinden sich darüber hinaus mehrere Aktenordner mit Briefen an Angehörige aus den Jahren 1891 bis 1941. Dabei handelt es sich fast ausnahmslos um mehrere hundert Briefe an seine bzw. von seiner Ehefrau. Während Hopmans Bordkommandos oder in der Zeit anderweitiger Kommandierungen schrieb er dieser fast täglich ebenso wie diese an ihn. Als verloren müssen nachweislich ihrer Numerierung allerdings alle während Hopmans Zeit im Großen Hauptquartier 1914/15 sowie die Mehrzahl der während seiner Tätigkeit als Mitglied der Friedenskommission für Rumänien, als Marinebefehlshaber für die russischen Häfen am Schwarzen Meer bzw. als Chef der Waffenstillstandskommission für das Schwarze Meer und das Mittelmeer an seine Ehefrau geschriebenen Briefe gelten. Als Anlagen sind den überheferten Briefe gelegentlich kleine, von ihm verfaßte Gedichte, Fotos oder Postkarten bei-
gefügt.
Die einschlägigen amtlichen Bestände enthalten eine letztlich nicht mit Sicherheit zu ermittelnde Zahl von Denkschriften und anderen Aufzeichnungen aus annähernd zwei Jahrzehnten. Unter diesen sind neben Denkschriften zu strategisch-taktischen Fragen aus seiner Zeit im Admiralstab oder über marinepolitische Grundsatzangelegenheiten aus den Jahren 1911 bis 1915 vor allem die »Tagesmitteilungen« an Tirpitz, die er als Chef der Zentralabteilung bei dessen Abwesenheit an diesen sandte, das von Hopman bis zu seiner Ernennung zum Führer der AufMärungsstreitkräfte der Ostsee im April 1915 geführte »Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamtes«57 und die fast täglich parallel verfaßten »Tages57
Vgl. BA-MA, RM 3/2620.
I.
14
Einleitung
mitteilungen aus dem Großen Hauptquartier«58 wissenschaftlich von außerordentlich großer Bedeutung. Unschätzbar im Hinblick auf die Beschreibung von Hopmans Werdegang und seine Stellung innerhalb der Marinehierarchie sind auch die in seiner Personalakte enthaltenen »Daten«, vor allem aber die teilweise sehr ausführlichen Qualifikationsberichte59. Bei den Privatnachlässen ist insbesondere der umfangreiche Tirpitz-Nachlaß zu erwähnen. Dieser enthält im Bestand N 253/172 eine größere Zahl von Briefen Hopmans an Tirpitz bzw. von diesem an ihn aus den Jahren 1913 bis 1926. Ein größerer Bestand an Hopman-Briefen konnte auch im Nachlaß von Vizeadmiral Adolf v. Trotha im Staatsarchiv Bückeburg (Dep 18 A, Nr. 135) ermittelt werden. Andere Privatnachlässe waren hingegen, von Einzelfunden abgesehen, wenig ergiebig. Besonders bedauerlich ist in diesem Zusammenhang, daß im Nachlaß von Kapitän zur See Johann-Bernhard Mann (N 568), mit dem Hopman während des Krieges eine offenbar umfangreiche Korrespondenz unterhielt, von einem belanglosen Brief abgesehen keine weiteren Schriftwechsel mehr überliefert sind.
58 59
Ebd., RM 3/11486. Ebd., Pers 6/2133.
II. Vizeadmiral Albert
Das
Hopman:
ereignisreiche Leben eines »Wilhelminers«
Gesichtskreis«, notierte der kaiserliche Hofmarschall, Robert Graf ZedlitzTrützschler, im März 1905 voller Respekt in seinem Tagebuch, »ist ein weiter, ihr »Ihr
Berufsleben fördert die innere Entwicklung; die Vielseitigkeit, der Ernst und die Verantwortlichkeit ihrer Beschäftigung regt Intelligenz, Energie und Selbständigkeit an, erzeugt geistige Interessen und beseitigt mancherlei Vorurteile1.« Albert Hopman, dessen Tagebücher, Briefe und Aufzeichnungen hier vorgelegt werden, hat sich bemüht, diesem weitverbreiteten Urteil, das in mancherlei Hinsicht zugleich auch das Selbstverständnis vieler Seeoffiziere im kaiserlichen Deutschland widerspiegelte, Zeit seines Lebens gerecht zu werden. Wie ein »Buchhalter« hat er zunächst in seinen Tagebüchern, dann in seiner Autobiographie seinen Lebensweg beschrieben und damit bei aller Subjektivität eine Quelle hinterlassen, die es ermöglicht, privaten und beruflichen Werdegang, persönliche Neigungen und Gefühle, politische Auffassungen und soziale Milieus zu rekonstruieren. Das Nachzeichnen und Dokumentieren dieses Lebens, dessen »Kurve« über weite Strecken privat und beruflich parallel zum Aufstieg und Untergang des wilhelminischen Deutschlands verläuft, ist nicht zuletzt deshalb spannend, weil Hopman als Seeoffizier Angehöriger des »Elitekorps des Kaisers« (Holger Herwig) war. Was bedeutet dies? —
—
1. »Unsere Zukunft hegt auf dem Wasser«2: Weltpolitik und Schlachtflottenbau »Die leitenden deutschen Staatsmänner und allen voran Kaiser Wilhelm haben«, berichtete der österreichische Gesandte in Berlin Anfang Februar 1900 nach Wien, »den Blick in die ferne Zukunft geworfen und streben danach, die in letzter Zeit mit großen Schritten heranwachsende Stellung Deutschlands als Weltmacht zu einer dominierenden zu machen und rechnen hierbei darauf, seinerzeit auf diesem
1
2
Zwölf Jahre, S. 122 (Eintragung vom 9.3.1905); auch Herwig, Das 59. So Wilhelm II. in einer Rede anläßlich der Eröffnung des neuen Stettiner Hafens, 23.9.1897, zit. nach: Reden des Kaisers, S. 81. Zit. nach:
Zedlitz-Trützschler,
Elitekorps, S.
II. Vizeadmiral Albert
16
Hopman
Gebiete die lachenden Erben Englands zu werden«3. Mit diesem Satz umschrieb der Wiener Gesandte treffend das Signum der Jahrhundertwende: die Überzeugung vieler Zeitgenossen, das Deutsche Reich müsse nach dem »Jugendstreich« (Max Weber) der Reichsgründung die gesicherten Bahnen einer defensiv orientierten Kontinentalpoktik verlassen, um wie die anderen Weltmächte den ihm aufgrund seiner Größe, miktärischen Macht und ökonomischen Potenz zustehenden »Platz an der Sonne« einzunehmen. Das Streben nach »Macht« reicht zur Erklärung der rastlosen Aktivität, die die deutsche Poktik in den 1890er Jahren entfaltete, wie auch der teilweise rauschhaften Faszination wilhelminischer Welt- und Flottenpoktik ebensowenig aus wie die zweifellos wichtigen wirtschaftlichen Motive oder die Hoffnung auf innenpoktische Stabiktät als Folge glanzvoller Expansion und ökonomischer Prosperität4. Unter dem Einfluß der auf die Staatenwelt übertragenen Beobachtungen des engkschen Biologen Charles Darwin in der Natur und der historisch vermeinthch exakten Beschreibung des engkschen Aufstiegs zur ersten Welt- und Seemacht durch den amerikanischen »Marine-Propheten« Alfred T. Mahan waren viele »Wilhelminer« überzeugt, daß Deutschland zur Wahrung seiner Stellung als Großmacht und blühender Industriestaat wie auch zur Erfüllung seiner Kulturmission nunmehr an Großbritanniens Stelle treten müsse, so wie dieses entsprechend der Logik vom Auf- und Niedergang von Weltmächten einst seine Vorgänger Spanien und Portugal, HoUand und Frankreich beerbt habe5. AnderenfaUs, so eine weitverbreitete düstere Prognose, drohte dieses so starke »Volk mit so reichen Gaben« zu einem »Phäakenvolk« herabzusinken6. Um dieses zu verhindern und zugleich dem vermeinthch historisch legitimierten Anspruch auf das engksche Erbe auch den nötigen Nachdruck verleihen zu können, begann die Reichsleitang daher mit dem planmäßigen Bau einer mächtigen Schlachtflotte, der Hochseeflotte. Diese Flotte, die seit 1897 systematisch mit ungeheurer Energie und Zielstrebigkeit von dem späteren Großadmiral Alfred v. Tirpitz, ihrem eigentlichen »Vater«, aufgebaut wurde, war jedoch wie in vielen Stadien ausführkch beschrieben nicht allein ein miktärisches Instrument; ihre Popularität in weiten Teilen der in sich freikch gespaltenen Nation belegt, daß sie darüber hinaus auch einen hohen Symbolwert hatte: Für viele verkörperte sie ungeachtet der Intentionen ihrer Schöpfer das neue, moderne und der Welt sich öffnende Deutschland: Die Kriegsschiffe der »Hochseeflotte«, wie sie schkeßkch offiziell hieß, waren ein sichtbares Zeichen technischen Fortschritts und industrieller Leistungsfähigkeit; deren Auslandsreisen unterstrichen weithin sichtbar den neuen weltpoktischen -
-
—
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3
4
3
6
Szögyeny
an Goluchowski, 5.2.1900, zit. nach: Winzen, Bülows Weltmachtkonzept, S. 124; auch Cards, Von Bismarck zur Weltpohtik, S. 337. Dazu Canis, Von Bismarck zur Weltpohtik, S. 138-338; Wehler, Deutsche Gesellschaftsgcschichte, Bd 3, S. 1129-1168; Nipperdey, Deutsche Geschichte, Bd 2, S. 621-699; Hildebrand, Das vergangene Reich, S. 190-301; Mommsen, Großmachtstellung, S. 139-321. Vgl. Tirpitz, Erinnerungen, S. 387 f.; Berghahn, Der Tirpitz-Plan, S. 180 f., mit weiteren Nachweisen; Overlack, An »Instrument of Culture«, S. 3-24; Marienfeld, Wissenschaft; Neitzel, Weltmacht; Kundel, Die Ideologie. Vgl. Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 8; ähnhch Tirpitz, Erinnerungen, S. 167, und passim.
II. Vizeadmiral Albert
Hopman
17
Anspruch, und die Seeoffiziere, die sie befehligten, waren mehrheitlich Angehörige des Bürgertums, das bereits 1848 in der Flotte ein Symbol deutscher Einheit und Größe, aber auch einen »Ort« eigenen sozialen Aufstiegs gesehen hatte. Darin lag zugleich auch ein Moment der Abgrenzung gegenüber einer Armee, die als Reprävielfach bis zur Unkenntsentant des »alten Preußen« galt und deren Offiziere
lichkeit karikiert als konservativ, engstirnig und kontinental denkend belächelt wurden. Vor dem Hintergrund des hier mit groben Strichen skizzierten, in kurzer Zeit sich vollziehenden politischen, mihtärischen und mentalen Wandels und der weitverbreiteten »Aufbruchstimmung« ist es nicht weiter erstaunlich, daß die Gemeinschaft der Seeoffiziere, das Seeoffizierkorps, bald als das »Elitekorps« des Kaisers galt und sich selbst auch so verstand. In seinen Händen schien die »Zukunft« zu hegen, und in der Person des Monarchen, Wilhelm IL, genoß es allerhöchste Protektion7. Bereits 1890, nur zwei Jahre nach seiner Thronbesteigung, hatte der junge marinebegeisterte Kaiser den vergleichsweise wenigen Angehörigen dieser sich noch im Entwicklungsstadium befindenden Waffengattung versichert: »Wie mein hochseliger Großvater einst gesagt hat, Mein letzter Gedanke wird Meine Armee sein so gelobe Ich hier vor Ihnen: Mein letzter Gedanke wird Meine Marine sein8!« Einlösen konnte er dieses Versprechen nicht, jedenfalls nicht in der erhofften Form: Am 9. November 1918 mußte ihm vielmehr der Chef der Seekriegsleitung, Admiral Reinhard Scheer, melden, daß er sich auf die Marine nicht länger verlassen könne, worauf Wilhelm II. nicht ohne sarkastischen Unterton erwiderte. »Herr Admiral, die Marine hat mich fein im Stich gelassen9.« Anlaß für diese bittere Erkenntnis war die Weigerung der Besatzungen, zu einer vom »Elitekorps« des Kaisers, dem Seeoffizierkorps, um der eigenen sozialen Ehre willen geplanten »Todesfahrt« auszulaufen. Damit setzten sie ein Signal, das innerhalb weniger Tage das Kaiserreich zusammenbrechen ließ. Die Folgen für die Marine und das Ansehen ihrer Offiziere waren fatal: Die Flotte, die die erste See- und Weltmacht, Großbritannien, erfolgreich hatte herausfordern sollen, um die »Pax Britannica« durch eine »Pax Germánica« zu ersetzen, und deren Sollstärke nach der 1912 verabschiedeten Novelle zum Flottengesetz 61 Schlachtschiffe und Große Kreuzer, 40 Kleine Kreuzer sowie 144 Torpedo- und U-Boote betrug10, lag nur wenige Monate später selbstversenkt in Scapa Flow, dem Hauptkriegshafen der Royal Navy; die Angehörigen des Seeoffizierkorps sahen sich in der Öffentlichkeit zugleich dem Vorwurf —
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—
7 8 9 10
Zur Rolle des Kaisers beim Aufbau der Flotte vgl. ausführlich Röhl, Wilhelm II., Der Aufbau, S. 1109-1152. Zit. nach: Herwig, Das Elitekorps, S. 4. Vgl. Niemann, Revolution, S. 414. Vgl. dazu Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, Anhang; die effektive Stärke betrug bei Kriegsbeginn nach Lambi, The Navy, S. 426: 16 Großkampfschiffe, 22 ältere Linienschiffe, 5 ältere Große Kreuzer, 14 Kleine Kreuzer, 88 neue bzw. ältere Torpedo- sowie 28 U-Boote. Die Angaben bei Halpern, A Naval History, S. 7-9, weichen davon zwar geringfügig ab, geben aber insgesamt eine präzisere Analyse der Gefechtsstärke, da Alter, Kampfwert und Typ der Schiffe mit berücksichtigt werden.
II. Vizeadmiral Albert
18
Hopman
ausgesetzt, nicht
nur mihtärisch versagt, sondern auch die eigenen Mannschaften schlecht behandelt und damit die Revolution ausgelöst zu haben, ein Trauma, unter dem die Marine und ihre Offiziere noch wenigstens eine weitere Generation lang »leiden« soUte11. Viele, vor allem führende Offiziere, versuchten dieses »Trauma« nach 1918 durch ihre Mitarbeit am amtlichen »Seekriegswerk«, die Herausgabe von Memoiren und Autobiographien und die Veröffentkchung von Artikeln in Tages-, Wochenund Fachzeitangen zu bewältigen12. Hopman zählte auch zu diesen. Doch nur sehr wenige waren bereit, Irrtümer, Fehler und falsche eigene Einschätzungen einzugestehen. Zu diesen gehörte nach einem langen, schmerzhaften Lernprozeß der Leiter des Marinearchivs, Vizeadmiral Eberhard v. Mantey. In einem Brief an einen befreundeten Admiral, Konteradmiral a.D. Carl HoUweg, den langjährigen Leiter des Nachrichtenbureaus der »Propagandaschmiede« der Kaiserkchen Marine -, stellte er das zwei Jahrzehnte zuvor vom kaiserkchen Hofmarschall Robert Graf Zedktz-Trützschler gezeichnete positive BUd des kberalen, verantwortungsfreudigen und weltoffenen Seeoffiziers radikal infrage: -
»Wir, die Marine, und
zwar Flotte und Flottenstab, klebten an den Heimatshäfen und dachten kontinental. Nur wenn wir uns mit Mahanscher Weisheit brüsteten, dann taten wir so, als wenn wir die Welt überblicken könnten. Unter der Lupe besehen, war die Flotte genauso kontinental wie der Generalstab. Wir waren ein auf eiserne Kasten verpflanztes preußisches Armeekorps. [...] Uns fehlte jegliche Freiheit des Denkens, wir standen unter dauernder Zensur und Bevormundung, aber wir, die Fro«/-Seeoffiziere, haben dieses System geschaffen13. Nicht der Kaiser, denn der dachte großzügig und frei und verlangte letzten Endes nur tadellose Form.«
Gilt dieses Urteil auch für Hopman? 2. Herkunft —
Albert
Jukus
Emil
Hopman
man14 und dessen Frau
wurde
am
Prägungen
30.
April
1865 als Sohn von Emü Hopin Olpe geboren. Seine Ju-
Theodore, geb. Sternenberg,
gend, über die keine unmittelbaren Zeugnisse vorkegen und über die
er sich auch nicht weiter verbrachte den wohlbehüteten in Verhältnissen er äußerte, später einer dem Büdungsbürgertum zuzurechnenden Famike in der seit 1866 zu Preußen gehörenden ehemakgen nassauischen Residenzstadt Wiesbaden15. In dieser herrschte 1'
12 13
14
13
Vgl. dazu vor allem die zeitgenössische Schrift des USPD-Abgeordneten Wilhelm Dittmann, Die Marine-Justiz-Morde; Rahn, Reichsmarine, S. 19; Salewski, Selbstverständnis, S. 66. Vgl. dazu Epkenhans, »Clio«, Tirpitz und die Marine; Bird, The Origins. Vgl. Mantey an Hollweg, 16.4.1929, in: BA-M\, RM 3/11675, teilweise auch zit. in: Herwig,
Ehtekorps, S. 83.
Das
Angaben zu Lebenslaufund beruflicher Karriere in: Schultze/Faber, 100 Jahre Landgericht Wiesbaden, S. 107 f. Von Hopman selbst sind keine Berichte über seine Jugend überliefert; der Lebenslauf seines älteren Bruders Eduard, der 1888 in den konsularischen Dienst eintrat, enthält hingegen einige spärkche Angaben über die Familie: Über Stationen in Schwelm, Olpe (1864) und Wesel (1866) gelangte diese schheßkch 1867 nach Wiesbaden. Angaben nach Eduard Hopmans handschriftk-
II. Vizeadmiral Albert
19
Hopman
aufgrund des hohen bürgerlichen Anteils an der Einwohnerschaft traditionell eine hberale Atmosphäre16. 1867 war der Vater von Wesel dorthin versetzt worden. Als Direktor des Kreisgerichts, seit 1879 als Landgerichtspräsident gehörte er zu den Honoratioren der Stadt wie auch innerhalb der preußischen Justiz. Mehrfach mit hohen Orden ausgezeichnet, wurde er 1892 zum Geheimen Ober-Justizrat ernannt. Aufgrund seiner Stellung verfügte er zugleich über die finanziellen Mittel, um seinen beiden Söhnen eine umfassende Bildung und gute Ausbildung finanzieDer zu können. Besuch eines ren Gymnasiums, das Studium der Jurisprudenz wie bei Alberts älterem Bruder Eduard17 und die Ausbildung zum Marineoffizier waren kostspiehge Stationen auf dem Weg zu beruflicher Karriere und gesellschaftlichem Prestige im Kaiserreich, die nur Angehörige der oberen Schichten ihren Kindern ermöglichen konnten. Tiefe Religiosität und Bildungsei fer, Pflichterfüllung und »nationale Werte« scheinen den Alltag in dieser protestantischen Familie geprägt zu haben. Dafür sprechen zumindest Hopmans eigene Religiosität; sein Konfirmationsspruch »Sei getreu bis in den Tod«, Bibelstellen und Predigten sind für ihn auch noch Jahrzehnte später eine wichtige Richtschnur seines Handelns oder auch Trost in schwierigen Situationen. Seine Belesenheit sowohl bezüglich der Klassiker als auch sein Drang, am kulturellen Leben der Zeit teilzunehmen, dürften ihre Ursache ebenfalls in seiner Erziehung haben. Dies dürfte gleichermaßen für sein ausgeprägtes, im einzelnen noch zu beschreibendes Pflichtgefühl gelten. Viel mehr ist über seine Kindheit nicht zu berichten; vieles bleibt hier aufgrund fehlender Quellen Spekulation.
—
—
chem, in englischer Sprache verfaßten Bd 1, Rep. IV, Personalia, Nr. 109. Vgl. Weichel, Die Bürger, S. 279-316.
Vgl. Anm.
Lebenslauf in
PA/AA,
Personalakte Eduard
Hopman,
15. Viel Kontakt scheint es zwischen den beiden Brüdern nicht gegeben zu haben. Im Nachlaß ist kein Briefwechsel überliefert, und auch in den noch vorhandenen Tagebüchern und Briefen wird der Name des Bruders, im Gegensatz zu denen anderer Verwandter, nur selten erwähnt. Eine Erklärung dafür mag darin liegen, daß dieser ab 1888 an den deutschen Konsulaten in Rußland, Algerien, Ägypten, Indien, Italien, Frankreich, der Türkei und Österreich-Ungarn Dienst tat und daher genausowenig zu Hause war wie sein jüngerer Bruder.
III. Vom Seekadetten zum Vizeadmiral: Stationen einer Karriere im wilhelminischen Deutschland Der »Unterkeutenant
Hopman«, heißt es in einer seiner ersten dienstkchen Beurteilungen, »berechtigt [...] zu den schönsten Hoffnungen«1. Grundlage für diese sehr frühe, außerordentkch positive Einschätzung waren seine »besonders guten geistigen Gaben«, seine Tüchtigkeit und sein Auftreten als Vorgesetzter wie auch sein Verhalten als Untergebener. Doch warum dieser vielversprechende junge Seeoffizier, der auch im zivüen Leben eine große Karriere hätte einschlagen können, nach dem Abitur ausgerechnet diesen Beruf wählte und nicht, wie in der Famike übkch, die juristische Laufbahn einschlug, konnte er fast vierzig Jahre später, als er seine Memoiren niederschrieb, selbst nicht mehr sagen2. Die Anfange der Kolonialpoktik unter Bismarck und die Lektüre von Reinhold v. Werners »Buch zur
See
der deutschen Flotte«3 hatten ihn, wie er rückbkckend in ihm den Entschluß reifen lassen »Du gehst zur Marine4!«
von
1. »Ein
schrieb,
fasziniert und
vielversprechender Marineoffizier«5
Von seinem Vater begleitet, trat Hopman am 21. April 1884 unmittelbar nach dem Abitur als Kadett in die Marine ein. Im Vergleich zur wilhelminischen Ära war diese eher die belächelte »kleine Schwester« der siegreichen Armeen von Königgrätz und Sedan. Äußeriiches Kennzeichen hierfür war allein schon die Tatsache, daß nicht ein Admiral, sondern ein General, der spätere Reichskanzler Leo v. Caprivi, an ihrer Spitze stand. Solange die Marine freikch nur rein defensive Aufgaben hatte Küstenschutz und Schutz des deutschen Handels in Übersee —, und diese sich im Konfkktfalle als »Juniorpartner« auf die Unterstützung durch die engksche Royal Navy verlassen konnte, war diese Größe poktisch und miktärisch mehr als ausreichend6. Vergleichsweise klein war dementsprechend auch das —
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1
2 3
4
5 6
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So der Auszug aus einer Beurteilung vom April 1887, BA-MA, Personalakte
Hopman, Pers 6/2133.
Vgl. Hopman, Das Logbuch, S. 11 f. Kapitän z.S. a.D. Reinhold v. Werner war einer der bekanntesten »Marinehaudegen« der frühen Kaiserlichen Marine. Nachdem er 1873 eigenmächtig in innere spanische Unruhen eingegriffen hatte, wurde er auf Weisung Bismarcks Vgl. Tirpitz, Erinnerungen, S. 14 f.
Ebd., S.U.
sofort seines Kommandos enthoben und verabschiedet.
Auszug aus einem Qualifikationsbericht vom April 1887, BA-MA, Pers 6/2133. Vgl. Lambi, The Navy, S. 3-49; Duppler, Der Juniorpartner.
III. Vom Seekadetten
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zum
Vizeadmiral
Marinerangliste des Jahres 1885 zählte dieses nur 1 Vizeadmiral, Konteradmirale, 24 Kapitäne zur See, 49 Korvettenkapitäne, 92 Kapitänleutnante, 155 Leutnante zur See und 116 Unterleutnante zur See7. Gleichermaßen klein war die Zahl der Seekadetten (80) und Kadetten. Von 81 Anwär-
Seeoffizierkorps.
Nach der
7
auch in 48 genommen worden8. Der Hauch von Exklusivität die Zahl der Seeoffizieranwärter nur sehr langsam von 107 (1898) auf 302 (1914)9 —, der dem Seeoffizierkorps bis zum Untergang des Kaiserreichs anhaftete, wird hier spürbar. Diese Exklusivität war gewollt: Der Seeoffizier hatte auf den Schiffen der Marine eine außergewöhnlich bedeutende Stellung inne; er war verantwortlich für die Ausbildung der Mannschaften und die Führung des Schiffes oder auch ganzer Geschwader10. Zugleich repräsentierte er auf See und in Übersee den Kaiser, dem er einen besondern Treueid geschworen hatte, aber auch das »Deutsche Reich«, dessen äußerliches Symbol die Marine als einzige in der Verfassung verankerte Reichsinstitution war. Der Unterschied zur Armee, deren Offiziere ihren Eid nur dem »Landesherrn« leisteten, ist unverkennbar11. Nur durch strenge Auswahl heßen sich auch dies galt für Marine und Armee gleichermaßen »die Qualität und die innere Zusammengehörigkeit, welche die jungen Leute schon aus ihren Familienbeziehungen mit in den neuen Beruf bringen«, erreichen. Mit »fern stehenden Elementen« schien dies hingegen nur schwer mögtern waren nur
späteren Jahren stieg
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hch12.
Um diese gewollte, politisch und militärisch für unabdingbar gehaltene Exklusivität zu bewahren, waren die Anforderungen an die Seekadetten-Anwärter außerordentlich hoch. Dies betraf zunächst die soziale Herkunft. Auch wenn das Seeoffizierkorps in seiner Zusammensetzung mehrheitlich »bürgerlich« war, da der Adelsanteil zwischen 10 und 15 Prozent relativ stabil bheb13, war es dennoch keineswegs offen. Es wurde vielmehr großer Wert auf Anwärter aus »erwünschten« Kreisen gelegt. Damit waren in erster Linie Söhne von Gutsbesitzern und Offizieren, höheren Beamten und Gelehrten, Rechtsanwälten und Ärzten, nicht aber von »Kleinbürgern« gemeint. Diese wurden nur in Ausnahmefällen in verschwindend geringer Zahl zugelassen14. Hopmans Crew, einer der wichtigsten Bezugspunkte in seinem Leben, spiegelt diese soziale Auslese wider: 13 Kadetten waren Söhne von Offizieren, 4 von Anwälten, Richtern oder Beamten, 9 von Fabrikanten, Kaufleu7 8
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11 12 13
Rang- und Quartierliste der Kaiserlich-Deutschen Marine für das Jahr 1885. Vgl. die namentliche Aufstellung in: BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/39 (allerdings mit einigen Abweichungen gegenüber der Rangliste von 1885 40 statt 48). Angaben nach: Scheerer, Die Marineoffiziere, S. 279. Um die Stellung des Seeoffiziers auf einem der größten Schiffe, einem Linienschiff, sich zu vergegenwärtigen, sei auf die Besatzung des Linienschiffs »Prinzregent Luitpold« (1912 vom Stapel gelaufen) hingewiesen: Diese bestand aus 200 Seeoffizieren, 6 Marineingenieuren, 2 Sanitätsoffizieren, 2 Zahlmeistern, 27 Deckoffizieren und 1020 Unteroffizieren und Mannschaften. Vgl. Herwig, Das Elitekorps, S. 60. Vgl. ebd., S. 58 (Treueid), 59-84; Scheerer, Die Marineoffiziere, passim. —
Kabinettsordre Wilhelms I. vom 20.11.1879, zit. nach: Scheerer, Die Marineoffiziere, S. 43. Vgl. Herwig, Das Elitekorps, S. 40. In der Armee nahm der Anteil des Adels zwar auch ab von 65 Prozent (1865) auf 30 Prozent (1913), war aber dennoch erheblich höher. Auch: Scheerer, Die Marineoffiziere, S. 44. Vgl. Herwig, Das Elitekorps, S. 39-41; Scheerer, Die Marineoffiziere, S. 44-46. -
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Vizeadmiral
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und Bankiers, jeweüs 3 von Grundbesitzern, Ärzten und Apothekern, Lehrern und Professoren sowie 2 von Pfarrern15. In diesem »Mikeu« sollte er sich Zeit seines Lebens bewegen, da die Crew wie die Marine insgesamt seinen wichtigsten sozialen Bezugpunkt bildete. Ein weiteres Mittel, die soziale Homogenität zu wahren, waren auch die hohen Kosten der dreieinhalbjährigen Ausbildung. Diese betrugen nach einer Aufstellung aus dem Jahre 1898 1280 Mark im ersten, 980 im zweiten, 600 im dritten und 1260 im vierten Jahr16. Hinzu kamen noch die Kosten für die obkgatorischen Fecht-, Reit- und Tanzkurse. Im Vergleich zu anderen akademischen Berufen waren diese Kosten keineswegs hoch, sie überstiegen in der Regel aber die Mögkchkeiten eines »Kleinbürgers«, geschweige denn eines Arbeiters, und machten es diesen daher praktisch unmögkch, ihren Söhnen diesen Weg zu ebnen. Dies galt um so mehr, als auch nach der Beförderung zum Leutnant zur See das Auskommen war. Für weitere zehn keineswegs gesichert Jahre war vielmehr ein elterkcher Zuschuß in Höhe von 600 Mark erforderiich, um die notwendigen Aufwendungen für eine Landwohnung, vorgeschriebene Uniformen und standesgemäßes Leben bezahlen zu können. Eine Auswahlkommission schkeßkch prüfte, ob diese Voraussetzungen erfüllt waren und der Seekadetten-Anwärter auch die anderen erforderkchen »Ia Quaktäten«17 hinsichtkch Gesundheit, Büdung und »poktischer Verhältnisse« vorweisen konnte, um in das exklusive Seeoffizierkorps eintreten zu dürfen. Hopman hat alle diese Anforderungen erfüllt und den Entschluß, die Laufbahn eines Seeoffiziers einzuschlagen, nie bereut. Wie die anderen Mitgkeder seiner Crew, der mit dem späteren letzten Staatssekretär des Reichsmarineamts, Vizeadmiral Ernst Ritter v. Mann, Edler v. Tiechler, sowie den Admirälen Georg v. Ammon, Gottfried Freiherr v. Dalwigk zu Lichtenfels, Friedrich Boedicker und Hermann Nordmann hochrangige Seeoffiziere der Kaiserkchen Marine angehörten18, durchkef Hopman zunächst die übkchen Stationen der dreieinhalbjährigen Seeoffizierausbüdung19: zwei Jahre Kadett auf dem Schulschiff »Niobe«, dann Seekadett auf der Kreuzerfregatte »Moltke«, Besuch der Marineschule sowie Dienst auf weiteren Schiffen im In- und Ausland. Hopman genoß dieses Leben, wie das einzige erhaltene Tagebuch aus dieser Zeit dokumentiert2". Dabei lernte er wie in seinem »Logbuch« ausführlich und zugleich lebendig beschrieben die Welt kennen. Seine Neugier war aUem Anschein nach außerordentüch groß, und ten
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Vgl.
die undatierte Namensliste einschkeßkch
Hopman, N 326/39.
Berufsangabe
des Vaters in:
BA-MA, Nachlaß
Vgl. Dambrowski, Der Seekadett, S. 138; weitere Angaben bei Herwig, Das Ektekorps, S. 49; Scheerer, Die Marineoffiziere, S. 39-41. So der ehemakge Kapitän z.S. a.D. Lothar Persius, der freikch später aufgrund seiner Kritik an Tirpitz' Politik aus der Marine ausscheiden mußte. Zit. nach: Scheerer, Die Marineoffiziere, S. 38. Vgl. dazu die Liste in: BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/39. Zur Ausbildung von Seekadetten und deren weiterer Laufbahn vgl. ausführlich aus zeitgenössischer Perspektive Dambrowski, Der Seekadett; Werner, Erinnerungen; Persius, Menschen und Schiffe, sowie Scheerer, Die Marineoffiziere, S. 58-87. Vgl. Hopmans Tagebuch über seine Reise auf der Kreuzerfregatte »Moltke« vom 20.4. bis 24.10.1885. In: BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/2.
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auch in anderer Hinsicht Mädchenbekanntschaften, Kneipenbesuche führte er ein »klassisches« Seemannsleben. Die Leistungen, die Hopman im Rahmen seiner Ausbildung erbrachte, waren stets »gut«. Am 23. Mai 1885 erhielt er das »Zeugnis der Reife« als Seekadett, das gleichzeitig die Beförderung zum Fähnrich bedeutete, und zwei Jahre später, am 16. April 1887, das ersehnte Offizierpatent. Für seine in der »Seeoffizier-BerufsPrüfung dargelegten Kenntnisse« erhielt er per Allerhöchster Kommando-Ordre vom 3. Oktober 1888 sogar eine »Allerhöchste Belobigung«21. Dementsprechend gut waren auch seine Zeugnisse auf der Marineakademie: »Kapitänleutnant Hopman«, urteilte der Inspekteur des Bildungswesens, Vizeadmiral Iwan Oldekop, am 16. August 1899, »ist ein ernster, ruhiger, sehr strebsamer Charakter, von sicherem Auftreten, geistig sehr begabt und praktisch tüchtig, von klarem Blick und weiter Auffassung, mit tüchtigen Kenntnissen auf allen Gebieten ausgerüstet und für die höheren Aufgaben des Berufs in besonderer Weise veranlagt22.« Diese Leistungen bildeten die Grundlage seiner Karriere und sicherten ihm auf der Anciennitätsliste, die die Grundlage für weitere Beförderungen war, einen der vorderen Plätze23. Hopmans Aussichten, in eine Spitzenstellung aufzusteigen, wurden um so größer, je mehr die politische Führung den Ausbau der Flotte forcierte. In diesem Moment sollte es sich als großer Vorteil erweisen, in den 1880er Jahren in die kleine Marine eingetreten zu sein, da die Marineführung auf diese Offiziere im besonderen Maße angewiesen war, um ihre hochgesteckten Pläne verwirklichen zu können. Bedeutsam, vielleicht sogar wegweisend für seine weitere Karriere war die Kommandierung an Bord des Kreuzers »Irene«, eines der modernsten Schiffe der jungen Marine, im September 1889. Kommandant der »Irene« war der Bruder Wilhelms II., Prinz Heinrich von Preußen, gleichermaßen marinebegeistert wie dieser. Zu diesem sollte Hopman im Laufe seiner Dienstzeit ein gutes, vertrauensvolles, wenn nicht sogar freundschaftliches Verhältnis entwickeln, das fast bis zuletzt, d.h. dem Zusammenbruch des Kaiserreichs, fortbestand. Die Ursache dafür ist in gegenseitiger Wertschätzung zu sehen, die sich im Laufe einer ausgiebigen Reise der »Irene« ins Mittelmeer sowie als Begleitschiff des Kaisers bei dessen Besuchen in Belgien, England, Rußland und zur Inbesitznahme von Helgoland herauskristallisierte. Während Hopman Prinz Heinrich im Vergleich zu den »Kameraden, die in der Hauptsache auf Segelschiffen ihre seemännischen Erfahrungen gesammelt hatten«, für einen modernen, kühnen und vorbildhaften Kommandanten hielt24 eine Einschätzung, die sich später allerdings ändern sollte25, bezeichnete dieser ihn als »hervorragend begabt«26. Dieser Tenor bestimmte dann auch alle weiteren Beurteilungen seiner Laufbahn. Der spätere »Vater der Flotte«, Kon—
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21
22 23 24 23
26
Vgl.
das
Seekadettenzeugnis vom
16.
April
1885 sowie weitere Noten
aus
der Seekadettenzeit in:
ebd., N 326/1, sowie im übrigen Hopmans Personalakte in: BA-MA, Pers 6/2133. Quahfikationsbericht vom 16.4.1899, ebd.. Zu den »Regeln« der Beförderung vgl. Scheerer, Die Marineoffiziere, S. 101 -107.
Vgl. Hopman, Das Logbuch, S. 108. Vgl. z.B. die Tagebucheintragung vom 12.9.1908. Soweit nicht anders vermerkt, beziehen sich Anmerkungen ohne Fundortnachweis auf den Dokumententeil dieses Bandes. Vgl. dazu den Quahfikationsbericht des Prinzen Heinrich vom 17.1.1890, BA-MA, Pers 6/2133.
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teradmiral Alfred Tirpitz, dessen Assistent im Stab des Oberkommandos der Marine er 1895 war, teüte dieses Urteil ebenso wie die anderen Offiziere, unter deren Kommando er stand. Bei diesen Landkommandos, sei es im Oberkommando (1895-1897) oder im neugeschaffenen Admiralstab (1901-1905), dies sei hier angemerkt, stellte er mehrfach seine Fähigkeiten zu nüchterner Analyse unter Beweis und obwohl er daher von seinen Vorgesetzten sehr geschätzt wurde27, zog er persönkch das Leben auf See dem Dienst in Stäben vor28. Die dort herrschende »leere Stänkerei und nutzloses Intrigieren« stießen ihn ab, aber auch finanzielle Motive spielten eine Rolle. Bordkommandos waren aufgrund der gezahlten Tafelund Messegelder relativ einträgkch. Vor allem seine Zeit als Kommandant des Kleinen Kreuzers »Bremen« (1908/09), die ihn an die amerikanische Küste führte, oder des Linienschiffs »Rheinland« (1910/11), einem der modernsten Schiffe der Kaiserkchen Marine, haben ihm sichtlich Freude gemacht. Hopman war sich seiner Quakfikationen und Wertschätzung durchaus bewußt und verfolgte daher auch seinerseits, wie es im Quakfikationsbericht vom 1. Januar 1900 hieß, »mit gesundem Ehrgeiz und Ausdauer seine Ziele«29. Zum Verdruß des Kommandanten von SMS »Brandenburg«, Kapitän zur See Carl Rosendahl, auf dessen Schiff er während der Blockade der chinesischen Küste als Navigationsoffizier im Range eines Kapitänleutnants Dienst tat, hatte dieser inzwischen bereits ein so ausgeprägtes Selbstbewußtsein, daß er »seine Meinung gern und mit einem gewissen Nachdruck geltend [machte], auch da, wo etwas mehr Zurückhaltung am Platze wäre«30. Da eine »zu weit gehende Bevorzugung dieses sonst hervorragenden Offiziers nur schaden würde«, empfahl sein Kommandant aus pädagogischen Gründen daher zeitweise eine »einschränkende Behandlung«31. Wkkkch geschadet hat dieses Urteil, das eine Einzelmeinung bkeb, Hopman, der aus der fehlenden Sympathie für seinen Kommandanten während der Expedition nach China in den Briefen an seine Frau auch gar keinen Hehl machte, nicht. Im Gegenteil, sowohl an Bord als auch im Admiralstab, zu dem er zeitweikg kommandiert war, stellte er immer wieder unter Beweis, daß er ein hervorragender, für höhere und verantwortungsvoke Posten geeigneter Offizier war. So fügte Prinz Heinrich, damals Chef der Hochseeflotte, zum Quakfikationsbericht für 1908 eigenhändig hinzu, daß Hopman, der gerade erst zum Fregattenkapitän befördert worden war, »schon jetzt als künftiger Chef des Stabes der Hochseeflotte in Aussicht genommen« werden soUte, und Admiral Henning v. Holtzendorff, Chef der Hochseeflotte zwischen 1909 und 1913, notierte zum Schluß des Quakfikationsberichts vom 1. Dezember 1911 kurz und bündig: »Verdient besondere Berücksichtigung zur Ausbildung und Verwendung für die höchsten SteUen in der Marine«32. Tirpitz, zwischen 27 28 29
30 31 32
Vgl. Lambi, The Navy, S. 197, 220-222, 278. Tagebucheintragungen vom 12.6., 1.10.1911. Quakfikationsbericht von Kapitän z.S. Dresky zum 1.1.1900, BA-MA, Pers 6/2133. Quakfikationsbericht von Kapitän z.S. Rosendahl zum 1.1.1901, BA-MA, Pers 6/2133. Ebd., Urteil von Kapitän z.S. Rosendahl bei Hopmans Abkommandierung, zit. in dem Quakfikationsbericht des Chefs des Admiralstabs, Vizeadmiral Diederichs, zum 1.12.1901. Ebd., Qualifikationsbericht von Kapitän z.S. Lans zum 1.12.1908 bzw. von Vizeadmiral Pohl
1.12.1911.
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1911 und 1915 sein unmittelbarer Vorgesetzter, war derselben Meinung, fügte als ein ihm wichtig erscheinendes Merkmal jedoch noch Hopmans Fähigkeit hinzu, »Menschen zu behandeln, Schwierigkeiten auszugleichen und seine Stellung dabei zu wahren«33. Bis zu seinem Ausscheiden 1920, als sich die Umstände radikal geändert hatten, ist er, wie die Qualifikationsberichte seiner Vorgesetzten, die ihn auch mit über fünfzig und trotz seines hohen Ranges weiterhin wie einen »kleinen« Unterleutnant jährlich beurteilten, gerecht geworden. Auch wenn er was den Dienstrang betraf als Vizeadmiral kaum höher steigen konnte, ist ihm die höchste militärische Auszeichnung der Orden »Pour le Mérite« hingegen versagt Nach dem zur Unternehmen gebheben. Besetzung der Baltischen Inseln im Herbst 1917 schlug der Oberbefehlshaber der Ostseestreitkräfte, Prinz Heinrich, diesen »hochverdienten und tapferen Flaggoffizier« zwar dafür vor, da er Zweifel hatte, ob Hopmans »Verdienste [...] ihre richtige Würdigung gefunden haben«34. Wilhelm II. lehnte diesen Vorschlag jedoch als zu »weitgehend« ab. Hopmans sachheh berechtigtes Widerstreben gegen dieses aus seiner Sicht politisch und militärisch sinnlose und zudem unnötig risikoreiche Unternehmen erwies sich hier als »Hinderungsgrund«35. Während Urteile seiner Vorgesetzten über ihn in den jährlichen »Qualifikationsberichten« reichlich vorhanden sind, fehlen Aussagens seiner Untergebenen. Aus Sicht seiner Vorgesetzten behandelte er diese »streng, aber gerecht«36, wußte auch ein »Offizierkorps [...] zu leiten«37, Das einzige überlieferte Urteil eines untergebenen Offiziers, Kapitänleutnant Rudolf Fkle, bestätigt diese Einschätzungen. Firle war regelrecht froh, als Hopman im Dezember 1916 erneut das Kommando über die Aufklärungsstreitkräfte in der Ostsee übernahm: —
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»Gott sei Dank vor allem im Interesse der Sache und Marine, wenn es natürlich auch für uns das größte Weihnachtsgeschenk bedeutet, was man sich überhaupt nur wünschen konnte. Hopman ist ein weltgewandter, weitgereister famoser Mann, kein sehr aktiver Führer, aber in Ruhe den Vorschlägen seiner Berater zugänglich, für den hiesigen Kriegsschauplatz sicher der richtige Mann. [...] Auf jeden Fall ein Unterschied wie Tag und Nacht38.«
Kapitän zur See Johannes v. Karpf, 1915 2. Admiral unter Hopman in der Ostsee, Hopmans Fähigkeiten gleichermaßen überzeugt. So ließ er den Abteilungschef im Marinekabinett, der Hopman als Befehlshaber für zu vorsichtig hielt und daher eher kritisch beurteilte, wissen, daß er ihn »für sehr geeignet auch als Geschwaderchef jetzt im Kriege halte39.« Angesichts der besonderen Bedeutung
war von
des Marinekabinetts für die weitere Karriere fellos ein wichtiges Urteil. 33 34 33 36
37 38
Marineoffizieren
war
dies zwei-
Vgl. Qualifikationsberichte Tirpitz' vom 1.12.1912, 11.12.1913, Mai 1915, ebd. Vgl. Prinz Heinrich an Wilhelm II, 10.12.1917. ebd. Vgl. Müller an Holtzendorff, 13.12.1917. Vgl. ebd. auch dessen ablehnenden Vermerk (undatiert). Qualifikationsbericht von Kapitänleutnant Flachte vom 1.1.1892, ebd. Qualifikationsbericht von Admiral Prittwitz und Gaffron vom 1.12.1909, ebd.
Vgl. N
39
von
die
Tagebucheintragung von Kapitänleutnant Firle vom 5.12.1916, BA-MA,
155/21.
Nachlaß Firle,
Vgl. die Notiz von Kapitän z.S. Restorffs, undatiert, Dezember 1915, BA-MA, Pers 6/2133.
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2. »Persönkchkeit«
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Vizeadmiral
»Mentaktät« -
27
»Weltbild« -
Annäherungen an eine Person aus der Rückschau sind stets schwierig, methodologisch wie auch hinsichtkch des zu fallenden Urteils. Dies gilt insbesondere, wenn es zu wenige Zeugnisse außenstehender Beobachter gibt. Einen Ausgangspunkt für eine derartige Annäherung an Hopman können hier mangels fehlender anderer Zeugnisse ebenfalls nur die jährkchen Quakfikationsberichte darstellen. Da diese in der Regel von wechselnden Vorgesetzten verfaßt wurden und viele Urteüe hinsichtkch Hopmans Persönkchkeit erstaunkche Übereinstimmungen aufweisen, erscheint es gerechtfertigt, diese erneut zum Ausgangspunkt der weiteren Betrachtungen zu nehmen. Hopman, urteüte der Chef des Admiralstabs, Vizeadmiral Otto v. Diederichs, im Dezember 1901 ist »eine angenehme Erscheinung mittlerer Größe, im Wesen zurückhaltend und selbstbewußt bei gefälkgen Umgangsformen4".« Dieses Urteü unterschied sich kaum von dem, das der Kommandant des Kanonenboots »Hyäne« beinahe zehn Jahr zuvor gefällt hatte: »Er ist ein ernster ruhiger und gewissenhafter Mensch, ein trefflicher, gerader Charakter, durchdrungen von Pflicht und Ehrgefühl41.« Diese miteinander zusammenhängenden Merkmale »Pflicht« und »Ehrgfühl« waren nach seinen Tagebüchern und Briefen zu urteüen zweifeUos die wichtigsten »Koordinaten« in seinem Leben. Sie waren wie erwähnt Resultat der Erziehung in einem streng protestantischen, überheferten »preußischen« Werten verpflichteten Elternhaus. Worin bestand nun diese Pflicht? Hopman hat nie einen Zweifel daran gelassen, daß in seinen Augen der selbstlose Dienst an der Nation und am Volk im »Großen«, an der Famike »im Kleinen« die wichtigsten Aufgaben im Leben eines Menschen waren. Zu den wenigen Kindheitserinnerungen, von denen er berichtete, gehörten die Schlacht von Sedan42 und später die Einweihung des Niederwalddenkmals 1883, an der er als Mitgked einer Delegation Wiesbadener Abiturienten teilgenommen hatte43. Hier hatte er die »Großen« des Reiches von Otto v. Bismarck abgesehen —, die, wie er es sah, selbstlos den Grundstein für den nationalen Aufstieg gelegt hatten, persönkch beobachten können. Helmuth Graf v. Moltke, Wilhelm I.44 und Otto v. Bismarck, dieser »Titan«45, wie er vor aüem ihn immer wieder nannte, waren für ihn daher stets nicht nur Vorbüd für eigenes Handeln, sondern auch der entscheidende Maßstab bei der Beurteilung ihrer Nachfolger dem jüngeren Helmuth v. Moltke, Theobald v. Bethmann HoUweg und Wilhelm II. Die »Reichsgründer« verkörperten in seinen Augen genau jene Werte wie »Einfachheit, Klarheit, Pflichttreue, Bescheidenheit und Vornehmheit«, —
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die er im Laufe seines Lebens zunehmend stärker schmerzkch vermissen sollte und deren Fehlen in seinen Augen die Ursache späteren Untergangs war. Diese
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Qualifikationsbericht von Vizeadmiral Diederichs vom 1.12.1901, ebd. Qualifikationsbericht von Kapitänleutnant Plachte vom 1.1.1892, ebd. Vgl. Hopman an seinen Sohn Immo, 2.9.1920. Vgl. Hopman, Das Logbuch, S. 77 f. Vgl. z.B. die Eintragungen vom 18.6.1914, 21.3. bzw. 7.9.1915.
Tagebucheintragungen vom 12.11.1911, 29.1.1917.
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Vizeadmiral
Werte ermöglichten, daß so Hopman aus der Rückschau »trotz aller Kämpfe [...] im persönlichen wie im inner- und außerpolitischen Verkehr die Schärfe der Form« fehlte und auch »die Gegensätze der Klassen, Kasten, Parteien, Volksstämme [...] weniger pointiert« waren46. Der Rückbhck aus einer anderen, ihm stets fremd gebliebenen Zeit mag hier manches verklärt haben; im Grundsatz, dies zeigen die Tagebücher und Briefe, spiegelte diese Sicht von dem Verhalten des einzelnen gegenüber dem Ganzen aber seine innere Überzeugung richtig wider. »Ich habe die Zuversicht,« notierte er am Abend seines 50. Geburtstages 1915, »daß es mir gehngen wird die heiligen Pflichten, die ich vor Gott, meinem Kaiser, meinem Vaterlande vor allem auch vor meiner Frau und meinen Kindern habe, zu erfüllen. Gott möge mich vor allem fest, bestimmt und bescheiden machen und erhalten. >Sei getreu bis in den Tod, so will ich Dir die Krone des Lebens geben47!
i87
is« 189 190
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v. Pohl, (Pohl, Aus Aufzeichnungen) sowie die Briefe und TaGeneraloberst Moritz v. Lyncker, dem Chef des Militärkabinetts, und GeneralPlessen, dem Generaladjutanten des Kaisers (demnächst in: Kaiser Wilhelm II. als
Admiralstabs, Admiral
von
oberst Hans v. Oberster Kriegsherr).
Vgl. Hopman an Trotha, 10.10.1914. Tagebucheintragungen vom 29.8./28.9./24.10./23.11./26.11.1914. Tagebucheintragungen vom 22.10./18.11.1914. Tagebucheintragung vom 17.9.1914. Vgl. die Tagebucheintragungen vom 19./20.9.1914.
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risch
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beide über die Pläne des jeweils anKleinen kaum im wie im etwas deren, Großen, wußten, sich auch nur unzureichend informierten. Ein Symptom dafür ist, daß vieles eher beiläufig besprochen wurde. So informierte Tirpitz den Chef des Militärkabinetts, Generaloberst Moritz v. Lyncker, Mitte August 1914 bei der »Mittagstafel«191 über die Gründe für das Zurückhalten der Flotte; der neue Chef der Obersten Heeresleitung, Generalleutnant Erich v. Falkenhayn, trug seine Bitte um Störung englischer Truppentransporte im Ärmelkanal durch »ein U-Boot« ebenfalls »beim Mittagessen« vor192. Ausführlich erörtert wurde aber auch diese wichtige Frage nicht, obwohl es gerade zu Beginn des Krieges, dies bestätigen die Tagebücher, der nach Meinung aller Verantwortlichen innerhalb weniger Wochen eigentlich beendet sein sollte, dringend notwendig gewesen wäre, die Operationen von Armee und Marine zu koordinieren. Verantwortlich für dieses aus der Rückschau erstaunheh distanzierte Nebeneinander war ein Bündel an Faktoren: konträre politische und militärische Zielvorstellungen, materielle Rivalitäten und tradierte, herkunftsbedingte unterschiedhehe mentale Prägungen der jeweiligen Offizierkorps. Nach der Ablösung Moltkes durch Falkenhayn Mitte September 1914 wurde diese Distanz geradezu institutionalisiert. Mit Moltke hatte Tirpitz sich noch einigermaßen verstanden, in diesem vor allem »keinen Gegner seiner Flottenpolitik« gesehen; obwohl ein Gegner Englands, hatte Falkenhayn hingegen den Flottenbau, so wie Tirpitz ihn propagiert und verwirkheht hatte, stets als politisch verfehlt betrachtet und dieses auch offen geäußert193. Tirpitz hielt daher vom neuen Generalstabschef »überhaupt nicht viel«, bezeichnete ihn als »faiseur« und war auch überzeugt, daß dieser »der großen ihm jetzt zufallenden Aufgabe [...] nicht gewachsen« sei194. Noch ein Jahrzehnt später machte der Leiter des Marinearchivs, Mantey, keinen Hehl aus seiner Verbitterung über die Hochnäsigkeit, mit der die Armee die Marine behandelte: »Der Generalstab stand auf dem Standpunkt >Macht Eueren Dreck alleine, Ihr habt uns schon durch Euere Flottenvermehrung im Frieden gestört und im Kriege wollen wir von Euch nicht belästigt sein, und vor allen Dingen geigen, daß es ohne Euch geht.< [...] Ich habe immer empfunden, daß der Generalstabsoffi^ier tabu war und daß die Marine ihm völlig Hekuba war195.« Diese Sicht war zutreffend und einseitig zugleich, machten 191 192
unbedingt notwendige Maß hinausging,
Siehe unten S. 410 f. Vgl. den Brief Manteys an Hollweg vom 16.4.1929: »Der erste der eine Forderung während des Krieges an die Marine stellte, ist Falkenhayn unmittelbar nach der Marneschlacht gewesen, bis ?ur Marneschlacht war die Marine Jür Se Armee einfach Luft. Merkwürdig, daß Falkenhayn um ein U-Boot, nicht aber um die Flotte bat!« In: BA-MA, RM 3/11675, sowie Hopmans Tagebucheintragung vom
im 194 193
17.9.1914.
Vgl. Afflerbach, Falkenhayn, S. 55-57, 108, 201. Hopman an Capelle, 16.9.1914. Vgl. Mantey an Hollweg, 16.4.1929, BA-MA, RM 3/11675. Vgl.
auch ebd. Manteys vorangegangenen Brief vom 9.4.1929: »Es ist auffallend, daß vor 1912 der Admiralstab dem Generalstab seine Pläne stets offen gelegt hat, oft sogar mit Begründung, während von den Plänen des Generalstabs nichts zu finden ist. Anscheinend sind die Pläne des Generalstabs vor dem Admiralstab streng geheim gehalten worden. Die Akten enthalten einige Aufzeichnungen über Besprechungen mit Vertretern des Generalstabes, dabei scheint aber nur das mitgeteilt worden zu sein, was vom Generalstab nicht beabsichtigt war, während über die wirklichen Pläne kein Wort verloren wurde.«
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doch auch
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Marineoffiziere, Hopman eingeschlossen, häufig keinen
Hehl aus ihrer der Armee und deren »MilitarisAbneigung gegenüber »Kommißhengsten«196 dessen äußerkch die vielen und als mus«, Verkörperung unnötigen unzeitgemäß empfundenen Paraden waren, die trotz des Krieges auch im Großen Hauptquartier stattfanden197. Dennoch, die von Hopman erfahrene Reaktät im Großen Hauptquartier bestätigt das von einem der intimsten Kenner der Marineakten und der verantwortlichen Personen aus der Rückschau gefällte harsche Urteil in seiner Substanz. Diese ohnehin große Distanz wurde durch die in Charleville, dem für lange Zeit wichtigsten Hauptquartier, herrschende räumkehe Trennung zusätzkeh verstärkt. »Da wir auch im Hause essen,« klagte Hopman in einem langen Brief an einen engen Vertrauten, Kapitän zur See Adolf v. Trotha, Anfang Oktober, »haben wir leider wenig Fühlung mit den Herrn von der Armee, Generalstab, Kriegsministerium, Miktärkabinett usw., mit denen wir, der Generalstab ausgenommen, in Koblenz und Luxemburg in demselben Hotel wohnten und aßen. Wir stehen uns jetzt noch recht gut, besuchen uns wohl, aber der dauernde Konnex fehlt198.« Über die laufenden Operationen der Armee von deren Plänen ganz zu schweigen erfuhr Hopman und dies galt für die Führung der Marine insgesamt nur wenig mehr als die Öffentkchkeit in den »Amtkchen Kriegsdepeschen«. Informelle Gespräche mit den im Hauptquartier weilenden Müitärbevollmächtigten der Bundesstaaten, dem Vertreter des k.u.k.-Generalstabs oder anderen hochrangigen Armeeoffizieren »reicherten« diese spärkehen Informationen zwar an, offenbarten auch die in Krisen herrschende »Spannung« im Hauptquartier, wirkkeh einbezogen in das miktärische Geschehen wurde die Marine aber nicht. Dies galt vor aUem für die Ereignisse an der Ostfront, aber auch für Ziel und Verlauf des Vormarsches im Westen. Die Schlacht an der Marne beispielsweise, die seit dem 5. September tobte, hielt Hopman daher zunächst nur für »ernste Kämpfe«199; allein die im Hauptquartier herrschende »allgemeine ernste Spannung auf den Ausgang«200 vermittelte ihm das Gefühl, daß dieser »von sehr bedeutsamer Entscheidung«201 sein würde. Jetzt bekam er zugleich auch erste Zweifel am »Optimismus unserer Armee«202. Nähere Details erfuhr er erst am 10. September, ohne aber deren Tragweite wirkkeh zu erkennen203. Am 12. September hatte er nach weiteren Berichten über den Verlauf der Kämpfe den Eindruck, daß Moltke »nicht das Genie« war, »das die jetzige, in vieler Hinsicht für die Kriegführung doch neuartige Ära braucht204.« Erst dessen Ablösung drei Tage später bestätigte endgültig, daß die Schlacht an der Marne ein
den
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200 2»i 2»2 203 204
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Hopman an seine Ehefrau, 25.11.1917, Famihenarchiv Fischer-Hopman. Tagebucheintragungen vom 25.10.1914, 2.4.1915. Vgl. Hopman an Trotha, 10.10.1914.; vgl. auch Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 2, S. Tagebucheintragung vom 6.9.1914. Tagebucheintragung vom 9.9.1914. Ebd. Ebd.
Tagebucheintragung vom 10.9.1914. Tagebucheintragung vom 12.9.1914.
164 f.
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Vizeadmiral
»Desaster« gewesen war205. In dunkler Vorausahnung hatte er bereits zuvor in seinem Tagebuch notiert: »Mir wird weh und wund ums Herz, male ich mir die Zukunft weiter aus206.« Verantwortlich für dieses Gefühl waren aber nicht nur die Ereignisse auf dem Schlachtfeld oder wie noch zu schildern sein wird in der »großen Politik«, sondern auch die Entwicklungen in seinem ureigensten Tätigkeitsbereich der Marinepolitik im weitesten Sinne. Auch hier gab es zunächst viel eintönige Routine: Hopman verfaßte eigenhändig die täglichen Eintragungen im »Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts« 207. Dieses sollte später eine »Grundlage für die Geschichtsschreibung sowie für die historische Würdigung des Verhaltens und der Leistungen der Führer und Truppenteile« sein, diente zugleich aber auch als »Sammlung bemerkenswerter Beobachtungen und Erfahrungen zum Zwecke späterer Nutzbarmachung«208. Darüber hinaus hielt er durch »Tagesmeldungen« den direkten Kontakt mit den verschiedenen Abteilungen des Reichsmarineamts in Berlin, vor allem Tirpitz' Stellvertreter, Admiral Eduard v. Capelle, aufrecht209. In diesen Meldungen berichtete er, gelegenthch unter Beifügung von Anlagen, über die allgemeine Kriegslage, so wie sie ihm in den Besprechungen im Generalstab dargestellt worden war, wichtige Gespräche Tirpitz' mit dem Kaiser, dem Reichskanzler, den Chefs des General- und des Admiralstabs und anderen dauernd oder vorübergehend im Hauptquartier weilenden Persönlichkeiten. Darüber hinaus gab er in Tirpitz' Namen Anweisungen für Maßnahmen, die zu treffen waren, oder stellte Fragen, um deren Beantwortung gebeten wurde. Gelegenthche Dienstreisen nach Flandern, wo seit Ende August das neu gebildete Marinekorps die Armee unterstützte, dienten der Klärung wichtiger Aspekte der Stellung und des Einsatzes dieses neuen Verbandes, waren aber auch eine durchaus willkommene Abwechs—
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lung210.
Daß vieles Routine, »eintönig«, war, hing freilich auch damit zusammen, daß der Staatssekretär des Reichsmarineamts im Kriege institutionell keine wirkliche, ihn und in der Verlängerung galt dies auch für Hopman tatsächlich ausfüllende Aufgabe hatte. Aus politischen Gründen hatte der Kaiser, wie gesehen, es jedoch für opportun gehalten, Tirpitz dem Chef des Admiralstabs als »Berater« an die Seite zu stellen. Mit diesem unzureichend definierten Auftrag versehen, versuchte er daher, seinen Einfluß in Gesprächen über den Einsatz der Hochseeflotte und deren Führung zur Geltung zu bringen. Hopmans gesamter Aufenthalt war von diesen Bestrebungen geprägt; anders als vor Ausbruch des Krieges mußte der »Vater der Flotte« jedoch erfahren, daß er unabhängig von den institutionellen Barrieren in dieser Frage, die die Marine schon in den ersten Wochen spaltete, an seine Grenzen gestoßen war. Der Operationsbefehl vom 31. Juh 1914 hatte der Flotte eine defensive Rolle zugewiesen, die offene Seeschlacht nicht als ein anzu-
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203 206
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Tagebucheintragung vom 15.9.1914. Tagebucheintragung vom 12.9.1914. BA-MA, RM 3/2620. Ebd., Vorwort. Ebd., RM 3/11486.
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¿¡g entsprechenden
Eintragungen im Dokumententeil.
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strebendes Ziel bezeichnet. Tirpitz hatte dem zugestimmt, und doch war er höchst unzufrieden über die Konsequenzen dieser Entscheidung. In der Defensive, als reine »fleet-in-being«, konnte die mühsam und gegen viele Widerstände aufgebaute Flotte nicht beweisen, daß der vor annähernd zwei Jahrzehnten von ihm entwikkelte »masterplan« tatsächlich richtig war und dem Deutschen Reich den Weg in eine große Zukunft ebnen würde. Seit Kriegsbeginn war Tirpitz daher außerordentkch nervös und gereizt. Die Erfolge der Armee, deren Vertreter spätestens seit 1912/13 keinen Hehl daraus gemacht hatten, daß sie die ganze Flottenpoktik für falsch hielten, standen in einem deutkchen Kontrast zum »Versagen« der Marine. Während diese im Westen bis zur Marneschlacht und seit Ende August auch im Osten von Sieg zu Sieg eilte, erktt die Flotte kurz hintereinander gleich mehrere schmerzkche Niederlagen: Zunächst am 24. August ging ein Kleiner Kreuzer, »Magdeburg«, bei einem Vorstoß in der Ostsee, die eigentkch ein »Nebenkriegsschauplatz« war, verloren, dann, am 28. August, wurden gleich drei Kleine Kreuzer, »Cöln«, »Mainz« und »Ariadne«, sowie ein Torpedoboot vor Helgoland von überlegenen engkschen Streitkräften überrascht und versenkt. Äußerkch waren diese Verluste zwar zunächst nur eine normale militärische »Blamage«, vor dem Hintergrund der eigenen hochgesteckten Erwartungen einer-, der vielen Versprechungen über den angebkchen Einfluß von »Seemacht« auf den weiteren Verlauf der Geschichte andererseits lösten sie bei Tirpitz die aus seiner Sicht zweifellos berechtigte Befürchtung aus, sein »Lebenswerk« stünde auf dem Spiel211. Diese Sorge vor dem eigenen Scheitern war auch die wesentliche Triebfeder seines schon für Zeitgenossen und erst recht aus der Rückschau nur schwer verständkchen Agierens in der ihm noch verbleibenden Zeit als Staatssekretär des Reichsmarineamts, dann als im Groll ausgeschiedener Privatmann. Rastlos versuchte er wie die hier vorgelegten Tagebücher und Briefe Flopmans belegen sein »Lebenswerk« zu retten, indem er gegen das seiner Meinung nach »ängstkche Zurückhalten«212 der Flotte Front machte. Hopman unterstützte ihn in seiner Kritik an den für die Seekriegführung direkt Verantwortkchen Ackniralstab, Flottenchef und Marinekabinett, nicht zuletzt auch der Kaiser: »Damit kommt die Flotte zu nichts, wird eingeschlossen und verkümmert. Sie muß was tun. Die Nation fordert das«213, erklärte er einem skeptischen Vertreter des Admiralstabs Anfang September 1914. Doch was sollte, was konnte die Hochseeflotte angesichts der strategischen Situation tatsächkch tun? Entgegen der später von ihm gestrickten und von Hopman in seiner Autobiographie und in Zeitungsartikeln weiter verbreiteten Legende hat Tirpitz sich diesbezügkch nie festgelegt. Führenden Generälen gegenüber dem Chef des Miütärkabinetts, Generaloberst Moritz v. Lyncker, dem bayerischen Müitärbevollmächtigte GeneraUeutnant Karl v. Wenninger, und auch dem preußischen Kriegsminister, Generalleutnant Erich v. Falkenhayn versuchte er vielmehr fast krampfhaft die Zurückhaltung der Flotte zu Beginn des Krieges zu rechtfertigen. Als Falkenhayn, der preußische Kriegsminister, ihn am 18. August —
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211 212 213
Tagebucheintragung vom 29.8.1914. Tagebucheintragung vom 3.9.1914. Tagebucheintragung vom 4.9.1914.
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Übersiedlung
ins Große Hauptquartier fragte, »warum 1914, unmittelbar nach der wir nicht mit der Flotte schlügen«, mußte er eingestehen, »das wäre Selbstmord jetzt und ebenso, als wenn das preußische Armeekorps jetzt auf Petersburg marschiere.« Damit bestätigte er nur dessen Urteil, daß die »Flotte keinen Zweck« gehabt habe und »es sei besser, Besatzungen an Land zu schicken214.« Wie vage Tirpitz' Vorstellungen im Grunde waren, machte auch Hopman im Oktober 1914 in einem Brief an Kapitän zur See Adolf v. Trotha deutlich215. Darin betonte er noch einmal Tirpitz' Forderung nach »aktivem Verhalten« der Flotte, was freilich nicht heißen sollte, »sie unbekümmert um die dreifache Überlegenheit des Gegners diesem zum Selbstmord in den Rachen« laufen zu lassen. »Mitteldinge zwischen solchem Extrem und der absoluten Passivität unserer Geschwader, beispielsweise kurze Vorstöße der Flotte, am besten in ihrem ganzen Bestände, die den Zweck verfolgen, die Dispositionen und Kreise des Gegners zu stören, ihn zu Gegenmaßregeln zu veranlassen, die für uns günstige Situationen schaffen können«, sollten es daher sein. Doch weder Tirpitz noch Hopman waren sich sicher, ob dieses Kalkül aufgehen, die Grand Fleet oder Teile dieser sich wie gewünscht überhaupt stellen würden; auf die »Göttin des Glücks im Krieg« wollten sie daher letztlich vertrauen, wohlwissend, daß auch ein möglicher »Erfolg« strategisch vermutlich nur wenig ändern würde: »Ein solcher wird uns freihch nicht zum Herrn der Ozeane machen, aber in der Welt doch einen gewaltigen politischen Eindruck hervorrufen, wie schon die Tat von >U 9< bewiesen hat.« Im Grunde genommen hatten Kaiser und Reichskanzler, Admiralstab und Marinekabinett angesichts der mit einer Seeschlacht verbundenen vielen Unsicherheiten und Risiken gar nicht unrecht, wenn sie zumal nach den ersten, überraschenden Verlusten aus politischen Gründen für einen vorsichtigen, zurückhaltenden Einsatz der Flotte plädierten, diese auch bei Abschluß eines Friedens noch intakt wissen wollten. »Nur ein überragendes Genie, das in diesem Falle auch nicht einmal Tirpitz war«, gestand Ende der 1920er Jahre Vizeadmiral Eberhard v. Mantey, lange ein glühender Bewunderer des »Meisters«, intern ein, »hätte 1914 die Seeschlacht gehabt216.« Nüchternes strategisches Denken, so wird man angesichts der in dieser Edition vorgelegten Befunde konstatieren können, war bei Tirpitz und seinen Anhängern in dieser Frage allerdings nur ein Aspekt, den es bei einer Entscheidung über den Einsatz der Flotte neben anderen und so der Eindruck bald vielleicht sogar wichtigeren Gesichtspunkten zu berücksichtigen gab: Eine »Remispartie« im Osten wie im Westen, die Tirpitz nach dem ausgebliebenen Erfolg der Armee für wahrscheinlich hielt, drohte das Desaster der von ihm vertretenen Politik endgültig zu offenbaren: —
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»Zu alledem tritt dann noch nem
striemacht II. 214
215 2|(>
England mit seinem zähen rücksichtslosen Druck und sei-
Willen, unsere Weltstellung zu vernichten, uns dagegen als Kontinental- und
Indu-
Ranges von seinen Gnaden weiter existieren zu lassen. Kommt unter sol-
Tagebucheintragung vom 18.8.1914. Vgl. Hopman an Trotha, 10.10.1914. Vgl. Mantey an Hollweg, 16.4.1929, BA-MA, RM 3/11675. Anfang der 1920er Jahre hatte er dies noch völlig anders gesehen (vgl. Epkenhans, »Clio«, Tirpitz und die Marine, S. 475-481), erst jetzt hatte er sich »gemausert«.
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Voraussetzungen ein Friede zustande, d.h. ein Friede der allgemeinen Erschöpengkscher Intrige und Ägide, was dann? Gibt's dann noch einen Groschen fung für eine Flotte, die im Kriege die Milliarden, die sie gekostet hat, gar nicht verzinst hat.« Im Ansatz deutet sich hier bereits jene Begründung an, die im Oktober 1918, als chen
unter
alles verloren war, den Ausschlag gab, eine »Todesfahrt« zu planen, bei der allein der Ehre und der »Zukunft« willen, ohne strategisches Ziel und ohne jegkche Erfolgschance, die Grand Fleet angegriffen werden sollte. Der Widerstand der den Frieden herbeisehenden Mannschaften verhinderte diese »Rebelkon der Admirale« und hatte entgegen den Absichten ihrer Planer den endgültigen inneren Zusammenbruch des Kaiserreichs zur Folge. Um dieses von ihm perhorreszierte Szenario zu vermeiden, begann Tirpitz daher zu »pohtisieren« und gegen jene, die er für die drohende Zerstörung seines Lebenswerkes verantwortkch machte, zu intrigieren, soweit die Umstände ihm dies erlaubten. Mit dem Chef des Admiralstabs, Admiral Pohl, der aufgrund seiner Herkunft aus kleinbürgerkchen Kreisen herablassend von vielen als »kleiner Mann«217 bezeichnet wurde, geriet er zunehmend in kleinen wie in großen Fragen schärfer aneinander, ohne diesem überzeugende Vorschläge zu unterbreiten. Versuche Hopmans, hier mäßigend, ausgleichend zu wirken, waren, wie er bereits nach wenigen Wochen offen zugab, erfolglos, da Tirpitz »Admiral v. Pohl innerkch doch nie anerkennen« würde218. Gleiches galt im Prinzip für den Flottenchef, Admiral Friedrich v. Ingenohl, den er nach einem Besuch in Wilhelmshaven im Oktober 1914 für gar »kein[en] Führer« und »unfähig« hielt219. Diesem gegenüber betrieb Tirpitz ein im Grunde unverantwortliches, perfides Doppelspiel: einerseits gab er in einem Brief an Ingenohl offen zu, daß Vorstöße gegen die Grand Fleet, »wie gesagt, meines Erachtens weniger eine Schlachtfrage als eine Frage des Prestiges nach dem Kriege«220 waren, und machte damit impkzit deutkch, daß es eigentkch kein vernünftiges miktärisches Ziel für einen Vorstoß gab. Andererseits korrespondierte er ohne jedwede Skrupel über Hopman mit dem Chef des Stabes über die Frage der Ablösung des Flottenchefs221. Zeitweikg spielte Tirpitz in diesen Wochen und Monaten sogar mit dem Gedanken, selbst die gesamte Seekriegführung zu übernehmen. Generaloberst Plessen, der Generaladjutant des Kaisers, riet davon ab, da er und dies war angesichts seiner großen Aversion gegenüber dem Staatssekretär nur ein vorgeschobenes Argument »als Berater von S.M. in großen Fragen, besonders auch poktischen, nicht zu entbehren« sei. Selber gestand Tirpitz auch ein, »daß er mit seinen 66 Jahren den körperkchen Strapazen solcher Stellung nicht mehr gewachsen sei und daß er, da er 17 Jahre außerhalb der Front stehe, das Handwerkszeug, dessen der Führer einer Flotte bedürfe, nicht mehr beherrsche222.« Der Chef des Marinekabinetts, Admiral Müller, stimmte ihm darin zu, glaubte vermutkeh aber, wie auch Hopman, »daß S.M. damit [...] nicht einverstanum
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217 218 2,9 220 22 ' 222
Tagebucheintragung vom 10.11.1914. Vgl. die Tagesmeldung Hopmans vom 7.9.1914, BA-MA, RM 3/11486. Tagebucheintragung vom 7.11.1914. Vgl. Tirpitz an Ingenohl, 25.10.1914, BA-MA, RM 8/1302. Siehe unten S. 486 f. Siehe die entsprechenden Eintragungen im Dokumententeil. Tagebucheintragung vom 7.11.1914.
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den sein würde«223. Obwohl Tirpitz dieser Meinung ausdrücklich zustimmte, hinderte ihn dies später allerdings nicht daran, gestützt auf eine willkürliche Interpretation von Hopmans Tagebuchaufzeichnungen, in verquerer Weise das Gegenteil zu
suggerieren224.
Das Dilemma der Marine seit
Beginn des Krieges war, daß sie nicht nur kein schlüssiges seestrategisches Konzept, sondern auch keine allgemein anerkannten führenden Persönlichkeiten besaß. Ein Besuch Hopmans in Wilhelmshaven, dem Hauptstützpunkt der Hochseeflotte während des Krieges, bestätigte diesen Eindruck. Einen wirklich überzeugenden Kandidaten für den Posten des Flottenchefs konnte keiner der Offiziere nennen, mit denen er vertrauliche Gespräche führte225. Admiral Bachmann, der nach dem Debakel an der Doggerbank im Februar 1915 den Posten des Admiralstabschefs übernommen hatte, machte die gleiche Erfahrung bei seinem ersten Besuch bei der Flotte. Ganz im Gegensatz zu Tirpitz
blickte man dort mit »Vertrauen« auf den neuen Flottenchef, den ehemahgen Chef des Admiralstabs, Pohl, denn über die eigenen »Führer« und dies galt ausdrücklich auch für den bald verklärten »Sieger vom Skagerrak«, Vizeadmiral Scheer —, war, wie der spätere Chef der Marineleitung, Kapitän z.S. Erich Raeder eingestand, »kein Wort zu verberen; wir haben eben keine >Führer 24fl
247 248
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Vgl. Hopman an Capelle, 3.10.1914; Tagebucheintragungen vom 4.10., 20.10.1914. Tagebucheintragung vom 22.3.1915. Tagebucheintragung vom 27.11.1914. Tagebucheintragung vom 22.3.1915. Tagebucheintragung vom 13.11.1914. Tagebucheintragung vom 27.3.1915. Tagebucheintragung vom 26.11.1914, 11.4.1915; Aufzeichnung Hopmans vom 4.2.1915. Vgl Hopmans Aufzeichnung vom 4.2.1915. Tagebucheintragung vom 22.3.1915.
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schüttert, daß eine Grundlage für dessen Absetzung vorhanden gewesen wäre. »Im alten Rom«, gab Generaloberst Einem Tirpitz zu verstehen, »schuf man in solcher Zeit einen Diktator. Aber das geht nicht, wenn man einen Monarchen hat249.« Tirpitz hielt es daher auch für »nutzlos«, bei diesem weiter um Unterstützung nachzusuchen25". Für andere dürfte dies gleichermaßen gegolten haben. Es wäre aUerdings verfehlt zu glauben, daß Tirpitz diese Versuche damit endgültig aufgegeben hätte. Je länger der Krieg andauerte, um so überzeugter war er vielmehr von der Notwendigkeit, denjenigen, den er am meisten für das Desaster seines »Lebenswerkes« verantwortlich machte zu Wilhelm II. verdrängen. Im Ziel war stimmte Hopman Tirpitz hierin zu, das Motiv jedoch ein anderes: Während bei Tirpitz das Scheitern seines »Lebenswerkes« und der damit verknüpften Ziele den Ausschlag gaben, seinem Obersten Kriegsherrn zunächst innerkch, bald aber ganz offen die »Treue« zu versagen, spielten bei Hopman eher andere, rationalere Gründe eine Rolle. Der Krieg hatte in seinen Augen endgültig bewiesen, daß das System des Kaiserreichs verkörpert in der Person Wilhelms II. nicht funktionierte251; dieser war, wie er immer wieder in seinen Tagebüchern mit teüweise unerbittlicher Schärfe notierte oder in Briefen äußerte, insofern auch das »geschichtkche Weltgericht«252. Um dessen Folgen zu bewältigen, plädierte Hopman für einen Kurswechsel im Innern, denn nur so erschien es ihm mögkch, den »Geist der Nation« zu »halten«253. Was dies über den gebetsmühlenartig geforderten Wechsel in der Ueitung des Reiches konkret bedeutete, bkeb freikch vage. Von dem Krieg, dessen Auswirkungen er mit wachsender Sorge beobachtete, sah Hopman zunächst sehr wenig. Die räumkche Distanz zur Front hatte zur Folge, daß er dessen Realität eher mehrfach gebrochen wahrnahm. Die Tagesberichte des Generalstabs vermittelten letztlich nur einen abstrakten Eindruck des Geschehens, und auch die Erzählungen von Besuchern, die im Hauptquartier Station machten, konnten das Grauen nur unvollständig schildern. Die ersten Verwundeten, die er im August 1914 traf, machten auf ihn einen »sehr guten Eindruck«; sie schienen ihm zu bestätigen, daß die Stimmung hervorragend und »Frankreich bald kirre« werden würde254. Mit der Verlegung des Hauptquartiers rückte er zwar auch näher an die Front heran, sah aber nur die materiellen Schäden, wie die ihn sehr beeindruckende, »zusammengeschossene Festung« Longwy255 oder gestürmte Stellungen in Lothringen256. Auf seinen Dienstreisen nach Flandern nach Aufstellung des Marinekorps lernte er auch die Dimensionen des Krieges näher kennen, geriet dabei sogar einmal in unmittelbare Nähe der Kämpfe. Diese beobachtete er jedoch mit einer gewissen Kaltblütigkeit, genauso wie er beim Abwurf einer Bombe unmittelbar in der Nähe des Großen Hauptquartiers hinter der Kaiservüla im —
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249 250 231 232 233 234
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Vgl. Einem an seine Ehefrau, 23.3.1915, in: Miktär und Innenpoktik, Bd 2, S. Vgl. Tirpitz an seine Ehefrau, 26.3.1915, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 458. Tagebucheintragungen vom 19.10., 27.10.1914. Vgl. Hopman an Trotha, 10.10.1914. Tagebucheintragung vom 17.9.1914. Tagebucheintragung vom 22.8.1914. Tagebucheintragung vom 31.8.1914. Tagebucheintragung vom 22.9.1914.
1136.
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»Bett« hegen bheb257. Obwohl er den Krieg nur aus der Ferne erlebte, hatte er dennoch Mitleid mit den Soldaten auf den Schlachtfeldern, vor allem seit diese in dem im Herbst 1914 einsetzenden Regen ungeschützt den Unbilden des Wetters ausgesetzt waren258. Auch als Hopman Mitte November 1914 erstmals von der Höhe der bisherigen Verluste erfuhr, war er zutiefst erschrocken259. Die »Kriegsmüdigkeit«, die er angesichts der »furchtbaren Menschenschlächterei« bei Wilhelm II. und Mitgliedern seiner unmittelbaren Umgebung während einer Einladung zur Abendtafel festzustellen glaubte, fand er dennoch eher befremdlich260. Offenkundig war sie für ihn ein weiteres Symptom der Schwäche. Tote und Verwundete auf den Schlachtfeldern hat er offenbar nie gesehen, daß durch den Tod verursachte Leid aber doch indirekt zu spüren bekommen. Anfang September 1914 brach ein von ihm geschätzter General vor ihm in Tränen zusammen, als er Hopman von dem Tod seines einzigen Sohnes auf dem Schlachtfeld berichtete261; Ende Oktober beschrieb ein durchreisender junger Hauptmann eindringhch die hohen Verluste und die ans »Unfaßbare« grenzenden »physischen und psychischen Anforderungen« des Stellungskrieges262. Unmittelbarer, da hier vielfältige dienstliche und private Bindungen zerstört wurden, trafen ihn hingegen Nachrichten von dem Tod ehemaliger Kameraden wie dem Kommandanten des Kleinen Kreuzers »Karlsruhe«, der im Atlantik nach einer Explosion gesunken war263. Die Gefahren des Krieges waren für Hopman jedoch kein Grund, sich auf einem ruhigen Schreibtischposten auszuruhen. Das Leben im Hauptquartier betrachtete er bei allen äußerlichen Annehmlichkeiten als wenig erfreulich. Ohne zu zögern ergriff er daher Anfang April 1915 die ihm gebotene Chance, als Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte im Range eines Konteradmirals, zu dem er Ende März 1915 befördert worden war, ein Kommando zu übernehmen. Der Abschied vom »alten Herrn«264 fiel ihm sichthch schwer; im Vergleich zu den unbefriedigenden Perspektiven, die sich ihm bei einem Verbleiben im Hauptquartier mit seinen Intrigen und der dort herrschenden Langeweile eröffneten, war die Aussicht, auf See seine Fälligkeiten unter Beweis zu stellen, jedoch mehr als verlockend. Vorsichtig, aber doch selbstbewußt drängte er daher Tirpitz, der zögerte und mehrfach andere personelle Alternativen ins Spiel brachte, um Hopman, seinen »unbedingt zuverlässige [n] und treue [n] Berater« in »der schweren Zeit«265 halten zu können, ihn doch frei zu geben266. -
237 238 239 260 261
262 263 264
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Tagebucheintragung vom 15.4.1915. Tagbucheintragungen vom 18.9., 23.10., 13.11.1914. Tagebucheintragung vom 14.11.1914. Tagebucheintragung vom 25.9.1914. Tagebucheintragung vom 10.9.1914. Tagebucheintragung vom 23.10.1914. Tagebucheintragung vom 2.12.1914. Tagebucheintragung vom 28.3.1915. So Tirpitz' in seinem Abschlußqualifikationsbericht, Mai (undatiert) 1915, BA-MA, Pers 6/2133. Tagebucheintragungen vom 28.3. bis 16.4.1915.
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b) »Erfolge sind nicht zu ernten«267: Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte in der Ostsee 1915
Strategisch war die Ostsee in den Planungen der Marine ein »Nebenkriegsschauplatz«. In der Nordsee, gegen Großbritannien, sollte die Entscheidung fallen, und daher waren alle verfügbaren modernen Einheiten seit 1912, als ein »großer« europäischer Krieg immer näher gerückt war, nach Wilhelmshaven verlegt worden. In der Ostsee waren nur wenige ältere Schiffe verbheben, die die russische Baltische
Flotte in Schach halten sollten. Diese war nach dem Desaster in der Schlacht von Tsushima im Mai 1905 aufgrund fehlender Mittel, einer wenig leistungsfähigen Werftindustrie und allgemeiner Mißwirtschaft zwar noch im Aufbau begriffen erst 1930 sollte sie ihre volle Stärke erreichen268 -, stellte aber bereits 1914 eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar. Vor allem möghche russische Landungen an der langen Ostseeküste bereiteten dem Admiralstab erhebliches Kopfzerbrechen269. Nach Kriegsausbruch bheb der Marine daher mangels starker eigener Kräfte zunächst standen nur sechs meist ältere Kleine Kreuzer erhebhch kampfkräftigeren russischen Linienschiffen und Kreuzern gegenüber270 jedoch nichts anderes übrig, als dieser Gefahr durch eine defensive Kriegführung, die die russische Flotte lahm legte, entgegenzutreten und durch eine Sperrung der Ostseezugänge ein Eindringen enghscher Geschwader zu deren Unterstützung zu verhindern. Die defensive Kriegführung schloß demonstrative offensive Vorstöße an die russische Küste bewußt nicht aus, erwies sich aber auch als äußerst risikoreich. Bereits im August 1914 ging einer der beiden modernen Kleinen Kreuzer, »Magdeburg«, verloren. Vorübergehend wurden die Streitkräfte in der Ostsee daher durch weitere Einheiten, das aus älteren Linienschiffen bestehende IV. Geschwader und mehrere Panzerkreuzer, verstärkt. Da die Baltische Flotte, die stets mit einer kurzfristigen Verlegung der Hochseeflotte von der Nord- in die Ostsee rechnen mußte271, ebenfalls in der Defensive bheb, gelang es dadurch, in diesem »Stellungskriege«272 die »Seeherrschaft« in der Ostsee zu verteidigen. Dies war mühsam genug, zumal Mitte November 1914 der zugewiesene Panzerkreuzer »Friedrich Carl« auf einem russischen Minenfeld gesunken war und wenig später auch die Kleinen Kreuzer »Augsburg« und »Gazelle« Minentreffer erhalten hatten273. Diese Verluste machten deutlich, daß die Baltische Flotte gewillt und auch in der Lage war, den Ostseestreitkräften die behauptete Seeherrschaft streitig zu machen. Unterstützt wurde sie dabei von enghschen U-Booten, die im Herbst in die Ostsee eingedrungen waren und die 1915 mit beachtlichen Erfolgen in den Seekrieg auf diesem »Nebenkriegs-
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267
268 269 270
Tagebucheintragung vom 1.11.1915. Vgl. dazu vor allem Gatrell, Government. Vgl. Lambi, The Navy, S. 395 399, 405 407. Zur »Kriegsgliederung« beider Flotten im August -
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Tabelle 3 und 4. 271 272 273
Vgl. Rahn, Strategische Probleme, S. 349 f. Ebd., S. 286. Ebd.,S. 240-242, 279
f.
1914
vgl.
Der
Krieg
zur
See, Ostsee, Bd 1,
III. Vom Seekadetten
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Schauplatz« eingreifen sollten274. Spätestens jetzt machte sich bemerkbar, daß Admiralstab und Flottenführung nicht bereit waren, alternative Formen der Kriegführung einschkeßkch einer Verlagerung des Schwerpunktes von der Nord- in die Ostsee nüchtern zu diskutieren. Der Chef des I. Geschwaders, Vizeadmiral Wilhelm v. Lans, hatte diese Neuorientierung im Februar 1915 empfohlen und ausführlich begründet. Tirpitz' poktisch bedingte Fixierung auf Großbritannien als dem Hauptgegner des Deutschen Reiches verhinderte jedoch eine nüchterne Prüfung dieses Vorschlags, den er »als Gift für die Flotte«275 betrachtete. Hopman sah dies ähnkch und hatte in einer ausführlichen Denkschrift gegen die von Lans vertretenen Ideen SteUung genommen276. Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, mit denen er bald zu kämpfen hatte, entbehrt diese Haltung allerdings nicht einer gewissen Ironie277. Diese Bedingungen bildeten den Rahmen für Hopmans neue Tätigkeit im weiteren Verlauf des Jahres 1915. Der Befehlshaber der Ostseestreitkräfte, Prinz Heinrich, beabsichtigte im Frühjahr 1915, nach dem Ende der Vereisung der von der Minen- und U-Bootkriegführung der Baltischen Flotte ausgehenden größeren Bedrohung der eigenen Streitkräfte offensiver zu begegnen278. Um dieses Ziel erreichen zu können, war eine Verstärkung und Neugruppierung der Streitkräfte in der Ostsee jedoch notwendig, die in der Form der Bildung der »Aufklärungsstreitkräfte der Ostsee« am 20. April 1915 schkeßkch erfolgte und deren Führung Hopman noch am gleichen Tage übernahm279. Diese Streitkräfte waren zunächst eher ein Rumpfverband, dessen Einheiten teilweise gar nicht gefechtsklar waren, und ohne festen Heimathafen. Mit drei, wenn auch älteren Panzerkreuzern und drei Kleinen Kreuzern sowie einer Torpedobootsflottille und weiteren Begleitfahrzeugen stellte er dennoch zumindest auf dem Papier eine beachtkche Streitmacht dar; mit den russischen Linienschiffs- und Kreuzerbrigaden konnte er sich jedoch zahlenmäßig wie auch hinsichtlich seiner Gefechtskraft nicht messen. In vielerlei Hinsicht schien Hopman geeignet, den Schwierigkeiten, die ihn angesichts dieser Kräfteverhältnisse erwarten würden, besser gerecht zu werden als sein Vorgänger, Konteradmiral Ehler Behring. Dieser hatte als »detachierter Admiral«280 in den ersten Monaten des Krieges wenig Fortune bewiesen und sollte nunmehr auf den einflußlosen Posten eines 2. Admirals abgeschoben werden, bevorzugte es aber, seinen Abschied zu nehmen. Hopman hingegen galt nicht nur als ausgesprochener Rußlandspeziakst, der die russische Flotte und viele ihrer Kommandanten einschließlich ihres Befehlshabers, Admiral Nikolaj v. Essen, —
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274 275 276
277 278
279
280
Ebd., S. 203-219.
Vgl. Tirpitz, Poktische Dokumente, Bd 2, Rahn, Strategische Probleme, S. 351 f.
S. 208. Ausführlich
zu
dieser
strategischen Option
Siehe unten S. 573-576. Vgl. seine Klagen darüber in dem Brief an seine Ehefrau vom 12.10.1915. Vgl. die Denkschrift Prinz Heinrichs vom 25.3.1915, in: Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 25-30. Ebd., S. 44-47 (ebd. auch eine Kriegsgkederung beider Streitkräfte), sowie Tagebucheintragung vom 20.4.1915. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 1, S. 74.
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während seiner Zeit in Port Arthur kennengelernt hatte, sondern auch als »tüchtiger Führer«281. Hinzu kam, daß er ein gutes Verhältnis zu Prinz Heinrich, dem Oberbefehlshaber in der Ostsee, hatte. Dieser galt allgemein als überfordert und nervös282. Allein die Tatsache, daß er der Bruder Wilhelms II. war und dieser glaubte, ihm das erbetene Kommando nicht verweigern zu können, hatte ihm den Posten des Oberbefehlshabers der Ostseestreitkräfte verschafft: »Auf dem Ostseekriegsschauplatz komme es nicht so darauf an. Der Prinz könne ja einen guten Stab bekommen«283, hatte er dem Chef des Marinekabinetts, Admiral Müller, entgegnet, als dieser auf dessen mangelnde Führungseigenschaften hinwies. Der Verlauf des Seekrieges in der Ostsee hatte dieses Urteil Müllers bestätigt, und der Chef des Admiralstabes, Admiral Bachmann, hatte daher Hopmans Kommandierung aus diesem Grund auch maßgebhch betrieben. Hopman hat dieses Kommando letztlich als »befriedigend«284 empfunden. Angesichts der Aufgaben dauernde Beobachtung am Finnischen Meerbusen, offensive und defensive Minenunternehmungen und Schutz der Küste —, die er trotz der ihm dafür zur Verfügung stehenden vergleichbar schwachen Streitkräfte vergleichsweise erfolgreich zu bewältigen wußte, hatte er dazu auch allen Grund285. Dies gilt um so mehr, als Hopman Anfang Mai 1915 im engen Einvernehmen mit den Armeen Hindenburgs mit seinen Streitkräften auch die große Ostoffensive, in deren Verlauf die deutschen und österreichischen Truppen weit vordrangen, unterstützen mußte. Damit lieferte er zwar ein Beispiel für das prinzipiell möghche Funktionieren gemeinsamer Operationen von Armee und Marine; angesichts der geringen Mittel, die ihm zur Verfügung standen, stellten diese aber auch hohe Anforderungen an seine Einheiten und deren Besatzungen. In deren Verlauf unterstützte Hopman Anfang Mai auch die Eroberung jenes russischen Marinestützpunktes, der in den folgenden Monaten der »Heimathafen« seines Verbandes sein sollte: Libau. Dessen Besetzung und weiterer Ausbau zeigten ihm jedoch schnell, daß er sich damit politisch auf »dünnem Eis« bewegte: während dieser Schritt für Hopman in erster Linie pragmatische Gründe hatte, sah Tirpitz darin vom ersten Tage an die Gefahr, daß »darüber der Westen, d.h. Belgien, vergessen, unsere Politik nach Osten gerichtet und damit die Flotte zu einem unbedeutenden Anhängsel der Armee werde [...] >Zur Pioniertruppe von Herrn v. Falkenhayn««286. Dies waren freilich Zukunftsspekulationen, an denen Hopman sich zwar durchaus beteihgte, vor allem soweit es die dauernde Inbesitznahme von Kurland betraf, die aber nicht im Vordergrund seiner Überlegungen und seines Handelns standen. Dazu waren die Aufgaben, die er zu bewältigen hatte, zu umfangreich. Die Beobachtung des Finnischen Meerbusens, die Minenunternehmungen und vor allem der Ver—
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Tagebucheintragung Bachmanns vom 13.4.1915, BA-MA, MSg 1/764; Tagebucheintragung Hop-
282
Tagebucheintragungen vom 31.1., 9.4.1915. Tagebucheintragung Müllers vom 30.7.1914, BA-MA, Nachlaß Müller, N 159/4; auch Die sche Seekriegsleitung, Bd 1, S. 74. Tagebucheintragung vom 18.12.1915. Tagebucheintragung vom 23.4.1915. Tagebucheintragungen vom 11.5., 13.12., 14.12.1915; Brief an die Ehefrau vom 27.11.1915.
mans vom
283
284 283 286
8.4.1915.
deut-
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Unterstützung der Armee und mit Hilfe zusätzkcher Einheiten in den Meerbusen einzudringen, erwiesen sich als schwierig und auch verlustreich. Rigaer Die Baltische Flotte operierte geschickt, legte immer wieder neue Minenfelder, und die in der Ostsee operierenden, zwischenzeitlich verstärkten engkschen U-Boote führten erfolgreich Handelskrieg auf den wktschaftkch wichtigen Verbindungen ins neutrale Schweden und torpedierten auch einige Kriegsschiffe. Zu diesen gehörte auch sein eigenes Flaggschiff, der ältere Panzerkreuzer »Prinz Adalbert«, der nur mit einiger Mühe gerettet werden konnte, einige Monate später jedoch erneut Opfer eines engkschen U-Bootes wurde und sank, wobei Hopman dieses Mal durch Zufall nicht an Bord war. Die Tagebücher und Briefe belegen, daß Hopman kein Draufgänger, eher ein vorsichtiger, die Risiken kalkukerender, dennoch kein ängstkcher Befehlshaber wie bei dem geplanten Einbruch in den war. Dies galt insbesondere, wenn er Meerbusen das Unternehmen für Rigaer »strategisch falsch«287 oder die Gefahren für zu groß hielt: »Wk«, schrieb er nach einem ausführiichen Gespräch mit dem Stabschef der Oberleitung, Kapitän zur See Andreas Michelsen, such,
zur
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»haben uns sehr eingehend über die Lage und ihre Folgerungen unterhalten. Dabei sind wir übereinstimrnend zu der Überzeugung gelangt, daß im Hinbkck auf die zahlreichen U-Boote, die jetzt dauernd gespürt werden, es nicht ratsam sei, mit den großen Schiffen viel umherzufahren. Wenn man irgendein großes Ziel hätte, das deren Einsatz lohnte, wäre es nicht nur richtig, sondern erforderlich, aber was winken uns für Erfolge? Die Russen kommen mit ihren Schiffen doch nicht heraus, und die Tatsache, daß man sich mal irgendwo an ihrer Küste gezeigt und vielleicht einen Leuchtturm beschossen hat, macht den Verlust oder auch nur die Beschädigung eines großen Schiffes nicht wett288.«
Die Marinehierarchie, aber auch das Bestreben, Erfolge vorweisen zu können, keßen Hopman, der, so wird man aus der Rückschau sagen können, die Mögkchkeiten und Grenzen der Seekriegführung in der Ostsee reakstischer einschätzte als die Kommandostellen im fernen Kiel, mit seinen Einwänden häufig scheitern. Erst im Oktober 1915, als der Seekrieg in der Ostsee sich angesichts der bevorstehenden Vereisung dem vorübergehenden Ende zuneigte, gelang es ihm, den Oberbefehlshaber der Ostseestreitkräfte, Prinz Heinrich, der »eigentkch keine Diskussion« hatte zulassen wollen, zur Rücknahme zu weit gehender Forderungen zu veranlassen289. Dessen Frontbesuche kamen ihm daher eher ungelegen, und in seinen Tagebüchern konnte er sich seine sarkastischen Bemerkungen über dessen Eitelkeit und Alkoholkonsum nicht verkneifen290. Hopmans eigener »Führungsstil« mutet »modern« an: Zu seinen Kommandanten suchte er den regelmäßigen Kontakt, besprach alle Unternehmungen ausführkch mit diesen, ermutigte und belobigte, ermahnte sie aber auch, wenn sie seiner Meinung zu große Risiken eingegangen waren. In Ansprachen munterte er auch die Besatzungen auf, lud einzelne sogar gelegentlich zum Essen ein. Er war stets froh, wenn alles »glatt« gegangen war und seine Einheiten nach Unternehmungen 287
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Tagebucheintragung vom 15.8.1915. Vgl. Hopman an seine Ehefrau, 30.10.1915. Tagebucheintragung vom 1.10.1915. Tagebucheintragungen vom 27.9., 1.10., 2.10.1915.
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unbeschädigt wieder eingelaufen waren. Um so schwerer trafen ihn Verluste, vor allem der Untergang seines eigenen Flaggschiffs, »Prinz Adalbert«, und des Kleinen Kreuzers »Bremen«, den er zeitweilig kommandiert hatte. Beide Male verloren
enge Bekannte ihr Leben, was für ihn ein Anlaß war zumindest der Ehefrau des Kommandanten persönhch zu schreiben. Auch an den persönhchen Problemen wie Krankheit oder Nervenschwäche seiner Untergebenen nahm er Anteil, versuchte soweit als möghch zu helfen. Die Sorge um seine Untergebenen, die vielen Operationen auf See und der bürokratische Alltag an Land heßen ihm erstaunlich genug dennoch Zeit für Spaziergänge und Besuche, fürs Kartenspiel, Kameradschafts- und Kneipenabende, vor allem aber auch ausführliche, fast tägliche Briefe an seine Ehefrau; auch den Austausch mit anderen Marineoffizieren pflegte er weiter, um auf dem laufenden türkischen Prinzen und dem Großherzu bleiben. Der Empfang von Besuchern von Friedrich Franz IV. zog Mecklenburg291, dem neuen Chef des Admiralstabs, Admiral Holtzendorff292 und Wilhelm II.293 —, die die neu eroberten Gebiete bereisten, war eine interessante Unterbrechung im Alltag. Die geplante Neuordnung der Befehlsverhältnisse in der Ostsee für das Kriegsjahr 1916 gab schheßhch den Ausschlag, daß Hopman Mitte Dezember 1915 Libau verließ. So wie die Dinge lagen, war für ihn keine verantwortliche Stelle mehr frei und er »mehr oder minder überflüssig«294. Manche Äußerungen von Prinz Heinrich und selbst des Kaisers, dessen scherzhafte Bemerkungen freilich schwer zu deuten waren, heßen bei ihm allerdings auch den Verdacht aufkommen, daß seine Kriegführung kritisch beurteilt und er vielleicht sogar abgeschoben wurde, anstatt mit der geplanten neuen Oberleitung in der Ostsee betraut zu werden. Letztlich zu klären ist diese Frage nicht:. Während Prinz Heinrich in seinem Quahfikationsbericht vom 1. Dezember 1915 in höchsten Tönen von Hopman sprach und ihn als Führer größerer Verbände empfahl, notierte der Abteilungschef des Marinekabinetts in seiner Personalakte: »Dieses Urteil scheint mir reichlich günstig. Soll nach anderen Angaben durchaus nicht so viel Initiative und Offensivgeist besitzen wie erhofft wurde295.« Geschadet hat ihm dieses Urteil zunächst nicht. —
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c) »Lieber Steine kloppen in Deutschland«296: Berater im türkischen Marineministerium 1916 Das vorläufige Ende des wenig erfolgreichen, zermürbenden Krieges in der östlichen Ostsee schien auf den ersten Blick den Weg zu neuen, interessanteren »Ufern« am fernen Bosporus zu ebnen. Seit den 1880er Jahren war der »kranke Mann am Bosporus«, das Osmanische Reich, zunehmend stärker in das Blickfeld —
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291 292 293 294
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Tagebucheintragungen vom 3./ 4.12.1915. Tagebuchaufzeichnungen vom 24./ 25.11.1915. Tagebucheintragung vom 14.12.1915. Tagebucheintragung vom 3.11.1915. Vgl. den Vermerk Restorffs (undatiert), Dezember 1915. BA-AM, Pers 6/2133. Tagebucheintragung vom 16.3.1916.
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deutscher Poktiker, aUen voran Kaiser Wilhelm IL, und Miktärs, Industrieller und Bankiers sowie alldeutscher Ideologen geraten297. Je mehr das Reich des Sultans zerfiel, um so mehr beflügelte es die Phantasien jener, die aus dem Deutschen Reich ein Weltreich machen wollten und die dementsprechend nach Einflußsphären suchten. Das Schlagwort von der Achse »Berkn—Bagdad« war insofern mehr als nur eine Kurzformel für die Wunschvorstellungen aUdeutscher Phantasten, die von Siedlungsgebieten in der Türkei träumten, oder interessierter Wirtschaftskreise wie der Deutschen Bank und dem Essener Krupp Konzern, die im Bau der Bagdadbahn und der Lieferung von Waffen im großen Stil auf die gewinnbringende Anlage von Kapital und die Sicherung lukrativer Absatzmärkte hofften. Die Berufung deutscher Militärberater darunter der später regekecht verklärte preußische Generalfeldmarschall Colmar Freiherr von der Goltz-(Pascha) sowie die Erteilung der Konzession für den Bau einer Eisenbahn von Konstantinopel bis nach Bagdad im Jahre 1903 hatten den deutschen Einfluß unübersehbar gestärkt, auch wenn dessen Grenzen weiterhin deutkch zu erkennen und zu spüren waren. Über die »Dette Ottomane« verfügten die anderen Großmächte, insbesondere Großbritannien und Frankreich, über einen wirksamen Hebel, die Ausdehnung deutschen Einflusses wenn nicht zu verhindern, so doch zu verzögern. Daß sie diesen Hebel benutzten, und dies übersahen die wilhelminischen Weltpoktiker aüzu gern, lag in erster Linie daran, daß der Mittlere Osten eine der poktisch sensibelsten Regionen der Erde war. Gleich mehrere Großmächte Großbritannien, Rußland, Frankreich, schkeßkch auch Itaken betrachteten das östkche Mittelmeer und die angrenzenden Gebiete als wesentkchen Teil ihrer jeweikgen Interessensphären; Versuche, das fragile Gleichgewicht zu stören, hatten seit Beginn des 19. Jahrhunderts mehrfach kriegerische Auseinandersetzungen nicht nur zwischen den Regionalmächten der Türkei, Griechenland und den um ihre Selbständigkeit kämpfenden Balkanstaaten -, sondern auch zwischen den Großmächten zur Folge gehabt. Zuletzt hatten die Balkankriege 1912/13 Europa an den Rand der Katastrophe geführt. Je mehr zudem die Türkei an ihren Rändern, dem Balkan, Tripoks und den Inseln in der Ägäis, zerfiel und ihre wechselnden Regierungen im Innern aufgrund von Mißwirtschaft, Korruption und Konzeptionslosigkeit an Autorität einbüßten, um so häufiger wurden auch Pläne zur endgültigen Aufteilung erörtert298. Selbst Wilhelm IL, der seit seiner Rede in Damaskus 1898, in der er sich zum Protektor aller Muslime erklärt hatte, als ausgesprochen türkenfreundkch galt, hatte derartigen Gedanken 1913/14 freien Lauf gelassen, wie auch Hopman beim Studium der berühmt-berüchtigten kaiserkchen Randbemerkungen und Attacheberichte zum eigenen Erstaunen feststellte299. Letztlich aber war zu diesem Zeitpunkt, in dem die allgemeine Lage ohnehin gespannt genug war, keine Großmacht bereit, das »heiße Eisen« einer Aufteilung des Osmanischen Reiches anzufassen, durch die die Kräfteverhältnisse im Mittelmeerraum merkkch verschoben worden wären. Dies wiederum ermögkchte es den -
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297 298 299
Grundlegend dazu: Scherer, Adler und Halbmond; Schöllgen, Imperialismus und Gleichgewicht. Vgl. Fischer, Krieg der Illusionen, S. 429 f. Tagebucheintragungen vom 6. bis 9.5.1914.
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Machthabern in Konstantinopel, die in den Balkankriegen noch so eben davongekommen waren, zu versuchen, die Großmächte vielleicht sogar gegeneinander auszuspielen, um die eigene Existenz mittel-, wenn nicht langfristig zu sichern. 1914 sondierten türkische Emissäre daher auch im Lager der Entente Möglichkeiten der Annäherung, freilich ohne greifbares Ergebnis300. Die Weigerung der Regierung in London, Ende Juh 1914 den angereisten türkischen Abnahmekommissionen auf enghschen Werften gebaute und bereits bezahlte Kriegsschiffe auszuliefern, signalisierte insofern einmal mehr, daß die Türkei von dieser seit Ende der 1890er Jahre, als der englische Premier Lord Salisbury zum ersten Mal deren Aufteilung angeregt hatte301, abgeschrieben worden war. Gegen erhebliche Widerstände im Kabinett und unter strengster Geheimhaltung setzte einer der Führer der Jungtürken, Enver Pascha, zeitweilig Militärattache in Berlin, daher Mitte Juh 1914 und unabhängig von der sich anbahnenden europäischen Krise auf die deutsche »Karte«. Ein Bündnis mit dem Kaiserreich schien unter den gegebenen Umständen die größeren Vorteile für die Türkei zu bieten. Im Gegensatz zu den Ententemächten und diesen nahestehenden Staaten, allen voran Griechenland, die in der Vergangenheit mehrfach Teile des Osmanischen Reiches an sich gerissen hatten, hatte das Deutsche Reich offenbar nur wirtschaftliche, nicht aber konkrete territoriale Interessen in der Türkei; militärisch bedrohte dieses unmittelbar weder die türkischen Land- noch dessen Seegrenzen, und auch aus kulturellen und religiösen Gründen erschien es vorteilhafter, sich diesem anzuschließen als Großbritannien oder Frankreich, deren Herrschaft über große islamische Kolonien vielfältige Reibungsflächen zur Folge haben konnte. Aus ureigenen türkischen Interessen schloß Enver Pascha daher am 2. August ein Defensivbündnis mit dem deutschen Botschafter. Dieses richtete sich zwar zunächst allein gegen Rußland; indem es der Türkei zugleich aber die deutsche Militärmission unter Generalfeldmarschall Otto Liman v. Sanders zur Verfügung stellte und die Integrität des Osmanischen Reiches garantierte, stellte es dennoch zugleich die Weichen für dessen Eintritt in den Krieg an der Seite der Mittelmächte. Das Einlaufen des deutschen Mittelmeergeschwaders, das vor überlegenen enghschen Einheiten hatte flüchten müssen, in die Dardanellen am 10. August und das Hissen der türkischen Fahne auf diesen Schiffen, die zu den modernsten ihrer Klasse gehörten, am 16. August 1914 unterstützten die Politik Enver Paschas ebenso wie die großzügigen finanziellen Zusagen der Reichsleitung für den Fall eines Kriegseintritts. Gegen erhebliche Widerstände setzte dieser einen Angriff gegen russische Schwarz-Aleer-Häfen Ende Oktober durch, nach den deutschen Erfolgen überzeugt, damit letztlich auf der Seite der Sieger zu stehen. Von entscheidenden Siegen konnte 1914/15 weder auf deutscher noch auf türkischer Seite die Rede sein: Vorstöße der türkischen Armee im Kaukasus wie auch gegen den strategisch wichtigen Suez-Kanal scheiterten im Winter 1914/ —
3"° 301
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Vgl. Palmer, Verfall, S. 318-322; Kreiser, Der osmanische Staat, S. 49 f. Vgl. Palmer, Verfall, S. 259 f.; Schöllgen, Imperialismus und Gleichgewicht, S. 63-70; am besten zu
den türkischen
Motiven,
ein Bündnis mit dem Deutschen Reich 680.
Folgen Strachan, The First World War, S. 663
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abzuschließen, und dessen
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Frühjahr 1915. Kaum weniger schwierig war die Situation im Irak, wo ein engkschindisches Expeditionskorps gegen Bagdad vorrückte. Erhebkche Kräfte band schließhch der alkierte Angriff gegen die Dardanellen im Frühjahr/Sommer 1915, mit dem nach dem Erstarren der Kämpfe in Frankreich und Belgien eine zweite Front im Osten hatte eröffnet und der Krieg nach dem erhofften Zusammenbruch der Türkei hatte verkürzt werden sollen. Dennoch, im Vergleich zu den ursprünglich äußerst geringen Erwartungen des deutschen Generalstabs sollten die Leistungen der türkischen Armee auch nicht unterschätzt werden. Trotz zahkeicher Rückschläge gelangen ihr an fast aUen Fronten erhebkche Abwehrerfolge: Das bei Galkpolü gelandete Expeditionskorps konnte in den Brückenköpfen eingeschlossen und nach blutigen Kämpfen Ende 1915/Anfang 1916 zum Abzug gezwungen werden, und auch im Irak wurde der engksche Vormarsch auf Bagdad bei Kut el Amara 1915/16 vorläufig gestoppt302. Auf allen Kriegsschauplätzen spielten deutsche Militärberater eine, wenn auch im einzelnen höchst unterschiedkche RoUe bei der strategischen und taktischen Planung in den Hauptquartieren oder auch direkt an den Fronten. Dies galt auch für die türkische Marine. Nach Einlaufen der Schiffe der Mittelmeerdivision wurde bereits Ende August 1914 ein Sonderkommando der Marine unter Leitung des Admirals Guido v. Usedom gebüdet, das zunächst die Küum die Flotte vor überraschenden Angrifinstandsetzte, stenverteidigungsanlagen fen zu schützen. Deutsche Offiziere begannen darüber hinaus, die türkische Marine, die trotz der Tätigkeit einer engkschen Marinemission303 in einem desolaten Zustand war seit 1877 war kein Kriegsschiff mehr in das Schwarze Meer ausgelaufen, Schießübungen hatten so gut wie nie stattgefunden, und auch wichtige Einrichtungen funktionierten nicht, wenn sie nicht gleich herausgerissen worden waren —, überhaupt erst kriegsbereit zu machen304. Die Rolle, die die Flotte, deren Rückgrat der Große Kreuzer »Goeben« und der Kleine Kreuzer »Breslau« unter türkischer Flagge hießen sie offizieU »Javus Sultan Selim« und »Midük« waren, nach Kriegseintritt spielen konnte, war daher sehr begrenzt. Sie beschränkte sich auf einige wenige Vorstöße im Schwarzen Meer bzw. indirektes Eingreifen in die Kämpfe um die Dardanellen durch Beschießung alkierter Stellungen aus verdeckten Positionen. Für größere Unternehmungen reichten die eigenen Kräfte angesichts der Überlegenheit der russischen wie auch der engkschen Flotte nicht aus. Auch die langen Küsten an beiden Meeren machten sich in dieser Hinsicht nachteikg bemerkbar; aufgrund der weiten Entfernungen waren die eigenen Schiffe eine leichte Beute ihrer Gegner oder von diesen geschickt gelegter Minen. Die Verbesserung des Ausbüdungsstandes und der Gefechtsbereitschaft der türkischen Marine und die Instandsetzung von Verteidigungsanlagen waren aus der Sicht des Flottenchefs, Vizeadmiral Wühelm Souchon, und des stellvertreten—
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Zur miktärischen Leistungsfähigkeit der türkischen Armee und zum Verlauf der Kämpfe am besten Strachan, The First World War, S. 680-754. D¡e engksche Marinemission reiste erst am 16.9.1914 ab. Vgl. Der Krieg zur See, Der Krieg in den türkischen Gewässern, Bd 1, S. 40. Vgl. die plastische Schilderung ebd., S. 32-41.
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den türkischen Marineministers, Enver Pascha, nur ein Herumkurieren an Symptomen, dem ohne eine grundlegende Reform des türkischen Marinewesens letztlich der Erfolg versagt bleiben würde. Diese Reform erschien angesichts der Mißwirtschaft, Ineffizienz und Korruption in den Spitzenstellungen nur möghch, wenn sie wie bei der Armee von einer Marinemission konzipiert und systematisch durchgeführt werden würde. Die Entsendung einer Marinemission erschien Enver Pascha zu diesem Zeitpunkt zwar nicht opportun, wohl aber wollte er endlich die Grundlagen für eine »brauchbare und gründliche Reformarbeit« legen. Dementsprechend bat er im Herbst 1915 über Vizeadmiral Souchon um Entsendung eines älteren Seeoffiziers, der den Posten eines Stabschefs im Marineministerium einnehmen sollte305. Angesichts der Bedeutung dieses Postens, der dem eines Unterstaatssekretärs vergleichbar war, konnte es sich bei dem zu entsendenden Offizier allein vom Rang her, wie Vizeadmiral Souchon zu bedenken gab, nur um einen Konteradmiral handeln. Dessen Vorschläge die Konteradmirale Hopman, Behncke und Jasper stießen jedoch zunächst auf keine Resonanz. Aus Sicht des Marinekabinetts waren Hopman und Behncke für den »eigenen Dienst zu wertvoll«, Jasper hingegen »wenig geeignet«306. Am Ende fiel die Wahl schheßhch doch auf Hopman, obwohl dieser als »Reserve-Geschwaderchef in der Flotte« eigentlich nicht zu entbehren war307. Aus allgemeinen außenpolitischen Erwägungen erschien es wichtig, einen der fähigsten Offiziere zu entsenden. Nur dadurch konnte sichergestellt werden, daß nach dem Kriege »in keinem Staatsbetriebe eine andere Nation Fuß fassen kann308.« Obwohl die Dotierung der Stelle durch die türkische Regierung noch offen war, beschleunigten die beteihgten Stellen angesichts »der großen Bedeutung, die die Stellung für die Entwicklung unserer politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Türkei haben könnte«, daher auch Hopmans Ent—
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sendung309.
er zunächst auch zögerte310, so entschloß Hopman sich dennoch, dieses anzunehmen. Die Aufgabe »reizte« ihn von der Sache her offenbar, zumal Angebot die finanziellen Bedingungen durchaus lukrativ waren. Das angebotene Jahresgehalt von 36 000 Mark entsprach immerhin dem des Staatssekretärs des Reichsmarineamtes. Zudem war der Wechsel vergleichsweise risikolos, da Hopman vorläufig mit dem Recht auf jederzeitige Rückkehr nur kommandiert und auf der für die weitere Karriere wichtigen Anciennitätsliste weitergeführt wurde; auch seine erworbenen Pensionsansprüche als Konteradmiral darauf legte er, wie der stellvertretende Chef des Marinekabinetts ausdrücklich festhielt, besonderen Wert bheben erhalten311.
Wenn
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Vgl. Souchon an Tirpitz, 22.10.1915, BA-MA, Pers 6/2133. Der Brief Enver Paschas war nicht zu
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Vgl. die Notizen Restorffs vom 1.11.1916, ebd. Vgl. die Notiz Restorffs vom 8.11.1915 zu einem Schreiben des stellvertretenden Chefs des Admiralstabs, Koch vom 3.11.1915, in dem dieser Hopman empfohlen hatte. Ebd. Vgl. Hebbinghaus an Restorff, (undatiert, 4.11.1915?), ebd. Vgl. Müller an Tirpitz, 27.12.1915, ebd.
ermitteln. 307 308
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Tagebucheintragung vom 22.12.1915. Vgl. Hopmans schriftliche Einverständniserklärung vom 28.12.1915, BA-MA, entsprechende Notiz Restorffs ebd.
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6/2133. Die
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Gesprächen mit Unterstaatssekretär Arthur Zimmermann im Ausdem Chef des Admiralstabs, Admiral Holtzendorff, dem Chef des wärtigen Amt, Admiral Marinekabinetts, Müller, und schkeßkch auch dem Chef der 2. Obersten General Heeresleitung, Falkenhayn, am 19. Januar 1916 schkeßkch Berkn in Richtung Konstantinopel verkeß, reiste er wohl seinem schwierigsten Kommando entgegen. Eigentlich alle Gesprächspartner hatten erkennen lassen, daß es im deutsch-türkischen Binnenverhältnis trotz der schwierigen Kriegslage offenbar erhebliche Spannungen gab: Das Eintreten des deutschen Botschafters, Paul Graf Metternich, für die von der systematischen Vernichtung bedrohten Armenier wurde als diplomatischer Affront betrachtet und seine sofortige Abberufung gefordert; zugleich drängte die türkische Regierung darauf, sich über konkrete gemeinsame Kriegsziele zu verständigen, und auch in strategischen Fragen versuchte dieihre se, eigenen Interessen auf dem Balkan Wiedergewinnung Thraziens vorrangig zu verfolgen, anstatt sich zunächst auf die für die gemeinsame Kriegführung weitaus wichtigeren Fronten am Suez-Kanal und im Irak zu konzentrieren. Der Chef des Generalstabs, Falkenhayn, dem es Ende 1915 nur mit Mühe gelungen war, Enver Pascha zur Anerkennung dieser Prioritäten zu bewegen, beobachtete dessen Interesse für die Reform der türkischen Marine daher nicht ohne Sorge. Ausdrückkch bat er Hopman daher, darauf zu achten, »daß die Gelder, die er jetzt nach harten Kämpfen mit Reichsschatzamt für die Türkei zwecks Fortsetzung ihrer Kriegführung bekommen habe, nicht für Nebenzwecke, neue Schiffsbauten usw. verwendet würden312.« So richtig dieser Hinweis in der Sache war, so schwer war es, ihm Rechnung zu tragen. In ihren Gesprächen hatten Zimmermann, Müller und Falkenhayn ihn zu besonderer Rücksicht auf die orientaksche Mentaktät, sowie auch auf die persönkchen Eitelkeiten der Verantwortkchen in Konstantinopel aufgefordert. Daß diese Empfindlichkeiten im Umgang mit der türkischen Führungsspitze zu berücksichtigen waren, stand nach allen vorangegangenen Erfahrungen deutscher Diplomaten und miktärischer Berater außer Frage; dieser Hinweis auf »Eitelkeiten« und »Mentaktäten« verdeckte aber nur mühsam die Rivalitäten zwischen den führenden »Jungtürken« Enver, Djemal und Talaat Pascha einer-, der türkischen Führungsspitze und den deutschen Militärberatern andererseits. Die verschiedenen Putschversuche, die internen Debatten über die außenpoktische Orientierung sowie schkeßkch auch die Auseinandersetzungen über den Kriegseintritt der Türkei hatten diese Spannungen mehrfach deutlich gemacht. Hinzu kamen die Querelen mit dem offenbar kaum weniger eitlen Leiter der deutschen Miktärmission, Generalfeldmarschall Liman v. Sanders. Diesem unterstellte Stabsoffiziere, aber auch der deutsche Botschafter, Flans v. Wangenheim, beklagten sich mehrfach über dessen »schwierige Persönkchkeit«313. er
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Die Schwierigkeiten, die Hopman am Bosporus erwarten würden, hatte auch der Marineattache in Konstantinopel, Korvettenkapitän Flans Humann, zwischen den Zeüen angedeutet, als er Tirpitz Ende Dezember 1915 offiziell im Auftrag des
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Tagebucheintragung vom 13.1.1916. Tagebucheintragungen vom 28.8.1914 und 24.9.1914.
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eigentlichen Marineministers, Djemal Pascha, bat, einen hochrangigen Marineoffizier »zur Reform der Osmanischen Marine« zu entsenden314. Als Befehlshaber der 4. (syrischen) Armee sprichwörtlich an die Peripherie gedrängt, war dieser nur begrenzt in der Lage, auf Entwicklungen und Entscheidungen im Zentrum Einfluß zu nehmen, vor allem aber seine eigene bisherige Machtposition gegenüber Enver Pascha, dem Kriegsminister und gleichzeitig stellvertretenden Marineminister, zu wahren, geschweige denn auszubauen. Obwohl er die Notwendigkeit deutscher Mitarbeit an der Reform der türkischen Marine grundsätzlich anerkannte und daher neben einem Chef des Stabes auch die Entsendung eines Flaggoffiziers zur zukünftigen Übernahme des Kommandos über die türkische Flotte sowie eines Ingenieurs und eines Verwaltungsbeamten beantragt hatte, hatte Djemal andere Vorstellungen von der Tätigkeit der deutschen Berater als Enver Pascha. Dabei ging es ihm weniger um deren Arbeit an sich, als um deren rechtlichen und politischen Status. Nach den Erfahrungen mit der Militärmission, die aufgrund zahlreicher geheimer Vereinbarungen über sehr weitreichende Rechte verfügte und deren »Prärogativen«, wie Humann nach Gesprächen mit Enver Pascha zugab, die »Türken >verprelltReserve< der jetzigen Regierung und höchstwahrscheinlich der kommende Mann [sei], im Falle daß irgendwelche Ereignisse die beiden Diktatoren Enver und Talaat zwingen sollten, die Leitung des türkischen Staates anderen Händen zu überlassen.« Mit diesen politisch wie psychologisch komplizierten Verhältnissen sah Hopman sich konfrontiert, als er am 21. Januar 1916 schheßhch mit dem Balkanzug in Konstantinopel eintraf316. Bereits die ersten Gespräche mit den dort weilenden Vertretern der Marine und der Armee waren »alles andere als ermunternd«317. In diesen wurde deutheh, daß die Türkei und die türkische Politik ein äußerst schwieriges Terrain waren, auf dem trotz Krieg, unübersehbarer Not und eklatanter Mißstände offenbar andere Gesetze und Regeln galten318. Als besonders mißlich erwies sich dabei bereits bei Hopmans Antrittsbesuch im Marineministerium, dessen Stabschef er eigentlich sein sollte, daß seine Stellung im Vorfeld weder hinsichtlich —
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314 515 316 317 318
Vgl. Humann an Tirpitz, 22.12.1915, BA-MA, Pers 6/2133. Ebd. Zu seiner
Tätigkeit in Konstantinopcl vgl. auch Hopman, Das Kriegstagebuch, S. 145-180. Tagebucheintragung vom 23.1.1916, BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/17. Einen plastischen Eindruck von den schwierigen Verhältnissen in Konstantinopel vermitteln auch die Memoiren des amerikanischen Botschafters zwischen 1913 und 1916, Henry Morgenthau. Vgl. Morgenthau, Ambassador Morgenthau's Story.
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Vizeadmiral
der damit verbundenen Befugnisse präzise umschrieben noch poktisch ausreichend abgesichert worden war. Zwar hatte Djemal Pascha den zukünftigen Chef des Stabes in seinem Antrag noch als »sein zweites Gewissen«319 bezeichnet, mit der Ernennung des türkischen Kommodore Vassif Bey zum »sous chef« waren seinem Einfluß jedoch bürokratische Grenzen gezogen worden, die zu überschreiten ihm in den folgenden Monaten seiner Tätigkeit nicht gekngen sollte. Es war daher nicht weiter verwunderkch, daß Hopman seinen Entschluß, nach Konstantinopel zu wechseln, noch am gleichen Tage als »die größte Dummheit meines Lebens« bezeichnete und sich vornahm, sich sobald wie mögkch »wieder mit Anstand aus der Geschichte herauszuziehen«320. Dieser Gedanke durchzog auch seine weitere Tätigkeit wie ein roter Faden. In ausführiichen Briefen an seine Ehefrau, aber auch an Tirpitz, dem er sich wie zuvor weiterhin verbunden fühlte, beschrieb er schonungslos diese »Welt des äußeren und inneren Verfalls und Schmutzes«321, als die sich die Türkei ihm darstellte. Poktisch, miktärisch und wirtschaftlich erschien diese ihm als ein Faß ohne Boden, ohne wirkkche Chance auf Reorganisation und erfolgreiche Modernisierung. Er hielt deren Zusammenbruch nicht zuletzt angesichts schwerer Niederlagen infolge der neuen russischen Offensive im Kaukasus, die die türkische Armee überraschend schnell nach Anatoken zurückdrängte -, für kaum vermeidbar. In zwei ausführiichen Briefen an Tirpitz plädierte er Mitte Februar und Anfang März für ein FaUenlassen der Türkei, die seiner Meinung nach ohnehin nur ein »Opfer einiger Fanatiker und Phantasten«322 war, und eine vollständige Neuorientierung der deutschen Außenpoktik: —
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»Die Auffassung, daß wir die Türkei zu neuer Kraft entwickeln und in ihr goldene Berge finden werden, ist grundfalsch. Ein uns freundliches, im nahen Osten sich vorschiebendes Rußland ist uns poktisch und wirtschaftlich unendlich mehr wert. Wir sollten mit einem gewissen Anstand die Türkei allmählich fallen lassen und uns vielleicht mit einer gewissen Einflußsphäre in Anatolien begnügen, kurz gesagt nach den harten Erfahrungen dieses Krieges wieder in [die] alten Bahnen der Bismarckschen Politik zurückschwenken, die ja auch Euer Exzellenz stets verfolgt haben. Der Krieg hat uns dann immerhin doch den Vorteil gebracht, daß der Balkan nicht russisch geworden ist, sondern dort vielleicht unter bulgarischer Führung ein neues Staatengebilde entsteht, das nach den Mittelmächten hin inidiniert323.«
Der an der deutschen Botschaft tätige Legationssekretär und spätere Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Bernhard Wühelm v. Bülow, teilte diese Gedanken324, und auch Matthias Erzberger und Gustav Stresemann, die sich zur gleichen Zeit in unterschiedkcher Mission in Konstantinopel aufhielten, hatten aufgrund der vor Ort gewonnenen Eindrücke zumindest das »Gefühl, daß Türkei in Deutschland viel zu hoch eingeschätzt wird, besonders ihre wirtschaftliche Entwicklung325.« 319 320 32' 322
323 324 323
Vgl. Humann an Tirpitz, 22.12.1915, BA-MA, Pers 6/2133. Tagebucheintragung vom 24.1.1916. Ebd.
Tagebucheintragung vom 4.2.1916. Vgl. Hopman an Tirpitz, 2.3.1916. Tagebucheintragung vom 4.3.1916. Vgl. Hopman an seine Ehefrau, 6.2.1916; Tagebucheintragungen vom 8.2.1916, BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/17.
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Angesichts der Situation an den Fronten, der strikten Ablehnung eines Sonderfriedens durch die russische Regierung und der Kriegsziele der Reichsleitung spiegelte Hopmans Auffassung, »unsere Zukunft [hegt] nicht in der Linie Berlin—Bagdad, sondern in der Freiheit unserer Entwicklung auf dem Weltmeer«326, zwar die Gedankengänge eines von Tirpitz Ideen geprägten Marineoffiziers wider, war insgesamt aber wenig realistisch. Eine wesentliche Ursache seiner pessimistischen Beurteilung der Zukunft der Türkei und seiner persönlichen Enttäuschung, zugleich aber auch zumindest aus seiner subjektiven Sicht ein Symptom ihres Verfalls war die bereits in den ersten Wochen erkennbare Sinnlosigkeit seiner Tätigkeit. Entgegen den indirekten Zusagen Djemal und Enver Paschas und den eigenen Hoffnungen bheb Hopmans diensthche Stellung bis zuletzt unklar. Innerhalb des Marineministeriums heßen ihn die dort tätigen türkischen Offiziere regelrecht auflaufen, indem sie ihm so wenig Einblick in den alltäglichen Geschäftsbetrieb wie möghch gaben327. Zugleich versuchten sie, ihre eigene Autorität zu sichern, indem sie andere deutsche Offiziere zur Anerkennung ihrer Stellung zu zwingen versuchten328. Beschwerden Hopmans bei Enver Pascha über diese »Kindereien« hatten wenig Erfolg. Obwohl —
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versicherte, daß ein »deutscher Reformer Chef des Stabes, d.h. des Ministeriums sein müsse« und diesem auch deutsche OffiLeiter eigenthcher ziere als Abteilungschefs zur Seite gestellt werden sollten, wich er einer Entscheidung letztlich aus329. Auch eine Reise nach Damaskus, wo sich das Hauptquartier des eigenthchen Marineministers, Djemal Pascha, befand, bheb ohne greifbares Ergebnis. Ohne große Umschweife machte dieser deutheh, daß er nur einen »conseiller«, keine Mission zur Seite gestellt haben wollte330. Dahinter stand, wie Hopman in seinem Ende April verfaßten Bericht feststellte, dessen Überzeugung, »daß der Preis dieses Krieges in erster Linie die unbeschränkte Souveränität der Türkei sein muß, die jede weitere, besonders eine nach außen hin sichtbare und fühlbare Bevormundung durch irgendeine fremde Macht, auch durch Deutschland, ablehnt331.« Wie eng Djemal, »der türkischste aller jetzigen türkischen Staatsmänner«, daher die Befugnisse des Marineberaters begrenzen wollte, machte er schheßhch in einer eigenen, Hopman unmittelbar vor dessen Abfahrt aus Damaskus also ohne die Möglichkeit weiterer Diskussion überreichten Denkschrift deutheh332. Darin forderte er nur noch einen Berater im Rang eines Kapitäns zur See, der über keinerlei wirkliche Kompetenzen verfügen und ebenso wie die anderen zu entsendenden Offiziere höherangigen türkischen unterstellt werden sollte. Im Prinzip und Hopman verstand Djemals Denkschrift auch so war dies nichts anderes als
dieser ihm
erneut
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326 327 328 329 330 33'
332
Vgl. Hopman an Tirpitz, 10.2.1916. Tagebucheintragung vom 15.2.1916. Tagebucheintragung vom 16.2.1916. Tagebucheintragungen vom 7.3. bzw. 13.3.1916. Tagebucheintragung vom 5.4.1916. Vgl. Hopman an Capelle, 22.4.1916. Vgl. die Denkschrift Djemal Paschas vom 7.3.1916 (türkische Zeitrechnung), RM 2/1215, sowie auch in:
ebd., Nachlaß Hopman, N 326/37.
in:
BA-MA,
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eine unverblümte Bitte, wieder abzureisen. Aufgrund seines höheren Ranges kam Hopman für eine derartig »minderwertige« Stellung nicht in Frage. Doch es waren nicht nur diese für beide Seiten so wichtigen Rang- und Statusfragen, die einen Erfolg der Mission unmögkch machten. Schon in den ersten Wochen hatte Hopman durchaus zu Recht das Gefühl, daß der Zeitpunkt für seine Entsendung schlecht gewählt war. Unter den Bedingungen des andauernden Krieges war die Aufgabe, die »Verhältnisse« zu »studieren« und »Vorschläge« zu machen »zunächst für die Festsetzung seiner eigenen Stellung und Tätigkeit, dann für die der anderen nach seinem Dafürhalten notwendigen und zu berufenden Marinereformer«333 kaum sinnvoll zu lösen. Wie bereits seit Einlaufen der deutschen Mittelmeerdivision geschehen, konnte zunächst allein der Flottenchef, d.h. Vizeadmiral Souchon, aktive Reformarbeit leisten, ein Berater hingegen allenfalls »Phantasiepläne« schmieden334. Daran mangelte es auf türkischer Seite allerdings auch nicht. Djemal Pascha und die ihm unterstellten Offiziere im Marineministerium keßen keinen Zweifel daran, daß sie für die Zukunft den Aufbau einer schlagkräftigen Flotte planten, deren Kern sechs moderne Großkampfschiffe bilden sollten335. Die Kosten dieses Bauprogramms, das weit über das von ihm entworfene und erhebkch bescheidenere allerdings weder in den Akten noch in den Tagebüchern überkeferte hinausging336, schätzte Hopman auf über eine Mükarde Mark. Wie diese Summe angesichts der desolaten türkischen Finanzlage jedoch aufgebracht werden sollte, war völkg unklar. Auch die Annahme, daß die Kaiserliche Marine die Schlachtkreuzer »Goeben« und »Moltke« sowie den Kleinen Kreuzer »Breslau« der Türkei überlassen würde, war angesichts der Gesamtsituation, in der sich die Hochseeflotte befand, kaum mehr als eine vage Hoffnung. Flopman hatte daher nicht unrecht, wenn er in seinem Bericht über die Reise nach Damaskus Djemal Pascha in einer Mischung aus Anerkennung und Kritik als einen Mann beschrieb, der glaube, »mit einem Pascha-Machtwort das schaffen zu können, woran andere Jahrzehnte und Generationen gearbeitet haben337.« Dieser aus deutscher Sicht Mangel an Reaksmus kennzeichnete auch die Verhandlungen über den neben der Klärung der Stellung eines Marineberaters und die Pläne für den Aufbau einer modernen Flotte letzten großen Themenkomplex die Errichtung von Werftanlagen am Bosporus durch ein deutsches Konsortium, die Deutsch-Osmanische Werftenvereinigung. Diese war ein Zusammenschluß mehrerer deutscher Großwerften, und deren Vertreter hatten seit längerem mit der türkischen Regierung über dieses Projekt verhandelt. Am Ende reisten sie jedoch mit gleichermaßen leeren Händen aus Damaskus ab wie Hopman. —
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333 334 335
336
Vgl. Humann an Tirpitz, 22.12.1915, BA-MA, Pers 6/2133. Vgl. Hopman an Tirpitz, 10.2.1916. Tagebucheintragung vom 27.2.1916. Vgl. auch Hopmans handschriftliche Denkschrift vom 7.4.1916, in der die Details ausgeführt werden, in: BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/37. Vgl. Hopman, Das Kriegstagebuch, S. 158. Danach hatte er nur 8 Kleine schnelle Kreuzer, 3 Torpedobootsflottillen, 30 U-Boote sowie einige weitere Hilfsschiffe gefordert. Die Kosten dieses Programms
bekefen sich mit 280 Milkonen Mark auf kaum mehr als ein Viertel der türkischen
Wünsche. 337
Vgl. Hopman an Capelle, 22.4.1916.
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Wenige Wochen später, am 20. Mai, verließ Hopman daher auch die Türkei mündhchen Berichterstattung über schwebende Fragen vorläufig«338, wie das Reichsmarineamt in der entsprechenden Ordre diplomatisch geschickt formulierte.
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»zur
Ausnahmsweise war er dieses Mal mit dem wegen seiner Nähe zum Reichskanzler, seiner Anglophilie wie auch seiner Vorbehalte gegenüber den Machthabern in Konstantinopel ansonsten wenig geschätzten deutschen Botschafter Graf Metternich darin einig, »daß es richtig ist, sich jetzt den Türken nicht aufzudrängen, die an und für sich schon sehr mißtrauisch gegen deutsche Bevormundung seien339.« Die Klärung der Fragen, und dies zeigt noch einmal die Schwierigkeiten auf, mit denen Hopman zu kämpfen hatte, gelang auch im weiteren Verlauf des Krieges nicht. Die Verhandlungen über eine Marinekonvention zogen sich bis Mitte Oktober 1918 hin, danach waren sie bedeutungslos, da die Türkei die Alliierten um einen Waffenstillstand bat340. Hopman, der aus seinen Ressentiments gegenüber den türkischen Offizieren, mit denen er diensthch zusammenarbeiten sollte, auch keinen Hehl gemacht hatte und der, wie er in großer Erregung Mitte Februar 1916 in seinem Tagebuch notiert hatte, »lieber Steine kloppen in Deutschland« wollte als »mit der Bande [...] Jahre lang« zusammenzuarbeiten341, war erleichtert, als er die Türkei wieder verlassen konnte. Seine Mission, deren Übernahme er schon fast vom ersten Tage an bereut hatte, war gescheitert, daran konnte kein Zweifel bestehen. Allein die eher »touristischen« Aspekte seines Aufenthalts die Besichtigung des eben erst von den Alliierten geräumten Schlachtfeldes von Gallipolli, der Besuch der ihn sehr bewegenden Ausgrabungen von Troja, die Reise nach Damaskus und schheßhch die Fahrt ins antike Baalbek konnten auf der Habenseite verbucht werden. Sein Interesse dafür wie auch die intensiven Gespräche mit der »bunten« Schar deutscher Besucher in der Türkei den gleichermaßen einflußreichen wie rührigen Abgeordneten Matthias Erzberger und Gustav Stresemann, dem Orientalisten Ernst Jäckh und dem Schriftsteller Ludwig Ganghofer dokumentieren jedoch einmal mehr sein Bestreben, den eigenen Horizont zu erweitern und aktuelle Fragen zu diskutieren, selbst wenn die Ergebnisse dieser Diskussionen häufig unbe—
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friedigend waren.
d) »Mehr oder minder unbeschäftigt«342: Zwischenspiel in Berlin
Hopmans weitere Karriere bedeutete die vorzeitige Rückkehr nach Berlin zunächst einen tiefen Einschnitt. Die Aussicht, als Nachfolger des Chefs der Mittelmeerdivision zu einem späteren Zeitpunkt nach Konstantinopel zurückzukehFür
ren, von
338 339
340 341 342
mehr als vage. Es war völlig offen, ob sich sein Vorschlag, der Türkei die dieser gewünschten drei deutschen Kriegsschiffe als Kern einer später aufzu-
war
Vgl. Capelle an Admiral Müller, 15.5.1916, BA-MA, Pers 6/2133. Tagebucheintragung vom 24.4.1916. Vgl. Groß, Die Seekriegführung, S. 45 Tagebucheintragung vom 16.2.1916. Vgl. Hopman an Tirpitz, 4.8.1916.
60. -
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bauenden Flotte
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überlassen und diese dadurch zugleich in die Hand zu bewürde reaksieren lassen und ihm eventuell eine neue berufliche kommen, poktisch Perspektive bieten würde. Im Reichsmarineamt wiederum war ein seinem Dienstgrad entsprechender und zugleich interessanter Posten nicht frei. Gleiches galt für die Hochseeflotte: Admiral Scheer, der Flottenchef, legte »nicht den geringsten Wert darauf«, ihn »als Admiral in die Flotte zu nehmen«343. Damit wollte er vermeiden, den vorhandenen 2. Admiralen in den Geschwadern einen kaum älteren Offizier »vor die Nase« zu setzen. Aber auch persönkche Animositäten Scheers spielten ohne daß Hopman dies hinreichend erkannt zu haben scheint344 dabei eine nicht unerhebkche RoUe. Nach Mitteüung des Stabschefs der Flotte, Kapitän zur See Trotha, hatte dieser »gar nichts für Hopman übrig, anscheinend wegen seiner Differenzen im R.M.A.« Worin diese im einzelnen auch ihre Ursache gehabt haben, jetzt waren sie geeignet, Hopmans Karriere ernsthaft zu gefährden, obwohl inzwischen mehrere Jahre vergangen waren. Sie müssen zumindest von Scheer als so gravierend empfunden worden sein, daß er sich eine weitere Zusammenarbeit mit Hopman nicht vorstellen konnte. Selbst im September 1918, als er dringend einen Nachfolger für Admiral Behncke suchte, der unmittelbar nach seiner Ernennung zum Staatssekretär des Reichsmarineamts aufgrund seiner vermeintkchen Unfähigkeit von Scheer im engen Schulterschluß mit führenden Industriellen wieder gestürzt worden war, zog er Vizeadmiral Ritter v. Mann Edler v. Tiechler Hopman vor, obwohl dieser von der Anciennität her ein ernsthafter Kandidat für diesen Posten war. »Für Hopman«, schrieb er seiner Frau, »habe ich gar nichts übrig345.« Anfang August 1916, nach einer ihn kränkenden Periode der Unsicherheit und des Wartens, wurde er schkeßkch dem Admiralstab zur Dienstleistung zur Verfügung gestellt und übernahm in Vertretung den Posten des stellvertretenden Chefs des Admiralstabs sowie die Leitung der neugeschaffenen Operationsabteüung. Im Admiralstab war er, anders als in der Flotte, wiederum ein gern gesehener, von dessen Chef, Admiral Holtzendorff, offenbar auch geschätzter Mitarbeiter eine Wertschätzung, die, wie die Tagebuchaufzeichnungen belegen, jedoch nicht auf Gegenseitigkeit beruhte346. Der Posten, der zunächst nur eine »Verlegenheitslösung« war, stellte sich jedoch bald als außerordentlich interessant heraus. Hatte Hopman seit April 1915 die Entwicklung im Innern und an den Fronten eher aus der Distanz beobachtet, ohne wirklichen Einbkck in die näheren Zusammenhänge, so wurde er in diesen Monaten Mai bis Dezember 1916 Zeuge wichtiger Entscheidungen auf poktischem und miktärischem Gebiet, teilweise war er an deren Zustandekommen sogar direkt beteikgt. Der Verlauf des Krieges hatte die Gegensätze innerhalb der Führungsspitze, aber auch zwischen den Parteien und den verschiedenen gesellschaftlichen Grupzu
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343
Vgl.
Pers
344 343 346
die Notiz Restorffs
6/2133.
vom
2.8.1916
zu
einem Schreiben
Capelles
Vgl. Hopmans Brief an Tirpitz, 4.8.1916. Vgl. Scheer an seine Ehefrau, 20.9.1918 (im Besitz des Verfassers). Vgl. die Notiz Restorffs vom 2.8.1916, BA-MA, Përs 6/2133.
vom
29.7.1916, BA-MA,
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pen weiter verschärft. Verantwortlich dafür war zunächst das Ausbleiben eines entscheidenden Erfolges bei Verdun. Die Oberste Heeresleitung hatte hier im Februar 1916 eine Offensive begonnen, die die französische Armee »Weißbluten«
sollte, nach anfänglichen Erfolgen aber unter hohen eigenen Opfern steckengeblieben war347. Im Gegenteil: Im Juni begann die russische Armee trotz der schweren Niederlagen des Vorjahres eine Offensive, die dem wichtigsten Bündnispartner, Österreich-Ungarn, schwere Verluste zufügte und nur mit Mühe gestoppt werden konnte. Anfang Juh griffen enghsche Truppen zudem in immer neuen Wellen an der Somme an. Ende August 1916 trat Rumänien auf der Seite der Entente in den Krieg ein, und auch die weitere Neutralität Griechenlands war unter dem Druck der Alliierten nicht mehr gesichert. Strategische Erfolge waren dabei nirgends zu verzeichnen, und auch die von der rumänischen Armee ausgehende Bedrohung konnte überraschend schnell gemeistert werden. In der Summe betrachtet stellte sich für die Reichsleitung gleichwohl immer mehr die Frage, wie sie darauf reagieren sollte. Angesichts der zunehmend fühlbareren enghschen Blockade und der gleichzeitig stetig abnehmenden eigenen Reserven war absehbar, wann die eigenen Kräfte erschöpft sein würden. Die Führung der Marine, die in dieser Frage allerdings zerstritten war, drängte daher darauf, den im Frühjahr 1915 nach der Versenkung der »Lusitania« mit Rücksicht auf die Vereinigten Staaten und andere Neutrale nach heftigen Auseinandersetzungen mit dem Reichskanzler eingestellten rücksichtslosen U-Boot-Krieg gegen Großbritannien unter Inkaufnahme des Risikos eines amerikanischen Kriegseintritts wiederaufzunehmen348. Diese Form des Handelskrieges würde, so die auf fragwürdigen Berechnungen der enghschen Handelsschifftonnage und sträflicher Unterschätzung der Abwehrmöglichkeiten beruhenden Versprechungen, dessen Widerstandskraft innerhalb weniger Monate die Angaben schwankbrechen. In dem Chef der zweiten Obersten Heeten zwischen zwei und acht resleitung, Falkenhayn, hatten die Befürworter des U-Boot-Krieges in der Marine, Tirpitz und Scheer, dieses Mal anders als im Sommer 1915 einen mächtigen Verbündeten, der, zu Tirpitz' Erstaunen, Ende Dezember 1915 selber die Initiative ergriffen hatte. Der Kanzler hingegen hielt die Berechnungen der Marine nicht nur für fragwürdig, sondern war wie zuvor auch aus politischen Gründen gegen eine Verschärfung des U-Boot-Krieges. Dieser mit dem Völkerrecht unvereinbare Schritt würde, wie er befürchtete, »eine Verrufserklärung der ganzen zivilisierten Welt, eine Art Kreuzzug gegen Deutschland, zur Folge haben« können349. Zugleich wollte sich der Kanzler vor allem in der zweiten Jahreshälfte 1916 angesichts —
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348 349
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Zum Verlauf der Kämpfe im Westen und Osten vgl. die amtlichen Darstellungen in: Der Weltkrieg, Bde 10, 11; Österreich-Ungarns letzter Krieg, Bde 4, 5; Rauchensteiner, Der Tod des Doppeladlers, S. 345-370; Herwig, The First World War, S. 204-217; Schindler, Steamrolled in Galicia, S. 27-59. Wilson, The Myriad Faces of War, S. 309-372; Afflerbach, Falkenhayn, S. 360-420. Vgl. zusammenfassend Granier, Kriegführung; Afflerbach, Falkenhayn, S. 376-403; Schröder, Die U-Boote des Kaisers; Birnbaum, Peace Moves. So Bethmann Hollweg gegenüber dem Chef des Marinekabinetts, Admiral Müller, am 11.1.1916. Vgl. Müller, Regierte der Kaiser?, S. 146.
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der Kriegslage den Weg zur Vermittlung eines Verhandlungsfriedens gerade auch über die neutralen Vereinigten Staaten nicht gänzkch verbauen. Bethmann HoUweg taktierte daher hinhaltend, machte mit seiner Zustimmung zur warnungslosen Versenkung bewaffneter Dampfer Teilkonzessionen und versuchte immer wieder, den wie stets unsicheren Kaiser auf seine Seite zu ziehen. Die Eröffnung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges konnte er damit zunächst hinausschieben, zumal die versehentkche Torpedierung eines französischen Passagierdampfers Ende März 1916, bei der erneut amerikanische Staatsbürger verletzt worden waren, harsche Reaktionen der Regierung in Washington zur Folge hatte. Auch seinen schärfsten Gegner innerhalb der Reichsleitung, den Staatssekretär des Reichsmarineamts und das Symbol deutscher Flotten- und Weltpohtik, Tirpitz, hatte er Mitte März sogar aus dem Amt drängen können. Ob Bethmann Hollweg dieses Spielen auf Zeit jedoch langfristig gewinnen, insbesondere Tirpitz und die hinter diesem stehende »Fronde« im Zaum halten konnte, war angesichts der grundsätzkchen Stärke der Koaktion der Befürworter fraglich. Dies galt um so mehr, als die Frage über den »richtigen« Weg aus dem Krieg nicht mehr nur intern, sondern trotz Zensur mit großer »Lautstärke« und eindeutiger Spitze gegen den als zu schwach und nachgiebig empfundenen Kanzler öffentkch diskutiert wurde. In aller Öffentkchkeit und hinter den Kukssen agitierte von der Marine gezielt mit Informationen versorgt eine Phalanx »national« sich gerierender Poktiker und Hochschullehrer, Journaksten und auch »kleiner« Leute für einen »Siegfrieden« mit weitreichenden Annexionen. Um siegreich zu sein, war jedoch, wie es in einer in 750 000 Exemplaren gedruckten und als Eingabe an den Reichstag gerichteten Denkschrift, die »rücksichtslose Führung des Krieges gegen England« notwendig350. Auch wenn die Regierung gegenzusteuern versuchte, Tausende Exemplare beschlagnahmte, war diese Denkschrift vom Frühjahr 1916 nur ein Symptom für die Aggressivität, mit der die radikale Rechte für ihre Ziele warb und gegen den Reichskanzler Front machte. Damit vergiftete sie nicht nur das Klima, sondern zerstörte auch mutwilkg den ohnehin fragilen »Burgfrieden«351. Hopman hat die von schweren internen Auseinandersetzungen und Intrigen gekennzeichneten Entwicklungen aufmerksam beobachtet, teilweise sogar mit zu steuern versucht. Bereits während seiner Zeit im Großen Hauptquartier hatten diese Konflikte sich angedeutet, und noch vor seiner Rückkehr aus Libau im Dezember 1915 hatte er bei einem Besuch des Kaisers, der mit Tirpitz und anderen hochrangigen Verantwortlichen diesen Außenposten der Marine besichtigt hatte, erneut vor Augen geführt bekommen, wie zerstritten, aber auch konzeptionslos deren Führung war352. Weitere Gespräche mit Tirpitz und anderen Verantwortkchen vor seiner Abreise im Januar 1916 und unmittelbar nach seiner Rückkehr im —
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350
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So eine von dem Historiker Dietrich Schäfer verfaßte und mit 90 000 Unterschriften versehene Denkschrift an die Mitglieder des Reichstags vom 15.3.1916, zit. nach: Hagenlücke, Deutsche Vaterlandspartei, S. 75. Vgl. dazu übergreifend: ebd., S. 21-142; Oppekand, Reichstag, S. 94-197; Scheck, Der Kampf des Tirpitz-Kreises, S. 69-91. Tagebucheintragungen vom 13./14.12.1915; vgl. auch die Briefe an seine Ehefrau vom 29.10.,
11./26./27.11.1915
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Mai bestätigten diesen Eindruck353. In der U-Boot-Kriegs frage handele es sich um die »Entscheidungsstunde deutscher Weltmacht«, erklärte ihm Tirpitz354. Hopman teilte diese Auffassung und unterstützte daher in den folgenden Monaten die Bestrebungen derjenigen in der völhg zerstrittenen Marine355, die für eine Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Boot-Krieges plädierten356. Ausschlaggebend dafür war bei ihm wie auch bei vielen anderen die bittere Erkenntnis, daß die Skagerrak-Schlacht letztlich kein Sieg gewesen war, da sie die »allgemeine Situation unserer Seekriegführung gegen England nicht geändert hat«357. Über einflußreiche Lobbyisten wie Hugo Stinnes, ebenfalls ein Befürworter des uneingeschränkten U-Boot-Krieges, half er, den Druck auf den Kanzler weiter zu erhöhen358. Er machte aber nicht nur in dieser Frage gegen den Kanzler, zu dessen »Anhang« er auch seinen eigenen Vorgesetzten, den Chef des Admiralstabs zählte, Front. In geradezu konspirativer Weise unterstützte er im Sommer/Herbst 1916 die um Tirpitz sich scharenden Frondeure, die sich später in der Vaterlandspartei sammeln sollten und deren Ziel nicht nur der Sturz Bethmann Hollwegs und dessen Ersatz durch Tirpitz, sondern auch des Kaisers war359. Nach anfänglicher Unsicherheit setzte er politisch und militärisch nun auf Hindenburg und Ludendorff, »die entscheidenden Persönlichkeiten«360 in seinen Augen, die ihn zunehmend stärker beeindrucken sollten361. Obwohl er somit an einer der wichtigsten Entscheidungen des Krieges der Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Boot-Krieges mitwirkte, fühlte er sich in den Berhner Stäben dennoch fehl am Platz. Einen großen Teil seiner Zeit verbrachte er mit dem im Grunde nutzlosen Schreiben von Denkschriften über wünschenswerte Annexionen in Übersee362 und in Kurland363 oder über die Zukunft des Flottengesetzes364. Trotz mancher Modifikationen vor allem hinsichtlich zukünftiger Zahl und Bautempo der Schiffe hielt er das von Tirpitz begründete Prinzip der gesetzlichen Festlegung weiterhin für richtig, verhindere doch nur dieses, daß die Flotte an den »Reichstag aus [ge] liefert« würde. Die Schlachtflottendoktrin war in seinen Augen ebenfalls weiterhin gültig, allein, weil »die völlige Aufgabe einer Schlachtflotte bzw. ihre zu starke Verringerung [...] als eine offene Bankrott-Erklärung unserer bisherigen Marinepolitik und als Verzichtleistung unserer Seegeltung angesehen werden« würde. Da nach den Erfahrungen des aber der »Wirtschaftskrieg im Kampf gegen England die entscheidende Krieges Waffe« sein würde, plädierte er für den rücksichtslosen Einsatz von U-Booten als —
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353 354 333 356 337 338 339
360 361
362 363 364
Vgl. die Tagebucheintragungen Ende Dezember 1915/Anfang Januar 1916. Tagebucheintragung vom 27.5.1916. Vgl. Hopmans Brief an Tirpitz vom 2.8.1916, sowie die Tagebuchaufzeichnungen dieser Monate. Vgl. Hopmans Brief an Trotha vom 16.9.1916. Vgl. die Denkschrift Hopmans »Über die Weiterentwicklung der Marine« vom 7.7.1916. Tagebucheintragungen vom 6.9., 13.9.1916 Tagebucheintragungen vom 26. bis 30.7., 28./29.9.1916; Hopman an Souchon, 5.9.1916. Vgl. Hopman an Trotha, 16.9.1916; vgl. auch Flopman an Souchon, 5.9.1916. Tagebucheintragung vom 21.11.1916. Nicht erhalten. Vgl. die Tagebucheinttagungen vom 14./15.8.1916. Fragmentarisch überliefert in: BA-MA, RM 5/923. Denkschrift »Über die
Weiterentwicklung der Marine« vom 7.7.1916.
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»Handelszerstörer« und forderte deshalb, »die internationale Anerkennung eines dementsprechenden völkerrechtkchen Grundsatzes unsererseits mit allem Nachdruck
zu vertreten.«
Befriedigt haben ihn diese Arbeiten nicht, und Hopman war froh, als er nach einem gescheiterten Torpedobootsvorstoß in der östlichen Ostsee im Dezember 1916 den dortigen unglücklich operierenden und zudem ungekebten Befehlshaber, Konteradmiral Hugo Langemak, ablösen konnte, war er dort doch »selbständiger und freier«365 als im Admiralstab. e) »Meine Gegner regen [...] sich nicht«366: Befehlshaber der Aufklämngsstreitkräfte in der östlichen Ostsee
1916/17
Kommando, das Hopman im Dezember 1916 übernommen hatte, erwies sich miktärisch alsbald als bedeutungslos. Zunächst verhinderte die weitgehende und langandauernde Vereisung der Ostsee im Winter 1917 jede Form der Kriegführung zur See. Um die Schiffe des ihm unterstellten Verbandes zu überholen, verbrachte er daher den Winter bis in den April hinein in Kiel. Dort erfuhr er von der Verkündung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges, die er als »eine ordentkche Erlösung«367 empfand. Die gemeldeten U-Bootserfolge nährten trotz des Eingreifens der Vereinigten Staaten seine Hoffnung, »daß der U-Bootskrieg in 3-4 Monaten die Entscheidung bringen wird und zwar in einem für uns so günstigem Sinne, daß wir den Frieden diktieren können368.« Dies war reines Wunschdenken, das allerdings in der Marine und nicht nur dort weitverbreitet war, wie die »krampfhaften« Versuche belegen, mit unrichtigen Zahlen über dessen Erfolgschancen im Handelskrieg gegen Großbritannien den U-Boot-Krieg zunächst zu fordern, ihn dann als Erfolg zu »verkaufen«. Realistischer waren hingegen seine innenpoktischen Analysen. Die russische Revolution, der Kieler Werftarbeiterstreik vom März 1917 und die Forderungen nach endgültiger Abschaffung des preußischen Dreiklassenwahkechts betrachtete er als Beginn eines poktischen Das
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der ihm allerdings Unbehagen bereitete: »Vor 1914 war's schöner!«, schrieb er seiner Frau seufzend am 1. April369. Die Beobachtung dieser sich immer schneUer voUziehenden Entwicklungen im Reich und in Rußland, aber auch bei den aüüerten Kriegsgegnern beanspruchte einen großen Teil seiner Zeit, Zeit, die er angesichts der weitgehenden Untätigkeit der Baltischen Flotte ausreichend besaß. In vielen Gesprächen »pohtisierte« er mit darunter auch der ehemakge Staatssekretär des Auswärtigen, seinen Gästen Gottkeb v. Jagow kurländischen Baronen, die er ausgiebig besuchte, oder lokalen Armeevertretern.
Wandels,
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367 368 369
Tagebucheintragung vom 1.12.1916. Vgl. Hopman an Vanselow, 8.5.1917. Vgl. Hopman an seine Ehefrau, 1.2.1917. Vgl. Hopman an seine Ehefrau, 1.4.1917. Ebd.
III. Vom Seekadetten
Die
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Vizeadmiral
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einzige größere Unternehmung in seiner Zeit, die Besetzung der Baltischen
Inseln im Oktober 1917, widerstrebte ihm. Die mihtärischen Risiken erschienen ihm angesichts des bevorstehenden russischen Zusammenbruchs das von der
Unternehmen nicht zu rechtfertigen370. Durchsetzen konnte er sich mit seinen Vorbehalten allerdings nicht, da diese nach den Meutereien des Sommers 1917 ihre Verbände allein schon zur Ablenkung der Besatzungen einsetzen, zugleich aber auch der weiter vorwärtstürmenden Armee ihre eigenen mihtärischen Fähigkeiten unter Beweis stellen wollte. In der Sache hatte er aber recht, wie die Beschädigungen zahlreicher moderner eigener Einheiten im weiteren Verlauf des Unternehmens im Oktober bewiesen: »Das Vorgehen der Armee war ja sehr schön und forsch, Gefechte im eigentlichen Sinne des Wortes hat es aber kaum gegeben, ehrhche Offiziere geben zu, es sei die reine Hasentreibjagd gewesen. Materiell ist sie uns in der Marine aber sehr teuer geworden, und unsere Werften werden jammern, wenn sie die Masse der Reparaturen erst übersehen371.« Der Krieg im Osten war damit militärisch zu Ende, zumal der bolschewistische Umsturz in Rußland dann auch endgültig den Weg zu einem Waffenstillstand, bald auch einem »Frieden« ebnete. Hopman hat diese Ereignisse zunächst mit Groll verfolgt, ein Groll, der sein Selbstbewußtsein noch einmal unterstrich, da er, wie er meinte, zu Unrecht seinen Platz für einen Günstling von Prinz Heinrich räumen sollte. Alle Hoffnungen, die er mit seinen nachdrücklich vorgetragenen Gegenvorstellungen verbunden hatte, erwiesen sich jedoch bald als »eitel«372. Erst später sollte er erkennen, daß diese Ablösung ein weiterer Schritt nach vorn war. Das Kommando der Aufklärungsstreitkräfte der Ostsee wurde aufgelöst und sein ungeliebter Nachfolger saß, wie er freudig notierte, »auf dem Propfen«373.
Marineführung geplante
f) »Die Verhältnisse sind so verworren«374: Waffenstillstandskommissar in Bukarest und Odessa 1918 Anstatt auf dem »Propfen« sitzen zu bleiben, verschlug es Hopman Ende Dezember 1917 zunächst nach Bukarest, dann nach Odessa. Damit wollte der Admiralstab verhindern, daß bei den bevorstehenden Friedensverhandlungen, bei denen u.a. die Frage der Zukunft der russischen Flotte sowie der Schiffahrt auf der Donau und im Schwarzen Meer aufgerollt werden würde, aufgrund der Rangverhältnisse ein »Türke« den Vorsitz haben würde375. Hopman hat diese Probleme, soweit dies angesichts der gegenläufigen Interessen der eigenen Verbündeten möghch war, mit diplomatischem Geschick zu lösen 370 371 372
373 374 373
dazu Hopmans Tagebuchaufzeichnungen vom September 1917 sowie dessen Briefe an seine Ehefrau vom 19.9. und an Tirpitz vom 2.10.1917. Ausführlich jetzt: Groß, Unternehmen »Albion«. Hopman an seine Ehefrau, 3.11.1917. Tagebucheintragung vom 4.12.1917. Tagebucheintragung vom 30.1.1918.
Vgl.
Vgl. Hopman an seine Ehefrau, 12.5.1918. Tagebucheintragung vom 16.12.1917.
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III. Vom Seekadetten
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Vizeadmiral
verstanden. Angesichts der verworrenen Verhältnisse in Rußland Streiks, bolschewistische Unruhen, Attentate zunächst in Bukarest ansässig, wo er ebenfalls Mitgked der inzwischen gebildeten Waffenstillstandskommission war, siedelte er im Gefolge des deutschen Einmarsches in die Ukraine Mitte März 1918 nach Odessa über. Seine Tätigkeit dort ist an anderer Stelle ausführkch und hinreichend beschrieben worden; einige Bemerkungen sollen daher genügen376: Es gelang ihm, das dort herrschende organisatorische Chaos in den besetzten Häfen zu beseitigen und die Schiffahrt wieder in Gang zu bringen. Diese Aufgabe war an sich schon schwierig und konfliktreich genug angesichts der unterschiedkchen Interessen der Mitgkeder der von ihm geleiteten Nautisch-technischen Kommission; sie wurde aber zusätzkch erschwert durch einen Grundsatzkonfkkt mit der Obersten Heeresleitung, die in einem regekechten »Raumrausch« Rußland zerschlagen und ihre viel weitergehenden Ziele im Osten verwirklichen wollte377. Hopman ist dem entgegentreten, allerdings weniger aus Sympathie für Rußland als im Interesse der Zukunft deutscher Weltpoktik: »Nur die Wiedervereinigung Rußlands und sein Zusammengehen mit uns« könne die »anglosächsische Weltherrschaft zunichte machen«, erklärte er einem ihm seit seinem Aufenthalt in Port Arthur bekannten älteren russischen Admiral im August 1918378. Bei Generaloberst Ludendorff, dem starken Mann in der Obersten Heeresleitung, stieß er mit dieser Haltung auf schärfsten Widerstand; die Zustimmung des Kaisers zu seinem Bericht und der damit nicht zusammenhängende Rücktritt des Admiralstabschef, Admiral Holtzendorff, führten schkeßkch zur Beilegung der Angelegenheit. In dem Moment, in dem diese Krise schwelte, waren seine Pläne aufgrund der Kriegslage im Westen auch schon Makulatur. Innerhalb weniger Monate wurde das Wirklichkeit, was Hopman, der die Entwicklung an der Westfront nur undeutkch aus der Ferne hatte beobachten können, als Sühne für die Sünden von drei Jahrzehnten bezeichnete. »Die Weltgeschichte ist das Weltgericht«, notierte er zutiefst enttäuscht und verbittert zugleich am 6. Oktober, nachdem er die Nachricht von dem deutschen Ersuchen um Waffenstillstand erhalten hatte379. Mit dem Abschluß des Waffenstillstandsvertrags vom 11. November 1918, dem »schwärzesten Tag der ganzen deutschen Geschichte«380, war der Krieg für ihn freikch noch nicht zu Ende. In mühsekgen Verhandlungen mit den Aüüerten, die nunmehr die Krim besetzten, wickelte er als Waffenstillstandskommissar für das Schwarze Meer und das Mittelmeer die Rückführung der deutschen Einheiten ab. Zugleich wurden die ihm unterstehenden Verbände unwillkürlich in die revolutionären Wkren ver—
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376
377 378 379 380
Vgl. Baumgart, Neue QueUen, S. 161-177; Baumgart, Deutsche Ostpolitik 1918, S. 156-14; Von Brest Litovsk zur deutsche Novemberrevolution, passim. Vgl. dazu vor allem die verschiedenen wegweisenden Arbeiten von Winfried Baumgart; zusammenfassend: Hildebrand, Das deutsche Ostimperium 1918. Vgl. Hopman an seine Ehefrau, 5.8.1918; zuvor: Hopman an Vanselow, 27.5.1918. Tagebucheintragung vom 6.10.1918. Tagebucheintragung vom 11.11.1918.
III. Vom Seekadetten
zum
wickelt, bildeten zeitweise sogar widerwillig
Vizeadmiral
83
einen »Vorposten der Entente«381. »Wenn wir nicht hier gebheben wären, sähe es zweifellos viel bedenklicher aus und was werden soll, wenn wir endgültig von dannen ziehen weiß ich noch nicht«, schrieb er voller Skepsis über die Lage in Rußland im Februar 1919 an seine Ehefrau382. Erst nach einer weiteren von ihm teilweise als demütigend empfundenen Zeit der Internierung in Griechenland hef er am 17. Juh 1919 in Wilhelmshaven ein. -
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Ausführlich dazu insgesamt zehn N 326/34.
Fischer, Deutsche Truppen; vgl. auch die ausführlichen offiziellen Berichte aus der Zeit vom 31.12.1918 bis 8.7.1919 in: BA-MA, Nachlaß Hopman,
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382
Vgl. Hopman an seine Ehefrau, 14.2.1919, Familienarchiv Fischer-Hopman.
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IV. »daß mein Sinnen doch in der Hauptsache zurückschauend gerichtet ist«1: Ein Leben im »Unruhestand«, 1919 bis 1942 Die Rückkehr aus dem Kriege bedeutete für Hopman zunächst keine »Ruhe«. Unruhig, wie sein Leben bisher verlaufen war, soUte es auch in den folgenden Monaten verlaufen. Anstatt sich nach dem verlorenen Krieg nunmehr stärker seiner Famike zu widmen, die inzwischen aus Kostengründen von Berkn nach Bad Harzburg übergesiedelt war2, war er trotz der gewandelten Umstände auch weiterhin rastlos aktiv. Auf Drängen des Chefs der Admiraktät, Vizeadmiral Adolf v. Trotha, stellte er der neuen Regierung seine Kenntnisse über Rußland zur Verfügung. Noch im Juk trug er in Weimar dem Reichspräsidenten, Friedrich Ebert, über die Lage in Rußland, vor aUem aber über die vom Bolschewismus drohenden Gefahren vor. In weiteren Gesprächen mit führenden Sozialdemokraten, darunter der neue Reichswehrminister, Gustav Noske, Reichsaußenminister Hermann MüUer und auch Reichskanzler Gustav Bauer, beschrieb er diese Lage ausführlicher. Er warnte dabei nicht nur vor der »miktärisch und poktisch immer wachsende^] Macht des Bolschewismus in Rußland«, sondern erinnerte auch an die »drohende [n] Gefahren bei uns, wo mich die Verhältnisse immer mehr an Lage in Rußland vor 1 Jahr erinnern«, und forderte daher einen »Zusammenschluß aUer Ordnungselemente«3. Diese Sorge soUte wie noch zu zeigen sein wird sein politisches Denken maßgebkch prägen. Das Ergebnis dieser zahkeichen Gespräche in Weimar und Berkn war zunächst, daß die Reichsregierung in ihm den »richtigen« Mann erbkckte, um entsprechend den Forderungen der Alkierten die Baltikumstruppen zurückzuführen4. Anfängkch hielt er diese neue Aufgabe für »interessant« und »von großer Bedeutung«, »da sie viekeicht den Schlüssel zur Lösung der bedeutsamsten Frage der gesamten Weltpoktik, Rußland und Bolschewismus, kefert5.« Diese Erwartungen sollten sich nicht erfüllen: Die Rückführung der Truppen, vor allem die Zusammenarbeit mit dem Leiter der interalkierten Kommission, dem französischen Ge—
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2 3 4
Hopman an seine Ehefrau, 9.3.1921, ebd. Tagebucheintragung vom 17.7.1919, BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/28. Tagebucheintragung vom 23.7.1919, ebd. Vgl. das Schreiben Gustav Noskes an das Auswärtige Amt vom 4.1.1919, in: BA-MA, Pers 6/2133, sowie das Protokoll der Sitzung des Reichskabinetts vom 10.11.1919, in: Akten der Reichskanzlei. Das Kabinett
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Bauer, Nr. 99.
Tagebucheintragung vom 1.11.1919, BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/29.
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IV. »daß mein Sinnen doch in der
Hauptsache zurückschauend gerichtet ist«
neral Henri Niessei, erwies sich als schwierig, konfliktreich und unbefriedigend6. Hinzu kamen die Eigenmächtigkeiten der dortigen Truppenführer, die, wenn auch eher unausgesprochen, in ihren Verbänden eine Speerspitze gegen die Regierung in Berhn erbhckten und daher den Befehlen zum Rückmarsch nur zögerlich folgten. Die letzten Einheiten kehrten erst Mitte Dezember 1919 ins Reichsgebiet zurück. Dennoch machte Hopman sich in der Kabinetts Sitzung vom 28. Januar 1920 dafür stark, das von ihm zuvor eigenmächtig gegebene Amnestieversprechen auch einzulösen7. Obwohl Reichskanzler Gustav Bauer Hopman bei anderer Gelegenheit zuvor ausdrücklich für seine Tätigkeit gelobt hatte8, war er im Grunde unzufrieden, zumal er aus Rechtskreisen, allen voran vom ehemaligen »starken« Mann der Obersten Heeresleitung, Generaloberst Erich Ludendorff, mit Vorwürfen überschüttet wurde9. Am 9. März wurde ihm der Abschied bewilligt, ein Ereignis, das ihm, erstaunlich genug, keine Zeile in seinem Tagbuch wert war10. Die Tatsache, daß er nach der Verabschiedung des Chefs der Marineleitung, Vizeadmiral Adolf v. Trotha, infolge dessen zwiespältiger Haltung während des Kapp-LüttwitzPutsches als ein möglicher Nachfolgekandidat in Betracht gezogen worden war, berührte ihn ebenfalls nur am Rande. »Ich glaube«, schrieb er im September 1920 seinem ältesten Sohn, »ich hätte unter allen Umständen >nein< gesagt. Die Totengräberrolle, die ich hätte dabei spielen müssen, ist doch wenig erfreulich11.« Ein Grund für diese Teilnahmslosigkeit mag sein schlechter Gesundheitszustand gewesen sein. Mehrfach krank und körperlich ausgezehrt, wog er zu diesem Zeitpunkt nur noch 59 kg12; auch seine finanziellen Verhältnisse hatten sich offenbar dramatisch verschlechtert13. Hinzu kam eine geradezu rastlose Tätigkeit und in deren Folge ein unruhiges Leben, das er meistens getrennt von seiner Familie in Berliner Pensionen verbrachte im Kampf gegen den Bolschewismus, dessen Gefahren seiner Meinung völlig unterschätzt wurden: »Nehme aus Erlebnissen letzter drei Tage«, resümierte er Ende Juli 1919 nach seinen Gesprächen mit führenden Politikern aller Parteien in Weimar, »Überzeugung mit, daß sich das gesamte Deutschland, soweit es nicht Verbrecher und —
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sind, noch gar nicht bewußt ist, welcher Gewittersturm vom Osten heraufzieht, sich im Gezänk von Partei-, Besitz-, Standes- und Kasteninteressen, drischt doktrinäre Phrasen anstatt zu handeln gegen den Weltbrand des Kommunismus, der viel gefährlicher, furchtbarer, destruktiver wird als der Weltkrieg. Seine elementare, in Narren
man vertut
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Vgl. z.B. die Berichte des ihm vom Auswärtigen Amt zugeteilten l^egationsrats Herbert v. Dirksen an das Auswärtige Amt vom 13.11. bzw. 24.11.1919 in: Akten zur deutschen Auswärtigen Politik, Bd 2, Nr. 227 bzw. 239. Weitere Berichte und Aufzeichnungen ebd. Tagebucheintragung vom 28.1.1920, BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/30; vgl. das Protokoll der Kabinettssitzung vom 28.1.1920, in: Akten der Reichskanzlei. Das Kabinett Bauer, Nr. 156. Tagebuchaufzeichnung vom 20.1.1920, BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/ 30. Tagebuchaufzeichnung vom 26.1.1920, ebd. BA-MA, Pers 6/2133.
Vgl. Hopman an seinen Sohn Immo, 22.9.1920, Familienarchiv Fischer-Hopman. Tagebucheintragung vom 30.3.1920, ebd. Tagebucheintragung vom22.3.1920,ebd.
IV. »daß mein Sinnen doch in der
Hauptsache zurückschauend gerichtet ist«
87
den tiefsten Gründen der Tierseele des Menschen Hegende Macht will keiner erkennen und anerkennen. Nur die Wiedererwachung der Gottseele des Menschen kann retten14.« Bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr war er, wenn auch eher vage, in verschiedene Putschpläne seitens führender Militärs um General Walther Freiherr v. Lüttwitz, den ehemakgen ostpreußischen Generallandschaftsdirektor Wolfgang Kapp und Kapitän zur See Hermann Ehrhardt gegen die Repubkk eingeweiht worden, ohne sie allerdings gutzuheißen. »Kann das Gefühl nicht loswerden, daß Aktion Kapp, Marx (Ludendorff als Hintermann) scharf reaktionär und daher aussichtslos ist. Schon der Name Kapp belastet zu sehr«, notierte er am 16. August
191915.
Putschversuchen, auch dem Kapp-Lüttwitz-Putsch, hat er sich daher weder noch diese begrüßt: »Eine Wahnsinnstat, für die mir jedes Verständnis fehlt. Gerade jetzt fingen unsere Verhältnisse an sich zu bessern, die Entente sagte An
beteikgt
finanzieke Unterstützung zu, die Valuta stieg, da werfen diese rabiaten Gesellen aUes über den Haufen16.« Er »setzte« vielmehr auf eine Stabiksierung durch eine wehrhafte Ordnung, an deren Spitze er am kebsten Reichswehrminister Noske gesehen hätte17. Aus diesem Grunde beteiligte er sich, wenn auch eher im Hintergrund, seit dem Frühjahr 1920 am Auf- und Ausbau der »Organisation der Heimatschutzverbände des Forstrats Escherich« (Orgesch). Als besonderer Vertrauensmann von Stinnes, den er bereits in seiner Zeit im Admiralstab während des Krieges kennengelernt hatte und der von der Gefahr eines drohenden Bürgerkrieges überzeugt war18, warb er in Industriekreisen um finanzielle Unterstützung. Der bayerische Forstrat Georg Escherich faszinierte ihn sogar bis zu einem gewissen Grade. In dessen Person wie auch in dessen Organisation schien sich jene klassenund parteiübergreifende Idee zu verwirklichen, die ihm angesichts der vielfältigen Bedrohungen durch den Bolschewismus als Ideal einer Gemeinschaft vorschwebte: »Ich kann [...] Dir nur sagen«, schrieb er seiner Ehefrau voker Begeisterung nach einer Sitzung der Orgesch in Regensburg im April 1921, »daß der Geist der Einigkeit, Klarheit und Festigkeit, der dabei bei allen Vertretern zum Ausdruck kam, wirklich erhebend wirkte. Es waren Männer aus allen Gauen Deutschlands versammelt, aus Ostpreußen, Schlesien ebenso wie von der Wasserkante oder den bayrischen Bergen. Neben dem ostelbischen Baron saß der sächsische oder rheinische Industrielle, der badische Bauer, der hanseatische Kaufmann, der thüringische Arbeitersekretär, neben dem ehemakgen Offizier der Professor, der Jurist, der Künsder, der Arzt, der Oberlehrer usw. usw. Alles hat Escherich mit seiner bestimmten, festen geraden und reinen einfachen, ja man möchte fast sagen naiven Art, seiner knappen, jede Hohlheit und Phrase vermeidenden Rede, seinem Drängen zur Tat anstatt des Wortes in seinen Bann gezwungen und wird, so hoffe ich zuversichtlich, noch weitere Tausende und Millionen in diesen Kreis einziehen. Ich hoffe, ihn dabei unterstützen zu können,
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Tagebucheintragung vom 25.7.1919, ebd. Tagebucheintragung vom 16.8.1919, BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/28. Tagebucheintragung vom 13.3.19120, ebd., N 326/30. Tagebucheintragung vom 16.8.1919, ebd. Vgl. Feldman, Hugo Stinnes, S. 632, 715.
IV. »daß mein Sinnen doch in der
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Hauptsache zurückschauend gerichtet ist«
auch meine zukünftige Arbeit anderer Art sein muß wie die seinige, diskret, verschwiegen und nüchtern19.« Hier wurde unter dem Eindruck der Gefahr des Bolschewismus, dessen Auswirkungen er unmittelbar erlebt hatte, vieles verklärt, wurden Gegensätze harmonisiert, ohne deren Ursachen und möghche wirkliche Lösungen in den Blick zu nehmen. Zugleich spiegelte sich hierin aber auch jene Sehnsucht nach einem »Fühwenn
in den Jahrzehnten
zuvor so schmerzlich vermißt hatte und den er in seiner bald darauf erschienenen Autobiographie an vielen Stellen als eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Wiederaufstieg bezeichnen sollte. »Sollen
rer«, den
er
wir«, so heißt es dort,
»mit Schiller sagen: >Die
Weltgeschichte ist das Weltgerichte, oder uns an Friedrich den der das Wort halten, geprägt hat: >Der Sturz der Reiche ist nur das Werk eines und ihrem zu Untergange genügt es oft, daß ein Durchschnittsmensch im Augenblicks, entscheidenden Augenblick den Kopf verliert.< Ich bin für die letztere Auffassung. Sie belebt die Aussicht, daß es mit Deutschland wieder bergauf gehen kann, wenn es keine Durchschnittsmenschen als Führer hat20.« Großen
Wie tief
Hopmans Bolschewismus furcht saß und wie sehr er sich berufen fühlte, dagegen zu kämpfen, zeigen auch seine Bei- und Vorträge in den Diskussionen der
»Mittwoch-Abend-Gesellschaft« in Berlin, an denen er mehrfach teilnahm und mit führenden Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft darunter auch Deutsch und Bernhard diskutierte21. Gustav Stresemann, Hugo Mitte Mai Georg 1920 hielt er in der »Deutschen Gesellschaft von 1914« selbst einen 45minütigen Vortrag zum Thema: »Der Bolschewismus als Weltgefahr«, der anschheßend sogar gedruckt wurde22. »Völlig zurückzudämmen«, führte er aus, sei die von Rußland ausgehende »Schicksalswelle« nicht. Es komme aber darauf an, »zu verhindern, daß sie sich, alles niederreißend, über die hochentwickelte, in mancher Hinsicht vielleicht hypertroph gewordene Zivilisation und Kultur Europas und der Welt ergießt, und sie so abzufangen und abzuleiten, daß das, was sie ursprünghch an lebensfähigen Kräften enthielt, befruchtend wirken kann. Vieles von dem, worauf die bisherige Weltordnung beruhte, hegt bereits in Trümmern23.« Diese fast missionarisch anmutende Tätigkeit füllte ihn jedoch nicht aus, zumal die Reichsregierung mit dem Verbot der Einwohnerwehren 1921 der Orgesch den Boden entzog. Aus Angst vor einer Haussuchung aufgrund seiner Verbindungen zur Orgesch hatte er zwischenzeitlich auch aufgehört, Tagebuch zu schreiben, Ende 1921 stellte er diese jahrelang mit großer Genauigkeit und erstaunlicher Energie fortgesetzte tägliche Gewohnheit endgültig ein. Erst im Mai 1940, als er auf Einladung des Chefs der Seekriegsleitung, Großadmiral Erich Raeder, zusammen mit einer Reihe ehemaliger kaiserlicher Admiräle Marinestützpunkte im besetzten Frankreich und Belgien sowie Paris, Versailles und Brüssel besichtigte, sollte er sein letztes Tage-
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Vgl. Hopman an seine Ehefrau, 25.4.1921, Familienarchiv Fischer-Hopman. Hopman, Das Kriegstagebuch, Vorwort. Vgl. die Tagebucheintragungen vom 7.4., 11.6.1920, BA-MA, N 326/30. Tagebucheintragung vom 14.5.1920, ebd. Von dieser Schrift ist nur noch ein Exemplar Beständen des Alfred-Weber-Instituts in Heidelberg erhalten. Hopman, Der Bolschewismus, S. 14.
in den
IV. »daß mein Sinnen doch in der
Hauptsache zurückschauend gerichtet ist«
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buch wieder hervorholen. Mehr als eine nüchterne Schilderung des Reiseverlaufs enthält dieses aber nicht mehr. So sehr er sich im Kampf gegen den Bolschewismus auch engagierte, so sehr fühlte er sich seit seiner Rückkehr doch verloren. Seine Kriegserlebnisse hatten ihn, wie er seiner Ehefrau im März 1921 offen eingestand, »gegen Vieles hart und stumpf gemacht, was ich früher mit warmem Herzen empfand. [...] In dem jetzigen Chaos noch eine führende oder auch nur bedeutsame Rolle zu spielen, dazu fehlt es mir an physischer und seekscher Spannkraft und Zähigkeit. Ich werde mir immer klarer darüber, daß mein Sinnen doch in der Hauptsache rückschauend gerichtet ist.« Dieses Gefühl war, wie er meinte, »die Tragik der meisten Männer unserer heutigen Zeit, soweit sie mit ihren Idealen und Lebenswerten in der Vergangenheit wurzeln24.« Am Ende hat Hopman deswegen aber nicht resigniert. In seiner Autobiographie, die er angesichts des Verlusts seines angesparten, meist in Aktien investierten Vermögens25 auch aus finanzieUen Gründen schrieb, versuchte er noch einmal die ihm wichtigen Werte zu vermitteln: Ordnung, die Wahrung von Etikette und Formen, die Achtung von Autoritäten —; diese Eigenschaften, die er in der neuen Repubkk schmerzkch vermißte26, lassen sein Weltbild und die »Mission«, die er mit seinen beiden Büchern verfolgte, durchschimmern, von der Verteidigung der Welt-, Flotten- und Kolonialpoktik einmal ganz abgesehen. Gleichzeitig beschrieb er mit unerbittlicher Schärfe das von ihm bereits während des Krieges im Stillen angeprangerte Versagen des Kaisers und der »Staatsmänner«. Tirpitz hingegen, zu dem er im Vorfeld wieder Kontakt aufgenommen und der die Autobiographie »Korrektur« gelesen hatte27, schilderte er als den »einen Menschen«, den man, wie er in Anlehnung an einen Ausspruch Napoleons I. meinte, »im Kriege braucht«28. Konsequent trat er daher für den »Meister«, den er weiterhin verehrte, in der Öffentkchkeit29 wie auch im Reichstagsuntersuchungsausschuß, der sich mit den »Ursachen des Zusammenbruches 1918« beschäftigte, ein30. Der ehemakge Stabschef der Seekriegsleitung, Kapitän zur See Magnus v. Levetzow, der weiterhin dem ehemakgen Kaiser nahe stand, machte im Zusammenspiel mit der zweiten Frau Wilhelms IL, Hermine, gegen diese Interpretation des Geschehens Front und denunzierte Hopman als »bhnde[n] Anhänger von Tirpitz, sein ganzes Buch steht in diesem Zeichen31.« Bei Licht besehen hatte er damit nicht unrecht. 24
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Hopman an seine Ehefrau, 9.3.1921, Familienarchiv Fischer-Hopman. Details über die Vermögensverhältnisse waren nicht zu ermitteln. Die wenigen Hinweise in den Tagebüchern und Briefen erlauben aber diesen Schluß. Eine Mitteilung der Enkelin an den Verfasser bestätigt diese Einschätzung. -
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Vgl. Hopman, Das Logbuch, S. 15. Vgl. die Korrespondenz zwischen Hopman und Tirpitz aus den Jahren 1923-1925 in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/172. Hopman, Das Kriegstagebuch, S. 94. Vgl. die im Literaturverzeichnis aufgeführten Artikel in Tageszeitungen und Fachzeitschriften. Vgl. das zuvor sorgfaltig mit Tirpitz abgestimmte Schreiben an den Vorsitzenden des Reichstagsuntersuchungsausschusses, Albrecht Philipp, vom 20.5.19126, in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/172, gedruckt in: WUA. Vgl. Levetzow an Wilhelm II, 31.12.1925, BA-MA, Nachlaß Levetzow, N 239/43.
IV. »daß mein Sinnen doch in der Hauptsache zurückschauend gerichtet ist«
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Im übrigen verlief Hopmans Leben seit der Mitte der 1920er Jahre zwar weiterhin unruhig, aber doch in »geregelteren« Bahnen. Ab 1924 war er Präsident des Deutschen Motoryachtverbandes, organisierte Wettfahrten, warb für diesen in der Öffentlichkeit32. Diese Tätigkeit übte er bis zu seinem Tode aus. Parallel engagierte er sich, nunmehr Crew-Ältester, mit viel Liebe für den Zusammenhalt der Überlebenden der Crew 1884, organisierte Treffen, suchte um Unterstützung für verarmte Kameraden nach, organisierte die Vertretung der Crew auf den immer zahlreicheren Beerdigungen oder sprach auf »runden« Geburtstagen33. Im übrigen widmete er sich seiner Familie, deren finanzielle Verhältnisse sich durch eine größere Erbschaft erheblich verbessert hatten. Diese machte es möghch, ein Haus in Berlin-Dahlem zu beziehen34. Politisch hingegen war er nicht weiter aktiv; auch der NSDAP trat er nicht bei35. Die »Kriegsbemalung«, mit der alte Admiräle wie Adolf v. Trotha bei offiziellen Anlässen wie dem Besuch des italienischen »Duce«, Benito Mussolini bei Adolf Hitler im September 1937 in Uniform auftraten und damit zugleich ihre Nähe zum neunen Regime demonstrierten, belustigte ihn, als nachahmenswert empfand er deren Verhalten nicht36. Den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hat Hopman aufmerksam verfolgt, manchmal sogar bedauert, nicht mehr dabei sein zu können37. »Unsere Gruppe«, war er überzeugt, »wird siegen. Sie ist nicht nur von den Millionenzahlen der Menschen, sondern auch an Robustheit, Mut, Zähigkeit, Aufopferungssinn und anderen moralischen Qualitäten den Herrn >Have's. eigenstes W3. Kadetten. Vom Schloß Besorgungen. Dann Admiralstab Meldung und Abschied. Dann zu v. Tirpitz. Strategisches Verhalten der Japaner. Daring. Torpedobootsangriff auf Port Arthur. Leistung4 und Torpedoboot, Linienschiffe, Flottengesetz. Bedeutung des Flottengesetzes. Standard für alles. Fehler bewußte Entwicklung des Torpedowesens. Russische Marine Spezialwaffe. Muß sein! Impressionismus. Veränderliches Parlament [...]. Alte: Rozdestvenskij5, französische Sympathien. Tsingtau. Bedeutender Eindruck. M6 weniger. Dann bei Senden. [...]
v.
Hopman an seine Ehefrau, Port Arthur, den 19. April 1904 Familienarchiv Fischer-Hopman, Bad Harburg
(hdschr.)
[...] Wir sind am letzten Montag in Peking angekommen und dort bis zum Mittwoch früh gebheben. Unser Gesandter7 hat uns durch Vermittlung des russischen Gesandten8 die notwendigen Papiere zur Reise nach Port Arthur verschafft, so daß wir mit Sicherheit abfahren konnten. Über Peking habe ich dir nicht lange zu be-
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Fast alle europäischen Mächte und die USA nutzten diesen ersten Krieg zwischen Großmächten seit mehreren Jahrzehnten zur Entsendung von Militärbeobachtern, um daraus Schlüsse für die eigene Kriegführung zu Lande und zur See ziehen zu können. Vgl. Storz, Kriegsbild und Rüstung vor 1914, S. 136-166; Kusber, Der russisch-japanische Krieg, S. 221-224. Korvettenkapitän Souchon, vorgesehen als Chef des Stabes des Kreuzergeschwaders, und Fregattenkapitän Weber, vorgesehen als Kommandant des Großen Kreuzers »Hansa«, sollten im Februar bzw. April 1904 nach Tsingtan ausreisen, um ihre neunen Kommandos zu übernehmen. Beide waren zusammen mit Llopman im Admiralstab tätig. Erst am 9.2.1904 schlug der Admiralstab Hopman zur Kommandierung nach Port Arthur vor. Vgl. die Schriftwechsel in: BA-MA, RM 2/1768. Die Bedeutung dieser Passage ist nicht zu klären. Der Rest des Wortes ist nicht zu entziffern. Gemeint ist Admiral Rozdestvenskij, 1903-1905 Chef des Marinehauptstabes, Mai 1904-Mai 1905 Chef des II. Pazifischen Geschwaders. Die Bedeutung dieser Abkürzung ist unklar. Freiherr Mumm v. Schwarzenstein, 1900-1906 deutscher Gesandter in Peking. Lessar, russischer Gesandter in Peking 1901 -1905.
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richten, da ich nicht
viel gesehen habe9. Am ersten Abend waren wir nach dem Glase Bier beim Gesandten, am nächsten Morgen machte ich mit mehEssen zum reren Offizieren der »Bismarck« eine Fahrt durch die Stadt zum sogenannten Trommeltarm. Sonderkch ergötzt bin ich davon nicht gewesen. So etwas von Schmutz, Unordnung und Elend, wie man es in den Hauptverkehrsstraßen vor Augen bekommt, kann man sich nicht vorstellen. Die Straßen sind wie die denkbar schlechtesten Feldwege in Deutschland, von Dreckhaufen, Gruben, tiefen Pfützen oder vielmehr Teichen durchsetzt, so daß man alle Augenbkcke darauf gefaßt sein muß, mit seiner Rikscha umzufaken und in irgendeiner Schlammasse zu verschwinden. Die an und für sich breiten Fahrdämme sind durch Buden, Stände und 'Fische aUer Orten von Verkäufern belagert und beengt, so daß man sich oft kaum hindurchwinden kann. Dadurch geht ein riesiger Verkehr von Wagen, großen Ochsenkarren, riesigen Kamelkarawanen, Rikschas und tausenden von Menschen. Man sieht nichts vor entsetzkch zerlumpten Bettlergestalten, wie auch solchen, denen vor lauter Armut kein Fetzen von Zeug auf dem Körper hängt, die entsetz kchsten Krüppel, kurzum ein Elend, das mir den Gedanken aufkommen keß, die europäische Kultur, d.h. die christliche, hat doch recht, wenn sie hier eingreift, sie erfüllt, wenn bei den meisten Individuen auch unbewußt, doch letzten Endes den idealen Gedanken des Christentums: »Liebe deine Nächsten«. Ich habe verstanden, warum man in China Missionar werden kann. Vom Trommelturm aus hat man einen sehr guten Überbkck über die ganze, ungeheuer weit gebaute und ausgedehnte Stadt, die zweifekos imponierend wirkt. Aus dem überaU mit Gärten und Baumwuchs durchsetzten Häusermeer erheben sich zahkeiche Pagoden und die hohen gelben Dächer der Kaiserstadt, die mit einer hohen Mauer umgeben ist und für den Fremden nur bei ganz besonderen Gelegenheiten wie Audienzen usw. sichtbar ist. Das gesamte Weichbild der Stadt zerfäUt in drei Teile. Der innerste ist die Kaiserstadt, darum hegt von einer hohen, mindestens 10 m breiten Mauer umgeben die Tatarenstadt, und an diese schkeßt sich im Süden, von einer niedrigeren Mauer umgeben, die Chinesenstadt an. Wieviele Menschen in diesem ganzen Komplex hausen, weiß man nicht bestimmt, aber wohl mindestens VA Milkonen. Von unserer Rundfahrt zurückgekehrt, ging ich mit Gügenheimb zu Herrn von der Goltz zum Frühstück, im Anschluß daran machten wir einen etwa Vistündigen Spaziergang auf der großen Mauer, dem einzigen Wege, auf dem man dem Schmutz und Gestank der Stadt einigermaßen entrückt ist. Auch dort wird man freikch viel von Bettlern geplagt, die sich mit unglaubkcher Zähigkeit einem solange an die Fersen heften, bis man ihnen einige Cents hinschmeißt. [...]ln Der General11, ein sehr jugendkch aussehender Herr von 45 Jahren, war ebenso wie die andern Herrn des Stabes sehr nett und hebenswürdig. Er macht den Eindruck eines energischen tüchtigen Soldaten, ein Urteil, das ich über alle russischen -
9
10 11
Hopman kam am 11.4.1904 in Peking an, nachdem er vom Panzerkreuzer »Fürst Bismarck« von Tsingtau nach Tientsin gebracht und von dort mit der Bahn weitergereist war. Am 13.4.1904 verließ er Peking in Richtung Tientsin, um von dort nach Port Arthur weiterzureisen. Folgen Aufzeichnungen über Abreise aus Peking und Fahrt nach Port Arthur. Gemeint ist General Kontratovic. Zu Hopmans Aufenthalt im russischen Vertragshafen Niutschwang vgl. Hopman, Das Logbuch, S. 287.
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Armeeoffiziere, die ich bisher gesehen habe, fällen
kann. Man kann sich, wenn die kernigen, kräftigen, gesunden Gestalten und ihre zwar etwas ungeschlacht, aber fest und hart aussehenden Truppen vor Augen hat, nicht vorstellen, daß sie mit den kleinen Affen von Japanern nicht bald fertig werden sollten12. Hoffentlich wird es so. Es wird die russische Armee aber viele Opfer kosten, bis sie die Japsen völlig aus Korea herausgeworfen haben. Das Gelände ist dort so schwierig und ungänglich, daß ein Angriffskrieg sehr verlustreich werden wird. Ich glaube nicht, daß die Japaner den Russen den Gefallen tun werden, über den Yalu herüberzukommen. Dann wäre es für Rußland ja leichter. Es macht scheinbar ja auch schon ungeheuere Anstrengungen, man spricht hier davon, daß 400 000 Mann Feldarmee hier aufmarschieren sollen. man
Hopman an seine Ehefrau, Port Arthur, den 25. April 1904 Familienarchiv Fischer-Hopman, Bad Harburg
(hdschr.)
In Gelassenheit und Ruhe kann man sich an den Russen ein Beispiel nehmen. Sie regen sich nicht im geringsten auf, nitschewo sagt man, das heißt wörtlich übersetzt, nichts, in entsprechender Deutung aber: Man wird schon sehen. Haben wir noch mehr Pech, dann nehmen wir's ruhig hin, zum Schluß behält unsere passive Ruhe und lethargische Kaltblütigkeit doch die Oberhand über die impulsive, sich überanstrengende und überreizende Aktivität der Japaner. Es ist ein merkwürdiges Volk, diese Russen mit ihrer Oberflächlichkeit, Sorglosigkeit, ihrem Leichtsinn und naiven kindlichen gutmütigen Ergebenheit so grundverschieden von uns genauen, berechnenden, vorwärts hastenden Deutschen. »Je langsamer du fahrst, desto weiter kommst du!« Dies Lieblingssprichwort der Russen springt einem in seiner Bedeutung unausgesetzt in die Augen. Laß die andern nur vorwärts eilen, laß sie noch so forsch, so schnell und energisch vorwärts drängen, unsere gewaltige, aber feststehende Masse drückt sie schließlich doch nieder. Erst rennen sie sich die Köpfe daran ein, dann rollt diese Masse langsam aber sicher vorwärts und quetscht sie tot. Mag das noch so viel Geld und Blut kosten, es geht sicher, wir bleiben oben. Ob sie recht behalten, wer weiß. Ich kenne die Japaner nicht. Das, was ihre Flotte geleistet hat, kann mir nur alle Achtung vor ihnen einflößen. Sie handeln strategisch scheinbar durchaus richtig und haben eine geradezu verzweifelte Tapferkeit und den bewundernswürdigsten Schneid an den Tag gelegt. Die Sperrversuche, die sie hier zweimal unternommen haben, zeugen von einer Unternehmungslust und Waghalsigkeit, die alle Achtung verdient. Be-
[...]
Trotz anfänglicher Niederlagen wurde ein russischer Sieg über Japan, das als nicht ebenbürtige Großmacht angesehen wurde, anfänglich allgemein als sicher angenommen. Zu den militärischen Ereignissen zu Lande und zur See vgl. Großer Generalstab, Aus dem russisch-japanischen Kriege, sowie Maltzahn, Der Seekrieg. Eine knappe populäre Schilderung auch bei Revendow, Der russisch-japanische Krieg; Potter/Nimitz, Seemacht, S. 262-276; zum Stand der Forschung Kusber, Der russisch-japanische Krieg, S. 217-234.
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1904
trachtet
dagegen
die russische Marine, so sieht man das schiere Gegenteil, Mangel Initiative, Klarheit der Ziele, an Festigkeit des Willens. Man wehrt sich und das mit großer aufopferungswürdiger Tapferkeit, aber das ist auch alles. Seitdem Makarov13 tot ist, der zweifeUos eine Ausnahme, und zwar eine sehr rühmkche, gemacht hat, geschieht nichts mehr. Man repariert die Schiffe (drei Linienschiffe sind in Reparatur, das vierte ist gesunken), verbarrikadiert den Hafen, baut Batterien usw., sonst aber rührt sich kaum ein Torpedoboot. Man weiß nicht, wo die Japaner sind, kümmert sich auch wenig darum, ist aber bereit, sie warm und gehörig zu empfangen. Das kann man jetzt auch. Port Arthur ist nach See und Land zu jetzt so befestigt und besetzt, daß es den Japanern sehr schwer würde, es zu nehmen. Ich glaube, sie werden sich daran auch nicht mehr ernsthaft versuchen. Die letzten Bombardements, die hier so gut wie nichts geschadet haben, sind ihnen doch scheinbar nicht sonderkch bekommen. Rings um Port Arthur herum hegen so viele Minen, daß der Erfolg, einige Chinesen und vieUeicht ein paar Soldaten totzuschießen, die Japaner doch recht teuer zu stehen kommen könnte und sie müssen mit Rücksicht darauf, daß Rußland im Sommer oder Herbst bedeutende Verstärkungen hierher schicken wik ob es ihm gekngen wird, ist eine andere Frage ihre Flotte nach Mögkchkeit schonen. Ich glaube daher, daß in nächster Zeit keine weiteren Angriffe erfolgen werden, obwohl Gerüchte über bevorstehende erneute Bombardements hier mehrfach die Luft durchschwirren. Bei aller Untätigkeit und Unternehmungslosigkeit der Russen kann man von ihnen doch nicht behaupten, daß sie an Schneid und Wagemut Mangel ktten. Im Gegenteil, Offiziere wie Mannschaften sind von bestem kriegerischem Geist und großer Draufgängerlust beseelt, aber es fehlt die Hand und das System, das aus diesen Eigenschaften Kapital schlagen kann, es fehlt vor aUem jede Schulung und klare Organisation, und Fehler, die in Jahrzehnten begangen sind, lassen sich nicht in Wochen wieder gut machen. Es tat einem ordentkch weh, wenn man sieht, wie wenig mit diesem vorzügkchen Menschenmaterial geleistet worden ist. Verschiedene Anekdoten zeigen, daß namentkch die Mannschaften und auch die jüngeren Offiziere Hervorragendes geleistet haben. Die älteren Offiziere machen mir, akerdings mit nicht geringen Ausnahmen, einen weniger guten, unbestimmten und unentschlossenen Eindruck. Das, was ich von der Armee gesehen habe, flößt mir mehr Vertrauen ein als die Flotte. Wie schon die Offiziere durch ihre äußere Erscheinung und Haltung vorteilhaft von ihren oft wenig in Ansehen und Auftreten imponierenden Kameraden der Flotte vorteilhaft abstechen, so scheint dort auch ein entwickelteres Selbstbewußtsein und Sokdaritätsgefühl zu herrschen und Leitung, Klarheit der Ziele, Organisation und Verwaltung auf höherer Stufe zu stehen. An das, was unsere Armee hierin leistet oder zu leisten verspricht, reicht die russische aUerdings nicht im entferntesten heran. Scheinbar spielen auch scharfe man
an
an
—
—
13
Admiral Makarov hatte am 8.3.1904 das Kommando über das Geschwader in Port Arthur übernommen, er fiel jedoch bereits am 13.4.1904, als sein Flaggschiff »Petropavlovsk« bei der Abwehr eines japanischen Blockadeversuchs auf eine Mine lief und sank. Das russische Geschwader verhielt sich daraufhin weiter passiv und wurde von der japanischen Flotte in Schach gehalten. Vgl. dazu Maltzahn, Der Seekrieg, Bd 1, S. 195-212.
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persönliche Gegensätze gegeneinander, deren hoffentlich Kuropatkin14, den man als sehr energischen durchgreifenden Menschen bezeichnet, Herr werden wird. Die ganze Hoffnung ruht auf der Armee, und wenn man die kräftigen, wetterfesten Gestalten mit ihren vertrauensseligen Augen sieht, so kann man sich nicht vorstellen, daß
die kleinen Japsen ihrer Herr werden sollten. Jedenfalls bleibt der Russe stehen und läßt sich totschlagen, bevor er einen Schritt zurückweicht. Ob
bei einer angriffsweisen Kriegführung die Führung verstehen wird, die Truppen richtig anzusetzen, ist eine andere Frage. Die Armeeoffiziere sind durchaus siegesgewiß und brennen vor Ungeduld, nach dem langen Warten nun endlich mal an den Feind zu kommen. Daß sie dann mit größter Bravour fechten werden, ist meinem Gefühl nach außer jedem Zweifel. [...]15
Hopman an seine Ehefrau, Port Arthur, den 1. Mai 1904 Familienarchiv Fischer-Hopman, Bad Harburg
(hdschr.)
[...]
Die russische Flotte hat meiner Ansicht nach so gut wie ausgespielt. Das fühlt dem Geist, der hier herrscht. Frische Initiative und Unternehmungslust merkt man nirgendswo [sie] durch, jedermann erblickt seine Aufgabe nur noch im Halten von Port Arthur. Das wird man zweifellos auch können, an fester Standhaftigkeit und einem großen passivem Mut fehlt es dazu nirgends, und der Ausbau der Befestigungen wird mit großer Energie so gefördert, daß den Japanern die Sache fast von Tag zu Tag schwerer wird. Die Flotte tut aber augenblicklich so gut wie nichts, man repariert die beschädigten Schiffe, aber kaum ein Torpedoboot, geschweige denn die Kreuzer strecken die Nase mal aus dem Hafen heraus. Die Lage der russischen Flotte ist ja allerdings auch keine angenehme. Die Überlegenheit der Japaner ist durch deren anfängliche überraschenden Erfolge zu groß geworden, als daß die Russen sich noch auf entscheidende Unternehmungen einlassen können. Man vertröstet sich einstweilen auf die im Spätsommer oder Herbst aus der Ostsee erwarteten Verstärkungen16. Aber ob die zu dieser Zeit oder überhaupt jemals bis hierher kommen werden, scheint mir zweifelhaft. Und schlimmer als die materielle Überlegenheit der Japaner ist deren moralische und taktische. Die man an
14
General
Kuropatkin war von
Februar bis Oktober 1904 Oberbefehlshaber der mandschurischen
Armee, von ( )ktober 1904 bis März 1905 ( )berbefehlshaber der Armee und der Flotte im Fernen
15 16
Osten. Er sollte die in Korea gelandeten japanischen Truppen am Yalu aufhalten und am Einmarsch in die Mandschurei hindern. Vgl. Maltzahn, Der Seekrieg, Bd 1, S. 213-239; Großer Generalstab, Aus dem russisch-japanischen Kriege, passim. Folgt Schilderung der Verhältnisse in Port Arthur. Bereits Mitte März 1904 erließ Zar Nikolaus II. eine kaiserliche Ordre, die die Entsendung des Baltischen Geschwaders unter Führung von Admiral Rozdestvenskij zur Verstärkung in den Pazifik befahl. Mißwirtschaft, Korruption und bürokratisches Durcheinander einerseits, Fehleinschätzungen der militärischen Lage andererseits verzögerten jedoch Ausrüstung und Auslaufen des Geschwaders, so daß dieses erst am 14.10.1904 Libau verlassen konnte. Vgl. Potter/Nimitz, Seemacht, S. 268; Maltzahn, Der Seekrieg, Bd 2, S. 295-340; Plaschka, Matrosen, Bd 1, S. 145-295.
1904
haben
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ihre Flotte zielbewußt und energisch ausgebildet, während die so gut wie nichts getan haben. Weder ihre Geschwader noch die sind auch nur einigermaßen geschult, sie haben wohl Schiffe, aber Torpedoboote keine Flotte, die nach einheitlichen, im Frieden erprobten Grundsätzen fechten kann, und der hervorragendste Führer kann die Unterlassungssünden, die in Jahrzehnten begangen sind, nicht wiedergutmachen. Dies um so mehr, als ake Schiffe permanent im Piafen hegen und wegen der vielen vor dem Eingang von den Japanern gelegten Minen sich einstweilen auch kaum auf die Reede wagen dürfen. Dabei ist das Offiziers- und namentkch auch das Mannschaftspersonal zweifellos gut, tapfere, zähe und energische Menschen. Namentlich machen die jüngeren Offiziere, die sich auch im Anzug, Auftreten usw. sehr vorteilhaft von ihren älteren Kameraden abheben, einen recht guten und auch intelkgenten Eindruck. Aber es fehlt das System, das dieses Material richtig geformt hat und anzusetzen versteht, persönkche Interessen und Intrigen spielen überaU gegeneinander, und niemand weiß recht, wo die Ziele des Ganzen hegen. Vielleicht ist gerade augenbkckkch das Fehlen eines Führers stark daran schuld. Alkseev17, der nur interimistisch Oberkommandierender der Seestreitkräfte ist, scheint seine Aufgabe nur darin zu sehen, den augenbkckkchen Zustand zu erhalten und hat offenbar keine Unternehmungen im Sinn. Er ist überhaupt wohl mehr Diplomat als Admiral und betrachtet seine mihtärischen Aufgaben als Nebensache. Die Flotte ist sich allmähkch selbst darüber klar geworden, daß die Entscheidung jetzt bei der Armee hegt, und auf diese kann man meinem Gefühl nach auch berechtigte Hoffnungen setzen. Ich schrieb dir schon früher darüber, daß sie in jeder Beziehung einen vertrauenswürdigeren Eindruck macht als die Marine, und ich persönkch kann mir nach akem, was ich von ihr gesehen und gehört habe, nicht vorstellen, daß sie mit den Japsen nicht fertig werden soUte. JedenfaUs haben ja auch schon die ersten Gefechte am Yalu gezeigt, daß sie keine quantité negkgeable ist. Sie ist die nationale Waffe Rußlands und zweifellos von einem vorzüglichen Geist durchdrungen. Auch in Führung und Organisation scheint sie der Flotte überlegen zu sein. Im Stillen hoffe ich, daß sie mit den Japsen schneU und gründkch fertig werden und den Krieg bis zum Herbst zu Ende führen wird. Denn hier wird's zweifellos sehr
gearbeitet,
Russen offenbar
langweikg. [...]18
Freitag, den 6. Mai 1904 Die beiden letzten
läge führten mir so recht den Vorteil der Offensive in der Kriegführung Augen, auf japanischer Seite klare, von langer Hand vorbereitete und bestimmt durchgeführte Ziele, auf russischer Seite Überraschung über Über[...]
vor
17
18
Vizeadmiral Alkseev, russischer Vizekönig für den Fernen Osten; Befehlshaber der Seestreitkräfte wurde nach dem Tode von Vizeadmiral Makarov Vizeadmiral Witthöfft. Beim Ausbruchsversuch des Geschwaders nach Vladivostok am 10.8.1904 wurde dieser jedoch tödlich verwundet. Vgl. Maltzahn, Der Seekrieg, Bd 2, S. 151 -186. Folgt Beschreibung der Verhältnisse in Port Arthur.
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raschung, daher Ziel- und Tatlosigkeit19. Hier Konzentration der Kräfte und Eingreifen mit Überlegenheit, dort Zersplitterung, Verteilung auf zahlreiche Defensivstellungen, daher numerische Unterlegenheit. Hier frischer vorwärtsdrängender Kampfmut und Siegesgewißheit, dort das dumpfe Gefühl der herannahenden, unabwendbaren Gefahr, der natürliche Schauder, den eine völlig Ungewisse Zukunft dem Menschen einflößt und auch durch das Bewußtsein der eigenen Widerstandskraft und den größten Todesmut des einzelnen Individuums nicht aufgehoben werden kann. »Kriegführen ist Angreifen«, diesen Satz wird meiner Ansicht nach auch der jetzige Krieg bis zu seinem Ende beweisen. Ich würde mich freuen, wenn ich mich irren sollte, aber einstweilen muß ich an einen vollen und endgültigen Erfolg der Japaner glauben. [...] Montag, den 6. Juni 1904 Bei der Fürstin2" wie üblich über die Kriegslage gesprochen, als die beiden (der Kommandant der »Grozovoi« und ein Offizier von »Bayan«) weggegangen waren, entwickelte ich, freilich mit großer Reserve, meine Ansichten über die bisherige Strategie der Russen und der Japaner, die für erstere nicht sehr günstig lauteten, aber nicht widersprochen wurden. Meine Meinung über die Aussichten der für bevorstehend gehaltenen Aktion der Flotte hielt ich zurück. Das Resultat dieser wird kein glänzendes sein, dazu ist die Flotte viel zu wenig durchgebildet. Ihre Führer und Kommandanten haben nach allem, was ich bis jetzt gesehen und gehört habe, unklare unreife Ideen über die Kriegführung. Die taktische Durchbildung, namentlich das Zusammenarbeiten von Kreuzern, Torpedobooten und Linienschiffen, ist höchst mangelhaft, Methoden für die taktische Handhabung der Linie fehlen, klare schriftliche Befehlserteilung existiert nicht, Schießausbildung ist zum mindesten mittelmäßig, die Torpedobootstaktik unbekannt. Soll es doch Torpedobootskommandanten geben, die noch nie einen Schuß gefeuert haben. Wenn die japanische Flotte nicht grobe Fehler macht und wenn sie, was ich nicht glaube, taktisch nicht gleichfalls auf sehr niedrigem Niveau steht, so scheint mir für die Russen ein Desaster wahrscheinlicher als ein Erfolg. Die Russen nehmen an, daß die Japaner wahrscheinlich jedem entscheidenden Kampf auszuweichen versuchen werden. Hierin haben sie vielleicht recht. Sie werden aber alles daransetzen, um mit ihren, wenn nicht gutgeschulten, so doch mindestens sehr seegewohnten Torpedobooten den Russen auf den Leib zu kommen und wahr-
[...]
Russen
19
20
Anfang Mai hatten japanische Truppen begonnen, offensiv vorzugehen: Am 1.5. überschritt der Befehlshaber der japanischen 1. Armee, General Kuroki, den Yalu in Korea, am 3.5. unternahmen japanische Seestreitkräfte einen erneuten Versuch, die Einfahrt von Port Arthur zu sperren, und seit dem 5.5.1904 wurde die japanische 2. Armee bei Pitsewo und in der Yen tau-Bucht nordöstlich von Port Arthur ungehindert angelandet. Vgl. Maltzahn, Der Seekrieg, Bd 1, S. 240-300; Großer Generalstab, Aus dem russisch-japanischen Kriege. Gemeint ist Fürstin Deven, Ehefrau des russischen Kapitäns z.S. Fürst Deven. Diese unterhielt in Port Arthur offenbar eine Art fen.
Salon, in dem sich russische und ausländische Marineoffiziere
tra-
1904
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scheinkch mit Erfolg. Denn einheitkche Grundsätze und Formen, wie man solcher Art der Knegführung zu begegnen hätte, gibt es bei den Russen nicht, wohl aber akerhand vage unreife Ideen und Vorschläge, die nur Unordnung und ein uneinheitkches Handeln zur Folge haben können. Hinsichtkch der Aussichten eines Geschwaderkampfes beruft man sich immer wieder auf das Gefecht vom 27. Januar21, wo die japanische Flotte ausgerissen sei. Damals hat 1 ogo die Russen wahrscheinkch nur von ihren Befestigungen wegziehen woken. Der Fehler, den er durch das Anhängen seiner Leichten Kreuzer an die Queue der Linie gemacht hat, spricht zwar wenig für seine taktische Begabung, indes haben hierbei viekeicht besondere Umstände und Rücksichten mitgesprochen. Urteilt man nach dem, was die japanische Flotte bisher geleistet, vornehmkch nach der Art, wie sie nunmehr fast 4 Monate lang ohne wesentkche Havarien und Verluste die See gehalten und behauptet und ihre mannigfaltigen keineswegs leichten Aufgaben durchgeführt hat, so muß man ihre Überlegenheit über die russische voraussetzen. Die Hoffnungen, mit denen sich jetzt die Russen tragen, scheinen mir sehr trügerisch, die lange Hafenzeit hat Offiziere und Mannschaften verhindert, auf ihrem Element heimisch zu werden und sich die mannigfaltigen und schweren Situationen klar zu machen, denen sie entgegengehen. Überraschung über Überraschung wird sie stutzig und unsicher machen und an SteUe der jetzt vorwaltenden Unternehmungslust Kleinmut oder wenigstens tatenlose Apathie hervorrufen. Dann sind sie wieder auf ihrem alten Standpunkte, aUes an sich herankommen zu lassen, schkeßkch auch die endgültige Niederlage. Nitschewo! Hoffentlich bekomme ich nicht recht! Ich woUte nur hier meine Ansicht im Voraus festgelegt haben.
Montag, den 27. Juni 1904 [...]22 Es ist aber wiederum recht bezeichnend für die Apathie und Lotterwirtschaft der Herrn Russen, daß man solch natürliche Maßnahmen internationaler Höflichkeit außer acht läßt. Die Kerls sind für die moderne Welt in ihrer jetzigen Verfassung unmögkch. Voraussichtkch wird es ihnen hier ja auch recht schlecht ergehen. Ich kann mir wenigstens keine günstige Entwicklung der Lage für sie denken. Ohne die Seeherrschaft und die kann ihre verlotterte, erbärmkche Flotte nie bekommen, wird Kuropatkin an der Kin tschou- und Tal ién wan-Passage nichts ausrichten, als sich selbst den Kopf einzurennen, es sei, daß die japanische Armee so minderwertig ist, wie einige der hiesigen stumpfsinnigen Optimisten immer —
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Am 9.2.1904 (27.1.1904 nach russischem Kalender) hatten japanische Einheiten unter Admiral logo die vor Port Arthur liegenden russischen Schiffe erneut angegriffen, ohne aber nennenswerte Erfolge zu erzielen. Da die japanischen Einheiten sich trotz Überlegenheit zurückzogen, nachdem die russische Flotte Fahrt aufgenommen und Landbatterien das Feuer eröffnet hatten, betrachtete Vizeadmiral Alekseev diesen Rückzug als Erfolg. Vgl. Potter/Nimitz, Seemacht, S. 263; Maltzahn, Der Seekrieg, Bd 1, S. 102-111. Folgen erregte Ausführungen Hopmans darüber, daß ihm zum wiederholten Male von den russischen Behörden keine Post zugestellt wurde.
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noch glauben23. Sie werden meiner Ansicht nach Port Arthur angreifen und auch nehmen und vielleicht mit weniger Verlusten, als man hier denkt. Beim Angriff werden sich, wie bisher bei allen Operationen, allerhand schwache Punkte, Lücken und Versäumnisse in den Maßnahmen der Russen herausstellen, die ihre Überlegungen über den Haufen werfen und sie schnell kirre machen. Ein heftiges Bombardement der Stadt wird bald unhaltbare Zustände schaffen, denen Herr Stoessel24 mit seiner eigenen Schwerfälligkeit und seinem schwerfälligen Apparat nicht gewachsen ist. Wenn die Japaner mit Rücksicht auf ihre zu erwartenden Verluste Port Arthur nicht angreifen, sondern nur eng abschließen und aushungern, so wird die Lage nicht besser, eher schlimmer. Mit Dalni und Tal ién wan als Basis können sie eine sehr große Armee auf Quanteda unterhalten, der Kuropatkin nichts anhaben kann. An die Ankunft der Baltischen Flotte glaube ich noch nicht, sie wird auch nicht viel mehr wert sein, als die hiesige und an innerer Tüchtigkeit, an taktischer und strategischer Ausbildung der japanischen unterlegen. [...]25
Hopman an seine Ehefrau,
Port Arthur, den 25. Juli 1904
Familienarchiv Fischer-Hopman, Bad Harburg
(hdschr.)
[...] Ebensowenig26 kann ich es verstehen, daß uns der Admiralstab bisher noch kein Sterbenswort hat zukommen lassen. Es interessiert uns doch zu wissen, ob unsere Telegramme und Berichte angekommen sind, ob man besondere Wünsche hinsichtlich weiterer Nachrichten hat, ob man damit einverstanden ist, daß wir hier beide in Port Arthur sitzen oder man lieber einen von uns in Wladiwostok sähe usw. Wahrscheinlich hat an alledem aber nur die russische Post schuld, die ebenso faul, verrottet, verkommen und leistungsunfähig ist wie das meiste übrige in diesem Lande. Ich habe früher oft den Kopf geschüttelt, wenn Eduard27 in seinen Briefen über die heben Herren des Zarenreiches loszog. Er hat noch viel zu weiß gemalt, hier wenigstens sieht's viel schwieriger aus. Stumpfsinn, Dummheit, Leichtsinn, Gleichgültigkeit und Apathie, absolute Apathie, das sind die Wappen, die Port Arthur schmücken und auch weiter schmücken werden, bis mal ein energischer Mann mit einem eisernem Besen dazwischenfährt. Der Admiral ist weniger 23
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Nach der Landung nordöstlich von Port Arthur begannen japanische Truppen, dieses nach Norden abzuschneiden und die strategisch wichtigen Stellungen bei Kin tschou, Tal ién wan und Dalni anzugreifen. Seit Ende Mai war die Festung vom mandschurischen Hinterland abgeschnitten. Vgl. Maltzahn, Der Seekrieg, Bd 1, S. 301-318, ebd., Bd 2, S. 51-97; Der russisch-japanische Krieg, Bd 5/1: Port Arthur, S. 181-241. General Stoessel war 1900-1905 Kommandant der Festung Port Arthur. Folgen Aufzeichnungen über die weiteren Ereignisse in Port Arthur. Zunächst hatte sich Flopman darüber beklagt, daß ihm im Gegensatz zu anderen Attaches kaum private Post zugestellt wurde. Eduard Hopman, älterer Bruder Hopmans und seit 1890 im diplomatischen Dienst, war mit einigen LInterbrechungen von 1893 bis 1901 an den Konsulaten in Tiflis, Odessa, St. Petersburg, Kovno und Riga tätig.
1904
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als eine Null, eine stark negative Zahl28, die Flotte eigentkch nur die Karikatur einer solchen. Und wir armen Kerls, die ein mißgünstiges Schicksal hierher geschlagen hat, müssen all die Untätigkeit, Faulheit, Verkommenheit mit ansehen, ohne ein Wort zur Besserung sagen zu können. Wir haben's wenigstens aufgegeben, es würde doch nichts helfen. Es ist schade um das gute Material an Offizieren und Mannschaften, daß die Sache so traurig bestellt ist. Ein energischer Admiral könnte mit der Flotte in kurzer Zeit Vorzügkches erreichen, aber der alte Troddel [sie], der jetzt das Heft in der Hand hat, verdirbt sie von Tag zu Tag. Hoffentkch sieht's bei der Armee Kuropatkins anders aus, sonst kann die Welt noch Merkwürdiges erleben und das große, heikge, akas stumpfe, schwerfälkge in künstkeher Verdummung und Erstarrung gehaltene Rußland sich wundern. Du siehst, ich bin mit meiner Umgebung nicht zufrieden und habe meinen Gefühlen in viekeicht etwas zu unvorsichtiger Weise freien Lauf gelassen. Der Brief geht aber durch einen recht sicheren Vermittler nach Tschifu. Ich überlege mir jetzt, ob es für mich nicht besser ist, in einigen Wochen auch von hier fortzufahren und über Tschifu oder Schan-hei-kuan, wohin ich mit einer chinesischen Dschunke fahren würde, mich zu Admiral Skrydlov29 nach Vladivostok zu begeben. Hier geschieht ja doch nichts, und um den Unsinn, den man hier zu sehen bekommt, zu registrieren, genügt einer von uns. Cuverville3" trägt sich mit gleichen Gedanken. Zunächst wollen wir noch mal 3-4 Wochen warten. Bis dahin hat vielleicht im Norden sich irgend etwas Entscheidendes zugetragen. Hier ist aUes ruhig abgesehen von Kleinigkeiten. Die Japaner scheinen einstweilen nicht daran zu denken, etwas Ernstkches gegen uns zu unternehmen. Was sie aber machen, weiß man hier nicht, interessiert sich auch merkwürdig wenig dafür. Nitschewo Nonarvo. Nichts neues! Das bekommt man nun seit Wochen und Wochen zu hören und wenn man nicht wüßte, daß ja schkeßkeh alles auf der Welt mal ein Ende haben muß, so könnte man allmähkch zu dem Glauben kommen, das ginge immer so weiter. [...]
Hopman an seine Ehefrau,
Port Arthur, den 28. Juk 1904 Familienarchiv Fischer-Hopman, Bad Harburg
(hdschr.)
Die Lage hier ist seit einige Tagen ernster geworden. Die Japaner haben gestern und vorgestern mit großen Massen die vor der Festung von den Russen gehaltenen Stekungen angegriffen, und diese gehen scheinbar nach einem sehr tapferen Widerstand, der die Japaner viel Leute und Munition gekostet hat, auf die Festung
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Gemeint ist Vizeadmiral Witthöfft. Admiral Skrydlov war 1900-1902, 1904 Oberkommandierender des russischen Pazifikgeschwaders in Vladivostok. Gemeint ist der französische Marinebeobachter in Port Arthur, Fregattenkapitän Comte de Cuverville.
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zurück31. Mehr weiß ich nicht und auch dieses ist unsicher. Jedenfalls beginnt aber für Port Arthur bald ein neues Stadium. Was daraus herauskommen wird, wird sich bei Ankunft dieses Briefes schon lange entschieden haben. Hoffentlich bleibst Du bei all den aufregenden Nachrichten, die die nächste Zeit für Dich bringen wird, ruhig und blickst mit dem alten Gottvertrauen in die Zukunft. Wir werden uns wahrscheinlich jetzt bald auf der Batterie des Goldenen Berges oder einer andern Batterie einquartieren, wo man uns eine Kasematte einrichten wird. Von dort werden wir wohl manches Interessante zu sehen bekommen Jedenfalls verspricht die nächste Zeit anregender, lehrreicher und spannender zu werden, als es die letzten beiden Monate gewesen sind. Man atmet nach dem allgemeinen Stumpfsinn ordentlich auf. Jetzt ist doch 'wenigstens irgend eine Lösung, irgend ein Ende der Lage abzusehen. Wie sie ausfallen wird, weiß ich natürlich nicht und unterlasse es auch, meine persönlichen Ansichten darüber auszusprechen. Nach meinem letzten Brief kannst Du Dir ungefähr denken, nach welcher Seite sie neigen.
Mittwoch, den
17.
August 1904
Nach dem Aufstehen längere Zeit Ausfahrt der Taubenbucht beobachtet und gesehen, daß drei Dschunken von dort in See gingen. 9Vi h heruntergegangen und mit dem Kutter der Festungsartillerie auf »Peresviet« gefahren. Admiral32 war nicht an Bord. Ich ging zu Viren, der jetzt Chef des Stabs geworden ist und mich in seiner Kammer empfing. Er war wie immer sehr nett. Erzählte, daß der Parlamentär ein Schreiben an Stoessel und den Geschwaderchef gebracht hätte, in dem diese aufgefordert würden, Festung und Flotte zu übergeben33. Die Antwort, die bis 1 Minute vor 10 h V dem 17. verlangt worden sei, hätte kurz und bestimmt gelautet, die Übergabe entspreche nicht der Ehre des russischen Namens und die Festung sei in einem solchen Zustande, daß sie sich noch lange halten könne. Begründet war das Verlangen der Japaner durch den Eünweis auf die riesigen Verluste, die der weitere und letzten Endes für die Belagerten doch aussichtslose Kampf auf beiden Seiten zur Folge haben würde. Viren wußte über den Verlauf der Schlacht
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vom
10.8.34 noch nichts Bestimmtes und sagte, die Skizzen und Berichte
Im Juni/Juli 1904 zogen japanische Truppen, die auch von See her unterstützt wurden, in heftigen Kämpfen den Belagerungsring um die Festung Port Arthur immer enger. Vgl. Maltzahn, Der Seekrieg, Bd 2, S. 98-134; Der russisch-japanische Krieg, Bd 5/1: Port Arthur, S. 275 336. Gemeint ist Konteradmiral Fürst Ucktomskij, 2. Admirai des russischen Pazifikgeschwaders. Nach den ersten Beschießungen der Stadt, die seit dem 30.7.1904 vollständig eingeschlossen war, hatten die beiden japanischen Höchstkommandierenden von Armee und Flotte am 16.8.1904 einen Parlamentär nach Port Arthur entsandt, der den freien Abzug von Frauen und Kindern anbot, zugleich aber auch die Übergabe der Festung forderte. Dieses wurde vom Festungskommandanten, General Stoessel, am darauffolgenden Tag abgelehnt. Vgl. Maltzahn, Der Seekrieg, Bd 2, S. 228 f.; Der russisch-japanische Krieg, Bd 5/2: Port Arthur, S. 93-95. Am 10.8.1904 hatte das in Port Arthur eingeschlossene russische Geschwader unter Führung von Vizeadmiral Witthöfft versucht, nach Vladivostok auszubrechen. Die russische Flotte wurde jedoch von einem von Admiral Togo geführten japanischen Verband gestellt. Bei dem sich an-
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der einzelnen Schiffe seien noch nicht ake eingegangen. Er ist im akgemeinen guter Hoffnung. Auf meine Bitte, das Schiff besuchen zu dürfen, antwortete er, der Admiral habe es eigentkch untersagt, führte mich dann aber auf das Oberdeck. Dort sah es noch unglaubkch aus. Das ganz Oberdeck mit seinen Aufbauten ist eigentkch ein riesiger Trümmerhaufen. Ake Bleche sind fast siebartig durchlöchert, abgerissen oder verbogen, Boote, Dawits, Scheinwerfer, Laufbrücken, Kompasse, Signalmittel usw. alles zerstört oder wie Viren und Mitschmann Graf KeUer sagten, eigentkch nichts mehr heil. Unter der Wasserknie ist vorne im dünneren Teil des Gürtels ein Schuß, der den Panzer durchlöchert hat. Auf dem Gürtelpanzer sonst mehrere Schuß, die keine Wirkung gehabt haben, mit Ausnahme von einem, der mittschiffs an Steuerbord eine Platte etwa 50 cm nach innen geschoben hat35. Holzhinterlage und Bordwand sind dort sicherkch gebrochen. Wie weit das Schiff Wasser machte, habe ich nicht gehört. Ein anderer Schuß auf dem Panzergürtel hat ein kleines Stück aus der Platte herausgeschlagen und die Platte gelockert. In der Bordwand sind etwa mehrere qm große Löcher, teilweise dicht über dem Panzergürtel. Ein Schuß, der den vorderen Mast getroffen, hat den Kommandanten und mehrere Leute im Kommandoturm verwundet. Die Kommandoelemente sind unversehrt gebkeben. Die Stange des vorderen Mastes und dessen Top sind abgeschossen und ake Signalmittel zerstört. Hinterer Mast etwa 10 m über Deck abgeschossen, hat auf Deck gelegen, aber nichts behindert. Eine Granate im Maschinendeck in dem keine Panzergrätings waren. Sprengstücke in die Maschine geschlagen, aber nichts beschädigt. Fast ake elektrischen und Feuerlöschleitungen sind zerstört. Mehrfache Brände. Viren zieht aus dem Gefecht folgende Schlüsse: Mögkchst viel Panzerung, ake Geschütze müssen hinter Panzer stehen. Mögkchst wenig Aufbauten und Verzierungen. »Nisshin« und »Kasuga« sind vorzügkche Schiffe, weil sie niedrig sind. Gar keine kleinen Geschütze. Kleinstes Kakber 120 mm S.K. Um lOVá h von Bord gefahren, nachdem mich Viren gebeten hatte, noch etwas zu bleiben, weil die Japaner kurz nach 10 h wohl als Erwiderung auf die russische Antwort mit einem heftigen Bombardement beginnen würden. Es bkeb aber ruhig. Auf »Pobieda« gefahren, wo mich Sazareny in guter Laune empfing. Mit dem ersten Offizier Schiff besichtigt. Hat 10 Treffer aus schweren Geschützen. 2-75 mm außer Gefecht gesetzt, 2 mal Feuer in Farbenkammer und einer Offizierkammer. Leicht gelöscht. Kasemattpanzer (AV2") einmal glatt durchschlagen, wobei Sprengstücke auch durch das WaUgangschot gegangen sind. Gürtelpanzer dicht unter Wasser durch 12" Panzergranate getroffen36. Stück herausgeschlagen von 8 Pud-Granate nicht eingedrungen und keine Teile von ihr gefunden. Panzerstück hat aber Llolzhinterlage und Bordwand durchschlagen und die dahinter kegende Kohlenbunkerwand leicht verletzt37. Die Verletzungen der Außen-
35 36 37
schließenden Gefecht wurde das russische Flaggschiff »Cesarevic« getroffen; Admiral Witthöfft erlitt dabei eine tödliche Verletzung. Führerlos zerstreute sich das russische Geschwader anschließend. Vgl. Potter/Nimitz, Seemacht, S. 266 f.; Maltzahn, Der Seekrieg, Bd 2, S. 151-186; Hopman, Das Logbuch, S. 301 f. Folgt Zeichnung der verbogenen Platte.
Folgt dazugehörige Zeichnung. Folgt dazugehörige Zeichnung.
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wand haben meist DForm mit abgerissenen Rändern. Die Platten sind meist auf große Entfernungen verbogen und vielfach hinten an dem Stoß mit den Nachbarplatten herausgesprengt. Leckstopfmittel waren bereit gehalten. Viele Ventilatoren und Rohre verletzt. Scheinwerfer und Kompasse in Ordnung. 3 Tote, gegen 30 Verwundete, die zur Hälfte an Bord gebheben sind. In der Messe gefrühstückt. Offizieren, wenigstens einigen von ihnen, war doch eine gewisse psychische Anspannung und Nervosität anzumerken. Beim Frühstück wurde erzählt, daß die Russen zuerst die »Yakumo« und »Idzumo«-Division an Steuerbord hatten, die Linienschiffe von »Nisshin«-»Kasuga« kamen an Backbord am Bug vorbei und vereinigten sich mit »Yakumo«-Division. In weiter Entfernung an Backbord 2 »Hashidate«. Witthöfft manövrierte geschickt. Im Entscheidungsgefecht von 4-6V2h standen die Russen zunächst vorn, Japaner schössen zuerst auf die Schlachtschiffe, Russen auf »Mikasa«. Japaner verbrauchten sehr viel Munition. Als »Cesarevic« abdrehte, dampften die Japaner mit hoher Fahrt auf und umfaßten. Darauf ging »Cesarevic« allein gegen die japanische Linie vor, die ihr ganzes Feuer auf ihn konzentrierte. »Retvisan« war völlig bedeckt mit Rauch- und Wassersäulen, so daß er gar nicht mehr zu sehen war. Japaner schössen auf nahe Entfernungen schlechter als aufweite. Während der Nacht wurden die russischen Schiffe fortlaufend von Torpedobooten angegriffen. Ein Offizier der »Pobieda« hat deren 32 gezählt, einzelne davon auf nur 2-3 Kabellängen. Die ganze Mannschaft war an den Geschützen, Scheinwerfer wurden nicht gebraucht. Gegen 800 Schuß aus 75 mm und leichten Geschützen geschossen. Schießen lockte Torpedoboote heran. Einige Torpedos wurden von »Pobieda« aus dicht am Schiff passierend gesehen. Die elektrischen Turmdrehvorrichtungen haben gut funktioniert und sind heü gebheben, ebenso die38. Torpedoboote braucht man nicht zu fürchten. Bestes Mittel dagegen ist rechtzeitiges Abdrehen. »Mikasa« muß stark beschädigt sein. »Cesarevic« hat seinen elektrischen Ruderapparat nicht in Ordnung noch infolge von der Beschädigung am 8. Februar. [...] Gegen 8V2 h, als wir nach dem Essen auf der nördlichen Terrasse saßen, wurde ich ans Telephon gebeten, durch das mir Leutnant Hammer vom Stab kpuposti mitteilte, durch das japanische Hauptquartier sei der Befehl unseres Kaisers eingetroffen, daß die beiden deutschen Offiziere39 Port Arthur verlassen sollen411. Ich möchte am nächsten Morgen behufs weiterer Verabredungen zum Stab der Festung kommen. Ich war aufs Höchste erstaunt, da ich diesen Ausgang nicht erwartet hatte, aber auch nicht minder erfreut. Denn die Monate der Entbehrung, die mir sonst bevorstanden, waren ja gerade keine angenehme Zukunftsaussicht. Andererseits bemächtigte sich meiner ein gewisses 38 39
40
Folgt ein unleserliches Wort. Zusammen mit Hopman hatte Kapitänleutnant Gilgenheimb die Kämpfe vor Port Arthur beob-
achtet. Zusammen mit dem französischen Marineattache Comte de Cuverville war dieser bereits am Vortag nach Vladivostok abgereist. Unterwegs wurden beide jedoch von der Besatzung einer chinesischen Dschunke, die sie auf das gegenüberliegende Festland bringen sollte, ermordet. Am 13.8.1904 hatte der Gesandte in Tokio, Graf Arco mitgeteilt, daß der japanische Kaiser allen neutralen Nichtkombattanten den Auszug aus Port Arthur gestatte. Auf Bitten des Chefs des Admiralstabs, Admiral Büchsel, befahl Wilhelm II. daraufhin am 15.8.1904 Flopman und Gilgenheimb, Port Arthur unverzüglich zu verlassen. BA-MA, RM 5/5772.
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Gefühl der
Enttäuschung. Ich hatte mich in das, was mir bevorstand, völkg hineingefunden, und ich weiß nicht woher, das Bewußtsein, daß ich heil und dann als einziger fremder Offizier, der in der Festung ausgehalten hätte, also mit einem gewissen Anspruch auf Anerkennung herauskäme41. Das war nun aus. Der Grund der Abberufung ist mir nicht klar. Ich hätte sie dem Kaiser nicht zugetraut. Was ich in Port Arthur sehen konnte, war für uns viekeicht von hohem Wert. Der »New York Herald« hätte für einen Menschen, den er nach Port Arthur hätte schicken können, mindestens 100 000 $ bezahlt. Wir sind durch unsere lange Friedenszeit zu rücksichtsvoll und weich geworden, steken persönkche Interessen und Humanität zu sehr in den Vordergrund. Ich hätte den Kaiser für härter gehalten. Ca ramolkt wie Cuvervike zu sagen pflegte, wenn wir vom Hurraton der Seeoffiziere, schönen Friedensfesten usw. sprachen. Trifft viekeicht bei Wilhelm auch schon zu. [...]42 Ich packte dann meine Sachen und schkef, während es in der Nacht fast völkg ruhig bkeb, ganz gut43.
Hopman an Kaiser Wilhelm IL, Tsingtau, den 23. September 1904,
Bericht Nr. 19, Abschrift zu B.5604.III. BA-MA, RM 2/1769 (masch. Abschrift)* Euer Kaiserkchen und Königkchen Majestät berichte ich über die Beschädigungen der nach dem Gefecht am 10. August in den Hafen von Port Arthur zurückgekehrten russischen Schiffe aUeruntertänigst folgendes: Ich habe am 15. August die Linienschiffe »Poltava«, »Peresviet«, »Sevastopol« und »Retvisan«, am 17. August »Peresviet« und »Pobieda« besucht und, soweit es mir gestattet wurde, eingehend besichtigt. [...]45 Der augemeine Eindruck, den ich von der leider nur kurzen und einmakgen Besichtigung der Schiffe mitgenommen habe, ist in erster Linie ein großer Respekt vor der Treffleistang und Wirkung der japanischen schweren ArtiUerie. Auf die sechs russischen Linienschiffe fallen insgesamt etwa 75 Treffer aus schweren Kakbern. An Feuer haben auf japanischer Seite 27 schwere Geschütze (bis einschkeßkch 21 cm) teilgenommen. Das ergibt fast drei Treffer pro Geschütz. Die Japaner haben nach Aussage der Russen, wie übkch, sehr schnek geschossen. Mehr als 30 Schuß pro Geschütz darf man indes wohl kaum rechnen. Hierbei ergeben sich 41
42 43
44
45
Alle anderen Attaches waren in den Tagen zuvor bereits ebenfalls abgereist. Folgt Abschied von russischen Offizieren. Am folgenden Tag verließ Hopman Port Arthur auf einer Dschunke und wurde auf offener See von einem japanischen Torpedoboot aufgenommen. Nach mehreren Zwischenstationen brachte ihn ein japanisches Schiff am 20.8.1904 nach Tsingtau. Vgl. Hopman, Das Logbuch, S. 304 f. Vgl. auch ebd., S. 307 f. Die Berichte Hopmans wie auch die der Marinebeobachter anderer Staaten über die Lehren aus den Seegefechten zwischen japanischen und russischen Einheiten haben auf die Konstruktion neuer Kriegsschiffe erheblichen Einfluß gehabt. Folgt ausführlicher Bericht über die Schäden an den Schiffen.
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noch 9-10% Treffer, eine im Hinblick auf die großen Schußentfernungen sehr bemerkenswerte Zahl. Sie findet allerdings darin ihre Erklärung, daß die russische Linie ihre Entfernung vom Gegner kaum änderte, die Japaner sich also fast wie nach festem Ziel einschießen konnten. Sie haben scheinbar mit Panzergeschossen und Brisanzgranaten gefeuert. Erstere sind gleichfalls mit brisantem Sprengstoff geladen und, soweit beobachtet wurde, auch größtenteils explodiert. Die Wirkungen des Granatschusses gegen die ungepanzerten Schiffsteile ist derart gewesen, daß man sich eigentlich sagen muß, das Linienschiff darf überhaupt keine ungepanzerten Teile besitzen. Wenn man von der Brücke des »Peresviet« in das Trümmerfeld des Oberdecks hinunter sah, das trotz mehrtägiger Räumungsarbeiten noch ein mehr oder ein minder unentwirrbares Gewühl von Schornsteintrümmern, zerschossenen Booten, Laufbrücken, Aufbauten, Masten usw. darstellte, wenn man beobachtete, wie ein längsseit Hegender Prahm mit den Rudimenten von Booten, Torpedonetzen und Spieren, Kammereinrichtungen, Scheinwerfern, Ventilatoren, Kompassen usw. voll beladen war, so kam einem unwillkürlich zunächst der Gedanke: Wozu das alles, wozu die Aufbauten, Gefechtsmarsen und sonstige Verzierungen, die ungeschützten kleinen Kanonen, Kompaß, Scheinwerfer usw., wenn sie schon auf 70 80 hm, also bei der ersten Berührung mit dem Gegner derart weggeblasen werden. Der Gedanke führt in seinen Konsequenzen zu Monitor oder ähnlichen Schifftypen, die zwar gut geschützt, aber in der Verwendung ihrer Artillerie sehr beschränkt und weder seefähig noch bewohnbar, also keine Hochseelinienschiffe sind. Trotzdem ist er nicht völlig von der Hand zu weisen. Wenn auch die Sprengwirkungen der Granaten gegen ungepanzerte Schiffsteile im allgemeinen weder Schiff noch Besatzung erheblich und entscheidend schädigen, so sind doch nicht nur ihre moralischen Wirkungen, sondern auch die zahlreichen unerwarteten Zuzu ziehen, die in ihrer in Betracht fälligkeiten Folge auftreten können, wie zum in den die Kommandoturm, Geschütztürme, die Kesselräume usw. sich Beispiel verirrende Sprengstücke, Brände, die den Aufenthalt in wichtigen Räumen unmöglich machen, fallende Masten, oder andere große Eisenkonstruktionen, die die Bewegung von Türmen und Geschützen hindern, Vergiftungserscheinungen der Explosionsgase usw. Je mehr der Kompromiß des Linienschiffs zu Gunsten gepanzerten Flächen gezogen ist, desto günstiger steht es da. Es ist unrichtig zu sagen, die Aufbauten können alle weggeschossen werden, dazu sind sie da. Denn sie bleiben stets Fänger für Geschosse, deren Wirkung sich in recht unangenehmer Weise äußern kann. Alle russischen Offiziere bezeichneten mir die beiden Panzerkreuzer »Nisshin« und »Kasuga« als ihre unangenehmsten Gegner, weil sie nur niedrige Scheiben und fast zu zwei Drittel ihrer Oberfläche gepanzert seien. Eine auffallende und ernst zu nehmende Erscheinung sind die Wirkungen der zahlreichen Unterwasserschüsse, namentlich die schweren Beschädigungen von »Retvisan« und »Cesarevic« unter dem Panzergürtel gewesen. »Cesarevic« hat in seinem gepanzerten Unterwasserlängsschott vielleicht das allgemeine Schutzmittel der Zukunft dagegen bereits besessen. -
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Eine weitere Tatsache, die zu denken gibt, sind die großen Zerstörungen in dem ungepanzerten Teile der Bordwand gewesen, die, wenn sie dicht unter dem Panzergürtel und namentkch im Bug eines Schiffes sitzen, dessen Seefähigkeit in hohem Maße beschränken. Die Bugpanzerungen der neuesten enghschen und französischen Linienschiffe, wie sie auf das Heck ausgedehnt auch »Cesarevic« besitzt, scheint ein wirksames Schutzmittel hiergegen zu sein. Die zahlreichen Schornsteinverletzungen haben die Geschwindigkeit auf fast allen Schiffen bedeutend herabgesetzt bzw. den Kohlenverbrauch in starken Maße gesteigert. Inwiefern hierin durch Bereithalten von provisorischen Reparatarmitteln eine Abhilfe geschaffen werden kann, müßte Gegenstand der Erwägung und Erprobung werden. Die Wirkungen des Panzergeschosses sind46 im allgemeinen wegen der großen Gefechtsentfernungen nur wenig in die Erscheinung getreten. Der Schuß, der den Gürtelpanzer der »Pobieda« durchschlagen und nur als Vokgeschoß gewirkt hat, spricht zwar für das PanzervoUgeschoß, andererseits aber haben die Panzerschüsse, die den Kasemattpanzer durchschlagen oder die Turmscharten getroffen haben, noch gleichzeitig gute Sprengwirkungen erzielt und reden dem Panzergeschoß mit Brisanzladung, wie es die Japaner und Russen und überhaupt die meisten Marinen besitzen, das Wort. Die Tatsache, die mir bei Besichtigung der Schiffe am meisten aufgefaUen, ist die, daß neben der Wirkung der schweren Artikerie, die der mittleren kaum in die Erscheinung trat, daß man neben den erstaunkchen, sofort in die Augen springenden Zerstörungen, die erstere verursacht, die Spuren der letzteren ordentlich suchen muß. Es ist dies nicht darauf zurückzuführen, daß die Mittelartillerie nur wenig am Gefecht teügenommen hätte. Sie hat im Gegenteü viel, wenn auch mit verhältnismäßig geringeren Treffleistangen, gefeuert, während die leichte Artikerie nur wenig zum Eingreifen gekommen ist. Als aUgemeine Folgerungen meiner Besichtigungen möchte ich folgende Forderungen für das moderne Linienschiff aufsteüen, die ich indes mit dem Bewußtsein der Einseitigkeit ihrer Begründung und ohne Rücksicht auf ihre technische Durchführbarkeit aneinanderreihe: Großes Deplacement, ausgedehnte sekundäre Panzerung, namentkch im Bug des Schiffes. Gepanzertes Unterwasserlängsschott als Schutz gegen Torpedo- und Unterwasserschuß. Mögkchste Beschränkung der ungepanzerten Aufbauten. Nur ein Mast, keine Gefechtsmarsen, einfache Bootsaussetzungsvorrichtangen usw. Bessere Sicherung der Kommandotürme gegen Sprengstücke etwa wie die in Skizze 4 gegebene Form. Mögkchst wenig Aufbauten in ihrer Nähe. Keine Brücke darüber, wenn für Frieden notwendig, zum Abnehmen eingerichtet.
Armierung:
4 Geschütze schwersten
1. Schwere Artillerie —
46
Vorlage irrtümlich »ist«.
Kakbers,
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2. Mittelartillerie Höchstmögliche Zahl von mindestens 20 cm S.K. 3. Leichte Artillerie Höchstmögliche Zahl von 10,5 cm oder mindestens -
L/45.
8,8 cm
—
4. Keine kleinen Geschütze und Maschinenkanonen, die ballistisch und materiell zu wenig leisten, selbst gegen Torpedoboote. 5. Alle Geschütze nach Möglichkeit hinter Panzer oder starken Schutzschilden. 6. Möglichste Sicherung aller Feuerlösch-, elektrischen und mechanischen Leitun7. 8.
gen.
Sicherung der Scheinwerferaufstellung. Möghchste Beschränkung aller brennbarer Stoffe. Die taktischen Folgerungen des Gefechtes sind, wie ich schon früher betont, gleichfalls mit aller Reserve zu machen, weil auf russischer Seite eine Leitung nach taktischen Grundsätzen nicht stattgefunden hat. Es ist, wie namentlich die mit meinem Bericht Nr. 1847 eingereichten Skizzen beweisen, nicht einmal das Bestreben nach einer einheitlichen und geschlossenen Führung der Linie zu Tage getre-
ten. Der Admiral ist unbekümmert um die zurückbleibenden Schiffe seinen Kurs im überlegenen feindlichen Feuer weitergelaufen, ohne auch nur den Versuch taktischer Gegenzüge und Gegenwirkungen zu machen. Trotzdem wird man in dem japanischen Erfolg den Beweis der hohen Bedeutung des Ferngefechtes nicht verkennen können und das bei uns seit Jahren durchgebildete Verfahren, namentlich einen materiell und an artilleristischer Durchbildung unterlegenen Gegner durch einen auf weite und nach Möglichkeit sich gleichbleibende Entfernungen hingehaltenen artilleristischen Fernkampf vor der Entscheidung zu erschüttern, als richtig bestätigt finden. Im besonderen weisen die Unterwasserwirkungen der im Fernkampfe verfeuerten Geschosse auf die eifrige Weiterentwicklung unseres Fernschieß- und Ferngefechtsverfahrens hin. Es würde aber unrichtig sein, gleichzeitig auf die verminderte Bedeutung des Nahkampfes zu schließen und sich hieraus ergebende Forderungen für unsere Schießausbildung oder gar solche wie Fortfall der Torpedoarmierung auf den Linienschiffen zu stellen. Das Verhalten des »Retvisan« bei der Auflösung der russischen Linie scheint im Gegenteil den Beweis zu hefern, daß gegen einen artilleristisch überlegenen Gegner das energische Aufsuchen des Nahkampfes unter möglichster Entfernungsänderung das beste Mittel ist. Die mangelnden Erfolge der japanischen Torpedobootangriffe geben möglicherweise und haben stellenweise schon den Anlaß dazu gegeben, allgemein über das Torpedoboot den Stab zu brechen. Diese Schlußfolgerung ist nach meiner Ansicht durchaus unberechtigt. Denn nach meinen Beobachtungen ist, wie ich schon früher betont habe, nicht nur die Schulung des einzelnen japanischen Torpedoboots im Angriff mangelhaft, sondern es fehlt offenbar der japanischen Flotte an jeder einheitlichen und durchgebildeten Torpedobootstaktik. Die großen Torpedobootsmassen, die auf die zurückgehende russische Flotte angesetzt wurden, 47
Bericht Hopmans an Kaiser Wilhelm II. vom 20.9.1904, in: BA-MA, RM 2/1769. Hierin übersandte Hopman Kopien mehrerer Skizzen über die Seeschlacht vom 10.8.1904, die ihm von einem russischen Torpedobootskommandanten vertraulich zur Verfügung gestellt worden waren.
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sind mehr oder minder planlos und höchstens noch im Divisionsverbande geleitet Angriff vorgegangen. Ein durchgebildetes System, das mit Fühlung haltenden und angreifenden Divisionen arbeitete, ist nirgends zutage getreten. Nach meiner Ansicht weist die große materielle und moraksche Wirkung, die der Torpedoschuß in dem Kriege in den wenigen Fällen seines Gekngens gezeitigt hat, im Gegenteil darauf hin, unsere Torpedobootstaktik auf dem bisherigen Wege energisch weiter zu fördern und andererseits der Ausbildung unserer Linienschiffsgeschwader im Ausweichen vor Torpedobootsangriffen hohe Aufmerksamkeit zu widmen. Die russischen Offiziere betonen als eine der wichtigsten Erfahrungen des Krieges die Forderung einer stärkeren artiheristischen Armierung der Torpedoboote. Sie stützen sich hierbei auf die Ergebnisse der zahlreichen, von ihren Torpedobooten auf weite Entfernungen mit den japanischen Booten geführten Geschützkämpfe, bei denen über 5,7-cm-Geschütze kaum in Tätigkeit getreten sind. Ich habe über die Zwecklosigkeit dieser stets erfolglos gebkebenen Artülerieduelle bereits berichtet, erbkcke in ihnen eine grundfalsche Auffassung der Aufgabe des Torpedobootes, die im Torpedobootsangriff, nicht im Geschützkampf zu suchen ist. Es kegt vielmehr die Gefahr vor, daß eine stärkere artilleristische Armierung den Torpedobootskommandanten Wesen und Zweck der von ihm geführten Waffe nur noch mehr verkennen läßt. Trotzdem scheint mir die Forderung, auf unsere großen Torpedoboote übertragen, der Erwägung wert. Beim Ansetzen von Torpedobootsangriffen, selbst wenn sie, was nicht immer der Fall sein kann, von Kreuzern unterstützt sind, werden Torpedobootsschlachten nicht ausbleiben. Der artilleristisch stark Unterlegene befindet sich hierbei in einem Nachteil, der ihm die Mögkchkeit, sich den Weg zum Angriff mit Gewalt zu bahnen, unter Umständen verschkeßt. Außerdem wird es sich niemals vermeiden lassen, Torpedoboote zum Vorposten-, Aufklärungs-, Blockadedienst und anderen Nebenaufgaben zu verwenden, für die ein leistungsfähiges Geschütz in hohem Maße erwünscht erscheint. Das 5,7-cm-Geschütz unserer großen Torpedoboote ist vom 7,5-cmGeschütz der meisten Marinen balkstisch und vor akem an Wirkung erhebkch unterlegen. Viekeicht dürfte daher die Armierung neuer Boote mit zwei langen 7,5 oder 8 cm S.K. an SteUe der drei 5,7 cm nicht von der Hand zu weisen sein. zum
gez.
Hopman Majestät den Kaiser und König
An Seine
Donnerstag, den 22. Dezember 1904 11 h V Nach dem Admiralstab gefahren zur Meldung. Traf Büchsel mit Heeringen im Gespräch vor dem Tor und ging mit ihm nach oben. Zuerst allgemeine Unterhaltung über die Kriegslage, aus der nur hervorging, daß er von dem Geschwader Rozdestvenskijs mehr erwartet als ich. Teüte mir sodann mit, daß ich sobald als mögkch einen Vortrag in der mihtärischen Gesellschaft und wahrscheinkch auch in Kiel und Wilhelmshaven halten soUe, daß ich für einige Zeit dem R.M.A. zur
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Verfügung gestellt werde und mich späterhin an der Bearbeitung einer Dienstschrift über die bisherigen Erfahrungen des Krieges beteiligen solle48. Meine Kommandierung in Berlin werde voraus sichtlich bis zum Herbst dauern, falls sich nicht im Frühjahr ein passendes Bordkommando für mich finde. Dann kurze Besprechung über die Lage und Aussichten von Port Arthur. Im allgemeinen keinen sonderlichen Eindruck von ihm mitgenommen. [...] Dann zur Meldung bei Tirpitz ins Reichsmarineamt. Traf zunächst Scheer und sagte ihm, ich hielte es für wichtig, vor der Meldung bei S.M. den Staatssekretär zu sprechen. Tirpitz, der Goetz und Trotha zum Vortrag bei sich hatte, nahm mich gleich an. Er sprach sich sehr offen mir gegenüber aus. Zunächst über die Persönlichkeit und jetzigen Ansichten des
Kaisers, im besonderen über dessen Wünsche hinsichtlich der artilleristischen Armierung unserer neuen Linienschiffe49. Der Kaiser vertritt, auf Grund des Pla-
nes der neuesten englischen Linienschiffe und teilweise auch auf den Angaben meiner Berichte fußend, die einseitige Bevorzugung schwerster Kaliber. Tirpitz will bei 21 cm als Mittelartillerie stehen bleiben und begründete dies an der Hand von Tabellen und taktischer Darlegungen. Der Granatschuß gegen ungepanzerte und lebende Ziele darf nicht aufgegeben werden. Das Überschütten des Gegners darf von der Einleitung des Gefechtes bis zur Entscheidung nicht aufhören. Daher darf die Zahl der Mittelartillerie nicht zu gering werden. Die Größe unserer Schiffe ist durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal beschränkt, das Aufrollen der Frage einer Vergrößerung des Kanals würde die Flottennovelle bei der heutigen innerpolitischen und finanziellen Lage des Reiches zu Fall bringen. Diese Rücksicht muß vorläufig grundlegend bleiben. Entwickelt dann seine Ansichten über unsere Taktik. Ferngefecht zur Einleitung, aber Entscheidung im Nahkampf namentlich Engländern gegenüber, die herangehen. Wenn von 2 Flotten eine kämpfen will, kommen sie aneinander, Gefecht vom 10. August5" ist keineswegs typisch, da keiner heranwollte. In der Entscheidung, die mehr oder minder in Auflösung der Linie erfolgen wird, muß alles eingesetzt werden, namentlich auch Torpedoboote und auch Kreuzer. Spricht dann über den Krieg, die Unfaßbarkeit des Verhaltens der Flotte. Ich bestärke seine Anschauungen durch meine, mit einzelnen Anekdoten erläuterte Erfahrung. Er bestärkt mich durchaus in meiner Ansicht, daß die Entscheidung des Krieges zu Ungunsten Rußlands ausfallen wird und erklärt, daß er an Erfolge des Geschwaders von Rozdestvenskij nicht glaubt. Kommt dann auf unsere Stellung in Ostasien zu sprechen und bezeichnet dabei Tsingtau als Unteroffiziersposten. Als ich ihm auf die Frage: »Was sollen wir damit machen?« ant48
49
Gemeint ist das vom Admiralstab zwischen 1906 und 1909 herausgegebene interne dreibändige Werk »Der Krieg zwischen Rußland und Japan 1904-1905«, an dem Hopman zeitweilig mitarbeitete und das zwischen 1912 und 1914 vom ehemaligen Direktor der Marineakademie, Vizeadmiral a.D. Curt Freiherr v. Maltzahn unter dem Titel »Der Seekrieg zwischen Rußland und Japan 1904 bis 1905« veröffentlicht wurde. Der Russisch-Japanische Krieg übte auf die Entwicklung der Kriegsschifftypen einen erheblichen Einfluß aus. Vgl. Berghahn, Der Tirpitz-Plan, S. 419-475; Breyer, Schlachtschiffe, S. 56-66; Lambi, The Navy, S. 273 f.; Hopman, Das Logbuch, S. 307 f.; aus englischer Sicht: Towle, The Evaluation of the Experience of the Russo-Japanese War, S. 65 79; Grießmer, Linienschiffe der Kaiserlichen Marine, S. 17-48, hier: S. 23 f. (zu Tirpitz' Haltung in diesen Monaten). Siehe oben S. 112 f. -
so
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»Viekeicht eintauschen.« sagt er: »Gegen was? Besser wäre es, wir hätten es überhaupt nicht genommen.« Zum Schluß bedankt er sich für meine Berichte. Ich nehme den Eindruck eines hochbedeutenden Mannes von ihm mit, der fest und unbeirrt auf sein Ziel losgehend alle Hindernisse überwindet. Er ist der Mann unserer Marine, viekeicht sogar die bedeutendste Persönkchkeit, die wir in unserem männerarmen Deutschland jetzt haben. Gehe darauf zur Meldung zu Senden, der mich sehr freundkch empfangt. Spricht gleichfaks über den Krieg und läßt sich sehr hart über die russische Flotte aus. Seine Ansichten sind indes etwas oberflächkch und nicht durchdacht. Darauf längere Zeit bei Krosigk, der mir über die Spannung mit England51 einiges erzählt und meiner Ansicht, daß wir viel zuviele Offiziere in Berkn haben, durchaus beipflichtet. Dann zu »« zum Frühstück, wo ich Trotha traf. Erzählt über die Ratlosigkeit und Scheu vor Verantwortung, die beim Einlaufen der »Cesarevic« usw. in Tsingtau beim Auswärtigen Amt geherrscht habe, ist mit mir einer Ansicht über den Einfluß S.M. auf unsere gesamte poktische und militärische Lage und meint ebenso wie ich, »Wenn aus Deutschland noch etwas werden sok, muß es uns mal wieder recht schlecht gehen.« Darauf zum Admiralstab. Mit Boedicker über unsern Operationsplan gegen England und die ablehnende Haltung des Generalstabs gesprochen52. Schkeffen hat, wie mir Trotha erzählte, als vor einigen Wochen die Spannung mit England schärfer zu werden schien, gesagt: »Das kommt davon, wenn sie so viele Schiffe
worte:
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Das deutsch-englische Verhältnis hatte sich im November/Dezember 1904 erheblich verschlechtert. Anlaß hierfür waren englische Presseartikel, die zum Teil in dem Ruf nach einem »Copenhagen« der zunehmend als Bedrohung betrachteten deutschen Flotte gipfelten. Darüber hinaus glaubten einige englische Politiker und Militärs, das Deutsche Reich versuche, England und Rußland in einen Krieg zu hetzen und sei daher letztlich für den »Doggerbank«-Zwischenfall verantwortlich. In geradezu hektischer Weise wurde infolgedessen der Operationsplan gegen England überarbeitet; gleichzeitig wurde intensiv über ein Bündnis mit Rußland diskutiert. Am 18.11.1904 hatte Wilhelm II. ein Treffen mit dem Chef des Generalstabs und dem Reichskanzler Bülow einberufen, um den Operationsplan gegen England zu besprechen. Am 21.12.1904 hatten darüber hinaus Reichskanzler Bülow, der eigens zurückberufene Botschafter in London, Metternich, Tirpitz, der Staatssekretär des Auswärtigen, Richthofen, und die Chefs des Admiralstabes und des Generalstabes, Büchsel bzw. Schkeffen, ausführlich die Möglichkeit eines englischen Angriffs erörtert. Vgl. dazu die Aufzeichnung Tirpitz' vom 21.12.1904, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 13 f. Im übrigen Lambi, The Navy, S. 241-257; Kennedy, The Rise of the AngloGerman Antagonism, S. 271-275; Marder, From the Dreadnought to Scapa Flow, vol.1, S. 110-119 (ebd., S. Ill f. zur Lee-Rede); Berghahn, Der Tirpitz-Plan, S. 410 f.; Hubatsch, Der Admiralstab, S. 117-121. Zur aktenmäßigen vgl. GP, 19, II, S. 353-380. Im Frühjahr 1905 kam es zu einem erneuten »Navy Scare«, nachdem der Erste Lord der Admiralität, Lee, in einer Rede am 3.2.1905 offen mit einem Präventivkrieg gedroht hatte. Vgl. Metz, Navy Scare,
Überlieferung
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passim. Der Operationsplan II zielte darauf ab, die englische Flotte nach Besetzung Dänemarks mit Hilfe der Armee in dänischen Gewässern zu bekämpfen. Der Chef des Generalstabs, Schlieffen, stand dem Operationsplan der Marine jedoch ablehnend gegenüber, da dies bedeutet hätte, dem ihm im Falle eines Krieges mit England befürworteten Krieg gegen Frankreich Truppen zu entziehen. Zu den Diskussionen darüber im
Herbst/Winter 1904/05 Lambi, The Navy,
Weserübung 1905?, passim; Hubatsch, Der Admiralstab, S. 117-121.
S.
247-257; Salewski,
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bauen!« Wunderschön. Wenn der Kaiser sich doch bloß Goltz53 holen wollte. Der versteht die moderne Zeit. [...]
Freitag, den 23. Dezember 1904 12 h 10 m Mit der Bahn nach Wildpark gefahren, von dort im Hofwagen zum Neuen Palais54. Von Herrn v. Plüskow empfangen, gleich darauf kam S.M., dankte mir, nachdem ich mich gemeldet hatte, für meine Berichte, die von sehr großem Werte seien und besprach dann lange mit mir den Krieg. Er bezeichnete das völlige Versagen der russischen Flotte als unfaßbar und als etwas, was derart überhaupt noch nicht in der Weltgeschichte vorgekommen sei55. Ließ sich in der härtesten Weise über Großfürst Aleksej56 aus, bedauerte den Zaren, dessen Lieblingskind die Marine gewesen sei: Soldat sei er nicht, verstehe von der Flotte auch nicht viel, habe aber ein Interesse dafür gehabt. Er glaube, er habe ihn etwas kopiert, die Schaffung der großen Marine sei anfänglich aber gegen uns erfolgt. Der Zar habe keinen Menschen gehabt, auf den er sich hätte verlassen können. Paulis57, der frühere Attaché, habe ihm einmal auf Befehl die Wahrheit gesagt und betont, mit den Schiffen allein sei es nicht getan, man müsse Offiziere und Mannschaften heranbilden und das gehe in Rußland nicht so schnell. Das sei aber ohne Erfolg gewesen. Die Bestechlichkeit in Rußland sei jetzt im Kriege noch schlimmer als zuvor, Aleksej habe von den angekauften Schnelldampfern 2A Million pro Schiff eingesteckt, neulich sei er mit seiner von Brillanten überladenen Kokotte im Theater gewesen und ausgepfiffen worden, das Volk habe gerufen, das sei das Geld für die Flotte. Es sei eine Schande, daß Aleksej nicht mit auf die Flotte gegangen sei, man habe von ihm aber überhaupt nichts gehört. S.M. kommt dann darauf zu sprechen, daß meine Beobachtungen an Bord der aus dem Gefecht gekommenen Schiffe von höchster Bedeutung seien und daß wir wohl die einzige Nation seien, die solche Erfahrungen gemacht hätte. Betont die Bedeutung der schweren Artillerie, worauf ich erwiderte, daß eine leistungsfähige Mittelartillerie nicht zu umgehen sei. Er gibt dies zu, sagt, unsere neuen Geschütze sollten 21 cm Mittelartillerie, ein sehr leistungsfähiges Geschütz, bekommen. Spricht dann mit einem leisen Augenblinken über »Nisshin« und »Kasuga«, die in der Linie doch gute Dienste geleistet hätten. Ich antwortete, die Russen hätten sie deshalb als besonders unangenehm bezeichnet, weil sie sehr kleine Scheiben gewesen seien. Dann erzählt er von unsern Manövern und lobt die Leistungen der Generalleutnant Freiherr von der Goltz hatte 1883-1896 das türkische Heer reorganisiert; er war zugleich einer der herausragenden Militärtheoretiker der wilhelminischen Epoche und galt als ein möglicher Nachfolger Schlieffens als Chef des Generalstabs, wurde von diesem aber abgelehnt. Vgl. Mombauer, Moltke, S. 46. Auch Hopman, Das Logbuch, S. 306. Vorlage »sein«. Der Onkel des Zaren, Großfürst und Generaladmiral Aleksej Aleksandrovic war von 1881 bis 1905 Hauptchef der Flotte und des Seewesens. Fregattenkapitän v. Paulis, russischer Marineattache in Berlin 1902.
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Flotte in hohem Maße. Erwähnt dann unser jetziges Verhältnis zu England, das er scheinbar noch nicht als drohend ansieht. Erzählt von seinen guten Eindrücken, die er im Mittelmeer und Malta von der engkschen Flotte bekommen habe, bezeichnet Fisher, Wüson und Beresford als tüchtige Leute, bespricht die neue, die Spitze gegen uns richtende Organisation der Flotte58. Nach etwa 20 Minuten meldete ein Adjutant, daß die Kaiserin59 uns erwarte. Der Kaiser spricht noch etwa 10 Minuten weiter mit mir. Als ich ihm sagte, daß der Einfluß der Führung die psychische Kraft der Flotte habe degenerieren lassen, daß der Krieg beweise, welche immense Bedeutung die Persönkchkeit des Führers besitze, sagt er, das ist genau so wie bei der Kavallerie. Wenn der Oberst reiten kann, können's auch die Offiziere und Leute. Dann ins Nebenzimmer gegangen, wo mich I.M. empfing. Ich bestekte die Grüße des Prinzen611 und übergab den Brief. Sie fragte mich, wie es mir gegangen sei, drückte ihre Freude darüber aus, daß ich gesund wieder gekommen sei, erkundigte sich nach meiner Frau und Kindern. Dann gings zu Tisch, wo ich links neben der Kaiserin saß. Der Kaiser saß schräg gegenüber, knks davon Prinz August61, rechts die kleine Prinzessin62, daneben Prinz Oskar63, mehrere Hofdamen und Adjutanten, die ich kaum gesehen habe, da sich der Kaiser unausgesetzt mit mir unterhielt. Die Kaiserin sprach nur wenig, hörte aber meinen Erzählungen, die ich mit allerhand Anekdoten lebendiger zu machen suchte, mit großem Interesse zu. Auch die Prinzen machten sehr neugierige Augen. Der Ton war der denkbar ungezwungenste, ich64 kam mir65 sofort heimisch und vertraut vor. Der Eindruck, den die Kaiserin auf mich machte, war ein vorzügkcher. Ich hatte das unbewußte Gefühl, daß sie eine ausgezeichnete Frau und Mutter ist, voU von echt weibkcher Empfindung. Nach Tisch ging man ins Nebenzimmer. Dort unterhielt sich der Kaiser noch etwa XA Stande mit mir, namentkch über die Beschädigung der Schiffe, über Port Arthur, fragte übrigens noch bei Tisch —, was ich von Kuropatkin hielte, worauf ich sagte, ich verstände seine Strategie nicht, namentkch sei sein Rückzug bei Liao yan ein Fehler gewesen66. Er hätte meiner Ansicht nach —
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englische Flotte war durch den neuen Ersten Sealord, Admiral Fisher, im Herbst 1904 umorganisiert worden. Die Annahme, daß sich diese Neuorganisation in erster Linie gegen Deutschland richtete, wie in Anlehnung an die Arbeiten von Arthur J. Marder lange angenommen wurde, kann nach neueren Forschungen nicht mehr aufrecht erhalten werden. Verantwortlich hierfür waren vielmehr finanzielle Erwägungen. Vgl. Lambert, Admiral Sir John Fisher, S. 641, mit weiteren Die
Nachweisen. Kaiserin Auguste Viktoria. Prinz Adalbert, dritter Sohn des Kaisers, kommandiert an Bord des Kleinen Kreuzers »Hertha«, hatte Hopman in Tsingtau offenbar einen Brief an seine Eltern mitgegeben. Zu Prinz Adalbert vgl. im übrigen die Briefe Weizsäckers, der seit 1903 Crew-Kamerad des Prinzen war, in: Die
Weizsäcker-Papiere, passim. August Wilhelm, Prinz von Preußen, vierter Sohn des Kaisers. Prinzessin Viktoria-Luise, jüngstes Kind Wilhelms II. Oskar, Prinz von Preußen, fünfter Sohn des Kaisers. Über gestrichenem »man«.
Vorlage »sich«. Ende Juni hatten sich die russischen Truppen ohne Kampf an der koreanischen Front zurückgezogen und der japanischen 1. Armee den Weg in das Innere der Mandschurei freigemacht. Nachdem sich die russischen Truppen zunächst noch weiter zurückgezogen hatten, kam es vom 23.8. bis 3.9.1904 nahe dem strategisch wichtigen Ort Liao yan zur ersten großen Schlacht zwischen
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die Japaner zurückgeschlagen, falls er den Umgehungsversuch Kurokis mit 1 oder 2 Divisionen abgewiesen hätte, sonst aber in seinen Stellungen verbheben wäre. Der Kaiser sagte darauf. »Ja, er hat einfach die Nerven verloren.« Er ließ sich dann noch hart über Samsanov67 aus, der mit 17 000 Kavallerie nichts gemacht hätte, sprach dann über die Verhältnisse und Stimmung in St. Petersburg und die dort herrschende Sorglosigkeit. Eine Großfürstin habe in Homburg ihn gefragt, ob er dem dummen Kriege keine Ende machen könne, worauf er geantwortet habe, das sei jetzt wohl kaum möglich, bisher hätten die Russen ja nur Prügel bekommen. Er lobte Hintzes68 Berichte, sprach darüber, wie richtig Kalau6y die Russen eingeschätzt habe. Die Kaiserin hatte währenddessen die Bilder ausgepackt. Als sie damit ankam, meinte der Kaiser. »Na, hat sich der Junge schon wieder photographieren lassen?« Die Kaiserin sagte, sie freue sich sehr, daß er jetzt bald zurückkomme, worauf S.M. meinte: »Ja, er soll zur Hochzeit seines Bruders wieder hier sein. Das gibt einen großen Trara7"!« Dann verabschiedete sich die Kaiserin, mir und meiner Familie ein fröhliches Weihnachtsfest wünschend. Der Kaiser sagte: »Nun müssen Sie gehen, ich habe jetzt keine Zeit« und gab mir die Hand und bedankte sich nochmals für meine Berichte. Er sagte dann zu Plüskow: »Geben Sie ihm aber noch einen guten Tobak mit.« Plüskow meinte: »Sie hätten mal bloß etwas lauter sprechen sollen. Wir haben gar nichts gehört. Kommen sie bloß mal wieder!« Darauf fuhr ich zum Bahnhof, traf dort eine der Hofdamen, ich glaube Frl. v. Gersdorf, die sich nach Soin erkundigte und bedauerte, daß der Prinz nun schon wiederkäme. Es sei ihm besser, wenn er recht lange draußen bliebe. Er sei sehr eitel und gebe viel zu viel auf sein Äußeres. Der Eindruck, den ich von S.M. mitnahm, war der einer geistig ungemein angeregten, lebhaften und bezaubernd natürlich hebenswürdigen Persönlichkeit, der allem, was ihm entgegentritt, lebhaftes Interesse darbringt. Für einen großen Menschen mangelt es ihm meinem Gefühl nach, denn nur von solchem kann ich reden, an ernster kühler und nüchterner Überlegung und Betrachtung. Er ist durch und durch Sanguiniker. Die Stärke, die Skepsis, die Menschen in seiner Stellung brauchen, geht ihm ab. Dies hindert ihn, seine Gedanken, Überlegungen und Handlungen genügend unabhängig von den
japanischen Einheiten. Obwohl zahlenmäßig überlegen, hatte sich General KuroSorge um den Bestand seiner Armee zum Rückzug vor den von General Kuroki geführten Truppen entschlossen. Vgl. Maltzahn, Der Seekrieg, Bd 2, S. 214-244; Großer Generalstab, Aus dem russisch-japanischen Kriege. Gemeint ist Generalmajor Samsanov, Kommandeur der Sibirischen Kosakendivision; 1914 Befehlshaber der russischen 2. (Narew-)Armee bei Tannenberg. Auch in einem Brief an den Zaren vom 2.1.1905 wies Wilhelm II. daraufhin, »was hätte geschehen können, wenn bei Daoyang General Samsanov mit seinen 17 000 Säbeln und Lanzen einen solchen [Kosaken-] Angriff gegen den japanischen linken Flügel geritten wäre.« In: Wilhelm IL, Briefe an den Zaren, S. 54. Kapitänleutnant Hintze war seit 1903 Marineattache und Militärbevollmächtigter in St. Petersburg. Zu dessen Tätigkeit in St. Petersburg sowie seinen Berichten vgl. die Edition von Hürter: Hintze, Marineoffizier, S. 27-49, sowie dessen ausgewählte Berichte aus der Zeit des RussischJapanischen Krieges 1904, ebd., Nr. 4-8. Kapitän z.S. Kalau vom Hofe, 1892-1898 Marineattache in St. Petersburg. Der Zusammenhang russischen und
patkin
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7,1
aus
konnte nicht ermittelt werden. Gemeint ist die Hochzeit von Kronprinz Wilhelm lenburg, die am 6.6.1905 stattfand.
von
Preußen mit Cecilie
Herzogin
zu
Meck-
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Eindrücken und Stimmungen des Augenbkcks zu machen, er empfindet zu viel, nimmt ich möchte fast sagen mit fast kindkcher Einfalt und Einfachheit mehr mit dem Herzen und Gefühl in sich auf, als es der Verstand bewältigen kann. Daher mangelt es ihm zweifeUos häufig an der Fähigkeit, die Dinge nüchtern und objektiv zu betrachten. Andererseits hegt in der begeisterten Art, wie er vieles auffaßt, eine große Stärke. Wie er auch die dabei [sich] ergebenden Enttäuschungen überwindet, weiß ich nicht. Sodann hat er, wie alle Sanguiniker, zweifeUos eine große Portion Eitelkeit. Sie kam bei unsern Unterhaltungen überall leise durch. Ich hatte das Gefühl, er hört sich gerne reden, zeigt gerne, was er weiß und versteht, macht sich gerne interessant. Er ist im Ganzen ein etwas nach der femininen Seite neigender Charakter, da ihm Logik, Nüchternheit und wirkhche innerkche männkche Härte und Festigkeit mangelt. Adalbert ist auch in dieser Hinsicht ein allerdings sehr verschlechterter Abklatsch von ihm. [...] —
—
Sonnabend, den 24. Dezember 1904 Nach dem Frühstück zum Anhalter Bahnhof, um meine zollpflichtigen Weihnachtssachen abzuholen, dann zum Admiralstab, wo ich Wurmbach und dann auch Büchsel sprach. Es kam die Rede auf die Armierung unserer neuesten Linienschiffe, wobei Büchsel den Standpunkt vertrat, daß die MittelartiUerie so gesteigert werden müsse, daß sie den sekundären Panzer der neuesten engkschen Linienschiffe durchschlage. Der Standpunkt des Staatssekretärs basiere auf der Geldfrage und sei verkehrt. Er sei noch nicht gefragt worden, werde aber, wenn dies geschehen soUte, nicht zurückhalten. [...]
Dienstag, den 27. Dezember 1904 Um IVA h zum Generalstab gegangen, wo ich zuerst Lindnau sprach. Er beurteilt meinem Gefühl nach die Russen immer noch zu günstig. Bezeichnet die Verteidigung Port Arthurs als genial und vermutet in Nikitin71 den leitenden Geist der Verteidigung, der es verstände, immer artilleristische Überlegenheit auf russischer Seite zu schaffen. Er glaubt, daß man noch in letzter Zeit zahkeiche Geschütze der Flotte in Stellung gebracht habe, was mir zweifelhaft erscheint. Dann zu Schkeffen, der mir für die Meldung sehr hebenswürdig dankt und bedauert, mich heute nicht länger sprechen zu können. Er bittet mich, an einem der nächsten Tage wiederzukommen. Auf dem Wege zur russischen Abteüung Generalleutnant v. Gayl getroffen und mich mit ihm etwa 1 Stande unterhalten. Er schätzt meinem Gefühl nach die Russen richtig ein. Dann zu Lüttwitz, dessen Urteüe über russische Verhältnisse mir auch richtig scheinen. [...] 71
Nikitin, nicht ermittelt.
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Mittwoch, den 28. Dezember 1904 Im Adrniralstab noch hauptsächlich lange mit Keyserlingk unterhalten, der meine Ansichten über Rußland teilt. Erzählt, der Kaiser sei gelegentlich der Spannung mit England gänzlich aus der Fassung geraten. Seine Ansichten über S.M. decken sich mit meinen. Nach dem Frühstück bei Ahlefeld, der mir einen gealterten, müden und teilnahmslosen Eindruck macht, aber sehr freundlich ist. [...]
Donnerstag, den 29. Dezember 1904 Im Admiralstab Hintzes Berichte gelesen, die meinen Erwartungen nicht ganz entsprechen. Sind mir zu geschraubt und sagen eigentlich nicht sehr viel72. Er hat namentlich zu Anfang den Russen nicht tief in die Seele gesehen. Die Schilderung seiner Beobachtungen mangelt daher des inneren Zusammenhanges. [...]
Freitag, den 30. Dezember 1904 [...]
2 h Zum Frühstück
zum Chef des Generalstabs, Graf Schlieffen [...]. Sehr bei der ich mit meinen Erzählungen den Hauptteil tragen Unterhaltung, mußte. Schlieffen war sehr hebenswürdig. Sein Urteil über die russische Armee lautet wenig günstig. Er hält auch eine russische Offensive und die Unterhaltung einer noch größeren Armee in der Mandschurei für nicht möglich. [...]
nette
72
Die
wichtigsten dieser Berichte über den Verlauf des Russisch-Japanischen Krieges Stimmung in Rußland jetzt in: Hintze, Marineoffizier.
und die
1905
Montag, den 2. Januar 1905 Um 12 h erfahre ich auf dem Admiralstab durch Extrablatt, daß laut eines offiziellen Telegramms aus Tokio Port Arthur kapituliert hat1. Nachricht bewegt mich mehr als ich gedacht hatte. Dafür bin ich mit dem Platz und vielen Persönlichkeiten seiner Besatzung doch zu verwachsen. Habe eigentlich ein stilles Bedauern, daß ich nicht bis heute dort habe aushalten dürfen. Wenn alles für mich gut gegangen wäre, hätte das ja für mich und unsere Flotte doch eine große Bedeutung gehabt. Bin neugierig darauf, Näheres zu erfahren. Es fällt mir so manche Äußerung ein, die ich seinerzeit in Port Arthur getan habe. Wort gehalten hat Stoessel nicht. Wollen mal abwarten, wie sein jetzt in den Himmel erhobener Heroismus bei näherer Beleuchtung aussieht. Weltgeschichtliches Ereignis allererster Bedeutung. Japaner gehen aus Port Arthur nie mehr heraus. Krieg kann kein Erfolg für Rußland werden. Es wird höchstens ein Kompromiß daraus, der Japans Stellung in Ostasien gründet. Herrenrolle der weißen Rasse in Asien hat ausgespielt. Beginn einer neuen weltgeschichtlichen Ära. Auch unsere Politik wird tief davon berührt. Dort ist für Deutschland nun nichts mehr zu holen. Das Zurückdrängen Rußlands schafft England uns gegenüber freie Hand. Politik Wilhelms IL Tsingtau pp. wird Fehlschlag. Wir haben darüber leitende Stellung in Europa verloren. Nach dem Frühstück mit Arbeiten an meinem Vortrag begonnen, vorher mit Boedicker über
Operationsplan England gesprochen.
Dienstag, den 3. Januar 1905 die ersten Angaben über die Kapitulationsverhandlungen Port Arthur, denen zufolge nicht nur die Offiziere, sondern auch die Truppen gegen Versprechen, nicht mehr am Kriege teilzunehmen, freien Abzug erhalten
[...] Zeitungen bringen
von
1
kapitulierte die Festung, die inzwischen unter direktem Beschüß japanischer Belagerungsartillerie stand. Vgl. Kusber, Krieg und Revolution, S. 48-51; zur Beschießung und Übergabe der Festung vgl. ausführlich Maltzahn, Der Seekrieg, Bd 2, S. 222-278; Der russisch-japanische Krieg, Bd 5/2: Port Arthur, S. 416 456; Warner, The Tide at Sunrise, S. 427 448. Am 2.1.1905
-
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soUen2. Amerikanische und ten3.
engksche
Nachrichten
sprechen von
Friedensaussich-
Montag, den 9. Januar 1905 [...] Zeitung bringt Nachricht, daß eine sehr dumme unvorsichtige Rede des Abgeordneten Paasche4, in der er behauptet hat, England habe in Form eines Ultima-
die Forderung Aufsehen erregt hat. tums
an uns
[...]5
gesteht, die Flotte nicht weiter zu verstärken,
dort viel
Sonnabend, den 21. Januar 1905 IOY2 h auf Bureau durch Telephonspruch für 12 h zum Prinzen Heinrich ins Schloß befohlen. Nach Hause gefahren, Dienstanzug angezogen und dann zum Schloß (Apothekerflügel) gefahren. Prinz war sehr nett und keß sich viel erzählen. Nach etwa XA Stande kam Tirpitz vom Vortrag bei S.M. und sagte, S.M. woUe dem Zaren, wie er ihm vorgeschlagen, nicht zum Frieden raten, glaube aber auch nicht, daß der Krieg weiterhin günstig für Rußland verlaufen könne. S.M. habe von einem Berichte des Erbprinzen von Hohenzollern6 erzählt, demzufolge ihm der japanische Generalstabschef Kodama einen geradezu klassisch schönen Vortrag über die bisherige Kriegführung Japans gehalten habe, der eines Moltke würdig gewesen wäre. Prinz Heinrich und Tirpitz sind beide der Ansicht, daß der Krieg auch weiterhin für Rußland unglücklich bleiben wird. Prinz meint, es könne in Rußland nicht besser werden, ohne vöUige Änderung des Systems. So kommen sie nicht weiter. Der Zar ist genau so apathisch wie seine Untertanen. Er hat ihm, als
Forderung entsprach der japanische Befehlshaber allerdings nicht. Vgl. Der russisch-japanische Krieg, Bd 5/2: Port Arthur, S. 455 f. Auch in den Eintragungen der folgenden Tage geht Hopman mehrfach auf die Nachrichten vom Kriegsschauplatz ein. Dieser russischen
Am 4.1.1905 hatte der nationalliberale Reichstagsabgeordnete Paasche in einer Rede in Bad Kreuznach nach enghschen Presseberichten u.a. angeblich gesagt, Deutschland habe kürzlich am Rande eines Krieges mit England gestanden und daß dieser nur dank der Geschicklichkeit der deutschen Diplomatie vermieden worden sei. Tatsächlich will er aber nur gesagt haben, daß für das Deutsche Reich eine größere Gefahr in dem enghschen Brotneide hege, als darin, mit dem Nachbar die Klingen kreuzen zu müssen. Daraus entwickelte sich eine heftige Pressefehde. Vgl. GP, 19, II, S. 376 f. Folgen Aufzeichnungen über Nachrichten aus Port Arthur. Carl Prinz von Hohenzollern war im August 1904 auf Befehl des Kaisers nach Japan ausgereist, um den Krieg auf japanischer Seite zu beobachten. Vgl. Carl Prinz zu Hohenzollern, Meine Erlebnisse während des russisch-japanischen Krieges 1904-1905. Am 8.11.1904 hatte General Graf Kodama, Generalstabschef der mandschurischen Armeen, dem Prinzen von Hohenzollern, der erst Mitte Oktober auf dem Kriegsschauplatz eingetroffen war, einen ausführlichen Vortrag über den bisherigen Verlauf der Operationen gehalten. Vgl. ebd., S. 45, jedoch ohne detaillierte Aus-
führungen.
1905
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er zur Taufe des Thronfolgers in Petersburg war7, erzählt, unser Kaiser sei über die russischen Mißerfolge sehr enttäuscht und erregt und könne darüber die Nächte kaum schlafen. Darauf habe ihm der Zar geantwortet: »Sag Deinem Bruder, er könne ganz ruhig schlafen. Rußland würde schon siegen und alles würde beim alten bleiben.« Wir sprachen dann über die russischen Admírale. Tirpitz meint, Rozdestvenskij sei offenbar doch der tüchtigste Mann, den die russische Flotte besäße. Er habe gehört, daß er seine Offiziere höllisch herannehme. Unterredung über Stoessel, wobei der Prinz auf den Pour le Mérite8 anspielte. Gegen 1 h mit Tirpitz zum Leipziger Platz gefahren, der die kurze Zeit dazu benutzt, um sich in sehr interessanter Weise über unsern Operationsplan II auszulassen. Er sagt dabei etwa folgendes: Die beabsichtigten Maßnahmen legen unsere Flotte für mindestens 8 Tage lahm, anstatt sie sofort dafür zu verwenden, wofür sie geschaffen ist, die Offensive. Kein englischer Admiral wird so dumm sein, blindlings in den Belt hineinzulaufen. Das Schwergewicht der fleet in being bleibt völlig unausgenutzt. Die Nordsee geben wir Preis, ohne uns zu rühren. Das dürfen wir nicht. Engländer sind in den ersten Tagen nicht überlegen. Der jetzige Plan gibt ihnen Zeit, sich die Überlegenheit zu schaffen. Der Operationsplan ist auf einen von vielen Fällen zugeschnitten. Das darf er nicht. Ich erwiderte, daß ich auf Grund eines Kriegsspiels9 zu der Überzeugung gelangt bin, daß die Flotte überhaupt aus der Defensivstellung nicht mehr herauskomme, festgelegt sein und versauern wird und daß es falsch ist, seinen Operationsplan so eingehend, wie wir es hier getan haben, auf einen vermuteten Fall zuzuschneiden. Der Krieg ist das Gebiet des Zufalls und der Überraschungen. Es ist daher falsch, sein Verhalten nur auf Grund der eigenen Überlegungen und ohne die feindliche Gegenwirkung, die unbekannt ist, in Rechnung zu ziehen, von vorneherein festzulegen. Das Gebäude, das man sich dabei konstruiert, ist auf sehr Ungewissem Fundamente und kann leicht umfallen. Angriff muß das Ziel unserer Flotte sein. Tirpitz macht noch darauf aufmerksam, daß nicht wir, sondern der Angreifer die inneren Linien haben.[...]
Montag, den 23. Januar 1905
Vormittagszeitung bringt die Nachricht von den Straßenkämpfen in Petersburg1". Truppen haben auf die unbewaffneten Arbeiterdemonstranten gefeuert und Hun7
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Am 24.8.1904 hatte Prinz Heinrich Wilhelm II. bei der Taufe des russischen Thronfolgers vertreten. Zu Prinz Heinrichs Eindruck über die Stimmung in Petersburg, der sich mit der hier geschilderten deckt, vgl. das Schreiben Wilhelms II. an Bülow, 28.8.1904, in: GP,19,1, Nr. 6049. Für seine Verdienste um die Verteidigung von Port Arthur hatte Wilhelm II. dem Kommandanten der Festung, General Stoessel, den Pour le Mérite verliehen. Während seiner Zeit im Admiralstab (1901 -1904) beschäftigte sich Hopman u.a. intensiv mit den
Operationsplanungen gegen England, vgl. Lambi, The Navy, S. 220-222. Petersburger »Blut-Sonntag«, dem 22.1.1905, zogen im Rahmen eines
Am
Streiks
von
mehr als
Petersburger Putilov-Werke Tausende von Menschen unter Führung des Arbeiterpriesters Gapon vor das Winterpalais, um dem Zaren eine Denkschrift mit politischen Forderungen zu übergeben. Auf diese Demonstranten eröffneten Polizei und Militär das Feuer, 200 000 Arbeitern der
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derte getötet oder verwundet. Meiner Ansicht nach große Unklugheit vom Zaren. Durch Empfang der Deputation und einige freundkche Worte hätte er weit Besseres bei seinen gutmütigen, weichen und kaisertreuen Russen erreicht. Jetzt ist er der bestgehaßte Mann in Rußland und auf der Welt und hat sich wohl selbst sein Todesurteil geschrieben. Weitere Nachrichten bringen die Errichtung einer Mihtärdiktatur. [...]
Sonnabend, den 18. Februar 1905 Bureau nach Hause gefahren und 3A5 h nach der Kriegsakademie sich bereits 5 h 10 m einige Zuhörer angefunden hatten11. Der Saal füllte sich schneU bis auf den letzten Platz. Kurz nach 6 h kam S.M. in Marineuniform. Ich hielt den Vortrag ganz frei, die Lichtbüder funktionierten sehr gut, daß er gefiel, konnte ich während des Sprechens bald merken. Nach seiner Beendigung unterhielt sich der Kaiser etwa % Stande mit mir und sprach sehr offen über die Lage in Rußland. Er sagte, daß der Prinz von Hohenzollern und Major Bronsart einen Erfolg der russischen Waffen für ausgeschlossen halten, namentkch sobald im Frühjahr die Japaner ihre 100 000 Mann Rekruten auf den Kriegsschauplatz und damit ihre Armee auf 500 000 600 000 Mann bringen, urteilte dann sehr hart über Kuropatkin und die ganze russische Führung und sagte dann, er halte es für das richtigste, wenn der Kaiser selbst jetzt die Führung übernehme. FaUe er, so sei es immer noch besser, als daß sie ihm eine Bombe unter die Füße schmissen. Auf seine Frage: »Was meinen sie dazu?« antwortete ich: »Jawohl Majestät, dann rettet er wenigstens seine Dynastie.« Er meinte dann, es wäre für ihn auch unmöglich, Frieden zu schkeßen. Dann schössen ihn seine Offiziere gelegentkch über den Haufen. »Ich weiß nicht, was aus der Geschichte werden soU, die ganze Sache ist höchst unangenehm für uns alle.« Zum Schluß dankte er mir und sagte: »Es war sehr schön.« Dann unterhielt er sich noch einige Zeit mit General Deines und dem Geschichtsprofessor der Kriegsakademie12. Mir gratukerten viele Herrn, Schkeffen, Hülsen und andere, namentlich sehr nett auch ein bayerischer General, der mir sagte: »Gratukeren können wir ihnen nicht, wir müssen ihnen danken für ihre freien offenen Worte.« Das letztere wurde allgemein betont und mir mehrfach gesagt: »Sie haben der ganzen Armee einen Dienst getan.« Beim Essen saß ich neben General v. Hugo, Inspekteur des Bildungswesen und einem alten General a.D., mir gegenüber ein Oberstleutnant von der Kriegsakademie und ein Oberst vom Eisenbahnregiment. Die Unterhaltung drehte sich natürkch meist um den Um V23 h
vom
gefahren, wo
-
11
12
wobei vermutlich 200 Menschen starben, zwischen 450 und 800 verwundet wurden. Vgl. dazu den Bericht des deutschen Marineattaches, Hintze, an Tirpitz vom 23.1.1905, in: Hintze, Marineoffizier, Nr. 10, mit weiterführender Literatur; vgl. auch Geyer, Der russische Imperialismus, S. 169-188; Sablinsky, The Road to Bloodv Sunday, S. 229-271; Kusber, Krieg und Revolution, S. 92-95; Ascher, The Revolution of 1905, vol. 1, S. 74-101. Auch Hopman, Das Logbuch, S. 306 f. Gemeint ist vermutlich der Historiker Hermann Onckcn, der ab 1904 an der Kriegsakademie
tätig war.
1905
Krieg, später über England, wofrüber] ten hatte. [...]
General
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v.
Hugo
sehr
verständige
Ansich-
Freitag, den 24. Februar 1905 vormittags zur Akademie13 gegangen und dort die Lichtbilder probiert, die Dann um 12h zur Station und mich beim Prinzen gemeldet, funktionierten. gut der mich fast 3A Stunde festhielt. Sein Urteil über die russischen Verhältnisse war recht verständig. Er meinte, wenn der Zar glaube, er könne den Krieg nicht mehr gewinnen, solle er ruhig Frieden machen und sich dann einer ruhigen inneren Entwicklung seines Landes widmen. Über die russischen Großfürsten fällte er ein sehr absprechendes Urteil und bezeichnete als ihren Hauptfehler, daß sie in dem Gefühl erzogen seien, sie wären was anderes und besseres als die übrigen Menschen. Das sei für alle Fürstenhäuser grundverkehrt. Ich erzählte ihm, was mir der Kaiser über den Zaren gesagt habe und daß er es für das beste halte, wenn der Zar selber herausginge. Darauf meinte er, das habe ihm der Kaiser auch gesagt. Er könne sich davon aber nicht viel versprechen. Der russische Soldat tue ja auch so seine Pflicht. Die Führung der Truppen werde dadurch aber nicht besser. Auf unsere allgemeine Politik übergehend betonte er sodann, er habe unser Liebäugeln mit Rußland nie verstanden und sei immer für engeren Anschluß an England gewesen. Sein Vater14 habe ihm dasselbe gesagt. Erzählt von seinen Eindrücken in Petersburg bei der Taufe15. Prinz Louis v. Battenberg16 habe mit Recht gesagt: »Die Großfürsten essen alle ihren Kaviar genau so weiter, als wenn nichts los wäre.« Der Großfürst Nikolaj Nikolaevic17 habe ihm auf seine Frage, ob er nun als Oberstkommandierender in die Mandschurei gehe, geantwortet: »Moi là bas grace à Dieu non.« [...]18 Beim Frühstück, wo ich links neben der Prinzessin19 saß, viel erzählt, auch von Tsingtau und andern Dingen aus Ostasien, für die sich die Prinzessin interessierte. Nachher im Saale längere Zeit herumgestanden und namentlich mit dem Prinzen unterhalten. Als sich die Herrschaften schon verabschiedet hatten, kam der Prinz nochmals zurück und fragte, ob ich noch etwas Zeit habe, die Prinzessin wünsche mich noch zu sprechen. Darauf mit beiden allein etwa Vi Stunde im Zimmer der Prinzessin gesessen, die sich sehr interessiert und lebhaft 11h
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Marineakademie in Kiel. Kaiser Friedrich III., verheiratet mit Victoria, Tochter von Siehe oben S. 129.
Königin Victoria von England.
Prince Louis (eigentlich Ludwig Alexander) of Battenberg, aus hessischem Adel stammend, seit 1868 jedoch englischer Seeoffizier, war mit Viktoria Prinzessin von Hessen, einer Schwester von Prinzessin Irene von Preußen, der Frau von Prinz Heinrich, verheiratet. Beide Schwestern waren Enkelinnen von Königin Viktoria. Der Cousin des Zaren, Großfürst und General Nikolaj Nikolaevic war 1895-1905 Generalinspekteur der Kavallerie. Folgen Aufzeichnungen über weitere Besuche. Prinzessin Irene von Preußen, geborene Prinzessin von Hessen und bei Rhein, Tochter von Großherzog Ludwig IV. von Hessen-Darmstadt.
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nach meinen Ansichten über die aUgemeinen poktischen und mihtärischen Verhältnisse erkundigte. Ich sprach sehr offen und bezeichnete als Grund des Zusammenbruchs das ganze poktische System Rußlands, das keine selbständigen, pflichttreuen und freien Individuen aufkommen lasse. Die Prinzessin pflichtete mir ebenso wie der Prinz rückhaltlos bei. Beide meinten, Nikki (der Zar) und der ermordete Sergej2" (ihr Schwager) seien die einzigen, von der Herrscherfamike, die irgend etwas getan und das Bewußtsein ihrer Pflicht und Verantwortung hätten. Sergei sei nur reaktionär im höchsten Grade gewesen, hätte aber für seine Überzeugung gelebt und gearbeitet. Der Zar könne sich auf niemand verlassen. Unter der Regierung seines Vaters21 sei er von aUem ferngehalten worden, er kenne niemand, habe sich in Alekseev22, in Mischt23, in Witte24 und allen Menschen getäuscht und sei nun trotz seines besten Willens völkg ratlos. Die Kaiserin25 sei unglückkch, ihre Briefe lauteten trostlos und schwermütig. Ich deutete an, meiner Ansicht nach sei eine poktische Reform das einzige Rettangsmittel. Dann habe der Kaiser weit eher die Mögkchkeit, die Intelkgenzen seines Volkes zu erkennen und zu verwenden. Rußland habe, selbst wenn der Krieg weiter unglücklich bleibe und mit einer völligen Niederlage ende, was ich glaube, noch lange nicht abgewirtschaftet und gewaltige Kräfte, die nur zu organisieren seien. Die Prinzeß war sehr nett und so lebhaft, wie ich sie mir gar nicht bisher hatte vorsteUen können. 4h nach Hause, Kaffee getrunken, dann zum Vortrag, der um 5 h begann. Es war sehr voU. AUes ging gut bis auf die Lichtbilder, die gänzkch versagten, weil das Kalciumkcht nicht funktionierte. Nachher sprach der Prinz einige Worte, in denen er das Offizierkorps daraufhinwies, die Hauptlehre des Vortrags sei die, nicht zu scharfe Kritik an den Russen zu üben, die jetzt im Unglück seien, und an uns selbst zu arbeiten. Dann dankte er mir in den höchsten Superlativen, meinte, sie aUe müßten dankbar sein, daß ein so wertvoUes Leben wie das meinige erhalten gebkeben sei usw.
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[...]
Der Onkel des Zaren, Großfürst Sergej Aleksandrovic, Generalgouverneur von Moskau, der auch innerhalb der Bürokratie und der Zarenfamilie nicht besonders beliebt war, war am 17.2.1905 einem Attentat zum Opfer gefallen. Vgl. Kusber, Krieg und Revolution, S. 341. Zar Alexander III., russischer Kaiser 1881 -1894. Der russische Statthalter im Fernen Osten, Admiral Alekseev, galt allgemein als überfordert. Vgl. Kusber, Krieg und Revolution, S. 43 f. Wahrscheinlich ist Großfürst Michail Aleksandrovic gemeint. Der Bruder des Zaren war von 1899 bis 1904 Thronfolger, dann potentieller Regent für den minderjährigen Zarensohn Aleksej Nikolaevic. Sergeij JuPevic Witte, 1892-1903 russischer Finanzminister, 1903-1905 Vorsitzender des Ministerkomitees. Die russische Zarin Alexandra Fedorovna (Prinzessin Alice), eine Tochter von Großherzog Ludwig IV. von Hessen-Darmstadt, seit 1894 mit Zar Nikolaus verheiratet, war eine Schwester von Prinzessin Irene von Preußen, der Frau von Prinz Heinrich.
1905
133
Freitag, den 31. März 1905 S.M. kommt in Marokko an26. Die Zeitungskampagne über den Besuch erreicht ihren Höhepunkt. Ich halte diesen neuen Coup unserer Politik für unklug. Er wird viel Geschrei um wenig Welt gemacht und ein Erfolg, der mit Ruhe und Einfachheit herbeigeführt und nur Gutes gebracht hätte, wieder als Haupt- und Staatsaktion mit Trara aufgezäumt. Wahrscheinlich treibt man Frankreich damit nur noch mehr in englische Hände und gibt England neuen Grund zur Verstimmung. Wenn die Gegenpartei die Affäre auf die Spitze treiben wollte, käme für uns nichts als eine Blamage heraus, da wir nichts hinter der Hand haben. Die ganze Geschichte scheint wieder völlig unüberlegt und aus dem Handgelenk eingeleitet zu sein, ohne sie nüchtern und logisch durchzudenken. Echte Wilhelmsche Posaunen und Hurrapohtik. Dazu vorher die Bremer Rede27, mit ihren Friedensbeteuerungen und dem Vergleich mit Alexander dem Großen und anderer Mystik, ein wunderbares Konglomerat. Der ganze Sturm wird sich wohl im Glase Wasser abspielen, ohne für uns irgendwelche Erfolge zu hinterlassen. Das wird das beste sein für uns, anderes kann gar nicht herauskommen.
[...]
26
27
Am 31.3.1905 landete Wilhelm IL, dessen Besuch bereits im Vorfeld Anlaß zu einer Pressekampagne gegeben hatte, auf Drängen des Reichskanzlers, Bülow, in Tanger und unterstrich damit demonstrativ die Unabhängigkeit des Sultans von Marokko. Damit sollten einerseits deutsche wirtschaftliche Ansprüche in Marokko gegen Frankreich unterstützt werden; andererseits zielte die Aktion darauf ab, die 1904 gegründete Entente cordiale zu sprengen. Zu dieser Ersten Marokkokrise, die Europa an den Rand eines Krieges führte, dem Kalkül der Reichsregierung und der Haltung der Militärführung vgl. Mommsen, Bürgerstolz, S. 322-341; Lambi, The Navy, S. 257-264; Lerman, The Chancellor as Courtier, S. 127-131; zur Landung Wilhelms II. in Tanger vgl. Müller, Der Kaiser, S. 61 f.; ausführlich: Raulff, Zwischen Machtpolitik und Imperialismus; Dülffer/Kröger/Wippich, Vermiedene Kriege, S. 557-578 (mit weiteren Verweisen). Bei einem Festmahl in Anschluß an die Enthüllung des Kaiser-Friedrich-Denkmals in Bremen hatte Wilhelm II. am 22.3.1905 unter Hinweis auf die Lehren der Geschichte demonstrativ seine Friedensliebe betont: »Ich habe mir damals den Fahneneid geschworen, als Ich zur Regierung kam, nach der gewaltigen Zeit Meines Großvaters, daß, was an Mir liegt, die Bajonette und Kanonen zu ruhen hätten, daß aber die Bajonette und Kanonen scharf und tüchtig erhalten werden müßten, damit Neid und Scheelsucht von außen uns an dem Ausbau unseres Gartens und unseres schönen Hauses im Innern nicht stören. Ich habe Mir gelobt, auf Grund Meiner Erfahrungen aus der Geschichte, niemals nach einer öden Weltherrschaft zu streben. Denn was ist aus den großen sogenannten Weltreichen geworden? Alexander der Große, Napoleon L, alle die großen Kriegshelden, im Blute haben sie geschwommen und unterjochte Völker zurückgelassen, die beim ersten Augenblick wieder aufgestanden sind und die Reiche zum Zerfall gebracht haben. Das Weltreich, das Ich Mir geträumt habe, soll darin bestehen, daß vor allem das neuerschaffene Deutsche Reich von allen Seiten das absoluteste Vertrauen als eines ruhigen, friedlichen Nachbarn genießen soll, und daß, wenn man dereinst vielleicht von einem deutschen Weltreich oder einer Hohenzollern-Weltherrschaft in der Geschichte reden sollte, sie nicht auf Politik begründet sein soll durch das Schwert, sondern durch gegenseitiges Vertrauen der nach gleichen Zielen strebenden Nationen. Kurz ausgedrückt, wie ein großer Dichter sagt: >Außenhin begrenzt, das Innere unbegrenzte« Zit. nach: Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 46 (1905), S. 68 (vgl. dagegen die etwas schärfere Version im »Berliner Tageblatt« vom 23.3.1905).
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134
Hopman an seine Ehefrau,
Nordsee, den 17. Mai 1905 Familienarchiv Fischer-Hopman, Bad Harburg
(hdschr.)
[...]28 Wir haben die ganze Zeit prachtvoUes, wenn auch noch etwas kühles Wetter gehabt und dabei die übkchen Geschwaderscherze, Evolutionieren und andere
Übungen gemacht.
Außer Zusehen habe ich dabei eigentkch nichts zu tun. Die Zeit vertreibe ich mir mit dem Stadium von Reglements und Bestimmunübrige gen und sehe mir die wichtigsten Akten des Flottenbureaus an. AUzu geistreich ist das nicht und ich müßte lügen, wenn ich sagen wokte, daß mir meine zukünftige Stekung vorläufig im rosigen Lichte erscheint. Es kommt mir dabei vieles so überflüssig, kleinkch, ja fast lächerkch vor, daß ich mir nicht vorsteUen kann, mein Interesse dafür könne besonders groß werden. Man ist mehr Registratur als Offizier, und abgesehen von einigen größeren taktischen Arbeiten ergeht man sich in formellen Schreibereien und Zänkereien29. Wenn man doch den Menschen, der unsere jetzige unglücksekge Organisation erfunden hat, in aU der Tinte ersäufen wollte, die er heraufbeschworen hat. Es ist entsetzkch, aber bei der Entwicklung, die wir damit genommen, kaum etwas dagegen zu machen. AUes stänkert sich gegenseitig an, einer wik's immer besser wissen und können wie der andere, keiner gönnt dem andern etwas, und bei der vielen und angestrengten Arbeit, die geleistet wird, kommt nichts Rechtes heraus. Es kann einen ordentkch traurig stimmen so etwas zu sehen, es ist nun aber mal der deutsche Grundfehler, uneinig und mißgünstig untereinander zu sein. Ein besseres Büd dafür, als unsere Marine, gibt es nicht. Der Grundton, den man überak hört, ist Unzufriedenheit und Mangel an wirkkcher Befriedigung; Überarbeitung, Überanstrengung und Überhetzung entfremden uns dem Bestreben, auf der unsokden Grundlage, auf der wir aufbauen, mögkchst viel zu leisten. Das gibt eine Unruhe, bei der sich ein gesunder Organismus nicht entwickeln kann, erzeugt falschen Ehrgeiz und Selbsttäuschung. Wir soUen unsere Flotte doch nur mal näher besehen. Schiffe haben wir, die von uns Linienschiffe genannt werden, aber in Wirkkchkeit Blechpötte mit Kleinen Kreuzern sind, haben Schieß- und Gefechtsverfahren, die fein durchdacht, aber für den Ernstfak sehr problematisch sind, Kommandanten und Offiziere, die mehr als die Hälfte ihrer Dienstzeit am Schreibtisch sitzen. Ob daraus ein gutes Gebräu für einen Krieg herauskommen kann, möchte ich noch bezweifeln trotz aUer guten Eigenschaften und Vorzüge, die wir vieUeicht besitzen. Indes ich wül nicht weiter schimpfen, mir ist nur innerkch so unmolkg zu Mute, daß ich mir etwas Luft machen muß. Eine gewisse mir vorläufig noch nicht recht begreifliche Scheu flößt mir einen gewissen Schauder vor der mir bevorstehenden Tätigkeit ein, es fehlt mir das Gefühl innerer Befriedigung, das mich in den härtesten Tagen in Port Arthur so tief durchdrungen hat. Da wußte ich bei aUem, was ich tat und vor mir hatte, Obwohl noch Dezernent im Admiralstab, war Hopman vom 28.4. bis 9.6.1905 zur beim Flottenkommando kommandiert. Zu den inneren Querelen in der Marine, die allseits als bedrückend empfunden unten S. 159 f., 186, 194, 246, 273 f., 306.
Dienstleistung wurden, siehe
1905
das Warum? Hier kommt mir vor.
so
vieles als
[...]
135
Spielerei,
als unnütz, fade und öde
Donnerstag, den 25. Mai 1905 [...]30 In der innern Politik beansprucht Zurechtweisung des Flottenvereins durch S.M. das Hauptinteresse31. Offenbar Bückling vor dem Zentrum32. Wenn Zurückdrängung der ausartenden Forderungen des Vereins vielleicht geboten war, so ist die schroffe, abrupte Art S.M. sicherlich doch ein grober Fehler. [...]
Folgen Aufzeichnungen japanischen Seekrieg.
über
private Ereignisse
sowie
Zeitungsberichte
über den russisch-
Der Deutsche Flottenverein agitierte ab F^nde 1903 zunächst mit Billigung des Reichsmarineamts für eine Novelle, die die Bildung eines dritten Doppelgeschwaders zum Inhalt haben sollte. Aus innen- und außenpolitischen Gründen war diese Agitation dem Reichsmarineamt bald jedoch sehr unbequem. Unter Ftinweis auf seine Kommandogewalt wies Wilhelm II. am 5.5.1905 die Eingriffe des Flotten verein s in die Planungen des Reichsmarineamts als »ungehörig« zurück, relativierte diese Kritik aber nur wenig später, da ein Bruch mit der Flottenvereinsführung, die mit ihrem geschlossenen Rücktritt drohte, nicht in Tirpitz' Interesse lag. Vgl. Deist, Flottenpolitik, S. 173-194, hier: S. 181 f.; Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 9-13, S. 16-37. Das Zentrum besaß bei der Verabschiedung der für 1906 angekündigten »kleinen« Novelle eine Schlüsselrolle. Auf eine Interpellation des Zentrums im Reichstag hatte sich Tirpitz daher bereits am 25.2.1905 von den ausufernden Plänen des Flottenvereins distanziert. Vgl. Deist, Flottenpolitik, S. 177 f. -
—
1906
Sonntag, den 6. Mai 1906 Neuestes
poktisches Ereignis ist der Rücktritt Wittes1, ein Sieg der reaktionäPartei und weiterer Schritt zu neuen Unruhen2 und dem Zusammenbruch des zarischen Rußland. Abends nach dem Abendbrot, während Imme sang, im Zimmer auf- und abgehend mich viel mit Zukunftsgedanken beschäftigt, die weit hinaufflogen. Vor dem Schlafengehen nach Goetheschem Vorgang Bibel-Orakel befragt und aufgeschlagen Psalm 68. Siegesked: Es stehe Gott auf, daß seine Feinde zerstreuet werden und, die ihn hassen, vor ihm fliehen. [...]
ren
Freitag, den 11. Mai 1906 [...] Zeitungen bringen Berichte über die gestrige Eröffnung der Duma3. Der Kampf wird nun losgehen und hoffentlich der russischen Bürokratie das Genick brechen. Erste Rede galt der Amnestie der poktischen Verbrecher. 1
2
3
Am 1.11.1905 hatte Zar Nikolaus II. den ehemaligen Finanzminister und Vorsitzenden des Ministerkomitees Witte zum Ministerpräsidenten ernannt, um die von ihm im Oktobermanifest vom 30.10.1905 verkündeten Reformen umzusetzen. Witte scheiterte bei seinem Versuch, liberale Oppositionspolitiker mit einzubinden und stützte sich daher zunehmend auf konservative Kreise, die für eine Verschärfung der Repression eintraten. Am 5.5.1906, einen Tag vor der Veröffentlichung der neuen Verfassung, trat Witte zurück. Vgl. Healy, The Russian Autocracy, S. 15 -151 ; Ascher, The Revolution of 1905, vol. 1, S. 211-345, vol.. 2, S. 9-110; Leontovitsch, Geschichte des Liberalismus, S. 341-381. Seit dem »Petersburger Blutsonntag« vom 22.1.1905 war es in allen 'feilen Rußlands immer wieder zu Unruhen und Meutereien von Armee- und Marineeinheiten gekommen, die blutig unterdrückt wurden. Vgl. dazu die Berichte des deutschen Marineattaches, Hintze, aus den (ahren 1905/06, in: Hintze, Marineoffizier, Nr. 13-24; Kusber, Krieg und Revolution, S. 66-126. In seinem »Oktobermanifest« vom 30.10.1905 hatte Zar Niklaus II. bürgerliche Freiheiten und die Wahl einer Duma mit legislativen Vollmachten versprochen, um die seit den Niederlagen gegen Japan sich wie ein Flächenbrand verbreitenden inneren Unruhen einzudämmen. Am 10.5.1906 war die aus indirekten Wahlen hervorgegangene Erste Duma zusammengetreten. Diese besaß zwar nur begrenzte Rechte, entwickelte sich aber dennoch schnell zu einem Forum, in dem die verschiedenen Parteien ihre Interessen offen artikulierten. Bereits bei der Eröffnung stellte das von Vertretern der Bauern und der liberalen »Kadettenpartei« dominierte Parlament Forderungen nach weitergehenden politischen und sozialen Rechten, u.a nach einer Agrarreform durch Enteignung von Gutsbesitzerland, Abschaffung der Ersten Kammer und einer Amnestie für po-
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Sonntag, den 24. Juni 1906 Wir fuhren um 9VÍ h auf »Kaiser Wilhelm IL«, wo eine zahlreiche Gesellschaft Ich unterhielt mich lange mit dem französischen Attaché, Kontreadmiral Jonquières, und seiner Frau, später mit dem englischen Attaché, Commander Dumas, der mir sehr gefiel. Ruhiger, bestimmter, klarer Mensch. Von seinen 23 Dienstjahren hat er 21 zur See gefahren. Darin hegt das Geheimnis der Überlegenheit der Engländer. Sie schwimmen auf dem blauen Wasser, wir auf der 'Tinte4. Um 12 h Nach Hause.
[...]
war.
Montag, den 23. Juli 1906 [...] In der Politik Auflösung der Duma wichtigstes Ereignis, dessen Tragweite von immenser Bedeutung sein wird5. Wie mir Poschmann ganz vertraulich mitgeteilt, hat S.M. sich mit dem König von England schriftlich ausgesprochen6. Begegnung
4
litische Gefangene. Vgl. Pipes, Die russische Revolution, Bd 1, S. 78-101, 271-292; Leontovitsch, Geschichte des Liberalismus, S. 382-395; Ilealv, The Russian Autocracy, S. 75-261; Ascher, The Revolution of 1905, vol. 2, S. 81 -110, 162-215. Der Unmut über mangelnde Praxis auf See war in der Marine weit verbreitet, da dies die I ,ei-
stungsfähigkeit beeinträchtigte.
So schrieb beispielsweise der an Bord des Kleinen Kreuzers »Vikommandierte Oberleutnant z.S. Weizsäcker am 23.3.1907 an seine Mutter: »In der Nordsee war das Wetter regnerisch und windig. Die >Vineta< machte aber ähnlich der >1 Iertha< nur geringe und angenehme Bewegungen. 'Trotzdem war fast die I Iälfte unserer Mannschaft seekrank, ein neuer Beweis für das was ich immer behaupte: Unsere Marine ist militärisch auf der I Iöhe, vielleicht aber nicht seemännisch. Was nützen die Kanonen mit seetollen Kanonieren. Wir sollten lieber unser Jahresschießprogramm kürzen und dafür mehr die Nordsee mit ihrem schlechten Wetter aufsuchen.« In: Die Weizsäcker-Papiere, S. 111 f. Nach Entlassung des erfolglosen Ministerpräsidenten Goremykin am 19.7.1906 löste Zar Nikolaus am 22.7.1906 auch die gerade erst gewählte Duma auf. Nachfolger wurde Stolypin, der bis zur Einberufung der Zweiten Duma im März 1907 mit Notverordnungen regierte und die inneren Unruhen gestützt auf Militärgerichte mit unnachgiebiger Härte unterdrückte, im November 1906 allerdings auch sehr begrenzte Agrarreformen verkündete. Anlaß für die Auflösung der Duma war die weiterhin ungelöste innere Krise. Die mit der Einberufung der Duma verbundenen Hoffnungen vor allem unter den Bauern und deren Angehörigen in der Armee hatten weitere Unruhen und Meutereien selbst im Eliteregiment des Zaren ausgelöst. Zudem waren die Verhandlungen über ein von den konstitutionellen Demokraten geführtes Koalitionskabinett gescheitert. Die Auflösung der Duma verschärfte die innere Krise jedoch erheblich: Es folgte eine Terrorkampagne bisher unbekannten Ausmaßes. 1 Iinzu kamen drei größere Meutereien auf Schiffen der Baltischen Flotte im Juli/August 1906. Stärker als im Jahr zuvor forderten die Matrosen dabei eine Änderung der politischen Verhältnisse in Rußland. Vgl. die Berichte I Iintzes vom 18.7./28.7. und 30.8.1906, in: Hintze, Marineoffizier, Nr. 21-23; Pipes, Die russische Revolution, Bd 1, S. 85-101, 271-320; Leontovitsch, Geschichte des Liberalismus, S. 382-395; Healy, The Russian Autocracy, S. 75-261; Ascher, The Revolution of 1905, vol. 2, S. 81 -110, 162-215. Nicht ermittelt. Nach Abschluß der Konferenz von Algeciras, in deren Verlauf das gespannte deutsch-englische Verhältnis erneut deutlich geworden war, drängte insbesondere der deutsche Botschafter in London, Metternich, auf eine Verbesserung der Beziehungen. Am 26.4.1906 schrieb er an Staatssekretär Tschirschkv: »Ich dränge hier jetzt nicht auf Inangriffnahme der Versöhnungsarbeiten, einmal weil ich überhaupt nicht als Bittender um englische Freundschaft auftreten will, und dann weil mir scheint, daß es besser ist, erst die Wellen von Algeciras im Sande ñeta«
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1906
kommt sicher in Friedrichskron zustande, hoffentlich mit gutem kommt nicht nach Swinemünde und Rügen8.
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Erfolg7. Der Zar
Sonnabend, den 8. September 1906
[...]9 Nachmittags sprach der Prinz1" längere Zeit mit mir über seine Pläne und die Auffassung seiner SteUung, sehr ruhig und verständig, aber vieUeicht nicht fest und hart genug. Sein Bestreben, mit aUen gut auszukommen, paßt nicht für Leute in einer Stellung wie die seinige sein wird. [...]" Donnerstag, den 15. November 1906 [...] In den Zeitungen steht die große poktische Rede Bülows12; die Antwort auf die Bassermannsche InterpeUation im Reichstage. Sie ist ein Meisterstück der Rhetorik, sagt aber eigentkch nur: Wir sind mit aller Welt gut Freund und woUen niemandem Steine zwischen die Beine werfen.
verlaufen zu lassen. Ich wiederhole aber, daß ungeachtet der I letzpresse die Stimmung in England seit dem vorigen Herbst einen gewaltigen Umschwung erfahren hat, und daß die akute und gereizte Stimmung gegen Deutschland zum großen feile geschwunden ist.« In: GP, 21, II, S. 423 f., Anm. Am 15./16.8.1906 trafen Wilhelm II. und Eduard VII. in Bad Homburg zusammen, ohne daß das durch die Flottenfrage und die Marokkokrise gespannte Verhältnis spürbar verbessert wurde. Vgl. die Aufzeichnung Tschirschkys vom 15.8.1906 sowie das Schreiben Wilhelms II. an Bülow vom 16.8.1906, in: ebd., Nr. 7196/7197. Für den Sommer war eine Zusammenkunft beider Monarchen in der Ostsee geplant (vgl. Wilhelm II. an Nikolaus II. 14.6.1906, in: Wilhelm II., Briefe an den Zaren, S. 230); aufgrund der revolutionären Unruhen in Rußland kam dieses Treffen nicht zustande. Vgl. auch den Bericht Hintzes vom 18.7.1906, in: Hintze, Marineoffizier, Nr. 21. Folgen Aufzeichnungen über den Verlauf des Ilerbstmanövers. Prinz Heinrich von Preußen, 1906-1909 Chef der Hochseeflotte. Folgen Aufzeichnungen über das Manöver. Am 14.11.1906 hatte der Führer der Nationalliberalen, Bassermann, die Reichsleitung über die internationale Lage interpelliert: »Es beschleicht viele Gutgesinnte im Lande die Sorge über die Entwicklung der auswärtigen Politik, über den immer geringer werdenden Einfluß Deutschlands, über die Gefahr antideutscher Koalitionen und der dadurch bedingten Isolierung Deutschlands.« RT, XI. Leg. Periode, II. Session, Bd 5, S. 3619-3622, hier: S. 3619. Bülow nutzte diese Interpellation zu einer außenpolitischen Grundsatzrede, die mit dem selbstbewußten Aufruf schloß: »In der politischen Welt zittert noch eine gewisse Erregung nach, die zu Vorsicht und Umsicht mahnt, aber keinen Anlaß zu Kleinmut gibt. Sorgen wir dafür, daß unsere Machtmittel zu Lande und zu Wasser für unsere Verteidigung ausreichen! Vergessen wir endlich über unseren inneren wirtschaftlichen, konfessionellen und politischen Streitigkeiten nicht das Interesse, die Wohlfahrt und das Recht des Ganzen, und das deutsche Volk wird seine Stellung in der Welt zu behaupten wissen.« Ebd., S. 3623-3633, hier: S. 3632 f. -
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Sonntag, 25. November 1906 10 h Zum Gottesdienst auf »Deutschland«, den der Kaiser abhielt. Die Predigt, die vorlas und in der er, glaube ich, viel eigene Gedanken hatte zum Ausdruck bringen lassen, war gut, aber voll von Mystik und krassester Orthodoxie. Er ist doch ein zu merkwürdiger Mensch. [...] er
Montag, den 26. November 1906 8 h 45 m V Auf »Deutschland«, wohin S.M. die Admírale und Kommandanten beordert hatte. Er warnte vor zu großer Offenheit in Gesprächen, weil das Ausland sich zu intensiv mit unserer Flotte beschäftige13 und sprach dann über sein den Werften aufgegebenes Projekt eines Schnellen Linienschiffes, dabei dem R.M.A. einige kleine Hiebe versetzend14. [...]15
Mit dem Übergang zum »Dreadnought«-Bau verstärkten sowohl die englische als auch die deutsche Marine ihre Geheimhaltung. Vgl. Berghahn, Der Tirpitz-Plan, S. 438 f., 477, 566 f. Der Gedanke, ein »Schnelles Linienschiff« zu bauen, war eine Lieblingsidee des Kaisers. Da eine Realisierung aus Tirpitz' Sicht die Systematik des Flottengesetzes in Frage gestellt hätte, bekämpfte er diesen Gedanken unnachgiebig. Dennoch ließ Wilhelm II. im Frühjahr 1906 sogar ein Preisausschreiben unter den Werften zur Konstruktion eines neuen Schnellen Linienschiffes veranstalten. Vgl. Berghahn, Der Tirpitz-Plan, S. 451-456 (1905), S. 512 f. (Anm. 25), und passim. Vgl. auch übergreifend Forstmeier, Großkampfschiffe, S. 14 f., und passim; Tirpitz, Erinnerungen, S. 133 f.; Müller, Der Kaiser, S. 62-64. Folgen Aufzeichnungen über Schießübungen.
1907
Sonnabend, den 26. Januar 1907 In Kiel Sozialdemokrat Legien mit 3000 Stimmen Majorität gewählt. Sonstige Wahkesultate scheinbar sehr ungünstig für die Sozialdemokraten, die gegen 15 Kreise verloren haben. Zentrum hat sich ziemkch behauptet. Trotzdem großer Sieg der Regierung und nationalen Parteien, der für die Zukunft Gutes hoffen läßt1. [...]
Sonntag, den 27. Januar 1907 Wahkesultate noch günstiger als [es] anfängkch schien. Sozialdemokraten haben 21 Sitze namentkch in Sachsen und Mitteldeutschland verloren. [...]
Mittwoch, den 6. Februar 1907
[...] Wahlen sind sehr gut ausgefaken. Sozialdemokraten haben im Ganzen 36 Sitze verloren, Zentrum drei gewonnen. Nationale Majorität 220 gegen 1772. Glänzender Erfolg Bülows, der für die Zukunft zu hoffen gibt. Der Hauptanteü gebührt aber doch wohl Dernburg3. 1
2
Nachdem ein von der Reichsregierung beantragter Nachtragshaushalt zur Finanzierung des Krieges in Deutsch-Südwest am 3.12.1906 abgelehnt worden war, löste Reichskanzler Bülow den Reichstag auf. Unter der Losung »Kampf für Ehr' und Gut der Nation gegen Sozialdemokraten, Polen, Weifen und Zentrum« versuchte die Regierung dem Zentrum, dessen massive Kritik an den Zuständen in den deutschen Kolonien dem Reichskanzler ein Dorn im Auge war, einen Denkzettel zu verpassen und der Sozialdemokratie eine schwere Schlappe zuzufügen. Zu den Hintergründen vgl. Mommsen, Bürgerstolz, S. 233-239; Loth, Zentrum, S. 113-130. Die Parteien des Bülow-Blocks Deutsch-Konservative (60), Reichspartei (24), Nationalliberale (54) sowie die Liberale Vereinigung (14), Freisinnige Volkspartei (28) und Deutsche Volkspartei (7), Antisemiten/Wirtschaftliche Vereinigung (16) sowie zahlreiche kleinere Splittergruppen ver(43), Zentrum (105), Weifen (1), Polen fügten insgesamt über 220 Mandate, Sozialdemokratenüber 177. Zum Wahlergebnis vgl. Momm(20), Dänen (1) und Elsaß-Lothringer (7) hingegen nur sen, Bürgerstolz, S. 238. Der allgemein anerkannte, politisch linksliberale Direktor der Darmstädter Bank, Dernburg, war im Dezember 1906 zum Kolonialdirektor berufen worden, um die Kolonialverwaltung zu refor—
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Donnerstag, den 7. Februar 1907 Ovationen, die in der Nacht nach der Wahl vor dem Reichskanzler-Palais und dem Schloß stattgefunden haben4, sind ordentlich herzerfrischend. Im besonderen ist der Eindruck, den das Ausland über Deutschland bekommen hat, recht wertvoll. Abends zu Hause.
Dienstag, den 19. Februar 1907 Reich s tags eröffnung. Thronrede5 nimmt scharf Stellung gegen Sozialdemokratie und betont Notwendigkeit des weiteren Ausbaus unserer sozialen Gesetzgebung. Sie hebt die friedlichen Beziehungen zu allen Mächten hervor. [...]
Freitag, den 12. April 1907 [...] Unterhaltung mit Fischel, der mir erzählte, Büchsel wolle mich im Herbst nach Berlin holen. Er will gelegentlich des Schießversuchs in Meppen, wozu der Kaiser kommt, mit Admiral v. Müller sprechen, daß ich unter allen Umständen bleiben muß6. Mir könnte nichts Unangenehmeres passieren, als in den mir verhaßten Admiralstab zu kommen. Der Prinz7 wird schon dafür sorgen, daß nichts daraus wird. Abends bei Lans, der wieder zu Hause und guter Dinge ist. Er will noch heute dem Prinzen schreiben, daß ich beim Flottenkommando noch ein Jahr bleiben muß.
Vgl. Mommsen, Bürgerstolz, S. 233, S. 348 350; Gründer, Kolonien, passim; Schiefel, Dernburg, S. 30-142. Mommsen, Bürgerstolz, S. 236. Hopman stand mit seiner Meinung keineswegs allein. So notierte auch die Bülow gegenüber keineswegs unkritische Baronin Spitzemberg bereits am 27.1.1907: »Das Ergebnis der Reichstagswahlen mit einem Verlust von ca. 20 Sitzen seitens der Sozialdemokraten ist ein sehr erfreuliches und von niemandem geahntes. Die Ovationen vor des Kronprinzen Palais und dem Bülows mitten in der Nacht sind recht merkwürdige Symptome.« In: Spitzemberg, Am Llof der mieren.
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3 Nord[deutschen AUgemeinen Zeitung]< durch einen Zeitungsartikel im >Lokalanzeiger< wieder umstoßen.« Wahnschaffe argumentierte dagegen immer mit »Wahlrücksichten«. »Eine Erklärung ohne Angabe welche Steuern, wäre und das könne man nicht tun.« In: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/420. BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/25. Ebd. Unter Berufung auf die »Daüy News« hatte der »Lokalanzeiger« gemeldet: »AUes hängt von der deutschen Flottenpoktik ab. Wird das in dem geltenden deutschen Flottengesetz enthaltene Bauprogramm erhöht, so wird England sein eigenes um jeden Preis dementsprechend gestalten. Beschränkt Deutschland sich auf die Bestimmungen des Flottengesetzes, so wird England sich mit vier neuen Kapitalschiffen, darunter einem Schlachtkreuzer, begnügen.« Dieses Gespräch bkeb ohne Ergebnis, da »vom R[eichs]k[anzler] wohl nur veranlaßt, um einem Wunsch S.M. nachzukommen.« Aufzeichnung in: Ebd., Nachlaß Tirpitz, N 253/420. Zu einem weiteren Vermittlungsvorschlag des Chefs des Zivilkabinetts, Valentini, der darauf abzielte, die NoveUe auf eine reine Mannschaftsforderung zu beschränken, und den Reaktionen des Kaisers, vgl. MüUer, Der Kaiser, S. 102 f. (Eintragung vom 13.12.1911); Tirpitz, Poktische Dokumente, Bdl.S. 267 f. In: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/25. In diesem Artikel hieß es u.a.: »Tritt die Frage vermehrter Rüstungen an Deutschland heran, so muß sie auf Grund der amtkchen Vorschläge geprüft werden, auch dahin, ob die neue Last, die dem Steuerzahler auferlegt werden soU, auch von ihm getragen werden kann. [...] Wenn es also sein muß, wird Deutschland auch noch mehr leisten können, aber ob wir es woUen werden, wird aUerdings davon abhängen, dass die Notwendigkeit unwiderleghch und zwingend dargelegt und bewiesen wird.«
unvoUständig
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Donnerstag, den 14. Dezember 1911 [...]
1 h Unterstaatssekretär Wahnschaffe bei
Tirpitz.
Nichts über Inhalt der BeTelephon sagen, er
sprechungen gehört. Tirpitz ließ Wahnschaffe nachher durch gehe morgen in den Bundesrat. Freitag, den 15. Dezember 1911
10 h Staatssekretär mit Dähnhardt zum Bundesrat, wo heute der noch ungeänderte Etat vorgelegt wird. Reichskanzler hat vorher die Bevollmächtigten zum Bundesrat im Reichskanzlerpalais gehabt und ihnen gesagt, es würden noch andere Forderungen für Armee und Marine kommen. Darüber würde in offiziöser Form in »Norddeutscher Allgemeiner Zeitung« oder »Kölnischer Zeitung« etwas veröffentlicht werden. Wermuth soll 105 Millionen M Steuern garantiert haben.
Sonnabend, den 16. Dezember 1911 Staatssekretär zum Vortrag in Potsdam123. S.M. hat ihm gesagt, Reichskanzler habe ihm sein Ehrenwort darauf gegeben, daß er eine Vorlage bringen werde124. S.M. hat aber schon von Schwierigkeit der Geldbeschaffung gesprochen, was Tirpitz etwas kleinmütig gemacht hat. Tirpitz überhaupt in letzter Zeit sehr abgespannt und nervös. Kann nie ein Ende finden. Denkt und redet unaufhörlich von Novelle. [...]
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Immediatvortrag vgl. Tirpitz' Aufzeichnungen in: BA-MA, RM 3/6678. Hierin be2 Tempo unter allen Umständen unterbrochen werden müßte. [...] 9. England neuerdings two keel to one schroff ausgesprochen. Churchill sogar sagt, wenn wir 2 Tempo blieben, so England 4 sonst mehr. Englisches Prinzip Gegenteil Risiko Gedanken. 10. Zweifellos an E.M. Backschischanerbieten herantreten bei Verzicht auf 3 Tempo. Verzichten wir jetzt auf 3tes Schiff für alle 6 Jahre so anerkennen wir auch unserem Volke gegenüber two to one und werden Hoffnung töten, daß wir gegenankommen. Schlagwort: >Es nützt doch nichts.< wird siegreich. Es ist die gleitende Bahn abwärts. Die große Flottenpolitik E.M. wird Zu diesem tonte er
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nochmals, [7.] »daß 6jähriges
verneint. Muß nach der Situation als Furcht ausgelegt werden. Ist es auch tatsächlich. 11. Bauen wir 3 Schiffe, so Beweis, daß wir keine Furcht vor dem englischen Bluff. 12. Selbst wenn England 6 baut, so haben wir doch Stange gehalten und das Prinzip 2:3 Risiko hochgehalten. 13. England baut aber nicht 6. Höchstens für ein Jahr aber nicht dauernd. Bei unserem 4 Tempo nur 4,5. 14. Es kann nicht dauernd 6 bauen. Kann uns den Sprung mit dem 4 Tempo nicht distanzieren und damit zunichte machen. Noch ein anderer Grund, wenn neue Steuern jetzt, später 1918 nicht noch einmal. 15. England muß 2:3 annehmen. McKenna im Parlament, Lloyd George zu Metternich. 16. Gerade aus diesen Gründen wird d[as] 3. Schiff zu einer historischen Bedeutung.« Vgl. Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 268.
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Dienstag, den 19. Dezember 1911 Offiziöse Erklärung in der »Norddeutschen Allgemeinen Zeitung« über Vorlage des Etats im Bundesrat125. Drückt sich sehr unbestimmt aus. »Den mit dieser Vorlage in Verbindung gebrachten Erörterungen muß mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden126.« Das kann jeder auffassen, wie er wiU, als Ankündigung einer Wehrvorlage oder als das GegenteU, und Regierung verpflichtet sich zu nichts. Der Reichskanzler wiU aber, von Wermuth fasziniert, nicht und schiebt die Sache auf die lange Bank, bis sie sang- und klanglos versumpft. 12 h Staatssekretär beim Reichskanzler mit Kriegsminister und Wermuth127. Kam wieder mit dem Eindruck, daß Verhandlung pro nihUo gewesen sei, und sagte: Sie wollen eben nicht! Das ist schon lange meine Ansicht. Rout128 bei Tirpitzens, wo von Frl. v. Tirpitz, Frl. v. Bendemann, Leutnants v. Ahlefeld und Langfeld ein sehr nettes, Stindesches plattdeutsches Stück gespielt wurde. Sehr große Gesekschaft, aber recht nett. 1XA h zu Hause.
Mittwoch, den 20. Dezember 1911
CapeUe und Dähnhardt bei GeneraUeutnant Wachs, Chef der Zentralabteilung im Kriegsministerium. Armee scheint sich auf wirklich aufrichtiges Zusammengehen mit uns nicht recht einlassen zu woUen129. [...] 125 126
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Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 52 (1911), S. 285-288. Daran anschließend hieß es: »Die Nation weiß, daß die verbündeten Regierungen in der Erhaltung und Entwicklung unserer Wehrmacht aUezeit eine ihrer ernstesten Aufgaben erbkcken und
nie zögern werden, danach zu handeln.« BA-MA, RM 2/1764. Wühelm II. bezeichnete diese Form der Veröffentkchung gegenüber dem Chef des Marinekabinetts als Betrug. Vgl. MüUer, Der Kaiser, S. 105 (Eintragung vom 22.12.1911). Bethmann HoUweg forderte alle beteihgten Ressorts hierbei nochmals zu einem Bericht über die geplanten Verstärkungen und die Deckung der Kosten auf. Unter Hinweis auf Zeitungsmeldungen über bevorstehende Wehrvorlagen bat er zugleich unter Hinweis auf »das große Interesse, besonders von inaktiven Offizieren, die sich schriftstellerisch betätigen«, um äußerste Geheimhaltung. Vgl. die beiden Schreiben Bethmann Hollwegs an Tirpitz vom 19.12.1911, in denen der Kanzler seine Haltung noch einmal schriftlich festhielt. BAK, R 43F/951/1. Veraltet für »AbendgeseUschaft«. Zu diesem Gespräch, das am 21.12.1911 von Dähnhardt und Wachs fortgeführt wurde, vgl. die Aufzeichnungen Dähnhardts vom 20./21.12.1911, in: BA-M\, RM 3/6678. Danach bekefen sich die Forderungen des Kriegsministers, die zum Erstaunen der Vertreter des R.M.A. unter dem lagen, was »S[eine] Maj[estät] dem Kriegsminister als notwendig bezeichnet hat«, auf 170 Milkonen, die der Marine auf 87 MüUonen Mark. CapeUe äußerte dabei: »S[eine] Majjestät] hat sich noch viel mehr auf die Schiffe festgelegt, als der Staatssekretär. Letzterer würde den Kaiser geradezu im Stich lassen, wenn er jetzt nachgeben würde. Staatssekretär könne keinesfaUs einen Vorschlag zum Nachgeben machen, er könne nur auf einen Befehl des Kaisers hin nachgeben. Exc[ellenz] CapeUe sei der gan^persönlichen Ansicht er hob ausdrückkch dabei hervor, daß der Staatssekretär sich niemals dahin geäußert habe! daß der Staatssekretär einen Befehl des Kaisers, zwei von den sechs für 1912-1917 mehr geplanten Schiffen nachzugeben, weichen würde ohne die Kabinettsfrage zu stellen.« Hintergrund dieses Zugeständnis war die Erkenntnis von Capelle und Wachs, daß es unmögkch sein würde, 257 Milkonen Mark mehr an Steuern aufzubringen; Wermuth hingegen —
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Dokumente
Donnerstag, den 21. Dezember 1911 Schreiben von Reichskanzler, bittet um möglichste Geheimhaltung der Wehrvorlage ihres Einflusses auf die Wahlen wegen. Enthält als Anlage Bericht von Wermuth13" über Deckungsfrage. Danach keinesfalls mehr als 105 Millionen Steuern möghch (höhere Zoll-Einnahmen 30 Millionen, Petroleum-Monopol 25 Millionen, Erbschaftssteuer, deren Durchbringen noch sehr zweifelhaft, 50 Millionen). Steuern erst April 1913 ergiebig. Deshalb Vorlage vor April 1913 undenkbar. Tirpitz sieht wieder sehr schwarz. Wenn er bloß die 3 Schiffe (bzw. 4) fallen lassen wollte. Das tut er aber nicht. [...]
Freitag, den 22. Dezember 1911 Besprechung über Reichskanzlerschreiben vom gestrigen Tage zwischen Tirpitz, Capelle und Dähnhardt. Resultat: Müller, der heute131 Vortrag hat, soll Kabinettsschreiben von S.M. veranlassen, in dem ausgesprochen wird, daß S.M. es für gangbar hält, Forderungen der Marine auf 1 Panzerkreuzer und 3 Linienschiffe zu re-
duzieren, so daß etwa die Hälfte der jetzt erforderlichen Steuern herauskommt. Rest, etwa 2h des Ganzen, soll für Armee bleiben (66 Millionen). Beide Vorlagen sollen dann aber noch auf Etat 1912 kommen132.
Sonnabend, den 23. Dezember 1911 Müller gegen 12 h vom Vortrag zurück133. S.M. ist einverstanden, schickt ihn zu Valentini und Reichskanzler mit Auftrag, wenn irgend möghch Wehrvorlage noch auf diesjährigen (1912) Etat zu bringen134. Bei Aufstellung der gestrigen Rechnung
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hatte allenfalls 105 Millionen Mark als möghch bezeichnet. Am 21.12.1912 erläuterte Dähnhardt Wachs nochmals die Berechnungen des Reichsmarineamts, mußte zugleich aber gestehen, daß »Staatssekretär ein Nachgeben von 2 Schiffen schroff zurückgewiesen habe.« Wermuth an Bethmann Hollweg, 8.12.1911, übersandt an Tirpitz und den Kriegsminister am 19.12.1911, BAK, R 43F/951/1. Auszüge in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 259. Der Vortrag fand erst am darauffolgenden Tag, dem 23.12.1911, statt. Vgl. dazu Tirpitz' Entwurf für ein Kabinettsschreiben vom 22.12.1911, in dem dieser Vorschlag »als möglicher Ausweg zur Rettung des sofortigen Vorgehens« empfohlen wurde. BA-MA, RM 2/1764. Tirpitz hat später versucht den Eindruck zu erwecken, als ob der Vorschlag vom Kaiser stammte, was nach dieser Eintragung nicht zutrifft. Vgl. Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 268. Vgl. auch die dies bereits korrigierende Darstellung im Müller-Tagebuch. (Eintragungen vom 22./23.12.1911), in: Müller, Der Kaiser, S. 104. Vgl. Müller, Der Kaiser, S. 104 f., sowie Dähnhardts Aufzeichnung vom 25.12.1911 über »Vortrag des Kabinettschefs bei Seiner Majestät am Sonnabend, den 23. Dezember«, in: BA-MA, RM 3/6678. Vgl. dazu die Schreiben Müllers an Tirpitz und Reichskanzler Bethmann Hollweg sowie an Wilhelm II. über sein Gespräch mit dem Kanzler vom 23.12.1911 in: BA-MA, RM 2/1764.
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ist Dähnhardt ein Fehler unterlaufen. Bei 4 Schiffen kommen 53 Millionen heraus. Tirpitz spricht davon, eventaeU noch 1 Linienschiff faUen zu lassen, so daß nur 3 Schiffe (2 Linienschiffe, 1 Panzerkreuzer) bleiben135. [...]
(auf 44 Milkonen)
Sonntag, den 24. Dezember 1911 11h Auf dem Bureau. Großer Zustand. Sitzung über Kakberfrage, an der Thorbecke, Hoffmann und Geheimrat Bürkner teünahmen, bei der aber immer noch kein endgültiger Entschluß herauskam136. Tirpitz hegt Befürchtung, daß die hohen Kosten der Schiffe der Noveke hinderkch sein werden. Hinterher Besprechung mit Dähnhardt, der gestern bei Wachs (Chef der Zentral-AbteUung des Kriegsministeriums137) war138. Kriegsministerium kommt mit Ausarbeitung seiner Vorlage nicht vom Fleck und scheint mit seinen Forderungen nicht recht nachlassen zu woUen. Aufrichtiges gemeinsames Vorgehen mit uns gefährdet. 2 Schreiben von MüUer, eins Kabinettsschreiben an Staatssekretär über Ergebnis gestrigen Vortrags, anderes Schreiben an S.M. über seine Unterredung mit Reichskanzler, der Vorlage in diesem Jahr zu bringen verspricht, aber sich Zeitpunkt der Bekanntgabe vorbehält139. Ich glaube, er treibt seine Verschleppungs- und Versumpfungspoktik weiter. [...]
Dienstag, den 26. Dezember 1911 IIV2 h-2xA h Auf dem Bureau. Tirpitz Brief an Großherzog von Oldenburg14" geschrieben, der ihm einen Brief des Königs von Sachsen141 geschickt, worin die133
hat später den Eindruck zu erwecken versucht, erst im Januar auf Drängen des Kanzlers und des Chefs des Marinekabinetts schließlich ein weiteres Schiff einen Großen Kreuzer faUengelassen zu haben. Vgl. Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 277; Tirpitz, Erinnerungen, S. 185. Im Winter 1911/12 wurde im Reichsmarineamt diskutiert, das Kaliber der neuen Linienschiffe der »Bayern«-Klasse von 30,5 cm auf 38 cm zu steigern. Endgültig beschlossen wurde diese Kalibersteigerung im Frühjahr 1912. Vgl. Breyer, Schlachtschiffe, S. 300-302; Hopman, Das Logbuch, S. 385; Grießmer, Linienschiffe der Kaiserkchen Marine, S. 124-154. Vorlage irrtümkch »R.M.A.« Ein Gespräch am 23.12.1911 ist in den Akten nicht nachweisbar, wohl aber für den 24.12.1911. Vgl. hierzu die Aufzeichnung Dähnhardts vom 25.12.1911, in: BA-MA, RM 3/6678. Siehe oben Anm. 134. Friedrich August, Großherzog von Oldenburg, in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/420. Darin teilte Tirpitz mit, daß es in bezug auf die Haltung der Bundesfürsten nun abzuwarten gelte, daß er insgesamt aber zuversichthch sei. »Soweit ich übersehen kann, werden wir noch etwas zurückstecken müssen, die Hauptsache marschiert aber trotz aUer Schwierigkeiten und Bedenken, die ihr in den Weg geworfen werden. [...] Seine Majestät ist durchdrungen von der Notwendigkeit einer Wehrvorlage und zwar für 1912.« In einem Schreiben an den Großherzog von Oldenburg vom 7.12.1911 hatte der König von Sachsen, Friedrich August III., sich aus innen- und außenpolitischen Gründen gegen eine NoveUe ausgesprochen und auch eine Bekanntgabe vor den Reichstagswahlen abgelehnt. Zugleich machte
Tirpitz
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ser ablehnende Haltung gegen Novelle einnimmt. Nachher Unterredung zwischen Tirpitz, mir und Meißner, über dessen Gedanken, neue Schiffe als Schulschiffe zu fordern, was Tirpitz als unmöglich bezeichnet. [...]
Mittwoch, den 27. Dezember 1911
Unterredung Tirpitz, Capelle und Dähnhardt. Capelle sieht ziemlich schwarz. Diskussion über Rekrutengeschwader, in der Capelle mir sekundierte142. Nachher Tirpitz bei Müller, der nach Potsdam gerufen ist. Donnerstag, den 28. Dezember 1911 11 h 30 m V Staatssekretär beim Kriegsminister143. Ist verwundert über die Langsamkeit und ETnentschlossenheit, mit der im Kriegsministerium gearbeitet wird an der Vorlage. Man ist sich dort über deren Umfang noch gar nicht klar. Kriegsminister hat von 58 Millionen jährlicher Steuern gesprochen; was wesentlich geringer ist als das, was Wachs an Dähnhardt gesagt hatte. [...]
Sonnabend, den 30. Dezember 1911
Spaziergang mit Tirpitz im Tiergarten. Dabei äußerte er zu meiner Verwunderung die Absicht, in Novelle 2 Millionen jährlich für Luftschiffbau vorzusehen. Er hat einen Brief vom Grafen Zeppelin erhalten, der ihn dazu bestimmt hat144. Unterhaltung über künftigen Flottenchef. Er tritt sehr für Pohl ein.
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er deutlich, daß er der Armee Vorrang vor der Marine einräumte. In: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/25. Da die Hochseeflotte durch den jährlichen Wechsel der Rekruten im Oktober zeitweise nicht voll einsatzbereit war, strebte Tirpitz an, diese für die Zeit der Ausbildung auf einzelnen Schiffen bzw. in einem Geschwader zusammenzufassen, und zugleich die Ausbildung auf den Schiffen von einem auf drei ]ahre zu verlängern. Zwei Geschwader wären dadurch ständig kriegsbereit gewesen. Das Kommando der Hochseeflotte lehnte diese die zunächst versuchsweise auf zwei Schiffen eingeführt werden sollte, jedoch ab, so daß es trotz mehrfacher Verhandlungen darüber bis 1914 diesbezüglich zu keiner Reorganisation der Rekrutenausbildung kam. Vgl. Müller, Der Kaiser, S. 133; Lambi, The Navy, S. 376-378. Vgl. dazu die undatierte Aufzeichnung in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/420. Nicht ermittelt.
Änderung,
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Sonntag, den 31. Dezember 1911 [...] Der Rückbkck auf das vergangene Jahr gibt für die Zukunft sehr zu denken. Ich persönkch glaube nicht an eine kriegerische Lösung der bestehenden Spannung. Frankreich wird sich hüten, den Tanz zu wagen, zu dem England es drängt. Hoffentkch bleiben wir fest und zeigen durch die Wehrvorlage, daß wir es sind. Geschieht das, dann ist es ledigkch Tirpitz und seiner großzügigen weitschauenden Poktik und Energie zu verdanken. Er ist der einzige Mann in unserer Regierung, der einzige, der für die Ehre und Größe Deutschlands mannhaft eintritt und steht.
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Montag, den 1. Januar 1912 IIV2 h Zur Paroleausgabe1. Tirpitz erzählte mir, daß S.M. den kommandierenden Generalen die Absicht und den Inhalt der Wehrvorlage mitgeteilt hätte. Er meint, nun sei ein Zurückschrauben unmöglich, und ist deshalb sehr hoffnungsfreudiger
Stimmung. [...]
Dienstag, den 2. Januar 1912 1 h Frühstück beim Staatssekretär, zu dem sich der Kaiser angesagt hatte2. Saß neben Usedom, der andeutete, daß der Prinz Heinrich die Hoffnung, noch einmal die Flotte zu bekommen, noch nicht ganz aufgegeben. Ich plädierte Usedom gegenüber für Pohl. Nach dem Essen längere Zeit mit Prinz Heinrich unterhalten, der überall ausposaunte, in England gäbe es außer den Regierungsleuten keinen Menschen, der Animosität gegen Deutschland hege. Er ist und bleibt doch ein naives Kind.
Donnerstag, den 4. Januar 1912 über Kaliberfrage. Endgültige Entscheidung 4 Doppeltürme mit 38 cm Nachher teilt Dähnhardt mit, daß Kriegsminister heute seine Wehrvorlage an Reichskanzler schickt3. (2 Armeekorps, technische Waffen vervollkommt, Erdes höhung Mannschaftssoldes.) Forderungen halten sich im allgemeinen in den
Sitzung L/45.
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dazu die Tagebucheintragung von Admiral Müller vom 1.1.1912, der die Rede des Kaisers über die kommenden Wehrvorlagen als auch über die Marokkopolitik und die dafür Verantwortlichen, Holstein und Bülow, als »wenig glücklich« beurteilte. In: Müller, Der Kaiser, S. 105; vgl. auch Weizsäckers Brief an seine Mutter vom 7.1.1912, in: Die Weizsäcker-Papiere, S. 137; Fischer, Krieg der Illusionen, S. 178 f. Während dieses sog. »Adrniralsfrühstücks« ließ sich Wilhelm II. erneut kritisch über Holstein und Bülow aus. Vgl. dazu die Tagebucheintragung von Admiral Müller vom 2.1.1912, in: Müller, Der Kaiser, S. 105. Tatsächlich sandte der Kriegsminister seine Vorlage erst am 5.1.1912 an den Reichskanzler, BAK, R 43F/951/1; Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft, Anlagenband, Nr. 43.
Vgl.
Dokumente
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gebotenen Grenzen, sind nur in den ersten beiden Jahren höher 1912 Armee und Marine 131 [Millionen]4, 1913 ca. 100 MilHonen nachher niedriger. Krupp —
v.
Bohlen beim Staatssekretär5.
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Freitag, den 5. Januar 1912 Nichts Besonderes. Endgültiger geht an Reichskanzler6.
(III.) Entwurf der NoveUe ist im Druck fertig und
Sonnabend, den 6. Januar 1912
Tirpitz zum Immediat-Vortrag. (NoveUe überreicht, Typen- und KaHberfrage entschieden.) Nachher mit Kabinettschef zum Frühstück im Schloß. Dienstag, den 9. Januar 1912 Capelle und Dähnhardt von 11 h 2x/i h beim Staatssekretär. Rede für I. Lesung der NoveUe. Aussicht dieser wieder etwas im vorlage von der Presse besonders akzentuiert wird. -
Mittwoch, den Kabinettschef beim
ferich, Metternich8, 4
5 '•
der da Armee-
Besprechung
FaUen,
10. Januar 1912
Staatssekretär7, teüt ihm mit, daß gestern Zimmermann, HelfStumm9 und Gwinner im Schloß waren und S.M. in uns un-
Die Forderungen des Kriegsministeriums beliefen sich für 1912 auf 99,4 Millionen für die Heeresverstärkung sowie 7,75 Millionen zur Erhöhung der »Gemeinen-Löhnung«, die der Marine auf 24 Millionen Mark. Über den Inhalt dieser
Unterredung konnte nichts ermittelt werden. Tirpitz an Bethmann Hollweg, 5.1.1912, BAK, R 43F/951/1. Nach der Tagebucheintragung von Admiral Müller vom 9.1.1912 waren nur der Chef des Gene-
ralstabs, Moltke, der Staatssekretär des Reichskolonialamts, Solf, der Unterstaatssekretär im Aus-
wärtigen Amt, Zimmermann,
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der baltendeutsche Historiker Prof. Schiemann sowie die Berliner Bankiers Gwinner und Delbrück zugegen. Vgl. Müller, Der Kaiser, S. 106. Müllers Aufzeichnungen zufolge war es allgemeine »Tendenz« des Gesprächs, »bloß keine Mehrbauten von Linienschiffen, wo wir jetzt die beste Chance haben, mit England in ein gutes Verhältnis zu kommen und große koloniale Erwerbungen zu machen. Die alte Leier! Se[ine] Majestät blieb schroff und fest. Bankier Delbrück raffte sich zu dem Ausspruch auf: >Festes Auftreten ist die beste Kriegsgarantie.«< Der Botschafter in London, Metternich weilte zu dieser Zeit in der Schweiz. Möglicherweise hat der mit ihm befreundete Staatssekretär des Reichskolonialamts Solf diese Äußerungen gemacht. Es ist aber auch nicht auszuschließen, daß Müller hier auf verschiedene Berichte Metternichs an-
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günstigem Sinne bearbeitet haben. Metternich hat geäußert, er könne dafür garantieren, daß wenn wir nicht über das Flottengesetz hinausgingen, in kurzer Zeit unser Verhältnis zu England wieder sehr gut sein werde. England werde dann die eines großen deutschen Kolonialreiches in Afrika (Kongo und AnEntwicklung fördern. Gwinner soll ihn stark unterstützt haben. S.M. ist wieder schwangola) kend geworden, aber noch nicht umgefallen. Müller hat ihn gestützt. Donnerstag, den 11. Januar 1912 Kabinettschef bei Tirpitz1". Reichskanzler will nur jedes zweite Jahr ein Schiff haben. Tirpitz läßt sich nach längerer Besprechung mit Capelle und Dähnhardt widerstrebend darauf ein, um Vorlage zu retten, macht aber den Vorbehalt, daß er S.M. seine Bedenken im Vortrag am Sonnabend darlegen werde. [...]
spielte, in denen dieser die Möglichkeit einer deutsch-englischen Annäherung über koloniale Fragen angedeutet hatte, falls keine Flottennovelle eingebracht werden würde. Vgl. die entsprechenden Berichte in: GP, 31, S. 71 -94. Ein Gespräch des ehemaligen Gesandten an der Londoner Botschaft und Dirigenten der Politischen Abteilung des Auswärtigen Amts, Stumm, mit dem Kaiser hat allerdings am 15.1.1912 stattgefunden. Dieser mahnte dabei: »>Nur keine Dreadnoughts bauen, wenn wir uns mit England stellen wollen.< Der Kaiser will darauf, wie er mir [Admiral v. Müller] am nächsten Tage erzählte, geantwortet haben: >Ich will Ihnen etwas sagen, Ihr Diplomaten habt die Hosen voll, die ganze Wilhelmstraße stinkt nach ...«< In: Müller, Der Kaiser, S. 109 (Eintragung vom 15.1.1912). Vgl. hierzu die zusammenfassenden, von Korvettenkapitän Karl v. Müller (?) verfaßten Aufzeichnungen im Tirpitz-Nachlaß. Dort wird dieses Gespräch irrtümlich auf den 12.1.1912 datiert (dementsprechend auch mit einigen sprachlichen Änderungen Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 275 f.), BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/420); zu dem Gespräch am 11.1.1912, dem eine Lînterredung zwischen Admirai Müller, dem Chef des Zivilkabinetts, Valentini, und dem Reichskanzler vorausgegangen war, vgl. auch Müller, Der Kaiser, S. 107 (dort korrekt datiert). Besonders bedrohlich aus Tirpitz' Sicht war der Vorschlag Bethmann Hollwegs, die Schiffe »gelegentlich« zu fordern und damit den Boden des Flottengesetzes zu verlassen. Ebd. Vgl. auch die Briefwechsel Müller Tirpitz Bethmann Hollweg Wilhelm II. zwischen dem 10.1. und 13.1.1912 in: BAMA, RM 2/1764. In den Akten befindet sich aber auch eine nach dem Immediatvortrag angefertigte Aufzeichnung Tirpitz' vom 13.1.1912, in der der letzte Große Kreuzer noch enthalten, dafür aber entsprechend dem Wunsch des Kanzlers ein alternierendes Bautempo bis einschließlich 1918 vorgesehen war. Tirpitz bemerkte dazu: »3. Linienschiff fällt für Geldbedarfsberechnungen aus (Periode 1912-17) schwebt damit in d[er] Luft. Spätere Bewilligung schwieriger. [...] Andere Berechnung schwierig. [...] Fällt aber 3. Schiff, so Flottenflaggschiff. Doppelt ungünstig wegen Wegfall d[er] MaterialreserveJ...] Vorlage schwieriger zu vertreten, weil Logik fehlt. [...] Vorlage im Ganzen bröckelt immer mehr ab. [...] Vorlage trägt immer mehr Stempel d[er] Furcht vor England. Lächerlich, daß Engl[and] deshalb d[en] Krieg erklärt. S.M. wollen z.Z. nicht das 4te Schiff aufgeben.« Ebd., Nachlaß Tirpitz, N 253/26. -
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Freitag, den 12. Januar 1912 von denen man aber wenig merkt11. S.M. sendet Bericht von in dem dieser darlegt, daß Verharren beim Flottengesetz unser Verhältnis zu England sofort günstig gestalten und Entwicklung unseres Kolonialbesitzes in Afrika sehr fördern werde. AnderenfaUs werde NoveUe jetzt TripleEntente womögHch unter Einschluß von ItaHen noch schärfer gegen uns in Harnisch bringen. S.M. hat in abfälHgen MarginaHen und einem sehr klaren Brief an den Reichskanzler13 sehr energisch Stellung dagegen genommen. (England wül uns ebenso einfangen, wie die andern. Verschenkt Länder, die ihm nicht gehören und deren Erwerb uns enorme Summen kostet, die wir nicht aufbringen können. Wül DezentraHsation unserer Flotte und Schwächung unserer WeltmachtsteUung, um uns bei der Teüung Asiens gänzHch auszuschalten. Wir woUen unsere selbständige in der Welt nicht SteUung opfern, sonst danken wir als große Nation ab.) EndHch mal ein fester, klarer Standpunkt. Hoffentlich bleibt er jetzt fest.
Reichstagswahlen, Kühlmann12,
Sonnabend, den
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Tirpitz zum Vortrag bei S.M.14 Erklärte dabei, daß FaUenlassen des 4. Schiffes dem Geiste der NoveUe, unsere Kriegsfertigkeit zu erhöhen, nicht entspreche. AUe
anderen Ressorts trieben Kesseltreiben gegen Marine. Man müsse durchhalten und derartig kräftige Töne weiter. Müller, der friedsame, ist nicht ganz einverstanden damit gewesen, so daß Verhältnis zwischen ihm und Tirpitz etwas geHtten hat15. S.M. hat befohlen 4. Schiff nicht faUen zu lassen16. Ergebnisse der Reichstagswahlen werden bekannt17. Starkes Anwachsen der Sozialdemokraten. Konservative und Zentrum haben nicht viel, NationalHberale und Fortschrittler sehr verloren. Viele Stichwahlen erforderlich. Majorität des schwarz-blauen Blocks scheint indes sicher. [...] 11 12
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Zum ersten Wahlgang am 12.1.1912 vgl. Bertram, Die Wahlen, S. 205-221. Vgl. den Bericht Kühlmanns an Bethmann Hollweg vom 8.1.1912, den Wilhelm II. mit scharfen Randbemerkungen versehen hat, in: GP, 31, Nr. 11345. Vgl. auch Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 269-275; Müller, Der Kaiser, S. 108 (Eintragung vom 12.1.1912). Vgl. die Aufzeichnung Wilhelms II. vom 11.1.1912, in: GP, 31, Nr. 11346.
Siehe oben Anm. 10. Admiral Müller trat für das alternierende Dreiertempo ein, während Tirpitz und der Kaiser bis zu einer »kategorischen Zusicherung von Schatzamt und Reichskanzler«, in »rücksichtlosester Weise« für die Novelle einzutreten, an dem Vorziehen eines Großen Kreuzers festhalten wollten. BAMA, Nachlaß Tirpitz, N 253/420. Admiral Müller teilte diese Position nicht, wie er Tirpitz am 14.1.1912 nochmals ausdrücklich wissen ließ. (Diese Passage fehlt in Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 277). Nach der Eintragung Müllers vom 13.1.1912 hat Wilhelm II. hingegen »bedingungsweise« d.h. »daß der Kanzler vom Schatzsekretär die Zusicherung erhielte, mit allen Mitteln für die modifizierte Form der Novelle einzutreten« zugestimmt. Vgl. Müller, Der Kaiser, S. 108 f. (Eintragung vom 13.1.1912). Diese Zusicherung konnte Bethmann Hollweg zunächst jedoch nicht geben. Vgl. Bertram, Die Wahlen, S. 210 249. —
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Freitag, den 26. Januar 1912 10 h Aufs Bureau. Nicht viel Neues. Novelle wieder geändert. Vorgezogener Kreuzer gestrichen18. Resultat der Reichstagswahlen jetzt endgültig19. Sozialdemokraten haben 110 Sitze (57 gewonnen), Konservative viel, Zentrum 10 verloren, Liberale auch einige Sitze. Schwarz-blaue Majorität zerstört. [...]
Sonnabend, den 27. Januar 1912 Kaisers Geburtstag. Zur Paroleausgabe. Tirpitz' Rede klang ernst, aber fest20.
5 h Zum Festessen im Hotel »Adlon«.
Sonntag, den 28. Januar 1912 11h Zum Bureau, da mir der Staatssekretär gestern beim Diner ein Schreiben gegeben, in dem sich der Reichskanzler darüber beschwert, daß von einem Vertreter d[es] R.M.A. den Reedereien Bremens und Hamburgs ein Schreiben gezeigt sei, demzufolge wir vor einer unmittelbaren Kriegsgefahr ständen21. Nachricht habe sich in Finanzkreisen verbreitet, Zeichnung der neuen Anleihe sei daher gefährdet. Geschichte klärt sich durch mobilmachungsmäßige Maßnahmen, Benachrichtigung der Reedereien über große Sicherung, auf. Tirpitz meinte, Wermuth stehe dahinter. Antwortschreiben aufgesetzt und für Tirpitz klar gelegt, der zum Frühstück beim sächsischen Gesandten22 war, wo ihn der Reichskanzler deswegen anredete und sofortige Beantwortung forderte. 2 h Zur Reichskanzlei gefahren und dort mit Unterstaatssekretär Wahnschaffe die Sache noch besprochen. [...]
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Anlaß hierfür war das schlechte Ergebnis der Stichwahlen. Vgl. hierzu Tirpitz' Aufzeichnung über seinen Immediatvortrag vom 25.1.1912, in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26; Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 277; Müller, Der Kaiser, S. 110 (Eintragung vom 25.1.1912); zur Haltung des Kaisers vgl. auch die Aufzeichnung des Marineattaches in London, Korvettenkapitän Widenmann, über ein Gespräch mit diesem am Abend des 25.1.1912, in: Widenmann, MarineAttaché, S. 225 f. Zum Ergebnis der Stichwahlen, die am 20., 22., und 25.1.1912 stattfanden, vgl. Bertram, Die Wahlen, S. 243-249; Mommsen, Bürgerstolz, S. 401-413; Groh, Negative Integration, S. 267 288; Suval, Electoral Politics, passim; Fischer, Krieg der Illusionen, S. 145 -168. Im Tirpitz-Nachlaß befindet sich auf der Rückseite der Menukarte aus Anlaß des Festessens im Hotel »Adlon« ein Fragment, das möglicherweise den Inhalt andeutet: »Nicht Macht der Macht, so jetzt Weltmacht.« BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26, fol. 132. Nicht ermittelt. Gemeint ist Freiherr Salza Lichtenau, sächsischer Gesandter in Berlin. -
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Montag, den 29. Januar 1912 Auf Befehl des Staatssekretärs 2. Schreiben in der gestrigen Angelegenheit an Reichskanzler, in dem er gebeten wird, die Personen zu nennen, von denen das Gerücht stammt. [...]
Dienstag, den 30. Januar 1912 6 h Sitzung im Schloß bei S.M. über Operationsplan und Aufmarsch der Flotte23. Holtzendorff und Prinz Heinrich contra Heeringen und Tirpitz. MüUer auch dabei. Bezeichnend für Holtzendorff, daß er es fertig gebracht hat, persönHchen Vortrag bei S.M. zu haben, was vor ihm weder Koester noch dem Prinzen gelungen. Er hat eben Müller gänzHch in der Tasche.
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Staatssekretär teüt mir mit, daß in dem gestrigen Vortrag noch keine Entscheidung gefallen ist. S.M. wül noch kurzes Memorandum über die Sache haben, das Tirpitz am Vormittag diktierte.
Donnerstag, den 1. Februar 1912 und Dähnhardt mit Staatssekretär darüber, ob auf das Schreiben des Reichskanzlers24, mit dem dieser den Bericht Wermuths über MögHchkeiten oder vielmehr UnmögHchkeiten der Finanzierung der Wehrvorlage ge-
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Im Herbst/Winter 1911/12 kam es zu heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Marineführung darüber, ob die Flotte in Zukunft nicht stärker in der Nordsee anstatt in der Ostsee konzentriert werden müsse, um im Kriegsfall erfolgreich gegen England operieren zu können. Der Chef der Hochseeflotte, Holtzendorff, der weiterhin für eine Kriegführung aus der Ostsee heraus plädierte, konnte sich letztlich nicht durchsetzen. Ausschlaggebend für die Konzentrierung in der Nordsee waren die Einsicht, daß aufgrund der Umbauarbeiten am Kaiser-Wilhelm-Kanal ein Teil der Hochseeflotte im Konfliktfalle in der Ostsee eingeschlossen sein könnte sowie der Wunsch des Generalstabs, die Flotte solle bei Kriegsbeginn den Transport englischer Truppen über den Kanal stören. Vgl. dazu Lambi, The Navy, S. 390-392; vgl. auch den Brief Weizsäckers an seine Mutter vom 28.1.1912, in: Die Weizsäcker-Papiere, S. 137; Müller, Der Kaiser, S. 110 (Eintragung vom 30.1.1912); Hubatsch, Der Admiralstab, S. 148 f., sowie den Schriftwechsel in BA-MA, RM 2/1766 bzw. RM 5/1607-1608. Vgl. hierzu das Schreiben Bethmann Hollwegs an Tirpitz vom 29.1.1912 und das in der inAnlage beigefügte Schreiben des Staatssekretärs des Reichsschatzamts, Wermuth, vom 26.1.1912, in: dem BAdieser noch einmal seine finanziellen Bedenken hinsichtlich der Wehrvorlagen erläutert, MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26. (Auszüge von Wermuths Schreiben vom 26.1.1912 in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 260 f.)
1912
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sandt
hat, eine Antwort unsererseits erfolgen soll oder nicht. Tirpitz und Capelle dagegen, Dähnhardt und ich dafür. [...]
Freitag, den 2. Februar 1912 Sitzung beschlossen, auf Schreiben des Reichskanzlers doch zu antworten, da Kriegsministerium auch antworten wird und zwar ziemlich scharf. In unserem Schreiben wird namentlich darauf hingewiesen, daß entgegen der Absicht der gesetzgebenden Faktoren verschiedene Posten, namentlich Kaiser-Wilhelm-Kanal, auf Ordinanum statt auf Anleihe genommen seien und ohne diese Maßregel genügend Mittel für Marinenovelle vorhanden seien25. Englisches U-Boot »A 3« ist mit Besatzung bei Wight gesunken durch Kollision mit »Hazard«26. In
Montag, den 5. Februar 1912 bei S.M. gewesen wegen einer Angelegenheit, über die Müller, der gestern auf dem Bureau war, strenges Schweigen auferlegt ist27. Es handelt sich um einen Vorschlag Englands, der wohl in Zusammenhang mit Lloyd Georges letzter Rede steht, in der er von allgemeinem Weltfrieden und Abrüstung gesprochen hat28. [...]
Tirpitz ist gestern abend im Schloß
25
26 27
28
Vgl.
hierzu Tirpitz' Schreiben an Bethmann Hollweg vom 2.2.1912, in: ebd., S. 277 f. Ebd., S. 278 f., weitere Erläuterungen zu den Auseinandersetzungen mit dem Reichsschatzamt, bei denen dem Reichsmarineamt die Informationen des Unterstaatssekretärs im Reichsamt des Innern, Richter, (vgl. die Aufzeichnung Löhleins vom 7.2.1912, BA-MA, RM 3/9) daß die Wehrvorlagen auch ohne Steuern finanziert werden könnten, sehr zustatten kamen. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender 53 (1912), S. 328. Vgl. das Telegramm Müllers an Tirpitz vom 4.2.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 280 f. Nach Tirpitz' eigener Darstellung ist er von der bevorstehenden Mission Haldanes jedoch erst am 5.2.1912 durch dieses Telegramm informiert worden. Zur Haldane-Mission vgl. Wilhelm IL, Ereignisse und Gestalten, S. 122-134; Tirpitz, Erinnerungen, S. 185-195; Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 280-338; Huldermann, Ballin, S. 246-270; Bethmann Hollweg, Betrachtungen, S. 72-79; Müller, Der Kaiser, S. 111 f. (Eintragungen vom 4./5.2.1912); Hopman, Logbuch, S. 381-384; Widenmann, Marine-Attache, S. 235-256; Epkenhans, Die wilhelminische Flottenrüstung, S. 113-137; Jarausch, The Enigmatic Chancellor, S. 126-130; Lambi, The Navy, S. 371-373; Mommsen, Bürgerstolz, S. 471-482; Cecil, Wilhelm IL, Bd 2, S. 169-173; Fischer, Admirai des Kaisers, S. 119-124; Hildebrand, Das vergangene Reich, S. 272-277; Steinberg, Diplomatie, S. 263-282; Hubatsch, Die Ara Tirpitz, S. 100-112 (mit zahlreichen inhaltlichen Fehlern); Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 579-631; Gade, Gleichgewichtspolitik, S. 146-152; Schröder, Parlament, S. 77 94. Am 4.2.1912 hatte der englische Schatzkanzler Lloyd George in einer Rede im Londoner City Liberal Club u.a. betont: »Wir sind nicht die einzigen, die die aus der internationalen Atmosphäre entspringenden Gefahren erkennen. [...] Ich glaube, es liegt im Interesse Frankreichs, Deutschlands, Rußlands und Großbritanniens, daß ein besseres Verhältniß zwischen den Nationen erzielt wird, und ich glaube, daß es mit Aufrichtigkeit, Freimütigkeit und Unerschrockenheit wohl erzielt werden kann. Die Welt würde besser und reicher werden. Steuern könnten eingeschränkt werden, was man an Rüstungen sparen würde, könnte für die Entwickelung der Hilfsquellen des Landes, -
196
Dokumente
Donnerstag, den 8. Februar 1912 Zeitungen
schreiben sehr viel über die Anwesenheit des engHschen KriegsminiViscount Haidane in Berlin, die von hochpoHtischer Bedeutung ist und offenbar HersteUung eines günstigen Verhältnisses zwischen England und Deutschland bezweckt29. Seine Sendung ist offenbar der Niederschlag des vor wenigen Tagen in England stattgehabten Kabinettsrats. Hauptpunkt ist wohl der Wunsch, Verstärkung unserer Flotte durch Konzessionen auf dem Gebiete unserer kolonialen Entwicklung hintanzuhalten. Hoffentlich geben wir nicht zu viel nach, wenn auch Müderung des ungesunden und künstHch gezüchteten Gegensatzes beider Länder durchaus im Interesse unserer PoHtik Hegt meiner Ansicht nach. Tirpitz hatte lange Konferenzen mit CapeUe3". [...] sters
—
Freitag, den 9. Februar 1912 nach vorherigen Konferenzen mit CapeUe und Admiral v. MüUer um lh Frühstück im Schloß, wo Lord Haidane, der Reichskanzler, der Kriegsminister und Admiral v. MüUer waren. Kam erst kurz vor 5 h wieder in sehr gedrückter, fast verzweifelter Stimmung und erzählte MüUer und mir kurz folgendes31:
Tirpitz zum
Verbesserung der Lebenshaltung des Volkes Verwendung finden. Das auf Erziehung, Verbesserung der Wohnverhältnisse und Hebung der Lebenshaltung des Volkes aufgewendete Geld ist eine bessere und sichere Anlage als irgendeine sonst gefunden werden könnte. Und als Schluß möchte ich sagen: Der Eckstein einer gesunden Finanz ist Friede auf Erden und guter Wille unter den Mächten.« Zit. nach: »Berliner Tageblatt« vom 4.2.1912. Haidane weilte vom 8.2. bis 11.2.1912 in Berlin. Vgl. hierzu dessen »diary« in: British Documents, der
29
VI, Nr. 30
31
Zu
506.
Tirpitz' Vorbereitungen
auf die Gespräche mit Haidane vgl. Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 282-284, und die dort abgedruckten Dokumente. Diese müssen jedoch aufgrund von nicht kenntlich gemachten, teilweise erheblichen Kürzungen mit den Originalen in: BA-MA, RM 2/1764 bzw. 1765 verglichen werden. Dringenberg, Die Mission Haldanes, S. 55, gibt an, daß noch am 8.2.1912, also nach dem ersten Gespräch Haldanes mit dem Reichskanzler, auch eine Besprechung zwischen Bethmann Hollweg, Ballin, Tirpitz, dem Kaiser und Admiral Müller stattgefunden habe, um die entscheidende Unterredung zwischen Tirpitz und Flaldane vorzubereiten; einen Beleg dafür gibt es jedoch nicht, wohl aber für ein Gespräch zwischen Müller, Tirpitz und Wilhelm II. am Abend des 8.2.1912. Vgl. Müller, Der Kaiser, S. 112 (undatiert, nach dem Tagebuch, BA-MA, Nachlaß Müller, N 159/4, auf den 8.2.1912 zu datieren). Zu diesem Gespräch mit Haidane vgl. Tirpitz' durch eine spätere längere und von ihm um eine »ausgeschmückte« »Vorbemerkung« erweiterte Aufzeichnung vom 9.2.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 286-289. Dort fehlt allerdings die in der ursprünglichen von Korvettenkapitän Karl v. Müller (?) angefertigten Aufzeichnung über dieses Gespräch enthaltene Passage, die Tirpitz' späteres Verhalten erklärt: »Ich habe nichtsdestoweniger den Eindruck bekommen, daß der Schwerpunkt der englischen Aktion, soweit sie sich um das maritime Agreement handelte, sich gegen das Gesetz selbst richtet und bin ich der Ansicht, daß zumal, wenn das politische Agreement sich als ein Erfolg für uns herausstellt, die volle Erhaltung des Flottengesetzes und des Wiederheraufkommens auf ein Dreiertempo im Jahr 1918 alsdann in hohem Maße in Frage gestellt sein wird.« Ebenso fehlt dort der Hinweis, daß Tirpitz eigentlich ohne den anwesenden Kaiser verhandeln wollte. In: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/420; nicht in der offiziellen Versi—
—
1912
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England macht den Vorschlag eines politischen Agreements, das seine neutrale Haltung uns gegenüber in allen Konflikten zusichert, und den Besitz von Angola, Pemba und Timor unbestritten zugesteht, aber ein gewisses Nachlassen unserer Flottenrüstung erwartet. Es will sich auf eine Relation der beiderseitigen Flotten-
stärken nicht einlassen, vielmehr allem Anschein nach an dem two to one standard festhalten. Die ganze Wilhelmstraße und S.M. sind mit fliegenden Fahnen darauf eingegangen. Tirpitz hat man die Verantwortung für die etwaige Ablehnung voll auf seine Schultern gepackt. Er hat nach langer Unterredung mit Haidane zugestanden, das 1912 geforderte neue Schiff zu verschieben und glaubt, daß das englische Kabinett vorläufig damit zufrieden ist. Indes vermutet er, daß hinter dem Vorschlag noch ernstere Absichten, letzten Endes das Bestreben steckt, unser Flottengesetz zu Fall zu bringen. Er glaubt, daß England das Agreement sofort veröffentlichen und damit unserer Novelle für ihr Bestehen vor dem Reichstag den Wind aus den Segeln nehmen will, meint, daß es fraglich sei, ob England sein Versprechen halten werde und weist darauf hin, daß das Agreement nur ein Stück Papier sei. Nicht mit Unrecht betont er die Schwierigkeit seiner persönlichen Lage, sagt, gibt er nach, so wirft die Nation auf ihn das Odium der Schlappheit, bleibt er fest, so macht man ihm den Vorwurf, einer unserer kolonialen Entwicklung ungemein günstigen neuen Orientierung unserer Politik ein unüberwindliches Hindernis in den Weg geschoben zu haben. »Meine Stellung ist mir bis zum höchsten Maße überdrüssig, und die Wilhelmstraße hat mir einen Abgang in Ehren unmöglich gemacht.« Er ist wirklich sehr zu bedauern. Meiner Ansicht nach rächt sich jetzt seine übereilte und nicht im Verhältnis zu unserer tatsächlichen Macht geführte scharfe Politik gegen England. Ob es ihm gelungen wäre, seine gewaltigen Ziele zu erreichen, scheint mir zweifelhaft. Möglich ist es, aber ich glaube es nicht. Er hat unsere Nation, vor allem aber den schwachen, nur nach äußeren Effekten haschenden Kaiser zu hoch eingeschätzt, uns über Gebühr angestrengt und mehr gegeben, als wir in der kurzen Zeit haben verdauen können. Vielleicht wäre es ihm mit anderen Männern, als denen, die in den letzten Jahrzehnten in führenden Stellungen ihm zur Seite standen, gelungen. Die letzte Flottenvorlage war meiner Ansicht ein Fehler, hätte er sich auf Personalverstärkung und inneren Ausbau beschränkt, wäre es besser gewesen. Die Folge von Agadir, das politisch ein großer Fehler war, mußte, wie es mir von Anfang schien, zunächst eine Armeeverstärkung sein. Hätten wir einen energischeren Kriegsminister, wäre es zweifellos dahin gekommen. [...]
in: ebd., RM 2/1765, bzw. Tirpitz' späterer Stellungnahme in einem Brief an Wilhelm II. vom 9.10.1917, in: GP, 31, Nr. 11426. Vgl. auch Müller, Der Kaiser, S. 112 f. (dort irrtümlich auf den on
8.2.1912
datiert). Vgl.
auch die
Schilderung des Gespräches in dem Brief Wilhelms II. an Ballin vom S. 256 f., bzw. dem Brief des Kaisers an Bethmann Hollweg vom
9.2.1912, in: Huldermann, Ballin, 9.2.1912, in: GP, 31, Nr. 11359.
Dokumente
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Sonnabend, den 10. Februar 1912 1 h 30 h 3 h
Verhandlung zwischen Tirpitz und CapeUe über unser weiteres Verhalten angesichts der engHschen Agreementsvorschläge32. Tirpitz schüderte zunächst die Vorgänge, sowie den Inhalt seiner gestrigen Unterredung mit Haidane und führte dann aus, daß seiner Ansicht nach England auf mögHchst baldiger Veröffentlichung des Agreements bestehen werde, um damit unserer Novelle den Boden abzugraben. CapeUe erklärte darauf zu meinem und offenbar auch Tirpitz' großem Erstaunen, aber zu meiner Freude folgendes: England wül mit dem Agreementvorschlag offenkundig und entschieden für uns optieren. Es kann auch gar nicht anders. Die Hberale Regierung kann sich nur halten durch Anschluß an -
Deutschland. Sie wird es tun, weü ihr nur das Anlehnen an Deutschland in innerer und äußerer PoHtik freie Hand schafft und Deutschland das einzige Land ist, das sie fürchtet und durch das sie gebunden ist. Enthält das Agreement wirklich die großen Zugeständnisse auf dem Gebiete der Kolonialentwicklung, die genannt sind, schafft es den unsere poHtische Stellung schwer hemmenden Gegensatz aus der Welt, so ist das ein so gewaltiger Erfolg für uns, ein so welthistorisches Moment in unserer WeltsteUung, daß die NoveUe dann als vöUig nichtssagend verschwinden muß. Sie wird gänzHch unlogisch. Denn Freundschaftsbündnis einerseits III. aktives Geschwader andererseits und Vermehrung unseres Flottenbestandes sind diametrale Gegensätze, die sich nicht miteinander verbinden lassen. Dann spannen wir vorn 3, hinten 4 Pferde an den Wagen und er bleibt stehen und geht dann rückwärts. Das Agreement ist ein Erfolg unserer FlottenpoHtik, auf den der Staatssekretär stolzer sein kann als auf das Durchgehen der unter anderen Bedingungen entstandenen, jetzt doch zum Torso gewordenen Flottennovelle. Ich pflichtete CapeUe bei, Tirpitz bHeb noch recht zurückhaltend, MüUer sagte nichts, er ist aber anderer Ansicht wie CapeUe und ich und vermutet ebenso wie Tirpitz hinter den engHschen Vorschlägen versteckte Pläne gegen uns. Endresultat der Besprechung war, daß Staatssekretär heute abend beim Vortrag S.M. sagen wül, im FaUe, daß engHsches Agreement die in Aussicht gesteUten Zugeständnisse und Abmachungen absolut zweifelsfrei und sicher enthielte und gewährleistete, die Erwägung am Platze wäre, ob es nicht besser sei, die Novelle jetzt nicht zu bringen. Meine Floffnung ist, daß es dahin kommt. Solange ich poHtisch denke, habe ich das Zusammengehen unserer PoHtik mit der engHschen für richtig gehalten und —
hierzu die unterschiedliche Darstellung Hopmans in: Hopman, Das Logbuch, S. 381 f., fast wörtlich übernommen von Scheer, Vom Segelschiff zum U-Boot, S. 272. Im Gegensatz zu seinen Tagebuchaufzeichnungen schreibt er dort, daß diese Konferenz vor der Haldane-Mission stattgefunden habe. Dadurch erhält diese einen völlig anderen Stellenwert. Offenbar um Tirpitz in einem besseren Licht erscheinen zu lassen, hat Hopman diese Aufzeichnung auch Helga Dringenberg, einer Schülerin der Flerausgeber der Tirpitzschen »Politischen Dokumente«, der Bonner Historiker Fritz Kern und Hans Flallmann, zur Verfügung gestellt. Vgl. Dringenberg, Die Mission Haldanes, S. 68 (dort kurz erwähnt und korrekt datiert); Hubatsch, Die Ara Tirpitz, S. 101-108; auch die Darstellung Ritters, Staatskunst, Bd 2, S. 228 f., ist aufgrund dieser Datierung, die Tirpitz' Verhalten in einem grundsätzlich anderen Licht erscheinen läßt, nicht zutreffend.
Vgl.
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1912
noch. Damit behalten wir unsere Präponderanz Frankreich gegenüber, haldas menschlicher Kultur- und Zivilisation feindliche Vordringen des Slawen (Russentums) in Schach, finden, wenn auch in gewisser Anlehnung an, um nicht zu sagen Abhängigkeit von England Absatzgebiete für unsere Überproduktion an Menschen und Waren, können mit England vereint den Yankees bei ihrer Durchdringung von Süd- und Mittelamerika einen Riegel vorschieben. Die kleineren germanischen Staaten müssen ganz von selbst Anschluß an den germanischen Konzern suchen, unser Verhältais zu Holland, Dänemark und den skandinavischen Staaten muß gut werden, die germanische Rasse regiert die Welt. Über kurz oder lang bekommen wir in diesem Konzern ganz von selbst die Vorhand. tue
es
ten
Montag, den 12. Februar 1912 Dähnhardt und später Hollweg beim Staatssekretär. Dähnhardt auch den Standpunkt, daß im Falle wirklich aufrichtiger Annäherungsversuche und tatsächlicher Konzessionen von Seiten Englands Novelle keine Aussicht habe, im Reichstag durchzugehen. Hollweg vertrat den gleichen Standpunkt. Die Rede Churchills in Glasgow (two power eventuell noch höherer Standpunkt, deutsche Flotte Luxusflotte expenditure) wird in der englischen Presse stark »Westminster desavouiert ihn34. Gazette« angegriffen33.
Sitzung Capelle, vertrat
—
—
33
34
Am 9.2.1912 hielt der Erste Lord der Admiralität, Winston Churchill, in Glasgow eine Rede, in der das böse Wort von der deutschen »Luxus«-Flotte fiel, vgl. Churchill, Speeches, Bd 2, S. 1909- 1914. Besondere Elmpörung rief dabei folgende Passage hervor: »The British Navy is to us a necessity and, from some points of view, the German Navy is to them more in the nature of a luxury.« Die Begründung: » Our naval power involves British existence. It is existence to us; it is expansion to them«, wurde dabei freilich ignoriert. Ebd., S. 1910; auch Schultheß' Europäischer Geschichtskalender 53 (1912), S. 328. Der Chef des Marinekabinetts, dem Tirpitz zuvor mitgeteilt hatte, »daß er Churchill nach seiner Glasgower Rede nicht mehr für einen geeigneten Unterhändler halte« (Aufzeichnung Capelles, 12.2.1912, BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26), berichtete dem Kanzler, der Kaiser habe daraufhin gesagt, daß wegen der dadurch verursachten Verstimmung im Seeoffizierkorps »die Frage der maritimen Rüstungen ganz aus dem politischen Abkommen mit England ausscheiden« müsse. Vgl. Müller an Bethmann Hollweg, 12.2.1912, ebd., RM 2/1765. In der offiziösen »Westminster Gazette« vom 10.2.1912 hieß es u.a.: »Unsere Auffassung von unserer Flotte ist unsere Sache, die deutsche Auffassung von der deutschen Flotte ist deutsche Sache. Wir werden am ehesten eine gegenseitige Verständigung, die wir alle wünschen, erreichen, wenn wir uns auf unseren Anteil des Geschäfts beschränken und den Deutschen überlassen, eigene Theorien zu entwickeln. Alle Deutschen werden freiwillig zugeben, daß unsere Flotte eine Notwendigkeit ist, aber kaum einer wird sich sagen lassen wollen, daß ihre Flotte ein Luxusgegenstand sei. Ebenso verhält es sich mit der Antithese zwischen einer Flotte für die Existenz und einer Flotte für die Expansion.« Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 329.
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Dienstag, den 13. Februar 1912 Reichstag
hat jetzt endHch sein Präsidium zusammen nach langen Kämpfen, in denen die NationalHberalen durch Stimmen für den Sozi Scheidemann sich merkwürdig benommen haben. Jetzt 1. Präsident Kaempf (freisinnig), 1. Vizepräsident Scheidemann (Sozi), 2. Vizepräsident [Dove]35.
Sonnabend, den 17. Februar 1912 7 h 30
V Kam Staatssekretär an36, der im Hofzuge gefahren war und mir erzählte, der Kaiser habe ihm gesagt, der Reichskanzler habe behauptet, er könne die Wehrvorlage noch nicht veröffentlichen, weü Kriegsministerium noch nicht fertig sei37. In seinem Auftrag an CapeUe geschrieben, der sich erkundigen soll, wie die Sache steht. [...]» m
Sonntag, den 18. Februar 1912 [...]39 Tirpitz hatte lange Unterredung mit S.M., bei dem er sich über Wermuth beschwerte. [...]4n Tirpitz erzählte sehr interessant und zeigte sich in der Entwicklung seiner poHtischen Ziele in seiner ganzen inneren Größe.
Montag, den 19. Februar 1912 8 h 40 m V Nach Berlin gefahren. Dort zum Bureau. Tirpitz erzählte sofort CapeUe und Dähnhardt seine Kieler Eindrücke, namentHch das Gespräch zwischen S.M. und dem Prinzen Heinrich beim Diner auf »Deutschland«. Der Kaiser hat 35
36
37 38 39 40
Die Wahl des Sozialdemokraten Scheidemann zum 1. Vizepräsidenten des Reichstages wurde als in hohem Maße politisch brisant betrachtet, zumal die SPD die Erfüllung höfischer Pflichten ablehnte. Der am 9.2.1912 zunächst zum provisorischen Präsidenten gewählte Zentrumsabgeordnete Spahn trat nach dessen Wahl zurück, ebenso der als 2. Vizepräsident gewählte nationalliberale Abgeordnete Paasche. Bei der endgültigen Wahl am 8.3.1912 wurde das Präsidium entgegen den bisherigen Gepflogenheiten nicht bestätigt; an Scheidemanns Steile trat nunmehr der zuvor zurückgetretene 2. Vizepräsident, Paasche. Vgl. Groh, Negative Integration, S. 322-324; Fischer, Krieg der Illusionen, S. 164 f.; Mommsen, Bürgerstolz, S. 413 f.; Die Reichstagsfraktion, Bd 1, S. 259, 261 f., 266 f. Zum Stapellauf des neuen Linienschiffs »Prinzregent Luitpold« war Hopman am 16.2.1912 nach Kiel gefahren, wo Tirpitz zusammen mit Wilhelm II. am folgenden Tag ebenfalls eintraf. Vgl. Müller, Der Kaiser, S. 114 (Eintragung vom 16.2.1912). Folgen Aufzeichnungen über den Stapellauf. Folgen Aufzeichnungen über Besichtigungen und private Gespräche. Folgen Aufzeichnungen über ein von Krupp v. Bohlen und Halbach gegebenes Essen in der Seebadeanstalt und die Rückreise nach Hamburg.
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sich dabei fast gar nicht mit dem Prinzen Ludwig unterhalten, sondern von Prinz Heinrich im englandfreundHchen Sinne beeinflussen lassen41. Der Prinz schneidet Tirpitz jetzt ostentativ. [...]
Dienstag, den 20. Februar 1912 Sitzung über neue ben soUen. [...]
Fassung der NoveUe, in
der
vorläufig die
3 Schiffe stehen blei-
Mittwoch, den 21. Februar 1912 Kabinettschef schickt Bericht des Reichskanzlers an S.M., in dem sich dieser über Widenmann beschwert und eine Verwarnung beantragt, weü Widenmann in seinem Gespräch mit JeUicoe über Informations-agreement die Relation 2:3 besprochen hat42. [...]
Donnerstag, den 22. Februar 1912
Sitzung über Fassung
der Novelle, die endgültig festgesetzt wird. 11 h 30-1 h 30 Kiderlen-Wächter beim Staatssekretär. Hat ohne Erfolg versucht, Tirpitz zur Aufgabe der 3 Schiffe zu bewegen43. Es wird aber wohl doch dahin kommen. Daß Agreement zu Stande kommt, ist schon daraus zu ersehen, daß S.M. am 24. März nach Korfu44 geht.
Freitag, den 23. Februar 1912 Auf dem Bureau nichts Besonderes. Antwort an Kabinettschef auf das in dem sich der Reichskanzler bei S.M. über Widenmann beschwert hat. 41
42
43
44
Schreiben, [...]
Über den Kiel-Besuch des Kaisers vgl. auch den Brief Weizsäckers an seinen Vater vom 22.2.1912, in: Die Weizsäcker-Papiere, S. 137 f. Weizsäcker hatte den Eindruck, daß der Kaiser »sich etwas hat einseifen lassen« und daß er »mit fliegenden Fahnen auf eine Verständigung mit England zusteuert«. Vgl. das Schreiben Bethmann Hollwegs an Wilhelm II. vom 19.2.1912, in: GP, 31, Nr. 11337, und die Randbemerkungen des Kaisers, die das Verhalten des Marineattaches billigten, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 294. Vgl. auch das Schreiben Admiral Müllers an Tirpitz vom 21.2.1912 sowie Tirpitz' Antwort an Müller vom gleichen Tage, ebd., S. 295; auch Müller, Der Kaiser, S. 114 (Eintragung vom 22.2.1912); Widenmann, Marine-Attaché, S. 257-262. Vgl. dazu Tirpitz' Aufzeichnung vom 22.2.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 290-292; Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 604 f. Zu Ostern fuhr Kaiser Wilhelm II. regelmäßig nach Korfu, um sich dort u.a. bei Ausgrabungen zu erholen. Vgl. Müller, Der Kaiser, S. 167-171.
Dokumente
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Sonnabend, den 24. Februar 1912
Tirpitz daß
er
Immédiat-Vortrag, bei dem S.M. auf [das] bestimmteste Marinevorlage, vor allem die 3 Schiffe, halten werde45.
zum
die
erklärt
hat,
Montag, den 26. Februar 1912 Staatssekretär erzählte mir folgendes: S.M. hat einen Brief an Kiderlen geschrieben, in dem er ihm vorhält, daß er unbefugter Weise bei Tirpitz auf das Fallenlassen der 3 Schiffe gedrängt habe46. Er, S.M., habe befohlen, daß Novelle jetzt unverändert an Bundesrat gehe und habe persönlich in der Unterredung zwischen Haidane und Tirpitz dahin gewirkt, daß zwar ein Schiff zurückgestellt, sonst aber die Novelle unangetastet bleibe. So viel wie er wisse, sei seit der Abreise Haldanes kein Wort über das Agreement weiter verbreitet, wenigstens offiziell nicht. Wenn Kiderlen auf Umwegen etwas gehört habe, hätte er ihm das melden müssen. Die Antwort Kiderlens hat gelautet, er habe gar nicht daran gedacht, gegen die Intentionen S.M. zu arbeiten, sondern nur mit Tirpitz die etwa zu erwartenden Eventualitäten beEr unter der Hand über den weiteren Verlauf der habe auch nicht sprochen47. in London Agreementverhandlungen gehört, sonst würde er das S.M. gesagt haben, bitte aber S.M. um eine mündliche Besprechung. In dieser hat er dann S.M. herumgekriegt und zwar in der Hauptsache dadurch, daß er einen frisch eingetroffenen Bericht Metternichs48 mitbrachte, in dem dieser kurz folgendes sagt: Grey und Haidane haben ihn kommen lassen, ihm nach einigen allgemeinen Redensarten über die Bedeutung des Agreements erklärt, das beabsichtigte Agreement hätte wenig Aussicht vom Parlament angenommen zu werden, wenn unsere Flottenvorlage in der Form, wie sie Haidane mitbekommen habe, bestehen bleibe. Diese sei in ihrer Admiralität durchgearbeitet worden. Man sei dabei zu dem Schlüsse gekommen, daß die Personalvermehrung weit über das hinausgehe, was die Bildung des III. Geschwaders erfordere und glaube deshalb, wir beabsichtigten noch andere Vermehrung unseres Materials, namentlich Torpedoboote und U-Boote. Die englische Regierung sei daher in Zweifel geraten, ob sie unter diesen Umständen das Agreement noch einbringen könne. Grey hat hinzugefügt, wenn es auch 45 46
Zu diesem
Vgl.
das Schreiben Wilhelms II.
kumente, Bd 1, S. 292 f.
47
48
vgl. Tirpitz' Aufzeichnungen in: Tirpitz, Politische 114 (Eintragung vom 24.2.1912). an Kiderlen-Wächter vom 24.2.1912, in: Tirpitz, Politische Do-
Immediatvortrag vom
24.2.1912
Dokumente, Bd 1, S. 295 f.; auch Müller, Der Kaiser, S.
das Schreiben Kiderlen-Wächters an Wilhelm II. vom 24.2.1912, in: Kiderlen-Wächter, 157 f. Vgl. den Bericht Metternichs an Bethmann Hollweg vom 22.2.1912 über sein Gespräch mit Grey und Haidane vom selben Tag, in: GP, 31, Nr. 11370. Zunächst beurteilte Wilhelm II. diesen Bericht keineswegs negativ, sondern war sogar bereit, eventuell das erste Schiff weiter hinauszuschieben. Als der Chef des Marinekabinetts, Admiral Müller, diesen Gedanken als »nicht glücklich« bezeichnete, zog der Kaiser diese mögliche Konzession zurück. Vgl. Müller, Der Kaiser, S. 114 f. (Eintragung vom 25.2.1912).
Vgl.
Briefwechsel, Bd 2, S.
1912
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nicht dazu käme, habe die offene Aussprache Haldanes in Berlin doch das Gute gehabt, die Beziehungen beider Länder zu klären. Metternich hat, wie übHch, schlaff und unentschieden geantwortet und in der Hauptsache nur betont, die Vermehrung verfolge im wesentlichen nur den einen Zweck, unser ungünstiges EinsteUungs- und Ausbüdungssystem auszugleichen. Die Sache Hegt also kurz so: Grey und ChurchiU haben gesiegt. Sie woUen die Entente mit Frankreich festhalten und uns nebenbei mit einigen Redensarten abspeisen, wenn wir so gutmütig und dumm sind, dafür unsere ganze NoveUe zu streichen. Haidane hat fein ausgespürt, mit was für Charakteren bei uns ihre PoHtik rechnen kann. Erst hat er getan, als sei das poHtische Agreement gänzHch unabhängig von unserer Flottenvorlage, jetzt ist das FaUen letzterer plötzHch eine Conditio sine qua non. Echt engHsche Anmaßung. Die habe ich ihnen doch nicht zugetraut und mich vor 14 Tagen getäuscht. Wenn wir jetzt noch einen Schritt zurückgehen, sind wir keinen Schuß Pulver mehr wert, und wenn S.M. es tut, dann kann er vor der nationalen Entrüstung der Nation nicht mehr bestehen. Wir müssen es, faUs England weiter auftrumpft, unbedingt auf einen Krieg ankommen lassen. Dann gibt es einen echten Furor teutonicus. Tirpitz ist natürlich rasend, hat mit Capelle ein Schreiben an MüUer aufgesetzt, in dem er bestimmt erklärt, daß er weiteres Nachgeben für unwürdig hält und nicht mitmacht49. Reichskanzler soU natürlich noch sehr schwankend sein. [...] —
Dienstag, den 27. Februar 1912 [...] Tirpitz erzählte mir, S.M. habe gestern MüUer zugestanden, er woUe nicht nachgeben5". Im Laufe des Vormittags ist er aber, wie MüUer, der zu Tirpitz kommt, [erzählt] schon wieder halb umgefaUen, wül sich aber bei einem erneuten Vortrag von MüUer nun endgültig entschHeßen. Es ist fürchterlich. So geht man mit dem Schicksal des Deutschen Reiches um. Um 3 h N wird Kapitän v. MüUer zum Kabinettschef geschickt und bringt von diesem Abschrift eines Briefes von
S.M. an den Reichskanzler mit, in dem S.M. mit aüer Bestimmtheit erklärt, nicht weiter nachgeben zu woUen und sofortige Veröffentlichung von Armee- und Marinevorlage fordert51. Er betont dabei, daß England mit dem Vorschlag des Agreements gekommen sei, daß Rüstungsfrage dabei völHg hätte ausgeschaltet werden soUen und daß Haidane unser Anerbieten, das für den diesjährigen Etat vorgesehene Schiff zurückzuschieben, als durchaus acceptabele [sie] Grundlage für die weiteren Verhandlungen mitgenommen habe. Jetzt steUe man in echt britischer 49
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Vgl. Tirpitz' Aufzeichnung für Admiral Müller vom 26.2.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 298-300. Daraufhin betonte Wilhelm II. in einem Schreiben an Bethmann Hollweg vom 26.2.1912 in Anlehnung an Tirpitz' Aufzeichnung noch einmal, daß er auf den mit Haidane getroffenen Vereinbarungen bestehe und weiteres Nachgeben ablehne. Ebd., S. 301 f. Vgl. dazu Müller, Der Kaiser, S. 115 (Eintragung vom 26.2.1912, allerdings ohne diese ausdrückliche Aussage). Vgl. das Schreiben Wilhelms II. an Bethmann Hollweg vom 27.2.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 306-308.
Dokumente
204
Anmaßung Forderungen, die mit der Würde des mächtigen Deutschen Reiches gänzlich unvereinbar seien und die er unter keinen Umständen vor dem deutschen Volke vertreten könne und werde. Grey habe ja auch schon angedeutet, daß die englische Regierung das Aufgeben der französischen Entente nicht wolle, also auch unser Agreement nicht wünsche. Hoffentlich hält S.M. nun durch. Sonst wehe armes Deutschland. Der Reichskanzler, Kiderlen und Wermuth werden immer mehr unmöglich. Indes wer weiß!
Mittwoch, den 28. Februar 1912 12 h schickt der Kabinettschef die Abschrift eines Berichtes von Metternich über eine Unterredung mit Grey, der ihm die Bearbeitung unserer Novelle in der englischen Admiralität gegeben hat52. Metternich hat darauf gesagt, es schiene ihm schon aus seiner neulichen Besprechung mit Grey und Haidane, als ob der englische Kabinettsrat die zwischen Haidane und unserer Regierung in Berlin getroffenen Abmachungen nicht völlig billige. Grey hat dies zugegeben und gemeint, die Verhandlungen würden sich wohl noch lange hinziehen, aber doch wohl zu einem befriedigenden Ende führen. Zunächst handele es sich darum, eine Vereinbarung über unsere Novelle zu erzielen und dann über die Formulierung des Neutralitätsvertrags. Metternich hat, anstatt ihm brüsk zu antworten, die Novelle scheide von vornherein aus den Verhandlungen aus, es habe sich bisher nur um ein politisches Agreement, keine Rüstungsabkommen gehandelt und Eingriffe Englands in unsere Wehrvorlage verbieten wir uns ein für alle Mal, nichts gesagt. S.M. hat sehr scharfe Randbemerkungen bemacht, Haidane und ich sind desavouiert. Frecher Eingriff in unser Selbstbestimmungsrecht usw. und zum Schluß erklärt, er dringe jetzt auf sofortige Veröffentlichung der Wehrvorlage am besten in Form einer Interpellation durch den Reichstag. Nach dem, was Müller später erzählt, ist der Kaiser nun wirklich endgültig entschlossen durchzuhalten53. Tirpitz sagt mir, die Kaiserin habe an den Reichskanzler geschrieben, er solle im Interesse des Kaisers, der in Unruhe und Aufregung zergehe, nun endlich einmal durchgreifen54. Brave tapfere Frau! Sie hat, wenn's brenzlig wird, das Herz auf dem rechten Fleck. Tirpitz hat ihr neulich beigebracht, daß der Kaiser im Interesse seiner Popularität und der Zukunft seines Hauses jetzt unter keinen Umständen weiter nachgeben dürfe. Sonst werde sich ein Sturm der Entrüstung gegen ihn im Volke erheben. Also scheint's gut zu stehen. [...]
Gegen
52
33
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Vgl. den Bericht Metternichs an Bethmann Hollweg vom 24.2.1912, in: GP, 31, Nr. 11373, sowie die gekürzte Fassung des Berichts für Wilhelm II. vom 24.2.1912 mit dessen Randbemerkungen, ebd., Nr. 11374. Vgl. dazu auch Tirpitz' Schreiben an Bethmann Hollweg vom 27.2.1912, ebd., Nr. 11375. Vgl. dazu das Schreiben Wilhelms II. an Bethmann Hollweg vom Dokumente, Bd 1, S. 306-308. Vgl. Müller, Der Kaiser, S. 115 (Eintragung vom 28.2.1912).
27.2.1912, in: Tirpitz, Politische
1912
205
Donnerstag, den 29. Februar 1912 11 h-12h
BalHn55, 12h-l h
Senator Stahmer bei Tirpitz. Ersterer wohl wegen letzterer wegen Schießplatz bei Cuxhaven. Kabinettschef schickt Agreementsfrage, Abschrift eines Schreibens des Reichskanzlers an S.M., in dem Reichskanzler meldet, er woUe Heer und Flottenvorlage in den nächsten Tagen im Auszuge in der »Norddeutschen AUgemeinen Zeitung« veröffentlichen56. Vorher müsse aber Memorandum an die engHsche Regierung, das morgen abgehe, dort abgegeben sein57. Der Kaiser hat darüber geschrieben: Na endHch! Der cunctator kommt bei Bethmann HoUweg doch wieder zum Vorschein. Die Interpellation im Reichstage und zwar die sofortige hätte mehr Effekt gehabt.
Freitag, den 1. März 1912 Schreiben des Reichskanzlers, in dem er mitteüt, von einer sofortigen \reröffentHchung der Wehrvorlagen habe er S.M. nichts gesagt. Es würde noch einige Tage dauern. Vorher müsse unser Memorandum in England abgegeben sein. Auch könne die NoveUe nur im Auszug bekannt gegeben werden, weü sie dann ja noch nicht den Bundesrat passiert habe58. [...]
Sonnabend, den 2. März
1912
Staatssekretär zum \rortrag bei S.M. Bringt den Eindruck etwas weich geworden ist59. Abends zu Hause.
55
56
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38
59
mit, daß Kaiser wieder
Hamburger Reeder Ballin, der sich dabei u.a. auch an den Kaiser wandte, versuchte in diesen Tagen einen Kompromiß zwischen dem Reichskanzler und dem Staatssekretär des R.M.A. zu vermitteln. Vgl. die »Notizen über den Immediatvortrag und die Besprechung mit dem Reichskanzler am 2.3.«, in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26; auch erwähnt in: Tirpitz, Politische DoDer
313 f. jag Schreiben Bethmann Hollwegs an Wilhelm II. vom 28.2.1912 in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1,S. 308. Zu diesem Memorandum, das eine Antwort auf das englische Memorandum vom 24.2.1912 (vgl. Anm. 52) war, dessen Übergabe jedoch zunächst verschoben wurde, um das Ergebnis weiterer Gespräche Metternichs mit Grey abzuwarten, vgl. das Schreiben Bethmann Hollwegs an Metternich vom 4.3.1912, in: GP, 31, Nr. 11381, sowie das Schreiben Bethmann Hollwegs an Wilhelm II. vom 4.3.1912, ebd., Nr. 11382. Bethmann HoUweg an Tirpitz, 1.3.1912, in: BAK, R 43F/952. Dazu sowie einem anschließenden Gespräch Tirpitz' mit Bethmann Hollweg vgl. die »Notizen über den Immediatvortrag und die Besprechung mit dem Reichskanzler am 2.3.«, in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26, erwähnt in Tirpitz, Politische Dokumente Bd 1, S. 313 f. Kern des sowie Gesprächs zwischen Tirpitz und dem Kanzler waren die Äußerungen Haldanes zur Novelle der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung. Vgl. auch das Schreiben Bethmann Hollwegs an Ballin vom 2.3.1912, in: Huldermann, Ballin, S. 257 f.
kumente, Bd 1, S.
Vgl
Dokumente
206
Montag, den 4. März
1912
V Mit Staatssekretär zum Bahnhof zum Empfang von S.M.60. Von dort Rekrutenvereidigung, bei der zur allgemeinen Überraschung Graf Baudissin den Schwarzen Adlerorden erhielt61. Frühstück im Kasino, gelegentlich dessen Graf Baudissin eine sehr schöne Rede auf S.M. hielt. Er brachte darin nach vorheriger Veranlassung von Tirpitz den Passus an, daß S.M. jetzt im Begriff sei, in dem großen Bau der Marine, den er geschaffen, jetzt den Schlußstein zu legen. Tirpitz war sehr erfreut darüber, f...]62 Nachher auf der Werft noch Tirpitz getroffen, der dort eine Art Vorbesichtigung abhielt. [...] 11h im Hotel. Brief von Kapitän v. Müller über seine Unterhaitang mit Zimmermann abgeschrieben, aus der hervorgeht, daß Auswärtiges Amt immer noch darauf hinarbeitet, die Novelle, wenigstens die 3 Schiffe, zu Fall zu bringen und dem Kaiser jetzt mit der Kriegsgefahr zu Leibe geht63. Tirpitz sieht wieder sehr schwarz. 11 h 45
m
zur
Dienstag, den 5. März
1912
10 h Zur Besichtigung auf die Werft. Vorher Post nachgesehen, darin Brief von Capelle über Inhalt der gestrigen Staatsministerialsitzung, in der sich der Reichskanzler, gelinde gesagt, wieder sehr skeptisch über die Marinevorlage ausgesprochen hat64. Das Memorandum an England ist immer noch nicht übergeben, daher auch Novelle noch nicht veröffentlicht. Reichskanzler treibt seine dilatorische Politik weiter. [...]65 6 h-7 h Großherzog von Oldenburg, der auch im Hotel wohnt, beim Staatssekretär. Verspricht ihm, mit aller Macht auf den Kaiser dahin zu wirken, daß er unter keinen Umständen nachgibt. 8 h Zum Herrenabend, der wieder vorzüglich war, nur in seinen Kritiken zu weit ging. Besonders Back kam sehr schlecht weg, auch Langemak. Halm hatte remonstriert und Streichungen veranlaßt66. 12 h Im Bett.
60 61
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64
65 66
Am Tag zuvor waren Tirpitz und Hopman zur Rekrutenvereidigung nach Wilhelmshaven gefahren. Admiral Baudissin war im Frühjahr 1909 als Chef des Admiralstabs vorzeitig abgelöst worden, nachdem er sich gemeinsam mit dem Chef der Hochseeflotte, Prinz Heinrich, für eine stärkere Berücksichtigung der Interessen der Front durch das Reichsmarineamt eingesetzt hatte. Vgl. Hubatsch, Der Admiralstab, S. 140 f. Folgen Aufzeichnungen über einen Besuch auf dem Linienschiff »Rheinland«, dessen Kommandant Hopman vor seiner Kommandierung ins Reichsmarineamt war. Vgl. den Brief von Korvettenkapitän Karl v. Müller an Tirpitz vom 4.3.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 314 f. Vgl. Capelles Brief an Tirpitz vom 4.3.1912, BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26; Epkenhans, Die wilhelminische Flottenrüstung, S. 132. Folgen Aufzeichnungen über die Besichtigung der Werft Wilhelmshaven. Zu diesen Herrenabenden, die regelmäßig nach Rekrutenvereidigungen stattfanden, vgl. Müller, Der Kaiser, S. 200; Hopman, Das Logbuch, S. 367-369.
1912
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Mittwoch, den 6. März 1912 11 h 30 Mit Staatssekretär auf »Deutschland« eingeschifft und nach Cuxhaven in See gegangen. Fahrt nach Helgoland ist des schlechten Wetters wegen aufgegeben. Seit gestern ist folgendes passiert67: Reichskanzler hat S.M. gemeldet, daß Memorandum (Antwort auf engHsches) erst später abgegeben sei, weü Metternich telegraphisch gemeldet habe, daß er eine erneute Unterredung mit Haidane gehabt hätte, über die ein Bericht unterwegs sei68. S.M. hat darauf gestern noch eigenhändig an Reichskanzler telegraphiert, die Verzögerung hätte ihm gemeldet werden müssen. Er habe sich persönHch alle Entscheidungen in der engHschen Angelegenheit vorbehalten, er bäte, Metternich anzuweisen, der engHschen Regierung auszudrücken, daß wir von dem Standpunkt, der in der Unterredung zwischen ihm, Haidane und Tirpitz in Berlin festgelegt sei, unter keinen Umständen abgingen, daß er die Verlegung des engHschen Mittelmeergeschwaders nach der Nordsee, die Haidane Metternich angedeutet hat, als Kriegsdrohung ansehen und mit Mobilmachung beantworten werde69. Ein ähnHch lautendes Telegramm ist an Metternich abgegangen7". In einem zweiten Telegramm an Reichskanzler hat S.M. gefordert, daß die VeröffentHchung der Wehrvorlage am 6. erfolge. Sonst werde er den Kriegsminister und Staatssekretär des R.M.A. damit beauftragen71. Tirpitz unterhielt sich vor dem Frühstück lange mit S.M. Beim Frühstück nichts besonderes. Nachmittags die Telegramme von S.M. und Bericht Metternichs mit Dörnberg zusammen abgeschrieben, nachher auch noch das Memorandum72, das beim Ankern in Cuxhaven an Bord kam. Es ist recht pflaumenweich gehalten. 7 h mit Dörnberg von Bord. Staatssekretär bHeb zur Abendtafel, da BaUin befohlen war und er dessen Einfluß auf S.M. fürchtete. [...]73
Donnerstag, den 7. März 1912 [...]74
1 h Essen in dem sehr schönen Kasino. Dort erschien Valentini mit, wie mir nachher sagte, dem Abschiedsgesuch des Reichskanzlers, zu dem dieser
Tirpitz
67 68
69 70 71 72
73 74
Vgl. auch Müller, Der Kaiser, S. 116 (Eintragung vom 6.3.1912). Vgl. die Schreiben Bethmann Hollwegs an Wilhelm II. vom 4./5.3.1912, GP, 31, Nr.
11382 bzw. 11384. Vgl. die Schreiben Wilhelms II. an Bethmann Hollweg vom 4./5.3.1912, ebd., Nr. 11383 bzw. 11385 Vgl. das Schreiben Wilhelms II. an Metternich vom 5.3.1912, ebd., Nr. 11387. Vgl. das Schreiben Wilhelms II. an Bethmann Hollweg vom 5.3.1912, ebd., Nr. 11386. Vgl. das Memorandum, das Bethmann Hollweg Metternich am 4.3.1912 übersandte, ebd., Nr. 11381 (Anlage). Folgen Aufzeichnungen über ein vom Hamburger Bürgermeisteringegebenes Diner. Folgen Aufzeichnungen über Besichtigung der Marineanlagen Cuxhaven und Schießvorführungen der Forts.
Dokumente
208
sich durch das Telegramm S.M. an Metternich bewogen gefühlt hat75. In der Aussprache hat sich S.M. durch die Versicherung, daß Wehrvorlage jetzt veröffentlicht würde, wieder begöschen76 lassen und nachher Tirpitz gesagt, es sei nun alles wieder in Ordnung. Sein Schwanken ist unerträglich. Unter dem Einfluß des Milieus, in dem er sich befand, hat der Kaiser mal einen Anlauf zur Entschiedenheit genommen, klappt aber nun bei der geringsten Gegenwirkung wieder um. Tirpitz hat ihm schon gestern gesagt, das Drohen mit Mobilmachung sei ein Fehler gewesen. Beim Kaffee im Pavillon der Kegelbahn erhielt ich einen Brief Widenmanns an Kapitän Müller, den ich sofort Tirpitz gab77. Er las ihn mit Admiral Müller noch halb durch, Müller bat um sofortige Abschrift, die ich im Hotel mit Dörnberg noch machte. [...]78 Auf einem kurzen Spaziergang vor dem Essen erzählte mir Tirpitz, S.M. denke an den Grafen Eulenburg79 als Nachfolger von Bethmann Hollweg. Ich äußerte Erstaunen und Bedenken, in die Tirpitz einstimmte. Im Hotel gegessen, früh zu Bett.
Sonnabend, den 9.
März 1912
Besprechung über neue Fassung der Novelle, die auf Grund neuer8" Bemerkungen des Schatzamts erfolgt ist. Veröffentlichung der Wehrvorlage ist noch nicht erfolgt. Tirpitz sieht noch schwarz81, Capelle fürchtet Bundesrat, den er als Berg bezeichnet82. Gesandter in Peking hat 50 Mann zur Sicherung der in Shansi liegenden Tsin-Hsing Minen geschickt. Heraussendung von 1000 Mann (800 Seesol—
75
76 77
78 79 80 81
82
Als Reaktion auf die kaiserlichen Eingriffe in die Politik reichte Reichskanzler Bethmann Hollweg am 6.3.1912 seinen Abschied ein. Vgl. Kiderlen-Wächter, Briefwechsel, Bd 2, S. 159-161; Müller, Der Kaiser, S. 116 f. (Eintragung vom 7.3.1912). Vgl. auch die Berichte des bayerischen Gesandten Lerchenfeld an Ministerpräsident Hertling vom 7./8.3. und 9.3. sowie Hertlings Antwort vom 10.3.1912 in: Hertling, Briefwechsel, Bd 1, Nr. 10-13; Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 608 f. Begöschen = niederdeutscher Ausdruck für begütigen, beruhigen. Vgl. das Schreiben Widenmanns vom 2.3.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 311-313. Folgen Aufzeichnungen über die Fahrt nach Hamburg. Gemeint ist offenbar August Graf zu Eulenburg, ab 1890 Oberhofmarschall des Königs von Preußen und Deutschen Kaisers, ab 1907 Minister des Königlichen Hauses. Vorlage »einer«. Anlaß für Tirpitz Befürchtungen war das durch das Rücktrittsgesuch des Kanzlers verursachte erneute Schwanken des Kaisers. Vgl. dazu die Aufzeichnung über ein »Gespräch mit Admiral v. Müller am 9/3.« in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 322 f. sowie Tirpitz' Antwort vom 10.3.1912, ebd, S. 323. Anlaß dafür war die Befürchtung, der Bundesrat könne vom Kanzler beeinflußt beschließen, die Wehrvorlagen an den Bundesratsausschuß für auswärtige Angelegenheiten zu überweisen, in dem Preußen nicht vertreten war. »Durch ein ablehnendes Votum dieses Ausschusses oder auch nur durch ernste Bedenken, die dieser Ausschuß bezüglich der Opportunität des Fjinbringens der Marinevorlage ausspricht, könnte der König von Preußen in eine sehr schwierige Position gebracht werden. Aber nicht nur genug damit, es wäre hier auch ein Präcedenzfall für die Einmischung der süddeutschen Bundesstaaten in die Auswärtige Politik des Reiches geschaffen, der in Zukunft von weittragender Bedeutung werden könnte.« Vgl. Tirpitz an Müller (?), 11.3.1912, BAMA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26. —
—
209
1912
daten, 200 Matrosenartülerie) erwogen83. Bericht von Landwirtschaftsminister, scharf SteUung gegen Erbschaftssteuer nimmt84. Abends
zu
der
Hause.
Montag, den 11. März 1912 S.M. regt sich über die Lage in China auf, befürchtet Eingreifen Japans in Shantung und hat auf das letzte Telegramm geschrieben, »Marine-Infanterie muß heraus85.« Dampfer »Patricia«, der die Ablösung aus Tsingtau an Bord hat, soU in Suez vorläufig festgehalten werden. Vorbereitungen zur Entsendung von 1000 Mann (800 Seesoldaten, 200 Matrosenartillerie) werden getroffen86. Nach Ansicht des Auswärtigen Amts werden sich Verhältnisse aber wahrscheinHch bald ruhiger gestalten, weil Yuan Shikai87 das Heft jetzt sicher in der Hand und auch Geld hat88. [...]
Dienstag, den 12. März 1912
Tirpitz ist gestern Abend um 9 h in das Schloß gerufen89. Dort hat ihn der Kaiser mit den Worten empfangen: »Wir haben gesiegt« und erzählt, die Kaiserin9" sei am Morgen zum Reichskanzler gefahren und habe ihm gesagt, sie mische sich sonst nicht in die PoHtik, könne den jetzigen Zustand im HinbHck auf die Nervosität ihres Gatten nicht mehr ansehen und bitte 83
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83
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ihn,
mit der NoveUe
nun
endHch
Anlaß dazu waren die fortdauernden Unruhen in China. Vgl. das Telegram des Gouvernements Kiautschou an das Reichsmarineamt vom 9.3.1912, BA-MA, RM 3/6788. Der preußische Landwirtschaftsminister Schorlemer-Lieser verwies ganz in der Tradition seiner Vorgänger in seinem Schreiben vom 8.3.1912 an den Reichskanzler und die preußischen Staatsminister eindringlich darauf, daß »die Besteuerung der Erbfälle den durch Abgaben ohnehin schwer belasteten Grundbesitz und vor allem die Landwirtschaft ungleich härter, als das mobile Kapital« treffen würde. In: BAK, R 43F/952. Vgl. das Telegramm des Gesandten in Peking, Haxthausen, an das Auswärtige Amt vom 6.3.1912 mit den entsprechenden kaiserlichen Randbemerkungen. In: BA-MA, RM 3/6788. Vgl. die entsprechende Meldung Tirpitz' an Wilhelm II. vom 11.3.1912, ebd. Am 12.2.1912 hatte der letzte Mandschukaiser abgedankt und war in China die Republik ausgerufen worden. In dem von inneren Wirren zerrissenen Land leistete General Yuan Shikai am 10.3.1912 den Amtseid als provisorischer Präsident vor der Nationalversammlung; am 15.3.1912 verkündete der bisherige provisorische Präsident und Führer der revolutionären Bewegung Sun Yatsen dessen Wahl und seinen eigenen Rücktritt. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 511-516. Von Tirpitz' Rücktrittsdrohung vom 10.3.1912 findet sich merkwürdigerweise kein Hinweis in dem Tagebuch. Vgl. Tirpitz' Aufzeichnung über ein Gespräch mit Admiral Müller vom 9.3.1912, sowie Tirpitz' Schreiben an diesen vom 10.3.1912 mit der Androhung seines Rücktritts in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 322 f. Vgl. hierzu Tirpitz' Aufzeichnung vom 11.3.1912, ebd., S. 324 f. Zur politischen Rolle der Kaiserin Auguste Viktoria, der der Marinekabinettschef später (1916) einen regelrechten »Tirpitz-Kult« attestierte, vgl. Fischer, Admiral des Kaisers, S. 149-151; Müller, Der Kaiser, S. 204 f.
210
Dokumente
durchzuhalten und vor England nicht zu Kreuze zu kriechen. Der Reichskanzler hat daraufhin S.M. schriftlich gegeben, daß er für die Durchbringung der Novelle in der Haidane gegebenen Form dringen werde. Tirpitz hat EM. die Hand geküßt und ihr den Dank des deutschen Volkes ausgesprochen, das wisse, was es an seiner Kaiserin habe. Tirpitz ist sehr optimistisch gestimmt. Auf meine Zweifel, die namentlich betonen, daß ein naval scare in England den Kaiser wahrscheinlich doch wieder umwerfen werde, erwiderte er, es gäbe keinen naval scare. Sir Ernest Cassel habe an Ballin geschrieben, Churchill wundere sich darüber, daß unsere Vorlage noch nicht veröffentlicht sei. England werde sich darüber nicht aufregen. Mir scheint der Optimismus doch noch verfrüht. Was hat der Reichskanzler seit dem September nicht alles versprochen und doch nicht gehalten. Der Kaiserin gegenüber mußte er doch höflich sein. Die ganze Geschichte ist unglaublich, aber leider wahr. Man kann anfangen, an dem Verstände Wilhelms II. zu zweifeln. Pathologisch ist er sicherlich Im Laufe des Vormittags kommt ein Schreiben des Reichskanzlers, in dem er sich sehr scharf darüber beschwert, daß unsere Novelle an Preßvertreter und Politiker gegeben sei91. Hollweg hat dies tatsächlich getan, in der Annahme einer baldigen Veröffentlichung, die der Reichskanzler ja auch versprochen hatte. »Kölnische Volkszeitung« hat die ihr auferlegte Diskretion nicht innegehalten. Tirpitz ist wenig erbaut über die Geschichte. Erzberger hat auch schon von dem Vorschlag gehört, die 3 Schiffe zwar zu fordern, die Jahre ihres Baus aber noch offen zu lassen, und ist sehr entzückt davon. Gefahr Hegt vor, daß der Bundesrat auch darauf eingeht. Dann kommt es zu nichts, die Schiffe bleiben auf dem Papier, umsomehr als Tirpitz diese Sache nicht mitmacht.
Mittwoch, den
13. März 1912
Sitzung über Beantwortung des Reichskanzlerschreibens, wozu Capelle bereits den Entwurf gemacht, der zugibt, daß Dähnhardt und Hollweg ihre Befugnisse zwar etwas überschritten haben, sie aber sonst sehr entschieden in Schutz nimmt. Sonst nichts Besonderes. Donnerstag, den
14. März 1912
10 h-1 h, 31/2 h-6 h Tirpitz in der Sitzung der bundesstaatlichen Minister, in der die Deckungsfrage der Wehrvorlage erörtert wird. Tirpitz ist mit dem Ergebnis im allgemeinen zufrieden. Verlangen nach Veröffentlichung der Wehrvorlage ist fast allgemein gewesen, namentlich Hertling (Bayern) hat sehr entschieden dafür gesprochen. S.M. hat auf Veranlassung des Kriegsministers, der bei ihm zum Frühstück war, wieder ein Telegramm an den Reichskanzler geschickt, in dem er die 91
Zu dieser Auseinandersetzung
um
Deist, Flottenpolitik, S. 297-314.
das Nachrichtenbureau des Reichsmarineamts
vgl. ausführlich.
1912
211
Veröffentlichung fordert. Reichskanzler hat aber den Standpunkt betont, daß Vorlage vor Regelung der Deckungsfrage nicht an den Bundesrat gehen, also auch nicht offizieU bekannt gegeben werden könne. Daß er nach wie vor gegen Marinenovelle arbeitet geht daraus hervor, daß er den Bericht Widenmanns92 über engHsches Memorandum mit einem Begleitbericht an S.M. geschickt hat, in dem er betont, die von der engHschen AdmiraHtät beanstandete starke Personalvermehrung sei eine schlechte Perspektive dafür, daß die engHsche Regierung dem engHschen Volk das Agreement erklärlich und annehmbar mache, auf dessen Zustandekommen S.M. Wert lege. Auch sucht er darin die Behauptung Widenmanns, die Aktion der engHschen Regierung richte sich gegen unser Flottengesetz, mit dem Grunde zu widerlegen, das Flottengesetz sei doch durch S.M. und den Reichstag festgelegt. Im »Tag« ein Artikel von Erzberger, in dem dieser den Vorschlag macht, die Bauzeit der 3 Schiffe nicht festzulegen, sondern damit zu warten, bis die Mittel vorhanden seien93. Er ist offenbar vom Auswärtigen Amt beeinflußt worden.
[...]
Freitag, den 15. März
1912
Sitzung über Immediat-Vortrag. Schreiben an Auswärtiges Amt, in dem auf Grund telephonischer Anfrage von Zimmermann gesagt wird, eine offizielle Verhandlung über Umfang der Flottennovelle mit dem engHschen Kabinett werde nicht für richtig gehalten, dagegen könne Metternich bzw. Widenmann die im R.M.A. ausgearbeitete Widerlegung des engHschen Memorandums dazu benutzen, die engHsche Regierung zu widerlegen94. Abends in der Ausstellung: Die Frau im Haus und Beruf.
Sonnabend, den
Vormittags bei seiner
11 h 45
m
16. März 1912
Tirpitz mit Admiral v. MüUer zum Vortrag bei S.M.
Erzählt
Rückkehr, daß der Kaiser befohlen habe, die Wehrvorlage solle heute nachmittag in der »Norddeutschen AUgemeinen [Zeitung]« veröffentlicht werden,
und daß Wermuth den Abschied eingereicht und erhalten habe95. Sein Nachfolger ist Kühn, bisheriger Unterstaatssekretär im Reichsschatzamt. Wermuth ist gegan92
93 94 95
Vgl.
den Bericht Widenmanns vom 7.3.1912, GP, 31, Nr. 11392 (Anlage), den Bethmann HoUweg am 12.3.1912 mit einem kritischen Kommentar an Wilhelm II. sandte. Ebd., Nr. 11393, sowie Widenmanns Privatbrief vom 9.3.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 321f; vgl. auch den Brief Bethmann Hollwegs an Wilhelm II. vom 14.3.1912, in: ebd., S. 326 f. Nicht ermittelt. Vgl. Tirpitz an Zimmermann, 15.3.1912, BA-MA, RM 3/6679. Da er die Vorlage zur Deckung der Kosten der Wehrvorlagen nicht mittragen wollte, trat der Staatssekretär des Reichsschatzamtes, Wermuth, am 15.3.1912 zurück. Vgl. Witt, Die Finanzpolitik, S. 346-356.
Dokumente
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gen, weil in der Bundesratssitzung sein Vorschlag, die Wehrvorlagen durch eine Erbschaftssteuer bzw. Vermögenssteuer der einzelnen Bundesstaaten zu decken, nicht durchgedrungen, man vielmehr auf Aufhebung der Liebesgabe abgekommen ist. In mancher Beziehung ist sein Abgang zu bedauern. Er ist zweifellos ein sehr fähiger und energischer Mensch, der auch Rückgrat hat. Um 4 h telephonierte mir Trotha, Müller sei eben vom Reichskanzler zurückgekommen96. Dieser lehne es ab, die Novelle noch heute zu veröffentlichen. Er müßte zuvor einen ihm telegraphisch angekündigten Bericht Metternichs abwarten, der über einen erneuten Ministerrat in England handele97. Müller habe sich den Mund fusselig geredet, aber nichts erreicht. Er gehe heute abend noch zum Kaiser. Da Tirpitz sich schon zurückgezogen, ihm diese betrübende Nachricht auf einen Zettel geschrieben und dann nach Hause gefahren. [...]
Sonntag, den 17. März 1912 Telephon durch Müller erfahren, daß S.M. befohlen hat, die Veröffentlichung Wehrvorlage zu verschieben, bis der Metternichsche Bericht da sei98. Es ist geradezu beschämend, die Karre kommt immer tiefer in den Dreck und bleibt Per der
darin stecken.
Montag, den 18. März Ein Dies irae für
1912
liebes Deutschland. Auf dem Weg zum Bureau auf dem mit Leipzigerplatz Tirpitz Kapitän v. Müller getroffen, die einen kurzen Spaziergang machen wollten. Tirpitz kam auf mich zu und sagte, soeben sei eine Notiz vom Kabinettschef gekommen99, derzufolge der Metternichsche Bericht10" gestern abend eingetroffen sei. Die Bedingungen Englands seien unannehmbar, der Kaiser habe die Veröffentlichung darauf befohlen. Der Reichskanzler habe noch wegen der Begründung der Novelle Bedenken. Der Ausdruck, »erste entscheidende
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98
99
100
unser
Vgl. hierzu die Aufzeichnung vom 16.3.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 327. Mitte März kam es zu erneuten Verhandlungen mit England über ein Abkommen, an denen auch der Hamburger Reeder Ballin beteiligt war. Vgl. dazu den Briefwechsel zwischen dem Reichskanzler und dem Botschafter in London, die Entwürfe für ein Neutralitätsabkommen sowie die
Briefe des Kanzlers an Kaiser Wilhelm II. in: GP, 31, S. 166-189; Ende März fanden noch einmal Sondierungen über ein Neutralitätsabkommen statt, die aber ebenfalls ohne Ergebnis blieben. Vgl. ebd., S. 200-213, sowie Huldermann, Ballin, S. 258-265. Vgl. dazu das Telegramm Admiral Müllers an Tirpitz vom 16.3.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1,S. 328. Vgl. dazu die Notiz Admiral Müllers vom 18.3.1912, in der dieser die englischen Vorschläge für »unannehmbar« erklärte. Ebd., S. 328. Vgl. den Bericht Metternichs an Bethmann Hollweg vom 17.3.1912, GP, 31, Nr. 11403.
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Schlacht« schiene ihm bedenklich: »Sie scheißen sich weiter in die Hosen1"1.« [...] Um 11 h 45 wird Tirpitz mit Admiral v. MüUer ins Schloß geholt. Tirpitz kommt nach etwa 1 Stande zurück und diktiert Müller etwa folgendes102: Auf der Fahrt hat ihm Admiral v. MüUer erzählt, die Engländer stellten als Bedingung für einen recht inhaltlosen NeutraHtätsvertrag »unprovoked attack« die Aufgabe der NoveUe unter Beschränkung auf das jetzige Flottengesetz und Verbleiben des Reichskanzlers im Amte, Grey habe behauptet, man sei in England der Ansicht, Tirpitz treibe zum Kriege, Haidane habe ihn als dangerous man bezeichnet, der Kaiser sei nun fest entschlossen, Schluß zu machen und das agreement fallen zu lassen. Der Kaiser hat Tirpitz und Müller sehr vergnügt empfangen und gesagt, er fühle sich wie erlöst. Der Reichskanzler habe ihm gestern abend den Inhalt des Metternichschen Berichtes gemeldet, die Unverschämtheit der Engländer übersteige aües, er habe die \reröffenthchung der Wehrvorlagen befohlen. Heute morgen sei er nochmals zum Reichskanzler gefahren, dieser sei vollkommen gebrochen gewesen über den Mißerfolg seiner PoHtik1"3. Er habe ihm ordentlich leid getan und habe ihn deshalb getröstet. Tirpitz hat darauf eingeworfen, der Reichskanzler habe doch ein Auswärtiges Amt, dieses trage doch die Hauptschuld. Der Kaiser sagte, dies habe er ihm auch gesagt und beiden Herren Reichskanzler und Kiderlen bedeutet, sie steckten als alte Herrn der Bismarckschen Schule noch zu sehr in den Ideen der KontinentalpoHtik. Daher komme der schwere poHtische Mißerfolg, den sie nun erzielt hätten. BaUin habe sich auch geirrt in seiner Überzeugung, daß Grey wirldich eine Annäherung der engHschen PoHtik an die deutsche gewünscht hätte. Er hätte nun dem Reichskanzler geraten, die Verhandlungen nicht zu brüsk abzubrechen. Man soUe England ein förmHches Schutz- und Trutzbündnis anbieten und andeuten, daß man Frankreich gerne damit einschHeße. WahrscheinHch würden sie dies ablehnen, dann sei die Wehrvorlage die Antwort darauf und sie hätten das Odium zu tragen. Nähmen sie es an, dann könne man ja eventueUen Rüstungsbeschränkungen näher treten. Die Wehrvorlage soUe aber heute noch veröffentlicht werden. Tirpitz hat dem Reichskanzler durch MüUer, der zu ihm hingefahren ist, noch sagen lassen, er wüHge in die von ihm gewünschten Änderungen (Offenlassen des Bauzeit des dritten Schiffes und Redaktion der Begründung) ein und betone nochmals, daß er seinen Standpunkt, im HinbHck auf die von ihm in den letzten 14 Jahre befolgte und vom Kaiser gebüHgte FlottenpoHtik hätte durchhalten müssen. Nach der Rückkehr des Staatssekretärs wird sofort die Abänderung der Redaktion vorgenommen und Dähnhardt damit zu Wahnschaffe geschickt, damit die NoveUe noch in die Abendausgabe der »Norddeutschen] Allgemeinen Zeitung]« kommt. Wahnschaffe hat Dähnhardt gesagt, er wisse nichts von einem Befehl S.M. zur Veröffentlichung, der Reichskanzler und Kiderlen seien nach dem Staatssekretär auch bei S.M. gewesen und haben dessen Entscheidung erlangt, daß mit der 101 102 103
Vor allem der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Kiderlen-Wächter, drängte auf eine .Änderung der Begründung. Vgl. Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 612 f. Vgl. dazu Tirpitz' Aufzeichnung in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 329-331. Vgl. dazu ebd., S. 328; Müller, Der Kaiser, S. 118 (Eintragung vom 18.3.1912).
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Veröffentlichung noch gewartet werden solle. Er verstehe unsere Hetze nicht. Wir hätten ja die Novelle sicher, sie würde bald veröffentlicht werden, wann sei noch
nicht bestimmt. Dähnhardt ist darauf zum Kabinettschef, dieser zum Reichskanzler gefahren, der Wahnschaffes Aussagen bestätigt hat. Also S.M. ist wieder umgefallen. Man sucht nach Worten, um solche Zustände zu schildern. Verrücktheit, Wahnsinn, Feigheit, Schlappheit, Dummheit, so ähnlich müßten sie lauten. Ich weiß nicht, wo nur der Kopf steht, habe nur das Gefühl, daß Tirpitz unbekümmert um alles, was kommen mag, sofort seinen Abschied einreichen müßte. Das ist das einzige, was ihn persönlich vor der herben Kritik, die die Geschichte über diese politische Narrenkomödie fallen wird, retten wird. Er ist aber auch mürbe geworden und sagte mir nachher: er befürchte, England nehme das Schutzund Trutzbündnis mit oder ohne Frankreich an und dann sei die Wehrvorlage dahin. Ich erwiderte, ich betrachte diesen Vorschlag nur als Farce. Das einzige, was wir tan könnten, sei die sofortige Veröffentlichung der Novelle. Ich verstehe ihn nicht recht mehr. Meiner Ansicht ist eine Katastrophe sicher, entweder als politische schwere Niederlage, als innere, vielleicht uns einer besseren Zukunft entgegenführende Krisis oder als Krieg, der mit solchen Männern an der Spitze wenigstens solange schief geht, bis andere Kerle kommen und sie bei Seite schieben. Admiral v. Müller und Valentini gehen heute abend noch zum Reichskanzler. -
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Dienstag, den 19. März 1912 Churchills zu den naval estimates in den Zeitungen1"4. Rede beals Standard für Neubauten von capital ships 16:10, verläßt also, was im ersten Augenblick erstaunlich erscheint, den two keel to one standard, hält aber sonst den Standpunkt aufrecht, daß englische Flotte doppelt so stark sein müsse, als deutsche. Sie hebt hervor, daß, wenn Deutschland über sein bisheriges Programm hinausginge, Nachtragsetat notwendig sei und stellt als zukünftige Organisation der englischen Flotte Einteilung in 3 Flotten auf. Die erste besteht aus einem Flaggschiff und 4 dauernd in Dienst gehaltenen Geschwadern, davon 3 auf heimische Häfen, eine (Mittelmeerflotte) auf Gibraltar basiert. II. Flotte 2 Geschwader à 8 Schiffen mit nucleus crews, aber aktiven Besatzungen im Mobilmachungsfall (Besatzung der Schulschiffe usw. zur Auffüllung, dritte Flotte Reserveflotte mit Reservemannschaften (immediate reserve) aufzufüllen. 1912 sollen 4 capital ships und 8 Kleine Kreuzer, verkleinerte »Chathams« gebaut werden. Rede
Einführungsrede tont
104
Am 18.3.1912 brachte Churchill den Marineetat für 1912/13 im Unterhaus ein. Vgl. Churchill, Speeches, Bd 2, S. 1919-1935. U.a. schlug er in seiner Rede zum ersten Mal einen von Hopman nicht erwähnten einjährigen »Naval Holiday« vor. Vgl. dazu Maurer, Churchill's Naval Holiday, S. 102-127; Maurer, The Anglo-German Naval Rivalry, 1912-1914, S. 284-308. Vgl. auch Müller, Der Kaiser, S. 119 (Eintragung vom 19.3.1912), sowie den Bericht Widenmanns an Tirpitz vom 19.3.1912, Anlage zu Metternich an Bethmann Hollweg vom 19.3.1912, GP, 31, Nr. 11410; zu dem Konflikt zwischen dem Reichskanzler und Tirpitz über unzulässige politische Äußerungen des Marineattaches vgl. Widenmann, Marine-Attache, S. 250-252.
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ist sehr offen und bestimmt und hält neben allen mögHchen Fladusen1"5 für Deutschland das Prinzip der unbedingten supremacy ausgesprochen aufrecht. Besprechung über Behandlung der Rede in unserer Presse. Als Stichwort dafür wird ausgegeben: MögHchst wenig sagen, auf Veröffentlichung der NoveUe dringen.
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Mittwoch, den 20. März 1912 »Berliner
Tageblatt« enthält in einem Artikel, der den Abgang Kiderlen-Wächters dementiert"16, einen scharfen Angriff gegen Tirpitz, der durch sein Verhalten das
Zustandekommen eines agreements mit England verhindert habe. Er ist zweifellos Auswärtigen Amt inspiriert. Gehe deswegen zu Trotha, der Müller in diesem Sinne aufklären soU, damit aber zunächst keinen Erfolg hat. MüUer traut in seiner Harmlosigkeit weder dem Reichskanzler noch Kiderlen-Wächter so etwas zu. [...]
von
Donnerstag, den 21. März 1912 Scharfer Angriff in der »Nationalzeitung« gegen das Preßbureau des Reichsmarineamts, das während der Verhandlungen mit England durch zahkeiche Broschüren und Artikel Stimmung dagegen gemacht hätte1"7. Er stammt, wie Hirsch, der Leiter des Hirschschen Telegraphenbureaus zugibt, unmittelbar von Kiderlen, ist ursprüngHch noch schärfer gewesen, auf VorsteUungen von Hirsch noch gemildert worden108. Von uns soU zunächst nichts dagegen unternommen werden. Zeitungen bezeichnen Tirpitz als den kommenden Reichskanzler1"9. Er denkt aber nicht daran. S.M. fährt morgen nach Korfu. Kohlenstreik bei uns beendigt110, in England noch nicht111. Dort wird Mindestlohngesetz im Parlament eingebracht, gegen das
105 106
107
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Fladusen Schmeichelei, Flausen. Anlaß für dieses Dementi war ein Bericht in der »Deutschen Tageszeitung« vom 19.3.1912, die unter Flinweis auf die öffentlich bekannt gewordenen Differenzen zwischen Tirpitz und Kiderlen-Wächter dessen erzwungenen Abschied gemeldet hatte. Diese Meldung wurde vom »Berliner Tageblatt« dementiert. Zu den Gerüchten über einen möglichen Rücktritt Kiderlen-Wächters, der tatsächlich mit diesem Gedanken spielte, vgl. Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 609-612. Gegen das Nachrichtenbureau gerichtet hieß es darin u.a.: »Wenn seitens des Auswärtigen Amtes derartigen Treibereien energischer Widerstand entgegengesetzt wird, so ist dies nur zu billigen.« Vgl. die Presseausschnitte in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26; im übrigen, Deist, Flottenpolitik, S. 297 314. Ebd., S. 301; Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 620-622. Zu diesen auch von Bethmann HoUweg selbst und Kiderlen-Wächter gehegten Befürchtungen =
-
vgl. Forsbach, Kiderlen-Wächter, S. 616. Im Frühjahr 1912 streikten im Ruhrgebiet
mehr als 200 000 Bergarbeiter. Erst durch massiven Polizei und Militäreinheiten konnte dieser Streik schließlich beendet werden. Vgl. Mommsen, Bürgerstolz, S. 427; Groh, Negative Integration, S. 306-308. Ab Januar streikten in England große Teile der Bergarbeiterschaft; erst nach Verabschiedung eines Mindestlohngesetzes konnte dieser Ausstand, der Teil einer größeren Streikwelle war, die Einsatz
111
von
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Balfour, der plötzlich wieder hervortritt sich auflehnt, ohne Unterhaus dafür ist, zu Fall bringen zu wollen. [...]112
es, falls
Majorität
im
Freitag, den 22. März 1912 Wolffsches Telegraphen Bureau erklärt, offiziös zur Erklärung ermächtigt zu sein, daß Angriff gegen Preßbureau des R.M.A. weder vom Pressereferat des Auswärtigen Amts noch von irgendeiner Persönlichkeit des Auswärtigen Amts herstammen. Herr v. Kiderlen überschreitet mit dieser Lüge doch alles, was selbst in der Politik erlaubt ist. Presse nimmt unser Nachrichtenbureau sehr entschieden in Schutz und macht das des Auswärtigen Amts lächerlich. S.M. abends nach Korfu über Wien und Venedig abgereist. [...]
Sonnabend, den 23. März 1912
Wehrvorlagen offiziell veröffentlicht113. Endlich sind wir soweit. Es hat aber auch Mühe genug gekostet. 11 h 15 m V Tirpitz zu EM. der Kaiserin, die ihn gebeten, im Park von Bellevue mit ihr spazierenzugehen. Er kommt erst 12V2 h wieder und erzählt ganz begeistert. Die Kaiserin hat ihm gesagt, sie hielte es für unrichtig, daß der Kaiser jetzt nach Korfu gefahren sei. Der Reichskanzler habe ihn dazu überre-
sie habe nicht mehr dazwischen kommen können. Ihrer Ansicht nach wäre es besser gewesen, das dritte Schiff nicht zu streichen. Das sähe doch sehr nach Nachgeben vor England aus. Hoffentlich käme die Sache nun zum Abschluß. Ganz sicher wäre sie dessen noch nicht und stehe unter dem Eindruck, der Reichskanzler und Kiderlen wollten den Kaiser nur für die nächste Zeit beiseite schieben. Die Gefahr, daß er Einflüssen von anderer Seite wieder nachgäbe, sei noch vorhanden. Er schwärme ja innerlich doch für England und englische Verhältnisse, das Hege in seinem Blut und seiner Erziehung. Daß ihre Jungens anders dächten, dafür habe sie gesorgt. Wenn sie in England gewesen wären, habe sie sich immer gewundert, wie Hebenswürdig und nett man ihnen gegenüber gewesen sei, und sich dann immer gefragt, was die Leute woUten. Sie kenne sie aber gründHch.
det,
England seit 1910 erschütterte, beendet werden. Großbritannien, S. 196-199. 112 113
Vgl. Bernstein, Liberalism, S. 136-139; Wormer,
Folgen Aufzeichnungen über ein Diner bei Tirpitz. Am 23.3.1912 veröffentlichte die offiziöse »Norddeutsche Allgemeine Zeitung« in ihrer Morgenausgabe den Inhalt der Wehrvorlagen. Ausschnitt in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26. Zu der Erleichterung darüber, daß die Krise innerhalb der Reichsleitung damit beendet schien, vgl. den Bericht Lerchenfelds an Hertling vom 24.3.1912, in: Hertling, Briefwechsel, Bd 1, Nr. 16. Zwei vorangegangene Unterredungen Lerchenfelds mit Kiderlen-Wächter und Tirpitz hatten diesem noch einmal »recht klar gemacht, daß auswärtige Politik, wenn sie Erfolg haben soll, nur von einer Stelle gemacht werden kann.« Ebd.
1912
Sie ist doch eine famose nichts geworden. [...]
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tapfere feste Frau! Ohne sie wäre aus der ganzen Sache Mittwoch, den 27. März 1912
Brief des Kronprinzen an Tirpitz, in dem er sich über die Kargheit der NoveUe und sehr scharf über den Reichskanzler sich ausläßt114. Er hat außerdem geäußert, was die Herrn Kabinettschefs denn mit seinem Vater angefangen hätten. Der sei ihm sehr nervös und wunderlich vorgekommen. [...]
Donnerstag, den 28. März 1912 Antwort des Reichskanzlers115 auf das Schreiben des Staatssekretärs, in dem er die Vorwürfe wegen der vorzeitigen Bekanntgabe der NoveUe durch Dähnhardt und HoUweg zurückgewiesen hat. Sie ist auffaUend scharf gehalten. Ich wunderte mich, daß Tirpitz sich nicht besonders darüber aufregte. Er betrachtet Bethmann HoUweg wohl als toten Mann, der jetzt, wo der Kaiser fort ist, wieder Courage bekommt. Tirpitz antwortet dem Kronprinzen in einem Briefe, in dem er das Fallenlassen des 1912-Schiffes begründet. [...]
Sonnabend, den 30. März 1912 mit CapeUe über den Brief des Reichskanzlers. Er hat Tirpitz zunächst geraten, gar nicht zu antworten und ist auch jetzt noch dieser Meinung.
[...] Unterhaltung
"4
Kronprinz Wilhelm an Tirpitz, 20.3.1912, BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/421: »Nach alledem, gehört hatte, nach den Frechheiten eines Churchills, hatte ich bestimmt erwartet, wir würden jährlich wenigstens 3 große Schiffe bauen. Daß Ew. Excellenz in der ganzen Sache wie ein was man
Löwe gegen diesen Reichskanzler, über den die Geschichte einmal ihr vernichtendes Urteil sprechen wird, gekämpft haben, weiß ich, aber meines Erachtens kann es bei dieser geringen Vermehrung nicht bleiben. Glauben Ew. Excellenz nicht, daß wenn der Flottenverein eine sehr große Agitation beschließe, in der dem Volke klar gemacht würde, daß die Engländer auf diese Weise einen riesigen Vorsprung gewinnen, den wir nie wieder einholen können, daß dann die Nation als solche die Regierung zwingen würde, mehr zu bauen? Das ist so eine von mir. Ich bin ganz traurig und sehe sehr schwarz in die Zukunft. Eine schwache Regierung ist der größte Unsegen, den es giebt für ein große[s] Land.« Tirpitz', bei aller grundsätzlichen Zustimmung »Auch ich bin der Ansicht, daß die Flottennovelle unzureichend ist, sie ist namentlich unlogisch und parlamentarisch unzweckmäßig geworden durch die Weglassung des 3ten Schiffes für das Jahr [19] 12.« mäßigende Antwort vom 28.3.1912, ebd. Zu den Aktivitäten des Kronprinzen in diesen Tagen vgl. auch Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 612, Anm. 187. Vgl. das Schreiben Bethmann Hollwegs an Tirpitz vom 26.3.1912, BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26. -
-
115
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Ich bin anderer Ansicht. Er dann tat. [...]
schlägt mir vor,
eine Antwort
zu
entwerfen,
was
ich
Montag, den 1. April 1912 Weitere
tung
er
Unterhaltung mit CapeUe über den Reichskanzlerbrief, dessen Beantworjetzt nach Besprechung mit Heeringen auch für richtig hält. Ich entwarf
nachher ein Antwortschreiben.
Dienstag, den 2. April 1912 CapeUe hält es jetzt für richtig, daß zunächst MüUer versucht, in der bewußten Angelegenheit einen Ausgleich zwischen Tirpitz und dem Reichskanzler herbeizuführen. Will in diesem Sinne an Tirpitz schreiben und ihm den Entwurf eines Briefes an Müller schicken. [...] Mittwoch, den 3. April
1912
Capelle zeigt mir den Entwurf des Briefes an MüUer, in dem er sehr deutHch auf die etwaigen Folgen des vom Reichskanzler eingeleiteten Schrittes aufmerksam macht. Schreiben geht ab. Staatssekretär hat an CapeUe geschrieben. Er ist über die ganze Angelegenheit recht erregt und faßt sie sehr ernst auf. [...] Sonnabend, den 6. April 1912 hat auf den Entwurf von CapeUe geantwortet. WiU noch einige Zusätze machen und den Brief dann zur Korrevison schicken. Da er in diesem Falle aber nicht mehr rechtzeitig, d.h. noch während der Anwesenheit des Reichskanzlers in Korfu116, an Müller kommt, entschHeßt sich CapeUe noch heute abend nach Wiesbaden zu fahren. Telegramm darüber an Tirpitz und Telephongespräch mit ihm.
Tirpitz
116
Auf Einladung des Kaisers reiste der Reichskanzler am 1.4.1912 nach Korfu, bis 10.4.1912 aufhielt. Vgl. Müller, Der Kaiser, S. 119; GP, 31, S. 231 (Anm.).
wo er
sich
vom
7.4.
1912
219
Montag, den 8. Aprü 1912 Bureau, wo Prinz Adalbert war, mit dem ich mich lange über die FlottennoveUe, agreement usw. unterhielt in der Überzeugung, daß er der Kaiserin von diesem Gespräch erzählt117. [...]
Auf dem
Dienstag, den 9. Aprü 1912 Nichts Besonderes. Artikel in der Zeitschrift »März«, in dem der Abgeordnete Haußmann den Staatssekretär sehr heftig angreift und ihn als den aUgemeinen Hetzer und Verderber unserer PoHtik hinsteUt118. Er ist offenbar von Kiderlen beeinflußt. Sehr gute Entgegnung in der »TägHchen Rundschau« von Stein geschrieben119.
Mittwoch, den
10.
Aprü 1912
[...] Fuchs bei mir, der mir sehr interessant erzählte, besonders von dem Gespräch S.M. mit Jagow in \renedig, wobei S.M. vöUig wirre und jedesmal was verschiedenes geredet haben soll120. Auch ist er jetzt plötzHch für ItaHen begeistert und will nichts mehr von den Türken wissen. Mitteüung darüber an Tirpitz gemacht. 117 118
Einen ausführlichen Bericht über dieses
Gespräch mit dem dritten Sohn des Kaisers enthält Hopmans Tagesmitteilung an Tirpitz vom 8.4.1912, BA-MA, N 253/27. Unter der Überschrift »Tirpitz« veröffentlichte Conrad Haußmann, hinter dem wohl zu Unrecht der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Kiderlen-Wächter, vermutet wurde am -
-
1,9
120
Artikel, in dem
den Staatssekretär für den Sturz Wermuths sowie für die schwierige außenpolitische Situation des Reiches verantwortlich machte. Der Artikel gipfelte in dem Satz: »Tirpitz ist der Mittelpunkt eines expansiven Kessortgeistes und einerfinanziell und international explosiven Politik.« Vgl. dazu die Presseausschnitte in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26 bzw. 27, sowie Deist, Flottenpolitik, S. 302 f.; Fernis, Die Flottennovellen, S. 116 f.; vgl. auch den Brief Weizsäckers an seinen Vater vom 18.4.1912, in: Die Weizsäcker-Papiere, S. 139 (dort die Bemerkung Holtzendorffs, »das Auswärtige Amt habe Tirpitz auf diesem Weg die Kandidatur zum Reichskanzler verbauen wollen«). In seinem Artikel »Die Hintermänner« schrieb Stein gegen Kiderlen-Wächter gerichtet u.a.: »Wir wollen nach den Hintermännern Haußmanns gar nicht forschen. Aber daß er blind ist, muß das Volk erfahren. Wir brauchen sehende Politiker. [...] So ist Tirpitz, wenn dieser Titel überhaupt noch Wert hat, in schwerer Zeit zum Retter des Vaterlandes geworden. Darin können uns auch die Hintermänner des Herrn Haußmann nicht irre machen, selbst wenn es ihrer sieben Schwaben sein sollten. Vielleicht ist es nur einer. Und er redet irre, wen er schon seine eigenen Leichenträger im Vorzimmer hört.« Ausschnitt in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/26. Auf dem Weg nach Korfu traf Wilhelm II. am 24.3.1912 in Venedig mit dem italienischen König Viktor Emanuel III. zusammen. Dabei unterstützte er das italienische Vorgehen gegen die Türkei in der Tripolisfrage und erklärte sich auch bereit zur Vermittlung zwischen Italien und Österreich-Ungarn, das, gestützt auf den Dreibundvertrag, italienische Erwerbungen in der Agäis ablehnte. Vgl. das Schreiben Wilhelms II. an Bethmann Hollweg vom 25.3.1912, GP, 30, Bd 2, Nr. 11264; Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 655-661. Nach einem späteren Bericht des 6.4.1912 einen
er
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Freitag, den 12. April 1912 [...] Reichskanzler ist gestern aus Korfu abgefahren121. Er besucht noch die Kaiserin. Brief von Tirpitz an Müller ist also nicht mehr rechtzeitig gekommen. Sonnabend, den
13.
April 1912
Dähnhardt schickt den Entwurf der Reichstagsrede des Staatssekretärs, die sehr kühl und sachHch gehalten ist, nur die militärischen Gesichtspunkte hervorhebt und pohtische Gründe in Abrede steUt.
Freitag, den 19. April 1912 [...]122 Brief von Widenmann an Müller, demzufolge die engHsche Regierung sich mit unserer Wehrvorlage jetzt abfindet und unbekümmert darum Versuche poHtischer Annäherung fortsetzen wül123. Glänzender Erfolg von Tirpitz, der doch allen, auch uns gegenüber, selbst CapeUe einbegriffen, recht behalten hat. ItaHener haben Befestigungen am Eingang der DardaneUen scheinbar erfolglos bombardiert124. Aufstand in Fes, bei dem eine größere Anzahl von Franzosen ermordet, 4 Offiziere und gegen 30 Mann gefaUen sind125. deutschen Botschafters in Rom, Jagow, soll Wilhelm II. sich zu »heftigen Anklagen gegen das besonders Kiderlen« hinreißen lassen und geäußert haben: »Das sind alles Verräther.« Ebd., S. 618. Vom 3.4. bis 14.4.1912 reiste Reichskanzler Bethmann Hollweg zunächst über Brindisi nach Korfu, um dann die Kaiserin in Bad Nauheim zu besuchen. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 101. Folgen Aufzeichnungen über den Untergang der »Titanic«. Vgl. den Brief Widenmanns an Karl v. Müller vom 17.4.1912, in dem dieser über ein ausführliches Gespräch mit Kühlmann über die zukünftige englische Politik berichtet. Demnach war Kühlmann aufgrund von Gesprächen mit englischen Politikern überzeugt, »daß man sich in leitenden Kreisen Englands, trotz des ursprünglichen und ja auch verständlichen Sträubens nunmehr mit der Wehrvorlage und vor allem auch mit der Flottennovelle abgefunden habe und unter völliger Ausschaltung dieser Frage bestrebt sei, an der Erreichung besserer Beziehungen mit Deutschland weiter zu arbeiten.« In: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 335 f.; Widenmann, Marine-Attaché, S. 268 f. Am 18.4.1912 beschossen italienische Kriegsschiffe die Dardanellenforts, ohne jedoch großen Schaden anzurichten. Dennoch nahm die Türkei dies zum Anlaß, die Flinfahrt in die Dardanellen zu schließen. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 445. Mitte April rebellierten Teile der Maghzentruppen und der Bevölkerung von Fes wegen der neuen Form der Lohnauszahlung und der Einführung des Rucksacks nach französischem Vorbild. Erst nach Entsendung von Verstärkungen konnten französische Truppen Fes, die Hauptstadt des nunmehr französischen Protektorats Marokko, zurückerobern. Während des Aufstandes waren 15 Offiziere und 40 Mann gefallen. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53
Auswärtige Amt u[nd]
121
122
123
124
123
(1912), S. 504.
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Sonnabend, den 20. April 1912
Tirpitz zurück. Sieht gut aus und hat sich recht erholt. Montag, den 21. April 1912 der I. Lesung der Wehrvorlage126. Reden des Reichskanzlers127, Kriegsministers128, Tirpitz129 und Staatssekretärs des Reichsschatzamts130. [...]
Beginn
Dienstag, den 23. April 1912 Fortsetzung der Wehrvorlagedebatte, die wenig Bemerkenswertes bietet. Mittwoch, den 24. April 1912
Reichstag erregt Kriegsminister131 durch seine Antwort auf einen Ausfall Erzbergers gegen das DueU allgemeinen Unwülen. Er behauptete, ein Mann, der aus reHgiösen Gründen eine Forderung ablehne, passe nicht in ein Offizierkorps. Im
126
127
D¿e erste Lesung der Wehrvorlage im Reichstag fand vom 22.4. bis 25.4.1912 statt. Vgl. RT, Bd 284, S. 1299-1431. Vgl. Förster, Der doppelte Militarismus, S. 233-247; Epkenhans, Die wilhelminische Flottenrüstung, S. 138-142; Fernis, Die Flottennovellen, S. 121 -151. Vgl. RT, Bd284, S. 1300-1302. Der Chef des Generalstabs, Moltke, kritisierte die Rede des Kanzlers als »schwach«. »Dieser Mann wird sich nie zu einem klaren und energischen Wort aufraffen. Auch hier wieder die alte Milchsauce. Kein Mensch denkt an Krieg, Deutschland ist ganz friedfertig, und die anderen Mächte ebenso, dennoch kann man nie wissen, was einmal passieren könnte, und daher ist eine Verstärkung der Wehrmacht nötig. Es wäre zum Lachen, wenn's nicht zum Weinen wäre! Trotzdem wird die Vorlage anscheinend glatt angenommen werden. Das Volk hat ein gesünderes Empfinden von der Weldage als seine berufenen Leiter.« Vgl. Moltke an seine Ehefrau, 24.4.1912, in: Moltke, Erinnerungen, S. 363. Vgl. RT, Bd 284, S. 1302-1304. Ebd., S. 1304 f. Die Begründung der finanziellen Aspekte der Wehrvorlage übernahm der neuernannte Staatssekretär des Reichsschatzamts, Kühn. Ebd., S. 1305-1309. Aus religiösen Gründen lehnten katholische Offiziere Duelle ab; infolgedessen wurden sie zur Einreichung ihres Abschieds gezwungen, da sie nicht satisfaktionsfähig waren. Unter Anspielung auf einen aktuellen Fall hatte der Zentrumsabgeordnete Erzberger gesagt: »Es darf nicht ausgesprochen werden, daß ein Mann deshalb, weil er sich nach den Gesetzen Gottes und des Staates richtet, nicht würdig sein soll, dem Offizierkorps in Deutschland anzugehören. Da muß eine Remedur unter allen Umständen eintreten.« Ebd., S. 1389. Der preußische Kriegsminister Heeringen hatte darauf eine sehr formale Antwort gegeben und mit der provokativen Bemerkung geschlossen: »Hier handelt es sich nicht um würdig oder nicht um würdig, sondern hier handelt [es] sich lediglich darum: jemand, der Auffassungen bekundet, wie es der betreffende Herr getan hat, paßt unter den vorliegenden Umständen nicht mehr in die Verhältnisse, in denen er bisher war.« Ebd. -
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128 129 130
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Vgl. dazu Frevert, Ehrenmänner, S. 117 f.; Leitzbach, Erzberger, S. 439.
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Große Ungeschicklichkeit, die ihn noch sehr pitz ist sehr traurig darüber.
teuer zu
stehen kommen kann. Tir-
Donnerstag, den 25. April 1912 Sehr scharfe Erklärung Spahns132 gegen Kriegsminister. I. Lesung, die mit einer sehr verständigen Rede Posadowskys133 schHeßt, beendet. Abends im Vortrag von AdmiraHtätsrat Köbner über Kanada, der recht interessant war.
Montag, den 29. Aprü 1912 Tirpitz lange Beratung mit Capelle und Dähnhardt für Generaldebatte über Wehrvorlage in Budgetkommission, die morgen und übermorgen sein soU134.
Dienstag, den 30. April 1912 [...] In der Budgetkommission ist nichts WesentHches passiert. Tirpitz, der gar nicht zum Sprechen gekommen ist, kam recht befriedigt zurück, war nur von der Rede Kiderlens wenig erbaut135. Heeringen hat sich seiner Duellentgleisung wegen
entschuldigt136. 132
Der Vorsitzende der Reichstagsfraktion des Zentrums, Spahn, kritisierte in einer Erklärung erneut, daß ein Oberstabsarzt genötigt worden war, seinen Abschied zu nehmen, weil er ein Duell verweigert hatte und warf dem Kriegsminister vor, Katholiken widerrechtlich den »Rechtsschutz« zu entziehen und auch den »Ehrbegriff« abzusprechen. »Der Herr Kriegsminister stellt sich und den Offiziersstand mit dieser außerhalb des Gesetzes. Das Bürgerliche und das Militärstrafgesetzbuch verbieten das Duell. Der Herr Kriegsminister schHeßt aus dem Offizierstand den aus, der dem Gesetze die Achtung des Gehorsams erweist.« Zit. nach: RT, Bd 284, S. 1423. Vgl. dazu auch Granier, Deutsche Rüstungspolitik, S. 157, Anm. 145. Vgl. RT, Bd 284, S. 1426-1428. Die Angriffe Spahns gegen den Kriegsminister wurden im Reichsmarineamt nicht ohne Sorge betrachtet, war doch nicht auszuschließen, »daß wieder Gedanke vertreten wird, Marine-Novelle steigert Kriegsgefahr, deshalb muß Armee rüsten.« Undatierte Aufzeichnung Capelles, BA-MA, N 253/27. Ebd. auch zahlreiche weitere detaillierte Aufzeichnungen für die Beratungen von Reichstag und Budgetkommission. Kiderlen-Wächter hatte zu Beginn der Beratungen vertrauliche Mitteilungen gemacht und offenbar zu Tirpitz' Mißfallen mitgeteilt, daß die Verhandlungen mit England weitergingen und eine akute Gefahr kriegerischer Verwicklungen nicht vorläge. Vgl. Fernis, Die Flottennovellen, S. 146, Anm. 10. In einer Erklärung vor der Budgetkommission entschuldigte sich der Kriegsminister allerdings nur für die »ungewollt scharf klingende Fassung« seiner Erwiderung. In der Sache aber blieb er hart und wies die Vorwürfe des Zentrums zurück. Vgl. den Bericht darüber sowie Heeringens Erklärung in: »Berliner Tageblatt«, vom 30.4.1912.
Äußerung
'» 134
133
136
1912
223
Mittwoch, den 8. Mai 1912 Nachricht, daß Freiherr
v.
MarschaU den Grafen Metternich als Botschafter in
London ablösen soU137.
Freitag, den 10. Mai 1912 Die für IOV2 h angesagte Budgetkommission ausgefaUen, da DueUdebatte138 noch nicht beendigt. Im Plenum Heeresvorlage en bloc angenommen. Reichskanzler, Kiderlen und MarschaU v. Bieberstein zum Kaiser nach Karlsruhe gefahren139. Es handelt sich dabei um Besprechung des Abkommens mit England, das allen Preßäußerungen zufolge viel Aussicht auf Zustandekommen hat1411. Für die Entwicklung unserer Flotte ist diese neueste Wendung unserer Politik, zumal wenn sie von einem Mann wie Marschall geführt wird, nicht günstig141. Das Lebenselexier unserer Flotte ist der Gegensatz zu England. Ohne diesen verliert sie an Daseinsberechtigung. Die Machtstellung von Tirpitz büßt gleichfalls dadurch ein. Nach Widenmann, der gestern im Amt war, geht dieser neueste Schachzug der engHschen
137
Da der bisherige Botschafter in London, Metternich, als zu englandfreundlich galt, hatte Wilhelm II. ab Mitte März die Absicht, diesen abzulösen, »sobald die jetzigen Wogen etwas heruntergegangen seien.« Vgl. Tirpitz' Aufzeichnung vom 18.3.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 330. Während des Aufenthalts des Reichskanzlers auf Korfu verständigten dieser und der Kaiser sich auf den bisherigen Botschafter in Konstantinopel, Marschall v. Bieberstein, als Nachfolger. Vgl. das Schreiben Bethmann Flollwegs an Wilhelm II. vom 16.4.1912, GP, 31, Nr. 11427. Dazu auch Fischer, Krieg der Illusionen, S. 192-195; Schöllgen, Imperialismus und Gleichgewicht, S. 332 f. Mit seines Beglaubigungsschreibens an den englischen König Georg V. am 24.6.1912 trat Marschall v. Bieberstein sein Amt offiziell an. Vgl. auch Widenmann, MarineAttaché, S. 274-294. Nach der DueUdebatte während der ersten Lesung der Wehrvorlage brachten Zentrum, Fortschrittliche Volkspartei und SPD in der Budgetkommissionssitzung vom 10.5.1912 Antiduellresolutionen ein. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 145 f. Am 13.5.1912 verabschiedete der Reichstag eine Resolution, die die Abschaffung der Duelle forderte und sich dagegen aussprach, daß diejenigen, die ein Duell ablehnten, aus der Armee ausgeschlossen wurden. Vgl. RT, Bd 285, S. 1923-1947. Um hinsichtlich des bevorstehenden Botschafterwechsels allzu großes Aufsehen zu vermeiden, war Marschall v. Bieberstein nicht, wie ursprünglich vorgesehen, zu einer Audienz nach Korfu geladen worden; statt dessen sollte er in Karlsruhe mit Wilhelm II. und Kiderlen-Wächter zu einer Aussprache über seine zukünftige Aufgabe zusammentreffen. Vgl. Kiderlen-Wächter an Marschall v. Bieberstein, 17.4.1912, GP, 31, Nr. 11428. Der Anlaß für diese Vermutung ist nicht ersichtlich. Marschall v. Bieberstein galt als einer der fähigsten Diplomaten des Kaiserreiches, vgl. Schöllgen, Imperialismus und Gleichgewicht, S. 332. Zu den Erwartungen, die mit dessen Ernennung verknüpft wurden, vgl. die Eintragungen der Baronin Spitzemberg vom 13.5. dort spricht sie von »Messiashoffnung«, in: Am Hof der Hohenzollern, S. 259 f.
Überreichung
138
139
14,1 141
-
Dokumente
224
in erster Linie und zuerst gegen Tirpitz142. Admiral v. MüUer kommt morgen nach BerHn zurück. Er ist bei dem Palaver in Karlsruhe nicht zugegen143.
Diplomatie
Sonnabend, den
11. Mai 1912
972 h-12 h Marineetat in der Budgetkommission144. Bei aUgemeiner Debatte wenig Widerspruch, so daß Tirpitz vergnügt wiederkam. Hinterher Besprechung CapeUe, Dähnhardt und ich über Art der RekruteneinsteUung usw. Tirpitz entschied sich für meinen Vorschlag, Rekrutengeschwader mit Wechsel im Oktober und April, bezeichnete Schraderschen Vorschlag, Wechsel wie bisher, nur 2 Geschwader im Herbst, eins im Frühjahr, als unannehmbar, namentHch da der jetzt bestehende und bei letzterer Methode weiter fortdauernde Mißstand bei den meisten Parteien der Hauptgrund für Annahme der NoveUe gewesen ist145. [...]
Montag, den 13. Mai 1912
Budgetkommission. NoveUe bewüHgt. 2 h Admiral v. MüUer bei Tirpitz. Von ihrer Unterredung nachher nur erfahren, daß Kiderlen146 noch bleiben soll und daß er, von Holtzendorff eingeladen, einige Tage auf die Flotte geht.
Dienstag, den 14. Mai 1912 Etat in der
Budgetkommission mit ganz unwesentHchen Abstrichen bewüHgt. Ingenieurdebatte. Widenmann bei mir, der bei Admiral v. Müller gewesen war. Dieser hat ihm gesagt, er werde aUes tan, um Tirpitz solange zu halten, bis das Dreiertempo Aternat geworden sei, d.h. bis 1919147. Am Abend noch Plenarsitzung, in
142
143 144
i« 146
147
Zu Widenmanns Haltung hinsichtlich des Botschafterwechsels vgl. auch dessen Aufzeichnung über ein ausführliches Gespräch mit Wilhelm II. am 27.5.1912, in: Widenmann, Marine-Attache, S. 274-278. Auf Veranlassung von Admiral Müller sollte sich Marschall v. Bieberstein vor Übernahme seines neuen Postens mit Tirpitz verständigen. Vgl. Müller an Valentini, 13.5.1912, GP, 31, Nr. 11429. Tirpitz betonte in der Budgetkommissionssitzung noch einmal den defensiven Charakter des Flottenbaus. Vgl. Epkenhans, Die wilhelminische Flottenrüstung, S. 142; Fernis, Die Flottennovellen, S. 145 f.; Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 147. Siehe oben S. 186. Dies ist die einzige Quelle für interne Überlegungen, Kiderlen-Wächter zu entlassen. Im Frühjahr 1912 kursierte in Berlin das Gerücht, der Kaiser habe dem Reichskanzler versprochen, Tirpitz im Sommer zu endassen. Vgl. den Bericht Lerchenfelds an Hertling vom 24.3.1912, in: Hertling, Briefwechsel, Bd 1, Nr. 16.
1912
225
der die NoveUe angenommen wurde. Reichskanzler hat dabei die Hand gedrückt148. Schöne Komödie.
Tirpitz grataHerend
Mittwoch, den 15. Mai 1912 Etat im Plenum bewiUigt149. Nur Reden über Ingenieur-, Deckoffiziers-, Arbeiterund andere Fragen von fortschrittlichen und soziaHstischen Abgeordneten. [...]
Donnerstag, den 16. Mai 1912
Vormittags auf dem Bureau. Tirpitz war recht vergnügt, daß er nun endHch Novelle und Etat unter Dach und Fach hat. Widenmann gesprochen, der mit ihm einen Spaziergang gemacht und ihn nochmals darauf hingewiesen hat, daß es jetzt das beste für ihn sei, mit dem Reichskanzler und Kiderlen Frieden zu machen, da die Engländer zweifeUos daraufhinarbeiteten, ihn zu stürzen. [...] Freitag, den 17. Mai 1912 Mehrere Sitzungen. Kapitänleutnant v. MüUer nach London abgereist150. WidensoU aber bis Mitte JuH Attache bleiben, um151 den neuen Botschafter über die Marineverhältnisse noch aufzuklären. Im Reichstag großer Tumult wegen einer Brandrede des Sozi Scheidemann über elsaß-lothringische Frage152 und BorchardtSkandal im Abgeordnetenhaus153, in der er sich die toUsten Schmähungen des Kaimann
148
Gegen die Stimmen der Weifen, Polen und Sozialdemokraten wurde die Novelle zum Flottengesetz unverändert angenommen, ebenso in zweiter Lesung entsprechend den Kommissionsbeschlüssen der Ergänzungsetat zum Marineetat 1912. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 148 f. Vgl. Fernis, Die Flottennovellen, S. 147 f. Gleichzeitig mit dem Botschafterposten in London sollte auch der des Marineattaches neu besetzt werden. Vgl. Widenmann, Marine-Attaché, S. 274, 290. Zum Nachfolger von Korvettenkapitän Widenmann wurde Kapitänleutnant Erich v. Müller ernannt. Folgt, irrtümlich »sich« sowie, gestrichen, »mit«. Am 13.5.1912 hatte Wilhelm II. während eines Essens in Straßburg dem Oberbürgermeister gesagt: »Wenn die Dinge so weitergehen, dann schlage ich Ihre Verfassung in Scherben, und wir -
-
149
150
151 152
153
verleiben Sie Preußen ein.« Von Scheidemann (SPD) wurde er daraufhin im Reichstag heftig angegriffen, worauf die Vertreter der Regierung den Sitzungssaal verließen. Vgl. RT, Bd 285, S. 2052-2059. Vgl. auch den Bericht Lerchenfelds an Hertling vom 18.5.1912, in: Hertling, Briefwechsel, Bd 1, Nr. 28. Am 9.5.1912 hatte der Präsident des Preußischen Abgeordnetenhauses den sozialdemokratischen Abgeordneten Borchardt von der Sitzung ausgeschlossen und zum Verlassen des Plenarsaales aufgefordert. Als der dieser Aufforderung nicht nachkam, hatte er ihn gewaltsam durch die Polizei entfernen lassen. Dabei kam es zu erheblichen Tumulten. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 142-145.
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226 sers
und Preußens
leistete, ohne
vom
Reichstagspräsidenten Kaempf genügend
werden. Reichskanzler und Regierungsvertreter haben den Saal verlassen und sind erst nach nachträgHchen Ordnungsrufen des Scheidemann wieder gekommen. Reichskanzler hat dann Kaiser mit seiner Verantwortung und damit seine Position bei S.M. wohl wieder erhebHch gestärkt. Die gedeckt des Kaisers in Straßburg ist wieder rasend unvorsichtig gewesen. Er Äußerung wird nicht klug, wenn er auch alt wie Methusalem wird.
zur
Ordnung gerufen
zu
Sonnabend, den
18. Mai 1912
Mehrere
Sitzungen. Heeringen, der lange bei Tirpitz war, hat ihm wieder von neuIntrigen von Floltzendorff erzählt, der mit Kiderlen und dem Reichskanzler über A'erlegung der großen Schiffe nach Wilhelmshaven unterhandelt und diese als im poHtischen Sinne gefährlich bezeichnet hat154. Tirpitz hat ihn im Verdacht, daß en
er
doch noch Staatssekretär werden wül.
Dienstag, den 21. Mai/Mittwoch, den 22. Mai 1912 III. Lesung der NoveUe und des Etats im Reichstag, die debattelos angenommen werden155. Damit ist der Kampf nun endUch zum Erfolge durchgeführt. Der Sieg, auch was Wehrvorlage und poHtische Bedeutung der ganzen Aktion betrifft, ist aUein Tirpitz zu danken. Alle andern PersönHchkeiten, wenigstens soweit die Regierung in Betracht kommt, haben nur geschoben, oder sogar widerwüHg und störend mitgewirkt. Tirpitz bekam ein sehr gnädiges Telegramm von S.M., das namentlich zum Ausdruck bringt, daß er noch lange im Amte bleiben möge und ihm die Brülanten zum Schwarzen Adlerforden] verleiht156. Reichskanzler hat Großkomtur HohenzoUernorden, Kriegsminister Schwarzen Adlerorden, Reichsschatzsekretär Kühn Kronenorden I. Klasse bekommen, für die sie sich eigentlich alle bei Tirpitz bedanken müßten. Tirpitz am Nachmittag mit Kapitän v. MüUer und KeyserHngk nach Hamburg gefahren zum StapeUauf des neuen Hapag Riesendampfers »Imperator«.
Freitag, den 24. Mai 1912 Staatssekretär zurück. Nichts Besonderes in Hamburg vorgefallen. Haidane kommt zu erneuten Verhandlungen nach Deutschland157. PoHtische Gesamtsitua154 155 13 137
Vgl. dazu oben S. 194. Vgl. Fernis, Die Flottennovellen, S. 149 f. In: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/27. Es ist unklar, worauf dieses Urteil Hopmans basiert.
1912
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tion beginnt spannend zu werden, da offenbar Entfremdung zwischen Rußland und Frankreich eingetreten ist und Entente Rußland-England scheinbar auch wackeHg wird. Franzosen scheinen in Marokko erhebHchere Schwierigkeiten zu haben, als sie erwartet. In England neuer, höchst gefährlicher Riesenstreik der Londoner Transportarbeiter158.
Sonnabend, den 25. Mai 1912
Tirpitz zum Immediat-Vortrag in Potsdam. Frage der Verlegung der großen Schiffe nach Wühelmshaven und des Rekrutengeschwaders im Sinne der Vorschläge des R.M.A. entschieden.
[...]
Sonnabend, den 1.Juni 1912
Sitzung über Kleine Kreuzer159. Abends zum Paradediner im Schloß, nachher in der FestvorsteUung im Opernhaus, wo »Der große König« gegeben wurde. Tirpitz Frage der Nobüitierung von CapeUe160 mit Herrn v. Valentini besprochen. Sonntag, den 2. Juni 1912 nach Norderney zum Besuch seines Sohnes161, kommt von dort morgen nach Wühelmshaven. HinterHeß mir einen Zettel, demzufolge v. Holtzendorff gegen unsere Absicht des Personalwechsels auf nur einem Geschwader agitiert.
Tirpitz
Dienstag, den 4. Juni 1912
Veranlassung des Staatssekretärs zu Pohl an Bord der »Ostfriesland« gefahren162, um mit ihm die Besatzungswechselfrage zu erörtern. Pohl erwies sich [als] ausgesprochener Gegner des im R.M.A. beabsichtigten Systems, weü darunter die Dienstfreudigkeit leide, der Einfluß der älteren Leute auf die jüngeren aufhöre 10 h Auf
158
Zur ner
139 160
161
162
Durchsetzung eines Mindestiohngesetzes
streikten Ende Mai 1912 mehrere tausend Londo-
Transportarbeiter. Vgl. dazu die Artikel im »Berliner Tageblatt« vom 23./24.5.1912.
Das Protokoll in: BA-MA, RM 3/15. Admiral Eduard Capelle, Tirpitz' langjähriger Vertrauter seit den Anfängen des Flottenbaus und Stellvertreter wurde 1913 in den Adelsstand erhoben. Leutnant z.S. Wolfgang v. Tirpitz war Offizier auf dem Kleinen Kreuzer »Mainz«. Seit dem 3.6.1912 befand sich Hopman zusammen mit Tirpitz und anderen Angehörigen des Reichsmarineamts zur Besichtigung der Hochseeflotte und anderer Marinestützpunkte an der Nordsee (Helgoland, Wangerooge etc.) in Wilhelmshaven.
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und die Sicherheit des Fahrens im Verbände gefährdet sei163. Auf meine Gegeneinwendungen ging er nicht ein, wenn er auch die Vorteüe unseres Systems anerkannte. Am Nachmittag Besichtigung der Werft (Docks, III. Einfahrt, InselDurchstich usw.) Abends zum Essen bei Eckermanns.
Donnerstag, den 13. Juni 1912 Bericht Rheinbabens, demzufolge ItaHener erneut anfragen, ob wir ihnen 6 Schichau Boote überlassen können164. Tirpitz ist nicht abgeneigt. Anfrage beim Auswärtigen Amt eingeleitet. Sitzung über neues Linienschiff165. [...]
Freitag, den 14. Juni 1912 S.M., bei dem Kabinettschef gestern Vortrag hatte, ist sehr für Verkauf von Toran ItaHen, Auswärtiges Amt hat dies aber auf Grund der von uns ratifizierten Haager Konferenz 1907 als unmögHch bezeichnet, so daß nichts daraus wird. Orden für NoveUe herausgekommen166. S.M., aHas Herr v. MüUer, hat alle
pedobooten
die nach Kabinettsgrundsätzen jetzt gerade keinen Orden bekommen d.i. Dähnhardt, Schultz, HoUweg, MüUer, Rogge und mich. Die Sache wird dadurch zur Farce, da die meisten der Dekorierten mit der Novelle nichts zu tun gehabt haben. Tirpitz ist sehr böse darüber. Dähnhardt und HoUweg meinen, das Streichen sei die Folge des bewußten Reichskanzlerbriefes über ihre Pflichtverletzung. Das glaube ich aber nicht. [...]
gestrichen, konnten,
Sonnabend, den
15. Juni 1912
Staatssekretär mit Herrn v. MarschaU-Bieberstein und Kabinettschef stückstafel in Potsdam. Kam recht vergnügt wieder167. 163
">4
l«5 166
167
zur
Früh-
Flottenführung aus Sorge vor einer Überforderung der Besatzungen durch weitere Schiffsvermehrungen mit der Politik des Reichsmarineamts nicht übereinstimmte, berichtete u.a. auch der bayerische Gesandte Lerchenfeld nach Gesprächen mit einigen Admiralen in Kiel an Ministerpräsident Hertling am 9.5.1912, in: Hertling, Briefwechsel, Bd 1, Nr. 25. Rheinbaben an Tirpitz, 5.6.1912, BA-MA, KM 3/2972.
Daß die
Das Protokoll in:
ebd., RM 3/15. Mjt Schreiben vom 1.6.1912 hatte Tirpitz dem Chef des Marinekabinetts eine Reihe von Vorschlägen für Ordensauszeichnungen gemacht; diesen Vorschlägen stimmte Müller aber nur teilweise zu. Vgl. die entsprechenden Aufzeichnungen Müllers (undatiert) sowie dessen Antwort an Tirpitz vom 14.6.1912, BA-MA, RM 2/1731. Im Gegensatz zu dem bisherigen Botschafter in London, Metternich, betrachtete Tirpitz dessen Nachfolger Marschall v. Bieberstein mit großem Wohlwollen, da er ihn für einen Anhänger der Flottenpolitik hielt. Vgl. dessen Aufzeichnungen über seine Unterredungen mit Marschall am 15./16.6.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 348 f.; Tirpitz, Erinnerungen, S. 199-201;
1912
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Dienstag, den 25. Juni 1912168 10 h Auf dem dänischen Olmotordampfer »Fiona« gefahren, mit dem S.M. für VA Stunden in See ging. Er macht furchtbar viel Aufsehen über dieses Schiff, mit dem, wie er dem Direktor der dänischen Ostasiatischen DampfschiffahrtsgeseUschaft sagte, der Welt ein neuer Weg gewiesen sei. Tirpitz war über dieses Boomen der dänischen Industrie gerade nicht erbaut, wies darauf hin, daß der Fehler von unsern großen Reedereien, nicht von der Industrie oder gar der Marine gemacht worden sei. Zu mir sagte S.M.: »Na Ihr habt Euch schön blamiert«, worauf ich frage: »Inwiefern E.M.?« »Na weü die jetzt schon mit solchem Schiff in der Welt umherfahren und wir noch nicht. Dampfer ist sehr hübsch und praktisch gebaut. 10 000 Register Tonnen, 2500 H, 12 sm«. [...]
Freitag, den 28. Juni 1912 [...]169 Kieler Woche für mich damit zu Ende. Sehr viel habe ich nicht davon gehabt, sie kann mir aber allgemein nicht gefallen. Der stetig steigende Luxus und
paßt meinem Gefühl nach nicht zu dem Ernst unserer inner- und außerpoHtischen Lage17". Wenn wir weiterkommen woUen, muß unser, d.h. der Flotte Sinnen und Denken ganz anders auf den ErnstfaU gerichtet sein, wie es jetzt der FaU. Wir arbeiten ja fleißig und vieUeicht zu angestrengt, das innere Gefühl des bitteren, harten Muß steht aber nicht dahinter. Tirpitz ist der einzige, der unbeirrt um alle Widerstände ein hohes Ziel verfolgt. Die meisten andern wurschteln nur weiter und arbeiten für den AugenbHckseffekt und Show. Der Geist v. Holtzendorffs macht sich meines Erachtens in der Flotte sehr fühlbar, überaU nur Anfeinden, das Hacken, Kritisieren, Klatschen usw. statt froher gemeinsamer Arbeit. HoffentHch Trara
Der Kaiser, S. 119. Ein Ergebnis dieser Besprechung und politisch ein Novum in bezug auf die Beziehungen zwischen Marineattache und Botschafter in London war, daß Widenmann anschließend angewiesen wurde, den neuen Botschafter zu unterstützen, da es für diesen doch »von Bedeutung sein [dürfte] zu wissen, daß er in Tirpitz gewissen anderen Fierren gegenüber immer eine starke und zähe Stütze hat.« Vgl. Hopman an Widenmann, 4.7.1912, in: Widenmann, Marine-Attaché, S. 292. Vom 18.6. bis 28.6.1912 befand sich Hopman aus Anlaß der Kieler Woche in Kiel. Vgl. dazu Hopman, Das Logbuch, S. 386-388. Die dort geschilderten Ereignisse sind in den Tagebuchaufzeichnungen allerdings nur teilweise überliefert. Insbesondere über die im »Logbuch« geschilderten Spannungen zwischen Wilhelm II. und Tirpitz enthalten diese keinerlei Details; in der Rekrutenfrage war es vielmehr so, daß Wilhelm II. die »Ordre über Besetzung von 2 L[inien]s[chiffen] des IL G[eschwaders] und 2 Kl[einen] Kr[eu]z[e]rn mit Rekruten ohne weiteres unterschrieben« hat. (Eintragung vom 20.6.1912). BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/9. Folgen Aufzeichnungen über private Ereignisse und die Rückfahrt nach Berlin. Tirpitz war ähnlicher Meinung. Am 5.7.1912 teilte er dem ehemaligen Staatssekretär im Reichsamt des Innern, Graf Posadowsky, mit: »Die Kieler Woche war schrecklich wie immer. Das Schreckliche läßt sich aber schriftlich nicht in Worte fassen.« In: BA-MA, Nachlaß Tirpitz,
Müller,
168
169 170
N
253/27.
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hat der Nachfolger von ihm, voraussichtHch Graf Baudissin171, bessere Erfolge. Nach ihm soU Lans kommen, der, wie er mir neuHch sagte, mich zu seinem Chef des Stabes haben möchte. Ich tat es recht gerne.
Freitag, den 5. JuH 1912 Unterhandlung mit CapeUe
und HoUweg über etwaige Beantwortung des Schreibens des Reichskanzlers betreffend Übersendung von Zeitungsausschnitten unsererseits an S.M.172. Das beste scheint, jetzt nicht mehr zu antworten. Kaiserentrevue mit dem Zaren in Baltisch-Port, die sehr günstig zu verlaufen scheint, ohne daß in der Gruppierung der Mächte eine Änderung eintritt. Franzosen und auch Engländer sind etwas nervös deshalb173. [...] —
Nicht Admiral Baudissin, ab 1909 Chef der Marinestation der Nordsee, sondern Vizeadmiral Ingenohl, Chef des II. Geschwaders, wurde 1913 Nachfolger von Admiral Holtzendorff als Flottenchef. Im Sommer 1912 kam es erneut zu Auseinandersetzungen zwischen dem Reichskanzler und Tirpitz über die Befugnisse des Nachrichtenbureaus des Reichsmarineamts. Nachdem dieses Wilhelm II. einen allgemeinpolitischen Artikel von Karl Peters über »Deutschland und England« aus dem »Tag« vorgelegt hatte, versuchte Bethmann Hollweg nochmals, die Beeinflussung des Monarchen durch Vorlage von Presseartikeln einzuschränken und zugleich auch ein zentrales Pressebüro in der Reichskanzlei einzurichten. Vgl. dazu ausführlich Deist, Flottenpolitik, S. 310-314. Vom 4. bis 6.7.1912 trafen sich Zar Nikolaus II. und Kaiser Wilhelm II. in Baltisch-Port. An dieser Zusammenkunft nahmen auch Reichskanzler Bethmann Hollweg sowie der mssische Außenminister Sazonov und Ministerpräsident Kokovcov teil. Vgl. dazu die Berichte in: GP, 31, S. 436-454; Müller, Der Kaiser, S. 120; Fischer, Krieg der Illusionen, S. 203; Mommsen, Bürgerstolz, S. 484 f.; eine grundsätzliche Änderung wurde davon jedoch nicht erwartet, vgl. die Eintragung der Baronin Spitzemberg in ihr Tagebuch am 21.7.1912, in: Am Hofe der Hohenzollern, S. 261. Zur Einschätzung der außenpolitischen Situation im Auswärtigen Amt vgl. auch die Aufzeichnung von »A« über ein Gespräch mit Unterstaatssekretär Zimmermann vom 13.7.1912. Zimmermann hatte darin u.a. geäußert, daß »der Brennpunkt der politischen Konstellation in England läge. Er hoffe ja, daß sich das Verhältnis zu England weiter bessere, es bestände aber die Kriegsgefahr weiter u[nd] man müsse daraufgefaßt sein, daß es doch in einigen Jahren zum Krieg käme. Er bedauerte, daß es zur Flottennovelle gekommen sei u[nd] meinte, ihre vorläufige bedingungsweise [sie] Zurückhaltung würde ein besseres Verhältnis zu England angebahnt haben. Er bedauerte ferner das NichtZustandekommen eines agreement u[nd] meinte, wenn es auch noch so lose gefaßt worden wäre, würde es doch stark abkühlend auf Frankreich u[nd] Rußland gewirkt haben. Er erwähnte den Chauvinismus in Frankreich als besonders gefährlich. Über die Kaiser-Zusammenkunft in Baltischport sei S[eine] Maj[estät] in höchstem Grade befriedigt. Dieselbe günstige Auffassung habe der Reichskanzler von dem Ergebnis seines Besuchs in Rußland. Er persönlich sei der Ansicht, daß an der Lage tatsächlich nichts geändert sei. Er traue nach wie vor Rußland nicht. Allerdings sei er der Meinung, daß Rußland noch für ]ahre einen Krieg vermeiden u[nd] auf Frankreich zurückhaltend einwirken würde, wie es das auch im vorigen Jahr bei der Marokko frage getan habe. Wenn aber von England aus ein Krieg entstände und nur in E[ngland] läge seiner Ansicht die Gefahr, so würde Rußland die Gelegenheit ausnutzen und mitmachen.« Zit. nach: BA-MA, RM 3/11704. Folgen private Aufzeichnungen. Am 6.7.1912 ging Hopman bis zum 6.8.1912 auf Urlaub, den er mit seiner Familie in Jershöft an der Ostsee verbrachte. -
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Dienstag, den 6. August 1912 11h Aufs Bureau. Lange Unterredung mit Capelle. Handschreiben des Kaisers über Rückständigkeit unseres Schiffbaus hat große Aufregung verursacht174. CapeUe glaubt, daß Tirpitz die Sache sehr tragisch nimmt und bittet mich, ihn darin ja nicht zu bestärken. Er glaubt nicht, daß v. Holtzendorff bewußt dahintersteckt. Er ist jetzt sicher, daß v. Holtzendorff die Flotte noch behält, zunächst bis zum Frühjahr, aUer WahrscheinHchkeit aber bis Herbst175. Dann dürfte wohl Lans herankommen. Damit steigt meine Aktie, nach einem Jahr aus BerUn fortzukommen. Reichskanzler hat ein Schreiben losgelassen, in dem er anregt, die sämtlichen Nachrichtenbureaus in ein einziges bei Reichskanzleramt zu verschmelzen176. Wir haben nicht abgelehnt, soweit die Pressetätigkeit unseres Nachrichtenbureaus in Frage kommt, die ja nur einen kleinen Teü seines Arbeitsgebietes umfaßt. Verhältnis Reichskanzler und Staatssekretär dadurch wieder ziemHch gespannt. Auch Affäre Dähnhardt—HoUweg ist dadurch wieder aufgewärmt worden, daß Reichskanzler Antwort auf sein Schreiben verlangt hat. Die Sache ist durch Privatschreiben zwischen CapeUe und Wahnschaffe erledigt177. CapeUe meint, daß Reichskanzler jetzt wieder sehr gut bei S.M. steht. Trotha erzählt mir, daß Marschall in seinen Unterredungen mit Widenmann sich durchaus auf den Standpunkt von Tirpitz gesteUt habe178. S.M. sei durch neueste engHsche Parlamentsverhandlungen wieder etwas nervös geworden179. 1,4
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179
Während der Nordlandfahrt gewann Wilhelm II. bei der Lektüre des »Nauticus« den Eindruck, daß die deutschen Kriegsschiffe hinsichtlich der Geschütz- und Torpedoarmierung anderen Marinen unterlegen seien und forderte in einem Schreiben vom 29.7.1912 daher »ein Programm für Neubewaffnung meiner Schiffe bezw. Typänderung vorzulegen.« Zit. nach: BA-MA, RM 2/1603. Zu diesen Auseinandersetzungen vgl. die Schriftwechsel ebd., Nachlaß Tirpitz, N 253/27, sowie in den Akten des Marinekabinetts, ebd., RM 2/1603. Vgl. auch Epkenhans, Die wilhelminische Flottenrüstung, S. 322-324. Bereits am 10.7.1912 hatte Admiral Müller Tirpitz mitgeteilt, daß Admiral Holtzendorff noch bis zum Frühjahr Chef der Flochseeflotte bleiben werde. In: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/27. Siehe oben S. 230. Vgl. den Briefwechsel zwischen Wahnschaffe und Capelle vom Juli 1912 sowie die Aufzeichnung Wahnschaffes vom 2.8.1912 über ein abschließendes Gespräch mit Capelle, BAK, R 43F/954 Ygi dazu Widenmann, Marine-Attaché, S. 290-294; vgl. auch Widenmanns Brief an [?] vom 7.7.1912, in dem es u.a. heißt: »Ich habe das Gefühl, als ob Marschall der Mann ist, den wir hier brauchen. Bei verschiedenen Gelegenheiten, wenn er zu mir über die deutsch-englischen Beziehungen sprach, glaubte ich den Staatssekretär selbst reden zu hören [...] Ich hoffe, daß die Zeit, in der man uns die Butter vom Brote ohne Einspruch unseres Botschafters wegnehmen konnte, unter Marschall zu Ende ist.« In: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 350. Am 5.8.1912 übersandte Marschall seinen ersten und einzigen Bericht, in dem er den Tirpitzschen Standpunkt verteidigte. Vgl. GP, 31, Nr. 11435. Während der Kaiser und Tirpitz diesen »sehr gut« fanden, empfand Bethmann Flollweg ihn als »peinlich«. Vgl. Müller, Der Kaiser, S. 120. Am 22.7.1912 hatte der Erste Lord der Admiralität, Churchill, einen F.rgänzungsetat im Unterhaus eingebracht und diesen unter Hinweis auf die Novelle zum Flottengesetz, insbesondere die Verstärkung der aktiven Geschwader, begründet. Daher forderte er den beschleunigten Bau von U-Booten und leichten Kreuzern sowie die Erhöhung der Zahl der voll in Dienst gestellten Schlachtschiffe von 28 auf 33. Zugleich kündigte er eine Reorganisation der Mittelmeerflotte zugunsten einer Verstärkung der Home Fleet an. Vgl. auch dessen Rede vom 24.7.1912, in: Churchill, Speeches, Bd 2, S. 1981 1996, 1996-2006. -
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Mittwoch, den 7. August 1912 12 h 28
Mit ExzeUenz Dick, den ich auf dem Bahnhof Zoologischer Garten Krupp-Feier18" gefahren, 7 h 17 m N in Essen angekommen, von Herrn Emmerich abgeholt zum Hotel »Kaiserhof« gefahren, von dort zum Bahnhof zurück und Tirpitz, der mit Müller von St. Blasien kam, empfangen. Er sieht wohl aus, ist aber durch die Stänkereien der letzten 14 Tage, Handschreiben des Kaisers über unsere SchiffbaupoHtik, Reichskanzlerschreiben über Nachrichtenabteilung und Schreiben der Flotte betreffend Versuch des Besatzungswechsels von 2 Schiffen, recht erregt und besonders wütend auf den Kabinettschef, der ihm namentiich in der letzten Frage einen höchst merkwürdigen Brief geschrieben hat181. Er vermutet natürUch schon wieder Holtzendorff dahinter und glaubt, der arbeite an seinem Sturze und woUe Staatssekretär werden. [...]
traf,
m
zur
Donnerstag, den 8. August 1912 Nach dem Frühstück und längerer Verhandlung mit Kapitän v. Müller, mit Herrn Emmerich, Rogge und Redlich zu dem in dem Lichthof des Kruppschen Verwaltungsgebäudes stattfindenden Festakt gefahren, der sehr eindrucksvoll verUef. Erst sprach Herr Krupp v. Bohlen und Halbach, dann S.M.182, der vorlas, dann hielt Geheimrat Hugenberg die eigentliche Festrede, die in jeder Beziehung vorzügUch 180
181
Im Jahre 1912 feierte die Essener Firma zern und Hauptlieferant der Marine, sein
Krupp, der damals wohl größte deutsche Industriekoneinhundertjähriges Firmenjubiläum. Vgl. dazu die offiziFestschrift, Krupp 1812-1912, sowie übergreifend, Bilder von Krupp, passim; Gall, Krupp,
elle S. 327-336. Am 2.8.1912 hatte Müller Tirpitz gebeten, die Bedenken des Flottenchefs zu berücksichtigen, da es »für die Flotte selbst [...] etwas direkt Verletzendes [habe], in solchen Fragen einfach übergangen zu werden.« Zit. nach: BA-MA, RM 3/9. Anlaß dafür waren die dagegen geltend gemachten Bedenken des Chefs der Hochseeflotte, Holtzendorff. Vgl. dessen Schreiben an Tirpitz vom 1.8.1912, in: ebd., Nachlaß Tirpitz, N 253/27. Tirpitz empfand das Schreiben Müllers wie die Kritik an den geplanten Änderungen überhaupt als sehr scharf und reagierte dementsprechend empfindlich. Vgl. Tirpitz an Müller, 6.8.1912, sowie anliegend der Entwurf einer Antwort an das Flottenkommando, ebd. Dort auch zahlreiche weitere Denkschriften und Aktenauszüge »zur Frage der Gefechtsbereitschaft der Hochseeflotte«, mit denen Tirpitz seine Haltung gegenüber dem Flottenkommando zu verteidigen suchte. In seiner Rede betonte der Kaiser die Bedeutung der Firma für die Ausrüstung von Armee und Marine, die »Leistungen auf Gebieten, die der friedlichen Entwicklung der Völker dienen« sowie die Kruppschen Einrichtungen für Arbeiter und deren Angehörige. »So haben die in Krieg und Frieden dem Vaterlande geleisteten Dienste für dies Werk eine besondere Stellung in meinem Staate geschaffen und durch nunmehr drei Generationen seine Inhaber und ihre Familien zu meinen Vorfahren und mir in ein Verhältnis freundschaftlichen Vertrauens gesetzt. Es gereicht mir zur freudigen Genugtuung, das Werk, seine Inhaber und Angehörigen zu dem heutigen Ehrentage persönlich beglückwünschen zu können, und ich kann das Bekenntnis der Treue zu Kaiser und Reich, das ich soeben vernommen habe, nur mit dem Wunsche beantworten, daß es den jetzigen Leitern des Hauses gelingen möge, es weiter zu führen, treu den Traditionen des Hauses, zur Ehre des Namens Krupp, zum Ruhme unserer Industrie und zum Wohle des deutschen Vaterlandes.« Zit. nach: Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 200 f. -
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182
1912
233
war, voll klarer tiefer
Gedanken, getragen von einem frischen gesunden IdeaHsmus und vollendet in der Form. Sie erregte aUgemein hohe Bewunderung183. Darauf Frühstück im Beamtenkasino, wo ich neben Geheimen Kommerzienrat Haniel, gegenüber von Geheimen Kommerzienrat RöchHng saß. Nach dem Frühstück wurde bekannt, daß auf der Zeche »Lothringen« in Bochum ein schweres Grubenunglück stattgefunden habe. Zahl der Toten wurde zunächst nur gering angegeben, wuchs aber bald bis dicht an hundert184. 5 h Im Auto nach Vüla Hügel gefahren, wo aUe Gäste im Wintergarten von der FamiHe Krupp empfangen wurden. Zum Festessen war eine besondere Halle aus Eisenkonstruktion und Stuck im Anschluß an den Wintergarten errichtet, architektonisch sehr schön und sehr geschmackvoU dekoriert, in der eine Quer- und 5 Längstafeln für rund 500 Personen standen. Um 6 h kam der Kaiser, der Frau v. Bohlen, Prinz Heinrich, der die alte Frau Krupp führte. Ich hatte vorher längere Unterredung mit Tirpitz, der wünschte, daß auch ich dem Kabinettschef gegenüber bestimmt zum Ausdruck bringe, daß ich von Scheer wisse, der Flottenchef habe sich mit dem Versuch des vöUigen Besatzungswechsels 2 Schiffe im Herbst in der Kieler Woche einverstanden erklärt. Bei Tisch saß ich zwischen Herrn Emmerich und Herrn Becker. Von den Reden, Herr v. Bohlen und S.M., der ablas, war nicht viel zu verstehen. Nach dem Essen, das bis 8 h 15 m dauerte, Kaffee auf dem vor der Festhalle gelegenen, mit einem großen Segel überspannten Lindenplatz. A'ortrag eines Gesangvereins. Sprach länger mit Prinz Heinrich, der sehr vergnügt erzählte, S.M. habe befohlen, er soU zur Beisetzung des Mikado185 nach Japan und im Anschluß daran Tsingtau und das Kreuzergeschwader besichtigen. Er sagte mir ferner, er habe sehr darauf hingearbeitet, die Flotte noch ein Mal zu bekommen und mich für diesen FaU als Chef des Stabes beantragt. Leider sei es ihm nicht gelungen. Dann holte mich Tirpitz zu Müller, dem gegenüber ich bestätigte, was ich in Kiel von Scheer und Schrader über ihre Verhandlungen betreffend Besatzungswechsel 2 Schiffe im Herbst gehört hatte186. MüUer antwortete, er stehe dann vor einem Rätsel und könne Holtzendorff nicht verstehen. Im Laufe der Unterredung kamen Tirpitz und MüUer so scharf aneinander, daß ich es vorzog, mich beiseite zu drücken, ging aber beim Aufbruch nach vorheriger nochmaHger Unterredung mit Tirpitz abermals zum Kabinettschef und sagte ihm, der Staatssekretär sei durch die Vorgänge der letzten Wochen sehr mißtrauisch geworden und glaube, Holtzendorff arbeite jetzt darauf hin, ihn zu verdrängen und sich in den Sessel des Staatssekretärs zu setzen187. im 184
185 186
187
Vgl. Hugenberg, Streiflichter, S. 209-215. Bei einer Schlagwetterexplosion auf dieser Grube wurden 115 Bergleute getötet. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 200; Müller, Der Kaiser, S. 120. Der japanische Kaiser Mutsuhito war am 29.7.1912 gestorben. ryeT Chef der Hochseeflotte, Holtzendorff, bestritt, Scheer gegenüber sein Einverständnis zu dem von Tirpitz geplanten Versuch in der Rekrutenfrage gegeben zu haben. Vgl. Müller an Tirpitz, 10.8.1912, BA-MA, N 253/27. (Ebd. weitere Schriftwechsel in dieser Frage.) In einem »Grünzettel« vom 11.8.1912 warf Tirpitz Capelle gegenüber ausführlich die Frage seines »Abgangs« auf, da er, »wie die Sachlage u[nd] die Personalkonstellation« liege, nicht »nach allen Seiten fechten« könne. Capelle versuchte ihn am 13.8.1912 (undatiert, »Dienstag morgen«) zu beruhigen:
»Im ersten Augenblick kann man wohl auf die Idee kommen, daß ein bewußtes Kesseltreiben gegen Eure Exc[ellenz] stattgefunden hat. Bei näherer Überlegung erklärt sich alles natür-
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10 h 30 m N Nach dem Hotel Bett.
zurück, dort noch bis kurz vor
12 h gesessen, dann
zu
Freitag, den 9. August 1912 Um 10 h 30 m V Von Tirpitz telephonisch zum Laboratorium der Kruppschen Werke besteUt. Mit MüUer dorthin gefahren, der Suite von S.M., der die Werke besichtigte, angeschlossen. Tirpitz wünschte, daß ich am Abend wenn möglich mit ihm bis Frankfurt/M., wo er übernachten woUe, mitfahre, ebenso Dick und Müller. Bis 2 h Besichtigung der Kruppschen Werke, sehr im Fluge, aber sehr interessant, besonders Laboratorium, schwere Geschützfabrik (Aufziehen eines Ringes), Museum und Schießplatz. Staatssekretär scheint mit S.M. etwas verknuckst zu sein. Hielt sich auch ostentativ zurück. Ich sprach viel mit dem Kabinettschef. Beim Nachhausefahren entschied Tirpitz, daß nur MüUer mit nach Frankfurt zu fahren brauche, da ja eigentlich alles vorläufig erledigt sei. [...]
Dienstag, den 20. August 1912 10 h. Auf dem Bureau, wo mir Schultz übergab. Nicht viel Neues. [...]188 Lange Unterhaltung mit CapeUe über das, was in Essen sich zwischen dem Staatssekretär und Kabinettschef abgespielt hat. Nachher erzählt mir Schultz, er habe von Raeder (Nachrichtenoffizier »Hohenzollern«) erfahren, daß Müller Holtzendorff veranlaßt habe, die Rekrutenfrage zu einer Personalkrisis zu machen und daß Wegener (Neffe v. Holtzendorff) in einer schwachen Stande gesagt habe, Holtzendorff wolle noch ein viertes Jahr die Flotte behalten, dann Staatssekretär werden und Heeringen köpfen. Echt Henning, der Kerl kriegt mit seinen Intrigen womögUch auch das noch fertig.
lieh und erweist sich der Verdacht als grundlos. Euer Exc[ellenz] Position ist zu fest, um an die Möglichkeit zu glauben, daß man auf den Sturz E[uer] Excfellenz] hinarbeitet. Erstens das Fehlen eines Nachfolgers, Hol[t]z[endorff], Heer[in]g[en] sind ausgeschlossen, ersterer ist ja reich u|nd] zu arbeitsmüde, letzterer ja nervös. Zweitens das Jubiläum im nächsten Sommer; bei demselben sind Euer Exc[ellenz] unentbehrlich und last not least wäre E[uer] Exc[ellenz] Abgang zur Zeit ein europäisches Ereigniß, ein Waffenstrecken vor England.« In: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/27. Ebd. auch weitere Schriftwechsel, in denen Tirpitz seinen Rücktritt mit Capelle diskutiert. Folgen Aufzeichnungen über einen Schießunfall auf dem neuen Linienschiff »Oldenburg«. —
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1912
235
Mittwoch, den 21. August 1912
CapeUe erzählt, was Schultz gestern von Raeder gehört. Er hält es für übertrieben, glaubt aber doch, daß man auf der Hut sein müsse, wenn er auch MüUer nicht zutraue, daß er Tirpitz verdrängen woUe. Donnerstag, den 22. August 1912 Längere Unterhaltung mit Trotha, der der Ansicht ist, daß MüUer nicht daran denkt, Tirpitz zu verdrängen und jedenfaUs nicht v. Holtzendorff an seine SteUe bringen will. Gibt zu, daß er auf v. Holtzendorf schwört und sich gerade unglaublich von ihm beeinflussen läßt. S.M. hat den Brief von Tirpitz an MüUer über das Handschreiben des Kaisers gelesen und sich sofort emsig daran gesetzt, es zu widerlegen. Was er darüber geschrieben, hat Müller noch zurückhalten können, es wird aber wohl noch etwas kommen. S.M. hat einige Punkte herausgepickt und reitet darauf herum, namentlich auf der Tirpitzschen Berufung auf Zündnadelgewehr und Chassepot 1870 unter Bezugnahme auf St. Privat189.
Freitag, den 23. August 1912 Längere Unterhaltung mit CapeUe über das, was mir Trotha gestern erzählt. CapeUe glaubt doch, daß MüUer sich v. Holtzendorff als Reservemann für Tirpitz klar etwas darüber verlauten zu lassen. Er hält es auch nicht für ganz ausgeschlossen, daß S.M. unter dem Einfluß des Reichskanzlers Tirpitz abzuschieben sucht, wenn es auch höchst auffaUend sei, daß er ihn bei seinem 25. Jubiläum als Staffage entbehren wolle. Capelle glaubt, daß Heeringen nicht
hält, sich natürlich hütet,
Vgl. Tirpitz'
Brief an Müller vom 5.8.1912 und die zum Teil sehr drastischen Randbemerkungen des Kaisers, BA-MA, RM 2/1603. Unter Hinweis auf das Zündnadelgewehr, das dem französischen Chassepot in Reichweite und Treffgenauigkeit 1870 unterlegen gewesen war, hatte Tirpitz seine Schiffbaupolitik mit der Devise gerechtfertigt (Die Bemerkungen des Kaisers in eckigen Klammern): »In Summa komme ich [...] zu dem Schluß, daß unsere bisherigen Schiffe der Dreadnought-Periode sämtlich den gleichaltrigen englischen Schiffen mehr als gewachsen sind, was auch in ihrem, meist mehrere tausend tons größerem Deplacement seinen Ausdruck findet. Wenn man aber auch nicht diesen Standpunkt teilen wollte, so würde ich doch glauben, daß man richtigem militärischen Grundsatze nach dem üblichen Schreien [ganz falsch!] der Front welche nur die überlegenen [die Geschütze, die auf sie schießen| nicht die unterlegenen Stellen des Gegners sieht nicht zustimmen, sondern stets entgegentreten sollte, [grundfalsch!] Hier ist die Waffe: jetzt macht das Meiste daraus! So verfuhren wir vor 1870 [unerhörter Grund!] mit dem gefährlich dem Chassepot unterlegenen Zündnadelgewehr [und bezahlten mit 10 000 von Leichen!].« Wilhelm II. bezeichnete diese Haltung als »total verkehrt falsch [...] Einen solchen Standpunkt werde ich als oberster Kriegsherr niemals dulden! Die Beste und neueste Waffe ist gerade gut genug für meine Flotte, und die soll sie unter eigener Mitwirkung erhalten!« Randbemerkung Wilhelm II. ebd. In der Schlacht von St. Privat am 18.8.1870 hatte sich die französische Überlegenheit sehr nachteilig -
-
bemerkbar gemacht.
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236
mehr als Kandidat für den Staatssekretär gelte, einzige sei19".
v.
Holtzendorff also einstweüen der
Sonnabend, den 24. August 1912 Trothas
Vortrag bei S.M. in Wühelmshöhe ausgefaUen, da Kaiser erkrankt ist (starke Erkältung mit SchweUung des Halses und Fieber). Längere Unterhaltung mit CapeUe. Brief an Staatssekretär, in dem ich ihm den Inhalt meiner Unterhaltungen mit Trotha und Karpf wiedergebe, welch letzterer gegen Mittag bei mir war und erzählte, wie er dazu gekommen, die Denkschrift über den Kleinen Kreuzer zu schreiben191. [...]192 Montag, den 26. August 1912 Bericht Holtzendorffs mit recht saftigen Bemerkungen des Kaisers uns zugeschrieben (das ist ja fast wie in Frankreich)193. S.M. scheint doch recht geschwollen gegen Tirpitz zu sein, wenn die Stimmung bei ihm auch nicht lange anhalten wird.
Dienstag, den 27. August 1912 Längere Unterredung Mißtrauen und seinen
mit CapeUe und Trotha. Brief Argwohn abschwächen soll195.
an
Staatssekretär,
der sein
Freitag, den 30. August 1912 Lange Besprechung mit CapeUe, Trotha, Gerdes und Scheer über aUe aktuellen Fragen. Trotha hat morgen Vortrag, S.M. kommt heute nach BerHn zurück. Brief an Staatssekretär, Antwort auf 2 Grünzetteln, in denen er verschiedene Fragen 190
In einem Schreiben
an
Tirpitz vom 20.8.1912 hatte Capelle diese Gedanken näher ausgeführt. In:
BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/27.
191
Nicht ermittelt.
192
Folgen Aufzeichnungen über den Unfall auf dem Linienschiff »Oldenburg«. Am 21.8.1912 übersandte der Chef der Hochseeflotte, Holtzendorff, einen Bericht über die Geschützhavarie auf »Oldenburg«. Wilhelm II. versah diesen mit scharfen Randbemerkungen und bemerkte abschließend dabei auf die Mißstände in der französischen Marine anspielend: »Donnerwetter! Da hört ja doch alles aufl Wir sind doch nicht in Frankreich.« In: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/27. Folgen Aufzeichnungen über den Unfall des Linienschiffs »Oldenburg«. In: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/27.
193
-
194 195
1912
stellt196. Seine Frage, ob er sofort zurückkommen solle, ist nach peUe verneint (telegraphisch).
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Beratung mit Ca-
Sonnabend, den 31. August 1912
CapeUe auf 2 Monate Urlaub. Trotha zum Immédiat-Vortrag197. Erzählt mir nachher, daß S.M. ganz ruhig gewesen sei. Über »01denburg«-Affäre hat er kaum geredet, sich aber lange und eingehend über den Brief von Tirpitz an Müller, den er mit Zustimmung von Tirpitz gelesen und darüber aufgehalten, daß der Staatssekretär durchaus aUes aUeine machen woUe und jede Anregung, die ihm von anderer Seite, sei es aus der Front oder von ihm persönHch käme, zurückweise. Das könne er, der doch letzten Endes die Verantwortung vor der Nation und Geschichte trage, nicht dulden. Er behandele Tirpitz sicherHch rücksichtsvoU, dieser sei aber oft ganz untraitabel. Besonders hat sich S.M. über den Vergleich ZündnadelgewehrChassepot 1870 aufgehalten. Trotha fuhr noch zu CapeUe, um diesem, der am Montag nach St. Blasien zu Tirpitz kommt, den Inhalt der Unterredung mitzuteilen.
Donnerstag, den 5. September 1912 [...]198
Geheimrat Busley und der Schiffbaudirektor von Schichau bei mir mit der Mitteüung, daß die Griechen 2 von unsern Torpedobooten haben woUen. Ich bezeichnete ihnen die Zustimmung des Staatssekretärs als wahrscheinHch ohne mich festzulegen199. [...] Der Besuch des Kaisers in der Schweiz hat scheinbar sehr guten Erfolg2"". Die amerikanische Presse fängt an gegen England wegen der Panama-Kanal-Affäre scharf zu werden.
Montag, den 9. September 1912 Staatssekretär um 7 h V aus St. Blasien zurück. Lange Unterhaltung mit ihm von 11 h -1 h. Er hält, wie er sagt, den ZyHnder klar, wül aber vorläufig nichts unter-
196 197 198 i" 200
Alle Schreiben ebd. Vgl. dazu dessen Aufzeichnung vom 1.9.1912, ebd., RM 2/1603. Folgen Aufzeichnungen über einen Bericht über Schießversuche in Meppen. Vgl. Hopmans Tagesmeldung an Tirpitz vom 5.9.1912, BA-MA, RM 3/11517. Vom 4. bis 7.9.1912 hielt sich Kaiser Wilhelm II. zu einem offiziellen Besuch in der Schweiz auf. U.a. nahm er dabei an den Schweizer Armeemanövern teil. Der Empfang war herzlich und der Besuch dementsprechend erfolgreich. Vgl. die Berichte im »Berliner Tageblatt« vom 4. bis 7.9.1912.
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nehmen, sondern
mal abwarten2"1. Seiner Ansicht nach hat er keinen genügenden Grund einem anständigen Abgang. Ich entwickelte ihm meine schon schriftlich dargelegte Ansicht, daß der Kaiser an seinen Abgang nicht denke, vielmehr nur mal wieder habe zeigen wollen, daß er doch auch etwas zu sagen habe und daß Müller sich verpflichtet fühle, die Front gegen Vergewaltigung zu schützen. Tirpitz sieht aber pessimistischer. Er traut dem »Phantasten« Holtzendorff das Streben nach dem Staatssekretärsessel trotz aUer meiner Gegengründe zu, meint, daß der Reichskanzler und die gesamte Diplomatie ihn schiebe und hält mir als Beweis vor, daß man jetzt die Behauptung gegen ihn aufführe, er habe die Kaiserin in die Poütik hereingeholt und gegen Reichskanzler und S.M. ausgespielt2"2. Herr v. Jagow (Rom) hat etwas derartiges an Rheinbaben erzählt. SchHeßUch sagte er, dem Kaiser sei das schlechte Verhältnis zu England im Grunde seines Herzens widerlich. Er betrachte ihn doch als den Urheber desselben und werde froh sein, ihn auf angenehme Art loszuwerden. An Helfern fehle es ihm dabei nicht. Capelle habe aus den Unterhaltungen mit Trotha auch den Eindruck mitgenommen, daß die Lage nicht so harmlos sei. Die Situation wird sich in der nächsten Woche entscheiden. Ich glaube, er findet sich mit dem Kaiser wieder. Jedenfalls wird S.M. ihn bei seinem Regierungsjubiläum2"3 noch als Staffage haben wollen. Nachher Besprechung mit Scheer über Rekruten frage, in der jetzt kommissarische Beratungen mit Flotte, Admiralstab und Stationen stattfinden sollen. Scheer ist jetzt auch für den Vorschlag von Kapitän v. MüUer, der 1 Vájahriiche Wechsel der halben Besatzung vorsieht, so daß aUe halbe Jahre ein Geschwader wechselt. Dann sind stets 2 Geschwader kriegsbereit. erst
zu
Donnerstag, den 12. September 1912
Sitzung über Großen und Kleinen Kreuzer und Torpedokreuzer, (Großer Kreuzer Linienschiffspanzer und 14 Torpedorohren, ein höchst merkwürdiges und gänzlich unhaltbares Projekt von S.M., das der Staatssekretär nicht mitmachen mit
will2«14.
201
202 203 204
In Hopman, Das Logbuch, S. 388, auf Abreise nach Wilhelmshaven zu den Flottenmanövern datiert. Während seines Aufenthalts in St. Blasien verfaßte Tirpitz allerdings ein Rücktrittsgesuch, spielte dabei zugleich die Reaktionen des Kaisers durch. Vgl. den Entwurf und die möglichen Antworten (von der Hand Capelles) in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/27. Zu den Differenzen zwischen Tirpitz und dem Chef der Hochseeflotte, Holtzendorff, vgl. auch Müller, Der Kaiser, S. 132 f. Anspielung auf das 25jährige Regierungsjubiläum Wilhelms II. im Sommer 1913. Zu diesem Schiff, das im Reichsmarineamt spöttisch »Homunculus« genannt wurde, vgl. Tirpitz, Erinnerungen, S. 134; siehe unten S. 248; auch Hopman, Das Logbuch, S. 386.
1912
239
Freitag, den 13. September 1912 Sitzung über LuftschiffhaUenbau, in der Tirpitz ziemHch deutHch seinem Unmut darüber Ausdruck gab, daß die Platzfrage nicht rechtzeitig geregelt sei. Jetzt handelt es sich noch um Cuxhaven oder Rendsburg. Anerkennungstelegramm S.M. für Probefahrtsergebnis S.M.S. »Kaiser« (23,55 sm), das ihm gestern telegraphisch gemeldet. Die überraschend hohe Geschwindigkeit ist gar nicht angenehm. Sie wird von den nachfolgenden Schiffen auch verlangt und trägt nur dazu bei, den Unterschied zwischen Linienschiff und Panzerkreuzer zu verwischen. [...] Sonntag, den 15. September 1912 8 h 31 V Mit Tirpitz nach Wühelmshaven gefahren205, f...]206 Auf »HohenzoUern« bis 11 h an Deck. Dabei bei Admiral v. MüUer2"7 angeregt, daß Generale sich des schlechten Wetters wegen morgen auf »HohenzoUern« einschiffen, was S.M. sofort befahl. Als S.M. mich im Kreise verschiedener anderer Herren sah, winkte er mir zu und sagte: »Na Hopmännchen, wie geht es Ihnen denn.« Auf meinen aUeruntertänigsten Dank folgte dann: »Na das KreuzerHnienschiff ist da, die >Moltke< schwimmt« und eine längere scherzhafte Erzählung, daß ich gegen ihn geschrieben habe und sein Gegner gewesen sei208. »Ihr woUt ja immer schlauer sein, aber euer AUerhöchster Kriegsherr hat doch recht.« Dann erzählte er von seinem neuen Projekt eines Panzerkreuzers mit zahlreicher Torpedoarmierung ohne schwere Artillerie und mit starker Panzerung, der die halbe feindHche Linie wegpfeffern könne und andere eigenartige Gedanken. Bülow und ich hatten einige Einwände, die er aber kurzerhand abfertigte, um sich schHeßHch mit den Worten zu verab205 206
207
Hopman, Das Logbuch, S. 388 390. polgen Aufzeichnungen über die Reise zu den Herbstmanövern der Flotte und die mitfahrenden
Auch erwähnt in
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Offiziere von Armee und Marine. Zu den Ereignissen und Konflikten während der Flottenmanöver 1912 vgl. auch Müllers Aufzeichnungen vom 15. bis 22.9.1912, in: Müller, Der Kaiser, S. 164-167; Rahn, Wilhelm II. und seine Marine, S. 285-291 (anhand der Erinnerungen von Vizeadmiral William Michaelis). Das Herbstmanöver 1912 sollte die internen Diskussionen über die unterschiedlichen seestrategischen Konzeptionen Tirpitz' und Holtzendorffs hinsichtlich des Aufmarschs der Flotte in einem Seekrieg mit England Aufmarsch in der Deutschen Bucht oder getrennter Aufmarsch, um die Royal Navy zu einem Angriff zu provozieren und sie schließlich nach gelungener Vereinigung im zum Abschluß »freien Wasser« zu schlagen bringen. Vgl Scheerer, Die Marineoffiziere, S. 202-226. Wilhelm II. spielte hiermit auf eine interne Auseinandersetzung aus dem Winter 1903/Frühjahr 1904 an. Begeistert von der Idee der Entwicklung eines Schnellen Linienschiffes hatte er entgegen Tirpitz' Rat, der das Flottengesetz nicht durch eine erneute Typendiskussion wie in den 1890er Jahren gefährden wollte, unter dem Pseudonym »L[ehmann]« Anfang 1904 einen Artikel »Einiges über Panzerkreuzer« in der offiziösen »Marinerundschau« (MR 1904, S. 13-17) veröffentlicht. Hopman hatte daraufhin, offenbar im Auftrag von Tirpitz, eine Entgegnung »Zu dem Aufsatz >Einiges über Panzerkreuzer« verfaßt, in dem die vom Kaiser vertretenen Ideen zurückgewiesen wurden. Zu diesen internen Auseinandersetzungen, ebd., S. 220-222. Vgl. auch Berghahn, Der Tirpitz-Plan, S. 361-372. -
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2,18
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schieden: »Na der Hopman denkt, es ist doch aUes Unsinn, was ich sage. Wenn ich aber mal in 20 Jahren tot bin und mein Sohn an der Regierung, dann sagt er: er hat doch recht gehabt. Gute Nacht, meine Herren!« Viel mit Platen, Bülow und Karpf über die Spannung zwischen Tirpitz und MüUer/Holtzendorff geredet. Sie stehen aUe auf der Seite von Tirpitz. -
Montag, den 16. September 1912 7 h 30 m V Frühstück. 8 h 30 m S.M. auf »Deutschland« eingeschifft mit Tirpitz, Chef des Adrniralstabs, Chef des Generalstabes, Chef des Militärkabinetts, Fürst Fürstenberg, MichaeUs. Vorher Generale auf »HohenzoUern« eingeschifft, die um 9 h ausHef. Wetter nicht ungünstig. Steifer NW, aber klar und kein Regen. »HohenzoUern« folgte im Kielwasser »Deutschland«, hinter uns »Breslau« und »Heia«. Auf Schülig Reede lagen Fahrzeug der Hafenverteidigung und U-Bootsflottille, die unter Bewegung passierte. Flottenparade 10 sm südwestiich von Helgoland. 6 Torpedobootsflottillen, I., IE, III. Geschwader, 2 Aufklärungsverbände, verlief sehr glänzend. Besonderen Eindruck machte das von Hamburg eintreffende Zeppelin-Luftschiff »Hansa«, das trotz des starken Windes in See gegangen war. Die Generale, derer ich mich sehr annahm, waren recht befriedigt. Im Anschluß daran fanden formaltaktische Vorführungen statt, während deren wir frühstückten, dann Gefechtsübungen Hochseeflotte gegen durch III. Geschwader markierten gelben Gegner. Laufendes Gefecht, Annäherung von blau in Divisionsstaffel, Druck auf die blaue Spitze durch Einsetzen von Panzerkreuzern und Torpedobootsangriff, dann divisionsweise Kehrtschwenkung unter Annahme von Sänden und Minensperren. Situation sah dadurch für Blau höchst bedenklich aus, so unmotiviert, daß mich mehrere Generale fragten, was das bedeute. Ich erklärte es durch Zertrümmerung des südlichen Flügels. Von 3 h 20 m N ab eingelaufen und auf Wühelmshaven Reede geankert, wo S.M. an Bord kam. Wie mir Bülow erzählte, hat die divisionsweise Kehrtschwenkung das MißfaUen von S.M. in hohem Maße erregt. MüUer hat sofort Holtzendorff die Stange gehalten, bisher aber noch ohne Erfolg2"9. Tirpitz sprach mir gegenüber von einer verlorenen Schlacht. 8 h Abendtafel, hinterher in der Gefolgemesse.
Dienstag, den 17. September 1912 8 h 30 m In See gegangen bei recht steifem NW. Abschnitt I des strategischen Manövers. Blau Hegt getrennt in 2 Häfen, die Wühelmshaven und Kiel darsteUen. I. Geschwader in Wilhelmshaven, II. Geschwader bei Lodbjerg. Gelb in 2 Häfen, die Themse-Mündung und Rosyth darsteUen. Gelbe Kreuzer sind vorgeschoben 209
Vgl
die nicht unkritischen
Kaiser, S. 165.
Tagebuchaufzeichnungen
Müllers
vom
16.9.1912, in: Müller,
Der
1912
Übungsminensperre
241
durch gelben »Nautilus« fiel im Anmarsch. Das Legen einer des Wetters wegen aus und wurde markiert. »HohenzoUern« folgte dem I. Geschwader, das gegen 12 h die Barre passierte und Kreuzer westlich aufklären Heß. Von vornherein keinerlei Funkspruchmeldung bekommen, da Blau dauernd mit größter Intensität störte. Gegen 2 h N kamen blaue Kreuzer zurück vor überlegenen gelben Kreuzer, die vor blauem I. Geschwader, das nordwärts zur Vereinigung steuerte, Fühlung nahmen. Chef des Admiralstabs und seine Offiziere machten den Fehler, S.M. nicht genügend und dauernd über die Lage zu unterrichten, was um so unglückHcher war, als S.M. sehr interessiert war und durchaus etwas sehen woUte. Ich stand in seiner Nähe und machte mich soweit wie mögHch nützHch. Der Kaiser war trotz des hohen Seegangs nicht seekrank. Da gegen 4 h Chef des Admiralstabs erklärte, es sei keine Aussicht, daß es noch am Tage zum Renkontre der Gros käme, überredete Karpf S.M. umzudrehen, um bei Helgoland oder in der Jade zu ankern. Das Ankern bei Helgoland gab er dann der See wegen meiner Ansicht nach zu Unrecht auf. S.M. war recht übler Laune, meinte, er woUe beim Kaiser-Manöver etwas sehen, sonst könne er ja auch in Berlin bleiben und wurde erst recht ungnädig, als am Abend nach dem Ankern bei SchilHg endHch Funksprüche einHefen, aus denen hervorging, daß es gegen 6 h zur Schlacht zunächst zwischen den beiden nördHchen Gros, dann zwischen dem vereinigten gelben Gros und dem südHchen blauen Gros gekommen sei, in der Blau vöUig vernichtet war. Bei seiner Art, vom Manöver gleich auf den Ernstfall Schlüsse zu ziehen, konnte das nicht ausbleiben. Dazu schimpfte er über die Anlage des Manövers, durch die man seinen Diplomaten und ihm zumutete, bei einer derartig gespannten Situation, es noch nicht einmal fertigbekommen zu haben, vorher die Flotte in der Nordsee zu konzentrieren. Daher aUgemeine Depression, namentlich bei Heeringen und MüUer, der für seinen Freund Holtzendorff fürchtete210. Bei der Mittagstafel saß ich neben S.M. Platen machte den Witz: Hopman möchte mit S.M. noch mal die Frage des Kreuzerlinienschiffs besprechen, worauf er mir im Scherze die Hand gebend sagte: »Ach freut mich sehr!« Als ich antwortete: »Wir haben aber doch 2 Typen«, meinte er: »Seien Sie bloß still, sonst setze ich Sie so auf den Propfen, daß Sie nicht mehr wissen, wo Sie bleiben soUen.« Beim Auslaufen am Vormittag fand Vortrag über die neue »Hohenzollern« statt, mit der S.M. sehr zufrieden war. Bezeichnend war dabei folgendes: Als er die größte KavaHerkammer mit »Reichskanzler« bezeichnet entdeckte, sagte er: »HoffentHch ist er recht selten drin« und zum Fürsten Fürstenberg gewandt »Da kannst Du drin wohnen«, strich mit einem Bleistift »Reichskanzler« aus und schrieb »Fürstenberg« hinein. Abends wieder in der Gefolgemesse. Ich bekam wieder eins ab. Er hatte in von einer Wühelmshavener Buchhandlung herausgegebenes Heft »Kaiser-Manöver 1912« von211, fand es sehr schön und meinte plötzHch: »Da hat Hopman wohl wieder einen Artikel drin geschrieben212.« Ich antwortete: »Ich schreibe grundsätz-
2u» 211 212
Vgl. MüUer, Der Kaiser, S. 165 f. (Eintragung vom 16.9.1912). Satz unvollständig bzw. mißverständlich. Zu dieser Anspielung siehe oben Anm. 208.
242
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Hch keine Artikel mehr«, worauf er mir mit dem Finger drohte. Es wurden Berichte des russischen Militärattaches über die Borodino-Feier vorgelesen213.
Mittwoch, den
18.
September 1912
Das Barometer der Laune S.M. stand zunächst sehr tief. Vor dem Frühstück mit Müller auf und ab gehend, Heß er sich sehr laut und heftig über die Anlage des Manövers aus. Um ihn abzulenken, wurde ihm vorgeschlagen, am Vormittag durch Wilhelmshaven hereinzufahren und die Süderweiterung zu besichtigen, worauf er einging. Bevor wir an Land gingen, entwickelte er noch Karpf, wie schauderhaft es ihm sei, nichts zu sehen und auf der Jade zu Hegen. Die ganze Welt mache sich lustig über ihn. Er gehöre in das Manövergelände, sonst hätte er auch in BerHn bleiben können usw. Um 9 h 45 m V mit Motorboot nach dem »Sleipner« gefahren. Einschiffung erwies sich des Seegangs wegen als unmögHch, Schwerdtfeger, der Bootsoffizier, quetschte sich dabei am Rücken, glücldicherweise nur unbedeutend. Deshalb im Boot nach WUhelmshaven gefahren, was bei der hohen See bisweüen etwas gefährhch aussah. »Sleipner« eskortierte, »HohenzoUern« folgte später. In WUhelmshaven mit Auto nach der Süderweiterung gefahren, die S.M. sehr gefiel. Dann an Bord und nach der Mittagstafel wieder ausgelaufen. Zunächst auf SchiUig Reede geankert, gegen 4 h in See gegangen und in die Elbe gelaufen, wo die blaue Flotte zu Anker lag. Manöver um 6 h abgebrochen, da, wie Heeringen ihm gemeldet, die strategische Situation geklärt und es sicher war, daß blaue Torpedoboote auf gelbe KreuzerHnie zum Angriff kämen. Admiral v. Koester sagte mir gleich mit vollem Recht, daß er die Beendigung dieses Abschnitts für einen großen Fehler halte, da man den Torpedobooten die MögUchkeit, endHch mal nach dem vielen Elin- und HerschHngern eine Leistung zu zeigen, nehme. Beim Einlaufen in die Elbe, wo es viel zu sehen gab, stieg die Laune von S.M. wieder erhebHch. Nach der Abendtafel wieder in der Gefolgemesse214. Ungemein interessanter Abend. S.M. kam durch die Erwähnung seiner Fahrt mit »BHtz« zum Queen's Jubüee215 1887 auf engHsche Verhältnisse zu sprechen, erzählte zunächst, wie unglaubHch unvorbereitet die FestHchkeiten gewesen seien, wie er im letzten Moment die Tischordnung habe machen müssen, da sich niemand vorher darum gekümmert hätte, wie der alte König von Sachsen216 schHeßHch remonstriert und
213 214 213
216
1912 jährte sich die Schlacht bei Borodino, die, auch wenn sie unentschieden ausging, die Niederlage Napoleons I. auf seinem Rußlandfeldzug einleitete, zum 100. Mal. Auch erwähnt in I Iopman, Das Logbuch, S. 389 f. Am 21.6.1887 feierte Queen Victoria ihr 50jähriges Regierungsjubiläum. Die Absicht des damali-
gen Prinzen Wilhelm, aus diesem Anlaß offiziell, anstelle seines erkrankten Vaters, nach London zu fahren, hatte erhebliche Verstimmungen im deutsch-englischen Verhältnis zur Folge. Während der Kronprinz und seine Frau besonders herzlich empfangen wurden, war der Empfang des Prinzen Wilhelm ausgesprochen kühl. Dazu und zu den diplomatischen Nachwirkungen dieser Reise vgl. Röhl, Wilhelm II. Jugend, S. 672-687. Albert König von Sachsen 1873 -1902.
1912
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weil er die Schwester des Königs Thalakana217 habe führen soUen, mit ihnen allen weggegangen sei, wie der Prinz von Wales stets zu spät gekommen sei und sich unglaubHch benommen habe. Dann kam er auf seine Fahrt nach England gelegentlich der letzten Erkrankung der alten Königin218. Die Tanten hätten versucht, ihn fernzuhalten, er sei trotzdem gefahren, habe sich den Zugang zu ihrem Sterbelager erkämpfen und erlisten müssen, habe sie noch mehrfach gesprochen und in ihren letzten AugenbHcken gestützt. Im Moment ihres letzten Atemzuges haben er und aUe Anwesende gewußt, daß nun eine neue Ara für England und die Welt denn Eduard sei ihm nicht beginne, König gewogen gewesen und habe das sofort durchfühlen lassen. Am tiefsten habe ihn und aUe MitgHeder des engHschen Königshauses der Umstand gekränkt, daß er sofort Osborne, den LiebHngssitz seiner Großmutter und die Heimat ihrer sämtlichen Kinder und Kindeskinder, an der sie aUe mit schwärmerischer Verehrung gehangen hätten, sofort aufgegeben hätte. »Bloß des Geldes wegen hat der Kerl das getan ohne jede Pietät gegen seine Mutter und deren ganzen FamiHe!« Die Tanten, seine Mutter usw. hätten tagelang geweint, das sei dem »Kerl« aber gänzHch wurscht gewesen usw.219. Das brachte ihn dann ferner auf sein Verhältnis zu seiner Großmutter und dem König Eduard. Erstere hat er aufs höchste verehrt, sie hat auch sehr viel von ihm gehalten und ihn dauernd gegen den damaHgen Prinzen von Wales ausgespielt, namentUch wenn es sich um dessen gesellschaftliche Debauchen handelte: »My dear chüd, I think it is better you should not go!« hat sie ihm einmal gesagt, als er sie frug, ob er zu einem Diner gehen sollte, das eine Dame zweifelhaften Rufes für den Prinzen von Wales gab, die ihn gerne dabei haben woUte. Ein anderes Mal hat sie ihn nach der bekannten Spieler a ffäre22" des Prinzen von Wales veranlaßt, nicht zu einer garden party zu gehen, zu der ihn der Prinz von Wales einfangen woUte, um sich durch den deutschen Kaiser vor der engHschen Gesellschaft zu rehabüitieren. Die engHsche GeseUschaft sei wütend gewesen, daß er nicht gekommen sei, denn nur durch die angekündigte Anwesenheit des deutschen Kaisers habe sie sich bewegen lassen, zu kommen und habe nun auf ihn anstatt auf den Prinzen von Wales geschimpft. Aus vielen weiteren Erzählungen ging hervor, daß die alte Königin ihm auch in poHtischer Beziehung sehr viel \rertrauen geschenkt hat. Das sei später unter Kö217 :ik
Nicht ermittelt. Am 20.1.1901 traf Wilhelm II. in England ein, um seiner im Sterben liegenden Großmutter Königin Victoria diese starb am 22.1.1901 die letzte Reverenz zu erweisen. Zu diesem Besuch, bei dem Wilhelm II. aufgrund seines überraschenden Erscheinens und seines bescheidenen Auftretens mit Begeisterung und Sympathie begrüßt wurde, vgl. Winzen, Bülows Weltmachtkonzept, S. 296-307. König Eduard VII. hielt es trotz des Protests seiner Schwestern 1902 aus finanziellen Gründen für notwendig, Osborne House der Royal Navy und der Armee als Erholungsheim bzw. Kadettenunterkunft zu übergeben. Vgl. St. Aubyn, Edward VIL, S. 374. Der spätere englische König Eduard VII. war 1890/91 in eine aufsehenerregende, die englische Monarchie erschütternde Spieleraffäre verwickelt. Wilhelm II. hatte daraufhin seinen Onkel wissen lassen, daß er dieses Verhalten für unvereinbar hielt für jemanden, »holding the position of a Colonel of Prussian Hussars embroiling himself in a gambling squabble, and playing cards with men, voung enough to be his sons.« Zit. nach: St. Aubyn, Edward VIL, S. 170. Ausfuhrlich dazu ebd., S. 163-172; auch Roby, The King, S. 229-259. -
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244
nig Eduard
ins Gegenteü umgeschlagen. Der jetzige König221 kümmere sich nur seine Enten und Fasanen. Wenn die alte Königin noch 10 Jahre länger gelebt hätte, wäre aUes anders geworden, dann hätten solche Lumpen wie ChurchiU usw. um
überhaupt nicht hochkommen können, dann wäre die gute alte engHsche Art am Ruder gebHeben usw. Der Kaiser erzählte ununterbrochen fast 2 voUe Standen. Er war sichtHch bewegt, wir aUe lauschten wie Kinder, denen ein Märchen erzählt wird. Ich habe folgende Eindrücke dadurch bekommen. 1) Der Kaiser ist in seinem innersten Herzen ebenso Engländer wie Prinz Heinrich. Er kann gegen sein engHsches Blut nur schwer gegenankämpfen, tat dies unwiUig und bloß im Gefühl der Pflichten, die ihm sein deutsches Kaiseramt aufbürdet. Bezeichnend hierfür war folgender Ausspruch: Meine Herren, da werden Sie verstehen, wie schwer es mir oft wird, diesen Leuten (d.h. den Engländern) immer mit halbgezücktem Schwert gegenüberzustehen. 2) Die dynastischen und FamiHenbeziehungen spielen in der großen PoHtik eine
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viel bedeutsamere Rolle, als die Mehrzahl der Menschen auch nur ahnt. Denselben Eindruck habe ich oft durch Erzählungen des Prinzen Heinrich bekommen, aber doch nicht so bestimmt wie an diesem Abend durch die Worte des Kaisers. Die alte Königin von England ist eine hochbedeutende Frau gewesen. Sie hat als Großmutter von Europa die Welt regiert nachdem Bismarck die Augen geschlossen. Nach ihrem Tode hat die Eifersucht und der Kampf zwischen König Eduard und unserm Kaiser begonnen, in dem ersterer durch seine weit überlegene Klugheit, seinen feinen poHtischen Takt und Instinkt sowie durch seine größere Menschenkenntnis gesiegt hat. Der Kaiser ist ein Mensch von einem fabelhaften Gedächtnis und sehr hohem InteUekt. Dem entspricht aber nicht seine Entschluß- und Tatkraft. Er hat Freude an äußerer Anerkennung und VerherrHchung, nicht an der Tat und dem inneren Bewußtsein des Erfolges. Der Grundzug seines Wesens ist Eitelkeit und SelbstverherrHchung. Daher auch das dauernde Reden, Belehren und Erzählen, das Fühlenlassen und Betonen seiner Überlegenheit, der UnwUle gegen jeden Widerspruch, kurz sein Caesarentam. Es ist ein Wunder, daß er diese dauernde geistige Überhebung und Überanstrengung aushält, man kann sich ernsthaft fragen, wie lange das noch weitergeht. ZweifeUos ist er bereits hochgradig nervös, seine neuHche Erkrankung in WHhelmshöhe ist keine Erkältung, sondern wieder ein nervöser Zusammenbruch gewesen. Die poHtische Lage ist ihm wieder auf die Nerven gegangen, unsere Herren aus der Wühelmstraße haben dabei geholfen. Als Mensch war er an dem Abend ungemein sympathisch, aber weich und feminin trotz aUer Entschiedenheit in seinen Worten. Der Abend wird mir unvergeßHch bleiben, aber er erfüUt mich doch mit tiefer Besorgnis224.
Georg V., König von England und Kaiser von Indien 1910-1936. Vorlage irrtümlich »3«. Vorlage irrtümlich »4«. Vgl. auch Müller, Der Kaiser, S. 166 (Eintragung vom 18.9.1912).
1912
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Donnerstag, den 19. September 1912 8 h 30
m
In See gegangen
zum
III. Manöverabschnitt. Gelb
(III. Geschwader und
Kreuzer, 2 Flottillen usw.) hat am frühen Morgen Borkum bombardiert, Blau (I, II. Geschwader, Kreuzer, 4 Flottillen, U-BootsflottiUe) geht zur Schlacht in See.
Sehr schönes Wetter. Beide Flotten entwickelten zunächst zum laufenden Gefecht mit südHchen Kursen, nachdem vorher Blau schon einige U-Boots-Erfolge errungen. Anlauf von Blau in Divisionskolonne gestaffelt nicht sehr günstig. S.M. ordnete persönHch Gefechtsstörungen an. Gelb wurde dementsprechend entscheidend geschlagen. Nachher brachte S.M. gesamte Flotte, die wegen Niedrigwasser noch nicht einlaufen konnte, persönHch zu Anker und führte sie um 2 h auf Wühelmshaven Reede, was ihm sichtlich Freude machte. (WüHams mechanical toy). Vor dem Frühstück Gnadenbeweise bekannt gegeben. Holtzendorff bekam Schwarzen Adlerorden mit sehr anerkennender Kabinetts ordre, die wohl sein Freund George225 in seinem Sinne redigiert. Tirpitz Kabinettsordre für Ausbau der Flotte. Pohl und Heeringen Kronenorden I. [Klasse], usw., ich Krone zum Roten Adlerorden III. [Klasse]. Bei der Überreichung kam wieder der übHche Witz wegen meines Artikels, bei der Mittagstafel trank mir aber S.M. persönHch zu, während abgesehen von den Admiralen sonst nur die Dekorierten en bloc von ihm bedacht wurden. Gegen 4 h eingelaufen. S.M. bHeb bis kurz vor 7 h auf der Brücke, das Einlaufen der Torpedoboote, der »Deutschland«, »Ostfriesland« usw. beobachtend. Gegen 6 h kam der Flottenchef, um sich dekoriert zu melden. Tirpitz, der auf dem Promenadendeck stand, ging ihm die Hand reichend entgegen und gratuHerte ihm, wenigstens nach Ansicht von Platen, Bülow und mir, die in der Nähe standen. Nach dem Essen erzählte mir Platen, Acimiral Müller habe ihm gesagt, Holtzendorff hätte sich darüber beklagt, daß Tirpitz ihm nicht gratuHert habe. Ich bezeichnete das als höchst unwahrscheinHch. Platen war derselben Ansicht. Nach dem Essen in der Gefolgemesse. Aus den Erzählungen des Kaisers besonders interessant seine Begegnungen mit dem Prinzen Bonaparte in London und Brüssel, bei denen ihm dieser gesagt hat, wenn er in Frankreich je zur Regierung kommen soUte, werde er sofort ein Bündnis mit Deutschland machen. Sodann seine Wertschätzung von Gambetta und Waldeck-Rousseau, seine Erzählungen über Marokko-Verhandlungen, bei denen man es nicht mit der französischen Regierung, sondern dem Marokko-Konzern und dem Kongo-Konzern großen, sich gegenüberstehenden Finanzgruppen zu tun gehabt hätte.
225
Admiral
Alexander v. Müller, Chef des Marinekabinetts; vgl. dessen Tagebuchaufzeich19.9.1912, in: Müller, Der Kaiser, S. 166.
Georg
nung vom
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Freitag, den 20. September 1912 10 h Kritik S.M. über das Manöver, in Form und Inhalt, abgesehen von einigen laienhaften kleineren Entgleisungen, meisterhaft226. Urteil über Divisionsmarschkehrtschwenkungen abfäUig, aber ziemHch zart durch vorherige Einflüsse von Admiral v. Müller und von Heeringen. Dann aber vernichtende Kritik des strategischen Aufmarsches im Skagerrak, der Belassung wichtiger Flottenteile in der Ostsee, und der Positionstaktik, (f...]227 Minensperren usw.) »das ist ein müitärischer Unsinn, da machen wir einen Strich drunter!« usw.) Also Totschlagen der Grundprinzipien der Holtzendorffschen Ara228. Pohl wurde wegen seiner Geschwaderführung und der vorzügHchen Ausbildung des Geschwaders in der Nordsee mehrfach besonders anerkennend herausgestrichen. Fazit der Kritik also eigentiich: Pohl bekommt die Flotte, Holtzendorff den ZyHnder229 anstatt des bereits veriiehenen Schwarzen Adlers. Der Vorgang ist wieder bezeichnend für S.M. Es zeugt von seinem hohen InteUekt, seinem vorzügHchen müitärischen BHck, aber der Unfähigkeit, aus seinen Schlüssen auch die erforderHchen Entschlüsse zu ziehen. Wie aUe viel redenden, klugen Menschen ist er kein Tatenmensch, f...]230 4 h 30 m N Über Bremen, wo lVistündiger Aufenthalt, nach Hamburg gefahren, von Bremen bis Hamburg Admiral Lans in unserem Coupé, der in Gegenwart des Staatssekretärs sich sehr heftig über Holtzendorff ausHeß. Beim Spaziergang in Bremen dem Staatssekretär erzählt, was mir Platen gestern über den angebHch unterbHebenen Glückwunsch an Holtzendorff gesagt. Tirpitz erwiderte, er habe überlegt gesagt: »Ich gratahere Ihnen!« und bat mich, die näheren Umstände an Platen zu schreiben231. Um 9 h 45 M in Hamburg. Zu Kölln gegangen und dort (Tirpitz, Kapitän v. MüUer und ich) bis nach 12 h gesessen. Hochinteressanter Abend, wobei er wieder viel Bedeutendes erzählte. In den »Vier Jahreszeiten« übernachtet. [...]232
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Vgl. dagegen das Urteil des Chefs des Marinekabinetts, Admiral Müller: »Meine Kritik der Kritik: F^s gehört eine Mordsstirn dazu, um vor so vielen Sachverständigen so viel laienhaften Unsinn zu reden.« Eintragung vom 20.9.1912, in: Müller, Der Kaiser, S. 167; Fischer, Admiral des Kaisers, S. 143 f.
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Folgt ein unleserliches Wort.
an Holtzendorff vgl. auch den Brief Weizsäckers an seinen Vater vom 29.9.1912, in: Die Weizsäcker-Papiere, S. 139 f. Bereits am 21.9.1912 legte der Chef des Marinekabinetts, Admiral Müller, dem mit ihm verwandten Flottenchef nahe, seinen Abschied einzureichen: »Deine Stellung in der Flotte ist untergraben, auch wenn äußerlich Deine Autorität voll gewahrt wird, und S[eine] Maj[estät] erscheint dem Offizierkorps unverständlich, wenn er noch längere Zeit hinaus mit einem Flottenchef arbeitet, dessen Ansichten er verurteilt hat.« Zit. nach: Scheerer, Die Marineoffiziere, S. 206. Ebd., S. 202-226, weitere Ausführungen über den Wechsel im Amt des Flottenchefs 1912/13. Folgen Aufzeichnungen über ein Paradediner. Am 29.9.1912 gratulierte Tirpitz dem Chef der Flochseeflotte nochmals schriftlich, um möglichen Mißverständnissen vorzubeugen. In: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/27. Folgen Aufzeichnungen über die weitere Rückfahrt nach Berlin.
Zur Kritik
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Montag, den 23. September 1912 Besprechungen über Kreuzertypen. 6 h N Im Auswärtigen Amt bei Herrn v. Stumm, um im Auftrage des Staatssekretärs anzufragen, ob gegen den uns von der griechischen Regierung235 unter der Hand angebotenen Ankauf der beiden alten Linienschiffe »Wörth« und »Brandenburg« Bedenken vorliegen. Stumm wiU Entscheidung des Staatssekretärs einholen234. Dienstag, den 24. September 1912 Nachricht, daß Botschafter in London,
Herr v. Marschall-Bieberstein plötzHch in Badenweiler gestorben ist. Großer Verlust für unsere gesamte PoHtik, besonders für den von Tirpitz vertretenen Standpunkt235. Mehrere Sitzungen und A'orbereitung für Rominten-Vortrag.
Montag, den 30. September 1912 Nachricht, daß Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro mobü machen, wird am Abend bekannt236. Was hinter der Sache steckt, ist noch rätselhaft. Vielleicht ist es ein Zug Sir Edward Greys gegen den Dreibund, mit der Absicht, ItaHen von diesem abzudrängen. Die poHtische Situation wird sehr gespannt, besonders durch den zu erwartenden Gegensatz Osterreich—Rußland.
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2,1
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Folgt irrtümlich »uns«.
Im Vorfeld des Ersten Balkankrieges begann Griechenland, zu Land und zur See aufzurüsten. Nachdem Stumm am 25.9.1912 zunächst die Zustimmung des Auswärtigen Amts zum Verkauf der Kriegsschiffe mitgeteilt hatte, lehnte Kiderlen-Wächter diesen am 1.10.1912 unter Hinweis aut die griechische Mobilisierung vorläufig ab. Vgl. die Aufzeichnung Stumms vom 25.9.1912, PA/AA, Griechenland 47, Bd 18, sowie Loulos, Die deutsche Griechenlandpolitik, S. 236. Zum Tod von Marschall v. Bieberstein, der von vielen Beobachtern als politisch folgenreich eingeschätzt wurde, vgl. auch die Aufzeichnungen der Freifrau v. Spitzemberg, in: Am I lof der 261-264 (Eintragungen vom 24.9., 25.9., 26.9., 29.9.2.10., 17.11.1912). Zu Vorgeschichte und Verlauf des Ersten Balkankrieges vgl. Fischer, Krieg der Illusionen, S. 213-230; Mommsen, Bürgerstolz, S. 485-488; Boeckh, Von den Balkankriegen, S. 23-55 (zum internationalen Forschungsstand ebd., S. 14-18); Löding, Deutschlands und ÖsterreichUngarns Balkanpolitik, S. 33-74; Williamson, Austria-Hungary and the Origins of the First World War, S. 121-163; Die Habsburgermonarchie, Bd VI/1, S. 323-329; Helmreich, Diplomacy, S. 36-367; Löhr, Die albanische Frage, S. 41-72; Kos, Südosteuropa, S. 15-47; Hall, The Balkan Wars, S. 1-96.
Hohenzollern, S.
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Dienstag, den 1. Oktober 1912 Großer Sturz an der Börse infolge der poHtischen Lage. Es scheint aber, daß Großmächte die Absicht haben, den Krieg zu verhindern oder wenigstens zu lokaHsieren. Nachricht, daß Rußland eine größere Zahl von Armeekorps probemobiHsiere237.
Mittwoch, den 2. Oktober 1912
Telegramm des
Staatssekretärs: »Vortrag erledigt, Homunculus und 34 Onkel tot, ebenso Hirsch. Komme 3. abends nach Danzig238.« Darauf Vorbereitung getroffen um 2 h N mit MüUer und KeyserHngk nach Danzig zu fahren. [...] Kurz vor 12 h kam der Staatssekretär aus Rominten. Mit ihm und MüUer noch bis kurz vor 2 h zusammengesessen, wobei er über den Rominten-Aufenthalt erzählte. Es ist alles glatt gegangen, S.M. hat seine Ideen über Kreuzerbau faUenlassen, den andern Fragen, namentHch der der Rekrutengeschwader wenig Interesse entgegengebracht. Es ist offenbar, daß Admiral v. Müller in den meisten Differenzpunkten auf eigene Faust im Namen S.M. gehandelt hat. Sein Einfluß wird immer größer und unheüvoUer. Der schwache, auch nach Aussage von Tirpitz nur noch pathologisch zu nehmende Kaiser sucht dauernd Anlehnung bei ihm, der weder nach Abstammung, Gesinnung, Charakter und Beanlagung [sie] der Mann für eine solch bedeutsame Rolle ist, sondern vielmehr ein schwacher, in den Wolken segelnder IdeaHst, der der Härte des praktischen Lebens gänzHch fern steht. Das gut nicht nur für Fragen unserer Marine, sondern auch diejenigen aUe andern Gebiete [sie], namentHch des der äußeren PoHtik, auf dem er offenbar auch sehr viel mitredet. Nach Erzählungen von Tirpitz ist S.M. jetzt sehr wütend auf den Reichskanzler und soll die Absicht haben, ihn abzuschieben. Als Nachfolger wird Schorlemer239 genannt. Ich glaube noch nicht daran. Wenn er nach Rominten kommt, kriegt er S.M. und Herrn v. MüUer doch wieder herum, und die alte Schlamperei geht weiter. Die heülose Wirtschaft in unserer Regierung geht immer weiter und immer toUer fort, die Kabinettswirtschaft wächst von Tag zu Tag, und S.M. hat nur noch
237
September 1912 führte die russische Armee eine angeblich seit längerem geplante Probemobümachung in den westlichen Grenzbezirken durch. Da diese mit der Mobilmachung der Balkanstaaten einherging, die am 30.9.1912 verkündet wurde, erregte diese erhebliches Aufsehen in Ende
—
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der Öffentlichkeit. Vgl. GP, 33, S. 128 f., Anm. Aus Sicht des Reichskanzlers war dieser »schon früher in der Presse ventilierten Probemobilmachung [...] eine politische Bedeutung nicht beizulegen.« Vgl. Bethmann HoUweg an Wilhelm IL, 1.10.1912, ebd., Nr. 12192. Spitzname für das vom Kaiser verlangte Torpedolinienschiff, vgl. Tirpitz, Erinnerungen, S. 134, dort aber folgender Text: »Hirsch und Homunculus tot.« Vgl. auch Müller, Der Kaiser, S. 121 (Eintragung vom 1.10.1912). Bei der Flamburger Werft von Blohm & Voss wurde in diesen Monaten dennoch an einem derartigen Projekt gearbeitet. Vgl. den Schriftwechsel und die Projektskizzen in: StA Hamburg, 621-1/862. Gemeint ist der preußische Landwirtschaftsminister Scholemer-Lieser.
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Interesse für Show und Pose, mit denen er der Welt zu imponieren glaubt. Als Patriot muß man wünschen, daß er nicht mehr lange an der Regierung bleibt.
Dienstag, den 8. Oktober 1912 [...] Nachricht, daß Montenegro den Krieg an Türkei erklärt hat. Die Lage wird dadurch recht gespannt und die Kriegserklärung der übrigen Balkanstaaten wohl so gut wie sicher. Die Mächte scheinen indes gemeinsam für den Status quo der Türkei eintreten zu woUen.
Montag, den 14. Oktober bis Donnerstag, den 17. Oktober 1912 Nachrichten vom Kriegsschauplatz bringen Erfolge der Montenegriner240. Imi kapituHert mit Besatzung von 4000 Mann. Verhältnis zwischen übrigen Balkanstaaten und der Türkei wird immer gespannter, so daß Krieg unvermeidHch ist. Starker Sturz an sämtlichen Börsen. Haltung der Mächte scheint auf LokaHsierung des Krieges zu gehen241. Polemik französischer Presse gegen England, dem sie die Entstehung des Krieges in die Schuhe schiebt. Verhältnis zwischen England und Rußland gleichfaüs scheinbar etwas getrübt. England scheint Anschluß an Österreich und uns zu suchen, da es für Erhaltung der Türkei ist. Gesamtlage noch recht unklar. [...] Am 17. Friedensschluß zwischen ItaHen und der Türkei242. ItaHen hat seinen historischen Dusel wieder bewährt. Am 16. Fürst v. Lichnowsky243 zum Botschafter in London ernannt. War früher als Legationsrat im Auswärtigen Amt. Freund Bülows, hat mehrfach in ganz verständigem Sinne über unser Verhältnis 240 241
Zu den Gefechten auf dem Balkan bis
Helmreich, Diplomacy, S. 193-229.
zum
Waffenstillstand im Dezember vgl. zusammenfassend
Die Großmächte bemühten sich, durch eine rechtzeitige Verständigung untereinander den Konflikt auf dem Balkan zu lokalisieren und zwischen den gegenläufigen Interessen Rußlands und Österreich-Ungarns zu vermitteln, um den Frieden in Europa zu erhalten. Vgl. Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 699-748; Schöllgen, Imperialismus und Gleichgewicht, S. 348-358; Gade, Gleichgewichtspolitik, S. 173-183; Mommsen, Bürgerstolz, S. 488-509; Helmreich, Diplomacy, passim; Dülffer/Kröger/Wippich, Vermiedene Kriege, S. 641 655; Kießüng, Österreich-Ungarn, S. 111 -119; Crampton, The Hollow Detente, S. 55 96; Afflerbach, Der Dreibund, S. 721 740. Am 15.10.1912 unterzeichneten Italien und die Türkei den Frieden von Lausanne, in dem diese Tripolis und die Cyrenaika an Italien abtrat; darüber hinaus wurde Italien die Besetzung der Dodekanes-Inseln bis zur Ratifizierung des Friedensvertrages zugestanden. Vgl. Childs, Italo-Turkish Diplomacy, S. 174-230. Vergleichsweise überraschend wurde der ehemalige Legationsrat im Auswärtigen Amt, Lichnowsky, zum deutschen Botschafter in London ernannt. Vgl. Fischer, Krieg der Illusionen, S. 194 f.; Schöllgen, Imperialismus und Gleichgewicht, S. 333; Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 627 f. (mit ausführlichen Verweisen); Müller, Der Kaiser, S. 120 f.; Young, Lichnowsky, Bethmann Flollweg und Kiderlen-Wächter favorisierten zunächst den preußischen Gesandten in Karlsruhe, Eisendecher, bzw. den ehemaligen Geschäftsträger in London, Stumm, scheiterten damit aber am Widerstand des Kaisers, der sich für Lichnowsky entschied, da er von diesem eine flottenfreundlichere Haltung erwartete. -
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243
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250
England geschrieben244, scheint aber doch der Mann des Reichskanzlers zu sein. grobes Schreiben des Reichskanzlers wegen eines von uns S.M. vorgelegten Artikels von C. v. ZedHtz »Michel und John Bull«245. Die Vorlage wäre besser unterbHeben, da Artikel fast rein poHtischen Charakters, trotzdem riet ich Tirpitz, dagegen anzugehen, was er aber auf Dähnhardts Rat unterHeß. zu
Am 16. wieder
Sonnabend, den
19. Oktober 1912
4h
EnthüUung des CoHgny-Denkmals247 durch S.M. Großes Trara mit Tribüne, weißgekleideten Mädchen, Kriegervereinen Schulen, Damen usw. Rede S.M. »Regem habemus« historisch unrichtig. Gemisch von autokratischem und reHgiösem Mystizismus. Wird Presse wieder viel Gelegenheit zur Kritik geben. [...] 7 h Auf Station, wo S.M. vor dem Diner einen sehr guten \rortrag über die Lage auf [...]246
dem Balkan hielt. Rückfluten der christlichen WeUe gegen türkische. Balkanbund in Paris geschlossen, ohne daß die Diplomatie irgendeiner Großmacht was davon merkte. Ob Rußland dahinter, nicht klar. Sieg des Balkanbundes wahrscheinHch. Bulgarische Armee laut Urteil des Generalstabs sehr gut. Türkische Armee in letzten Jahren sehr zurückgegangen. Mobilmachung und Aufmarsch bei aUen Balkanstaaten recht gut. In der Türkei hapert's an aUen Enden. [...]248
Montag, den 21. Oktober 1912
Übrige
Balkanstaaten beginnen Krieg. Bulgarische Hauptarmee marschiert auf Adrianopel, serbische mit 2 bulgarischen Divisionen auf Ueskub usw. Verworrene Nachrichten über beiderseitige Siege. Bei Unterhaltung zwischen Tirpitz und
244 243
246 247
248
Offenbar Anspielung auf einen Artikel Lichnowskys über »Deutsch-englische Verständigung« in der Zeitschrift »Nord und Süd«, 36 (1912), S. 15 -19. Bethmann Hollweg an Tirpitz, 14.10.1912, BA-MA, RM 3/9. Der Artikel war im »Berliner Lokalanzeiger« am 9.10.1912 erschienen. Folgen Aufzeichnungen über Besichtigungen in Wilhelmshaven, wohin Hopman und Tirpitz am
Vortag gereist waren.
Am 19.10.1912 enthüllte Wilhelm II. ein Denkmal für Admirai Gaspard de Chatillon de Coligny (1519-1572), einen der bedeutendsten Führer der französischen Hugenotten, der in der sog. Bartholomäus-Nacht in Paris ermordet wurde. Über das Haus Oranien, in das dessen Tochter hineingeheiratet hatte, war er mit dem Haus Llohenzollern verwandt. Der Entwurf für dieses Denkmal, das in Wilhelmshaven errichtet wurde, stammte von Wilhelm II. selbst. Vgl. Müller, Der Kaiser, S. 146, Hopman, Das Logbuch, S. 368. Zur Rede des Kaisers aus diesem Anlaß vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 218. Darin betonte er u.a.: »Jahraus jahrein komme ich hierher nach Wilhelmshaven, um den Rekruten vor Augen zu halten, daß die Treue zum Kcinig nur auf dem Boden wachsen kann, wo der Glaube herrscht und die freudige Begeisterung im Glauben an die Persönlichkeit unseres LIerrn. So wollen wir Kriegsleute, meine Kameraden von der Marine, den Admirai de Coligny uns zum Beispiel nehmen.« Folgen Aufzeichnungen über ein Diner im Kasino.
1912
ist nicht viel businessman«249.
Lichnowsky
herausgekommen. Tirpitz
251
bezeichnet ihn als »keinen
Dienstag, den 22. Oktober 1912 Heinrich Mayer bei mir. Türkischer Botschafter250 hat ihm gesagt, er hätte gehört, daß S.M. die beiden Schiffe der »Brandenburg«-Klasse251 habe verkaufen wollen, während Tirpitz nicht gewollt habe. Wieder ein Trick vom Auswärtigen Amt, das uns als Karnickel vorschiebt. Bulgaren greifen türkische Stellung bei Kirk Küisse an.
Donnerstag, den 24. Oktober 1912 Durch Humann, der seine Kenntnis von Platen hat, erfahren, daß Admiral Müller geäußert hat, er hielte es im Interesse der Flotte und Holtzendorffs am besten, wenn dieser im Januar seinen Abschied einreiche252. [...]
v.
Freitag, den 25. Oktober 1912 haben Stellungen der Türken bei Kirk Küisse genommen. Krieg wird entgegen der neuHch geäußerten Ansicht S.M. wohl nicht lange dauern. TripleEntente-Mächte scheinen sich wieder etwas gefunden zu haben, während ItaHen nach Entrevue zwischen Grafen Berchthold und GioHtti scheinbar Anschluß an Dreibund sucht. Vormittags Fürst Lichnowsky bei Tirpitz. Aus der Aufzeichnung über die Unterredung geht hervor, daß Lichnowsky sehr im Fahrwasser des Reichskanzlers segelt, während er für Kiderlen nicht viel übrig zu haben scheint253. Er hat zugegeben, daß die Veröffentlichung seiner Interviews mit engHschen Korrespondenten, »Daily Maü« und »Chronicle«, in denen er sich über das Verhältnis
Bulgaren
249 25(1 251 252
233
Am Vortag hatte im Beisein des Kaisers ein erstes Gespräch zwischen Tirpitz und Lichnowsky im Schloß stattgefunden. Nähere Aufzeichnungen darüber sind im Tirpitz-Nachlaß nicht überliefert. Gemeint ist Osman Nisami Pascha, 1908-1913 türkischer Botschafter in Berlin. Siehe oben Eintragung vom 23.9.1912. Yg] dazu auch den Brief des in das Marinekabinett kommandierten Kapitänleutnants Weizsäcker an seinen Vater vom 20.10.1912, dem Holtzendorff am Vortag bereits sein Abschiedsgesuch vorgelesen hatte: »Floltzendorff las sein in Form eines kurzen Schlußberichts gefaßtes Abschiedsgesuch vor, das mit einem Fußtritt für den Staatssekretär v. Tirpitz endigt. Es ärgert meinen alten Chef, daß er diesen Mann in seiner Flottenchefzeit nicht von seinem Thron herunterzuholen vermocht hat. Er grollt also wie ein richtiger Pensionär.« In: Die Weizsäcker-Papiere, S. 140 f. Vgl. Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 1, S. 359.
Dokumente
252
beider Flotten
ausgelassen, nicht sehr glückHch gewesen sei254. Will jetzt die Frage
unerörtert ruhen lassen. Hat noch
betont, daß Marineattache nicht über PoHtik berichten soUe. Trotha bei mir, dem ich nochmals ans Herz lege, doch ja für Pohl als Flottenchef einzutreten.
mögHchst
Sonnabend, den 26. Oktober 1912 Serben besetzen Uesküb. Weitere Kämpfe bei Adrianopel. Türkei behauptet, bisher nur vorgeschobene Truppenkörper im Gefecht gehabt zu haben, während Hauptarmee hinter Adrianopel aufmarschiert. [...]
Montag, den 28. Oktober 1912 Meldung, daß »Loreley« den Exsultan Abdul Hamid aus Saloniki nach Konstantinopel bringen soU255. Wenn uns daraus nicht wieder diplomatische Schwierigkeiten erwachsen. Brandrede von Lord Roberts wird im Unterhaus von Sir Edward Grey scharf getadelt256. Mittwoch, den 30. Oktober 1912
Nachricht, daß südhch Adrianopel große Schlacht tobt. Türken behaupten jetzt, erfolgreich zu sein, was aber zweifelhaft erscheint. [...]
234
255
256
bis
Diese Interviews erregten erhebliches Mißfallen beim Staatssekretär des Auswärtigen, KiderlenWächter, so daß Lichnowsky angesichts dieses Konflikts zunächst einen Nervenzusammenbruch erlitt. Vgl. Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 628, Anm. 282. Aus Sorge um die Sicherheit des 1908 wegen seiner absolutistischen Herrschaft und seiner Grausamkeit von den »Jungtürken« gestürzten und in Saloniki in der Verbannung lebenden Exsultans hatte die türkische Regierung den deutschen Botschafter gebeten, diesen durch das in Konstantinopel liegende Stationsschiff »Loreley« in Sicherheit bringen zu lassen. Abdul Hamid ging am 30.10. an Bord und traf am 2.11.1912 in Konstantinopel ein. Vgl. dazu den »Militärpolitische[n] Bericht SMS >Loreley< über die Überführung Abdul Hamids von Saloniki nach Konstantinopel« vom 2.11.1912. BAMA, RM 5/1585, sowie den diplomatischen Schriftwechsel dazu ebd., RM 2/1775. Am 22.10.1912 forderte der englische Feldmarschall Lord Roberts of Kandahar and Waterford in einer Rede in Manchester unter Hinweis auf die von Deutschland drohende Gefahr die sofortige Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in England. Zur Rede vgl. den Auszug in: GP, 33, S. 414, Anm.
1912
253
Donnerstag, den 31. Oktober 1912 Nachricht, daß Bulgaren bei Lüle Burgas, auf dem linken Flügel und im Zentrum
der türkischen SteUung entscheidenden Sieg errungen haben. Krieg wird wohl bald beendet sein. PoHtische Lage wird ruhiger. AUe Großmächte scheinen bestimmt für Erhaltung des Friedens zu wirken. Das Prinzip der Erhaltung des Status quo auf der Balkanhalbinsel wird allgemein aufgegeben. [...]
Freitag, den 1. November 1912 Bulgaren haben weitere Erfolge. Türkische Berichte leugnen diese, doch scheint die vöUige Déroute des türkischen Heeres Tatsache257. Man fürchtet Unruhen durch die Soldateska in Konstantinopel und Saloniki. Engländer und Franzosen senden Schiffe ins östliche Mittelmeer258. Sonnabend, den 2. November 1912 Staatssekretär zum Vortrag bei S.M., wo nichts Besonderes vorlag. Auf Befehl von S.M. soUen »Hertha« und »Viñeta« nach Konstanühopel, »Geyer« an die syrische Küste gehen. Exsultan Abdul Hamid an Bord der »Loreley« in Konstantinopel
eingetroffen259.
Sonntag, den 3. November 1912 Abends erzählte mir Löhlein, daß sicherer Nachricht zufolge England 3 Torpedobootsflottülen mit Stammbesatzung aktiviert habe26". Auf Befehl von S.M. sei dies der Flotte und den Stationen mitgeteüt. Was das bedeuten soU, weiß man
[...]
257
258
259 260
Eine detaillierte Beschreibung der Zustände in der türkischen Armee, die aufgrund weit verbreiteter Mißwirtschaft und Korruption vor allem unter Hunger und Mangel an Munition litt, enthält der Bericht Wangenheims an Kiderlen-Wächter vom 7.11.1912, GP, 33, Nr. 12364; zu den am Balkankrieg beteiligten Armeen insgesamt Storz, Kriegsbild, S. 250-268; Flail, The Balkan Wars, S. 15-21. Zum Schutz ihrer Staatsbürger entsandten mehrere europäische Großmächte Kriegsschiffe ins Mittelmeer. Vgl. die Meldungen des Nachrichtenbureaus an Tirpitz vom 2.11. sowie die Aufstellung über »Schiffsbewegungen in türkischen Gewässern« vom 11.11.1912, BA-MA, RM 3/9781. Da auch das Auswärtige Amt die »Stimmung unter den Muselmanen« als »aufgeregt« ansah und »Christenmassakres« erwartete, beorderte der Admiralstab nach Genehmigung des Kaisers ebenfalls mehrere Schiffe ins östliche Mittelmeer. Vgl. den Immediatvortrag des Chefs des Admiralstabs, Fleeringen, vom 4.11.1912, ebd., RM 5/898. Siehe oben S. 251. rj¡e Nachricht beruhte auf einer Meldung des Wolffschen Telegraphenbureaus vom 3.11.1912,
BA-MA, RM 2/1775.
Dokumente
254
noch nicht. Nach heutigen Zeitungsnachrichten hat Osterreich die Poincarésche Formel261 für Lösung der Balkanfrage nicht angenommen. PoHtische Lage wird dadurch wieder viel gespannter, ich glaube aber einstweüen noch nicht an einen
aUgemeinen europäischen Krieg.
Montag, den 4. November 1912 Auf dem
Bureau vor dem »Palast«-Hotel Graf Platen gesprochen, der erzählt, gestern abend sehr vergnügt gewesen, weil Österreich sein Désintéressement an der Lösung der Balkanfrage insoweit erklärt habe, als es auf Landerwerb verzichte262. Die Lage wird dadurch sehr entspannt. EngHscher Marineattache teüt uns persönHch mit, daß Gerüchte von MobiHsierung der engHschen Flotte unbegründet seien und daß die IndienststeUung der beiden Torpedobootsflottillen nur zu Übungszwecken ohne HinbHck auf die poHtische Lage erfolge. III. Geschwader und VI. Kreuzergeschwader gingen in das Mittelmeer bzw. seien schon dort. Türkische Regierung gibt Niederlagen jetzt offizieU zu und bittet Großmächte, für den Frieden zu intervenieren263. Heinrich Mayer bei mir, der erzählt, Bulgaren wollten jetzt keine Waffen mehr kaufen, weil sie genügend erobert hätten, Kommission sei abgereist. Zar Ferdinand habe erklärt, er werde nicht eher ruhen, bis er in Konstantinopel sei. Das ist noch ein ganzer Kerl, der weiß, was er wUl. Unserer könnte von ihm lernen. Der wirkt nur noch dekorativ, d.h. in facto gar nicht.
Weg
zum
S.M. sei
261
262
Am 30.10.1912 schlug der französische Staatspräsident Poincaré im Einvernehmen mit Rußland und England den Regierungen in Berlin, Rom und Wien eine Vermittlung im Balkankrieg »dans un esprit d'absolu désintéressement« vor. Vgl. Kiderlen-Wächter an Tschirschky, 31.10.1912, GP, 33, Nr. 12307. Die Dreibund-Mächte betrachteten dieses Ersuchen mißtrauisch, da sie an das russische Desinteresse nicht glaubten. Zudem beharrte aber auch Osterreich auf der Wahrung seiner Interessen gegenüber Serbien, dessen Drängen an die Adria es nicht hinzunehmen bereit war. Sie erklärten sich daher erst dann zur Vermittlung bereit, wenn eine der am Krieg direkt beteiligten Mächte darum bat. Ebd., sowie Tschirschky an Bethmann Hollweg, 31.10.1912, ebd., Nr. 12310. Vgl. dazu auch Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 714-718; Zechlin, Die Adriakrise, S. 120 f.; zur österreichischen Politik während der Balkankriege vgl. Die Flabsburgermonarchie 1848-1918, Bd VI, 1/2, passim; Williamson, Austria-Hungary and the Origins of the First World War, S. 127-129; Kos, Südosteuropa, passim; Löhr, Die albanische Frage, passim. Österreich erklärte sich bereit, auf Kompensationen abgesehen von kleineren Grenzberichtigungen zu verzichten, forderte im Gegenzug dafür aber u.a. eine enge Anlehnung Serbiens an die Donaumonarchie und dessen Verzicht auf einen Zugang zur Adria etc. Vgl. den Bericht Kiderlens für Wilhelm II. vom 3.11.1912 sowie dessen Randbemerkungen, GP, 33, Nr. 12320; Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 716 f. Vgl dazu die Meldung des Wölfischen Telegraphenbureaus an Wilhelm II. vom 4.11.1912 sowie dessen bezeichnende Randbemerkung: »Das heißt die Mächte sollen mit den Balkanstaaten und unter sich in Zank [ge]rathen über Stambul. Ich verweigere jede Theilnahme an jeder Aktion, die die Bulgaren-Serben-Griechen in ihrem berechtigten Siegeslauf hemmt oder ihnen Bedingungen vorschreibt oder auferlegt, die ihnen nicht genehm sind. Ich stehe jetzt für fair play ein; free fight and no favour! Und für die Interessen der Kämpfer! Das sei sofort diesen und den Mächten mitgetheilt. W.« Zit. nach: GP, 33, Nr. 12321. Vgl. auch Müller, Der Kaiser, S. 122 (Eintragung vom -
-
263
5.11.1912).
1912
255
Dienstag, den 5. November 1912 »Goeben« und »Breslau« unter Führung von Kontreadmiral Trummler ins Mittelmeer gegangen, wo aUe Großmächte zum Schutz ihrer Untertanen gegen eventueUe Ausschreitungen der türkischen Soldateska Kriegsschiffe zusammenziehen. »Hertha« Hegt bereits in Malta, »Viñeta« ist aus Barcelona in See gegangen264. PoHtische Lage etwas gespannter, da Dreibund die Poincarésche Formel nicht unbedingt anerkennt265. Ich glaube aber nicht an ernste Verwicklungen. [...] ItaHenischer Ministerpräsident in Berlin. Zusammenhalten des Dreibunds scheint gesichert266. Guüiano Schwarzer Adlerorden.
Mittwoch, den
6. November 1912
Nichts Besonderes. Lage entspannt. EngHsche Presse anerkennt besondere Interessen Österreichs auf dem Balkan. Prinz Heinrich aus Ostasien zurück267.
Donnerstag, den 7. November 1912 [...]268 Prinz Heinrich beim Staatssekretär, der ihn schon gestern gesprochen hat und über die Beurteüung der Tsingtauer Verhältnisse durch ihn nicht sehr erbaut ist. Nachricht, daß türkische Armee von Friedensvorschlägen nichts wissen und Widerstand bis zum Äußersten fortsetzen will.
264
Die
Entsendung der Schiffe erfolgte auf Ersuchen
des Auswärtigen Amts, vgl. Forsbach, Kider718. Am 5.11.1912 ordnete Wilhelm II. die Büdung der »Mittelmeerdem Großen Kreuzer »Goeben« und dem Kleinen Kreuzer »Breslau« beste-
len-Wächter, Bd2, S. 265 266
Division« an, die aus hen sollte. Ebd. Vgl. dazu das Schreiben des deutschen Botschafters in St. Petersburg, Pourtalès, an das Auswärtige Amt vom 5.11.1912, GP, 33, Nr. 12329. Am 5.11.1912 traf der italienische Außenminister nicht Ministerpräsident San Guüiano in Berlin ein. Die offiziöse »Norddeutsche Allgemeine Zeitung« betonte aus Anlaß des Besuches, »daß die Unterredungen [...] die Übereinstimmung der Dreibundmächte verstärken und für den europäischen Frieden förderlich sein werden.« Vgl. Schultheß' europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 231. Zur Teilnahme an der Beisetzung des am 29.7.1912 verstorbenen japanischen Kaisers Mutsuhito, die am 13.9.1912 stattfand, war Prinz Heinrich als Vertreter des Kaisers nach Japan gereist. Zu dieser Reise wie auch Prinz Heinrichs Aufenthalt in Tsingtau, bei dem dieser in einer Festrede demonstrativ betonte, »daß Deutschland keinenfalls [sie] die revolutionären Wirren zu einer Gebietserweiterung auszunutzen beabsichtige, vielmehr die Politik der Offenen Tür verfolge und bestrebt sei, mit dem großen chinesischen Reich in Frieden und Freundschaft zu leben.« Vgl. GP, 32, S. 475 f., Anm. Folgen Aufzeichnungen über eine Sitzung über den Ems-Weser-Kanal. —
267
268
—
256
Dokumente
Freitag, den 8. November 1912 [...] Bulgaren gehen mit Erfolg gegen Tschataldscha-Linie269 vor. Serben verkünden offiziös ihre Ansprüche auf eigenen2711 Hafen an der Adria271. In London Schwenkung der Haltung zum Ausgleich der sich entgegenstehenden Interessen Österreichs und Serbien. Halbamtlich [es] Kommunique über Gemeinsamkeit des Vorgehens von Deutschland und ItaHens gegenüber den Vorgängen auf der Balkanhalbinsel, dem sich Osterreich anschHeßt Sonnabend, den 9. November 1912 Saloniki
kapituHert vor der Armee des Kronprinzen von Griechenland, 25 000 Gefangene. Heinrich Mayer bei mir, glaubt noch an weiteren Widerstand der Türken. Hat von bulgarischer Seite gehört, daß man dort bald genug habe. Mitteüung Löhleins über eine Unterhaltung mit Breusing, der bei seinem Vortrage gehört, Osterreich habe zurückhalten müssen, weü es in einem Kampfe mit Serbien seiner südslawischen Truppen nicht sicher sei. Rußland könne nicht eingreifen, weü die Mobilmachung die Revolution bedeute. Kiderlen-Wächter hat in einer Unterhaltung mit Professor Samassa272, österreichischem Alldeutschen, gesagt: »Wir müs-
immer zurückgehen. Was soUen wir machen. Wenn wir mal energisch werden woUen, sieht sich der Kaiser poHtisch schon auf dem Schloßplatze geköpft273!« Himmelschreiend und tieftraurig. Tirpitz meint dazu: »Ganz einerlei wie es kommt, wir treiben einer Katastrophe entgegen.« sen
Sonntag, den 10. November 1912 Bedeutsame Rede
Asquith beim Lord Mayor Banket in Guüdhall betont vorzügHche Beziehungen Englands zu allen Mächten, vorläufiges Zurückhalten Eng269
270 271
272
273
von
Türkische Befestigungen vor Konstantinopel. Vorlage »einige«. Vgl. dazu das nach einem Besuch des serbischen Geschäftsträgers Wächters an Tschirschky vom 7.11.1912, GP, 33, Nr. 12338.
verfaßte Schreiben Kiderlen-
Gemeint ist der österreichische Schriftsteller Prof. Dr. Paul Samassa. Bei Forsbach, Kiderlen-Wächter, leider nicht erwähnt. Zu den Differenzen zwischen Wilhelm IL, der mit den Balkanstaaten sympathisierte und sich auch nicht bedingungslos an der Seite Österreichs in einen großen Krieg hineinziehen lassen wollte, einerseits, dem Reichskanzler und dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts, die aus politischen Gründen für eine Unterstützung Österreichs wie auch für den Erhalt der Türkei plädierten, andererseits, vgl. die Literatur in Anm. 241. Nach Gesprächen mit dem Reichskanzler und Kiderlen-Wächter begann der Kaiser, auf deren Haltung einzuschwenken. Vgl. die Aufzeichnung Wilhelms II. vom 11.11.1912, GP, 33, Nr. 12349, sowie die Aufzeichnungen Müllers vom 19.10., 5.11., 8.11., 9.11.1912, in: Müller, Der Kaiser, S. 121-123; Fischer, Admiral des Kaisers, S. 126 f.; RöW, An der Schwelle, S. 79 f.; Zechlin, Die Adriakrise, S. 121-125.
1912
257
lands, Notwendigkeit einer Veränderung der
Karte Europas und voraussichtiiche Großmächte274. ChurchiU der erklärt, die Deutschen seien eine Verständigung Nation mit Gefühl für Recht und BiUigkeit. Die Beziehungen Englands und Deutschlands seien im letzten Jahr dauernd besser geworden, England solle aUer FlottenrivaHtät ein Ende bereiten, indem es bewiese, daß es nicht übertroffen werden könne275.
Montag, den 11. November 1912
Wichtige Beratungen in Budapest über \rerhalten Österreichs den serbischen Ansprüchen auf Häfen an der Adria gegenüber. Osterreich hält durch. Bulgarischer Kammerpräsident in Budapest. Bulgarien neigt scheinbar zu Österreich276. Es ist anzunehmen, daß Rußland nachgeben wird. Dienstag, den 12. November 1912 der engHschen Unionisten im Unterhaus in einer Frage Home-Rule betreffend. Sturz des Hberalen Ministeriums dadurch aber kaum zu erwarten, da es sich nur um künstHch herbeigeführte Stimmenmehrheit der Opposition handelt. Immerhin SteUung des Ministeriums Asquith etwas geschwächt277. ItaHen erklärt sich soHdarisch mit Österreich. Wie mir Löhlein erzählt, hat unser Kriegsministerium Pressevertreter ersucht, aUes zu unterlassen, was zum Kriege treiben könne, namentHch auch Forderungen der Armeeverstärkung. Diese tapfere Behörde ist jetzt ganz auf unsern stolzen Reichskanzler eingeschworen.
Sieg
274 275
276
277
Vgl. dazu GP, 33, S. 332, Anm.
Zu Churchills Rede auf dem Lord Mayor's Bankett am 9.11.1912 vgl. Churchill, Speeches, Bd 2, S. 2033 f.; Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 354, sowie den Bericht des Marineattaches, Korvettenkapitän Erich v. Müller, für Tirpitz vom 16.11.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 360. Zu den österreichisch-bulgarischen Gesprächen in Budapest vgl. die Berichte Tschirschkys vom 9.11. bzw. 13.11.1912, GP, 33, Nr. 12357 bzw. Nr. 12368, und den Bericht des Militärattaches in Wien, Kageneck, über die Stimmung im k.u.k.-Generalstab, in dem man der Meinung war, »schwerlich um einen Appell an die Waffen herum[zu]kommen«, und dementsprechende militärische Maßnahmen. Ebd., Nr. 12370; auch Zechlin, Die Adriakrise, S. 124 f. Bei der Abstimmung über ein Amendment zum Home Rule-Gesetz waren nicht genügend Abgeordnete der Regierung anwesend, so daß diese unterlag. Vgl. den Bericht im »Berliner Tageblatt« vom 12.11.1912.
Dokumente
258
Mittwoch, den
13. November 1912
Nachrichten, daß Türkei Bulgarien Waffenstillstand anbietet. Spanischer Minister-
präsident Canalejas gestern das
Land,
durch Anarchisten ermordet278. Großes diesen bedeutenden Menschen zu verHeren. [...]
Unglück
für
Donnerstag, den 14. November 1912 Admiralstab wird nervös wegen enghscher Bereitschaftsmaßnahmen. Sie sind meiner Ansicht durch ihre starken Entsendungen ins Mittelmeer und innerpoHtische Rücksichten begründet. Tirpitz faßt sie auch so auf. Großer Skandal im engHschen Unterhaus gestern. Churchill hat ein Buch vor den Kopf bekommen279. Kampf an der Tschataldscha-Linie soU seit 3 Tagen im Gange sein und sich zu Gunsten der Bulgaren wenden. [...]
Sonnabend, den
16. November 1912
Sitzung auf der Germania-Werft28", der der Staatssekretär sehr deuthch die Meinung sagte über die unentschuldbare Verzögerung in dem Motorenbau für die neuen U-Boote281. Direktor Regenbogen suchte sich mit aUen mögHchen Gründen zu verteidigen. Staatssekretär, der der im August 1911 erfolgten Abnahme des 1. Versuchs (Zweitakt)-Motor die Berechtigung oder Richtigkeit absprach, ging recht heftig gegen Torpedo-Inspektion los. Geheimrat Uthemann gelang es nicht, sich vöUig zu rechtfertigen. Nachher auf einem der neuen (kleinen) Torpedoboote, über die so viel hergezogen ist [sie], mit denen aber der jetzige Flottillenchef, Knesebeck, recht zufrieden ist, dann zur Torpedo-Inspektion, wo die beiden Techniker dieser Behörde Uthemann und sich zu verteidigen suchten, was ihnen teüweise gelang. Staatssekretär hat jetzt der Germania das Ultimatum gestellt, daß ein Motor bis zum 15. XII. abgenommen sein muß, andernfalls werden 10 h
2/8
279
280 281
Ministerpräsident Canalejas wurde am 12.11.1912 auf dem Heimweg von einem Anarchisten, der anschließend Selbstmord beging, erschossen. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 53 (1912), S. 321 f. Bei der Debatte über einen Antrag der Regierung, die Abstimmung vom 12.11.1912 (siehe oben Anm. 277), bei der diese eine Niederlage erlitten hatte, für ungültig zu erklären, kam es zu tumultartigen Szenen. Als Asquith und Churchill anschließend das Unterhaus verließen, wurden sie mit Büchern beworfen. Vgl. »Berliner Tageblatt« vom 14.11.1912. Am 15.11.1912 war Hopman zusammen mit Tirpitz nach Kiel gefahren. Die bisherigen Petroleummotoren auf den U-Booten hatten sich als störanfällig und wegen der Abgase teilweise auch gefährlich erwiesen; die neuen U-Boote sollten daher mit leistungsfähigen Dieselmotoren ausgerüstet werden. Hauptlieferant waren die M.A.N.-Werke. Aber auch die Germania-Werft, die führende deutsche U-Boot-Werft, experimentierte mit Dieselmotoren, freilich zunächst mit wenig Erfolg. Vgl. das Protokoll über die Verhandlungen auf der GermaniaWerft vom 16.11.1912, BA-MA, RM 8/1038. .
—
-
1912
259
Motoren für Boote von »U 31« ab bei Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg besteUt werden. Germania glaubt sicher, daß Motor bis zu diesem Datum kriegsbrauchbar wird. [...]282
Montag, den 18. November 1912 7 h 30
m V Auf dem Bahnhof zum Empfang des Kaisers. Dann ins Hotel zurück. 12h Rekrutenvereidigung, bei der Oberpfarrer Phüippi an SteUe Goedels sprach. Rede S.M. war auf den übHchen Grundton gestimmt. Mir sind die Feiern nachgerade widerHch und wie viele andere Erscheinungen auf dem Gebiete unseres miHtärischen, poHtischen und sozialen Lebens drohende Zeichen eines rapiden ArerfaUs, der in der Person unseres AUerhöchsten Herrn seinen wesentlichsten Ursprung hat. Mit Dekoration, Phrasen und Hurraschreien macht man keine Geschichte, namentHch der Deutsche bedarf kräftigerer, realerer Zug- und Beschwö-
rungsmittel. [...]283 Türken behaupten sich scheinbar in der Tschataldscha-SteUung gegen bulgarische Angriffe. Cholera und Typhus wüten in beiden Heeren. Serben schrauben ihre Forderungen nicht zurück. Nachrichten über österreichische Teilmobilmachungen nehmen wieder zu. Lage wieder gespannter284. S.M. hat Tirpitz auf »Deutschland« gesagt, Durazzo Wenn er nicht285. wir Osterreich nicht stützen, sind wir poHwegen kämpfe tisch verloren und der Gnade Englands ausgeHefert, das dann Osterreich und ItaHen seinem Konzern einverleiben wird. Finis Germaniae.
282
283 284
285
Folgen Aufzeichnungen über weitere Besichtigungen und ein Diner im Kieler Schloß. Folgen Aufzeichnungen über ein Essen im Kasino. Zu den österreichischen
Maßnahmen, die eine Reaktion auf Nachrichten über russische Truppenverschiebungen waren und die Nichtentlassung von Reservisten vgl. die Berichte Tschirschkys sowie des Militärattaches in Wien, Kageneck, vom 18.11.1912, GP, 33, Nr. 12392/12393. Diese Äußerung zeigt, daß Wilhelm II. auch in diesen Tagen keineswegs endgültig auf die Linie des Reichskanzlers und Kiderlen-Wächters eingeschwenkt war, sondern weiterhin vor einem großen Konflikt wegen eines serbischen Adriahafens zurückschreckte. Vgl. das Telegramm Wilhelms II. an das Auswärtige Amt vom 9.11.1912, GP, 33, Nr. 12348. Zur Haltung des Kaisers in diesen Tagen vgl. Röhl, An der Schwelle, S. 81. Erst unter dem Eindruck der Nachrichten aus Wien über eine Zuspitzung der Lage infolge militärischer Maßnahmen Rußlands zur Beschleunigung seiner Mobilmachung gegenüber Osterreich vgl. die Berichte Moltkes an Kiderlen vom 12.11. bzw. 19.11.1912, GP, 33, Nr. 12360/12394 nahm dieser wiederum eine härtere Flaltung ein. Vgl. das —
Schreiben Wilhelms II. an Kiderlen-Wächter vom 21.11.1912, ebd., Nr. 12405. Hinzu kam, daß serbische Truppen am 18.11. zunächst Allessio, am 28.11.1912 auch Durazzo besetzten. Ein serbischer Hafen an der Adria war für Osterreich nicht hinnehmbar. Vgl. Zechlin, Die Adriakrise, S. 115 f. -
Dokumente
260
Dienstag, den 19. November 1912 Admiral Scheer beim Staatssekretär wegen der wegen nach WUhelmshaven. [...]286
Rekrutenfrage.
Fährt morgen des-
Mittwoch, den 20. November 1912
[...]287 England
Serbien
zum
mahnt durch einen offiziösen Artikel der »Westminster Gazette«
Nachgeben288. [...] Donnerstag, den 21. November 1912
[...] Auf dem Bureau Besprechung über Reichsbesitzsteuer (Vermögenszuwachssteuer), worüber am Nachmittag Ministerialsitzung. Türken bieten Bulgaren Waf-
fenstiUstand an. Schreiben des Kabinettschefs über Kasinoneubau in Kiel. Der mischt sich in aUes. [...]
Freitag, den 22. November 1912 Bericht Bibras über Kriegsvorbereitangen289 in Frankreich, die aber wohl auch nur Sicherung sind. Österreichischer Thronfolger29" kommt in BerHn an. FeindseHg-
286 287 288
289
Folgen Aufzeichnungen über die Fahrt nach Hamburg. Folgen Aufzeichnungen über die Rückfahrt nach Berlin.
Am 19.11.1912 erklärte die offiziöse »Westminster Gazette« nach einem Bericht des »Berliner Tageblatts« vom 21.11.1912, »daß nicht nur der Dreibund, sondern alle Großmächte dem Versuch Widerstand leisten würden, Unfrieden unter sie zu säen. Auf Albanien hätten die Serben kein Anrecht. Die Autonomie Albaniens sei auch im Interesse der Verbündeten gelegen.« Zu den »Kriegsvorbereitungen« Frankreichs wie auch der anderen Mächte infolge der Balkankrise sowie des sich verschärfenden russisch-österreichischen Gegensatzes wegen des serbischen Anspruchs auf einen Adriahafen vgl. den Bericht des Chefs des Generalstabs, Moltke, der zu diesem Zeitpunkt die Situation noch nicht als besonders bedrohlich einschätzte, an das Auswärtige Amt vom 21.11.1912, GP, 33, Nr. 12412; im Gegensatz zu Moltke beobachtete der deutsche Militärattache in Paris die französischen Maßnahmen mit größerer Besorgnis, vgl. den Bericht des Mili-
tärattaches, Winterfeldt, vom 24.11.1912, in: Ebd., Nr.
290
12436. Ferdinand traf am 22.11. in Berlin zu politischen Gesprächen ein, um dann am 23.11.1912 an der Hofjagd in Springe teilzunehmen. Vgl. dazu Müller, Der Kaiser, S. 123 (Eintragungen vom 22./23.11.1912); zu den Gesprächen des gleichzeitig anwesenden österreichischen Generalstabschefs, Schemua, in Berlin vgl. Helmreich, An Unpublished Report on AustroGermán Militan' Conversations of November, 1912, S. 205-207. Der im Marinekabinett tätige Kapitänleutnant Weizsäcker hatte nach diesen Gesprächen den Eindruck, »daß man den Krieg Österreichs mit Serbien für unvermeidlich hält«. Weizsäcker an seinen Vater, 24.11.1912, in: Die Weizsäcker-Papiere, S. 141. Vgl. auch Schulte, Europäische Krise, S. 19 f.; Röhl, An der Schwelle,
Erzherzog Franz
1912
261
keiten dauern fort, da Türkei Bedingungen des Balkanbundes für unannehmbar hält. Tirpitz zur Plofjagd nach Lippspringe291. [...] Schreiben des Kabinettschefs über AußerdienststeUung von »Elsaß« und »Braunschweig«, worüber Tirpitz recht
ärgerlich.
Sonnabend, den 23. November 1912 Bei N ist folgendes bekannt geworden292. 1) Starke russische Truppenzusammenziehungen an gaHzischer Grenze bei Czenstochau durch Agentennachrichten bestätigt293. Generalstab bringt sie in Verbindung mit engHschen Mobilmachungsmaßnahmen294. 2) Österreich mobüisiert mehrere Korps gegen Rußland295. 3) Truppenverschiebungen finden in Frankreich nach der belgischen Grenze statt. 4) England soU Belgien die Kongoakte bestätigt haben unter der Voraussetzung der Begünstigung einer etwaigen engHschen Landung. Generalstab beurteüt Lage pessimistisch296. Auch Kiderlen-Wächter soU nicht mehr so rosig sehen, wie bisher297. Ferner hat N die Abschrift eines Briefes des ständigen Korrespondenten des Scherischen Verlags in London, demzufolge Frankreich vor etwa 3 Wochen unter dem Eindruck der französischer Schulung und Waffentechnik zugeschriebenen bulgarischen Siege beabsichtigt habe, Krieg
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S. 82. Im Auswärtigen Amt, das offenkundig vorher nicht unterrichtet worden war, war man über diesen Besuch wenig erfreut, vgl. Zechlin, Die Adriakrise, S. 129 f. Die Hofjagd fand in Springe bei Hannover, nicht in Lippspringe statt. Vgl. die Mitteilung des Leiters des Nachrichtenbureaus, Löhlein, (»von Hand zu Hand; nach Erledigung] zu vernichten«), vom 23.11.1912, BA-MA, RM 3/9781. Zur Unterstützung der serbischen Forderung nach einem Adriahafen begann Rußland Ende November seine Truppen an der galizischen Grenze zu verstärken. Der Chef des Generalstabs schloß aber noch am 21.11.1912 nicht aus, daß diese Maßnahmen »zum Teil auch zur Bekämpfung der revolutionären polnischen Propaganda dienen« sollten. Vgl. GP, 33, Nr. 12412. Es ist nicht ersichtlich, auf welche Informationen sich diese Schlußfolgerung stützt. Moltke hatte in seinem Bericht an das Auswärtige Amt vom 21.11.1912 noch mitgeteilt, daß die »Lage in England [...] ruhig« und über Mobilmachungsvorbereitungen der Armee nichts bekannt sei. Die Maßnahmen der Marine betrachtete der Generalstab als Ausgleich für die Schwächung der Flotte durch Entsendung von Schiffen ins Mittelmeer. Vgl. ebd., Nr. 12412. Als Reaktion auf russische Maßnahmen erhöhte auch Österreich seine Truppenstärke in Galizien. Die Befürworter eines Kriegskurses, zu denen zunächst auch der Thronfolger Franz Ferdinand gehörte, konnten sich aber schließlich nicht gegen Außenminister Berchthold und Kaiser Franz Josef durchsetzen. Vgl. Williamson, Austria-Hungary and the Origins of the First World War, S. 127-132. Zu diesem Wandel der Einschätzung der Lage aufgrund dieser Meldungen vgl. Röhl, An der Schwelle, S. 82; die schärfere, proserbische russische Haltung wird deutlich in den Berichten des deutschen Botschafters in St. Petersburg, Pourtalès, an Bethmann HoUweg vom 20.11.1912, GP, 33, Nr. 12413-12415; zur Krise insgesamt Zechlin, Die Adriakrise, S. 115-159; Fischer, Krieg der Illusionen, S. 227-230. Diese Einschätzung geht auf Äußerungen des Publizisten, Orientalisten und Freund KiderlenWächters, Jäckh, zurück, vgl. dazu die Aufzeichnung Löhleins vom 23.11.1912, BA-MA, RM 3/9781; vgl. auch Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 728, mit weiteren Belegen für Kiderlen-Wächters gewachsene Besorgnis, aber auch dessen Bemühen, eine Eskalation zu verhindern.
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gegen Deutschland vom Zaune zu brechen und sich die ersehnte Revanche zu holen. England hat dringend abgeraten, aber erst Erfolg gehabt, nachdem auch Führer der Oppositionspartei die Regierung in diesem Rate unterstützt haben298.
Nachrichten über österreichische Kriegsvorbereitangen. Lage danach recht ernst. Entweder arbeitet Rußland als Mandatar der Triple-Entente, fängt an und Frankreich und England folgen, dann ist Krieg unvermeidHch, oder England wUl tatsächHch den Ausbruch eines Krieges verhindern und hält Frankreich zurück, während Rußland auf eigene Faust dem Drängen seiner Großfürstenpartei folgend losarbeitet. Im letzteren FaU ist es in Gegensatz zu England geraten; darauf hindeuten kann die Tatsache, daß es jetzt Anschluß an die Türkei sucht und den bulgarischen Bestrebungen Widerstand leistet. Bulgarien sucht sich scheinbar einen Rückhalt an Rumänien, Serbien, das seine Forderungen immer noch mit aller Frechheit aufrechterhält, wird durch Rußland gestützt. Die Lage ist demnach sehr verworren, mir will es scheinen, daß England tatsächHch keinen Krieg wiU. Es hat wie übhch die Lage in der Hand. Offenbar stehen sich dort 2 Parteien pro und contra Krieg gegenüber, erstere, hinter der die City steckt, hat einstweilen die Oberhand. Indes, wer weiß. JedenfaUs müssen wir höUisch auf der Hut sein und die vom Admiralstab verlangten Vorsichtsmaßregeln treffen. Ich werde morgen dem Staatssekretär in dieser Hinsicht Vortrag halten. [...]
Zeitungen bringen
Sonntag, den 24. November 1912299 11 h Zum Bureau gefahren. Lange Unterhaltung mit Tirpitz, der, nachdem ich ihm die gestrigen Nachrichten gezeigt, meinen Ausführungen über den Ernst der Lage und die Notwendigkeit von Vorsichtsmaßregeln zustimmt. Er erzählt folgendes. Chef des Generalstabs sieht die Situation sehr ernst an3"", Reichskanzler sagt, daß England und Frankreich keinen Krieg wollen, S.M. redet »kindisch«. Hat unter anderem von Einbringen einer Kreuzernovelle bzw. Bau3"1 von 3 Großen Kreuzern hingewiesen und dabei auf das Beispiel Österreichs verwiesen3"2. Müller hat ihm wie übHch beigepflichtet. Einen größeren Blödsinn konnte man meiner An298 299
300
301 31)2
Nicht ermittelt Bereits auszugsweise von Schulte, Europäische Krise, S. 19, veröffentlicht. Aufgrund dieser gewandelten Lagebeurteilung erhob der Generalstabschef jetzt auch die intern seit Oktober diskutierte Forderung nach der vollen Ausschöpfung der allgemeinen Wehrpflicht zur Verstärkung der Armee. Vgl. Moltkes Schreiben an den Kriegsminister, Heeringen, vom 25.11.1912, in: Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft, Anlagenbd, S. 146-148; zur LIeeresvorlage 1913 im übrigen Förster, Der doppelte Militarismus, S. 247-296; Herzfeld, Die deutsche Rüstungspolitik, 47-115; Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft, Bd 1, S. 154-197; Granier, Deutsche Rüstungspolitik, S. 127-129. Zur Haltung Moltkes in diesen Tagen vgl. ebd., S. 141 f., die Tagebucheintragung General Wandels vom 26.11.1912, sowie die Berichte des Oberquartiermeisters im Generalstab, Generalleutnant v. Hoehn, an General v. Steffen vom 25.11. bzw. des bayerischen Militärbevollmächtigten, Generalmajor v. Wenninger, vom gleichen Tage, in: Schulte, Vor dem Kriegsausbruch 1914, S. 153-155. Schulte, Europäische Krise, S. 19, irrtümlich »zwei«. Vgl dazu die »am 15./12.12. diktierte[n] Notizen«, BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/421.
1912
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sieht nach nicht machen. Jetzt handelt es sich darum, das, was wir haben, fertig und kriegsbereit zu machen und nicht durch Pläne, die erst nach 3 Jahren wirken, die Lage noch zu verschlimmern, alias303 für 1912 und 1913 arbeiten, nicht für 1916. Reichskanzler hat dem Chef des Generalstabs versprochen, zum Frühjahr eine neue Armeevorlage zu bringen. Wenn das mal nicht zu spät ist. Tirpitz schimpft wieder heftig auf Reichskanzler und MüUer, wird meinem Gefühl nach zu persönHch und bedenkt nicht, daß es sich jetzt darum handelt, mit den vorhandenen PersönHchkeiten, S.M., Reichskanzler usw. bei Beurteüung und Ausnutzung der Situation zu rechnen. Er denkt wie oft nicht aktueU und strategisch genug, vielmehr zu persönHch und organisatorisch. 2 h 30 m Zu Hause. Behncke gebeten, zu mir zu kommen. Mit ihm Situation und Maßnahmen, die wir treffen müssen, besprochen um um für die Unterredung vorzubereiten, die der Staatssekretär morgen mit Heeringen haben wül. Er stimmt mir durchaus bei.
Montag, den 25. November 1912 Nach der Morgenzeitung ist die Situation nach wie vor gespannt. BedenkHch ist die Nachricht, daß Frankreich versucht, Rumänien auf Seite der Tripleentente zu ziehen. 10 h Auf dem Bureau. 12 h Sitzung über nicht auffallende Kriegsvorbereitungen. Es wird beschlossen, Probefahrtschiffe sobald wie mögHch fertigzumachen. (»Kaiser«, »Friedrich der Große« und »Straßburg«, »Königsberg« für Marine in Dienst zu steUen, Kreuzer aus Danzig nach Kiel zu bringen, »Elsaß« und »Braunschweig« zum Reserve-Geschwader zu nehmen. Kapitän v. MüUer soU nach Wilhelmshaven und Kiel fahren, um Stationschefs zu veranlassen, unauffälHge Mobilmachungsmaßnahmen zu treffen3"4.) Tirpitz sagt, daß Einziehung der Reserven für die 3 östlichen Korps erwogen werde, daß England zurückhalte und offenbar Krieg nicht woUe. Um 2 h kommt Nachricht vom Admiralstab, daß in Sheerness einer Agentennachricht zufolge auf der II. Flotte aUe Mannschaften an Bord gehalten würden. Das Telegramm schHeßt »be careful«3"5. Tirpitz und CapeUe legen ihm keinen besonderen Wert bei. Ersterer sagt, daß er mit Bestimmtheit gehört habe, Sir Edward Grey stände in dauerndem Konnex mit unserm Botschafter in London, ebenso hier das Auswärtige Amt mit Goschen. England betone dauernd seine Friedensbestrebungen, der König sei im besten Verkehr mit Fürst Lichnowsky. Er glaube nicht, daß das aUes Mache sei. Solche Hinterlist traue er den Leuten nicht zu. Nach dem, was ihm Prinz Heinrich über sein Gespräch mit dem Zaren3"6 gesagt habe, sei auch dieser durchaus für den Frieden. JedenfaUs ist die 303 304
305
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Schulte, Europäische Krise, S. 17, Anm. 26, irrtümlich »alles«. Vgl. dazu das Protokoll in: BA-MA, RM 3/15; Lambi, The Navy, S. 376 f. Heeringen an Tirpitz, 25.11.1912, BA-MA, RM 2/1775. Zu den englischen Maßnahmen vgl. das Schreiben Moltkes an das Auswärtige Amt vom 29.11.1912, GP, 33, Nr. 12462, sowie den Brief Tirpitz' an den preußischen Gesandten in Karlsruhe, Eisendecher, vom 25.11.1912, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 360 f. Siehe oben S. 255.
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Lage sehr ernst, und jede Stande kann welterschütternde Entscheidungen bringen. Abendblatt des »Lokalanzeigers« bringt einen offenbar offiziösen Artikel, der beruhigen soll und betont, daß die Verweisung der Frage an eine internationale Konferenz ein Gedanke sei, dem Deutschland nicht
widerstrebe,
den
es
aber ebenso-
wenig aktiv betreibe, wie französische Blätter behaupteten offenbar in der Absicht, Stimmung gegen den Dreibund zu machen. Recht pflaumenweich und echt bethmannsch. Mobümachung der 3 östlichen Korps wird als absoluter Unsinn bezeichnet. »BerHner Tageblatt« bringt eine Veröffentlichung des serbischen Ministerpräsidenten Pasic, in der Serbien einen Küstenstreifen von 50 km und Hafen an der Adria verlangt. »Times« winkt sehr deutlich ab3"7. Sazonov soU dem Drängen der panslawistischen Partei folgend Serbiens Forderungen unterstützen. Frankreich lobt Deutschlands kühle Ruhe. Das Hingt bedenklich. Großer Sturz an der Börse, und aUes in aUem genommen Situation sehr kritisch. Abgesehen von Rußland und Frankreich scheinen indes Großmächte den aUgemeinen Krieg, in dem sich Europa zerfleischt, nicht zu woUen. Kaiser ist am Nachmittag nach Donaueschingen zum Fürsten Fürstenberg gefahren, wo Hochzeit ist3"8. Nachricht, Prinz Heinrich soUe nach Petersburg fahren, wird dementiert. Am Vormittag Heinrich Mayer bei mir, der aus Wien kommt, wo nach seiner SchUderung Stimmung recht
ernst.
Erneute Nachrichten über Waffenstillstand.
Dienstag, den 26. November 1912 In der
Morgenzeitang ist ein aUgemeines Halt-Blasen zu erkennen. Offiziöse Erklärung der »Norddeutschen AUgemeinen Zeitung«, daß Deutschland Österreich und Rußland friedHche Lösung des Konfliktes anstreben3"9. Macht den Eindruck, als ob sie nach vorheriger Verhandlung mit den Botschaftern beider Mächte erfolgt sei. »Westminster Gazette«31" bezeichnet die Idee, daß die serbischen Forde307 308
309
310
Die »Times« bezeichnete Pasics Forderungen als »unzeitgemäß und im Ziele verfehlt«. Zit. nach: »Berliner Tageblatt« vom 25.11.1912. Wilhelm II. wollte an der Hochzeit der Prinzessin Leontine zu Fürstenberg mit dem Fürsten Hugo v. Windisch-Graetz teilnehmen. Vgl. Röhl, An der Schwelle, S. 83. Zu Genesis und Inhalt dieses Artikels, in dem Kiderlen-Wächter betonen ließ, daß »die Mächte übereingekommen sind, sich in keiner einzelnen Frage aus dem Balkanproblem zum voraus festzulegen« und daß es »besonders unverantwortlich [sei], [...] die öffentliche Meinung in einem Augenblick zu beunruhigen, in dem die Regierungen aller Großmächte ernsthaft bemüht sind, für immerhin schwierige Fragen eine friedliche Lösung zu finden«. Zit. nach: GP, 33, S. 424 f.; vgl. auch Kiderlen-Wächter, Briefwechsel, Bd 2, S. 191 f.; Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 729 f.; Zechlin, Krieg und Kriegsrisiko, S. 127 f. Nach einem Bericht der »Kölnischen Zeitung« vom 26.11.1912 schrieb die »Westminster Gazette«: »Es ist eine ganz tolle Abgeschmacktheit, daß über eine Frage, wie der Zugang Serbiens zum Meere, wir im Traume daran denken sollten, Rußland könnte in einen Kampf mit Osterreich geraten, Österreich-Ungarn aber dann Deutschland und Italien und Rußland Frankreich und Großbritannien mit hineinziehen. Eine Art Instinkt sagt uns, daß, wenn auch die Welt noch so toll sein möge, sie doch nicht ganz so verrückt sein könne. Wir auf jeden Fall sind nicht gehalten, die serbische Forderung zu einer Parteifrage zwischen Bund und Entente zu machen, oder unsere Auf-
1912
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rungen den Anlaß zu einem europäischen Weltkrieg geben könnten, als total absurdity, betont, daß für England keineswegs die Verpflichtung einer Parteinahme für Triple-Entente vorliege usw. Auch die russische Regierung betont offizieU ihre Friedensbestrebungen. Nachricht, daß unsere östlichen Korps ihre Reserven einziehen, wird offiziell als totaler Unsinn bezeichnet. Staatssekretär verfügt deshalb teüweise Zurücknahme der gestern verfügten Maßnahmen, z.B. Unterbrechung der Probefahrten von »Kaiser«, »Friedrich der Große«. \ron gestern datiertes Schreiben des Admiralstabs mit den von dort aus für erforderlich gehaltenen Maßnahmen ist wie übHch sehr weitgehend. Für heute vorgesehene Sitzung über Kriegsvorbereitungen wird verschoben. Auch Abendzeitungen blasen Friedensschalmeien. In Österreich Verstimmung über gestrige Erklärung der »Norddeutschen AUgemeinen Zeitung«, die dort offenbar für zu nachgiebig gehalten wird311.
[...]
311
fassung von einer vernünftigen Verständigung durch slawische oder slawenfeindliche Empfindungen oder durch Bund- oder Verbandvorurteile beeinflussen zu lassen.« Vgl den Bericht Tschirschkys an Bethmann Hollweg vom 27.11.1912, GP, 33, Nr. 12453; vgl. auch den Brief Kiderlen-Wächters an Kypke (undatiert, Ende November 1912): »Der Ballhausplatz tut >fassungslos< und die Wiener Presse tut ängstlich: Deutschland blase ab!« In: KiderlenWächter, Briefwechsel, Bd 2, S. 192. Nicht nur in Osterreich, sondern auch im Deutschen Reich gab es gewichtige Stimmen, die unter Inkaufnahme des Kriegsrisikos aus Gründen der Bündnis-
treue für eine feste Haltung plädierten. So schrieb beispielsweise Ballin am 1.12.1912 an den Herausgeber der »Zukunft«, Flarden: »Sagen wollte ich Ihnen aber doch, daß ich den von Ihnen vertretenen Standpunkt, wie Sie ihn in der letzten Zukunft erläuterten, voll teile. Ich stehe den politischen Dingen (nicht zuletzt auf Ihren Rat) jetzt ja recht fern, aber ganz bin ich mit Ihnen darin einig, daß wir nicht mehr >bündnisfähig< sind, wenn wir jetzt nicht bündnistreu uns erweisen. Ich würde doch nie mit einer Partei ein Solidaritäts-Verhältnis wieder eingehen, die in der Stunde, in welcher das Bündniß sozusagen akut wird, die Lupe zur Hand nimmt und nach dem Buchstaben forscht, wenn nur der Geist des Kontractes in Frage kommen kann. Und wenn wir versagen was bleibt dann übrig? Ein völlig isoliertes Deutschland! Und keine splendid isolation, wahrhaftig nein, nur eine kümmerliche, den größten Gefahren von links und rechts ausgesetzte Partei, das ist der Anfang vom Ende. Sie haben das alles ja aber viel besser und treffender gesagt, als ich in meinem armseligen Geschäftsdeutsch das auszudrücken vermag. Und England? Die Männer sind ja von einer beängstigenden Friedfertigkeit. Ganz gegen die Tradition, hier wäre doch ein warmes Plätzchen für den tertius gaudens. Aber lacht der Dritte? mir scheint, er weint! Er hat sich offenbar von Frankreich in einen Vertrag schmeicheln lassen, der ihm nun fürchterlich ist. Es sind auch keine Helden, die Männer, die dort am Ruder stehen, und Carnegie baut im Haag einen Friedenspalast, möchte man ihm nicht ein Plakat schicken >Zutritt verboten< —? In Amerika war's nicht schön, es ist ein Land, das zudem zum Abgewöhnen empfohlen werden kann, das noch für Freiheit und Gleichheit schwärmt. Für uns ist das eine ernste Zeit, ein Krieg würde alles zerschlagen, was wir in diesen langen Jahren so ruhig bauten, aber deshalb grade ist, meine ich, —
—
—
—
Bündnißtreue die
erste
Pflicht der Nation und ihrer
können sie der Gefahr entgeanständiges Menschenleben 1.12.1912, BAK, Nachlaß Harden, N 1062/5.
Führer,
nur so
gentreten, und sie notfalls auch überwinden, anders kann ich mir ein nicht denken.« Vgl. Ballin an Harden,
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Mittwoch, den 27. November 1912 Weitere Entspannung der Lage. Selbst französische Presse lobt Friedfertigkeit der deutschen Regierung. Nachrichten über Absichten Serbiens nachzugeben312. Trotzdem dürfte eine allzu optimistische Auffassung der Lage noch nicht gerechtfertigt sein. Österreich wird von seinen jetzt schon sehr reduzierten Ansprüchen nichts mehr aufgeben, während in Rußland das Zurückschieben der panslawistischen Forderungen noch Schwierigkeiten machen dürfte. MüUer aus Wilhelmshaven und Kiel zurück, wo Entsprechendes veranlaßt worden ist. Sitzung auf morgen verschoben. [...]
Donnerstag, den 28. November 1912 Weitere Beruhigung der poHtischen Lage. Sitzung über Vorbereitangsmaßnahmen an Hand der Admiralstabsforderungen, denen nur sehr bedingt Folge gegeben wird. [...]
Freitag, den 29. November 1912 Nachricht über ernste Differenzen zwischen Reichskanzler und Kiderlen, der mit dem Artikel der »Norddeutschen Allgemeinen Zeitung« vom Montag nicht einverstanden gewesen sein soU313. Lage sonst weiter beruhigt. Österreichischer GeneraHnspekteur, früherer Generalstabschef v. Hötzendorf, in Bukarest314. Zusammengehen Rumäniens mit Osterreich scheint gesichert. WaffenstiUstandsverhandlungen machen offenbar Fortschritte.
312
313
314
Am 28.11.1912 berichtete der deutsche Botschafter in St. Petersburg, daß Serbien nach Mitteilung des russischen Außenministers Sazonov auf Albanien verzichten wolle und bezüglich des Zugangs zur Adria mit einer »Lösung auf Basis eines durch eine neutralisierte Bahn zu erreichenden neutralen Hafens anzunehmen« bereit sei. Vgl. Pourtalès an Auswärtiges Amt, 28.11.1912, GP, 33, Nr. 12451. Dieser Kompromißvorschlag lag ganz auf der Linie des deutschen Außenministers, vgl. Zechlin, Die Adriakrise, S. 125 f., 132 f.
Beleg dafür gibt es nicht. Nach Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 732, war Bethmann Flollweg vielmehr der Meinung, wie er dem Reichstagsabgeordneten der FVP, Payer, in diesen Tagen mitteilte, »Kiderlen-Wächter arbeite sehr & und die politische] Stellung Deutschlands habe sich in den letzten 3Vi Jahren sehr gebessert.« Nach Bethmann Hollwegs Reichstagsrede vom 2.12.1912, in der dieser Osterreich zwar warnte, gleichzeitig aber betonte, daß »wir, unserer Bundespflicht getreu, fest entschlossen« an dessen Seite treten werden, konnte man jedoch durchaus den Eindruck von Differenzen haben. Ebd., S. 738 (siehe unten S. 268). Zur Mission Conrad v. Hötzendorfs vgl. das Schreiben Kiderlen-Wächters an den Gesandten in Einen
Bukarest, Waldthausen, vom 30.11.1912, GP, 33, Nr.
12458.
1912
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Sonnabend, den 30. November 1912 PoHtische
Lage unverändert. [...]
Sonntag, den 1. Dezember 1912 Morgenzeitung bringt Mitteüung, daß der österreichischen Regierung eine Erklärung der Petersburger Regierung zugegangen ist, daß Rußland die serbische Forderung auf eine Besitzergreifung auf albanischem Gebiet weder diplomatisch noch mit den Waffen unterstützen werde315. Das bedeutet eine wesentliche Entspannung der Lage. Die engHschen Zeitungen ergehen sich in Lobenserhebungen über die Friedfertigkeit und Fairneß der deutschen PoHtik und hoffen daraus auf eine aügemeine Besserung der deutsch-engHschen Beziehungen. Mir würde eine solche sehr sympathisch sein. Unser Hauptfeind wird in der Zukunft abgesehen von dem revanchelustigen Frankreich immer mehr das Slawentum werden. Dagegen können wir nur mit England, das in dieser Hinsicht ebenso dasteht wie wir, vereint gegenangehen. [...] Montag, den 2. Dezember 1912 Rede des Reichskanzlers über auswärtige PoHtik erhofft eine allseitige befriedigende Einigung unter den Großmächten, betont aber, daß wenn einer unserer Bundesgenossen von einer dritten Macht angegriffen würde, wir an der Seite unserer Verbündeten zur Wahrung unserer Stellung in Europa, zur Verteidigung der Sicherheit und Zukunft unseres Landes fechten werden316. [...]
Dienstag, den 3. Dezember 1912 Rede des Reichskanzlers wird im allgemeinen im In- und Ausland günstig beurteilt, besonders in Österreich, wo man die Auslassung der »Norddeutschen Allgemeinen
3,5
316
In den letzten Novembertagen deutete Sazonov dem deutschen Botschafter an, daß Rußland zufrieden sein würde, wenn es gelänge, »die serbischen Wünsche wegen eines Ausganges zum Adriatischen Meere auf eine andere Weise zu befriedigen«, daß es aber »für die wahren Interessen Serbiens [...] mit seiner ganzen Macht eintreten« werde. Vgl. Pourtalès an Bethmann Hollweg, 29.11.1912, ebd., Nr. 12467; Zechlin, Die Adriakrise, S. 132. Vgl. RT, Bd 286, S. 2472; Zechlin, Die Adriakrise, S. 133 f.; Mommsen, Bürgerstolz, S. 493 f.; Fischer, Krieg der Illusionen, S. 229; Schöllgen, Imperialismus und Gleichgewicht, S. 352 f.
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Zeitung« vom 25. November dadurch wieder wettgemacht sieht317. JedenfaUs weiß die Welt und namentlich Rußland jetzt, daß wir unsere Bundestreue halten woUen. Im Reichstag Debatte über auswärtige PoHtik. [...] Mittwoch, den 4. Dezember 1912
Reichstag Debatte über Bundesratsbeschluß betreffend Jesuitengesetz318. Heftiger Angriff Spahns, feste und scharfe Antwort des Reichskanzlers, in der er dem Zentrum vorwirft, daß es die Jesuitenfrage zum Eckstein seiner gesamten PoHtik mache und die historische Berechtigung des Standpunktes der Regierung betont. Regierungsfeindschaft des Zentrums dürfte wohl unvermeidHch sein, innere poHtische Lage sehr kompHziert. Taktik des Zentrums meines Erachtens unverschämt und dumm. Sie sind wahrhaftig mehr als genügend gestreichelt worden. Im
Waffenstillstand zwischen Türkei und Balkanstaaten, eventuell Griechenland, 2. unterzeichnet, Truppen bleiben in besetzten SteUungen. Friedensverhandlungen soUen am 13. in London beginnen319. [...] am
Montag, den 9. Dezember 191232" Wie mir Schultz erzählt, hat gestern vormittag eine Besprechung bei S.M. stattgefunden, an der der Staatssekretär des R.M.A., die [sie] Kriegsminister321, Chef des 317
318
319
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Zu den unterschiedlichen Reaktionen in Wien, wo man nun einzulenken begann, Petersburg, wo die Rede »mit erhabener Ruhe« aufgenommen wurde, und Paris, wo die Öffentlichkeit ruhig, die Regierung hingegen besorgt reagierte, vgl. Zechlin, Die Adriakrise, S. 133-138, S. 151-155. In London nahm die Regierung diese Rede zum Anlaß, durch Lordkanzler Haidane offiziell zu erklären, daß »England [...] unter keinen Umständen eine Niederwerfung der Franzosen dulden« könne. »England könne und wolle sich nicht nachher einer einheitlichen kontinentalen Gruppe unter Führung einer einzigen Macht gegenüberstehen.« Vgl. Lichnowsky an Bethmann Flollweg, 3.12.1912, GP, 39, Nr. 15612. Diese Erklärung war wiederum der Anlaß für den »Kriegsrat« (siehe unten Anm. 322). In einem Beschluß vom 28.11.1912 legte der Bundesrat sein Veto gegen die liberalere Handhabung des Gesetzes vom 4.7.1872 ein, durch das der Jesuitenorden im Deutschen Reich verboten worden war. Der Führer der Zentrumsfraktion im Reichstag, Spahn, protestierte dagegen aufs schärfste in einer Erklärung vom 4.12.1912. Vgl. Loth, Katholiken, S. 219; vgl. dazu den Schriftwechsel Lerchenfeld-Hertling vom 2.12. bis 11.12.1912, in: Flertling, Briefwechsel, Bd 1, Nr. 38-41 (mit weiteren Verweisen). Erst am 19.4.1917 wurde das Jesuitengesetz aufgehoben. Am 4.12.1912 schlössen Bulgarien und die Türkei einen Waffenstillstand, dem Serbien und Montenegro beitraten; Griechenland hingegen schloß sich nicht an, da es die Kämpfe bis zum Fall der Festung Epiros fortsetzen wollte. Die Verhandlungen der Botschafter der sechs Signatarmächte des Berliner Vertrages von 1878, denen bei jeder Neuerung der Stellung der Balkanstaaten ein letztes Entscheidungsrecht zustand, und die Friedenskonferenz der Balkanstaaten begannen am 16.12.1912 in London. Vgl. Boeckh, Von den Balkankriegen, S. 37 f., 40-55; Helmreich, Diplomacy, S. 249-340; Crampton, The Hollow Detente, S. 75-96; Kos, Südosteuropa, passim; Kießling, Gegen den großen Krieg, S. 149-192; Hall, The Balkan Wars, S. 69-79. Bereits von Schulte, Zu der Krisenkonferenz, S. 196, veröffentlicht.
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Admiralstabs, Chef des Generalstabs und die beiden Kabinettschefs teUgenommen haben322. Tirpitz erzählt mir nachher, es habe sich um folgendes gehandelt. Wie
Lichnowsky geschrieben323, ist Haidane zu ihm gekommen und hat ihm nach aUerhand Fladusen324 angedeutet, daß wenn es zu einem aUgemeinen europäischen Kriege komme, England auf Frankreichs Seite stehen werde, da es nicht dulden könne, daß auf dem Kontinent irgendeine Macht ein ausgesprochenes Übergewicht bekäme325. S.M.326 betrachtet daher die Lage als sehr ernst, zumal Sazonov gesagt haben soU, wenn Osterreich Serbien angreife, schlage Rußland los327. S.M. sieht in den Forderungen Österreichs Lebensinteressen der Habsburgischen Monarchie, die es keines faUs aufgeben kann und die wir unterstützen müssen. Glaubt nicht, das Serbien klein beigibt. Chef des Generalstabs sieht Krieg als unvermeidHch an und sagt, je eher, desto besser. Tirpitz hat ihm widersprochen und gesagt, im Interesse der Marine Hege es, Krieg wenn mögHch noch 1-2 Jahre hinauszuschieben. Auch Armee könne bis dahin noch viel tan zur besseren Ausnutzung unseres Bevölkerungsüberschusses. Rumänien hält fest zu Osterreich, auch Bulgarien neigt zum Dreibund. Ich glaube noch nicht an UnvermeidHchkeit des Krieges, bin vielmehr der Ansicht, daß es nicht dazu kommt. Die Haidanesche Mitteilung ist ein Gegenzug gegen die Kanzlerrede und ein Bluff, mit dem ja jetzt alle Regierungen dauernd arbeiten328. Die enghsche City tat aUes, um den Krieg zu vermeiden, bei dem sie wenigstens für die nächsten Jahre nur verHert, ebenso die gesamte Finanz der übrigen Länder. Die ganze Geschichte dauert schon zu lange, als daß ein aUgemeiner Weltbrand daraus werden könnte. Indes wer weiß329. 8 h Abends 321
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Eintragung im Müller-Tagebuch vom 8.12.1912 (BA-MA, Nachlaß Müller, N 158/4, abgedruckt bei Röhl, An der Schwelle, S. 100) haben weder der Kriegsminister Heeringen noch der Chef des Militärkabinetts, Lyncker, an diesem »Kriegsrat« teilgenommen. Zu diesem sog. »Kriegsrat« vom 8.12.1912 vgl. Röhl, An der Schwelle, S. 77 f. und passim; Röhl, Kaiser, Hof und Staat, S. 188-192; Förster, Der doppelte Militarismus, S. 252-254.; Schulte, Zu der Krisenkonferenz, S. 183-197; Schulte, Europäische Krise, S. 20-22; Fischer, Krieg der Illusionen, S. 232-235; Mommsen, Der Topos, S. 392-395; Mommsen, Bürgerstolz, S. 496-498; Epkenhans, Die wilhelminische Flottenrüstung, S. 328 f.; Forsbach, Kiderlen-Wächter, Bd 2, S. 739 f.; Zechlin, Die Adriakrise, S. 138-147; Fischer, Admiral des Kaisers, S. 128-131; Schöllgen, Imperialismus und Gleichgewicht, S. 353 f.; Pohl, Die »Krisenkonferenz« vom 8. Dezember 1912, S. 91-104;Rosenberger, Zeitungen als Kriegstreiber?, S. 210-214. Gemeint ist der Bericht des deutschen Botschafters in London, Lichnowsky, an Bethmann Hollweg vom 3.12.1912 über sein Gespräch mit dem englischen Lordkanzler Haidane, GP, 39, Nach der
Nr. 15612. Fladusen = Schmeichelei. Bei Schulte, Zu der Krisenkonferenz, S. 196, irrtümlich »Floskeln«. Vgl. das Schreiben Lichnowskys an Bethmann Hollweg vom 3.12.1912, GP, 39, Nr. 15612. Zur Reaktion des Kaisers auf den Bericht Lichnowskys vgl. dessen Schreiben an Kiderlen-Wächter, undatiert [8.12.1912], ebd., Nr. 15613. Gelegentlich einer Unterredung mit dem österreichischen Botschafter in St. Petersburg hatte der russische Außenminister gesagt: »>Sie können sicher sein, daß wir nicht angreifen werdenVermögenskonfiskation< sprechen und die Maßnahme als ein erneutes Entgegenkommen gegen die sozialdemokratischen Forderungen bezeichnen, an dem unsere Regierungspraxis so reich ist. Zutreffend ist auch, daß der weniger bemittelte Mann ein ebenso großes Interesse an der Erhaltung des Friedens durch ein starkes Heer hat wie der Wohlhabende: denn nur dann findet er Arbeit und Verdienst.« Zit. nach: Granier, Deutsche Rüstungspolitik, S. 144. Vgl. auch die Aufzeichnungen Capelies über den »Gesamtbedarf« der Wehrvorlage (undatiert), in denen es u.a. heißt: »Politisch wichtig scheint mir, daß auch kleine Vermögen herangezogen werden, damit auch die kleinen Leute darunter leiden. Das schützt vor Wiederholungen des Experiments bezw. vor allzu großem Druck nach dieser Richtung aus demokratischen Kreisen.« Zit. nach: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/28. Vgl. auch die Veröffentlichungen im »Berliner Tageblatt« vom 2.3.1913 (»Das Milliardenopfer«), sowie vom 3.3.1913 (»Vom Opfer zur Steuer« bzw. »Die einmalige Abgabe«). Zu diesem »Wehrbeitrag« sowie den Einzelheiten der Finanzierung der neuen Wehrvorlage, durch die die Armee um 3975 Offiziere, 14 849 Unteroffiziere und 116 915 Mann verstärkt wurde, vgl. Witt, Die Finanzpolitik, S. 362-366; Kriegsrüstang und Kriegswirtschaft, Bd 1, S. 195 f.; Granier, Deutsche Rüstangspolitik, S. 158, Anm. 171. Am 10.3.1813, dem Geburtstag der verstorbenen Königin Luise, stiftete König Friedrich Wilhelm III. das Eiserne Kreuz. Dies war Anlaß für einen Festgottesdienst und einen längeren Truppenvorbeimarsch im Lustgarten. Vgl. dazu und dem vom Kaiser verlesenen Tagesbefehl Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 92 f. Der Oberhof- und Domprediger (ab 1898) Dryander erinnerte in seiner Predigt u.a. daran, wie 1813 »vor den staunenden Augen der Welt ein ausgesogenes, herabgewürdigtes, zertretenes Volk mit beispielloser Kraft sich erhebt, Preußens Wiedergeburt sich vollzieht. Es beginnt jener Zustrom zum LIeer, in dem das Edelste, Reinste, Frommste, was das Volk barg, zu den Waffen eilt, [...] sich um den Thron des Königs alle jene herrlichen Menschen [sammeln]. An ihrer Spitze der stille, ernste König [...].« Zit. nach: Andresen, Ernst v. Dryander, S. 271.
Folgen Aufzeichnungen
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Dienstag, den 11. März 1913 Nichts Besonderes. 8 h N Zum Diner bei Tirpitz. Großes Staatsessen mit mehreren Dutzend Exzellenzen (Schorlemer, Daliwitz, Jagow, Lisco, Varnbüler, Salza, Detten, Beseler, v. Dirksen, Admírale v. Müller, v. Heeringen usw.).
Mittwoch, den
12. März 1913
[...] Entspannung
der Lage durch offizielle Anordnung der österreichischen und Demobilisierung123. Offiziöser Artikel der »Norddeutschen AllgemeiZeitung« über Bedeutung der Heeresvorlage für unser Verhältnis zu Frank-
russischen nen
reich124.
Donnerstag, den 13. März 1913
Vorbereitung zum Immédiat-Vortrag. Vergebung des Großen Kreuzers125. 123
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Herr Blohm beim Staatssekretär wegen
Am 11.3.1913 erschien gleichzeitig in Wien und St. Petersburg ein Communiqué, in dem bekanntgegeben wurde, daß Österreich-Ungarn seine Truppenstärken in Galizien herabsetzen und Rußland seine Reservisten endassen werde. Vgl. GP, 34, II, S. 473, Anm. Am 10.3.1913 hatte die »Kölnische Zeitung« einen gegen Frankreich gerichteten Artikel »Der Störenfried« veröffentlicht. Im Gegensatz zur Reichsleitung, die die Wehrvorlage offiziell mit den Ereignissen auf dem Balkan begründete, verwies dieser in scharfem Ton auf Frankreich: »Wir sollten die Gründe für unsere Heeresvermehrung nicht allzu weit herholen, sondern sie dort aufnehmen, wo sie für jedermann sichtbar auf der Straße liegen: wir sollten deuthch nach Westen weisen; den Finger drauf, denn dort sitzt der Störenfried in Frankreich.« Vgl. GP, 39, S. 171, Anm. Dieser Artikel erregte großes Aufsehen, da er aufgrund der engen Verbindungen der Zeitung zum Auswärtigen Amt als offiziöse Stellungnahme gewertet wurde. In einem Zirkulartelegramm vom 12.3.1913 bezeichnete Jagow ihn daraufhin als »Redaktionsentgleisung und ganz unoffiziell.« Am 13.3.1913 nahm auch die offiziöse »Norddeutsche Allgemeine Zeitung« gegen die Auslassungen der »Kölnischen Zeitung« Stellung und erklärte unter Hinweis auf die »gemeinsamen Bemühungen der Großmächte«, den Balkankonflikt zu lösen u.a.: »Wenn in den erwähnten Artikeln [...] die geplante deutsche Heeresverstärkung mit einer angeblichen Verschlechterung der Beziehungen Deutschlands zu dem einen oder anderen seiner Nachbarn motiviert wird, die zu einem kriegerischen Konflikte drängen, so sind derartige Ausführungen auf das entschiedenste zurückzuweisen. Daß die gesamteuropäischen Machtverhältnisse durch die Vorgänge auf dem Balkan eine Verschiebung erlitten haben, von der mittelbar auch Deutschland berührt wird, ist eine jedem einleuchtende Tatsache. [...] Indem wir das ausdrücklich betonen, müssen wir gleichzeitig gegen die maßlose Sprache Front machen, mit der in einigen französischen Zeitungen unsere Heeresvorlage als eine Herausforderung und Drohung gegen Frankreich hinzustellen versucht wird. Unserer nationalen Würde entspricht es, solche Hetzereien entgegenzutreten, aber kaltblütig und ohne Stimmungsausbrüche, die im Inland und im Ausland Mißverständnisse hervorrufen und die auf Bewahrung des Friedens unter den Großmächten gerichtete Haltung unserer Politik verdunkeln.« Vgl. auch GP, 34, II, S. 488, Anm. Die Hamburger Werft Blohm & Voss hatte sich seit der Jahrhundertwende auf den Bau von Großen Kreuzern spezialisiert. Aus wirtschaftlichen Gründen war die Werft, die bei den Großen -
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Dienstag, den 18. März 1913 Nichts Besonderes. 71//2h-91/2hN Admiral Rollmann und Geheimrat v. Colin zum Vortrag beim Staatssekretär über Vergebung der Schiffe126. 1 großes Schiff bekommt Werft Wilhelmshaven, 1 Schichau, der 3 Millionen weniger verlangt als die andern, das dritte Howaldt oder Germania, 1 Kleinen Kreuzer Werft Kiel, 1 wahrscheinhch Vulkan. [...]
Mittwoch, den 19. März 1913 Nachricht, daß König von Griechenland gestern nachmittag in Saloniki auf einem Spaziergang von einem offenbar geistesschwachen Griechen, der Soziahst ist, erschossen ist127. Geburtstag des Staatssekretärs, der 64 Jahre alt wird. 10 h 45 m
S.M. zum Gratulieren bei ihm. Der Kaiser heß mich kommen und befahl mir dafür zu sorgen, daß der Herr Staatssekretär morgen seinen Urlaub antrete und ihm zu melden, mit welchem Zuge er abreise128. Nachricht von dem zum Kriegsschauplatz entsandten Major v. Massow, daß Verhältnisse auf dem Balkan noch sehr verworren129. Serbien, Griechenland, Montenegro und Rumänien kommen130 in immer schärferen Gegensatz zu Bulgarien131. Janina132 ist durch Verrat gefallen. Abmachungen zwischen Rußland und Österreich sind wenigstens auf russischer Seite nicht ernst gemeint133.
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Kreuzern »Derfflinger« und »Seydlitz« bereits erhebliche Verluste gemacht hatte, auf den Auftrag für ein weiteres Schiff angewiesen. Bei seinen Entscheidungen ließ sich das Reichsmarineamt auch nicht von Lobbyisten der Werftindustrie unter Druck setzen. Vgl. Epkenhans, Die wilhelminische Flottenrüstung, S. 230, 242 f. Es handelte sich um den Großen Kreuzer »Ersatz >HerthaWörth«< »Baden« (Schichau) und den LinienschiffsWilhelmshaven), neubau »T« = »Bayern« (Howaldtswerke) sowie die Kleinen Kreuzer »Ersatz >HelaGefion«< »Wiesbaden« (Vulcan AG Stettin). Am 12.3.1913 erschoß der geisteskranke Alexander Schinas König Georg bei einem Spaziergang in Saloniki. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 680. Am 20.3.1913 reiste Tirpitz zusammen mit Frau und Tochter für drei Wochen nach Portofino =
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Erholung.
Zu diesem Bericht des früheren Militärattaches in Bukarest vgl. ausführlich die Meldung des Nachrichtenbureaus an Tirpitz vom 19.3.1913, BA-MA, RM 3/9781. Vorlage irrtümlich »kommt«. Die Frage der neuen Grenzen auf dem Balkan nach dem Sieg über die Türkei führte zu Spannungen unter den Siegerstaaten wie auch zwischen Bulgarien und Rumänien. Diese entluden sich im Juni/Juli 1913 schließlich in einem neuen Balkankrieg. Vgl. dazu GP, 34, II, S. 484, Anm., S. 707 f., Anm.; Helmreich, Diplomacy, S. 281-309; Hall, The Balkan Wars, S. 97-129. Die seit Beginn des Balkankrieges belagerte Festung Janina hatte sich nach heftigen Kämpfen Anfang März 1913 ergeben. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 680. Nach einem Bericht des deutschen Botschafters hatte Rußland keine »große Eile« bei der vereinbarten Verringerung der Truppen an der galizischen Grenze. Vgl. Pourtalès an Bethmann Hollweg, 15.3.1913, GP, 34, II, Nr. 12985.
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Freitag, den 28. März 1913 10 h Zum Bureau. Von MüUer erfahren, daß nichts Besonderes vorgefallen. Ingenohl hat auf die Frage des Staatssekretärs, ob Holtzendorff tatsächhch offiziell den Verbandschefs gesagt habe, sie soUen auf seinen (Tirpitz) Sturz arbeiten, geantwortet, das sei nicht der FaU. In privater Unterredung habe Holtzendorff nur geäußert, ein Wechsel des Staatssekretär sei jetzt nicht mehr wie früher unmöghch und für die Marine vieUeicht günstig134. Tirpitz unternimmt deshalb nichts weiter. In der Politik der letzten Tage ist die Erstürmung Adrianopels135 durch die Bulgaren das wichtigste Ereignis, sodann Aufforderung der Mächte an Montenegro und Serbien, die Beschießung Skutaris136 einzustehen, Etatsrede Churchüls137, großer Bluff mit hohday im Schiffbau für 1 Jahr, Äußerung von Asquith138, daß Abmachungen mit Frankreich über Teünahme an einem europäischen Kriege nicht existierten. Friedensaussichten steigen.
Montag, den 31. März 1913 Nichts Besonderes. Montenegro weigert sich, dem Druck der Mächte folgend die Belagerung von Skutari aufzugeben. Österreich beginnt mit Flottendemonstration. Teünahme der übrigen Mächte mit Ausnahme von Frankreich und Rußland scheint sichergesteUt139. 134 135
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Siehe oben S. 309. Am 25.3.1913 hatten bulgarische Truppen endgültig die seit längerem belagerte Festung Adrianopel erobert. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 646. Auf der Londoner Botschafterkonferenz hatten sich die Großmächte am 22.3.1913 geeinigt, das umstrittene Diakowa Serbien, Skutari Albanien zuzusprechen. Zugleich hatten sie eine entsprechende Demarche in Belgrad und Cetinje beschlossen, in der u.a. die Aufhebung der Belagerung von Skutari gefordert wurde. Vgl. Lichnowsky an Auswärtiges Amt, 22.3.1913, GP, 34, II, Nr. 13008. Vgl. auch Boeckh, Von den Balkankriegen, S. 46-48. Am 26.3.1913 brachte Churchill im Unterhaus den Marineetat für 1913/14 ein. Der Umfang belief sich auf £ 49 Millionen und stieß auf erhebliches Mißfallen in den eigenen Reihen. Um dieser Kntik zu begegnen, erneuerte der Marineminister seinen Vorschlag eines »Naval Holiday«, den er bereits im März 1912 unterbreitet hatte, der aber auf keine Resonanz gestoßen war; zugleich bezeichnete er eine Stärkerelation von »16:10« zwischen England und Deutschland als ausreichend. Vgl. Churchill, Speeches, vol. 2, S. 2067 2094; Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 502-506; zu Churchills Vorschlag eines »Naval Hohday« vgl. Maurer, Churchill's Naval Holiday, S. 102-127; Maurer, The Anglo-German Naval Rivalry, S. 284-308. Auf Interpellation eines Abgeordneten hatte Premierminister Asquith am 24.3.1913 im Unterhaus erklärt, daß, »falls Krieg entstünde zwischen den europäischen Mächten, so wären keine unveröffentlichten Verträge vorhanden, welche die Freiheit der Regierung oder des Parlaments einengen könnten hinsichtlich der Entscheidung, ob oder ob nicht Großbritannien an einem Kriege sich beteiligen sollte.« Vgl. Lichnowsky an Bethmann Hollweg, 25.3.1913, GP, 39, Nr. 15615. Um Montenegro, das von serbischen Truppen unterstützt wurde, zur Aufgabe der Belagerung von Skutari zu zwingen, hatte der deutsche Botschafter am 26.3.1913 auf der Botschafterkonferenz in London eine internationale Flottendemonstration vor der montenegrinischen Küste vorgeschlagen, ohne dazu allerdings offiziell beauftragt worden zu sein. Vgl. Lichnowsky an Auswärtiges Amt, 26.3.1913, GP, 34, II, Nr. 13021. Bereits am 31.3.1913 beschlossen die Botschafter der -
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Dienstag, den 1. April 1913 Auffallend warmes Frühhngswetter. England, Itahen und auch Frankreich nehmen an der Flottendemonstration teil. Rußland beauftragt Frankreich mit seiner Vertretung. Panslawismus in Rußland darüber stark erregt14". Allgemeine Lage dadurch ziemhch verworren, doch scheint England auf Durchdrücken der Forderungen der Mächte zu dringen und neigt in dieser Hinsicht zum Dreibund hin141. [...]
Mittwoch, den 2. April 1913 der 1913 Schiffe, »Ersatz Worth« an Schichau, Großer Kreuzer an Werft Wilhelmshaven, Linienschiff Neubau an Howaldt 1 Kleiner Kreuzer an Vulkan, 1 an Werft Kiel. Howaldt ist in letzten Verhandlungen noch um 1 Million zurückgegangen, bekommt aber doch noch 2 Millionen mehr als Schichau. Die Gesellschaft saniert nochmals, das ursprüngliche Stammkapital kommt nun von 7 auf Vá Millionen [sie]. Andernfalls, d.h. wenn sie das Schiff nicht bekommen, würde Gesellschaft liquidiert haben. Das wäre doch ein harter Nackenschlag für Kiel gewesen. Blohm und Voß steht auch wackehg, Weser noch schlimmer143. [...]
Vergebung142
Donnerstag, den 3. April 1913 streikt noch immer, Nikita144 ist ein verzweifelter Dickkopf, die Serben machen leider auch noch mit bei der Belagerung von Skutari145. Das offizielle
Montenegro
Großmächte die Entsendung von Kriegsschiffen an die Küste Montenegros (vgl. Lichnowsky an Auswärtiges Amt, 31.3.1913, ebd., Nr. 13058); nachdem am 31.3.1913 35 Transportdampfer von Griechenland aus mit serbischen Truppen und Kriegsmaterial in Montenegro eingetroffen waren (vgl. ebd., S. 573, Anm.) verhängten die Großmächte jedoch am 10.4.1913 zur Verhinderung der Landung weiterer serbischer Truppen auch eine vollständige Blockade der montenegrinischen und albanischen Küste. Daran nahmen nach längeren Verhandlungen deutsche, italienische, österreichische, englische und französische Kriegsschiffe teil. Mit Rücksicht auf die besonderen Beziehungen zu den Balkanstaaten und die öffentliche Meinung lehnte Rußland die Entsendung eines Kriegsschiffes zwar ab, erklärte sich mit der Aktion insgesamt aber einverstanden. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 675 f.; Helmreich, Diplomacy, S. 310-325; Hall, The Balkan Wars,
91-95; Löhr, Die albanische Frage, S. 92-115. Die Kompromißbereitschaft der russischen Regierung bei der Lösung des Balkankonflikts war Anlaß für massive Kritik seitens der Panslawisten. Vgl. Pourtalès an Bethmann Flollweg, 27.3.1913, GP, 34, S.
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II, Nr. 13036. Am 31.3.1913 teilte Außenminister Grey dem deutschen Botschafter die Entsendung zweier englischer Schiffe nach Korfu mit, um die Landung serbischer Truppen zu verhindern bzw. ggf. Antivari zu besetzen. Vgl. Lichnowsky an Auswärtiges Amt, 31.3.1913, ebd., Nr. 13058. Siehe oben S. 312. Mehrere große Werften befanden sich 1913 in einer schon länger (1907) andauernden Krise und arbeiteten selbst im Kriegsschiffbau mit teilweise erheblichen Verlusten. Vgl. Epkenhans, Die wilhelminische Flottenrüstang, S. 225-233, 241-245, 274-290. Nikita Petrovic, eigentlich Nikolaus, König von Montenegro.
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Rußland steht auf Seiten der Mächte, die Panslawisten veranstalten Demonstrationen zu Gunsten ihrer slawischen Brüder. Lage immer noch recht komphziert, doch scheint England entschlossen zu sein, nicht nachzugeben. [...]
Freitag, den 4. April 1913 Politische Lage unverändert. Flottendemonstration kommt zustande, Rußland nimmt nicht daran teil, erklärt sich aber einverstanden. Montenegro bleibt dickfällig. Nikita hat, als er mit der Nachricht geweckt wurde, die österreichische Flotte sei in Sicht, geantwortet, man soUe ihn nicht im Schlafe stören146. Der sächsische Mihtärbevollmächtigte147 teilt mir mit, daß ich meinen Vortrag vor dem König von Sachsen148 am 12. Aprü halten soU.
Montag, den 7. April 1913
Lesung der Wehrvorlage im Reichstag149. Sehr bedeutsame Rede des Reichskanzlers, in der er die politische Lage erörtert150. Weist auf unser gutes Verhältnis zu den Regierungen Rußlands und Frankreichs hin, betont aber die Gefahr der nationalen, spezieU der panslawistischen Strömungen151. Hebt dann unser gutes Verhältnis zu England und die Gemeinsamkeit der beiderseitigen Friedensbestrebungen hervor152. Geht, ohne interpelliert zu sein, auch auf ehe Churchül-Rede ein Erste
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Am 2.4.1913 tente der serbische Gesandte in Cetinje dem deutschen Vertreter mit, daß Serbien »seinen Alliiertenpflichten« gegenüber Montenegro nachkommen, »jedoch von einem Widerstand Montenegros gegen die Entscheidung der Großmächte abraten müsse.« In: GP, 34, II, Nr. 13073. Zunächst kreuzten nur österreichische und italienische Kriegsschiffe vor Antivari. König Nikita von Montenegro reagierte darauf angeblich mit der Bemerkung, diese beschießen zu lassen. Vgl. Tschirschky an Auswärtiges Amt, 4.4.1913, GP, 34, II, Nr. 13085. General Leuckart von Weißdorf. König Friedrich August III. von Sachsen. Vom 7.4. bis 9.4.1913 fand, eingeleitet von Reden des Reichskanzlers und des preußischen Kriegsministers, die erste Lesung der neuen Heeresvorlage statt. Vgl. RT, Bd 289, S. 4511 -4610. Vgl. auch Förster, Der doppelte Militarismus, S. 281-285. Vgl. RT,Bd 289, S. 4512-4515. Mit der ausdrücklichen Betonung der von panslawistischen Strömungen ausgehenden Gefahren sollte die russische Regierung veranlaßt werden, entsprechend den Vereinbarungen der Botschafterkonferenz Druck auf Montenegro bzw. Serbien in der Skutarifrage auszuüben. Vgl. Jagow an Pourtalcs, 7.4.1913, GP, 34, II, Nr. 13099, sowie Pourtalès an Bethmann HoUweg, 8.4.1913, ebd., Nr. 13125. Infolge dieser Rede drängte die russische Regierung Serbien und Montenegro schließlich diplomatisch als auch öffentlich zum Nachgeben. Ebd., S. 656-658, Anm. Die Reichsregierung bemühte sich bereits im Vorfeld dieser Rede, mögliche Mißverständnisse, insbesondere in England, zu verhindern. Vgl. Jagow an Lichnowsky, 5.4.1913, GP, 34, II, Nr. 13090, vgl. ebd., Nr. 13112 auch unter Hinweis auf die von Bethmann Hollweg besonders gewürdigte deutsch-englische Zusammenarbeit bei der Beilegung des Balkankonflikts Greys Dank für die »anerkennenden Worte, die seinem Wirken und unserer gemeinsamen Arbeit gewidmet wurden.« Vgl. Lichnowsky an Auswärtiges Amt, 8.4.1913. -
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und bezeichnet den hohday-Vorschlag, der aber offiziell von der enghschen Regierung ausgehen müsse, als diskutabel und spricht die Hoffnung aus, daß die Spannung zwischen England und uns endgültig der Vergangenheit angehöre. Dieser Hinweis für die Entwicklung unserer Marine und die endgültige Durchführung des Flottengesetzes wenig günstig, wie ich überhaupt glaube, daß die Wehrvorlage und jetzige Gestaltung der politischen Situation das Interesse für unsere Flotte zweifellos erkalten lassen wird. Der König von Montenegro hat Aufforderung des ältesten Admirals der Demonstrationsflotte, des enghschen Admirals Burney, in schroffem Ton abgewiesen153. Der Sturm auf den Tarabosch ist blutig zurückgeschlagen worden154. In Petersburg haben starke panslawistische Demonstrationen stattgefunden155. Politische Lage wieder sehr verworren. —
Dienstag, den 8. April 1913 Fortsetzung der Wehrdebatte im Reichstag. Politische Lage scheint sich klären zu wollen. Serbien lenkt ein, Bulgarien ist zu einem Präliminarfrieden geneigt156. Es scheint, daß Montenegro mit einer finanziellen Entschädigung abgefunden werden soll und diesen Vorschlag annimmt157. In Rußland panslawistische Demonstrationen verboten. [...] 153
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Am 6.4.1913 hatte der Chef der Blockadeflotte, der englische Admiral Burney, die montenegrinische Regierung im Namen der Großmächte aufgefordert, deren Beschlüssen »umgehend zu entsprechen«. Vgl. das Telegramm des Chefs des Admiralstabs an Wilhelm II. vom 6.4.1913, BAMA, RM 2/1776. Vgl. auch Treuder an Auswärtiges Amt, 7.4.1913, GP, 34, II, Nr. 13107. Da die montenegrinische Regierung dieser Forderung nicht nachkam, blockierten die Schiffe der Großmächte vom 10.4.1913 an die montenegrinische Küste. Vgl. die Mitteilung des Wölfischen Telegraphenbureaus vom 10.4.1913, BA-MA, RM 2/1776. Vgl. ebd. auch die Denkschrift des Admiralstabschefs vom 10.4.1913 »betreffend: die Blockade gegen Montenegro und ihre Aussichten.« Vgl. Hall, The Balkan Wars. Am 7.4.1913 fand in St. Petersburg eine große panslawistische Versammlung statt, auf der gegen die angebliche Vergewaltigung der griechisch-orthodoxen Kirche in Österreich-Ungarn protestiert wurde. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 613. Am 5.4.1913 ließen die verbündeten Balkanstaaten ihre Bereitschaft erkennen, auf den Vermittlungsvorschlag der Großmächte vom 22.3.1913 unter bestimmten Bedingungen einzugehen. Vgl. Below-Saleske an Auswärtiges Amt, 5.4.1913, GP, 34, II, Nr. 13088; Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 646 f. Um Montenegro den Rückzug aus Skutari zu erleichtern und damit einen anderenfalls drohenden größeren Konflikt zu vermeiden, hatten die deutsche und die italienische Regierung dabei russische Anregungen aufgreifend (vgl. Pourtalès an Auswärtiges Amt, 31.3.1913, GP, 34, II, Nr. 13055) zeitweilig erwogen, Montenegro durch finanzielle Zuwendungen zu entschädigen, waren damit aber bei der österreichischen wie auch der englischen Regierung auf Ablehnung bzw. Desinteresse gestoßen. Vgl. Jagow an Treuder, 7.4.1913, ebd., Nr. 13101. Auch Bethmann Hollweg lehnte eine vom Kaiser unterstützte Entschädigung Montenegros schließlich ab, da »dies von den anderen Balkanstaaten uns als Schwäche ausgelegt und deren Begehrlichkeit nur steigern würde.« Vgl. Bethmann Hollweg an Treuder, 8.4.1913, ebd., Nr. 13108. Von einer Bereitschaft Montenegros, darauf einzugehen, konnte jedoch keine Rede sein. Vgl. Jagow an Wilhelm II., 10.4.1913, ebd., Nr. 13127. Dennoch wurde diese Möglichkeit auch in der Folgezeit mehrfach unter den Großmächten erörtert. —
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Mittwoch, den 9. April 1913 S.M. hat auf Eingabe des Admiralstabs über Sommerreise der Hochseeflotte bestimmt, daß diese im Mai nach der nordspanischen Küste gehen und dort »Imperator«158 treffen solle. Es sei politisch wichtig, daß Flotte im Mai Nordsee verlasse. Staatssekretär des Auswärtigen Amts ist anderer Meinung. Wühelm möchte aber gerne sein mechanical toy den auf »Imperator« versammelten Gästen des Herrn BaUin im Parademarsch vorführen. Es wird Mühe kosten, ihm diese gänzlich verdrehte Idee auszureden. R.M.A. hat glücklicherweise nichts damit zu tun. Wir beantworten deshalb die Frage des Admiralstabs dahin, daß von unserm Standpunkt aus keine Bedenken vorhegen159. [...]
Donnerstag, den
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Lage wird weiter zuversichtlicher. Nichts Besonderes. Gestern starke Entgleisung des Generalmajors Wenninger, bayrischer MihtärbevoUmächtigter, im Reichstag16". Heute Remedur. Er hat sich doch gründlich blamiert. Politische
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Der Passagierdampfer »Imperator« war das neue Flaggschiff der Flapag. In einem Schreiben vom 31.3.1912 hatte der Chef des Admiralstabs über die Planungen des Flottenkommandos (vgl. dessen Immediatbericht vom 19.3.1913) für die Frühjahrs- und Sommerreisen berichtet. Entgegen der Bedenken von Flottenkommando und Admiralstab, im Frühjahr die Nord- bzw. Ostsee zu verlassen, und die erst für den Sommer einen achttägigen Aufenthalt in ausländischen Häfen vorsahen, hatte Wühelm II. am Rande notiert: »Soll im Mai stattfinden, wobei die Flotte dem >Imperator< zu begegnen hat! Es ist politisch wichtig, daß die Flotte im Mai mal die Nordsee verläßt!«. Vgl. Heeringen an Wilhelm II., 31.3.1913, BA-MA, RM 2/1746. In einem ausführlichen Schreiben an Admiral Müller machte der neue Chef des Admiralstabs, Admiral v. Pohl am 8.4.1913 dagegen erhebliche Bedenken geltend, insbesondere wies er auf die Gefahren für die Flotte bei Ausbruch eines Krieges hin. Ebd., sowie dessen Immediatbericht an Wilhelm II. vom 9.4.1913. Das Auswärtige Amt meldete am 9.4.1913 ebenfalls Bedenken an, das Reichsmarineamt erklärte sich mündlich durch Hopman hingegen einverstanden. Am 12.4.1913 teilte der Chef des Marinekabinetts jedoch mit, daß die Flottenreise aufgegeben sei und allenfalls eine Begegnung mit »Imperator« stattfinden würde, um entsprechend der Ansicht des Flottenkommandos die Ausbildung nicht zu gefährden. Ebd. Vgl. auch die zusammenfassende Aufzeichnung des Admiralstabschefs »Betrifft: Auslandsreise der Flotte«, Anlage zum Immediatvortrag vom 5.1.1914, ebd., RM 5/900, sowie Hopmans Tagesmeldungen an Tirpitz vom 9./10.4.1913, ebd., RM 3/11517. Am 9.4.1913 kritisierte der ehemalige bayerische Generalmajor und damalige Zentrumsabgeordnete Häusler die Wehrvorlage und forderte unter Beifall der Linken, nicht seiner eigenen Partei u.a. eine Verkürzung der Dienstzeit. Der bayerische Militärbevollmächtigte General Wenninger polemisierte dagegen heftig und sprach dem ehemaligen General den Sachverstand in militärischen Fragen ab. Zugleich kritisierte er, daß Häusler nicht unter dem Beifall seiner eigenen Partei, wohl aber dem der äußersten Linken gesprochen habe. Durch seine Wortwahl erweckte er zudem den Eindruck der Mißachtung eines Reichstagsabgeordneten. Vgl. RT, Bd 289, S. 4583-4610. Am 10.4.1913 gab Wenninger eine Erklärung ab, in der er seine Kritik vom Vortage zurücknahm. Ebd., S. 4617. Vgl. auch Lerchenfeld an Hertling, 10.4.1913, in: Hertling, Briefwechsel, Bd 1, Nr. 64. —
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Sonnabend, den
12.
April 1913
11h Beim König gemeldet. Dann folgte zunächst ein Vortrag des Hauptmanns Goebel vom sächsischen Knegsministerium, der im vorigen Jahr auf »Nassau« war, über Eindrücke von der Flotte. Recht nett. Dann sprach ich 50 Minuten über Flottengesetz, Schiffstypen, Waffen und Taktik. Eindruck auf die etwa 15 Zuhörer recht gut. König zeigte reges Interesse, macht überhaupt einen viel netteren und angenehmeren Eindruck, als ich nach bisherigen Beobachtungen und Erzählungen erwartet hatte. Seine abgebrochene Sprechart wirkt im Verein mit seinem rauhen Organ zuerst wenig einnehmend161. [...]
Montag, den 14. April 1913 Nachricht über einen Zwischenfall in Nancy, bei dem einige deutsche Herrn und Damen in unglaubhch roher Weise insultiert worden sind162. Hoffentlich zeigen wir den frechen Franzosen mal gründlich die Zähne. [...]
Zeitungen bringen
Dienstag, den 15. April 1913 Erklärung des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts wegen Zwischenfall Nancy im Reichstag163. Haltung der französischen Presse leidlich verständhch, gibt Fehler auf französischer Seite zu, redet aber von übertriebener Aufbauschung der Angelegenheit deutscherseits. Mittwoch, den
16.
April 1913
Unbeglaubigte Nachricht über Waffenstillstand auf scheint sich beizulegen. Wetter endlich etwas wärmer. 161
-
163
164
Nancy-Fall
Einen ausführlichen Bericht über seinen Vortrag enthält auch Hopmans Tagesmeldung an Tirpitz 14.4.1913, BA-MA, RM 3/11517. Folgen Aufzeichnungen über die Mittagstafel und die anschließende Rückreise nach Berlin. Auf dem Bahnhof von Nancy waren mehrere Deutsche als preußische Offiziere verdächtigt und von einer größeren Menschenmenge beschimpft und teilweise mißhandelt worden, ohne daß die Polizei eingeschritten war. Vgl. dazu Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 542; Wernecke, Der Wille zur Weltgeltung, S. 231 -243. Die Reichsleitung versuchte zwar, diesen Zwischenfall herunterzuspielen, Staatssekretär Jagow wertete ihn aber dennoch als »traurigen Beweis« dafür, »wie sehr die chauvinistischen Treibereien [...] Macht über die Gemüter gewinnen können, und wie gefährlich sie sind.« Vgl. RT, Bd 289, S. 4759. Am 15.4.1913 vereinbarten Bulgarien und die Türkei eine zehntägige Waffenruhe. Vgl. BelowSaleske an Auswärtiges Amt, 16.4.1913, GP, 34, II, Nr. 13169. vom
162
dem Balkan164.
1913
319
Freitag, den 18. Aprü 1913 gehört, daß Zentrum und Linksparteien Deckungsfrage durch Erbanfallsteuer regeln woUen. Reichskanzler, wahrscheinhch auch Konservative wollen wohl oder übel darauf eingehen165. Serbien und Griechenland scheinen nun auch auf Friedensvorschläge der Mächte eingehen zu wollen. Von Löhlein
Sonnabend, den 19. Aprü 1913
Sitzung über Beantwortung des Berichts des Militärattaches in Konstantinopel166 über Verkauf der beiden »Brandenburg«-Schiffe, älterer Torpedoboote usw. an Türkei. Der darin gemachte Vorschlag ist unglaubhch dumm, hat aber leider ehe begeisterte Zustimmung S.M. gefunden. Ich machte nachher den von S.M. befohlenen »sofortigen, schleunigen Bericht«, in dem wir in der Form nicht ablehnen, aber auf die entgegenstehenden Schwierigkeiten hinweisen. Bericht geht von CapeUe unterschrieben noch ab167. Im Reichstage werden bei der Wehrvotlage und dem Armeeetat dem Kriegsminister aUerhand Schwierigkeiten gemacht168. Adjutanten der Prinzen, Pferdegelder der Generale, Bau des Hauses für Chef des Militärkabinetts, Krupp-Affäre, usw. 11h
Mittwoch, den 23. April 1913 mit Staatssekretär169 über SteUenbesetzungen und Angelegenheit Dähnhardts. Antwort an Flotte wegen meiner Einschiffung auf »Deutschland«. Skutari hat nach Generalsturm der Montenegriner kapituliert17". Politische Situation scheint indes wenig dadurch sich beeinflussen zu lassen. Zum europäischen Kriege dürfte es dadurch wohl kaum kommen. Stimmung in Wien erregt171, Mächte beto-
Besprechung
165 "•'' 167
168
169 170
171
Die Finanzierung der Wehrvorlage war hingegen bis zuletzt umstritten. Siehe oben S. 310. Gemeint ist Major v. Strempel, 1908-1913 Militärattache in Konstantinopel. Die Türkei wie auch Griechenland lieferten sich seit 1912 ein Wettrennen beim Ankauf von Kriegsschiffen fremder Länder. Das Reichsmarineamt stimmte dem Verkauf der beiden älteren Linienschiffe zu, allerdings unter dem Vorbehalt, daß der Reichstag den Verkauf billigte. Vgl. die Notiz zum Immediatvortrag »Verkauf alter Schiffe an die türkische Regierung« vom 30.5.1913,
BA-MA, RM 3/2729. Vom 17.4. bis 24.4.1913 fand die zweite, am 26.4.1913 die dritte Lesung des Militäretats im Reichstag statt. Vgl. RT, Bd 289, S. 4850-5077, 5179-5202. Tirpitz war am 20.4.1913 »sehr erfrischt« aus dem Urlaub zurückgekehrt. Am 23.4.1913 übergab der türkische Kommandant Essad Bey die Stadt Skutari an die Belagerer. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 676. Die österreichische Regierung betrachtete nach dem Fall von Skutari die Besetzung montenegrinischer Häfen oder deren Beschießung durch die vor der Küste liegende Schiffe der Großmächte als notwendige Reaktion darauf und drohte notfalls auch mit einem alleinigen Vorgehen. Vgl. Jagow an Treutier, 24.4.1913, GP, 34, II, Nr. 13193. Staatssekretär Jagow hatte demgegenüber be-
320
Dokumente
nen indes jetzt schon, daß sie Zugehörigkeit Skutaris zu Albanien nicht aufgeben werden172. Beziehungen zwischen Bulgarien einerseits, Serbien und Griechenland andererseits spitzen sich sehr zu173. Leider nimmt unsere Politik offenbar auf Anregung von S.M., der die Interessen seiner Schwester174 zu vertreten scheint, für Griechenland Partei. Übhcher Zickzackkurs.
Donnerstag, den 24. April 1913 Sitzung über Großen Kreuzer, gegen dessen, von S.M. bereits genehmigten Entwurf A175 nochmals Einwand erhoben hat unter Hinweis auf die neuesten 25 sm Linienschiffe der Engländer, die mit 8-38 cm armiert sein sollen176. Nach langen Beratungen beschlossen, mit Geschwindigkeit und Panzer nicht herunterzugehen, Armierung auf 6-38 cm zu beschränken177. Im Reichstag weiterer Krakeel über Heeresetat. Affäre des Militärkabinettsgebäudes. Nikita bleibt hartnäckig, erklärt, nicht aus Skutari herauszugehen178. »Westminster Gazette« sagt, Nachgeben bedeute den Bankrott des europäischen Konzerts179.
reits
23.4.1913 betont: »Ob Skutari, nachdem es gefallen ist, einige Tage länger oder kürzer in Händen bleibt, erscheint weniger wichtig als Zusammenhalt Europas. Erst wenn Konzert sich definitiv impotent erweist, dürfte Sonderaktion Österreichs begründet erscheinen.« Ebd., Nr. 13188. Vgl. dazu den Bericht Lichnowskys über die diesbezüglichen Verhandlungen der Londoner Botschafterkonferenz vom 23.4.1913, GP, 34, II, Nr. 13191. Vgl. dazu die Berichte der Gesandten Below-Saleske (Sofia) und Quadt an Bethmann Hollweg vom 22.4.1913, GP, 34, II, Nr. 13185 bzw. 13187. Anlaß war der Streit über die Verteilung der eroberten Gebiete. Bulgarien beharrte auf voller Erfüllung der Bestimmungen des Bündnisvertrages vom 13.3.1912, die ihm einen Anteil an Makedonien zusicherten. Weiter belastet wurden die Beziehungen durch die Diskriminierung der bulgarischen Bevölkerung seitens der griechischen und serbischen Regierungen. Zusammenfassend: Boeckh, Von den Balkankriegen, S. 55-60. Die Königin von Griechenland, Sophie, war eine Schwester des Kaisers. am
montenegrinischen
172 173
174 175 176
Allgemeines Marinedepartment. Die 1912 in Bau gegebenen englischen Schiffe der »Queen Elizabeth«-Klasse waren mit 8 38,1cm-Geschützen bewaffnet und mit 25 Knoten sehr schnelle Linienschiffe. Vgl. Brever, Schlachtschiffe^. 159-168.
177
178
179
Vgl. dazu die »Notiz zum Immediatvortrag betr.: Großer Kreuzer 1914« vom 29.4.1913. BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/28; Grießmer, Große Kreuzer der Kaiserlichen Marine, S. 126-147, hier:
S. 133-136. Am 23.4.1913 hatte die Botschafterkonferenz in London eine Kollektivnote an Montenegro beschlossen, in der dieses aufgefordert wurde, Skutari zu räumen (GP, 34, II. Nr. 13191); diese wurde am 27.4.1913 überreicht. Nach Mitteilung des deutschen Gesandten, Eckardt, vom 27.4.1913 erwiderte König Nikita darauf: »Je n'ose pas vis-à-vis de mon peuple.« Ebd., Nr. 13221. Nach einem Bericht des »Berliner Tageblatts« vom 25.4.1913 hatte die offiziöse »Westminster Gazette« am 24.4.1913 geschrieben: »Natürlich wären wir der Anwendung von Gewalt gegen Montenegro äußerst abgeneigt, aber das Ansehen Europas steht auf dem Spiele. Wenn König Nikolaus den Mächten erfolgreich Trotz bietet, dann müßten wir für diese Generation auf jede weitere Kooperation zu Erhaltung des Friedens verzichten«.
1913
321
Montag, den 28. April 1913 Osterreich macht Ernst und erklärt, daß es, falls die anderen Mächte nicht mitmachen, allein gegen Montenegro vorgehen wird18". Haltung Itahens noch recht zwei-
felhaft181. Reichskanzler, bei dem um IOV2 h Ministerialsitzung war, hat dem Staatssekretär erzählt, er halte die Situation für recht kritisch. Ich glaube, man wird doch einen Modus vivendi finden. Zum Kriege hat keine Großmacht jetzt Lust. Nachmittags III. Lesung des Marineetats im Reichstag, bei dem die nochmals gestellte Forderung für CapeUe und Dähnhardt wieder abgelehnt wurde, hauptsächlich durch eine Ungeschicklichkeit von Kaempf, der die Majorität, die durch Hinausgehen einer großen Zahl von Sozialdemokraten hergestellt war, nicht anerkannte, sondern Hammelsprung verlangte, bei dem Zentrum und Sozialdemokraten natürlich geschlossen dagegen stimmen mußten. Die Angelegenheit ist namenthch für CapeUe sehr wenig erbaulich182.
Dienstag, den 29. April 1913 Politische Situation noch ungeklärt. Großmächte, inklusive Rußland, betonen, daß sie ihre Forderung der Zugehörigkeit Skutaris zu Albanien aufrecht erhalten, unternehmen aber einstweilen nichts Energisches. Österreich betont Notwendigkeit sofortigen, eventueU gesonderten Vorgehens. Nächste Botschafterkonferenz am Donnerstag. AuffaUend ist, daß auch Frankreich sehr für eine friedliche Lösung durch Nachgeben Montenegros plädiert183. CapeUe für 6 Wochen auf Urlaub.
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Zur österreichischen Bereitschaft, gegen Montenegro notfalls auch allein vorzugehen und dabei das Risiko eines Konflikts mit Serbien bzw. eventuell mit Rußland in Kauf zu nehmen, vgl. Tschirschky an Jagow, 27.4.1913, GP, 34, II, Nr. 13225; vgl. auch den Bericht des Militärattaches in Wien, Kageneck, vom 28.4.1913, ebd., Nr. 13234. Unter Berufung auf Artikel VII des Dreibundvertrages verweigerte Italien zunächst seine Zustimmung zu einem einseitigen Vorgehen Österreichs. Vgl. Flotow an Auswärtiges Amt, 28.4.1913, ebd., Nr. 13222. Vgl. RT, Bd 290, S. 5207 f. Vizeadmiral Capelle fühlte sich aufgrund dieser Vorgänge in diesen Monaten persönhch sehr zurückgesetzt, zumal sich auch seine für sicher gehaltene Beförderung zum Admiral am 27.1.1913 nicht bewahrheitet hatte. Aufgrund der Beförderung dienstjüngerer Offiziere (der Admírale Ingenohl und Bachmann) deutete er dies als »grundsätzliche Bedenken« gegen seine Person und hielt ein weiteres Verbleiben im Amt daher für unmöglich. Aufgrund dessen dachte er bereits im März daran, nach der dritten Lesung des Marineetats zunächst drei Monate Urlaub zu nehmen, um dann seinen Abschied einzureichen. Vgl. die Aufzeichnung Capelies vom 8.3.1913, BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/28. Am 29.4.1913 ging Capelle daher zunächst auf Urlaub, um dann am 20.5.1913 einen Nachurlaub zu beantragen, mit der Absicht, diesem seinen Abschied folgen zu lassen. Vgl. Capelle an Tirpitz, 20.5.1913, ebd. Am 28.4.1913 bekräftigten die Vertreter der Mächte in London erneut die Zugehörigkeit Skutaris zu Albanien, ohne sich aber auf konkrete Zwangsmaßnahmen gegen Montenegro zu verständigen. Lichnowsky an Auswärtiges Amt, 28.4.1913, GP, 34, II, Nr. 13232.
Dokumente
322
Freitag, den 2. Mai 1913 Gestrige Botschafterkonferenz in London hat noch keine Entscheidung gebracht, doch scheint Einigkeit der Großmächte darüber zu herrschen, daß Montenegriner
Skutari wieder räumen sollen. Auch Rußland und Frankreich wirken in diesem Sinne. Österreich hat aktives Einschreiten einstweilen noch verschoben. Itahen will sich daran beteiligen, über Gemeinsamkeit des Vorgehens schweben noch Verhandlungen184. Nächste Konferenz am 5. Mai. [...]
Sonnabend, den 3. Mai 1913 zum Immediat-Vortrag. S.M. hat sich für Großen Kreuzer mit 3 38-cmTürmen entschieden185. Politisch keine wesenthche Änderung. Rußland drängt in Montenegro auf Nachgeben. Nikita scheint bockig zu bleiben. Serbien und Bulgarien erklären, Montenegro nicht zu unterstützen. Lage trotz alledem verwickelt. Ohne Eingreifen Österreichs dürfte es wohl kaum abgehen. [...]
Tirpitz
Montag, den 5. Mai 1913 Nachricht, daß Montenegro nachgibt und Skutari bedingungslos den Großmächten überliefert186. Nachdrückliche Haltung Österreichs und Itahens, von uns ener-
gisch unterstützt (Artikel der »Norddeutschen Allgemeinen Zeitung187« von Sonnabend), hat doch geholfen. Rußland hat offenbar sehr stark auf Nikita gedrückt,
wie auch
vorgeht188.
184
185 186 187
'88
einem Briefe von Müller über die letzte Botschafterkonferenz herAllgemeines Aufatmen. Starke Aufwärtsbewegung der Börse.
aus
Vgl. Lichnowsky an Auswärtiges Amt, 1.5.1913, GP, 34, II, Nr. 13525 sowie Nr. 13270. Nachdem die Kampfhandlungen mit dem Fall Adrianopels am 25.3.1913 und der Übergabe Skutaris am 23.4.1913 abgeschlossen waren, legte der englische Außenminister zugleich den Entwurf eines Friedensvertrages zwischen der Türkei und den Balkanstaaten vor. Anlaß war eine entsprechende
Bitte des bulgarischen Gesandten in London. Vgl. den Bericht Lichnowskvs vom 29.4.1913, ebd., Nr. 13236. Helmreich, Diplomacy, S. 326-340. Siehe oben Anm. 177. Vgl. Lichnowsky an Auswärtiges Amt, 5.5.1913, GP, 34, II, Nr. 13274. Am 3.5.1913 hatte die »Norddeutsche Allgemeine Zeitung« offiziös erklärt, daß die deutsche Regierung in Wien keineswegs aus Sorge vor einem russischen Truppenaufmarsch an der österreichischen Grenze von einem Einmarsch in Montenegro abgeraten habe. Vgl. Müller an Hopman, 1.5.1913, in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 392.
1913
323
Dienstag, den 6. Mai 1913 Gestern auf Vulcan-Werft Linienschiff »Großer Kurfürst« vom Stapel gelassen, wobei Prinz Oskar eine sehr schöne Taufrede hielt, die bei uns überredigiert war189. Politische Lage weiter geklärt19". Mächte soUen voraussichthch am Donnerstag Skutari besetzen. Recht kühl bei östhchem Wind.
Donnerstag, den 8. Mai 1913 Botschafterkonferenz in London, bei der nichts von Bedeutung herausgekommen ist191. Nächste Konferenz erst am 20. Mai. Skutari wird von 1000 Mann internationaler Truppen, darunter 100 Deutsche, besetzt werden192.
Mittwoch, den
14. Mai 1913
10 h Auf dem Bureau. S.M. hat zu dem Trummlerschen Bericht über Einrichtung einer ständigen Mittelmeerdivision sofort wieder aus der la main befohlen, daß diese sofort erfolgen solle. Mit Hufe von Auswärtigem Amt, Admiralstab und Flotte wird es wohl nach einigen Mühen gehngen, ihm diese politisch wie militärisch unzweckmäßige Idee auszureden, hinter der bei ihm in erster Linie doch Korfu mit der ihm erwünschten Umrahmung steht193. Tirpitz ist wieder sehr miß189 190
Zum
Stapellauf,
der
allerdings
bereits
schichtskalender, 54 (1913), S. 225.
am
4.5.1913
stattfand, vgl. Schultheß' Europäischer
Am 5.5.1913 hatten die Großmächte den Balkanstaaten den Entwurf eines Friedensvertrages vorgelegt. Der Präliminarfrieden wurde am 30.5.1913 unterzeichnet; es war jedoch allen Beteiligten zu diesem Zeitpunkt bereits klar, daß weitere Auseinandersetzungen nunmehr unter den Siegerstaaten folgen würden. Vgl. dazu die Berichte Lichnowskys an Bethmann Hollweg vom 1.5./5.5.1913, GP, 34, II, Nr. 13270 bzw. 13274, sowie den Bericht des Militärattaches in Sofia, Massow, vom 19.5.1913, ebd., Nr. 13324. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 507-509. Vgl. Lichnowsky an Bethmann Hollweg, 8.5.1913, GP, 34, II, Nr. 13290. Die Verhandlungen drehten sich vor allem um die Frage der bulgarisch-türkischen Grenze. Nach der Räumung Skutaris durch montenegrinische Truppen wurde die Stadt am 14.5.1913 von einer Landungsabteilung des internationalen Geschwaders besetzt. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 678. In seinem Immediatbericht vom 26.4.1913 empfahl Konteradmiral Trummler die Einrichtung einer ständigen Mittelmeerdivision. Der Kaiser notierte am 8.5.1913 an den Rand dieses Berichts: »Wir müssen unbedingt den günstigen Umstand ausnutzen, daß eine deutsche Mittelmeerdivision, unbeanstandet, unbestritten, ja sogar gern gesehen, sechs Monate bereits dort anwesend ist, um diese Einrichtung zu einer ständigen werden zu lassen. [...] Nun wir mal auf englische Anregung hin im Mittelmeer sind, bleiben wir auch dort. Dadurch wird auch Englands hypnotisches Stieren auf die Nordsee wesentlich eingeschränkt und ihre [sie] Aufmerksamkeit auf andere Gewässer abgelenkt. [...] Eine Kreuzerdivision im Mittelmeer muß nunmehr als zu den Imponderabilien unserer Marine wie unserer auswärtigen Orientpolitik gehören.« Tirpitz schrieb daraufhin am 15.5.1913 an -
—
191 192
193
Ge-
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324
gestimmt über solche »Spielerei«, die er auf die Dauer nicht aushalten könne. Es ist auch wirklich zu arg. Er geht nachher zu Pohl und Müller und hat mit letzterem wenigstens eine Art von Aussprache. [...] Mittwoch, den 21. Mai 1913
[...]194 Der König195 war begeistert von allem, was
er in den 3 Tagen gesehen und betonte wiederholt, daß diese Zeit für ihn besonders lehrreich gewesen sei. Er ist eine Persönhchkeit, die nach dem ersten, zunächst sehr befremdenden Eindruck seiner äußeren Erscheinung, Formen und Redeweise, sehr gewinnt. Ungemein leutsehg und gemütlich, ohne jede Prätensionen und Launen, voll regen Interesses und mit einer großen Portion gesunden Menschenverstandes. Es ist erklärlich, daß er in seinem Lande sehr behebt ist. [...]196 Heute ist der König von England197 an-
gekommen.
Donnerstag, den 22. Mai 1913 10 h Auf dem Bureau. S.M. ist mit unserem Bericht über Mittelmeerdivision einverstanden, hat aber die Notwendigkeit unserer Vertretung im Mittelmeer betont, da Aufteilung der Türkei wohl kaum zu umgehen sei198. Um 11 h 30 m kommt der
194
195
196 197
198
den Kaiser, es bei dem informellen Zustand zu lassen, da »besondere formelle Maßnahmen [...] leicht zu Mißverständnissen und Mißdeutungen Anlaß geben könnten.« Zit. nach: GP, 38, S. 20 f. Folgen Aufzeichnungen über die Besichtigung des neuen Hapag-Dampfers »Imperator«. Der sächsische König Friedrich August III. hatte sich am 18.5.1913 zur Besichtigung der Flotte auf dem Linienschiff »Deutschland« eingeschifft. Hopman war zu seiner Begleitung abkommandiert. Nach der Teilnahme an Übungen vor Helgoland schiffte sich der König auf dem neuen Flaggschiff der Hapag, dem Passagierdampfer »Imperator« ein. Folgen Aufzeichnungen über die Rückfahrt nach Berlin. Die Heirat von Prinzessin Viktoria Luise, der Tochter des Kaisers, mit Herzog Ernst August zu Braunschweig und Lüneburg am 24.5.1913 war Anlaß für große Feierlichkeiten, an denen neben zahlreichen anderen Vertretern des Hochadels auch König Georg V. von Großbritannien und der russische Zar Nikolaus II. teilnahmen. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 229-231. Die offiziöse »Norddeutsche Allgemeine Zeitung« gab diesen Besuchen am 20.5.1913 zugleich eine politische Bedeutung: »Gilt ihre Anwesenheit auch nur einem Familienfeste, so bildet doch die damit bekundete Herzlichkeit der persönlichen Beziehungen unter den drei Monarchen ein wertvolles Imponderabile für die Sicherheit des wechselseitig ungestörten Fortschritt der großen Kulminationen Europas.« Ebd., S. 229. So schrieb der Kaiser an den Rand von Tirpitz:' Bericht vom 15.5.1913: »Nach Privatinformationen, die ich in letzter Zeit von deutschen sehr gewiegten [sie] und gründlichen Kennern des Islam und seiner Sache erhielt, ist wohl leider kaum eine Wiedergeburt der Türkei mehr möglich, sondern ein Zerfall auch in Kleinasien in Aussicht zu nehmen. Dazu tritt die mögliche Aufteilung der kleinasiatischen Türkei in nähere Bedeutung, bei der wir mitreden werden und dazu sind Schiffe am Platz absolut nötig. Die Regelung der Koweit- und Bagdad-Bahn-Frage durch England zeigt, daß dasselbe auch mit einer möglichen Veränderung rechnet. Alexandrette und Mersina müssen unbedingt in unserer Hand bleiben, und dürfen nie unbesetzt sein.« Zit. nach: Fischer, Weltpolitik, S. 310, Anm. 3.
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1913
Zar, im Laufe des Tages noch andere fürsthche Gäste für ehe Hochzeitsfeierhchkeiten. 5 h Zum Tee bei Tirpitz, wo Admiral Jelhcoe mit Frau, Mrs Watson, Frau Solf, , v. Kottwitz, Heinrichs und wir waren.
Freitag, den 23. Mai 1913 Staatssekretär mit Deputation des Seeoffizierkorps dem Prinzen und der Prinzessin Heinrich die Gaben zu deren Silberner Hochzeit überreicht. (Stiftung von 10 000 M für Seemannshaus und Ehrendolch, der auf der Klinge die Widmung trägt: Seinem treusten Kommodore das Seeoffizierkorps.) [...]
Sonntag, den 25. Mai 1913 [...] Nachmittags Broschüre »Deutsche Weltpolitik und kein sehr geschickt den Standpunkt des Reichskanzlers vertritt199.
Krieg!« gelesen,
die
Dienstag, den 27. Mai 1913 und Mittwoch, den 28. Mai 1913 König von England abgereist. AUgemeines Friedensgeläute in deutscher und englischer Presse.
Freitag, den 30. Mai 1913
Friedenspräliminarien in London unterzeichnet, nachdem Grey in letzter Zeit eine recht deuthche Sprache gesprochen hat2"". Serbisch-bulgarischer Konflikt spitzt sich weiter zu, Griechenland scheint nach bulgarischer Seite hinzuneigen im Gegensatz zu seiner bisherigen Haltung. [...] 199
2(,°
Unter dem Einfluß des Gesandten an der Londoner Botschaft, Kühlmann, verfaßte der Journalist Hans Plehn 1913 eine anonym erschienene Broschüre »Deutsche Weltpolitik und kein Krieg«, die für einen friedlichen Ausgleich mit England über koloniale Fragen plädierte und die auch der auscharf wurde gegen die darin ßenpolitischen Linie des Kanzlers entsprach. Dementsprechendder vertretenen Gedanken bereits unmittelbar nach Erscheinen von politischen Rechten agitiert. Vgl. Hildebrand, Das vergangene Reich, S. 278; Fischer, Krieg der Illusionen, S. 450 f. Um den Abschluß des Präliminarfriedens zu beschleunigen, übte der englische Außenminister Grey in der Sitzung der Botschafter am 27.5.1913 erheblichen Druck auf die Delegierten der Balkanstaaten aus, indem er diesen in Einzelgesprächen erklärte: »Il faut signer ou partir.« Vgl. Kühlmann an Auswärtiges Amt, 27.5.1913, GP, 34, II, Nr. 13335; Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 508. Auch Boeckh, Von den Balkankriegen, S. 5.3-55; Hall, The Balkan Wars, S. 101 f..
Dokumente
326
Mittwoch, den 4. Juni 1913
Vormittags201
nach Erledigung der Post mit Staatssekretär Besuch beim Bürgermeister Dr. Barkhausen gemacht. 2 h 30 m Zum Stapellauf gefahren. Dabei dem Großherzog2"2 [von Baden] vorgestellt und mit Kommandeurkreuz II. Klasse Zähringer Löwenorden dekoriert gemeldet. Schiff hef sehr glatt nach kurzer Rede des Großherzogs. Name »Markgraf« wenig geschickt gewählt. S.M. hat an »Großherzog Friedrich« nicht herangewollt. 6 h Festessen in dem herrhchen alten Rathaussaal. Saß zwischen Direktor Heineken vom Norddeutschen Lloyd und Direktor Jantzen von der Weserwerft. Barkhausen sprach nett. Großherzog erwiderte vorzüghch. Der Großherzog macht einen famosen Eindruck. Offener, gerader, bescheidener Mensch ohne jede Pose und Phrase. Zur Abfahrt des Großherzogs um 10 h am Bahnhof mit Tirpitz, dann mit ihm im »Ratskeller«, wo noch große
Versammlung, f...]203
Sonnabend, den 7. Juni 1913 Nach Erledigung der Post mit Staatssekretär spazierengegangen. In Post Brief Mühers über eine Unterredung mit Churchill, der ihm gesagt, er werde im Herbst mit seinem hohday-Vorschlag wieder hervortreten204. Versuche Müllers, ihm dies auszureden, haben einstweilen keinen Erfolg gehabt, Churchill hat ihm aber versprochen, nichts zu unternehmen, ohne Müller vorher zu informieren. Das Beste dürfte wohl sein, wenn Lichnowsky Grey durch Hinweis auf Flottenrummel zu bereden sucht, vorläufig die Sache zu lassen. Churchills Rede über beschleunigte Inbaugabe dreier Dreadnoughts an Stehe der abgelehnten kanadischen stimmt wenig mit seinem jetzigen Vorhaben205. [...] v.
201
202 2(13 294
205
Am 1.6.1913 war Hopman mit Tirpitz zur Besichtigung von Marineanlagen zunächst nach Cuxhaven und Helgoland gefahren; von dort aus reiste er anschließend nach Bremen, um am Stapellauf des neuen Linienschiffs »Markgraf« teilzunehmen.« Großherzog Friedrich II. von Baden. Folgen Namen der anwesenden Personen. Vgl. den Brief Erich v. Müllers an Tirpitz vom 4.6.1913, in: Tirpitz, Dokumente, Bd 1, S. 393 395. Nachdem Kanada abgelehnt hatte, drei Dreadnoughts auf eigene Kosten zu bauen, hatte Churchill am 5.6.1913 im Unterhaus verkündet, den Bau von drei Dreadnoughts des Bauprogramms 1913/14 zu beschleunigen. Vgl. Woodward, German Navy, S. 413 f.; Marder, From the Dreadnought to Scapa Flow, Bd 1, S. 314 -
1913
Mittwoch, den
32"
11. Juni 1913
Beim Kabinettschef wegen der Zusammensetzung der Abordnung zur Überreichung des Jubiläumsgeschenks2"6. Adniiral v. MüUer ist für Beteiligung des ältesten Marineingenieurs und für Führung der Abordnung durch den Prinzen Heinrich. Telegramm an letzteren, in dem er gebeten wird, Führung zu übernehmen. Zusagende Antwort, ehe gleichzeitig aber ziemheh aigriert Verwunderung darüber ausdrückt, daß er erst jetzt etwas darüber erfahre. Antwort an E. v. MüUer auf seinen Brief betreffend Unterhaltung mit ChurchiU, mit der Tirpitz sehr einverstanden ist. Politische Lage entspannt, da Bulgarien und Serbien den Schiedsrichterspruch des Zaren annehmen2"7.
Hopman an Korvettenkapitän Erich v. MüUer, Berhn, den 11. Juni 1913 BA-MA, Nachlaß Tirpitz N 253/42821* (maschinenschriftliche Ausfertigung) Lieber Herr v. MüUer, Ihr Brief über das Gespräch mit Churchill hat hier sehr interessiert, aber gerade keine Freude erweckt. Denn ehe Tatsache, daß dieser zum Herbst wieder mit seinem Hohday-Vorschlage hervortreten wül, kommt jetzt nicht gerade gelegen. So sehr alle Gründe der Vernunft gegen diesen Vorschlag sprechen und dementsprechend sich auch fast die gesamte deutsche und enghsche Presse bisher geäußert hat, so ist doch zu befürchten, daß die Wehrvorlagen mit ihren gewaltigen und übertriebenen Anforderungen an den deutschen Steuerzahler und das wohl bald perfekt werdende Abkommen mit England über Zentralafrika sowie das allgemeine Verlangen nach einem dauernden Verständnis mit England Churchüls Plänen den Boden ebnen werden. Im Reichstag ist nach Ansicht des Herrn Staatssekretärs die Stimmung schon jetzt nicht so ungünstig dafür. Die Rüstungsmüdigkeit, die ehe Wehrvorlage bringen muß, wird weiter in dieser Richtung wirken und von der Wühelmstraße sicherheh in ihrem Sinne ausgenutzt werden. Also Herr Churchill 206
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Am 15.6.1913 feierte Wilhelm II. sein 25jähriges Regierungsjubiläum. Für die Marine war dies ein besonderer Anlaß zu feiern, da der Kaiser am 15.6.1888 diese als erster Monarch in einem Tagesbefehl ausdrücklich gewürdigt und bereits am 5.7.1888 mit Vizeadmiral Graf Monts zum ersten Mal einen Seeoffizier zum Chef der Admiralität ernannt hatte. Vgl. die ausführliche offizielle Würdigung des Reichsmarineamts »Der Kaiser und die Marine«. Die Spannungen zwischen Serbien und Bulgarien hatten ab Ende Mai aufgrund ungeklärter Gebietsansprüche stetig zugenommen; Anfang Juni hatte es auch den ersten Grenzzwischenfall gegeben. Um die Krise zu entschärfen, hatte Zar Nikolaus II. daher auf Bitten Bulgariens bereits Ende April und dann nochmals Anfang Juni zu schlichten versucht, scheiterte damit aber, da Bulgarien zu keinen Zugeständnissen bereit war. Zum Notenwechsel vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 647-649; S. 663-667; Boeckh, Von den Balkankriegen, S. 56-59, mit weiteren Verweisen; Hall, The Balkan Wars, S. 97-106. Auch in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 395-397.
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hatte gar nicht
so
unrecht, wenn er sagte, er habe sich die Sache auch von unserem
und halte die Durchführung für möghch. Er hat eine Wind, der augenblicklich bei uns weht, und nutzt ihn geschickt aus. Weitere Argumente als diejenigen, die Sie ihm in eingehender, ihn aber nicht überzeugender Weise schon ausgeführt haben, werden daher bei ihm kaum noch verfangen. Im Gegenteil, sie werden ihm eher das Gefühl beibringen, daß wir, d.h. der Herr Staatssekretär und die hinter ihm stehenden Kreise, das Hervorbringen des Holiday-Vorschlages unter allen Umständen zu verhindern suchen, weil wir fürchten, daß er unserer Regierung (Wilhelmstraße) und dem Reichstag nicht ungelegen kommen werde. Es ist daher nach Ansicht des Herrn Staatssekretärs besser, wenn Sie bei etwaigen weiteren Verhandlungen mit Herrn Churchill die Gründe, die vom rein marinepohtischen Standpunkt aus gegen seinen Vorschlag sprechen, wie Schiffbauindustrie, Flottengesetz usw., nicht in den Vordergrund stehen, sondern so tan, als wenn wir von unserem Marinestandpunkt aus nicht grundsätzlich unzugänghch wären, dabei aber gleichzeitig darauf hinweisen, daß die enghsche und deutsche Presse sich doch sehr ablehnend, ja teilweise sogar höhnisch geäußert habe und daß er, Mr. Churchill, nach seiner Luxus flottenrede und anderen uns Deutschen gesagten Liebenswürdigkeiten kaum erwarten könne, daß man in Deutschland seinem Vorschlag großes Vertrauen entgegenbringt. Jedenfalls sei es wahrscheinhch, daß in der Presse beider Länder wieder ein großer Flottenrummel losginge, der in die augenblickliche Situation gar nicht passe und leicht in das Gegenteil von dem ausschlagen könne, was er beabsichtige. Daher sei es ratsam, nur sehr vorsichtig und behutsam an die Frage heranzugehen. Jetzt, wo die gesamte politische Lage doch noch recht ungeklärt sei und sich Länder wie Rußland, Itahen usw. mit Rücksicht auf die Balkanlage mit anderen Fragen zu beschäftigen hätten und an alles andere dächten, wie an Beschränkung ihrer Flottenrüstang, sei doch wohl kaum schon der Zeitpunkt dafür gegeben. Kein Mensch werde Verständnis dafür haben, sondern irgendeine selbstsüchtige Absicht Englands dahin-
Standpunkte
aus
überlegt
feine Nase für den
ter vermuten.
Im
allgemeinen wird es sich daher empfehlen, die Sache so dilatorisch wie möghch und weniger als Marine- denn als rein politische Frage zu behandeln.
Deshalb ist es wohl auch ratsam, daß Sie Ihren Botschafter insofern zur Hufe holen, als dieser Sir E. Grey gelegenthch darauf anspricht und mit dem Gespenst des Flottenrummels darauf hinweist, daß Churchill der zarten Pflanze der deutschenglischen Detente jetzt mit seinem Hohday-Vorschlag nur schaden könne. Die Absicht Churchills, sich zunächst auf Rücksprachen mit Ihnen persönhch zu beschränken und so seine Vorschläge unmittelbar an den Herrn Staatssekretär gelangen zu lassen, hat etwas Bedenkliches und verbirgt hinter der Maske des harmlosen Biedermannes vieheicht doch den alten Fuchs, der nur erreichen will, daß er das Odium der Ablehnung seines von vornherein nicht ernstgemeinten Vorschlages auf den Herrn Staatssekretär abwälzen kann. Es dürfte daher ratsam sein, wenn Sie sich ihm gegenüber möghchst reserviert verhalten. Der Herr Staatssekretär empfiehlt Ihnen auch, über das Gespräch kurz zu berichten, d.h. etwa nur die Tatsache, daß Churchill Ihnen erzählt habe, er wolle im
1913
329
Herbst wieder mit seinem Hohday-Vorschlag kommen, und daß Sie ihn auf ehe Schwierigkeit der Durchführung, besonders die der SteUungnahme der übrigen Seemächte hingewiesen hätten. ChurchiU habe darauf erwidert, man werde wohl auf unsere beiderseitigen Freunde einen Einfluß ausüben können, dem diese sich schwerhch widersetzen könnten. Auch die anderen Bedenken, die von der Presse beider Länder gegen seinen Vorschlag erhoben worden seien, halte er nicht für erhebhch. Sie hätten aus den Unterhaltung ehe Überzeugung gewonnen, daß es ChurchiU in der Hauptsache darauf ankomme, den gesetzmäßigen Ausbau unserer Flotte zu verzögern oder zu verhindern, weü er doch wohl eingesehen habe, daß es England auf die Dauer nicht möghch sein werde, uns gegenüber die gewünschte Überlegenheit zu erhalten. Die ganze Angelegenheit bekommt durch die Ablehnung der kanadischen Schiffe und die dadurch zu erwartenden Maßnahmen ein etwas anderes Gesicht. Bauen die Engländer an ihrer SteUe drei Schiffe mehr, so muß der Hohday-Vorschlag als ein solcher Hohn klingen, daß ihn selbst Churchill kaum bringen wird. Es ist aber auch möghch, und das befürchtet der Herr Staatssekretär, daß ChurchiU jetzt keinen Ersatz dafür fordert und im Hinweis auf diesen Akt der Vertrauensund Friedenssehgkeit Englands dann seinen Hohday-Vorschlag losläßt. Damit wird er bei uns viele betören und zu seinen Anhängern machen und gleichzeitig erreichen, daß eine Ablehnung unsererseits uns vor der Welt als den bösen Friedensstörer hinsteUt. Hoffentlich kommt er nicht auf diesen Gedanken. »The best impressions«, die Sir John Jelhcoe von Berhn mitgebracht hat, können nur darauf beruhen, daß er aügemein hebenswürdig aufgenommen worden ist. Der Herr Staatssekretär hat abgesehen von der Frage des Offizierersatzes (Osborne) nichts über Marineangelegenheiten mit ihm geredet, auch Seine Majestät hat sich über derartige Fragen nicht ausgelassen. Voraussichthch werden Sie vor der Kieler Woche kaum noch Gelegenheit haben mit ChurchiU zu sprechen, doch kann der Herr Staatssekretär dann die gesamte Frage eingehend mit Ihnen bereden. Mit bestem Gruß Ihr getreuer
Hopman
Freitag, den 13. Juni 1913 Prinz Heinrich ist, wie Tyszka mitteüt, mit Adresse einverstanden und wünscht Beteiligung des ältesten Marineingenieurs. WA-\2V2h Staatssekretär beim Prinzen. Erzählt mir, daß Prinz den Hauptschlager der Adresse, das Wort »Seemannskaiser«, als byzantinisch bezeichnet habe, weü der Kaiser aUes andere als Seemann sei, das ist nur Neid auf den großen Bruder. Es hüft aber nicht Ich setze dafür »Kaiser Admiral«, was Tirpitz gut findet.
Dokumente
3.30
Sonnabend, den
14. Juni 1913
Staatssekretär im Reichstage, wo Präsident Kaempf eine sehr schöne Jubiläumsrede hielt209. Prinz Heinrich hat in der Adresse das Wort »Kaiser Admiral« in »Allerhöchsten Kriegsherrn« geändert. Ich hätte ihn nicht für so kleinlich gehalten.
Montag, den 16. Juni 1913
25jähriges Regierungsjubiläum S.M. 9 h Auf dem Bureau, um Tirpitz vor seiner Abfahrt ins Schloß noch zu sprechen. Adresse ist fertig geworden. 12 h Zur Paroleausgabe. Sehr reges Leben auf den meist recht geschmackvoll geschmückten
Straßen210. 12V2 h kam S.M. General v. Kessel brachte Hoch aus, er bedankte sich für Mitarbeit in den letzten 25 Jahren, die es ihm ermöghcht habe, Frieden zu bewahren, hoffe auch weiter Frieden erhalten zu können. Wenn es aber erforderhch sei, die Tore des Janustempels zu öffnen, dann werde er sie weit aufreißen und rechne auf unsere Mitarbeit. Dann ließ er Armeebefehl des Kaisers von Österreich verlesen und brachte Hoch auf diesen und die österreichische Armee aus. Zahlreiche Gnadenbeweise. Tirpitz Großkomtarkreuz Hohenzollernschen Hausorden, Thomsen, Coerper, Pohl, Lans, Karpf geadelt usw. S.M. kam nachher zu uns heran und redete auch mich an mit den Worten: »Na, Sie Leuchte, was für einen neuen Schiffstyp konstruiert Ihr jetzt.« Ich antwortete, der sei noch in Arbeit, dann fing er von dem Projekt eines Unterwasser-Linienschiffs an, worüber ein phantastisches Projekt mit Gemälde in der »Illustrated London News« gestanden hat. Sprach von 30 cm Platten usw. Ich antwortete sehr zurückhaltend. [...]
Dienstag, den 17. Juni 1913 der juristischen Fakultät Göttingens zum Dr. er sich sehr freut. worüber ist, Sitzung über Großen Kreuzer211. Beschluß, Schiff von 29 600 t 6-38 cm in 3 Türmen, 1 vorne, 2 hinten, 16-15 cm, 64z Rohre212. Besprechung über Behandlung der Angelegenheit des Geheimrats Koch, der dem Kruppschen stark kompromittierten Agenten Brandt gegenüber recht indiskret gewesen ist213. [...]
Telegramm, jur. honoris
209 210
2' ' 212 213
daß Staatssekretär causa
von
ernannt
Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 254 f. Am 16./17.6.1913 fanden aus Anlaß des 25jährigen Regierungsjubiläums Berlin statt. Vgl. ebd., S. 255-259. Das Protokoll
in:
BA-MA, RM 3/15.
zahlreiche Feiern in
Vgl. Grießmer, Große Kreuzer der Kaiserlichen Marine, S. 126-147, hier: S. 136-138. Vgl. hierzu die Unterlagen über das marineinterne Untersuchungsverfahren in: BA-M\, RM 3/2573.
1913
Mittwoch, den
331
18. Juni 1913
Bei Unterstaatssekretär Zimmermann im Auswärtigen Amt und Admiral v. MüUer in Frage der Entsendung von Seesoldaten nach Skutari, wobei der Kaiser wieder mehr machen will, als geraten ist. [...]
Donnerstag, den 19. Juni 1913 Nichts Besonderes. Situation zwischen Bulgarien und Serbien noch recht gespannt, sieht sehr nach Krieg aus trotz Vermitdungsversuchs des Zaren.
Montag, den 23. Juni 1913 AUerhand Sitzungen (Reservisteneinziehungen im Herbst für Flotte, Schreiben an Pohl betreffend seinen Bericht usw.) Nachher lange Unterhaltung mit Staatssekretär und Dähnhardt über eventueUe Aussprache von Tirpitz mit Admiral v. MüUer und sein eventueUes Abschiedsgesuch. Dähnhardt und ich raten ihm beide sehr dringlich ab. Ich glaube, er denkt im innersten seines Herzens nicht daran, jetzt zu gehen, es sei denn die Überzeugung, daß der Kaiser nicht mit ihm durchhalten, sondern aus Bequemhchkeit, Sehnsucht nach Cowes und dem innersten Zug seines Herzens folgend im Anschluß an England nicht weiter mit ihm durchhalten wird. Spannung auf dem Balkan wird noch schärfer, die Mächte werden es aber doch wohl erreichen, den Frieden zu erhalten. —
Freitag, den 27. Juni 1913 gekommen214. Ganzen Tag gearbeitet. Bericht von MüUer mit Begleitbrief Lichnowskys an Bord215. S.M. hat mit sehr deutlichen Bemerkungen den Standpunkt Müllers gebilligt. Abends mit Staatssekretär alleine gegessen. Nicht
214
215
von
Bord
Am 24.6.1913 war Hopman zusammen mit Tirpitz zur Teilnahme an der Kieler Woche nach Kiel gefahren und hatte sich auf der Flotte eingeschifft. Gemeint ist der von Tirpitz in einem Schreiben Hopmans vom 11.6.1913 (siehe oben S. 327-329) »bestellte« Bericht Erich v. Müllers an Tirpitz vom 20.6.1913. (In: GP, 39, Nr. 15573) In diesem berichtete Müller in der gewünschten, negativen Weise über sein Gespräch mit Churchill am 3.6.1913. Obwohl der Botschafter in London, Lichnowsky, der ebenfalls einen »Naval Holiday« ablehnte, in einem ausführlichen Begleitbrief vom 23.6.1913 (ebd., Nr. 15574) für eine freundliche Behandlung von Churchills Vorschlag plädierte, versah Wilhelm II. den Bericht mit zustimmenden Randbemerkungen.
332
Dokumente
Montag, den 30. Juni 1913 Beabsichtigte Werftbesichtigung fiel aus, weil S.M. um 11h »Seydhtz« besichtigen wollte. Um 10 h 45 m auf »Seydhtz« gefahren, unmittelbar nach unserer Ankunft kam ein Winkspruch, daß der Staatssekretär sofort zu S.M. auf »Hohenzollern« kommen solle. Tirpitz glaubte, die Situation im Reichstag infolge der Sitzung des letzten Sonnabends (Besteuerung der Bundes fürs ten216, des Militärstrafhabe die Situation so daß S.M. mit ihm reden und verschärft, gesetzbuches usw.) ihm eventuell die Reichskanzlerschaft antragen wolle217. Er fragte mich um meine Meinung. Ich sagte, wenn S.M. tatsächhch nichts anderes übrig bleibe, müsse er es tun. Er sei dann die einzige Persönhchkeit, die die von Bethmann Hollweg in den Dreck gefahrene Karre wieder herausziehen könne. Nur zu ihm habe die Nation Vertrauen. Den Kaiser kann und müsse er dann allmählich ausschalten. Tirpitz meinte, das könne er nicht mehr leisten, er sei zu alt und müsse ablehnen. Glücklicherweise handelte es sich auf »Hohenzollern« um ganz was anderes. S.M. hatte in der Frage der Errichtung eines Eisenwerks in Kiautschou nach Rücksprache mit Balhn sich Samuelson und einen anderen Herrn von der Diskontogesehschaft aus Berhn kommen lassen und mit ihnen die Angelegenheit beredet. Diese haben ihn natürlich in ganz kurzer Zeit von der Richtigkeit ihrer Ansicht, d.h. der Verlegung des Werkes nach Chinghng chen überzeugt und damit den Erfolg, den wir mit Hilfe des Auswärtigen Amtes nach langen Kämpfen erreicht hatten, glückhch wieder umgeworfen218. Tirpitz hat ihn nicht eines Besseren überzeugen können. S.M.
Änderung
2,6
217
218
Auf Antrag der SPD beschloß der Reichstag am 27.6.1913 im Rahmen der Beratungen über das Vermögenszuwachssteuergesetz, das zur Finanzierung der Wehrvorlage notwendig war, die Besteuerung der Bundesfürsten. Bethmann Hollweg erbat daraufhin noch am gleichen Tage vom Kaiser die Genehmigung zur Auflösung des Reichstags. Angesichts dieser Drohung schwenkten die Nationalliberalen um und stimmten in der entscheidenden Sitzung vom 30.6.1913 gegen die Besteuerung der Bundesfürsten, wohl aber für das Vermögenszuwachssteuergesetz. Vgl. Fischer, Krieg der IÜusionen, S. 267; Witt, Die Finanzpolitik, S. 370 f. Auch Bethmann Hollweg hatte in diesen Wochen das Gefühl, daß dem Kaiser seine »Art Politik zu treiben, von Tag zu Tag unerträglicher« wurde. »Er ist viel zu temperamentvoll und viel zu hastig in der Gedankenkonzeption, als daß er Verständnis dafür hätte, daß auch mit Überlegung und Ruhe Erfolge erzielt werden können. Auch liebt er es in der Erregung des Augenblicks nicht zu bedenken, daß die Politik des mit der Faust auf den Tisch Schiagens Machtmittel zur Voraussetzung hat, die nachher nicht versagen. Vorstellungen wie die, daß er sich mit den Fürsten ralliieren werde, um den Reichstag zu Paaren zu treiben und eventuell zu beseitigen, oder daß er einen Generaladjutanten in den Reichstag schicken würde, wenn ich diesem nicht grob genug werden sollte, finden neuerdings leider in Gesprächen mit mir wiederholt unverblümten Ausdruck.« Vgl. Bethmann Hollweg an Eisendecher, 2.6.1913, PA/AA, Nachlaß Eisendecher 1/2. Zu den Gerüchten über eine Ablösung des Kanzlers durch Tirpitz vgl. auch die Meldung des Nachrichtenbureaus vom 8.8.1913, BA-MA, N 253/28. In Chingling chen in der Provinz Shantung waren Eisenerzvorkommen entdeckt worden. Aus Gründen der Rentabilität erschien es der Mehrzahl der beteiligten Industriellen und Banken vorteilhafter, diese dort zu verhütten. Auswärtiges Amt und Reichsmarineamt bevorzugten aus politischen Gründen jedoch den Bau eines Hochofen- einschließlich eines Stahl- und Walzwerks innerhalb des Pachtgebiets von Kiautschou. In einer ausführlichen »Denkschrift zum Immediatvortrag, betreffend Eisenwerk Tsingtau« vom 10.06.1913 hatte das Reichsmarineamt die Notwendigkeit dieses Vorhabens unterstrichen. In: BA-MA, RM 3/2719. Vgl. Peter, Die Bedeutung Chinas, S. 109.
1913
333
imponiert sich selber, wenn er sich auf eine Ansicht mit den internationalen gerissenen Geldjuden festlegt. Es wird sehr schwer halten, ihn davon abzubringen. Von »Hohenzollern« auf »Seydhtz« gefahren, ehe S.M. sehr eingehend besichtigte. [...]219 Nachrichten über mehrfache Zusammenstöße zwischen Bulgaren und Serben22". Dienstag, den 1. Juh 1913 [...] Nachricht über Massaker der bulgarischen Besatzung Griechen221. Krieg dürfte nicht unabwendbar sein.
von
Saloniki durch die
Donnerstag, den 3. Juh 1913 Staatssekretär hat gestern Brief von Spahn erhalten223, aus dessen höchst merkwürchgen Schluß hervorgeht, daß Spahn den Umstand, daß seinem auf der Werft Kiel angesteUten Sohn durch Henkel gekündigt worden ist, wahrscheinhch als einen Racheakt von Tirpitz angesehen hat und dies ihn hat fühlen lassen. Henkel hat sich wenig geschickt, aber geradezu unglaubhch hat sich Harms benommen, dem Spahn in dieser Angelegenheit einen Brief geschrieben hat mit der Bitte, ihm eventueU eine Unterredung mit dem Staatssekretär zu vermitteln. Harms hat aber Tirpitz nicht ein Wort gesagt, was mir völlig unverständhch und höchstens dadurch erklärlich ist, daß er den Abgang von CapeUe herbeiführen woUte, um an seine Stelle zu kommen. Die Ablehnung der Stellen für Capelle und Dähnhardt ist zweifelsohne auf diese Geschichte zurückzuführen. [...]
[...]—2
Montag, den 7. Juh 1913 [...]
Nachrichten vom reden, deuten auf ein 219 220
221
222
223
Kriegsschauplatz, die zunächst von serbischen Erfolgen siegreiches Vordringen der Bulgaren. Hoffentlich hauen
folgen Aufzeichnungen über den Empfang des Fürsten von Monaco. In der Nacht vom 29./30.6.1913 griffen bulgarische Truppen nach vorangegangenen gegenseitigen Provokationen auf Befehl Zar Ferdinands serbische und griechische Stellungen an. Vgl. Hall, The Balkan Wars, S. 104- 106. Saloniki wurde sowohl von Griechenland als auch von Bulgarien beansprucht. Nachdem die Stadt am 8.11.1912 von griechischen Truppen erobert worden war, marschierten am 11.11.1912 auch 14 000 bulgarische Soldaten ein, die aber im Dezember weitgehend abgezogen wurden. Die übriggebliebenen kleinen Wachmannschaften des Generalkonsulats wurden am 30.6.1913 von griechischen Truppen überwältigt und bulgarischen Angaben zufolge ermordet, obwohl sie sich ergeben hatten. Vgl. Boeckh, Von den Balkankriegen, S. 211-216; Helmreich, Diplomacy, S. 341-417; Crampton, The Hollow Detente, S. 97 -111; Hall, The Balkan Wars, S. 107 -129. Folgen Aufzeichnungen über den Besuch des italienischen Königspaares, das u.a. das Linienschiff »Schlesien« besichtigte. Nicht ermittelt.
334
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diese die andere Bande ganz.
gründlich
zusammen.
Meine
Sympathien gehören
ihnen
Freitag, den 11. Juh 1913 Nachricht, daß Bulgarien sich bedingungslos dem Schiedsspruch Rußlands unterwirft, also klein beigibt224. Haltung Rumäniens sehr unklar. Das Ganze wird wohl auf einen
großen Erfolg der russischen Politik herauskommen. [...] Montag, den 14. Juh 1913
[...] In der Balkanpolitik großes Durcheinander. ein, die Türkei beginnt sich auch zu regen225.
Rumänien marschiert in
Bulgarien
Dienstag, den 5. August 1913 [...] Friedensschluß von Bukarest226. Bulgarien hat in aUem nachgegeben, hofft aber auf Revision durch die Mächte. Hoffentlich hat der unendhch grausame Krieg nun ein Ende.
Freitag, den 8. August 1913 [...] Politische Situation insofern eigenartig, als Rußland und Osterreich Revision des Bukarester Friedens wünschen. Französische Presse schimpft stark auf Rußland und umgekehrt, österreichische zetert gegen uns. 224
225
226
Anlaß dafür
waren die von Bulgarien nicht erwarteten schnellen Niederlagen gegen serbische, montenegrinische griechische Truppen, die nacheinander in die Kämpfe eingriffen. Am 10.7.1913, als die bulgarische Niederlage in Makedonien unübersehbar war, erklärte auch das bisher neutrale Rumänien Bulgarien den Krieg. Die bulgarischen Niederlagen waren für die türkische Regierung eine willkommene Gelegenheit, die Bestimmungen des Londoner Friedensvertrages zu revidieren. Ab dem 12.7.1913 rückten türkische Truppen daher gegen die bulgarischen Stellungen vor. Am 16.7. eroberten sie Lüle-Burgas, am 22.7.1913 Adrianopel zurück. Ostthrakien bis zur Marica konnte bis Ende Juli ohne größere Gefechte zurückgewonnen werden. Vgl. Boeckh, Von den Balkankriegen, S. 59 f. Nach den verheerenden bulgarischen Niederlagen begannen am 30.7.1913 in Bukarest Verhandlungen über einen endgültigen Frieden, der am 10.8.1913 schließlich geschlossen wurde. Bulgarien verlor dabei seine während des Ersten Balkankrieges eroberten Gebiete weitgehend und
mußte zudem die Süddobrudscha an Rumänien, Kavalla an Griechenland abtreten. Westthrakien bekam Bulgarien später von der Türkei zugesprochen. Vgl. ebd., S. 61-116; Helmreich, Diplomacy, S. 380-406; Hall, The Balkan Wars, S. 123-127.
1913
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Dienstag, den 19. August 1913 Bericht Trummlers über Verstärkung des Skutari-Detachements durch Seesoldaten mit sehr scharfen, völlig unmotivierten Bemerkungen S.M. eingegangen: »Hoffentlich wird im R.M.A. in Zukunft den Wünschen des Allerhöchsten Kriegsherrn mehr und besser Rechnung getragen, als hier geschehen ist227!« Es ist ein Skandal, Tirpitz wegen solcher Kleinigkeit derart anzuöden. Ihm den Bericht mit einem Briefe geschickt228. [...]
Freitag, den 22. August 1913 Trummlers Bericht mit einem Grünzettel von Tirpitz Randbemerkungen S.M. als wenig erfreuhch und völlig Endhch mal wieder sonniges Wetter.
zurück, auf dem
unberechtigt
er die bezeichnet.
Dienstag, den 16. September 1913 Staatssekretär vormittags aus St. Blasien zurück sehr frisch und erholt. Lange Unterhaltung mit ihm. Er meint, daß wieder heftig gegen ihn gearbeitet wird und daß viele Kräfte am Werke sind, um ihn als den vermeintlichen Widersacher einer Verständigung mit England zu stürzen. In Bezug auf den Marineetat, der 22 Millionen über die Geldbedarfsnachweisung hinausgeht und auf weitere Überschreitungen für die kommenden Jahre hindeutet, sieht er nicht optimistisch. Ich glaube, in beidem hat er nicht so ganz unrecht. Abends im Theater. »Siegfrieds Tod« von Hebbel.
Mittwoch, den
17.
September 1913
Sitzung über die Affäre des Gehheimrats Koch, dessen Abgang und Disziplinarbestrafüng mit einer Geldstrafe beschlossen wird229. 227
228
229
Vgl. den Bericht des Chefs der Mittelmeerdivision, Trummler, an Wilhelm II. vom 7.8.1913, BAMA, RM 2/1777. Die Randbemerkung (aufgrund von Ausrissen nicht mehr vollständig lesbar)
lautete: »R.M.A.!!! Man wird hoffentlich in Zukunft im R.M.A. den Wünschen des Obersten Kriegsherrn mehr und besser Rechnung tragen, als es hier geschehen ist!«. Aus Sicht des Reichsmarineamts erschien es aufgrund internationaler Vereinbarungen nicht angebracht, eine Seesoldatenkompanie unter Führung eines Hauptmanns hinauszuschicken. Auch das Auswärtige Amt hatte zuvor darauf gedrungen, »daß wir bei dieser Angelegenheit in keiner Weise hervorzutreten versuchen sollten.« Vgl. Hopman an Tirpitz, 19.8.1913, ebd., N 253/28. Siehe oben S. 330.
336
Dokumente
Sonntag, den 28. September 1913 10 h Nach
Danzig gefahren, dort 5 h 15 m angekommen. Im »RatskeUer« gegesmich Holleben aufsuchte. Staatssekretär kam um 12 h von Rominten, nicht sehr befriedigt23". Hat den Eindruck der Interesselosigkeit des Kaisers und das Gefühl, daß er der Verständigung mit England sehr zuneigt. S.M. hat in dem Gefühl, hierin in Tirpitz einen Widersacher zu haben, Unterhaltung darüber nicht aufkommen lassen. sen,
wo
Dienstag, den 30. September 1913 Mit Staatssekretär nach Berlin im Salonwagen zurückgefahren. Erzählte mir sehr interessant über seine Besuche bei Bismarck vor Einbringung des Flottengesetzes und vor Ausreise der »Deutschland« unter Prinz Heinrich nach China231, letzterer in Begleitung von S.M.232 (Ich bin kein Kater, der Funken gibt, wenn er gestreichelt wird233. Stupid boy Lucanus234).
Auch der Chef des Marinekabinetts, Admiral Müller, war sehr unbefriedigt über den Verlauf des Vortrags. Dieser konnte zunächst nicht stattfinden, da ein »Flirsch gemeldet« worden war, und er mußte dann »trotz Verschiebung des Mittagessens bei gänzlicher Interesselosigkeit des Kaisers heruntergehaspelt werden.« Tagebucheintragung Müllers vom 27.9.1913, BA-MA, Nachlaß Mül-
ler, N 159/4. Am 15.12.1897 verabschiedete der Kaiser seinen Bruder Prinz Heinrich in Kiel, der zur Verstärkung der Truppen in dem im November besetzten Kiautschou mit einem Geschwader nach Ostasien auslief. Auf dem Rückweg machte Wilhelm II. Station in Friedrichsruh, um dem schnell alternden Kanzler seine letzte Referenz zu erweisen. Vgl. Mühlhahn, Kiautschou, S. 97. Zu diesen Besuchen Tirpitz' bei Bismarck 1897 vgl. Tirpitz, Erinnerungen, S. 88-94. Für den ebd., S. 94, überlieferten Ausspruch Bismarcks während Tirpitz' letztem Besuch: »Majestät, solange Sie dies Offizierskorps haben, können Sie sich freilich alles erlauben; sollte das nicht mehr der Fall sein, so ist es ganz anders«, gibt es keinen Beleg. Nach Tirpitz' Aufzeichnungen über seinen Immediatvortrag vom 28.1.1896 hat Bismarck sich in dieser Weise nach den Erzählungen des Chefs des Marinekabinetts, Admiral v. Senden und Bibran, vielmehr bereits während des Besuchs des Kaisers am 26.3.1895 aus Anlaß von Bismarcks 80. Geburtstag und in einem anderen Zusammenhang geäußert. Vgl. Rüstung im Zeichen wilhelminischer Weltpolitik, S. 113; zum genauen Ablauf des Besuchs am 22.8.1897 vgl. Tirpitz' handschriftliche Aufzeichnung in: BÁ-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/4. So Bismarck zu Tirpitz bei dessen erstem Besuch, Tirpitz, Erinnerungen, S. 89. Hintergrund war der Wunsch des Kaisers, Bismarck möge persönhch den neuen Panzerkreuzer »Fürst Bismarck« in Kiel taufen. Bismarck lehnte dies unter Hinweis auf seine Gesundheit ab. Da Lucanus 1890 an Bismarcks Entlassung mitgewirkt hatte, wurde er von diesem bei Tirpitz' letztem Besuch am 16.12.1897 demonstrativ ignoriert, vgl. ebd., S. 94. Bereits während des ersten Besuchs am 22.8.1897 hatte Bismarck Lucanus in einem teilweise auf Englisch geführten Gespräch als »stupid bov« bezeichnet. Vgl. Tirpitz' Aufzeichnung vom 22.8.1897, in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/4. —
-
1913
337
Dienstag, den 14. Oktober 1913 Verhandlung
mit Admiral v. Müller über ein von ihm an Reichskanzler und abschriftlich an R.M.A. und Admiralstab gerichtetes Schreiben, in dem er mitteilt, daß S.M. gelegenthch der Forderung Hintzes nach Schiffen für Mexiko zum Ausdruck gebracht, daß die Vertretung durch unsere Marine im Auslande völlig ungenügend sei und ihm befohlen habe, die Aufmerksamkeit des Reichskanzlers hierauf zu lenken235. Admiral v. Müher geht auf die von uns vorgeschlagene Fassung ein, die vermeiden will, daß Reichskanzler und Wilhelmstraße darin die Andeutung einer Kreuzernovehe sehen236.
Mittwoch, den
15. Oktober 1913
Staatssekretär empfing den enghschen Journahsten Leyland237. Telegramm wegen Entsendung 2 Linienschiffe und eines Kreuzers in den Atlantik238.
an
S.M.
Donnerstag, den 16. Oktober 1913 Schreiben des Marinekabinetts an Reichskanzler in der von uns gewählten trifft ein; Staatsministerialsitzung über braunschweigische Frage239.
235
236 237
238
Fassung
Am 10.10.1913 hatte der mexikanische Präsident Huerta einen zweiten Staatsstreich unternommen, um sich zum uneingeschränkten Diktator zu machen. Noch am gleichen Tage hatte daraufhin der deutsche Gesandte in Mexiko, Hintze, die Entsendung deutscher Kriegsschiffe an die mexikanische Ostküste oder die Übertragung des Schutzes deutscher Staatsangehöriger an die vor Mexiko liegenden Schiffe der US-Flotte erbeten. Wilhelm II. lehnte letzteres ab und befahl die Verlegung der Kreuzer »Hertha«, »Bremen« und »Nürnberg«. Vgl. Hintze, Marineoffizier, S. 335, Anm. 1, sowie ebd., S. 325 f., Anm. 2; Müller an Bethmann Hollweg, 13.10.1913 (Entwurf), BAMA, RM 2/1778. Vorlage irrtümlich »sieht«. In diesem Gespräch mit John Leyland, einem Mitarbeiter des »Daily Chronicle«, betonte Tirpitz noch einmal den defensiven Charakter des deutschen Flottenbaus. Vgl. Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 1, S. 344 f. (dort irrtümlich auf den 13.10.1913 datiert). Der vollständige Text sowie ein Ausschnitt aus der »Berliner Zeitung am Mittag« vom 22.10.1913 in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/423 bzw. 29; Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 335 f. Die mangelnde Präsenz der Flotte auf den Weltmeeren hielt auch Tirpitz aus prinzipiellen Erwägungen für bedenklich. So hatte er bereits am 20.6.1911 dem Chef des Admiralstabs, Heeringen, der die Bedeutung einer Auslandsflotte in Frage gestellt hatte, mitgeteilt, daß weitere Forderungen nur schwer durchzusetzen seien, »wenn wir das Auslandsbedürfnis Deutschlands an Kriegsschiffen nicht stärker berücksichtigen, als es in den letzten Jahren geschehen ist.« In: BA-MA, RM 3/2545. Um Flagge zu zeigen, traten die Linienschiffe »Kaiser« und »König« sowie der Kleine Kreuzer »Straßburg« am 9.12.1913 eine Reise nach West- und Südwestafrika sowie Südamerika an, von der sie am 17.6.1914 nach Kiel zurückkehrten. Vgl. Trotha, Großdeutsches Wollen, S. 91-97, sowie ebd., S. 123-143, die Berichte Trothas über die Reise an Kaiser Wilhelm II.; Boelcke, So kam das Meer zu uns, S. 132 f.
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Telegramm an S.M., in dem um ehe Genehmigung gebeten wird, daß Staatssekretär wegen Entsendung 2 Linienschiffe modernster Konstruktion und eines Kreuzers zum Schütze unserer Interessen in Mexiko, zur Erprobung auf Ozeanfähigkeit und Zeigen der Flagge in Südamerika und Afrika in den Atlantik mit Auswärtigem Amt, Admiralstab und Flotte in Verhandlung tritt24". Freitag, den 17. Oktober 1913
Genehmigung von S.M. trifft telegraphisch ein. Staatssekretär, der 10 h 45 m V zur EnthüUung des Völkerschlachtdenkmals nach Leipzig241 reist, gibt mir den Auftrag, mit Unterstaatssekretär Zimmermann im Auswärtigen Amt über dessen voraussichtliche Stellungnahme zu verhandeln. 10 h 30 m Telephonspruch aus Johannistal, daß »L II« soeben in 200 m Höhe dort explodiert, verbrannt und abgestürzt ist und wahrscheinhch alle Insassen tot sind242. Teüe die furchtbare Unglücksnachricht dem Staatssekretär im Augenblick, wo er das Haus verläßt, noch mit. Die dauernd weiter einlaufenden Nachrichten bestätigen die Katastrophe. [...]243 ExzeUenz Dick und später ExzeUenz v. CapeUe fahren heraus. Leichen sind stark verkohlt. Gerüst nicht sehr versehrt. Feuer in Gestalt einer Stichflamme zuerst in vorderer Maschinengondel beobachtet, hat in 2-3 Sekunden ganzen Ballon zerstört. Entstehungsursache noch unklar, wahrscheinhch Feuer im Vergaser. Große Erregung in Berhn und der ganzen Welt, die sich bald in vielen Beileidstelegrammen
kundgibt.
1 h Zum Auswärtigen Amt. Zimmermann, der in dem Schreiben an Reichskanzler auch KreuzernoveUe gewittert hat, begrüßt Vorschlag des Staatssekretärs 239
Das
nach dem Aussterben der braunschweigischen Linie 1884 1885 bis 1906 zunächst von Prinz Albrecht von Preußen, nach dessen Tode von 1907 bis 1913 von Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin regiert. Diese waren von der Landesversammlung als Regenten gewählt worden, da der erbberechtigte Herzog Ernst August von Cumberland und zu Braunschweig-Lüneburg, einziger Sohn König Georg V. von Hannover, sich weigerte, die Annexion Flannovers durch Preußen 1866 anzuerkennen. Dessen jüngerer Sohn Prinz Ernst August war hingegen bereit, ausdrücklich zu erklären, die »vermeintlichen Rechte seines Vater« zu keiner Zeit geltend zu machen und am Tage seiner Thronbesteigung »in einer feierlichen Erklärung die Reichsverfassung anzuerkennen, die im Artikel 6 die Zugehörigkeit Hannovers zu Preußen ausdrücklich festsetzt.« Erst nachdem jedoch auch der Herzog von Cumberland ebenfalls die Reichsverfassung anerkannt und damit implizit eine Verzichtserklärung auf den braunschweigischen Thron abgeben hatte, beschloß der Bundesrat am 27.10.1913 die Zulassung des Sohnes zum Thron. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 328; FIuber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd 4, S. 428-433; Philippi, Preußen, passim. Vgl. Tirpitz an Wilhelm II., 16.10.1913, BA-MA, RM 2/1778. Die Einweihung des Völkerschlachtdenkmals in Leipzig war Flöhepunkt der Feierlichkeiten im Jubiläumsjahr 1913. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 330-332. Bei der Explosion von »L II« starben 28 Personen. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 328; zu den technischen Ursachen vgl. Die Militärluftfahrt bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1914, Bd 1, S. 218 f. Für die Marine war der Verlust insofern besonders schmerzlich, als während der Herbstmanöver, am 20.9.1913, bereits das Luftschiff »L I« abge-
Herzogtum Braunschweig wurde
von
240 241
242
stürzt
243
war.
Folgen die Namen der an Bord befindlichen Personen.
1913
aufs Wärmste und verspricht sche Lage für sehr günstig.
339
energische Vertretung. Hält ihn für allgemeine politi-
Sonntag, den 19. Oktober 1913 Staatssekretär kommt 10 h 45 m von Leipzig zurück. 11h Auf dem Bureau. Staatssekretär über Katastrophe sehr niedergeschlagen, sagt, daß er die Reise nach Leipzig nur deshalb nicht aufgegeben habe, weh er hoffte, dort S.M. zu sprechen, flat hierzu aber nur ganz flüchtig Gelegenheit gehabt. [...]244 Sodann Besprechung über Behandlung der gestern von Winston Churchill245 in Manchester gehaltenen Rede über das Feierjahr, in der er vorschlägt, 1914 bzw. 1915 sollten wir keine, England nur Kanadaschiffe und sonstige nicht durch die Bauten Deutschlands bedingten Schiffe (Mittelmeer) bauen, ahas England 5, wir nichts. Echter Churchill, der leicht zu widerlegen ist und wohl auch in England nicht ernst genommen wird. [...]
Dienstag, den 21. Oktober 1913 Amt hat einen Artikel über Churchill-Rede, von Geheimrat diktiert, losgelassen, der Eingehen auf die Churchillschen Vorschläge empfiehlt und andeutet, daß Tirpitz dabei der Stein im Wege ist247. Artikel ist aber von der Presse, die entschieden gegen Churchill Stellung nimmt, fast einmütig
[...]246 Auswärtiges
Esterneaux
zurückgewiesen248.
244
245
24(1
247
248
Folgen Aufzeichnungen über eine Besprechung im R.M.A. über die möglichen Ursachen des Luftschiffunfalls. Auf dem Liberal Federation Meeting in Manchester am 18.10.1913 äußerte sich Churchill ausführlich zu Marinefragen und zur Agrarpolitik. Dabei wiederholte er seinen Vorschlag eines »Flottenfeierjahres«. Vgl. Churchill, Speeches, vol. 2, S. 2168-2181; Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 517 f.; Kühlmann an Bethmann Hollweg, 20.10.1913, GP, 39, Nr. 15580, sowie Epkenhans, Die wühelminische Flottenrüstang, S. 354. Folgen Aufzeichnungen über die Trauerfeier für die Opfer des Luftschiffunglücks in der Potsdamer Garnisonkirche. Nach einem Bericht des »Berliner Tageblatts« vom 22.10.1913 hatte die dem Auswärtigen Amt nahestehende »Kölnische Zeitung« am 21.10.1913 gemeldet: »Was man auch gegen die Durchführbarkeit des Churchillschen Gedankens ausführen mag, an der guten Absicht des englischen Marineministers und an der Ehrlichkeit seiner Darlegungen kann nicht gezweifelt werden. Mr. Churchill hat kein Wort gesagt, das die freundschaftliche Entwickelung der deutsch-englischen nicht hindern, Beziehungen beeinträchtigen könnte. Die Anerkennung dieser Tatsache kann aber in der Sache selbst offen auszusprechen, daß der Weg, auf dem Mr. Churchill eine Erleichterung der Flottenrüstangen sucht, für absehbare Zeit kaum zum Ziele führen dürfte«. Zu den ablehnenden Reaktionen vgl. die Presseausschnitte in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/423.
Dokumente
340
Mittwoch, den 22. Oktober 1913 S.M. hat Zimmermann gestern gelegenthch der Anwesenheit Sazonovs249 gesagt, er werde unter keinen Umständen auf Churchill eingehen, sondern festhalten am Flottengesetz und dessen Erweiterungen. Letzteres Wort hat große Bestürzung im Auswärtigen Amt und beim Reichskanzler erregt. Tirpitz freut sich darüber. Griechischer Gesandter250 kommt zu Tirpitz, um ihn im Auftrage seines Königs zu fragen, ob wir das auf der Weserwerft der Vollendung entgegengehende Linienschiff »Markgraf« an Griechenland verkaufen könnten. Tirpitz hat ihm dies als unmöghch erklärt, aber angedeutet, wenn Griechenland ein Schiff von unserem neuesten Typ in Bestehung gebe, kann dies von der Bauwerft schneller gehefert werden. Dahin lautender Bericht geht 4h N an S.M. ab251.
Donnerstag, den 23. Oktober
1913
Bei einer Besprechung mit Geheimrat Schramm über Rheinschiffahrtsakte entwikkelt Tirpitz sehr großzügige Gedanken über wirtschaftlichen Zusammenschluß der europäischen Kontinentalstaaten, zunächst Anschluß Österreichs an deutsches Zollgebiet, dem dann die kleineren Staaten allmählich folgen müßten. Einziger Weg, sich des wirtschaftlichen Übergewichts Amerikas, Rußlands und Englands zu erwehren. Schimpft auf die Regierung, die gar keine Ziele habe. Vielleicht wäre es das beste, ihn noch zum Reichskanzler zu machen.
Sonnabend, den 25. Oktober 1913 Pohl längere Zeit bei Tirpitz, um über Entsendung der beiden Linienschiffe und andere Punkte sich zu äußern. 6h Abends war ich bei Zimmermann im Auswärtigen Amt, um ihm zu sagen, daß Staatssekretär bei Entsendung der Schiffe nicht an Mexiko, sondern Südamerika und Afrika denke. Zimmermann antwortete, ein dies wünschendes Schreiben gehe heute ab.
249
230
231
Rückweg von Paris machte der russische Außenminister Sazonov am 21.10.913 Station zur Besprechung aller noch schwebenden Balkanfragen. Vgl. dazu im einzelnen Zimmermann an Tschirschky, 22.10.1913, GP, 36,1, Nr. 14193. Gemeint ist der griechische Geschäftsträger Thcotoky. Vgl. das Telegramm von König Konstantin an Thcotoky vom 21.10.1913, sowie Tirpitz' Aufzeichnung vom 22.10.1913 in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/29. Vgl. Tirpitz an Wilhelm II. 22.10.1913, ebd., RM 2/1644.
Auf dem in Berlin
341
1913
Dienstag, den 28. Oktober 1913 Vorsitzung über Endastung der Torpedo-Inspektion und Schaffung einer U-BootsInspektion. Wetter wie gestern. Auf Bericht an S.M. über Antrag Griechenlands betreffend Ankauf von »Markgraf« noch keine Antwort. Staatssekretär war argwöhnisch.
Sonnabend, den
1. November 1913
[...] Staatssekretär zurück. S.M. ist ostentativ gnädig zu ihm gewesen offenbar um Reichskanzler zu zeigen, wie fest er an ihm halte. S.M. hat zugestimmt, daß »Kaiser« und »König Albert« in den Atlantik gehen sollen. Donnerstag, den 6. November 1913 Staatssekretär hat persönhchen, sehr hebenswürdigen Brief von S.M.252, in dem dieser auf Grund eines Berichts MüUers253 über ehe in England sich seit einiger Zeit geltend machende Bewegung für Verkleinerung der Deplacements den Wunsch äußert, daß auch wir mit den Deplacements heruntergehen. Sache kann bedenklich werden. S.M. steht auf dem unrichtigen Standpunkt, daß wir statt 4-38 cm 12 oder noch mehr 34 cm aufstehen können. [...]
252
In seinem Schreiben an Tirpitz vom 4.11.1913, betonte Wilhelm II. u.a.: »Er [der Marineattache] meldet nichts mehr und nichts weniger als Erwägungen in der englischen] Admiralität u[nd] im Seeoff[i]z[ier]corps zum Verlassen der Super Dreadnought Politik [...]. Diese Erwägungen beweisen, daß zum ersten Male England in dem [sie] von ihm in allen englischen] Fachzeitschriften offen zugegebenen Dreadnought Rennen policy der Atem ausgeht und es von uns geschlagen worden ist, da wir stetig haben mitgehen und mithalten können, und daß es jetzt beschließt die Übertrumpfungspolitik aufzugeben, da es tatsächlich [...] materiell u[nd] personell nicht mehr mit kann. Das ist der erste Sieg ohne einen Schuß zu tun, den wir über die Briten davon getragen haben und beeile ich mich Ihnen von Herzen meinen wärmsten Glückwunsch dazu auszusprechen. [...] Also England will die Steigerung von Kaliber mit obligatorischer] Verringerung der Geschützzahl u[nd] der Deplacements aufgeben u[nd] zu 34,5 in größerer Zahl auf bereits vorhandenem Ich begrüße diesen EntDeplacement zurückgehen unter Einführung starker Mittelartillerie. schluß mit ungeteilter Freude, denn mir war diese Schraube ohne Ende sehr unheimlich, da die Größenverhältnisse für das Personal die Grenze bereits überschritten, vom Beutel ganz zu schweigen. Auch ist mir die Zunahme der Zahl unter Herabsetzung der Kaliber sehr sympathisch. 14- 16 34,5 cm kriegen unbedingt 8-38 cm unter, und fällt der eine oder andere Turm aus, so sind noch immer genug vorhanden.« BA-MA, RM 2/1765. Zur begeisterten Stimmung des Kaisers, der vom Chef des Admiralstabs, Pohl, in seiner Haitang bestärkt worden war, vgl. auch MüUer, Der Kaiser, S. 129 f. (Eintragung vom 4.11.1913). Vgl. den Bericht des Londoner Marineattaches Erich v. Müller an Tirpitz vom 30.10.1913, BAMA, RM 3/3707. —
—
253
Dokumente
342
bis
Montag, den 10. November 1913 Donnerstag, den 13. November 1913
Nichts Besonderes. Mehrfach Beratungen über Kaliberfrage254. Wir werden voraussichtlich an den Linienschiffen mit 4 38-cm-Türmen festhalten und Kreuzer mit 4 34-cm-Türmen bauen. Lage in Mexiko spitzt sich weiter zu. Verhandlungen Türkei-Griechenland kommen durch Einwirkung Rumäniens endhch zum Abschluß255. Erneute Rede Churchills256, in der er eine bedeutende Steigerung des nächsten Marineetats ankündigt unter Hinweis auf die Erstarkung der deutschen Flotte und der Flotten anderer großer und kleiner Mächte.
Mittwoch, den
19. November 1913
7 h 31 mV Nach Berhn zurückgefahren257. Tirpitz war gestern abend noch zum Essen auf »Kaiser«. Seiner Erzählung nach ist S.M. für die englandfreundhche Wendung unserer Politik, die Herrn v. Kühlmann zu danken, sowie für diesen
selbst
zeugt.
jetzt
sehr
eingenommen
und
von
der
Selbstlosigkeit der Engländer Flottengesetz. [...]
über-
Er fürchtet schon in seinem Pessimismus für das
Freitag, den 21. November 1913
Sitzung über Kreuzertyp. Entscheidung 31 000 t gefallen258. [...]
234
255
236
237
258
für Schiff mit 4 35-cm-Türmen
von etwa
Dazu Grießmer, Linienschiffe der Kaiserlichen Marine, S. 138-151; Grießmer, Große Kreuzer der Kaiserlichen Marine, S. 140-145. Am 14.11.1913 wurde der am 11.11. paraphierte Friedensvertrag zwischen Griechenland und der Türkei unterzeichnet. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 639; Helmreich, Diplomacy, S. 407-417. Auf dem jährlichen Empfang des Londoner Lord Mayors hatte Churchill am 10.11.1913 in einer Rede zum einen eine Steigerung des enghschen Marineetats angekündigt. Zum anderen betonte er sowohl den Willen, die eigene Seesuprematie zu behaupten, als auch die Bereitschaft, über eine Verlangsamung des Wettrüstens zu verhandeln. Vgl. Churchill, Speeches, vol. 2, S. 2182-2184; Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 521. Am 14.11.1913 war Hopman mit Tirpitz zur Teilnahme an der Rekrutenvereidigung durch den Kaiser nach Kiel gefahren. Vgl. Grießmer, Große Kreuzer der Kaiserlichen Marine, S. 140 f.
1913
343
Sonnabend, den 22. November 1913 Staatssekretär zum Vortrag bei S.M., der wegen Erkältung das Zimmer hütet. S.M. woüte auf das 31 000 t [Schiff] nicht eingehen. Hat hin und her geschwankt wie ein Kaleidoskop, wie Tirpitz sagte, und sich Entscheidung vorbehalten.
Montag, den 24. November 1913 bis Sonntag, den 30. November 1913 Nichts Besonderes. Beginn des Reichstags. [...] Zaberner ZwischenfaU, der wieder zeigt, wie rasend ungeschickt der Deutsche als Politikus [sie] ist259. Anstatt solche Albernheiten klein zu halten, werden sie durch ungeschickte, beschränkte Köpfe rasend aufgebauscht. Photographie S.M. für Leutnant Lecky von der enghschen Marine mit Unterschrift: »William I.R.26"« Haarsträubend. Verhandlungen unsererseits mit Kabinett helfen nichts mehr. Am 29. längere Unterredung mit Tirpitz über unsere Politik. Wühelmstraße wird sich einluUen lassen261. England drängt uns dann rücksichtslos aus Spanien, Türkei, Holland, China usw. heraus, und wir vérin der elsässischen Stadt Zabern war es nach der Beleidigung elsässischer Rekruten als »Wackes« durch Leutnant v. Forstner zu Ausschreitungen gekommen, die aufgrund des ungeschickten Verhaltens der Armeebehörden, insbesondere des Regimentskommandeurs Oberst v. Reuter, alsbald eskalierten. Nachdem am 27.11.1913 30 Bürger der Stadt Zabern von Militärpatrouillen festgenommen und abgeführt worden waren, schickte der Gemeinderat ein Protesttelegramm an Kaiser, Statthalter, Reichskanzler und Kriegsminister. Dieser Vorfall löste einen schweren innenpolitischen Konflikt über das Verhältnis von Militär und Politik aus. Vgl. Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 54 (1913), S. 368-372 (und passim); Afflerbach, Falkenhayn, S. 115-125; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd 4, S. 581-603; Wehler, Der Fall Zabern von 1913/14, S. 70-88. Die Übersendung eines Fotos mit eigenhändiger Unterschrift des Kaisers galt generell als große Ehre. Näheres über diesen Fall hat in den entsprechenden Akten des Marinekabinetts nicht ermittelt werden können. Tirpitz beobachtete die Versuche des Reichskanzlers und des Auswärtigen Amts, durch Verhandlungen über die Bagdadbahn und die portugiesischen Kolonien das deutsch-englische Verhältnis zu entspannen, mit großem Mißtrauen. Er befürchtete, daß diese Verhandlungen die Ziele der von ihm maßgeblich mit konzipierten Flotten- und Weltpolitik gefährden könnten. Bereits am 9.10.1913 hatte er in einer Rede vor seinen Offizieren, über die in den Hopman-Tagebüchern allerdings keine Eintragung vorhegt, unter Bezug auf diese Verhandlungen erklärt: »Zur wirksamen Durchführung eines Sturms gegen das [Flotten]gesetz wird in verstärkter Form schon jetzt überall vorgearbeitet. (Geldlimitierung, >WeltfeiertagGoeben< und >Breslau< von Messina nach den DardaneUen«, in: Auf See unbesiegt, Bd 1, S. 17-31; Halpern, A Naval History, S. 51-58; Fischer, Griff nach der Weltmacht, S. 78 f.; WaUach, Anatomie einer Militärhilfe, S. 153 f.; Strachan, The First World War, S. 644-693; Kreiser, Der Osmanische Staat, S. 49 f.; Neulen, Feldgrau in Jerusalem, S. 11-39; Trumperer, Germany and the Ottoman Empire, S. 3-61. Über die Eindrücke von GeneraUeutnant Sieger, Chef des Feldmunitionswesens, von der Wirkung der Beschießung der Lütticher Forts vgl. die Tagebuchaufzeichnung von GeneraUeutnant Wenninger vom 18.8.1914, in: Schulte, Europäische Krise, S. 224 f. Am 17.8.1914 überreichte der japanische Botschafter in BerHn eine Note, in der ultimativ der Abzug des Kreuzergeschwaders und die Übergabe Kiautschous bis zum 15.9.1914 gefordert wurden. Vgl. Kriegstagebuch der Zentralabteilung des Reichsmarineamts, Eintragung vom 17.8.1914, BA-MA, RM 3/2613, zum Text der Note ebd., RM 3/2616. Vgl. auch Deutscher Geschichtskalender 1914, II, S. 127 (dort auf den 19.8.1914 datiert, da dessen Veröffentiichung aus poUtischen Gründen zunächst zurückgehalten wurde. Vgl. dazu die undatierten Aufzeichnungen in: BA-MA, RM 3/2616). Zu den Reaktionen auf dieses Ultimatum vgl. die Aufzeichnungen Pohls vom 17./18.8.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 13-15, sowie Tirpitz' Brief an seine Ehefrau vom 19.8.1914, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 392 f.; Der Krieg zur See, Die Kämpfe der Kaiserlichen Marine in den Deutschen Kolonien, S. 22-25; Burdick, The Japanese Siege of Tsingtau, S. 56 f. Gemeint ist das Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, das I lopman ebenfalls führte.
Vgl. BA-MA, RM 3/2620.
Dokumente
410
Straßburger Besatzung Echec in den \fogesen erlitten hat durch Hinterhalt26". Vor Abendessen Unterhaltung von Tirpitz und mir mit Herrn Katzenstein261. Dessen Verhältnis zu Jagow. Dienstag, den 18. August 1914 Beim Frühstück General v. Sieger zu mir mit dem Ersuchen, daß im Interesse Nachheferung von Munition für 42-cm-Mörser Lieferung von 525 30,5-cmPanzersprenggranaten zurückgesteUt wird. Staatssekretär ist einverstanden. Dementsprechend General v. Sieger beschieden, der sofort an Krupp telegraphieren will, und nach BerHn telegraphiert. 9 h Admiral v. MüUer beim Staatssekretär. Letzterer erzählt über gestrige Unterhaltung mit Graf Stürgkh262 und Kriegsminister. Stürgkh hat über Absichten österreichischer Armee keine sehr glänzenden Aussichten gemacht. Kriegsminister hat nachher v. Tirpitz gesagt, wenn Hötzendorf nicht mehr wäre, klappte Österreich zusammen. England sei Hauptgegner263. ,ü
11 2
3
Im Breuschtal wurden am 14.8.1914 Einheiten der Festung Straßburg überraschend angegriffen. Dabei fielen 33 Offizieren und 1700 Mann, auch nahezu alle Geschütze gingen verloren. Vgl. Der Weltkrieg, Bdl.S. 197 f. Näheres darüber war nicht zu ermitteln. Josef Graf Stürgkh, General, österreichisch-ungarischer Delegierter im Großen Hauptquartier 1914-1916. Zu dessen Aufenthalt vgl. die Schilderungen in: Stürgkh, Im Deutschen Großen Hauptquartier, S. 28-32. Zu diesem Gespräch zwischen Falkenhayn und Tirpitz vgl. Hopmans Tagesmeldung vom 18.8.1914, BA-MA, RM 3/11486, sowie Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 61; auch: Pohl an seine Ehefrau, 21.8.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 22 f. »Die Notwendigkeit eines vorläufigen Zurückhaltens unserer Flotte der englischen] gegenüber« betonte Tirpitz am 19.8.1914 auch in einem Gespräch mit General Ciaer. Vgl. Hopmans Tagesmeldung vom 21.8.1914 (undatiert), BA-MA, RM 3/11486, sowie die Eintragung vom 21.8.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, ebd., RM 3/2620 (dort mit dem Zusatz, »daß Einsatz deutscher Flotte zur Störung engHscher Truppentransporte im IlinbHck auf die starke VerteidigungssteUung Englands im Eingang des Kanals durchaus unrichtig sei.« Gegenüber dem Chef des Müitärkabinetts, Lyncker, und dem bayerischen Müitärbevollmächtigten, Wenninger, befürwortete Tirpitz in diesen Tagen ebenfaUs ein Zurückhalten der Flotte. Vgl. die Tagebucheintragungen Lynckers vom 18.8.1914: »Die engHsche Flotte soU im nördHchen Teü der Nordsee stehen. Unsere hohen Seeoffiziere, Tirpitz, Müller, Pohl, sind der Ansicht, daß unsere Flotte sich nicht aventurieren dürfe, sondern eine abwartende SteUung beibehalten muß.« Sowie vom 19.8.1914: »Admiral v. Tirpitz, der heute bei der Mittagstafel neben mir saß, hielt es für nötig, mir gegenüber die passive abwartende Haltung unserer Flotte zu rechtfertigen. Ich glaube, daß diese Haltung rein miHtärisch gerechtfertigt ist. Auch wäre es wünschenswert, daß wir bei späteren Friedensverhandlungen wenigstens einen Teil der Flotte noch besäßen.« Zit. nach: Müller, Regierte der Kaiser?, S. 49. Vgl. auch die Eintragung Wenningers vom 17.8.1914: »Mittags und abends saß ich neben Tirpitz; er ist fest gewillt, die deutsche Flotte nicht loszulassen und sie unnötig aufs Spiel zu setzen.« Zit. nach: Schulte, Europäische Krise, S. 222 f., sowie Wenningers Kriegsbrief vom 20.8.1914: »Tirpitz hält die unbändige Kriegslust unserer Marine mit eiserner Faust im Zaum, u[nd] ich glaube, im Gegensatz zu vielen Soldaten, die von der Untätigkeit der Flotte reden, daß Tirpitz richtig handelt, die Stunde ist noch nicht gekommen! Man muß gerecht sein, die Marine aUein hat es mit einem ebenbürtigen u[nd] zahlenmäßig überlegenen Feinde zu tun, das Heer hat es besser, wir haben nur Lumpenpack gegenüber, sonst wäre es nicht mögHch, daß Kav[aUerie] verschanzte Stellungen angreift u[nd] die Bande hinauswirft!« Ebd., S. 230. Zur genereUen Mißstimmung in -
—
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1914
411
Warum wir nicht mit der Flotte schlügen, v. Tirpitz erwidert, das wäre Selbstmord jetzt und ebenso, als wenn das preußische Armeekorps jetzt auf Petersburg marschiere. Falkenhayn: Dann habe Flotte keinen Zweck, es sei besser, Besatzungen an Land zu schicken, v. Tirpitz: Aufgabe der Flotte Hege in Verteidigung unserer Seeinteressen, gegen aUe Großmächte der Welt könnten wir dies nicht. PoHtik habe gänzHch versagt, v. Tirpitz befürchtet, daß Flotte von aUen Seiten als Sündenbock und Kompensationsobjekt hingestellt wird. 11h Besprechung mit Admiral v. Pohl über Telegramm nach BerHn betreffend Antwort auf 2 Telegramme über Japanisches Ultimatum und Tsingtau und Kreuzergeschwader 3 h Herr v. Treutier erst bei mir, dann bei Staatssekretär mit betreffend eventuelle Übergabe Tsingtaus an Amerika264. Staatssekretär und ich betonen beide Notwendigkeit äußerster Verteidigung. 5 h Legationsrat v. Mutius beim Staatssekretär. Längere Unterhaltung über poHtische Situation. EventaeUes Zugeständnis an England beim Frieden 5 Jahre lang keine neuen Schiffe zu bauen, wozu es doch an Geld fehlen würde, unter Aufrechterhaltung des Flottengesetzes265. 6'/2h-8h Spaziergang266 mit Staatssekretär in den wunderschönen Anlagen. Bei Rückkehr im Hotel Reichskanzler und Jagow dort vorgefunden, die Staatssekretär sprechen woUten in Frage Anhaltens dänischer nach England mit Lebensmitteln bestimmter Dampfer und Frage Tsingtau267. 10 h Abends Telegramm aus Konstantinopel betreffend Verhalten türkischer Armee, Landung 5 Korps Odessa, und gute Nachrichten vom Generalstab. III. russisches Armeekorps bei Eydtkuhnen geschlagen268, belgische Armee SteUung geräumt269, im Elsaß Lage gut27". Vor-
Überlegungen
264
Armeekreisen über das Verhalten der Marine in den ersten Kriegstagen vgl. insbesondere dessen Tagebuchaufzeichnung vom 18.8.1914, ebd., S. 225 f. Vgl. auch ebd., S. 241 f., Anm. 125 weitere Ausführungen dazu. Vgl. auch Fischer, Admiral des Kaisers, S. 211 -215. ZeitweiHg wurde erwogen, unter Vermittlung der USA eine Neutralisierung Ostasiens zu erreichen. Vgl. dazu die Tagebucheintragung Admiral MüUers vom 17.8.1914, in: MüUer, Regierte der Kaiser?, S. 48 f., sowie die Eintragung vom 17.8.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des
Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/2620.
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In Hopmans Tagesmeldung an ('apelle vom 19.8.1914 heißt es dazu ergänzend: »Eine solche Abmachung bedeute daher wenig, mache aber viel Eindruck. Obwohl Frage noch auf weitem Brett steht, bittet der II[err] Staatssekretär] E[uer] E[xczeUenz], sie zu erwägen u[nd] sich gelegentHch darüber zu äußern.« Ebd., RM 3/11486. Aus gesundheitHchen Gründen ging Tirpitz tägHch spazieren und wurde dabei meistens von I lopman begleitet, obwohl ihn dies »manchmal mehr Zeit, als Heb ist« kostete. Vgl. Hopmans Tagesmeldung vom 1.10.1914, ebd. Zwei dänische Dampfer waren auf dem Weg nach Schottland von der Marine aufgebracht worden. Die Reichsleitung befürchtete daher, daß Großbritannien dies zum Vorwand nehmen könnte, keine holländische I Iäfen anlaufende Dampfer mit Getreide passieren zu lassen. Vgl. die Aufzeichnung Pohls vom 18.8.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 16 f., sowie die Aufzeichnungen im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/2620. Am 17.8.1914 kam es zu ersten Gefechten zwischen dem I. Armeekorps und dem russischen III. Korps bei StaUupönen. Die russischen Truppen erHtten dabei teüweise erhebHche Verluste. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 2, S. 69-78. Die belgischen Truppen, die sich zunächst in der Sete-SteUung verschanzt hatten, zogen sich seit dem 18.8.1914 auf die Festung Antwerpen zurück. Ebd., Bd 1, S. 240-243. Nach der Niederlage im Breuschtal unternahmen die deutschen Truppen einen erfolgreichen Gegenangriff; im Oberelsaß hingegen drangen französische Truppen weiter vor und rückten am 19.8.1914
zum
zweiten Mal in Mühlhausen ein.
Ebd., S. 202-213.
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her Telegraphischer Spruch betreffend Souchons Tätigkeit, »Stralsund«271 sowie Mischke Finnischer Meerbusen272.
»Straßburg«
und
Mittwoch, den 19. August 1914 10 h 15 m Telefongespräch mit R.M.A. BerHn über Verteidigungsfähigkeit Tsingtaus273. 11 h V Besprechung zwischen Staatssekretär, Reichskanzler, v. Jagow und Admiral v. Pohl über unser aUgemeines Verhalten in diesem Kriege. Staatssekretär betont Notwendigkeit Durchhaltens gegen England274. Aufzeichnungen darüber an R.M.A. gesandt. 1 h Staatssekretär zur Frühstückstafel bei S.M. Im Anschluß daran Spaziergang S.M. mit v. Tirpitz. Aufzeichnungen über Gespräch in Tagesmitteüung Nr. 3 für Privatakten275 Seiner ExzeUenz nach BerHn gesandt. 6 h Abends Telephonische Mitteilungen vom Admiralstab BerHn über Aktion »Straßburg«, »Stralsund« und Mischke und Telegramm aus Tsingtau: »Einstehe für Pflichterfüllung bis aufs Äußerste. Gouverneur276!« Generalstabsmitteilungen lauten gut.
Donnerstag, den 20. August 1914 9 h 30 Besprechung mit Adrmral v. Pohl, Zenker, und Staatssekretär über unser Verhalten betreffend dänische Lebensmittelausfuhr nach England. Staatssekretär ist für möghehstes Entgegenkommen277. 10 h-11 h Reichskanzler und Jagow beim Staatssekretär wegen Tsingtau278. Staatssekretär befürchtet, daß ihre und andere 271
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275 276 277
Am 17.8.1914 stießen die Kleinen Kreuzer »Straßburg« und »Stralsund« zu einem zweitägigen Vorstoß in die I Ioofden vor, um engHsche Zerstörer anzugreifen, die den Transport des Expeditionskorps über den Kanal sicherten. Dabei kam es zu kleineren Gefechten mit engHschen Torpedo-und U-Booten. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 1,S. 101-111; auch die Aufzeichnung Pohls vom 18.8.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 15. Am 15.8.1914 Uef Konteradmiral Mischke zu einer offensiven Minenunternehmung gegen den Finnischen Meerbusen aus. Dabei kam es zu Gefechten mit russischen Einheiten. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 1, S. 61 69. Vgl. dazu die Niederschrift vom 19.8.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/2620; Der Krieg zur See, Die Kämpfe der kaiserHchen Marine in den Deutschen Kolonien, S. 31-48. Vgl. dazu die Aufzeichnung Hopmans vom 19.8.1914 in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 58-60 (das Original in: BA-MA, RM 3/11486), sowie Pohls Aufzeichnung vom 19.8.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 18 f.; Tirpitz, Erinnerungen, S. 253-258. Vgl. hierzu die Aufzeichnung in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 61 f. (das handschriftliche Original in: BA-MA, RM 3/11486). Vgl. Burdick, The Japanese Siege of Tsingtau, S. 56. Aus »poHtischen und Opportunitätsrücksichten« wurde der Flottenchef daraufhin dementsprechend angewiesen. Vgl. Eintragung vom 20.8.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des -
Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/2620.
278
Vgl. hierzu die vom Original teüweise erhebHch abweichenden Aufzeichnungen in: Tirpitz, Politische Dokumente, Bd 2, S. 62 f. U.a. fehlt folgender Absatz: »Der Herr Reichskanzler kam dann
1914
41.3
Einflüsse S.M. vieUeicht doch noch bestimmen, nachgiebig zu werden, faUs Japan etwas einlenkt. Admiral v. Müller beim Staatssekretär, vorher bei mir. Tirpitz ist sich nicht ganz sicher darüber, daß er in dieser Hinsicht fest bleibt. Er fürchtet überhaupt, daß dem starken, von der Armee und vielen andern nicht voll eingeschätzten Druck der engHschen Seemacht nicht der genügende Gegendruck auf die Dauer durchhalten wird. Reichskanzler und Jagow sind in dieser Hinsicht schwach. Aufzeichnungen über Unterredung Staatssekretär mit Reichskanzler gemacht (Privatakten). Nachmittags gearbeitet TagesmitteUungen usw. 6V2 h-7 h Mit Staatssekretär auf Reitplatz der Schloßkaserne geritten. (Wetter wie überhaupt letzte Tage sehr schön)
Freitag, den 21. August 1914 10 h Unterhaltung des Staatssekretärs und Admirals v. Pohl mit GeneraHnspekteur der Festungen über ArerteidigungsFähigkeit von Tsingtau. Vortrag von Major Wagner, der bis vor 2 Jahren in Tsingtau war. Glaubt nicht an MögHchkeit langen Widerstandes gegen regelrechten Artillerieangriff279. General v. Ciaer ist über Notauf die Idee Seiner Majestät zu sprechen, mit Frankreich nach dessen Niederwerfung ein Schutz und Trutzbündnis zu schUeßen. Ich [Tirpitz] trat für diese Idee ein, obwohl ich mir der zweifeUos sehr großen Schwierigkeit bewußt sei. Es sei nicht undenkbar, daß Frankreich sich schHeßHch als von Rußland und England verraten ansehen werde. Die schon jetzt bei sehr vielen denkenden Franzosen vorhandene Ansicht, daß wir eigentHch zusammengehörten, käme dann vieUeicht noch stärker zum Durchbruch. Frankreich dürfe aber nur in dem FaUe auf einen müden Frieden rechnen, daß seine Flotte mit uns gegen England kämpfe. Vielleicht werde dann auch ItaHen zu uns abschwenken. Selbst eine wenig zuverlässige AUianz werde England doch in große Schwierigkeiten bringen. Der I Ierr Reichskanzler betonte, wir müßten eine große Kriegsentschädigung von Frankreich fordern. Ich erwiderte, darauf käme es meiner Ansicht nach nicht so sehr an. Die Hauptsache sei, daß wir unsere WeltsteUung retteten. Diese bringe uns nach einer Anzahl von Jahren unsere wirtschaftliche Kraft wieder.« Vgl. die »Aufzeichnung über eine Besprechung des I Ierrn Staatssekretärs mit dem I Ierrn Reichskanzler und dem I Ierrn Staatssekretär des A.A., an der auch Herr Admiral v. Pohl teünahm«, 20.8.1914, BA-MA, RM 3/11486. Zu diesen Erwägungen eines Bündnisangebots und eines Separatfriedens mit Frankreich vgl. auch die Tagebucheintragung des Sekretärs von Bethmann HoUweg, Riezler, vom 22.8.1914, in: Riezler, Tagebücher, S. 201 f. Um den Krieg gegen England zu verschärfen, gab Tirpitz am gleichen Tag die Anregung, »daß es in einem späteren Stadium des Krieges doch in Betracht kommen könne, einen oder 2 Große Kreuzer zum Handelskrieg gegen England im Adantik anzusetzen« und empfahl, »dies planmäßig vorzubereiten und mit Ballin betreffend der Kohlenversorgung usw. in Verhandlungen zu treten.« Tagesmeldung Hopmans vom 20.8.1914, BA-MA, RM 3/11486. In Anbetracht seiner Ablehnung einer Kreuzerkriegführung ist dies erstaunHch. Zugleich zeigt der Befehl, daß Tirpitz diesen Gedanken bereits lange vor Kapitän z.S. Hahn äußerte, der mit diesem Vorschlag im November erfolglos an den Befehlshaber der I. Aufklärungsgruppe, Hipper, herantrat (Hahn an Hipper, 6.11.1914, in: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, Nr. 292, mit weiteren Erläuterungen, sowie ebd., Nr. 293, die SteUungnahme des Flottenchefs, Ingenohl). Vgl. dazu Rahn, Strategische Probleme, S. 348 f. Vgl. dazu auch die Tagesmitteüung [Nr. 4] Hopmans (undatiert und mit offensichtHch falscher Numerierung), BA-MA, RM 3/11486; zur Datierung vgl. Eintragung vom 21.8.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, ebd., RM 3/2620. Auch: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 61 (dort auf den 21.8.1914 datiert), sowie die Aufzeichnung Pohls vom 21.8.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 22 f. -
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wendigkeit eines Widerstandes bis zum Äußersten mit Staatssekretär einig, ebenso mit dessen Ausführungen über Notwendigkeit des Zurückhaltens der Flotte, bis Engländer näher herankommen. Nachmittags Unterhaltung mit BerHn (Kapitän Mann) über Zweckmäßigkeit der Vorlage von Niederschrift über Besprechung v. Tirpitz mit Reichskanzler vom 19. Antwort soll morgen kommen28". Sehr gute Nachrichten von Westgrenze281. Großer Erfolg der 6. Armee (Kronprinz von Bayern) und 7. Armee (Heeringen), die 8 französische Korps zurückgeworfen; 2 Briefe von zu Hause. Alles in Ordnung. 6V2-7 h Mit Staatssekretär auf Reitplatz geritten. Sonnabend, den 22. August 1914 Extrablatt, daß gestern 8 französische Korps geworfen, fluchtartig zurückgegangen sind, 12 000 Gefangene und 50 Geschütze erbeutet haben.
10 h-12 h Besprechung mit Admiralen v. Pohl und MüUer über Möglichkeit, Pachtvertrag Kiautschou zu kündigen, wenn Amerika mit seinen poHtischen und miHtärischen Machtmitteln dafür eintritt, daß Tsingtau auch nicht vorübergehend von Japan, Rußland oder England besetzt wird282. Anlaß Telegramm v. Reichenau über Gespräch mit Wallenberg. Telefongespräch darüber mit Schulze für CapeUe. Capelle rät Vorschlag ab. Ich war innerlich auch dagegen283. 28(1
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283
Am 22.8.1914 teüte Capelle mit: »Mit S[einer] E[xceUenz| x\usführungen sind wir aUe durchaus einverstanden. Aber zu scharfe Pointierungen der Ansicht: England ist der Feind. Den Gedanken: Alles muß auf Bekämpfung Englands zugeschnitten werden, im AugenbHck großer Siege der Armee, dem Hauptquartier und S[eine]r Majestät gegenüber zum Ausdruck zu bringen, scheint mir nicht opportun, zumal unsere Flotte selbst noch keine Gelegenheit gehabt hat, sich gegen England einzusetzen. Weitere Entwickelung wird die Bedeutung Englands als Gegner von selbst bestätigen. Das schon jetzt immer wieder zu betonen, stößt zu viele Leute vor den Kopf. Dähnhardt ist derselben Ansicht.« Vgl. die Eintragung vom 22.8.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts. Am 25.8.1914 legte Tirpitz CapeUe daraufhin seinen Standpunkt nochmals telefonisch ausführUch dar: »[l.| Zurückhalten des Gedankens: Gegen England sehr schwer und nicht ungefährHch, da neue Orientierung unserer Kriegsrichtung [sie] in kurzer Zeit erfolgen kann. Marineexpedition verfolgt hauptsächHch diesen Gedanken. Im Hauptquartier mehr Verständnis dafür vorhanden, als Sie annehmen.« In: BA-MA, RM 3/2620. Am 20.8.1914 begannen die 6. Armee unter Führung des bayerischen Kronprinzen Rupprecht und die 7. Armee unter Generaloberst Heeringen eine Gegenoffensive in Lothringen und in den Vogesen, in deren Verlauf die französischen Truppen zurückgedrängt wurden. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 1, S. 263-302. Noch am gleichen Tag teilte Hopman dem Chef des Marinekabinetts, Admiral Müller, mit, daß Tirpitz diesen Vorschlag des schwedischen Außenministers Wallenberg nicht weiter verfolgen woUe, da dies »einen ungünstigen Einfluß« auf das Auswärtige Amt haben könne. Vgl. I Iopman an Admiral MüUer, 22.8.1914, in: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, Nr. 291, ebd. auch weitere Erläuterungen. Tirpitz hatte diesem Gedanken zunächst positiv gegenübergestanden, da er sich »eine günstige Wirkung insofern davon versprach, als wir damit Amerika und der Welt unser weitgehendstes Bestreben gezeigt hätten, im Interesse des Friedens im fernen Osten u[nd] der Humanität zu wirken.« Vgl. die Tagesmeldung Hopmans vom 22.8.1914, BA-MA, RM 3/11486. Vgl auch die Aufzeichnung Pohls vom 22.8.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 24-26. Zu den Beratungen mit CapeUe vgl. auch die Eintragung vom 22.8.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/2620.
1914
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Nachmittags In Tagesmitteüungen Vorbereitungen französische Nordküste, Abgabe von Mannschaftsüberschuß an Armee und aUgemeine Ansichten über Verhalten Staatssekretärs betreffend England Hauptgegner284. 6V2 h-7 h Wieder geritten. Nachrichten vom westHchen Kriegsschauplatz, wo auf der ganzen Linie von Basel bis Namur gekämpft wird, lauten sehr gut. Pohl hat direkte Nachricht von Generalstabschef285. Wenn's so weiter geht, wird Frankreich bald kirre werden. Glänzende Marschleistungen 1. Armee286, hervorragendes Verhalten von 2 Landwehrbrigaden überlegenen von Beifort vorgestoßenen Streitkräften gegenüber287. Sonntag, den 23. August 1914 11 h
Vormittags Besprechung des Herrn Staatssekretärs mit Admiral v. Müller organisatorische Vorbereitung der Operationen von nordfranzösischer Küste aus288. Leiter soll Admiral v. Schröder werden, ihm beizugeben Erich Edgar Schulze. Direktiven hierüber aufgestellt, die abends in Tagesmitteüungen Nr. 7 an CapeUe gehen. General v. Lauter 12 h beim Staatssekretär, schlägt als erste Etappe über
Lüttich vor, wo
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nur
Landsturm und Landwehrbatterie.
Vgl. Hopmans Tagesmeldung
vom 22.8.1914. Darin heißt es: »Mit E[uer] E[xceUenz] bin ich derselben Ansicht, daß es bei den augenbUckHchen durchschlagenden Erfolgen der Armee zunächst nicht am Platze ist, zu ausgesprochen Standpunkt: England Hauptgegner, Weltstellung usw. zu propagieren. Die Zeit dafür kommt später. Jetzt handelt es sich zunächst um Durchhalten und Taten auf dem Kontinent. Armee kann leicht Weltinteresse mit Ressortinteresse der Flotte verwechseln und sagen: Wir fechten für unsere Sache und holen nicht für Euch Kastanien aus dem Feuer! Ich habe in dieser Richtung schon auf Sfeine] E[xcellenz] eingewirkt u[nd] tue es weiter. Jagow hat Verständniß für Druck der englischen] Seemacht, Reichsk[an]zl[e]r weniger.«
BA-MA, RM 3/11486. Am 22.8.1914 besprachen Pohl und Moltke die Frage eines Einsatzes der Flotte gegen engHsche Truppentransporte und mögHche engHsche Landungen in Schleswig. Moltke unterrichtete Pohl dabei auch über die Lage im Osten und im Westen. Vgl. die Aufzeichnung Pohls vom 22.8.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 26 f. Am 18.8.1914 hatte der Schwenkungsflügel seinen Vormarsch entsprechend dem Aufmarschplan begonnen. Um eine Vereinigung der engHschen mit den belgischen Truppen zu verhindern, erhielt die 1. Armee unter Generaloberst Kluck hohe Marschziele. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 1, S. 216 f. An den Kämpfen der 6. Année nahmen auch die 1. und 2. bayerische Landwehrbrigade teil. Ebd., S. 263-302. In der Tagesmeldung vom 23.8.1914 teüte I lopman CapeUe ausführlich Tirpitz' Befehle hinsichtHch der Bildung eines Marinekorps und dessen Einsatz an der Seite der Armee in Nordfrankreich mit. Vgl. BA-MA, RM 3/11486. Zur Bildung des Marinekorps vgl. ausführlich Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 1, S. 170, sowie ebd., Bd 2, S. 199 f. (ebd. auch die entsprechenden Denkschriften und Befehle). Dieses sollte nach der Kabinettsordre vom 29.8.1914 »als Belagerungs- und Besatzungstruppe einen Teü des mobilen Feldheeres« ablösen und »die Vorbereitung des Kleinkrieges gegen England von der belgischen und nordfranzösischen Küste aus in weitestgehendem Maße« betreiben. Ebd., Bd 1, Nr. 57. Auch: Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 117- 125.
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5Vá \i-lV2 h Mit
im Auto nach Ems. Dort General v. Ciaer gesprochen, der heute abend nach Namur fährt und heute nacht dort Sturm erwartet289. Bei Rückkehr glänzende Nachrichten über 4. und 5. Armee29". Aufgefangener Funkspruch des Herzogs Albrecht von Württemberg an Kronprinzen spricht von glänzendem Sieg 4. Armee, viele tausend Gefangene, viele Generale darunter, viele Geschütze. Oberst ZoeUner vom Generalstab sagt, daß 6. Armee (Kronprinz von Bayern) mindestens 150 Geschütze erbeutet hat und bezeichnet gesamte französische AufsteUung als gebrochen. Für morgen werden noch glänzendere Erfolge erwartet. I Ioffenthch hilft der alte Herrgott so weiter. v.
Tirpitz
Montag, den 24. August 1914
Telephongespräch mit R.M.A. über Expedition Belgien usw.291 Nachricht über völlige Vernichtung XX. französisches Armeekorps292, über Angriff 1. Armee gegen 2 engHsche Divisionen nördHch Maubeuge, der noch im Gange293. 12 h Im I lotel »Metropol« behufs Ermittlung einer Besprechung Staatssekretär mit Generalstabschef bzw. Generalquartiermeister [...]. 2 h Staatssekretär bei ExzeUenz v. Stein, der mit Vorschlag Marineexpeditionskorps nach Belgien sehr einverstanden war. Ist sonst kein Marinefreund. 6 h Nachmittags Telephongespräch mit Mann über mögHchst baldige Bereitstellung Expeditionskorps und dessen Abmarschfähigkeit, Zusammensetzung usw. 2 h 30 N Transport leichtverwunderter passiert in elektrischen Wagen, Autos usw. wurden auf Rheindampfer verladen. Leute machten sehr guten Eindruck.
289 290
Die strategisch wichtige Festung Namur Weltkrieg, Bd 1, S. 346-416, 479-492.
292
293
heftigen Kämpfen
am
25.8.1914.
Vgl.
Der
In der Schlacht von Neufchateau und Longwy vom 22./23.8.1914 drängten die 4. und 5. Armee der Führung von Generaloberst Herzog Albrecht von Württemberg und Kronprinz Wühelm die französischen Truppen unter teüweise schweren Verlusten nach Süden ab. Vgl. ebd., S. 303-345, 452-479. Zu den Verhandlungen über die Bildung des Marinekorps zwischen Flopman und dem Reichsmarineamt in Berlin vgl. ausführUch die Aufzeichnungen vom 24./25./27.8.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/2620. Capelle fürchtete, »daß unsere Marinetruppen ledigHch Besatzungstruppen werden sollen und für unsere Marinezwecke nachher nicht mehr verfügbar sind.« Tirpitz hielt dem entgegen: »MögHchst baldiges Vorschieben unserer Marinetruppen trägt zu ihrer ConsoHdierung und Vorbereitung für spätere Marineaufgaben bei. [...] Verwendung von Küste aus gegen England bleibt unverrückbares Ziel.« Vgl. die Eintragung vom 24.8.1914, ebd. Das XX. französische Armeekorps mußte sich nach der Schlacht bei Saarburg und Mörchingen unter »grausamen Verlusten« zurückziehen. Vgl. ebd., S. 441-452 (das Zitat ebd., S. 447). Bei Mons kam es am 23.8.1914 zu den ersten Kämpfen mit Einheiten des engHschen Expeditionskorps, das seit dem 20.8.1914 nach beendigtem Aufmarsch bereit stand. Nach der Niederlage bei Mons zog sich dieses in Richtung Maubeuge zurück. Vgl. ebd., S. 416-430, 492-501. unter
291
fiel nach
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Dienstag, den 25. August 1914 Vormittags Antwortbrief an Prinzen I Ieinrich betreffend Tsingtau und Kreuzergeschwader. Nachricht, daß 1. Armee mit Engländern im Kampf ist, gestern 1 Division auf Maubeuge zurückgeworfen hat und Divisionskommandeur gefangen ist294. 3 h N Telephongespräch mit BerHn über Expeditionskorps. Abendnachrichten Admiralstab über »Karlsruhe«295 und Beginn des Bombardements von Tsingtau von See aus296. Nachrichten des Generalstabs lauten günstig. 6V2 h-7 h Mit Staatssekretär geritten. Mittwoch, den 26. August 1914 8hV
Nachricht, daß »Magdeburg« heute nacht im Finnischen Meerbusen bei Odensholm im Nebel aufgelaufen ist und noch sitzt297. »Augsburg« ist in der Nähe, IV. Geschwader, »Roon«, »Prinz Heinrich« und einige ältere Boote sind hinbeordert. Auf Vorschlag v. Pohl -werden noch eine TorpedobootsflottiUe und dazu auf Veranlassung Staatssekretär zwei Kleine Kreuzer der Flotte hingesandt. 11h Besprechung v. Tirpitz, v. Müller, v. Pohl über Kabinettsordre betr. Marineexpeditionskorps. Diese nachher zur Vorlage beim Kriegsminister Oberst Scheuch gegeben. Vorher S.M. 6 h-7 h Spaziergang mit Staatssekretär in den Anlagen. Dabei König von Bayern298 mit seinem Generaladjutanten getroffen. 7 h Nachricht, daß »Magdeburg« sich beim Eingreifen überlegener russischer Streitkräfte selbst gesprengt hat, großer TeU der Besatzung von »V 26« gerettet. 294 295
296
Bei den Kämpfen am 24.8.1914 bei Mons nahm das 2. KavaUenekorps einen engHschen Divisionskommandeur und zahlreiche Offiziere gefangen. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 1, S. 406. Der Kleine Kreuzer »Karlsruhe« war im JuH 1914 nach Westindien ausgelaufen, um dort von dem Kleinen Kreuzer »Dresden« den Dienst als Stationskreuzer zu übernehmen. Zunächst rüstete die »Karlsruhe« den SchneUdampfer »Kronprinz Wühelm« als Hilfskreuzer aus, wobei es zu einem Gefecht mit Einheiten des IV. engHschen Kreuzergeschwaders kam, um nach der Ergänzung von Kohlen im Mittleren Atlantik Handelskrieg zu führen. Vgl. Der Krieg zur See, Kreuzerkrieg, Bd2,S. 213-260. Am 22.8.1914 war es zu einem Gefecht zwischen dem in Tsingtau stationierten Torpedoboot »S 90« und dem engHschen Zerstörer »Kennet« gekommen. Die für den 23.8.1914 dem Tag des Ablaufs des Ultimatums erwartete Beschießung von See her begann jedoch erst am 27.8.1914. Vgl. Der Krieg zur See, Die Kämpfe der kaiserUchen Marine in den Deutschen Kolonien, S. 25-29, 48 f. Am 23.8.1914 Hef Konteradmiral Behring zu einem Vorstoß in den Finnischen Meerbusen aus. Der Kleine Kreuzer »Magdeburg« lief dabei auf Grund und wurde beim Nahen russischer Einheiten schHeßHch von der Besatzung gesprengt. Das Signalbuch wurde später von der russischen Marine geborgen und der engHschen AdmiraHtät übergeben. Dadurch konnte diese den Funkverkehr der Marine entziffern und rechtzeitig Gegenmaßnahmen bei deutschen Vorstößen treffen. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 1, S. 76-101; zur Bedeutung des Fundes vgl. Beesley, Das Signalbuch, S. 273 276. König Ludwig III., König von Bayern 1913-1918. —
-
297
298
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Hüfeleistung gesandten Streitkräfte erhalten Gegenorder. Trauriges Ereignis, das S.M. aber ruhig aufnahm.
Die
zur
Donnerstag, den 27. August 1914 10 h Kam Erich Edgar Schulze an, der gestern aus BerHn herbeordert ist. Direktifür Büdung der mobüen Marinedivision dort nicht ganz im Sinne des Herrn Staatssekretärs erfaßt, Stationskommandos haben Gefechtsbereitschaft der Marinefestungen zu sehr hervorgehoben. Allerhöchste Ordre zur Bildung der Division hat Staatssekretär heute morgen mit Kriegsminister vereinbart. Weitere Ordre entworfen, in der Hinweis erfolgt, daß Gefechtsbereitschaft der Marine fes tungen jetzt nicht zu sehr hervorgehoben werden soll, da aUgemeine Kriegslage Angriff auf diese nicht erwarten läßt. Nachrichten über Gefecht »Augsburgs«, »U 3« usw. mit 2 russischen Kreuzern treffen ein299. 6 h Staatssekretär beim Reichskanzler, pohtisches Gespräch, sagt wir müßten Antwerpen nehmen und behalten3"". Erfahren, daß 4Vi Korps nach Osten geworfen werden sollen, wo schwere Kämpfe, aber Hindenburg sich scheinbar noch gegen große Übermacht hält301. Neues Ministerium in Frankreich, bei dem Viviani und Delcassc noch3"2. Franzosen und Engländer sollen beabsichtigen hinter Aisne große Schlacht. Staatssekretär sieht Situation ziemhch ernst an, muntere ihn nach MögHchkeit auf. Generalstabsmitteilungen nichts Besonderes. AUgemeines Vorgehen. Engländer sollen viel Gefangene und Geschütze verloren haben3"3.
ve
299
300 3111
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Am 27.8.1914 kam es zu einem Gefecht zwischen dem Kleinen Kreuzer »Augsburg« und dem dem Verband angehörenden älteren U-Boot »U 3« und zwei russischen Kreuzern. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 1, S. 93-95. Vgl. die Aufzeichnungen darüber in Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 63-65. Nach der Schlacht von Gumbinnen trat die deutsche 8. Armee in Ostpreußen den Rückzug an. Am 22.8.1914 wmrde der bisherige Oberbefehlshaber Generaloberst Prittwitz durch General z.D. I lindenburg abgelöst; zum Chef des Generalstabs wurde Generalmajor Ludendorff ernannt. Deren Ziel war es, die Trennung der russischen Armeen zu einem entscheidenden Schlag gegen die Narev-Armee auszunutzen. Unter dem Eindruck des »entscheidenden Sieges« im Westen befahl der Chef des Generalstabs, Moltke, am 24./25.8.1914 die Verlegung des Gardereservekorps und des XI. sowie des V. Armeekorps nach Osten. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 1, S. 439 f.; ebd., Bd 2, S. 79-244; Ludendorff, Meine Kriegserinnerungen, S. 32-45. Nachdem nach einer Auseinandersetzung mit dem französischen Oberkommandierenden, J offre, Kriegsminister Mcssimv zurückgetreten war, reichte das Kabinett unter Ministerpräsident Viviani am 26.8.1914 seinen Rücktritt ein, um eine neue Regierung auf breiterer Grundlage zu bilden. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1914, II, S. 153 f. Das Außenministerium übernahm der ehemaHge Außenminister Delcassé. Das engHsche Expeditionskorps zog sich nach den ersten Gefechten hinter die Somme zurück. Die Verluste in der Schlacht von Le Cateau betrugen 7812 Mann. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 1, S.
517-536,618-622.
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Freitag, den 28. August 1914 Schack, der nach 3Vá monatlicher Anwesenheit aus trifft ein. 10 h Lange Unterredung mit StaatssekreKonstantinopel zurückkommt, tär und Admiral v. MüUer über Zustände dort. Glaubt, daß Enver Türkei zum Losschlagen bringt. Liman schwierige PersönUchkeit3"4. 11h Staatssekretär beim Reichskanzler wegen Demarche engHschen Botschafters in Konstantinopel, der beim Vorgehen Türkei gegen Rußland mit Forzirung DardaneUen gedroht hat. Er geht um 2 h 30305. Telegrammentwurf für Reichskanzler an Wangenheim, in dem Forzierung von Staatssekretär und Admiralstabschef für ausgeschlossen und zum baldigen Angreifen der Schiffe und Torpedoboote aufgefordert wird. Bei Tisch erste Nachrichten über Eindringen von 4 engHschen Kreuzern und 30 Torpedobootszerstörern in Deutsche Bucht und dort noch im Gange befindHches Gefecht3"6. Unsere Kleinen Kreuzer3"7, »von der Tann« und »Moltke«3"8 sind ausgelaufen. 9 h 30 m Weitere Nachrichten über Gefecht in I Ielgoländer Bucht. Unsere Kleinen Kreuzer sind bei Verfolgung der Torpedobootszerstörer und Kleinen engHschen Kreuzer auf engHsche Panzerkreuzer der I. Battlecruiser Squadron und Kreuzer der »Defence«Klasse gestoßen und haben zurückgehen müssen. »Ariadne«, »V 187« gesunken, »Coin« und »Mainz« werden vermißt. Letzteres für Staatssekretär besonders schmerzHch, da sein Sohn Wolfgang auf »Mainz«. Ist auch sonst über Verlauf Aktion sehr deprimiert und ungehalten, da Kleinen Kreuzern Unterstützung fehlte. 8 h 30
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m
V Vizeadmiral z.D.
Trotz des geheimen Bündnisses und des Einlaufens der Schiffe der Mittelmeerdivision schwankte die türkische Regierung zunächst, ob sie an der Seite der Mittelmächte in den Krieg eintreten soUte. Zu den Auseinandersetzungen innerhalb des türkischen Kabinetts vgl. Der Krieg zur See, Mittelmeer-Division, S. 29-32. AusführUche Wiedergabe dieses Gesprächs im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, Eintragung vom 28.8.1914, BA-MA, RM 3/2620. Der Chef der Müitärmission, Liman v. Sanders, galt in den Augen des Botschafters wie auch enger Mitarbeiter als so Major Kreß von Kressenstein »selbstbewußt und eitel, temperamentvoll und jähzornig, mißtrauisch und empfindHch«. Zit. nach: WaUach, Anatomie einer Militärhüfe, S. 136-140, hier: S. 137. Zu den Unterredungen Tirpitz' mit dem Reichskanzler am 27./28.8.1914 vgl. die Aufzeichnungen in Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 63 f. Am 28.8.1914 griffen vorgeschobene engHsche Einheiten 31 Zerstörer, die von den Kleinen Kreuzern »Fearless« und »Arethusa« geführt wurden die Vorpostenkette in der Deutschen Bucht an. Später griffen das 1. Leichte Kreuzergeschwader und das von Admiral Beattv geführte I. Schlachtkreuzergeschwader in die Kämpfe ein. In deren Verlauf sanken die drei Kleinen Kreuzer »Cöln«, »Mainz« und »Ariadne« sowie das Torpedoboot »V 187«. Zu diesem Gefecht vgl. den Bericht des Chefs des Admiralstabs, Pohl, an den Chef des Marinekabinetts, Admiral Müller, vom 29.8.1914, in: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 1, S. 24 f. (mit weiteren Hinweisen), sowie Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 1, S. 131-224; Ilalpern, A Naval History, S. 30-32; Hopman, Das Kriegstagebuch, S. 34-38. Auf deutscher Seite waren die Kleinen Kreuzer »Straßburg«, »Stettin«, »Frauenlob«, »Mainz«, »Ariadne« und »Stralsund« an dem Gefecht beteüigt. Erst nachdem der Kleine Kreuzer »Mainz« gemeldet hatte, von überlegenen engHschen Panzerkreuzern angegriffen zu werden, Hefen der Schlachtkreuzer »von der Tann« und »Moltke« aus WUhelmshaven aus. Bis dahin hatte die Flottenführung die Lage unterschätzt und nur an ein Vorpostengefecht geglaubt. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 1, S. 180. -
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v.
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Es war mit Sicherheit zu erwarten, daß hinter leichten englischen Streitkräften schwere standen, daher geboten, sofort Große Kreuzer vorzuschicken und womöglich mit ganzer Flotte auszulaufen. Furcht vor U-Booten unbegründet. Flotte müßte Dampf aufhaben und in Flußmündung, nicht auf den Reeden Hegen. Staatssekretär glaubt nicht, daß Kleinkrieg erfolgreich sein kann, bei großer heit Englands an kleinen Streitkräften. Hat dies immer betont.
Überlegen-
Sonnabend, den 29. August 1914 12 h 30 m V Weitere Detailnachrichten über Helgoländer Gefechte. 4 h V Meldung des Flottenchefs, die ich 8 h 30 m Seiner ExzeUenz bringe. Er betont den Mangel an Unterstützung der Kleinen Kreuzer durch die Flotte. »Wir haben uns blamiert. Daß ich meinen Jungen hergeben mußte, wußte ich. Aber so etwas ist furchtbar. Wir werden zugebottelt und das Ende unserer Flotte ist die Folge davon3"9.« Mir blutet das Herz um ihn, der sein Lebenswerk zugleich mit dem Glück seiner FamiHe zerstört sieht. Suche ihn soviel als mögHch aufrecht zu erhalten. Besprechung mit General Sieger betreffend 2 38-cm-Geschütze, die an Armee zum Bombardement von Paris überlassen werden sollen, und Kriegsminister betreffend Überlassung von Luftschiffen310. 11 h 15 m Marinekabinettsordre betreffend mobüe Felddivisionen unterschrieben311. Reutertelegramm, daß »Mainz« und »Cöln« zum Sinken gebracht sind. 9 Offiziere gerettet. Staatssekretär hat trotz meines Zuspruchs keine Hoffnung mehr. Oldekop berichtet über bedeutsamen Sieg im Osten bei Orteisburg, Narev-Armee über die Grenze zurückgeworfen312. 9 h Gespräch mit BerHn über Überlassung der 38 cm und von Luftschiffen. Dabei erfahren, daß Dähnhardt durch AutounfaU schwer verletzt.
Überlassung
(Schädelbruch) Vgl. auch Tirpitz' Brief an seine Ehefrau vom 28.8.1914, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 395 f. Im Rahmen der Kriegführung gegen England plante die Marine bereits in den ersten Kriegstagen auch den Einsatz von Luftschiffen. Vgl. die diesbezügHche Sitzung im Reichsmarineamt vom 30.8.1914, auf der diese Frage ausführUch erörtert wurde. Kriegstagebuch der Zentralabteüung
des Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/2613. In: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 1, Nr. 57. Tirpitz nutzte diesen Vortrag anläßHch der Unterzeichnung der Kabinettsordre dazu, unter Hinweis auf das Gefecht bei Flelgoland zu betonen, daß »1.) die Voraussetzung, daß wir durch Kleinkrieg gegen die engHsche Flotte erhebHche Erfolge haben könnten, seiner Ansicht nach nicht zutreffend sei, 2.) daß die U-Bootsgefahr für die
Bewegungen unserer Flotte überschätzt würden, 3.) daß beim Vorstoßen leichter Streitkräfte Unterstützungsgruppen dahinter stehen müssen, 4.) daß es nicht richtig sei, Kleine Kreuzer aUein gegen Kleine Kreuzer und Torpedoboote anzusetzen.« Vgl. die Eintragung vom 29.8.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/2620. Vgl. auch die Briefwechsel zwischen Tirpitz, Admiral Pohl und Admiral v. MüUer vom 29.8.1914, in: Tirpitz,
Politische Dokumente, Bd 2, S. 76 f. Am 27.8.1914 wurde der rechte Flügel der Narev-Armee unter General Samsanov auf Orteisburg zurückgedrängt und geschlagen, am 28.8.1914 die Mitte der Narev-Armee eingekreist. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 2, S. 177-211.
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Sonntag, den 30. August 1914 9 h 25 m Abfahrt nach Luxemburg im Zug 8a313. Sehr heiß. [...] 1 h In Luxemburg, Hotel »Brasseur« abgestiegen, wo auch Kriegsministerium, MiHtärkabinett, Admiralstab und andere. A'erhältnismäßig ganz gut untergebracht. 3-6 h Gearbeitet. Brief an CapeUe314 usw. 6 h Kommt Telegramm an Staatssekretär, daß Wolfgang v. Tirpitz sich unter den nach Leith gebrachten Geretteten befindet. Staatssekretär tief ergriffen über dies von ihm nicht mehr erwartete Glück315. 6h-7V2h Spaziergang. Stadt sehr schön gelegen. Beim Abendessen erzählt General v. Wenninger, der bei 6. Armee gewesen, über sehr starke Verluste der Bayern und starke mit schwerer Artillerie verteidigte Stellung der Franzosen zwischen Verdun und Epinal316.
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Vom 30.8.-28.9.1914 befand sich das Große Hauptquartier in Luxemburg. Vgl. Hubatsch, Großes I Iauptquartier, S. 424 f. Nicht ermittelt. Vgl. aber die Tagesmeldung vom 30.8.1914, in der es an CapeUe gerichtet u.a. heißt: »Der Herr Staatssekretär] betont dauernd die Notwendigkeit einer größeren Regsamkeit der Flotte und ihrer mögHchst baldigen Verstärkung durch Herüberziehen des IV., V. u[nd] VI. Geschwaders in die Nordsee. E[uer] E[xcellenz] wissen, daß ich derselben Ansicht bin und dies in meinem Brief an den Chef d[es] St[a]bs der Flotte auch zum Ausdruck gebracht habe. Die Vorstöße leichter Streitkräfte ohne stärkeren Rückhalt bringen uns nur Verluste, keine Erfolge. Nur die Schlacht kann letzteren erzielen. In diesen Fragen hat der Herr Staatssekretär] hier aber bis jetzt nicht viel Einfluß. Er kommt nur gelegentUch dazu, sich S.M. gegenüber zu äußern, den Vortrag hat A dm [irai] v. Pohl, dessen SteUung S.M. scheinbar völHg in Parallele mit der des Chefs d[es] Gen[eral]st[a]bs steUt.« Vgl. BA-MA, RM 3/11486. Zur Haltung Pohls in der Frage des Einsatzes der Flotte vgl. dessen Aufzeichnungen vom 30./31.8.1914 über ein diesbezügUches Gespräch mit dem Reichskanzler, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 37 f., 39-42. Vgl. dazu die Eintragung Wenningers vom 30.8.1914: »Tirpitz ist seHg. Am aUerUebsten hätte er Sekt getrunken, weü sein Sohn gerettet ist. Daß der Kriegsgefangener ist, ficht ihn nicht an. Leute, die seinen Sohn kennen, meinen, daß auch dieser sich nichts daraus mache. Für ihn ist ja aUes in bester Ordnung und nichts steht mehr im Wege, die Flotte gegen die Engländer loszulassen. Entgegen seinen bisherigen Tendenzen äußerte er sich auch gleich in diesem Sinne; da mischte sich der Reichskanzler drein und sagte, er brauche in dem Moment, wo der Frieden diktiert werde, eine intakte deutsche Flotte, sonst faUe ihm bei allem, was er den [...] Gegnern auferlegen woUe, England in dem [sie] Arm. Tirpitz meinte, das sehe er nicht ein, es sei doch ganz gleich, ob der gegenwärtige Status gewahrt werde oder ob die deutsche Flotte nicht mehr existiert, zugleich aber die engHsche auf die I lälfte ihres jetzigen Bestandes reduziert hat. Ich bestritt dies. Es sei jedenfaüs leichter und schneller getan, die gegenwärtige deutsche Flotte mit französischem Geld zur Überlegenheit auszugestalten als das Ziel durch vollkommene Neuschaffung zu erreichen.« Zit. nach: Schulte, Europäische Krise, S. 241. Am 25.8.1914 griffen französische Truppen den rechten Flügel der 6. Armee an. Die bayerischen Truppen erUtten dabei teilweise schwere Verluste. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 1, S. 584-603. ZuBdden 3, weiteren Kämpfen der 6. Armee gegenüber der Linie Nancy-Epinal vgl. Der Weltkrieg, S. 276-301. Der Chef des Generalstabs Moltke äußerte sich am 30.8.1914 gegenüber dem bayerischen MiHtärbevoUmächtigten sehr kritisch über diese Verluste. Vgl. dessen Bericht an den bayerischen Kriegsminister Kreß von Kressenstein vom 31.8.1914, in: Schulte, Europäische Krise, S. 244 f. —
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Montag, den 31. August 1914 Vormittags nichts Besonderes.
N Mit Exzellenz Sieger und dessen Adjutanten nach Longwy des Kommandanten Major Sauter 122 Regiment die Führung gefahren Festung zusammengeschossene gesehen, die von 21-cm-Mörser mit etwa 4000 Schuß belegt ist. Gewaltiger Eindruck der Wirkung. Ernst des Krieges. Haltung der Leute, die Gefecht am 22. mitgemacht haben, vorzügHch. Auf Rückfahrt S.M. getroffen, der im ersten Auto saß. Etwas unvorsichtig, da Haltung der Bevölke1 h 15-5 h 30
und
m
unter
rung in den französischen Dörfern doch nicht ganz sicher. Staatssekretär hat Brief an Lans geschrieben, in dem er seine Ansichten entwickelt317. Meldung, daß MannTiechler an BrustfeUentzündung schwer erkrankt ist und durch Eckermann abgelöst. Außerdem Seebohm zum Flottenstab. Generalstabsmeldung über Schlacht bei Tannenberg318.
Dienstag, den 1. September 1914 Generalstabsmitteüung über Schlacht im Osten, »Schlacht von Tannenberg«. 2. Russische Armee existiert nicht mehr. 2 kommandierende Generale, 60-70 000 Mann gefangen319. Im Westen geht's auch weiter gut vorwärts32".
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In diesem Brief an Lans vom 31.8.1914 legte Tirpitz unter Hinweis auf das Gefecht bei Helgoland seine taktischen Auffassungen dar und äußerte sich kritisch über das Verhalten des Flottenchefs, Ingenohl. In: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 81-83, dort aber ohne folgenden Absatz: »Seine Majestät sagte mir noch kurz vor der Kriegserklärung, daß man die NeutraHtät Englands erkaufen wollte durch ein Bündnisangebot an England inclusive ein England genehmes naval agreement. Seine Majestät hätte aber abgelehnt. Was das heißt, werden Sie verstehen. I Ierr v. Jagow sagte mir in BerHn direkt: wäre ich für ein größeres Flottenentgegenkommen zu haben gewesen, so hätten wir diesen Krieg nicht. Unter diesen L'mständen Hegt der Verdacht nahe, daß die Flotte in diesem Sinne ein Objekt für den Friedensschluß werden könnte. Wenn die Armee, wie wir wünschen woUen, weiter von Sieg zu Sieg schreitet, bin ich oder wir, die Marine, völHg machtlos. Wir bekämen weder Ersatz noch Geld. I laben wir auch unser Teü, wenn auch nicht siegreich sondern nur ruhmreich getan, so Hegt die Sache anders, dann wird die Ansicht durchbrechen, wir müssen eine England gleich starke Flotte haben. Dies natürHche und einzige Ziel konnte in den letzten 2 Jahrzehnten aber nicht gesagt werden, es konnte auch nur ins Auge gefaßt werden, wenn Deutschlands Handel und Industrie und Kolonien weiter expandierten.« In: BAMA, Nachlaß Tirpitz, N 253/354. Die Kämpfe vom 23.8. bis 31.8.1914 wurden auf Vorschlag Ludendorffs »Schlacht bei Tannenberg« genannt. Damit soUte die »Erinnerung an die Zeit deutscher Schwäche« ausgelöscht werden, denn am 15.7.1410 war der Deutsche Ritterorden dort von den vereinigten Polen und Litauern vernichtend geschlagen worden. Vgl. zusammenfassend Der Weltkrieg, Bd 2, S. 238-244;
Showalter, Tannenberg.
Nach SchHeßung des Ringes um die Einheiten der 2. (Narev-)Armee nahmen deutsche Truppen 92 000 russische Soldaten gefangen, darunter 13 Generale. Angesichts der Niederlage erschoß sich der russische Oberbefehlshaber, General Samsanov, am 31.8.1914. Zusammenfassend: Der Weltkrieg, Bd 2, S. 228-244.
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9 h Chef des Stabs der mobüen Marinedivision, Oberst v. Hülsen, bei mir. 10 h Beim Staatssekretär. 10 h Hauptmann v. Flolleufer bei mir wegen Unterbringung von Gefangenen auf Auswandererschiffen321. Dementsprechend nach BerHn telegraphiert. Gespräch mit I Iauptmann Limmer PionierbattaUion 21 über Hoffmann-Minen. Nachmittags mit Staatssekretär in Longwy, wo auch Pohl mit Zenker, Reichskanzler und viele andere. I lerrhches Wetter. Dum-Dum-Geschosse322.
Mittwoch, den 2. September 1914 Nachricht über Vorstoß russischer Kreuzer, vor denen »Augsburg« und »Gazelle« zurückgegangen sind323. IV. Geschwader erhält vom Admiralstab Befehl vorzustoßen, aber nicht über Memel. Staatssekretär betont sofort Notwendigkeit, mindestens 1 Großen Kreuzer und Torpedoboote mitzugeben. 11h Admiral v. MüUer bei Staatssekretär. Fiat von Exzellenz v. Stein erfahren, daß Österreicher auf ihrem rechten Flügel keinen Erfolg gehabt haben und sich auf Defensive beschränken woUen324. Wenig aussichtsvoU für die gesamte Kriegführung. Nachmittags Staatssekretär legt seine Ansicht über Vorstoß in Ostsee
Vormittags
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erreichten die 1., 2. und 3. Armee die Marne während die 4. und 5. Armee Maas und Aisne überschritten. Vgl. ebd., Bd 3, sowie Bd 4, S. 3 36, zur Lage zu Beginn der Marneschlacht. Am 1.9.1914 fand im Reichsmarineamt in BerHn eine Sitzung statt, in der Vertreter der Marine, des Knegsministeriums und der I Iapag über die Unterbringung von Kriegsgefangenen auf Auswandererschiffen berieten. Aus hygienischen Gründen, aber auch, weü Gefangene auf Schiffen nicht arbeiten konnten, wurde der Vorschlag der OHL abgelehnt. Allenfalls eine Unterbringung von Offizieren auf Schiffen erschien mögHch. Vgl. die Aufzeichnung im Kriegstagebuch der Zentralabteilung des Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/2613, auch ebd., RM 3/2620 (Eintragung vom 1.9.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts). Auch Tirpitz berichtet in seinen Erinnerungen, S. 397, »aus Longwy Pakete mit Dum-DumGeschossen (geschlossen) mitgenommen [zu haben] als Beweis, daß das französische Kriegsministerium dies angeordnet hat.« (Brief vom 2.9.1914) Vgl. auch die entsprechenden Tagesmitteilungen des Großen Hauptquartiers vom 30.8./8.9.1914 in: Der große Krieg, 1914, S. 186, 283. Zu dieser Fahrt vgl. auch die Aufzeichnung Pohls vom 1.9.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 42 f. Am 30.8.1914 war Konteradmiral Behring mit dem Kleinen Kreuzer »Augsburg« aus Danzig ausgelaufen, um die von den älteren Kleinen Kreuzern »Gazelle« und »Amazone« gehaltene VorpostenHnie östlich und westlich von Godand zu verstärken. In der Nacht vom 1./2.9.1914 stießen sie dabei auf russische Kreuzer und Zerstörer. Aufgrund des Verlusts der »Magdeburg« wurden daraufhin zusätzlich zu dem aus älteren Linienschiffen bestehenden IV. Geschwader der Große Kreuzer »Blücher«, der schneUe Kleine Kreuzer »Straßburg« sowie zwei Torpedobootsflottillen in die Ostsee verlegt, aUerdings mit der Maßgabe, »sich nicht Mißerfolgen« auszusetzen. Dazu und dem anschHeßenden Vorstoß in den Finnischen Meerbusen vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 1, S. 102-128; das Zitat ebd., S. 108. Die k.u.k.-Armee trat am 25.8. zur »entscheidungssuchenden Offensive zwischen Weichsel und Bug« an, mußte aber nach teilweise schweren Verlusten vor russischen Truppen zurückweichen; am 30.8.1914 eroberten diese die gaHzische Hauptstadt Lemberg. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 2, S. 247-258; Rauchensteiner, Der Tod des Doppeladlers, S. 135 f.; Österreich-Ungarns letzter Krieg, Bd 1, S. 189-258.
Anfang September
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schriftlich für Admiral v. Pohl nieder325. Bespreche die Angelegenheit mit ihm. Betone, daß Echec in Ostsee unter aUen Umständen vermieden werden muß. Admiral v. Müller, der zugegen, ist derselben Ansicht326. Admiral v. Pohl 9 h zum Vortrag bei S.M., der befiehlt, daß außer IV. Geschwader noch »Blücher«, 1 schneller Kleiner Kreuzer und 2 Flottillen in Ostsee gehen soUen. S.M. betont dabei nochmals sehr scharf Notwendigkeit des Zurückhaltens der Flotte, die nur auf seinen direkten Befehl einzusetzen sei und ist GegenvorsteUungen Pohls unzugängHch. UnmögHche Situation. Staatssekretär wül Pohl in dieser Angelegenheit unterstützen327.
Donnerstag, den 3. September 1914 7V4-8 h Mit Ulan Brandt geritten. 9 h-12 h Gearbeitet. Mitteüungen an CapeUe usw. 4 h 30 m Major Schott Kriegsministerium teilt mit, daß »L 5« und »L 6« für Armee reserviert bleiben müssen. Staatssekretär macht Niederschrift für Adrniralstabschef betreffend Unternehmungen in der Ostsee (III. Geschwader, mehrere Kreuzer, 2 TorpedobootsflottiUen Umgehungsbewegung um Gotland. II. Geschwader südHch Gotland328. Wenn Umgehung nicht geHngt, Vorstoß nach Finnischem Meerbusen.) Entspricht dem, was wir besprochen. Wir müssen Echec in Ostsee unter allen Umständen vermeiden. In Nordsee voraussichtHch, solange IV. und V. Geschwa-
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Vgl. Tirpitz an Pohl, 2.9.1914, in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 98-100. Zu Tirpitz' I Ialtung und dessen Kontroverse mit dem Chef des Admiralstabs, Pohl, vgl. insbesondere Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 1, S. 105-108; Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, S. 277 f., Anm. 1 und 5 mit weiteren Verweisen sowie mit der Deutung, Tirpitz habe den von ihm vorgeschlagenen
326
Vgl. auch die Eintragung des Marinekabinettschefs vom 2.9.1914: »Pessimistische Stimmung. Die Russen kommen in die Ostsee herunter. >Augsburg< hält Fühlung. Das IV. Geschwjader] soU ihnen entgegengeschickt werden, damit sie wenigstens nicht Colberg ungestraft bombardieren. Dabei aber Sorgen, ob nicht leichte engHsche Streitkräfte durch Sund einbrechen und Torpedobootsmassen auf unser IV. Geschwader ansetzen. Tirpitz u[nd] Pohl in Zwiespalt, ersterer giebt aber schHeßHch die Richtigkeit der Entsendung des IV. Geschw[aders] [...] zu.« BA-MA, Nachlaß MüUer, N 159/4. Auch, gekürzt und mit Änderungen, in: MüUer, Regierte der Kaiser?, S. 54 Vgl. hierzu die Aufzeichnung Pohls vom 2.9.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 43-45. Vgl. die Aufzeichnung Tirpitz' für Pohl und abschriftHch an MüUer vom 3.9.1914, BA-MA, RM 3/11961 (erwähnt in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 100); Pohls ablehnende Ant-
Vorstoß
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nur zu
»Demonstrationszwecken« unternehmen wollen.
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den Chef des Marinekabinetts vom 4.9.1914 in: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, Nr. 272, sowie dessen ausführHche »SteUungnahme zu den Ausführungen des Staatssekretärs des Reichsmarineamts über die Kriegführung in der Ostsee«, in: BA-MA, RM 3/11691, Anlage 17 zum Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts. Vgl. auch Pohls Aufzeichnung vom 3.9.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 45. In seiner Haltung, die Flotte zurückzuhalten, wurde Pohl bestärkt durch Gespräche mit dem Reichskanzler und dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts. Vgl. dessen Aufzeichnung bzw. dessen Brief an seine Ehefrau vom 5.9.1914, ebd., S. 49 f. wort an
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der nicht fertig, doch nichts zu erwarten. Dauernde Untätigkeit auf beiden Schauplätzen wird Nation schwer enttäuschen329. IV2 h Staatssekretär zur Abendtafel bei S.M. Der Kaiser ist für große Aktion in Ostsee nicht zu haben, offenbar schon von Pohl und MüUer in diesem Sinn beeinflußt. Betont wieder, daß Flotte nur auf seinen Befehl schlagen soll, gibt Tirpitz gegenüber dann zu, daß es bei dem bisherigen Operationsbefehl bleiben solle. Staatssekretär glaubt, das ängstliche Zurückhalten der Flotte sei zum Teü auf Rücksicht auf Prinz Adalbert330 zurückzuführen331.
Freitag, den 4. September 1914 7-8 h Geritten. 9 h Von BerHn mehrere Latrinennachrichten (Russische Truppen aus Archangelsk nach Newcastle transportiert zum Eingreifen in Belgien.) Bespreche mit Zenker unsere Situation, betone geringe Aussicht jetziger Schlacht in Nordsee, Irrtum des Kräfteausgleichs, finde aber kein Verständnis. Zenker steht ganz auf dem doktrinären Standpunkt des Admiralstabs. Damit kommt die Flotte zu nichts, wird eingeschlossen und verkümmert. Sie muß was tun. Die Nation fordert das. Dafür ist Ostseeaktion günstig. Niederschrift darüber verfaßt, zu der Staatssekretär schriftlich seine Zustimmung gibt und die abends mit anderen Sachen an CapeUe geht332. Staatssekretär zeigt mir einen Brief von Grumme333, der darauf hinweist, daß schon vielfach Bestrebungen für einen faulen Frieden sich 329
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dazu auch Hopmans Tagesmitteüung vom 3.9.1914, BA-MA, RM 3/11486: »Die Unternehmung hat den Vorteü, daß sie Teüen der Flotte mal etwas zu tuen giebt, wozu die Situation in der Nordsee vorläufig m.E. nur sehr geringe Aussicht bietet. Ich kann mir nicht vorsteUen, wie man dort zu der gewünschten Schlacht kommen wül, ohne weit in die Nordsee hinauszugehen, was den Befehlen S.M. direkt widerspricht und auch nicht gerade sehr aussichtsvoU ist. Deshalb bin ich persönHch sehr für die Ostsee-Unternehmung, die auch das Odium der dauernden Untätigkeit unserer Flotte etwas heben wird. Ad[miral]st[a]b (Behncke) wird sehr dagegen sein, sich auf langjährige Operationsarbeiten, Knegsspiele usw. berufen. Die beweisen m[einer] Ansucht] nach gar nichts, die Initiative des AugenbHcks entscheidet im Kriege, nicht das Studium am grünen Tisch. Der vom Ad[miral]st[a]b durch den Kräfteausgleich im Kleinkrieg erhoffte Kräfteausgleich in der Nordsee geht auf unsere Kosten und führt unwiderruflich zur völHgen EinschUeßung u[nd] Inaktivität.« Prinz Adalbert, dritter Sohn des Kaisers, kommandiert auf S.M.S. »Kaiser«. Zu diesem Gespräch vgl. Tirpitz' Aufzeichnung vom 4.9.1914, in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 83 f.; Hopmans Tagesmitteüung vom 4.9.1914, ebd., S. 84, sowie Tirpitz, Erinnerungen, S. 397 (Brief vom 3.9.1914). Vgl. hingegen die Aufzeichnungen Pohls vom 4.9.1914. Danach hat Tirpitz Pohl zunächst erklärt, er habe es nicht vermocht, den Kaiser am 3.9.1914 dazu zu bewegen, »von seinem Befehl Abstand zu nehmen, daß der Flottenchef nur auf seinen Befehl zum entscheidenden Kampf vorgehen dürfe«. In: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 47. Demnach wie auch nach dem Tagebuch des anwesenden Marinekabinettschefs, Admiral MüUer, hat Pohl erst in einem auf diese Nachricht hin erwirkten Immediatvortrag dessen Zustimmung dazu erhalten, daß »die Hochseeflotte [...] nicht mehr gebunden werden [soUe], wie anfangs des Krieges beabsichtigt.« In: BA-MA, Nachlaß Müller, N 159/4 (auch in: Müller, Regierte der Kaiser?, S. 55). Hopman an CapeUe, 4.9.1914, in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 84 f.; Hopman, Das
Vgl.
Kriegstagebuch, S. 38 f.
Der Brief ist nicht überHefert, vgl. dazu aber Tirpitz' Bemerkungen in dessen Brief 4.9.1914, in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 93.
vom
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bemerkbar machen. Gwinner, Gothein und Sozialdemokraten. Reichskanzler hat gesagt, er hoffe bald unter günstigem Kompromiß zu einem Frieden zu kommen. A'orstoß nach Osten unter Führung des Prinzen Heinrich ist im Gange. HoffentHch läuft er gut ab. Lage bei den Österreichern nicht sehr günstig334.
Sonnabend, den 5. September 1914 7 8 h Im Walde -
geritten. Vormittags Helfferich,
Direktor der Deutschen Bank, beim Staatssekretär335. Lage für wesentHch günstiger an als Gwinner336. I Iungersnot ausgeschlossen, Lage der Industrie nicht sehr ungünstig, wir müssen gegen England durchhalten. 2 h Fernspruch aus Kiel, daß Führer der Reichstagsparteien unterschriftUch plein pouvoir erteUt haben, nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit unserer Werften neue Schiffe in Bau zu geben337. CapeUe schlägt 2 Linienschiffe, 2 Panzerkreuzer und 6 Kleine Kreuzer vor. Verstehe Vorschlag nicht ganz, bedarf doch zweifellos der Genehmigung des Reichskanzlers, die dieser kaum geben wird. Staatssekretär ist derselben Ansicht und stimmt mir auch darin zu, daß Situation in BerHn aUgemein zu rosig betrachtet wird und dort etwas Hurrastimmung herrscht. Das zeigt auch ein Brief von Erzberger an ihn, der das Fell des 1 ,öwen sehr voreiSieht
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unsere
wirtschaftHche
Nach dem Verlust Lembergs zogen sich die österreichischen Truppen in OstgaHzien weiter zurück. Am 3.9.1914 wandte sich Erzherzog Friedrich, Oberkommandierender der k.u.k.-Truppen, mit der Bitte um Unterstützung offizieU an Wilhelm II. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 2, S. 261 f. Nach heftigen Kämpfen in der 2. Schlacht von Lemberg und an der österreichischen Nordfront räumten die österreichischen Truppen am 11.9.1914 OstgaHzien und zogen sich hinter den San zurück. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 2, S. 331-340; Rauchensteiner, Der Tod des Doppeladlers, S. 160-163; Österreich-Ungarns letzter Krieg, Bd 1, S. 259-338. Von den dabei erHttenen Verlusten in I lohe von 400 000 Soldaten sollte sich die k.u.k.-Armee nicht mehr erholen. Die darüber angefertigte Aufzeichnung für Tirpitz' Privatakten konnte nicht ermittelt werden. Vgl. die Eintragung vom 5.9.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/2620. Am 22.8./23.8. und 27.8.1914 hatte Capelle mehrere Gespräche mit dem Direktor der Deutschen Bank, Gwinner, geführt. Darin ging es u.a. um die Frage der müitärischen und wirtschaftHchen Kriegführung gegen England. In dem Gespräch mit CapeUe vom 27.8.1914 antwortete Gwinner auf dessen Frage: »Angenommen wir schHeßen mit Rußland und Frankreich Frieden. Können wir dann den Krieg mit England zwei [ahre weiterführen? Nein. Es würden schon im zweiten halben ]ahre des Krieges unhaltbare Zustände eintreten. England kann es aushalten.« In: Kriegstagebuch der Zentralabteilung, Eintragung vom 27.8.1914, ebd., RM 3/2613. Ebd. auch die Gespräche vom 22.8./23.8.1914 (ersteres auch in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 65-67). Unter dem Eindruck des Gefechts von I Ielgoland legte der nationalHberale Reichstagesabgeordnete Hennann Paasche Capelle am 4.9.1914 nahe, weitere Schiffe auf Stapel zu legen. Dieser veranlaßte Paasche daraufhin zu einer offizieUen Erklärung der Reichstagsparteien, da er glaubte, daraus »ein ganz außerordentliches marinepoHtisches Kapital« schlagen zu können, »als darin erstens der feste Entschluß der Führer des Reichstags zum Ausdruck gelangte, die Flotte unter allen Umständen mindestens in ihrer jetzigen Gestalt aufrechtzuerhalten, zweitens eine solche Erklärung im besonderen auf England einen starken pohtischen Eindruck machte mußte und eine vortreffliche Antwort auf die Erklärungen von Asquith im Parlament war: sie, die Engländer würden niemals nachgeben.« Vgl. Capelle an Tirpitz, 5.9.1914, in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 94.
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Hg verteüt338. So weit sind wir noch lange nicht. Englands Macht wird nicht so leicht gebrochen, wie Geschichte beweist. Vom Kriegsschauplatz nichts wesenthch Neues. Fortschritte im Westen weiter gut339. Lage der Österreicher scheinbar günstiger als gestern. Sonntag, den 6. September 1914
Vormittags gearbeitet. Telegrammentwurf für Wangenheim
in Konstantinopel betreffend Unternehmung gegen Suez-Kanal34". Schreiben des Staatssekretärs an Chef des Admiralstabs wegen Vorstoß in die Ostsee341. Meldung des Ostseebefehlshabers über seinen Vorstoß, vor dem sich Russen zurückziehen342. 8 h 30 Abends Mitteilung von R.M.A., daß Paasche und übrige Führer der Reichstagsparteien ihre Erklärung betreffend Neubauten von Schiffen durch Wölfisches Telegramm veröffenthcht haben343. Finde diese VeröffentHchung für völlig unangebracht und verfrüht. Wird entgegen Ansicht CapeUes in England wenig poHtischen Eindruck machen und auch bei unserer Armee wenig günstig wirken, da sie bedeutende Reichsmittel auf Jahre hinaus festlegt. Auf die Bitte CapeUes wird geantwortet, daß Staatssekretär EinwüHgung des Reichskanzlers für erforderlich hält und morgen einholen wül. Wird sich sicher abschlägig äußern. Meiner Ansicht nach entspringt der ganze Vorschlag der Reichstagsparteien einer Hurrastimmung, die überhaupt im Übermaß in BerHn zu herrschen scheint. Nachrichten von westlichem Kriegsschauplatz besagen, daß dort wieder gekämpft wird. Näheres nicht bekannt. Franzosen schei-
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Am 2.9.1914 übersandte Erzberger Tirpitz eine ausführHche Denkschrift, in der er umfangreiche Annexionen forderte. Text der Denkschrift in: ebd., S. 68-72. Erzbergers Begleitbrief vom 2.9. sowie Tirpitz' Antwort vom 12.9.1914, ebd., S. 72 f. Vgl. auch Hopmans Tagesmitteüung vom 5.9.1914: »Man hat hier aUgemein den Eindruck, als ob die Stimmung in BerHn (Siegesnachrichten der Zeitungen, Siegesfeiern usw.) etwas zu rosig ist. Wenn es auf dem westlichen Kriegsschauplatz ja auch stetig und gut vorwärts geht, so ziehen sich die Franzosen im aUgemeinen doch geordnet zurück und vernichtende Schläge Hegen nicht vor.« In: BA-MA, RM 3/11486. Zu Erzbergers Denkschrift vgl. Fischer, Krieg der Illusionen, S. 742-744; Fischer, Griff nach der Weltmacht, S. 96-98; Afflerbach, Falkenhayn, S. 183. Während die 3. Armee am 5.9.1914 einen Ruhetag einlegte und die 2. Armee ihren Vormarsch weiter fortsetzte, steUte die 1. Armee ihre Verfolgung ein. Vgl. dazu Der Weltkrieg, Bd 4., S. 3-36. Siehe unten Anm. 346. Am 6.9.1914 rechtfertigte Tirpitz in einer Antwort auf Pohls Schreiben vom 4.9.1914 (siehe oben Anm. 331) nochmals seine Haltung, Anlage 18 zum Kriegstagebuch des Staatssekretärs, BA-îvL\,
RM 3/11691. Am 6.9.1914 stießen die von Prinz I feinrich geführten Einheiten auf zwei russische Kreuzer der »Bayan«-Klasse, die sich jedoch zurückzogen. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 1, S. 116- 118. Zum Text dieser von den Abgeordneten Paasche, Freiherr v. Gamp, Erzberger, Gröber, Wiemer, Graf Westarp, Graf Oppersdorf und Schultz-Bromberg unterschriebenen Erklärung vgl. Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 94 f.
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428 nen
anzugreifen. Jedenfalls stehen dort heftig deroutiert sein dürften344.
sehr
ernste
Kämpfe bevor,
obwohl Fran-
zosen
Montag, den 7. September 1914
A^ormittags im Wald geritten. [...] 11 h V Staatssekretär beim Reichskanzler wegen Anerbieten des Reichstags, das diesem sehr ungelegen kommt345, und Telegramm an Wangenheim über Unternehmungen gegen Suez-Kanal346, sowie Wehenlassen 344
345
346
Am 4.9.1914 befahl der französische Oberbefehlshaber, ]offre, den bisherigen Rückzug anzuhalten. Am 5./6.9.1914 traten französische und engHsche Truppen zum Gegenangriff an mit dem Ziel, die südöstUch von Paris eingeschwenkte 1. Armee abzuschneiden. Aus diesen Kämpfen entwickelte sich die Marneschlacht, die nach dem deutschen Befehl zum Rückzug vom 9./10.9. am 14.9.1914 endete, da es gelang, die Front in der Schlacht an der Aisne zu stabüisieren. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 4, S. 332-418, 468-507; zum Scheitern des SchUeffen-Plans und der Ablösung des Chefs des Generalstabs, Moltke, durch den bisherigen preußischen Kriegsminister, Falkenhayn, vgl. Afflerbach, Falkenhayn, S. 179-189; Mombauer, Moltke, S. 227-282. Nach der Tagesmeldung Hopmans vom 7.9.1914 (undatiert) war Bethmann HoUweg »wenig erbaut«. »Der Herr Staatssekretär] hat ihm gesagt, er stimme mit ihm darin überein, daß zur Zeit eine Diskussion über die Entwicklung der Marine über das Flottengesetz hinaus noch nicht angebracht sei. Dazu müsse man erst übersehen können, wann und wie der Friedensschluß sein werde. Dem Gedanken einer Aufrechterhaltung des Flottengesetzes schien der Reichskanzler nicht abgeneigt zu sein. Der Herr Staatssekretär] hat den Reichsk[an]zl[e]r heute nochmals auf die Bedeutung der Erwerbung Antwerpens hingewiesen, wofür er voUes Verständniß gefunden hat.« BA-MA, RM 3/11486. Darüber hinaus spielte bei der Ablehnung auch die Rücksicht auf die I Ialtung der SPD eine erhebHche Rolle. Bei intensiven Gesprächen zwischen den Vertretern der bürgerHch-konservativen Parteien, des Reichsmarineamts und der SPD, vertreten durch Noske, am 6./7./8.9.1914 wurde beschlossen, im Interesse eines »Zusammengehens« dieser mit den anderen Parteien die Angelegenheit »geschäftsmäßig« zu behandeln. Vor aUem die Reichskanzlei hatte zuvor darauf gedrungen, »keine Aktion ohne die Sozialdemokratie zu unternehmen.« Vgl. die entsprechenden Eintragungen im Kriegstagebuch der Zentralabteilung des Reichsmarineamts, ebd., RM 3/2613. Bereits am 9.9.1914 überlegte Tirpitz kurzzeitig, ob man nicht den »Reichstag für Flerabsetzung der 1 .ebensdauer der Schiffe festlegen kann, ehe Stimmung umschlägt« und bedauerte, »daß die Sozis nicht mit unterschrieben haben und nicht vorher zugezogen sind«. (Eintragung im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, ebd., RM 3/2620). Am 15.9.1914 erwog er darüber hinaus, »jetzt das III. Linienschiff [zu] fordern und vieUeicht auch Ersatz für die verlorenen kleinen Kreuzer, zum mindesten für >CölnMainz< und >Magdeburgihnen< geglückt, den gefährHchen Mann abzuschieben. VieUeicht mag es richtig sein vom Kaiser. Eine große Umwälzung wäre nötig gewesen, welche auffaUen mußte, und das ist besser zu vermeiden. Hintze war der Ansicht, daß der Mangel an Führung der Zügel die herrschende Klasse, Sieg oder Niesofortiges großes Entgegenkommen derlage gleichviel, um ihre SteUung bringen müßte und daß (Sozialdemokraten auf hohen Posten, Wahlrechtsreform in Preußen) das einzige Mittel wäre, den Über den Start des ungeheuren Schwung der Nation in einigermaßen gnädige Kanäle zuwarleiten! er außer sich. Er ist sehr ganzen Krieges und den gesamten Zusammenbruch seiner KoUegen klug.« In: Tirpitz, Erinnerungen, S. 404. Vgl. auch die Tagebucheintragung des Chefs des Marinekabinetts, Admiral MüUer, vom 19.9.1914: »Lange Unterredung mit Hintze über die Lage, der betont (SocialdemoWichtigkeit der Pflege der patriotischen Gesinnung des deutschen Volkes kraten einige leitenden SteUen geben).« In: BA-MA, Nachlaß MüUer, N 159/4 (mit AbweichunHintzes gen in: Müller, Regierte der Kaiser?, S. 60). MüUer korrigierte seine positive Einschätzung aber nach einem Gespräch mit dem Reichskanzler und Jagow am 30.9.1914. Ebd., S. 62. Vgl.
Vgl.
1914
441
faUs S.M. ihn ernenne, Kabinettsfrage daraus machen. Flintze hat dann Tirpitz gesagt, er müsse Reichskanzler werden, weü er die einzige Persönhchkeit Deutschlands sei, die in der Nation Gewicht habe. Er, Hintze, sei völhg unbekannt, in innenpoHtischen Fragen auch unerfahren. Tirpitz hat wie übHch den Gedanken von sich gewiesen, wälzt ihn aber doch noch hin und her und bespricht ihn auf dem Spaziergang mit mir. Ich rate ihm zu, betone aber, daß ich nicht daran glaube, daß S.M. einen Wechsel jetzt vornehmen werde. Hintze werde sehr viel Gegner haben, nicht nur in der Diplomatie, sondern auch in I Iofkreisen, der Armee usw. Es sei wohl schon genügend gegen ihn vorgearbeitet. Staatssekretär sagt dann weiter, er könne es gesundheitlich nicht mehr aushalten, die Last des Reichskanzleramts zu tragen, usw. verbraucht und müde durch die dauernden Kämpfe mit S.M. Er kann mit diesem Kaiser nicht mehr arbeiten, dazu sei er zu gebrochen. Dann läßt er sich sehr hart über S.M. und seinen geradezu unheüvollen Einfluß auf die Geschichte unserer letzten 25 Jahre aus. Leider hat er recht. Ich habe auch das Gefühl, daß nun die Sühne kommt und die Weltgeschichte ihr Gericht mit uns abhalten wird. Wir haben, wie ich es Tirpitz gegenüber ausdrückte, 25 Jahre lang in einem spielerischen, gedankenlosen Absolutismus gelebt, der in leerem Schein und eitler Großmannssucht seine Befriedigung gefunden hat, und die Nation hat das leider zu lange ertragen. Die Mehrzahl der Menschen hat es nicht gefühlt. Aber dieses absolutistische Regiment ist der Grund gewesen, daß wir in unserem gesamten Staatswesen keine Männer produziert haben, sondern nur Bürokraten und Lakaien. Da wo die freie Entwicklung der Kräfte mögHch war, in aUen freien Berufen, haben wir viele tüchtige hervorragende Männer produziert. Auch sie haben zu sehr nach dem Thron geschielt. Das Beispiel ist sehr kontagiös, das unseres Kaisers hat unheüvoll gewirkt. Hoffenthch müssen wir nicht zu sehr dafür büßen, eine innere Erneuerung ist uns aber unbedingt notwendig. Wetter immer noch regnerisch. Die armen im Felde stehenden Truppen haben's wirkhch schwer.
Sonnabend, den 19. September 1914 Flatte Absicht, mit General v. Schöler und anderen Herren der GeneraHntendantur des Feldheeres zur 6. Armee Stenay und eventueU Verdun zu fahren. Fahrt unterbheb wegen starken Regens. Staatssekretär erzählt mir, daß S.M. mit Hintze gestern kaum gesprochen hat, also gar nicht daran zu denken sei, daß dieser Staatssekretär des Auswärtigen Amts wird. S.M. hat aUerdings geäußert, der Staatssekretär damit hat er wohl Tirpitz gemeint hat aUerdings an eine andere Verwendung von Ihnen gedacht, gehen Sie aber mal ruhig nach Peking392. Tirpitz ist sehr erregt —
392
—
auch Tirpitz' Reaktion darauf in dessen Brief an seine Ehefrau vom 3.10.1914, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 411 f. Bereits am 11.8.1914, also noch vor seinem Eintreffen in Deutschland aus Mexiko, war Hintze zum außerordentHchen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Peking ernannt worden. Bereits im Oktober reiste er über die Niederlande und die USA nach China. Vgl. I lintze, Marineoffizier, S. 61, 362, Anm. 5.
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darüber, betrachtet sich als völlig kaltgesteUt und meint, es sei überhaupt das Beste für ihn wegzufahren. Ich versuche, ihn zu beruhigen. Nachrichten vom westHchen
lauten günstiger. Angriff auf rechten Flügel der 1. Armee unter starken französischen Verlusten durch IX. Reservekorps und IX. Korps zurückgeschlagen bei Noyon. Auch sonst Gegner größtenteüs auf südHches Aisne-Ufer zurückgeworfen. 7. Armee auf nördHchem Aisne-Ufer bei Craonne auf Engländer in stark befestigter SteUung gestoßen. 2. Armee bei Reims 2500 Gefangene gemacht. Sonst überaU Angriffe meist unter schweren A'ertasten zurückgeworfen. Da jetzt weitere Ver Stärkungen aufrechtem Flügel im Anmarsch sind XXI. Korps und mindestens 2 bayrische Korps, so wird Lage wohl weiter sich günstig entwickeln. Es wird auch Zeit. Wir brauchen baldige große müitärische Erfolge, sonst wird poHtische Situation für uns ungünstiger. (ItaHen, Rumänien, Türkei) Lage der Österreicher wenig günstig. Gehen in Linie Mündung Wislok und Sanok zurück. Russen folgen aUerdings sehr lau. Unsererseits 9. Armee gebildet393: 4 Korps, 1 KavaUeriedivision, die von Oberschlesien aus gegen russische Flanke vorgehen wird. HoffentHch hat Hindenburg sein altes Glück. Nach dem Frühstück bespricht Kriegsminister mit Staatssekretär und Admiralstabschef Zweckmäßigkeit der demonstrativen Landung einer Brigade von Danzig aus an der russischen Ostseeküste, am besten Riga. Unternehmung soU den Zweck haben, Truppen aus Polen und GaHzien abzuziehen. Tirpitz und Pohl sagen zu394. Ich mache nachher zunächst Zenker, dann Staatssekretär auf die sehr starken Befestigungen von Dünamünde und die Schwierigkeit um nicht zu sagen Unmöglichkeit einer Landung daselbst aufmerksam. Beide geben mir recht. Zenker geht zu Pohl, der nach Rücksprache mit Tirpitz zum Kriegsminister geht. Halte die Landung überhaupt für sehr riskiert. Am meisten scheint mir Libau, Windau zu klein und zu abseits. Glaube, es ist am besten, wenn Unternehmung sich auf reine Demonstration beschränkt. Vormittags mit Post Brief No. 30 von Ib.395. Gottesdienst am 16. abends in Kirche am Kaiserdamm.
Kriegsschauplatz
3,3
394
Durch einen von dem neuen Chef des Generalstabs, Falkenhayn, erwirkten Befehl wurde am 15.9. die neue 9. Armee unter dem Kommando von General Schubert gebüdet; bereits am 17.9.1914 wurde Hindenburg mit der Gesamdeitung der Operationen im Osten beauftragt und, um die Frage eines mögHchen österreichisch-ungarischen Oberbefehls zu lösen, zum Oberbefehlshaber der 9. Armee ernannt, während Schubert das Kommando der 8. Armee übernahm, bis er am 4.10.1914 aufgrund schwerer Differenzen mit dem Kommandeur des I. Armeekorps, General v. François, zurückberufen und durch diesen ersetzt wurde. Ziel der geplanten Operationen der 9. Armee war es, gegen Flanke und Rücken der russischen Armee vorzugehen. Vor aUem der k.u.k.-Generalstabschef, Conrad v. Hötzendorf, erhoffte sich von der gemeinsamen Operation »die Feldzugsentscheidung im Osten«. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 408-418, 526-528; Österreich-Ungarns letzter Krieg, Bd 1, S. 341-356. Zur Vorgeschichte dieses Unternehmens vgl. die ausführHche, aUerdings sehr tendenziöse Dardie Aufzeichnung Pohls vom stellung in: Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 1, S. 135-140. Vgl. auchGrund 19.9.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 68. Ein wesentkcher abgesehen von andewar die Tatsache, daß die notwendigen Transportschiffe frühestens in 14 Taren Erwägungen gen bereitgesteUt werden konnten. Nicht überUefert. -
-
393
1914
443
Sonntag, den 20. September 1914 Pohl hält Kriegsminister über Unmöglichkeit der Einschiffung von Truppen bis zum 25. Vortrag. Plan wird faUengelassen und nur Demonstration beschlossen, auszuführen von IV. und \7. Geschwader, 2 Torpedobootsflottülen, Minenleger usw.396. Sonst nichts Besonderes. Lage am Kriegsschauplatz unverändert. Wetter besser, aber immer noch Regen. Kronprinz am Vormittag im Generalstab, wohin er sich Hintze bestellt hat. Flintze läßt sich Staatssekretär über Unterredung nicht weiter aus, schien aber befriedigt. Fährt um 1 h nach BerHn ab, hat, wie er mir sagt, zunächst Sondermission für Vereinigte Staaten. Ob er dann nach Peking geht noch
ungewiß.
Montag, den 21. September 1914
längerer Zeit mal wieder geritten. Gute berg« hat »Pegasus« zusammengeschossen397,
Nachrichten von Marine. »Königs»Emden« 5 engHsche Dampfer im Indischen Ozean versenkt398. Am Abend Nachricht, daß III. Korps und Teüe V. Korps den Cote Lorraine genommen399 und IX. Korps die Franzosen und Engländer aus ihren Befestigungen bei Craonne geworfen haben4"". Nach
Dienstag, 22. September 1914 Schöler, GeneraHntendant des Feldheeres, seinem Adjutanten Hauptmann Oertzen, gefahren von Herrn Landrat v. Muorks über Metz nach Chambrai und dem am gestrigen Tage zusammengeschossenen ViUevie, am Fuße des Cote Lorraine, der gestern mit geringen Verlusten gestürmt ist vom III. bayri10 h Mit General
v.
v.
Korps, Strantzscher Armeeabteüung. Schwere Artillerie zur Beschießung der Sperrforts südHch von Verdun im Aufmarsch. Daher aUe Straßen voll von Kolonnen. Vorzüglicher Eindruck über Zustand im Rücken einer Armee. Kurz vor 8 h wieder zu Hause. Interessanter Tag und Abwechslung in der Eintönigkeit. schen
396
397
398
399 4»o
Dieses Unternehmen fand vom 23.9. bis 25.9.1914 statt, wurde aufgrund des gemeldeten angebHchen Einbruchs engHscher Einheiten in den Belt jedoch vorzeitig abgebrochen. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 1, S. 128-159; Der Weltkrieg, Bd 5, S. 520 f. Der in Deutsch-Ostafrika stationierte Kleine Kreuzer »Königsberg« führte seit Beginn des Krieges Kreuzerkrieg im Indischen Ozean. Am 20.9.1914 versenkte die »Königsberg« vor Sansibar den engHschen Kleinen Kreuzer »Pegasus«. Vgl. Der Krieg zur See, Kreuzerkrieg, Bd 2, S. 150-159. Im September führte der Kleine Kreuzer »Emden« Handelskrieg im Golf von Bengalen und brachte dabei mehrere Schiffe auf, von denen fünf versenkt, ein sechstes mit deren Besatzung nach Kalkutta endassen wurden. Vgl. Ebd., S. 16-25; Der große Krieg, 1914, S. 439 f., 457. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 95 -102. Ebd., S. 70 f.
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Mittwoch, den 23. September 1914 Zunächst durch Wolff- und Reuter-Telegramm, später durch offizieUe Meldung wird bekannt, daß »U 9« gestern vormittag auf der I Iöhe von Scheveningen zwischen 7 und 8 h vormittag hintereinander die 3 engHschen Panzerkreuzer »Abukir«, »Cressy« und »I logue« durch 6 Torpedoschüsse zum Sinken gebracht hat4"1. Eine Leistung, die die kühnste Phantasie übersteigt und von dem Führer (Kapitänleutnant Weddigen) mit fabelhafter Ruhe und Kaltblütigkeit durchgeführt ist. Große Begeisterung auch in Armeekreisen4"2. Eindruck in England wird gewaltig sein, vielleicht aber die Folge haben, daß engHsche Flotte sich noch weiter zurückhält. Besprechung mit Inspekteur der FHegertruppen, Oberst v. Eberhardt, Oberst Scheuch und I lauptmann Koppen über Verteilung der Motoren für Luftfahrzeuge auf Armee und Marine. Armee wiU auch Aktion gegen England leiten. Gegen ihre Vormacht ist nichts auszurichten4"3. Abends Nachricht, daß Forts südHch Verdun zum Schweigen gebracht sind4"4. Reichskanzler sagt Staatssekretär, Situation in Rumänien sei sehr ungünstig. Es stehe Revolution und Vertreibung des Königs 401
nant
41,2
403
404
Störung engHscher Truppentransporte
war »U 9« unter dem Kommando von KapitänleutOtto Weddigen am 20.9. von I Ielgoland in den Kanal ausgelaufen. Auf dem Rückmarsch versenkte es am 22.9.1914 die drei älteren engHschen Panzerkreuzer »Aboukir«, »Cressy« und »I logue«. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 48-64. Über die Stimmung im Großen I Iauptquartier und Tirpitz' Schlußfolgerungen berichtete I lopman am 23.9.1914: »Der geradezu fabelhafte Erfolg von >U 9< hat hier im ganzen Hauptquartier die heUste Freude hervorgerufen und dem Ansehen der Marine viel genutzt. Der Herr Staatssekretär betont natürHch aufs Neue, wie dieser Krieg die Bedeutung des U-Bootes immer deutlicher klar lege und spricht von Zukunftsflotten, die nur aus Ozeankreuzern und U-Booten beständen. Percy Scott, so meint er, habe recht gehabt, sogar Persius Name ist in ähnUcher Gedankenverbindung schon gefaUen.« BA-MA, RM 3/11486. Bereits am 20.9.1914 hatte Hopman berichtet, Tirpitz sei der Ansicht, »daß Flotte im Rahmen des Flottengesetzes gehalten werden soU, äußert aber bisweüen Bedenken, ob die Erfahrungen des jetzigen Krieges nicht eine Verschiebung der Typen zur Folge haben werden. Mehr große Kreuzer, dafür weniger Linienschiffe, ein Wechsel, der sich zunächst unbemerkbar in der Form des SchneUen Linienschiffs durchführen läßt, Vermehrung und Größensteigerung der U-Boote usw.« Ebd. \,'gi dazu auch die Eintragung vom 23.9.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/2620. I Untergrund dieser Besprechung waren die Planungen von Armee und Marine über gemeinsame Luftangriffe gegen England. Diese kamen aUerdings nicht zustande. Nach einem engHschen Angriff auf die LuftschiffhaUen in Nordholz am 25.12.1914 wurden aUe Bedenken gegen Luftschiffangriffe faUengelassen, und am 19.1.1915 griffen Marineluftschiffe zum ersten Mal Ziele an der engHschen Ostküste an. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 3, S. 182-185; Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, S. 235 f., mit weiteren Verweisen. Im Reichsmarineamt war man zwar ebenfaUs bereit, den Wünschen der Armee hinsichtHch der Verteilung der Motoren weitgehend entgegenzukommen, versuchte aber, die Belange der Marine dennoch wenigstens teüweise zu wahren, da man anderenfaUs »nicht einmal mehr die erforderUchen Wasserflugzeuge für die Flotte« haben würde. »Nach den Vorgängen und weiteren Anzeichen ist zu gewärtigen, daß die Armee, auch in Bezug auf Luftschiffsunternehmungen gegen England, die Marine in den Hintergrund drängt oder ausschalten wird. Nach hiesiger Ansicht darf dies unter keinen Umständen geschehen.« CapeUe an Tirpitz, 26.9.1914, BA-MA, RM 3/11961 (= Anlage 23 zum Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts.) Tirpitz hielt es dennoch für geboten, den Wünschen des Kriegsministers zu entsprechen. Vgl. Das Telegramm an das Reichsmarineamt, ebd. Zu den Kämpfen der 5. Armee bei Verdun vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 92-95.
Zur
1914
445
und damit völliges Überschwenken zu Rußland bevor4"5. Wenn dies tatsächHch eintrifft, Rumänien sogar aktiv gegen Österreich vorgeht, dann steht unsere Sache so schlimm, daß man an den Ausgang gar nicht denken mag. Dazu kommt noch die schwankende Haltung Itahens, die Flauheit der Türkei und Rumäniens, kurz eine schwarze Aussicht nach der anderen. Ich will sie von mir weisen, sie steüen einem das Büd finis Austriae (Österreich ist ein anachronisme hat ein rumänischer Staatsmann gesagt) und ein Zurückschieben Deutschlands dar, das furchtbar ist. Schönes Wetter.
Donnerstag, den 24. September 1914 Schönes Wetter. Vormittags Chef des Stabes von Liman, Major v. Feldmann, beim Staatssekretär406. Betrachtet Verhältnisse in Türkei sehr pessimistisch, glaubt nicht an Losschlagen der Türkei, besonders wegen österreichischer Niederlagen. 11 h-12 h Spaziergang mit Staatssekretär, der auf Grund der gestrigen Mitteüungen des Reichskanzlers Situation sehr pessimistisch betrachtet4"7. 12 h Brief an Immo, der mich um Erlaubnis gebeten hatte, mit den Pfadfindern nach Brüssel zu gehen, wo sie Pohzeidienst tun soUten. Ich schlage es dem Jungen natürlich ab, dafür ist er doch zu jung und unentwickelt, habe mich aber sehr darüber gefreut. Nachmittags nichts Besonderes. 10 h Abends kommt Nachricht, daß nach einer Agentenmeldung aus Malmö von 5 h 30 m Nachmittag engHsche Flotte in den Großen Belt eingelaufen sei und dänische Minensperre mit Sperrbrechern forziert habe. Große Bestürzung, namentHch beim Staatssekretär, der TV. und V. Geschwader, die bei Windau stehen, verloren sieht. Ergeht sich in ziemlichen starken Vorwürfen über Pohls und Zenkers Kriegführung trotz seiner A'orsteUungen, III. Geschwader in Ostsee zu nehmen4"8. 405
406
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Die russischen Erfolge gegenüber Österreich-Ungarn und die gleichzeitigen deutschen Niederlagen im Westen übten auf die ententefreundHche rumänische ÖffentHchkeit eine »elektrisierende Wirkung« aus und stärkten jene Kräfte, die einen Eintritt in den Krieg gegen die Mittelmächte forderten. Im FaUe einer Abtretung von Gebieten an Rumänien signaHsierte die rumänische Regierung aUerdings auch ihre Bereitschaft, an der Seite der Mittelmächte in den Krieg einzutreten. Vgl. Torrey, Rumänien, S. 226-235; Österreich-Ungarns letzter Krieg, Bd 1, S. 312 f.; Der Weltkrieg, Bd 9, S. 141-143. Vgl. auch die Aufzeichnung Pohls vom 25.9.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 3, sowie Hopmans ausführHche Tagesmeldung vom 24.9.1914, BA-MA, RM /l 1486. Gegenüber CapeUe betonte Obersdeutnant Feldmann auch die Fehleinschätzungen Wangenheims als eine weitere, wesentHche Ursache dafür, daß die Haltung der türkischen Regierung weiter unklar war. Vgl.
CapeUe an Tirpitz, 23.9.1914, ebd., RM /2617. In einem Brief an seine Ehefrau vom gleichen Tage schrieb Tirpitz: »L'nmittelbar nach dem Krieg nehme ich den Abschied. Den Neuaufbau der Marine, wenn es dazu überhaupt kommt, muß ein anderer machen. Pohl, MüUer, der Reichskanzler und der Kaiser haben die Flotte zurückgehalten. Ich glaube jetzt, daß sie keinen Schuß abgeben wird, und mein Lebenswerk endet mit einem Minus.« In: Tirpitz, Erinnerungen, S. 406. Vgl rjer Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 109-114. Vgl. auch Tirpitz' Brief an seine Frau vom 25.9.1914, in: Tirpitz, FIrinnerungen, S. 407. Vgl. auch den Brief Pohls an seine Ehefrau vom 25.9.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 73 f.
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Weitere Mitteilungen aus BerHn lassen erkennen, daß es sich offenbar um Alarmnachricht handelt, daß engHsche Flotte sicherHch nicht schon am Nachmittag bei Skagen war usw. Hochseechef erhält trotzdem Befehl, mögHchst viele Kreuzer, Torpedoboote, U-Boote in Ostsee zu schicken, Ostseebefehlshaber erhält Nachricht und ordnet noch in der Nacht Abbruch der Unternehmung gegen Windau an4"9. Nacht verläuft von 1 h V ab ruhig.
Freitag, den 25. September 1914 Über engHsche Flotte im Belt nichts bekannt geworden. Langeland-Sperre ist noch
in der Nacht gelegt. Bewachung an Langeland Belt »DerffHnger«, »Friedrich Carl«, »Prinz Heinrich«, »Viñeta«, »Victoria Luise«, »Kaiserin Augusta«, »Thetis«, »BerHn«, 8 U-Boote, 6 Torpedoboote zur Verfügung. Lage also gesichert. Ostseebefehlshaber hat Aufmarsch nach Westen angeordnet. (Tirpitz hatte geträumt, ich hätte ihm um 6 h V gemeldet, daß engHsche Flotte durch den Großen Belt sei, und hätte dementsprechend schon allerhöchste Operationen überlegt. War sehr erfreut über seine Täuschung41".) Im Laufe des Vormittag siedeln Generalstab, Kriegsministerium, MiHtärbevoUmächtigte, GeneraHntendant usw. bereits nach CharlevUle über. IV2 h N Mit Zenker zur Abendtafel bei S.M. befohlen. Gesandtschaftsgebäude, kleine Räume. Anwesend Gesandter Herr v. Busch, Fürst Pleß, Generale v. Plessen, CheHus, Gontard, v. Eyncker, Admiral v. Müller, I Ierr v. A7alentini, v. Treutier, Elügeladjutant v. Mutius, Dr. Niedner, Dr. Wetzel. Während des Essens kam noch Erbprinz von I IohenzoUern, Leutnant im 1. Garderegiment, direkt von der Front. Erzählte interessant. Ich saß Hnks neben S.M., der auffaUend still war und einen sehr ernsten Eindruck machte. I latte das Gefühl, daß er unter den furchtbaren Eindrücken des Krieges doch sehr leidet und das Ende herbeisehnt. Sprach von »furchtbarer Menschenschlächterei«. Auch in seiner Umgebung herrschte bereits etwas KriegsmüdigkeitsStimmung. Auf Meldung, daß bei Reims stärkere Truppenansammlungen stattfanden, wurde für morgen geplante Abfahrt S.M. nach CharlevUle verschoben unter Firma, daß er zum Besuch des Prinzen Oskar, der krank ist, nach Metz will.
Siehe oben Anm. 396. Vgl. auch Tirpitz' Brief an seine Ehefrau vom 25.9.1914, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 406 f. Tirpitz nahm diesen VorfaU zum Anlaß, noch am gleichen Vormittag dem Chef des Marinekabinetts, Admiral MüUer, seine grundsätzHch I Ialtung darzulegen und zu betonen, »jede Aktion wäre mir recht, wenn wir nur mehr Initiative zeigen wollten, Initiative sei in jedem Kriege die I Iauptsache.« In: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 111 f.
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Sonnabend, den 26. September 1914 Nichts wesentlich Neues. Strantzsche Armee soU im Vorgehen begriffen sein, unsere Linie auch an anderen Stellen Fortschritte machen411. Bedeutsame Entscheidungen müssen in nächsten Tagen wohl erfolgen. 7 h Abends Staatssekretär längeres Telefongespräch mit Kronprinzen. Meldung, daß »Emden« in Madras Öltanks in Brand geschossen hat412. EngHsche U-Boote sollen im Kattegat gesichtet
sein413.
Sonntag, den 27. September 1914 Nichts Besonderes. MiHtärkabinett reist auch nach Charlevüle ab. Von der Front keine Nachrichten. 5h-6V2h Spaziergang mit Staatssekretär in dem herrlichen grünen Wald auf Ostseite von Luxemburg.
Montag, den 28. September 1914
Vormittags Befehl, daß, da S.M. endgültig nach Charlevüle übersiedelt, wir und der übrige Rest auch folgen soUen414. Gepäck und Burschen pp. gehen um 11h ab, wir, Admiralstab und R.M.A. folgen in 2 Autos um 1 Vá h. Über Arlon, Florenvüle, Carignan, Sedan nach Charlevüle. Dort kurz nach 4 h eingetroffen. Quartier in Rue Carnot No. 1 Ecke Platz Carnot. Gut eingerichtetes Haus, an Bedienung noch Portier und 3 weibHche Wesen. I labe sehr schönes Zimmer mit prachtvollem Bett. Eigentümer des Hauses Madame Gaüly. 8 h Mit Admiral v. Pohl zum Essen im Feldhotel »Pavillon des famiUes«, wo aber nur Reichskanzler und Auswärtiges Amt, Intendantur, Generalstabsarzt, Feldpost, viele Beamte usw. essen. Für Staats411
Einzelne Truppenteüe im mittleren Frontabschnitt machten zwar noch Fortschritte, im Prinzip die von Falkenhayn befohlene Offensive hier jedoch aufgrund der Erschöpfung der deutschen Einheiten und des zähen Widerstands zum Stehen gekommen. Diese hatte die engHschen und französischen Armeen fesseln soUen, um eine Umfassung des rechten Flügels einerseits zu verhindern, andererseits dessen Verstärkung durch die 6. Armee mit dem Ziel einer Wiederaufnahme der eigenen Offensive zu ermögHchen. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 16-143, hier insbesondere die Zusammenfassung S. 143-145. Am 22.9.1914 beschoß der Kleiner Kreuzer »Emden« den Hafen von Madras und zerstörte dabei mehrere Öltanks. Vgl. Der Krieg zur See, Kreuzerkrieg, Bd 2, S. 25-31. Es handelte sich dabei im wesentHchen um Gerüchte. Nur die engHschen U-Boote »E 1« und »E 5« hielten sich in diesen Tagen im Kattegat auf, um das Vordringen deutscher Kreuzer zur I Iandelskriegführung in den Atlantik rechtzeitig zu melden. Diese wurden am 26.9.1914 wieder von engHschen Kreuzern aufgenommen. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 109-112. Seit dem 28.9.1914 befand sich das Große Hauptquartier in CharleviUe-Mézières bei Sedan; Reisen des Kaisers an die Ostfront bzw. nach BerHn hatten jedoch zur Folge, das das Große I lauptquartier sich offiziell zeitweüig in anderen Orten befand. I Iopmans »Dienstsitz« war jedoch seit diesem Zeitpunkt bis zu seiner Ernennung zum Befehlshaber der Aufldärungsstreitkräfte der Ostsee im April 1915 Charlevüle. Vgl. Hubatsch, Großes Hauptquartier, S. 424 f.
war
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Dokumente
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Sekretär, der
Abend nicht mit war, weü zu müde, und Chef des Admiralstabs wenig angenehm415. Nachrichten über Situation nicht sehr günstig. Strantzsche Armee noch nicht weiter vorgekommen. Kronprinz 5. Armee schwenkt rechts ein und gewinnt etwas Terrain, trifft aber wahrscheinHch auf neue stark befestigte SteUung. Auf Hnkem französischem Flügel weitere Verstärkungen. General erzählt Zenker auf Nachhausewege, daß Schwere ArtUlerie fast verschossen, Feldartillerie überhaupt Versager sei416. In SteUung gehen sie stets mangelhaft. Zu kavalleristisch ausgebüdet, einzige Waffe, die weniger verschossen habe, als man im voraus angenommen hätte. Französische Infantrie schlecht, gut. AUgemeine Stimmung wenig hoffnungsvoU. ExzeUenz Tscherny erzählt, Stimmung S.M. sei recht gedrückt. Sei auch zu verstehen. Bomben sind im Haus gegenüber beim Dentiste. VermeintHche in meinem Zimmer. Spaßhafte Lösung. Alte Uhr. am
—
Dienstag, den 29. September 1914 Gut geschlafen in dem vorzügHchen Bett. Spaziergang mit Staatssekretär nach »Pavillon des famiUes«. Dabei General v. Lyncker gesprochen, der Lage als nicht ungünstig schüdert. Ein Vormarsch unsererseits findet aber auch nicht statt. Franzosen verlängern ihren Unken Flügel. Dort aber unsererseits auch schon wieder Truppen. Im Osten finden starke Truppenansammlungen bei Warschau statt, die Gegenmaßregeln erfordern417. Im Hause bei uns gegessen. I laben 2 Köche, die mit Hauspersonal die Sache ganz gut machen. Nachmittags Spaziergang mit Staatssekretär, dabei Herrn Stein vom freiwÜHgen Automobilkorps getroffen, der recht interessant erzählt. Französische Artillerie sehr gut, Infantrie taugt gar nichts, daher Vorstöße kaum zu erwarten. Abends Brief von Ingenohl an Pohl418, in dem er sehr verständig um größere Aktionsfreiheit (Vorstöße mit der ganzen Flotte) von S.M. bittet. Nur dadurch sei es mögHch, in Schlacht TeUerfolge zu erzielen. Auslaufen aus Helgoländer Bucht angesichts davorstehender zur Schlacht bereiter engHscher Flotte sei sehr bedenkEch (U-Boote usw.). Bewegungsfreiheit durch Belte sehr erwünscht für RückzugsHnie. Staatssekretär ist sehr für die Ansicht Ingenohls, findet es nur mit Recht merkwürdig, daß er noch fragt anstatt zu handeln419. Pohl 415
4,6
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419
Tirpitz empfand die räumHche Trennung als Teil seiner Ausschaltung aus dem poHtischen und militärischen EntScheidungsprozeß und klagte darüber in einem Brief an seine Frau vom 28.9.1914. In: Tirpitz, Erinnerungen, S. 409; ebd. auch eine ausführHche Schilderung der Wohn-
verhältnisse. Der Mangel an Artüleriemunition begann die weiteren Operationen erhebHch zu beeinträchtigen. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 147. in Ostpreußen gruppierte die russische Führung ihre Truppen in Polen Nach den um. Vgl. ebd., S. 429-435. Zu diesem Brief Ingenohls vom 25.9.1914 vgl. Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 115 f.; auch in: Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 86-88, 296-298 (dort voUständiger Text); Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, Nr. 163 (mit weiteren Verweisen). Vgl. Tirpitz' Brief an seine Ehefrau vom 29.9.1914: »Ingenohl fragt, um von Pohl und dem Kaiser natürHch eine ablehnende Antwort zu bekommen. In dieser Lage hüft nur I landein auf Gefahr
Niederlagen
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ist noch sehr schwankend, scheint an seiner Theorie des Intakthaltens der Flotte festhalten zu woUen und wird S.M. und MüUer wohl wieder dafür bekommen. Es ist schrecklich, Flotte muß Initiative vorzeigen und sich regen. Sie kann damit ganz unerwartete Erfolge erzielen. AnderenfaUs verkommt sie gänzhch. Zu Abend im I lause gegessen. Brief an Boedicker420.
Mittwoch, den 30. September 1914 mit Staatssekretär Niederschrift zu Ingenohls Bericht für Pohl, in der seine Ansichten über Aktionsfreiheit der Flotte nochmals niederlegt. Überarbeite dieselbe421. Sonst nichts Wesentliches. Spaziergänge wie übHch bei sehr schönem Wetter. Abends mit Staatssekretär im »Lion d'argent« bei Kxiegsrninisterium und Müitärkabinett. Lage im Westen heute ganz günstig.
Vormittags er
Donnerstag, den 1. Oktober 1914 des Staatssekretärs an Pohl gegeben. Abschrift an Mülvon daß 2 Forts Nachricht, Antwerpen gefallen sind422. Auf unserem rechten soUen weitere Flügel Umfassungsversuche der Franzosen stattfinden, gegen die aber genügend Truppen vorhanden sein sollen423. Starke KavaUeriemassen werden unsererseits nach dem rechten Flügel geschafft. Stimmung nicht so gut wie gestern. Langer Brief an 424. Abends Bierabend im »Lion d'argent« zu Würzburger Bier, das General v. Wenninger mitgebracht hatte425.
Vormittags Bemerkungen ler.
Kopfes, wenn man glaubt richtig Tirpitz, Erinnerungen, S. 410. des
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zu
handeln. Das
Fragen gefäUt
mir schon gar nicht.« In:
Nicht ermittelt. Vgl. hierzu Tirpitz' Denkschrift vom 1.10.1914, in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 118-121, das handschriftliche Original in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/431. Am 20.8. hatte sich die belgische Armee in die Festung Antwerpen zurückgezogen und bedrohte von dort die rückwärtigen Verbindungen der deutschen Westarmee, wie die AusfäUe vom 25.8./26.8. bzw. 9.9. bis 13.9.1914 zeigten. Am 28.9.1914 griff diese daher die Befestigungen an. Am 1.10.1914 fielen das Fort Wavre Ste. Catharine einschUeßHch der benachbarten Nebenwerke. Nachdem am 9.10.1914 die meisten Forts besetzt worden und deutsche Truppen in das Stadtzentrum vorgedrungen waren, unterzeichneten Vertreter der Stadtverwaltung noch am gleichen Abend die Kapitulationsurkunde. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 221 -245. Zu diesen Kämpfen, an denen neben dem Marinekorps auch mehrere U-Boote teünahmen, die den Transport engHscher Truppen über den Kanal stören soUten, vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 125 -156. Zu diesem Umfassungsversuch bei Arras, dem »Ringen um die Flanke«, Ende September/Anfang Oktober 1914 vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 146-221. Nicht ermittelt. Zu diesem Bierabend vgl. die kritischen Bemerkungen Pohls in dessen Brief an seine Ehefrau vom 1.10.1914, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 74 f.
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Freitag, den 2. Oktober 1914 Mit Brandt geritten auf dem Reitplatz hinter der ZitadeUe. Pohl hat am Vormittag Vortrag über die Bitte Ingenohls betreffend größere Aktionsfreiheit für Flotte. S.M. bleibt auf seinem starren Standpunkt, daß Flotte nur bei unmittelbaren günstigen Aussichten auf Schlachterfolg auslaufen solle, stehen und weist die, meiner Ansicht nach allerdings recht lauen Gegenvorstellungen Pohls schroff zurück. Pohl soU (auf Veranlassung MüUers) zur Besprechung der Situation nach Wilhelmshaven fahren426. Dabei kommt natürHch nichts heraus, denn innerHch ist Pohl für mögHchstes Zurückhalten. Es ist unbegreiflich, daß Ingenohl überhaupt noch mal wieder gefragt hat, zeigt, daß ihm die Eigenschaften eines großen Führers fehlen, daß er nicht die dazu erforderHche Verantwortangsfreudigkeit und Initiative hat. Ich sage Pohl noch vor der Abreise um 2 h N, er solle Ingenohl doch sagen, er habe ja auf Grund des Operationsbefehl genügend Freiheit. Es komme ledigHch auf seine Auffassung der Situation an, darnach könne er selbständig handeln. Seine \rerantwortung bestehe nicht nur vor S.M., sondern in erster Linie vor der Nation und Geschichte. Pohl scheint das nicht recht. Auch er verschanzt sich hinter S.M., anstatt wie die Armee, Falkenhayn, es macht, S.M. gänzHch auszuschalten. Tirpitz ist fast gebrochen über diese Wendung, spricht immer vom Tod der Marine, ganz einerlei wie Krieg ausgehe.
Sonnabend, den 3. Oktober 1914 9 h-10 h Wieder geritten. 10 h General v. Leuckart bei mir in Angelegenheit sächsischer Orden für »U 9«. SchUdert mir Lage im Westen, die sich seit gestern günstiger gestaltet. Im Osten wird Ansammlung starker Kräfte bei Kowno—Osowiec gemeldet, die gegen 8.. Armee vorgehen427. Österreicher sind im Süden, wie mir auch General v. Wenninger beim Reiten erzählt, zu , haben 2 Rasttage gemacht428. Russen gehen aus Furcht vor Umfassung nach Norden zurück und auf östHches Weichselufer429. Nachmittags mit Staatssekretär nach Fort Les Ayvelles bei VUlers dicht bei Mézières gefahren, das sehr übel zugerichtet ist. Trafen S.M. dort, gingen ihm aber aus dem Wege und sahen ihn bloß im Auto passieren. Grab des Kommandanten, der sich nach Auskunft der Besatzung erschossen hat. Abends Brief an CapeUe. Im Hause gebHeben.
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Vgl. dazu Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 124; Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 91 f. Zu diesen Kämpfen vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 508-526. Am 1.10.1914 traten die deutschen und die k.u.k.-Armeen den geplanten Vormarsch nördlich und südHch der Weichsel an. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 418-429. Anlaß für die Ruhepause der k.u.k.-Truppen waren deren aUgemeine Erschöpfung sowie eine unter diesen grassierende Cholera-Epidemie. Vgl. Österreich-Ungarns letzter Krieg, Bd 1, S. 356-358. Ebd., S. 359 f.
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Admiral Eduard v. Capelle, Charlevüle, den 3. Oktober 1914 BA-MA, RM 3/11486
I Iopman
an
Flochverehrter Herr Admiral, Zu dem versprochenen Briefe an Euer Exzellenz hat gestern die Zeit nicht gelangt, ich beginne ihn erst heute mit einem kurzen Kommentar des gestrigen Briefes des Herrn Staatssekretärs. Dessen Grundstimmung ist zweifeUos ein erhebhcher Pessimismus, gegen den ich dauernd anzukämpfen suche, manchmal gegen die eigene Denn vieles von dem, was der Staatssekretär schreibt, hat ja gute Gründe für sich, darunter wohl auch die Ansicht, daß der Krieg im Westen und Osten als Remispartie enden werde. Ich führe, und zwar einstweüen mit Überzeugung, dagegen an, daß die Situation bei unsern Gegnern, namentHch den Franzosen, voraussichtlich viel ungünstiger aussieht, als wir annehmen, daß bei ihnen schwere Enttäuschungen, gewaltige Verluste und Zusammenbruch physischer und morahscher Kräfte mindestens in demselben Maß vorhanden sind, wie bei uns, also die Hoffnung einer entscheidenden Niederwerfung, zum mindesten zunächst von Frankreich, durchaus noch nicht geschwunden ist. Er gibt das bisweüen auch zu, betrachtet aber aUes doch von der dunklen Seite. Über den Brief Euer Exzellenz43" hat der Herr Staatssekretär viel mit mir ge-
Überzeugung.
sprochen, besondern den Vorschlag eines Separatfriedens mit England. Die ganze Friedensfrage ist ja zweifellos ein sehr diffiziles Thema, für das die Grundlage, die voraussichtliche Kriegsentscheidung noch fehlt, ein gordischer Knoten, den zu-
nächst das Schwert zerhauen muß. Nach meiner Ansicht bleibt ein solcher Separatfrieden unter allen Umständen ein Frieden von Englands Gnaden auf Kosten unserer Weltstellung, ein Gedanke, an den ich noch nicht heranwül, an den man sich aber vielleicht gewöhnen muß. Er verläuft in ähnhcher Richtung wie der Balhnsche Vorschlag eines Bündnisses England, Frankreich, Deutschland, Osterreich, ahas die Vereinigung des westlichen Europas unter enghscher Hegemonie mit Spitze gegen Rußland431. Hat auch was für sich, aber auch sehr viel gegen sich. Der LiebHngsgedanke des Staatssekretärs ist noch immer der Anschluß an Rußland mit der Spitze gegen England. So schön eine solche PoHtik vor 5-10 Jahren mögHch gewesen wäre, so unmöglich ist sie meiner Ansicht nach jetzt. Abgesehen davon, daß Rußland sich nie darauf einläßt, bedingt sie doch ein Fallenlassen Österreichs, das zunächst undenkbar ist. 430
4,1
Nicht ermittelt. Tirpitz hatte darauf ausführUch geantwortet und insbesondere den Gedanken CapeUes an einen Separatfrieden mit England zwar »als ganz gut, wenn er mögHch wäre« bezeichnet, letztHch aber zurückgewiesen. Darüber hinaus hatte er sich ausführUch über die Zustände im Großen I Iauptquartier und die »gesamte Zügelführung des Reiches« beklagt: Auszüge in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 121-124. Vgl. ebd., S. 143-145, auch Tirpitz' Brief an Capelle vom 16.10.1914. Vgl. dazu den Brief BalHns an Tüpitz vom 1.10.1914, in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 130-135 (zu diesem Briefwechsel siehe unten Anm. 459).
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Ich habe aus verschiedenen engHschen Artikeln, namentHch dem der »Westminster Gazette«432, der ausführt, England denke nicht dran, Deutschland zu Grunde zu richten, so eine gewisse Empfindung, als gehe die engHsche PoHtik darauf hinaus, Europa unter Preisgabe Österreichs nach NationaHtäten neu aufzuteüen und damit den dauernden 1 Iader totzumachen. Osterreich geht vieUeicht leichter und freiwilliger aus dem Leim, als mancher annimmt, und Deutschland gibt sich mit dem Zuwachs am südgermanischen, antipreußischen Blut zufrieden, wenn es dafür Polen und Elsässer usw. loslassen muß. Damit stirbt das Preußentam und der MiHtarismus. Diese Rechnung ist ja zweifellos ganz ohne uns gemacht und verteüt den Kontinent etwa in gleicher Leichtigkeit wie wir es Ende August taten. Aber wenn Osterreich zusammenkracht, eine Gefahr, die meiner Ansicht durchaus nicht außerhalb der MögHchkeit Hegt, enthält solcher A^orschlag viel Lockspeise für Friedensbedürftige. Ich wül weitere Kombinationen über FriedensmögHchkeiten unterlassen, wie schon vorne gesagt, es fehlt jede Grundlage dafür und ohne diese kommt man entweder zur Weltherrschaft oder zum finis Germaniae. Der Herr Staatssekretär hat Euer ExzeUenz Ansicht erbeten, ob er das Hauptquartier für einige Zeit wenigstens verlassen soU. Er hat ganz recht, wenn er sagt, er sei hier draußen vor, Admiral v. MüUer regiere die Marine, der Reichskanzler schneide ihn, dito Falkenhayn usw. Zum Teü Hegt das aber auch an den wenig günstigen Unterbringungs- und Essensverhältnissen, zudem ist der Staatssekretär ja ein Mensch, der ungern entgegenkommt, vielmehr die Leute erwartet. Seine SteUung hier der Armee ist wenigstens bei vielen Leuten besser als er denkt und für sein aUgemeines Ansehen doch sehr bemerkbar. Ich würde es für durchaus unrichtig halten, wenn er jetzt von hier fortginge. Das würde zweifeUos als Differenz mit dem Kaiser über die A'erwendung der Marine oder aUgemeine poHtische Fragen ausgelegt werden und im In- und Auslande großen Eklat erregen. Er gUt doch als der starke Mann in der Regierung, sein Einfluß wird für größer gehalten, als er tatsächHch ist, zur Zeit wenigstens, und die Folgen seines Fortganges könnten recht bedenkHch werden. Dazu können doch auch Situationen eintreten, in denen man ihn ja braucht. Das habe ich ihm aUes gesagt, ich glaube, er hält auch aus. Viel spielen bei dem Gedanken auch die wenig erquickHchen Verhältnisse in CharlevUle mit, wo es an Spaziergängen fehlt, und wir durch die Art unseres Wohnens und Essens recht einsam sind, was wir alle merken. Es ist ja nicht anzunehmen, daß S.M. mehrere Monate hier sitzt. Geht's schneU vorwärts, so fährt er vieUeicht vorübergehend mal nach BerHn, dann kann Seine ExzeUenz ja mitfahren und etwas länger dort bleiben. Wer weiß, wie's überhaupt in einigen Monaten aussieht. Ich glaube nicht an einen sehr langen Krieg. Den verträgt weder der Geldbeutel der Welt, noch die Nervenkraft der Menschen. A'orläufig haben die wenigsten was davon verspürt. Admiral v. Pohl ist auf Veranlassung von Admiral v. Müller gestern, nachdem er A'ortrag bei S.M. gehabt hatte, nach Wilhelmshaven gefahren, um mit Admiral v. Ingenohl zu sprechen. Der Kaiser hat bei dem Arortrag die Notwendigkeit der 432
Nicht ermittelt.
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Zurückhaltung der Flotte wieder aufs Schärfste betont und die, glaube ich, nicht sehr energischen GegenvorsteUungen von Admiral v. Pohl, schroff zurückgewiesen. Ich verstehe nicht, warum Admiral v. Ingenohl soviel fragt. Sein Operationsplan gibt ihm genügend freie Hand, um sich mit der Flotte ganz anders zu betätigen wie bisher. Verantwortung muß er dabei natürlich tragen, aber dazu ist er Flottenchef. [...] mit den besten Grüßen Euer ExzeUenz
gehorsamster Hopman
Sonntag, den 4. Oktober 1914 10 h V Mit Staatssekretär bei General v. Sieger, um mit ihm Frage der Abwurfmunition für Luftschiffe zu besprechen. AUgemeine Situation erörtert, die Sieger nicht sehr günstig beurteüt. I lält jetzige Führung für etwas zu vorsichtig. Betont dauernd Verstärkung Hnken feindhchen Flügels. Lage vor Antwerpen günstig. 4 Forts genommen. Bombardement bald zu erwarten. Wasserabschnitt vor 2. Fortlinie ist noch zu nehmen. Staatssekretär äußert Absicht, eventuell mal nach Brüssel und Antwerpen zu fahren und hofft, daß Sieger sich vieUeicht anschheßt. Von dort wül er, wie mir vorher gesagt, nach Kiel und nach BerHn und womöghch nicht wiederkommen, da er immer mehr die Ansicht hat, daß er hier kaltgestellt sei und MüUer ihn los sein woUe. I Iat nicht ganz unrecht, suche es ihm aber doch auszureden. Sein Verschwinden aus dem Großen I Iauptquartier würde im In- und Auslande großes Aufsehen erregen. Beim Nachhauseweg General v. Leuckart getroffen, der auf meine Bitte mitkam und uns an der Hand der Karte Situation erläuterte, die nicht ungünstig. Nachmittags wie übHch Spaziergang. Zum Mittagessen Generaldirektor WeinHg der Dühnger Hütte, der von der Kundgebung der Berufstände am 28. September berichtete und sagte, Staatssekretär brauche bloß zu winken, so setze eine gewaltige Agitation für Flottenvergrößerung ein433. Staatssekretär lehnte ab, Zeit sei nicht passend dafür, Kriegsanleihe könne dafür nicht verwandt werden, auch sei es fragHch, ob Schiffstypen nach den Erfahrungen des Krieges nicht völhg geändert werden müßten. WeinHg dachte offenbar sehr an die Interessen der PanzerplattenIndustrie434. Er erzählte ferner, Reichskanzler ginge ab, als Nachfolger würden 433
434
Am 28.9.1914 hatte in der Phüharmonie in BerHn eine gemeinsame Kundgebung der »deutschen Erwerbstände« stattgefunden. Der Präsident des Deutschen Handelstages, Kaempf, bezeichnete dabei »EUbogenfreiheit für unsere poHtische, EUbogenfreiheit für unsere wirtschaftliche Entwicklung für alle Zukunft« als »unser Ziel in diesem Völkerringen«. In einer Resolution und einem Telegramm an den Kaiser wurde zugleich die Opferbereitschaft aller Erwerbstände betont. Vgl. dazu den Bericht in der Norddeutschen AUgemeinen Zeitung vom 29.9.1914. Zu den Initiatoren gehörte der ehemaHge Generaldirektor der DiUinger I Iüttenwerke, Otto WeinHg. Bereits im September hatte WeinHg Tirpitz darüber informiert und um dessen Unterstützung gebeten. Vgl. die Briefe WeinHgs an Tirpitz vom 21.9./29.9.1914, in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/101. Die DUHnger Hüttenwerke waren zusammen mit der Firma Krupp die einzigen Hersteller von Panzerplatten. Bereits am 13.9.1914 hatte WeinHg Tirpitz bei einem Besuch im Hauptquartier eine »evd. Erweiterung der Panzerplattenfabrikation der DilUnger-Hütte« ohne »weitere Garantie« an-
Dokumente
454
Tirpitz, Rheinbaben und Fürst Bülow genannt. Man sage aber, daß er, Tirpitz, abgelehnt habe. Tirpitz sagte, er sei gar nicht gefragt, glaube nicht, daß S.M. jetzt Reichskanzler wechsele, Rheinbaben halte er für ganz ungeeignet, Fürst Bülow für den besten. Bei Tisch mit
Tirpitz und Leuckart über die Situation und Politik der letzten 25 (ahre gesprochen, die wir alle gleich ungünstig beurteilen. Montag, den 5. Oktober 1914
Keine besonderen Nachrichten
von
beiden Fronten. General
v.
Leuckart, der
am
Vormittag bei nur ist, sagt aUerdings, daß unsere Linie überall im langsamen Fort-
schreiten sei und etwa 3 km gewonnen habe, daß LiUe von uns besetzt sei, aber besondere Erfolge sind nicht erzielt435. Situation im Osten, wo 8. Armee, General v. Schubert, IV2 russische Korps geschlagen hat, noch unklar436. Russen scheinen sehr große Massen herangebracht zu haben. 6 h Abends kommt Pohl aus WUhelmshaven zurück. Erzählt Staatssekretär, daß A'erbandschefs und Flottenchef alle für Zurückhalten der Flotte seien, besonders Lans, der hinter den Sperren schlagen woUe und gesagt habe, wir brauchten auch unsere Offiziere für die größere Flotte, die wir später notwendig hätten437. Unbegreiflich! Unsere Flotte ist damit, ohne einen Schuß getan zu haben, verloren438.
435
geboten; Tirpitz hatte dieses Angebot aber dilatorisch behandelt. Vgl. die Eintragung vom 13.9.1914 im Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/2620. Im Zuge der Kämpfe am rechten Flügel wurde LUle am 4.10.1914 besetzt. Vgl. Der Weltkrieg, Bd5, S.
436 437
438
184 f. Zu dem Ergebnis dieser Kämpfe bei Augustowo-Suwalki vgl. ebd., S. 513-526. In einem ausführHchen Schreiben vom 13.9.1914 hatte der Chef des I. Geschwaders, Lans, zur großen Enttäuschung von Tirpitz sich gegen eine »Freiwasserschlacht« ausgesprochen und statt dessen für eine Schlacht hinter den Sperren, d.h. in der Deutschen Bucht, plädiert. Vgl. Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 85-92; Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 95, 302-304. Aus poUtischen Gründen woUte auch der Stabschef der 1 lochseeflotte, Konteradmiral Eckermann, die Flotte zurückhalten. Vgl. dessen Denkschrift vom 9.9.1914. Ebd., S. 106 f. Vgl. Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 124 f., und Tirpitz' Brief an seine Frau vom 6.10.1914, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 412 f., sowie Pohls Briefe an seine Frau vom 3.10. bzw. 5.10.1914, und dessen zusammenfassende Aufzeichnung vom 16.10.1914 in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 75 f., 77-79; Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 92-95. Auf der Grundlage seiner Besprechungen in Wilhelmshaven erwirkte Pohl am 6.10.1914 einen Befehl, nach dem die Flotte sich zurückhalten und größere Aktionen vermeiden soUte, »die zu größeren Verlusten führen können. Dies soU aber nicht ausschließen, daß entsprechend dem AUerhöchst erlassenen Operationsbefehl günstige Gelegenheiten ausgenützt werden müssen, den Gegner zu schädigen, aber immer mit Rücksicht darauf, daß größere Verluste vermieden werden.« Vgl. das Schreiben Pohls an Ingenohl vom 6.10.1914, in: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, Nr. 164 (mit weiteren Verweisen). Tirpitz protestierte dagegen in einem Schreiben an Pohl vom 11.10.1914 vergeblich. Vgl. Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 127 f.; Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 95-99.
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Dienstag, den 6. Oktober 1914 Auf der Wiese am Maasufer geritten, wo es sehr schön ist. Nachmittags kommt Kapitän z.S. I Ierr von der Marinedivision, bei der er Kommandeur der Matrosenartüleriebrigade gewesen ist. Er erzählt sehr interessant und betont, daß unsere Leute sich vorzüghch halten und aügemeine Anerkennung finden. Ist zum R.M.A. für Flugwesen kommandiert. Nachrichten von beiden Kriegsschauplätzen besagen nichts Besonderes. Im Osten gehen Russen über Weichsel zurück. Gegen Ostpreußen neuer starker russischer Vormarsch mit starken Kräften. Kleinere Erfolge bisher auf unserer Seite. Staatssekretär abends zur Tafel bei S.M. (Stimmung gedrückt, Erzählung S.M. bourgeois in St. Quentin, bei dem er gewohnt. Gedanken über Zollabkommen mit Frankreich usw.)439. Staatssekretär hat Gontard angedeutet, daß er eventuell Hauptquartier verlassen woUe. Gontard hat sehr abgeraten. Abends langer Telephonspruch über Subsidienvertrag mit Türkei440.
Mittwoch, den 7. Oktober 1914 Sehr schönes Herbstwetter. Nachricht (gestern bereits), daß Sturm der Japaner auf Tsingtau-Infantriewerk unter schweren Verlusten (2500) abgewiesen ist441. »S 116«442 durch enghsches U-Boot zum Sinken gebracht, 9 Mann vermißt443. Vormittags bei Oberst Scheuch, Kriegsministerium, in Sachen Subsidienvertrag und WaffenHeferungen für Türkei. Auf Kriegsschauplatz nichts Besonderes. Bei Antwerpen geht's gut vorwärts. Abends Generale v. Leuckart, v. Wenninger sowie die Österreicher Graf Stürgkh und v. Bienerth nach dem Essen bei uns.
Tirpitz' Brief an seine Frau vom 8.10.1914 geht klarer hervor, was gemeint ist: »Vom Kaiser ging ich vorgestern ganz niedergedrückt nach Hause. Fast eine Stunde Vortrag über ein poHtisches Gespräch mit einem Bourgeois, bei dem er in St. Quentin einlogiert war und dem er seme ganze poHtische Auffassung dargelegt hatte. Stelle Dir des Kaisers Großvater vor in seiner 1 ,age! Aus
Dann Einzelheiten aus dem Felde. Was wird aber, wenn er nervös zusammenbricht? Davon ist in der Verfassung nichts vorgesehen.« In: Tirpitz, Erinnerungen, S. 414. Vgl. auch die Schilderung in I Iopmans Tagesmitteüung vom 7.7.1914, BA-MA, RM 3/11486. Die türkische Regierung machte ihren Eintritt in den Krieg vom Abschluß eines Subsidienvertrags abhängig. Nach langen Verhandlungen wurden schHeßHch 2 MilHonen türkische Pfund zugesagt. Vgl. Der Krieg zur See, Der Krieg in den türkischen Gewässern, Bd 1, S. 45. Zu den Kämpfen seit der EinschHeßung Tsingtaus am 29.9.1914 vgl. Der Krieg zur See, Die Kämpfe der KaiserHchen Marine in den Deutschen Kolonien, S. 65-69. Vorlage irrtümlich »S 119«. »S 116« wurde am 6.10.1914 vor der Emsmündung von dem engHschen U-Boot »E 9« versenkt. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 143.
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Donnerstag, den 8. Oktober 1914 10 h Mit Staatssekretär im Auto nach Sedan gefahren444. Haus in Donchéry (Bismarck und Napoleon), Flöhe von Frenois, in Sedan »Maison de la dernière cartouche445« besehen, dann über Givonne (stark zerstört) und IUy nach Floing zum Denkmal des braves gens446 (GaUisset) und 1 h in Charlevüle zurück. Pohl ist mit seinem Schwiegersohn, der gekommen war, und Arnauld um 12*/2 h zu Besuch seines Sohnes zur 3. Armee gefahren. Hat ihn gesprochen, Stimmung der Truppen gut gefunden, auch General v. Emmich gesehen, aUes ist für Vorgehen, hält aber Frontalangriff für unmöghch. 2 weitere Korps werden nach dem rechten Flügel transportiert, wo Franzosen auch dauernd ihre Linie verstärken.
Freitag, den 9. Oktober 1914 Beim Reiten General v. Wenninger getroffen, erzählt mir unter anderem bei Besprechung der Situation im Westen, es sei sehr zu bedauern, daß der Falkenhaynsche Gedanke nicht rechtzeitig zur Ausführung gekommen sei. Als ich ihn danach frage, sagt er, Falkenhayn sei bereits am 31. August in Luxemburg zum Generalstab gegangen und habe darauf hingewiesen, daß es dringend erforderlich sei, die 6. und 7. Armee, die sich an den Sperrforts von Verdun bis Nancy unnütz die Köpfe einrennen, auf dem rechten Flügel anzusetzen und dann von dort mit Übermacht die ganze französische Linie aufzuroUen447. Die Franzosen könnten, falls sie vorgingen, sich solange an Metz, Straßburg usw. amüsieren, bis sie zurückgehen müßten. Mit diesem Gedanken habe man ihn aus dem Schulhaus in Luxemburg herausgeschmissen, ihn aber später, als das vorausgesagte Désastre eingetreten sei, wieder geholt. Dann sei es zu spät gewesen, um im unmittelbaren Anschluß an unsern vorwärts s türmenden Siegeslauf die französischen Armeen über den I laufen zu werfen. Jetzt räche sich das bitter. 444
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von Sedan war ein beHebtes Ausflugsziel. Vgl. z.B. Tirpitz' Brief an seine Ehefrau vom 9.10.1914, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 416, sowie die Tagebucheintragungen des späteren Admiralstabschefs, Bachmann, vom 13.4.1915 sowie die dort eingeklebten Postkarten und Kartenausschnitte. BA-MA, MSg 1764. Hierbei handelte es sich um eine zu einem kleinen Museum umgebaute Kneipe, die der letzte Stützpunkt der französischen Marineinfanterie bei den Kämpfen gegen die bayerischen Truppen 1870 gewesen war. Erst nachdem die letzte Patrone »la dernière cartouche« verschossen war, ergaben sich die Verteidiger. AusführUch dazu ebd. Das »Monument des braves gens« erinnerte an den Durchbruchversuch der Reste der französischen KavaUerie in der Schlacht von Sedan unter General GalHsset. Vgl. die Tagebucheintragung
Das Schlachtfeld
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446
447
Bachmanns vom 13.4.1915, BA-MA, MSg 1/764. Zu diesen Vorschlägen Falkenhayns vgl. Afflerbach, Falkenhayn, S. 181 f. Zu positiven Beurteilung Falkenhayns durch den bayerischen MiHtärbevoUmächtigten vgl. auch dessen Brief an seine Ehefrau vom 10.10.1914: »Im Gr[oßen] H[aupt]q[uartier] war nur wenige Tage eine miese Stimmung (vom 10.-15. September]), wir hatten wohl aUe ein bißchen die Nerven verloren, bis auf eine Ausnahme Falkenhayn. Ein prächtiger Mann, ein Gneisenau, der aus dem Rückzug heraus zum Siege führt!« In: Schulte, Europäische Krise, S. 281. —
1914
457
Russen sind wieder in Lyck, Lage in Ostpreußen nicht sehr günstig für uns. 8. Armee muß wahrscheinHch wieder auf Angerapp-Linie zurückgehen448. 6 h Abends trifft Nachricht vom FaU Antwerpens ein. Belgische Truppen und engHsche Marineinfantriebrigade sind aber nach Westen hin abmarschiert449. Staatssekretär zu S.M. gerufen, der ihm dies mitteUt, für die Tatsache, daß Besatzung nicht gefangen, kein Gefühl zeigt und sich freut, daß die Kerls ausgebüchst seien. Die Welt könne jetzt nicht mehr sagen, daß wir Kunstdenkmäler nicht schonten. Staatssekretär zur Abendtafel.
Sonnabend, den 10. Oktober 1914 Staatssekretär erzählt, daß S.M. gestern bei der Abendtafel eine Rede gehalten, in der er den FaU von Antwerpen gefeiert und Moltke als den Ersinner des Angriffsplanes, Beseler als den Ausführenden bezeichnet habe. Höchst merkwürdig vor lauter Leuten, die doch Bescheid wissen45". Nachrichten, die Pohl vom Generalstab mitbringt, lauten für den Osten wesentUch günstiger als gestern. Russischer Vormarsch gegen Ostpreußen ist zum Stehen gekommen und Gefährdung 8. Armee aufgehoben. Im Westen nichts wesentUch Neues. Pohl fährt um 4 h N mit Falkenhayn auf dessen Aufforderung nach Antwerpen. Absicht Staatssekretär, dorthin zu fahren, daher verschoben.
Hopman an Kapitän z.S. Adolf v. Trotha, StA
CharlevUle, den 10. Oktober 1914
Bückeburg, Nachlaß Trotha, Vep. 18A, Nr.
135™
Lieber Trotha, die Tatsache, daß ich heute die Zeit zu einem längeren Brief zur Verfügung habe, und der schon lange gehegte Wunsch, von Ihnen mal eine Ansicht über das bisherige Verhalten unserer Flotte zu bekommen, veranlaßt mich zu den folgenden ZeUen. Wie Sie wissen oder wenigstens aus dem Gang der Ereignisse gemerkt haben werden, Hegt bei den hier maßgebenden PersönHchkeiten das Bestreben vor, die •m« 449
450 431
Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 529 f.
Auf Drängen des Ersten Lords der AdmiraHtät, Churchill, beteüigten sich ab Anfang Oktober auch drei engHsche Marinebrigaden an der Verteidigung der Festung, weitere Verstärkungen waren versprochen worden, trafen aber nicht mehr rechtzeitig ein. Der Großteü dieser Einheiten wie auch der belgischen Truppen entzog sich der Gefangennahme, indem er in die Niederlande auswich, wo sie für den Rest des Krieges interniert wurden. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 233-245; Strachan, The First World War, S. 270-275. Vgl auch den ausführHchen Brief Tirpitz' an seine Frau vom 10.10.1914, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 416 f.; Müller, Regierte der Kaiser?, S. 63 f. (Eintragung vom 9.10.1914). Bereits, wenn auch zum Teü mit einer größeren Anzahl sinnentsteUender Fehler veröffentlicht in: Schulte, Europäische Krise, S. 281 -285. Dort fälschHch als »Memorandum« bezeichnet.
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Dokumente
Flotte zurückzuhalten und vor Aktionen zu bewahren, die zu größeren \rerlusten führen können. Kam diese Tendenz bereits in dem ersten grundlegenden Operationsbefehl zum Ausdruck, so trat sie durch unsere Mißerfolge am 28.8. bei S.M. noch schärfer hervor und machte sich in Direktiven an den Flottenchef geltend, die dessen Initiative und Entschlußkraft nur lähmend beeinflussen konnten. Die maßgebenden PersönHchkeiten sind abgesehen von S.M. der Reichskanzler, der behauptet, er müsse zum Friedensschluß noch eine Flotte haben, seine Kumpane aus der Wilhelmstraße, Admiral v. Müller und Pohl, die aUe mehr oder minder für ein mögHchstes Intakthalten der Flotte eintreten. Der Flottenchef denkt offensiver und scheint mir vor aUen Dingen sich dessen bewußt zu sein, daß die dauernde Passivität nicht nur strategisch falsch, sondern auch für den Geist und die Leistungen seiner Besatzung gefährHch ist. Er macht aber den Fehler, daß er zu viel hier fragt, um größere Aktions freiheit bittet, Vorschläge macht usw. anstatt auf eigene Verantwortung das zu tan, was er im Rahmen des ihm gegebenen Operationsbefehls verantworten zu können glaubt. Daß der Herr Staatssekretär anders denkt, wie alle die genannten Herren, brauche ich Ihnen wohl kaum zu sagen. Von Anfang des Krieges an bis auf den heutigen Tag hat er den Standpunkt vertreten, daß unsere Flotte nur in einem mögHchst aktiven Verhalten ihren Beruf erfüUe, ohne dabei natürlich zu verlangen, daß sie unbekümmert um die dreifache Überlegenheit des Gegners diesem zum Selbstmord in den Rachen läuft. Aber es gibt ja auch noch Mitteldinge zwischen solchem Extrem und der absoluten Passivität unserer Geschwader, beispielsweise kurze Vorstöße der Flotte, am besten in ihrem ganzen Bestände, die den Zweck verfolgen, die Dispositionen und Kreise des Gegners zu stören, ihn zu Gegenmaßregeln zu veranlassen, die für uns günstige Situationen schaffen können. Eine Flotte, die so zahlreich und oft so zerstreut disloziert ist wie die engHsche, dirigiert sich nicht so einfach. SteUt man sich vor, daß der feindliche Flottenchef auf die Nachricht, daß die deutsche Flotte in See gegangen sei, in dem Bestreben, sie vor die Klinge zu bekommen, eine mögHchst schneUe Konzentration seiner Streitkräfte auf sie befiehlt, so können dabei doch Lagen entstehen, die uns gestatten, Teilerfolge zu erzielen, sei es in Form einer Schlacht gegen einzelne unterlegene TeUe des Gegners, sei es in nächtHchen Torpedobootsangriffen, U-Bootsangriffen, Ziehen des Gegners auf unsere Minensperre usw. Ich denke mir solche Vorstöße nur kurz und sich nicht weit aus der deutschen Bucht erstrekkend, höchstens bis Doggerbank, I Iorns Riff für die Gros, die leichten Streitkräfte den Umständen entsprechend vorgeschoben. Sie laufen natürHch manches Risiko, zunächst das, daß die Flotte doch von überlegenen Kräften zur Schlacht gebracht und dementsprechend zugerichtet wird. Das »kann sint, kann aber auch nicht sint«, wie es im Kriege immer zu sein pflegt. Was wir über das bisherige Verhalten der Engländer wissen, deutet nicht darauf hin, daß sie mit aUem, was sie in üirer I. Flotte haben, schneU vor der Deutschen Bucht vereinigt sein werden, die Torpedobootszerstörerflottillen dürften wohl kaum in solcher Zahl sofort vorhanden sein, wie wir ihnen TorpedobootsflottiUen entgegensetzen können, ebenso U-Boote. Ich mag mich in diesem Kalkül irren, es entspricht auch mehr dem Gefühl, daß Initiative und Unternehmungslust, die den Gegner von dem eigenen Willen ab-
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hängig macht,
seine Dispositionen stört, ihn vielleicht unsicher und schwankend handeln läßt, von der Göttin des Glücks im Kriege fast immer begünstigt worden sind, während die Passivität, die dem Gegner voüe Freiheit und ungestörten Ansatz
in seinen
Kriegshandlungen überläßt,
meist
zum
Mißerfolg geführt
hat. Ein
weiteres Risiko für solche Vorstöße ist die U-Bootsgefahr, die ja zweifelsohne in diesem Kriege eine völhg unerwartete RoUe spielt. Wird sie aber durch den fabelhaften Erfolg von »U 9« nicht doch etwas überschätzt? Kann, falls tatsächHch dauernd mit der Anwesenheit feindhcher U-Boote in oder vor der Helgoländer Bucht zu rechnen ist, das Auslaufen der Geschwader nicht dadurch gesichert werden, daß man bei Dunkelheit aus- und einläuft? Die 24 Standen, die man dann in See gewesen ist, können schon manches Ereignis zeitigen oder einleiten. Sodann würde ich, solange nicht die Schlacht in Aussicht steht, mit Schiffsabständen fahren, die dem einzelnen Schiff freies Ausweichmanöver gestatten, durch hohe Geschwindigkeiten, Geschwindigkeits- und Kurswechsel usw. dem bösen Gegner sein Manöver auf den Schuß erschweren. Wie weit solche Mittelchen helfen, kann natürhch nur die Praxis ergeben. Die U-Bootsgefahr wird indes in ganz besonderem Maße vorliegen, wenn der Gegner, ohne durch irgendwelche Maßnahmen unsererseits veranlaßt zu sein, aus eigener Initiative in unsern Gewässern erscheint und dann nach Ansicht vieler Leute die Gelegenheit zur Schlacht mit ihm gegeben ist. Dann kommt er vorbereitet an, bringt aUes mit, was er zusammenraffen kann, wird vor unsern Flußschläuchen die U-Boote stationieren und aUes darauf einrichten, uns schon beim Auslaufen mögHchst zuzurichten. Sollen wir dann zur Schlacht herausgehen? Wird sie dann nicht viel eher ein Desaster, als wenn wir das Auslaufen unserer Initiative überlassen und versuchen, den Gegner unvorbereitet heranzulocken? Ein Schreiben des Chefs des Admiralstabs an den Flottenchef vom 6. des Monats beginnt wie folgt: »Die Entwicklung der Kriegslage macht es durchaus erforderhch, daß die Flotte zunächst mögHchst in ihrem Bestände erhalten bleibt und sich nicht in die Lage begibt, daß sie mit überlegenen feindHchen Streitkräften zur Schlacht kommt usw. z.B.: S.M befehlen daher, daß sich die Flotte zurückhält und Aktionen vermeidet, die zu größeren Verlusten führen können.« Dieses Schreiben ist nach Ansicht des Staatssekretärs »der Tod der Flotte.« Er glaubt, und zweifeUos mit viel Recht, daß dadurch der Einsatz der Flotte ausgeschlossen sei, daß die große Kampfkraft, die sie besitzt, in diesem Kriege, wenigstens was die Schlachtschiffe betrifft, überhaupt nicht zum Tragen komme und daß damit die Flotte den Beweis ihrer Existenzberechtigung verliere. Er ist der Überzeugung, daß die Chancen einer Schlacht für uns durchaus nicht ungünstig sind, daß wir in vielen Punkten unserm Gegner überlegen sind (besseres Geschoßund vieUeicht auch besseres Geschützmaterial, bessere Panzerung und Sinksicher-
heit, überlegene Mittelartülerie, größere Torpedoladungen, bessere Durchbildung unserer Torpedoboots flottülen, vieUeicht auch allgemeine bessere taktische Durchbildung, vorzüghches Personal usw.) und daß dementsprechend ein großer
Erfolg nicht
für
zum
uns
durchaus nicht
I Ierrn der Ozeane
ausgeschlossen
machen,
ist. Ein solcher wird uns freihch aber in der Welt doch einen gewaltigen
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poHtischen Eindruck hervorrufen, wie schon die Tat von »U 9« bewiesen hat. Sie können sich denken, daß der Herr Staatssekretär nicht besonders rosig in die Zukunft sieht. Er sieht sein Lebenswerk und gleichzeitig die Weltstellung Deutschlands durch einen Krieg bedroht, den er für einen schweren poHtischen Fehler betrachtet und der nie gekommen wäre, hätte unsere Diplomatie den von ihm stets empfohlenen Anschluß an Rußland gesucht, anstatt mit England zu Hebäugeln. Die Tatsache, daß in diesem Kriege bisher wenigstens nur der Kreuzer und das U-Boot eine Rolle spielen, muß den bisherigen Aufbau des Flottengesetzes, selbst bei einem uns durchaus günstigen Frieden, stark erschüttern, und die Aussicht, daß bei dem allgemeinen Weltbankrott noch viel Mittel für unsere Flotte dasein werden, ist sehr gering. Dazu fragt es sich noch, wie wird der Friedensschluß? Der Optimismus, mit dem die Armee auszog, in wenigen Wochen Frankreich zu Boden zu werfen und dann mit Österreich zusammen mit dem östHchen Gegner abzurechnen, auf dem bei solch günstigem Ausgang dann vieUeicht auch noch Türkei, Bulgarien, vieUeicht sogar Rumänien losgeschlagen hätte, ist doch stark geschwunden. Unsere Oberste Heeresleitung, die ja glücldicherweise seit 4 Wochen in andere Hände gelegt ist (Falkenhayn anstatt Moltke, der nur noch pro figura hier ist ganz geheim nur für Sie persönhch), hat leider zu Beginn des äußerHch so glänzend eingeleiteten Feldzugs hier im Westen schwere Fehler gemacht, die sich bitter gerächt haben. Jetzt geht's nur langsam vorwärts und wenn der auch glückhch pariert ist, wird das Mattsetzen Frankreichs doch -
auch viel Zeit und Blut kosten. Der Staatssekretär in seinem stark übertriebenen Pessimismus glaubt, es käme überhaupt nur zu einer Remispartie, im Osten kann ja auch nicht sehr viel mehr erreicht werden. Denn Rußland schmeißt sich nicht so leicht um. Dazu ist es zu groß und hat zu viel Menschen. Also auch dort kann es zur Remispartie kommen. Zu alledem tritt dann noch England mit seinem zähen rücksichtslosen Druck und seinem Wülen, unsere Weltstellung zu vernichten, uns dagegen als Kontinental- und Industriemacht II. Ranges von seinen Gnaden weiter existieren zu lassen. Kommt unter solchen Voraussetzungen ein Friede zustande, d.h. ein Friede der allgemeinen Erschöpfung unter engHscher Intrige und Ägide, was dann? Gibt's dann noch einen Groschen für eine Flotte, die im Kriege die Milliarden, die sie gekostet hat, gar nicht verzinst hat. Ich denke nicht so pessimistisch, aber bei den vielen Kombinationen, die man über die Zukunft hört und sich selber macht, tritt auch diese bisweüen an einen heran und läßt sich nicht sofort wegwischen. Unser Leben hier im Hauptquartier ist teUs recht interessant, teUs eintönig. In unserm neuen Standort, in dem wir jetzt seit 14 Tagen sitzen, sind wir, R.M.A. und Admiralstab mit allem Zubehör, im Hause eines reichen Bourgeois einquartiert, der es vorgezogen hat, nach Paris zu gehen. Da wir auch im Hause essen, haben wir leider wenig Fühlung mit den I Ierrn von der Armee, Generalstab, Kriegsministerium, MiHtärkabinett usw., mit denen wir, der Generalstab ausgenommen, in Koblenz und Luxemburg in demselben Hotel wohnten und aßen. Wir stehen uns jetzt noch recht gut, besuchen uns wohl, aber der dauernde Konnex fehlt. Daß Pohl und Tirpitz sich hier nicht plötzHch ineinander verhebt haben, können Sie
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Gegenteü, die Divergenz ihrer Anschauungen über die VerwenFlotte hat sie eher noch weiter von einander entfernt, äußerlich ist das Verhältnis gut. Reichskanzler, Staatssekretär des Auswärtigen sieht Tirpitz hier sich
denken,
im
dung unserer
sehr selten, sie halten sich absichtlich fern von ihm, zu unseren Unterhaltungen mit S.M. kommt der Staatssekretär gar nicht. Bei der Abendtafel, zu der er vielleicht einmal in der Woche befohlen wird, werden Geschichten erzählt, zwar ernsterer Art wie auf der »HohenzoUern« aber doch nebensächHch anekdotischen Charakters, die den Beweis Hefern, daß S.M. den furchtbaren Ernst der Situation nicht erfaßt hat und nach wie vor das Nebensächhche, ihn persönHch Interessierende generahsiert und zur Grundlage seiner Auffassung macht. Mein Heber Trotha, es ist für mich ein furchtbarer Gedanke, wenn ich denke, wie wir in den letzten beiden Jahrzehnten regiert worden sind und noch regiert werden. Sie wissen's ja selber besser wie ich, und haben vieUeicht auch ebenso wie ich das Gefühl, daß die Katastrophe, eine solche bleibt der Krieg, einerlei wie er ausgeht, das geschichtliche Weltgericht dafür ist. Ich bin der Überzeugung, so geht's nach dem Kriege nicht weiter. Wenn die Nation Rechenschaft für ihre Opfer an Gut und Blut verlangt, dann kann's heftig tagen und je heftiger, je weniger Männer wir haben, die die gesunden und starken Kräfte, die in unserm Volke stecken, in die richtigen Bahnen lenken. Weil sie uns bisher gefehlt haben bzw. bei dem herrschenden System nicht gesucht und gefunden wurden und zur Geltung kamen, sind wir in den wunderbarsten Zickzackkursen dahin getrieben, wo wir jetzt sind. Doch ich wül nicht weiter so graue Zukunftsbilder malen. Ich habe das feste Vertrauen, daß die Kraft, der Fleiß und die nationale Gesinnung, die in unserm Volke steckt und jetzt so herrlich zum Durchbruch kommt, es zum guten Ende führt. Die Wege werden vieUeicht anders, als mancher sie heute sich vorsteUt, aber sie führen zum guten Ziel. Körperlich geht's dem Staatssekretär und mir, ebenso den Admiralstabsherrn gut. In bezug auf Unterkommen und Verpflegung stehen wir gar nichts aus, sind im Gegenteü gut versorgt. Vom Kriege sehen wir nicht viel, man kann schlecht für längere Zeit von hier weg. Falls Sie antworten, machen Sie es so, daß ich einen Teü Ihres Briefes Tirpitz zeigen kann. Lese ich ihn vor, dann hat er doch ein kleines Mißtrauen. Für mich persönHch können Sie ja einen besonderen Zettel einlegen, faUs Sie was Besonderes zu sagen haben. Und nun: Waidmanns I Ieü für Ihr stolzes Schiff und: Gott befohlen für Sie. Mit besten Grüßen Ihr getreuer I Iopman
Sonntag, den 11. Oktober 1914 PrachtvoUes, sonniges Wetter. Nachricht, daß aUe Forts von Antwerpen besetzt sind. Über Verbleib der Truppen herrscht noch Ungewißheit, zum Teü wohl per Bahn nach Ostende, zum Teü per Schiff nach England oder französischen Kanal-
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Teil über hoUändische Grenze. Vom westlichen und östhchen Kriegsnichts Neues. 12Va Kam Weinlig zum Besuch und blieb zum Essen, schauplatz brachte Hasen, Obst und Wein mit. Er schlägt im I IinbHck auf Zerstörung der Düsseldorfer LuftschiffhaUe steüe Giebeldächer von etwa 15 mm Stahl vor452. 7Vá h Abends Admiral v. Pohl mit Arnauld aus Antwerpen zurück.
häfen,
zum
Montag, den 12. Oktober 1914
Schlage Staatssekretär vor, heute nach Brüssel und Antwerpen zu fahren, worauf er eingeht. Vormittags bei Admiral v. MüUer, um ihm das mitzuteilen. 2h N Abge-
fahren über Rocroi, Charleroi, Waterloo. 6 h 30 m In Brüssel Hotel »Astoria« Rue Royale, dann zum Bureau der Marinedivision, wo Waldeyer und Leutnant z.S. Ernst. In Brüssel nur noch wenige Marinemannschaften, aUes andere in Antwerpen und Umgegend. Dann zum Generalgouverneur GeneralfeldmarschaU von der Goltz, der aber noch nicht zu Hause war. Im Hotel zu Abend gegessen mit dem zum Gouverneur von Antwerpen ernannten General Graf von Huene, früher Kommandeur XIV. Korps und seinem Adjutanten, Hauptmann d. Res. (Theaterintendanten). 9Vá h Ins Kasino des Generalgouverneurs, wo Goltz mit seinem sehr zahlreichen Stab noch bei Tisch saß und wir etwa 1 Stunde Hieben. Saß zwischen Graf Hatzfeldt und Oberst v. Lanken und unterhielt mich gut über aUgemeine poHtische Situation. Beide Herren schätzen engHsche Macht gut ein und halten den ganzen Krieg ebenso wie ich für ein großes pohtisches Verbrechen, das zu vermeiden war. IOV2 h Im Hotel. Um 8 h hatte Waldeyer die Nachricht gebracht, daß »U 26«, Kommandant Oberleutnant Freiherr v. Berckheim, gestern vor dem Finnischen Meerbusen einen Panzerkreuzer der »Bayan«-Klasse zum Sinken gebracht hat453. Endhch mal wieder ein Erfolg unserer Marine.
Dienstag, den 13. Oktober 1914 9 h Nach Antwerpen gefahren454. Sehr eindrucksvoUe Fahrt, besonders das fast menschenleere Mecheln mit seinen Büdern der Zerstörung und des Elends. IOV2 h In Antwerpen, zunächst beim Stabe der Marinedivision nur Schulze getroffen, der gut aussieht und sehr frischer Stimmung ist. I lat ja auch eine schöne Aufgabe und erfolgreiche Tage hinter sich. Staatssekretär sprach längere Zeit mit 432
433
434
Am 8.10.1914
war
die Düsseldorfer EuftschiffhaUe
große Krieg, 1914, S. 604.
angegriffen
und zerstört worden.
Vgl.
Der
Am 11.10.1914 versenkte »U 26« im Finnischen Meerbusen den russischen Kleinen Kreuzer »PaUada«. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 1, S. 187-203. Zu dieser Fahrt vgl. auch die ausführiiche Tagesmeldung vom 14.10.1914, BA-MA, RM 3/11486, sowie Tirpitz' Briefe an seine Frau vom 13./14.10.1914, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 418-421; Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 157 f., sowie aUgemein zur Bedeutung der belgischen Küste ebd., S. 287-294.
1914
463
(Hef des
Stabs, Oberst v. Hülsen, einem nach Schulzes Äußerung sehr tüchtigen, verständigen Mann. IIV2 Kam Admiral v. Schröder, der glänzend aussieht und
prächtigen Eindruck macht. Staatssekretär zog sich längere Zeit mit ihm zur Unterredung zurück, während ich mit Schulze bheb. Dann Rückfahrt durch die Stadt und nach den Kais, wo ich jetzt gerade vor 6 Jahren mit der »Roda« gelegen, einen
bei der Ausreise auf »Bremen«. vor dem Rathaus, wo Tausende von Bittstellern Queue standen, am Kai riesige Haufen von Belgiern abgeworfener Uniformen. Zerstörung in der Stadt nicht bedeutend, nur vereinzelte I läuser. 2 h-3V2 Im I Iotel »St. Antoine« mit Admiral v. Schröder und seinem Stab gegessen. Saß zwischen Schröder und Türk, gegenüber Bibra, nachher Witschel neben mir, sonst noch gesehen Tägert, Mörsberger, Geheimrat Reuter, und andere. 4 h Mit Schulze nach Fort Waelhem gefahren, das jetzt von einem Zug Marineinfantrie besetzt ist. Ist mit 30,5 Granaten beschossen worden. Starke Wirkung gegen die Panzertarme und Betonbauten. Dann noch durch Mecheln (Marktplatz, Kathedrale), wo Schulze sich verabschiedete. 7 h Zu Hause, im Hotel gegessen mit ExzeUenz I Ieidemann, Intendantarbeamter des Kriegsministeriums, der aus Lu-
xemburg gekommen.
Mittwoch, den
14. Oktober 1914
9 h Von Brüssel abgefahren. Weg über Wavre, Namur, Dinant, Givet, Les Mazures sehr schön und interessant, namentHch in dem landschaftHch sehr schönen und stellenweise von der Kriegsftirie stark mitgenommenen Maastal. Besonders eindrucksvoU das völHg zerstörte herrHch gelegene Dinant, ein hübscher von Belgiern und Franzosen viel besuchter Erholungsort. Alle Brücken über die Maas gesprengt, kurz an vielen SteUen ein BUd schauerHcher Verwüstung, das die ganze Furchtbarkeit und Schwere dieses Krieges wiederspiegelt. 2 h In CharlevUle, wo nicht viel Neues. 8 h N Mit Staatssekretär zur Abendtafel bei S.M., der unter dem Eindruck der Nachrichten über den FaU Antwerpens, vom östHchen Kriegsschauplatz und »U 26« guter Laune und Zuversicht war, sich meinem Gefühl nach über den Ernst der Gesamtsitaation nicht recht bewußt ist455.
455
dazu Hopmans Tagesmeldung vom 16.10.1914: »S.M. war unter dem Eindruck der Erfolge Antwerpen, vom östHchen Kriegsschauplatz und von >U 26< recht guter Stimmung. Im Laufe der Unterhaltung äußerte er, wir würden nach dem Kriege wohl keine Dreadnoughts mehr bauen, sondern nur noch mögHchst große Kreuzer mit Oelfeuerung und mögHchst leistungsfähige U-Boote. Das werde auch büHger werden als der Ausbau des jetzigen Flottengesetzes. Der I Ierr Staatssekretär] ging auf dies Thema nicht näher ein, sondern erwiderte nur, wir würden in der I Iauptsache Ozeanschiffe und U-Boote gebrauchen. U-Boote und Torpedoboote würden wohl immermehr ineinander übergehen.« In: BA-MA, RM 3/11486.
Vgl. von
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Donnerstag, den 15. Oktober 1914 Nachricht, daß Gent und Brügge besetzt sind, sonst auf nördhchem Flügel keine Fortschritte, im Gegenteil Umfassungsversuch des KavaUeriekorps an überlegener französischer und enghscher Kavallerie zum Stehen gekommen456. Reservekorps, dem 4 auf den rechten, 1 auf den linken Flügel zu Strantz, 1 nach Ostpreußen gehen, bei Ausladung begriffen457. SoUen, wie gestern auch S.M. sagte, einen famosen Eindruck machen. Man setzt viel Hoffnung an sie. Sehr viele Kriegsfreiwühge, darunter 80% meist junge Leute. Brief von Heinrich über Brief v. Usedoms an Prinzen und Einfluß der Prinzessin458. Brief Ballins an Staatssekretär, der jetzt scharf SteUung gegen England nimmt459. Pohl teüt Staatssekretär mit, daß ihn gestern Reichskanzler hat rufen lassen und mit ihm IV2 Stunde über die Ziele des Krieges gesprochen hat. Pohl hat gesagt, Antwerpen, Ostende, Dünkirchen und Brüssel müßten deutsch werden, ebenso Ostseeprovinzen. Großpolnisches Königreich. Gibraltar spanisch. Malta italienisch, Tunis itahenisch, Ägypten türkisch usw. Harmlos! Pohl behauptet, Reichskanzler sei sehr einverstanden gewesen. Noch harmloser46".
von
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Anfang Oktober versuchte das 4. KavaUeriekorps, die Unke Flanke der engHschen und französischen Truppen zu umfassen, scheiterte aber an überlegenen gegnerischen Kräften. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 208-220. Gleichzeitig besetzte das III. Reservekorps unter General Beseler weitere Teüe Belgiens und erreichte am 15.10.1914 mit der kampflosen Besetzung Ostendes schHeßHch
die Kanalküste. Ebd., S. 295-300. Um vor Einbruch des Winters dennoch die Entscheidung zu erzwingen, setzte die deutsche Armeeführung im Herbst auf dem rechten Flügel fünf im August 1914 bereits neu ausgehobene Reservekorps ein. Vgl. Afflerbach, Falkenhayn, S. 194; Der Weltkrieg, Bd 5, S. 272-274. Nicht ermittelt. Vgl. BalHn an Tirpitz vom 10.10.1914, in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 136 f. Im August/September/Oktober 1914 führte der Generaldirektor der Hapag, BaUin, der sich vor dem Kriege intensiv um eine Verständigung mit Großbritannien bemüht hatte, der inzwischen aber überzeugt war, das Deutsche Reich habe einen »berechtigte[n] Präventivkrieg« begonnen (so BalHn offenbar in einem nicht ermittelten Brief an Admiral MüUer vom 20.9.1914, zit. nach: Tirpitz an BaUin, 27.9.1914, in: ebd., S. 129 f.), einen längeren Briefwechsel mit Tirpitz und auch dem Chef des Marinekabinetts. Ausgangspunkt des Briefwechsels mit Tirpitz war dessen Brief an BalHn vom 27.9.1914, in dem er ihn um dessen Auffassung über »das pekuniäre und wirtschaftHche Durchhaltenkönnen Englands im Vergleiche zu uns« bat. (ebd., S. 130) Diese Briefe waren nicht frei von scharfen Tönen gegen England. (Vgl. z.B. Ballins Brief an MüUer vom 30.8.1914, in: ebd., S. 67 f.) Dennoch plädierte BaUin für einen baldigen Frieden, der den Erwerb überseeischer Gebiete beinhaltete, im übrigen aber auf eine umfassende Verständigung mit England setzte einschHeßUch eines Flottenabkommens sowie einer Verständigung über eine Neugruppierung der Mächte. Daher bat er auch eindringHch, die Flotte nicht einzusetzen, denn »wenn sie [die Engländer] aber [...] auf maritimem Gebiete eine große Schlappe erHtten haben, dann müssen sie kämpfen bis auf den letzten Mann und auf den letzten Groschen. Das Hegt in der Natur der Sache. Das muß selbst der begreifen, der nur für eine KontinentalpoHtik Verständnis hat.« BaUin an Tirpitz, 1.10.1914, ebd., S. 133. Der gesamte Briefwechsel: ebd., S. 128-140. Zum Briefwechsel Ballins mit Admiral MüUer. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 103-106, 305-311. Vgl. auch Tirpitz' Aufzeichnung vom 15.10.1914, in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 142 f. —
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Freitag, den 16. Oktober 1914 Im Osten Angriff auf nach dem herrHchen 8 km von der Stadt
Nachricht, daß Ostende besetzt ist. Sonst nichts Neues.
Lyck zurückgeschlagen461. Nachmittags abliegenden Landsitz von Mr le Chanteur, Schwiegersohn von Mr GaUly, gefahren, mit Tirpitz und Arnauld in dem an der Maas gelegenen Park spazierengegangen. 11 h 30 m N Telephonspruch von Admiralstab, daß nach hoUändischen Pressenachrichten die engHsche AdmiraHtät bekannt gegeben hat, daß am 15. der ge-
schützte Kreuzer »Hawke« in der nördlichen Nordsee durch ein Unterseeboot Sinken gebracht ist462.
zum
Sonnabend, den 17. Oktober 1914 über Untergang »Hawke« bei uns noch nicht eingegangen, da U-Boot noch nicht zurück. 8 h V Zenker nach Antwerpen gefahren, um mit Schröder wegen Ostende, Zeebrügge usw. zu sprechen463. Vom Kriegsschauplatz nichts Neues. Engländer sollen jetzt mit 3-4 Divisionen auf dem Unken Flügel der feindHchen SteUung stehen, die 4 auf unsern rechten Flügel anzusetzenden neuen Reservekorps sind im Anmarsch bzw. der Ausladung. Abends kommt Meldung von »S 119«: »4 h N Bin im Kampf mit feindhchen Streitkräften464.« Hochseechef hat 4 unserer ältesten und langsamsten Torpedoboote zum Minenlegen in die Downs detachiert ohne jede Kreuzer oder sonstige Unterstützung. Unglaubhch, da starke Besetzung der Zugänge zum Kanal doch bekannt. Boote sind zweifeUos verloren, auch Maßnahme, daß eine Torpedoboots fiottiUe zur Aufnahme der 4 Boote nach I Iaaks Feuerschiff gehen soU, von wo die letzte Meldung gegeben, ganz unzureichende Maßregel. Beim Abendessen Diskussion darüber. Pohl sagt, er habe nicht eingegriffen, da er Flottenchef nicht zuviel hereinreden könne und Aktion nicht völHg aussichtslos sei. Staatssekretär betont ihre gänzHche Aussichtslosigkeit. Man hätte zum mindesten die neuesten Boote nehmen müssen. Ebenso wäre Entsendung von »Nautilus«, der höchstens 18 sm laufe, mit »Kolberg« als einziger Unterstützung sehr gewagt465. (SoUen vor Firth of Forth Minen legen.) 2 neue schnelle
Meldung
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Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 531
f. Im Oktober setzte der Flottenchef mehrere U-Boote gegen die engHsche BlockadeHnie an. Am 14.10.1914 versenkte »U 9« vor der schottischen Ostküste den älteren geschützten Kreuzer »Hawke«. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 168-201, hier: S. 175-180. Das Marinekorps beteiligte sich an den Kämpfen in Flandern im Herbst 1914. Vgl. ebd., S. 202-229. Am 17.10.1914 waren die älteren Torpedoboote »S 115«, »S 117«, »S 118« und »S 119« von Borkum ausgelaufen, um vor den Downs und der Themsemündung Minen zu legen. Dabei wurden sie vor der Insel Texel vom engHschen Kleinen Kreuzer »Undaunted« und vier Begleitzerstörern gesichtet und versenkt. Vgl. ebd., S. 191 -199. Am 17.10.1914 waren ebenfalls der Kleine Kreuzer »Kolberg« und das Minenschiff »Nautilus« zu einer Minenlegeoperation im Firth of Forth ausgelaufen, gaben dieses aber bereits nördHch der Doggerbank auf, da sie befürchteten, vorzeitig gesichtet worden zu sein. Vgl. ebd., S. 190 f.
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466
Kreuzer »Karlsruhe« und »Rostock« seien die geeigneten Schiffe dafür. Pohl, der Notwendigkeit des Riskierens und anderen Sachen faselt, sagt, wir hätten zu wenig Kreuzer. Tirpitz bleibt sehr sachhch und ruhig466. Nach dem Abendessen kamen Graf Stürgkh und Oberst Bienerth, die bis von
IIV2 h blieben.
Sonntag, den 18. Oktober 1914 Laut holländischer Zeitungsnachricht veröffentlicht engHsche AdmiraHtät, daß gestern bei Ilaaks Feuerschiff 4 deutsche Torpedoboote zum Sinken gebracht sind. Unsere Prophezeiung ist also leider wahr gewesen. 10 h Herr WeinHg kam im Auto an, besprach Fragen Schutzschüder für Infanterie in Schützengraben, worüber er bereits mit A.O.K. V. verhandelt hatte, sodann Prämie für Verfahren, alten Kautschuk wieder brauchbar zu machen und Schutzdächer für Lufthallen. Mit ihm im Kriegsrninisterium bei Scheuch gewesen, dann weiter mit ihm und Major Schott im Generalstab bei I Iauptmann Koppen. Falkenhayn, der gerade von Douai zurückgekommen, nicht zu sprechen467. Schott will ihm nachher \rortrag halten. Nachmittags kommen Meldungen aus BerHn, daß »Aictoria Luise« am Südausgang des Sundes von enghschem U-Boot angegriffen, aber nicht getroffen ist trotz 2 Schuß468. Britische AdmiraHtät hat bekannt gegeben, daß »Undaunted« und 4 Torpedobootszerstörer III. Flottüle gestern die Torpedoboote zusammengeschossen haben. Pohl heute ziemhch klein. Bei Ostende sollen kleine Kreuzer und Torpedobootszerstörer Truppen beschießen469.
Tagesmeldung Hopmans an Admiral Eduard v. CapeUe, Charlevüle, den 18. Oktober 1914 BA-MA, RM 3/1148647"
[...]471 Der Verlust der 4 Torpedoboote (»S 1119« usw.), die den Auftrag gehabt haben, in den Downs Minen zu legen, hat Seine Exzellenz sehr verstimmt. Er hat von Anfang an betont, daß es nach seiner Ansicht grundsätzhch falsch sei, Torpe466
467
468 469
47,1
471
¿{e Tagesmeldung I Iopmans vom 18.10.1914. Am 16.10.1914 war Falkenhayn in das Hauptquartier des Kronprinzen Rupprecht in Douai gefahren, um mit diesem die weiteren Operationen zu besprechen. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 287-291. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 1, S. 206 f. Nach der Besetzung der belgischen Kanalhäfen durch deutsche Truppen griffen kleinere engHsche Einheiten von See aus in die Kämpfe an der Küste ein. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd2,S. 202-229. Mit einigen Abweichungen und Auslassungen auch in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 145 f. Folgen Aufzeichnungen über den Besuch des Generaldirektors der DiUinger I Iüttenwerke, Wein-
Vgl
1914
467
doboote ohne die erforderUche Kreuzerunterstützung anzusetzen. Noch in seinem Schreiben an Chef des Admiralstabs vom 11. des Monats kommt dies bestimmt zum Ausdruck. Dazu hat man dieses Mal noch den unbegreiflichen Fehler gemacht, zu der Unternehmung, die doch aUer WahrscheinHchkeit nach auf feindlichen Widerstand rechnen mußte, ganz alte Boote zu nehmen, die weder weglaufen noch selbst nur gegen Destroyer sich wehren konnten. Der Befehl zu der Aktion stammt vom Flottenchef, er war hier, d.h. beim Admiralstab, vorher bekannt. Admiral v. Pohl hat, wie er gestern Abend bei Tisch sagte, nicht eingegriffen, weü er die Selbständigkeit des Flottenchefs nicht zu sehr einschränken dürfe und das Unternehmen zwar für recht gewagt, aber doch nicht aussichtslos hielte. Er hat kein Gefühl dafür, daß das Wagen nur da am Platze ist, wo man berechtigte Aussicht auf Erfolg hat, nicht aber, wenn aUe Überlegungen gegen den Erfolg sprechen. Mir persönhch ist das gänzHch unverständHch, wie der Flottenchef einen solchen Befehl hat geben können. Das habe ich geäußert, sobald ich davon hörte und nicht erst jetzt. [...]472 Der Herr Staatssekretär war gestern bei Herrn v. Jagow. [...]473 Aus der dann folgenden längeren Unterhaltung der beiden Herren hat müder Staatssekretär erzählt, Jagow habe sich wieder als völHger Kontinental-Pohtiker entpuppt, sei für ein eventaeUes Zusammengehen mit Rußland unter Freigabe von Konstantinopel usw. gar nicht zu haben und habe hinsichtlich der Entwicklung der jetzigen Situation auch keinerlei klare Ziele. Er (Jagow) habe auch betont, daß erst größere Entscheidungen erfolgen müßten, bevor man sich ein BUd darüber machen könne, im übrigen glaube er, daß die ganze Geschichte infolge aUgemeiner Erschöpfung allmähhch abflauen und im Sande verlaufen werde. Die wichtigste Ansicht für den Leiter unserer Auswärtigen PoHtik.
Montag, den 19. Oktober 1914 11h Staatssekretär beim Reichskanzler, der ihn über die Frage sprechen wollte, wir bei günstigem Kriegsausgang mit Belgien machen soUten474. Staatssekretär hat geäußert, zunächst hinge das davon ab, wie die Entscheidung ausfiele. Reichskanzler sagte, an eine Annexion von ganz Belgien sei nicht zu denken. Antwerpen müßten wü aber behalten, das verlange die Nation. Die Armee wolle Eüttich. Es frage sich, ob wü ein Couloü von Lüttich nach Antwerpen haben müßten. Staatssekretär hat dies bejaht, Frage der Besitzergreifung von Calais-Boulogne offen gelassen und nicht stark gefordert. Antwerpen Freistadt à la Hamburg. Staatssekretär gemeint, Holland müsse dann ZoUanschluß erstreben.
was
472
473 474
Folgen Aufzeichnungen über eine beabsichtigte Minenlegeoperation im Firth of Forth. Folgen Aufzeichnungen über ein Gespräch zwischen Tirpitz und Jagow über das engHschjapanische Verhältnis. Vgl. die aUerdings nicht ins Detaü gehenden Ausführungen Tirpitz' in dessen Brief an seine Frau vom 19.10.1914, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 423, sowie Tirpitz' Aufzeichnung (undatiert) über dieses Gespräch in: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 1, Nr. 146 (mit weiteren Verweisen).
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468
Reichskanzler, daran werde schon gedacht, ZoUanschluß mit Österreich sei in Vorbereitung. Man denkt ferner daran, Elsaß-Lothringen zwischen Baden, Bayern
und Preußen aufzuteilen475. Admiral v. MüUer, den Tirpitz gesprochen, ist über die Äußerungen Pohls dem Reichskanzler gegenüber betreffend Friedensfrage gleichfaUs sehr erbost, ebenso über die Entsendung der 4 Torpedoboote. Ist mit der Absicht des Staatssekretärs, nach Kiel und Wilhelmshaven zu fahren, um zu sehen, was dort noch an Personal und Material entbehrt werden kann, durchaus einverstanden. Pohl hat im Generalstab erfahren, daß Hindenburg heute nacht nach Radom zurückgehen wül, da Übermacht der Russen doch zu groß. AUes dazu vorbereitet. Angriffe der Russen alle abgeschlagen476. 8 h Mit Staatssekretär zur Abendtafel bei S.M., wo außer Begleitung noch der I Ierzog von Braunschweig477 mit Adjutanten, I Ierr v. Valentini und Treutier waren478. Kaiser Heß sich zunächst über den Verlust der 4 Torpedoboote aus und meinte, das käme daher, daß unsere Boote zu klein seien. Staatssekretär und ich wiesen darauf hin, daß das unsere ältesten Boote gewesen seien, die 18 sm Hefen, voUbepackt mit Minen und ohne jede Unterstützung. S.M. meinte, so was macht man eben nicht, worauf wir beide zustimmten. Bei Tisch, wo ich zwischen I lerrn v. Gontard und Valentini saß, schimpfte der Kaiser auf Grund eines von Karl Peters479 im »Tag« geschriebenen Artikels über die Behandlung der Deutschen in England aufs schärfste über die Engländer und sagte, er habe Reichskanzler befohlen zu veranlassen, das Gleiches mit Gleichem vergolten werde. Aus seinen sonstigen Erzählungen ging hervor, daß er annimmt, die Franzosen seien kriegsmüde und bald erledigt. Ich glaube, er irrt sich, namentHch hinsichthch der Eng473
476
477 478
479
Sorge vor einem Machtzuwachs Preußens nach dem Kriege forderten vor allem Bayern und Württemberg seit Beginn des Krieges Kompensationen. Vgl. die Aufzeichnung über ein Gespräch des preußischen Gesandten in München, Schoen, mit dem bayerischen König, Eudwig III., am 15.8.1914, Anlage zu: Hertling an Eerchenfeld vom 15.8.1914, in: Herding, Briefwechsel, Bd 1, Nr. 121, sowie die Aufzeichnung IlertHngs vom 28.8.1914, in: ebd., S. 337 f., Anm. 4., sowie ausführUch: Janßen, Macht und Verblendung. Zu den Kämpfen an der Südwestfront im Oktober, bei denen es teüweise zu erhebUchen Differenzen zwischen Hindenburg und Conrad v. Hötzendorf kam vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 435-500, hier: S. 462-471; Österreich-Ungarns letzter Krieg, Bd 1, S. 341 600. Ernst August, I Ierzog von Braunschweig und Eüneburg, Schwiegersohn des Kaisers. Vgl. dazu Tirpitz' Brief an seine Ehefrau vom 20.10.1914: »Gestern abend beim Kaiser, der gänzAus
-
Hch unverändert ist und mit sich gar nicht ernstlich reden lässt, obwohl ich das versuchte.« In: Tirpitz, Erinnerungen, S. 424. Vgl. dagegen die Tagebucheintragung MüUers vom 19.10.1914: »Abends Tirpitz u[nd] I Iopman mit bei S.M. T[irpitz] war sofort bereit, die Torpedobootsexpedition als Fehler der Flottenführung hinzusteUen. So untergräbt er, ohne die Motive von Ingenohl zu kennen, das Ansehen des Flottenchefs bei S.M.« BA-MA, Nachlaß Müller, N 159/4 (auch, mit leichten Abweichungen, in: MüUer, Regierte der Kaiser?, S. 65 f. Anlaß für diesen Artikel waren Ausschreitungen in Eondon gegen Eäden, die Deutschen gehörten, sowie die Verhaftung von angebHchen deutschen Spionen. Vgl. Der große Krieg, 1914, S. 700 f., 716 f., 721, 725. Nach längeren Verhandlungen konnten wohl Frauen und Kinder ausreisen, nicht aber wehrpflichtige Nlänner im Alter zwischen 17 und 55 Jahren. Am 6.11.1914 wurden aUe im Deutschen Reich lebenden engHschen Männer dieses Alters interniert. Ebd., S. 820 f. Vgl. auch Tirpitz' Peters weitgehend zustimmenden Brief an seine Ehefrau vom
19.10.1914, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 424.
1914
469
länder, bei denen er Ahnhches voraussetzt, und ist sich über den Ernst der Situati-
immer noch nicht recht bewußt. Ich sehe diese jedenfaUs ganz anders an, es ist dies das Produkt meiner Erfahrungen und Erkenntnisse der letzten Jahre, die mir gezeigt hat, wie plan- und zieUos bei uns regiert und besonders PoHtik getrieben ist. Das >Sic volo, sie jubeo< hat sich Deutschland leider zu sehr gefaUen lassen, die andere Welt tat das nicht und hat ihren eigenen festen WUlen. Ich kann mich auch des Eindrucks nicht erwehren, daß es mit dem Regieren und Leiten auch in dieser tiefernsten, schicksalsschweren Zeit nicht besser geworden ist. Es fehlt an einem einheitlichen, klaren festen WiUen, sowohl in der PoHtik wie in der Kriegführung. Wk haben keinen Staatsmann, der das Ziel des Krieges bestimmt hat und noch bestimmt, keinen Feldherrn, dessen Wüle zum Sieg das ganze Heer mit seinem Geist durchsetzt, keinen Flottenführer, der die Bedeutung und die Aufgabe unserer Flotte in diesem Existenzkampfe Deutschlands erkannt hat. S.M., von Schwächungen umgeben, fühlt sich noch immer als suprema lex und redet dazwischen, meist nur aus persönhehen oder kleinhchen Gesichtspunkten und hat für die großen Fragen der Zeit kein Empfinden. Dem gewaltigen und in vielen seiner GHeder so gesunden und starken Körper unserer Nation fehlt der klar denkende nüchterne Kopf, das Gehirn, das uns leitet ist überspannt und matt, es hat keinen Sinn für ReaHtäten. Ich versuche stets, aUe Bedenken, die sich nur vor Augen stellen, bei Seite zu schieben und im I linbHck auf die glänzenden Eigenschaften unserer Nation so optimistisch wie mögHch zu denken, trotz aUedem sagt mir mein der Gefühl, Krieg ist und bleibt ein großes Unglück für Deutschland, er wird und kann nicht so enden, wie man es sich bei Beginn vorsteUte und sich heute der größte TeU der Nation noch vorsteUt, sondern als starker Rückschlag unserer weltpoHtischen und weltwirtschaftlichen SteUung. Wü sinken zurück zu einer Kontinentalmacht, halb Agrar- halb Industriestaat von Gnaden des Anglosachsentums. Wir können unmöghch gegen die ganze Welt in Waffen stehen. Denn Osterreich versagt, wü haben es mihtärisch völHg überschätzt und uns zum Diener seiner unmögHchen BalkanpoHtik gemacht, für die Bismarck seinerzeit nicht die Knochen eines pommerschen Grenadiers opfern wollte. Die AlHanz auf Leben und Tod mit diesem »anachronism« war fehlerhaft. Suchten wü Entwicklung nach den Ozeanen hin, so mußten wü uns an Rußland anschHeßen, erstrebten wir das Zurückhalten bzw. Zurückdrängen des Slawentums, so mußten wü mit England I land in I land gehen. Letzteres wäre mir persönhch das Sympathischere gewesen, Tirpitz hat die andere Richtung, die poHtisch vom großen Gesichtspunkte aus wohl auch die richtigere war, verfolgt, aber die Grundbedingung dafür, den Anschluß an Rußland, nicht erreicht. Unsere Diplomatie hat vielmehr im entgegengesetzten Sinne gearbeitet und S.M. bald den einen, bald den anderen vor die Schienbeine gestoßen. So haben wir es fertig gebracht, die beiden größten Rivalen auf der Welt, England und Rußland, zusammenzubringen und stehen jetzt dem Anglosachsen tarn (denn auch die Yankees sind im Herzen gegen uns), dem Slawentum und dem Romanentam gegenüber, ohne das Germanentum konzentriert zu haben und mit einem Bundesgenossen, dessen staathehe und nationale Kraft doch recht wackeHg ist. Daß wü im Großen die Sieger bleiben, erscheint mir sehr on
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zweifelhaft, vor aUem, weü wir keine Männer haben, die es verstanden haben und verstehen, die im Germanentum steckende große Kraft richtig anzusetzen. Es
handelt sich um die große Frage, wird Deutschland bei der Verteilung der Welt neben den Anglosachsen und Slawen als eigenes Volkstum mitbestimmend auftreten oder im Gefolge eines der beiden gehen. Ich glaube, wir kommen ins Schlepptau der erstgenannten als PreUbock gegen die Slawen. Nichts wäre mir angenehmer, als wenn ich mich täuschte und Deutschlands Kraft so gewaltig wäre, daß es Sieger bleibt gegen alle seine Widersacher aüein in der Welt. Unser Volk neigt dazu, deren Kraft zu unterschätzen. So spricht man schon seit 6 Wochen von dem Zusammenbruch der französischen Armee, aber ihr Widerstand bleibt genau so zähe wie vorher. Englands miHtärische und wirtschaftHche Widerstandsfähigkeit wächst im Verhältnis zu der unseren mit der Zeit. Rußland können wir wohl abhalten, aber nicht niederwerfen. Dazu ist es zu groß, zu stumpf und nervenstark und die Österreicher müitärisch zu schwach. Wie lange die Welt den Krieg noch aushält, ist eine schwierige Frage. Es sprechen so viele miHtärische, poHtische, wirtschaftHche, physische und psychische Momente mit, die noch gar nicht zu übersehen sind, daß jede Antwort eine Vermessenheit ist. Ich glaube, die allgemeine Erschlaffung auf dem Kontinent kommt schneller als man denkt, dann hat England erreicht, was es woUte, Europa ist verarmt, seine Industrien für lange Zeit stark geschwächt, die Möglichkeit einer Einigung des Kontinents unter deutscher Führung für lange Jahre zurückgedrängt. Nach dieser Abschweifung zurück. Staatssekretär bat S.M. bei dem Essen um Zustimmung, daß er nach Wühelmshaven und Kiel fahren könne, um sich dort persönHch zu überzeugen, was an Personal und Material dort noch für Marinedivision entbehrhch sei. Im Anschluß daran woUe er für 1-2 Tage nach BerHn fahren, um dort verschiedene I Ierren [zu] sprechen. S.M. war sehr einverstanden.
Dienstag, den 20. Oktober 1914 Zenker gestern abend zurückgekommen, ist in Antwerpen, Gent, Brügge und Zeebrügge gewesen und hat mit Konteradmiral z.D. Witschel dort die Verhältnisse besichtigt. Im aUgemeinen wenig zerstört. Zugänge zu den I Iäfen nicht verblockt.
Kleine Marinedetachements bereits dort48". Staatssekretär entschheßt sich, seine Reise morgen anzutreten. Dementsprechende Telegramme an R.M.A., Marinedivision usw. Auf Spaziergang nachmittags entwickelt Staatssekretär Gedanken, ob er bei Rückkehr S.M. Vortrag und dabei seine Anschauung über unsere Seekriegführung zum Ausdruck bringen soUe. S.M. werde sicher nicht darauf eingehen, dann kann er aber als überflüssig nach BerHn fahren und damit dem Kaiser und vor aUem der Nation zu erkennen geben, daß er mit der Art der Verwendung der Flotte in diesem Kriege nicht übereinstimme. Er kann unmöghch dem bisherigen Verfahren 480
Vgl. das Schreiben Zenkers
an
Tirpitz und Pohl vom 20.10.1914, BA-MA, RM 3/5638.
1914
weiter
471
ruhig zusehen.
Er sei doch letzten Endes der Urheber unserer FlottenpoHder Nation die Verantwortung und kann es nicht verantworten, daß tik, trage in diesem Existenzkrieg die Flotte gar nicht zum Tragen komme, daß die gewaltige Macht, die sie verkörpere, überhaupt nicht zur Anwendung gelange. Das sei eine stülschweigende Bankrotterklärung unser gesamten PoHtik der letzten Jahrzehnte, die die Entwicklung Deutschlands als Welt- und Seemacht zum Ziel gehabt hätte. Die Nation müsse sehen, daß er so etwas nicht mitmache. Ich erwiderte, daß ich dies durchaus verstände, ein ostentatives Abrücken seinerseits von S.M. und unserer jetzigen Regierung sei doch sehr bedenklich und könne im In- und Ausland schwere Folgen haben. Eigenthch hat er recht, vielleicht wäre es richtig gewesen, er hätte schon Vorjahren, Winter 1911/12, S.M. den Scheidebrief gegeben. Ich glaube, das bedauert er jetzt. Abends 7 h beim Kriegsministerium und dort von Major v. Berg Erkundigungen über Situation geholt. Angriff von 9 Korps auf dem rechten Flügel befohlen481. Situation für uns dort günstig, darf aber nicht zu optimistisch beurteilt werden, weü Terrain sehr schwierig. Man hofft aber doch auf große Erfolge. Beschießung von Verdun wüd vorbereitet, könne in 10-12 Tagen beginnen. Im Osten hält Hindenburg noch aus, 3 österreichische Korps kommen von Süden längs des Weichselufers heran. Österreicher kommen am San-Fluß nicht vorwärts482. SchreckHche Bundesgenossen. Beim Abendessen Kontroverse zwischen Tirpitz und Pohl über unsere Kriegführung, die Tirpitz schHeßHch abbrach483. vor
Mittwoch, den 21. Oktober 1914 9 h 45
m V Staatssekretär nach Köln abgefahren in unserm Auto, geleitet von Auto des Generalstabs, das vom Vizefeldwebel GawHk geführt wurde. (Ingenieur, Kriegs fr eiwUHger, gebüdeter Mann). Nachmittags Spaziergang mit Zenker und Usedom. Dann im Kriegsministerium bei Major v. Berg. Lage gegen gestern nicht sehr vorgeschritten. Beseler ist gegen die ihm gegenüberstehenden, mit viel schwerem Geschütz ausgerüsteten Belgier etc., offenbar die Antwerpen-Armee, nicht weit vorgekommen, hat sich an die Yser herangearbeitet, diese aber noch nicht überschritten484. 4. Armee ist auf keinen starken Widerstand gestoßen und
einem
481
482
483 484
Mit dem Angriff der 4. und 6. Armee zwischen dem Meer und La Bassée begann die erste Flandernschlacht. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 304-350, 357-401. Zu Falkenhayns Zielen vgl. übergreifend Afflerbach, Falkenhayn, S. 190-197. £)¡e Kämpfe der k.u.k.-Armee am San im Oktober 1914 dienten dem Ziel, die seit dem Rückzug aus OstgaHzien am 16.9.1914 von russischen Truppen eroberte Festung Przemysl zu entsetzen, was vorübergehend auch gelang. Zugleich unterstützte die k.u.k. 1. Armee den Angriff Hindenburgs auf Ivangorod und Warschau, der sich aufgrund erhebHcher russischer Gegenwehr schwieriger gestaltet hatte, als ursprüngHch geplant. Vgl. Österreich-Ungarns letzter Krieg, Bd 1, S. 378-488; Der Weltkrieg, Bd 5, S. 425-485. Auseinandersetzungen zwischen der deutschen und der k.u.k.-Armeeführung behinderten die Kriegführung im Osten zusätzHch. Weder in Pohls »Aufzeichnungen« noch in Tirpitz' »Erinnerungen« wird hierüber etwas mitgeteilt.
Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S.
304-312.
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hat ihre Marschziele erreicht. Die 4 Korps, die nördHch und südHch LiUe vorgegangen sind, haben 2-3 km Terrain gewonnen485. Von Toul aus hat heftiger Vorstoß gegen Unken Flügel der Strantzschen Armee stattgefunden, bei denen die Sturmkolonnen bis auf 50 m an unsere Linien herangekommen, aber unter schweren Verlusten zurückgeworfen sind486. Im Osten ist Hindenburg in die Linie Radom—Skierniewice zurückgegangen, da aus seinen jetzigen SteUungen Russen unangreifbar. Diese sind ihm nicht gefolgt. Er hofft, daß sie nachkommen, so daß er sie dann im Verein mit den von Süden kommenden 3 österreichischen Korps fassen kann. Er hat im Ganzen 10 Korps. 8V2 h N Telephongespräch mit Tirpitz, der um 6V2 h in Köln angekommen. Hat einen Autounfall gehabt. Auto ist durch Schleudern in Chausseegraben gefahren, Tirpitz dabei mit Kopf durch Scheibe gestoßen, hat eine leichte Schnittwunde auf dem Kopf, die er sich in Köln hat verbinden lassen. Ist aber guter Laune.
Donnerstag, den 22. Oktober 1914 Vormittags langen Brief an Imme begonnen über meine Auffassung der Situation im aUgemeinen487. Hauptmann v. Koppen von der Operationsabteüung bei mir in Sachen der Verteüung der Luftschiffe, an der Oberst Eschmann in BerHn wieder rütteln wül. Koppen schheßt sich meiner Auffassung an, daß es bei bisheriger Verteilung bleibt. Teüt mir mit, daß große Operation etwa zu Mitte November gegen London geplant wird, erst Flugzeuge, dann Luftschiffe, dann wieder Flugzeuge. S.M. hat Genehmigung dazu erteüt. Nachmittags Spaziergang mit Zenker und Usedom. Dann im Kxiegsministerium bei Major v. Berg. Lage auf rechtem Flügel seit gestern wenig weiter entwickelt. Beseler hat Yser noch nicht überschreiten können. Die beiden nördHchen neuen Reservekorps haben geringen Widerstand, meist nur Territorialtruppen und Kavallerie, gefunden und gute Fortschritte gemacht. Die beiden südlichen der neuen Korps sind auf das bisher noch nicht erkundete engHsche Armeekorps und eine engHsche Division gestoßen und nur langsam vorwärts gekommen. Die Korps nördHch und südlich Lüle haben unter heftigen Kämpfen 3-5 km Terrain gewonnen. Beim Vorstoß von Toul aus haben Franzosen etwa 1000 Tote hegen lassen. Im Osten hat Hindenburg die SteUung Radom—Skiernievice erreicht. Russen sind nur zögernd gefolgt. I Iindenburg bereitet sich jetzt zur Offensive vor. Hoffentlich erringt er einen dritten Sieg. Österreicher kommen
483 +8' 487
Vgl. ebd., S. 316. Ebd., S.
356 f. Nicht überHefert.
am
San nicht vorwärts.
1914
473
Freitag, den 23. Oktober 1914 Brief an Ib. fertig geschrieben und abends mit Kurier ab. Sonst nichts Besonderes. Lage auf dem nördlichen Flügel war gestern abend günstig. Beseler hat mit einigen Bataillonen die Yser überschritten. Die 4. Armee hat im aUgemeinen gute Fortschritte gemacht, Engländer beim langsamen Zurückweichen haben starke Verluste gehabt. Nachricht, daß »Emden« wieder 6 Dampfer versenkt hat488. Am Abend zum Essen als Gäste Graf Bothmer, der Schwiegersohn von Pohl, der Ordonnanzoffizier bei General v. Emmich ist, der Besitzer des Autos, der ihn gefahren, Prof. Schillings, der bekannte Klavierkünstler und Komponist, ein anderer Herr vom KaiserHchen AutomobUkorps, Herr Schön, und Hauptmann FlUler v. GaertLetzterer vom 73. mit dem Regiment ausgekehrt als letzter der ringen Regiment. rückten Offiziere zur Erholung in die Heimat zurück. Er ist infolge einer in seiner Nähe erfolgenden Granatexplosion etwas gelähmt. Von seiner Kompanie sind noch 3 Mann des ursprünghchen Bestandes da, von dem Bataillon, das er zuletzt geführt, noch etwa 30. HiUer erzählt in sehr anschauhcher bescheidener Weise, die erkennen läßt, was für eine ausgezeichnete Persönlichkeit er ist, von seinen Erlebnissen, namentHch während des Positionskrieges der letzten Wochen. Die physischen und psychischen Anforderungen, die dabei von unsern Leuten gefordert werden, grenzen ans Unfaßbare, werden aber mit geradezu hervorragender Aufopferung und Hingabe getragen. HUler ist vom Siege unserer Sache, von der körperlichen und seehschen Überlegenheit unseres Volkes auf das Festeste überzeugt. Als größten Nachteü unserer jetzigen Lage bezeichnet er das Fehlen des jungen Offiziers, den es fast nicht mehr gibt. Hüler ging bald von uns allen mit den besten Wünschen begleitet, unterhielt mich dann hauptsächhch mit Prof. Schillings, der lange in Belgien gewesen und die dortigen Ereignisse meiner Ansicht sehr richtig beurteüt (Löwen, Dinant usw.), überhaupt ein sehr klares kluges Urteü hat. Nachher spielte er uns im Salon auf dem Flügel, der noch ganz leidlich ist, eine Phantasie aus den »Meistersingern« und später, nachdem Pohl von seiner Einladung beim Reichskanzler zurückgekommen war, den Trauermarsch aus der »Götterdämmerung« für unsere gefaUenen Helden vor. HerrHcher Genuß, namentHch in solcher Situation.
Sonnabend, den 24.
Oktober 1914
Schönes, fast sommerHches Wetter. Vormittags zuerst geschrieben, dann mit Zenker Entwurf für Kabinetts ordre für die weitere Verwendung der Marinedivision 488
Seit Ende September hatte der Kleine Kreuzer »Emden« erneut I Iandelskrieg westHch von Colombo geführt und dabei mehrere Schiffe aufgebracht und teüweise versenkt. Die I landelsschifffahrt in diesen Gewässern wurde daher zeitweüig erheblich eingeschränkt. Vgl. Der Krieg zur See, Kreuzerkrieg, Bd 2, S. 31-50. Eine der Londoner »Times« entnommene Liste der versenkten bzw. gekaperten Schiffe auch in: Der große Krieg, 1914, S. 765.
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gemacht unter wesenthcher Abänderung der vom Generalstab aufgesteUten, (Immédiats teUung, I fauptaufgabe Kleinkrieg gegen England, Regierungsgewalt innerhalb der zu gründenden Marinestation bleibt dem Generalgouverneur). Admiral v. Pohl und MüUer, der gerade hinzukommt, sind einverstanden489. 4 h Nachmitmit diesem Entwurf in Begleitung von Zenker zum Chef der Operationsabtags Oberst der teilung, Tappen, aber gerade zum Vortrag beim Chef ist, wo Stabschef v. Knobeisdorf, ist. Bis 5V£ h gewartet, währenddessen Roedern über Situation Major Vortrag angehört. Entwicklung bis gestern abend nicht besonders günstig. Beseler hat mit 1 Division Yser-Kanal überschritten, aber 6, aUerdings wohl sehr dezimierte belgische Divisionen vor sich, daran anschheßendes neues Reservekorps ist gut vorwärts gekommen, wird heute hoffentlich Dixmuide nehmen. Nächstes Korps hat zurückgenommen werden müssen. Beide weiteren Korps nur geringe Fortschritte. Engländer haben starke Stel6. lungen ausgebaut. Armee hat nördHch und südHch Lille nur geringe Fortschritte gemacht. Sonst auf der ganzen Linie nichts vorgefallen. Im Osten keine besonderen Veränderungen. Zum Abendessen bei Generalleutnant Sieger, bei dem außer seinem Stabe noch General v. Schubert, bisheriger Befehlshaber der 8. Armee, war, der nach nur 14tägiger Befehlsführung abgelöst ist. Von dem Gespräch zu erwähnen ungemein starker, zweckloser Munitionsverbrauch der 6. Armee (Kronprinz von Bayern), Schwierigkeiten ihrer Führung der Heeresleitung gegenüber, Widerstand gegen Ansatz auf rechtem Flügel, der 14 Tage früher hätte erfolgen müssen und dann dem Kriege eine andere Wendung gegeben hätte. A'orgehen gegen Epinal vöüig zwecklos. Auch jetzt 6. Armee wenig geleistet und nach wie vor starke Munitionsvergeudung. Sieger erzählt, kurz vor 8 Uhr sei im Generalstab Nachricht eingetroffen, daß Gegner auf unserm rechten Flügel mit starken Kräften wieder angreife. Vielleicht ist das für uns günstig. I loffenthch haben die 4 neuen Korps genügend Widerstandskraft, denn ganz auf der I Iöhe sind sie noch nicht. 6. Armee soU von der Flanke eingreifen.
der 5.
Armee, General von
v.
Die Anregung für eine weitere Verstärkung des Marinekorps ging offenbar von Tirpitz aus, fand aber Unterstützung beim Kaiser und dem Chef des Marinekabinetts. Strittig war zunächst jedoch die Frage der UntersteUung des Marinekorps. Die vom Kommandeur, Admiral Schröder, gewünschte Unterstellung unter den Generalgouverneur von Belgien lehnte der Chef des Admiralstabs ab. Dementsprechend wurde diese unmittelbar dem Kaiser unterstellt, allerdings mit der Maßgabe, »Anforderungen des Generalgouverneurs um GesteUung von Truppen zur Unterdrükkung innerer Unruhen oder zur Abwehr drohender feindlicher Angriffe unverzügUch Folge zu leisten.« Vgl. das Schreiben Falkenhayns an das Kommando der Marinedivision vom 25.10.1914, Anlage 28 zum Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/11961 (auch in: Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 290 f.). Vgl. auch das Schreiben Admiral Müllers an die Stationschefs der Nord- und Ostsee sowie den Flottenchef vom 20.10.1914, sowie Tirpitz' Schreiben an Wühelm II. vom 25.10.1914 (aus Kiel). Am 21.11.1914 erHeß Wilhelm II. schHeßHch eine Kabinettsordre, die das bisherige Marinekorps um eine weitere Division verstärkte. Vgl. Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 1, Nr. 58-60.
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Sonntag, den 25. Oktober 1914 11h zum Gottesdienst, den wie allsonntäglich Oberpfarrer Goens in der Reitbahn des FeldartiUerieregiments abhielt, über den Text 2. Korinther 3, A^ers 5 »Nicht daß wü tüchtig sind von uns selber, etwas zu denken als von uns selber, sondern daß wir tüchtig sind, ist von Gott.« Predigt rhetorisch gut, aber nicht zum Herzen gehend. Etwas viel Fanfare, die meinem Empfinden in der jetzigen Situation wenig entspricht. Ich kann nun mal den Gedanken nicht loswerden, daß dieser Krieg zum nicht geringen Teü, so wie er gekommen ist und sich entwickelt, auf unserm Schuldkonto lastet und vielleicht mehr Weltgericht für uns wüd, als wü denken. Sind wü so tüchtig, wie wü es sein könnten? War die Art, wie wü Gott gesucht und verehrt, die richtige, war nicht viel Schein, Heuchelei, Pharisäertum dazwischen? Entsprach unser ausgesprochener Kastengeist, der so viel Unheü angestiftet hat, dem höchsten christhchem Gebot: Liebe deine Nächsten wie dich selbst? Der Schluß der Predigt war wüksam: »Wü haben einen goldenen Schild, das Gottvertrauen und ein stählernes Schwert, das Selbstvertrauen.« Geradezu abstoßend wirkt auf mich die Küchenparade, wo die braven alten Landsturm- und Landwehrleute so gut es ging vorbeistrampelten. Aus der Kirche geht man still und in sich gekehrt nach Hause und macht nicht Paraden. Das ist auch >MüitarismusSic volo, sie jubeo< hat unsere ganze Nation durchsetzt.) Die augenbHckUche Situation betrachtet Adnüral v. MüUer auch als wenig hoffnungsvoU, bezeichnet den Krieg und die Art, wie er herbeigeführt ist, als gänzheh unüberlegt und verfahren und die augenbUckliche Lage als sehr ernst. Sagt ferner, unsere Gegner hätten guten Grund, uns die Absicht, es zum Kriege zu bringen, unterzuschieben. Denn sie könnten es sich nicht erklären, daß wü Osterreich derartig bhnd plein pouvoü gegeben hätten, nachdem wü uns in der letzten Balkankrise doch zurückgehalten hätten. Pohl hat im Generalstab gehört, daß Lage im Osten sehr ernst. Siehe weiter unten.
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Nicht ermittelt. Vor aUem in Kreisen der Konservativen Partei wurde befürchtet, daß der Krieg eine innere Umwälzung zur Folge haben würde. Der Kanzler war jedoch angebUch »entschlossen, nach dem Krieg unter keinen Umständen konservative PoHtik zu machen, über der Frage des preußischen Wahlrechts eventueU zu gehen und auch Radau zu machen.« Vgl. die Tagebucheintragung des Sekretärs von Bethmann HoUweg, Riezler, vom 22.10.1914, in: Riezler, Tagebücher, S. 219. Zu den teüweise grotesken Formen, die diese Furcht annahm vgl. die Eintragungen vom 13.9, 29.9, und 1.10.1914, ebd., S. 206 f., 209, 211. Vgl. dazu die Eintragungen MüUers in seinem Tagebuch vom 14.10., 22.10. und 26.10.1914, in: Müller, Regierte der Kaisers?, S. 65 f.
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Nachmittags wieder mit Prinz Waldemar, Usedom und Zenker spazierengegangen. Dann im Kriegsministerium über Lage informiert. Westen wenig verändert. Osten sehr bedenklich. Die Russen haben Österreicher bei Ivangorod geschlagen, indem sie ihre Mitte durchbrachen. Österreicher in vollem Rückzug. 9. Armee hat infolgedessen auch Rückzug angetreten, nachdem sie alle Angriffe abgeschlagen, wül erst wieder bei Czenstochau in SteUung gehen. Man hofft, daß Rückzug ohne starke Verluste durchführbar. Die 4 Korps, die nördHch I lindenburg standen, sind nicht zur Umfassung eingeschwenkt, sondern marschieren auf Thorn. Hauptreserve von Thorn und Posen, die bei 9. Armee, können wahrscheinHch dorthin nicht zurück, es soUen Truppen von 8. Armee dorthin geworfen werden. Dadurch wird Ostpreußen wieder entblößt. Flindenburg hat um möghchste Unterstützung gebeten. Einige KavaUeriedivisionen von Westen bereits auf Transport nach Osten497.
Mittwoch, den 28. Oktober
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des feuchten Wetters wegen nach Aiglemont geritten. Zenker erzählt, daß gestern HVzhN Hauptmann v. Cochenhausen vom Generalstab mit Telegramm des Militärattaches Konstantinopel gekommen sei, in dem dieser mitteilt, Souchon sei mit gesamter türkischer Flotte ausgelaufen unter der Firma von Manövern, aber mit der Anweisung, auf einen ihm zugehenden Befehl Envers russische Flotte oder Häfen anzugreifen498. Müitärattachc nimmt an, daß russische Flotte, um Kriegsausbruch zu vermeiden, Rekruten auswechselt und daß, da in Konstantinopel noch einflußreiche Kreise gegen den Krieg seien, Souchon Befehl zum Losschlagen nicht erhalten werde. Er empfiehlt deshalb unserer obersten Heeresleitung, für Souchon Befehl zu erwirken, daß er unter allen Umständen losschlagen und damit den Kriegszustand Rußland-Türkei herbeiführen soUe. Pohl hat, wie Zenker erzählt, zuerst die Absicht gehabt, sofort an Souchon in diesem Sinne auf seine Verantwortung zu telegraphieren, hat aber dann auf Zenkers Rat noch Rücksprache mit Jagow genommen. Dieser hat dringend abgeraten mit der Begründung, daß es die Türkei sehr übelnehmen könne, wenn wir gewisser-
Vormittags
Auf Bitten Hindenburgs steUte Falkenhayn diesem am 26.10.1914 die 5. Kavallerie-Division sowie »40 000 ausgebildete Eeute ohne Offiziere und mit wenig Unteroffizieren« zur Verfügung. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 488 f. Bereits am 14.9.1914 hatte der türkische Kriegstrunister Enver Pascha Admiral Souchon ermächtigt, ins Schwarze Meer auszulaufen und ihm dabei volle Handlungsfreiheit gegen Rußland zugesichert. Auf Druck des Kabinetts hatte er diese Ermächtigung aber am 16.9.1914 zurückziehen müssen. Am 22.10.1914 unerzeichnete Enver erneut einen Befehl an Souchon, »die Seeherrschaft im Schwarzen Meer« zu erringen und die russische Flotte »ohne Kriegserklärung« anzugreifen. Am 29.10.1914 griff die türkische Flotte schHeßHch die russischen Schwarzmeerhäfen Sevastopol', Odessa, Feodosija und Novorossijsk an und setzte dort Petroleum- und Getreidedepots in Brand. Während dieser Angriff bereits im Gange war, erhielt das Flottenkommando am 28.10.1914 einen Befehl der deutschen Botschaft in Konstantinopel, in dem mitgeteilt wurde, daß die poHtische Eage den Kriegsausbruch erfordere. Vgl. Wallach, Anatomie einer Müitärhüfe, S. 166 f.; Der Krieg zur See, Der Krieg in den türkischen Gewässern, Bd 1, S. 45-57.
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maßen über ihren Kopf hinweg für sie den Krieg an Rußland erklärten. Wü gäben ihr damit die Möghchkeit zu erklären, sie selber habe den Krieg und die Eröffnung der FeindseHgkeiten nicht gewoUt und auch nicht angeordnet, sondern sei von Deutschland düpiert worden. Bei der Ungunst unserer augenblicklichen Lage in Polen sei es gar nicht ausgeschlossen, daß die Türkei hiervon Gebrauch mache. Dann sei ein völhger Umschwung der jetzt uns noch günstigen Stimmung zu erwarten. AugenbhckHch seien wü der Türkei noch ziemHch sicher. Ihre Neutrahtät sei bisher der I Iauptgrund dafür gewesen, daß Rumänien nicht an die Seite Rußlands getreten sei. Die Eröffnung der FeindseHgkeiten mit Rußland könne das ändern, besonders wenn wü nicht bald durchschlagende Erfolge erzielten. AhnHch sei es mit Bulgarien. SchHeßHch das ist nach meiner Ansicht das Bezeichnendste sei es fraghch, ob es noch richtig sei, uns mit den Türken zu sehr zu Hieren. Krache Österreich zusammen, dann könnten wü vielleicht unter Aufgabe von Österreich und der Türkei zu einem günstigen Separatfrieden und gutem Verhältnis mit Rußland gelangen. Adnüral v. Pohl hat nicht telegraphiert, vielmehr heute vormittag die Entscheidung S.M. eingeholt, der befohlen hat, es soUten keine weiteren Anweisungen an Souchon ergehen. Man müsse die Entscheidung über Krieg und Frieden den Türken selbst überlassen, unser Einverständnis mit den beabsichtigten Operationen hätten wü ja schon gegeben. S.M. hat sich unwillig darüber geäußert, daß die den rechten Heeresflügel beschießenden engHschen Schiffe noch nicht von unsern U-Booten beschossen würden und für die Abstellungen Pohls wenig Verständnis -
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gehabt.
In der Nacht ist ferner ein Telegramm der Marinedivision an Adnüralstab gekommen, daß nach einer Agentennachricht die Engländer in der Nacht von Freitag auf Sonnabend 15 000 Mann in Ostende landen wollen. Nachricht hat im Generalstab ziemHch eingeschlagen und Pohl Gelegenheit gegeben darauf hinzuweisen, daß langes Zurückhalten der Marinedivision in Antwerpen usw. unrichtig gewesen sei. 4.. Armee hat Befehl erhalten, Vorkehrungen gegen Landung zu treffen. Marinedivision ist ihr untersteUt dazu. Meiner Ansicht nach ist Nachricht sehr unwahrscheinlich. Siehe Abklatsch meiner Tagesmitteüungen. 4V2-6 h N Spaziergang mit Zenker. Dann im Kriegsministerium und dort nach Lage erkundigt, die im Westen unverändert, im Osten nicht so ungünstig ist, wie sie gestern aufgefaßt wurde. Russen drücken nicht nach. Österreicher nicht so entscheidend geschlagen, wie gestern angenommen wurde, sind bald wieder zum Stehen gekommen. Rechter Flügel Hindenburg hat Rückzug unverfolgt angetreten.
(Siehe Tagesmitteilungen)
Donnerstag, den 29. Oktober 1914
Aiglemont geritten. 11h Bei Admüal v. MüUer in Angelegenheit der Wiederherstellung der Friedensorganisation der Torpedo-Inspektion, deren Inspekteur Kapitän v. Mann-Tiechler werden soU. Beim Spaziergang mit Zenker Wieder nach
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nachmittags erzählt mir dieser, um 2 h sei ein Telegramm des Flottenchefs eingetroffen, demzufolge er einen A'orstoß der Kleinen Kreuzer zum Minenlegen gegen Yarmouth beabsichtigt, der durch die Großen Kreuzer und I. und II. Geschwader sämtliche Torpedobootsflottillen, mehrere U-Boote unterstützt werden soU. Gros soll dabei etwa bis TerscheUing vorstoßen, Unternehmung etwa 30 Stunden dauern499. Flottenchef sagt, er halte sie für erforderlich, um der Flotte die notwendige Kriegsfreudigkeit und Energie zu erhalten und bittet um Bestätigung, daß sie innerhalb des Rahmens der ihm erteüten Direktiven Hege. Pohl hat das Telegramm an S.M. geschickt, es auf dringendes Zureden Zenkers warm befürwortend, hegt vom als wir aber, Spaziergang zurückkommen, jetzt schon wieder starke Zweifel, ob diese Befürwortung richtig sei und meint, es sei vielleicht doch besser, die Kreuzer aUein zu schicken. Zenker hat Um darauf aufmerksam gemacht, daß wir mit solchen, ununterstützten Unternehmungen doch schon genügend schlechte Erfahrungen gemacht hätten. In der Abendmeldung des Admiralstabs befindet sich das wichtige Telegramm Wangenheims, daß russische Flotte am 28.10. die Übungen der türkischen gestört und am 29.10. die Feindsehgkeiten eröffnet habe. Also endHch geht's in der Türkei und hoffentlich damit in der Welt des Islams los. Es beginnt ein neues Stadium des \rölkerringens, das für uns nur günstig wirken
kann. 8 h Mit Zenker zum Abendessen bei Prinz Waldemar und Usedom, welch letzterer Geburtstag hat. Im Hause von Busenstein gegessen. Außer diesem noch anwesend Arnoldi vom KaiserHchen Autoclub, Major Rauch von der Nachrichtenabteüung, Hauptmann Koppen von der Operationsabteilung des Generalstabs. Busenstein und Rauch beurteüen Lage ernst, Koppen mit einem sehr frischen Optimismus, der etwas sehr weit geht. Beim Nachhausekommen erfahren, daß S.M. Genehmigung zu dem geplanten Vorstoß der Flotte gegeben und nur den Wunsch geäußert hat, daß nach Norden durch Luftschiffe und FHeger gut aufgeklärt werden soUe, damit Abschneiden verhindert würde. 6 h N Auf Kriegsministerium über Lage erkundigt. Keine wesenthche Veränderung. Hindenburg ungehindert Rückzug durchgeführt. (Näheres Tagesmitteüung)
Freitag, den 30. Oktober 1914 Nach St. Laurent und von dort über Monon zurückgeritten. Bei Rückkehr Nachricht, daß »Goeben« Sevastopol' erfolgreich beschossen, Minenschiff »Prut« versenkt und russisches Torpedoboot schwer beschädigt hat. Ein türkisches Kanonenboot hat »Kubanez« versenkt, Minen an verschiedenen Punkten der Küste gelegt. »Hamidiye« ist vor Novorossijsk erschienen und hat Auslauf der verlegt, ein Kreuzer mit 3 Schornsteinen Feodesija bombardiert. Also es geht richtig los. Hurra. Noch mehr bedeutet für mich die Erlaubnis S.M. zum Vorstoß 499
Der Vorstoß gegen Great Yarmouth war für den 3.11.1914 geplant. Zu den Durchführung vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 256-276.
Planungen und
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der Flotte. EndHch kommt's dazu, was Tirpitz hier vertreten und ich in meinen Briefen an Mann (noch von BerHn aus), Lans, Trotha, Heinrich usw. stets zum Ausdruck gebracht habe. Möge uns der Schlachtengott günstig sein. Dann kann unsere Flotte das Schicksal des Krieges entscheiden. Weiter Nachricht, daß »Emden« auf der Reede von Penang den russischen Kleinen Kreuzer »Jemtchug« und 1 französischen Torpedozerstörer durch Torpedoschüsse versenkt hat5"". Müller hat sich, wie russische Meldungen besagen, um mögHchst lange unerkannt zu bleiben, einen 4. Schornstein aufgebaut und ist so wohl ohne nennenswerte Gegenwehr dicht an die Fahrzeuge herangekommen und hat sie kurzerhand erledigt. Er ist doch ein geradezu glänzender Kerl. I IoffentHch kommt er lebend durch. Wü können ihn für die Zukunft noch sehr gebrauchen. [...] Nach Spaziergang mit Zenker im Kriegsministerium, wo nicht viel Neues. (Siehe Tagesmitteüungen) Stimmung gerade nicht sonderHch rosig, Freude über unsere Erfolge recht groß. [...]
Sonnabend, den 31. Oktober 1914 Keine weiteren Nachrichten vom Schwarzen Meer. Im Ministerrat in Konstantinopel haben der Großwesü und Djavid Pascha gegen Kriegsausbruch Einspruch erhoben. FaUs sie sich nicht einverstanden erklären, dürfte Enver oder Talaat Bey Großwesü werden. Auf Enver Bey soU Mordversuch gemacht oder mißglückt sein. Über Eindruck des Kriegsausbruchs in England, Rußland und Frankreich noch nichts bekannt, ebenso in Rumänien und Bulgarien. Karl v. MüUer hat Eisernes Kreuz I. Klasse erhalten. Im Norden von Irland bei Mahn Head sind 2 engHsche Dampfer auf Minen gelaufen und gesunken. Minen hat offenbar »BerHn« gelegt51". Große Bestürzung in England. Versicherungsraten steigen. Lage im Westen nicht wesentlich verändert. Korps unter General v. Fabeck bei Ypres gute Fortschritte. Im Osten Lage noch wenig geklärt. (Siehe Tagesmitteilungen) EntschHeße mich, wenn Tirpitz einverstanden, am Montag nach Brügge zu fahren, wo F.T.-Bestimmungen hingebracht werden müssen, um endHch mal Abwechslung zu haben. Auf die Dauer ist es hier zu öde. [...] PrachtvoUes Wetter.
Am 28.10.1914 drang die »Emden« in den Hafen von Penang ein und versenkte den russischen Kleinen Kreuzer »Cemtcug« und den französischen Torpedobootszerstörer »Mousquet«. Vgl. Der Krieg zur See, Kreuzerkrieg, Bd 2, S. 50-62. Am 16.10.1914 hatte der zum Hüfskreuzer umgebaute Dampfer »BerHn« Wilhelmshaven verlassen, um die britische Blockade zu durchbrechen und in der Einfahrt in den Irischen Kanal Minen zu legen. Danach wich die »BerHn« ins nördHche Eismeer aus und begab sich schHeßHch mangels Kohlen freiwüHg in norwegische Internierung. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 185 f., 232-242, 316-319 (Operationsbefehl).
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Sonntag, den 1. November 1914 4. Kriegsmonat beginnt. Wie viele werden noch folgen und was steht uns noch alles bevor? Wenn der Hebe Gott nur meine Lieben schützen möge, aUes andere tritt davor zurück. [...] Nachmittags Spaziergang mit Zenker nach St. Laurent und von dort zum Generalstab. Wenig Veränderung gegen gestern. Im Osten 8. Armee im Kampf mit russischer Armee Suchomhnov. 5Vá Korps gegen 6V2 dicht vor unserer Grenze. 9. Armee in Versammlung nördHch und südHch Czenstochau. Österreicher und Gardereservekorps stehen in Linie Kielce—Sandomir, haben Fühlung mit San-Armee. Russen haben abgesehen von ihren Armeen am San jetzt in Polen und an unserer Grenze über 25 Korps 6V2 gegen 8. Armee, 5 nordwestHch von Warschau mit Richtung auf Thorn, 5Vá Korps Richtung auf unsere 9.. Armee, 4 Korps Rennenkampf nördHch von Warschau, 5 Korps gegen Österreicher. Am San sind Österreicher etwas überlegen5"2. -
Montag, den 2. November 1914 8 h Im Autobus des Admiralstabs nach Brügge gefahren bei herrlichem sonnigen Wetter über La CapeUe, Maubeuge, Soignies, Enghien, Ninove, Alost und Gent5"3. Gegend meist vom Kriege unberührt. Gent wunderschöne alte Stadt. 1 h 45 m N In Brügge angekommen. Admiral v. Schröder saß mit seinem Stabe noch beim Essen. (Oberst v. Hülsen, Admiral Witschel, Geheimrat Frerichs, Major Pawelsz, Kapitänleutnant E.E. Schulze, 2 Ordonannzoffiziere). Nachher lange Unterredung mit ihm (Aufzeichnung siehe Anlage5"4). Dann bei Witschel. Erzählt von seiner Beschießung engHscher Schiffe und Torpedobootszerstörer bei Nieuport, die unsern Truppen doch sehr lästig gewesen sind5"5. Sind, nachdem 1 Zerstörer gesunmehrere schwer beschädigt waren, weggegangen und nicht wiedergekommen. ken, Von 6V2-7 h kurzer Spaziergang in der Stadt, die einzigartig schön und vieUeicht 502
Zur Eage an der Ostfront Ende Oktober/Anfang November 1914 vgl. Der Weltkrieg, Bd 5, S. 489-501, 538-542; ebd., Bd 6, S. 34-45. Nachdem sich die 9. Armee nach der Niederlage der k.u.k.-Armee bei Ivangorod hatte zurückziehen müssen, zog sich auch die 8. Armee aufgrund der russischer Truppen Anfang November ebenfaUs auf die Lötzen—AngerappStellung zurück. Teile Ostpreußens waren damit erneut ungeschützt. Um die Kräfte im Osten zu bündeln, wurde Hindenburg zugleich mit Wirkung vom 1.11.1914 zum Oberbefehlshaber über die gesamten Streitkräfte im Osten (Odost) ernannt, während General Mackensen das Kommando über die 9. Armee übernahm. Vgl. ebd., Bd 6, S. 37 f. Zu den Kämpfen am San vgl. Österreich-Ungarns letzter Krieg, Bd 1, S. 487-489. Zu diesem Besuch vgl. die »Bemerkungen über Besuch der Marinedivision vom 2. bis 5. November 1914 und über Unterredung mit Admiral v. Schröder« vom 5.11.1914, Anlage 31 zum Kriegstagebuch des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, BA-MA, RM 3/11961. Ebd. Im Oktober 1914 griffen mehrere engHsche Kriegsschiffe in die Kämpfe in Flandern ein. Bei den Kämpfen um Nieuport wurden die Zerstörer »Falcon« und »Vestal« sowie einige andere Schiffe von Küstenbatterien unter Feuer genommen und teüweise schwer beschädigt. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 2, S. 202-227, hier: S. 225 f.; Der Weltkrieg, Bd 5, S. 388.
Überlegenheit
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die schönste aller alten Städte ist, die ich gesehen habe. Rathaustarm, Rathaus usw. Nach dem Essen Spaziergang mit Schulze und Major Pawelsz längs des Kanals beim Mondschein. Nachher in einem Bierlokal, wo Oberst v. Hülsen, Türk, Kapitän z.S. Pohl, Pawelsz, Schulze und Kapitänleutnant Aßmann zusammensaßen. Gut geschlafen, nur mehrfach durch das aUe Viertelstunde ertönende Glockenspiel des Turmes gestört. Bin sehr gut untergebracht. Großes Schlaf- und Wohnzimmer im Gouvernementsgebäude. Marmorbüste Madonna über Bett sehr schön. —
Dienstag, den 3. November 1914 Nach Frühstück Vortrag von Bibra über Büdung der II. Marinedivision mit angehört. Bibra ist gestern abend von BerHn zurückgekommen, wo er an den Beratungen über Bildung der Marinedivision teilgenommen hat. 10h Mit Admiral v. Schröder und Oberleutnant v. Lersner nach Zeebrügge gefahren. Dort I Iafen und Schleusenanlagen sowie Batteriebauten in den Dünen besichtigt. Vorläufig meist nur ältere belgische Geschütze und einige 10,5 cm, die von der Armee gegeben sind. Dann nach Heist und Knokke. Sehr schöne Badeorte. Hotels und Wohnhäuser am Strande jetzt alle leer und geschlossen. Machte bei dem herrhchen sonnigen warmen Wetter das an einen Augusttag erinnerte, eigenartigen Eindruck. Unterwegs von I Ieist Kapitän v. Rössing gesehen, vorher Korvettenkapitän Darmer. Dann zurück. Schröder hatte Absicht, mit Yacht »Nemo« in See zu fahren. Fahrzeug war aber infolge Mißverständnisses nicht dort. Deshalb Fahrt aufgegeben, Batterie südHch besichtigt, dann über Blankenberghe herrhcher Strand und Strandpromenade Wendune nach Ostende. Prachtvolle Autochaussee hinter den Dünen. Bei Kapitän z.S. Tägert gegessen. Dann nach Middelkerke, dort mit GeneraUeutnant v. Kotze, Kommandeur einer gemischten, zur Besprechung Zeit Schröder untersteUten Brigade, General v. Kotze teüt mit, daß vor Nieuport wenig Feuer. Artillerie schweigt, Sturm aber schwierig, da Zugang nur über eine Brücke. Kommandeur der Feldartilleriebatterie gesprochen, der eine Batterie bei Westende in SteUung hat. Dorthin gefahren, dann zu Fuß bis auf 200 m an unsere Infantriestellung heran, die dicht vor belgischer 1 inie Hegt. Im Dorf, das ganz zerschossen, gut gegen Sicht gedeckt, auch sonst Terrain sehr unübersichthch. Am Ausgang des Dorfes Offizier gesprochen, der mitteilt, daß in Nieuport wahrscheinhch nur noch 1 französiche Brigade steht. Zurück nach Middelkerke, wo Adnüral v. Schröder General v. Kotze Anweisung gibt, morgen mal stärker und energischer vorzudrücken, namentHch in den Dünen. Dann zurück. 6% h Wieder in Brügge. Abends nach dem Essen bei herriichem A'ollmond wieder Spaziergang mit Schulze und Türk am Kanal. —
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Mittwoch, den 4. November 1914 Nach Frühstück Bericht vorbereitet. 11 h-llVih Mit Admiral v. Schröder und Oberleutnant d.R. v. Dobeneck auf Motoryacht »Nemo« auf dem Zeekanal nach Zeebrügge. Dort auf Reede gefahren und Einsteuerung sowie BatteriesteUung besichtigt. Wetter diesig, vorher stark nebehg. Minensuchabteüung begann Arbeit, Minen sind bei Niedrigwasser sichtbar und sollen abgeschossen werden. Mehrere sind mit Suchgerät bereits gefunden und gesprengt. Einsteuerungssektor wird täghch neu abgesucht, da Minen oft vertreiben. Mit Auto zurückgefahren. Bei Tisch kam Meldung von Tägert, daß Gegner Ausfall aus Nieuport macht und alle verfügbaren Truppen dorthin geworfen werden. (2. Battaülon Infantrie unter Oberstleutnant v. Bernuth und Regiment Tägert). Gegen 5 h Meldung von Major v. Pawelsz, der mit Schulze herausgelaufen, daß Vorstoß nur schwach und zum Stehen gebracht ist, unsererseits sogar zum Angriff vorgegangen werden kann. 3 h Meldung, daß feindliches Luftschiff über Bahnhof Brüssel Bomben geworfen hat und wohl bald über Brügge erscheinen wird. Es kam aber nicht. Nach dem Abendessen Besprechung mit Admiral v. Schröder, währenddessen Major v. Pawelsz und Schulze zurückkamen und berichteten, daß an dem Ausfall nur Belgier und eine engHsche Batterie teügenommen hatten und unter Beteiligung der Landwehrbrigade, 2. Bataülon Matrosen-ArtiUerie und Infantrie unter Oberstleutnant v. Bernuth und eines Bataülon des Regiments Tägert leicht zurückgeworfen seien. 6-8 belgische Offiziere und einige hundert Mann gefangen genommen. Pawelsz und Schulze sind mehrfach im Infantriefeuer gewesen5"6. Nachher noch lange Zeit mit Oberst v. Hülsen, Pawelsz und Schulze zusammengesessen, die alle etwas sehr über die spontane und unüberlegte Art von Admiral v. Schröder klagten. Am besten versteht ihn meiner Ansicht nach Pawelsz zu behandeln.
Donnerstag, den 5. November 1914 Nach
A'erabschiedung von Admiral Schröder und seinen Herrn um 9 h 15 m Brügge abgefahren und nach óstündiger Fahrt bei erst diesigem, dann schönem sonnigen Wetter um 3 h 10 m in Charlevüle angekommen. Dort erfahren, daß beabsichtigter Vorstoß gegen Yarmouth unter Unterstützung des bis Terschelhng vorgehenden I. und III. Geschwaders am 2./3. November gemacht ist, daß Minen bei Yarmouth gelegt sind und ein enghsches »D«-U-Boot dadurch vernichtet, daß engHsche Küste beschossen ist. Es wurden nur 1 Kleiner Kreuzer »Halcyon« und einige Zerstörer gesichtet und kurz unter Feuer genommen. Gros habe bei dem herrschenden unsichtigen Wetter leider nichts gesichtet. Beim Einlaufen in Wühelmshaven ist gestern leider »York« bei dickem Nebel (!) auf Minen gelaufen und sofort gesunken, fast die halbe Besatzung ist umgekommen. UnverständHche Unvorsichtigkeit. Nachmittags Bericht über meine Beobachtungen diktiert. Abends v.
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Diese abfällige Meinung über die k.u.k.-Armee war zu dieser Zeit im Großen I Iauptquartier sehr verbreitet. Am gleichen Tag schrieb der erst kurz zuvor dorthin kommandierte Generalmajor Wüd v. I Iohenborn an seine Ehefrau: »Ich will im Osten einen großen Erfolg, ehe die Bundesbrüder dort ganz abschnappen. Die sind ja nicht besser als eine Müiz! Das ist der Fehler, daß kein Mensch erkannt hat, was für eine elende Armee das ist. Wir schlagen uns erfolgreich mit doppelter russischer Überlegenheit herum, die Österreicher reißen vor gleich starken Russen aus.« In: Wild v. I Iohenborn, Briefe, Nr. 21. Vgl. auch Rauchensteiner, Der Tod des Doppeladlers, S. 168. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 6, S. 248. Demnach beHef sich die Zahl der Gefangenen auf 28 000 Mann, bei aUerdings eigenen Verlusten in Höhe von 70 000 80 000 Mann. Um eventueU die Entscheidung im Osten zu erzwingen, hatte Falkenhayn Anfang November 1914 die Verstärkung der Truppen im Osten in Aussicht gesteUt. Angesichts der heftigen Kämpfe bei Ypern gingen das XXIV. Reservekorps und das II. Armeekorps erst am 22.11.1914 ab, wurden jedoch angesichts der veränderten Lage bei Lodz teüweise an die Front bei Krakau umgeleitet. Vgl. ebd., S. 250-255. Ebd., S. 194. -
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Mittel in genügender Zahl vorhanden607. Abends im Idas in Zukunft nicht mehr so leicht angegriffen und überfaUen werden kann, wie dies im vorigen Sommer geschehen sei.poHtischen und wirtschaftHchen Knebelung< führten, die wie ein >Stachel im Fleisch eines Volkes< wirkten.« Gegen Bassermann gewandt erteüte hingegen der SPD-Abgeordnete Bernstein allen Annexionsforderungen eine eindeutige Absage, da diese »auf jeden Fall den Krieg verlängern. Ein guter und dauerhafter Frieden lasse sich nur dadurch erreichen, >daß man nicht Haß bei den Völkern zurücklassen« Jagow nahm dazu keine Stellung. Vgl. Der Hauptausschuß, Bd 1, S. 6-15. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 4, S. 21. Der ehemaUge russische Finanzminister und Ministerpräsident Graf Witte starb am 13.3.1915. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1915, II, S. 385. Nicht ermittelt. -
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Dienstag, den 16. März 1915 Generaloberst v. Einem, Chef der 3. Armee um llVi h zum Besuch beim Staatssekretär. Bheb dann zum Frühstück. Über Unterhaltung siehe Tagesmitteüungen153 und Brief an Ib. vom 16. Macht den Eindruck einer festen bestimmten Persönlichkeit. Harte Urteüe über Diplomaten und unsere Führer. Führ 2% h zurück. Über Nachrichten Generalstab Tagesmitteüungen. 4 h Adrniral Bachmann und Scheibe von ihrer Tour nach Flandern zurück, sehr befriedigt.
Mittwoch, den 17. März
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Schönes warmes Frühlingswetter. Mit Arnauld spazierengeritten. Ausarbeitung Boedicker »Gedanken über Gedanken von Adrniral v. Lans« in Abschrift ohne Nennung des Namens des Verfassers von Staatssekretär an MüUer geschickt154. Admiralstab erhält 4 h N Mitteüung, daß Memel von überlegenen russischen Streitkräften bedroht ist und Unterstützung durch Marine bittet155. Im Generalstab nichts Besonderes. Abends Telephonmeldung, daß II. Geschwader und 2. Aufklärungsgruppe in Kiel sind. Trifft sich gut, um eventuell bei Memel was zu unternehmen. Ich würde sofort »Thetis« und einige Torpedoboote hinsenden, schon morahschen Eindrucks wegen. Was Befehlshaber der Ostseestreitkräfte macht, weiß ich nicht.
von
Donnerstag, den 18. März 1915 In der Nacht mehrfacher Telephonverkehr wegen Memel usw. Pohl hat vorgeschlagen, mit II. und III. Geschwader und erforderlichem Zubehör Operation 153
In der Herrn
Tagesmitteüung vom
16.3.1915 heißt es darüber: »Generaloberst v. Einem war heute beim und bHeb zum Frühstück. Er bezeichnete es als ausgeschlossen, daß der Durchbruchsversuch der Franzosen bei Perthes je gelänge u[nd] schätzt die feindlichen] Verluste in den Angriffen seit Ende Dezember auf mindestens 80 000 Mann. Vor der Front des 8. u[nd] 8. Res[erve] Korps Hegen 25 000 unbeerdigte gefaUene Franzosen.« Einem notierte nach diesem Besuch in seinem Tagebuch: »Zu Tirpitz. Sehr sympathisch. Der alte Gegensatz zum Auswärtigen] Amt ist gebHeben. Moltke u[nd] Zimmermann (A.A.) hätten zum Kriege gedrängt. Der Kaiser, Bethmann etc. würden gern Frieden machen auf jeder annehmbaren Grundlage. Beth[mann] woUe keinen Landbesitz. SoU also alles beim alten bleiben, bei den Opfern. Eine gefährHche Denkungsart, die den Thron wackeln machen kann. Die Flotte sei schlecht geführt worden. 2 mal habe sie bedeutende Teüerfolge erringen können, aus Mangel an Entschluß sei der Versuch unterbHeben. Ingenohl abgesetzt, Pohl Flottenchef; kleiner Mann.« Zit. nach: BA-MA, Nachlaß v. Einem, N 324/12. Abgedruckt in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 213-216. Anlaß für diese Befürchtung war ein bei einem erschossenen Spion gefundener Zettel, der auf einen Angriff auf Memel hindeutete. Am 18.3.1915 griffen russische Truppen tatsächHch Memel an, zogen sich jedoch nach heftigen Kämpfen wieder zurück. Vgl. dazu und den darauf folgenden Gegenmaßnahmen Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 7-24; Der Weltkrieg, Bd 7, S. 282 f.
Staatssekretär]
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gegen Osten unter seiner Führung. Das halte ich für unrichtig; nur Vorwand, allmählich mit der ganzen Flotte in die Ostsee abzuwandern unter seiner Führung. B.d.O schlägt Operation mit II. Geschwader, II. Aufklärungsgruppe usw. vor, die morgen beginnen kann, sofortige Entsendung von »Thetis« und Torpedobooten. Letzteres halte ich für Hauptsache. Abends Meldung, daß französisches Linienschiff »Bouvet«156 bei erneutem Angriff an Dardanellenforts gesunken ist. [...]
Freitag, den 19. März 1915 Geburtstag von Tüpitz. Als ich ihm gratulierte und die Hoffnung aussprach, daß sein nächster Geburtstag unter günstigen Zeitläufen gefeiert werde, wurde er fast
weich. Er hat's wüklich sehr schwer. Im Generalstab nichts Besonderes. Nachmittags telephonierte S.M. an Staatssekretär, daß nach einem soeben eingetroffenen Telegramm auch 2 engHsche Linienschiffe in den DardaneUen gesunken seien. Nachricht wüd bald aus BerHn bestätigt. 2 weitere Schiffe »Invincible« und »Gaulois« soUen schwer beschädigt sein. EndHch mal wieder eine erfreuhche Nachricht, die wü zur Zeit dieser Depression sehr gebrauchen können. Abends Tüpitz, Bachmann, Scheibe und ich zur Abendtafel bei S.M., der über die Dardanellennachrichten sehr erfreut war. Sonst nichts Besonderes in der Unterhaltung. Bezeichnend die mü gegenüber getane Äußerung S.M., nach dem Krieg müßten sofort 12 Panzerkreuzer größten Typs gebaut werden, ferner der Umstand, daß er über die Lage am Suez-Kanal nichts wußte. Das wüd ihm verheimlicht157.
Sonntag, den 21. März 1915 11h Zum Gottesdienst, bei dem Goens anknüpfend an den morgigen Geburtstag des alten Kaisers158 über Lucas 23, 47-49 recht gut sprach. (Hauptmann unter dem Kreuz. Wahrhch dieser ist ein frommer Mann gewesen.) Ich saß dicht hinter S.M. Welch Vergleich zwischen ihm und dem alten Recken! Dort Stärke, tiefe innere Bescheidenheit und Frömmigkeit, hier ein schwankes Rohr, Hochmut, Schein und Selbstgefälligkeit. Gott hüf unserm braven armem Volk. Auf dem Generalstab nichts Besonderes. [...]
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Neben dem französischen Linienschiff »Bouvet« gingen an diesem Tage durch Minen und Artilleriefeuer noch die engHschen Linienschiffe »Irresistible« und »Ocean« verloren, mehrere andere Schiffe wurden beschädigt. Vgl. Vgl. Der Krieg zur See, Der Krieg in den Türkischen Gewässern, Bd 1, S. 88, sowie Bd 2, S. 84-100; Mühlmann, Der Kampf um die DardaneUen 1915, S. 71-76; Liman, Fünf Jahre, S. 74 f.; Halpern, The Naval War, S. 76; Halpern, A Naval History, S. 114 f. Vgl. hierzu auch Tirpitz' kritischen Brief an seine Frau vom 20.3.1915, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 454. Wühelm I.
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Montag, den 22. März 1915 Erhielt um 8 h die A.K.O. meiner Beförderung zum Kontreadmiral, über die ich innerhch nicht die geringste Genugtuung empfand. Was bedeutet sie für mich. Ich kann nicht mehr an die Zukunft unserer Flotte glauben. Unter Pohl wird noch weniger getan werden als unter Ingenohl, wofür viele Anzeichen sprechen, jetzt wieder die Absicht, die ganze Doggerbank mit Minen zu verseuchen. Auf Spaziergang mit Staatssekretär unsere aUgemeine Lage besprochen, sage ihm, daß nur ein Diktator uns noch einigermaßen retten kann. Weise auf Hindenburg hin, der Reichskanzler werden müsse. Tirpitz geht sofort darauf ein, sagt offen, Kaiser muß an die Wand gedrückt werden, eventaeU muß Kronprinz herangeholt werden. WiU Angelegenheit mit Einem, den wir morgen besuchen woUen, bereden159. Brief an Löhlein16". Nachmittags im Generalstab. Nachricht über Fall von Przemysl und Durchbruch der Russen bei 3. österreichischer Armee, westlich des Dukla-Passes, dem vorläufig noch nicht viel Bedeutung beigemessen wird161. Mir scheint die ganze Situation sehr bedenkhch. Ich habe das Gefühl, Österreicher halten nicht mehr lange an den Karpaten und dann ist die Geschichte zu Ende. Abends Ronardt bei uns zu Tisch, der zum Besuch seines Bruders kurzen Urlaub hat. Er erzählte sehr interessant von den Gefechten bei Nieuport am 28. Januar und anderen Ereignissen. Tirpitz und Bachmann zum Essen bei S.M. im »Hotel du Nord«, wo der 22. März gefeiert wurde unter Anwesenheit aller in der Nähe befindlichen
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Ohne Hopmans Namen zu nennen, sprach Tirpitz noch während des am gleichen Abend stattfindenden Empfangs beim Kaiser darüber mit Generaloberst v. Einem, der sich aber zu dessen Finttäuschung sehr zurückhaltend verhielt. Vgl. Tirpitz' Brief an seine Frau vom 23.3.1915, in:
Tirpitz, Erinnerungen, S. 455 f. (Vgl. auch bereits dessen Brief vom 22.3.1915, ebd., S. 455 f.) Einem schrieb darüber nach einem Gespräch mit Bethmann HoUweg am 23.3.1915 an seine Frau: »Kein Führer der Nation, wohin man bUckt. B[ethmann] arbeitet am Kaiser, daß er der Führer der Nation würde. Er könnte es schon, aber nach dem Kriege wird seine Vergnügungs- und Erholungslust in hohem Grade zunehmen und er wird für das öffentliche Wohl weniger als sonst zu haben sein. Im alten Rom schuf man in solcher Zeit einen Dictator. Aber das geht nicht, wenn man einen Monarchen hat. Das habe ich gestern auch Tirpitz gesagt, der Hindenburg dazu machen wollte.« In: Müitär und InnenpoHtik, Bd 2, S. 1136. Auch Fischer, Admiral des Kaisers, S. 170-172; MüUer, Regierte der Kaiser?, S. 97-99 (Eintragung vom 18.4.1915 sowie einen die Angelegenheit erklärenden Brief des Leibarztes, Prof. Niedner, vom 1.3.1927.) Das Klagen über das Fehlen eines »Führers« war zu dieser Zeit weit verbreitet; eine »Lösung« des Problems war aber nicht in Sicht. So schrieb z.B. Kriegsminister Wüd v. Hohenborn am 3.4.1915 an seine Frau: »Es ist schon richtig: es fehlen uns die wahrhaft großen Leute! Nirgends ein geniaHscher Mann. wußten
das im Frieden, daß wir keinen hatten, weder in der PoHtik noch in der Führung. konnte hoffen, der Krieg würde einen schaffen. Das ist leider nicht eingetreten. Hindenburg wird wenigstens zum Glück für's Volk für ein Genie gehalten. Man darf auch später den Glauben nicht erschüttern. Einen Heros müssen wir doch wenigstens haben.« In: Wüd v. Flohenborn, Briefe, Nr. 35. Nicht überHefert. Am 22.3.1915 kapituUerte die von russischen Truppen eingeschlossene österreichische Festung. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 6, S. 227-233, Bd 7, S. 120-125; Rauchensteiner, Der Tod des Doppeladlers, S. 205-209. Wir Aber
man
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Ritter des Pour le mérite und der Prinzen162. Heute ist Prinz Adalbert angekommen, um dem Kaiser eine Denkschrift zu überreichen, in der er sehr flau und für absolute Zurückhaltung der Flotte Stimmung macht. Bachmann hat gestern kurz mit ihm darüber gesprochen und ihm ziemHch deuthch Bescheid gesagt163.
Dienstag, den 23. März 1915 Prinz Adalbert am Vormittag bei Zenker, mit dem er die in seiner Niederschrift verfochtenen Ideen besprach und natürlich starken Widerspruch erregte. Er hat Zenker erzählt, S.M. habe ihm gesagt, er sei vollkommen mit seinen Ansichten einverstanden. Er solle dem Flottenchef sagen, die Flotte dürfe ohne seine Einwilhgung keine Vorstöße machen. Dasselbe hat er nachher Adnüral Bachmann gegenüber wiederholt in Gegenwart von Adnüral v. Müller. Selbst dieser schien mit der eigenartigen Befehlserteüung an den Flottenchef nicht einverstanden zu sein und hat gesagt, dabeigewesen wäre er nicht, was doch erforderhch gewesen wäre. Bachmann wül und kann sich so etwas auch nicht bieten lassen. Es wüd wohl nicht so werden, wie sich der Prinz die Sache in seinem jugendlichen Unverstand vorsteUt. Nachmittags schickt er Bachmann seine Denkschrift, der sie v. Tirpitz gibt, von dem sie ich dann bekomme. Eine Karlchen Mießnick Arbeit, für die der Papierkorb zu gut. Schlimm ist nur, daß Pohl gesagt haben soU, er sei ganz damit einverstanden164 und habe eine Denkschrift in Arbeit, die in ähnhchem Sinne laute und bald S.M. vorgelegt werde165. 162
163
Vgl. hierzu Tirpitz' Briefe an seine Frau vom 22./23.3.1915 in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 455 f.; vgl. auch die ausführHche DarsteUung im Bachmann-Tagebuch (Eintragung vom 24.3.19915), BA-MA, MSg 1/764. Ebd., Eintragungen vom 24.3./25.3. (Immediatvortrag), auch in: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, Nr. 176, allerdings ohne nähere Erörterung der Datierungsprobleme. Zur Denkschrift des Prinzen Adalbert und seinem Aufenthalt im Großen Hauptquartier vgl. Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd2, S. 224-228; Tirpitz, Erinnerungen (Briefe vom 23.3./24.3./27.3./29.3./30.3./ 1.4./3.4.1915), S. 456-465; Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 4, S. 59f, 73-76; Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 117 f.; 121 f. (Briefe vom 13.3./30.3./31.3.1915). Nach Hubatsch, Die Ära Tirpitz, S. 124 f., MüUer, Regierte der Kaiser?, S. 95 f. (Eintragung vom 30.3.1915), sowie Tirpitz, Erinnerungen, S. 462 (Brief vom 30.3.1915), fand dieser Vortrag erst am 30.3.1915 statt. Eine Eintragung über den Vortrag am 30.3.1915 gibt es im Bachmann-Tagebuch nicht; unter dem 31.3. berichtet er nur: »Neues von Bedeutung hat sich in den letzten Tagen nicht zugetragen; sie sind im tätigen Einerlei des Dienstes verflossen.« Obwohl die Eintragung mit »Heute« beginnt und die weiteren Eintragungen inhalthch mit Flopmans Notizen bzw. Tirpitz' Kriegsbriefen vom gleichen Tage (!) übereinstimmen, hat Bachmann sich bei einer mögHcherweise späteren Ab-
schrift seiner Originalaufzeichnungen im Datum geirrt. Dafür spricht Bachmanns unmittelbar nach dem Vortrag verfaßte MitteUung an Tirpitz vom 30.3.1915 in: BA-MA, Nachlaß Tirpitz, N 253/354 (auch: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, Nr. 177). Zur Vorgeschichte des Besuchs des Prinzen Adalbert vgl. Pohl an Müller, 14.3.1915, in: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, Nr. 173; die »Denkschrift« selbst befindet sich in: BA-MA, RM 2/1982 (weitere Erläuterungen dazu in: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, S. 49 f., Anm. 6). Hier irrt Hopman, vgl. Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, S. 49, vgl. dagegen Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 234, Anm. 1. Da der Flottenchef dem Prinzen Adalbert jedoch ein Begleitschreiben an den Chef des Marinekabinetts mitgegeben sowie diesen gebeten hatte, »über die in -
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164
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Wenn er doch Heber mal handeln statt schreiben wollte, er sucht aber Deckung hinter S.M., anstatt sich vor diesen zu stehen und selbst die Verantwortung zu übernehmen. Im Generalstab nichts Besonderes. Brief an E. v. Müller diktiert. Unter Post abends Aufzeichnungen von Löhlein über Reichskanzler-Krisis, Unterredung v. Maltzahn mit einem Gewährsmann Löhleins, weist darauf hin, daß Kronprinz vielleicht Hindenburg zum Kanzler machen wül, also denselben Gedanken hat, wie ich ihn gestern v. Tirpitz geäußert166.
Mittwoch, den 24. März
1915
Vormittags Hest mir Zenker Stehen aus einem Brief von MichaeHs vor, dessen Anschauungen über die Verwendung unserer Flotte sich mit den unserigen fast decken167. Nach seinen Mitteüungen drängt Pohl darauf, »was zu tan« und »endlich mal einen Erfolg« zu haben168. Das klingt doch anders als das Gewimmer vom Prinzen Adalbert und gibt für die Zukunft noch zu hoffen. 12 h Mit Zenker Admiral v. Müller zum Geburtstag gratuliert. Er äußerte dabei, er glaube an einen baldigen aUgemeinen Frieden. ÜberaU in der Welt mache sich die Kriegsmüdigkeit immer mehr geltend. Ich glaube, er irrt sich. Nachmittags im Generalstab nichts Besonderes, siehe Tagesmitteüungen. Bedenklich scheint mir, daß Russen in den Karpaten gegen 2. und 3. österreichische Armee an einzelnen Stehen etwas Gelände gewonnen haben: Wenn nur nicht bald wieder eine »Umgruppierung« beginnt. Die gibt stets einen starken Ruck nach hinten. Brief an Engel geschrieben169. Nachricht über Fliegerangriff auf Werft Antwerpen am Vormittag.
165
der Flotte bestehenden Ansichten über die Verwendung der Hochseestreitkräfte zu berichten und auf alle Frage Auskunft zu geben«, hatte, konnte allerdings der Eindruck einer offizieüen Mission entstehen. Vgl. hierzu auch den Brief Pohls an MüUer vom 27.3.1915 (BA-MA, RM 2/1982) sowie MüUers an Pohl vom 1.4. und dessen Antwort vom 7.4.1915, in: Die deutsche Seekriegsleitung,Nr. 179, Nr. 181. Zu der Denkschrift des Chefs der Hochseeflotte, Pohl, vom 23.3.1915 vgl. die freüich sehr einseitige DarsteUung in: Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 4, S. 60-68. Pohl, der damit auf eine Denkschrift des Chefs des Admiralstabs vom 1.3.1915 antwortete (ebd., S. 412-414), lehnte es ab, Teüerfolge anzustreben wie von Bachmann vorgeschlagen, da derartige Versuche im Widerspruch zu dem Befehl stünden, die Flotte als Ganzes nicht einzusetzen, was aber zwangsläufig der Fall sein würde, da vor aUem die deutsche Aufklärung zu schwach sei, um die Position der engHschen Flotte rechtzeitig festzustellen. Zur Enttäuschung darüber bei Offizieren der Hochseeflotte vgl. den Brief Weizsäckers an seinen Vater vom 23.3.1915, in: Die Weizsäcker-Papiere, S. 160 f. Weizsäcker hatte aUerdings ähnHch wie Bachmann, siehe oben S. 557 f. zu den »Flottenadmirale[n]« kein »wirkUches Zutrauen. [...] Man muß schon in die Reihe der älteren Kapitäne gehen, um PersönUchkeiten zu finden.« Vgl. Tirpitz' Brief an seine Frau vom 26.3.1915, in: Tirpitz, Erinnerungen, S. 458 f. Auszüge aus diesem Brief MichaeHs' an Zenker vom 21.3.1915 sind abgedruckt bei Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 230-232. Zu Pohls WiUen, endHch mit der Flotte etwas zu unternehmen, vgl. dessen Briefe an seine Frau vom 4./13./16.3.1915, in: Pohl, Aus Aufzeichnungen, S. 116 ff. Nicht ermittelt. —
166 167
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16unkte< derartig, daß ich es schHeßHch nicht mehr länger anhören konnte und ihm sehr energisch und deutHch entgegentrat. Was für einen Eindruck muß Fleinrich von einem solchen, geradezu krankhaften Pessimismus eines so großen Mannes erhalten haben! Es wird immer schwerer, gegen die schwarzen Stimmungen von anzukommen.« In: Tagebuch-Eintragung vom 8.4.1915, BA-MA, MSg 1/764.
Tirpitz
1915
Sonnabend, den
10.
595
April 1915
Auf
Vormittags-Spaziergang fängt Staatssekretär wieder wegen meiner Ablösung klagen und kommt schHeßHch darauf hinaus, nochmal mit MüUer zu sprechen und eventuell Boedicker vorzuschlagen, wenn CapeUe diesen entbehren könne. Spricht kurz vor 1 Uhr mit Müller, kommt zum Essen und sagt, er wolle wenn mögUch noch heute nach BerHn reisen. MüUer hat erzählt, es wären sehr beunruhigende Telegramme aus Rom da, mit baldigem Eingreifen ItaHens gegen uns sei zu rechnen203. Frage, hierin den Grund der Reise des Staatssekretärs vermutend, Tüan zu
pitz nach dem Essen, warum
er fahren woUe und bekomme die Antwort, er wolle mit CapeUe darüber sprechen, ob Boedicker in BerHn entbehrlich sei. Sage ihm sehr erstaunt, daß ich nicht geahnt hätte, daß er einen solchen Wert auf mein Bleiben lege, ich hielte es für unrichtig, wenn er deswegen fahre, die poHtische Situation mit ItaHen verlange sein Bleiben. Darauf sagte er, ich soUe an CapeUe deswegen telegraphieren. Telegraphiere um 6 h N an Mann: »Staatssekretär an Adnüral v. CapeUe: Bezugnehmend auf morgen dort eintreffenden Brief von Adnüral Hopman an Kapitän Mann ersuche ich um telegraphische MitteUung, ob Adnüral Boedicker an SteUe von Hopman für das darin genannte Kommando zur Verfügung gestellt werden kann.« Gebe Mann telephonisch einige Erklärungen. Mann glaubt nicht, daß Capelle Boedicker losläßt. Das dauernde Hin und Her ist geradezu unerträgHch und macht mich ordenthch krank. Na morgen muß die Lösung kommen. —
Sonntag, den 11. April 1915
'
mit Tirpitz und Bachmann zum Gottesdienst, an dem auch Prinz Heinrich teünahm. Predigt von Goens nicht besonders2"4. 6 h N Mit Tüpitz und Bachmann einer Einladung des Kronprinzen zufolge nach Stenay gefahren, wo auch Prinz Heinrich und Waldemar zum Abendessen eintrafen205. Prinz Heinrich, der rechts neben dem Kronprinzen saß, führte mit diesem zunächst eine Unterhaltung über die Persönhchkeit des Kaisers. Er sagte, er hätte ihn heute längere Zeit unter 4 Augen gesprochen und bewundert. »Dein Vater ist ein großer Mann und großer Charakter.« Der Kronprinz äußerte sich sehr zurückhaltend, meinte,
Vormittags
203 204
205
Zu den fieberhaften Verhandlungen zwischen Wien, Rom und BerHn im März/April 1915 vgl. Monticone, Deutschland und die NeutraHtät ItaHens, S. 118-178; Der Weltkrieg, Bd 7, S. 339-345. Zu dieser Predigt vgl. auch Tirpitz' Brief an seine Frau vom 11.4.1915. Demnach hatte Goens gesagt: »Glauben, das heißt Sieg.« Tirpitz bemerkte dazu kritisch: »Als ob man dem lieben Herrgott dabei nicht etwas helfen müßte.« In: Tirpitz, Erinnerungen, S. 468. Der Chef des Admiralstabs, Bachmann, urteüte ähnHch: »Goens hielt wieder eine gänzHch hohle, phrasenreiche Predigt. >SiegRuhmHeilAlbatroßBremen< und >V 99< zu entsenden323.« Unterredung mit Berckheim, dessen Boot am nächsten Montag voraussichtlich fertig wird. Auf Westerplatte nach Spaziergang an Strand zu Abend gegessen. Nachher, da keine Kameraden dort, mich zu 3 Fähnrichen herangesetzt, die sehr nett waren und begeistert über ihre Erlebnisse vom 2. JuH. 11 h N Befehl vom Odost, »[1)] Wenn keine besonderen Gründe vorhegen, Danzig zu bleiben und Vizeadmiral Schmidt abzuwarten, der Gesamtleitang übernehmen wird. [2)] Eintreffen IV. Geschwader voraussichtlich 9. JuH abends »Brandenburg«, »Wörth« ab 10. Kiel 3) können »Augsburg«, »Bremen«, »V 99« Erkundungsvorstöße machen, sollen aber nur bei gutem Wetter ausgeführt werden.« über
an
Mittwoch, den 7. JuH
1915
Vormittags Besprechung
mit Karpf über Vorstoß. Beschlossen, ihn durch »Lü»V 99« und 4 Torpedoboote unter Führung von Halm bis beck«, »Bremen«, zu ausführen lassen. Meldung, »UA« in Libau eingelaufen, hat östlich am 4. feindliches U-Boot erfolglos angegriffen, sonst nichts gesehen324. Russen haben behauptet, »Wnimatelny« habe ein deutsches U-Boot übergelaufen. Ich fürchtete schon für »UA«. Sie können also nur ein eigenes Boot gerammt haben.
Östergarn Östergarn
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Ab 20.6.1915 griffen deutsche Truppen der 5. Armee französische SteUungen in den Argonnen an. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 8, S. 81. Im Verlauf der Offensive auf Brest-Litovsk durchbrach die österreichisch-ungarische 4. Armee die russischen SteUungen bei Krasnik. Ebd., S. 381 -383. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 204. Um »Albatroß« vor weiteren Angriffen zu schützen, war das U-Boot »UA« am 3.7.1915 von Libau nach Östergarn ausgelaufen. Dabei stieß es auf ein U-Boot, ohne daß es aber zu einem Gefecht kam. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 188- 190.
1915
647
11 h V Nachricht, daß Vüeadmüal Schmidt mit IV. Geschwader und VIII. Flottille heute mittag nach Danzig geht und damit Leitung der Operationen im Osten übernimmt. Sind nach späterer Meldung um 1 h 30 m N in See gegangen. Teüe Schmidt beabsichtigten Vorstoß mit und bitte um Einverständnis. 7 h 25 m N »Lübeck«, »Bremen«, »A' 99« und 4 Torpedoboote ausgelaufen. »Deutschland« geht mit einstweüen letztem Eisenbahntransport nach Libau. Schiffe im Hafen einstündige Bereitschaft. Meldung von Altvater über Untersuchung an Leba-Sperre, deren Lage nunmehr endgültig festgestellt ist. Nachricht aus Kiel, daß »Prinz Adalbert« im Schwimmdock vorläufig gedichtet und dann in Dock I repariert wüd. Reparatur 3 Monate. Michelsen telegraphiert, daß wahrscheinhch 2 Kreuzergruppen gebüdet werden soUen, eine aus »Braunschweig«, »Elsaß«, »Prinz Heinrich« unter Alberts, die andere unter mü bestehend aus »Roon«, aUen Kleinen Kreuzern und leichten Streitkräften. Eigenartige Lösung. Man sollte mü »Elsaß« hinzugeben und Alberts als 2. Adnüral bei Geschwader belassen. Michelsen hat auf Befehl 14 Tage Urlaub, weiß noch nicht, ob er nachher zu Schmidt oder mir kommt.
Donnerstag, den 8. JuH 1915 Vor Libau sind nördlich Steinort gestern vormittag wieder starke Rauchwolken gesichtet, die wohl von Zerstörern aus Rigaischen Meerbusen herrührten. Kapitän Hahn meldet, daß er Unternehmen wegen unsichtigen Wetters aufgegeben hat und nach Libau geht. Flugzeug, das mit Feuerwerker Tille um 4 h nach Libau gestartet ist, landet dort 7 h V. Admiral Schmidt bittet um Fhegeraufklärung von Putzig aus nach Stilo und Rixhöft. Flugzeug kann wegen Gewitterluft nicht starten. Schreiben vom Odost an Adnüral Schmidt, enthaltend aUgemeine Düektiven, in Abschrift erhalten. Danach bleiben Ziele pp. wie bisher. Schmidt soU sich mit aUem so viel als mögUch auf Libau basieren. Sodann ist die Rede davon, für operative Zwecke 2 Gruppen aus Kreuzern zu büden und zwar eine aus »Roon«, »Prinz Heinrich«, »Braunschweig« und »Elsaß«, die ebenso schnell, wenn nicht schneUer seien als »Prinz Heinrich« (merkwürdige Ansicht), die 2te aus allem übrigen. Spreche mit Karpf darüber, der ebensowenig wie ich davon erbaut ist und diese Regelung nicht versteht. Er meint, es sei das Beste, daß ich für »Prinz Adalbert« noch »Elsaß« bekomme und sonst aUes bleibt wie es war. Besprechung mit den Herrn meines Stabes über das, was ich Adnüral Schmidt als nächste Ziele der Kriegführung nennen will. Sicherung von Libau und Basierung mögHchst vieler Streitkräfte daselbst. Bewachung Défilées östlich und westhch Gotland. Einzelne Vorstöße »Augsburg«, »V 99« und »[VJ 100«. U-Boote bei Dagö und eventueU Utö. Verseuchung des Fahrwassers vor Utö durch »UC 4«. Um 4 h 30 m N Meldung, daß IV. Geschwader in Sicht, »Witteisbach« macht um 6 h 15 m N vor uns fest. Zur Meldung an Bord gefahren mit Seidensticker und Gercke. Kurze Besprechung, aus der als Wichtigstes hervorzuheben, daß Schmidt mü je nach Bedarf »Elsaß« und »Braunschweig« zur Verfügung steUen will und Alberts sich auf »Schwaben« einschifft. Er ist mit meiner Absicht, morgen mit »Roon«, »Prinz Heinrich« und »Augsburg«
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648
nach Libau zu gehen, einverstanden. Gewinne den Eindruck, daß über Stationierung des IV. Geschwaders in der Ostsee bei Schmidt und seinem Stabe keine große Begeisterung ist. Glauben, diese sei nur vorübergehend und Flottenchef werde wahrscheinHch besonders VIII. FlottiUe bald wieder zurückfordern. Auf »Wittelsbach«, von Schmidt eingeladen, gegessen. 9 h An Bord. Sehr heiß.
Freitag, den 9. JuH 1915 9 h Sitzung auf »Witteisbach«. Beschlossen, daß ich mit »Roon«, »Prinz Heinrich«, und »Augsburg« und 1 Halbflottüle der VIII. FlottiUe heute nachmittag nach Libau gehe und dessen Einrichtung als Vers orgungs s telle und Stützpunkt für unsere Operationen betreibe. Es kommt vor aUem darauf an, daß »Elsaß« und »Braunschweig« dort hinkommen können. Am 11. soU Vorstoß vor Finnischen Meerbusen sein. Dazu geht Schmidt mit aUem von hier in See, ich von Libau aus mit den beiden Panzerkreuzern und 3 Kleinen Kreuzern. Karpf soll mit »Augsburg« und »V 99« morgen von Libau aus Vorstoß bis vor die von uns gelegten Sperren machen um nachzusehen, ob daran gearbeitet wird325. Nach der Sitzung Meldung des Flottülenchefs der VIII. FlottiUe Kapitänleutnant Hundertmarck entgegengenommen, der einen sehr guten Eindruck macht. 3 h 30 m N Karpf zur Besprechung an Bord, verabredet, daß er morgen vor Libau detachiert wird. 6 h N »Roon« losgeworfen. 7 h Mit »Roon«, »Prinz Heinrich« und 6 Booten der 8. Halbflottüle Marsch nach Libau angetreten über neuabgesuchte Fahrwasser zwischen Memel Sperre und Friedrich Carl Sperre. 5 h Vor Libau, starker Westwind, so daß Einlaufen etwas bedenklich schien. Kapitänleutnant Schünemann, der als Lotse an Bord kam, erklärte es für möghch. Mit beiden Schiffen anstandslos eingelaufen. Dünung steht, da sie sich auf dem flachen Wasser verläuft, fast gar nicht. 6 h 30 m »Roon« an Festmacherboje festgemacht. »Prinz Heinrich« bald darauf geankert.
Sonnabend, den 10. JuH
1915
10 h
Besprechung mit dem Hafenkapitän Kapitän z.D. Kutscher und Kapitänleutd.R. Schünemann über die Möghchkeit des Einlaufens und Ankerns der Schiffe des IV. Geschwaders. Es wird für mögHch erklärt, daß Schiffe bis 8,5 m Tiefgang einlaufen und 10 große Schiffe im Vorhafen ankern. Wenn Bojen gelegt werden, können noch mehr Schiffe untergebracht werden. Gestern ist ein Mann der Marinekompanie angeschossen. In der Marinestadt scheinen unter Weyers Leitung wüste Verhältnisse zu herrschen. Ich glaube, er ist meistens betrunken und bin froh darüber, daß er durch Kapitänleutnant Blankenburg abgelöst wird. Begas trifft mit »Brandenburg« und »Wörth« am 12. voraussichtlich ein, sein Admiralstabsoffizier, Korvettenkapitän Weiße, ist schon in Libau. 11 h 30 m V Sitzung mit nant
323
Zu diesem Vorstoß
vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 205-207.
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den Kommandanten usw. über morgige Aktion. 4 h 30 m N General Graf Schmettow, früherer Flügeladjutant S.M., mit seinem Adjutanten zum Besuch an Bord. Erzählt unter anderem, daß in nächster Zeit Vorstoß von Hasenpot in Richtung auf Mitau geplant ist, von wo Russen nach FHegerbeobachtang Truppen nach Warschau hin abschieben. Über aUgemeine Lage weiß er auch nichts, meint, Haltung Rumäniens sei noch unbestimmt. Munition ginge nicht durch. Mit ihm und seinem Adjutanten an Land gefahren zur Rücksprache mit Pappritz, der in der Hauptsache über Weyer und Kutscher klagt und über die bevorstehende Änderung (Begas usw.), von der er merkwürdigerweise noch nichts gehört hat, sehr erbaut ist. 7h Wieder an Bord. Wind hat nachgelassen.
v.
Sonntag, den 11. JuH 1915 1 h 30 m V FT., daß wü erst um 12 h 30 m N, nicht 10 h V auf Sammelplatz sein soUen. Daher erst 4 h V in See gegangen. Karpf Hef mit »Augsburg« und »V 99« gerade durch Nordeinfahrt ein, ist bis Bogskär gewesen, hat nichts gesehen. Von 5 h-8 h Regen und unsichtig. Bis 56° gegangen, dann 10 Meüen westHch, dann nordwärts gesteuert. Bei aufklarendem Wetter Rauchwolken des IV. Geschwaders gesichtet. 12 h 30 m Auf Position, Aufklärungslütie gebüdet. Wetter SW Wind 5-7 sm Sichtigkeit. Mit 14 sm Fahrt vorgestoßen bis 7 h N. Dann auf Signal kehrt gemacht. Farö Feuer auf 14 sm angesteuert. Um 8 h war »Elsaß« mit Befehl des Geschwaderchefs zu mü gestoßen und als Nr. 2 eingestellt. 12 h Nach Libau detachiert, wohin sich Adnüral Schmidt mit »V 99« begibt.
Montag, den 12. JuH 1915 Libau über 56° angesteuert. 11 h 30 m-12 h Mit allen Schiffen anstandslos dort eingelaufen. Im Hafen lagen an der Boje »Brandenburg« und »Worth«, die mit Tagesanbruch eingelaufen waren. Kapitän Kutscher an Bord, dem ich über das Verhalten der Lotsen, die nur bis wenige hundert m vor der Einfahrt herausgekommen waren, Vorhaltungen machte. Während des Essens kam Adnüral Schmidt mit Westerkamp an Bord zur Besprechung der Operationen der nächsten Tage326. Armee wünscht Beschießung von Windau nicht vor dem 17. Nur Bahnhof, nicht Stadt. Wül vorgehen bis Windau Fluß (Goldinger) und von dort Kavallerie vorschieben, um Bahn bei Tuckum zu zerstören. Für uns kommt in Betracht für die nächsten Tage Absuchen des W und NW Fahrwassers vor Libau, Schaffung einer Lücke, in der neuhch vor Windau gefundenen Sperre, dann Beschießung von Windau. Schmidt wül mit IV. Geschwader am 15. auslaufen. Er fährt um 2 h 30 m N auf 326
Am 14.7.1915 setzte die Armee ihren Vormarsch in Kurland in Richtung Wilna fort und wurde dabei auch von der Marine unterstützt. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 208-235, hier: insbes. S. 208-211; Der Weltkrieg, Bd 8, S. 456-539.
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»V 99« nach
Danzig zurück. Operationen stehen jedenfaUs hohe Anforderungen während der nächsten Tage. 5 h Mit Post Bericht von Kapitän West über Gefecht vom 2. VII. Russen haben fast 3000 Schuß auf »Albatroß« verfeuert. Meisten Granaten nicht krepiert. West und seine Besatzung haben sich glänzend gehalten. 6h-7h Besprechung des vorläufigen Operationsbefehls für die nächsten Tage. An alle Streitkräfte werden sehr hohe Anforderungen gestellt werden müssen, wenn das Geforderte geleistet werden soh. 7 h-8Vz h Auf »Wörth« bei Begas zum Essen. Außer seinem Stab (Tietze und 2 jungen Leutnants) noch Kapitän a.D. Jacobi, der Kommandant Freiherr v. Muffling und Korvettenkapitän Weiße, der vorübergehend hier. Begas scheint mit seiner Aufgabe ganz zufrieden. 9 h-10 h An Bord Besprechung mit Kapitän Weiße und meinem Stabe über Verhältnisse in Libau usw. Dann Operationsbefehl noch durchgearbeitet. Donnerstag, den 13. JuH 1915 8 h 30 9 h Besprechung mit den Herrn meines Stabs über Operationsbefehl. 9 h-10 h Sitzung der Kommandanten über Operationen der nächsten Tage. II. Minensuchdivision und Hüfsminensuchdivision »Neufahrwasser« sind heute vormittag ausgelaufen zum Absuchen des westlichen und nordwestlichen Ausgangs aus Libau. »Bremen« mit 2 Torpedobooten zu ihrer Unterstützung um 7 h V, bleibt bis morgen abend draußen zur Sicherung327. IIV2 b.-12xA h Besprechung mit Begas und Korvettenkapitän Weiße über weitere Einrichtung des Libauer Hafens. Betone Wichtigkeit der Verankerung der beiden Schiffe hinter den Molen zum Schutz der Einfahrten, Reservierung der mittleren Einfahrt für Kriegsschiffe, mögHchst baldige Vermehrung der Kohlen- und Ölvorräte, Verlegung der neutralen Schiffe, Einrichtung einer Befeuerung, Bewachung der Reede durch Boote, dazu eventuell Hafenflottihe fordern usw. Begas geht auf aUes ein. Nachmittags allgemeine Anhaltspunkte für Operationsbefehl 7 noch mal überarbeitet, werden am Abend ausgegeben. Wetter ziemhch steifer W-Wind und aufspringende Dünung im Hafen. Falls keine Änderung eintritt, scheint die für morgen nacht geplante Durchführung von Minenaufgabe 4 kaum möghch, noch weniger übermorgen Vorgehen gegen Windausperre. Im Laufe des Nachmittags Minensuchdivision eingelaufen. Haben W und NW Ausgang abgesucht und nichts gefunden328. 7 h N Mit Gercke an Land zur Besprechung mit Gouverneur v. Pappritz329. Dieser sagt, daß er eine Beschießung der Bahnhofsanlagen von Windau nicht wünscht. Es ist beabsichtigt, mit Hnkem Flügel der Njemen-Armee über Goldingen bis Tuckum vorzugehen, dabei die westhch oder nordwesthch davon stehenden nur ganz geringen russischen Truppen abzuschneiden. Windau soll vielleicht später von Land aus besetzt werden, aber nicht vor 6-8 Tagen. Pappritz fragt weiter nach Möghchkeit der Unterstützung beim etwaigen, vieUeicht bald zu erwartenden Vorgehen -
327 328 329
Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 211 f. Von »Im« bis »gefunden« Einschub am Fuß der Seite. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 212 f.
651
1915
Riga. Telegramm an Oberleitung und Odost aufgesetzt: »Gouverneur hält aufgrund augenbHcklicher Lage im Einverständnis mit Njemen-Armee Beschießung Windaus durch Flotte nicht für angebracht. FaUs Armee Angriff unternimmt, wüd sie um Unterstützung Marine bitten. Zeitpunkt nicht vor 5-6 Tagen.« Gercke kehrt mit diesem Telegramm an Bord zurück, ich bleibe zum Essen, zu dem noch Begas mit Stab, Karpf, Muffling eingeladen waren. Saß zwischen Pappritz und dem konservativen Reichstagsabgeordneten Major der Landwehr Frommer. Netter Abend. lOVa h An Bord. Von Nehbel erfahren, daß Njemen-Armee morgen antritt, im Anschluß daran Hindenburg und Mackensen gleichzeitig gegen Warschau vorgehen.33" Frommer meint, in den nächsten 14 Tagen werde sich viel entscheiden. An Bord noch Besprechung mit Seidensticker und Gercke und beschlossen, Durchführung Minenaufgabe 4 wegen in Aussicht stehenden Vorgehens gegen Rigaischen Meerbusen zunächst zu verschieben.
gegen
Dienstag, den 14. JuH 1915 9Vá h
Besprechung mit Karpf und Stab über weitere Operationen. Beschlossen, Minenaufgabe 4 zu verschieben und morgen Lage Windau-Sperre feststeUen zu lassen. Entsprechendes Telegramm an Oberleitung. Funkspruch an »Bremen«,
heute nacht noch in See bleiben, Linie Östergarn—Steinort sichern. Dann mit Karpf, Gygas und Gercke an Land. Flugstation, die jetzt Oberleutnant Lorenz untersteht, besichtigt. Es kam gerade ein Flugzeug von Danzig unter Bootsmaat Rothe, sehr nettem Knegsfreiwühgen, 19 Jahre alt, aus guter Familie. Bootsmaat und Beobachter Bootsmaat Krüger, einem Dampferkapitän. Dann in der Militärstadt Offizierwohnungen der FHeger und Admüalshaus besichtigt. Darauf Kriegskanal bis zu den Docks gefahren und diese besichtigt. Nachmittags Befehl für morgige Unternehmung, FeststeUung der Lage der Windau-Sperren ausgegeben. 6 h N Post mit Brief von Ib. vom 9. des Monats, der berichtet, daß alles gut geht. Das ist doch immer eine große Beruhigung. 9 h Abends großer Brand in Richtung auf Windau, den vieUeicht die Russen selber angesteckt haben. Meldung von »Bremen«, daß sie 2 mal in 001 und 002 ß, am Ende des Nordwestauslaufes von einem U-Boot angegriffen worden ist um 8 h und nach 9 h. Beim ersten Angriff sind die beiden Torpedos auf zu weite Entfernungen geschossen, beim letzten Angriff vorne und hinten vorbeigegangen, also wieder großes Glück. 10 h Kommt Telegramm von Oberleitung, demzufolge Minenaufgabe 4 doch durchgeführt werden soU, da Unternehmen gegen Rigaischen Meerbusen nicht vor Anfang August zu erwarten sei.331 Beschlossen, in bisherigen Dispositionen keine Änderung zu treffen und FeststeUung der Windau-Sperre morgen durchzuführen. Gercke soU morgen zu Oberst Nehbel, um über militärische Lage Erkundigungen einzuziehen. 330
331
Zu diesen Operationen, die am 5.8.1915 zur Bd 8, S. 264-340. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 224.
Eroberung
Warschaus
führten, vgl.
Der
Weltkrieg,
Dokumente
652
Kohlen werden in Libau schon gramm darüber an Oberleitung.
knapp
nur
Mittwoch, den
noch 1800 t, Öl ganz lenz332. Tele-
15. JuH 1915
Wetter still bei leichtem Westwind. Streitkräfte zur Windau-Unternehmung zwischen 2 h und 3 h ausgelaufen333. 6 h Meldung, daß Flugzeug mit Motorpanne bei Saraiken Hegt. »V 183« zum Bergen, läuft 10 h damit ein. Ein 9 h 30 m V startendes Flugzeug überschlägt sich im Hafen. Das andere kommt von »V 183« geborgen zurück, hat nur Motorpanne gehabt und ist voraussichtlich heute abend wieder klar. 9 h V Gercke zum Gouverneur behufs Besprechung der Lage. Kommt zurück mit Mitteilung, daß Armee wünscht, Windau vorläufig ganz in Ruhe zu lassen und hofft in etwa 8 Tagen ganz Kurland bis Domesnäs und Tuckum zu besetzen. Vieheicht wird Unterstützung durch Marine längs der Küste durch leichte Streitkräfte gefordert. Unternehmen gegen Riga-Domesnäs erst im August. Dementsprechend an Oberleitung telegraphiert und gesagt, daß Legen von Sperre 4 nicht für richtig gehalten wird. SoU mich wundern, ob man es nun aufgibt. Ich halte die Sperre für falsch. AUe Schiffe Hegen von 12 h M in einstündiger Bereitschaft. 4 h 30 m N kommen F.T.-Sprüche zwischen »Lübeck«, »Augsburg« und »Thetis«, die erkennen lassen, daß etwa 12 feindHche Zerstörer bei Lyserort ausgelaufen sind334. »Augsburg« und »Thetis« gehen von Westen, »Lübeck« von Süden vor. Zerstörer gehen nach dem F.T. zunächst bis Lyserort zurück. Dampfaufmachen befohlen, um für alle FäUe gerüstet zu sein. Karpf hat Minensuchdivision sofort nach Libau zurückgeschickt. II. Minensuchdivision läuft gegen 7 h ein. Karpf meldet gegen 8 h, daß er programmäßig zurückkommt und »Thetis« draußen bleibt. Ostflügel der Sperre ist festgesteht, aber nicht markiert. Dreistündige Bereitschaft befohlen. Telegramm von Oberleitung, daß Minenaufgabe 4 wegen veränderter Sachlage nicht ausgeführt werden soU. Sämtliche Streitkräfte laufen bis auf »Thetis«, die mit 2 Booten draußen bleibt, bis lOVi h ein.
Freitag, den 16. JuH 1915 9 h 30 m V
Meldung daß Flugzeug »270«, das mit Vizefeuerwerker Tüle 3 h 30 m V Aufklärung gestartet ist, noch nicht zurückgekehrt ist. Signal an »Thetis« danach zu suchen, 2 Torpedoboote von Libau zum Suchen geschickt335. 10 h Sitzung mit den Kommandanten. Berichterstattung der beteiligten Herren über die vorgestrigen und gestrigen Vorgänge, dann Absichten der nächsten Tage besprochen und zur
332
Lenz
333
Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 213 f. Vgl. ebd., S. 214. Vgl. ebd.
334 335
niederdeutsch für »leer, trocken«.
—
1915
653
aUgemeine Verhaltungsmaßregeln. Beabsichtigt für morgen KontroUe des Ostflügels der Windau-Sperre und Entfernung eines Teüs ihrer Bezeichnung, für Sonntag FeststeUung des Westflügels der Windau-Sperre. Dazu Unterstatzung einzelne
durch Große Kreuzer. 4 h N meldet mü der Kommandant »Prinz Heinrich«, daß in Dampfrohrleitang Rudermaschine Riß ist. Vorläufig die Gefechtsbereitschaft
aber nicht wiederherstellende Reparatur durch Aufsetzen einer Scheue möghch, Erneuerung aber erforderhch und nur in Danzig möghch. Meldung darüber an Oberleitung und Vorschlag, »Braunschweig« als Ersatz Libau zu schicken. Flugzeug »270« wüd abends 6 h bei Saraiken von einem der mit »Thetis« zurückkehrenden Torpedoboote gefunden und eingebracht, nachdem ich Floffnung schon aufgegeben hatte. Tüle, der frisch und munter ist, meldet mü, daß ihm infolge sehr starken Gegenwindes Benzin ausgegangen ist. War bis Ösel vertrieben worden. Die beiden zum Suchen entsandten Torpedoboote haben bei Lyserort 4 Zerstörer gesichtet, die sich zurückhielten. Um 9 h kommt von der Oberleitung Telegramm: »1) Befohlene Beobachtung nach Norden nur bis Linie Breite Lyserort ausdehnen. 2) Damit rechnen, daß Streitkräfte in Libau vom 19. ab 2 Tage in See sind336.« Was man beabsichtigt, weiß ich nicht. HoffentHch nicht Legen der Sperre am Südeingang Moonsund, denn das wäre in Anbetracht des etwaigen Einsatzes unrichtig und würde die Russen nur aufmerksam machen, daß wü etwas vorhaben, sie also zu Verstärkungen ihrer U-Boote usw. veranlassen. Der Befehl erfordert mit Rücksicht auf die Kohlennot (nur noch 600 t, morgen ganz lenz) Einschränkung der für morgen geplanten Unternehmung und Aufgabe der am Sonntag beabsichtigten337.
Sonnabend, den 9 h 30
m
Mit
17. JuH 1915
Flottülenchef, HalbfottiUenchef und Stab heute Beobachtung der
Windausperre besprochen. Die beiden Wachboote soUen mit »V 99« als Rückhalt an Ostflügel Sperre gehen, diesen passieren, nördhch davon durch Überbordwerfen von Kohlensäcken das Legen von Minen markieren, die Ostbezeichnung wegnehmen und dann zurückkommen. Erhalten entsprechenden Befehl. 10 h Karpf an Bord, mit ihm aUgemeine Situation besprochen, ist mit mü der gleichen Andaß des Südmoonsundes sicht, jetzt unrichtig sei. »Bremen« ist mit 2 Sperrung Booten heute 4 h V in See gegangen. »V 99« und 2 Torpedoboote laufen um 1 h N aus. Wetter stül und schön. Meldungen der nach Windau geschickten Boote besagen bis 4 h nichts. 4 h 30 m N An Bord auf »Augsburg«, von dort mit Begas und Karpf über Kurhausbatterie nach Kurhausanlagen spazierengegangen. Auf Süenensignal, das eventaeU von »Roon«, die heute einstandige Bereitschaft hat, herkommen konnte, auf »Augsburg« zurückgefahren. Dort F.T.-Sprüche gesehen, die nur besagen, daß 4 feindHche Zerstörer gesichtet und wieder zurückgelaufen sind338. Beim Einsteigen ins Boot um 6 h N legen gerade 2 Torpedoboote ab und S3« 3" 338
Vgl. ebd., S. 215. Vgl. ebd.
Zu diesem Gefecht vgl. ebd.
Dokumente
654
der auf einem von ihnen, meldet, daß Zerstörer bei Lyserort nach soeben eingegangenem F.T.-Feuer bekommen und er Befehl hätte, sofort auszulaufen. An Bord erfahre ich, daß Mißverständnis vorhegt. Boote haben sich auf weite Entfernungen mit 4 Zerstörern herumgeschossen und sind jetzt auf Rückmarsch. Hundertmarck zurückgerufen. Um 5 h ist Doflein, der mit 3 Booten vor Pavlovsk-Hafen war, zurückgekehrt339. Sie haben dort 8 brauchbare Motorboote gefunden, die später von Fischdampfern geschleppt eingebracht werden. »V 99« und die beiden Boote kamen um 8 h. Letztere begleiten »Prinz Heinrich« auf Fahrt nach Treffpunkt mit »Braunschweig« nördHch Brüsterort und kommen dann mit letzterer zurück. »Prinz Heinrich« läuft 9 h aus. Meldung über Vorgänge vom Tage
Flottillenchef,
an
Oberleitung.
Sonntag, den 18. JuH 1915 Kurz nach Mitternacht läßt sich der Nachrichtenoffizier, Korvettenkapitän z.D. Jacobi, bei mir melden und teüt mit, daß Armee morgen Windau besetzen wül und Unterstützung durch Marine dringend erwünscht ist. Geschossen soll nicht werden, nur Schutz nach See zu und eventaeU Unterbindung des Auslaufens von Fahrzeugen kommt in Frage34". Angeordnet, daß »Augsburg« mit 2 Torpedobooten und II. Minensuchdivision 10 h V vor Windau steht und »Bremen« zur Sicherung nach Norden noch draußen bleibt. »V 99« wird ihr noch beigegeben. Fliegeraufklärung angeordnet. Maßnahmen verlaufen programmmäßig. 9 h »Braunschweig« eingelaufen. 9 h 30 m Sitzung mit Kommandanten, allgemeine Lage und für morgen und übermorgen befohlene Operation besprochen, die in einem Vorstoß nach Norden bestehen soh, bei dem IV. Geschwader westlich Gotland
11h Meldung von Karpf, daß er bei Windau steht und Verbindung mit Armee durch Minensuchboot versucht. FeindHche Zerstörer bei Lyserort, »Bremen« stößt dagegen vor. »V 99« sichert nach Norden. Windau ist, wie bereits um 10 h gemeldet wurde, von unseren Truppen besetzt. Karpf läuft mit seinen Streitkräften zwischen 5 und 6 h ein, kommt an Bord und berichtet über Vorgänge. Zerstörer beim Vorstoß von »Bremen« und »Augsburg« zurückgegangen. 1 Offizier der II. Minensuchdivision an Land in Windau geschickt, hat Hafeneinfahrt untersucht, keine Minen im Vorhafen, Innenhafen gesperrt. Hat von unseren Truppen noch nichts gesehen. 7 h Mit Karpf, Gercke und Bastian zum Gouverneur. Lage bei Windau besprochen. Armee legt Wert auf Verbindung über See. Hat keine Artillerie zur Verteidigung nach See zu, Besatzung 3 Kompanien Landwehr, 1 9-cm-Batterie, einige Reiter. Armee hat bereits Tuckum besetzt. Zugesagt, daß Windau in nächsten Tagen untersucht werden soh. 8 h An Bord. 9 h Bekommt Karpf Befehl während Vorstoß mit »Bremen«, »Thetis«, »V 99« und
geht341.
339
Zu diesem L'nternehmen
34»
Vgl. ebd., S. 216.
341
vgl. ebd., S. 215.
Zu diesem Vorstoß des IV. Geschwaders und der S. 219-221.
von
Hopman geführten Gruppe vgl. ebd.,
655
1915
3
Torpedobooten Lyserort zu beobachten und Windau [zu] untersuchen342. »Breund »Thetis« können wegen Kohlenmangel an Vorstoß nicht teilnehmen.
men«
Montag, den
19. JuH 1915
9 h Mit »Roon«, »Elsaß«, »Braunschweig«, »Lübeck«, 8 Torpedobooten VIII. Flottille in See gegangen durch Westausfahrt. Zunächst strichweise Nebel, wobei beim Herumscheren »G 175« mit »Elsaß« kollidierte und nach Danzig detachiert werden mußte. Von 2 h N dichter Nebel, der dauernd zunahm. 6 h Auf Langsame Fahrt gegangen, um später kehrtmachen zu können, da ich annahm, daß es am Abend aufklaren würde und weü aufgrund einer Standortmeldung des Gros an Odost dieses weiter zurückstand. 7 h Fordert Gros unseren Standort, gibt 8 h 30 m Befehl, Rückmarsch anzutreten und weitere Befehle abzuwarten. Durch 4mahges Schwenken um 4 Strich auf Gegenkurs gegangen. Nebel sehr dicht.
Dienstag, den 20. Juh 1915 2 h V Durch Meldung geweckt, daß es aufklart. »Lübeck« etwa 10 sm Steuerbord achteraus in Sicht, bekommt Befehl sich anzuhängen. Meldung über Standort an Gros. »Elsaß« meldet Lichtsignale in NW und W. Ist offenbar Farö Feuer, trotzdem mit W-Kurs darauf zugehalten. Farö kommt in Sicht, dann auf nördhchem Kurs. 5 h V Gros funkt, daß es heute abend nach Libau geht, Kreuzer soUen einstweüen zwischen 57°10 N und 57°40 N bleiben. Dementsprechend verfahren, von 11 h V Kurs auf Westeinfahrt Libau. 11 h U-Bootsalarm. Torpedolaufbahn
einem der an Backbord stehenden Boote nicht einwandfrei beobachtet. 6 h 30 m N In Libau eingelaufen, wo IV. Geschwader an Bojen lag. 7 h 30 m N Besprechung auf »Witteisbach«. Dort gerade Telegramm eingetroffen, demzufolge minenfreies Fahrwasser von Ort des Feuerschiffs Lyserort in Rigaischen Meerbusen geschaffen werden soll343. Halte das Unternehmen für zwecklos und sehr riskiert. Macht Russen nur vorzeitig auf unsere späteren Absichten aufmerksam und erfordert wegen Minengefahr zu erwartenden Widerstand der Zerstörer und navigatorischer Schwierigkeiten einen im Hinbhck auf das Ziel nicht gerechtfertigten Einsatz. Schmidt gibt dies teüweise zu, ist aber von Westerkamp beeinflußt nicht dazu zu bewegen, diese Ansicht an Odost zu telegraphieren. Karpfund aUe meine Offiziere stehen auf meinem Standpunkt.
von
342 343
Vgl. ebd., S. 219. Zu diesem
Befehl, der auf einer Forderung der Armee beruhte, den Vormarsch in Kurland
unterstützen,
und mit Ösel
Lyserort
zu
zu
zerstören und die russischen
unterbrechen, vgl. ebd., S.
224 f.
Telegraphenverbindungen
an
zu
der Küste
Dokumente
656
Mittwoch, den 21. JuH 1915 8hV
»Augsburg« mit »V 99« zur Beobachtung in Linie Gotska Sandö—Saritschew. Westerkamp 10 h an Bord, ist nicht davon zu überzeugen, daß das geplante Unternehmen zwecklos ist, steht zu sehr unter dem Einfluß Heinrichs. Fahre nach Besprechung mit Karpf zu Schmidt herüber und äußere ihm nochmals meine Bedenken, die er anerkennt und Heinrich, der am 23. in Danzig als Chef des Stabs zu ihm kommt, mitteüen wül. Hoffenthch dringt er durch. Heinrich ist aUerdings ein Bock. Die gestern gesteüte Forderung des Gouverneurs für die Besetzung von Lyserort und Pissen ihm 200 Mann zu geben, wird erfüllt, indem von aUen Linienschiffen und »Roon« je 25-30 Mann gesteht werden. Sohen morgen früh nach Windau auf II. Minensuchdivision. »Indianola«, die zur Überholung nach Danzig geschickt, wird zurückgerufen, um ihre Motorboote sobald als mögHch nach Windau zu bringen, in dem, wie heute gemeldet, auch die kleinen Boote der II. Minen-
suchdivision unterkommen können344. Brief von Michelsen erhalten, in dem er mitteilt, daß er am 23. für Heinrich zum Odost kommen soU345. Das wäre sehr gut. Ihm sofort geantwortet. 4 h N Sitzung auf »Witteisbach«, in der Befehle für Un-
ternehmung gegen Südeingang Rigaischen Meerbusens besprochen werden. Schmidt erkennt Schwierigkeiten durchaus an, wül mit Heinrich in Danzig sprechen. IV. Geschwader geht 5 h 30 m N nach Danzig in See. [...] An Bord »Roon« Maßnahmen für morgen mit Karpf besprochen. Voraussichtlich kann Unternehmen, wenn darauf bestanden wird, am 24. frühestens beginnen. Fraghch, ob »Indianola« morgen ihre Halbdivision noch bis Windau bringt. Nachrichten aus Osten lauten wieder recht gut. AUgemeines Vordringen. Rechter Flügel NjemenArmee schwenkt von Tuckum nach Süden auf Szawle ein. Flugzeug kommt 8 h mit Tille zurück, meldet, daß er bei Zerel »Chrabry« und 10 Zerstörer gesichtet und 8 Bomben geworfen hat, davon 2 scheinbar Treffer. Meldung aus bester Quelle, daß »Rurik« stark beschädigt. »Indianola«, die telegraphisch wegen geplanter Minenräumunternehmung zurückgerufen ist, läuft 10 h 30 m N ein und ankert auf Reede. Kapitänleutnant Altvater an Bord. Er erhält zunächst von Gercke Aufschluß über seine Aufgaben und meldet sich 12 h 15 m bei mir. Donnerstag, den 22. JuH 1915
5 h V »Indianola«, 6 h II. Minensuchdivision mit den in Windau auszuschiffenden 200 Mann begleitet von »Bremen« und »Thetis« ausgelaufen346. 8 h V »L 5« in Sicht, das meldet, daß es des Wetters (Nebel in 400 m Höhe) [wegen] kehrt macht, dann aber wieder umdreht und später vor Windau Aufgabe erst endgültig auf344
345 »Lübeck< und Windau und geringer Aussicht Änderung der Wetterlage wird beabsichtigt, Unternehmung GG 37 aufzuschieben, falls nicht sofortiger Versuch erforderlich. Bitte sofortige Antwort.« Gercke ist an Land bei Oberst Nehbel gewesen und hat erfahren, daß Meldungen über Besetzung von Lyserort und Pissen zwar noch nicht vorhegen, daß Besetzung und Aufstehung der Geschütze aber anzunehmen ist. F.T.-Station in Windau arbeitet jetzt besser, hat unter anderm gemeldet, daß Flugzeug »216« gestern abend in Windau angekommen ist (um 11h). Weitere Meldung besagt, daß es gesunken ist und bittet um Fahrzeug zum Heben. »Lübeck« meldet 4 h von Steinort Sichtigkeit nach Süden 10 sm, nach Norden erhebhch geringer. Läuft 5 h ein mit »V 100«. Hat nichts vom Gegner gesehen. 5 h Antwort von »Witteisbach«
Oberleitung.
»1) Mit Verschiebung einverstanden. 2) Gehe mit >Wittelsbach< und VIII. Flottille nach Libau in See.
34S
Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 225 f.
ohne Geschwader
Sonntag
7hN
1915
659
>UC 4< geht morgen nach Libau in See.« Daraufhin Signal, daß Unternehmung heute nicht stattfindet. 3stündige Bereitschaft. Zeitangsdienst der Obersten Heeresleitung lautet heute sehr günstig349. Armee Below hat bei Szawle usw. 2800, Armee Gallwitz 50 000, Armee Woyrsch 40 000 Gefangene seit 14. JuH, insgesamt gegen 40 Geschütze, 150 M.G. usw. Höhe der Beute noch nicht zu übersehen. Es scheint doch zu Ende zu gehen mit den Russen.
3)
Sonntag, den 25. JuH 1915 Von 6 h 30 m V dichter Nebel. Daher »Augsburg« nicht wie befohlen in See gegangen. Von 9 h V ab klart es auf. »Prinz Heinrich« und 3 Torpedoboote laufen ein. 9h30m-ll h Mit Gygas und Gercke an Land, Kathedrale besehen, dann zum Strand. Wetter sieht bei frischem WSW-Wind sehr drohend aus. In See Gewitter. Von 11 h-12V2 h starker Regen, sehr unsichtig. Wetterlage sieht recht unsicher aus. Windau meldet 2 h WSW 5-6. Regen unsichtig. Darauf 3 h 30 m Telegramm an Oberleitung, daß mit Rücksicht auf diese Meldung und aUgemeine Wetterlage Unternehmen wieder verschoben werden muß. »Witteisbach« hat vorher gefunkt, daß sie morgen früh 6 h mit VIII. Flottille einläuft. Von 4 h ab klart es auf und wüd auch flauer, sieht aber immer noch unsicher aus. 5 h meldet 8. KavaUerie, daß russische Kriegsschiffe Ragotsem35" und Lazup (nordwesthch Tuckum) beschießen. Dagegen ist einstweüen nichts zu wollen. Der Entschluß, Unternehmen aufzuschieben, ist nicht leicht, hoffentHch habe ich in bezug auf das Wetter denselben guten Riecher gehabt wie gestern. Abends Kapitän Robert Kühne, Kommandant der »Elsaß«, bei mir zum Essen.
Montag, den 26. JuH 1915 Wurde um 5 h wach und beobachtete durch Seitenfenster, daß es bei frischem NW stark regnet. Also auch heute wäre aus der Unternehmung nichts geworden. »Witteisbach« läuft um 6 h 30 m V ein, 9 h Sitzung an Bord. Schmidt teilt mü vorher vertrauhch mit, Armee wolle vorläufig nichts gegen Riga unternehmen, habe gesagt, sie braucht Unterstatzung durch Flotte jetzt nicht351. In Armee starke Agitation gegen Flotte als solche unter Hinweis darauf, daß diese für Entscheidung 349
330
351
Zu diesen Kämpfen vgl. mit allerdings teüweise anderen Zahlenangaben Der Weltkrieg, Bd 8, S. 282-315, 319 f., 381-399, 405 f., 456-462. Insgesamt soUen zwischen Mitte Mai und Ende August ca. 850 000 russische Soldaten in Gefangenschaft geraten sein, dagegen wurden kaum mehr als 200 Geschütze erbeutet, da die russische Armeeführung offenbar deren Zurückhaltung befohlen hatte. Ebd., S. 453 f. Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 228. Vgl. ebd., S. 226.
Dokumente
660
des
nichts bedeutet habe. Daher will man unter aüen Umständen etwas unternehmen, um Existenzberechtigung der Flotte zu beweisen352. Geplant, Vorstoß in Rigaischen Meerbusen, mit Sperrung Moonsund und Pernau, eventaeU Beschießung Dünamünde. Teüe der Hochseeflotte sohen dazu noch herangezogen werden. In Sitzung selber bespricht Schmidt Grundzüge der Operation, zunächst derjenigen der Schaffung einer minenfreien Straße bei Lyserort, bittet mich dann um meine Ansicht, die ich in demselben Sinne wie neuhch darlege. Der Grund, den Schmidt bzw. Heinrich für das Unternehmen anführen, ist in der Hauptsache der, daß der Weg näher und navigatorisch besser kontroUierbar sei. Ich führe dagegen an 1) Wir machen Russen vorzeitig aufmerksam. 2) Navigatorisch ist der NW-Sektor Pissen viel einfacher. Entweder es ist klar, dann sieht man 20 sm weit, oder so unsichtig, daß man Lyserort für die südliche Straße auch nicht sieht. Zwischenstadien sehr selten. 3) Unternehmung erfordert selten gutes Wetter der Motorboote usw. wegen. 4) Minengefahr, Gefahr von Verlusten vor eigentlicher Operation hegt vor. Dann fehlt es nachher an Mitteln. Schmidt erkennt das größtenteüs an, spricht davon, daß er mit »Witteisbach« mitgehen wül, um im Süden eventuell artilleristisch unterstützen zu können. Spreche nachher noch mit Heinrich, der mir manche meiner Einwürfe zugibt, aber glaube ich doch bestehen bleibt. Wetter regnerisch, für morgen keine Aussicht. Am Nachmittag Nachricht, daß »UC 4« des schlechten Wetters wegen Memel angelaufen hat und »L 5« umgekehrt ist. X. Flottille läuft zur großen Kesselreinigung nach Danzig. Wetter bleibt ungünstig, steifer NW, starker Regen.
Krieges
Dienstag, den 27. JuH 1915 Wetter am Morgen etwas günstiger, es hat aufgeklart, weht aber noch frisch aus W. Um 9 h kommt eine Verfügung der Oberleitung, derzufolge 1) das Unternehmen gegen die Lyserorteinfahrt des Rigaischen Meerbusens vor-
läufig aufgeschoben, wird, 2) je nach Sichtigkeit des Wetters
ein Kleiner Kreuzer zur Beobachtung vorgeschoben werden soh, 3) die Strecke von Windau bis zum Punkt A mit Hüfsminensuchdivision »Neufahrwasser« und »Swinemünde« abgesucht werden soh353. Ich nehme zunächst an, daß man das Unternehmen aufgrund meiner Vorstellungen ganz aufgibt, eine Rücksprache mit Adrniral Schmidt, um die er mich bitten läßt, zeigt aber, daß es tatsächHch nur aufgeschoben ist etwa bis zum 2. August. Schmidt will dazu die 8. Division, (die 4 »Witteisbachs«), noch heranziehen. Er 352
333
Am 24.7.1915 teUte Prinz Heinrich mit: »Die Terminbestimmung für die geplante Unternehmung ist nicht mehr abhängig von dem Vorgehen der Armee gegen Riga-Dünamünde; die Unternehmung soll ohne weitere Rücksichtnahme auf die Armee durchgeführt werden.« Vgl. ebd., S. 226.
Vgí ebd., S. 226.
1915
661
selbst will mit »Witteisbach« Karpf im Süden folgen, die andern 4 soUen dahinter stehen, während ich mit den Panzerkreuzern nach Norden sichere. Mü wäre es Heber, die ganze Unternehmung würde aufgegeben, ich führe nochmals meine
Grunde dafür an, Schmidt bleibt aber bei seinem Vorhaben. Nachmittags kommt über Odost ein Schreiben des Chefs des Admüalstabs, daß es gelegentlich des Vortrages über das Gefecht bei Gotland S.M. dem Kaiser aufgefaUen wäre, warum hierbei von dem Grundsatz der Konzentration der Kraft sowohl bei der Anlage der Unternehmung durch mich, als auch bei ihrer Durchführung durch den 2. Adnüral Abstand genommen sei354. Wü beide soUen darüber berichten, der Odost SteUung dazu nehmen. Die Aufforderung geht mehr gegen den Odost als gegen uns beide, immerhin ist sie ärgerhch. Solange alles gut gegangen, hat niemand über die unverschämte Art unserer Kriegführung etwas gesagt, beim ersten Rückschlag fallen die Herrn über uns her, die der Ostseekriegführung stets die Mittel versagt haben, die ich unausgesetzt als dringend erforderhch bezeichnet. Ich bespreche die Sache mit Heinrich, den ich bitten lasse und der mü erzählt, er habe in BerHn Behncke gebeten, die Sache doch ruhen zu lassen. Es sei ja doch aUes gut abgelaufen und derartige Rückschläge hätten bei aUem, was bisher in der Ostsee unternommen worden sei, stets in Kauf genommen werden müssen. Auch mit Bachmann hat Heinrich in ähnhchem Sinne gesprochen355. VieUeicht ist er aber mit dem Strategen Müller der Urheber des Schreibens. Heinrich erzählt ferner, in den Dardanellen stehe es wegen Munitionsmangel bedenkhch, umsomehr als die Verbündeten bei Troja eine neue Armee landen woUen356. »U 21« ist auf eine Mine gelaufen und nicht bereit357. Die Haltung der Balkanstaaten besonders Rumäniens noch unsicher358. Militärisch ist unsere Lage günstig, poHtisch nicht. England setzt alles auf die Dardanellen, nachdem es erkannt, daß die Offensive im Westen kaum
Erfolg verspricht. Bericht gemäß des Befehls entworfen und abends diktiert. »Thetis« läuft mit 2 Torpedobooten um 6 h zur Patrouülenfahrt aus. Ein von Memel heute morgen abgegangenes Flugzeug »441« wüd vermißt. 2 Vorpostenboote zum Suchen entsandt. Sonst nichts von Bedeutung. Mittwoch, den 28. JuH 1915 von 8. Kavallerie-Division, daß in der Nähe von Lazup ein russischer Kreuzer mit 2 Schornsteinen unsere SteUungen mit 15 cm beschossen hat. War
Meldung 334 333 336
337
558
Zu dieser Kritik vgl. ausführUch ebd., S. 191 -194. Siehe oben S. 664 f. Vor allem der deutsche Botschafter, Wangenheim, berichtete mehrfach nach BerHn, daß sich die Türkei nicht mehr lange würde halten können. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 8, S. 600-604, ebd., Bd 9, S. 181-188. Die befürchteten Landungen erfolgten am 6.8.1915 nicht auf der asiatischen Seite, sondern im Süden der Halbinsel GalHpolH. Am 6.7.1915 war »U 21« vor den Dardanellen auf eine Mine gelaufen und beschädigt worden. Vgl. Der Krieg zur See, Der Krieg in den türkischen Gewässern, Bd 1, S. 178 f. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 8, S. 598-604.
Dokumente
662
wohl ein Zerstörer. Karpf kommt an Bord und hest mir seinen Bericht vor, mit dem ich durchaus einverstanden. »UC 4« besichtigt, das im Winterhafen neben »Bremen« Hegt. Wetter besser, sieht aber noch nach Regen aus. Um 3 h N fängt es wieder an zu regnen und unsichtig zu werden. 5 h Sitzung auf »Witteisbach«, Besprechung der Operationen der nächsten Zeit und des Ansetzens von »UC 4«, wobei beschlossen wird, den Auslauf bei Hehla Liheina verseuchen zu lassen. Vorher Kommandant von »U 9« an Bord, das am Vormittag eingelaufen ist. Es hat sich vor Utö aufgehalten, ist bis ganz dicht herangewesen und der Kommandant, Oberleutnant Spieß, hat die Überzeugung gewonnen, daß Utö und die darin hegenden kleinen Torpedoboote, Signalstation, F.T.-Station usw. sich leicht durch einen Handstreich überrumpeln lassen359. Seine Schüderungen geben mir den Eindruck, daß wir unsere U-Boote auch ohne besondere Gefahr jetzt wieder im Finnischen Meerbusen ansetzen können. Heinrich hält das noch für verfrüht. Karpf wül morgen, wenn Wetter besser, das Absuchen der Fahrstraße von Windau bis Punkt A ausführen, Entscheidung ob mögHch morgen bei Tagesanbruch treffen. [...]
Donnerstag, den 29. JuH 1915 Wetter
aufgeklart, aber frischer Westwind, so daß Karpf Unternehmung aufgegeben hat. 8 h V laufen »Lübeck« und »V 99« zur Beobachtung in Linie Farö-Saritschew aus, 9 h »U 26« ein. Gestern abend um 7 h sind 3 Sperrbrecher eingelaufen und haben geankert, ebenso 4 Hebepontons angekommen360. Kommandant von »U 26«, Freiherr v. Berckheim, an Bord, hat am 24. etwas gesehen, konnte aber nicht zum Schuß kommen wegen »Deutschland«-Sperre361. Geht Nachmittags nach Danzig, hofft in 8-10 Tagen wieder klar zu sein. Sonst nichts Besonderes. Operationsbefehl Nr. 3 für Lyserort-Unternehmung kommt heraus. Ich soll dabei mit den 4 Panzerkreuzern, »Thetis«, »Augsburg«, »V 99« und »100« und 6 Torpedobooten nach N und NW sichern. Das Vorgehen gegen Rigaischen Meerbusen leitet Schmidt von »Witteisbach« aus selbst. [...]362 Karpf. Alberts steht mit den 4 übrigen »Wittelsbach«-Schiffen zur Deckung nach W und SW. Befehl für die Arbeiten zum Eindringen in den Rigaischen Meerbusen und Sperren der beiden Nordeinfahrten etwas sehr Präzisions- und Uhrmacherarbeit. Ich glaube nicht, daß er so durchgeführt werden wird. Es wird wohl ganz anders kommen. 4 h-6 h Spaziergang mit Gygas und Seidensticker nach Werftbassin, Wasserturm Müitärstadt. Abends an Bord geblieben. Wind WSW böig. »Lübeck« hat nichts vom Feinde gesehen.
339
360 3« 362
Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 227. Vgl. ebd., S. 227 f. Ebd., S. 227.
Folgt ein unleserHches Wort.
1915
663
Freitag, den 30. JuH 1915 Tagesanbruch läuft die Sperrbrechergruppe aus, um eine ihr von der Oberleism lange Reihe von Kursen abzulaufen, die teüweise gänzHch überflüssig sind. Zur Sicherung »Bremen« und »V 100« vorgestoßen. Wetter wie gestern. Wind noch stärker. Vormittags längeren Brief an Korvettenkapitän Mann im Hauptquartier geschrieben über Schreiben des Admüalstabs betreffend Konzentration der Kraft und Kabinetts schreiben, demzufolge für den 2. JuH nur 90 Eiserne Kreuze gegeben werden soUen363. Gerckes Geburtstag, der 32 Jahre alt wüd, beim Mittagessen gefeiert. HoffentHch bleibt der famose tüchtige Mensch uns erhalten. 4-6 h Mit Gygas und Gercke an Land Spaziergang nach Kurhaus und Umgebung. 8 h 30 m N FT., daß Sperrdampfer »Aachen« in 083 a auf Mine gelaufen ist etwa 13 sm östlich Östergarn364. Nehme an, daß dort die Russen am 2. JuH Minen gelegt haben, an denen uns bisher ein gütiges Geschick vorbei geführt hat. Eine zweite, von »Rurik« gelegte Sperre wüd wohl an der Ostseite des Défilées Hegen. Sehr unangenehme Sache. Spätere FT.-Meldung besagt, daß »Aachen« gesunken ist. 6 Mann vermißt. Gegen 11 h N Sternsignale in W. Die beiden Wachtorpedoboote laufen aus. Wie sich später heraussteUt, ist es der bei Tonne 1 Hegende Lotsendampfer, gegen den eine Mine getrieben ist. Er wüd glücklich eingebracht. Mit
tung bezeichnete 400-500
Sonnabend, den 31. JuH 1915 Wetter böig und regnerisch bei SW-Wind. Trotzdem kommt um 9 h V ein von Bootsmaat Bachmann geführtes Flugzeug an, das in 2 Stunden von Putzig hierher geflogen ist. Um 10 h 30 m meldet Pissen über Windau, daß um 4 h 30 m V das Linienschiff »Slava«365 mit 6 Torpedobooten als U-Bootssicherung in den Rigaischen Meerbusen durch nördhche Einfahrt eingelaufen ist. Sehr kühnes Unternehmen, das beweist, daß Russen den Eingang zum Rigaischen Meerbusen uns mit aller Energie verwehren woUen. Die ganze Angelegenheit steUt sich damit auf eine neue Basis. So wie es bisher geplant war, geht es nicht, wenn es überhaupt möghch gewesen wäre. Mich soll wundern, was Oberleitung und Odost jetzt beschließen. Zum mindesten müssen »Braunschweig« und »Elsaß« jetzt nüt zur Forzierung, die ja aber eigenthch vorläufig wenigstens strategisch kaum begründet ist. Oberleitung
bezweifelt Richtigkeit der Meldung, sie wüd aber auf F.T.-Anfrage von Kapitänleutnant Mühle als einwandfrei bestätigt. Die beiden Sperrbrecher werden nach Danzig geschickt. »Thetis« geht am Vormittag mit »V 99« in See trotz recht schlechten, vorübergehend unsichtigen 363
Nicht ermittelt.
364
Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 227 f. »Aachen« war allerdings nicht auf eine Mine gelaufen, sondern wurde von dem engHschen U-Boot »E 1« versenkt. Vgl. ebd., S. 229 f.
3«5
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664
Wetters und meldet bei Rückkehr am Abend, daß vom Feinde nichts gesehen ist. 4 I1-6V2 h Spaziergang mit Gygas und Seidensticker nach den Nordbatterien. 8 h Sitzung der Admírale auf »Witteisbach«. Schmidt teüt mit, daß mit Rücksicht auf morgigen Jahrestag der Kriegserklärung vieheicht Unternehmungen der Russen zu erwarten und deshalb die 4 Panzerkreuzer, »Augsburg« mit »V 99« und »100« und die VIII. Flottille in See gehen soll.366 »Augsburg« soll mit »V 99« und »100« bis Höhe Gotska Sandö vorstoßen, ich mit Gros Höhe Libau stehen, »Lübeck« zur Sicherung nach Westen vorschieben. Er bespricht Änderung der Lage durch Erscheinen »Slava« im Rigaischen Meerbusen. Meint, er müsse mit Linienschiffen des IV. Geschwaders eindringen. Hat bei Odost Division großer Linienschiffe beantragt, auf Schwierigkeit des Minenräumens hingewiesen. Heinrich läßt Gedanken des Sperrens von Pernau schon fallen, kommt überhaupt unter den Eindrücken der letzten Tage von seinen bisherigen Gedanken immer mehr zurück. Befehle für das Auslaufen morgen erteüt, das um 9 h beginnen soh.
Sonntag, den 1. August 1915 1. August des vorigen Jahres, an dem die Entscheisich seitdem alles ereignet, und wer hätte auch nur etwas Ähnliches erwartet. Wie mag's über's Jahr aussehen: »Sei getreu bis in den Tod!« Das gilt für ganz Deutschland. 9 h V Bei regnerischem Wetter durch mittlere Einfahrt ausgelaufen. Von 10 h ab klarte es auf. »Augsburg« 11h mit »V 99« und »100« nach Norden detachiert. Auf der Höhe von Libau wechselnde Kurse mit den 4 Panzerkreuzern gelaufen. »Lübeck« sichert nach Westen. Vor dem Auslaufen war Nachricht gekommen, daß am 30. Juh N bei Visby 3 große Kriegsschiffe mit südlichem Kurse gesichtet seien. WahrscheinHch hat man die Entsendung der »Slava« sichern wohen, hinter der östlich von Gotland wohl noch andere Schiffe gestanden haben367. Die Russen regen sich doch immer mehr. 2 h 30 m In der Nähe einer treibenden Stangenboje, die durch Torpedoboot untersucht wurde, fälschhcher U-Bootsalarm. In der Höhe von Libau auf und ab gestanden, um 8 h 15 h N in der Nähe des Quadrats, wo 2 h 30 m N von »V 183« der Turm eines feindhchen U-Boots gesichtet. Abgedreht, also war der Alarm am Nachmittag doch richtig. Zwei Torpedoboote zum Jagen detachiert. Bis zur Höhe von Östergarn vorgestoßen, dann zurückgelaufen, nichts gesehen. Ebenso keine Meldung von »Augsburg«. Pissen ist heute von einem feindhchen Fheger erfolglos mit 2 Bomben beworfen368. Lebhafte
Erinnerung an den dung endgültig fiel. Was hat
3«> 367 3*8
Vgl. ebd., S. 230 Vgl. hierzu ebd., S. 229 f. Ebd., S.
232.
1915
665
Montag, den 2. August 1915 Während der Nacht nichts Besonderes. »L 5« ist am Morgen um 5 h V aufgestiegen und meldet um 9 h 30 m V dicht bei demselben Quadrat, in dem gestern abend das U-Boot gesichtet, ein untergetauchtes U-Boot369. 2 Boote dorthin detachiert zum Jagen. Nach verschiedenen Meldungen aus Pissen sind von dort aus gestern nachmittag mehrere große Schiffe im Norden und auch 2 scheinbar von Minenexplosionen herrührende Wassersäulen beobachtet worden. Es ist ferner gemeldet, daß 4 große Einheiten im Anmarsch auf Pissen seien und daß die Station vorübergehend geräumt werde37". Die Nachrichten scheinen mü alle noch etwas unsicher und übertrieben. Ich kann mü nicht vorsteüen, daß die Russen mehr Schiffe in den Rigaischen Meerbusen geschickt haben. Wahrscheinhch spielt Luftspiegelung usw. mit. Am Vormittag 2 h sind 5 Flugzeuge von Libau angesetzt371. 2 davon haben sich leider bei der Zwischenlandung in Windau überschlagen, ein III. hat lecken Schwimmer. Die beiden andern waren nicht flugfähig. Nettes Resultat. Das IV. Geschwader (4 Schiffe) unter Alberts ist am Morgen nach Libau ausgelaufen. »L 5« steht um 12 h zwischen Zerel und Pissen, meldet, daß es von feindhchen Zerstörern verfolgt und beschossen wüd, um 12 h 38 m N, daß es von einem feindhchen Landflugzeug verfolgt wüd. Wü sind daher etwas in Sorge um ihn, um 1 h 15 m N kommt aber die Nachricht, daß das Flugzeug kehrtgemacht hat und keine weiteren feindhchen Streitkräfte mehr in Sicht sind. Erhält darauf Befehl zur Umkehr, ist 8 h N in Seddin. Um 4 h N mit den Großen Kreuzern, »Lübeck« und VIII. FlottiUe eingelaufen. Um 7 h 30 m läuft »Augsburg« mit »V 99« und »[V] 100«, um 8 h die VII. Division von Danzig kommend ein. Hafen ist jetzt gründlich voU, aber aUe Schiffe haben Bojen. Wetter sieht günstig aus.
Dienstag, den 3. August 1915 Befehl für morgige Unternehmung. II. Minensuchdivision soll Anmarschstraße Windau nach Punkt A und eine zweite Straße WNW von Windau absuchen, gedeckt durch Karpf mit 2 Kleinen Kreuzern, während ich mit den großen Kreuzern, 2 Kleinen Kreuzern, »V 99« und »[V] 100« und 7 Torpedobooten der X. FlottiUe nach Westen und NW sichere372. Heute nacht soU VIII. FlottiUe Vorstoß nach Norden machen, aUein, und morgen früh um 8h wieder hier sein. Da wüd wohl nicht viel dabei herauskommen. Karpf kommt zu mü an Bord und bespricht Operationen. Sonst nichts Besonderes. 4 h-óVz h Spaziergang bei schö-
von
*»
370
37> 372
Ebd., S. 230. Am 1.8.1915 wurde Pissen zunächst von einem Flugzeug, später von einem Schiff der »Amur«Klasse und mehreren Torpedobooten beschossen. Diese Angriffe wiederholten sich an den folgenden Tagen. Ebd., S. 232. Ebd., S. 231. Vgl. ebd., S. 235 f.
Dokumente
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Wetter nach Nord Front. Abends Brief von Mann373; Antwort auf meinen 3. Juh, den er Tirpitz gezeigt hat. v. Tirpitz hat gesagt, er hätte es für richtiger gehalten, immer mit aUem in See zu gehen, ich wäre mit dieser Ansicht ja aber nicht durchgedrungen. Er hat dem Kaiser in Pleß erzählt, der Operationsplan für das »Albatroß«-Unternehmen sei im Einverständnis mit dem Odost gegeben und macht mich darauf aufmerksam, in dem befohlenen Bericht meinen Standpunkt zu vertreten. Mann bespricht ferner die Frage v. Tirpitz, Kommandierender Adrniral, meint, es sei nur durch Koester mögHch, bittet mich, eventuell dafür bei Koester zu wirken. Das ist sehr schwierig. Nach Manns Erzählungen ist Verhältnis S.M. und v. Tirpitz das denkbar schlechteste wegen »Lusitania«-Noten, U-Bootskrieg usw.374 v. Falkenhayn hat gesagt, Reichskanzler wolle Kurland annektieren, um damit Forderung nach Landvermehrung zu genügen375. Staatssekretär und Chef des Admiralstabs sind jetzt in Emmanuelssegen bei Pleß, Hauptquartier Ost376. nem
vom
Mittwoch, den 4. August 1915 2 h 30 m V In See gegangen durch NW Einfahrt, die Hüfsminensuchdivision »Neufahrwasser« vor Tagesanbruch abgesucht hatte377. Wetter schön, klar und warmer NO Wind. 6 h VIII. Flottille in Sicht, die zurückkommt ohne etwas gesehen zu haben. »Lübeck« nach Westen mit »V 99«, »Thetis« mit »V 100« nach Norden vorgeschoben und bis 3 h N zwischen 20°30 und 21° O L in Höhe WindauZerel auf und abgestanden. Nichts gesichtet, ein U-Boot gemeldet, aber ungewiß. Karpf meldet um 3 h, daß er eine Sperre etwa 3 sm NW von Windau gefunden hat. Er tritt 4 h N den Rückmarsch an, ich gleichfahs wieder durch NWFahrwasser. 8 h N Bei herrhchem Sonnenuntergang eingelaufen, unmittelbar nach Karpf, so daß ich fast ahe mir untersteUten Streitkräfte in Sichtweite hatte. Von Pissen sind wieder unklare merkwürdige Meldungen378. 2 Briefe von Ib. und einen sehr netten von Hetta mit Blumen.
373
374
375
376 377
378
Nicht ermittelt. Der von Hopman im folgenden skizzierte Inhalt entspricht aber im großen und ganzen dem Brief Manns an Erich E. Schulze vom 20.7.1915, in: Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 256. Vgl. ebd., S. 245-269, weitere Briefwechsel zur Frage der Ernennung Tirpitz' zum Oberbefehlshaber der Marine im [uH/August 1915. Die Beantwortung der Note der US-Regierung auf die Versenkung der »Lusitania« entfachte einen heftigen Streit innerhalb der Regierung. Vgl. ebd., S. 334-450; Tirpitz, Erinnerungen, S. 352-360. Vgl. dazu Tirpitz' Brief an seine lihefrau vom 20.7.1915: »Falkenhayn hat Bachmann erzählt, der Kanzler woUe Kurland annektieren; die Engländer werden das mit Vergnügen sehen; dann sitzen wir fest auf ein Jahrhundert, und die Russen desgleichen. England lacht sich ins Fäustchen, und wir ziehen aus Belgien ab. Dann hat England seinen Zweck erreicht, und wir sind zu einem reinen Kontinentalstaat zurückgedrängt.« In: ebd., S. 477. Ab 19.7.1915 befanden sich Tirpitz und Bachmann im Hauptquartier Ost. Vgl. hierzu Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 234 f. pissen war ab Anfang August 1915 mehrfach das Ziel russischer Angriffe.
667
1915
Donnerstag, den 5. August 1915 9 h »UA«, das im Rigaischen Meerbusen gewesen ist, läuft ein379. Hat, wie ich nachher auf »Witteisbach« gehört, einen Torpedo auf einen russischen Zerstörer auf 200 geschossen, leider Unterschüssen. 9 h 30 m V Sitzung der Admírale auf »Witteisbach«. Allgemeine Besprechung der für den 8. und ff Tage geplanten Aktionen. 3 h N trifft über Signalstation die Nachricht vom Fall Warschaus ein. Wieder ein gewaltiger Schritt weiter zu einem glücklichen Ende. 5 h 6V2 h Spaziergang mit Gercke an Land. Abends Nachricht, daß wieder ein Flugzeug fehlt, das von Memel nachmittag 1 h 30 m hierher abgeflogen ist. Wetter ist schön und klar bei nördlichem mäßigen Wind. Um 6 h gehen »V 99« und »[V] 100« zu einem Vorstoß bis in Höhe von Dagö in See38". Um 9 h N meldet Memel, daß das vermißte Flugzeug bei Pappensee Notlandung gehabt und nach Memel eingeschleppt ist. -
Freitag, den 6. August 1915 »UC 4« meldet seinen Standort um 4 h V, ist auf dem Rückmarsche381. »V 99« und »[V] 100« laufen ein, ohne etwas gesehen zu haben. Russische Berichte sagen, daß ein enghsches U-Boot einen großen deutschen Transporter in der Ostsee versenkt habe. Danach ist der Sperrbrecher »Aachen« also nicht auf eine Mine gelaufen, sondern von einem Torpedo getroffen, wohl wieder »E 9« Mr. Horton382. Am Vormittag passiert »L 5«, das in Richtung auf inneren Rigaischen Meerbusen aufklären soU383. Um 1 h 5 m fragt es an, ob es Dünamünde mit Bomben bewerfen darf und erhält merkwürdigerweise die Antwort »Ja«. Bald darauf meldet es, daß es starkes Feuer bekommen hat, ZeUen beschädigt sind und vielleicht noch eine Landung in Königsberg möghch ist. Es kommt aber nicht mehr so weit, von 2 h 40 m N hört F.T. Verbindung auf, und wie nachher bekannt wüd, hat es bei Sjieda eine Notlandung machen müssen, ist also wohl mit Ausnahme der Motoren usw. verloren. Das kommt von dem völlig unangebrachten Schneid. Man hat mit Luftschiffen doch wüklich schon genügend Erfahrungen in diesem Kriege gemacht. »UC 4« läuft 4 h N ein. Kommandant Oberleutnant Vesper meldet, daß er seine Aufgabe (Hekla-Lileina) glatt erledigt hat. Hoffentlich bleibt der Erfolg nicht aus. ^Ah-dVih Spaziergang mit Gygas und Seidensticker nach Nordfront [...]. 8 h N kommt Operationsbefehl der Oberleitung für geplantes Unternehmen gegen
379
Zu diesem Unternehmen
»
Ebd., S. 233.
381 382
383
vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 232.
»UC 4« war am 2.8.1915 in den Finnischen Meerbusen ausgelaufen, ebd., S. 235. Das engHsche U-Boot »E 1« versenkte die »Aachen« am 30.7.1915, vgl. Ebd., S. 233.
um
Minen
ebd., S.
zu
227 f.
legen. Vgl.
Dokumente
668
Meerbusen384. Sehr Ansicht aUes ganz anders.
Rigaischen
umfangreich
und
komphziert.
Es kommt meiner
Sonnabend, den 7. August 1915 Meinem Knie geht's gut. 9 h 30 m Sitzung der Admírale und Kommandanten auf »Witteisbach«. Besprechung des Operationsplans 5. Schmidt sprach sehr nett. Um 12 h Meldung, daß »Wettin« heute nacht um 3 Uhr außerhalb des Hafens ein U-Boot gesehen haben wül. Flugzeuge und Vorpostendampfer zum Jagen entsandt. 3 Flugzeuge kehren bis 4 h zurück, haben nichts gesehen. »Augsburg«, »Pillau«, »V 99« und »V 100« laufen um 1 h N aus zum Legen einer Ansteuerungstonne für NW Sektor Pissen. 5 h N Unter Führung von Alberts ausgelaufen »Braunschweig«, »Elsaß«, »Prinz Heinrich«, »Roon«, »Bremen«, »Lübeck« mit 12 Torpedobooten385. NW-Fahrwasser. 8 h Bei Steinort ein auf dem Wasser treibendes Flugzeug gesichtet. Torpedoboot schleppt es ein. Sehr schönes Wetter bei auffallend warmem NO-Wind.
Sonntag, den 8. August 1915 2 h 45 m Auf der befohlenen Position, d.h. bei der gestern abend am Eingang des NW Sektors von Pissen gelegten Boje. II. Minensuchdivision gefolgt von »Bremen« und »Braunschweig« läuft ein und beginnt 3 h 45 m V mit Minensuchen. Ich stehe mit »Roon«, »Prinz Heinrich« und »Elsaß« auf und ab vor der Einfahrt, ebenso »Augsburg« und »Pillau«, die die Küste von Ösel vorher rekognisziert haben und weiter draußen die 5 »Wittelsbach«-Schiffe unter Führung von Schmidt. Torpedoboote auf aUe Gruppen verteüt. I. Aufklärungsgruppe (3 Schlachtkreuzer »SeydHtz«, »Moltke«, »[von der] Tann« und 3 Kleine Kreuzer stehen unter Hipper Höhe Gotska Sandö—Saritschew, I. Geschwader (Gaedeke) im Süden etwa bei Hoborg. Um 3 h kommt Meldung von Alberts, der auf »Braunschweig« ist, daß am Eingang des Rigaischen Meerbusens 3 feindHche Zerstörer in Sicht sind, aber zurückgehen, um 4 h 2 feindHche Flugzeuge in Sicht. Pissen meldet um 4 h 6 feindliche Zerstörer. Um 5 h 10 m eröffnet »Braunschweig« Feuer auf 3 Zerstörer. Um 5 h 30 m wirft ein feindhches, vorher nicht beobachtetes Flugzeug, das offenbar aus sehr großer Höhe in steuern Gleitflug niedergegangen, eine Bombe auf »Roon«, die aber 100 m an Steuerbord nicht weit von dem dort stehenden Torpedoboot ins Wasser fäUt und detoniert. Flugzeug, das offenbar seinen Motor nicht Zu den Vorbereitungen und dem Operationsbefehl vom 6.8.1915, »Niederkämpfen der feindhchen Streitkräfte, dazu sorgsamste Aufklärung. Sperrung de Südeinganges zum Moonsund mit Minen. Verblocken des Flafens von Pernau. Demonstrationsbeschießung von Dünamünde«, vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 236-241. Zu dem versuchten Einbruch in den Rigaischen Meerbusen vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 242-246; Hopman, Das Kriegstagebuch, S. 122-124.
1915
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Angehen bekommt, geht auf dem Wasser nieder, gebe Torpedoboot fangen und halte selbst mit »Roon« darauf zu. »Witteisbach« kommt aber auch in die Nähe und setzt es selbst ein, was ich beabsichtigt [und] auch ge-
mehr
zum
Befehl,
es zu
meldet hatte. H II386 wül das Renommierstück selbst haben. Um 6 h kommt Meldung, daß »T 52« auf Mine gelaufen und schwer beschädigt ist, daß II. Minensuchdivision mit Räumen beginnt und Zerstörer vor dem Feuer der »Braunschweig« zurückgehen. Hüfsnünensuchdivision »Swinemünde« erhält Befehl, beim Räumen der Sperre zu helfen. 6 h 28 m V meldet »Thetis«, die von Süden von Lyserort her angelaufen, daß sie auf Mine gestoßen und anscheinend leicht beschädigt ist. Torpedoraum voü Wasser. Sie geht auf flaches Wasser. Alberts meldet, daß jetzt im ganzen 16 feindHche Zerstörer in Sicht sind und »T 52« gesunken ist. Die Russen sind also durchaus auf dem Posten und werden ihre SteUung nicht so ohne weiteres aufgeben. »Chrabry« ist hinter Zerel, südwärts dampfend, zu sehen. Räumen der Sperre geht verhältnismäßig schneU. Um 8 h 50 m meldet II. Minensuchdivision, daß sie bisher eine Lücke von 200 m hergesteUt und 4 Boote der EFüfsminensuchdivision »Swinemünde« zur Unterstützung herangezogen hat zur Verbreiterung der Sperrlücke. 9 h 10 m meldet »S 144«, daß es auf Mine gelaufen und Abteüungen 1-3 voU Wasser hat, ist von »S 140« und »S 147« untergefangen und geht mit diesen beiden Booten und »S 141« nach Libau. »Braunschweig« und »Elsaß«, die seit 6 h herangezogen ist, feuern in Zwischenräumen auf Zerstörer, »Chrabry« und ein anderes Kanonenboot. Etwa von 11 h ab geht Minensuchdivision nach Schaffung der Sperrlücke weiter. Um 11 h 30 m kommt »Slava« und Zerstörer in ONO von »Braunschweig« in Sicht, wüd auf 160 hm beschossen und dreht ab, ohne Feuer zu erwidern. Um 12 h 45 m meldet II. Minensuchdivision, daß sie Pissen in L 5,1 sm ab eine zweite Sperre gefunden und mit Räumen begonnen hat. Die Aussicht, daß der Einbruch heute noch wie geplant durchgeführt werden kann, schwindet damit sehr und völhg, nachdem um 1 h 20 m F.T.-Meldung kommt, daß »T 58« auf eine Mine gelaufen. 1 h 37 m kommt auch schon F.T.Befehl an 2. Adnüral IV. Geschwader: »Alle MinensuchFormationen zurückziehen, aUe Fahrwasserbojen aufnehmen. Deckung durch gleiche Schiffe wie bisher. II. Minensuchdivision und Ehlfsminensuchdivision »Neufahrwasser« nach Windau, Hüfsminensuchdivision »Swinemünde« nach Libau.« Das bedeutet völhge Aufgabe der Unternehmung. So sehr ich diese an und für sich als unrichtig betrachtet, so verfehlt scheint mir dieser Entschluß. Zum mindesten müßte der Versuch, die zweite Sperre zu durchbrechen, fortgesetzt und ein Einbruch gemacht werden mit dem Zweck, die Schiffe und Torpedobootszerstörer zu verjagen und zusammenzuschießen. Das Sperren des Moonsundes, die gänzhch aussichtslose Verblockung von Pernau und vieUeicht auch die Beschießung von Dünamünde hätte ja unterbleiben können. So ist's ein ausgesprochener Mißerfolg, über den die Russen ein großes Triumpfgeschrei anstimmen werden. Bis 5 h sind aUe Schiffe und Boote, nachdem noch mehrfach gefeuert ist, wieder draußen. »Augsburg« und »Pülau« werden zur II. Aufklärungsgruppe (Hipper) detachiert, die etwa in Höhe Dagö steht, das I. Geschwader steht in Höhe Hoborg. Die übrigen AufklärungsstreüGemeint ist
Kapitän z.S.
Heinrich.
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kräfte der Ostsee hängen sich auf Befehl an IV. Geschwader an und steuern zwischen Gotska Sandö und Farö auf schwedische Küste zu. »Thetis« und das beschädigte Torpedoboot sind am Abend in Libau eingetroffen. Um 7 h 30 m N macht die Oberleitung folgenden F.T.-Spruch an Odost387: 1) »Unternehmung gegen Rigaischen Meerbusen abgebrochen, da Minenverteidigung sehr stark. Mehrere Sperren hintereinander festgesteht. FeindHche Streitkräfte, darunter >Slava< und >ChrabryBraunschweigElsaß< und >Bremen< mit Erfolg zurückgedrängt, so daß schwierige Arbeiten der Minensuchdivisionen guten Fortgang nehmen konnten. Feindliches Flugzeug gefischt, ein Offizier und 1 Unteroffizier gefangen. >T 52, [T] 58< gesunken durch Minen, >Thetis< und >S 144< durch Mine beschädigt nach Libau. Wiederholung Einbruchsversuchs unter anderem nur Erfolg versprechend bei vorhandenen zahlreicheren Minensuchformationen. 2) Beabsichtige zu gehen mit IV. Geschwader und Aufklärungsstreitkräften der Ostsee heute abend südhch Gotska Sandö auf Westseite und morgen nach Norden bis Svenska Högarne, um mich sichten zu lassen. I. Geschwader soll stehen 3 h a.m. nicht südhcher als 51° Breite. I. Aufklärungsgruppe verfahren nach Operationsbefehl des Befehlshabers der Aufklärungsstreitkräfte.« Es soh mich wundern, was Odost und Admiralstab dazu sagen. Heinrich hat noch vorgestern zu Karpf gesagt, Karpf und ich hätten immer Bedenken. Heute abend denkt er vieheicht anders. Während der Nacht IV. Geschwader und Aufklärungsstreitkräfte der Ostsee westlich Gotska Sandö gehalten.
Montag, den 9. August 1915 3h 30-4h 30 mV
Bekohlung der VIII. und X. Flottille durch Schiffe. Dann Auf-
klärungsstreitkräfte der Ostsee rechts voraus vom IV. Geschwader nach Norden vorgeschoben, tagsüber wechselnde Kurse westlich Gotska Sandö gesteuert bis Höhe Hufvudskär. Aufklärungsstreitkräfte der Ostsee dabei in Scheinwerfer Signalweite von IV. Geschwader. 11 h V Kommt folgender F.T. vom Odost: »1) Melden, ob Einbruch in Rigaischen Meerbusen von Ihnen aufgegeben oder wann Fortsetzung. 2) Mehr Minensuchdivisionen habe ich nicht zur Verfügung. 3) Halte Durchführung der Unternehmung für notwendig388.« Wie und wann er sich das denkt, sagt er nicht. Vorläufig ist's nicht mehr mögHch. Um 12 h 40 m kommt per F.T. Operationsbefehl Nr. 6, demzufolge I. B.d.A. morgen früh Utö, ich mit den Aufklärungsstreitkräften der Ostsee Zerel Leuchtturm und Flugstation beschießen soU389. IV. Geschwader nimmt für mich AufnahmesteUung in 58° N 21° 5' O, IV. Geschwader und Aufklärungsstreitkräfte der 387
388 389
Zu dem Telegrammwechsel zwischen der Bd 2, S. 252. Ebd. Vgl. hierzu ebd., S. 247-249.
Oberleitung und Odost vgl. Der Krieg zur See, Ostsee,
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Ostsee dampfen während der Nacht nach Osten. Befehle für Beschießung werden mir bis 4 h N durch Winkspruch ausgegeben. »Roon« und »Prinz Heinrich« soUen schießen, Kleine Kreuzer Mittel-Einfahrt bewachen, Torpedoboote U-Bootsicherung, eventaeU 3 Boote mit Minensuchgerät vorfahren. Um 5 h 20 m N macht Oberleitung folgenden F.T.-Spruch an Odost39": »1) Ich gab Unternehmung auf, da ich bis Mittag nur durch äußere Sperre gelangt bin. Sperrung des Moonsundes daher bis abends nicht mögHch. Ich hatte genügend Torpedoboote für solchen Fall mit seinen weiteren Folgen einer sicheren Verstärkung feindlicher U-Boote nicht mehr zur Verfügung zur Sicherung der Schiffe im Finnischen Meerbusen. Ich hatte außer Ausfall eines Kreuzers nur 17 Boote am ersten Tag mittags. 2) Auch sofortige Fortsetzung nicht beabsichtigt, da Wiederholung in Verbindung mit Armeeunternehmung wahrscheinHch den gleichen nicht unerheblichen Einsatz erfordert, wenn nicht Meerbusen in der Zwischenzeit dauernd von uns gehalten wird. 3) Halte für durchführbar Einbruch. Aufgegeben wegen doppelten Einsatzes für gleiches Ziel. Gestrige Unternehmung trug Charakter einer gewaltsamen Erkundung, die gelungen ist. 4) Erbitte telegraphischen Befehl, ob ich Unternehmen sofort neu ansetzen soU. AUe Verbände müssen vorher kohlen. 5) Habe erhalten gestern abend Meldung I. Minensuchdivision >Memek Mir unbekannt, daß hier mir untersteht. Bitte Bestätigung. Ich hätte sonst Unternehmen um 3 Tage verschoben.« Im wesenthchen die Argumente, die ich vor der Unternehmung genannt habe. Doppelter Einsatz beim ersten Mal, d.h. ohne Armeeunternehmung, zwecklos. Behauptung, daß Unternehmen als gewaltsame Erkundung ein Erfolg sei, sehr schwach. Dann hätte man im Operationsbefehl nicht so weitgehende Ziele stecken soUen. Dort war Einbruch, Sperrung des Moonsunds, Vernichtung der russischen Seestreitkräfte usw. genannt.
von
Dienstag, den 10. August 1915 Während der Nacht nach Osten gedampft391. Dabei gegen 11 h in etwa 6 sm Nähe des Standortes des I. Geschwaders. Um 1 h V kommt folgendes F.T.-Telegramm von Odost an Oberleitung: »1) Unternehmung abbrechen. Wiederholung sofort nach Bekohlung der Verbände oder zum 14. August, falls Verabredung Armee gemäß GG 1350 vom 1. August noch gültig. 2) Melden ob Verabredung noch gültig.
390
'«i
Ebd., S. 252 f. Ebd., S. 248.
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Dokumente
Inzwischen Bewachung des Rigaischen Meerbusens aufrecht erhalten. >SL 4< eintrifft Seddin 11/8. 4) Wegen I. Minensuchdivision siehe Telegramm vom 4. August. I. Minensuchdivision steht zur Verfügung ebenso lange wie die übrigen Streitkräfte der Hochseeflotte392.« Mit Hellerwerden in Sicht der Küste nördhch von Zerel. Beim Näherkommen nördhch des Leuchtturms mehrere (etwa 10) Torpedoboots Zerstörer in Sicht, die Anker aufgehen oder loswerfen. Deshalb Absicht, 3 minensuchende Torpedoboote vorzuschicken aufgegeben, mit hoher Fahrt herangedampft und auf den vorgesehenen Beschießungskurs gegangen. Signal an »Prinz Heinrich«, Torpedobootszerstörer unter Feuer nehmen und 3 h 50 m Feuer auf 120 hm unter Aufnahme von kleiner Fahrt eröffnet. Torpedoboot in Feuerbereitschaft. Zerstörer laufen mit südlichen, dann östHchen Kursen ab. Mehrere gut Hegende Salven beobachtet, auf einem Zerstörer393 heller Brand, offenbar von entzündeter Munition herrührend, im Achterschiff. 4 h 10 m Auf Gegenkurs gedreht, da Zerstörer aus Schußweite und 10,5 m Wasser gelotet wurde. Die geloteten Tiefen waren 3-4 m geringer als in der Karte. 4h 15-4h30m Leuchtturm und die südhch davon stehenden Schuppen (Flugstation ?) auf 108-124 hm unter Feuer gehalten und gut eingedeckt. Dann zurückgelaufen. Die beiden Kleinen Kreuzer hatten während der Beschießung vor der Müteleinfahrt (Punkt L) gestanden zur Beobachtung, »Lübeck« war dabei von einem U-Boot mit 4 Torpedoschuß beschossen worden, die aUe fehlgingen. Zum Gros gedampft, dabei gegen 6 h auf etwa 5 sm tauchendes U-Boot gesichtet. 6 h 30 m Beim IV. Geschwader. Winkspruch: »Braunschweig«, »Elsaß«, »Roon«, »Prinz Heinrich« VIII. FlottiUe nach Danzig detachiert zum Ergänzen von Munition und Brennstoff. Dementsprechend Marsch dorthin aufgenommen. 7 h Von Adnüral Alberts mit »Roon«, »Prinz Heinrich« und einer Halbflottüle detachiert mit 17 sm Fahrt vorausgelaufen. Weg über Brüsterort. Um 6h V hat Oberleitung folgendes F.T. an Odost gemacht394: »Meinerseits bestehen weder noch haben bestanden Verabredungen mit der Armee. Ich habe nur meinerseits Forderung gestellt, daß nach 17.8. Requisition zu gemeinschaftlicher Operation gegen Riga mindestens 14 Tage vorher erfolgen muß, vor 17. August mit längerer Frist. Solche Requisition Hegt bis jetzt nicht vor, auch ist Marine frei im Entschluß. Fassung erster Absatz im heutigen Telegramm 1115 unklar. Erbitte Wiederholung in anderem Wortlaut und klaren Befehl, wie in Funkspruch 0300 erbeten, daß Niederkämpfung >Slava< ohne Rücksicht auf Einsatz jetzt gleich erreicht und danach Meerbusen gehalten werden soU, bis Armee Riga-Requisition steUt. Telegramm 6966 enthält nichts, daß I. Minensuchdivision mü zur Verfügung. Operationsbefehl I. B.d.A. war erst 8.VIII. in meinen Händen. Nach Telegramm 6966 nur für Sperrlücke Windau verfügbar. Erbitte Ersatz für VIII. FlottiUe, da Bereitschaft
3)
*>2 393 .W4
Ebd., S. 253.
Es handelte sich
den russischen Zerstörer »Sibirski Strjelot«. Diese Abmachungen bestanden nicht mehr, da sich die Situation durch das Einlaufen der »Slava« in den Rigaischen Meerbusen geändert hatte. um
Vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 253.
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nicht mehr haltbar wegen der Kessel. Ich habe den Eindruck, daß gestrige Unternehmung als Mißerfolg in Kiel aufgefaßt wird. Dies ist nicht der FaU.« Das ganze Telegramm, namentHch der Schlußsatz, ist ein starkes Stück. Es soll mich wundern, was Odost dazu sagt. Um 12 h 30 m meldet I. B.d.A., daß »von der Tann« 2 Kreuzer der »Makarov«-Klasse, die hinter Utö lagen, auf 165 hm, ein Torpedoboot auf 112 hm, dann Landbatterien mittleren Kalibers auf 78-91 hm beschossen hat395. Batterien anscheinend zum Schweigen gebracht, jedenfahs gute Trefferwirkung beobachtet, bei Kreuzern einige gut Hegende Salven. Kreuzer haben sich zurückgezogen. »Kolberg« hat versucht feindliches U-Boot zu rammen, ein U-Boot hat erfolglos Torpedoboot bei I. Aufklärungsgruppe beschossen, »von der Tann« hat einen Treffer im vorderen Schornstein, keine Verluste. 10 h 20 m N In Neufahrwasser eingelaufen. 11 h 30 m N Auf Platz 7 in Danzig festgemacht. Um 7 h 50 m eine treibende Mine durch Torpedoboot in 9123 8 abgeschossen. In Neufahrwasser 10 Seiten langer Brief an Ib. von Bord. Zeitangsdienst meldet Einnahme von Lomza und Gefangennahme von 11 000 Russen in letzten 3 Tagen396.
Mittwoch, den 11. August 1915 6 h Mit Kohlen begonnen. 9 h Kapitänleutnant Schwerdtfeger, Admiralstabsoffizier von Alberts, an Bord, schildert Hergang der Operationen vom 8. Danach haben Minensuchdivisionen vorzüghch gearbeitet. Alles hat geglaubt, daß Einbruch noch gut mögHch sei und »Slava« verfolgt und niedergekämpft werden könne. Befehl der Oberleitung zum Abbrechen war schwere Enttäuschung, man hat ihn sich durch Eingreifen der Engländer oder andere Gründe erklärt. 10 h-1 h Mit Gercke Fahrt nach OHva, dort Spaziergang im Park und Umgebung. Dann mit Alberts, Lans, Schwerdtfeger und Gercke bei Plothin gefrühstückt. Lans auch der Meinung, daß am 8. ein voller Erfolg hätte erzielt werden können. Scheinbar aUgemeines Bedauern über den vorzeitigen Abbruch. Was jetzt geschehen soll, weiß noch niemand. Schmidt hat sich für morgen Admiral Hipper nach Libau besteht. 3 h N An Bord gefahren, wo nichts von Bedeutung vorlag. Pissen hat gemeldet, daß russische Minenleger ungefähr 3 sm Nordnordost vom Leuchtturm Minen gelegt haben. Das nächste Mal wird der Einbruch sicherHch noch schwieriger. 6V2 h-8 h Spaziergang auf OHvaer Chaussee, dann in »Ratskeller«. Dort mit Kapitäns Lans, Widenmann, Kapitänleutnant Stadt gegessen. Neueste Kommandierungen in oberen Stehen: Schmidt I. Geschwader, 2. Adrniral Engel,
Geschwader, 2. Adrniral Dalwigk Scheer III. Geschwader, 2. Admiral Nordmann, Schultz IV. Geschwader, 2. Adrniral Engelhardt, Boedicker 2. B.d.A., Ußlar 3. B.d.A. Hebbinghaus, Gädike BerHn, Scheidt Kommandant Kiel, Alberts Verfügung Koch, steUvertretender Stationschef Funke, Schaumann Verfügung
Mauve II.
395 396
250 f. Demnach handelte es sich aber nur um einen Kreuzer der »Bayan«-Klasse. Im Verlauf der Offensive zwischen Bug und Narev besetzte die 8. Armee am 10.8.1915 die russischen Truppen geräumte Festung Lomza. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 8, S. 356 f.
Ebd., S.
von
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Rohardt »Rheinland«, Liefering »Nassau«, Bunnemann »Prinz Adalbert« Widenmann bekommt die »Breslau«. 11h An Bord, 3 Briefe von Ib., einen von Gerda, einer von Rolf, über die ich mich sehr freute. In dem von meinem Hettenkind ein 4 blättriges Kleeblatt, das sie gefunden und sehr nett mit Blumen auf einer schwarz-weiß-rot umränderten Scheibe befestigt hat. Ihr Brief ist aUer-
Nordsee,
usw.
Hebst.[...]
Donnerstag, den 12. August 1915 Pissen hat heute mit Tagesanbruch wieder feindHche Zerstörer und Minenleger beim Legen neuer Sperren in NNO von Pissen beobachtet. 2 Kreuzer der II. Aufklärungsgruppe stehen zur Beobachtung vor dem Rigaischen Meerbusen397. »UC 4« gegen Utö, »U 26« und »[U] 9« zur Fernunternehmung nach Norden ausgelaufen398. Karpf meldet, daß er sich krankheitshalber ausgeschifft hat und seinen Urlaub antreten wüd. »Pülau« meldet, daß sie am Vormittag bei Zerel mehrere Torpedobootszerstörer und Minenschiff »Amur« beschossen hat399. 12h30-l h 30 m Zum Frühstück bei der Frau Kronprinzessin in Zoppot, die wieder ganz reizend war. Näheres darüber siehe meinen Brief an Ib.4"". Karpf kommt um 11 h 30 m mit »V 100«, das auch Adnüral Hipper zurückgebracht hat, längsseits und zu mü an Bord. [...] Erzählt, daß Abbrechen der Unternehmung am 8. in erster Linie auf Heinrich zurückzuführen ist, Schmidt erst nicht gewoUt hat und hinterher ganz gebrochen gewesen ist. FaUs Unternehmen erneuert werden soll, will Oberleitung jetzt »Westfalen« und »Nassau« hereinschicken wegen ihrer Torpedoschutznetze. Sperren im Moonsund durch schnelle Kleine Kreuzer legen lassen. Hat Odost sehr bestimmt auf vielleicht zu erwartenden Einsatz hingewiesen. Hipper und Karpf sind gegen erneuten Versuch. Um 11 h 15 m N kommt F.T. vom Odost an Oberleitung4"1: »Unternehmung gegen Riga Meerbusen bis nach erfolgter Allerhöchster Entscheidung aufgehoben. Diese wahrscheinhch am 13. mittags zu erwarten.« Sie wüd wohl verneinend ausfaUen, was auch gut ist. Denn aus einem erneuten Versuch kommt doch nichts Rechtes heraus.
Freitag, den 13. August 1915 Vormittags Karpf nochmal an Bord, um sich zu verabschieden. Er macht doch einen sehr leidenden, gebrochenen Eindruck. Ich bedauere es sehr, ihn zu verHeren. HoffentHch kommt er nach 6 Wochen frisch und gesund wieder. Um 10 h 397 398 399 4(H) 401
Ebd., S. 258 f. Ebd., S. 257 f. Ebd., S. 258.
Yon »12 h 30 m« bis« » Einschub am Fuß der Seite. Zur Entscheidungsfindung vgl. zusammenfassend Der
Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 252-256.
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Kommandant von »SL IV«, Kapitänleutnant Wolff, an Bord, der aus Seddin gekommen ist, um sich mündhche Instruktionen zu holen. Verweise ihn vor aUem darauf, daß seine Aufgabe in der Hauptsache die Aufklärung ist, eventuell noch Überraschung feindhcher U-Boote. Kampf mit Seestreitkräften und Küstenbefestigungen vermeiden. Macht guten Eindruck. Um 12 h meldet »Answald«, daß er bei Polangen erfolglos von einem U-Boot beschossen ist4"2. Anweisung von Oberleitung, daß »Prinz Heinrich« 8tägige Reparatur in Danzig machen soU. Anweisungen für Operationen der nächsten Tage kommen noch nicht. Um 3 h Befehl für »Braunschweig«, »Elsaß« und 8. Flottille von 5 h N ab verschärfte Bereitschaft. Von 3h 30-5h 30 mN Spaziergang an Land. An Bord, wo in der Kajüte 2 Kammern eingebaut werden, vor Lärm nicht auszuhalten. Einstündige Bereitschaft »Braunschweig« wird um 5 h wieder aufgehoben, nur eine Halbflottüle der VIII. Flottille geht nach Libau. 7 h 30-10 h Mit Alberts an Land. Spaziergang. Dann bei Bodenburg Püsener. Inzwischen eingegangene F.T.TSprüche deuten darauf hin, daß erneutes Unternehmen gegen Rigaischen Meerbusen für Montag den 16. geplant. Also doch! Die 2. Halbflottüle der VIII. Flottille geht in der Nacht auch nach Libau. Alberts ist über Aufgabe des Einbruchs sicht, daß dieser glatt gelungen wäre.
Sonnabend, den
14.
am
8. sehr
wenig erbaut und
der An-
August 1915
Am Vormittag gegen 9 h trifft der Operationsbefehl Nr. 7 für das erneute Unternehmen gegen Rigaischen Meerbusen ein, der an KompHziertheit seinem Vorgänger (Nr. 5) nicht nachsteht4"3. Im wesenthchen hat der dieselben Fehler wie dieser, daß er 1) viel zu detailliert ist und 2) die Nebensachen, Sperrung des Moonsundes und von Pernau, wieder zu sehr in Vordergrund steht, anstatt zunächst nur Vernichtung der feindhchen Seestreitkräfte ins Auge zu fassen. »Roon«, »Braunschweig« und »Elsaß« kommen als Aufklärungsschiffe zu Hipper, Alberts und ich sind also reine Passagiere, den Einbruch macht Schmidt persönlich mit »Posen« und »Nassau«, an Kleinen Kreuzern sollen »Graudenz«, »Augsburg«, »Pillau« und »Bremen« unter Führung von Hebbinghaus mit hinein ferner VIII., IX., und X. Torpedobootsflottille, »V 99« und »V 100«, I. und II. Minensuchdivision, Hüfsminensuchdivision »Neufahrwasser« und »Swinemünde« Hüfsminensuchdivision »Deutschland«, 2 Sperrbrecher und 3 Blockschiffe. Draußen 4»2
403
Vgl. ebd., S. 259. Vgl. dazu die Begründung Prinz Heinrichs für dieses Unternehmen gegenüber Wühelm II. am 12.8.1915, in: Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 255 f., sowie zum Operationsbefehl ebd., S. 260 f. Die Operationsziele bHeben demnach die gleichen wie zuvor, mit den geschützten Linienschiffen »Posen« und »Nassau« wollte Admiral Schmidt jetzt aber in den Meerbusen eindringen.
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Hipper mit übrigen Schiffen I. »Geschwader, I. Aufklärungsgruppe, »Elsaß«, »Braunschweig«, »Roon«, »Kolberg«, »Regensburg«, »Stralsund«, »Lübeck«, E, III. und V. Torpedoboots fiotülle. Die 5 »Witteisbachs« hegen unter Führung von Seiferhng in erhöhter Bereitschaft in Libau. Gehe um IOV2 h zu Alberts, der ähnliche Eindrücke über den Operationsbefehl hat wie ich. »SL IV« ist bei Dünamünde gewesen, hat Feuer bekommen, ohne getroffen zu werden und festgesteUt, daß im Hafen kein größeres Kriegsschiff hegt4"4. Um 12 h kommt Befehl für »Braunschweig«, »Elsaß«, »Roon« und 9. Halbflottille, am Sonntag um 6 h N in 9059 8, dem allgemeinen Sammelpunkt, zu stehen, wo Schmidt sich auf »Posen« einschiffen wül. Es soU damit gerechnet werden, daß Operation 4 Tage dauert, erster Operationstag Montag. Um 2 h 15 m Befehl vom B.d.A., daß ich, »Roon« und die 4 Kleinen Kreuzer »Kolberg«, »Regensburg«, »Stralsund« und »Lübeck« mit 6 Torpedobooten führen soU. 6 h N Mit Alberts an Land. Spaziergang. Dann im »Danziger Hof« gegessen, wo noch Krosigk war. »Prinz Heinrich« geht morgen zur mehrwöchenthchen Liegezeit nach Kiel. steht
Sonntag, den 15. August 1915 1 h 30 m V Von Seelen mit einem Telegramm geweckt, das der Staatssekretär offenbar aus Lötzen an Oberleitung und Odost gegeben hat und folgendermaßen etwa lautet: »Ich halte Unternehmung gegen Rigaischen Meerbusen für gefährlich und ohne gleichzeitiges Vorgehen der Armee jetzt für unzweckmäßig. Wie ich unter strengstem Vertrauen mitteile, ist Vorgehen der Armee vieUeicht schon in den nächsten 8 Tagen zu erwarten405.« Wie dieses Telegramm entstanden, ist mir nicht klar. Wahrscheinhch hat Tüpitz gleichzeitig an Kriegsleitang telegraphiert und greift in letzter Stande als getreuer Ekkehard ein. Denn das Unternehmen ist strategisch falsch und wüd selbst wenn es Erfolg hat, was sehr zweifelhaft ist, von den Russen ihrerseits als Erfolg dargesteUt. Ich bin neugierig, was geschieht. Hoffentlich dringt der Meister durch. Wäre er doch Kommandierender Adnüral. 8 h V Mit »Roon«, »Braunschweig«, »Elsaß«, 6 Booten der V. Flottille Neufahrwasser-Reede verlassen und über Brüsterort zum Sammelplatz gedampft406. Um 11 h 15 m kommt Telegramm von Oberleitung: »Antwort auf F.T. 1020 ghost in Libau abwarten.« F.T. 1020 g ist das des Staatssekretärs. Danach scheint Aufschub des Unternehmens wahrscheinhch. Oberleitung bittet Odost durch F.T. um baldige Entscheidung und sagt, daß sie im FaU der Verschiebung morgen früh mit aUen Streitkräften Vorstoß gegen Finnischen 404
405
406
Ebd., S. 257 f.
Vgl. hierzu ebd., S. 256. Auszüge aus den Telegrammen, die Tirpitz nach einem Besuch in Hindenburgs Hauptquartier in Lötzen von Libau aus an Prinz Heinrich sandte, ebd. ,sowie in: BAMA, Nachlaß Tirpitz, N 253/354. Es fehlen aber die wichtigen letzten Sätze: »Jetzt FlottenUnternehmen enthält erhebhches Risiko, aber keine Aussicht auf wirkhchen Erfolg. Nach hiesiger Information ist >Slava< mögHcherweise nicht armiert.« Zu diesem erneuten Unternehmen vgl. Der Krieg zur See, Ostsee, Bd 2, S. 261 -285.
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Meerbusen machen wül. Um 3 h 38 m N kommt dann der F.T.-Befehl an alle Streitkräfte: »Erster Tag gemäß Operationsbefehl 7 16. August.« Also los dafür. Mich soh wundern, was herauskommt. Um 2 h 42 m war inzwischen folgendes F.T. angekommen, dessen Dechiffrierung längere Zeit beansprucht hatte. »>Wittelsbach< an Danzig für Odost. Auf 9738 ghost 1) Ich kann E.K.H. wegen der strengen Vertrauhchkeit und des nicht offiziellen Charakters der Mitteüung nicht ermächtigen, von meiner gestrigen Mitteilung der Kriegsleitang gegenüber Gebrauch zu machen. 2) Ich hielt mich verpflichtet zu telegraphieren, weü ohne Beteiligung der Armee der möghche maritime Erfolg dem Einsatz nicht entspricht. Ohne Armee müßte man nach kurzer Zeit den Rigaischen Meerbusen wieder räumen. Dieses würde von Rußland als Erfolg dargesteht werden. Der Staatssekretär des RMA.4"7.« Das gestrige Telegramm lautete wörtlich: »Ich halte für gefährlich Unternehmung gegen Rigaischen Meerbusen und nur berechtigt, wenn Armee nach Riga geht. Ich teile streng vertraulich mit, daß diese Absicht bei Armee noch besteht, bitte von dieser Mitteüung keinerlei Gebrauch zu machen. Ich nehme an, daß Entscheidung in 8 Tagen, vieUeicht schon früher erfolgt. Jetzt enthält Flottenunternehmung nur erhebliches Risiko, aber keine Aussicht auf wirklichen Erfolg, v. Tirpitz.« 7 h 30 m N »Roon« übernimmt auf Sammelplatz Führung der III. Aufklärungsgruppe und steuert mit dieser in die vom I. B.d.A. befohlene Standlinie II Svenska Högarne—Dagerort. Wetter sieht nach Regen und Wind aus. Nacht recht dunkel. 9 h Meldung, daß »UC 4« seine Aufgabe Sperrung von Utö ausgeführt und daß »U 9« ein russisches Minen-U-Boot gesehen hat4"8. »T 104« ist bei Backofen von einem U-Boot erfolglos beschossen4119. Schmidt hat sich mit seinem Stab gegen 7 h N auf »Posen« eingeschifft und leitet von dort. Er hat keine leichte beneidenswerte
Aufgabe.
Montag, den 16. August 1915 3 h V. III. Aufklärungsgruppe in der Aufklärungshnie Svenska Högarne-Dagerort, »Roon« etwa 10 sm dahinter. In dieser Linie auf und abgedampft. Von den Ereignissen vor Rigaischen Meerbusen kommen nur vereinzelte F.T.-Sprüche, die kein Bild geben, umsomehr als uns Sonderbefehl 9 zu Operationsbefehl 7 noch fehlt41". Es hat den Anschein, als ob Einbruch durch Südeinfahrt versucht wird. Wetter recht unsichtig 2-5 sm, ONO Wind 3-4. »Slava« wird 3 h 30 m N von Pissen gemeldet. Um 6 h 10 m N F.T.: >»V 99< und >V 100< detachiert zum Angriff auf >Slava»Roon< mit Torpedobootsrotte Bewachung übernehmen.« Dementsprechend südwärts gedampft. III. Aufklärungsgruppe geht 9 h N in Standhnie, II. Hufvudskär—Saritscheff auf von uns gegebenen Zickzackkursen. »V 99« meldet um 8 h N Gefecht mit feindhchen Zerstörern, die zurückgehen und Minensperre dicht unter Land. Um 10 h 30 m N meldet Oberleitung an Odost: »Heute morgen Einbruch in Rigaischen Meerbusen über Lyserort gemäß Sonderbefehl 9 zum Operationsbefehl 7. Minensuchen und Wegräumen durchgeführt bis gegen Pissen. >T 46< gesunken bei Räumung feindhcher Minensperre. Verluste noch nicht festgesteUt. Vom Feinde Sicht >SlavaChrabryAmurNovik< zahlreiche Zerstörer, >Posen< und >Nassau< haben mehrere Gefechte gehabt auf große Entfernung mit >SlavaNovikV 99< sinkt41'.« Darauf erhält IX. Flottille Befehl, sofort unter der Küste zu »V 99« gehen. 5 h 30 m meldet »V 100« »Feind hat sich zurückgezogen, >V 99< schwimmt, wüd in Schlepp genommen, braucht ärztliche Hufe.« 6 h 3 Weitere Meldung: »>V 99< im Sinken, darf ich ihn bei Pissen auf flaches Wasser schleppen?«, was Oberleitung bejaht. Also sind wir das schöne, für uns so unentbehrliche Boot doch los. Die Unternehmung war ein Unsinn, wü können froh sein, daß nicht beide Boote verloren sind. Im übrigen lassen die F.T.-Meldungen während des Tages die Sachlage im Rigaischen Meerbusen nicht erkennen. »Roon« erhält um 12 h M vom I. B.d.A. Befehl, in die VorpostenHnie an SteUe von »Lübeck« [zu] gehen, die bis morgen früh Bewachung des Nordeingangs übernehmen soU, dann nach Libau geht und durch die von dort kommende »Kolberg« abgelöst wüd. 5 h Auf Position, »Lübeck« gesichtet, die abdampft. Um 6 h F.T. von Oberleitung: »>Slava< heute im Feuergefecht beschäFeindHche Versuche gegen Nordeingang Rigaischen Meerbusens mit starken möghch. Eigenes Gros und Kreuzer dementsprechende AufsteUung.« III. Aufklärungsgruppe erhält darauf Befehl, 9 h N in Linie Gotska Sandö—Saritscheff zurückzugehen, diese um 3h V zu erreichen und Befehle abzuwarten. Dem-
digt.
Streitkräften
411
Zu diesem Gefecht vgl.
ebd., S. 265-267.
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entsprechenden F.T.-Befehl erteüt. Von 9 h ab mit 9 sm Fahrt südhch gedampft mit wechselnden Kursen. Um 10 h 50 m N meldet die Oberleitung an Odost: »1) Ankern mit Linienschiffen seit 8 h V bei Pissen. Vormarsch aufgehalten durch mehrere Reihen Sperren, deren dritte erreicht ist. Flache und tiefe Stände vermischt mit U-Bootsminen. Fortschritt seit gestern 3 sm. Zwischen 6 h und 7 h V >Slava< in wirksamer Schußentfernung. Ein schwerer Treffer sicher beobachtet. Darauf >Slava< ohne Feuer zurück und aus Sicht. Seitdem Räumungsarbeit bei Tage nicht belästigt. 2) >V 99< und >V 100< gestern abend in Rigaischen Meerbusen angesetzt, überraschten 1 h V 2 Zerstörer mit gutem artilleristischem Erfolg. 4 h Vormittags Angriff >NovikNovik< sicher Treffer >V 99< neun Treffer, schwer beschädigt. Darauf 2 Minenexplosionen, 8 Abteüungen voll Wasser. Boot westlich Pissen auf Strand gesetzt. Bergung eingeleitet. >V 100< unbeschädigt. Verluste >V 99< 11 Tote, 19 Verwundete, sechs Vermißte, darunter kein Offizier. 3) >T46< 17 Vermißte.« Mittwoch, den 2 h 45
18.
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V Befehl an III. Aufklärungsgruppe, in der Vorpostenlinie hin und her dampfen mit 13 sm Fahrt und Zickzackkursen. Dies den ganzen Tag über bei unsichtigem Wetter fortgesetzt. Meldungen aus dem Rigaischen Meerbusen lassen weitere Fortschritte erkennen, geben aber kein klares Bild der Ereignisse412. »Kolberg« soU »Stralsund« in der Aufklärungshnie ablösen, nachdem »Lübeck«, am Abend aus Libau ausgelaufen, die Bewachung der Nordeinfahrt übernimmt. In Libau wird es knapp mit den Kohlen, nur noch 1200 t Schiffs kohlen, keine Torpedobootskohlen mehr. Oberleitung bittet Odost um schleunigste Abhilfe. Sie hätte sich das vorher überlegen sohen. Zeigt, wie ganze Unternehmung über das Knie gebrochen. »Braunschweig«, »Elsaß«, »Stralsund« müssen deswegen nach Danzig gehen, wir übermorgen auch. Als Ergebnis des Tages meldet Oberleitung um 8 h m
zu
Odost: »1) Heute 4 sm Fahrstraße hergestellt bis 22°4' O und ausgebojt. In 2 Minensperren und eine Netzsperre unter Deckung durch >Pihau< und Linienschiffe Lükken gebrochen. Feind in Sicht kurze Zeit, 2 größere Schiffe und einige Zerstörer. Keine Belästigung. 2) Nach mündlicher Meldung Beobachtangsoffiziers Pissen vom 16.8. ein Zerstörer >Emir Bucharskh-Klasse durch schweren Treffer >Posen< vernichtet, sofort gesunken. Treffer >Slava< durch Beobachtangsoffizier 17.8. bestätigt.« an
412
Zu den
Ereignissen am 18.8.1915 vgl. ebd., S. 267 f.
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Donnerstag, den 19. August 1915 In derselben SteUung (westHch von Saritscheff) auf und abgedampft mit wechselnden Zickzackkursen413. Um 7 h V kommt Meldung von II. Minensuchdivision an Oberleitung, daß sie 2 sm nördhch Netzsperre steht und Durchfahrt frei ist. Um 7 h 18 m kommt F.T. von »Moltke« »Torpedotreffer414«, die um 8 h 20 m durch Meldung des B.d.A. ergänzt wüd: »>Moltke< Torpedotreffer Bugraum. Bleibt zunächst bei I. Aufklärungsgruppe. Weitere Bestimmung erfolgt nach FeststeUung der Beschädigungen im Putziger Wik.« Um 9 h 30 m folgendes F.T. von Oberleitung: »Absicht Linienschiffe 062 y und 67 y mit I. und II. Minensuchdivision dann Moonsund mit >DeutschlandBremen< aufklären Arensburger Bucht, >Pülau< Abro Leuchtturm bis Ninna Otz, >Graudenz< aufklären bis 084 y Bewachung Kap Domesnaes, Runö. Dazu 5 Boote aus VIII. Flottille. >AugsburgV 100< aufklären nach Pernau.« Wann der Vormarsch beginnt, geht aus den weiteren F.T.-Sprüchen nicht hervor. 11 h 30 m meldet I. B.d.A., daß auf »Moltke« Bugraum und 3 TrimmzeUen voUgelaufen und einige Doppelwand- und Doppelbodenzellen. 435 t Wasser im Schiff, 2 Unteroffiziere, 6 Mann Torpedopersonal tot. Libau meldet, daß es keine Kohlen mehr hat, nächste Zufuhr erst am 21. und 22.8. In dieser Hinsicht war Unternehmung wie in manchen andern lange nicht genügend vorbereitet. »Bremen« meldet um 2 h N, daß sie Arensburger Bucht erkundet hat. Vormarsch ist also im Gange. Von 5 h ab tritt Trennung des F.T.Verkehrs ein. Es geht nur noch der Verkehr der im Rigaischen Meerbusen stehenden Schiffe über »Posen«, der der außenstehenden über »Ostfriesland«. Daher erfahren wir nichts mehr über die Vorgänge im Rigaischen Meerbusen. Um 7 h 45 m Nachricht von Odost, daß enghsches U-Boot »E 13« am Ausgang des Sundes von »G 134« vernichtet ist415. Wahrscheinhch sind noch mehr engHsche UBoote in die Ostsee eingedrungen416. Ein um 8 h aufgefangenes F.T. zeigt, daß »Augsburg« bei Kynö die beiden russischen Kanonenboote verfolgt, die nach dem Moonsund steuern417. Wetter wie gestern, leichter Nordwind. Diesig.
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Zu den Ereignissen am 19.8.1915 vgl. ebd., Bd 2, S. 269-273. »Moltke« wurde südwestlich der Saritschew-Bank von dem engHschen U-Boot »E 1« getroffen. Vgl. ebd., Bd 2, S. 278. Am 19.8.1915 Hef das engHsche U-Boot »E 13« beim Eindringen in die Ostsee in dänischen Gewässern in der Nähe von Saltholm aufgrund. Dort wurde es von dem Torpedoboot »G 132« angegriffen, das beschädigte Boot anschUeßend von dänischen Torpedobooten eingeschleppt. Vgl. ebd., S. 311 f. Zur Unterstützung der russischen Streitkräfte waren seit dem 15.8.1915 drei engHsche U-Boote in die Ostsee eingelaufen. Vgl. ebd., S. 283, 311-315. Zu diesem Gefecht vom 19.8.1915, in dessen Verlauf das russische Kanonenboot »Sfiwutsch« versenkt wurde. Dessen Schwesterschiff »Korietz« entkam zwar, wurde aber später von der eigenen Besatzung gesprengt. Vgl. ebd., S. 271-273.
1915
681
Freitag, den 20. August 1915 In der Nacht mit NW-SO-Kurs auf- und abgestanden418. Dabei 2 mal in 6071 E einen Lichtschimmer gesehen, der wahrscheinHch von einem feindhchen U-Boot herstammt. War selbst im Moment nicht oben, hätte sonst Torpedoboot hingeschickt. Sache war aber wohl zu unsicher. Um 3 h 30 m V »Roon« mit »G 195« und »G 196« Marsch nach Danzig zum Kohlenergänzen angetreten. Um 8 h V kommt F.T. von Oberleitung an Odost: »Gestern abend im Nachtgefecht Vernichtung von 2 Kanonenbooten. >S 31< auf Mine gesunken, >T 77< schwer beschädigt.« Um 11 h V kommt folgende weitere Meldung von Oberleitung an Odost: »Gestern über Zerel Luftschiff. Einmarsch in Rigaischen Meerbusen. >Bremen< Aufklärung in Arensburger Bucht, hat in Netzsperre Lücke hergestellt, eingedrungen in Hafen. Romassar beschossen. >Augsburg< Aufklärung in Pernau Dampfer
versenkt. Abends Fühlung mit feindhchen Streitkräften, die auf dem Wege von Pernau nach Moonsund, >KorietzSfiwutschAugsburgS 31< auf Mine. Besatzung größtenteüs gerettet.« Die Beschädigungen »Moltke« sind doch so, daß Schiff nach Kiel muß. O.d.O. empfiehlt mit Rücksicht auf durch den Sund gekommene engHsche U-Boote besondere U-Bootssicherung. Um 3 h 40 m N von Odost an Oberleitung: »1) Ersuche um sofortige Meldung über augenblicklichen Stand der Unternehmung im Rigaischen Meerbusen. 2) Ist Durchführung Ihres Operationsbefehls nach augenblicklichem Stand wahrscheinHch. 3) Bis zu welchem Tage würden Sie mit Rücksicht auf Material und Personal mitwirken können, fahs Armee Riga angreifen sohte? 4) Namen der vernichteten Kanonenboote und Sonstiges zur VeröffentHchung Geeignetes baldigst melden.« Die beiden F.T. haben sich offenbar gekreuzt. Wetter recht unsichtig, bekommen Brüsterort nicht in Sicht und nachher Heisternuss anstatt Heia recht voraus. 7 h in Neufahrwasser eingelaufen und im Freihafen festgemacht. »Regensburg« meldet um 8 h 15 m zwei Torpedolaufbahnen in 6144 ß bei Gotska Sandö. »Moltke« geht morgen 3 h V nach Kiel, »SeydHtz« und »von der Tann« am Abend um 8 h wieder nach Norden. Um 9 h 30 m N meldet Oberleitung an Odost: »Telegraphischer Befehl 9470 ausgeführt bis auf Sperren 418
Zu den
Ereignissen am 20.8.1915 vgl. ebd., S. 274-277.
682
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des Moonsundes, da wegen unsichtigen Wetters und starker U-BootssteUung nicht im Sinn des Absatz 1 von 9470 Hegend. Demonstration vor Dünamünde ausgefallen wegen Sichtweite von nicht über 4 sm. Beabsichtige, heute abend Pissen zu ankern und morgen abend Hochseestreitkräfte zurückzuziehen nach Swinemünde und Putzig. 2) Wegen Zustand kann II. Minensuchdivision und Hüfsminensuchdivision >Swinemünde< vorläufig nicht mitwirken im Sinne Ziffer 3 Telegramm 813. Vorher muß mindestens für II. Minensuchdivision Ersatz vorhanden sein. Munition, Vorräte, Kohlenergänzung, Heizöl auffüllen in Libau, also mindestens 10 Tage bis Abmarsch aus Libau. Hinzu kommen 3 Tage für Marsch Libau—Riga. Beziehe meine Antwort auf Ziffer 2 von F.T. 030 vom 9.VIII. und Telegramm 270 vom 11.8. Bemerke, daß nach der gemachten Erfahrung jetzt eine Flottille mehr notwendig und 12 Fischdampfer mit U-Bootsfangeinrichtang mindestens wünschenswert419.« Danach hat Oberleitung scheinbar doch erhebhche Bedenken gegen das Unternehmen geäußert, Odost aber darauf bestanden. Der Erfolg ist leider, wie ich annahm, in der Hauptsache ausgebheben. Es war in seinen strategischen Grundlagen falsch. Um 9 h 50 m N meldet Oberleitung dann noch folgendes über Pernau Unternehmung42": »Einfahrt war bereits gesperrt durch 2 Segler. Dampfer versenkt dicht außerhalb des Molengebiets. Quadrat mit U-Bootsminen verseucht. Boote sind lebhaft beschossen von Landbatterien und Feldartülerie. Erstere zum Schweigen gebracht, FeldartiUerie mit gutem Erfolg beschossen, wechselte mehrfach Stellung. Russen hatten anscheinend Eindruck einer Landung. In Brand gesteckt mehrere Speicher, verbrannt durch >S 32< 6 Segler in Pernauer Bucht. Eigener Verlust 2 Tote, 1 Leichtverwundeter auf >V 183AlbatroßBremen< und Torpedoboot >V 191uneingeschränkten< Unterseeboot-Krieges höre ich, absolut sicher, folgendes. Ludendorff, der kein PoUtiker ist u[nd] aUein an die Kraftmittel glaubt, war zuerst auf d[er] Seite der Tirpitzianer. Stutzig wurde er, als d[er] Gesandte v. Treutier ihm sagte: >Wollen Sie die Verantwortung dafür übernahmen, daß das Schicksal des Reiches auf eine Karte gesetzt wird?< Ganz
273
274
für die Bethmannsche Auffassung gewonnen wurde er jetzt zuletzt durch Kühlmann, bei K[ühlmann]'s Besuch im Hauptquartier. L[udendorff] würde einen Krieg mit Amerika nicht tragisch nehmen, aber wenn auch HoUand u[nd] Dänemark losgehen sollten, wäre es natürHch etwas anderes.« In: Wolff, Tagebücher, Bd 1, S. 436 f.; zum Verhältnis Tirpitz-Ludendorff, der in diesen Monaten eine Ablösung Bethmann Hollwegs durch Tirpitz noch ablehnte, vgl. auch Hagenlücke, Deutsche Vaterlandspartei, S. 132 f. Einen Beleg dafür gibt es nicht. Dagegen steht die schroffe Reaktion des Kaisers auf die Forderungen nach einer Kanzlerschaft von Tirpitz gegenüber MüUer. Vgl. dessen Brief an Holtzendorff vom 10.10.1916, in: MüUer, Regierte der Kaiser?, S. 228; auch Hagenlücke, Deutsche Vaterlandspartei, S. 133. Nach der Eroberung von Tutrakan hatte die rumänische Armee Süistria kampflos geräumt. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 11, S. 206.
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Montag, den
11.
September 1916
Aus dem Hauptquartier schreibt Bülow, daß er Ludendorff im Auftrage des Chefs Kalkmannsche Denkschrift gegeben. Ludendorff hat gesagt, er bedauere, daß Angelegenheit dadurch und durch Schreiben des Admüalstabs an Hindenburg auf politisches Gebiet geraten sei. Er betrachte sie rein mihtärisch. Man könne die Kriegsgefahr mit den Neutralen ja anders einschätzen, wie Schreiben des Admüalstabs auch beweise, für ihn müsse aber das Urteü des leitenden Staatsmannes maßgebend sein. Er lege seinen Entschlüssen immer reale Verhältnisse zu Grunde. Bülow hat geantwortet, der Chef des Admüalstabs glaube, daß reale Verhältnisse genau umgekehrt seien, als Kanzler sie einschätze, worauf Ludendorff erwidert, er meine die realen Verhältnisse in Bezug auf mihtärische Kraft. Wenn Kanzler sage, Dänemark würde uns feindlich, dann könne er das aufgrund anderweitiger Vermutungen nicht ignorieren und käme zu dem Ergebnis, daß wir vorläufig die erforderhchen Kräfte dazu nicht hätten. Schuld daran hätten die Österreicher. Er habe 2 Divisionen, die nach Siebenbürgen sollten, an anderer Stelle einsetzen müssen. Im Westen seien Reserven notwendig. Erst wenn Sicherheit, daß aUe Fronten hielten, vorläge, könne er ja sagen und werde es dann mit Freuden tan. Danach schwindet die Hoffnung auf baldigen Beginn des U-Bootskrieges, wahrscheinhch sogar für immer. Denn poHtische Bedenken mit mihtärischen Konsequenzen wüd Reichskanzler immer haben. Wenn Hindenburg-Ludendorff jedes eigene poHtische Urteü sich versagen wollen, kommt es zu nichts, und beide sind zu stark, als daß jemand dagegen aufkommt. Diese Überzeugung und die Nachricht starker Munitionstransporte nach Archangelsk veranlaßt auch Frage, ob wir jetzt nicht U-Bootskrieg nach Prisenordnung auf dem Wege dorthin und vieUeicht auch in Nordsee beginnen und Flotte zur Aufgabe ihres Standpunktes, U-Boote nur gegen feindliche Kriegsschiffe anzusetzen, eventaeU zwingen, mit Abteüungsvorsfänden sowie Toussaint und Vanselow besprochen. Erfolge im Mütelmeer und von Flandern aus sprechen sehr dafür. Die Herrn woUen die Frage durchdenken. Besprechung des Befehls für »U 53«. v. Holtzendorff weist Bedenken Flottenchefs zurück, macht auch Reichskanzler keine MitteUung, da rein militärische Aktion. Vortrag von Herrn Bartling, Kopenhagen, der überzeugt ist, daß Dänemark Krieg nicht wül und erst nach engHscher Landung eingreifen würde. Nachrichten von Fronten ganz gut. Besprechung mit Holtzendorff über gemeinsamen Oberbefehl im Falle Krieg Dänemark usw., für den er besonderen Stab will, mich eventaeU als Chef des Stabs dazu. —
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1916
Dienstag, den 12. September 1916 Vormittags Besprechung mit Herrn Newman275, Hamburg,
der eine Unterhaltung zwischen einem holländischen Großkaufmann276 und v. Holtzendorff herbeiführen wül, um Holtzendorff dessen Urteüe über Lage in Hohand unmittelbar zukommen zu lassen. Sagt, HoUand ersehnt U-Bootskrieg, um baldiges Ende des Krieges zu haben. Morgen Essen in GeseUschaft 1914, an dem auch Graßhoff und ich teilnehmen sollen. Nachmittags trifft Telegramm des Flottenchefs ein, der sich nochmals gegen Entsendung von »U 53« ohne Wissen des Reichskanzlers verwahrt und Entscheidung S.M. anrufen wül. Nach Besprechung geht Telegramm an Bülow ab, S.M. zu melden, daß »U 53« Operationsbefehl hat, der jeden völkerrechtlichen Einwand gegen uns ausschheßt, daß Reichskanzler morgen Kenntnis davon erhalten wird und daß um Allerhöchsten Ausführungsbefehl gebeten wird. Ich verstehe Scheer nicht, daß er in dieser Frage einen Konflikt herbeiführt. Besprechung über Entsendung von 4 U-Booten auf Route nach Archangelsk, die bei S.M. beantragt werden soll277. Flotte wird voraussichthch dagegen sein. 6 h Graf Rantzau, Gesandter Kopenhagen, bei Holtzendorff, betont, daß Dänemark keinesfalls Krieg macht, ist für U-Bootskrieg, läßt sich scharf über Jagow aus und vertritt ganz unsern Standpunkt. Interessanter Bericht Arnims, aus dem hervorgeht, daß König und lekov in Bulgarien Entscheidung zu unsern Gunsten herbeigeführt, daß Radoslavov geschwankt hat und jetzt noch Rache Rußlands fürchtet278. Bericht von Souchon über versuchten Putsch in Konstantinopel, der noch rechtzeitig bemerkt, aber nicht harmlos gewesen ist279. Reouf Bey hat dabei auch mitgespielt, scheinbar auch Ismaü Hakki Pascha. Zahlreiche Hinrichtungen und Verbannungen.
Mittwoch, den 2 h N Mit
276
277
Herrn Newman, Herrn v.28" (Holländischer Kaffeeund Graßhoff im Club 1914 gegessen. Herr v.281 sagt, daß Hol-
Der Hamburger Getreideimporteur Henry P. Newman hatte sich bereits am 5.5.1916 an den Chef des Admiralstabs gewandt und unter Hinweis auf die Notwendigkeit Englands, Getreide zu importieren, betont: »Es wäre ein nationales Unglück, wenn man die in der Ernährungsfrage noch für vier Monate absolut übersehbare Situation Englands jetzt nicht so ausnutzen würde, wie wir dies so vielversprechend und verständnisvoll im März und in der ersten Hälfte Aprü getan haben.« In: BA-MA, RM 5/3028. Danach Lücke für eventuell später einzutragenden Namen. Anlaß waren die umfangreichen Transporte nach Rußland. Nach Genehmigung durch den Kaiser führten drei, nicht vier U-Boote »U 43«, »U 46« und »U 48« vom 19.9. bis 24.10.1916 in diesen Gewässern relativ erfolgreich Handelskrieg nach Prisenordnung. Vgl. das Schreiben Holtzendorffs an Wilhelm II. vom 14.9.1916, in: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 3, Nr. 444. Vgl. auch Der Krieg zur See, Handelskrieg, Bd 3, S. 232-237. Nicht ermittelt. Vgl. Der Krieg zur See, Der Krieg in den türkischen Gewässern, Bd 1, S. 274 f. Danach Lücke für eventuell später einzutragenden Namen. -
278 279 280
September 1916
Holtzendorff,
Großkaufmann) 275
13.
-
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land unter keinen Umständen aus seiner Neutrahtät heraustreten wüd. Man weiß, daß HoUand wütschafthch von Deutschland abhängig bleibt und mit Deutschland zu Grunde gehen werde. Sehnsucht nach Kriegsbeendigung. Daher U-Bootskrieg von vielen Seiten sogar gewünscht. Verdienste besonders der SchiffahrtsgeseUschaften enorm. Auflegen der Dampfer kann Land gut ertragen. Nach Analogie Griechenlands läßt sich HoUand nicht vergewaltigen. Dann kämpft es bis zum letzten Mann. Vorgänge an der Somme beeinflussen Holland am stärksten, v.282 will Ansichten der prominentesten Männer HoUands erforschen und hierher berichten. Sehr interessanter Mann. v. Holtzendorff fährt um 5V2 N zum Kanzler, der mit Entsendung von »U 53« unter Voraussetzung, daß Verstöße gegen Völkerrecht ausgeschlossen, einverstanden. Dementsprechendes Telegramm geht an Flottenchef ab. 8 h N Von Herrn Stinnes eingeladen mit Graßhoff, Humann, Vanselow, E. v. Müller bei Hüler gegessen. Mein Eindruck von der enormen Bedeutung Stinnes wird noch vermehrt. Stinnes fährt in der Nacht zu Ludendorff, um ihm klarzulegen, daß Industrie alles Verlangte schaffen kann und wüd, aber Ende nächsten Sommers am Ende ihrer Leistungen sein wüd. Daher U-Bootskrieg spätestens Mitte November geboten. Bis dahin Warten aus Rücksicht auf amerikanische Präsidentenwahl geraten. Sagt, daß Hand Ludendorffs bereits überall in geradezu wunderbarer Weise zu fühlen. Besonders Kriegsministerium ist gründhch aufgeweckt worden283. Wütschaftsverbände woUen unmittelbaren Vortrag bei S.M. fordern, in dem sie unter Hinweis auf aUgemeine Wütschaftslage U-Bootskrieg fordern. Einer der beiden Sprecher wüd Stinnes sein. Bei Unterhaltung über Entstehung des Krieges sagt auch Stinnes, daß dieser sich hätte vermeiden lassen. Stimmt darin meinen Ansichten durchaus zu. Sein Urteil über unsere Diplomaten ist vernichtend, besonders Jagow und Stamm.
Donnerstag, den 14. September 1916 An der Somme haben Franzosen wieder Fortschritte gemacht, eine sächsische und württembergische Division zurückgedrängt. Sprechen von 2300 Gefangenen. EngHsche Angriffe sind abgeschlagen284. Im Osten scheint feindHche Offensive zum Stehen zu kommen285. Telegramm an Bülow, daß er zur U-Boots Unternehmung Archangelsk Zustimmung Hindenburgs einholen soU, wüd zustimmend beantwortet. Am Vormittag Trotha gesprochen, der von Ludendorff kommt mit sehr 281
282 283 284
Danach Lücke für eventuell später einzutragenden Namen. Danach Lücke für eventuell später einzutragenden Namen. Zu den von Hindenburg und Ludendorff Anfang September 1916 getroffenen Entscheidungen hinsichthch des »Ausbau[s] des Fleeres und der Rüstung« vgl. Der Weltkrieg, Bd 11, S. 30-44. Am 9.9.1916 hatten engHsche und französische Truppen erneut die deutschen SteUungen an der Somme angegriffen; am 15.9.1916 schHeßHch traten diese erstmals von »Tanks« unterstützt zu einem erneuten Großangriff an. Zu diesen bis Ende September sich hinziehenden Kämpfen vgl. ebd., S. 63-79. Vgl. ebd., S. 368. —
285
—
1916
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guten Eindrücken286. Ludendorff ist
überzeugt, daß U-Bootskrieg zur Beendigung Krieges unbedingt erforderlich ist, wül aber vorher Sicherung der miHtärischen Lage besonders gegen Dänemark haben. Unterhaltung mit Trotha leider sehr kurz, kam nicht dazu, Archangelsk-Operation und Krieg nach Prisenordnung in Nordsee zu besprechen. Trotha teüt Standpunkt Scheers in »U 53«-Angelegenheit nicht, v. Holtzendorff lehnt es nach einigem Widerstreben auf meinen Vorschlag ab, Grumme um Nennung seines Gewährsmannes aufzufordern, von dem er die Mitteüung hat, Reichskanzler habe in Bundesrats-Ausschußsitzung gesagt, daß Scheer geäußert, er würde sich auch hüten, bei jetziger politischer Lage U-Bootskrieg zu des
machen287. Schreibt, er habe keine dienstliche Handhabe dafür. Hoffenthch ärgert sich Reichskanzler gründlich darüber und das Verhältnis zwischen ihm und v. Holtzendorff bekommt einen Riß. Das ist meine Absicht. Nachrichten von der Somme lauten heute gut. England bricht für 2 Tage ahen Dampferverkehr usw. nach England ab. Grund wahrscheinHch große Transporte. [...]
Freitag, den 15. September 1916 Im Mittelmeer von einem U-Boot wieder 15 000 t versenkt288. Befehl an Flottenchef für Archangelsk-Unternehmen geht ab. Humann erzählt, Frau v. Schröder habe ihm gesagt, daß Adrniral v. MüUer ihr gestern geäußert habe, man hätte Fhndenburg und
Ludendorff
geholt,
weü sie allein den
ungünstigen
Frieden schHeßen
könnten, der
286
Anlaß für diese Unterredung zwischen dem Stabschef der Hochseeflotte, Trotha, und Ludendorff war eine Bitte Tirpitz'. Aufgrund des aus seiner Sicht unbefriedigenden Ergebnisses der Sitzung vom 31.8.1916 hatte er Trotha am 4.9.1916 gebeten, direkten Kontakt mit der Obersten Heeresleitung aufzunehmen. Daraufhin hatte Trotha an Ludendorff geschrieben und auf dessen anschUeßende Einladung am 12./13.9.1916 mit diesem in Pleß ausführUch die Frage der Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Boot-Krieges erörtert. Vgl. dazu Trothas Aufzeichnung (undatiert), in: Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 3, Nr. 443; zum Briefwechsel Tirpitz-Trotha vom 4./9. und 15.9.1916 vgl. Tirpitz, PoHtische Dokumente, Bd 2, S. 573-576. Bereits im JuH hatte Tirpitz versucht, Hindenburg für den unemgeschränkten U-Boot-Krieg zu gewinnen. Vgl. dessen Schreiben vom 16.7.1916, ebd., S. 562-566. Bethmann HoUweg war über die Besprechung Ludendorff-Trotha »ziemhch entsetzt«. Vgl. MüUer, Regierte der Kaiser?, S. 221 (Eintragung vom
287
Scheer, der
12.9.1916).
es vorgezogen hätte, wenn seine Befürwortung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges miHtärischer Sicht bekannt geworden wäre, war über die Verbreitung dieser Äußerung gegenüber dem Reichskanzler wenig erfreut und versuchte sie als »ganz einseitig u[nd] aus dem Rahmen genommen« abzuschwächen. Vgl. den Brief Weizsäckers an seinen Vater vom 5.9.1916, in: Die Weizsäcker-Papiere, S. 211. Zu diesen Äußerungen, die erhebUches Aufsehen erregten, vgl. die Berichte Lerchenfelds an Herding vom 7.10. (darin als Anlage der darüber geführte Briefwechsel zwischen Bethmann HoUweg und Scheer im September 1916 sowie eine Aufzeichnung von Unterstaatssekretär Wahnschaffe vom 29.10.1916), 10.10., 14.10.1916 in: Hertling, Briefwechsel Bd 2, Nr. 32, 314, 317. Der Handelskrieg im Mittelmeer war im Sommer/Herbst 1916 außerordentlich erfolgreich nicht zuletzt aufgrund entzifferter Funksprüche über die Transportrouten. Vgl. Halpern, The Naval War, S. 248-259, mit detaüUerten Angaben; Schröder, Die U-Boote des Kaisers, S. 231-236; Der Krieg zur See, Flandelskrieg, Bd 3, S. 154-175 (Mai bis September 1916).
aus
288
—
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nicht mehr zu
umgehen sei289. Wunderbar, daß sich v. MüUer so decouvriert. Mitteilung Agenten Englands, daß Arbeiterverbände Frieden verlangen291'. Man hat sie mit Aussichten jetziger aügemeiner Offensive zu trösten versucht, daher große Anstren-
gungen überaU zu erwarten. Nachrichten über voraussichtliche Getreidenot in England werden immer stärker. Eine Rede Briands ist mit viel tieferem Ton gestimmt als seine früheren Fanfaren291. Nachmittags kommt Humann mit Graßhoff und E. v. MüUer zu mü, um Ergebnis der Reise Stinnes mitzuteüen, den er heute mittag gesprochen. Ludendorff sagt, er hat ungemein schwieriges Erbe angetreten. Für nichts ist gesorgt, Munition, Mannschaften, Material, aUes wüd in kurzer Zeit knapp, wenn wü nicht die äußersten Anstrengungen machen. Es wüd sich aber wohl noch aUes zum Guten wenden lassen. Militärische Lage hofft er zu bessern. Westen wüd sich halten, russische Offensive kommt bald zum Stehen, gegen Rumänien hofft er Erfolge. Ist entschlossen für U-Bootskrieg, muß aber erst Sicherheit auf aUen Fronten haben. Daß er Mut zum äußersten habe, habe er wohl bereits bewiesen. Er hat S.M. vöUig in seiner Hand. Reichskanzler bedeutet nichts mehr. Kriegsminister292 muß gehen, ebenso Jagow293. Bittet, nicht S.M. von anderer Seite zu drängen. Groß-
289
250
291
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Vgl. dazu die Tagebucheintragung MüUers vom 26.7.1916: »Der Kanzler besteht auf der Durchführung seiner Absicht, Flindenburg zum Oberbefehlshaber der ganzen Ostfront zu machen und erklärt dem Kaiser, es handele sich dabei auch um die Dynastie der HohenzoUern. Mit Hindenburg könnte er einen enttäuschenden Frieden machen, ohne ihn nicht.« In: MüUer, Regierte der Kaiser?, S. 206. Vgl. auch ebd., S. 216, dessen Tagebucheintragung vom 28.8.1916. Zu diesem Kalkül des Kanzlers ausführUch Afflerbach, Falkenhayn, S. 427 f. Auf dem Gewerkschaftskongreß in Birmingham Anfang September 1916 hatten US-Delegierte vorgeschlagen, an die kriegführenden Nationen Einladungen zu einer internationalen Friedenskonferenz zu schicken. Der amerikanische Vorschlag wurde unter Hinweis darauf, »daß jeder Friede ausgeschlossen sei, bevor Belgien und Frankreich von den Deutschen befreit seien«, jedoch nach heftigen Diskussionen mit Mehrheit abgelehnt Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1916, II, 1, S. 477-479; Wüson, The Myriad Faces of War, S. 406. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1916, II, 1, S. 467-469. Darin hieß es, ebd., S. 469, u.a.: »Wie zuversichtHch wir auch dem nunmehr sicheren Ausgang des Krieges entgegenbHcken, so dürfen wir uns doch nicht einem Überschwang an Optimismus hingeben, der für uns unheüvoU wäre, wenn er unsere Tätigkeit verlangsamen sollte, unter dem Vorwande, daß der Sieg uns nicht mehr entschlüpfen kann. Sehen wir der Wahrheit kühl ins Gesicht. Der Feind ist noch immer mächtig. Er wird sich mit Erbitterung und bis zum Ende verteidigen. Er kann nur unter wiederholten Schlägen unterUegen. Deshalb darf nichts versäumt werden, um ihn niederzuwerfen. Wir müssen die Anstrengungen verdoppeln. Wir müssen uns mehr denn je befleißigen, aUe FlüfsqueUen des Landes nutzbar zu machen, aUe Siegesmittel unseren Armeen zu geben, deren Führern und Soldaten wir dieselbe Bewunderung, dieselbe Dankbarkeit für den Heldenmut und die Selbstverleugnung entgegenbringen, welche sie unermüdUch in den Dienst des Vaterlandes stellen.« Kriegsminister Wüd v. Hohenborn glaubte in diesen Tagen ebenfaUs, als »Kreatur Falkenhayns« diesem folgen zu müssen. Der von ihm erwartete »Uriasbrief« traf am 29.10.1916 schHeßHch ein. An diesem Tag wurde er mit der Führung des XVI. Armeekorps betraut; Nachfolger im Amt des Kriegsministers wurde GeneraUeutnant Stein. Vgl. die Tagebuchaufzeichnungen Wüd v. Hohenborns vom bzw. 9.9.
293
29.10.1916, in: Wüd v. Hohenborn, Briefe, Nr. 145/146, sowie ebd., S.
7.
Forderung nach Ablösung Jagows, der nicht zuletzt mangels einer klaren außenpoHtischen Konzeption aUgemein als überfordert galt, war weitverbreitet. Auch Holtzendorff machte sich dafür stark. Vgl. MüUer, Regierte der Kaiser?, S. 222 (Eintragung vom 19.9.1916). Vgl. ausführUch Hürter, Die Staatssekretäre, S. 216-251. Zu den Gerüchten über den bevorstehenden Rücktritt Jagows vgl. auch die Tagebucheintragung Wolffs vom 18.9.1916, in: Wolff, Tagebücher, Bd 1, Nr. 428.
Die
1916
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artiger Mann. Endlich kommt ein leitender Geist in das Ganze. Hätten wir ihn vor 2 Jahren geholt, wäre der Krieg lange zu Ende. Werde mir mit Graßhoff darüber klar, daß unter diesen Umständen U-Bootkrieg nach Prisenordnung jetzt begonnen werden muß. WoUen morgen v. Holtzendorff dementsprechenden Vorschlag machen. Er ist sowieso dafür, S.M. und MüUer auch. Hoffe durchzudringen. Sonnabend, den
16.
September 1916
Morgenzeitang enthält Telegramm S.M. an Kaiserin, daß Mackensen ihm gemeldet, bulgarische, türkische und deutsche Truppen hätten in Dobrudscha entscheidenden Sieg über rumänisch-russische Truppen errungen294. In Besprechung mit Holtzendorff, an der Graßhoff, Vanselow, Stoelzel und Heydel teilnahmen, diesen nach einigem Widerstreben dazu bewogen, daß er im Großen Hauptquartier am Dienstag nach Rücksprache mit Ludendorff Befehl für Eröffnung des U-Bootskrieges nach Prisenordnung erwirkt. Er führt dagegen an, daß er Flottenchef nicht verärgern wül. Wir drängen auch darauf, für schärferes Vorgehen gegen Transporte einzutreten. Nachrichten von weiteren U-Bootserfolgen im Kanal. Ein Boot hat 22 000 t erledigt295. Besprechung mit Retzmann über A.K.O. betreffend Stellung des Admiralstabs nach dem Kriege. Retzmann wül jetzt schon Operationsgruppe einführen, deren Chef ich werden würde. Nachrichten von Somme nicht günstig. Nördlich Combles haben Engländer bedeutend Gelände gewonnen, sprechen von 2300 Gefangenen296. Weise daraufliin v. Holtzendorff nochmals auf enorme Wichtigkeit der Unterbrechung des Transportverkehrs über den Kanal hin. WiU mit Ludendorff darüber sprechen. Abends Nachricht, daß U-Boot im Mittelmeer 250 000 t versenkt hat297. [...] 294
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Die rumänischen Truppen waren bei den seit dem 10.9.1916 andauernden Kämpfen in der Dobrudscha zwar weiter zurückgedrängt, nicht aber entscheidend geschlagen worden. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 11, S. 206-208. Gemeint ist vermutlich »ÜB 39«, das zusammen mit »ÜB 18«, »ÜB 23« und »LTB 29« ab Anfang September Handelskrieg nach Prisenordnung im Kanal führte, um dessen Wirksamkeit zu prüfen. Vgl. das Telegramm des Admiralstabs an den Chef des Marinekabinetts zur Meldung an Wühelm II. vom 16.9.1916, in: BA-MA, RM 2/1993. Zusammenfassend zur Handelskriegführung nach Prisenordnung im Kanal im September vgl. den Bericht des Admiralstabs an das Marinekabinett vom 12.10.1916 »Betrifft: Unternehmung von 4 verbesserten >UB
m
Siehe oben Anm. 393.
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Enttäuschungen gebracht. Trotha denkt ebenso, noch schärfer. Entwickle ihnen Holtzendorffs Standpunkt und Gründe der Befehle, ohne viel Eindruck zu machen. Die Kluft zwischen beiden ist zu groß, vor aUem auch die Überzeugung zu tiefgehend, daß v. Holtzendorff vöüig im Gefolge des Reichskanzlers marschiere. Dagegen läßt sich ja auch wenig sagen, der ganze Admiralstab denkt ja ebenso. Trotz aUedem hat Besprechung dazu beigetragen, Erregung etwas zu glätten. Auf »Kaiser Wühelm II.« gefrühstückt. Nachher im Hotel, dann nochmals kurze Zeit bei Trotha wegen Programm und Luftschiffverwendung, vor dem Abendbrot bei Krosigks, dann mit Boedicker im Casino gegessen. 9 h 53 m N Nach BerHn zurückgefahren.
v.
Sonntag, den 5. November 1916 8 h Zu Hause. 9 h 30 m V Auf Bureau. Unterhaltung mit v. Holtzendorff, die zeitweise etwas erregt wurde. Teile ihm offen Scheers Standpunkt mit, den er natürhch nicht anerkennt. Betont immer wieder, daß Scheer und Flotte Schwierigkeiten nicht übersähen, läßt durchbhcken, daß er viel auf Trothas Einfluß schiebt und daß Vorwurf mangelhafter Vertretung des mihtärischen Standpunkts gegenüber politischem völhg unberechtigt. Gibt zu, daß Unterhaltung trotzdem vorteilhaft gewesen und gelegenthche Wiederholung angebracht sei. Nachricht, daß »U 20« und »U 30«, die beide havariert auf Rückmarsch waren, gestern abend bei Bovbjerg festgekommen401, »U 30« bald wieder freigekommen, »U 20« über Barre auf Strand getrieben und in bedenklicher Lage ist. Sofort Halbflottüle zur Hilfeleistung entsandt, Vorpostenstreitkräfte und III. Geschwader, das auf Marsch von Elbe nach Jade war, nach Horns Riff gegangen unter Führung des B.d.A. Niederschrift von Boy-Ed über Gespräch mit Geheimrat Riezler. Boy-Ed hat gesagt, er hielte es für richtig, wenn Reichskanzler Rede, die als Antwort auf Greys Rede402 gelten sollte, nachdem Reichstag vertagt sei, bei anderer Gelegenheit halte. Riezler hat folgendes gesagt403: 1) Er hielte Greys Rede als einen Ausdruck der Geneigtheit Englands zum Frieden. Wüsons Rede stände im Zusammenhang damit. Die 2) Unabhängigkeitserklärung Polens, die heute veröffenthcht ist, sei ein Ausdruck unserer Kraft und werde demgemäß wüken404. Die Leute, die früher mit 4»i 402
403
404
Vgl. Der Krieg zur See, Handelskrieg, Bd 3, S. 248 f., 255 f.
Siehe oben Anm. 393. Im Riezler-Tagebuch ist diese Unterredung zwischen Boy-Ed und Riezler vom 4.11.1916 nicht erwähnt. Vgl. aber Birnbaum Peace Moves, S. 189, 360 (Text), das Original in: BA-MA, RM 5/3028; Ritter, Staatskunst, Bd 3, S. 650, Anm. Zum Text des Manifests, in dem am 5.11.1916 die Errichtung des Königreichs Polen verkündet wurde, und den weiteren Verlautbarungen und FeierHchkeiten vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1916, II, 2, S. 937-961. Am 9.11.1916 folgte der »Ruf zu den Waffen«, der das wichtigste Motiv bei der Errichtung des Königreichs Polen darsteUte. Ebd., S. 961 f. Vgl. dazu die Tagebucheintragung MüUers vom 11.11.1916: »General v. Beseler, der Generalgouverneur von Polen,
913
1916
ihrem Mut
haupteten,
Rußland.
3)
geprahlt hätten, Konservative usw., würden jetzt ängstlich und bedamit verschlössen wir uns die Möghchkeit eines Sonderfriedens mit
Von einem Sonderfrieden mit Rußland sei bisher
überhaupt noch
keine Rede
gewesen. Das Ergebnis des jetzigen U-Bootskrieges sei ausgezeichnet. England beginne ängstlich zu werden. Rede Runcimans405. 5) Es Hege die Gefahr vor, daß unsere Regierung nachgeben müsse, wenn das Angebot des Friedens auf dem Status quo ante gemacht werde. Volk verlange dann den Frieden. Klarer kann das Ziel der Kanzlerpohtik kaum ausgesprochen werden, d.h. Frieden um jeden Preis sobald als mögHch unter Orientierung nach England und Amerika. Aufgabe unserer Welt- und Flottenpohtik und einer deutschnationalen MachtPolitik zugunsten einer internationalen pazifistisch gerichteten. Die Kerle dringen durch trotz Hindenburg. v. Holtzendorff, v. Müller, Helfferich, Jagow usw. arbeiten alle in dieser Richtung und bekommen die Massen, die genug vom Krieg haben, für sich. S.M. wül nichts als Frieden und ist sich über dessen Folgen für Dynastie und Reich nicht klar. Nachmittags Spaziergang mit Ib. und Rolf über Kurfürstendamm, wobei der kleine Kerl überglücklich war über den zur Miete in Aussicht genommenen Garten mit Laube. Dann auf dem Bureau, wo die wenig erfreuhche Nachricht eingetroffen, daß die beiden Linienschiffe »Großer Kurfürst« und »Kronprinz« nördHch von Horns Riff von U-Booten getroffen sind406. Beide Schiffe haben vohe Fahrbereitschaft, gehen mit den übrigen Streitkräften mit äußerster Kraft zurück und
4)
zum
Essen. Erfuhr zu meiner großen
Überraschung, daß Beseler sich noch gar nicht darüber klar
ist, ob der Aufruf an Polen, für die Unabhängigkeit ihres Vaterlandes zu kämpfen, einen Erfolg haben wird. Auch ist man sich noch gar nicht klar darüber, wer König von Polen werden soU. Beseler ist sich nur über eines klar: Es darf kein Österreicher sein. Ein sächsischer oder württember405
gischer Prinz wäre Beseler recht. Da scheint man allerdings einen Schritt ins Dunkle getan zu haben.« In: MüUer, Regierte der Kaiser?, S. 235. In der Aufzeichnung Boy-Eds zwar nicht erwähnt; gemeint ist vermutUch aber die Rede des engUschen Handelsministers Walter Runciman vom 17.10.1916 im Unterhaus. Darin hatte er ausführUch zu den durch die Erfolge im Handelskrieg mit U-Booten verursachten Problemen bei der Lebensmittelversorgung und zu den Verlusten der Handelsschiffahrt, deren Lage die Regierung durch die schneUe IndienststeUung neuer Schiffe zu verbessern versuchte, SteUung genommen. Abschließend betonte er, England müsse vermeiden, »sich in die Lage einer blockierten Nation zu versetzen.
406
Deshalb woUe
er
nichts
von
Brotkarten, Fleischkarten oder anderen künstUchen
Ver-
fügungen hören, die für diejenigen Menschen, die am wenigsten Geld zum Ankauf zur Verfügung haben, nur schädkch sein würden. Man müsse die >Rationierung< des engHschen Volkes bei der Lebensmittelversorgung vermeiden.« In: Deutscher Geschichtskalender, 1916, II, 2, S. 693-695, hier: S. 694. Zu den Erfolgen im U-Boot-Krieg vgl. Schröder, Die U-Boote des Kaisers, S. 241-251.
»U 30«
war am
3.11.1916 nach Maschinenschaden in der Nordsee havariert und
von
»U 20«
abgeschleppt worden. Beide Boote Hefen am folgenden Tag im Nebel nördHch von Bovbjerg aufgrund. Zur Rettung der Boote hatte Hipper das III. Geschwader unter Führung Behnckes entsandt. Auf dem Rückmarsch waren die beiden Linienschiffe »Großer Kurfürst« und »Kronprinz« von Torpedos des engHschen U-Boots »J 1« getroffen worden. Vgl. Der Krieg zur See, Nordsee, Bd6, S. 149-153.
914
Dokumente
stehen um 6 h südHch Horns Riff. »U 30« ist in Schlepp eines Torpedoboots, »U 20« hat nicht abgeschleppt werden können und ist gesprengt worden. Guter Erfolg in Siebenbürgen, wo die rumänische SteUung östlich Predeal gestürmt ist und 1800 Rumänen gefangen sind407.
Montag, den 6. November 1916 Hochseestreitkräfte sind ohne weitere Gefährdung heute früh in die Flußmündungen eingelaufen. 10V2h-12h Sitzung der Operationsgruppe. Abends Nachricht, daß erstes der 4 nach dem Mütelmeer entsandten U-Boote in Cattaro eingelaufen ist; hat auf der Reise 10 Dampfer mit 30 000 t versenkt408. An der Somme wieder starker Angriff abgeschlagen409. Bülow, der am Abend wieder in das Hauptquartier reist, erzählt mü, daß Holtzendorff den Inhalt meiner Unterredung Adnüral v. MüUer brieflich mitgeteilt und sich dabei auch abfällig darüber ausgelassen habe, daß zur Sicherung der beiden U-Boote wertvoUe Linienschiffe auf das Spiel gesetzt seien410. Er benutzt die Gelegenheit sofort, um Scheer bei S.M. anzuschwärzen.
Dienstag, den 7. November 1916 Sitzung der U-Bootsgruppe. Poldhubericht bringt U-Bootsmeldung, daß eins unserer Dreadnoughtschiffe an dänischer Küste von 2 Torpedos getroffen und beschädigt sei. Wir bringen zunächst keine Veröffenthchung, sondern sagen nichts. Gelegentlich einer Besprechung versetzt v. Holtzendorff der Flotte einige Hiebe wegen Unternehmens am Sonntag. Ich gehe sofort dagegen an und bearbeite in diesem Sinne auch Koch, der gleichfaUs das Inseegehen der großen Schiffe kritisiert, meinen Darlegungen aber gerecht wüd. Wochenübersicht des Auswärtigen Amts sagt, Holland habe in letzter Zeit enghschem Druck nachgegeben, jetzt sei aber Entgegenkommen gegen uns zu erwarten. Es sei sicher, daß Schweden Munitionszufuhr nach Rußland nie zugeben werde. In Rußland sei nach Äußerung eines von dort kommenden schwedischen Diplomaten Nahrungsmittelnot und Frie407 4118
Vgl. Der Weltkrieg, Bd 11, S. 263-265; Österreich-Ungarns letzter Krieg, Bd 5, S. 504-515.
Gemeint ist hier »U 63«, das in der zweiten Oktoberhälfte zusammen mit »U 32« sowie »U 64« und »U 65« von der Nordsee ins Mittelmeer marschiert und als erstes am 6.11.1916 in Cattaro eingelaufen war. Auf dem Marsch hatte es abgesehen von »U 65«, das mangels Treibstoffs und aufgrund schlechten Wetters keine Flandelsscfuffe angegriffen hatte ebenso wie die anderen zahlreiche Dampfer versenkt. Vgl. Der Krieg zur See, Handelskrieg, Bd 3, S. 325 327. Am 5./6.11.1916 hatten engHsche und französische Einheiten erneut die deutschen SteUungen an der Somme angegriffen, waren aber zurückgeschlagen worden. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 11, S. 94-96. Nicht ermittelt. Am Schluß des Telegramms, in dem Holtzendorff MüUer am 5.11.1916 diesen VorfaU meldete, notierte Wühelm IL: »Um 1 Uboot zu retten wird ein Geschwader eingesetzt und 2 Kreuzer fast verloren! Steht nicht im Verhältniß und unterbleibt in Zukunft! Kann gegen die seit langem in der Gegend v[on] Horns Riff sich herumtreibenden Uboote nichts [unternommen werden mit Netzen [?]« [Teüweise unleserHch wegen Fadenheftung]. In: BA-MA, RM 2/1994. -
-
409 4111
-
1916
915
densbedürfnis sehr groß. In Frankreich sei es auf Kongreß der radikalen Sozialisten sehr scharf zugegangen. Man habe Kampf gegen Briand beschlossen, aber ahen Spektakel vermieden411. Nachrichten von Fronten günstig. Verluste der Engländer und Franzosen Rumänen gefangen413.
vom
5. sind sehr
groß gewesen412.
Am
Rotentarmpaß
1000
Mittwoch, den 8. November 1916 10 h V Wird bekannt, daß Hughes zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt ist414. Es hat wenigstens das eine Gute, daß aus der Friedensvermittlung, die die Wilhelmstraße mit ihm in Szene setzen wohte, nichts wird. Vortrag von Klitzing über Kabelschneideapparat. Retzmann zeigt mir Meldung des Flottenchefs an S.M. über Ereignisse am letzten Sonntag, auf die S.M. die Bemerkung gemacht hat. »Um 1 U-Boot zu retten, wird ein ganzes Geschwader riskiert und 2 Panzer gehen beinahe verloren. Das ist nicht verhältnismäßig und unterbleibt in Zukunft. Die U-Boote, die immer bei Horns Riff stehen, müssen verjagt werden durch Fischdampfer, Netze usw.«415 Das war zu erwarten. Koch, mit dem ich darüber spreche, sagt, daß er Holtzendorff dazu gebracht habe, vor Weitergabe Bericht Scheers abzuwarten. Ich habe später ziemhch erregte Diskussion mit v. Holtzendorff darüber, wobei ich meinen Standpunkt, daß Scheer richtig gehandelt, durchaus aufrecht erhalte, ohne ihn zu überzeugen. Er freut sich ja, Scheer bei S.M. anschwärzen zu können und ahnt wohl kaum, daß er sich dadurch bei der Flotte noch mehr als bisher jedes Vertrauen verscherzt. Bezeichnend für Admiral v. Müher ist, daß er auf die Meldung neben »U 20« die Bleistiftbemerkung gemacht hat »Hat »Lusitania« versenkt«. So wird S.M., ohne daß er es merkt, gegen U-Bootskrieg bearbeitet. Das ist geradezu gemein. Nachrichten von der Somme nicht günstig. Franzosen haben Fortschritte gemacht416. Gestern Meldung aus Varna, daß »ÜB 45« beim Auslaufen auf Mine geraten und zerstört ist417. Kommandant Kapitänleutnant 411
412 413 414
415
416
417
Am 22.10.1916 hatte in Paris die Hauptversammlung der radikalsoziaUstischen Partei stattgefunden. In einer EntschUeßung steUte diese sich hinter die bisherige PoHtik der AlHierten und wies jeden Frieden zurück, »der nicht Frankreich die ihm entrissenen Gebiete zurückgibt und nicht den Ländern die zu ihrer Sicherheit unerläßUchen Garantien gibt.« Zugleich stellten sich die Delegierten offizieU hinter die PoHtik Briands. In: Deutscher Geschichtskalender, 1916, II, 2, S. 673. Siehe oben Anm. 409. Zu den Kämpfen am Rotenturmpaß Anfang November 1916 vgl. Der Weltkrieg, Bd 11, S. 270 f. Das Ergebnis der Wahlmännerwahlen war zunächst unklar. AnfängUch lag der repubHkanische Kandidat Hughes vorne; erst am 10.11.1916 stand fest, daß der bisherige Präsident Wüson mit knapper Mehrheit wiedergewählt worden war. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1916, II, 2, S. 1002-1005; Knock, To End AU Wars, S. 101 -103. Vgl. die ähnHch lautende Randbemerkung auf die Meldung des Admiralstabschefs. Siehe oben Anm. 410. Am 7.11.1916 hatten die französischen Einheiten die SteUungen der 2. Armee angegriffen und einige Geländegewinne erzielt. Vgl. hierzu Der Weltkrieg, Bd 11, S. 96 f. Am 6.11.1916 war »ÜB 45« von Varna aus zu einer Operation vor Sevastopol' ausgelaufen und dabei auf eine Minensperre geraten und gesunken. Vgl. Der Krieg zur See, Der Krieg in den türkischen Gewässern, Bd 1, S. 291.
916
Dokumente
Pahs, der mein Adjutant auf »Rheinland« war und mü ebenso wie Ib. sehr nahe stand, ist leider umgekommen. Er war noch vor wenigen Monaten bei uns hier in BerHn.
Donnerstag, den 9. November 1916 Wahl Hughes wüd zweifelhaft. Ausfall der Wahlen im Westen scheint Ergebnis zu Gunsten Wilsons zu neigen. Vormittags Vortrag beim Chef über Randbemerkung S.M. zu dem telegraplüschen Bericht der Flotte über Unternehmen am Sonntag. Diskussion nahm so scharfe Form an, daß mir v. Holtzendorff schHeßHch fast das Wort abschnitt. Heydel sekundierte mü, aber auch ohne ihn zu überzeugen. Wü haben wenigstens erreicht, daß er Flotte nichts darüber mitteüen wüd und S.M. den Standpunkt des Flottenchefs darlegen wül418. Ob und wie er das tat, steht auf einem anderen Brett. Rede des Reichskanzlers vor dem Reichshaushaltsausschuß als Antwort an Grey widerlegt zunächst dessen Behauptung, daß Deutschland die aUeinige Schuld an diesem Kriege trage und sagt dann, daß Deutschland durchaus bereit, einem Völkerbund beizutreten, ja sich an die Spitze eines Völkerbundes zu stellen, der Friedensstörer im Zaume hält419.
Freitag, den 10. November 1916 Vormittags Vortrag von Kapitän Schleusener über U-Bootsnetze. Laut MitteUung Auswärtigen Amts ist in Frankreich Caülaux sehr rührig, reist viel umher. Man rechnet damit, daß bei einem Sturz Briands er Ministerpräsident wüd. Kriegsmüdigkeit soll besonders in Südfrankreich sehr groß sein. Rede Asquiths in Guildhall, ist zunächst sehr ausfaUend gegen Deutschland (Armenierfrage, Betrug der Neutralen usw.), klingt aber erheblich zahmer aus als seine früheren Auslassungen, spricht nur von WiederhersteUung Belgiens, Serbiens und Balkangleichgewichtes, 418
419
Dahinter stand die Befürchtung, daß die Bewegungsfreiheit der Hochseeflotte durch einen kaiserHchen Befehl wieder eingeschränkt werden könnte. Das Kommando der Flochseeflotte erfuhr dennoch von dieser Randbemerkung sowie der Vorbereitung eines die Bewegungsfreiheit einschränkenden Befehls. Im Rahmen eines Immediatvortrags gelang es Scheer und Trotha jedoch am 22.11.1916, diese Versuche abzuwehren. Vgl. das Schreiben Trothas an Levetzow vom 30.11.1916, in: Stegemann, Die deutsche MarinepoUtik, S. 150, sowie die Ausführungen ebd., S. 107. Vgl. auch Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 2, Nr. 194. Zu dieser Rede Bethmann HoUwegs vom 9.11.1916, in der der Kanzler jegHche Absicht bestritt, Belgien annektieren zu wollen, und die mit den Worten schloß: »Was England noch an Kräften einsetzen mag auch Englands Machtgebot hat seine Grenzen es ist bestimmt, an unserem LebenswiUen zu scheitern. Dieser Wüle ist unbezwingbar und unverwüstHch. Wann unseren Feinden die Erkenntnis davon kommen wird, das warten wir in der Zuversicht ab, daß sie kommen muß.« Vgl. Der Haushaltsauschuß, Bd 3, S. 1010-1012; Deutscher Geschichtskalender, 1916, II, 2,S. 826-837, hier: S. 836. -
-
1916
erwähnt Elsaß wüd aber noch
917
Lothringen nicht usw.42" Reutermeldung, angezweifelt. Sonnabend, den
daß Wüson
gewählt ist,
11. November 1916
Anfrage Bülows zur Unterrichtang Ludendorffs, wie Admiralstab über Beziehungen zu Norwegen denkt421, was zur Sperrung von Kavalla, Dedeagatsch und zur Störung Saloniki-Transporte geschehen kann422. Besprechung darüber mit B und A, dann Vortrag beim Chef. Nachricht, daß 3 Boote der X. Flottille in der Nacht Baltisch Port beschossen haben, später Nachricht, daß Langemak auf Rückmarsch ist423. Abends sagt mir Ußlar gelegentlich eines Telephongesprächs, daß Unternehmen sehr schlecht verlaufen sei. Meldung käme bald, sie seien jetzt gerade beim Dechiffrieren des Funkspruchs. [...]
420
421
In seiner traditioneUen Rede anläßUch des Amtsantritts des neuen Londoner Lord Mayors am 9.11.1916 hatte Asquith die »Befreiung der kleineren Staaten« als ein wichtiges Kriegsziel betont; im FlinbUck auf Bestrebungen zum Abschluß eines Separatfriedens erklärte er: »Ein Separatfrieden kann nicht in Frage kommen, und der Friede, mag er früher oder später kommen [...], er wird ein solcher sein müssen, der aufgebaut ist auf einer sicheren und festen Grundlage und Bürgschaft; für die Schwachen, für die Freiheit Europas und für die zukünftige Freiheit der Welt.« In: Deutscher Geschichtskalender, 1916, II, 2, S. 906-910, hier: S. 908 f. Vgl. das Schreiben Bülows an den Admiralstab vom 10.11.1916, in: BA-MA, RM 5/3028. Im Oktober 1916 hatte sich das Verhältnis zu Norwegen verschlechtert, nachdem dieses auf Druck der Entente, vor aUem aber auch angesichts hoher Verluste der norwegischen Flandelsflotte durch den U-Bootkrieg 171 Schiffe mit 235 000 BRT U-Booten die Durchfahrt durch seine Gewässer untersagt hatte. Dieser Konflikt konnte zwar teüweise beigelegt werden, da Norwegen die Durchfahrt von Handels-U-Booten schHeßHch zugestand, dennoch bereitete der Admiralstab in der Folge Operationspläne auch gegen Norwegen »FaU >NVerantwortHchen< los, ein klägUches unwürdiges Schauspiel. In Kiel, beim O.d.O., wo man so mutig in Unternehmungen war, wenn sie gut gingen und den Erfolg dafür gerne einstrich, ist man über diese Niederlage hörbar vom Stahl gefaUen und weist jetzt alle Verantwortung weit von sich. Nur Anregungen hätte man gegeben und natürhch gedacht und geglaubt, der andere hätte Sicherheiten pp. Ein unfähiger Prinz, ein gerissener, im ErnstfaU sich nicht bewährt habender Chef des Stabes, so was wül aus dem Schloß in Kiel 400 sm hinter der Front Krieg führen und wie die Kinder Soldaten spielen. Wie kann bei so einem System, das die Armee schon lange überwunden hat, auch was Gutes herauskommen. Richtige Kabinettsleitang.« In: BA-MA, Nachlaß Firle,
14
Vgl.
15
Auszüge von Scheers Bericht in: Der Krieg zur See, Nordsee, Bd 6, S.
N
155/21.
153.
1916
919
hat gefehlt, da 5. Flottille noch nicht eingetroffen war. III. Geschwader hätte Zickzackkurse laufen müssen. Vorpostenstreitkräfte Hefen gegen See nur 12 sm Fahrt mit Rücksicht auf Torpedoboote. Wetter machte U-Bootsangriffe unwahrscheinlich. Nachmittags kommen Vorarbeiten des Hochseechefs für Kriegsfall »J«. Tritt wie O.d.O. für Entsendung ganzer Flotte nach Ostsee ein. (Verlängerung seiner Operationsbasis von Helgoländer Bucht bis Skagen.) Standpunkt hat manches für sich. Beim Nachhausefahren erzählt mir Vanselow, daß Jagow ihm neuhch auf seine Frage, wie es um einen Sonderfrieden mit Rußland stände, geantwortet habe, man hätte mehrfach Anknüpfung versucht, aber nichts erreicht. In Rußland herrsche poHtische Anarchie, es fehle jede führende Hand in der äußeren PoHtik. Zar sei nervös zusammengebrochen, weine zeitweise, spiele dann wieder starken Mann. Stürmer spreche einen Tag vom Frieden, nehme den nächsten Tag den Mund wieder voll vom Krieg und Sieg. Er halte Sonderfrieden mit Rußland für unmöglich. Friede komme seiner Ansicht nach so, daß Rußland an England erkläre, es sei am Ende seiner Kräfte, man solle jetzt Frieden machen. Retzmann hat mir gestern erzählt, König von Bulgarien habe uns seine Dienste für eine Friedensvermittlung angeboten. Dasselbe hat auch Vanselow gehört.
Sicherung
Dienstag, den 14. November 1916 Enghscher Heeresbericht spricht von einem erheblichen Erfolg, durch den die Engländer die Dörfer Beaumont Hamel und St Pierre Divion genommen und über 2000 Gefangene gemacht haben426. Unser Abendbericht gibt das verblümt zu. An der Ostfront steht es gut. Bericht von Arnim, demzufolge die Bulgaren an der Struma und auch in der Dobrudscha ziemhch versagen427. Ihr Offizierkorps soU durch die vielen Verluste immer mangelhafter werden. Operationsarbeiten des O.d.O. und Hochseechefs über KriegsfaU »J« durchgearbeitet, Niederschrift darüber. Abends Vortrag beim Chef. U-»Deutschland« aus New London ausgelaufen. S.M. scheint sich nach seiner Bleistiftbemerkung über Verlust der 7 Torpedoboote nicht sonderlich erregt zu haben. Für die kleinen Fahrzeuge hat er nicht viel übrig. Mittwoch, den 11 h V Trotha und
zung über 426 427
15. November 1916
Ußlar, die Stabschefs des Hochseechefs und O.d.O.
Kriegsfall »J«,
die
erst um
12 h
beginnen konnte,
zur
da der Chef
Sitzum
Zu diesen engUschen Angriffen gegen die SteUungen der 1. Armee, bei denen engHsche Truppen mehr als 5000 Gefangene machten, vgl. Der Weltkrieg, Bd 11, S. 98. An beiden Fronten, vor aUem aber an der in Mazedonien, wo die Entente-Truppen unter General Sarraü am 10.11.1916 eine neue Offensive begonnen hatten, hatten die bulgarischen Truppen Anfang November mehrfach erhebUche Rückschläge hinnehmen müssen. Vgl. ebd., S. 214 f., 341-344.
Dokumente
920
Reichskanzler gebeten war428. Ergebnis der Sitzung war Zustimmung zu den Vorschlägen des O.d.O. und Hochseechefs, denenzufolge gesamte Hochseestreitkräfte mit Ausnahme einiger leichter Streitkräfte in Ostsee gehen soUen und Hochseechef sich der Leitung des O.d.O. untersteUt. Ußlar erklärt mir, warum O.d.O. Zustimmung zu dem so unglücklich verlaufenen Vorstoß der X. Flottille in den Finnischen Meerbusen gegeben. Gibt zu, daß das Wagnis zu groß war. Mit Trotha zu Mittag gegessen. 8 h N Mit Ib. im Marmorpalais in Potsdam zum Abendessen bei der Frau Kronprinzessin. Außer ihr nur noch Gräfin Keyserhngk anwesend, die entzückend aussah. Ungemein netter Abend. Kronprinzessin glaubt auch an Wüsonsche Friedensvermittlung und Geneigtheit unserer Regierung, besonders auch S.M., darauf einzugehen. Sie sehnt sich offenbar selbst sehr nach Frieden.
Donnerstag, den 16. November 1916 10h 30-11 h Sitzung über Ausgestaltung unseres FHegerwesens, die ich leitete und der Adnüral Starke, PhiHpp sowie Vertreter aUer in Betracht kommenden Behörden teünahmen. ZiemHch lebhafte Debatte, bei der jeder seine Sonderansprüche durchzudrücken versuchte. Nachrichten von der rumänischen Front gut429. An der Somme haben in den letzten Tagen die Engländer wieder erhebliche Erfolge gehabt. Sie berichten von 5000 Gefangenen430. Jetzt scheint der Angriff zum Stehen gekommen zu sein. an
Freitag, den 17. November 1916 Nachricht, daß in Archangelsk
7 Munitionsdampfer verbrannt bzw. explodiert sind431. Außerdem starke Brände in den Schuppen an Land und erhebliche Menschenverluste. Das kommt uns sehr gelegen. Weitere U-Bootserfolge besonders im Mütelmeer. In England wüd man unruhig. Nachricht, daß Neutrale unter Führung Wüsons Friedensvermitdung planen, zunächst Kongreß, bei dem Forderungen von den Kriegführenden mögHchst durch Einfluß der Neutralen ausgeglichen werden soUen432. Dabei ist erwähnt, Deutschland habe erklärt, unter Gewährleistang einer nicht deutschfeindHchen PoHtik Belgiens durch Neutrale auf Belgien zu 428 429
Vgl. das ProtokoU in: BA-MA, RM 5/4453. Am 11.11.1916 hatte die von Falkenhayn geplante Offensive gegen
430
431
432
die rumänischen
Truppen in
begonnen, in deren Verlauf diese "weiter zurückgedrängt wurden und schHeßHch die Eroberung Bukarests gelang. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 11, S. 263-270. Zu diesen Kämpfen an der Somme (vgl. Anm. 29) und den letztUch vergebhchen deutschen Gegenvorstößen vgl. ebd., S. 98 f. Am 8.11.1916 war der mit Munition beladene Dampfer »Baron Driesen« im Hafen von Archangelsk explodiert; dabei wurden 311 Mann getötet und 650 verwundet. Darüber hinaus gerieten mehrere angrenzende Lagerschuppen in Brand und sank der danebenhegende Dampfer »Earl of Charter«. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1916, II, 2, S. 923. Vgl. auch den Brief Weizsäckers an (?) vom 19.11.1916, in: Die Weizsäcker-Papiere, S. 219. der Walachei
1916
921
verzichten, ebenso auf okkupierte Teüe Frankreichs gegen gewisse Entschädigung auf kolonialem Gebiete. Sehr bezeichnend. Die Saat, die Bethmann HoUweg durch Gerard hat ausstreuen lassen, geht auf. 10 h 30-1 h Erneute Sitzung über Flieger-
Debatte noch schärfer als gestern. Ergebnis befriedigend. Personalmangel soll durch Einstellung von Nichtoffizieren behoben werden. Nachmittags Entwurf eines Schreibens an Graf Rantzau über KriegsfaU »J II«433 als Privat-Brief des Chefs entworfen. InterpeUation im engHschen Parlament über U-Bootskrieg und Passivität enghscher Flotte434. An rumänischer Front wieder 2000 Gefangene. Es scheint dort jetzt besser vorwärts zu gehen. Russische amtliche Meldung, daß 6-9 deutsche Torpedoboote neuster Bauart versenkt seien, wird unterdrückt. [...]
wesen.
Sonnabend, den
18. November 1916
Brief an Rantzau435 und Schreiben an Reichskanzler über Stützpunkte für zentralafrikanisches Kolonialreich436 diktiert. Vorbereitungen für Immediat-Vortrag. Nachrichten aus Rumänien weiter günstig. Von »U 56« noch keine Nachricht437.
Sonntag, den 19. November 1916 Vormittags und nachmittags auf Bureau. Telegramm von Arnim über Bestrebungen des Königs von Bulgarien, durch Wiederherstehung unabhängigen Königreichs Serbien unter montenegrinischer Dynastie Sonderfrieden mit Rußland zu vereinbaren438. Nachrichten 433
434
»FaU
>J
von
rumänischer Grenze sehr gut. Einbruch in die
IIja< zu sagen, was ja auch eine schätzenswerte Eigenschaft ist. Wer der führende Kopf wird, wenn Levetzow übermorgen zugleich mit Dietrich Meyer fortgeht, weiß ich noch nicht.« In: FamiUenarchiv Fischer-Hopman, Bad Harzburg. Gemeint ist offenkundig der Kaiser. Vgl. die dementsprechende Äußerung von Prinz Adalbert, die I Iopman in dem Brief an seine Ehefrau vom 27.9. wiedergegeben hatte.
1032
Dokumente
Hopman an seine Ehefrau,
Moonsund, den
19. Oktober 1917
Familienarchiv Fischer-Hopman, Bad Harburg (hdschr.)
[...] Mü geht es ausgezeichnet. Über den Gang der Ereignisse im großen weißt du durch die Zeitungen Bescheid. Ich bin am letzten Sonntag von Windau mit meinen Streitkräften in den Eingang zum Rigabusen gegangen, bekam von der ZerelBatterie etwas Feuer, das ich der Entfernung wegen nicht erwidern, aber umgehen konnte und habe dann bis Dienstag morgen das Minenräumen geleitet, das uns noch viel Arbeit und Überraschung brachte. Am Montag morgen kam Behncke mit »König« und »Kronprinz«, am Abend gaben die Russen, weü sie im Rücken von unserer Armee abgeschnitten waren und von See aus beschossen wurden, Zerel auf und steckten aUes in Brand. Eindringen konnten wü noch nicht, da die Minensperren noch nicht völhg frei waren. Erst am Dienstag vormittag ging es in der Richtung auf Arensburg vorwärts ohne Störung. Gegen 11 h V erhielten Behncke und ich Befehl vom Sonderverband, sobald als möghch die russischen Seestreitkräfte aus dem Moonsund zu vertreiben. Gegen 2 h N zogen wü hinter einer Minensuchflottille und 2 Sperrbrechern los, wurden unterwegs von einem U-Boot angegriffen, das 2 Schüsse auf »Kronprinz« feuerte, die nicht trafen, nachher aber die hinter der Linie fahrende »Indianola«, das Mutterschiff der Minenräumdivision, mit dem Erfolg angriff, daß dieses manövrierunfähig wurde und nach Arensburg geschleppt werden mußte. Während der Nacht lagen wü bei ganz stillem Wetter in See zu Anker. Mit HeUwerden wurde Anker gehchtet und gegen den Moonsund vorgegangen. Wü woUten an derselben SteUe eindringen, dann sollten sich die vorne dampfenden schweren Schiffe gegen den östHchen eigentlichen Moonsund, ich mich gegen den westlichen Heinen Sund wenden, die ungefähre Lage der russischen Sperren war bekannt, bei Annäherung beobachteten wü, daß etwa 20-25 km dahinter zwei Schiffe der »Slava«-Klasse und ein Kreuzer der »Makarov«-Klasse lagen. Die beiden russischen Linienschiffe eröffneten Feuer auf Entfernungen, auf die unsere Schiffe noch gar nicht schießen konnten, d.h. etwa 23-24 km. Ich bekam Befehl, mit den Kreuzern zurückzubleiben. Behncke ging mit den beiden dicken Schiffen südHch der Sperre hinter einer Minensuchhalbflottüle, eröffnete das Feuer und drehte dann unter der Küste nach Norden. Ich ging auch näher heran, stieß aber auf Minen, meine Minenräumer bekamen starkes Feuer einer Landbatterie wie von Moon. Deshalb suchte ich die Sperre zu umgehen, was mü bis 2 h N auch gelang. Inzwischen hatten die russischen Schiffe, nachdem sie nur ganz kurze Zeit von den unserigen Feuer erhalten hatten, Kehrt gemacht und waren nach Norden ausgerissen. Auf dem Festlande waren überall Explosionen zu beobachten, ein Zeichen, daß sie ihre SteUungen zerstörten. Auf den den Heinen Sund verteidigenden Batterien war noch nichts derartiges beobachtet. Als ich eindrang und sie unter Feuer nahm, antworteten sie indes auch nicht mehr. Sonst hätte es für uns auch recht hem werden können, denn, wie wü später gesehen, standen in der einen Batterie 5 ganz moderne 25-cm-Geschütze. Ich ging im Heinen Sund zu Anker, schickte je 40 Mann von »Kolberg« und
1917
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»Straßburg« (»Augsburg« war in Arensburg gebheben) unter Führung von Keim an
Land, die die 2 Batterien widerstandslos besetzten. Damit waren wir die ersten auf die Armee erst in der folgenden Nacht von Ösel aus landete. Es war bis aUerdings auf einige Kosaken bereits ganz verlassen. Gestern haben wir hauptsächhch an Minen- und Trossensperren gearbeitet, heute werden wir wohl durch die 'Trossensperre hindurch einige Seemeüen weiter nördHch vorgehen. Es ist unglaublich, daß die Russen ihre ungemein starke Stehung so aufgegeben haben. Sie hätten sie gegen unsere ganze Flotte halten können, so gut waren die Verteidigungsanlagen auf dem Land und Wasser233. [...]
Moon,
wo
I Iopman an seine Ehefrau, Moonsund Kuiwast Reede, den 26. Oktober 1917 Familienarchiv Fischer-Hopman, Bad Harzburg (hdschr.) Du
fragst234, wieweit wir gehen woUen, etwa bis Reval? Nein, das hat niemand jetzigen Jahreszeit auch ein Wahnsinn. Wir sind vielmehr schon beim Abbauen und, nachdem »Moltke« und »Markgraf« vorgestern und gründhch und »König« »Kronprinz« gestern abgezogen sind, Hege ich hier mit »Kolberg«, einigen Torpedobooten und Minensuchbooten sowie 7 schwerfäUigen Dampfern alleine auf Kuiwast-Reede und habe gleichfalls die Absicht, morgen nach Arensburg zu gehen, wo auch »Moltke« und »Markgraf« Hegen. Hoffenthch macht mir [...]
vor,
es
wäre in der
das Wetter, das heute abend noch recht unfreundhch aussieht, keinen Strich durch die Rechnung. Wir befinden uns hier nämhch in ziemhch gefährdeter Position. Wären die Russen nicht so schlapp, so hätten sie schon längst auf der Festlandsküste einige I Iaubitzbatterien aufgefahren und uns das Leben hier gründhch verleidet. Allmählich werden sie auf den Gedanken wohl kommen, und so werde ich froh sein, wenn ich mit meinem ganzen Apparat hier weg bin. Ich lasse nur einige Torpedoboote und Heine Fahrzeuge hier, die dicht unter Land außer Feuerbereich 233
234
Vgl. auch Hopmans Tagebuchein tragung vom 17.10.1917, als die geschilderten Operationen im wesentlichen abgeschlossen waren: »Der Tag war überhaupt höchst glücklich und erfolgreich für uns verlaufen. Die von uns genommene Stellung war ungemein stark, ihr schneUes Überwinden wohl in erster Linie der geringen Widerstandskraft unserer Gegner, aber auch dem überlegten, energischen Anpacken unsererseits zu danken. Behncke hat jedenfaUs sehr kühn u[nd] energisch geführt, ich habe in seinem Sinne gehandelt und auch viel gewagt. Wußte ich doch, als ich in den kleine Sund einlief, noch nichts Bestimmtes darüber, daß die Woi-Batterien verlassen seien. Besonders die 25,5-cm-Batterie, in der 5 ganz moderne Geschütze standen, hätte mich fein zudekken können. Ein Beispiel für die Möghchkeit des Angriffs] von Landbefestigungen durch Seestreitkrfäfte] soU man indeß ja nicht daraus ziehen. I Iätten Engländer oder Franzosen, ja selbst ItaUener hinter den Kanonen gestanden und auf den Schiffen gesessen, dann wäre es uns schlecht ergangen. Die russische Flotte hat sich übrigens ganz tapfer und weit besser geschlagen, als ich erwartete. >Slava
Lloyd George in einer Rede vor Arbeitern in Westminster Stellung genommen. Dabei nannte er die vollständige Wiederherstellung Belgiens, Frankreichs, Serbiens, Montenegros und Italiens sowie die Rückgabe Elsaß-Lothringens, die Vereinigung der italienisch sprechenden Gebiete der k.u.k.-Monarchie mit Italien und die Errichtung eines polnischen Staates. In: Deutscher ( j eschichtskalender, 1918, I, 1,
Am 5.1.1918 hatte Premierminister Hall ausführlich zur Kriegszielfrage
S. 141 -147; Turner, British Politics, S. 268-271. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918,1, 1, S. 178 f.
1918
Sonnabend, den
1061
12. Januar 1918
Im Offizierheim gefrühstückt, von wo aus um 9 h Hauptmann Bührmann, Major Refet, Generalstabs Hauptmann Franke und Hauptmann Balaklaschoff zum Empfang der Russo-Rumänen abfuhren, deren Ankunft verspätete sich infolge schlechter Wege bis 2 h nachmittags. Ihre Kommission bestand aus: Kontreadmiral der ru-
Balescu, einem älteren hebenswürdigen und wie die späteren Verhandlungen zeigten, sehr gewandten aber etwas nervösen Herrn, Kapitän z.S. Zaharia (sehr groß und pampig), Oberstleutnant Condescu, früherer Chef des Nachrichtenwesens, Major Dimitrescu, Protokollführer (früher 3 Jahre in deutscher Armee, sehr gewandter kluger Mann) als Dolmetscher, Leutnant Berschet, Dolmetscher, sämtkch Rumänen Fregattenkapitän Fenschav, bis vor 4 Wochen mänischen Marine
Kommandant eines Hüfskreuzers in Sevastopol', seitdem in Jassy, Kapitänleutnant Adamovic, Leutnant de Savine, beide vom Hauptquartier der russo-rumänischen Front und Leutnant Kopitin, dessen Zugehörigkeit zur russo-rumänsichen Armee zweifelhaft. Ich begrüßte die Herren in dem Empfangsaale des Offizierheims, machte ihnen dann nach gegenseitiger VorsteUung den Vorschlag, zunächst mit uns zu frühstücken, worauf sie eingingen. Beim Essen saß rechts von mir der Adknks der russische miral, Fregattenkapitän Fenchav (Cennyan) der, wie die Untervon mir aus Port Arthur ist. Er war damals bald ein Bekannter haltung zeigte, Wachoffizier auf der »Poltava«. Ich erinnere mich, ihn nach der Schlacht vom 10. August, in der er verwundet war, auf »Mongoka« besucht zu haben mit der Fürstin Lieven. Fenchav schilderte die Verhältnisse in Rußland als unhaltbar, keß durchbkcken, daß Macht der Bolschewisten bald beendigt sei und er auf eine monarchistische Reaktion hoffe. Nach dem Frühstück Admiral vorgeschlagen, heute mit Rücksicht auf die lange anstrengende Reise der Herrn keine Sitzung mehr zu machen und erste Sitzung auf Sonntag, den 13., 9 h V, festgesetzt. RussoRumänen gingen oder fuhren am Nachmittag in Begleitung deutscher Offiziere durch die Stadt, in der ihr Erscheinen eine gewisse, offenbar durch Friedenshoffnungen verursachte freudige Erregung hervorrief. Zum Abendessen wieder aUes vereinigt. Eindruck der Unterhaltungen aUer Herrn der Kommission der, daß russisch-rumänische Delegation monarchistisch und ententistisch gesinnt ist, daß sie uns durch DarsteUung der großen Schlagfertigkeit der rumänischen Armee und des Einflusses Cserbacevs im ganzen südkchen Rußland ein bewußt übertriebenes Büd der miktärischen Widerstandskraft des südkchen Rußlands geben wollten. Der baldige Zusammenbruch der Bolschewisten wurde als unvermeidkch bezeichnet. Der Admiral sowie aüe Herrn waren persönkch sehr kebehswürdig und offenbar erstaunt über die ihnen unsererseits zuteil werdende Behandlung, den jüngeren Offizieren merkte man an, daß sie sich in unserer Atmosphäre militärischer Ordnung und Formen besonders wohl fühlten. Erstaunt waren sie über die ihnen gebotene Verpflegung und gaben offen zu, daß sie es selbst in Jassy nicht annähernd so gut hatten. Auch über die FüUe dessen, was in Braüa noch zu kaufen sei, zu verhältnismäßig bükgen Preisen, äußerten sie ihre Verwunderung. 11h Nach dem Hotel gegangen. —
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Dokumente
Sonntag, den 13. Januar 1918 9 h Beginn der Verhandlungen. Ihr Verlauf geht aus dem in Abschrift angefügten Protokoll10 hervor, ich bemerke nur folgendes dazu. Ich sprach deutsch, was Major Dimitrescu in rumänisch und Hauptmann d.R. Prayer in russisch übersetzte; Admiral Balescu französisch, ganz fertig und sehr gewandt. Seine Reden wurden von Oberleutnant Wieckmann in deutsch, von Prayer in russisch übersetzt. Das hackweise Sprechen war mir nur insofern unangenehm, als man dabei leicht den Faden verlor, anderseits angenehm, weil man Zeit zum Überlegen hat. Ich habe das Gefühl, daß mir die ganz neuartige, nicht leichte Aufgabe der Leitung einer solchen Verhandlung gut gelungen ist, die andern Herrn brachten mir das auch nachher zum Ausdruck. Rechts von mir saß Hranilovic, links Bührmann, beide unterstützten mich gut, besonders letzterer, der ein ausnehmend kluger und gewandter Kopf ist, während Hranilovic mehr hebenswürdig, gewandt und schlagfertig, als wirklich klug ist. Vor den Antworten holte ich kurz das Einverständnis von Serafimoff und Arif ein, das meist sofort erfolgte. Außer mir ergriff unsererseits keiner das Wort, unsere Geschlossenheit imponierte den Russo-Rumänen sichtlich. Ich hielt mich in meinen Antworten kurz und bestimmt, Balescu sprach viel lebhafter, gab sich aber mancherlei Blößen dadurch, die ich zum Teil nicht ausnutzte, um unsere Karten nicht zu sehr aufzudecken. Die erste Sitzung dauerte bis 12 h 30 m, die zweite von 4 h-6 h. Am Abend waren die Russo-Rumänen sichthch deprimiert. Balescu stand scheinbar unter der Befürchtung, man werde ihm zu Hause Vorwürfe machen, weil er zu schroff abgelehnt habe und dadurch dem Gegensatz Cserbacevs zur Ukraina neue Nahrung gäbe. Offenbar hatte auch die aus den Zeitungen ersichtliche Entsendung von 12 Delegierten der Ukraina nach Brest-Litovsk sowie das Wachsen des bolschewistischen oder kommunistischen Einflusses in der Ukraina ihre Stimmung beeinflußt. Die Sitzung schloß in Übereinkunft darüber, daß der Paragraph über die Demarkationslinie als Übereinkommen aufgestellt werden solle und daß im Anschluß daran die Zentralmächte Delegationen den Wunsch zum Ausdruck brachten, daß die Verhandlungen über die freie Schiffahrt auf dem Schwarzen Meere zur Wiederanbahnung der kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen auf dem Schwarzen Meere und der Donau aufgrund des Brest-Litovsker-Vertrages in Odessa in baldiger Zukunft wieder eröffnet werden. Nach dem Abendessen viel mit dem Admiral und mit Fenchav, der mich namentlich über die Möglichkeit einer Revolution in Deutschland und den deutschen Sozialismus fragte. Ich antwortete ihm, daß eine Revolution dort unmöghch, der deutsche Sozialismus durchaus national und glänzend diszipliniert sei, was er sich hoffentlich gründlich ad notam nahm. Um 11h unserer Zeit begann für die Russo-Rumänen das neue Jahr, wozu wir ihnen gratulierten. 12 h Zu Hause.
10
Ein
Exemplar des Protokolls dieser Sitzung befindet sich im Hopman-Nachlaß, BA-MA, N 326/35.
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Montag, den 14. Januar 1918 11h Beginn der Sitzung, zu der die inzwischen fertiggestellten und in russisch übersetzten Ausfertigungen des Übereinkommens vorgelegt wurden. Balescu machte, als ich den Wortlaut vorlas, noch Einwendungen, die er durch eine etwas merkwürdige ebenso wortreiche, wie ihrem Sinn nach kaum zu verstehende Rede erläuterte. Diese sowie meine Antwort siehe Protokoll11. Wir gingen um 1 h 30 m N zum Essen, ein Teil der Herren namentlich die Russen blieben zur Neuanfertigung der Abschriften, für die eine russische Schreibmaschine nicht vorhanden war, noch zurück. Bei Tisch betonte ich in einer kurzen Rede, daß unsere Gäste heute das Neujahrsfest feierten und trank auf ihr Wohl. Balescu erwiderte, indem er für die freundliche Aufnahme dankte. Gegen 3 h kamen die neuangefertigten Abschriften, um 4 h N war die Unterzeichnung beendet, um 4 h 30 m N fuhren die Russo-Rumänen ab, indem sie sich nochmals bedankten. Trotz des äußeren geringen Erfolges hatte die Zusammenkunft meiner Ansicht das Ergebnis, daß die Russo-Rumänen dadurch in ihren Gesamteindrücken über die Zustände und Lage bei uns sehr günstig beeinflußt waren, vor allem die Überzeugung mitnahmen, daß innerhalb der von uns vertretenen Mächte völliges Einverständnis herrscht. In den vielfachen Lmterhaltungen der einzelnen Mitglieder hatte sich mancher wichtige Einblick in die Zustände des inneren Rußlands für uns ergeben, während ihnen das Bluffen weniger gelungen war. Vor allem hatte ihnen die bei uns herrschende Ordnung, DiszipHn usw. imponiert, nicht minder die gute Verpflegung, die ihnen lang entbehrte Genüsse bot, sowie die Tatsache, daß in Braila noch viel mehr und bilhger zu kaufen sei, als bei ihnen in Jassy oder Rußland. Nach Abfahrt der Russo-Rumänen Spaziergang durch die Stadt, in der infolge des Neujahrstages viel Leben war. [...]
Donnerstag, den 17. Januar 1918 Die Nachrichten über den Fortgang der Verhandlungen in Brest-Litovsk lassen erkennen, daß Trockij offenbar auf möghchst baldige Räumung der von uns besetzten Gebiete drängt und Abstimmung von Kurland, Litauen und Polen, die Anschluß an Zentralmächte als Wunsch ausdrückt, nicht anerkennen will12. Hoffentlich geben wir nicht nach. [...] 11
In:
BA-MA, Nachlaß Hopman, N 326/35. Ebd. auch das Protokoll des am 14.1.1918 unterzeichÜbereinkommens über einen Waffenstillstand auf dem Schwarzen Meer und den anliegen-
neten 12
den Küsten sowie einer imaginären Demarkationslinie zwischen der Türkei und Rußland. Am 11.1., 12.1., 14.1., 15.1. und 18.1.1918 war es in den Verhandlungen von Brest-Litovsk zu heftigen Auseinandersetzungen über die Zukunft der ehemals zu Rußland gehörenden Randstaaten und das »Selbstbestimmungsrecht der Nationen« gekommen. Trockij wies dabei auf den Einfluß der deutschen Besatzungsarmee in diesen Gebieten, die die Freiheit einschränkten, hin. Der Vertreter der Obersten Heeresleitung, General Hoffmann, hatte demgegenüber auf die Abstimmungen gewählter Vertretungen in Kurland (21.9.1917), Litauen (11.12.1917) und Riga (27.12.1917) so-
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Sonnabend, den 19. Januar 1918
Vormittags zum ersten Mal in unserem Hause Strada Polona gefrühstückt, in dem Wintergarten. ProtokoU über Braüa Verhandlungen fertig, geht an O.H.L., Admiralstab, FeldmarschaU usw. sowie an die einzelnen Delegationen ab. Huhn u[nd] Meyer sind gestern nach Deutschland abgereist. Nachrichten aus Rußland zeigen weiteres Büd großer Verworrenheit, Konstituante ist zusammengetreten, Maximaksten und knke Soziakevolutionäre haben Versammlung sofort verlassen13, Trockij ist von Brest-Litovsk nach Petersburg gefahren. Gegensatz zwischen Maximaksten und Rada scheint wieder im Zunehmen. Abends im Theater, wo »Die verlorene Tochter« von Fulda14 gegeben wurde. Nachher im »Boulevard«.
Sonntag, den 20. Januar 1918 nur kurze Zeit auf dem Bureau, nach dem Essen Spazierfahrt [...]15. Keine besonderen Nachrichten. In Frankreich erregt die Verhaftung Caülaux' die Gemüter in hohem Maße16. In Wien und Budapest Streiks unter Forderung des Friedens17. Nach dem Essen zu Hause gelesen »Lettres à Françoise« von Marcel Prévost.
Vormittags
13
14 13 16
17
wie das Votum des polnischen Ministeriums hingewiesen. Zugleich hatte er am 18.1.1918 eine Karte vorgelegt, auf der die zukünftige Grenze zwischen dem Deutschen Reich und Rußland blau eingezeichnet war. Diese Linie trennte von Rußland Polen, Litauen, Kurland sowie Teile von Livland und Estland ab. Trockij erbat daraufhin eine zehntätige Verhandlungspause, um sich in Petersburg neue Instruktionen holen zu können. (Siehe unten Anm. 31.) Vgl. die Sitzungsprotokolle in: Der Friede von Brest-Litowsk, Nr. 180, 187, 198, 204, 205, 219, 224. Übergreifend: Altrichter, Rußland 1917, S. 437-455; Fischer, Griff nach der Weltmacht, S. 396-413; Ritter, Staatskunst, Bd 4, S. 300-316. Am 18.1.1918 war in Petersburg die im November 1917 gewählte Konstituante, in der nicht die Bolschewiki, sondern die Sozialrevolutionäre die Mehrheit hatten, zusammengetreten. Bereits zu Beginn verlas Sverdlov im Namen Lenins eine Erklärung, wonach Rußland in Zukunft eine Räterepublik sein sollte. Nach weiteren heftigen Debatten wurde die Konstituante noch in der Nacht aufgelöst und trat nicht mehr zusammen. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918, I, S. 68- 171; Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 59 (1918), Bd 2, S. 408-411; Hüdermeier, Geschichte der Sowjetunion, S. 129-134. Ludwig Fulda (1862 -1939), Lustspieldichter. Folgen Namen der Teilnehmer. Am 14.1.1918 war der ehemakge französische Ministerpräsident und Finanzminister wegen Hochverrats verhaftet worden. Vgl. Der große Krieg, 1918, S. 8349; Schultheß' Europäischer Ge-
schichtskalender, 59 (1918), Bd 2, S. 244 f.
Bereits Anfang Januar 1918 war es in Teilen der Donaumonarchie zu ersten Streiks gekommen, in denen nicht nur wirtschaftliche sondern auch poktische Forderungen erhoben wurden. Nachdem die Lebensmittelrationen Mitte Januar erneut gesenkt worden waren, brachen nach großen Friedensversammlungen der österreichischen Sozialdemokraten in Budapest und Wien am 13.1.1918 am folgenden Tag von der Parteiführung nicht beabsichtigte größere Streiks aus. Die Regierung machte den österreichischen Sozialdemokraten schkeßhch weitgehende politische und soziale Zugeständnisse. Besonders bedeutsam war die Zusage, in Brest-Litovsk keine territorialen Annexionen anzustreben, sowie das Versprechen, das Miktärregime zu mildern und die Ernährungssitua-
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Montag, den 21. Januar 1918 [...] Nachricht,
daß Konstituante aufgelöst ist. EngHscher Funkspruch über Seegeden DardaneUen, bei dem unsererseits »Breslau«, auf enghscher Seite der große Monitor »Raglan« und ein kleiner Monitor gesunken sind18. »Goeben« soU in den Dardanellen bei Nagara Hegen und von enghschen FHegern angegriffen sein19. Mir ist es unerklärhch, weshalb die Schiffe diesen AusfaU gemacht haben. Wenn es ledighch der Wunsch nach Betätigung gewesen, war es, zumal in dem jetzigen Stadium des Krieges, ein Blödsinn. Der pohtische Eindruck in CospoH wird wenig günstig sein. War es der Tatendurst Rebeurs, so ist der Ausfall erst recht falsch gewesen. Kapitänleutnant Schlenzka hatte mir bereits vor etwa 10 Tagen erzählt, daß das Unternehmen geplant sei für den 20. Januar und man bereits mit Minensuchen begonnen habe. Ich habe damals schon innerhch den Kopf geschüttelt, aber nichts gesagt.
fecht
vor
Dienstag, den 22. Januar 1918 [...] Nachmittags Meldung, daß Rumänen das 2. sibirische Korps am Abmarsch verhindert haben, wodurch es zum regelrechten Gefecht gekommen ist20. Russen sind nicht durchgekommen, nachher teilweise in unsere Linien übergetreten, haben 2000 Pferde und 50 Geschütze abgehefert. Abends die Herrn vom Wirtschaftsstabe, die uns in den letzten Tagen herumgeführt, als Gäste bei uns21.
zu verbessern. Vgl. Rauchensteiner, Der Tod des Doppeladlers, S. 533-537; Deutscher Geschichtskalender, 1918,1, 1, S. 111 -118; Miller, Burgfrieden, S. 371-373.
tion 18
19
20 21
Da im Schwarzen Meer aufgrund des Waffenstillstands keine weiteren Gefechte zu erwarten waren, hatte der Chef der Mittelmeerdivision, Rebeur-Paschwitz, Mitte Januar 1918 einen Vor-
stoß gegen englische Bewachungsstreitkräfte bei Imbros und Lemnos befohlen. Indirekt sollten damit englische Truppentransporte von Saloniki nach Palästina gestört werden. Nach Auslaufen aus den Dardanellen am 20.1.1918 zerstörten »Goeben« und »Breslau« zwar einige Anlagen auf Imbros und versenkten bzw. beschädigten einige ältere Kriegs- und Handelsschiffe, darunter die Monitore »Raglan« und »M 28«, liefen beim Rückmarsch jedoch auf ein vorher nicht aufgeklärtes Minenfeld. Während »Breslau« darauf sank, wurde »Goeben« erheblich beschädigt. Vgl. Der Krieg zur See, Der Krieg in den türkischen Gewässern, Bd 1, S. 330-342; Groß, Die Seekriegführung, S. 37 44. Die von mehreren Minentreffern beschädigte »Goeben« war auf dem Rückmarsch nach Konstantinopel auf die Nagara-Bank gelaufen, wo sie sechs Tage lang das Ziel englischer Fliegerangriffe war, bevor sie schließlich freigemacht und nach Konstantinopel abgeschleppt werden konnte. Der Krieg zur See, Der Krieg in den türkischen Gewässern, Bd 1, S. 342-349. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918,1, 1, S. 5, 371 -374 (zu den weiteren Kämpfen). Von »Abends« bis »uns« Einschub am Ende der Eintragung. -
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Donnerstag, den 24. Januar 1918 [...]22 Auf Rückfahrt lange mit Schlubach unterhalten, der mir unter anderm sagt, daß er nach dem Kriege mit Stinnes zusammen eine Firma in New York eröffnen wül. Nachrichten aus Rußland zeigen, daß Bolschewisten immer unverschämter werden, hoffen aufgrund der Streiks in Wien auf Ausbreitung ihrer soziakstischen und kommunistischen Ideen. Rumänen gehen scheinbar gegen Bessarabien vor.
Freitag, den 25. Januar 1918 auf dem Bureau. Nachricht, daß Bratianu demissioniert hat und wahrscheinkch Dimitrescu Ministerpräsident geworden ist23. Rumänen marschieren auf Kishinev zu, offenbar in der Absicht, Bessarabien zu besetzen. Hoffentkch unterstützen wir sie dabei, dann bekommen sie Ersatz für die Dobrudscha, die wohl an Bulgarien fallen muß und werden für die Zentralmächte gewonnen. Der Keü, der dann zwischen Russen und Bulgaren geschoben wird, ist dann recht günstig. Hoffentlich ist die RoUe der Bolschewisten bald ausgespielt und bekommt die Ukraina die Oberhand im südkchen Rußland. Dann können wir im Norden machen, was wir woUen, und die Entente hat in Rußland völkg ausgespielt. Abendnachrichten sagen nichts Besonderes. »Goeben« ist offenbar auch durch eine Mine beschädigt und hat sich in den Dardanellen bei Nagara aufgesetzt. [...]
Vormittags
Sonnabend, den 26. Januar 1918
Zeitung bringt Wortlaut der Reichskanzler-Rede, die im wesentkchen die Antwort auf die Reden Lloyd Georges24 und Wüsons25 darsteUt26. Hertkng knüpft im wesentkchen an die 14 Punkte der Wüsonschen Rede an, die er zum größten Teü als 22
23
Folgen Aufzeichnungen über Fahrt nach Ploesti zur Besichtigung eines Salzbergwerks. Diese Nachricht traf nicht zu. Das Kabinett Bratianu trat erst am 8.2.1918 nach massivem deutschen Druck zurück und wurde durch eine von General Averescu gebildete Regierung abgelöst. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918, I, 1, S. 396 (dort auf den 10.2.1918 datiert); Bornemann, Der Friede von Bukarest, S. 32-35. Siehe oben S. 1060. Zur Rede Wüson vor dem Kongreß am 8.1.1918, in der er ein 14 Punkte umfassendes Friedensprogramm vorgelegt hatte, vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918, I, 1, S. 198-202; ebd., S. 202-209 die Reaktionen in der Presse. Am 24.1.1918 hatte Reichskanzler Hertling unter Bezugnahme auf die Reden des engkschen Premierministers Lloyd George vom 5.1. und des amerikanischen Präsidenten Wilson vom 8.1.1918 im Hauptausschuß des Reichstages ausführlich Stellung zur Frage der Kriegsziele und Friedensmöghchkeiten Stellung genommen. In dieser Rede bestritt er deren »Friedenswillehi]« und wies diese zugleich darauf hin, »wie denn wirkkeh die Lage ist. Mögen sie sich gesagt sein lassen: unsere miktärische Lage war niemals so günstig, wie sie jetzt ist.« In: Deutscher (¡eschichtskalender, 1918,1,1, S. 33-39. -
-
24 23
26
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annehmbar oder
wenigstens diskutabel bezeichnet, z.B. die Forderung der Abschaffung geheimer Bündnisse, Freiheit der Meere, Beseitigung der wirtschafthchen Schranken, Einschränkung der Rüstungen, Verständigung über Weltkolonial-
besitz. Fragen der Räumung Belgiens, Nordfrankreichs, der besetzten russischen Gebiete bezeichnet er als zwischen den in Betracht kommenden Völkern zu lösend, ebenso die der Gestaltung des Balkans, der Türkei, ItaHens usw. Rückgabe Elsaß-Lothringens lehnt er mit aUer Bestimmtheit ab. Kommt zum Schluß, daß Wilson und Lloyd George ihr Programm nochmals revidieren müssen. Rede meiner Ansicht sehr geschickt und ein Zeichen, daß wir uns der Lösung nähern. Ziele Amerikas und Englands immer weiter auseinander. BeScheinbar gehen daß zeichnend dafür, selbst offizieUe Preßorgane in Amerika jetzt offen aussprechen, daß Frankreich und England, wenn überhaupt, jedenfalls nicht vor Herbst 1918 auf Truppenunterstützungen rechnen können. Auch ist vom Rücktritt des jetzigen Kriegssekretärs Baker die Rede. [...]
Sonntag, den 27. Januar 1918 10 h Zum Gottesdienst in der protestantischen Kirche Strada Lutherana. Saß mit dem MarschaU und den Generalen Tülf, Koch, Hell, Sendler, Osman Nisami und Tantilov in der Könighchen Loge. Pfarrer Heckenroth sprach meinem Gefühl nach sehr phrasenhaft. Nachher zur Parade auf dem Platz vor der Hauptwache. Mackensen hielt eine glänzende Rede, die mit einem Hoch auf den Kaiser schloß, »das widerklingen soll an den Mauern der von uns mit Waffengewalt eroberten Hauptstadt eines uns feindhchen Königs.« Nachher Parademarsch. Ganze Feier sehr eindrucksvoU. Nachher im Kasino gefrühstückt, wo Hranilovic, Arif Pascha, Millenkovic, Beroff, Schlubach, Wickmann und ich waren. (Hranilovic ist gestern wiedergekommen, hatte mich bereits gestern nachmittag aufgesucht, erzählt, daß Kommission wahrscheinHch nach Kiev gehen werde, daß Streiks in Österreich beendet seien usw.) 7 h 30 m N Zum Kaisergeburtstagsessen bei Oberkommando Mackensen im »Athenei«, saß Hnks neben Feldmarschall, rechts von ihm Prinz Konrad von Bayern, Chef der II. Schweren Reiter. Mackensen sprach wieder glänzend, aus seinen Worten kam die hohe persönhche Verehrung heraus, die er für S.M. hat. Schlußwort: »Und wenn die Welt voU Engländer war und wollt uns gar verschhngen.« Nachher zunächst mit dem Chef des Stabes, dann mit dem Marschall, Prinz Konrad, General v.27 und mehreren andern Herrn zusammengesessen, zum Schluß im großen Saal mit vielen andern Offizieren, wo allerhand Ulk betrieben und schHeßhch getanzt wurde, was General Hell und ich auch mitmachten. 2 h 30 m V Zu Hause.
27
Danach Lücke für eventuell
später einzusetzenden Namen.
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Montag, den 28. Januar 1918 Vormittags meldet sich Kapitänleutnant Schlenzka bei mir, der von Berkn zurückgekommen ist, um zur SchwarzmeersteUe in Braüa zu gehen. Erzählt, daß ihm
Vanselow gesagt, ich soUe wahrscheinkch Vorsitzender der Kommission in Kiev werden, während die Odessa-Unterkommission von den Österreichern geleitet werden solle. Der Verlust der »Breslau«, der auf Minen vieUeicht auch U-Boote zurückzuführen, hat in Berkn sehr betrübt. Urheber des Unternehmens ist wahrscheinkch Rebeur gewesen, man hat es aber im Admiralstab sehr gebükgt. Merten und Usedom haben dagegen gesprochen. »Goeben« hat auch mehrere Minentreffer, aber nur 500 ts Wasser im Schiff und ist bei Nagara aufgelaufen, hat sich also nicht absichtkch aufgesetzt. Nachmittags Brief von Ib., demzufolge Immo auf 8 Tage Urlaub kommt. Schmidt hat I. Geschwader abgegeben, an seine SteUe ist Boedicker gekommen, für Boedicker v. Reuter, für Reuter Levetzow. Verband des Befehlshabers der AufklärungsStreitkräfte der Ostsee ist aufgelöst, also hat meine vorzeitige Abkommandierung doch ihr Gutes gehabt. Für die Flotte sitze ich aber draußen vor. Hoffentkch wird aus der Kiev-Sache etwas. Abendnachrichten bringen Ultimatum der Bolschewistischen-Regierung an Rumänien, General Cserbacev wird für einen Landesverräter und vogelfrei erklärt. Kampf zwischen Bolschewisten und Ukraina tobt weiter fort ohne Entscheidung28. In Sukna-Mündung 3 russische Torpedobootszerstörer. 8 h Zur Galavorstellung im Theater »National«, wo die »Könige« von MüUer (Österreicher) gegeben wurde. Stark romantisches Werk, aber jedenfaks viel besser als die Lauffschen Sachen. Schöne Sprache, viel gute Sentenzen darin. Letzter Akt ziemkch schwach. Nachher mit Hranüovic und Arif Pascha, die mit mir in der Loge waren, und den andern Herrn der Kommission, die im Parkett gesessen, im »Boulevard«. [...]
Dienstag, den 29. Januar 1918 Nichts Besonderes. Streikbewegungen in Berlin, wo etwa 100 000 Arbeiter streiken29. Aufgefangene Funksprüche scheinen zu beweisen, daß Einfluß der Bolschewisten im südkchen Rußland doch nicht so im Zunehmen ist, wie es in den letzten Tagen aussah. [...]
28 29
177 f. Am 21.1.1918 hatte der »Vorwärts« über die österreichischen Streiks berichtet und war für drei Tage verboten worden. Ebert und Scheidemann protestierten dagegen im Hauptausschuß, ohne aber zu Streiks aufzurufen. Diese brachen am 28.1.1918 in Berkn aus und fanden rasche Verbreitung. Am Ende beteiligten sich mehrere Hunderttausend Arbeiter. Vgl. Miller, Burgfrieden, S. 373-381; Ullrich, Die nervöse Großmacht, S. 530-536; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd 5, S. 432-449; Ritter, Staatskunst, Bd 4, S. 151 -162.
Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918,1, 1, S.
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Mittwoch, den 30. Januar 1918
Vorgestern eingetroffener Brief Ib. teilt mit, daß Aufklärungsstreitkräfte der Ostsee aufgelöst sind. So war es doch in gewisser Hinsicht gut für mich, daß ich abgelöst wurde, v. Ußlar sitzt nun auf dem Propfen Schmidt hat I. Geschwader abgegeben, an seine SteUe ist Boedicker gekommen, für diesen Reuter, für Reuter v. Levetzow. Schlubach hat gestern gehört, daß ich Vorsitzender der Kiew Kommission werden soll. Wann diese zusammentritt, ist noch unsicher, hängt von Entwicklung der Lage in der Ukraina ab. Odessa-Kommission soll sich auf rein nautische Angelegenheiten beschränken, wird wahrscheinhch unter österreichische Führung kommen. Bestätigung der Nachricht, daß »Goeben« in Cospoh eingelaufen ist mit nur geringen Beschädigungen durch 2 Bombentreffer. 11h Besprechung mit Hauptmann Schöne und Kapitänleutnant d.R. Böhmer von der Schwarze MeersteUe Braila. Schöne stimmt mit mir darin überein, daß bis zur Klärung pohtischer Lage in Südrußland nichts zu machen ist. [...]
Donnerstag, den 31. Januar 1918 Nachrichten des Oberkommando Mackensen besagen, daß bisheriges Generalsekretariat der Rada mit Vynnycenko an der Spitze Rücktrittsgesuch eingereicht hat und neues Generalsekretariat aus linken Soziakevolutionären, ukrainischen Sozialrevolutionären und Bolschewisten bestehen wird. Umbildung anscheinend durch Wachsen der maximaHstischen Macht in Ukraina verursacht. Auch Kaledin30 soll in Rat der Donschen Kosaken-RepubHk Sozialrevolutionäre und 1 Bolschewisten aufgenommen haben. Verhältnis dieser Neubildungen zur Petersburger Regierung indes noch ungewiß. Rumänen dringen weiter in Bessarabien vor, es scheint mir immer mehr, daß wir damit einverstanden sind, ihnen Bessarabien versprochen haben und sie auf unsere Seite ziehen. Das wäre ja auch das Beste. Trockij ist wieder in Brest-Litovsk und scheint Verhandlungen weiter zu verschleppen31. [...]
Freitag, den 1. Februar 1918 Die Nachrichten über die Streikbewegungen in BerHn und anderen Teilen Deutschlands lauten doch ziemhch bedenldich, wenn sie auch im aUgemeinen nur 30
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Kosakenhauptmann, Hetmán Alexej Maximovic Kaledin, hatte in der Don-Region eine gegenrevolutionäre Regierung gebildet. Nach militärischen Niederlagen gegen die bolschewistischen Truppen beging er Mitte Februar Selbstmord. Vgl. Baumgart, Deutsche Ostpolitik, S. 70, 76, 140, 142; Schulfheß' Europäischer Geschichtskalender, 59 (1918), Bd 2, S. 417 f. Am 30.1.1918, nach der Rückkehr Trockijs, waren die Verhandlungen in Brest-Litovsk wiederaufgenommen worden. Vgl. das Sitzungsprotokoll vom 30.1.1918 in: Der Friede von Brest-Litowsk, Der
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Teüstreiks sprechen und mehr eine Kraftprobe als wirkliche Tat bedeuten dürften. Die Bethmann-Valentini-MüUer Saat geht jetzt auf. Man kann es dem seit 4 Jahren und noch länger unter der Parole »sie volo sie jubeo« geradezu erbärmkeh geführten Volke kaum noch verargen, daß es jetzt sein Schicksal immer entschiedener in die eigenen Flände nimmt. Hoffentkch sind die Massen verständig genug einzusehen, daß ein G eneráis treik jetzt ihre Verelendung bedeutet, wir kommen aber trotzdem wieder einen ganz gewaltigen Schritt nach knks, denn die Regierung wird ja wiederum nachgeben müssen. Abendnachrichten deuten an, daß Rumänen in Bessarabien weitere Fortschritte machen, auch in Ukraina scheint der Bolschewismus nicht mehr vorwärts zu kommen. In Brest-Litovsk ist Trockij mit Vertretern des Char'kover Arbeiter- und Soldatenrates erschienen und hat gesagt, Abgeordnete der Rada seien nicht als Vertreter des Volkswülens der Ukraina anzusehen32. Hauptverhandlungen sind bis zum Eintreffen der Vertreter der Ukraina verschoben. General v. Hranüovic hat Befehl erhalten, sich im Hauptquartier in Baden zu melden und reist heute abend ab. [...]
von
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Sonnabend, den 2. Februar 1918
Zeitungen bringen Nachrichten über die Streiks, die offenbar im Abflauen sind. Forderungen der Vertreter der Arbeiter waren sehr weitgehend: Sofortiger Friedensschluß aufgrund bolschewistischer Forderungen, Beteikgung von Arbeiterdelegierten bei den Friedensverhandlungen, allgemeines Wahkecht und Frauenwahlrecht, Aufhebung der Zensur, der Miktäraufsicht in den Fabrikbetrieben usw. Delegationen sind vom Minister des Innern nicht empfangen worden, er hat betont, er werde nur Abgeordnete empfangen. Nachrichten aus Rußland besagen,
daß Kiev in Hand der Bolschewisten sei33. In Moldau scheinen Rumänen weitere Fortschritte zu machen. Hoffentkch gekngt es ihnen und der Ukraina, wenigstens im südkchen Rußland Ordnung zu schaffen. [...] —
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Am 30.1.1918 waren die Verhandlungen in Brest-Litovsk wieder aufgenommen worden. Trockij stellte dabei drei Mitgkeder der ukrainischen Sovjets als legitime Vertreter der Ukraine und Angehörige der russischen Verhandlungsdelegation vor. Am 1.2.1918 lehnte der österreichische Außenminister Czernin namens der Mittelmächte diese als Vertreter der Ukraine ab und erkannte zugleich die »Ukrainische Volksrepubkk« als unabhängigen, freien, souveränen Staat an. Vgl. die Sitzungsprotokolle in: Der Friede von Brest-Litowsk, Nr. 267, 275. Am 1.2.1918 hatte Trockij gegenüber Staatssekretär Kühlmann »triumphierend« verkündet, der größte Teil der Garnison von Kiev sei zu den Bolschewiki übergetreten und die »Existenz der Rada-Regierung [würde] nur mehr nach Stunden zu bemessen sein.« Vgl. Kühlmann an Hertling, 1.2.1918, in: Der Friede von Brest-Litowsk, Nr. 272.
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Sonntag, den 3. Februar 1918 Telegramm vom Admiralstab, demzufolge Absicht besteht, nach Kiev Kommission zu senden, die entsprechend Mirbach-Kommission vorwiegend wirtschafthche und verwaltungstechnische Fragen regeln soU. Auf besonderen Wunsch O.H.L. bin ich als Chef der Kommission vorgesehen. Türkei soll in diesem Fall Vorsitz Wako Schwarzes Meer erhalten, deutsche MitgHeder sollen Ackermann und Wickmann sein, ich soU Seeoffizier als Adjutant vorschlagen. Schlage Wickmann vor, der als Nationalökonom und seiner Sprachkenntnisse wegen besonders geeignet sei. Interessanter Bericht von Firle über Petersburg und Lage in Rußland, der zeigt, welch furchtbares Wirrwarr dort herrscht34. Abends nach dem Essen Bridge —
mit Arif Pascha, Schlubach und Wickmann.
Montag, den 4. Februar 1918 [...] Letzte Nachrichten besagen, daß Vertreter der Ukraina-Rada in Brest-Litovsk die Ukraina als selbständigen, von niemand abhängigen Staat erklärt und den Char'kover Ukraina-Vertretern bei Trockij jedes Recht abgesprochen haben, sich als Repräsentanten der Ukraina zu bezeichnen. Das gibt meiner Ansicht Hoffnung auf baldiges Zustandekommen eines Friedens mit der Ukraina, dem sich dann Rumänien anschließen müßte. Ich würde jedenfaUs ganz bewußt in dieser Richtung arbeiten. Donnerstag, den 7. Februar 1918 Neueste Nachrichten besagen, daß Ukraina-Rada an Einfluß gewinnt, Bolschewisten mehrfach Niederlage erhtten haben und Frieden mit Ukraina wieder in näherem Bereich der Möghchkeit steht. Zeitung deutet auch an, daß Rumänien Anschluß an Mittelmächte suchen wird. HoffentHch kommt es dazu. Das ist, wie ich schon stets betont, einzige Möghchkeit der Lösung im Osten. Entente-Kriegsrat in Paris hat erklärt, Krieg bis zum endgültigen Siege und Niederwerfung der verbrecherischen Macht, die die Zivihsation der Welt bedrohe, fortzusetzen35. Die
Nicht ermittelt. Kapitänleutnant Firle war seit Ende Dezember 1917 Mitglied der von Konteradmiral Walther Freiherr v. Keyserlingk geleiteten Marinekommission in Petersburg. Zu Firles Eindrücken in Petersburg vgl. dessen Tagebuchaufzeichnungen vom Dezember 1917/Januar 1918 in: BA-MA, Nachlaß Firle, N 155/21. Im übrigen vgl. Baumgart, Deutsche Ostpolitik, S. 30, 63-64, 66 sowie Baumgart, Die militärpolitischen Berichte, S. 87-104. Vom 30.1. bis 2.2.1918 hatte in Versailles der oberste Kriegsrat der Alliierten getagt. Dabei wurde zum einen beschlossen, die gegenseitige Zusammenarbeit auf politischem und militärischem Gebiet zu verbessern. Zum anderen bekräftigten die Alliierten ihre Bereitschaft, bis zum Sieg zu kämpfen. Vgl. Deutscher (ieschichtskalender, 1918, I, 1, S. 303 f.; Schulfheß' Europäischer Ge-
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Streiks, die uns leider sehr geschadet, sind glückkcherweise jetzt beendet. Hoffentkch öffnen die Erklärungen aus Paris auch unsern wildesten Soziaksten die Augen. [...]
Freitag, den 8. Februar 1918 Keine besonderen Nachrichten. Lage in Rußland nach wie vor ungeklärt. Bolschewisten lügen weiter angebkche Siege vor. Indes scheinen Polen, Ukraina und Rumänen Fortschritte zu machen. Streiks in Berkn beendet. Abgeordneter Dittmann der U.S.P. zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt36. Arif Pascha und Nedjib Bey sind zurückgerufen, da keine Aussicht auf baldige Tätigkeit der Kommission vor-
liege. [...]
Sonnabend, den 9. Februar 1918
Vormittags
Nachrichten besagen nichts Besonderes. Macht der Bolschewisten scheint weiter im Schwinden. Gegen Mittag taucht Gerücht auf, Friede zwischen Mittelmächten und der Ukraina sei geschlossen37 und Bratianu habe demissioniert38. Nachricht wird mir um 5h N durch Kapitän z.S. Bene bestätigt. Sehr bedeutsames Ereignis, das ich schon lange erhofft und erwünscht hatte. So kommen wir zum Einverständnis mit dem gesamten südkchen Rußland, gewinnen Rumänien für uns, indem wir ihm Bessarabien geben und haben im Norden Herrn Lenin, Trockij und seinen andern Spießgeseken gegenüber freie Hand. Dort wird wohl auch bald der Umschwung eintreten und damit Rußland endkch zur Ruhe und in unsere wirtschaftliche Machtsphäre gelangen. [...]
Schichtskalender,
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0918;.
Bd 2. S. 244 f.; Turner. British Polines. S.
Myriad Faces of War, S. 545-553.
271-278; Wilson. The
Am 4.2.1918 war Wilhelm Dittmann von einem außerordentkehen Kriegsgericht in Berkn wegen versuchten Landesverrats zu fünf Jahren Festungshaft und wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Vgl. Der große Krieg, 1918, S. 8474. Am 9.2.1918 wurde der Friedensvertrag zwischen den Mittelmächten und der Ukraine unterschrieben. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 13, S. 352 f.; Fischer, Griff nach der Weltmacht, S. 440; Kielmansegg, Deutschland und der Erste Weltkrieg, S. 596 f.; Borowski,; Milow, Die ukrainische Frage, S. 91-115; Deutsche Ukrainepohtik, S. 49-63; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd 5, S. 458; Deutscher Geschichtskalender, Die Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk, S. 111-126 (Text), sowie 126-132, zu den Reaktionen in der Presse. Siehe oben S. 1066.
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Sonntag, den 10. Februar 1918 Zeitungen bestätigen den Friedensschluß und die Demission Bratianus, ohne weitere Einzelheiten zu bringen. Nachrichten über die Lage in der Ukraina noch unsicher. Bolschewisten behaupten, Kiev in ihrer Gewalt zu haben39, Polen haben Smolensk und Vitebsk genommen40, in Finnland scheint die weiße Garde die rote immer weiter zurückzudrängen41. Ich bin der festen Überzeugung, daß Bolschewisten in kurzer Zeit im südlichen und westlichen Rußland unterliegen werden. Wickmann hat einen Brief von Bührmann erhalten, demzufolge Verhandlungen
mit Ukraina nicht in Kiev, sondern in Brest-Litovsk stattfinden soUen, also aus meinem Vorsitz einer Kiever Kommission nichts werden wird. Meiner Ansicht gewinnt dann aber die Odessa-Kommission wieder an Bedeutung, ich schreibe in diesem Sinne an Bührmann und bitte ihn, dafür zu wirken sowie nach Möghchkeit seine erneute Kommandierung zur Odessa Wako zu betreiben. [...] Nachmittags Ausarbeitung des XXIII. Reservekorps (General v. Käthen) über die Eroberung der Baltischen Inseln gelesen. [...]
Montag, den 11. Februar 1918 daß Trockij aus Brest-Litovsk abgereist ist, nachdem er erklärt hat, Rußland betrachte sich als nicht mehr im Kriegszustande mit den Mittelmächten befindhch, verzichte aber einstweilen auf die Unterzeichnung eines förmlichen Friedensvertrages42. Die Armee werde völhg demobilisiert, Vereinbarungen über Wiederaufnahme politischer und wirtschaftlicher Beziehungen sollten zwischen den einzelnen Regierungen und den bereits bestehenden Kommissionen getroffen werden. Also Rußland macht auch Frieden und gibt in der kurländischen, litauischen und polnischen Frage zwar nicht wörtlich aber tatsächlich nach. Die Art Trockijs ist sehr gerissen. Sie nimmt uns die Möghchkeit eines weiteren Vorgehens in von uns noch nicht besetzte russische Gebiete, z.B. Livland, Estland, vorläufig wenigstens. Es besteht indes die Aussicht, daß sich weitere selbstständige Staaten
Nachricht,
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Die ukrainische Hauptstadt Kiev, die ab dem 29.1.1918 Ziel bolschewistischer Angriffe war, wurde nach schwerer Beschießung schließlich am 11.2.1918 erobert, auch wenn in einzelnen Stadtteilen die Kämpfe weitergingen. Vgl. Borowski, Deutsche Ukrainepolitik, S. 56; Deutscher Geschichtskalender, 1918, I, 1, S. 370; Schultheß' Europäischer Geschichtskalender, 59 (1918), Bd 2, S. 485 f. Zu den Kämpfen zwischen der polnischen Legion und bolschewistischen Truppen vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918,1, 1, S. 377, 380. Die bolschewistische Regierung hatte die Unabhängigkeit Finnlands Anfang Januar 1918 zwar anerkannt, unterstützte in der Folgezeit aber Umsturzversuche Roter Garden. Zu den Kämpfen vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918,1, 1, S. 178-181, 374. Am 10.2.1918 hatte sich Trockij, der von dem deutsch-ukrainischen Frieden überrascht worden war, geweigert, mit den Mittelmächten weiter zu verhandeln und war aus Brest-Litovsk abgereist. Vgl. das Protokoll der Sitzung in: Der Friede von Brest-Litowsk, Nr. 301; Baumgart, Deutsche Ostpolitik, S. 22 f.; Deutscher Geschichtskalender, Die Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk, S. 136 f., 138-142 zu den Reaktionen in der Presse.
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denen wir dann Sonderverträge schüeßen können, die sie zum mindewirtschaftlich an uns angkedern. Hoffentkch kommt es so mit Livland und Estland, so daß wir unsere Machtsphäre bis zum Peipussee vorschieben. Ich bin sehr gespannt, welchen Eindruck das Ereignis auf die Entente ausüben wird. Rumänien muß nun wohl auch bald folgen, die Tatsache, daß Amerika und Frankreich ihm den weiteren Kredit verweigern, spricht dafür. Hoffentkch beginnt nun auch für mich wieder eine Tätigkeit. Wenn Rumänien Frieden macht und die Donaumündungen bekommt, wkd die Frage der Donauschiffahrt sofort dringkch und unsere Kommission hätte wieder Arbeit. Die Nachrichten vom Oberkommando Mackensen besagen, daß SteUung der Bolschewisten, besonders die Lenins und Trockijs, stark erschüttert ist, daß man in Petersburg den Einmarsch der Deutschen ersehnt. Die Rumänen stehen bereits vor Wükow, das die Russen scheinbar schon räumen, die weiße Garde in Finnland hat weitere Erfolge. Das faule, feige Schweden lehnt einstweilen die Unterstützung der Finnen ab, es steht zu sehr unter dem Druck seiner Soziahsten43. [...]
büden, mit sten
Dienstag, den 12. Februar 1918 Zeitungen bringen Wortlaut des Friedensvertrags zwischen Vierbund und Ukraina. Besonders wichtig darin ist Festlegung der Grenzen, die sich im wesentlichen an die frühere österreichische Grenze anschkeßt (Artikel II), die unverzügkche Räumung des Gebietes und Ratifikation des Friedensvertrags (III), Verzicht auf Kriegskosten und Entschädigung (V), Regelung der künftigen wirtschaftlichen Beziehungen (VII), wonach der gegenseitige Warenverkehr zunächst durch ein zeitweikges, vom 1.VII.19 an kündbares Übereinkommen geregelt wird. Sonst weiter keine Nachrichten von Bedeutung. Ernennung Averescus zum rumänischen Ministerpräsidenten wird bestätigt. S.M. hat in Homburg gelegentlich eines ihm von den Vertretern der Stadt zu dem Friedensschluß ausgesprochenen Glückwunsches eine Rede gehalten, die wieder von »Gottes Hufe« usw. trieft44. Der Reichskanzler soUte sich so was doch endkch verbitten, es schadet uns enorm. [...]
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Am 20.2.1918 forderte der finnische Gesandte in Stockholm die schwedische Regierung offiziell zur Intervention auf, was diese jedoch ablehnte. Wohl aber war sie zur Vermitdung bereit. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918,1, 1, S. 389 f.; Der große Krieg, 1918, S. 8578. Am 10.2.1918 hatte Wilhelm II. nach einem »etwas magere[n] Huldigungszug von Bürgern Homburgs« im dortigen Schloßhof eine Rede gehalten, in der er u.a. sagte: »Wir Deutsche, die wir noch Ideale haben, sollen für die Herbeiführung besserer Zeiten wirken; wir sollen kämpfen für Recht, Treue und Sittkchkeit. Unser Herrgott will den Frieden haben, aber einen solchen, in dem die Welt sich anstrengt, das Rechte und das Gute zu tun. Wir soUen der Welt den Frieden bringen, wir werden es tun auf jede Art. [...] Dann wird der Friede kommen. Ein Friede, wie er notwendig ist für eine starke Zukunft des Deutschen Reiches, und der den Gang der Weltgeschichte beeinflussen wird.« Zit. nach: Reden des Kaisers, S. 129; vgl. auch MüUer, Regierte der Kaiser?, S. 351 (Eintragung vom
10.2.1918).
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Lage in der Ukraina noch ungeklärt. In Polen soll Einfluß der Entente im Wachsen sein. Rumänen stehen noch vor Wilkow. Oberst Hentsch, Chef des Stabes beim Mihtärgouverneur und Chef des Wirtschaftsstabes, an Folge einer Gallensteinoperation gestorben. Großer, schwer zu ersetzender Verlust gerade in der jetzigen
Lage. [...]
Donnerstag, den 14. Februar 1918
Zeitungen bringen englische und französische Stimmen über Friedensschluß mit Ukraina und Lage Rumäniens. Namenthch französische Presse recht pessimistisch. Bene erzählt mir, daß rumänische Unterhändler hier eingetroffen seien, die mit
Horstmann und Richthofen verhandelten45. General Averescu habe dem Feldmarschall sagen lassen, sein Kabinett werde Frieden machen, er bitte ihn als Kameraden, nicht zu sehr zu drängen. Mackensen hat ihm antworten lassen, das werde er nicht, hoffe aber auch, daß Averescu keine Verschleppungspohtik nach Brest-Litovsker Art führen werde. Fernschreiben von Admiralstab, daß ich aufgrund der veränderten Sachlage Vorsitz der Wako Schwarzes Meer vorläufig behalten soll. Nach dem Essen im Naturhistorischen Museum. Nachher General Hell gesprochen, der mir sagt, daß rumänische Kommission, an deren Spitze ein Minister gestanden, abgereist sei, daß Friedensverhandlungen am 22. des Monats in einem Ort in der Nähe von Bukarest beginnen sollen und daß sie zweifellos zum Abschluß des Friedens führen werden. Hell hofft auch, daß wir bald energisch gegen die Bolschewisten auftreten werden. Am Abend Nachricht, daß Henderson am 8. eine Rede für den demokratischen Frieden gehalten und Lloyd George mit seinem Sturz gedroht hat46. In Frankreich schwenken die bisher regierungs freundlich en Sozialisten immer mehr ins feindliche Lager über47. [...]
Hell,
Die eigentlichen Verhandlungen begannen nach mehreren Vorgesprächen und einem Ultimatum der Mittelmächte an Rumänien, in der Dobrudschafrage nachzugeben, sowie der Verlängerung des Waffenstillstands und der Unterzeichnung eines Präliminarfriedens am 6.3.1918. Vgl. Bornemann, Der Friede von Bukarest, S. 32-52, 87-109 (zur Dobrudschafrage) sowie passim; Fischer, Griff nach der Weltmacht, S. 454-464; Ritter, Staatskunst, Bd 4, S. 215-235; Der Weltkrieg, Bd 13, S. 357-360; Ludendorff, Meine Kriegserinnerungen, S. 453-459; Österreich-Ungarns letzter Krieg, Bd 7, S. 15-17. Einem Bericht der »Norddeutschen Allgemeinen Zeitung« vom 14.2.1918 zufolge hatte der führende Labour-Abgeordnete und Minister, Arthur Henderson, am 8.2.1918 in einer Wahlversammlung in Southwick u.a. erklärt: »Das britische Volk ist bereit, bis zum äußersten zu kämpfen, um Europa zu erlösen. Wir wollen den Militarismus allerwärts vernichten. Anderseits ist meiner Überzeugung nach die Mehrheit des britischen Volkes nicht bereit, für andre Ziele zu kämpfen, am allerwenigsten für irgend etwas, was in der Natur imperialistischer Absichten liegt. Meines Erachtens ist der Krieg dadurch verlängert worden, daß die Alliierten im Verdacht standen, imperialistische Ziele zu verfolgen. Ich fürchte, daß er durch unsere Methode hinausgezogen wird. Ich meine damit, daß, wenn die militärische Lage für uns günstig ist, unsere Forderungen hinaufgehen und bei ungünstiger militärischer Lage entsprechend geändert werden. Aber das ist nicht die
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Freitag, den 15. Februar 1918 Wetterumschlag. Schneetreiben, das nach der Trockenheit und Sonder letzten 6 Wochen sehr erwünscht kommt. Zeitung bringt Reden von Lloyd George48 und Orlando49, die die Reden Czernins50 und Hertlings51 nach wie vor als indiskutabel ablehnen und die alten Phrasen wiederholen. Im Gegensatz dazu betont Wilson in seiner Botschaft an den Kongreß den versöhnkchen Ton der Rede Czernins, kritisiert an Hertlings Rede ihre Unbestimmtheit, bringt zum Ausdruck, daß Hoffnung auf allgemeine Vernunft und Weltfrieden nicht mehr von der Hand zu weisen sei. Wenn er auch nach wie vor für uns unmögkche Friedensziele aufstellt, so hegt in der Botschaft doch ein weiteres Entgegenkommen vor allem ein Abschwenken von Lloyd George, Doumains, Clemenceau usw. Wüson wird doch noch einmal der Friedensengel des demokratischen Weltfriedens, der pax Americana. [...] Abendnachrichten besagen Erschütterung der SteUung Lloyd Georges. Im Unterhaus interpelkert von Asquith, hat er unter Fhnweis auf Notwendigkeit der Geheimhaltung es abgewiesen, etwas über das Ergebnis des Versaüler Kriegsrats zu sagen. Man ist in England sehr aufgebracht über die Tatsache, daß General Foch den Gesamtoberbefehl erhalten hat52. Lloyd George hat sehr In der Nacht ne
zu verfügen. Wir rufen daher der Regierung zu, daß sie Gefahr läuft, sich durch eine Gleitskala der Poktik dem neuen demokratischen Geist, der in allen Ländern wächst, zu entfremden. Die britische Demokratie hat die Pflicht, jedes Hindernis aus dem Gebäude des Weltfriedens zu entfernen, selbst wenn dieses Hindernis die gegenwärtige Regierung ist.« Nach Turner, British Poktics, S. 255 f., bedeutete Hendersons Kritik jedoch nicht, daß der Lloyd George habe stürzen wollen. Sollte der Krieg andauern, befürwortete er dessen Verbleiben im Amt. Am 10.2.1918 hatte der Verband der soziakstischen Vereine von Paris seine Vertreter für die bevorstehende Tagung des Nationalrats gewählt. Dabei wurde u.a. eine Resolution beschlossen, in der ein baldiger Friedensschluß auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts der Völker, die Ablehnung der Kriegskredite und die Lösung der elsaß-lothringischen Frage durch ein Referendum gefordert wurde. Vgl. Deutscher G eschichtskalender, 1918,1, 1, S. 312 f. Am 12.2.1918 war das engksche Parlament mit einer Thronrede König Georgs V. wiedereröffnet worden. Im Anschluß daran erläuterte Premierminister Lloyd George ausführiich die Politik seiner Regierung und verteidigte sie gegen die Kritik der Liberalen um seinen Vorgänger im Amt, Asquith. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918, I, 1, S. 317-323. In seiner Rede betonte er u.a.: »Ich bedauere dies auf das tiefste, aber es hat keinen Zweck, nach Frieden zu rufen, wenn keiner gefunden werden kann.« (Ebd., S. 319.) Am 12.2.1918 hatte der itakenische Ministerpräsident Orlando vor der Deputiertenkammer unter Hinweis auf die Verhandlungen in Brest-Litovsk jeden Gedanken an einen Sonderfrieden zurückgewiesen. Ebd., S. 349-353. Am 24.1.1918 hatte der österreichische Außenminister Czernin im Ausschuß für Äußeres der österreichischen Delegation über den Gang der Verhandlungen in Brest-Litovsk berichtet und dabei u.a. einen Frieden »ohne Kompensationen und Annexionen« als Ziel der Regierung bezeichnet. Zugleich nahm er ausführiich zu den »14 Punkten« Wilsons Stellung. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, Die Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk, S. 71-81. Siehe oben S. 1066. Auf der Konferenz der Alliierten in Paris war u.a. beschlossen worden, dem französischen General Foch die miktärischen Reserven zu unterstellen. Vgl. Turner, British Poktics, S. 272. Diese wie auch weitere Entscheidungen der alliierten Konferenz hatten in England erhebkche Kritik her-
Art, über Menschenleben
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vorgerufen.
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werde bald im Unterhaus die Vertrauensfrage stellen. Die Liberalen und die Arbeiterpartei arbeiten mit aller Macht gegen ihn und auf den Frieden. ErnährungsSchwierigkeiten und Arbeiterunruhen scheinen in starkem Wachsen.
erregt geantwortet und erklärt,
er
Sonnabend, den
16. Februar 1918
In Frankreich Bolo zum Tode verurteilt53. Man scheint sich dort allmählich auf die Pfade der großen Revolution zu begeben. Unsere Presse läßt durchblicken, daß wir der Ukraina zur Wiederherstellung der Handelsbeziehungen und der für sie erforderlichen Ordnung nicht nur mit technischen, sondern auch mit mihtärischen Mitteln Beistand54 gewähren. [...] Nachrichten vom Oberkommando Mackensen nichts Besonderes. Lage in Ukraina noch unsicher, ebenso in Finnland. In Livland und Estland bolschewistischer Terror. Rumänen greifen Wilkow an, das sie gestern beschossen haben. [...]
Sonntag, den 17. Februar 1918 [...]55 Keine besonderen Nachrichten. Rumänen haben gestern Wilkow besetzt. Wir haben erklärt, daß der mit Großrußland geschlossene Waffenstillstand am 18. des Monats 12 h mittags abläuft56. Das läßt wohl erwarten, daß wir morgen mit dem Vormarsch an der ganzen Front beginnen, um die Ukraina, Livland, Estland und Finnland die Hilfe zu bringen57. [...]
Montag, den 18. Februar 1918 [...] Nachricht, daß Chef des Stabes von Haig, General Robertson, seinen Abschied
erhalten hat58. Zustände in
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England
werden dauernd
verworrener.
Die
Stellung
Am 4.2.1918 hatte vor einem Kriegsgericht der Prozeß gegen Bolo Pascha und zwei weitere Angeklagte wegen Hochverrats begonnen; am 14.2.1918 wurde dieser zum Tode verurteilt. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918,1, 1, S. 304, 309. Folgt in der Vorlage »zu«.
Folgen private Aufzeichnungen.
Am 16.2.1918 erklärte die Reichsleitung, daß sie infolge der russischen Weigerung weiterzuverhandeln, den Waffenstillstand als gekündigt ansehe und nach Ablauf der im Waffenstillstandsvertrag vorgesehen Frist von sieben Tagen sich »freie Hand nach jeder Richtung vorbehalten« werde. Text der Erklärung in: Der Friede von Brest-Litowsk, Nr. 316. Zur Unterstützung der baltischen Staaten und Finnlands durch deutsche Truppen vgl. Der Weltkrieg, Bd 13, S. 368-373. Am 16.2.1918 war der bisherige Chef des englischen Generalstabs, Generalfeldmarschall Robertson, auf Druck Lloyd Georges von seinem Amt zurückgetreten und durch General Wilson ersetzt
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Lloyd Georges ist stark erschüttert. Heute um 12 h mittags ist Waffenstillstand mit Großrußland abgelaufen. Hoffentkch marschieren wir sofort los. Dienstag, den 19. Februar 1918 Bene erzählt, daß Averescu hier gewesen ist und mit General HeU und anderen verhandelt hat59. Über das Ergebnis weiß er noch nichts. Nachricht, daß unsere Truppen den Vormarsch auf Dünaburg und Kowel begonnen und beide Plätze ohne nennenswerten Widerstand besetzt haben6". Dünabrücken haben Russen nicht mehr sprengen können. Es handelt sich im Norden offenbar um Besetzung von Livland und Estland, im Südosten um Unterstützung der von den Bolschewisten bedrängten Ukraina61. General Alekseev soU Voronez genommen haben und weiter auf Char'kov marschieren. Er soll die Wiederherstellung der Monarchie beabsichtigen. Kapitän Stratelov erzählt am Abend, der Friede mit Rumänien sei noch unsicher. Er habe gehört, daß Averescu auf die Dobrudscha nicht verzichten woUe, diese vielmehr als Lunge Rumäniens bezeichnet hätte. [...]
Mittwoch, den 20.
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Bukarester »Tageblatt« bringt an hervorragender Stehe Nachricht, daß Rumänien den Wunsch geäußert habe, mit den Zentralmächten in Friedensverhandlungen einzutreten, die am 22. beginnen werden. Die Aussichten eines baldigen Friedens seien indes gering, da die rumänische Regierung in ihrer Friedensbereitschaft voraussichtkch nicht genügend entgegenkommend sein werde, unannehmbare Forderungen stellen und bei Ablehnung dieser zur Fortsetzung des Krieges entschlossen sein werde. Also Stratelov hat Recht gehabt. Ich glaube, es kommt doch zum Frieden, sie werden wohl aufgeben müssen. In England nimmt Kampf gegen Lloyd George schärfere Formen an. Oberst Repington62 wegen Hochverrats verhaftet,
worden.
Vgl. Turner, British Poktics, S. 271-278; Deutscher Geschichtskalender, 1918, I, 1, S. 332-337. Am 18.2.1918 waren der neue rumänische Ministerpräsident, General Averescu, und Generalfeldmarschall Mackensen in Búftea zusammengetroffen, um über die Dobrudschafrage zu verhandeln. Vgl. Bornemann, Der Friede von Bukarest, S. 37 f. Am 19.2.1918 hatten deutsche Truppen mit dem Vormarsch in Rußland begonnen. Vgl. Der Weltkrieg, Bd 13, S. 362-370. Parallel zu dem Einmarsch in Rußland rückten deutsche Truppen zur Unterstützung der Kiever Rada gegen die Bolschewisten auch in der Ukraine vor. Ebd., S. 374-387. Der Oberst a.D. und Herausgeber der »Morning Post«, Repington, hatte in einem Artikel kritisch über Lloyd Georges RoUe auf der Versailler Konferenz der Alkierten berichtet. Am 21.2.1918 wurde er dafür zu £ 100 Geldstrafe verurteilt. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918, I, 1, S. 345 f.
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Northcliffe63 Propagandaminister. Lloyd George scheint sich also nochmals durchzusetzen. Nachricht, daß bolschewistische Regierung durch Funkspruch sich bereit erklärt hat, Frieden mit Zentralmächten unter den in Brest-Litovsk von uns gestellten Bedingungen zu unterzeichnen, wird bestätigt64. Hoffenthch stellen wir nun die Forderung, daß Großrußland sofort seine Truppen, d.h. die roten Garden, aus Estland, Livland, Finnland, Litauen, Polen und der Ukraina zurückzieht und deren Unabhängigkeit aufgrund der von den bisherigen Volksvertretungen gefaßten Beschlüsse anerkennt. Österreich beteiligt sich an der Fortführung des Krieges gegen Großrußland einstweilen nicht, rückt aber wohl auch in der Ukraina zu deren Unterstützung vor65. Nachricht, daß unsere ganze Front von Riga bis Luck im Vormarsch ist, daß wir 2500 Mann und mehrere Hunderte von Geschützen genommen haben.
Donnerstag, den 21. Februar 1918 Krise in England scheint sich zu Gunsten Lloyd Georges beghchen [zu] haben. Es geht aber sicherlich bald wieder los. »Chicago Tribune« bringt Nachricht, daß sich Oberst House sehr pessimistisch über die Aussichten der Entente geäußert hat66. Wie »Times« meldet, hat General Averescu den Ententemächten mitteilen lassen, Rumänien sehe sich außerstande, seinen früheren, den Ententemächten gegenüber übernommenen Verpflichtungen noch nachzukommen. Nachricht, daß am 21. März erneute Konferenz in Versailles stattfinden soll, wo Kriegsziele der Entente neu aufgestellt, namentlich die Italiens zurückgeschraubt werden sollen. Amerika scheint also immer führender in der Entente zu werden. Ich glaube, Wilson arbeitet immer entschiedener auf allgemeinen Weltfrieden hin. In England gewinnen Sozialisten unter Elenderson immer mehr an Einfluß, in Frankreich treten die bisherigen regierungsfreundlichen sozialistischen Führer wie Thomas, Sembat vor dem radikaleren Longuet usw. allmählich ab67. [...] Abendnachrichten besagen, daß Rovno besetzt ist, in Livland unsere Truppen vor Volmar stehen. Überall kein nennenswerter Widerstand, bisher 430 Offiziere, 8500 Mann, 1350 Geschütze, 200 M.G. genommen. 63
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Der
Flerausgeber der Londoner »Times«, Lord Northcliffe, war am 18.2.1918 zum Direktor für Propaganda in feindlichen Ländern ernannt worden. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918, I,
1, S. 345. Zu diesem Funkspruch Lenins und Trockijs vom 19.2.1918 vgl. Der Friede von Brest-Iitowsk, S. 573. Nach anfänglichem Zögern beteiligten sich seit dem 28.2.1918 auch österreichisch-ungarische Truppen am Einmarsch in die Ukraine. Vgl. Österreich-Ungarns letzter Krieg, Bd 7, S. 103-148. Nach Mitteilung der »Norddeutschen Allgemeinen Zeitung« vom 21.2.1918 hatte Oberst House nach Rückkehr aus Frankreich sich privat sehr pessimistisch über die Aussichten der Entente geäußert. Anlaß für diese Einschätzung waren dem Bericht der »Chicago Daily Tribune« zufolge der mangelnde Artilleriebestand der Alliierten, die hohen englischen Verluste und die Verluste durch den U-Bootkrieg. Anlaß für dieses Urteil waren die Beratungen des Nationalrats der sozialistischen Partei Frankreichs in Paris am 17./18.2.1918. Vgl. Deutscher Geschichtskalender, 1918,1, 1, S. 313-315.
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Freitag, den 22. Februar 1918 teüt mit, daß an Stehe Kühlmanns, der verhindert durch anderweitige Geschäfte, Graf Bernstorff nach Bukarest zu Friedensverhandlungen kommt. Ententesoziaksten Konferenz in Paris hat sich sehr entschieden für Verständigungsfrieden ausgesprochen, bei dem Deutschland seine Kolonien wiedergegeben bzw. ersetzt werden soUen und die Frage Elsaß-Lothringen durch Völkerrat entschieden werden soU68. »Temps« bezeichnet Anwachsen der Friedenspartei für bedenklich. Unsere Truppen kommen im Osten überaU sehr schnell vorwärts. In Estland haben die Truppen, die den Moonsund auf dem Eise überschritten, bereits Hapsal besetzt. Das I. estnische Regiment hat sich ihnen angeschlossen. In Livland ist Volmar, in Litauen Minsk bereits besetzt, in der Ukraina ist bereits NovogradVolynkiy erreicht. Der Vormarsch erfolgt unter dauerndem Anschluß polnischer und ukrainischer Truppen, teüweise sogar mit der Bahn. Im Westen nichts Besonderes. [...]
Zeitung
Sonnabend, den 23. Februar 1918 Vormarsch im Osten geht gut weiter. Zahl der erbeuteten Geschütze und Gefangenen, worunter besonders viel Offiziere, wächst dauernd. Sonst keine besonderen Nachrichten. [...]
Sonntag, den 24. Februar 1918 Im Laufe der letzten
sind die verbündeten Mächte zu den FriedensverhandCzernin und Kühlmann gestern abend. Aussichten werden lungen eingetroffen, nicht besonders günstig beurteüt, da Averescu es bisher abgelehnt hat, in Abtretung gesamter Dobrudscha einzuwükgen. AUes andere wül er zugeben. Fortschritte im Osten sehr gut, im Westen nichts Besonderes. Hilfskreuzer »Möwe«, Kommandant Fregattenkapitän Nerger, nach 15 monatkcher Abwesenheit zurückgekehrt mit 100 Gefangenen und reicher Beute69. Glänzende Leistung, die in England großen Eindruck machen wird. [...]
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German War
Oxford 2002
Zur Hundertjahrfeier der Fkma Krupp, 1812-1912. Hrsg. 1912 (= Sonderdruck der Krupp'schen Mitteilungen)
Planning 1871 -1914,
von
Krupp AG, Essen
Personenregister Aufgrund der Häufigkeit nicht aufgenommen wurden Wilhelm II, Reichskanzler Theobald Bethmann Hollweg, Admiral Georg Alexander von Müller und Großadmiral Alfred von Tirpitz. Ebenfalls nicht aufgenommen wurden Namen von Personen, die nicht identivon
fizierbar waren, sei es, weü es sich um nicht zu ermittelnde Bekannte, Nachbarn, Freunde handelte, die Namen aufgrund von Schreib- oder Hörfehlern nicht eindeutig zuzuordnen, oder nicht mit vertretbarem Aufwand zu ermitteln waren. Angeführt werden in der Regel jeweils nur Dienstgrad und Dienststellung zur Zeit der jeweiligen Eintragung. usw.
Abdul Asis (geb. 1878), 1894-1908 Sultan von Marokko 133 Abdul Hamid (1842-1918), 1876-1909 türkischer Sultan 252 f, 747, 800 Adalbert, Prinz von Preußen (1884-1948), 3. Sohn Wilhelms II, Korvettenkapi-
125,219,279,425,525,583-588, 1023-1025,1031 Adamovic, rumänischer Kapitänleutnant, tän
1918 Delegierter bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Bukarest 1061 Adler, Friedrich (1879-1960), österreichischer Sozialist, Mörder von Ministerpräsident Graf Stürgkh 904 Adler, Victor (1852-1918), österreichischer
Politiker, Führer der sozialistischen
Kapitänleutnant, September 1914-Januar 1917 Chef der 1. Torpedobootshalbflottille 756
Albrecht, Herzog von Württemberg (1865-1939), Generalfeldmarschall, Oberbefehlshaber der 4. Armee, später einer Heeresgruppe 308, 416, 1015 Aleksandrovic, Aleksej (1850-1908), russischer Großfürst, Generaladmiral, 1881 -1905 Hauptchef der Hotte und des Seewesens 122
Partei 979
Adolf, Fürst von Schaumburg-Lippe
(1859-1916), Schwager Wilhelms II.
Albert II. (1828-1902), 1873-1902 König von Sachsen 242 Alberts, Hermann (1865-1946), Konteradmiral, August 1914-August 1915 2. Admiral des IV. Geschwaders 647, 662, 665, 668 f., 672 f, 675 f., 685 Albrecht, Conrad (1880-1969),
180
Ahlefeld, Hunold von (1851-1919), Vizeadmiral, 1897-1901 Oberwerftdirektor in Kiel, 1902-1905 Direktor des Technischen Departements, 1905-1907 Direktor des Werftdepartements im Reichsmarineamt, 1907-1908 Chef der Marinestation der Nordsee, 1908-1918 Vorstandsvorsitzender der AG Weser in Bremen 37 f, 126 Ahlefeld, Karl von (1883-1915), Kapitänleutnant, Juni-Oktober 1915 II. Admiralstabsoffizier auf dem Großen Kreuzer »Prinz Adalbert« 638
Alekseev, Evgenij Ivanovic (1843-1909), russischer Vizeadmiral, 1903-1905 Vizekönig des Fernen Ostens 82, 107, 109, 132 Alekseev, Michail Vasil'evic (1857-1918), russischer General, 1915-1917 Generalstabschef, März-Mai 1917 Oberbefehlshaber des Heeres, 1918 Begründer und Organisator der im Kuban'-Gebiet
operierenden Freiwilligenarmee 973, 1078, 1095,
1108
f, 1119-1123, 1127,
Alexander der Große (356-323 336-323 v.Chr. König von Makedonien 133
1133
v.Chr.),
1192
Personenregister
Alexander I. (1893-1920), 1917-1920 König von Griechenland 350, 992 Alexander III. (1845-1894), 1881 -1894 Zar von Rußland 1100 Alexandra Fjodorovna (Ahce, Alix) (1872-1918), 1894-1917 Zarin von Rußland 132,490,747 Alten, Carl von (1852-1937), Generalleutnant, 1917 Gouverneur von Riga 936, 976, 987 f, 1003-1005, 1011
AMater, Vasilij Michajlovic (1883-1919), russischer Konteradmiral, Teilnehmer an den Brest-Litovsker Verhandlungen als Marinesachverständiger, ab April 1918 Mitglied des Kommissariats für Marineangelegenheiten, ab Oktober 1918 Oberbefehlshaber der russischen Seestreitkräfte 1049 f. Althaus, Ernst Freiherr von (1888-1914), Oberleutnant z.S, Wachoffizier auf dem Kleinen Kreuzer »Karlsruhe« 512
Altvater, August (1880-1930), Kapitänleutnant, März-Oktober 1915 Chef der Hilfsminendivision »Swinemünde« 613, 647, 656 f., 702, 705 Alvensleben, Gabriele von, Oberhofmeisterin der Kronprinzessin 364, 885 Ammon, Georg von (1869-1937), Konteradmiral 23,380 Andersen, Hans Niels (1852-1937), dänischer Reeder, Staatsrat und Generalkonsul, Vertrauensmann des dänischen Königs und des russischen Zaren, befreundet mit Albert Ballin 514 Ante, Adalbert (1878-1920), Korvettenkapitän, 19151. Admiralstabsoffizier auf dem Großen Kreuzer »Roon« 738, 756 Arco auf Valley, Emmerich Graf von (1852-1909), Diplomat, 1900-1906 Gesandter in Tokyo 114 Arcybasev, Michail Petrivic (1878-1927), russischer Schriftsteller 1122 Arif Pascha, Konteradmiral, türkischer Vertreter bei der Waffenstillstandskommission in Odessa 1051, 1053-1055, 1059, 1062, 1067 f, 1071 f. Arnauld de la Périère, Lothar von
(1886-1941), Kapitänleutnant, 1914-April
1915 Admiralstab, November 1915-Mai 1918 Kommandant »U 35« 456, 462, 465,
476, 486, 502, 507, 510 f, 524, 544, 549 f, 555, 558, 571, 576, 580, 592, 879, 903, 951, 962
Amhold, Eduard (1849-1915) Kommerzienrat, Wirtschaftsführer, Kunstsammler 352, 579
Asquith, Herbert H. (1852-1928), 1908-Dezember 1916 englischer
353, 426, 733, 740, 791, 845, 916, 933 f, 987, 989, 1026, 1076
Premierminister 256 258, 313, -
Aßmann, Kurt (1883-1962), Kapitänleutnant, Oktober
1914-Juni 1915 Marinekorps
Rändern, Chef der Minenkompanie
483
Auffenberg-Komarów, Moritz Freiherr
(1852-1938), k.u.k.-General, 1911-1912 österreichisch-ungarischer Kriegsminister,
1914 Kommandeur der 4. Armee 270 August Wilhelm, Prinz von Preußen (1887-1949), 4. Sohn Wilhelms II. 123 Auguste Viktoria (1858-1921), 1888-1918 deutsche Kaiserin und Königin von Preußen 58, 123, 131, 204, 209 f, 216, 219 238, 498, 510, 587, 766, 823, 879, 894, 904, 910, 922, 995 Avarna di Gualteri, Guiseppe Herzog von ,
(1843-1916), Diplomat, 1914-1915 italienischer Botschafter in Wien 541 Averescu, Alexandru (1859-1938), rumänischer General, 1916-1917 Armeeführer, Februar/März 1918 Ministerpräsident 1066, 1074 f, 1078 f, 1081 Bachern, Karl (1858-1945), Verleger und führendes Mitglied des Zentrums, 1889-1907 MdR (Zentrum) 165 Bachmann, Gustav (1860-1943), Admiral, August 1914-Februar 1915 Chef der Marinestation der Ostsee, Februar-September 1915 Chef des Admiralstabs, September 1915-Oktober 1918 Chef der Marinestation der Ostsee 5, 41, 45, 48, 56, 63, 321, 347, 400, 531, 533, 535, 556-558, 566, 571 f, 577 f, 580-586, 588-591, 593-595, 597 f, 606, 613, 629 f, 661, 666, 689 f, 695, 725 f, 751, 753, 764, 962, 1040 Bachmann, Walter (geb. 1889), Leutnant z.S.
d.R, Mai 1915-August station Libau
663, 736
1916
Seefheger-
Personenregister Back, Otto (1864-1943), Kapitän z.S, Mai
1910-September 1912 Kommandant des
Linienschiffs »Posen« 206
Baird, Georg Henry (1871-1924), britischer Marineoffizier, Captain 380 Balescu, rumänischer Admiral, 1918 Delegierter
bei der Waffenstillstandskommission
1059,1061,1063,1088-1090 Balfour, .Arthur J. (1848-1930), konservativer britischer Politiker, 1902-1905 Premierminister, 1916-1919 Außenminister 216, 621,927 Ballin, Albert (1857-1918), Hamburger Reeder, 1899-1918 Generaldirektor der HAPAG 180, 196, 205, 207, 210, 212 f, 265, 269, 289, 317, 332, 366, 375, 413, 451, 464, 490, 514, 742, 764, 788, 869
Bargeois, französischer Politiker
629
Barkhausen, Karl Georg (1848-1917), 1910-1913
Bürgermeister von Bremen
326
Bartenbach, Karl (1881 -1949), Korvetten-
kapitän, Februar 1912-August 1914 Dezernent
für U-Bootswesen im Reichsmarine-
August/September 1914 kommandiert zur U-Bootsinspektion, September-November 1914 Kommandant Torpedodivisionsamt,
boot »D 5«, November 1914-März 1915 Kommandant Spezialschiff »Vulcan« und zugleich Leiter der U-Bootausbildung, März 1915-März 1916 kommandiert zum Marinekorps Flandern, bis 1918 Chef bzw. Führer der U-Bootsflottille Flandern 579,
592, 897, 899, 901
Bassermann, Ernst (1854-1917), Rechtsanwalt, 1893-1917 MdR (Nationalliberale Partei) 139, 170, 307, 380, 552 f, 578 f,
863, 901 Bastian, Max (1883-1958), Kapitänleutnant,
April 1915-Januar 1916 Stab 2. Admiral der Auiklärungsstreitkräfte der Ostsee Juni 1916-Januar 1918 Stab Befehlshaber der Marineanlagen in Kurland, II. Admiralstabsoffizier 615, 639, 654, 702, 709, 737,
1004, 1021, 1040 Batocki-Friebe auf Bledau, Adolf Tortilowicz von (1868-1944), 1914 Oberpräsident von Ostpreußen, 1916 Vorsitzender des Kriegsernährungsamts 959 Battenberg, Prince Louis of (1854-1921), britischer Admiral, 1912-1914 Erster Sealord 131,375,487,490,497
1193
Battenberg, Viktoria (1863-1950), Ehefrau
Prince Louis of B, Schwester von Prinzessin Irene von Preußen (Ehefrau Prinz Heinrichs) und der Zarin Alexandra Feodorovna (Ehefrau Zar Nikolaus' II.) 131, 490 Baudissin, Friedrich Graf von (1852-1921), Admiral Januar 1908-September 1909 Chef des Admiralstabs, September 1909-April 1913 Chef der Marinestation der Nordsee 143, 148 f, 206, 230, 309 Bauer, Gustav (1870-1944), sozialdemokratischer Politiker und Gewerkschafter, 1912-1918 MdR (SPD), 1919-1920 Reichskanzler 85 f. Bauer, Max (1869-1929), Obersdeutnant, ab 1905 im Generalstab, 1914-1918 Mitglied der Operationsabteilung der OHL 504, 506, 508, 510 f, 925 Beatty, David Earl B. of the North Sea and of von
Brookby (1871 -1936), englischer Admiral, Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte,
1916-1919 Chef der Grand Fleet 381, 927 Bebel, August (1840-1913), Drechslermeister, 1892-1913 einer der beiden SPD-Vorsitzen-
den, 1867-1872 und 1874-1913 MdR 169
Begas, Alfred (1866-1938), Konteradmiral, Februar 1915-Januar 1916 beauftragt mit der Führung des V. Geschwaders, zugleich Seebefehlshaber vor Libaujanuar 1916-Februar 1918 Befehlshaber der Marineanlagen in Libau und Kurland 648 f, 651, 653, 704 f, 720, 725 f, 739 f, 745 f, 748, 752-754, 936, 940, 972, 975 f, 987, 1003-1006,1008,1016,1021, 1043
Behncke, Paul (1866-1937), Vizeadmiral,
Oktober 1911 -August 1914 Abteilungschef im Admiralstab, August 1914-September 1915 stellvertretender Admiralstabschef, Januar 1916-September 1918 Chef des III. Geschwaders, September 1918 Staatssekretär des Reichsmarineamts 5, 7, 69, 76, 263, 384, 391 f, 395 f, 400, 402, 404-406,
425, 486, 489, 497, 521, 527, 529, 538, 543, 546, 589 f, 633 f, 644, 661, 743-745, 765, 816 f, 824-826, 913, 1032-1034, 1037
Behring, Ehler (1865-1918), Konteradmiral z.D, August 1914-April 1915 deta-
chierter Admiral der östlichen Ostsee 62, 417, 423, 429, 502, 588, 591, 598 f., 601, 641
Personenregister
1194
Beldiman, Alexander (geb. 1845), rumänischer Politiker, 1896-1916 Gesandter in Berlin 290-292,374,571 Below, Otto von (1857-1944), General der Infanterie, 1914-1915 Oberbefehlshaber der 8.
Armee, 1916-1917 Oberbefehlshaber der
Heeresgruppe Below in Mazedonien 639, 659, 704, 725, 736 f, 739, 752, 922, 976, 987 f, 1001, 1003
Below-Saleske, Claus von (1866-1939),
Diplomat, 1908-1913 Gesandter in
Sofia 302,316,320 Benckendorff, Alexander Graf (1849 -1917),
Diplomat, 1903-1917 russischer Botschafter in London 296 f. Bene, Hans (1872-1943), Kapitän z.S, November 1916-November 1918 Admiralstabsoffizier beim AOK Mackensen, übernahm nach Hopmans Weggang aus Bukarest die dortige Vertretung der See-
kriegsleitung bei den Friedensverhandlungen 1072, 1075, 1078, 1086 Benedikt XV. (1851-1922), 1914-1922
Papst 908, 948, 1009 f, 1020 f, 1027, 1041
Bennigsen, Alexander von (1863-1945), Oberst
Bentheim,
1130 Alfons
von
(geb. 1862), Kapitän-
leutnant a.D., Oktober 1914-Dezember 1917 Führer des IX. Marine-Luftschifftrupps 697, 740 Berchthold, Leopold Graf von (1863-1942), Politiker, 1912-1915 österreichisch-ungarischer Außenminister 45, 251, 261, 386, 504, 528 Berckheim, Egewolf Freiherr von (1881-1915), Oberleutnant z.S, September 1915 Kommandant »U 26« 462, 616, 627, 646, 662 Berckheim, Siegmund Graf von (1851 -1927), Diplomat, 1903-1914 badischer Gesandter in Berlin 46 Beresford, Lord Charles William de la Poer (1846-1919), britischer Admiral, Mitglied des Unterhauses 123, 971
Bernhard, Georg (1875-1944)Journahst,
1914-1930 Chefredakteur der »Vossischen 88
Bernstein, Eduard (1850-1932), Redakteur, 1902-1905, 1912-1918 MdR (SPD) 579 BernstorffJohann Heinrich Graf von
(1862-1939), Diplomat, 1908-1917
Botschafter in Washington 302, 766, 772,
862, 883, 895, 900, 906, 908, 945,1080
Bernuth Julius von, Obersdeutnant, 1914 Kommandeur des VII. Seebataillons, dann des 1. Matrosenregiments 484 Bertram, Ferdinand (1868-1941), Kapitän z.S, Oktober 1911 -August 1914 Kommandeur der Schiffsartillerieschule, Oktober 1911-Oktober 1912 zugleich Kommandant des Großen Kreuzers »Prinz Heinrich«, zugleich November 1912-August 1914 Kommandant des Großen Kreuzers »Prinz Adalbert«, August-November 1915 Kommandant Linienschiff »Zähringen«, November 1915-Januar 1917 Vorstand Marinewerke Libau 705, 753 Beseler, Hans Hartwig von (1850-1921), Generaloberst, August 1915-November 1918
Generalgouverneur von
Warschau 457, 464, 471-476, 504, 514, 516, 587, 901, 912 f, 960
Beseler, Maximilian von (1841-1921),
1905-August 1917 preußischer Justizminister 311,380 Beveridge, Albert J. (1862-1927), US-
Senator 543, 547 Bibra, Ernst Freiherr von (1872-1918), Kapitän z.S, September 1914-Juli 1916 I. Admiralstabsoffizier bei der Marine-
division, dann beim Marinekorps in Rändern 260,463,483,523 Biedermann 388 Bienerth, Karl Graf von
(1872-1941), k.u.k.
Oberst, österreichisch-ungarischer Militärattache in Berlin, während des Krieges im Großen Hauptquartier 455, 466
Biljusov, russischer General 1109 Bismarck, Herbert Graf von (1849-1904), Diplomat, 1886-1890 Staatssekretär des Auswärtigen Amts 995 Bismarck, Otto Fürst von (1815-1898), 1862-1872, 1873-1890 preußischer
Zeitung«
Ministerpräsident, 1871-1890 Reichs-
General der Kavallerie und Militärschriftsteller 822
355, 469, 590, 789, 791, 811, 860, 955, 961 f, 978, 994 f, 999, 1028, 1100, 1129
Bernhardi, Friedrich von (1849-1930),
kanzler 21, 27, 34, 49, 156, 159, 244, 336,
Personenregister
1195
Bissing, Moritz Freiherr von (1844-1917),
Bodimer, Thorwald von (geb. 1883), Kapitänleutnant, Kommandant »U 66« 744-746,
Belgien 474,552,908 Blankenburg, Albert (geb. 1869), Kapitänleutnant d.R, Juh 1915-März 1918 Assistent des Hafenkapitäns in Libau 648 Blohm, Hermann (1848-1930), Schiffbauingenieur, Mitinhaber der Hamburger Werft
Boy-Ed, Karl (1872-1930), Kapitän z.S, bis
General der Kavallerie, November 1914-1917 Generalgouverneur von
Blohm & Voss 311 Boedicker, Friedrich (1866-1944), Vizeadmiral, September 1903-September 1907 im Admiralstab, November 1913-Juli 1914 Vorstand der Mihtärischen Abteilung, Juh 1914-August 1915 Direktor des Allgemeinen Marinedepartments im Reichsmarineamt, August 1915-September 1916 Führer der II. Aufklärungsgruppe 23, 121,
127, 364, 404, 449, 503, 528, 580, 594-596, 673, 817,912, 1068 f. Böhmer, August (geb. 1894), Kapitänleutnant d.R, Oktober 1916-November 1918 I.
Seefliegerabteilung, Seeflugstation Angern-
see,
1069
Bollad, Riccardo Graf (1848-1939), Diplo-
mat, 1913-1915 italienischer Botschafter in Berhn 540
Bonar Law, Andrew
(1858-1923), englischer
Politiker, 1911 -1923 Führer der Konservativen, 1915 Kolonialminister, 1916-1922 Schatzkanzler 622, 933 f, 965 f. Boos, Karl (1860-1919), Marineoberstabs-
ingenieur, Oktober-Dezember 1915 Verbandsingenieur im Stab des Befehlshabers der Aufklärungsstreitkräfte der Ostsee 721
Borchardt, Julian (1868-1932), Redakteur, 1911-1914 MdPrAH
(SPD)
225
Borries, Edgar von (geb. 1894), Fähnrich z.S, Dezember 1915-März 1918 diensttuender Offizier auf dem Kleinen Kreuzer »Straß-
burg«
944
Boseffi, Paolo (1838-1932), italienischer Poli-
tikerjuni 1916-Oktober 1917 Ministerpräsident 828
Boström, Ivan Feodorovic (geb. 1857), russischer Admiral, ab 1905 Kommandierender Admiral der Baltischen Hotte 144 1914 Hauptmann im Gardejägerbataillon 473
Bothmer, Graf von,
750 Dezember 1915 Marineattache in
Washington, 1915-1916 Vertreter des Admiralstabs im Großen Hauptquartier, 1916-1918 Chef der Presseabteilung des
Admiralstabs 766 f, 862, 906, 912 f. Brandt, Maximilian, Zeugfeldwebel a.D.,
Mitarbeiter der Berliner Vertretung der Friedrich Krupp AG 303,330 Branting, Hjalmar (1880-1925), schwedischer sozialistischer Politiker, Anhänger der Neutralität Schwedens, ab 1917 Finanzminister
963
Bratianu, Ion (1864-1927), rumänischer Politiker, 1909-1911, 1914-1918 Ministerpräsident 534, 885, 1066, 1072 f. Briand, Aristide (1862-1932), französischer Politiker, 1915-1917 Außenminister, Oktober 1915-März 1917 Ministerpräsident 721, 727, 739, 743, 885, 915 f, 926, 938, 948 f, 967, 996 Brockdorff Rantzau, Ulrich Graf von (1869-1928), Diplomat, 1912-1918 Gesandter in Kopenhagen 528 f., 875, 880,
921,1003,1006,1008 Brökelmann, Dedef (geb. 1876), Korvetten-
kapitänjuni 1915-November 1915 II. Admi-
ralstabsoffizier beim IV. Geschwader 727, 753 Bronsart von Schellendorf, Günther, Oberst, 1904-1905 Militärbeobachter im RussischJapanischen Krieg, 1912-1913 Militärattache in Bukarest, 1914 im türkischen Generalstab 130,285,516 Bruch, Hermann (geb. 1893), Leutnant z.S, Februar 1915-Janaur 1918 II. Seefliegerabteilung 542, 712, 748 Brück, August Freiherr von (1859-1941), Diplomat, 1906-August 1914 Generalkonsul in Warschau 403 Bruns, Wilhelm (1875-1919), 1914-1918 Dezernent für den östlichen Kriegsschauplatz in der Operationsabteilung des Admiralstabs 739, 864, 888, 890 f, 893,
895, 960
Brunswig, Hermann (geb. 1883), Kapitänleutnantjanuar 1916-September 1918
1196
Personenregister
II. Admiralstabsoffizier auf dem Linienschiff »Westfalen« 817 Brusilov, Aleksej Aleksandrovic (1853-1926),
russischer General, 1916 Oberbefehlshaber der Südwestfront, 1917 Oberbefehlshaber der Armee 819 Bryan, William J. (1860-1925), amerikanischer Politiker, 1913-1915 Außenminister 629 Buchanan, Sir George W. (1854-1924), Diplomat, 1910-1917 englischer Botschafter in St. Petersburg 381, 929 Buchholz, Hermann (geb. 1874), Korvettenkapitän, Oktober 1915-November 1918 Chef der I. Seefliegerabteilung 744, 1004, 1047 Büchsel, Ernst (geb. 1877), Korvettenkapitän, September 1914-Mai 1916 Admiralstabsoffizier und Departementchef im türkischen Marineministerium 771, 778, 800, 803 f. Büchsel, Wilhelm (1848-1920) Admiral, Oktober 1902-Januar 1908 Chef des Admiralstabs, November 1915-März 1916 Direktor des Verwaltungsdepartements im Reichsmarineamt 114, 119, 121, 125, 142 f, 149, 731 Bührmann, Robert (1879-1940), Major, 1914 im Großen Generalstab, 1918 im Generalstab des Chefs des Feldeisenbahnwesens 1049-1051,1061 f, 1073 Bülow, Bernhard Fürst von (1849-1929), 1900-1909 Reichskanzler, Dezember 1914-Mai 1915 Sonderbotschafter in Rom 57, 92, 98, 129, 133, 139, 141, 145, 249, 400, 454, 490 f, 493, 495, 526, 536, 770, 814, 890, 894, 1045 Bülow, Bernhard Wilhelm von (1885-1936), Diplomat, November 1915-November 1916 Legationssekretär an der Botschaft in
Konstantinopel 72, 782, 976, 978, 994,
1001, 1003 Bülow, Friedrich von (1870-1929), Kapitän z.S, März 1914-April 1916 Admiralstab
(Zentralabteilung), April 1916-August 1918 Vertreter des Admiralstabs im Großen Hauptquartier 158,
164, 239 f, 245, 367, 403, 528, 719, 760, 841, 859, 871 f., 874, 876, 880, 889, 892, 911, 914, 917, 922 f, 925 f, 928, 930, 933, 959 f.
Bülow, Karl von (1846-1921), Generaloberst,
September 1914 Oberbefehlshaber der 2. Armee in der Marneschlacht 433
Bürkner, Hans (1864-1943), Geheimer
Oberbaurat,
1913-1919 Abteilungschef im Konstruktionsdepartement des Reichs-
marineamts 185
Bunnemann, Wilhelm (1871-1915), Fregat-
tenkapitän, Kommandant des Großen
Kreuzers »Prinz Adalbert« 65, 674, 692, 695, 717, 720 Burian von Rajecz, Stefan Graf (1851 -1929), 1903-1912, 1916-1918 Finanzminister, 1913-1915 Minister am Ungarischen Hoflager in Wien Januar 1915-Dezember 1916 und April-Oktober 1918 k.u.kMinister des Äußeren 546, 554, 869 Burney, Sir Cecil (1858-1929), britischer Konteradmiral, Kommandeur des 5. Kreuzergeschwaders, 1913 Leiter der internationalen Flottendemonstration gegen Skutari 316 Busley, Carl (1850-1928), Vorsitzender der Schiffbautechnischen Gesellschaft und Bevollmächtigter der Danziger SchichauWerft in Berlin 237 Bussche-Haddenhausen, Hilmar Freiherr von dem (1867-1939), Diplomat, 1910-1914 Gesandter in Buenos Aires, 1914-1916 Gesandter in Bukarest, 1916-1918 Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt 295,380,1082
Caillaux Joseph (1863-1944), französischer Politiker, 1911-1912 Ministerpräsident, 1913—1914 Finanzminister 359, 629, 916,
978,1064 Calker, Fritz von (1864-1957), Professor für Straftecht in Halle, Straßburg und München,
Mitglied des Zentralvorstands der Nationalliberalen Partei, 1912-1918 MdR (Nationalhberale Partei)
777
Caknette, Gaston (1858-1914), französischer
Journalist, Direktor der Zeitung »Le Figaro« 359 Cambonjules (1845-1935), Diplomat,
1907-1914 französischer Botschafter in
Berlin 156,291
Canalejas Josef (1854-1912),
spanischer Ministerpräsident
1910-1912 258
Personenregister Canaris, Wilhelm (1887-1945), Kapitänleutnant, November 1907-Oktober 1909 Kleiner Kreuzer »Bremen«, Oktober 1915-Oktober 1916 Admiralstab
(Sonderkommando in Spanien) 902 Capelle, Eduard von (1855-1931), Admiral, Mai 1898-Januar 1904 Vorstand der Etatabteilungjanuar 1904-Oktober 1915 Vorstand des Verwaltungsdepartements im
f, 76, 159, 162, 165, 168, 172-177, 179 f, 183, 186,190 f, 194-196,198-200, 203, 206, 208, 210, 217 f, 220, 222, 224, 227, 230 f, 233-238, 263, 271, 274 f, 281 f., 294-296, 303, 306, 309 f, 319, 321, 333, 338, 346, 348, 355 f., 370, 378, 381-383, 385 f, 388, 392, 395, 399 f., 407, 411, 414-416, 421, 424-427, 432 f, 437, 439, 444, 450 f, 466, 486, 489, 493, 500 f, 505, 510, 526-529, 531, 535, 538-540, 542-544, 546, 568, 571, 595 f., 599, 697, 731 f, 744, 786-788, 798, 809, 811 f, 814 f., 817, 820-823, 830, 839, 842, 845 f, 848, 852, 854, 858 f, 861, 863, 867 f, 885, 889, 969, 980 Reichsmarineamt 7, 48, 50, 52, 58, 73
Caprivi, von (1873-1921), Major, I. Generalstabsoffizier des VII. Armeekorps, Flügeladjutant des Kaisers 518 f, 523 Caprivi, Leo Graf von (1831-1899), General, 1883 Chef der Admiralität, 1890-1894 Reichskanzler 21 Carl, Prinz von Hohenzollern (geb. 1891), Leutnants z.S, II. Torpedooffizier auf dem Kleinen Kreuzer »Emden« 128, 130 Carson, Sir Edward (1854-1935), Kronanwalt, konservativer britischer Politiker, Dezember 1916-Januar 1917 Erster Lord der Admirah tat Januar 1917-Januar 1918 Minister ohne Geschäftsbereich 622, 933, 971
Cassel, Sir Ernest (1852-1921), englischer Bankier 210,366 Cauher-Eimbcke, Franz Guido (1875-1965), Leutnant d.R. 1058
Cecihe, Herzogin zu Mecklenburg-Schwerin
(1886-1954), 1906-1918 deutsche Kronprinzessin und Kronprinzessin
Preußen 30,124,364,545,561, 585, 631, 640, 674, 697, 747, 758-760, 813 f, 817, 882, 885 f, 920, 942, 962, 1002 f, 1046
von
1197
Cerbacev, Grigorevic Dimitri (1857-1932), russischer General an der Südwestfront 1043,1051 f, 1059 f., 1062,1068 Chehus, Oskar von (1859-1923), General-
leutnant,
1914
Militärbevollmächtigter am
russischen Hof und Generaladjutant Wilhelms II. 295, 446, 578, 598, 752, 922 Christian X (1870-1947), 1912-1947 König von Dänemark 307, 585, 1041
Churchill, Winston S. (1874-1965), 1911-1915
Erster Lord der Admiralität 166,199,203, 210, 214, 217, 231, 244, 257 f, 288, 301, 303, 313, 315, 326-329, 331, 339 f, 342, 346, 353, 355, 362, 366 f., 370 f, 373, 402,457, 509, 621 f., 994 Chvostov, Aleksej Nikolaevic (1872-1918), 1915-1916 russischer Innenminister 851 Cixi (1835-1908), Kaiserinwitwe, 1861-1908 chinesische Regentin 164 Ciaer, Eberhard von (1856-1945), General der Infanterie, Kommandierender General des VII. Armeekorps, 1915 General des Ingenieur- und Pionierkorps im Großen
Hauptquartier 410,413,416 Class, Heinrich (1868-1953), Rechtsanwalt,
ab 1908 Vorsitzender des Alldeutschen Verbandes 845 Claussen, Carl (1881 -1968), Korvettenkapitän, April-August 1915 Kommandant »V 99«Juni 1916-März 1918 Chef der 6.
Torpedobootshalbflottille
643
Clemenceau, Georges (1841-1929), 1917-1920 französischer
Ministerpräsident 713, 1076, 1084 Cochenhausen, Friedrich von (1879-1946), Major, 1914 Hauptmann im Großen Generalstab, 1918 Verbindungsoffizier im Don-Gebiet 478,555
Coelerjoachim (geb. 1891), Oberleutnant
z.S, März 1915-November
1918
Seefliegerabteihing 736 f. Colin, Georg von (geb. 1861), Geheimer I.
Admiralitätsrat in der Konstruktionsabteilung des RMA 312 Coerper, Carl von (1854-1942), Admirai, Mai 1912-Juni 1914 Chef der Marinestation der Ostsee 380 Condescu, rumänischer Oberstleutnant, Delegierter bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Bukarest 1061
Personenregister
1198
Hötzendorf, Franz Graf (1852-1925), k.u.L-Feldmarschall,
Conrad von
1906-1911, 1912-März 1917 Chef des
österreichisch-ungarischen Generalstabs, bis Juli 1918 Kommandant der Heeresgruppe
Conrad an der italienisch-österreichischen Front 266, 270, 410, 431, 442, 468, 492, 502, 537, 543, 554, 822, 850, 862 Cordes, Hermann (1880-1926), Korvettenkapitän, Chef der 14. Torpedobootshalbflottille 576 f. Cossmann, Nikolaus (1869-1942), Publizist, 1904-1933 Mitbegründer und Herausgeber der »Süddeutschen Monatshefte« in München 886,890 Cradock, Sir Christopher (1862-1914), britischer Konteradmiral, Kommandeur der Nordamerikanischen Station 485 Custance, Sir Reginald (1847-1935), britischer Admiral 380 Cuverville, Comte de (f 1904), französischer Fregattenkapitän, Marinebeobachter in Port Arthur 1904 111, 114 f.
Dähnhardt, Harald (1863-1944), Vizeadmiral,
Juh 1904-März 1914 Vorstand der Etatabteilung, März 1914-Januar 1916 Direktor des Etatsdepartements im Reichsmarine-
159, 162 f, 168, 173, 175, 177, 179 f, 183 f, 186, 189-191, 194 f, 199 f, 210, 213 f., 217, 220, 222, 224, 228, 231, 250, 281 f, 294, 303 f, 306 f, 319, 321, 331, 333, 346, 352 f, 355, 378, 399, 420, 697, 731, 734 Daliwitz, Hans von (1855-1919), 1910-1914 preußischer Innenminister, 1914-1918 Statthalter von Elsaß-Lothringen 311, 960 Dalwigk zu Lichtenfels, Gottfried Freiherr von (1868-1936), Vizeadmiral, Oktober 1913-Juh 1914 im Allgemeinen Marinedepartements im Reichsmarineamt, August 1914 Kommandant des Linienschiffs »Braunschweig«, November 1914-August 1915 Kommandant des Linienschiffs »Kronprinz«, November 1915-November 1916 2. Admirai des II. Geschwaders, Dezember 1916-Mai 1917 2. Admiral des IV. Geschwaders 23, 364, 673, 759, 761, 809, 859,1040, 1048 Dambrowski, Hans von (1861 1938), Vizeadmiral, Mai 1912-Juh 1914 Inspektion amt
-
Bildungswesens der Marine (Inspekteur) 588 David, Eduard (1863-1930), Redakteur, 1903-1918 MdR (SPD) 579,847,863 des
De Savine, rumänischer Leutnant, Delegierter bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Bukarest 1061 Deimhng, Berthold von (1853-1944), General der Infanterie, 1913 Kommandierender General des XV. Armeekorps in Straßburg, 1917 z.D. gestellt 345 f. Deines, Gustav Adolf (1852-1914), Generalmajor, 1905 Abteilungschef im Generalstab 130 Delbrück, Clemens von (1856-1921), 1909-Mai 1916 Staatssekretär des Reichsamts des Innern und Stellvertreter des Reichskanzlers, 1914 Vizepräsident des preußischen Staatsministeriums, Oktober-November 1918 Chef des Kaiserhchen Zivilkabinetts 180, 349 f, 374, 505, 846
Delbrück, Ludwig (1860-1913), Bankier,
1906-1913 Mitglied des Aufsichtsrats der Fa. Krupp 190 Delcassé, Théophile (1852-1923), französischer Politiker, 1898-1905 Außenminister, 1913-1914 Botschafter in St. Petersburg, 1914-1915 Außenminister 374, 418, 579, 713, 721 Denikin, Anton Ivanovic (1872-1947), russischer General, Divisions- und Armeekommandeur, zuletzt 1917 Kommandeur der Westfront 1108 f, 1127 Dernburg, Bernhard (1865-1937), Bankier, ab 1906 Leiter der Kolonialabteilung im Auswärtigen Amt, 1907-1910 Staatssekretär des Reichskolonialamts 141,906 Deutelmoser, Erhard (1873-1956), Oberstleutnant, 1914 Pressechef im Generalstab, 1915 erster Chef der Kriegspresseabteilung der OHL, 1916-1918 Direktor der Nachrichtenabteilung des Auswärtigen
Amts, ab November
1917 Pressechef der
Reichskanzlei 953 Dick, Karl (1858-1928), Admiral, 1910-1916 Direktor des Werftdepartements im Reichsmarineamt 232, 234, 308 f, 338, 697 Diederichs, Otto von (1843-1918), Admiral,
Januar 1900-August 1902 Chef des Admiralstabs 25, 27
Personenregister Dimitrescu, rumänischer Major, Delegierter
bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Bukarest 1918 1061 f, 1066 Dirksen, Herbert von (1882-1955), Diplomat, April 1919-März 1920 diplomatischer Vertreter in Warschau 86,311 Dittfurth, von, Oberleutnant im 3. Garderegiment 1002 Dittmann, Wilhelm (1874-1954), Tischler, sozialdemokratischer Politiker und Gewerkschafter, 1912-1918 MdR
(SPD/USPD) 1034,1072
Djavid Pascha, Mehmed (1875-1926),
1909-1911, 1913-1917 türkischer Finanzminister 481 Djemal Pascha, Ahmed (1872-1922), türkischer ( )ffizier und Politiker, ab Februar 1914 Marineminister, 1914-1918 Oberbefehlshaber der türkischen 4 Armee 70 74, 773, 775 f, 778,
782-786,792-808, 812, 820,822 f, 828, 854, -
867
Dobeneck, Oberleutnant d.R. beim Marine-
korps in Flandern 484,511
Doflein, Max (geb. 1881), Kapitänleutnant,
April 1915 bis November 1918 Chef der II. Minensuchflottille 623, 654, 702, 705,
712,714,718,951,963,1022 Dohna-Schlodien, Nikolaus Graf zu (1879-1956), Kapitän z.S, 1906-1917 Pro-
fessor für Strafrecht und Rechtsphilosophie, 1915-1917 Kommandant des Hilfskreuzers
»Möwe« 783, 968,
1006, 1021, 1043
Dostoevskij, Fedor Michajlovic (1821 -1881), russischer Schriftsteller 1122
Doumergue, Gaston (1863-1937), französischer Politiker, 1913-1914 Ministerpräsident und Außenminister 372, 579
Dreger, Max (1852-1929), Ingenieur, 1895-1910 Mitglied des Direktoriums der Fa. Krupp, 1910-1913 Vertreter der Fa. Krupp in Berhn 303 Dresky, Erich von (1850-1918), Kapitän z.S. 25 Dreyer, Otto (geb. 1893), Oberleutnant z.S, I. Seefliegerabteilung, 1915 Seeflugstation Libau 658, 688
f, 694, 710, 713
Dryander, Ernst von (1843-1922), Theologe, Oberhof- und Domprediger 310, 1006 Duisberg, Carl (1861 -1935), Industrieller, ab 1900 Direktor, ab 1912 Generaldirektor der Farbenfabrik Baver in Leverkusen 515
1199
Dumas, Philipp (1868-1948), britischer
Seeoffizier (Commander), 1906-1908 Marineattache in Berhn 138 Duncker, Claus (1879-1915), Kapitänleutnant, März-Oktober 1915 Nachrichtenoffizier auf dem Großen Kreuzer »Prinz
Adalbert« 701
Ebert, Friedrich (1871-1925), sozialdemokratischer Politiker, 1912-1918 MdR (SPD), 1913-1919 Parteivorsitzender, 1918-1919 Vorsitzender des Rats der Volksbeauftragten, 1919 -1925 Reichspräsident 85, 1068,
1138,1139 Ebert, Paul (geb. 1873), Korvettenkapitän, bis
Juni 1916 Kommandant des Küstenpanzerschiffs »Beowulf« 607
Eckardt, Heinrich von (1861 -1944), Diplo-
mat, 1910-1914 Gesandter in Cetinje (Montenegro) 320 Eckelmann, Erich (1880-1929), Korvettenkapitän, 1914 Dezernent im Admiralstab, Oktober 1914-November 1916 Dezernent in der Abteilung Luftfahrwesen im Reichsmarineamt 503 Eckermann, Richard (1862-1916), Vizeadmiral, September 1914-Februar 1915 Chef des Stabes der Hochseestreitkräfte 55,228, 347,422, 490 f, 521-523, 531, 533 f, 541-555 Eduard VII. (1841 -1910), 1901-1910 König von England 97,138 f., 144,147,243 f, 529 Egan-Krieger, Edward Jenö von (1886-1965), Hauptmann i.G. 1110 Egidy, Moritz (geb. 1870), Kapitän z.S, bis 1917 Kommandant des Großen Kreuzers »Seydlitz« 817, 1048 Ehrhardt, Hermann (1881 -1971), Korvettenkapitän, 1919 -1920 Freikorpsführer 87 Eichhorn, Hermann von (1848-1918), Generalfeldmarschall, 1915 Oberbefehlshaber der 10. Armee, 1918 Befehlshaber der Heeresgruppe Eichhorn in der Ukraine und auf der Krim 1013,1107 Eichstädt, Franz (1863-1918), Marine-Oberstabs-Ingenieur beim Stab des Befehlshabers der Aufklärungsstreitkräfte der Ostsee 610, 623, 633 Eiffe, Albert-Edmund (geb. 1898), Leutnant z.S, Juh 1917-November 1918 I. Seefliegerabteilung 1015
1200
Personenregister
Einem, gen. Rothmaler, Karl von (1853-1934), Generaloberst, 1903-1909
preußischer Kriegsminister, 1914-1918
Oberbefehlshaber der 3. Armee 58 f, 504, 580, 582, 586 f. Eisele, Hans Journalist 296 Eisendecher, Carl von (1841 -1934), Vizeadmiral à la suite, Diplomat, 1884-1918 preußischer Gesandter und bevollmächtigter Minister am Hof in Karlsruhe 249,263, 332
Eisenhart-Rothe, Paul von (1857-1923),
August 1917-November 1918 preußischer
Landwirtschaftsminister Emmich, Otto (1848-1915), General der Infanterie, Kommandierender General des X. Armeekorps 456, 473, 506 Emmrich, Alfred (geb. 1876), Marine-Oberingenieur 232 f. Engel, Richard (1866-1954), Kapitän z.S, Oktober 1911-August 1915 Kommandant des Linienschiffs »Rheinland« 158, 364, 555, 584, 673, 817 Engelhardt, B.A, 1917 Leitung des russischen Revolutionsausschusses 964 f. Engelhardt, Walter (1867-1943), Konteradmiral, August 1911 -August 1915 Kommandant des Linienschiffs »Ostfriesland«, August-November 1915 2. Admirai des IV. Geschwaders, Mai 1917-März 1918 Kommandant von Kiel 364, 673, 686, 694-696, 699, 701, 704 f, 708, 713, 715, 725, 727 f., 730, 817 Engehen, Obersdeutnant, ab Juni 1918 Chef des Generalstabs des Generalkommando 52 1139 Enver Pascha, Ismail (1881-1923), türkischer Offizier und Politiker, Führer der jungtürkischen Bewegungjanuar 1914-Oktober 1918 türkischer Kriegsminister 67, 69-71, 73, 295 f., 302, 305, 351, 409, 419, 430 f, 478, 481,
516, 747, 757, 765, 768 f, 775, 779, 784-787, 793, 795, 804, 809, 823, 828 f, 842, 849, 854-856, 887, 960, 922
(1887-1953), 1913-1918 Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Herzog von Cumberland, Schwiegersohn Wilhelms II. 324, 338,
Ernst August
468
Herzog von Cumberland und Braunschweig-Lüneburg (1845-1923), Kronprinz von Hannover 338 Erzberger, Matthias (1875-1921), Lehrer und Redakteur, 1903-1918 MdR (Zentrum), Ernst August zu
November 1918 Vorsitzender der deutschen
Waffenstülstandskommission, 1919/20 Reichsfinanzminister 72, 162 f, 165, 210 f, 221, 304, 307, 345, 350, 377, 426 f, 433, 500, 577, 585, 770-773, 777, 844, 894, 997 f., 1001-1004,1045 Escherich, Georg (1870-1941), bayerischer Forstrat, Gründer der nach ihm benannten
Organisation der Einwohnerwehren »Orgesch« 87 Essad Pascha, Mitglied der türkischen
1911 Führer der Albaner, 1913 Kommandant von Skutari 319, 372 Essen, Nikolaj Ottovic (1860-1915), russischer Admiral, 1908-1915 Chef der Baltischen Flotte 619 f, 693 Estemeaux, Ernst (1864-1924), Diplomat, Legationsrat im Auswärtigen Amt 285, 339,
Kammer,
354
Estorff, Otto von (1865-1925), General-
major, diensttuender Flügeladjutant Wilhelms II. 1021 Eulenburg, August Graf zu (1838-1921), General,
1890-1918 OberhofmarschaU, 1907-1921 Minister des könighchen Hauses 102, 208, 295, 890, 894, 910 Eulenburg, Philipp Graf (ab 1900 Fürst) zu Eulenburg und Hertefeld (1847-1921), Diplomat, 1894-1903 Botschafter in Wien 145
Fabeck, Max von (1854-1916), General der Infanterie, 1914 Kommandierender General des XIII.
Armeekorps
481
Faber, Walther (1888-1945), Oberleut-
z.S.Juni 1913-Dezember 1915 Marinefhegerabteilung 744 nant
Falkenhayn, Erich von (1861-1922), General der Infanterie, 1913-1915 Preußischer
Kriegsminister,
1914-1916 Chef des 1917 Befehlshaber der 9. Armee in Rumänien 48, 50, 53, 57,
Generalstabs,
63, 70, 77, 298, 344, 349, 357, 377, 385, 408, 410 f, 420, 428, 434 f, 437-439, 442 f, 447, 450, 452, 456, 460, 466, 471, 474, 478, 491,
Personenregister 498, 500, 502-504, 508-510, 519, 522, 536 f., 543, 547-549, 551, 553, 554 f., 562, 569, 571, 587, 591, 598, 606, 631, 638, 645, 666, 720, 722, 739, 740, 743 f., 752 f, 760 f., 763-768, 788, 810, 815, 820-822, 828 f., 842, 850, 852, 854-856, 859-861, 865-867, 869, 872 f, 891, 897, 911, 920, 978, 990, 993, 995
Fehling, Emil F. (1847—1927), Lübecker Senator und Bevollmächtigter zum Bundes1021 Feisal, 3. Sohn König Husains von Hidjas, während des Krieges maßgeblich am Aufstand gegen die türkische Herrschaft beteiligt, 1921 -1933 König des Irak 796 Feldmann, Hans von (1868-1940), Major, 1914 Offizier im Stabe Generalfeldmarschall Liman von Sanders 445, 579, 602, 849 rat
Fenschav, bulgarischer Fregattenkapitän,
Delegierter bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Bukarest 1061 Ferdinand I. (1861-1948), 1887-1918 König von
921
Bulgarien 254, 291, 333, 522, 919, f, 938, 1082, 1084
Ferdinand I.
(1865-1927), 1914-1927 König Rumänien 522, 885, 1081 f. Finkenstein, Graf von, Hauptmann 1037, 1039 von
Firle, Rudolph (geb. 1881), Kapitänleutnant,
Juh 1916-Juli 1917 Admiralstabsoffrzier beim Befehlshaber der Aufklärungs-
streitkräfte in der östhchen Ostsee 5, 26, 621, 917 f., 925, 944, 963, 984 f, 1017, 1071
Fischel, Hermann von (1887-1950), Adnüral 142, 144
Fischer-Loßainen, Reinhold von (1870-1940),
Kapitän z.S, April 1913-April 1918
Marineattache für die Nordischen Reiche (für Rußland bis 31.7.1914, für Schweden bis 10.4.1918, für Norwegen bis 1.10.1915 und für Dänemark bis 10.4.1918), 505, 529,
569, 585, 622, 629, 633 f, 695, 765, 850,
928, 938
Fisher, Sir John A. (1841 -1920), britischer Admiral, 1904-1910, 1914-1915 Erster Sealord 123, 143, 487, 490, 493, 497, 621 Flotow, Hans von (1862-1935), Diplomat,
f.
1907-1910 Vortragender Rat im Auswärtigen Amt, Botschafter in Rom 321, 405, 490 f, 493, 495
1201
Foch, Ferdinand (1851 -1929), französischer Marschall, April-November 1918 Oberbefehlshaber der Alliierten Truppen an der 1076,1137,1139
Westfront
Forckenbeck, Max (1821-1892), Rechtsanwalt, 1859-1873 MdPrAH, 1867-1892 MdR
(Deutsche Fortschrittspartei)
354
Forstner, Freiherr von, Leutnant im 3. Lothringischen Infanterieregiment 343-345, 350 f.
Forstner, Georg-Günther Freiherr von,
Kapitänleutnant, bis Juh 1916 Kommandant »U28« 592 Fournier Joseph, französischer Brigadegeneral, 1914 Kommandant der Festung Maubeuge 429 François, Hermann von (1856-1933), Generalleutnant, 1914 Kommandeur des I. Armeekorps (General) 442 Frankenberg und Ludwigsdorf, von, Oberst, deutscher Offizier in türkischen Diensten, u.a. Chef des Generalstabs der türkischen 4. Armee 585 Franz Ferdinand (1863-1914), Erzherzog von Österreich 44, 260 f, 270, 308, 374, 376, 380, 639 Franz Joseph, Prinz von Hohenzollern (Leutnant zur See) 446, 497 Franz Joseph I. (1830-1916), 1848-1916 österreichischer Kaiser, 1867-1916 König von Ungarn 261, 270, 301, 330, 382 f, 396 f, 566, 925 Fraude, Axel (geb. 1871), Rechnungsrat im Reichsmarineamt 404 Frerichs, Frerich (1874-1946), Geheimer Admiralitätsrat, 1914-1917 zuständig für die Versorgung von Marineeinheiten im Reichsmarineamt 482 Freyberg-Eisenberg-Allmendingen, Albrecht Freiherr von (1876-1943), Korvettenkapitän, Dezember 1912-Oktober 1914 Marineattache in Wien 45, 528, 534 Friedrich (Frizzy), Prinz von Preußen (1911 -1945), Sohn von Kronprinz Wilhelm 1002 Friedrich August (1852-1931), 1900-1918 Großherzog von Oldenburg 185,206,847,856
Friedrich August III. (1865 -1932), 1904-1918 König von Sachsen 185,315,
324, 847
Personenregister
1202
(geb. 1882), 1897-1918 Großherzog Mecklenburg-Schwerin 65,746 748 Friedrich Wilhelm III. (1770-1840), Friedrich Franz IV. von
-
1779 -1840 König von Preußen 310 Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861), 1840-1858 König von Preußen Friedrich II. (1857-1928), 1907-1918 Großherzog von Baden 326 Friedrich II, der Große (1712-1786), 1740-1786 König von Preußen 156,810, 812 f, 955
Friedrich, Erzherzog von Österreich (1856-1936), k.u.k.-Feldmarschall, August
1914-Dezember 1916 Oberkommandierender der österreichisch-ungarischen Armee 426,492 Fritsch, Geheimrat im Reichswirtschaftsamt 1090 Frobenius, Obersdeutnant z.D. 390 Frommer, Major der Landwehr 651 Fuad Bey, türkischer Oberst 792 Fürstenberg, Egon Franz Graf von (1869-1925), Diplomat, 1912-1920 Generalkonsul in
Budapest 860 Fürstenberg, Maximilian
Egon II. Fürst zu (1863-1941), Mitglied des österreichischen und des preußischen Herrenhauses, preu-
ßischer Oberstmarschall 241, 264 Funke, Felix (1865-1932), Konteradmiral,
Dezember 1914-August 1915 Chef des II. Geschwaders, im September 1915 z.D.
Ganghofer, Ludwig (1855-1920), Schriftsteller 75
Gapon, Anatolij (1870-1906), russischer Priester, Anführer der Arbeiterprozession in St. Petersburg im Januar 1905 129 Gayl, Egon Freiherr von (1845 -1929), General der Infanterie, 1914-1918 Kommandierender General des VII. Armee-
korps 125 Georg I. (1845-1913), König von Griechenland
312
Georg V. (1865-1936), 1910-1936 König von England 39, 223, 243 f, 294 f, 324 f, 363, 395, 406 f, 563, 933, 941, 947, 1076
Gerardjames W. (1867-1951), Diplomat,
1913-1917 amerikanischer Botschafter in Berlin 380, 540, 547, 566, 962, 883 f, 889,
895,908,921,933,945
Gercke, Hermann (1883-1918), Kapitänleutnant, April 1915-Juh 1917 Admiral-
stabsoffizier beim Befehlshaber der Auf599 f,
klärungsstreitkräfte in der (Istsee
605-611, 616, 619 f, 634, 639, 641, 643, 647, 650-652, 654, 656, 658 f, 663, 667, 673, 677 f, 693, 695, 699-701, 709-711, 713, 721 f, 729, 731, 734, 738, 745, 756, 918, 925, 936, 965, 1026 Geldes, Gerhard (1861 -1941), Kapitän z.S,
April 1904-Juni 1906 Dezernent in der Waffenabteilung des Reichsmarineamts
236,528,817
gestellt 673,700 Fuß, Richard (geb. 1874), Bankdirektor,
Gersdorff, Klara von (1858-1926),
Gädeke, Friedrich (1866-1935), Vizeadmiral,
Gherardi, Walther R, 1913-1917 amerikanischer Marineattache in Berlin 367, 540 Giers, Michail Nikolaevic (1856-1924),
Hilfsarbeiter beim Admiralstab 857 f, 886, 898, 950, 955 f.
September 1909-September 1913 Reichs-
marineamt, Oktober 1913-August 1915 2. Admirai des I. Geschwaders 307, 542, 673,686,817,1012
Galhenijoseph (1849-1916), französischer General, 1915-1916 Kriegsminister 721 Galster, Karl (1851-1933), Vizeadmiral z.D, Publizist
752,978
Gambetta, Léon (1838-1882), französischer Politiker 245
Gamp-Massaunen, Karl Freiherr von (1846-1918), Gutsbesitzer, 1907-1918 MdR (Reichspartei) 380, 427, 863
1890-1918 Hofstaatsdame der Kaiserin Auguste Viktoria 124 Geschov, I.E., 1911-1913 bulgarischer
Ministerpräsident
302
russischer Diplomat, 1912-1914 Gesandter in Bukarest, 1915-1917 in Rom 903 Giesl, Arthur Freiherr von (1857-1935), österreichischer Diplomat, 1914 Gesandter in
Belgrad
387
Gildemeister, Andreas, Pubüzist 906
Gilgenheimb, Hentschel Freiherr von (f 1904), Kapitänleutnant 114, 1055
Giohtti, Giovanni (1842-1928), Politiker, italienischer Ministerpräsident 251, 485, 613,772
Personenregister Glüer, Friedrich Wilhelm (geb. 1882), Fähnrich z.S, 1915 Angehöriger der 1. Marinefliegerabteilung 694, 710, 713 Goehle, Herbert (1878-1947), Korvetten-
kapitän, März 1915-Dezember 1917 Chef der IX. Torpedobootsflottille 683, 825 Goens, Georg (1859-1918), Geheimer Konsistorialrat, Militäroberpfarrer des Garde-Korps, Hofprediger, evangelischer Feldoberpfarrer des Westheeres, Seelsorger im Kaiserlichen Hauptquartier 504, 554, 581, 590, 595 Goethe, Johann Wolfgang von (1759-1831), Dichter 29
Goette, Ernst (1869-1945), Kapitän z.S, Juh
1914-November 1917 Kommandant des Linienschiffs »Großer Kurfürst« 964 Goetz, Adolf (1852-1916), Kapitän z.S, Juh 1904-Oktober 1906 Vorstand der Waffenabteilung im Reichsmarineamt 120 Gohren, Lothar von (1874-1923), Fregattenkapitän, Oktober 1908-September 1911 Referent in der Etatsabteilung im Reichsmarineamt 719 Gok, Carl (1869-1945), Schiffbaudkektor Blohm & Voß 793, 795, 797 f, 802 Goltz-Pascha, Colmar Freiherr von der (1843-1916), Generalfeldmarschall, bis November 1914 Generalgouverneur von Belgien, danach Führung des Generalkommandos der türkischen 1. Armee am Bosporus und der türkischen 6. Armee im Irak 66, 122, 462, 522, 529 f., 578, 591, 768, 780 f, 784 Goluchowski, Agenor Graf (1849-1921),
österreichisch-ungarischer Politiker,
1895-1906 Außenminister 16 Golycin, Nikolaj D. Fürst (1874-1952), russischer Politikerjanuar-März 1917 Ministerpräsident 952 Gontard, Hans von (1861 -1931), Generalmajor, diensttuender General à la suite des
Kaisers, ab 1904 Flügeladjutant 455, 468, 518,598,1013
Goodenough, William Edmund (1867-1945), britischer Commodore, Kommandeur der 2. Light Cruiser Squadron 379 f. Gorcakov, Sergej Vasil'evic Fürst (1870-1929), 1918 in der Regierung Sul'kevic Gehilfe des Innenministers 1116
1203
Goremykin, Ivan Logginovic (1839-1917), Mai-Juh 1906 russischer Ministerpräsi-
dent 138,772 Goschen, Sir Edward W. (1847-1924), briti-
scher Diplomat, 1908-1914 Botschafter in Berhn 263, 370, 379 f. Gothein, Georg (1857-1940), Bergrat und linksliberaler Politiker, 1901-1918 MdR (FVP) 426 Gough, Hubert, britischer Brigadegeneral, 1914 Kommandeur der 3. Kavalleriebrigade in Curragh 359 Graevenitz, Friedrich von (1861 -1922),
Generalleutnant, württembergischer Militärbevollmächtigter in Berhn und im Großen Hauptquartier 507 Grancy siehe Senarclens-Grancy Grapow, Max von (1861 -1924), Admiral,
August 1914-Februar 1915 Chef des V. Geschwaders, im September 1915 z.D. gestellt 700 Graßhoff, Kurt (1869 -1952), Kapitän z.S, April 1911-September 1917 Abteilungschef
Admiralstab 386, 404, 486, 530, 543, 766, 868 f, 871 f., 875 f., 878 f, 888, 892, 898, 903-906, 932, 939, 960 Grew, Joseph C. (1880-1965), amerikanischer Geschäftsträger in Berhn 927, 943 im
Grey, Sir Edward (1862-1933), britischer Politiker, 1905-1916 enghscher Außen-
minister 175, 202-205, 213, 247, 252, 263, 288, 295, 300, 314 f, 322, 325 f, 328, 351, 363, 367, 370, 397 f, 400 f, 403-405, 537,
622, 685, 713, 733, 791, 905, 908, 912 f., 916, 933, 977 f, 989, 994
GriesingerJulius Adolf Freiherr von, Diplomat, 1911-1914GesandterinBelgrad 396 Gröber, Adolf (1854-1919), Landgerichtsdirektor, 1887-1918 MdR (Zentrum) 163, 165, 170, 427, 578 f, 894 Gronau, Wolfgang von (geb. 1893), Oberleutnant z.S, November 1915-Januar 1916 Leiter der
Seeflugstation »Answald«
748
Großmann, Ernst (geb. 1883), Marineober-
ingenieur, bis November 1915 auf dem Großen Kreuzer »Roon« 610
Grünau, Werner Freiherr von (1874-1956),
Diplomat,
1914-1916 dem Vertreter des Reichskanzlers und des Auswärtigen Amts im Großen Hauptquartier zugeteilt, Oktober
Personenregister
1204
1916-November 1918 Vertreter des Reichskanzlers und des Auswärtigen Amts im Großen Hauptquartier 523, 569 f, 596,
901, 923, 928, 958, 1006, 1013
Grumme-Douglas, Ferdinand von (1860 -1937), Konteradmiral z.D. 425, 877 Guckov, Aleksandr Ivanovic (1862-1936), russischer Politiker, Vorsitzender der Oktobristen, Abgeordneter in der Dritten
Duma, 1910/11 Dumapräsident, 1917
Kriegsminister 965, 973 f, 982 Gwinner, Arthur von (1856-1931), Bankier,
1894-1919 Vorstandsmitglied der Deutschen Bank 180, 190, 289, 295 f, 426, 1035 Gygas, Hans (1872-1963), Kapitän z.S, April 1915-Januar 1916 Kommandant des Großen Kreuzers »Roon« 604, 607, 629, 643, 651, 659, 662-664, 667, 685 f, 688, 702, 714, 723 f, 726, 729, 733 f, 736, 738 f, 751, 754 f.
Haas, Arthur von (geb. 1877), Kapitänleutnant d.R, Marineetappe Konstantinopel 776,854 Haber, Fritz (1868-1934), Chemiker,
1911 -1933 Leiter des Kaiser-WilhelmInstituts für Physikalische Chemie in Berlin 515 Häusler, Caspar (1854-1938), Generalmajor a.D., 1907-1918 MdR (Zentrum) 317 Hahn, Max (1870-1944), Konteradmiral, September 1912-Februar 1916 Kommandant des Großen Kreuzers »von der Tann« 702, 1034 Haig, Douglas (1861-1928), britischer General, 1914-1915 Oberbefehlshaber des I. Armeekorps, 1915-1918 Oberbefehlshaber 1077 Hakki Pascha, Ismail, Generahntendant 775, 875 Halbrock, Ernst (geb. 1867), Marine-Oberstabsingenieur beim Stab des Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte in der Ostsee 721 Haidane of Cloan, Lord Richard (1856-1928), englischer Jurist, Philosoph und Politiker, 1905-1912 Kriegsminister, 1912-1915 Lordkanzler 43, 196 -198, 202 205, 207, 210, 213, 226, 268 f, 273, 283, 285, -
287-290,295,346,977
Haie, William B. (1869-1924), amerikanischer
Journalist, 1907-1909 Redakteur der »New
York Times« 151 f. Halim Pascha, Said (1863-1921), türkischer Prinz, 1913-1917 Großwesir 481, 775, 842 Halm, Franz (1874-1918), Korvettenkapitän, Dezernent für Luftfahrwesen im Reichsmarineamt, Oktober 1914-Januar 1916 Kommandant des Kleinen Kreuzers »Lübeck« 206, 629, 646 f, 695, 705, 769 Hammann, Otto (1852-1928)Journalist, 1893-1916 Leiter der Presseabteilung im Auswärtigen Amt 297
Hammarskjöld, Hjalmar (1862-1953), schwedischer Politiker, 1914-1917
Ministerpräsident 963 Haniel, Karl (1877-1944), Geheimer Kommerzienrat, Unternehmer 233
Harbou, Bodo von (1880-1944), Offizier im Generalstab, 1917-1918 in der Operations-
abteilung, Mitarbeiter von Oberstleutnant Bauer 923, 941, 987 f, 996, 1001, 1003-1005,1011
Harbou, Karl von (1860-1927), Generalleutnant, Etappen-Inspekteur beim Oberkommando Ost 695, 936 f, 940 f. Harden, Maximilian (1861-1927), Publizist, Herausgeber der »Zukunft« 145, 180, 265, 269 f.
Harder, Victor (1870-1933), Kapitän z.S,
Januar 1913-Juli 1915 Kommandant des Kleinen Kreuzers »Stralsund« 524, 532
Hardinge of Penhurst, Charles (1858-1944), britischer Diplomat, 1903-1909 Beamter im Außenministerium, 1910-1916 Vizekönig von
Indien 791
Harms, Theodor (1853-1931), Wirklicher Geheimer Admüahtätsrat, 1901-1910
Abteilungschef im bzw. Direktor des Werftdepartements des Reichsmarineamts 333, 539
Harnack, Adolf von (1851-1930), Theologe,
1888-1921 Professor für Kirchengeschichte der Universität Berhn 766
an
Hartogjohannes (1867-1947), Kapitän zur See, April 1916-Dezember 1917 Kommandant des Großen Kreuzers
»Derfflinger« 817 Hartwig, Nikolaj Henrikovic, russischer Diplomat, 1909-1914 Gesandter in Belgrad 387
1205
Personenregister Hassell, Ullrich von (1881-1944), Jurist, Schwiegersohn von Tirpitz 530, 602, 760, 873, 890, 960 Haus, Anton (1851 -1917), österreichischungarischer Großadmiral, 1913-1917 k.u.k.-
Heineken, Phihpp (1860-1947), Kaufmann,
Haußmann, Conrad (1857-1922), Rechtsanwalt und Politiker, 1890-1918 MdR (FVP) 219
Abteilung für Torpedowesen und Funkentelegraphie im Reichsmarineamt, August 1914-August 1915 Chef des Stabes beim
Flottenkommandant 621
Hebbinghaus, Georg (1866-1944), Vize-
admiral, Oktober 1912-Dezember 1914
Chef des Stabes der Marinestation der Ostsee, Dezember 1914-August 1915 Führer der II. Aufklärungsgruppe, August 1915-September 1918 Düektor des Allgemeinen Marinedepartements im Reichsmarineamt 69, 383 f., 400, 402, 673, 675, 760, 763, 812, 839, 854, 889 Heckscher, Siegfried (1870-1929), Rechtsanwalt, 1907-1918 MdR (Fortschrittliche Volkspartei) 380, 883
Heeringen, August von (1855-1927), Admiral, Oktober 1897-April 1899 Vorstand der Nachrichtenabteilung im
Reichsmarineamt, Oktober 1899-Oktober 1900 Vorstand des Nachrichtenbureaus,
September 1903-Juh 1905 Vorstand der Mihtärischen AbteilungJuh 1905-September 1907 Direktor des Allgemeinen Marinedepartements im Reichsmarineamt, März 1911-Aprü 1913 Chef des Admiralstabs, April 1913-Juh 1914 Chef der Marinestation der Nordsee
119, 157, 160, 176-178, 218, 226, 235, 240-242, 245, 253, 269 f, 279 f, 292 f, 311, 316 f, 337, 369, 372, 475, 476, 871
Heeringen, Josias von (1850-1926), Generaloberst, 1909-1913 preußischer Kriegs-
minister, 1914-1915 Oberbefehlshaber der 7. Armee 176-178, 180, 183 f, 189, 194, 197, 207, 210, 221 f, 234, 246, 262 f., 268 f, 281, 295, 298, 414, 431, 477, 889 Heilbron, Friedrich (1872-1959), Legationsrat und ständiger Mitarbeiter im Auswärtigen Amt 953
Heim, Georg (1865-1938), bayerischer Bauernführer und Politiker, 1897-1918 MdR
(Zentrum)
844
Heinecke, Oskar (1878-1945), Korvetten-
kapitän, August 1914-September 1915 Chef der 10.
Torpedobootshalbflottille
719
ab 1906
Aufsichtsratsmitglied, ab 1909
Generaldirektor des Norddeutschen
Lloyd
326
Heinrich, Paul (1871 -1927), Kapitän z.S, Oktober
1912-August 1914 Vorstand der
Oberbefehlshaber der Ostseestreitkräfte, September 1915-April 1916 Kommandant des Großen Kreuzers »Derfflinger«
274-276, 280, 325, 407, 481, 572, 592-594, 597-601, 612, 616-618, 637, 646, 656, 660-664, 669 f., 674, 683-685, 824 f, 1022
Heinrich, Prinz von Preußen (1862-1929), Großadmiral, 1906-1909 Chef der Hochseeflotte, 1914-1918 Oberbefehlshaber der Ostseestreitkräfte 24-26, 40, 58, 62, 64 f, 81,128,131, 139,142 f, 145, 148-150,153, 189, 194, 200 f, 206, 233, 244, 255, 263 f, 279, 294 f, 325, 327, 329 f., 336 f, 356 f, 367, 370, 378, 381, 397, 405-407, 417, 426 f., 429, 432, 446, 464, 490, 535, 556, 563, 568, 580, 588 f, 591-595, 597, 600-604, 606, 608, 615, 617 f., 621, 624, 627-629, 632, 634, 636 f, 641, 643-647, 651, 655 f., 660 f., 663 f, 666, 670-676, 678-684, 698 f, 702-706, 708-710, 712-714, 717-721, 724-728, 731, 735 f, 739, 743, 746, 748-757, 812, 829, 856, 870 f, 873, 889, 893, 899, 909 f, 918 f., 920, 931, 934 f, 945, 952-954, 962 f, 972, 975 f, 987 f, 997, 1013-1018, 1023, 1025, 1040, 1043 f, 1047 f., 1051,1136 Heintze, Freiherr von, Oberstleutnant,
Flügeladjutant des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin 747 Helfferich, Karl (1872-1924), Bankier und
Politiker, 1908-1915 Direktor der Deutschen Bank, 1915-1916 Staatssekretär des Reichsschatzamts, Mai 1916-November
1917 Staatssekretär des Reichsamts des Innern und Vizekanzler 190, 373, 426, 741 f, 744, 812 f, 852, 857 f, 861, 863, 866 f, 869, 872, 889, 892, 898, 913, 955, 959, 1002 Hell, Emil (1864-1931), Generalmajor, 1916-1918 Chef des Generalstabs der
Personenregister
1206
Heeresgruppe Mackensen 1051, 1054 f, 1067, 1075,1078,1081,1085,1088
Henkel-Gebhardi, Konrad von (1860-1923),
Vizeadmiraljuli 1910-Oktober 1918 Ober-
werftdirektor der Kaiserlichen Werft in Kiel 333
Hentsch, Richard (1869-1918), Obersdeutnant, 1914 ( Iffizier im Generalstab, ab 1917 Stabschef bei der Besetzung Rumäniens 1058,1075 Hering, Carl (1868-1948), Kapitän z.S, Oktober 1912-November 1918 Direktor der Torpedowerkstatt Friedrichsort, zugleich Inspekteur des Torpedowesens 276, 965, 1001 Hermine, Prinzessin Reuß (1887-1947), 1922-1941 2. Ehefrau Wilhelms II. 89 Herr, Hans (1871 -1936), Kapitän z.S, September 1912-September 1914 Kommandeur der 2. Mattosenartilleneabteilung, September-Dezember 1914 Kommandeur der Matrosen-Artillerie-Brigade 455, 592 Herrklotsch, Walter (1863-1916), Kapitän z.S. 364,814 Herrmann, Franz (1886-1918), Oberleutnant, Kommandant »S 130«, »S 58«, »G 170« 364, 717
Hersing, Otto (1885-1960), Kapitänleutnant, Kommandant »U 21«
621
Herding, Georg Freiherr (ab 1914 Graf) von (1843-1919), Professor, 1896-1912 MdR (Zentrum), 1912-1917 bayerischer Ministerpräsident, November 1917-Oktober
1918 Reichskanzler 163, 165, 169, 208, 210, 216, 224 f, 228, 388, 733, 843 f, 886, 1034, 1036, 1041, 1045, 1066, 1076, 1081, 1086 Hesse, Hans (geb. 1865), Oberst, 1918 Chef
des Nachrichtenwesens 1107
Heuser, Direktor Höchster Farbwerke 540 Heydebrand und der Lasa, Ernst von
(1851 -1924), Gutsbesitzer und Politiker, 1888-1918 Mitglied des preußischen Herrenhauses, 1903-1918 MdR PeutschKonservative Partei), 1905-1918 Fraktionsvorsitzender im preußischen Abgeordnetenhaus,
1912-1918 Parteivorsitzender
163,
169 f.
Heydel, Eberhard (1872-1926), Kapitän z.S, Oktober 1911-Dezember 1917 Dezernent
Admiralstab 840, 845, 870, 879, 888, 890 f, 893, 907, 916, 932, 960
im
Heyer, Otto (geb. 1885), KapitänleutnantJuni 1916-August 1918 persönlicher Adjutant von
Admiral Holtzendorff 923-925
Hüdebrand, Walter (1873-1923), Fregat-
tenkapitän, November 1914-September
1915 Kommandant des Kleinen Kreuzers »Thetis« 613, 623, 627, 633, 636, 702 Hillebrand, Otto (1875-1921), Korvettenkapitän, I. Offizier auf dem Großen Kreuzer »Prinz Heinrich« 610 Hindenburg, Paul von Beneckendorff und von
(1847-1934), Generalfeldmarschall,
1914-1916 Oberbefehlshaber Ost, August 1916-Juli 1919 Chef des Generalstabs des Heeres 63, 79, 418, 432-434, 438, 442, 468, 471 f, 475 f., 478, 480, 482, 502 f, 505,
535-537, 549, 562, 567, 582, 584, 586, 602, 606, 611 f, 624, 631, 638, 651, 676, 703, 814, 818, 828 f, 850, 858, 860-863, 867 869, 871 874, 876 878, 880 882, 886, 890, 894 f, 900 f, 903, 905, 907, 910 f, 913, 924 f, 927, 930, 939, 952, 955, 957-960, 975, 978, 985 f, 990, 993, 995, 999, 1001-1003, 1008, 1019, 1024, 1045, 1139 Hintze, Paul von (1864-1941), Marineoffizier -
-
-
-
und Diplomat, 1903-1908 Militärattache, 1908-1911 Mihtärbevollmächtigter in St. Petersburg, ab 1911 im diplomatischen Dienst, 1911-1914 Gesandter in Mexiko, 1915-März 1917 in Pekingjuni 1917-Juli 1918 in Christiana (Oslo)Juli-Oktober 1918 Staatssekretär des Auswärtigen Amts 2, 7, 30, 57, 124, 126, 139, 143, 337, 353, 439-441, 443, 491 f, 495, 498 f, 759, 790, 965 f, 1001, 1003, 1006-1008, 1141 Hipper, Franz Ritter von (1863-1932), Admiral, August 1914-August 1918 I. Befehlshaber der Aufklärungsschiffe und Führer der I. Aufklärungsgruppe, August-November 1918 Chef der Hochseestreitkräfte 5, 413, 436, 524, 531 533, 541, 555, 557 f, 669, 673, 675 f, 817, 824 f, -
913
Hirsch, Ernst, Journahst 215 Hirschfeld, von, Major, Flügeladjutant Wilhelms II. 518, 1006 Hitler, Adolf (1889-1945), 1933-1945 deutscher Diktator 90
Hoehn, Maximilian Ritter von (1859-1936), Generalleutnant, 1914-1915 bayerischer
Personenregister Mihtärbevollmächtigter im Großen Hauptquartier 262,485,587 Hönigsschmidt, k.u.k-Oberst, Delegierter bei
der Waffenstillstandskommission in Bukarest 1918 1087, 1090 Höpfner, Wilhelm (1868-1951), Kapitän z.S, September 1913-Juni 1916 Kommandant des Linienschiffs »Oldenbourg« 826 Hoffmann, Max (1869-t 927), General, 1914-1916 im Stab von »Oberost«, 1917 -1918 Vertreter der OHL bei den Friedensverhandlungen in BrestLitovsk 688, 723, 870, 984, 1013, 1021 f, 1024, 1029, 1037, 1043, 1049 f., 1063, 1139 Hohenlohe-Langenburg, Ernst Fürst zu (1863-1950), Diplomat, 1914-1918 Generaldelegierter für freiwillige Krankenpflege auf dem östlichen Kriegsschauplatz 1010 f. Hoiningen, Ernst Wilhelm Freiherr von, gen. Huene (1849-1924), General der Infanterie, Kommandeur des XIV. Armeekorps, Gouverneur von Antwerpen 462 Holleben, Franz von (1893-1938), Vizeadmiral, November 1911-August 1917 ( iberwerftdirektor der Kaiserlichen Werft in Danzig 336, 615 f, 618, 624, 628 f, 638, 641 Hollmann, Friedrich von (1842-1913), Admiral, 1890-1897 Staatssekretär des
Reichsmarineamts 161,294,298
Hollweg, Carl (1867-1932), Konteradmiral, September 1909-September 1912 Leiter des
Nachrichtenbureaus im Reichsmarineamt 18, 231, 369, 382, 820, 839, 960 Holstein, Friedrich von (1837-1909), Diplomat, 1878-1906 Vortragender Rat im Auswärtigen Amt 145 Holtz, Martin (1889-1915), Oberleutnant z.S, Wachoffizier auf dem Großen Kreuzer »Prinz Adalbert« 715 Holtzapfel, Karl (geb. 1892), Leutnant z.S,
Februar-Juli 1915 I. Seefliegerabteilungjuh 1915-Dezember 1917 Fheger und Stationsleiter Flugzeugmutterschiffe »Sta Elena« und »Answald«
694
Holtzendorff, Arnd von (1859-1935), Dkektorder IIAPAC; 367
Holtzendorff, Henning von (1853-1919), Großadmiral, September 1906-September
1207
1909 Chef des I. Geschwaders, Oktober 1909-Januar 1913 Chef der Hochseeflotte, September 1915-August 1918 Chef des Admiralstabs 25, 65, 70, 76, 79, 82, 144 f,
157, 159 f, 163, 166, 194, 219, 224, 226 f, 229-236, 238-241, 245 f, 251, 274, 276, 279 f, 292 f., 296, 299 f, 306, 309, 313, 367, 533, 542 f, 548, 689 f., 695, 697, 715, 717, 728, 733, 739-743, 750-752, 756-759, 761, 764 f, 767, 770, 788, 808, 811 f, 820 f, 823, 840, 849, 851-854, 856, 858 f, 861-863, 865-867, 870-875, 877-880, 882-884, 886-890, 892-900, 902-904, 909-916, 922-934, 939, 950, 952, 957-960, 964, 972, 993, 1008, 1016, 1019, 1023 f, 1044, 1047, 1099,1102,1106,1136
Hopman, Eduard (1861 -1935), Diplomat, Bruder Hopmans 18 f., 38, HO Hopman, Emil (1820-1893), Landgerichtspräsident a.D., Vater Hopmans 18 f, 21 Hopman, Gerda (1902-1983), Tochter Hopmans 38 f, 385, 387, 527, 585, 605, 643, 674, 758, 760, 763, 858, 934 f.
Hopman, Immo (1901-1985), 1. Sohn Hopmans, Fähnrich zur See 7 9, 27 29,
33, 38 f, 49, 86, 90, 93, 99, 385, 387, 389 f, 445, 526 f, 550, 585, 605, 643, 758, 760, 763, 770, 790, 934 f, 995,1068, 1141 Hopman, Irmgard (Imme, Immeheb, Ib.), (1879-1964), Ehefrau Hopmans 7, 13, 25, 28-31, 33-37, 38 f, 49, 51, 62-64, 72, 78, 80-83, 85, 87-90, 101 f, 104, 110 f, 134, 137, 144, 155, 166, 290, 364 f, 372 f, 380, 385, 387, 407, 429 f., 442, 472 f, 485 f, 512, 526-528, 534, 536, 538, 555 f, 580, 600, 602, 605, 613, 637, 643-645, 651, 666, 674, 683, 687, 690, 692, 697, 702-704, 708, 711, 718, 722, 724, 726, 730 f, 742, 744, 748, 758, 761, 770 f, 776, 787, 811, 813, 817-819, 829, 849, 853, 856, 913, 916, 920, 931, 933-935, 942, 944, 953-955, 957, 960, 963, 968, 970, 977, 979, 981, 984-988, 990, 993, 996, 999 f, 1006-1008, 1011, 1013, 1018, 1023, 1025, 1030-1033, 1035 f, 1039, 1046-1048, 1055, 1059, 1068 f, 1085, 1089, 1098,1107,1135 -
-
Hopman, Rolf (1906-1943), 2. Sohn Hopmans 38 f, 385, 387, 527, 585, 605, 643, 674, 702, 758, 813, 858, 913, 934
f.,1006
Personenregister
1208
Hopman, Theodore (1833-1890), Mutter Hopmans 18, 585,1003 Horn Johannes (1872-1945), Fregattenkapitän, Oktober 1914-Januar 1917 Kommandant des Kleinen Kreuzers
»Augsburg«Januar-Dezember 1917 I. Admiralstabsoffizier im Stab des
Oberbefehlshabers der Ostseestreitkräfte 629, 695, 702, 972,1049,1058 Horton, Max (1883-1951), britischer Kommandant »E 9«, Lieutenant Commander 667 House, Edward (1856-1938), amerikanischer Oberst, Vertrauter von US-Präsident Woodrow Wilson 772, 883, 900, 908,1079 Howe, Richard Earl (1726-1799), englischer Admiral 816 Hranüovic-Czvetassin, Oskar von (geb. 1867), k.u.k.-Generalmajor, österreichischungarischer Delegierter bei der Waffenstülstandskommission in Bukarest 1918 1070
1052-1054,1059,1062,1067 f,
Hubertus, Prinz von Preußen (1909-1950),
Sohn von Kronprinz Wilhelm 631, 1002 Huerta, Victoriano (1854-1916), mexikanischer General und Politiker, 1913-1914 Staatspräsident 364 Hugenberg, Alfred (1865-1951) Jurist, 1904-1910 Vorsitzender des Direktoriums der Firma Krupp 490 Hugo, Oskar von (1840-1919), General der Infanterie, Generahnspekteur des MilitärErziehungs- und Bildungswesens 130 f. Humann, Hans (geb. 1878), Korvettenkapitän, 1914-1917 Marineattache in Konstan-
72, 251, 296, 367, 393, 579, tinopel 765 f, 769, 771, 775, 777, 779, 784-788, 822, 824, 828 f, 841-843, 845 f, 849, 854, 856, 859, 867 f, 876-877, 878, 887, 70
-
907
Humbert, Charles (1866-1927), französischer Senator 389
Hundertmarck, Paul (geb. 1877), Korvetten-
kapitän, November 1914-März 1917 Chef der VIII. Torpedobootsflottüle, März-Dezember 1917 Chef der X. Torpedoboots-
flottüle 648, 654, 701, 705, 754 Hutier, Oskar von (1857-1934), General der Infanterie, 1915 Kommandeur der 1. Garde-
infanteriedivision, 1917 Kommandeur der 8. Armee 982,1011,1013,1039
Ingenohl, Friedrich von (1857-1933), Admiraljanuar 1913-Februar 1915 Chef
der Hochseestreitkräfte, Februar 1915-August 1915 Chef der Marinestation der Ostsee 5, 55, 230, 280, 299, 309, 313,
321, 347, 368 f, 384, 397, 420, 422, 436, 446, 448-450, 452 f, 459, 465, 467 f, 474, 480, 486 f, 489, 491, 493 f, 501, 524 f, 531-535, 541 f, 546, 550 f, 555-557, 563, 565,580,582,600,703,1136 Irena, russische Großfürstin (Frau von Fürst
Jusupov)
948
Isendahl, Walter (1872-1945), Kapitän zur See, April-August 1918 Mitglied der Nautisch-Technischen Kommission,
September-November 1918 Kommandant des ehemakgen russischen Linienschiffs »Volja« 1114,1138 Izvol'skij, Aleksandr Petrovic (1856-1919), russischer Politiker und Diplomat,
1906-1910 Außenminister, 1910-1917 Botschafter in Paris 371 Izzet Pascha, Ahmed (1864-1937), türkischer Marschall, 1913 Oberbefehlshaber des Heeres im Balkankrieg, im Weltkrieg an der Kaukasus-Front 296, 1088
Jacobs, Friedrich (geb. 1860), Korvettenkapitän, Vorstand der Marinenachrichtenstellen in
Libau, Brüsterort, Reval 753-755
Jacobsen, Hermann (1859-1943), Admiral, November 1914-Januar 1918 Kommandeur der I. Matrosendivision 567
f, 592
Jacobson, Leo (1862-1954), Vizeaclmiral, 1914-1918 Kommandant von Helgoland 842 Jäckh, Ernst (1875-1959), Orientalist und Publizist 75, 261, 784, 846 Jagow, Gottlieb von (1863-1936), Diplomat, 1909-1913 deutscher Botschafter in Rom, 1913-1916 Staatssekretär des Auswärtigen Amts 56 f, 80, 220, 238, 283-287, 289 f, 296 f, 299, 302 f, 307, 311, 315 f, 318 f, 321, 352, 354 f, 368, 370, 388, 391 f, 408,
410-413, 422, 437, 440, 461, 467, 478, 490-492, 495-499, 543, 547 f, 571, 578 f, 772, 813, 842, 851 f., 856, 858, 861, 863,
Personenregister 865-867, 869, 875 f, 878, 880, 883, 888, 906, 910, 913, 919, 922, 926, 976 f., 979, 987 f., 994 f, 997, 1003, 1005, 1010 Janson, Eberhard von (geb. 1881), Kapitänleutnant, 1912-1915 im Nachrichtenbureau des Reichsmarineamts 392 f, 396
Januskevic, Nikolaj (1868-1918), russischer
Generalleutnant, 1914-1915 Generalstabschef 476
Jasper, Gisberth (1865-1953), Konteradmiral,
August 1915-November 1918 Komman-
deur der II. Marine-Division beim Marine-
korps in Flandern 69, 568, 592, 594 Jaurès, Jean (1859-1914), französischer Politiker, Führer der Sozialisten
847
Jekov, Nikolaus, bulgarischer General, Oberbefehlshaber der bulgarischen Armee 861, 875
Jelkcoejohn R. (1859-1935), britischer
Admiral, Oberbefehlshaber der Grand Fleet 1914-1916 201, 325, 329, 373, 375, 533, 826, 927
Jenisch, Martin Rücker Freiherr von (1861 -1924), Diplomat, Vertreter des Auswärtigen Amts im Gefolge Wilhelms II. 961
Joachim, Prinz von Preußen (1890-1920), jüngster Sohn Wühelms II, 1914-1918 Offizier 1003, 1010 f.
Joffrejoseph (1852-1920), französischer General, August 1914-Dezember 1916
Oberbefehlshaber 418, 428, 524, 977 f., 990 Johann Albrecht Herzog zu MecklenburgSchwerin (1857-1920), 1907-1913 Regent von Braunschweig, Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft, 1917-1918 Vorsitzender der Deutschen Vaterlandspartei 338 Jonquières, Eugène Fanque de (1850-1919), französischer Admiral, 1906 Marineattaché in Berhn 138 Junius Alter [d.i. Fritz Sontag] (1883-1961),
Journalist 819,849
Jusupov, Felix Fürst (1887-1967), russischer Adhger, einer der Mörder Rasputins 948
KaempfJohannes (1842-1918), Bankier und Politiker, 1912-1918 Reichstagspräsident, 1903-1918 MdR (FVP) 200, 226, 321, 330, 453, 491
1209
Kahle, Adolf (geb. 1875), Korvettenkapitän, 1912 im
Werftdepartement des Reichs-
marineamts, Abteilung für Torpedowesen
und Funkentelegraphie 275 Kalau vom Hofe, Eugen (1856-1935), Kapitän z.S, 1892-1898 Marineattaché für die Nordischen Reiche mit Sitz in St. Petersburg t24 Kaledin, Aleksej Maksimovic (1861-1918), russischer General der Kavallerie, Kosakenhauptmann, 1051, 1069, 1095 Kameke, Carl Friedrich von (1870-1921), Kapitän z.S, Kommandant des Linienschiffs »Schwaben«, November 1915-August 1918 Kommandant des Linienschiffs »Helgoland« 694 Kanin, Vasilij Aleksandrovic (1862-1927), russischer Vizeadmiral, 1915-1916 Kommandeur der Seestreitkräfte in der Ostsee 619
Kapp, Wolfgang (1858-1922), preußischer Generallandschaftsdirektor, 1917 Mit-
begründer der Deutschen Vaterlandspartei 87, 819, 841, 890, 957,1015,1028 Karll. (1887-1922), 1916-1918 Kaiser von Osterreich und König von Ungarn 842, 939, 948, 987 f, 1021
KarpfJohannes von (1867-1941), Kapitän z.S, August 1914-April 1915 Kommandant des Großen Kreuzers »Roon«,
April-September 1915 2. Admiral der Aufklärungsstreitkräfte der Ostsee 26, 236,
240-242, 330, 597, 599-604, 606 f, 610-613, 616, 618, 620, 622, 628-633, 635, 639-649, 651-656, 658, 661 f, 665 f, 670, 674, 688, 700, 817, 822 f, 903 Käthen, Hugo von (1855-1932), General der Infanterie, Kommandierender General des XXIII. Reservekorps 1020, 1073 Keim, Major 937 f, 938 Keller, Graf, russischer Marineoffizier in Port Arthur 1904 113
Keller, Mathilde Gräfin von (1853-1946),
Oberhofmeisterin der Kaiserin Auguste Viktoria 822,922 Keim, Erich (geb. 1893), Oberleutnant z.S, März 1917-März 1918 Haggleutnant im Stab des Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte in der östlichen Ostsee 1004 f, 1015, 1033
Personenregister
1210
Kerenskij, Aleksandr Fjodorvic (1881 -1970), russischer Politiker, Mitglied der Duma, März 1917 Justizminister, Mai-Juli Kriegsminister, Juh November Ministerpräsident 985, 1005, 1009, 1012, 1015 f, 1022, -
1038,1103,1120 Kern, Fritz (1884-1950), Historiker, Pro-
fessor für mittelalterliche Geschichte an der Universität Bonn, Redakteur des »Grenzboten«, ab 1916 zeitweiliger Mitarbeiter
Tirpitz 6,399
Kessel, Gustav von (1846-1918), Generaloberst, Generaladjutant Kaiser Wilhelms II, stellvertretender Kommandant des Kaiserkchen Hauptquartiers, Oberbefehlshaber in den Marken und Gouverneur von Berhn 58, 330, 435, 587, 890
Kessinger, Friedrich von (geb. 1866), Oberstleutnant, Matrosenabteilung Kiautschou 497
Keßler, von, Major, 1914 im Großen Generalstab 490, 514, 598, 697, 1081, 1084, 1087, 1090
Keyserhngk, Cecilie Gräfin von, Hofdame der Kronprinzessin 631,813,885,920 Keyserhngk, Walter Freiherr von (1869-1946), Vizeadmiral, Oktober 1912-Januar 1916 Kommandant des Linienschiffs »Lothringen«, Januar 1916-Juni 1917 Kommandant des Linienschiffs »Kaiser« 126, 226, 248, 364,
760, 1048,
1071
Keyserhngk, Wedig Freiherr von (geb. 1885), Kapitänleutnant, Kommandant »V 186« 542, 608
Kiamil Pascha, 1912-1913 türkischer Großwesü 295 f.
Kiderlen-Wächter, Alfred von (1852-1912),
Diplomat, 1895-1910 Gesandter in
Bukarest, 1910-1912 Staatssekretär des
Auswärtigen Amts 156, 161, 166-168, 171, 173-175, 201 f, 204, 213, 215 f, 219 f, 222-226, 247, 249, 251-254, 256, 259, 261, 264-266, 269 f, 276, 283, 291 f.
(geb. 1884), KapitänleutnantJuli Kiep, 1917-August 1918 Admiralstabsoffizier bei Leisler
den Hochseestreitkräften, September-November 1917 beim Sonderverband zur Eroberung der Baltischen Inseln 1017 Kirchbach, Karl Graf K. auf Lauterbach
(1856-1939), k.u.k.-Generaloberst,
1916-1918 Befehlshaber der 17. Armee, 1918 Oberbefehlshaber der österreichischungarischen Truppen im Gouvernement Cherson 1091,1139 Kitchener, Horatio Lord K. of Khartoum (1850-1916), britischer Feldmarschall, 1914-1916 Kriegsministcr 592, 719, 733, 740, 818 f. Klitzing, Leberecht von (1872-1945), Kapitän z.S, Oktober 1915-Januar 1917 Mitgliedjanuar 1917-August 1918 Präses der Technischen Versuchskommission 915 Klockovskij, Vjaceslav Evgerievic, russischer Konteradmiral, 1918 Vertreter der Ukraine beim Generalkommando 52 und Verbindungsoffizier bei der Nateko, Kommandant des Hafens von SevatopoF 1130,1140 Kluck, Alexander von (1846-1934), Generaloberst, 1914-1915 Oberbefehlshaber der 1. Armee 415,433,990 Knesebeck, Bernd von der (1876-1915), 1912-1915 Chef der V. Torpedobootsflottille 258 Knobeisdorf, Constantin Schmidt von (1860-1936), General der Infanterie, 1914-1916 Generalstabschef der 5. Armee 474, 558, 560 f, 564 f, 596, 1004 Knorr, Eduard von (1840-1920), Konteradmiral, 1895 Kommandierender Admiral und Chef des Oberkommandos der Marine 5 Knorr, Wolfram von (geb. 1880), Korvettenkapitän, August 1915-Oktober 1917 Kommandant des Kleinen Kreuzers »Breslau«, Oktober 1917-September 1918 Dezernent in der Operationsabteilung des Admiralstabs 853 Koch, Paul, Geheimer Admiralitätsrat in der Konstruktions-Abteilung des Reichsmarineamts
330,335,347
Koch, Reinhard (1861-1939), Admiral,
September 1915-August 1918 stellver-
tretender Chef des Admiralstabs 69, 594,
673, 728, 761, 811, 843, 849, 851-854, 859, 861-863, 866 f, 870, 890, 892, 894-896, 905, 910, 914 f, 927, 930 f, 958 f, 1016 f, 1048 f, 1102 Kodama, Gentaro Graf (1852-1906), japanischer General, 1904-1905 Stabschef des Oberbefehlshabers im
Krieg gegen
Personenregister Rußland, 1905-1906 Generalsstabschef 128 Köbner, Otto Prof. Dr. (geb. 1869), Geheimer Admiralitätsrat 222 Kohl, Wilhelm (1859-1942), Generalmajor 739 f. Köhler, Erich (1873-1914), Fregattenkapitän, Kommandant des Kleinen Kreuzers »Karlsruhe« 60,512 König, Paul (1867-1933), Kapitän des Handels-U-Boots »Deutschland« 855, 861, 875 Körner, Paul Ernst von, Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt 1089 f. Koester, Hans von (1844-1928), Großadmiral, 1899-1906 Generalinspekteur der Marine, 1903-1906 Chef der Aktiven Schlachtflotte, 1908-1918 Präsident des Deutschen Flottenvereins 154, 194, 242,
309,666,818,1136 Kokovcov, Vladimir Nikolaevic (1853-1943), russischer Politiker, 1911-1914 Minister-
präsident
230 Kolcak, Aleksandr Vasil'evic (1874-1920), russischer Admiral, 1914-1916 Chef des Stabes der Baltischen Hotte, 1916-1917 Befehlshaber der Schwarz-Meer-Hotte 619 Komornyj, S. S, Generalbevollmächtigter der Ukrainischen Volksrepublik für die Gouvernements Podolien, Cherson, Taurien und Ekaterinolsav (bis Mai 1918) 1091 f., 1095 Konrad, Prinz von Bayern (1883-1969), Major, 1918 Kommandeur des 2. Schweren Reiter-Regiments Erzherzog Ferdinand von Österreich-Este (Landshut) 1067 Konstantini. (1868-1923), 1913-1917 (gestürzt), 1920-1922 (Thronverzicht) König von Griechenland 340, 577, 727, 729, 932, 992 f. Kontratovic, Roman Isidorovic (1857-1904), russischer General in Port Arthur 103 Kopp, Wilhelm (geb. 1882), Kapitänleutnant, Matrosenartillerieabteilung Kiautschou 497
Kornilov, Lavr Georgievic (1870-1918), russischer General, 1914 Brigadekommandeur unter General Brusilov, 1915-1916 in
Gefangenschaft, ab August 1917 Oberbefehlshaber 1015 f, 1043, 1095 Kosch, Robert (geb. 1856), General der Infanterie, August 1916-November 1918 Führer des Generalkommandos 52, zugleich
1211
in Rumänien bis März 1918 Oberbefehlshaber der Donau-Armee 1138 f. Koschitzky, Hans von (geb. 1881), Korvettenkapitän, April Oktober 1916 I. Offizier des Kleinen Kreuzers »Karlsruhe II«, Oktober 1916-Oktober 1917 Nachrichtenoffizier auf dem Linienschiff »Kaiserin« 882 -
Kottwitz, Egon Freiherr von (geb. 1875),
Korvettenkapitän a.D.
325
Kotze, Hermann von (1851 -1925), Generalleutnant 483
Krätke, Reinhold (1845-1935),
1901-1917
Reichspostamts 504 Kraft, Hugo (1866-1925), Vizeadmkal, März Staatssekretär des
1914-März 1916 Oberwerftdirektor der Kaiserhchen Werft Wilhelmshaven, März 1916-Dezember 1917 Direktor des Werftdepartements im Reichsmarineamt 347,
812, 960 Kranzbühler, Otto (1871-1932), Kapitän z.S,
Juli 1915-März
1917 in der Abteilung für Luftfahrwesen im Reichsmarineamt, zugleich Verbindungsoffizier im Großen Hauptquartier, März-Juh 1917 Befehlshaber der Marinefliegerabteilung, Juh 1917-Februar 1919 Marineflugchef 860, 866, 883,
1004, 1008 Krasnov, Petr Nikolaevic (1869-1947), russischer General, arbeitete im Sommer 1918 nüt deutschen Truppen
zusam-
f, 1121,1127 Kreß von Kressenstein, Friedrich Freiherr men
1108
(1870-1948), Generalmajor, 1914-1918 in türkischen Diensten, ab Juni 1918 in Tiflis »Chef der Deutschen Delegation im Kaukasus« 419,421,1110 Kriegejohannes (geb. 1859), 1900-1911 Vortragender Rat im Auswärtigen Amt, ab 1912 Chef der Rechtsabteilung 1089 Krobatin, Alexander Freiherr von (1849-1933), k.u.k.-Feldmarschall,
1912-1917 österreichisch-ungarischer Kriegsminister 270 Krosigk, Günther von (1860-1938), Admiral, September 1911-Dezember 1912 Chef des Kreuzergeschwadersjanuar 1913-Juh 1914 Düektor des Allgemeinen Marineamts im Reichsmarineamtjuh 1914-Dezember 1918
Chef der Marinestation der Nordsee 168,
Personenregister
1212
280, 305, 372, 542, 557, 599, 607, 629, 653, 676, 700, 705, 730
Krosigk, Wilhelm von (1871 -1953), Kapitän z.S, September 1908-September 1911 Adjutant im Stab der Marinestation der Nordsee, August 1914-November 1915 Kommandant des Großen Kreuzers »Prinz Heinrich« 155 Krüger, Paulus »Ohm« (1825-1904), 1883 -1900 Präsident der Burenrepublik in Südafrika 98 Krupp von Bohlen und Halbach, Gustav (1870-1950), Industrieller, 1906-1909 Mitglied des Aufsichtsrates, 1909-1943 Vorsitzender des Aufsichtsrates der Fa. Krupp 546 f.
190, 200, 232, 378, 410, 490,
Krylenko, Nikolaj Vasil'evic (1885-1940), Bolschewist, November 1917 bis März
1918
Höchstkommandierender der russischen Truppen, 1918-1931 stellvertretender Volkskommissar für Justiz 1042 Kühlenthal, Karl (1872-1969),
Fregattenkapitän, Oktober 1911-November 1917 Dezernent für Küstenbefestigungen und Artilleriedepots im Waffendepartement des Reichsmarineamts 511
Kühlmann, Richard von (1873-1948),
Diplomat, 1908-1914 Botschaftsrat an der Botschaft in London, Oktober 1916-August 1917 in Konstantinopel, August 1917-Juli 1918 Staatssekretär des Auswärtigen Amts 192, 220, 300 f, 325, 342, 767, 873,
888, 891,1006,1008, 1010, 1012, 1027, 1034 f, 1045, 1047, 1070, 1080 f, 1083 f, 1086, 1088
Kühn, Hermann (geb. 1851),
1912-1915
Staatssekretär des Reichsschatzamts 161,
211,221,226,370 Kühne, Robert (1868-1947), Kapitän z.S,
Februar-November 1915 Kommandant des Linienschiffs »Elsaß« 659, 694, 701, 705, 709
Küstner, Heinrich (1889-1917), Oberleutnant z.S, bis Oktober 1915 I. F.T.Offizier auf dem Großen Kreuzer »Prinz Adalbert« und Flaggleutnant beim Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte der Ostsee, Oktober 1915-Januar 1916 auf dem Großen Kreuzer »Roon« 703, 737, 756
Kühl, Hermann von (1856-1948), General der Infanterie, 1914-1915 Stabschef der 1. Armee, 1915 Chef des Generalstabs der 12. Armee, 1915-1916 Chef des Generalstabs der 6. Armee, 1916-1918 Chef des Generalstabs der Heeresgruppe Kron884 Kukat, Hans (1888-1918), Kapitänleutnant, Kommandant von »UC 78« 1003 Kuntz, von, k.u.k.-Oberst, 1918 österrei-
prinz
chisch-ungarischer Mihtärbevollmächtigter
in Bukarest 1059 Kuntze, Ernst Otto (1850-1932), General der Infanterie a.D. 594 Kuntze, Paul (geb. 1883), Kapitänleutnant, März 1916-September 1918 Kommandeur der Seeflieger beim AOK Mackensen in Varna bzw. Konstantza 929 Kuroki, Tamemoto Baron (1844-1923), japanischer General, Befehlshaber der 1. Armee in der Mandschurei 108, 124 Kuropatkin, Aleksej Nikolaevic (1848-1925), russischer Generaljanuar 1898-März 1904 Kriegsminister, Februar-Oktober 1904 Oberbefehlshaber der Mandschurischen Armee, Oktober 1904-März 1905 Oberbefehlshaber der Armeen und der Hotte im Fernen Osten 106, 110 f, 123 Kutscher, Friedrich (1868-1927), Kapitän z.D, Mai 1915-Januar 1918 Hafenkapitän in Libau 648 f.
Lambsdorff siehe
von der Wenge Langemak, Hugo (1869-1937), Konteradmiral, Oktober 1911-April 1912 Kommandant des Linienschiffs »Elsaß«, Mai 1912-Sep-
tember 1913 Kommandant des Linienschiffs
»Oldenburg«, September 1915-Januar 1916 2. Admiral der Aufklärungsstreitkräfte der Ostseejuni 1916-Dezember 1916 Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte in der östlichen Ostsee 80, 206, 700, 704 f, 712, 715 f, 719, 723-726, 728-731, 733,
737-741, 745, 747-749, 752, 754-756, 918, 925,931-936,950
Langfeld, Walter (geb. 1886), Oberleutnant z.S, bis Juh 1916 Vorstand der Seefliegerstation Helgoland 309 Lans, Otto (1870-1942), Kapitän z.S, November 1911-April 1914 Dezernent für
Personenregister Probefahrten und militärische Bauangelegenheiten im Konstruktionsdepartement im Reichsmarineamt, August 1914-Juni 1918 stellvertretender Abteilungschef im Marinekabinett 542, 558, 600, 673, 846,
883, 894 Lans, Wilhelm von (1861-1947), Vizeadmiral, Oktober 1906-Februar 1907 Chef des Stabes der Aktiven Schlachtflotte, Februar 1907-September 1909 Chef des Stabes der Hochseeflotte, Dezember 1909-September 1912 Inspektion des Torpedowesens (Inspekteur), Januar 1913-Februar 1915 Chef des I.Geschwaders 25,62,142, 148-150,153, 230 f, 246, 276, 308 f, 330,
422, 454, 481, 486, 501, 542, 563, 572-576, 580, 686, 700, 711, 739, 753,1011 Lansdowne, Lord Charles Keith Petty-Fitzmaurice, Marquess of Henry (1845-1927),
britischer Politiker, einer der Führer der Konservativen im Oberhaus 622, 845, 1041 Lansing, Robert (1864-1928)Jurist, amerikanischer Politiker, 1915-1920 Außenminister 772, 900, 926, 941 f. Lauenstein, Otto von (1857 -1916), Generalleutnant, 1914 Chef des Generalstabs der 2. Armee, 1915 Kommandierender General des XXXIX. Reservekorps 143,602 f, 611,623 Lauter, Ludwig (1855-1929), General der Artillerie 415,598 Lee of Fareham, Viscount Arthur (1868-1947), britischer Politiker, Erster Lord der Admiralität 1902-1905 121 Lefholz, Herbert (geb. 1888), Kapitänleutnant, Kommandant »UC 59« 1022 Legien, Karl (1861 -1920), Drechsler, sozialdemokratischer Politiker, 1891-1920 Vorsitzender der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands, 1893-1898, 1903-1918 MdR (SPD) 141 Lenin, Vladimir Illjic (1870-1924), russischer Politiker, 1917-1924 Vorsitzender des Rats der Volkskommissare 1039,1043,1064, 1072, 1074, 1079, 1084, 1103, 1123
Lentze, August (1860-1945),
1910-1917
preußischer Finanzminister 996 Lepsiusjohannes (1858-1926), Orientalist, Leiter der Armeniermission 907 Lerchenfeld auf Koefering und Schönberg, Hugo Graf von und zu (1843-1925),
1213
Diplomat, 1880-1918 bayerischer
Gesandter in Berhn 208, 216, 224 f., 228, 344, 733, 843 Leser, Walter (geb. 1887), Oberleutnant z.S. d.R, bis April 1916 Adjutant in der
Matrosenartillerieabteilung
Lessar, russischer Diplomat,
in Peking 102 Lessei Johann von
511 1904 Gesandter
(geb. 1873), Kapitän z.S,
Oktober-November 1915 Kommandant des Linienschiffs »Schwaben«, November 1915-Juh 1916 Kommandant des Linienschiffs »Elsaß« 716, 736, 754 Leuckart von Weißdorf, Traugott Freiherr von (1857-1933), General der Kavallerie, sächsischer Mihtärbevollmächtigter in Berhn und im Großen Hauptquartier 315,450,
453-455,598 Levetzow, Magnus von (1871 -1939), Kapitän z.S, Januar 1913-Januar 1916 Kommandant des Großen Kreuzers
»Moltke«Januar 1916-Januar 1918 Chef der Operationsabteilung im Stab der
Hochseestreitkräfte, September-November 1917 Chef des Stabes des Sonderverbands
Eroberung der Baltischen Inseln 89, 764, 767, 818, 856, 871, 887 f, 890 f, 916, 964,1017-1019, 1022, 1026 f, 1031, 1068 f. zur
Leylandjohn, enghscher Journalist 337 Lichnowsky, Max Fürst von (1860-1928), Diplomat, 1888-1904 Vortragender Rat im Auswärtigen Amt, 1912-1914 Botschafter in London 249-252, 263, 268 f, 273, 276, 279 f, 289 f, 295-297, 299-301, 313-315,
320-323, 326, 331, 348, 360, 370, 375, 398, 404 f, 436 f, 537 Liebknecht, Karl (1871-1919), Rechtsanwalt, 1912-1916 MdR (SPD) 303, 349 Lieven, Carl Nicolai Paul Fürst von
(1880-1941), russischer Kapitän 1. Ranges,
1918 Vertreter in der Nateko 1120 f, 1123, 1130 Lieven, Fürstin, Gesellschaftsdame in Port Arthur 108, 1061 Liman von Sanders, Otto Karl (1855-1929), Generalleutnant, 1913 Chef der deutschen Militärmission in Konstantinopel, 1914 Generalinspekteur der türkischen Armee, Ende März 1915 Oberbefehlshaber der türkischen 5. Armee (Dardanellen), Frühjahr
Personenregister
1214
1918 Oberbefehlshaber einer Heersgruppe in Syrien 67, 70, 351, 419, 445, 530, 769, 922
Lindau, Eugen (1883-1960), Kapitänleutnant,
März-Juni 1915 Kommandant »S 144«Juni
1915-November 1918 Kommandant »V 100« 657, 753 Lindnau, Offizier im Generalstab 1904 125 Linsingen, Alexander von (1850-1935), General der Infanterie, 1915 Kommandeur der Südarmee in den Karpaten 625, 629, 637 Lipke, Gustav (1820-1889), Rechtsanwalt, 1874-1879 MdPrAH, 1880-1887 MdR
(Nationalliberale), Schwiegervater von Tirpitz 354
Lisco, Hermann, Mitglied des Preußischen Herrenhauses, 1899-August 1917
Staatssekretär des Reichsjustizamts 311 Lloyd George, David (1863-1945), britischer Politiker, 1908-1915 Schatzkanzler, 1915-1916 Rüstungsminister, 1916-1922 enghscher Premierminister 154 f, 182, 195,
353, 395, 622, 845, 891, 900, 933-935, 938, 940-942, 948, 956, 966, 971, 985, 988, 995 f., 1009, 1060, 1066 f, 1075-1079 Loé, Degenhart Freiherr von (geb. 1884),
Lossow, Otto von (1868-1942), Generalleutnant, 1916 Mihtärbevollmächtigter bei der deutschen Botschaft in Konstan-
tinopel 775, 777, 784, 828 f, 842, 854 f. Loytved-Hardegg, Dr. B, 1916 Konsul in
Haifa 793,795 Lucanus, Hermann von (1831 -1908), Vortragender Rat, 1881 Unterstaatssekretär im preußischen Kultusministerium, 1888-1908 Chef des Zivükabinetts 336, 572, 860 Lucius von Stoedten, Hellmuth Freiherr von
(geb. 1869), Diplomat, 1914-1919 Gesandter in Stockholm 569, 850 f, 896, 928, 938
Ludendorff, Erich (1865-1937), Generalmajor, 1908-1913 Chef der Aufmarschabteilung im Großen Generalstab,
1914-1916 Generalstabschef beim Oberbefehlshaber Ost, August 1916-Oktober 1918 Erster Generalquartiermeister 34, 48, 79, 82, 86, 418, 422, 438, 488, 491 f, 502 f, 535, 543, 549, 562, 858, 860 f, 863, 867, 869 f, 872-874, 876-879, 881 f, 884, 886-892, 894-896, 903-905, 910 f, 917,
922, 924, 928, 930, 933, 939, 955, 957, 960, 985 f, 990,1001-1003,1005,1008, 1011, 1016-1018, 1021, 1023-1025, 1099, 1107
Kapitänleutnant, J anuar Dezember 1915 Wachoffizier auf dem Großen Kreuzer
Ludwig III. (1845-1921), 1912-1918 König von Bayern 201, 417, 468, 844-847, 849,
»Roon« 731
910, 940, 1046 Lüttwitz, Walther Freiherr von (1859-1942), Oberstleutnant, 1905 im Generalstab 87,
-
LoebeU, Friedrich Wilhelm von (1855-1931), Politiker, 1907-1909 Unterstaatssekretär in der Reichskanzlei, 1914-1917 preußischer Innenminister 490 Löhlein, Heinrich (1871-1960), Kapitän z.S, 1912-1914 Leiter des Nachrichtenbureaus des Reichsmarineamts, 1915 Chef der Zentralabteilung 195, 253, 256 f, 261, 273,
294, 297, 302, 319, 352, 354, 357, 367, 373, 377, 379, 402 f, 505, 510, 524, 526, 530, 535, 538, 540 f, 577 f, 582, 584 f, 751, 758-761, 763, 765 f., 783 f, 786, 812 Loewenfeld, Alfred von (1848-1927), Generalleutnant, 1904/05 Kommandeur der 1. Gardedivision in Berlin
102
125
L'vov, Gerogij Jevgen Fürst (1861 -1925),
März-Juli 1917 russischer Ministerpräsident 964 f. Lyautey, Luis (1854-1934), französischer General, Dezember 1916-März 1917
Kriegsminister 967 Lyncker, Moritz Freiherr von (1853-1932), Generaloberst, 1908-Juli 1918 Chef des
Militärkabinetts Wilhelms II. 49 f, 53, 240, 269, 295, 397, 410, 446, 448, 476, 506, 508, 545, 547, 549, 560-562, 565, 598, 823, 873,
910, 978, 995, 1005 f, 1013
französischer
Longuetjean (1876-1938), Politiker (Soziahst) 1079 Lorenz, Curt (geb. 1888), Oberleutnant z.S, 1915 Leiter der Seeflugstation in Libau 651, 658, 722, 724,
1003
Maaß, Leberecht (1863-1914), Konter-
admiraljuni 1910-September 1913
Kommandeur der II. Werftdivision, Dezember 1913-Februar 1914 3. Admiral
Personenregister der Aufklärungsschiffe, März-August 1914 2. Admiral der Aufklärungsschiffe, August 1914 I. Führer der Torpedostreitkräfte 308
McKenna, Reginald (1863-1943), englischer Politiker, 1908-1911 Erster Lord der Admiralität 166,182,622 Mackensen, August von (1849-1945), Generalfeldmarschall, 1914-1915 deutscher Armeeführer an der Ostfront, 1915 Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mackensen in Polen, 1915-1916 in Serbien und Mazedonien, 1916 1918 in Rumänien 482,
503, 632, 636, 638, 651, 854, 879, 927, 929, 1051,1059 f., 1075,1078, 1086 Mahan, Alfred Thayer (1840-1914), US-
Admiral und
Seekriegstheoretiker
16
Makarov, Stepan Osipovic (1848-1904), russischer Vizeadmiral, 1904 Befehlshaber des Geschwaders in Port Arthur 105, 107 Maklakov, Nikolaj (1871-1918), russischer Politiker, 1913-1915 Innenminister 977 f, 994
Malachowskijohannes von (1861-1951),
Generalleutnant, 1916 Chef des Stabes beim Stab des Oberbefehlshabers der Küstenverteidigung 882 Maltzahn, Curt Freiherr von (1849-1930), Vizeadmiral z.D. 120, 152, 584 Maltzahn, Hans Jasper Freiherr von
(1869-1929), preußischer Landrat, Mitglied Abgeordnetenhauses (Deutsch-Konservative Partei), 1914-Juni 1916 politischer Berater von Kronprinz
des Preußischen
Wilhelm 364 f, 813 f, 841 Mann Johann Bernhard (geb. 1880), Korvettenkapitän, bis Mai 1916 in der Zentralabteilung des Reichsmarineamts, zugleich Vertreter im Großen Haupt-
quartier 14, 382, 414, 416, 521, 523-526, 528, 530, 535, 537, 539, 541, 543 f., 550,
554, 557, 566, 568-570, 579, 595, 597 f, 617, 622, 631 f, 645, 663, 666, 683 f, 733, 735, 751 f, 763 f, 767 Mann, Edler von Tiechler, Ernst Ritter von
(1864-1934), Vizeadmiral, September 1913-September 1914 Chef des Stabes der Hochseestreitkräfte, Dezember
1917-Oktober 1918 Direktor des U-Bootim Reichsmarineamt, September 1918-Februar 1919 Staatssekretär des
amtes
1215
f, 422, 479,594,818,931,1137 Mantey, Eberhard von (1869-1940), Vizeadmiral, 1919-1933 Vorstand des Reichsmarineamt 23, 76, 364, 368
Marinearchivs und Leiter des Instituts für Marinegeschichte 18, 50, 54
Markov, Oberst, Stadthauptmann von
Sevastopol'
1130
Marschall, Ulrich Freiherr gen. Greiff
(1863-1923), Abteilungsleiter im Militärkabinett, Juni-November 1918 Chef des Militärkabinetts, Generaladjutant
Wilhelms II. 549, 597, 977, 979 Marschall von Bieberstein, Adolf Freiherr (1842 -1912), Diplomat, 1890 -1897 Staatssekretär des Auswärtigen Amts, 1897-1912 Botschafter in Konstantinopel, 1912 in London 223 f, 228, 231, 247, 288 Martini, Günther (geb. 1873), Korvettenkapitän, Mai 1915-November 1918 Dezernent in der Seetransportabteilung des Reichsmarineamts 621 Marwitz, Georg von der (1856-1929), General der Kavallerie, 1914 Höherer Kavalleriekommandeur 2, 1915-1916 Führer des Beskidenkorps 591,593,890 Marwitz, Rolf von der (geb. 1888), Kapitänleutnant, 1915 Kommandant der Minensuchboote »T 49«, »T 68« 152, 610, 622, 710 Massow, Ewald von, Major, 1913 Militärattaché in Sofia 312 Mauve, Franz (geb. 1864), Vizeadmiral, bis August 1915 2. Admirai des II. Geschwaders 542,673 Max, Prinz von Baden (1867-1929), Oktober-November 1918 Reichskanzler 31, 485,1128,1137 f. Mayer, Heinrich, Korvettenkapitän a.D. 251,
254, 256, 264, 390 Meißner, Robert (1850-1922), Geheimer Re-
gierungsrat, Bureaudirektor im Reichs-
marineamt 186, 281, 397, 402, 526, 599, 629 f, 758, 811,960 Mensdorff-Pouilly, Albert Graf von (1861-1926), k.u.k.-Diplomat, österreichisch-ungarischer Botschafter in London 296 Merten Johannes (1857-1926), Vizeadmiral a.D., August 1914-November 1918
Personenregister
1216
zur Verfügung des Leiters der Sondermission in der Türkei, Kommandant der Befestigungen an den Dardanellen 1068 Messimy, Adolphe (1869-1935), französischer Politiker, 1914 Kriegsminister 418 Metternich zur Gracht, Paul Graf Wolff-
(1853-1934), Diplomat, 1901-1912
Botschafter in London, 1915-1916 in
Konstantinopel 70, 75, 121, 138, 167, 182,
190 f, 202-205, 207 f, 211-214, 223, 228, 288, 593, 766 f, 769, 791, 807, 811, 829, 842, 849, 855, 860, 887, 888, 891 Meyer, Dietrich, Korvettenkapitän, 1914
Admiralstabsoffizier im Stab der Hochseeflotte 888, 890 f, 1017,1031 Meyer, Eduard (1855-1930), Historiker, 1902-1923 Professor für alte Geschichte an der Universität Berlin 858 Meyer, Sigmund, Mitglied des Wirtschaftsstabs für Rumänien, vorher in einer Getreidefirma tätig 1054, 1064 Meyer-Waldeck, Alfred (1864-1928), Kapitän z.S, Gouverneur von Tsingtau
412,488,496
Meyer-Waldeck, Johanna (1880-1964), Ehefrau von Kapitän z.S. Alfred MeyerWaldeck, mit dem Ehepaar Hopman befreundet 759, 765, 845, 906, 957
Michaelis, Georg (1857-1936), deutscher
Reichskanzler vom 14 Juh bis 31. Oktober 1917 1001-1003, 1008-1011,1027, 1034 Michaelis, William (1871 -1948), Kapitän z.S, September 1910-September 1913 Abteilungschef im Admiralstab, Oktober 1913-Februar 1915 Kommandant des Linienschiffs »Thüringen«, Februar 1915-Januar 1916 Chef des Stabes der Hochseestreitkräfte 239, 369, 557 f, 584,
589, 767 Michail Aleksandrovic (1878-1918), russischer Großfürst, Bruder Zar Nikolaus II, 1899-1904 Thronfolger 132, 965, 967 Michail Nikolaevic (f 1910), russischer Großfürst 133,153 Michelsen, Andreas (1869-1932), Kapitän z.S, August 1914-August 1915 Kommandant des Großen Kreuzers »Prinz Adalbert«, August 1915-Januar 1916 Chef des Stabes der »Oberleitung in der östlichen Ostsee«, April 1916-April 1917 I. Führer der
Torpedostreitkräfte,Juni 1917-November
1918 Befehlshaber der Unterseeboote 64, 588, 597,599,601,603-607,609 f, 612 f, 615 f, 618,620,623 f, 628-630,632-643,646 f, 656, 682 f, 685-688, 695 f, 699-701,704 f, 710, 712,714 f, 718, 721-726, 728 f, 736 f, 739, 746,748, 750, 752 f, 755 f, 817, 824 f, 907
Miljukov, Pavel Nikolaevic (1859-1943), russischer Politiker, IVlifbegründer und Vorsitzender der Kadettenpartei, Mitgked der Duma, März-Mai 1917 Außenminister der
provisorischen Regierung 965,975,982 f. MiUenkovic, Benno von (geb. 1869), k.u.kLinienschiffskapitän, ab Dezember 1917 Mitglied der Waffenstülstandskommission
für das Schwarze Meer, 1918 der Nateko in
Odessa zugeteilt 1052, 1055, 1059, 1067, 1090 Mülerand, Alexandre (1859-1924), französischer Pohtiker, 1912-1915 ster
Kriegsmini-
721
Mischke, Robert (1865-1932), Konteradmiral,
Juh 1914-Januar 1917 Chef der Küsten-
schutzdivision der Ostsee 412, 588, 591, 593,
599, 742
Mörsberger, Hermann (1872-1940), Kapitän z.S, September 1909-Juh 1917
Kommandeur der Schweren Artillerie beim Marinekorps in Handern 463 Molkenbuhr, Hermann (1851 -1927), Zigarrenmacher, 1890 -1918 MdR (SPD) 863 Moltke, Helmuth Graf von (1800-1891), Generalfeldmarschall, Chef des Generalstabs 27,994 Moltke, Helmuth von (1848-1916), Generaloberst, 1905-September 1914 Chef des Großen Generalstabs 27, 43, 48, 50, 143,
177,190, 221, 240, 259-263, 269, 286, 295, 360, 377, 385, 398, 415, 418, 421, 428, 433-435, 437 f, 457, 460, 549, 821, 924, 978, 994 Moltke, Kuno Graf von (1847-1923), Generalleutnant, Stadtkommandant von Berhn 1907/08 in den »Eulenburg«-Skandal verwickelt 35, 145, 539, 580 Monschtillov, Vizepräsident der bulgarischen Kammer 1084
Monts, Anton Graf von (1851 -1930),
Diplomat, 1903-1909 Botschafter in Rom 57, 503
f, 509
Personenregister Monts de Mazin, Alexander Graf (1832-1889), Vizeadmiraljuli 1888-Januar 1889 Kommandierender Admiral und Chef der Admiralität 327 Morgenthau, Henry (1856-1946), amerikanischer Diplomat, 1913-1916 Botschafter in
Konstantinopel
71
Mücke, Helmuth von (geb. 1881), Kapitänleutnant, 1914 I. Offizier des Kleinen Kreuzers »Emden«Juni 1915-Januar 1916 Chef der 15. Torpedobootshalbflottille, 592, 692, 714 Muffling, Karl Freiherr von (geb. 1872), Kapitän z.S, April-Dezember 1915 Kommandant des Linienschiffs »Brandenburg« 650 f, 685, 688 Mühle, Gerhard (1885-1917), Kapitänleutnant, bis Juh 1915 Wachoffizier auf dem Linienschiff »Mecklenburg« 663 Müller, Erich von (geb. 1877), Korvettenkapitän, 1912-1914 deutscher Marineattaché in London 7, 225, 257, 300-302, 326 f,
331, 341, 362, 366, 368, 370, 373, 375, 397, 402, 404, 512 f, 540, 550, 584, 597 f., 633, 872, 876, 878 Müller, Hermann (1876-1931), Handlungsgehilfe, sozialdemokratischer Politiker, Juni
1919-März 1920 Außenminister 85 Müller, Karl von (1873-1923), Kapitän z.S, 1914 Kommandant des Kleinen Kreuzers »Emden« 158 f, 191, 196, 198, 203, 206, 208, 212, 220, 232, 238, 246, 263, 481, 496 f. Münchhausen, Leopold Freiherr von, Major, Hügeladjutant Wilhelms II. 752 Mumm von Schwarzenstein, Phihpp Alfons Freiherr von (1859-1924), Diplomat, 1900-1906 Gesandter in Peking 102, 524 Musculus, Friedrich (1862-1942), Konteradmiral z.D, Vorstand der Zentralabteilung und Assistent des Oberwerftdirektors der Kaiserlichen Werft Danzig 616-618, 628 f, 641 Mussolini, Benito (1883-1945), italienischer Politiker, 1922 -1943 Duce 90 Mutius, Gerhard von (1872-1934), Diplomat, Vetter Bethmann Hollwegs 411, 430, 446, 515-517, 523, 544-546, 549, 557, 569 f, 572, 591, 597, 767 Mutsuhito (1852-1912), 1867-1912 japanischer Kaiser 114,233,255
1217
Napoleon I. (1769-1821), 1804-1814/15 Kaiser der Franzosen 89, 308
Napoleon III. (1808-1873), 1852-1870 Kaiser der Franzosen 49,133 Nasim Pascha, jungtürkischer Politiker 305
296,
Naumann, Friedrich (1860-1919), Pastor,
1907-1918 MdR (FVP) 901 Ned jib Bey, 1918 türkischer Vertreter bei der Waffenstillstandskommission in Bukarest 1072 Nehbel, Carl (1863-1944), Obersdeutnant 611 f, 651, 658, 728 Nelson, Lord Horatio (1758-1805), britischer Admiral 574 Nenjukov, russischer Admiral, stellte 1918 Kontakt zwischen der Nateko und der Freiwilligenarmee her 1107 f, 1121 Nepenin, Adrian I. (1871-1917), russischer Vizeadmiral, Befehlshaber der Baltischen Flotte 1916-1917 967 Neratov, russischer Außenminister 927
Nerger, Karl-August (1875-1947), Fregattenkapitän, März 1916-Mai 1918
Kommandant des Hilfskreuzers »Wolf« 1080
Newman, Hamburger Getreidegroßhändler 875,906,959 Niblack, Albert P, Captain, US-Marineattaché in Berhn 306-308
Nicolson, Sir Arthur (1849-1928), englischer
Diplomat, 1905-1910 Botschafter in Petersburg, 1910-1916 Beamter im Foreign Office 994
Niedner, Otto von (geb. 1869), Professor, Generaloberarzt, 1907-1912 2. Leibarzt Wilhelms II, 1916-1918 1. Leibarzt 446, 547, 582 Niessei, Henri (1866-1939), französischer General, 1919-1920 Leiter der Interalliierten Baltikumskommission 86
Nikolaevic, Aleksej (1904-1918), Sohn Zar Nikolaus II, russischer Thronfolger 129, 132
Nikolaevic, Nikolaj (1856-1929), russischer Großfürst, bis September 1915 Oberbefehlshaber der Armee 131, 491, 498, 529, 747 f, 768, 855, 965-967 Nikolaus II. (1868-1918), 1894-1917 Zar von Rußland 102, 106, 122, 128, 130-132,
Personenregister
1218
137-139,143 f, 147,153, 230, 263, 301, 324, 327, 383, 388, 394, 405, 407, 491 f, 495, 498, 549, 590, 747 f., 772, 868, 919, 952, 960 f, 964-968, 975, 977 f, 994, 1083 Nilov, Konstantin Dmitrevic (geb. 1856), russischer Admiral, Kommandant der kaiserlichen Yacht »Standart« 144 Nisami Pascha, Osman, türkischer Mihtärbevollmächtigter, 1908-1913 Botschafter in Berlin 251, 1059,1067, 1088 Nivelle, George Robert (1856-1924), französischer General, Dezember 1916-Mai 1917 Oberbefehlshaber der Armee 983 Nordmann, Hermann (1868-1933), Vizeadmiral/März-September 1914 Inspektion des U-Bootswesens (Inspekteur), Oktober 1914-November 1915 Kommandant des Linienschiffs »Markgraf«, September 1915-Dezember 1916 2. Admirai des III. Geschwaders, Dezember 1916-Juni 1917 Chef der Operationsgruppe im Admiralstab 23, 148, 364, 673, 757, 935,
958, 960
Northcliffe, Lord Alfred C.H. (1865-1922),
englischer Journalist und Zeitungsverleger 963, 1079 Noske, Gustav (1868-1946), Redakteur, 1906-1918 MdR (SPD), 1918/19 Mitglied des Rats der Volksbeauftragten, 1919-1920
Reichswehrminister 85, 87, 428, 996 Nusred Bey, türkischer Kapitänleutnant 803
Oberndorff, Alfred Graf von (1870-1963),
Diplomat, 1916-1918 Gesandter in Sofia 922 Oldekop, Iwan (1844-1936), Vizeadmiral z.D, 1895-1899 Inspektion des Bildungswesens der Marine (Inspekteur), zugleich Oktober 1895-September 1897 Direktor der Marineschule, 1895-1897 Direktor der Marineakademie 24, 420 ( ildenburg aufJanuschau, Elard von (1855 -1936), Gutsbesitzer und Pohtiker,
königkch-preußischer Kammerherr, 1902-1912 MdR (Deutsch-Konservative Partei) 563, 864 Oppersdorf, Hans Graf (1866-1935), Gutsbesitzerund Pohtiker, 1907-1918 MdR
(Zentrum)
427
präsident
1076
Orlando, Vittorio (1860-1952), itahenischer Pohtiker, Oktober 1917-Juni 1919 Minister-
Oskar, Prinz von Preußen (1888-1958), 5. Sohn Wilhelms II. 123, 323, 446, 525, 598
Osten-Fabeck, Carl von der (geb. 1870),
Korvettenkapitän, August 1914-Dezember 1915 Direktor des Ausrüstungsressorts in Danzig 632
Paasche, Hermann (1851 -1925), Professor, 1881-1884, 1893-1918 MdR (Nationalliberale Partei) 128, 200, 281, 426 f.
Pacu, Laza, 1914 serbischer Finanzminister
394
Painlevé, Paul (1863-1933), französischer Pohtiker, März 1917 Kriegminister, Sep-
tember-November 1917 Ministerpräsident 1015, 1019 f. Paléologue, Maurice (1859-1944), französischer Diplomat, 1914-1917 Botschafter in Petersburg 973 Paleske, Bernhard Freiherr von (geb. 1877), Korvettenkapitän, Diensttuender Hügeladjutant Wilhelms II. 379 Palis, Karl (1885-1918), Kapitänleutnant, Kommandant »UC 3, »UC 6«, »ÜB 45« 541,
770,916
Papen, Franz von (1879-1969), Major, 1914-1916 Miktärattache in Washington
906
Pappritz, Günther von (1856-1936)
General-
leutnant, 1915-1916 Gouverneur von Libau 611 f, 639, 649-651, 728, 737 Paschen, Carl (1857-1923), Konteradmiral z.D. 602
Pasic, Nikola (1845-1926), serbischer Pohtiker, 1904-1918 Ministerpräsident 264,383,394
Pasquay, Wilhelm (geb. 1888), Kapitänleutnantjuni 1915-September 1916 Chef der 1. U-Boots-Halbflottille 747, 749, 754 Paul Friedrich (geb. 1852), Herzog von Mecklenburg-Schwerin 747 f. Paulis, russischer Fregattenkapitän, 1902 Marineattache in Berhn 122 Pawelsz, von, Major, 1914 im Großen Generalstab 482-484, 567 Payer, Friedrich von (1847-1931), Rechtsanwalt und Pohtiker, 1890-1917 MdR (FVP), November 1917-November 1918 Vizekanzler 266, 1086
Personenregister Pétain, Henri Phihppe (1856-1951), französischer General, Mai 1915 Oberbefehlshaber der 2. Armee, Mai 1916 der Heeresgruppe Centre, April 1917-November 1918 Generalstabschef 983 f. Peters, Karl (1856-1918), Kolonialpohtiker 230,468 Petrovic, Nikita (1841-1921), 1860-1910 Fürst, 1910-Dezember 1918 König von
Montenegro 314-316,320,322
Petruschky, Albertus (1866-1943), Konteradmiral z.D. 364
Peytsch, Georg (1892-1917), ()berleutnant z.S, Führer eines Motortorpedoboots 1005 Pfleger, Franz Joseph (1872-1964), Rechtsanwalt, 1912 -1918 MdR (Zentrum) 353 Phihpp, Albrecht (1883-1962), Lehrer und Politiker, 1919-1930 MdR, Mitglied des Reichstags (DNVP) 89 Phihpp, Otto (1867-1941), Konteradmiral, August 1914-Mai 1917 Befehlshaber der Marineluftfahrabteilungen 503, 636 f., 697, 920
Pichón, Stephan (1857-1933), französischer Politiker, 1917-1920 Außenminister 1054 f, 1057
Planitz, von der, Major, 1914-1915 Adjutant von Kronprinz Wilhelm 364, 509 Platen-Hallermund, Oskar Graf von (1865-1967), Kapitän z.S, August 1908-1911 Kommandant der »Hohen-
zollern«, ab 1909 Hügeladjutant Wilhelms II, 1911-1935 Kaiserlicher Hofmarschall 240 f., 245 f., 251, 254, 534, 752, 822
Plehn, Hans Journalist 325 Pleß, Hans Heinrich Fürst von (1861 -1938),
Großgrundbesitzer und schlesischer Magnat, 1887-1891 im diplomatischen Dienst,
Oberstleutnant 446, 518, 666, 922, 1013 Plessen, Hans von (1841 -1929), Generaloberst, 1892-1918 Kommandant des
Kaiserhchen Hauptquartiers, Generaladjutant Wilhelms II. 41, 55, 270 f, 345,
401, 437, 446, 492-495, 497, 502, 565, 578, 597 f, 752, 821, 823, 865, 922, 1005 f. Plüschow, Günther (1886-1931), Kapitänleutnant, Vorstand der Marinefliegerabteilung in Tsingtau, 1915 in Libau 724, 736 f.
1219
Plüskow, Otto von (1852-1925), Oberst, Flügeladjutant des Kaisers, Kommandeur des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-
Regiments Nr. 1 in Berhn 122, 124 Pohl, Schiffbaudirektor Blohm & Voss 783, 793, 795, 797 f, 802 Pohl, Hugo von (1855-1916), Admiral, Oktober
1909-September 1912 Chef des I. Ge-
schwaders, April 1913-Februar 1915 Chef des Admiralstabs, Februar 1915-Januar 1916 Chef der Hochseestreitkräfte 5, 25, 46, 49, 55 f, 58, 186, 189, 227, 245 f, 252, 279 f, 317, 324, 330 f, 340 f., 347, 349, 354-356, 358, 376 f, 384 f., 395-398, 400 f., 404-415, 417, 419-421, 423-425, 427, 429, 436, 438 f, 442 f, 445, 447-450, 452-454, 456-460, 462, 464-468, 470 f, 473 f, 476-480, 483, 486 f, 489, 491, 493 f, 496 f, 500-502, 505-511, 522, 524-526, 528, 531, 533 f, 535, 538, 542-544, 547, 550-559, 561, 563, 565, 571 f., 576 f., 580-586, 588 f., 591, 634, 644, 648, 711, 715 f, 751, 758, 764
f., 809
Poincaré, Raymond (1860-1934), französischer Politiker, 1913-1920 Staatspräsident 254, 372, 389, 391, 394, 398, 579, 739, 743, 947, 967, 977 f, 1015
Posadowsky-Wehner, Arthur Graf von (1845-1932), 1897-1908 Staatssekretär des Reichsamts des Inneren und preußischer Staatsminister 222, 229 Poschmann, Kapitän z.S, 1906 Chef des Stabes der Hochseestreitkräfte 138
Pourtalès, Friedrich Graf von (1853-1928),
Diplomat, 1907-1914 Botschafter in St. Petersburg 147,156,261,266 f, 269,285,296,300,
308,312, 314-316, 376,403,407,994 Praefcke, Victor (1872-1962), Marineoberstabsarzt 734, 736
Preysing-Lichtenegg-Moos, Kaspar Graf (1880-1918), Rittmeister, Reichsrat der Krone Bayerns 843-847,849
Princip, Gavrilo (1894-1918), serbischer Student, Attentäter Erzherzog Franz Ferdinands 380 Prittwitz und Gaffron, Kurt von (1849-1922), Admiral, September 1906-Oktober 1910
Chef der Marinestation der Ostsee 26 Prittwitz und Gaffron, Maximilian von (1848-1917), Generaloberst, August 1914 Oberbefehlshaber der 8. Armee 418
Personenregister
1220
Protopopov, Aleksandr Dimitrevic (1866-1918), russischer Pohtiker, September 1916 März 1917 Innenminister
896, 965
Pullen, Theodor (geb. 1871), Kapitän z.S, -
April 1916-April 1917 im Stab des Oberkommandos der Küstenverteidigung in Hamburg 871 Putnik, Radomir (1847-1917), serbischer Generalfeldmarschall,
1914-1915 General-
stabschef 397
Quadt-Wykradt-Isny, Albert Graf (1864-1930), Diplomat, 1912-1915
Gesandter in Athen 320, 371, 384, 528
Quaet-Faslem, Hans (1874-1941), Korvettenkapitän, Oktober 1912-September 1917 .Admiralstabsoffizier beim Kommando der Hochseeflotte 541
Radoslavov, Vasil (1864-1929), bulgarischer Pohtiker, Begründer und Führer der Liberalen Partei Juli
1913-Juni 1918 Ministerpräsident 842, 875, 922, 1084 Raeder, Erich (1876-1960), Korvettenkapitän, Oktober 1912-Juni 1917 I. Admiralstabsof-
fizier beim Stab des Befehlshabers der Aufklärungsstreitkräfte 56,88,234 f, 533, 557 f.
Rasputin, GrigoriJefimovic (um 1865-1916), Bauer und Wunderheiler 748, 947 Rath, Ernst vom, Legationsrat a.D. 284 Rathenau, Walther (1867-1922), Industrieller
(AEG), im August 1914 Mitbegründer der Kriegsrohstoffabteilung im preußischen Kriegsministerium, Chef des Kriegsrohstoff-
amts, 1922 Reichsaußenminister 29, 515, 539, 579, 983, 986 Rauch, von, Major im Großen Generalstab 480,514,521
Rebensburg, Wilhelm (geb. 1883), Kapitänleutnant, April 1915-November 1917 Chef der 19. Torpedobootshalbflottille 607 Rebeur-Paschwitz, Hubert von (1863-1933), Vizeadmiral, Dezember 1913-Juni 1916 Chef der Detachierten Division, September
1917-November 1918 Chef der MittelmeerDivision 144, 347 f, 358, 601, 1065, 1068 Redern, von, Major im Großen Generalstab 514 Redlich Johannes (1866-1925), Kapitän z.S,
September 1910-September 1913 Vorstand
der Abteilung für Aufstellung und Behandlung des Artilleriematerials an Bord im Waffendepartement des Reichsmarineamts
232
Refet Bey, türkischer Major, Delegierter bei der Waffenstülstandskommission in Bukarest
1061
Regenbogen, Conrad (1869-1930), Ingenieur, 1910-1926 Direktor der Germania-
werft 258
Reichenau, von (geb. 1857), Diplomat, Gesandter in Stockholm 414
Reischach, Hugo Freiherr von (1854-1934),
Generalmajor, 1888-1891 Hofmarschall der Kaiserin Victoria (Friedrich), 1905 Oberstallmeister Wilhelms II, 1913-1918 Oberhof- und Hausmarschall, Oberzeremonienmeister 547, 598, 752, 873, 1005 Rennenkampf, Paul Edler von (1854-1918), russischer General, Oberbefehlshaber der 1. (Njemen-)Armee 432 f. Reouf Bey, türkischer Kapitän z.S. 778 f, 782, 784 f, 795, 798, 801 f, 804, 875 Repington, Charles à Court (1858-1925), britischer Oberst a.D., Müitärschriftsteller 1078 Restorff, Karl von (1871 -1946), Kapitän z.S, Stellvertretender Chef des Marinekabi26, 65, 69, 76, 366, 757, 759, 761, 764, 767, 811, 842, 906, 910, 932 Retzmann, Heinrich (1872-1959), Kapinetts
tän z.S, Oktober 1912-Januar 1913 Kommandant des Kleinen Kreuzers »Mainz«Januar-Juni 1913 Kommandant des Kleinen Kreuzers »Königsberg«, Juni-November 1913 Kommandant des Kleinen Kreuzers »Mainz«, November 1913-Dezember 1915 Kommandant des Kleinen Kreuzers »Straßburg«Januar-März 1916 Vorstand der Abteilung für militärische Fragen im Allgemeinen Marine-Departement des Reichsmarineamts, März 1916-November 1918 Chef der Zentralabteilung im Admiralstab 358, 362, 577,
811, 820, 841, 849, 853, 879, 883, 892, 895, 898, 908, 915, 919, 958 Reuter, Ernst von (1860-1940), Oberst, 1912-1914 Kommandeur des 2. Oberrheinischen Infanterie-Regiments Nr. 99 343, 346, 350 f.
Personenregister Reuter, Ludwig von (1869-1943), Konteradmkal, September 1915-September 1916 Führer der IV.
Aufklärungsgruppe,
September 1916-Januar 1918 Führer der II.
Aufklärungsgruppe 685, 962, 1014,
1022, 1026, 1048, 1068 f.
Reventlow, Ernst Graf von (1869-1943), Schriftsteller 352, 354, 365, 430, 540, 847 Rheinbaben, Georg Freiherr von (1855-1921), 1901 -1910 preußischer Finanzminister,
1910-1918 Oberpräsident der Rheinprovinz 454,475,1047 Rheinbaben, Werner Freiherr von (1878-1975), Korvettenkapitän, 1911-1913 Marineattaché in Rom 228,238,282-286,290,297,299, 503, 514, 520 f, 523,526, 543 f, 550,570, 599 Ribot, Alexandre (1842-1923), französischer Politiker, März-September 1917 Ministerpräsident 372, 374, 376, 967, 983 985, 991, 1015 Richter, Max, 1909-1917 Unterstaatssekretär im Reichsamt des Innern 195 Richthofen, Manfred Freiherr von (1892-1918), Rittmeister und Geschwaderführer 980,1075 Richthofen, Oswald Freiherr von (1847-1906), Diplomat, 1900-1906 Staatssekretär des Auswärtigen Amts 121 -
Rietsch, Georg (1880-1915), Kapitänleutnant, I. Admiralstabsoffizier auf dem Großen Kreuzer »Prinz Adalbert« 717 Riezler, Kurt (1882-1955), 1911-1917 Sekretär von Reichskanzler Bethmann
Hollweg 477, 490, 492, 734, 815, 898, 912, 957, 981 Roberts, Frederick Earl R. of Kandahar (1832-1914), britischer Feldmarschall, 1885-1893 Oberbefehlshaber in Indien, 1895-1899 in Irland, 1899-1900 im Burenkrieg, 1901 -1904 Oberbefehlshaber 252
Robertson, Henry (geb. 1875), Korvettenkapitän a.D., Mai 1915-Januar 1918 Chef
der 2. Handelsschutzhalbflottille 712, 731, 735 Robertson, Sü William, britischer General, 1915-Februar 1918 Chef des Generalstabs 1077 Roeder von Diersburg, Diether Freiherr (1882-1918), Kapitänleutnant, Februar
1221
1915-Dezember 1917 Chef der 20. Tor-
pedobootshalbflottille 736, 738,1022 Roehr, Walter (1887-1918), Kapitänleutnant, August 1916-Januar 1918 Kommandant »U84« 962
Roesicke, Gustav (1856-1924), Rittergutsbesitzer und Politiker, 1898-1903, 1907-1912, 1914-1918 MdR (Deutsch-Konservative Partei), Generalsekretär des Bundes der
Landwirte 844,983 Rössing, Curt Freiherr von (1868-1942), Kapitän z.S, August 1914-Oktober Kommandeur der Matrosenbrigade, Oktober-November 1914 Kommandeur der Matrosenartilleriebrigade, November 1914-Juni 1916 Kommandeur der I. Marinebrigade bei der Marinedivision in Handern, 296, 483, 568, 592 Rogge, Maximilian (1866-1940), Konteradmiral, September 1909-Oktober 1917 Abteilungsvorstand in bzw. Direktor der Waffenabteilung im Reichsmarineamt 228, 232, 364, 528, 599, 719 f., 722, 814 Rohardt, Heinrich (1871-1945), Kapitän z.S, November 1914-Juli 1915 Kommandeur des 4. Matrosen-Regiments beim Marinekorps in Flandern 674 Rollmann, Max (1857-1942), Vizeadmiral, Oktober 1907-November 1913 Direktor des Konstruktionsdepartements im Reichsmarineamt 312 Romberg, Konrad-Gisbert Freiherr von
(1866-1939), Diplomat, 1912-1918
Gesandter in Bern 829 Roosevelt, Theodore (1858-1919), 1901-1909 Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika 543, 957
Roques, Joachim von (geb. 1891), Oberleutnant z.S, Januar-Oktober 1915 Flugzeugmutterschiff »Answald« 694 f., 720, 723, 726
Rosenberg, Frederic Hans von (1874-1934), Diplomat, Vortragender Rat im Auswärtigen Amt, 1917-1918 Mitglied der Friedensdelegation in Brest-Litovsk 378, 768 f, 813, 1027,
1049
f, 1084,
1089
Rosenberg, Hugo von (1875-1944), Korvettenkapitän, August 1914-September 1915 Führer der Sperrfahrzeugdivision der ( )stsee, zugleich Kommandant der Hilfs-
1222
Personenregister
streuminendampfer »Deutschland«, »Rügen«
und »Kaiser«, Oktober 1915-Januar 1918 Chef der U-Bootsuchflottille der Ostsee 594, 619, 631 f, 637, 702, 704 f, 707, 709, 969 Rosendahl, Carl (1852-1917), Kapitän z.S, September 1899-September 1901 Kommandant des Linienschiffs »Brandenburg« 25 Rozdestvenskij, Zinovij Petrovic (1848-1909), russischer Admiral, 1903-1905Chefdes Marinehauptstabs, Mai 1904-Mai 1905 Chef des II. Pazifischen Geschwaders 102,106,
120,129
Runciman, Walter (1870-1949), britischer Pohtiker, 1908-1916 Handelsminister 913, 921
Rupprecht von Bayern (1869-1955), bayerischer Kronprinz und General, Oberbefehlshaber der bayerischen 6. Armee 414, 416, 466,474,957,1011
Rymski Korsakov, 1914 russischer Marineattaché in Berlin 393
Saalwächter, Alfred (1883-1945), Kapitänleutnant, Dezernent für Signal- und Funken-
telegraphie der Operationsgruppe im Admiralstab 405 Sabhn, Michail Pavlovic (geb. 1869), russischer Konteradmiral, März 1918 zum Oberkommandierenden der Schwarzmeerflotte gewählt 1098 Sacharov, Victor Victorovic (1848-1905), russischer General, März 1904-Juh 1905 Kriegsminister, im Dezember 1905 ermordet 1049 Sachse, Dr.. Legationsrat im Auswärtigen Amt 273 Salandra, Antonio (1853-1931), italienischer Jurist und Pohtiker, 1914-1916 Minister-
präsident 514,616,772,828 Saldern, Siegfried von (1881 -1917), Kapitänleutnant, Matrosenartillerieabteilung Kiau-
tschou 497 Salisbury, Robert Arthur Talbot Gascoigne Cecil, Marquis of, britischer Politiker
(1830-1903), 1886-1892,
1895-1902 Premierminister 67 Salza-Lichtenau, Ernst Freiherr von, sächsischer Gesandter in Berhn 193, 311
Samassa, Paul (1868-1941), Professor und
führendes Mitglied des Alldeutschen Verbandes in Osterreich 256 Samsanov, Aleksandr (1858-1914) russischer Generalmajor, 1904- 1905 Brigadekommandeur im Russisch-Japanischen Krieg, 1914 Oberbefehlshaber der 2. (Narew)Armee 124,420,422 San Giuliano, Antonio Márchese di (1852-1914), italienischer Diplomat, 1910-1914 Außenminister 255, 488, 495 Sarrail, Maurice (1856-1926), französischer General, Oberkommandierender der alkierten Truppen in Saloniki 854,919
Sauberzweig, Traugott (1853-1920),
Generalleutnant, Chef des Generalstabs des XI. Armeekorps, später der 8. und 1918 der 18. Armee 1013 Sazonov, Sergej D. (1866-1927), russischer Pohtiker, 1910-1916 Außenminister 230, 264, 266 f, 269, 300, 340, 403 f, 851, 977 f, 994 Schack, Wilhelm (1860-1920), Vizeadmiral z.D, April-August 1914 Berater des osmanischen Kriegsministers in Küstenartülerieangelegenheiten 419 Schad, Adolf (geb 1890), Leutnant z.S.d.R, II. Matrosen-Artillerie-Abteilung, August 1915-Juni 1916 5. Matrosenregiment 350 f. Schäfer, Dietrich (1845-1929), Historiker, 1903-1921 Professor für Geschichte in Berhn 29, 78, 843, 853, 954 Schaumann, Carl (1865-1938), Konteradmiral, August 1914-August 1915 2. Admiral des III. Geschwaders, August 1915-Januar 1916 zur Verfügung des Chefs der Marinestation der Ostseejanuar 1916-Januar 1917 Inspekteur der Artillerie des Marinekorps in Flandern 542, 646, 673 f. Scheer, Reinhard (1863-1928), Admiral, September 1911 -Januar 1913 Direktor des Allgemeinen Marine-Departements im Reichsmarineamt, Februar 1913-Dezember 1914 Chef des II. Geschwaders, Dezember 1914-Januar 1916 Chef des III. Geschwadersjanuar 1916-August 1918 Chef der Hochseestreitkräfte, August-November 1918 Chef des Admiralstabs und der
Seekriegsleitung 120, 166, 172, 233, 236, 238, 260, 274, 280, 494, 501, 542 f, 550,
Personenregister f, 563, 603, 673, 764 f., 767, 777, 800, 816-818, 824 f, 840 f, 844 f., 848 f, 856 f., 871 f, 874-877, 879, 885-888, 891, 893, 897-899, 902, 905, 909-911, 914-916, 918-920, 925 f, 932, 950, 963 f, 1015 f, 557
1139
Scheibe, Albert (geb. 1877), Korvettenkapitän,
Februar 1915-August 1915 Aclmiralstab (Chef des Stabes in Berlin), August 1915-September 1917 I. Offizier auf dem Großen Kreuzer »von der Tann« 568-572, 577, 580 f, 591 f. Scheidemann, Phihpp (1865-1939), Redakteur und Politiker, 1903-1918 MdR
(SPD) 200, 225 f, 863, 901, 938, 969, 979, 983, 988, 999, 1035, 1046, 1068 Scheidt, Georg (1865-1943), Konteradmiral,
Februar-September 1915 Führer der IV. Aufklärungsgruppe, September 1915-Mai 1917 Marinedepotinspektion (Inspekteur) 607 f, 673
Schemua, Blasius (1856-1920), k.u.k.-Feldmarschalleutnant, 1911-1912 österreichischungarischer Generalstabschef 260,270 Scheuch, Heinrich (1864-1946), Oberst, 1913
Departmentschef im preußischen Kriegsministerium, 1914-1916 Chef des Stabes des Kriegsministeriums im Großen Hauptquartier, Oktober-Dezember 1918 preußischer Kriegsminister 385, 444, 455,
466, 486, 491, 514, 545 f, 553, 565, 597 Schevket Pascha, Mohamed, türkischer Großwesü 296,302 Schiemann, Theodor (1847-1921), Historiker, 1892-1920 Professor für osteuropäische Geschichte in Berhn, Korrespondent der »Kreuzzeitung« 190 Schjeming, Otto von (1853-1921), Generalarzt, 1905-1918 Generalarzt der Armee und Chef des Sanitätskorps, 1914-1918 Feldsanitätschef, Professor an der Universität Berhn 476 Schlenzka, Erich (geb. 1882), Kapitänleutnant, Januar-Mai 1918 Admiralstabs- und Verbin-
dungsoffizier in Braila/Rumänien 1065,1090 Schleusener, Wilhelm (1877-1919), Korvettenkapitän, Januar- November 1915 I. Offizier auf dem Linienschiff »Braunschweig« 689, 916 Schhck, Hans von (geb. 1874), Kapitän z.S, März-Dezember 1915 Kommandant des
1223
Kleinen Kreuzers »München«, Dezember 1915-November 1917 Kommandant des Kleinen Kreuzers »Straßburg«, zugleich Führer der Transportflotte bei der Eroberung der Baltischen Inseln 1917 618, 1037 Schlieffen, Alfred Graf von (1833-1913), Generalfeldmarschall, 1891-1905 Chef des Großen Generalstabs 121, 125 f, 130, 284 Schlubach, Roderich (1880-1953), Leutnant der Landwehr-Kavallerie, Mitglied des Wirtschaftsstabes in Rumänien, Referent für Wirtschaftsfragen in der Nateko 1066 f, 1069, 1071, 1081, 1090, 1109, 1112, 1137 Schmettow, Egon Graf von (1864-1942), Generalleutnant, Kommandeur der 6. Kavalleriedivision, später Höherer Kavalleriekommandeur 5 649 Schmid von Schwind, Herwarth (1866-1941), Konteradmiraljanuar-August 1917 Chef der Küstenschutzdivision der Ostsee 960, 976
Schmidt, Ehrhardt (1863-1946), Vizeadmiral,
Juli 1914-August 1915 Chef des IV. Geschwaders, zugleich betraut mit der Oberleitung des Seekrieges in der östlichen Ostsee, August 1915-Januar 1918 Chef des I. Geschwaders, September-November 1917 Chef des Sonderverbands
zur
Eroberung der Baltischen Inseln 608, 613,
646-649, 655 f, 658-661, 664, 668, 673 f, 676 f., 683, 685, 817 f, 1017, 1020-1022, 1026 f., 1031, 1035, 1068 f. Schöler, Hans von (1876-1964), Diplomat,
1914 Attachée an der bayerischen Gesandtschaft in Berlin 441, 443 Schoen, Wilhelm Freiherr von (1851 -1933), Diplomat, 1907-1910 Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, 1910-1914 deutscher Botschafter in Paris 148, 291, 398 Schönburg-Waidenburg, Heinrich Prinz (geb. 1863), Offizier à-la-suite der Armee,
August September Wilhelms II. 523
1914
Flügeladjutant
-
Schorlemer-Lieser, Clemens Freiherr von
(1856-1922), 1910-1917 preußischer
Landwirtschaftsminister 209, 248, 311 Schrader, Friedrich (1864-1937), Vizeadmiral, September 1909-November 1913 Vorstand der Mihtärischen Abteilung im Allgemeinen
Personenregister
1224
Marine-Departement des Reichsmarineamts, November 1913-September 1918 Direktor des Konstruktions-Departements des
Reichsmarineamts 224,233,818 Schramm, Georg (1871 -1936), Geheimer Admiralitätsrat, Direktor des VerwaltungsDepartements des Reichsmarineamts 340, 539, 767, 770 Schreckenthal, k.u.k.-Linienschiffsleutnant d.R, 1918 Delegierter bei der Waffenstillstandskommission in Bukarest 1059 Schreiber, Richard (geb. 1889), Oberleutnant z.S, Haggleutnant beim Stab des Befehlshabers der Aufklärungsstreitkräfte bei der Eroberung der Baltischen Inseln 1917 925
Schröder, Ludwig von (1854-1933), Admiral,
Oktober 1910-Juni 1912 Chef der Marinestation der Ostsee, August 1914-November 1914 Kommandeur der Marine-Division Flandern, November 1914-Dezember 1918 Kommandierender Admiral des Marinekorps in Flandern 415, 435, 463, 465, 474, 482-484, 511, 552, 559, 567 f, 592 Schroeter, Franz (1883-1934), Kapitänleutnant, Oktober 1912-Juni 1916 Kompanieführer bei der IV. Matrosen-Artillerieabteilung 309 Schubert, Hermann von (1851 -1926), General der Artillerie, 1915 Kommandierender General des XXVII. Reserve-
korps 442, 454, 474, 486, 507, 512, 516,
518 f, 523 Schünemann, Franz (geb. 1892), Leutnant z.S. d.R, Juni 1915-April 1916 Torpedoboot
»G 104« 648
Schütz, Christian (1861 -1915), Vizeadmiral,
September 1911-September 1913 Chef des Stabes der Hochseeflotte 157, 273 f.
Schulenburg, Anton von der (1862-1940),
Oberst, 1915 Kommandeur der 3. Kaval-
lerie-Brigade
608-610
Schultz, Friedrich (1865-1945), Vizeadmiral,
August-Dezember 1915 Chef des IV. Geschwaders
567, 673, 685 688, 694-696, 699-701, 704 f, 708-710, 712-716, 721, 723-725, 727-729, 731, 733, 735-741, 745-750, 752-757, 1018 Schultz, Max (1874-1917), Korvettenkapitän, -
1911-1914 in der
Zentralabteilung des
Reichsmarineamts, 1914-1917 Chef der VI. Torpedobootsflottüle 170, 234 f, 268, 275, 343, 825
Schultz-Bromberg, Georg (geb. 1860) Justizrat, 1907-1918 MdR (Reichspartei), Abgeordneter 427
Schultze-Gaevemitz, Gerhart von, Professor 477,500 Schulze, Erich Edgar (geb. 1880), Kapitänleutnant, bis September 1914 Dezernent in der Zentralabteilung des Reichsmarineamts,
September 1914-November 1918 Admiralstabsoffizier beim Generalkommando des
Marinekorps 382, 414 f, 418, 462 f, 483 f, 492, 497, 520, 524, 552, 567, 576 f, 592, 666, 767, 897, 899, 901
Schwander, Rudolf (1858-1950), 1906-1917
Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister von Straßburg, August 1917-Oktober 1918 Staatssekretär des Reichswirtschaftsamts 225
Schwarz, Wilhelm (1876-1915), Kapitänleutnant d.R, Wachoffizier auf dem Großen Kreuzer »Prinz Adalbert« 717
Schwerin, Bogislav Graf von (1851 -1926), General der Infanterie, Kommandeur der 7. Reserve-Division 704-706, 725,739 f, 747 f, 751-753,943,1021,1024,1037,1130 Schwind siehe Schmidt von Schwind Seebohm, Hans (1871-1945), Kapitän z.S, September 1914-Januar 1916 Chef der Operationsabteilung beim Kommando der Hochseestreitkräfte Januar 1916-November 1918 Chef der Zentralabteilung im Reichsmarineamt 422, 531, 533, 541, 767, 811 f, 845, 849-852 Seelen, Diederich von (geb. 1885), Kapitänleutnant, bis ( Iktober Flaggleutnant beim Stab des Befehlshabers der Aufklärungsstreitkräfte der Ostsee 599 f, 676, 703 Seidensticker, Otto (geb. 1874), Korvettenkapitän, April 1915-Januar 1916 1. Admiralstabsoffizier beim Stab des Befehlshabers der Aufklärungsstreitkräfte in der ( )st-
599, 612, 616, 618, 643, 647, 651, 662, 664, 667, 682, 688, 702, 704, 709, 728, 731, 738 f, 740, 755 Selbourne, William Waldegrove Palmer Earl of (1859-1942), englischer Pohtiker, see
1900-1905 Erster Lord der Admiralität 740
Personenregister
1225
Selchow, Bogislav Freiherr von (1877-1943), Fregattenkapitän, Schriftsteller 5, 1138 Sembat, französischer Soziahst t079
Sophie (1870-1932), 1913-1917, 1920-1922 Königin von Griechenland, Schwester
Senarclens-Grancy, .Alexander Freiherr von (1880-1964), Korvettenkapitän, ab Dezember 1917 Marineattaché in Konstantinopel 1137 f. Sendler, Karl von (1869-1921), Generalmajor, Februar 1917-März 1918 Militär-
Souchon, Wilhelm (1864-1946), Admiral,
bevollmächtigter in Rumänien, März-November 1918 Oberquartiermeister der 2. Armee in Odessa 1067
Serafimov, bulgarischer Fregattenkapitän,
Delegierter bei der Waffenstillstandskommission in Bukarest 1052, 1054, 1059, 1062 Sergej Aleksandrovic (1857-1905), russischer Großfürst, Generalgouverneur von Moskau,
Onkel Zar Nikolaus'II. 132
Siburg, Hans (geb. 1893), Leutnant z.S, März 1915-Januar 1916 I. Seefliegerabteilung 688 f, 695, 716, 736
Sidensner, Ingenieur 1125, 1130, 1133 Siebert, Benno von, russischer Diplomat, Sekretär
an
der Botschaft in London 403
Sieger, Ludwig (1857 -1952), General der Artillerie, Chef des Feldmunitionswesens 60,409 f, 420,422,430,453,474, 501 f, 507,546, 578, 585, 597
Sieger, von (f 1914), Oberleutnant im Infanterie-Leibregiment Großherzogin 430 Siemens, Wilhelm von (1855-1919), Industriel-
ler 164 Sixt von Armin, Friedrich Bertram (1851 -1936), General der Infanterie, 1912-1917 Kommandierender General des IV. Armeekorps 298,587 Skrydloff, Nikolaj Ularionevic (geb. 1844), russischer Admiral, 1904 Oberkommandierender des Geschwaders im Fernen Osten 111 Skuludis, Stefanos (1836-1928), griechischer Politiker, 1915-1916 Afinisterpräsident 727 Solf, Wilhelm (1862-1936), Politiker, 1911-1918 Staatssekretär des Reichskolonialamts 190, 352, 851, 853 Solms-Baruth, Friedrich Fürst zu (1853 -1920), 1914-1918 Mihtärinspekteur der Freiwilhgen
Krankenpflege 518,572,578,592,598 Sombart (Hauptmann der Reserve) 923 Sonnino, Sydney Baron (1847-1922), italienischer Politiker, 1914-1919 Außenminister
488,495,772
Wilhelms II. 320
Chef der Mittelmeerdivision, 1918 Chef der Marinestation der Ostsee 7, 68 f, 74 f, 79,
102, 408, 412, 478, 764, 769, 771, 782, 786-788, 793, 798, 811, 822 f, 828, 842, 848, 867, 875, 1034
Spahn, Peter (1846-1925), Oberlandesgerichtspräsident, 1884-1917 MdR (Zentrum) 200,222,268,333 Spee, Maximilian Graf von (1861-1914), Vizeadmiral,
1912-1914 Chef des Kreuzer-
geschwaders 485 f, 519 Spieß johannes (geb. 1888), Oberleutnant,
März 1915-Mai 1916 Kommandant »U 9« 662, 709 f, 730, 749 Spitzemberg, Hildegard Baronin von (1843-1914), Diplomatenwitwe und Inhaberin eines Berhner Salons 142, 223, 230, 247 Stahmer, Hamburger Senator und Bevollmächtigter zum Bundesrat 205 Stanciov, bulgarischer Admüal, Sommer 1918 zeitweiliger Vertreter im Kaukasus, Kommandant von Varna 1110 Stauß, Emil Georg von (1877-1942), Direktor der Deutschen Bank 1086 Stegemann, Hermann (1870-1945), Schriftsteller 975 Stein, Hermann von (1854-1927), General der Artillerie, 1914 Generalquartiermeister im Generalstab des Feldheeres, 1914-1916 Führer des XIV. Reservekorps, Oktober 1916-Oktober 1918 preußischer Kriegsminister 219, 416, 423, 434 f, 437, 448,
878,1048 Steinbrinck, Otto (geb. 1888), Kapitänleutnant, Kommandant »ÜB 10«, »ÜB 18«, »UC 65«, »ÜB 57« 934 Stetten, Otto von (1862-1937), Generalmajor, 1912 Abteilungsleiter im ministerium 262
bayerischen Kriegs-
Stinnes, Hugo (1870-1924), Industrieller 79, 87, 146,770, 851,868-870, 876,878,888,1066 Stockhammern, Franz von (1873-1928),
Diplomat, 1914-1917 in diplomatischer
Aüssion in Rom und in der Schweiz, ab 1917 in besonderer Verwendung in Berhn 1090
Personenregister
1226
Stoelzel Albert (1872-1928), Kapitän z.S, Oktober 1911 Oktober 1916 Dezernent im Admiralstab, Oktober 1916-November 1917 Abteilungsvorstand in der Operationsgruppe 763, -
845, 863 f, 870,879, 887,893,985 Stoessel, Anatolij Michailovic (1848-1915), russischer General, 1900-1905 Kommandant der Festung Port Arthur 110, 112,
127, 129 Stosch, Albrecht von (1818-1896), General
und Admiral, 1872-1883 Chef der Admiralität 382,545,932 Strasser, Peter (1876-1918), Korvettenkapitän, Kommandeur der Marineluftschiffabteilung 503 Stratelov, bulgarischer Korvettenkapitän, Vertreter in der Nateko 1078, 1082 Strempel, Walter von (1867-1935), Oberstleutnant, 1908-1913 Militärattache in Konstantinopel, danach Erzieher türkischer Prinzen 319, 747 f. Stresemann, Gustav (1878-1929), Pohtiker, 1907-1912, 1914-1918 MdR (Nationalliberale Partei) 72, 75, 88, 777 Stubenrauch, Felix (1850-1931), Konteradmiral z.D, März 1894-Oktober 1897 Kommandant von Helgoland, Schwiegervater Hopmans 36, 956 Stülpnagel, Kammerherr der Kronprinzessin 631,758,885 Stürgkhjoseph Graf (1862-1946), österreichischer General, 1914-1916 k.u.kBevollmächtigter im Großen Hauptquartier 410,455,466 Stürgkh, Karl Graf (1859-1916), österreichischer Ministerpräsident, am 21.10.1916 von Friedrich Adler ermordet 390, 904 Stürmer, Boris Vladimirovic (1848-1917), russischer Pohtiker, Februar-November 1916 Ministerpräsident 772, 850 f, 919, 927, 929, 965 Stumm, Wilhelm von (1869-1935), Diplomat, 1908-1911 Vortragender Rat in der Politischen Abteilung des Auswärtigen Amts, 1911-1916 Abteilungsdirigent, November 1916-Dezember 1918 Unterstaatssekretär 190 f, 247, 249, 389, 401, 437, 523, 765, 869, 876, 960 Südekum, Albert (1871 -1944), Redakteur, 1900-1918 MdR (SPD) 996
Sul'kevic, Sülejman (1865-1920), russischer General, im Sommer 1918 Ministerpräsident der Krimregierung 1116 Sun Yatsen (1866-1925), chinesischer Pohtiker Januar-Februar 1912 Staatspräsident 164, 209 Szögyeny-Marich, Laszlo Graf von
(1841 -1916), österreichisch-ungarischer Diplomat, 1892-1914 Botschafter in Berhn 15
f, 382 f, 385
Tägert, Carl (1869-1946), Kapitän z.S, September-November 1914 Führer des
Trosses bei der Marine-Division in Handern, November 1914-Februar 1915 Kommandeur des 1. Matrosenregiments, Februar-August 1915 Kommandeur des 2. Matrosenartillerieregiments, August 1915-Mai 1917 Kommandeur der II. Marinebrigade beim Marinekorps in Flandern 463, 483 f, 684, 689 f, 697, 760 Taegert, Wilhelm (1871 -1950), Kapitän z.S, August 1914-September 1915 Kommandant des Linienschiffs »Mecklenburg«, November 1915-September 1917 Chef des Stabes der Mittelmeerdivision 600, 690 Talaat Pascha (Bey), Mehmet (1872-1921), türkischer Pohtiker, einer der Führer der jungtürkischen Bewegung, 1913-1917 Innenminister, 1917-1918 Großwesir 70 f, 481, 769, 775, 808 f, 829, 849, 960, 1088, 1110
Tantilov, bulgarischer General 1059, 1067
Tappen, Gerhard (1866-1953), Oberstleutnant, 1914-August 1916 Chef der
Operationsabteilung im Großen Generalstab
474,502,510
Tegtmeyer, Ernst (geb. 1877), Korvettenkapitän, Oktober-November 1917 Admiralstabsoffizier beim Sonderverband zur Eroberung der Baltischen Inseln 1017 Tewfik Pascha (Bey), Ahmed (1843-1936),
türkischer Pohtiker, 1909-1914 Gesandter in London 771 Théotoky, griechischer Diplomat, 1910-1914 Geschäftsträger in Berlin 340
Thoma, Ludwig (1867-1921), bayerischer Schriftsteller 1028
Thomas, Albert (1878-1932), französischer Pohtiker, 1916-1917 Rüsrungsminister 1009, 1079
Personenregister Thomsen, August von (1846-1920), Admiral z.D. 36,330,1004 Thorbecke, Karl (1868-1917), Kapitän z.S,
1227
schiffs »Kaiser«Januar 1916-November 1918, Chef des Stabes der Hochseestreitkräfte, März 1919-März 1920 Chef der Admiralität 7, 14, 41, 44, 48 f, 51, 54, 56, 59, 76, 79, 85 f, 90, 120 f, 161, 172, 212,
Kommandant des Linienschiffs »König Albert« 185,358 Thyssen, August (1842-1926), Industrieller 433 Tietze, Rudolf (1874-1916), Korvettenkapitän, April-Juli 1915 I. Admiralstabsoffizier beim V. Geschwader, zugleich Kommandant des Linienschiffs »Kaiser Friedrich III.« 650, 726, 739, 745 Tirpitz, Margot von, Tochter Alfred von Tirpitz' 362, 527, 530, 760, 870, 873
215, 231, 235-238, 252, 347, 357, 361, 399, 457, 461, 481, 489, 499, 501, 533, 539, 542, 644 f, 732 f, 764, 767, 816-818, 824, 841, 844, 876 f., 880, 894, 897 f, 901, 910-912, 916, 919 f, 925, 963 f, 984 Trott zu Solz, August von (1855-1938), 1909-1917
preußischer Kultusminister
858
Tirpitz, Wolfgang von (1887-1968),
Trummler, Konrad (1864-1936), Konteradmiral, November 1912-Oktober 1913 Chef der Mittelmeer-Division 144, 255, 323, 335
Tirpitz' 227,4t9-42t,586 Tisza von Boros-Jenö und Szeged, Stefan Graf (1861 -1918), ungarischer Politiker,
Tschirschky und Bögendorff, Heinrich von (1858-1916), Diplomat, 1907-1916 Bot-
Oberleutnant z.S, Sohn Alfred von
schafter in Wien 138 f, 254, 256 f., 259, 265, 321, 340, 388, 405, 528, 910, 926
1903-1905, 1913-1917 Ministerpräsident 45, 386, 504, 528, 546
Togo, Heitachiro (1846-1934), japanischer
Admiral, 1904-1905 Oberbefehlshaber der Flotte 109,112
Tolstoj, Lev Nikolaevic (1828-1910), russi-
scher Dichter 1122 Townshend, Sir Charles (1861 -1924), britischer General an der Irak-Front, 1916 eingeschlossen in Kut el Amara 768 Trepov, Aleksandr Fjodorovic (1862-1928), russischer Politiker, 1915 Yerkehrsminister, November 1916-Januar 1917 Minister-
präsident 927,929,938
Treuder, Carl Georg von (1858-1933),
Diplomat, 1914-1916 Vertreter des Reichskanzlers und des Auswärtigen Amts im Großen Hauptquartier 316, 319, 411, 446,
468, 495, 506, 547, 561, 563, 565, 572, 598, 752,764,841,873
Trockij, Lev Davidovic (1879-1940), russischer Journahst und Politiker, November 1917-März 1918 Volkskommissar des
Äußeren, Leiter der sowjetischen Delegation in
Brest-Litovsk, ab März
1918-1925 Volkskommissar für Verteidigung 1063 1069-1074, 1079, 1084
f,
Trotha, Adolf von (1868-1940), Vizeadmiral,
September 1910-September 1913 Abteilungschef im Marinekabinett, September
1913-Januar 1916 Kommandant des Linien-
Tülff von Tschepe und Weidenbach, Erich (1854-1934), General der Infanterie 1054,
1059, 1067 Türk, Titus (1868-1952), Kapitän z.S, Aprü
1911 -September 1914 Dezernent für Minen- und Sperrwesen im Werft-Departement des Reichsmarineamts, September-November 1914 Kommandeur des Minen- und Sperrwesens bei der Marinedivision Flandern, November 1914-November 1918 Kommandeur des Afinen- und Sperrwesens beim Alarinekorps 463, 483, 567 Twesten, Karl (1820-1870)Jurist, 1862-1870 MdPrAH (Deutsche Fortschrittspartei), 1867-1870 MdNorddt. Reichstags (Nationalliberale Partei) 354 Tyrrell, Sir William (1866-1947), Diplomat, 1907-1915 Privatsekretär von Sir Edward
Grey 370,994 Tyszka, Heinrich von (geb. 1879), Korvettenkapitän, bis November 1914 persönlicher
Adjutant des Prinzen Heinrich von Preußen, Mai 1915-Juli 1916 I. Adjutant beim Stab des Oberbefehlshabers der Ostseestreitkräfte 329, 406, 598, 704, 751 f.
Uchida, Sadatsuchi, japanischer Diplomat, 1915-1916 Gesandter in Stockholm 770, 851
1228
Personenregister
Uchtomskij, Fürst, russischer Konteradmiral, 1904 2. Admirai des Pazifikgeschwaders in Port Arthur 112 Usedom, Guido von (1854-1925), Admiral, Generaladjutant Wilhelms II, August 1914-November 1918 Leiter der Sondermission in der Türkei, zugleich Oberbefehlshaber in den Meerengen 68, 189, 464, 471 f, 475 f, 478, 480, 500, 504,
549, 565, 578, 769, 824, 828,1068 Ußlar, Ludolf von (1867-1939), Konteradmkal, August 1915-Dezember 1917 Chef des Stabes im Stab des Oberbefehlshabers der Ostseestreitkräfte, Dezember 1917-Januar 1918 Befehlshaber der Aufklärungsstreitkräfte der östlichen Ostsee, Februar 1918-Mai 1918 Befehlshaber der Marineanlagen in Kurland 81, 503, 507, 523, 542, 549, 578, 656, 673, 684 f, 695, 705 f, 715 f,
Konstruktionsdepartement des Reichsmarineamts 362 Veli Bey, türkischer Kapitänleutnant 778, 785
Venizelos, Eleutherios (1864-1936), griechischer Pohtiker, 1910-1915, 1917-1920 Ministerpräsident 378, 577, 707, 727, 865, 931
Verchovskij, Aleksandr Ivanovic (1886-1939), russischer General, September-November 1917 Kriegsminister 1021 Vesper, Karl (geb. 1889), Oberleutnant z.S, Mai 1915-April 1918 Kommandant »UC 58«
667, 696, 725, 727, 745,1001, 1004,1022, 1026
Viktor Emanuel III. (1869-1947), 1900-1944 König von Italien 219, 333, 485, 495, 772,
961,971
Viktoria Luise (1892-1980), Prinzessin von Preußen 123,170,324
f, 871, 883, 893, 903, 917-920, 932, f, 950-952, 954,1004,1014 f, 1018, 1038, 1040, 1042-1045, 1047 f, 1069 Uthemann, Friedrich (1851 -1921), Geheimer Marinebaurat, 1906-1917 Leiter des Tech-
Viktoria, Königin von England (1819-1901) 97,
nischen Büros bei der Inspektion des Torpedowesens 258 Valentin, Veit (1885-1947), Historiker 886 Valentini, Rudolf von (1855-1925), Wirklicher Geheimer Rat, 1908-Januar 1918 Chef des Kaiserkchen Zivilkabinetts 172,
Viren, Robert (1856-1917), russischer Admiral, 1904-1905 stellvertretender Chef des
863 934
176,181,184, 207, 214, 227, 295, 367, 379, 446, 468, 490, 506, 547, 561, 565, 593, 598, 752, 903, 957, 999,1013,1045 Vanselow, Ernst (geb. 1876), Fregatten-
kapitän, 1914-September 1918 Dezernent
im Admiralstab 7, 34, 80, 82, 820, 855, 858 f, 871 f, 874, 876, 879, 886, 919, 928, 932, 939, 952, 955, 958, 972, 981 f, 1010, 1048 f, 1068, 1099 Varnbüler von und zu Hemmingen, .Axel Freiherr (1851-1937), Diplomat, 1894-1918 württembergischer Gesandter in Berlin 311 Varrentrapp, Eduard (1869-1928), Kapitän z.S, Juh 1914-Januar 1916 Kommandant des Linienschiffs »Wettin« 602 Vassif Bey, türkischer Kapitän z.S. 72, 771, 793 Veith, Rudolf, Dr. ing. (1846-1917), Wirklicher Geheimer Rat, Abteilungschef im
242-244
Vülalobar, Saavendray Vinent, Rodrigo Ramirez de, Marquis (1866-1926), spanischer
Diplomat, Botschafter in Brüssel
Marinehauptstabs
1027
112 f.
Viviani, René (1863-1925), französischer Poliri-
kerjuni 1914-Oktober 1915 Ministerpräsident, 1915-1917Justizminister 372,376,418, 713, 721
Voigts-Rhetz, Werner von (1863-1914), Generalmajor, Generalquartiermeister 503 f. Vynnycenko, Volodymyr Kyryllovic (1880-1951), Schriftsteller und Pubhzist, 1917 Präsident und Außenminister der ukrainischen Zentrairada, Führer der ukrainischen Sozialdemokraten 1069
Wachs, Rudolf von (1850-1916), Generalleutnant, 1903-1913 Departementdirektor im preußischen
Kriegsministerium
183
Wahnschaffe, Arnold (1865-1946) Jurist,
1909-1917 Unterstaatssekretär in der Reichskanzlei 161, 165, 177, 180, 182, 193, 213
f, 231, 378 f, 395, 400, 505, 852, 923
Waitz 779,856
Waldeck-Rousseau, Pierre (1846-1904), französischer Pohtiker, 1881, 1883-1885 Innenminister 245
Personenregister Waldemar, Prinz von Preußen (1889-1945),
Korvettenkapitän, ältester Sohn von Prinz Heinrich von Preußen 475 f, 478, 480,
504, 565, 579, 592, 595, 922 Waldersee, Georg Graf von (1860-1932), Generalleutnant, 1914 Oberquartiermeister
1229
Tsingtau stationierten Großen Kreuzers »Hagen« 102 Weber, Max (1864-1920), Nationalökonom und Soziologe 91 Weddigen, Otto (1882-1915), Kapitänleutnant, Kommandant »U 9« 444
im Generalstab der 8. Armee Juh- Oktober 1918 »Deutscher General« in Odessa, Oktober-November 1918 Gouverneur von
Wedel, Botho Graf von (1862-1943), Diplo-
Sevastopol' 1131,1138 Waldeyer-Hartz, Hugo von (geb. 1876), Fregattenkapitän, August-September 1914 Kommandeur der XV. Marine-Artillerie-Abteilung der Marine-Division in Handern, September 1914-April 1915 Admiralstabsoffizier beim Generalkommando des Marinekorps 462,
Weidgen, Franz (geb. 1881), Kapitänleutnant,
567
Wallenberg, von, Oberleutnant, bei Kriegsausbruch beim Kaiser-Alexander-Garderegiment, zum
Generalstab kommandiert 491,496,
498
Wallenberg, Knut (1853-1938), schwedischer Politiker, Direktor der Stockholmer Privatbank, 1914-1917 Außenminister 414, 569, 896, 928, 938, 963 Walter, Axel (1873-1915), Korvettenkapitän,
Mai-Dezember 1915 Kommandant des Kleinen Kreuzers »Bremen« 701, 705, 753, 756 Wandel, Franz von (1858-1921), General der Infanterie, 1908/09-1913 Direktor des All-
gemeinen Kriegs-Departements im preußischen Kriegsministerium, 1913-1914 Gou-
Köln, 1914-1916 stellvertretenKriegsminister 156,176, 262,310,891
verneur von
der preußischer
Wangenheim, Hans Freiherr von (1859-1915), Diplomat, 1912-1915 Botschafter in Konstantinopel 70, 253, 295, 300, 367 f, 419,
mat, 1916-1918 Botschafter in Wien 392,
397, 539, 841, 896, 926, 1045, 1112 1915 Chef der Hilfsminensuchdivision »Neufahrwasser« 702, 712
Weimann-Bischoff, Julius (1875-1915), Kor-
vettenkapitän, August 1914-Juni 1915 Sondermission in der Türkei, dem Inspekteur
der Küstenartillerie und des Minenwesens zugeteüt 572 Weinljg, Otto, Generaldirektor Dillinger Hüttenwerke 352,453,462,466,499,501, 515 f, 597 Weiße, Karl (geb. 1877), Korvettenkapitän, Admiralstabsoffizier 648, 650, 725 f., 882 Weizsäcker, Carl Freiherr von (1853-1926), Politiker, 1906-1918 württembergischer Ministerpräsident 153 Weizsäcker, Ernst Freiherr von (1882-1951), Korvettenkapitän, bis 1914 im Marinekabinett, Admiralstabsoffizier beim Stab des 2. Admirals des III. Geschwaders, dann bis Januar 1918 Flaggleutnant im Stab der Hochseestreitkräfte Januar- August 1918 Nachrichtenoffizier auf dem Großen Kreuzer »von der Tann«, August-November 1918 Verbindungsoffizier zur Obersten Heeresleitung beim Admiralstab 2, 138,
153,194, 246, 251, 260, 302, 373, 388, 489, 584, 644, 925, 984 Wenge, Freiherr von der, Graf von Lambsdorff, Oberst, Chef des Generalstabs des
427-431, 480, 488, 522, 661, 697, 766,1028 Warrender, Sir George John Scott (1860-1917), englischer Vizeadmiral,
Armeekorps 569 Wenninger, Karl Ritter von (1861 -1917), Generalleutnant, 1912-1914 bayerischer Müitärbevollmächtigter in Berhn und im
Warrender, Lady Alaud Ashley (Ehefrau von
Wenninger, Ralph (geb. 1880), Kapitän-
1912-1916 Befehlshaber der II. Battle Squadron 379 f.
Admiral Sir der) 381
George John Scott Warren-
Weber, Eugen (1860-1929), Fregattenkapitän, Dezember 1900-März 1904 im Admiralstab,
Juni 1904-April 1906 Kommandant des in
X.
Großen Hauptquartier 53, 262, 317, 409 421, 449 f, 455 f, 485
leutnant, Kommandant »UC 17« 962 Wense, Baron von der, Hofrat, Afitglied der
f,
Delegation bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Bukarest
österreichischen 1918
1052,1055,1082
1230
Personenregister
Wermuth, Adolf (1855-1927), Pohtiker, 1909-1912 Staatssekretär des Reichsschatzamtes 160 f, 165, 172, 176-179, 183 f, 193 f, 200, 204, 211, 219, 289, 362 Werth, Alexander (1879-1942), Korvettenkapitän Jvüi 1914-August 1915 Navigationsoffizier auf dem Linienschiff »Witteisbach«, August-Dezember 1915 Admüalstabsoffizier beim Stab des Führers der Aufklärungsstreitkräfte der Ostsee 705, 714, 717, 721 West, Georg (geb. 1872), Fregattenkapitän, bis Juh 1915 Kommandant »Albatroß« 631 f, 635 f, 640, 650 Westarp, Kuno Graf von (1864-1945), Pohtiker, 1908-1918 MdR (Konservative Par-
tei) 427,773,844,863
Westerkamp, Siegfried (geb. 1874), Korvettenkapitän, bis Januar 1917 I. Admiralstabsoffizier beim Stab des Oberbefehlshabers der OstseestreitkräfteJanuar-August 1917 Kommandant des Kleinen Kreuzers »Augs-
burg« 535, 544, 550, 555 559, 565, 568,
598, 649, 655 f, 704, 751-753, 882, 887 f, 890 f, 899 f, 1001, 1006 Wetzel, Oberarzt im Großen Hauptquartier, 2. Leibarzt Wilhelms II. 58, 446, 494, 497, 499, 506, 565, 570, 577, 586 f, 591 Wetzell, Georg (geb. 1869), 1916-Juh 1918 -
Chef der Operationsabteilung des Großen Generalstabs 882, 892, 1017 Wickmann, Albert (geb. 1887), Oberleutnant z.S, April-November 1918 Adjutant
Hopmans 1051,1067, 1071, 1073 Widenmann, Wilhelm (1871 -1955), Kapitän z.S, 1907-1912 Marineattache in London, bis Februar 1915 Kommandant des Kleinen Kreuzers
»Kolberg«, Februar-Au-
gust 1915 Kommandant des Kleinen Kreuzers
»Regensburg«, August 1915-April 1916
Vorstand des Nachrichtenbureaus im
Reichsmarineamt, April 1916-Januar 1917 Abteilungschef im Allgemeinen Marine-
departement des Rcichsmarineamts 7, 167,
193, 201, 208, 211, 214, 220, 223-225, 229, 231, 531-533, 558, 673 f, 760, 766, 812, 817, 839-841, 843, 859, 885 f., 890 Wied, Wühelm Fürst zu (1876-1945), 1914 Fürst von Albanien 372, 377
Wiegand, Kad von, amerikanischer Journalist
deutscher Abkunft 500,504, 525, 536, 777,811
Wiemann, Tiberius (geb. 1869), Marine-
generaloberarzt, bis Februar 1916 Marinelazarettschiff »Schleswig« 637 Wiemer, Otto (1868-1931), Stadtrat, 1898 -1918 MdR (FVP) 427 Wieting, Franz (1876-1966), Korvettenkapitän, Aprü 1915-März 1917 Chef der X Torpedobootsflottüle 599, 629, 682, 686, 702, 917 f, 1005, 1011,1014-1017, 1020,1047, 1112,1138
Wild
von
Hohenborn, Heinrich Adolf
(1860-1925), Generalleutnant, 1913-1914 .Abteilungschef im preußischen Kriegsministeriumjanuar 1915-Oktober 1916 preußischer Kriegsminister 58, 502,
507-509, 536, 549, 569, 571, 582, 592, 596, 598, 760 f., 763, 815, 829, 852, 861, 878, 995 Wilhelm I, Deutscher Kaiser und König von Preußen (1797-1888) 17, 133, 156, 170, 274,581,596,986,1141 Wilhelm, preußischer Kronprinz und Kron-
prinz des Deutschen Reiches (1882-1951), ältester Sohn Wilhelms II, August 1914-No-
vember 1916 Oberbefehlshaber der 5. Armee, ab 1916 der Heeresgruppe Kronprinz 30, 124, 169, 217, 242, 298, 346, 364 f, 390, 416, 443, 447, 509 f, 536, 545, 549, 558-562, 565, 578 f, 582, 584, 595 f, 631, 844, 861, 885 f, 890, 894, 927, 930, 955, 961, 995, 999, 1002-1004, 1046 Wilhelm, Prinz von Preußen (1906-1940), Sohn von Kronprinz Wilhelm 242 Wüson, Sir Arthur (1842-1921), britischer Admiral 123 Wüson, Sir Henry (1864-1922), britischer Generalleutnant, 1918 Generalstabschef 1077, 1079 Wüson, Woodrow (1856-1924), 1912-1921 Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika 302, 363 f, 629, 732, 766, 772 f, 777, 814, 861, 883, 889-901, 908 f, 912, 915-917, 920, 927, 929 f, 938, 941 945, 949, 953-956, 960-962, 972 f, 975, 991 f, 1027, 1066 f, 1076, 1081 f, 1128 f, 1134 f. Witschel, Max (1863-1916), Konteradmiral, Oktober-November 1914 Artillerieinspekteur bei der Marinedivision in Flandern, November 1914-Januar 1916 Artülerieinspekteur beim Marinekorps 463, 470, 482 -
Personenregister Witte, SergeijJuTevic (1849-1915), russischer Politiker, 1892-1903 Finanzminister, 1903-1905 Vorsitzender des Ministerkomitees, 1905-1906 Ministerpräsident 132,137, 529, 579, 888 Witthöfft, Wilhelm (1847-1904), russischer Vizeadmiral, April-August 1904 Oberkommandeur des russischen Geschwaders im Pazifik 107,111-114 Witzendorff, Ernst von, Hauptmann, Flügeladjutant von Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin 747
Wodarz, Georg (geb. 1875), Fregattenkapitän,
Dezember 1917-November 1918\rerbindungsoffizier beim Generalkommando 52 1112 Wolff, von, 1914 Oberst im Generalstab 565 Wolff, Richard, Kapitänleutnant d.R, Kommandant des Luftschiffs »SL IV« 485, 675, 704 Wolff, Theodor (1868-1943), Schriftsteller und Pubhzist, 1906-1933 Chefredakteur des »Berliner Tageblatts« 814, 873, 894, 953,
957, 959,1028
Wordey, Edward James Stuart (1857-1934), englischer Oberst a.D., Besitzer von Highcliffe Castle, Freund Wilhelms II. 145 Woyrsch, Remus von (1847-1920), General der Infanterie, Führer der Armeeabteilung Woyrsch und bis Ende 1916 der Heeresgruppe Woyrsch an der Ostfront 524, 659, 924
Wülfing von Ditten, Paul (1880-1953), Korvettenkapitän, März-November 1918 Marinemitglied der deutschen UkraineDelegation in Kiev 1139 Wünsche, Otto (1884-1919), Kapitänleut-
nant, Kommandant »U 70«, »U 97«, »U 126« 951 Wurmbach, Otto (1864-1940), Vizeadmiral, Oktober 1912-Dezember 1916 Chef des Stabes bei der Marinestation der Nordsee, Dezember 1916-Februar 1919 Inspektion des Bildungswesens (Inspekteur) 125,308, 542, 866 Younghusband, Leslie Napier (1866-1939), britischer Generalmajor, Divisionskommandeur an der Irak-Front 780 Yuan Shikai (1859-1916), chinesischer General, März 1912-Juni 1916 Staatspräsident 164, 209
Zaharia, rumänischer Kapitän z.S, Delegierter bei der Waffenstillstandskommission in Bukarest 1061
1231
Zaimis, Alexander (1855-1936), griechischer Politiker, Oktober-November 1915Juni 1916
Ministerpräsident
727
Zech-Burkersroda, Ernst Graf von
(1885-1945), Diplomat, 1913 Legationssekretär an der Botschaft in Wien, August 1914 Adjutant des Reichskanzlers im Großen Hauptquartier, 1917-1921 preußischer Geschäftsträger 553, 556, 596, 923
Zedlitz-Trützschler, Robert Graf von
(1863-1942), 1903-1910 königlichpreußischer Hofmarschall 15, 18 Zenker, Hans (1870-1932), Admiral 412,
423, 425, 445 f, 465, 470-472, 474-476, 478-482, 487, 494, 496 f., 502, 507 f, 512, 514, 516 f, 522 f, 543, 555-557, 572, 577, 583 f, 588 f, 593 f, 739, 743, 768
Zeppelin, Ferdinand Graf von (1838-1917), Luftschiffpionier 186 Zerboni di Sposetti, Günther von (1876-1915), Korvettenkapitän, I. Offizier auf dem Großen Kreuzer »Prinz Adalbert« 629,717 Ziese, Carl (1848-1917), Industrieller, Besitzer
der Schichau-Werft in
Danzig und
Elbing 350,366 Zimmermann, Arthur (1864-1940),
Diplomat, 1905 Vortragender Rat in der Politischen Abteilung, 1910-1911 Abteilungsdirigent, Mai 1911-November 1916 Unterstaatssekretär, November 1916-August 1917 Staatssekretär des Auswärtigen Amts 70, 190, 206, 211, 230,
286, 292, 331, 338, 340, 352, 386, 388 f, 391 f, 396, 398, 404, 493, 510, 529, 536, 540, 566, 580, 769, 777, 849, 856, 889, 907, 922, 926, 930, 932, 943, 960, 980, 1001 Zita, Prinzessin von Bourbon-Parma (1892-1989), 1916-1918 Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn 948,1045 Zitzewitz, Maximilian von (geb. 1886), Kapitänleutnant, Kommandant »T 104«, Februar 1916-November 1918 Chef der 2. bzw. 4. Alinensuchflottille 718, 968, 972 f. Zoellner, Eugen Ritter von (1866-1945), Generalleutnant, 1914-1916 Chef des Generalstabs des Generalquartiermeisters 416 Zwehl, Hans von (1851-1926), Generalleutnant, Kommandierender General des VII. Reservekorps, 1914 Gouverneur von
Antwerpen
429
31.X 15
19°
'^ gejaq».
Der englisch-russische U-Boots- und Minenkrieg Maßstab auf 56° Breite 1: 2400000 Kilometet-Maßstab bei 58° N. Bteite 20 40 60 80
0
100 km
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Danzig* ZS.XI. 15 beschidigt. fnrfnia'
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