Das Bildungsimperium: Zur Geschichte des amerikanisch-australischen Stipendienprogramms im Colombo-Plan 1949-1960 9783839441275

Ideology and Power: The debate about the "hearts and minds"during the Cold War.

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German Pages 320 Year 2017

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Table of contents :
Inhalt
Einführung
Zur Begrifflichkeit
Vorbedingungen imperialen Wandels
Genese und Wandel imperialer Interessen
Imperiale Projektion: Der Colombo-Plan und imperiale Erschließung
Zur Struktur imperialer Erschließung: Geplante Dynamik
Imperiale Anti-Dynamik – Institutionelle Friktion in Australien
Imperiale Dynamik – Studierende vom Objekt zum Akteur
Soziales Netz und Netzwerkbildung
Zwischenergebnis – die ersten Jahre
Subsidiärer Wandel und Reform 1954/1955
Außenpolitische Einflüsse
Imperialer Strategiewandel
Imperiale Langzeitfolgen (1968-2013)
Abschlussbetrachtung: Moderne Imperien und imperiale Dynamiken
Dank
Quellen- und Literaturverzeichnis
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Das Bildungsimperium: Zur Geschichte des amerikanisch-australischen Stipendienprogramms im Colombo-Plan 1949-1960
 9783839441275

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Christoph Ellßel Das Bildungsimperium

Band 9

Die Reihe Amerika: Kultur – Geschichte – Politik wird herausgegeben von Christof Mauch, Michael Hochgeschwender, Anke Ortlepp, Ursula Prutsch und Britta Waldschmidt-Nelson.

Christoph Ellßel (Dr. phil.), geb. 1984, studierte Englisch und Geschichte in Bamberg, München, Sydney und London mit Auslandsaufenthalten in Oxford, New York und Málaga. Er wurde als National Archives of Australia Postgraduate Scholar ausgezeichnet und war Doctoral Fellow am Deutschen Historischen Institut Washington. Ferner war er Mitglied des III. Gesellschaftswissenschaftlichen Kollegs der Studienstiftung des deutschen Volkes. Er lebt und arbeitet in München. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Wissenschafts- und Verwaltungsgeschichte, Hegemonial- und Imperialgeschichte, Überseegeschichte sowie die Geschichte Australiens.

Christoph Ellßel

Das Bildungsimperium Zur Geschichte des amerikanisch-australischen Stipendienprogramms im Colombo-Plan 1949-1960

Meinen Eltern Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Gedruckt mit Unterstützung der Gerda Henkel Stiftung, Düsseldorf.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2017 transcript Verlag, Bielefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Maria Arndt, Bielefeld Umschlagabbildung: Das Cover zeigt eine Gedenkbriefmarke von 1961 zum zehnjährigen Jubiläum des Colombo-Plan in Australien. Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar Print-ISBN 978-3-8376-4127-1 PDF-ISBN 978-3-8394-4127-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

Inhalt

Einführung | 9

Imperien und Imperialismus | 9 Literatur und Forschungsstand | 17 Zur Begrifflichkeit | 25

Der Colombo-Plan | 25 Imperium und Hegemonie | 28 Zur Prozesshaftigkeit und Dynamik imperialen Wandels | 40 Interesse, Strategie und Implementierung | 46 Imperiale Dynamik | 49 Die Systempenetration | 50 Informelle Bürokratie – eine Annäherung | 51 Vorbedingungen imperialen Wandels | 55

Imperiale Veränderungen in Australien (1901-1945) | 56 Die Universität und das alte Empire | 67 Die USA und Südasien (1910-1945) | 69 Genese und Wandel imperialer Interessen | 73

Das Empire und die Nachkriegsordnung (1945-1947) | 73 Nachkriegszeit – Australien und die USA (1945-1949) | 78 Zwischen Rekonstituierung und Unabhängigkeit: Süd- und Südostasien (1945-1949) | 80 Grundlagen des amerikanischen Empire in Asien | 85 Imperialer Interessenwandel | 92 Bürgerkrieg in China – Scheitern und Wendepunkt amerikanischer Asienpolitik (1947/48) | 94 Australische Interessen | 99 Exkurs: Neuseeland – Die Dynamik der Geopolitik | 105 Imperiale Projektion: Der Colombo-Plan und imperiale Erschließung | 107

Die Grundlagen des amerikanischen Colombo-Plans | 107 Der Blick nach Asien | 112

Der Commonwealth-Colombo-Plan – Großbritannien und das Commonwealth auf der Suche nach einer neuen Perspektive | 123 Britisch-amerikanische Imperialpolitik | 133 Imperiale Selbstwahrnehmung einer Demokratie? | 137 Aufstieg durch Bildung | 141 Verknüpfte Sicherheit | 143 ‚Politische‘ oder ‚wissenschaftliche‘ Förderung? | 148 Vom Staudamm zu den ‚Hearts and Minds‘ | 151 Imperiale Grundannahmen und Wissensfragen | 155 Imperiale Umwidmung | 160 Amerikanische Imperialpolitik zwischen ‚Top-Down‘ und ‚Bottom-Up‘ | 163 Imperiale Universität | 164 Zwischenergebnis | 165 Zur Struktur imperialer Erschließung: Geplante Dynamik | 167

Imperialer Wandel | 167 Die Studierenden | 169 Zum Ablauf | 177 Verzögertes Wachstum | 181 Die Lehrenden | 183 Zwischenergebnis | 188 Imperiale Anti-Dynamik – Institutionelle Friktion in Australien | 189

Politik und Universität im Wettstreit? | 191 Akademische Sprachbarrieren | 198 Wissenschaftskulturen | 201 Innen- und Außenpolitik im Wettstreit? | 205 Kontrollverlust | 211 Zwischenergebnis: Unwillige Vollstrecker – Imperialpolitik in der Peripherie | 216 Imperiale Dynamik – Studierende vom Objekt zum Akteur | 219

Ideologiekritik – oder: Freiheit, die ich meine | 220 Von vereinzelter Kritik… | 222 …zum Teil-Dialog | 227 Zwischen Ideologie und Zwang – Ungleiches im Gleichen? | 232

Soziales Netz und Netzwerkbildung | 235

Netzwerk: Planung und Selbstorganisation | 235 Zurück – und was dann? | 241 Zwischenergebnis – die ersten Jahre | 245 Subsidiärer Wandel und Reform 1954/1955 | 249 Außenpolitische Einflüsse | 253

Britische Förderung | 254 Sowjetischer Widerstand | 260 Sicherheitspolitik und SEATO | 266 Imperialer Strategiewandel | 271

Amerikanische Strategie im Wandel | 271 A Waste of Time and Money? | 274 Aufsplitternder Konsens | 278 Imperiale Langzeitfolgen (1968-2013) | 281

Der unbemerkte Wandel | 282 Späte Ergebnisse | 285 Barack Obama, der ‚Turn to the Pacific‘ und der ‚New Colombo Plan‘ | 288 Abschlussbetrachtung: Moderne Imperien und imperiale Dynamiken | 291

Macht und Ohnmacht | 294 Dynamik und Statik | 297 Zum Konzept subsidiärer Imperialexpansion | 299 Dank | 303 Quellen- und Literaturverzeichnis | 305

Archivquellen | 305 Quelleneditionen | 305 Interviews | 306 Literaturverzeichnis | 306

Einführung

I MPERIEN

UND I MPERIALISMUS

Imperien wecken Emotionen. Mit ihnen geht wie mit wohl nur wenigen anderen Begriffen der Geschichtswissenschaft eine von Verteufelung bis Hochachtung reichende polarisierende Wirkung einher, die ein breites Spektrum moralischer Wertungen von imperialer Unterdrückung1 bis zur friedensbringenden, segensreichen Institution2 umfasst. Die ideologische Vereinnahmung des Begriffes im jeweils eigenen Sinne hat dabei in der Moderne vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart Tradition,3 in der die begrifflichen Unschärfen zur Dämonisierung des Gegners wie zur Mobilisierung der eigenen Andersartigkeit im Sinne einer moralisch-philosophischen Überlegenheit oder Legitimation genutzt worden sind. Für politische Imperien äußert sich damit die weit verbreitete Vorstellung, dass Weltreiche mit ihrer zugrundeliegenden Aufteilung in Zentrum und Peripherie letztere ausbeuten und zur Stabilisierung der eigenen Herrschaft beziehungsweise zum Wohlstand der Bewohner im Kern nutzen würden: Während also die Peripherie verkümmere und ausblute, werde das Zentrum immer reicher und setzte sich trotzdem moralisch stets ins Recht.4 Ein negatives Erzählungs-

1

Sehr plakativ in Jean Ziegler, Das Imperium der Schande. Der Kampf gegen Armut und Unterdrückung, München 20056.

2

Robert Kagan, The Benevolent Empire, in: Foreign Policy (1998), Nr. 111, S. 26–34.

3

Siehe beispielsweise die Beiträge in Jörn Leonhard/Ulrike von Hirschhausen (Hrsg.), Comparing Empires. Encounters and Transfers in the Long Nineteenth Century (Schriftenreihe der FRIAS School of History 1), Göttingen 20122.

4

Dabei lässt sich diese These nicht halten: Imperien, die zu sehr Mittel in das Zentrum umverteilt haben, hatten stets nur sehr kurze Lebensdauern. Vergleiche auch Herfried Münkler, Imperien. Die Logik der Weltherrschaft - vom Alten Rom bis zu den Vereinigten Staaten, Reinbek bei Hamburg 2007, S. 9.

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muster, das bis heute Bestand hat: Die Kennzeichnung der Handlungen eines Gegenübers als ‚imperialistisch‘5 als Bestandteil politischen Agierens gehört scheinbar in das Handwerkszeug nahezu jeder größeren internationalen, außenpolitischen Krise.6 Nicht zuletzt gab der Imperialismus in der Geschichtsschreibung einem ganzen Zeitalter seinen Namen – diese temporäre, besondere Häufung von Aufstieg und Fall von Weltreichen als Denomination impliziert damit die angenommene, weitreichende Wirkung des Phänomens auf alle Bereiche des Lebens.7 Grundlegend wurde dabei allerdings auch von vehementen Kritikern der Idee die Existenz von Imperien als Analysekategorie im Sinne imperialer Muster und imperialer Traditionen als phänomenologischer Befund nicht in Frage gestellt, auch wenn die einigermaßen greifbare Definition des Begriffes Inhalt zahlloser akademischer und politischer Schriften ist und bis heute keine allgemein akzeptierte, eindeutige Begriffsbestimmung vorliegt.8 Dabei sind sowohl Fragen des Trägers (so beispielsweise als Staat9, Großunternehmen10 oder Wirtschaftsordnung11) wie auch die einer grundsätzlichen (temporären) Begrenztheit des Konzeptes äußerst uneinheitlich beantwortet worden. Die in den Überlegungen immer wieder vorkommende Eigenheit der Überzeitlichkeit der Idee des Imperiums sowie die Unterteilung in Zentrum und Peripherie als Grundmuster von Weltreichen beschreibt dabei eine Erscheinung, die nahezu kontinuierlich seit dem Be5

Shōichi Watanabe, The 1950 Commonwealth Foreign Ministers’ meeting and the International Aid Programme for Asia, in: Shigeru Akita/Gerold Krozewski/Shōichi Watanabe (Hrsg.), The Transformation of the International Order of Asia. Decolonization, the Cold War, and the Colombo Plan (Routledge Studies in the Modern History of Asia 97), New York 2015, S. 15–33, S. 28. Vergleiche hierzu auch den beispielsweise erhobenen Vorwurf „moralischen Imperialismus“ an Deutschland durch Victor Orbán, vergleiche o.A. „Orban wirft Deutschland ‚moralischen Imperialismus‘ vor“, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24.9.2015, S. 6.

6

Jared Diamond, Arm und Reich. Die Schicksale menschlicher Gesellschaften (Fischer 14539), Frankfurt am Main 20003.

7

Gregor Schöllgen/Friedrich Kießling, Das Zeitalter des Imperialismus (Oldenbourg Grundriss der Geschichte 15), München 20105.

8

John Darwin, The Empire Project. The Rise and Fall of the British world-system, 1830-1970, Cambridge, UK-New York 2009, S. XI.

9

Philip Sheldon Foner, The Spanish-Cuban-American war and the birth of American imperialism, 1895 - 1902 (Modern Reader 266), New York, NY 1972.

10 Brad Stone, Der Allesverkäufer. Jeff Bezos und das Imperium von Amazon, Frankfurt am Main 2013 11 Michael Hardt/Antonio Negri, Empire, Cambridge, Mass. 2000.

E INFÜHRUNG

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ginn der Geschichtsschreibung Gesellschaften begleitet hat – in mehr oder minder ausgeprägten, verschiedensten Erscheinungsformen; vom Steppenimperium zum Weltreich, von der Weltreligion bis zur globalen Ideologie. Und werden heute auch die überzeitlichen Eigenschaften von imperialen Strukturen wieder weitgestehend vorausgesetzt, so war am Rande des Zusammenbruchs der Sowjetunion schon die Rede davon, dass Geschichte imperialer Macht nun endgültig vorbei sei.12 Eng verbunden mit dieser Hoffnung auf ein „Ende der Imperien“13 ist damit die Vorstellung, dass es der Welt ohne eine oder mehrere dominierende Weltmächte insgesamt besser ginge: Diese Frage, ob die Existenz einer Vorherrschaft nun Fluch oder Segen sei, lässt sich dabei bis auf die Antike zurückverfolgen.14 Kurzum: Imperien sind seit jeher umstritten und entziehen sich einer einfachen Bewertung. Doch eine erste Reduktion auf Zusammenhänge von imperialem Zentrum und Peripherie, von universalem Anspruch und flächenmäßiger Ausbreitung beraubt den Begriff des Imperialismus der moralischen Wertung, reduziert ihn damit wissenschaftstauglich auf deskriptive Weise in der Begrifflichkeit des politischen Imperiums und eröffnet damit das Untersuchungsfeld als analytische Kategorie. Imperien sind als Folge Repräsentationen und Träger von Macht mit universellem Anspruch und als Erscheinung unabhängig von Gesellschaftsformen überzeitlich angelegt – weder an den Staatenbegriff der Moderne gebunden, noch an das Vorhandensein bewohnbaren Gebietes15 oder das Selbstverständnis einer Gleichrangigkeit mit anderen Entitäten16. Imperien vergleichen sich lediglich mit anderen Imperien und sind also solche daher ein aus dem Feld der Nationen und Staaten herausgelöster Untersuchungsgegenstand.17 Tatsächliche Imperien selbst sind dabei durch Wachstum, Stärke- und Schwächephasen sowie schlussendlich ihre Auflösung gekennzeichnet und als solche naheliegender Weise vergänglich – ihre Grenzen sind bisweilen diffus und ihre Form über die Zeit hinweg amorph. Für die vorliegende Arbeit, die sich auf die Funktionsweise moderner Imperien bezieht, rücken im Folgenden die Prozesse imperialen Wandels sowie externalisierter imperialer Strukturen in das Zentrum der Betrachtung: So lassen sich in Süd- und Südostasien sowie Australien in einem relativ kurzen Zeitraum zu Beginn des Kalten Krieges sowohl Abläufe der imperialen Schwäche und Auflö12 Münkler, Imperien, S. 7. 13 Peter Bender, Weltmacht Amerika - das Neue Rom, Stuttgart 2003, S. 250. 14 Vergleiche Polybios, Geschichte. Übersetzt von Hans Drexler., Zürich 1963. 15 Siehe hierfür z.B. Steppenimperien und Seeimperien. 16 Münkler, Imperien, S. 8. 17 Ebd., S. 22.

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sung wie solche imperialer Expansion beobachten. Anhand der durch den wachsenden globalpolitischen Druck der Bipolarität des Kalten Krieges und die vorangegangenen Wirren zweier Weltkriege geschaffenen Situation dort lassen sich wie nur an wenigen anderen Beispielen der Geschichte hier die Prozesse und Wirkungen Abläufe des imperialen Wandels im Zusammenspiel demokratischer und fragiler Staaten nachzeichnen. Am Beispiel des Bildungsprogramms des Colombo-Plan for Cooperative Economic and Social Development in Asia and the Pacific (im Folgenden Colombo-Plan) werden im Folgenden interessengeleitete Dynamiken der imperialen Erschließung genauso wie der imperialen Stabilisierung untersucht werden. Dabei war das zugrundliegende Abkommen des Colombo-Plans zunächst als Versuch einer Reintegration des während des zweiten Weltkriegs unter Druck geratenen britischen Empires unter dem Commonwealth gedacht und wurde verschiedentlich als „britischer Marshallplan für Asien“18 bezeichnet. Er sollte die angesichts des Krieges und der Finanzschwäche des Sterling-Gebietes fragil gewordene Herrschaft19 des Empires in Süd- und Südostasien erneuern. Großbritannien verstand das Vertragswerk dabei dezidiert auch als eine Einladung an die USA, auf deren weitaus umfangreichere finanzielle Ressourcen man setzte. Dem gegenüber wurde er im Sinne einer neuen amerikanischen Asienstrategie im Rahmen des Beitritts der USA zum Vertragswerk als ein Instrument der ideologisch basierten,20 imperialen Erschließung Süd- und Südostasiens angesichts der dramatischen Fehlschläge der bisherigen Asienpolitik gedacht. Dabei sollen anhand der damit verbundenen Vorstellungen imperialen Raumes und seiner Erschließung auch angesichts der sich ergebenden Probleme die Prozesshaftigkeit vierer zueinander in Relation stehender Abläufe gefasst werden und somit ein Verständnis für die Dynamiken modernen imperialen Wandels nachgezeichnet werden. Dabei handelt es sich im Einzelnen um

18 Vergleiche immer wieder in National Archives of Australia, Canberra (NAA) A1838 532/13/4. Der Begriff ist allerdings irreführend. Der Colombo-Plan war im Vergleich zum Marshall-Plan selbst bei der Addition sämtlicher Zahlungen aller Geberländer finanziell weitaus geringer ausgestattet und erreichte nie die den Umfang des ERS. Siehe hierzu auch Ursula Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien. Der Colombo-Plan, das "New Commonwealth" und die Rekonstruktion des Sterlinggebietes 1949-52 (Kanada-Studien 8), Bochum 1990, S. 27. 19 Zum Begriff der fragilen Herrschaft bzw. fragilen Staatlichkeit siehe Jochen Hippler, Failed States und Globalisierung, in: APUZ (2005), 28-29, S. 3–5. 20 Die zweifellos vorhandene, viel stärkere ökonomische Komponente des ColomboPlane bleibt dabei für den Moment ausgeblendet.

E INFÜHRUNG

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einen imperialen Ablösungsprozess der Region von Süd- und Südostasien durch eigenständige Staatenbildung unter Berücksichtigung21 eines imperialen Restabilisierungversuches des britischen Empires in Südund Südostasien durch ökonomische Verflechtung in Verbindung mit einem imperialen subsidiären Erschließungsversuches durch Bildung in Süd- und Südostasien über die Plattform Australien der USA sowie eines imperialen Wandelprozesses in Australien.

Dabei setzte das britische Empire auf traditionelle Strategien der ökonomischen Verflechtung22 innerhalb eines Präferenzschemas, die Region selbst auf ihre neugewonnene Rolle als eigenständiger Akteur in der Funktion eines Einflussgebiet in der globalen Ost-West-Auseinandersetzung sowie die USA auf einen zutiefst von liberalen Ideen geprägten Prozess der Erschließung durch Bildung, bei der sie sich die politische Schwäche des bisherigen Empires als Türöffner über den Umweg Australien, das seine Sicherheit bedroht sah, zunutze machte. Als langfristiges Ziel war dabei eine imperiale Penetration23 Süd- und Südostasiens durch die Schaffung einer proamerikanischen informellen Bürokratie24 gedacht, die Träger indirekter imperialer Expansion sein sollte. Der imperiale Wandel in Australien war dabei unintendierte Konsequenz dieser Politik. Nicht Inhalt der Arbeit, aber dennoch eine treibende Rolle für das Verhalten der USA spielte das Verhalten der Sowjetunion, deren Interesse an Süd- und Südostasien in einer Politik der Einflussräume um 1950 ebenso eine gewisse Wende durchlief und somit einen – wenngleich nur schwer fassbaren25 – ‚gefühlten‘ Handlungsdruck auf die westlichen Mächte ausübte.26 Die so nun anfänglich umrisse21 Dieser steht im Folgenden aufgrund des Schwerpunktes auf die imperiale Erschließungspolitik nicht im Mittelpunkt der Untersuchung. 22 Zum grundlegenden Zusammenhang von Empire und Ökonomie im britischen Herrschaftssystem siehe auch Eric J. Hobsbawm/Chris Wrigley (Hrsg.), Industry and Empire. From 1750 to the Present Day, London 19992. 23 Zum Begriff der imperialen Penetration, abgeleitet vom Konzept der Systempenetration im entsprechenden Abschnitt ab S. 33 mehr. 24 Zum Begriff der informellen Bürokratie im entsprechenden Abschnitt ab S. 33 mehr. 25 Die in den Quellen ersichtliche Wahrnehmung des sowjetischen Handelns basierte in der weit überwiegenden Zahl der Fälle auf Einschätzung konspirativer Kreise bzw. Hörensagen durch Geheimdienstberichte. Die Herkunft dieser Berichte konnte im vorliegenden Fall nicht untersucht werden und muss daher vorerst im Dunklen bleiben. 26 Für eine grundlegende Analyse sowjetischer Interessen siehe Ilya Gaiduk, Soviet Cold War Strategy and Prospects of Revolution in South and South East Asia, in: Christopher E. Goscha (Hrsg.), Connecting Histories. Decolonization and the Cold

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ne Problemstellung verdeutlicht die verschiedenen Ebenen imperialer, interessensgeleiteten Dynamiken, denen insbesondere in der Verknüpfung von Bildung und Verwaltung durch Dritte eine neue Rolle in der Analyse der Funktionsweise demokratisch fundierter Imperien zukommt. Will man daher die skizzierten Komplexe in Hypothesenform zusammenfassen, so besteht die Grundannahme darin, im (bisher lediglich entwicklungspolitisch-ökonomisch verstandenen) Stipendienprogramm des Colombo-Plans ein imperiales Politikvorhaben der langfristigen politischen Westbindung zu sehen. Aus dieser Grundannahme ergeben sich folgende Arbeitsfelder für die vorliegende Arbeit: •

• •

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Im Rahmen des Colombo-Planes kam es im Rahmen eines Soft-PowerProzesses zu einem intentionalen imperialen Wandlungsprozess für Asien, der sich über den Untersuchungszeitraum von einem Instrument der Machterhaltung Großbritanniens für Australien zu einem Einflussinstrument der USA in Südostasien entwickelte In diesem Zusammenhang kam zum bisher ausschließlich ökonomisch gedachten Colombo-Plan ein Element ideologischer Macht hinzu Ein spezifisches Mittel zur Schaffung ideologischer Macht in der Zielregion war das Stipendienprogramm des Colombo-Planes dessen Ziel die Ausbildung liberaler, pro-westlicher Multiplikatoren als Change Agents in Südund Südostasien und darüber hinaus war Es handelte sich hierbei um ein politisches, nicht um ein wissenschaftliches Förderprogramm Dieses wurde institutionell als externalisiertes, begrenztes Top-DownModell in australischer Verantwortung im Gegenzug für amerikanische Sicherheitszusagen durchgeführt (ein Imperium by proxy) Die Kooperation Australiens basierte dabei anders als von den USA angenommen auf einem sicherheitspolitischen Motiv Die dabei zentral implizit vorgenommenen Universalitätsvorstellungen im Top-Down-Modell standen im Widerspruch zur Situation vor Ort und führten zu institutionellen Friktionen, die nicht kontrollierbar waren Das geopolitisch erwünschte Wachstum des Colombo-Planes über den Rahmen des Commonwealth hinaus überforderte schließlich im Zusammenspiel mit der Eigenständigkeit von in der Planung unberücksichtigt gebliebenen Akteuren (unter anderem Studierende, Entsendeländer) die Langfristigkeit und Kulturgebundenheit der ideologischer Erschließungsstrategie War in Southeast Asia (Cold War International History Project Series), Washington D.C.-Stanford 2009, S. 123–136.

E INFÜHRUNG





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Als Ergebnis des Prozess rückte Australien, was zunächst lediglich als Plattform der imperialen Penetrationsstrategie gedacht war, enger an die USA heran, während es in Teilen Süd- und Südostasien schließlich zur militärischen Eskalation sowie zur Schaffung von eigenständigen Akteuren kam Die Folgen der ideologischen imperialen Systempenetration setzen mit großem zeitlichem Versatz ein.

Insgesamt soll mit der vorliegenden Analyse daher ein Beitrag zum Verständnis der Funktionsweise moderner Imperien in der Wachstumsphase erreicht werden. Im Zentrum stehen dabei die überindividuellen Prozesse und Dynamiken, weshalb die verwendeten Methoden einen starken politikwissenschaftlichen Bezug haben.27 Dabei soll zunächst mit einem Überblick über Forschungsstand und eine Klärung begrifflicher Grundfragen durch eine spezifische Analyse der Vorbedingungen ein Rahmen für die folgende grundlegende Analyse der geplanten imperialen Erschließung im Rahmen des Bildungsprogramms des ColomboPlanes erreicht werden. Anhand der doppelten Analyse von den politischen Entwicklungen der Entstehung sowie den Anpassungsprozessen der Umsetzung soll ein Blick auf die Dynamiken und Wirkungsweisen moderner Imperien ermöglicht werden. Mit einer Abschlussbetrachtung im Anschluss an die Untersuchung der langzeitlichen Folgen der Imperialpolitik ‚über die Bande‘ sowie weiterführenden Überlegungen schließt die vorliegende Arbeit. Zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen wird im Folgenden zunächst eine Mischung aus Politik- und Imperialgeschichte vor allem hinsichtlich der Genese des Abkommens vorgenommen werden, ehe dann in einem zweiten Schritt die Umsetzung unter strukturanalytischen Gesichtspunkten erfolgt.28 Dabei wird durchwegs der Blick auf die imperialen Entwicklungen beibehalten, um anhand der Herausarbeitung der Interessen sowohl auf internationaler Ebene wie in der Umsetzung die maßgeblichen Entwicklungen zur Umsetzung einer Imperialpolitik in der doppelten Peripherie erfassen zu können.

27 Damit legt die vorliegende Analyse eine Grundlage für weitere Arbeiten, die beispielsweise die individuelle Entwicklung der im Stipendienprogramm des ColomboPlans geförderten Studierenden oder der Veränderungen in der Entwicklungszusammenarbeit im Sinne einer Personalisierung in den Blick nehmen könnten: Beide Themen stellen außer Frage weitere Desiderate der Forschung dar, hierfür muss allerdings zunächst ein grundlegendes Verständnis des Stipendienprogramms des ColomboPlanes als imperiales Projekt unternommen werden – dies hat die vorliegende Arbeit zum Ziel. 28 In Anlehnung an Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 13.

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Der zeitliche Rahmen der eigentlichen Schwerpunkt-Untersuchung umfasst dabei mit dem Zeitraum von 1947/48 bis 1960 sowohl die ersten Planungen einer neuen Pazifikpolitik der USA wie auch das faktische Auslaufen des politisch gedachten Bildungsprogrammes des Colombo-Planes und die Hinwendung zu einer militärischen Lösung direkter Imperialpolitik. Auswirkungen der Politik lassen sich jedoch bis heute beobachten.29 In einem Abschnitt zur Langfristigkeit imperialer Politik soll schließlich mit dem New Colombo Plan als Ergebnis der amerikanisch-australischen30 Pazifikpolitik Barack Obamas ab 2013 nachgegangen werden, so dass ergänzend auch über das Ende des Analysezeitraums hinaus noch eine Untersuchung der Langzeitfolgen möglich wird. Der amerikanische Colombo-Plan und die Miteinbeziehung der Universität in das Konzept der langfristigen Erschließung war dabei ein Produkt der Polarisierung des Ost-WestKonfliktes, doch basierte er zunächst auf einer britischen Commonwealth-Idee, mit Hilfe derer zunächst das bröckelnde Empire in den nach dem zweiten Weltkrieg fragilen Zustand der Länder Süd- und Südostasiens re-konstituiert werden sollte. Die Frage nach der Durchführung einer imperialen Politik über die Universität – also der geplanten Formierung von losen Netzwerken junger Graduierter mit dem Ziel einer imperialen Systempenetration31 – wird dabei im Mittelpunkt des zweiten Teils der Analyse stehen. Insbesondere von Interesse sind hierbei die Frage nach der Einpassung der Universität, den Problemen auseinanderstrebender Ziele von Geförderten und Politikern sowie auch die immer wieder aufscheinende Frage der Legitimität imperialen Handelns einer Demokratie, deren antiimperialer Gründungsmythos zu den grundlegenden Determinanten ihres Staatskonzeptes gehört. Diese Anpassung der Strategie des Imperiums an die Realitäten in der Peripherie soll einen Blick auf die Dynamiken imperialen Wandels ermöglichen. In der Untersuchung nur am Rande berührt werden die ebenso unter ähnlichem Druck stehenden Besitzungen Frankreichs und der Niederlande in der Region – einerseits, weil ihre ‚Teilimperien‘ nach 1945 bei Weitem nicht den Anspruch 29 Junko Tomaru, The Colombo Plan and British Publicity Policies towards Southeast Asia, 1956-65, in: Shigeru Akita/Gerold Krozewski/Shōichi Watanabe (Hrsg.), The Transformation of the International Order of Asia. Decolonization, the Cold War, and the Colombo Plan (Routledge Studies in the Modern History of Asia 97), New York 2015, S. 159–173, S. 170. 30 ‚Amerikanisch‘ meint im Folgenden aus Gründen der leichteren Lesbarkeit immer US-amerikanisch, außer bei besonderer Kennzeichnung. 31 Vgl. hierzu auch Michael Hochgeschwender, Freiheit in der Offensive? Der Kongress für Kulturelle Freiheit und die Deutschen (Ordnungssysteme 1), München 1998 und Klaus Jürgen Gantzel, Kapitalistische Penetration in Europa, Hamburg 1976.

E INFÜHRUNG

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und die Ausdehnung des britischen Empires hatten und andererseits, weil ihre Versuche der Wiedererlangung von Herrschaft grundlegend anders gelagert waren: Sie basierten nicht auf der Neukonzipierung und Transformation eines bestehenden imperialen Modells durch indirekte Herrschaft, sondern vornehmlich auf der unmittelbaren Wiederaneignung verloren gegangener Besitzungen zur Schaffung direkter Herrschaft mittels militärischen Eingreifens.32 Nicht, dass die britischen Unternehmungen oder die amerikanische Politik grundlegend friedfertig(er) gewesen wären33 – aber in den Versuchen der Wiederfassung des britischen Empires wurden Modelle einer neuen, durchdringenden auch abseits militärischer Interventionen langfristig möglichen imperialen Ordnung gedacht, die sich in ihrer Komplexität weder im französischen noch dem niederländischen Imperium im selben Maße finden lassen. Für beide stand eine Wiedererlangung ihrer überseeischen Besitzungen zwar im Zentrum der Überlegungen, dabei ging es für die Niederlande zunächst um den raschen wirtschaftlichen Wiederaufstieg, während es für Frankreich vornehmlich um das verbundene Prestige ging.34 Ein umfassendes Konzept über innenpolitische Fragen der Restituierung hinaus – also eine erneuerte ‚imperiale Mission‘ – lässt sich bei keinem der beiden Akteure feststellen.35

L ITERATUR

UND

F ORSCHUNGSSTAND

Der Colombo-Plan in seinen verschiedenen Erscheinungsformen ist bereits mehrfach untersucht worden, wobei Arbeiten zum Stipendienprogramm bisher nicht in nennenswertem Umfang vorliegen.36 Aus deutschsprachiger Sicht ist

32 Vgl. Anne L. Foster, Avoiding the „Ranks of Denmark“: Dutch Fears about Loss of Empire in Southeast Asia, in: Christopher E. Goscha (Hrsg.), Connecting Histories. Decolonization and the Cold War in Southeast Asia (Cold War International History Project series), Washington D.C.-Stanford 2009, S. 68–83. 33 Vergleich u.a. die Kämpfe um die Malaiische Union und die Beibehaltung britischer Dominanz bis 1957. 34 Vgl. hierzu auch Nicholas Tarling, Britain, Southeast Asia and the Onset of the Cold War, 1945-1950, Cambridge, Uk-New York 1998, S. 52. 35 Peter Dennis, Troubled days of peace. Mountbatten and South East Asia Command, 1945-46 (War, armed forces, and society), New York 1987, S. 19. 36 Die an einzelnen Universitäten anlässlich der Jubiläen in den 2000er Jahren herausgegebenen Werke zum Stipendienprogramm erfüllen längst nicht in jedem Fall geschichtswissenschaftliche Standards. Eine Ausnahme stellt beispielsweise Geoffrey

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besonders die aus kanadischer Perspektive erfolgte Analyse zu den ökonomischen Grundlagen des Vertragswerks von Ursula LEHMKUHL37 zu erwähnen. Dabei ist der sehr umfangreiche Statistikteil für das grundlegende ökonomische Verständnis der Kooperation im Hauptvertragswerk und auch der britischen Motivation gesondert positiv zu erwähnen. Auch von ihr wurde auf die maßgeblichen zeitgenössischen Einschätzungen Charles BLACKTONS38 von 1951 zurückgegriffen, zu welcher für die Entstehungszeit keine Alternativen vorliegen: Die politische Rahmenkonzeption ist hier deutlich herausgearbeitet worden. Aus dem kanadischen Raum liegt mit der Arbeit Ademola ADELKES39 von 1996 eine Studie zur Verbindung von Entwicklungs- mit Imperialpolitik im Colombo-Plan vor, die in der Folgezeit eine Vielzahl von Veröffentlichungen hervorrief. Spezifisch australische Zugriffe auf den Forschungsgegenstand bestehen in Daniel OAKMANS40 grundlegender Arbeit zum australischen Interesse am Vertragswerk. Seine überwiegend positive Wahrnehmung versucht dabei, das Abkommen als eine Hinwendung des Landes nach Asien zu lesen. Dem gegenüber hat Lyndon MEGARRITY41 in hervorragender Weise die in der White Australia Policy zum Ausdruck gekommenen systemischen Vorbehalte gegenüber allem ‚Asiatischen‘ in Australien im Rahmen des Colombo-Planes untersucht. Zur Rolle des Kalten Krieges in Süd- und Südostasien liegt der von Christopher GOSCHA42 herausgegebene Sammelband von 2009 vor, in dem vor allem die Beiträge zur sowjetischen Perspektive auf die Region erwähnenswert und von Interesse sind.43 Hinsichtlich der Frage der ‚großen Politik‘ in Süd- und Südostasien und dem politiSauer (Hrsg.), The Colombo Plan for Cooperative Economic Development in South and Southeast Asia 1951-2001. The Malaysian-Australian Experience, Adelaide 2001 dar. 37 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien. 38 Charles S. Blackton, The Colombo Plan, in: Far Eastern Survey 20 (1951), Nr. 3, S. 27–31. 39 Ademola Adelke, Ties Without Strings. The Colombo Plan and the Geopolitics of International Aid 1950-1980, Toronto 1996. 40 Daniel Oakman, Facing Asia. History of the Colombo Plan, Canberra 2004. 41 Lyndon Megarrity, Regional Goodwill, Sensibly Priced. Commonwealth Policies Towards Colombo Plan Scholars and Private Overseas Students, 1945-72, in: Australian Historical Studies 38 (2007), Nr. 129, S. 88–105. 42 Christopher E. Goscha (Hrsg.), Connecting Histories. Decolonization and the Cold War in Southeast Asia (Cold War International History Project series), Washington D.C.-Stanford 2009. 43 Gaiduk, Soviet Cold War Strategy and Prospects of Revolution in South and South East Asia.

E INFÜHRUNG

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schen Verständnis als ‚Verschiebemasse‘ in den 1950er Jahren ist darüber hinaus Nicholas TARLINGs44 Studie zu erwähnen sowie zur amerikanischen Politik in Indonesien Robert MCMAHONs45 Arbeiten. In allerjüngster Zeit (2015) ist der von Shigeru AKITA und Gerold KROZEWSKI46 herausgegebene Band zum Verhältnis von internationaler Ordnung und dem Colombo-Plan in Asien erschienen, der einen sehr umfassenden Analyserahmen spannt. Hier sei besonders auf die im dritten Teil des Buches erfolgten Untersuchungen von Hidekie KAN47, Ilya V. GAIDUK48 und Robert J. MCMAHON49 zur Machtverschiebung und zur Interessenspolitik in der Region verwiesen. Wie ersichtlich wird, liegt der Schwerpunkt der bisherigen Forschung zum Colombo-Plan seiner wirtschaftspolitischen Komponente, die hier im Sinne ökonomischer Expansion zu deuten ist. Für die vorliegende Arbeit soll aber mit dem Stipendienprogramm ein bisher vernachlässigtes, besonderes Instrument der Imperialpolitik im Plan in Augenschein genommen werden: Durch die einzigartige Auslagerung der Durchführung der Imperialpolitik in einem begrenzten Top-Down-Modell ermöglicht er, Einblicke in die Funktionsweise imperialer Erschließungsprozesse moderner Imperien auf dem Gebiet ideologischer Herrschaft. Abseits einiger Jubiläumsschriften zum Colombo-Plan von den Universitäten Australiens selbst, wie unter anderem das 44 Nicholas Tarling, Southeast Asia and the Great Powers, London-New York 2010. 45 Robert J. McMahon, Colonialism and Cold War. The United States and the Struggle for Indonesian independence, 1945-49, Ithaca-N.Y 1981. 46 Shigeru Akita/Gerold Krozewski/Shōichi Watanabe (Hrsg.), The Transformation of the International Order of Asia. Decolonization, the Cold War, and the Colombo Plan (Routledge studies in the Modern History of Asia 97), New York 2015. 47 Hideki Kan, The US Cold War policy and the Colombo Plan. A Continuing Search for Regional

Cooperation

in

Asia

in

the 1950s,

in:

Shigeru

Akita/Gerold

Krozewski/Shōichi Watanabe (Hrsg.), The Transformation of the International Order of Asia. Decolonization, the Cold War, and the Colombo Plan (Routledge Studies in the Modern History of Asia 97), New York 2015, S. 177–196. 48 Ilya Gaiduk, A Peace Offensive between the Two Wars. Khrushchev's Policy Towards Asia, 1953-64, in: Shigeru Akita/Gerold Krozewski/Shōichi Watanabe (Hrsg.), The Transformation of the International Order of Asia. Decolonization, the Cold War, and the Colombo Plan (Routledge studies in the modern history of Asia 97), New York 2015, S. 199–214. 49 Robert J. McMahon, Development Assistance as Cold War Tool. The United States, International Institutions, and the Political Economy of Asian Development 1947-65, in: Shigeru Akita/Gerold Krozewski/Shōichi Watanabe (Hrsg.), The Transformation of the International Order of Asia. Decolonization, the Cold War, and the Colombo Plan, 215-228 (Routledge studies in the modern history of Asia 97), New York 2015.

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bereits erwähnte Werk Geoffrey SAUERs50 ist hier eine Forschungslücke zu konstatieren. Das amerikanisch-australische Verhältnis nach 1945 ist Gegenstand zahlloser Veröffentlichungen, vornehmlich in Australien.51 Mit dem Ende des Kalten Krieges kam es hier zu einer intensiven Forschungstätigkeit, in der exemplarisch Carl BRIDGEs52 Studie zur so genannten ‚Amerikanisierung‘53 der australischen Außenpolitik und Glen BARCLAYS54 Überlegungen zur australischen Außenpolitik hinsichtlich einer Strategie der Schaffung ‚einflussreichen Freunde‘ genannt werden müssen. In Fortschreibung der These einer abhängigen Außenpolitik entwickelte Coral BELL55 eine eigenständige Diplomatiegeschichte Australiens, die demnach von ihren ersten Anfängen an von Dritten – zunächst Großbritannien, später den USA – abhing. In Teilbereichen auch zu dieser Frage entstand deutlich später Joan BEAUMONTs Studie56 zur Entwicklung einer ‚eigenen‘ australischen Außenpolitik nach 1941 und der Positionierung. An dieser Stelle sei auch noch David MCLEANs57 Überlegungen zum außenpolitischen Wandel Australiens vom der britischen Kolonie zum amerikanischen Satellitenstaat erwähnt. Dabei eint nahezu alle Werke die Auffassung von der (politischen) Abhängigkeit Australiens, die sich lediglich hinsichtlich ihres Intensitätsgrades unterscheiden.

50 Sauer (Hrsg.), The Colombo Plan for Cooperative Economic Development in South and Southeast Asia 1951-2001. 51 Für eine Historiographie Australiens im Kalten Krieg siehe auch David McLean, Australia in the Cold War. A Historiographical Review, in: The International History Review 23 (2001), Nr. 2, S. 299–321. 52 Carl Bridge (Hrsg.), Munich to Vietnam. Australia's relations with Britain and the United States since the 1930s, Carlton-Portland 1991. 53 Hier in Übersetzung verwendet. Für die komplexe Diskussion zum deutschen Begriff sei auf Anselm Doering-Manteuffel, Wie westlich sind die Deutschen? Amerikanisierung und Westernisierung im 20. Jahrhundert (Kleine Reihe V & R 4017), Göttingen 1999 verwiesen. 54 Glen Barclay, Friends in High Places. Australian-American Diplomatic Relations since 1945, Melbourne 1985. 55 Coral Bell, Dependent Ally. A Study in Australian Foreign Policy (Studies in World Affairs 3), St. Leonards, NSW 19933. 56 Joan Beaumont (Hrsg.), Ministers, Mandarins and Diplomats. Australian Foreign Policy Making, 1941-1969, Melbourne 2003. 57 David McLean, From British Colony to American Satellite? Australia and the USA during the Cold War, in: Australian Journal of Politics and History 52 (2006), Nr. 1, S. 64–79.

E INFÜHRUNG

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Zur Frage der Rolle der Universitäten im Kalten Krieg im Westen sei zunächst auf Rebecca LOWENS58 grundständige Arbeit am Beispiel der Universität Standford für die USA verwiesen.59 Zur spezifisch australischen Universitätsgeschichte liegen bisher nur wenige Werke vor, erwähnenswert ist die von Geoffrey SHERINGTON und Julia HORNE60 erstellte Studie zu den Grundlagen der australischen Universität im britischen Empire sowie das 2014 erschienene Werk von Hannah FORSYTH61, welches in seinem Überblickscharakter ein Alleinstellungsmerkmal für die australischen Universitäten innehat. Darüber hinaus liegt ebenso eine sehr umfassende Arbeit von Tamson PIETSCH62 zu den akademischen Netzwerken zwischen Australien und Großbritannien und ihrer Funktion innerhalb des Empires bis 1939 vor. Für die Untersuchung als relevant zu erwähnen sind darüber hinaus Sally NINHAMs63 Überlegungen zu den Wegen australischer Nachwuchswissenschaftler in die USA in den 1950er Jahren. Die naheliegende Frage, ob die USA überhaupt als Imperium zu verstehen sind und falls ja, wie, ist Gegenstand reger Debatten. Eine umfassende Würdigung der gesamten Forschungsliteratur zum Thema hier ist allein Platzgründen schon nicht möglich, so dass notwendigerweise im Folgenden eine lediglich ausschnittsweise Darstellung erfolgt. Die Bewertung globaler amerikanischer Vormachtstellung zwischen einem „neuen Imperialismus“64 und einem guten „Benevolent Empire“65 oder auch der schlichten Verneinung der Existenz einer solchen Rolle verdeutlicht aber die Komplexität ideologisch determinierter Vorbe-

58 Rebecca S. Lowen, Creating the Cold War University. The Transformation of Stanford, Berkeley 1997. 59 Auch der zugehörige Sammelband enthält einige weitere sachdienliche Ansätze, vergleiche Bernd Greiner (Hrsg.), Macht und Geist im Kalten Krieg, Hamburg 2011. 60 Geoffrey Sherington/Julia Horne, Empire, State and Public Purpose in the Founding of Universites and Colleges in the Antipodes, in: History of Education Review 39 (2010), Nr. 2, S. 36–51. 61 Hannah Forsyth, A History of the Modern Australian University, Sydney, NSW 2014. 62 Tamson Pietsch, Empire of Scholars. Universities, Networks and the British Academic World, 1850-1939 (Studies in imperialism), Manchester 2013. 63 Sally Ninham, A Cohort of Pioneers. Australian Postgraduate Students and American Postgraduate Degrees, 1949-1964, Ballan 2011. 64 Christoph Klutsch, American Empire - die Bürde des reichen Mannes? Zur transnationalen Interessenidentität „neoliberal-imperialistischer“ Herrschaftsmuster, Münster 2006. 65 Kagan, The Benevolent Empire.

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halte zu Begriffen wie Imperium oder Hegemon(ie).66 Der Forschungsstand zu den theoretischen Konzepten der analytischen Begriffe des Imperiums wird in einem gesonderten Kapitel im Folgenden dargestellt werden. Niall FERGUSON67 hat die neuere Geschichte der Vereinigten Staaten verschiedentlich auch als eine Geschichte der verpassten Chancen begriffen, die in der These vom antiimperialistischen Imperium gipfelte. Klaus SCHWABE68 hat fünf Traditionslinien amerikanischer Außenpolitik auf dem Weg zur globalen Vormachtstellung herausgearbeitet, von denen insbesondere der Widerspruch zwischen antiimperialem Gründungsmythos und dem demokratischen Sendungsbewusstsein in Verbindung mit ökonomischem Expansionismus in der vorliegenden Arbeit von Interesse ist. Michael HOCHGESCHWENDERs69 Überlegungen zum Imperium im Widerspruch nehmen einen Teil dieser Gedanken vorweg, in dem er diese Widersprüche ins Zentrum seines Nachdenkens über das amerikanische Empire stellt. Ulrich SPECKs70 Thesen zur Weltmacht Amerika stellen vor allem im Sinne eines ‚benevolent empire‘ die (globalen) Vorteile amerikanischer Vormachtstellung heraus. Michael LIND71 hat in seinem – eher kulturwissenschaftlich gedachten Werk – die These einer spezifisch amerikanischen Entwicklung im ‚American Way of Life‘ zur globalen Vorherrschaft aufgestellt. Dem gegenüber vertritt Andrew BACEVIC72 die These eines ausgelagerten Imperiums an internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen by proxy als entscheidendem Kriterium für das amerikanische Imperium. Dabei reicht für den Moment aus, dass für die Annahme der Existenz eines amerikanischen Empires eine hinreichend große

66 Vergleiche auch Michael Ignatieff, Empire Lite. Nation-building in Bosnia, Kosovo and Afghanistan, London 2003. 67 Niall Ferguson, Colossus. The Rise and Fall of the American Empire, New York, NY 2005. 68 Klaus Schwabe, Weltmacht und Weltordnung. Amerikanische Außenpolitik von 1898 bis zur Gegenwart; eine Jahrhundertgeschichte, Paderborn 20113. 69 Michael Hochgeschwender, Die USA. Ein Imperium im Widerspruch, in: Zeithistorische

Forschungen

(2006),

Nr.

3,1,

S.

55–76,

[http://www.zeithistorische-

forschungen.de/site/40208583/default.aspx], abgerufen am 1. September 2017. 70 Ulrich Speck/Natan Sznaider (Hrsg.), Empire Amerika. Perspektiven einer neuen Weltordnung, München 2003. 71 Michael Lind, The American Way of Strategy, New York 2006. 72 Andrew J. Bacevich, Neues Rom, neues Jerusalem, in: Ulrich Speck/Natan Sznaider (Hrsg.), Empire Amerika. Perspektiven einer neuen Weltordnung, München 2003, S. 71–82, und ders., Washington Rules. America's Path to Permanent War (The American Empire Project), New York 2010.

E INFÜHRUNG

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Argumentationsbasis vorliegt:73 Für die vorliegende Arbeit steht die Frage nach dem ob daher nicht mehr im Mittelpunkt, sondern anknüpfend an die vorstehenden Überlegungen die Frage nach dem wie einer imperialen Expansion. Dabei kann es im Folgenden nicht um eine qualitative oder moralische Einschätzung imperialer Politik gehen, sondern vielmehr um eine Analysekategorie supranationaler Entität. Das Feld der Literatur zur Verknüpfung von ‚humanitären‘ Hilfsleistungen im Sinne einer so genannten ‚Entwicklungshilfe‘74 mit politischen Überlegungen ist breit, allerdings vornehmlich aus der Perspektive von Sachlieferungen: Spezifisch zur Idee der Verknüpfung von Bildung mit politischen Überlegungen im Kontext des Colombo-Planes sei daher hier noch auf Robert MCMAHONS75 Überlegungen zur Verwendung im Kalten Krieg verwiesen. Zuletzt erschließt sich der untersuchte Quellenbestand aus verschiedenen Archiven auf drei Kontinenten: Hierzu wurden in Australien Quellen in der Sammlung der National Archives of Australia (NAA) in Canberra sowie der Oral History Collection des National Library of Australia (NLA), Canberra, sowie der Hochschul- und Universitätsarchive der University of Adelaide (UAdel), Australian National University Canberra (ANU)76, University of Melbourne (UMel), University of Sydney (USyd) und der University of Technology, Sydney (UTS) gesichtet. In den Vereinigten Staaten bestand Zugang zur Sammlung der National Archives and Records Administration (NARA), Washington D.C.. In London wurde in den Beständen der National Archives, Kew (NA) recherchiert. Darüber hinaus sind zwei maßgebliche Quelleneditionen zu erwähnen: Für die USA sind diese Dokumente zu den Außenbeziehungen in der Foreign Relations of the United States-Serie (FRUS), herausgegeben von Fredrick AANDAHL77 erfasst. Aus australischer Sicht besteht durch die Quellenedition von David LOWE und Daniel

73 Nicht zuletzt haben führende amerikanische Politikakteure das Land selbst als Imperium bezeichnet, vergleiche unter anderem Karl Rove 2003 „We’re an empire now, and when we act, we create our own reality […].“, zitiert nach Paul Mason, What Unites the New Movements of the Left?, in: The Irish Times, 1.9.2015, S. 1, 3. 74 So die zeitgenössische Verwendung des Begriffes. 75 McMahon, Development Assistance as Cold War Tool. 76 Die ANU nimmt eine gewisse Sonderrolle im Untersuchungsfeld ein, da sie als Forschungsuniversität geschaffen worden war und erst ab 1962 auch UndergraduateStudiengänge anbot. Alle Studierenden in Förderung im Untersuchungszeitraum müssen daher hier Masterstudiengänge belegt haben. 77 Im Volltext abrufbar unter http://uwdc.library.wisc.edu/collections/FRUS, abgerufen am 1. September 2017.

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OAKMAN Australia and the Colombo-Plan 1949-195778 von 2004 ein umfassend recherchiertes Konvolut, dass allerdings hinsichtlich der Auswahl des Quellenmaterials einen Schwerpunkt auf der ökonomische Kooperation aufweist. Schließlich bestand Kontakt zu mehreren Absolventen des Programmes, denen an dieser Stelle mein Dank für ihre Bereitschaft zu Interviews und Auskünften gebührt. Quellenkritisch sei an dieser Stelle noch die starke Fokussierung des Materials auf die herrschaftslegitimierende Innenperspektive zu erwähnen. Der Quellenkorpus ergibt sich damit aus dem Handeln imperialer Akteure mit starker Macht und deren Administration – eine dezidiert herrschaftskritische Perspektive ist daher hier nicht zu erwarten. Dem gegenüber äußerten auch die befragten Zeitzeugen nur in sehr begrenztem Umfang Kritik, faktisch sogar teilweise deutlich geringer als so mancher zeitgenössischer Bericht der australischen Beamten, die den herabwürdigenden Umgang mit den asiatischen Studierenden explizit benannten. Inwiefern dies mit ihrem erfolgten gesellschaftlichen Aufstieg und der (vermuteten) Rücksicht auf nationale Interessen zu begründen ist oder tatsächlich einfach nur ein sehr positives Erleben darstellt, lässt sich nicht abschließend klären. Die Arbeit ist – im Anschluss an die folgenden Ausführungen zu den Begrifflichkeiten – in drei Teile untergliedert, wobei zunächst die Grundlagen und die Genese des britischen sowie des amerikanischen Zugriffs auf den ColomboPlan sowie die dahinterstehenden Interessen der relevanten Akteure im Zentrum der Überlegungen stehen. Dann sollen die Problemfelder einer Imperialpolitik by proxy im Top-Down-Modell einzeln in den Blick genommen werden, ehe abschließend in Verbindung mit den Langzeitfolgen daraus ableitbare Erkenntnisse zur Funktionsweise moderner Imperien untersucht werden sollen. Diese Aufteilung folgt dabei in gewissem Rahmen einer chronologischen Struktur, die allerdings innerhalb der einzelnen Abschnitte zugunsten einer problemorientierten Untersuchung aufgebrochen wird, welche die sich im Verlauf ändernden politischen Interessenlagen in den Kontext setzt.

78 David Lowe/Daniel Oakman (Hrsg.), Australia and the Colombo Plan 1949 - 1957 (Documents on Australian Foreign Policy), Canberra 2004.

Zur Begrifflichkeit

Die Untersuchung stützt sich auf verschieden grundlegende Konzepte, die vor allem aus dem Bereich der Imperial- und Hegemonialforschung stammen. Im Folgenden sollen daher die dafür notwendigen Begrifflichkeiten erschlossen und für die weitere Analyse handhabbar gemacht werden. Dabei sollen auch – als Ergänzung der bisher in der Forschung eher statisch angelegten Kategorien von Imperium und Hegemonie – Begriffe zur Fassung der dynamischen Komponente der imperialen Herrschaftserschließung im subsidiären Top-Down-Modell aufgezeigt werden, welche für die folgende Untersuchung zur Funktionsweise moderner Imperien by proxy als deskriptive Begriffe dienen können.

D ER C OLOMBO -P LAN Der Colombo-Plan war ursprünglich ein zur Re-Stabilisierung der aufgrund der Folgen des zweiten Weltkrieges und der Sterling-Krise in Schwierigkeiten geratenen Commonwealth-Gemeinschaft unter britischer Führung gedachtes Vertragswerk.1 Es sollte ab Anfang 1950 unter dem Dach eines gemeinsamen Abkommens bilaterale Wirtschafts- und Entwicklungshilfen der verschiedenen Commonwealth-Länder (neben Australien, Neuseeland und Großbritannien noch Indien, Pakistan, Ceylon, Malaya, Singapur, Nord-Borneo, Sarawak und Brunei2; später nahmen auch Vertreter der Weltbank sowie der UN-Kommission

1

Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 161-172.

2

Malaya war genauso wie Singapur, Sarawak und Nordborneo sowie Brunei nur durch ihren Status als abhängiges Territorium Großbritanniens Mitglied und besaßen zunächst keine eigenständige Mitgliedschaft. Vgl. hierzu Nicholas J. White, 'A Waste of Time and Money'? The Colombo Plan in Malaya, Singapore, and the Borneo territories during the 1950s, in: Shigeru Akita/Gerold Krozewski/Shōichi Watanabe (Hrsg.),

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ECAFE (Economic Commission for Asia and the Far East) teil)3 untereinander ermöglichen und dabei sowohl direkte Finanzzuschüsse wie auch indirekte Hilfe durch Entsendung oder Weiterbildung von Experten ermöglichen. Grundeigenschaft des Colombo-Planes war seine Ausrichtung auf bilaterale Fördermaßnahmen unter dem zusammenfassenden Rahmen des Vertragswerkes, welcher durch das sog. Consultative Committee überwacht wurde. Die Einzelprogramme der Teilnehmerstaaten waren dabei keiner zentralen inhaltlichen oder finanziellen Kontrolle unterworfen.4 Bis zur Gründung des Technical Cooperation Schemes im September 1950 und der Colombo Plan Information Unit 1953 bestand auch kein zentrales Büro, was über die regelmäßigen Treffen der Außenminister hinaus als Clearingstelle fungiert hätte.5 Ab Februar 1951 wurden die USA Vollmitglied, nachdem sie bereits im Winter 1950-51 zu einer Mitgliedschaft im Consultative Committee in der Rolle eines Beobachters bereit waren.6 Hervorgegangen aus der Sitzung der Commonwealth-Außenminister in Colombo, Sri Lanka (damals Ceylon) im Januar 1950 richtete sich das Abkommen der politischen Sprache nach gegen die aus den wirtschaftlichen und politischen Problemen des zurückliegenden Jahre entstandene Gefahr einer kommunistischen Ausweitung nach Süd- und Südostasien, wie der gastgebende Premierminister Ceylons ausführte: „Asia provided a fruitful field for Communist propaganda because of its vast undernourished population, who were fighting a losing battle for life and could easily be persuaded that any change would be for the better. [...] The peace of the world required that this problem of want and poverty in Asia should be correctly understood. It supplied the background to many of the political problems to be discussed by the conference.“7

The Transformation of the International Order of Asia. Decolonization, the Cold War, and the Colombo Plan (Routledge Studies in the Modern History of Asia 97), New York 2015, S. 73–90, S. 74. 3

Marshall [unlesbar].01.1955 NAA A10299 C13.

4

Vom Marshall-Plan, mit dem der Colombo-Plan in der Region oft verglichen wurde, unterschiedet ihn vor allem das Merkmal der Dezentralität: Anders als das ERP, welches eine ganze Region in einem Gesamtkonzept in den Fokus nahm, war der Colombo-Plan deutlich kleinteiliger. Vergleiche Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 17.

5

Tomaru, The Colombo Plan and British publicity policies towards Southeast Asia, 1956-65, S. 161.

6

Office of Education External Affairs. 10.03.1955 NAA A1838 250/9/2 Part 1.

7

Hartley External Affairs. NAA A1838 1252/5/43.

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Organisatorisch bestand das Abkommen aus dem als Consultative Committee bezeichneten Beratungsausschuss sowie einem Verwaltungsbüro in Colombo, das unter britischer Leitung8 stand (Colombo Plan Technical Assistance Bureau). Der Beratungsausschuss, der in den folgenden Monaten in Sydney und London tagte, beschloss im Oktober 1950 einen Sechsjahresplan, der von 19511957 in Kraft war und auf einen raschen, umfassenden wirtschaftlichen Aufschwung in der Region abzielte. Schnell weitete sich auch das Teilnehmerfeld auf, so dass in der Folge auch bis 1953 mit Burma, Kambodscha, Laos, Vietnam, Indonesien und Nepal außerhalb des Kerngebietes des Commonwealth, aber noch in der Region Süd- und Südostasien, Mitglieder wurden. Darüber hinaus wurde das Abkommen auf amerikanischen Druck unter dem Wegfall der Denomination Commonwealth der Colombo-Plan 1954 auch auf Japan, Thailand und die Philippinen, sowie – nach dem Ende des Untersuchungszeitraumes – auch noch auf Länder wie Afghanistan (1963) und den Iran (1966) erweitert, die zum regionalen Ursprungskonzept keinerlei Bezug mehr hatten.9 Das Abkommen ist bis heute (2015) in Kraft, auch wenn es hinsichtlich seiner politischen Bedeutung deutlich zurückgegangen ist und in seiner administrativen und strukturellen Anlage in den 1980er Jahren nahezu vollkommen reformiert wurde. Das für die Analyse im Fokus stehende Stipendien- und Förderprogramm des Colombo-Planes war zu einem Gutteil Ergebnis der amerikanischen Beitrittsverhandlungen in der zweiten Hälfte des Jahres 1950, die allerdings vergleichsweise informell abliefen. Es entstand aus mehreren diplomatischen Gesprächen zwischen den USA, Australien und Großbritannien und stellte als solches im Vergleich zu den Gesamtmitteln des Planes, die im ersten Sechsjahresplan über 3,03 Milliarden US-Dollar10 umfassten, nur einen äußerst kleinen Anteil von umgerechnet ungefähr 40 Millionen US-Dollar in der Planung dar11: Der Schwerpunkt des nach wie vor ökonomisch-technisch gedachten Programms lag auf der Bereitstellung finanzieller Mittel und der Verfügbarmachung von moderner Technik in den Empfängerländern zur Ermöglichung raschen wirtschaftlichen Aufschwungs. Im Gegensatz zu den bis dahin schon geplanten, sehr ingenieurstechnisch ausgelegten Expertenaustauschprogrammen für Berufstätige mit kürzeren 8

Ab August 1953 unter australischer Leitung.

9

Shigeru Akita/Gerold Krozewski/Shōichi Watanabe, Introduction, in: Shigeru Akita/Gerold Krozewski/Shōichi Watanabe (Hrsg.), The Transformation of the International Order of Asia. Decolonization, the Cold War, and the Colombo Plan (Routledge Studies in the Modern History of Asia 97), New York 2015, S. 1–12, S. 4.

10 Annual Report of the Consultative Committee NAA A10617 1950/11, gut 1,08 Milliarden Pfund Sterling. 11 Brydon an External Affairs Oktober 1954 NAA A1838 2045/1/10 Part 2.

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Aufenthalten12 richtete sich das Stipendienprogramm dagegen dezidiert an Studierende aus Süd- und Südostasien. Es sollte im Rahmen bilateral vollfinanzierter Stipendien13 jungen Menschen aus Süd- und Südostasien die Möglichkeit geben, an australischen Universitäten (und anderen Hochschulen der Mitgliedsstaaten, jedoch nicht der USA selbst) im Rahmen von BA-Studiengängen zu studieren, um anschließend in ihre Heimatländer zurückzukehren. Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit ist im Folgenden, wenn vom ‚Colombo-Plan‘ die Rede ist damit das Stipendienprogramm gemeint, außer der konkrete Sachverhalt ist ausdrücklich anderweitig bezeichnet.

I MPERIUM

UND

H EGEMONIE

Die einengende Problematik einer zu trennscharfen Definition von Imperium und Hegemonie für den Untersuchungsgegenstand der USA hat bereits Michael HOCHGESCHWENDER herausgearbeitet:14 Geht man in der Fassung zu restriktiv vor, so verschließt sich durch die begriffsdeterminierte Brille der Blick vor den imperialen Realitäten. Bleiben die Begrifflichkeiten dagegen zu weitgefasst, entleert sich der Erkenntniswert solchermaßen generierter Aussagen: Der Umgang mit dem Begriffspaar kann daher nur über eine Annäherung erfolgen. Eng verbunden sind in der Literatur mit den Begriffen dabei häufig auch Fragen zu Raum und Moral, deren Definition naturgemäß mit ausfasernden Rändern verbunden ist, während die weitere Frage nach der Bewertung, ob eine Vorherrschaft gut, ordnend, notwendig oder böse, gefährlich und unterdrückend sei, unmittelbar mitschwingt und auf beiden Seiten der Ost-WestAuseinandersetzung immer wieder anders rezipiert und aufgenommen wurde und bis heute wird.15 Mit dem demgegenüber eher analytisch bedingten Zusammenhang von Macht, Raum, Hegemon und Imperium haben sich – wiederum zurückgreifend auf ältere Forschungen zum Begriff – in jüngerer Zeit insbesondere Michael MANN16 und Herfried MÜNKLER17 beschäftigt, so dass für die semanti-

12 Indirekt in NAA A4529 65/4/4/1952 Schriftwechsel Colombo-External Affairs. 13 Aufgrund der bilateralen Anlage des Vertrages wurden diese Stipendien im Gegenzug zu sicherheitspolitischen Zusagen der USA durch Australien eigenständig finanziert. 14 Hochgeschwender, Die USA, S. 55. 15 Vergleiche hierzu auch zum Beispiel Hardt/Negri, Empire oder die in der Einführung genannten Beispiele. 16 Michael Mann, The Sources of Social Power IV - Globalization, New York 2012, für eine umfangreiche Kritik seiner Theorie der Macht sowie des IEMP-Modells siehe un-

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sche Fassung des Untersuchungsgegenstandes und die Hypothesenbildung ihre Forschung einschlägig relevant erscheint: „Imperien sind mehr als große Staaten; sie bewegen sich in einer ihnen eigenen Welt. […] [Sie]verstehen sich als Schöpfer und Garanten einer Ordnung, die letztlich von ihnen abhängt und die sie gegen den Einbruch des Chaos, der für sie eine stete Bedrohung darstellt, verteidigen müssen.“18

Dabei hilft es zunächst – im obigen MÜNKLER’schen Sinne – eine Abgrenzung zu dem vorzunehmen, was ein Imperium nicht ist, um aus den Resten ein Arbeitsdefinition schaffen zu können: Wie schon angedeutet sind politische Imperien keine Staaten, auch wenn das Zentrum eines Imperiums wohl nahezu immer ein Staat ist.19 Deutlich wird dies unter anderem an der unscharfen Ausfaserung von imperialen Grenzen, die verschiedentlich auch als „Einflusssphären“20 bezeichnet worden sind: Im Gegensatz zu nationalen Grenzziehungen mit klar definierten Übergängen zwischen zwei Staaten verschwimmt die imperiale Peripherie mit dem Umland und passt sich flexibel situativ an momentane Herausforderungen und Politikgestaltungen an, genauso wie sie graduell verschieden sein kann. Im Gegensatz zu einer (Nicht-) Zugehörigkeit zu einem Staatsgebiet kann die Zugehörigkeit zu einem imperialen Raum Abstufungen einnehmen. Ebenso ist die Verschiebung imperialer Einflussräume – im vorliegenden Fall Bestandteil des Untersuchungsgegenstandes – nicht notwendigerweise mit der Versetzung von Grenzsteinen einhergehend.21 Dabei sind in der Moderne Imperien und Staaten als unterschiedliche Überlagerungen des Raumes zu verstehen: ter anderem John A. Hall/Ralph Schroeder (Hrsg.), An Anatomy of Power. The Social Theory of Michael Mann, Cambridge, UK, New York 2006. 17 Münkler, Imperien. 18 Ebd., S. 8. 19 Dabei ist Staat nicht ausschließlich im modernen Sinne zu verstehen, sondern als eine wie auch immer strukturierte Gesellschaft. Insbesondere bei den von Herfried Münkler als „Steppenimperien“ bezeichneten Entitäten fällt es schwer, einen zentralen „Staat“ im Zentrum zu identifizieren. Für moderne Imperien scheint die Grundierung eines Imperiums auf einen Staat in der politischen Analyse von Imperien allerdings zulässig zu sein, auch wenn damit Ideen wie die Herrschaft von Sozialvorstellungen oder Wirtschaftsordnungen aus dem vorliegenden Untersuchungsrahmen ausgeklammert bleiben muss. 20 unter anderem Katja Schubert, Geopolitisches Schachspiel:. China und Indien im Kampf um Einflusssphären im asiatisch-pazifischen Raum, Dissertation 2014. 21 Münkler, Imperien, S. 11.

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Während antike Imperien und diejenigen des Zeitalters der europäischen Expansion in einen als ‚unbeherrscht‘ und ‚leer‘ wahrgenommenen Raum vorstießen, setzen moderne Imperien auf vorhandene Strukturen von räumlichen Ordnung auf. Allerdings nur aufgrund der Vermutung, dass es keinen ‚unbeherrschten‘ Raum mehr gäbe, nun auch davon auszugehen, dass es keine nationengebundenen Imperien mehr geben könne, greift zu kurz.22 Auch im vorliegenden Fall sahen die USA Süd- und Südostasien als Raum ohne ordnenden Herrscher. Grundlage für die eigene Politik war die wahrgenommene Existenz eines „Machtvakuums“23, vulgo, eines unbeherrschten Raumes. Bei MÜNKLER ergänzt werden muss diese Ausschlussdefinition noch um Abgrenzungen zum Welt- beziehungsweise Großreich24, indem das Kriterium der Langfristigkeit in die Betrachtung miteingebunden wird. Dies wird einerseits durch eine gewisse Zyklenhaftigkeit – Aufstieg und Fall – sowie andererseits durch eine Regenerationsfähigkeit, also die zeitlicher Stabilität auch über eine einzelne Führungsfigur (wie beispielsweise Napoleon, Mussolini oder Alexander der Große) hinaus erreicht. Damit löst sich der Imperialbegriff auch von der Idee der charismatischen Führung Max WEBERS25, welche die besondere Qualität oder Begabung einer einzelnen Person zur Integration des (chaotischen) Ganzen in den Mittelpunkt stellt: Imperien sind nicht (ausschließlich) vom Charisma ihrer Führungsfigur abhängig. Verbindet man dies mit dem Gedanken der Überzeitlichkeit ist damit zumindest ein erfolgter Generationenübergang in der Herrschaft im Zentrum für ein Imperium notwendig.26 Diese Voraussetzung wirft in demokratisch fundierten Imperien mit in Amtszeiten untergliederten Herrschaftszeiten neue Fragen nach der Definition eines solchen Generationenüberganges auf. Geht man nun davon aus, dass sich in der breiten Masse der Bevölkerung des imperialen Zentrums ein Generationenwechsel vollzogen haben müsste, so stand das amerikanische Imperium um 1950 erst am Anfang seines Lebenszyklus‘. In Konsequenz genügt fraglos sowohl das britische Empire als auch das amerikanische Imperium den aufgestellten Kriterien. Dabei liegen der Fall des einen 22 Hardt/Negri, Empire, S. 184. 23 National Archives and Records Collection, Washington D.C. (NARA) RG 273 250/7/27/2 Box 13 Office Memorandum o.D.. Es handelt sich im Folgenden durchwegs um eigene Übersetzungen des fremdsprachigen Original(quellen)textes, so nicht ausdrücklich anders angegeben. 24 Oft synonym zu Imperium verwendet, vergleiche aber Münkler, Imperien, S. 14. 25 Max Weber/Horst Baier/Knut Borchardt/Mario Rainer Lepsius, Gesamtausgabe, Tübingen 2013, S. 565-566. 26 Münkler, Imperien, S. 22.

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– Großbritanniens – und der Aufstieg des anderen – der USA – vorliegenderweise zeitlich in einen ähnlichen Korridor: Die Frage nach der Bedingtheit dieses Doppelereignisses stellt sich dabei im Folgenden weniger, auch wenn der British Decline zeitlich in seinen Ursprüngen eng mit den ersten globalen Ideen in den USA zusammenfällt: Für die Untersuchung steht die Frage nach den Wechselwirkungen und der Dynamik des Wandels im Fokus. Dass dabei die Beobachtung abnehmender britischer Ordnung in der Region in den USA eine katalytische Reaktion bewirkte und das Verfahren beschleunigte, scheint dabei außer Frage zu stehen: So waren die Qualitäten britischer und amerikanischer Imperialpolitik in den spezifischen Charakteristika so unterschiedlich, dass tatsächlich ein genuin neues imperiales Modell und nicht lediglich um die Verlängerung bestehender Herrschaft gehen konnte, die sich in Süd- und Südostasien abzeichnete. Für die weitere Betrachtung entscheidend, kann man nun mit MANN27 drei grundlegende Typen imperialer Vormachtstellung unterscheiden, gegliedert absteigend nach militärischer Beherrschungskapazität und aufsteigend nach politischem Potential: a) Direkte Imperialherrschaft28 b) Indirekte Imperialherrschaft c) Informelle Imperialherrschaft a. Flottenimperien b. Wirtschaftsimperien c. Imperien by proxies d. Hegemonie29 Fällt die grundlegende Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Herrschaft noch vergleichsweise einfach – erstere bezeichnet die unmittelbare, meist militärisch erzwungene Eingliederung des Raumes in eigenes Gebiet, letztere den Anspruch eines (imperialen) Zentrums, der allerdings weiterhin auf lokale Partialautonomie setzt – so ist die weitere Untergliederung der dritten Gruppe der informellen Herrschaft durchaus nicht so klar, wie es die Mann’sche Auftei-

27 Mann, The Sources of Social Power IV - Globalization, S. 86. 28 Bei Mann heißt es im Original „Direct Empire“ (bzw. „Indirect“ und „Informal“; ebd., S. 86.). Ich greife für die Übersetzung auf naheliegende Ableitungen nach Münkler, Imperien, S. 47 und passim zurück. 29 Gesamtdarstellung wie folgende Erläuterungen basieren leicht modifiziert und angepasst auf Mann, The Sources of Social Power IV - Globalization, S. 86.

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lung nahelegt:30 Flottenimperien („gunboat informal Empire“31) sichern ihre Vormachtstellung durch punktuelle (militärische) Eingriffe um eigene Interessen durchzusetzen, während Wirtschaftsimperien zur Erlangung von Einfluss an Stelle von anlassbezogenen Soldateninterventionen auf einzelne wirtschaftliche Maßnahmen in Einzelfällen zurückgreifen. Die für die vorliegende Arbeit ganz besonders relevanten Imperien by proxy dem gegenüber, lassen vor Ort durch Vertraute die eigenen Interessen wahren, die dafür besonders herausgehoben werden und gegebenenfalls durch verdeckte Operationen gestützt werden können. Im vorliegenden Fall könnte man sowohl den Colombo-Plan wie Australien als proxies imperialer Politik der USA begreifen. Aufgrund des bilateralen Charakters und der damit verbundenen Mehrstimmigkeit des Colombo-Planes soll praktischerweise zunächst davon ausgegangen werden, dass Australien diese Rolle eines proxy einnahm – mehr dazu später. Wenngleich von MANN in die Struktur mit eingepasst, so fällt die Hegemonie etwas aus dem anfangs skizzierten Rahmen: Ist sie doch mit NYE32 (und, zu einem gewissen Grad auch GRAMSCI33) ein im Gegensatz zu allen anderen Prototypen imperialer Vorherrschaft letztlich auf Freiwilligkeit der Teilnehmer und Attraktivität des Hegemons basierendes System, bei der sich der Hegemon im Gegensatz zum Imperium selbst gewissen Regeln unterwirft.34 Darüber hinaus ist ein Imperium durch die deutliche und sichtbare Nachrangigkeit aller anderen Teilhaber gekennzeichnet, während in hegemonialen Ordnungen eine solch klare – auch formal kodifizierte – absteigende Reihung fehlt.35 Die Ausübung von Hegemonie bietet beiden Seiten – sowohl zentraler Kraft wie peripherem Teilhaber hinreichende Vorteile im Vergleich zu einem anderen System. Dabei fällt auf, dass die vorgenommene Strukturierung anhand von militärischer beziehungsweise politischer Potenz auch ganz unmittelbare finanzielle Folgen für das imperiale Zentrum (und damit 30 Die oben vorgenommene Reihung nach absteigender militärischer und aufsteigender politischer Macht lässt sich auch innerhalb des Unterpunktes anwenden. 31 Siehe Fußnote 28. 32 Joseph S. Nye, Soft Power. The Means to Success in World Politics, New York 2004, S. 147. 33 Vergleiche hierzu auch Luciano Gruppi, Gramsci. Philosophie der Praxis und der Hegemonie des Proletariats, Hamburg [u.a.] 1977, S. 119-128. 34 Siehe auch andere Meinungen in beispielsweise Henry Kissinger, Die Herausforderung Amerikas. Weltpolitik im 21. Jahrhundert (Ullstein 36446), München 20031., S. 202-248 sowie Michael W. Doyle, Empires (Cornell studies in comparative history), Ithaca 1986. Für eine umfangreiche Diskussion des Forschungsstandes zur Frage nach Abgrenzung zwischen Hegemonie und Imperium siehe Münkler, Imperien, S. 67-78. 35 Ebd., S. 18.

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auch mittelbar für die Peripherie) hat: Ein auf nicht notwendigerweise durchgehend präsenter politischer Potenz basierendes Empire ist sowohl in seinem Unterhalt deutlich günstiger als ein solches mit andauernd sichtbarem, ausuferndem Militärapparat, und erscheint daher auch attraktiver, aber im Gegenzug allerdings deutlich weniger eng gebunden und zu einem gewissen Grad unkontrollierbar: Die Flexibilisierung schafft ökonomische Vorteile zu Lasten der Homogenität im Sinne eines Durchgriffsrechts und senkt im Zentrum damit auch die politischen Kosten. Inwiefern allen Imperien im Lauf der Zeit die Tendenz zueigen ist, zunehmend formalisierter und durchgriffiger (und damit auch: teurer) zu werden, muss hier offen bleiben, liegt aber nahe.36 Ebenso nahe liegt die ferner mögliche Unterscheidung in ‚schwaches‘ und ‚starkes‘ Imperium und ist auch verschiedentlich erfolgt37 – doch hält sich der analytische Mehrwert in Grenzen: Es lässt sich kaum für ein Imperium im Ganzen eine solche Qualität zuerkennen, sondern vielmehr ist die Durchsetzungskraft des Zentrums in der Peripherie verschieden stark, sowie die Stärke eines Imperiums auch alles andere als diachron konstant erscheint. Für den Fall dass in der Gesamtheit des Imperiums eine abnehmende Tendenz festzustellen ist, liegt dies in einem Rückgang der stützenden Macht begründet und ist damit weniger eine spezifische Eigenschaft des Imperiums an und für sich. Dass Maßnahmen aus dem Spektrum indirekter imperialer Herrschaft in der Tendenz weniger stark ‚invasiv‘ als solche aus dem Feld der direkten Herrschaft wahrgenommen werden, liegt dabei nahe, sagt aber nichts über die (angebliche) Stärke des Imperiums aus. In allen Fällen ist ferner in Imperien wie in hegemonialen Strukturen (falls man sie nicht als Untergruppe begreifen mag)38 zunächst eine Unterteilung in imperiales Zentrum und imperiale Peripherie möglich, wobei aus Forschungsperspektive die Peripherie als der durchwegs interessanterer Ort gilt, bilden sich doch im Regelfall dort neue Imperien und wird die Stabilität und das Ordnungsprimat des Zentrums hier sehr häufig bedroht.39 Zur Identifizierung dieser beiden Regionen ist die inhärente Asymmetrie der beiden Elemente kennzeichnend40. Was das Zentrum an (sanktionslosen) Rechten im distanten Raum hat, wird nicht gleichwertig durch (sanktionslose) Rechte der Peripherie im Zentrum gespiegelt. Was so als Erkenntnis zunächst profan wirkt, wird unter anderem durch Freizügigkeitsrechte deutlich, die allein für sich noch keine imperiale Qualität begrün36 Es liegt für Großbritannien nahe, eine solche Entwicklung zu konstatieren. Vergleiche hierzu auch Darwin, The Empire Project, S. 83-86. 37 Münkler, Imperien, S. 127. 38 Ebd., S. 18. 39 Ebd., S. 21. 40 Ebd., S. 16.

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den: So ist die Binnenfreizügigkeit aller Bürger innerhalb der EU eben nicht konstitutiv für ein Imperium, während die Berufung auf römisches Bürgerrecht und die damit verbundenen Vorrechte in den Provinzen oder auf einen z.B. amerikanischen Reisepass global zweifellos nicht reziprok gewährte Vorrechte mit sich bringen. Dabei kann auch die Gewährung von Vorrechten im Zentrum für Bewohner der Peripherie Mittel zur Erschließung des Raumes sein. Werden sie doch als ‚Auszeichnung‘ wahrgenommen und nicht – wie andersherum – als Selbstverständlichkeit. Dabei ist das bipolare Verhältnis von Zentrum und Peripherie keineswegs eindeutig, sondern beschreibt eher ein Kontinuum, wie auch der Begriff der jüngeren Forschung zur ‚Halbperipherie‘ nahelegt: Eine klare Grenze zwischen hier und dort lässt sich nicht ziehen. Als drittem konstitutivem Begriff im Untersuchungsfeld – neben dem Imperium und der Hegemonie – bedarf es noch einer Beschäftigung mit der Macht. Diese ist dabei die Kraft, die Imperien konstituiert beziehungsweise zusammenhält.41 Von Michael MANN ist daher ein Modell der Klassifizierung verschiedener Machtstrukturen entwickelt worden. Diese von ihm als IEMP-Modell42 bezeichnete Struktur geht grundsätzlich von vier verschiedenen Sphären aus und legt für das Handeln rationale Entscheidungsprozesse in ‚quer zueinander‘43 liegenden Machtdimensionen zugrunde. Dabei ist Macht ganz grundlegend die Fähigkeit, andere dazu zu bringen, etwas zu tun, was sie sonst nicht tun würden.44 Davon ausgehend wird im Folgenden daher mit MANN materiell zwischen ideologischer, ökonomischer, militärischer und politischer Macht unterschieden:45 Diese Machtarten sind dabei nicht immer eindeutig zuordenbar und auch nicht immer trennscharf voneinander zu unterscheiden. Ebenso sind sie dabei kollektiv im Sinne von Netzwerken der Macht zu verstehen, im Gegensatz zu unter anderem BOURDIEU’schen Modellen bei denen die Macht auf personaler Ebene verortet ist. 46 Die Netzwerke sind dabei in der Theorie nicht notwendigerweise immer Staaten, Glaubensgemeinschaften oder Gesellschaften, sondern heterogene 41 Ebd., S. 79. 42 Für eine dahingehende Kritik des IEMP-Modells siehe auch Ralph Schroeder, Introduction: The IEMP Model and its Critics, in: John A. Hall/Ralph Schroeder (Hrsg.), An Anatomy of Power. The Social Theory of Michael Mann, Cambridge, UK, New York 2006, S. 1–16. 43 Mann, The sources of social power IV - Globalization, S. 3. 44 Ebd., S. 1. 45 Vgl. ebd., S. 2-3. 46 Pierre Bourdieu/Margareta Steinrücke/Jürgen Bolder/Ulrike Nordmann (Hrsg.), Die verborgenen Mechanismen der Macht (Schriften zu Politik & Kultur / Pierre Bourdieu. Hrsg. von Margareta Steinrücke ; 1), Hamburg 2005.

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Strukturen, die mit den vorgenannten zusammenfallen können, aber auch andere Entitäten der Vernetzung – wie beispielsweise Universitäten – mit einschließen können.47 Ideologische Macht bezieht sich dabei vornehmlich auf die Interpretation und Handlungsweisen der Gegenwart im Hinblick auf eine Erklärbarkeit. Ein Bedürfnis nach solch einer Macht liegt demzufolge häufiger in Krisenzeiten vor, und ist damit auch eine Reaktion auf Veränderungen im Bereich der anderen Machtsphären. Der Einfluss ideologischer Macht steigt in diesen Fällen zunächst aufgrund der momentanen Situation stark an, verselbständigt sich dann aber auch über den eigentlichen Fall hinaus. Dabei erscheint der zunächst naheliegende Gedanke der Gleichsetzung von Religion(en) mit ideologischer Macht zu kurz gegriffen, geht es doch auch um Bewegungen mit religionsähnlichem Charakter (‚Zivilreligionen‘) wie beispielsweise dem Nationalismus oder Liberalismus, welche Antworten und Handlungsoptionen auf Krisensituationen versprechen und als solche beachtliche Kraft entfalten. Ideologie bezeichnet damit mit Mann ein System, welches bestehende „Erfahrungen übersteigt“48 und daher einen gewissen Grad des Irrationalen mit sich bringt. Der grundlegenden Unterscheidung in transzendente und immanente ideologische Macht hat MANN später noch die institutionalisierte Ideologie hinzugefügt, die insbesondere in der Moderne nachvollziehbar erscheint.49 Bezeichnen erstere beide noch relativ klar nachzeichenbare Strukturen der Ideologie, so bezieht sich letztere vornehmlich auf die institutionelle Repräsentationen, die stellvertretend handeln können (also auch z.B. sichtbare Kompromisse eingehen können). Ökonomische Macht, die langfristig wirkt, spiegelt sich in Wirtschaftssystemen wieder: In ihr verbinden sich sowohl merkantile Netzwerke wie auch die Abhängigkeiten von Märkten (Kapital, Arbeit, Absatz, Produktion), sie durchdringen das Leben, wenngleich auch langsam, dafür aber umso tiefgreifender. Der Wechsel ökonomischer Systeme – wie der hin zum Kapitalismus – benötigt lange Zeit, durch die damit allerdings verbundenen, umfassenden Auswirkungen auf das tägliche Leben in unter anderem Beruf, Nahrungsmittelbeschaffung und Lebensplanung sind die Auswirkungen allerdings kaum zu unterschätzen. Dass die dabei geknüpften Handelsbeziehungen zeitlich auch weit über den Rahmen der tatsächlichen Notwendigkeiten stabil sind und nur langsam verblassen, un-

47 Michael Mann, Response, in: John A. Hall/Ralph Schroeder (Hrsg.), An Anatomy of Power. The Social Theory of Michael Mann, Cambridge, UK, New York 2006, S. 343–396, S. 344. 48 Ebd., S. 345. 49 Ebd., S. 348.

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termauert diese Annahme der Langfristigkeit nur noch weiter.50 Ökonomische Macht im Sinne der Hegemonial- und Imperialtheorien besitzt dabei immer auch die Komponente einer umfassenden Macht in einer strukturierten Gesellschaft. Die Auswirkungen ökonomischer Rahmenbedingungen haben weit über die Wirtschafts- und Erwerbstätigkeit hinaus Auswirkungen, sind aber – das im Gegensatz zu den Annahmen HARDTs und NEGRIs – politisch kein eigenes Imperium oder gar eine hegemoniale Ordnung an und für sich.51 Dafür fehlt dem Konzept ‚des‘ Kapitalismus52 im vorliegenden Falle nicht zuletzt ein eigenes ‚Wollen‘, das die politisch notwendigen Akteursqualitäten erst ermöglicht. Dennoch ist der Einfluss ökonomischer Macht für die Bildung von Imperien groß: Wie später gezeigt werden wird, versuchte der britische Colombo-Plan durch eine Stärkung ökonomischer Strukturen Süd- und Südostasiens an Standards einer globalen Wirtschaftsordnung unter dem Begriff der „economic co-operation“53 eine erneute Angliederung der Region an das bestehende Imperium zu erreichen. Als weitere kategoriale Machtdimension hat sich der Begriff der militärischen Macht etabliert. Militärische Macht ist hierbei die (potentiell) tödliche, konzentrierte Organisation von Gewalt. Besonderes Spezifikum militärischer Macht ist dabei ihre Unmittelbarkeit. Während beispielsweise gegen ökonomische Macht zumindest zeitweilige Dissens möglich ist, so hat militärische Macht die Fähigkeit, eventuelles Abweichen sofort und ohne Zögern mit für das Individuum oder die Gruppe tödlichen Konsequenzen zu versehen. Hierdurch ist sie alleine in der Lage, sofort zu wirken und absolute Konformität herzustellen. Auch ist militärische Macht nach Mann für gewöhnlich fokussiert, d.h. nicht global, sondern zeitlich und räumlich begrenzt. Allerdings ist hier einzuwenden, dass durch die im Vergleich extrem gewachsenen Fähigkeiten, Soldaten und Material global binnen weniger Stunden an jeden Ort der Erde zu verlegen, der Fokussierungsfaktor militärischer Macht im Vergleich zu ‚klassischen‘ im Feld stehenden Großheeren beispielsweise des Kalten Krieges heute deutlich zurückgegangen ist. Doch auch das amerikanische Militär um 1950 schuf mit seinem Netz aus globalen Niederlassungen eine nahezu in der westlichen Welt lückenlose Abdeckung. Den in der militärischen Macht fraglos vorhandenen Überschnei50 Matthias Beestermöller/Ferdinand Rauch, A Dissection of Trading Capital. Cultural Persistence of Trade in the Aftermath of the Fall of the Iron Curtain (781), Oxford, 2014, [http://users.ox.ac.uk/~econ0360/FerdinandRauch/paper718.pdf], S. 3. abgerufen am 1. September 2017. 51 Hardt/Negri, Empire. 52 Die mögliche Differenzierung des Kapitalismus in seine verschiedenen Ausformungen sei an dieser Stelle vernachlässigt. 53 National Archives, Kew, London (NA) DO 35/2724 Colombo Plan 12/49 4/1950.

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dungen zur politischen Macht gegenübergestellt ist allerdings die meist vorhandene (relative) Eigenständigkeit des Militärs auch in demokratisch verfassten Staaten.54 Festzuhalten bleibt aber auch, dass der Einsatz militärischer Macht im Vergleich zu anderen Machtarten eine vergleichsweise aufwändige Methode der Sicherung ist: Die ökonomischen und innen- wie außenpolitischen Kosten für ein militärisches Engagement sind enorm hoch, während eine antiimperiale Macht mit relativ geringem Kostenaufwand beispielsweise unter Nutzung von Guerillataktiken zwar keine unmittelbare Lösung erzwingen, aber die Besatzungskosten für das imperiale Zentrum weit in die Höhe treiben kann. Eng verbunden sind Fragen einer solchen antiimperialen Strategie mit Fragen der ideologischen Rechtfertigung, so dass eine Imperiumsbegründung und langfristige -stabilisierung ausschließlich durch militärische Mittel nach herrschender Meinung unmöglich erscheint. Im Modell MANNs konstituiert zuletzt noch politische Macht Herrschaft.55 Politische Macht ist dabei die zentrale Sicherstellung von sozialer Ordnung, also gesellschaftlicher und territorialer Einheit. Dabei geht MANN von einem vergleichsweise starken Staatskonzept aus, das die politische Macht in der Administration verortet und damit andere Machtträger ausschließt – im Gegensatz unter anderem zum vielbeachteten Ansatz von NEGRI/HARDT, die unter anderem globale Konzerne als transnationalen, politischen Machtträger begreifen.56 Im Vergleich hierzu bezieht MANN in seinen Überlegung ausdrücklich territoriale Grundlagen (in Abgrenzung zur ideologischen Macht) mit ein, deren zentralisierte Struktur er zu einer Vorbedingung der Macht macht. Dies äußert sich auch im Grad der Verbindlichkeit – während Individuen sich NGOs, Religionen oder Wirtschaftsunternehmen durch Austritt entziehen können, ist das Verhältnis zur politischen Staatsmacht unmittelbar, Devianz sanktionierbar und gegenüber den folgenden Sanktionen (theoretisch) außer durch Flucht kein Entkommen möglich. Ebenso im Vergleich zur Konzeption der ideologischen Macht ist politische Macht deutlich stärker regional beschränkt: Während Ideologien weltweit wirken, berühren Staaten eine kleinere, dafür klarer umrissene territoriale Einheit. Im Vergleich zur ideologischen und militärischen Macht weist die politische (und die ökonomische) Macht dabei eine deutlich langfristigere Wirkung auf beherrschte Gebiete auf.57 Dieses besondere Charakteristikum dieser Machtart 54 Vergleiche hierzu auch die erst 1962 im Kontext der Kuba-Krise geregelte Letztverantwortlichkeit des Präsidenten der USA für das Militär. 55 Mann, Response, S. 223. 56 Hardt/Negri, Empire. 57 Vergleiche Matthew Lange, Lineages of despotism and development. British colonialism and state power, Chicago-London 2009, anhand der unterschiedlichen Herr-

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scheint beim Übergang imperialer Strukturen in Süd- und Südostasien eine besonderer Rolle gespielt zu haben – unterschätzten doch die USA bestehende Bindungen und ihre Langzeitigkeit, während sie gleichzeitig die unmittelbaren Erfolge der eigenen, ideologiebasierten Politik zu kurzfristig erwarteten. Im Vergleich zu Alexander dem Großen haben moderne Imperien Flugzeuge, Telefone und Satelliten zur Schaffung und Administration ihres Empires – und an diese im diachronen Vergleich veränderten infrastrukturellen Gegebenheiten anknüpfend, stellt sich die grundlegende Frage einer Vergleichbarkeit antiker und moderner Imperien. Entgegen der Auffassung der klassischen Imperialtheorie hat sich in jüngerer Zeit die Auffassung durchgesetzt, trotz ähnlicher Phänomenologie einen Unterschied in der Struktur, vor allem der zeitlichen Dynamik anzunehmen. Die der Imperiumsbildung und -konsolidierung zugrundliegenden Machtfaktoren wurden unter anderem durch die Einführung der Massenpresse, der modernen Transportmittel sowie von Fernaufklärung wie – lenkwaffen, ökonomischer Verflechtung und Finanztransaktionen soweit in ihrer Wertigkeit soweit zueinander verschoben, dass diese Annahme begründet erscheint. Dem gegenüber setzt die grundlegend identische Einteilung in ein imperiales Zentrum und seine Peripherie auf einer phänomenologischen dabei an einer Kontinuität an, die sich in den unterschiedlichen Dynamiken der Expansion und des Rückzuges imperialer Macht in der Moderne nicht halten kann. Diese Unterscheidung hinsichtlich der Dynamik macht damit eine grundlegende Differenzierung zwischen antiken Imperien (wie dem römischen Reich) und modernen Imperien (wie dem britischen Empire) nötig und möglich, die tatsächlich ertragreicher als eine Unterteilung nach kulturellen Kontexten (wie beispielsweise im Vergleich zum chinesischen Großreich) ist.58 Dabei geht die vorliegende Arbeit von einem spezifischen imperialen Wachstums- und Wandlungsprozess der Moderne aus, dessen interessenbasierter Dynamik räumlicher Ausdehnung in bis dahin in der Kürze der Zeit ungekanntem Ausmaß über drei Kontinente hinweg bisher nur wenig Raum in der Forschung eingeräumt wurde.59 Zum Begriff des Imperiums als Kategorie außerhalb der Nation und des Staates, welches sich ausschließlich mit anderen Imperien auf einer Ebene sieht,60 trägt auch die Frage der Selbstlegitimation imperialen Handelns bei. Eine schaftsform des britischen Empires in direkter und indirekter Herrschaft konnten langfristige politische und ökonomische Unterschiede in ehemaligen Kolonien nachgewiesen werden. 58 Münkler, Imperien, S. 22. 59 Andere moderne Beispiele wären die imperialen Reiche der europäischen Großmächte im Zeitalter des Imperialismus, welche ebenso räumlich weit ausgedehnt. 60 Ebd., S. 8.

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expansive oder stabilisierende Politik des Zentrums folgt dabei einer selbstgegebenen Notwendigkeit, die keiner weiteren Begründung bedarf: Ein Imperium definiert die Bedingungen für ein Eintreten selbst61 und benötigt hierfür keine externen Rechtfertigungen.62 Es sieht den gesamten Globus als sein Interessengebiet.63 So fürchten Imperien das Einbrechen von Chaos und Unordnung, dem gegenüber sie in einer umfassenden Aufwertung der eigenen, sinn- und ordnungsstiftenden Funktion als über den lokalen Mächten stehend eindämmend wirken können und – selbst legitimierend – auch müssen. Es scheint daher plausibel, den Wechsel hin zur imperialen Kategorie eines Gemeinwesens in einer solchen Debatte um die Selbstlegitimation und den Sprung von externen zu internen Gründen für eine expansive Politik zu verorten. Für die USA wird die Selbstlegitimation in einem Prozess der Definition von imperialen ‚Notwendigkeiten‘ des Eingreifens daher zu späterem Zeitpunkt untersucht werden müssen. Für den gewählten Untersuchungsgegenstand stellen sich anhand der nun skizzierten kategorialen Einordnungen insbesondere Fragen zur strukturellen Transformation von imperialer Ordnung in Süd- und Südostasien, ganz besonders anhand des Wandels vom British Empire hin zu einem American Empire. Neben grundlegenden Überlegungen zum Vergleich zwischen den beiden imperialen Strukturen stellt sich dabei die Frage, inwiefern das vorhandene Modell zur Beschreibung des genuin neuen Ansatzes des Bildungsprogrammes im Colombo-Plan ausreicht. Hierzu soll im Folgenden ein zu MANN kompatibler und auf seinen Vorüberlegungen aufbauender Ansatz der informellen Bürokratie innerhalb der zweiten Kategorie seines Imperialmodells geschaffen werden, der verschiedene Ziele integriert: Erscheint doch keine der bisher genannten Überlegungen für die amerikanischen Bestrebungen der Schaffung und damit mittelbaren Einbindung des beherrschten Raumes in den Bereich amerikanischer Vorherrschaft als Ziel der Außenpolitik im Rahmen des Colombo-Planes zur Beschreibung ausreichend genug, so hilfreich das Modell für eine grundlegende Strukturierung imperialer Analyse ist. Bisherige Überlegungen zur indirekten Herrschaft zielen dabei auf bestehende Regierungs- und Administrationsmodelle ab, während das Stipendienprogramm des Colombo-Plans sich selbiges erst 61 Dabei ist diese Definition alles andere als statisch, sondern kann – oder muss – beliebig an situative Herausforderungen angepasst werden. Herfried Münkler beschreibt dies als den „permanenten Interventionszwang“ bezeichnet. ebd., S. 30. 62 Hier sei auch angemerkt, dass sich Imperien durch den Verweis auf externe Dritte die nötige Legitimität beschaffen können, vergleiche beispielsweise die hier den Rekurs auf die Vereinten Nationen. 63 Vergleiche auch Hochgeschwender, Die USA, S. 56 mit Rückgriff auf Charles S. Meyer.

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selbst zu schaffen suchte. Darüber hinaus stellt sich weiters die Frage nach den Begriffen zur Fassung der Dynamik des Wandels, die die bisherige, langzeitig orientierte Imperialforschung nicht bietet.

Z UR P ROZESSHAFTIGKEIT UND D YNAMIK IMPERIALEN W ANDELS Der bereits häufiger verwendete Begriff des ‚imperialen Wandels‘ weist dabei auf die jüngere Perspektive von Imperien als sehr dynamischen Entitäten hin, die einerseits vergleichsweise statische Qualitäten wie beispielsweise ihr zugrundliegendes Selbstverständnis haben, andererseits aber auch eine in Phasen unterteilbare Entwicklung durchlaufen.64 Eine grundlegende Unterteilung im ‚Lebenszyklus‘ von Imperien stellt dabei auf die so genannte „augusteische Schwelle“65 ab; diesen, für die langfristige Stabilität entscheidenden, Übergang eines Imperiums von expansiver Phase66 zu konsolidierter Herrschaft, so dass die Gesamterträge des Imperiums über seinen Ausgaben liegen67. Über diese fundamentale Zweiteilung hinaus scheint es in der Zeit zwischen Aufstieg und Untergang eines Imperiums Phasen verschieden intensiver Dynamiken zu geben, in der vor allem die Genese und die damit verbundenen Formationsprozesse der Macht in der Anfangszeit nochmals eine Sonderrolle einnehmen. Für die erste Phase des amerikanischen Vormachtanspruches bei der amerikanischen Erschließung in Süd- und Südostasien kann man dabei einerseits eine Reaktion auf sich verschiebende geopolitische Realitäten feststellen, aus dem ein Vertretungsanspruch über die eigenen territorialen Grenzen hinaus generiert wurde – der

64 Münkler, Imperien, S. 79. 65 Vergleiche hierzu Doyle, Empires, S. 93-97 und für die Übersetzung Münkler, Imperien, S. 80. Nach Doyle hat allerdings England die augusteische Schwelle nicht überschritten (S. 118). 66 Fraglich ist dabei, ob ein Gebilde, welches es nicht schafft, die augusteische Schwelle zu überschreiten überhaupt in Imperium darstellen kann: Das wohl prominenteste Beispiel für ein Scheitern an dieser Aufgabe stellt das Großreiches Alexanders des Großen dar, das demnach kein Imperium gewesen wäre. Für diese Auffassung spricht einiges, unter anderem die nur rudimentär ausbildete Differenzierung zwischen Zentrum und Peripherie, dagegen allerdings auch das Selbstverständnis, eben kein ‚normales‘ Gemeinwesen darzustellen. Vgl. hierzu auch ebd., S. 33-46. 67 Dabei sind Erträge und Aufwendungen nicht allein ökonomisch zu verstehen, auch sind z.B. politische oder militärische Kosten mit einzubeziehen.

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Machtschwäche der bestehenden Imperien sowie die damit verbundene fehlende Ordnung, welche eigene Ordnungsvorstellungen bedrohte und als solche eine Legitimation zum Eingreifen lieferte. Andererseits aber ebenso der Anspruch liberaler Weltordnung, grundsätzlich für alle gelten zu wollen, verbunden mit der Eigendynamik der Mobilisierung unter liberalen Motiven für den erfolgreich geführten zweiten Weltkrieg. Dieser universalistische Anspruch als kennzeichnendes Merkmal ideologisch fundierter Imperien markiert damit auch die Wende der direkten zur indirekten Herrschaft der USA und damit zur tiefgreifenden Transformation der imperialen Mission des gesamten Untersuchungsgebietes. Diese multifaktorielle Dynamik bedeutet aber auch, dass monokausale Erklärungsmodelle für die ‚Imperiumswerdung‘ mit Vorsicht behandeln zu sind: Die Situation, aus der ein Imperium entsteht, ist von unzählig vielen, teils zufälligen Determinanten abhängig. Für den vorliegenden Fall lässt sich in der Anfangsphase auf Seiten der USA eine hohe Dynamik der Abläufe beobachten, dem gegenüber die Aktivitäten der bisherigen imperialen Ordnungsmacht Großbritanniens rein quantitativ gesehen bescheidener ausfielen. Diese hohe Intensität diplomatischer und politischer Aktivitäten beschränkte sich dabei zunächst auf ein vergleichsweise kurzes Zeitfenster zwischen der Gründung des Colombo-Planes innerhalb des britischen Commonwealth, dem amerikanischen Beitritt nebst Formulierung des programmatischen Anspruchs des Bildungsprogrammes sowie seiner Grundlagen und der ersten Phase der tatsächlichen Erschließung durch die ersten Studierenden im Rahmen der Förderung. So wurde schon die schiere Anzahl hierzu erarbeiteter Dokumente im State Departement innerhalb dieses engen zeitlichen Rahmens zu keinem späteren Zeitpunkt mehr erreicht. Im Anschluss an diese hochdynamische Phase ist – auch als Reaktion auf die unerfüllten überzogenen Erwartungen hinsichtlich des Einsetzens von raschen Ergebnissen – ein Abflachen der Intensität von Aktivitäten zu sehen, was mit einer Wiederannäherung an die Formen direkter Herrschaft durch militärische Intervention einherging. Einhergehend mit dieser abnehmenden institutionell-politischen Dynamik lässt sich auch eine zunehmende Ergebnisorientierung innerhalb des Außenministeriums beobachten, die als Versuch der Herrschaftskonsolidierung – also intentionalen Schritten auf dem Weg zur augusteischen Schwelle – interpretiert werden kann. Dabei hilft es, zwischen der außenpolitischen Dynamik (also in Form von Verschiebungen bei Verhandlungen, Abkommen und Konsultationen) sowie der Dynamik der Macht (also die Verschiebungen im Referenzrahmen, der Zugehörigkeit und der tatsächlichen Einflussräume) im Folgenden zu unterscheiden: Somit lassen sich einerseits ein beachtlicher zeitlichen Versatz zwischen beiden Phasen erkennen, andererseits aber auch die grundlegenden Fehlannahmen der beteiligten Akteure

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nachvollziehen, die dahingehend eine synchrone Entwicklung annahmen. Die Dynamik der Entwicklung auf politischer Ebene würde sich mit allenfalls geringer Verzögerung auch in der gesellschaftlichen Ausrichtung ablesen lassen, so die Hypothese. Dies basiert auch auf der Überzeugung, dass nur eine kurzfristige Änderung (in imperialer Sichtweise eine ‚Verbesserung‘) der Lebensumstände der Menschen in der Region eine Einordnung in neue imperiale Zusammenhänge ermöglichen würde.68 Die zugrundeliegenden Fehleinschätzung imperialer Abläufe der Systempenetration kennzeichnet dabei die Eigendynamik der amerikanischen Erschließung: So ist die auf einer rein empirischen Ebene nachzuvollziehende Abnahme der Ereignisdichte eng mit dem Ausbleiben zeitnaher Erfolge in Verbindung zu bringen. Durch das – scheinbare – Versagen der eigenen Politik zur Lösung aktueller Probleme setzten sich bewährte Überlegungen zu direkter wirkende Mittel aus dem politischen Portfolio eher durch, wie beispielsweise die der Militärhilfe oder schließlich die einer direkten militärische Intervention.69 Dabei basierte diese Wahrnehmung eines Fehlschlages auf der verzögerten Auswirkung des komplexen Programmes imperialer Erschließung, wobei diese Langsamkeit zugleich mit Bedingung für einen späteren Erfolg der Politik war. Denn gegenüber den Maßnahmen schneller imperialer Erschließung (militärische Kooperation, direkte Wirtschaftshilfe) regte sich auf britischer Seite teils vehementer Widerstand. Gegen diese die eigenen Interessen und Fundamente der eigenen Macht direkt bedrohenden Strategien musste das Empire trotz seiner ganz offensichtlichen finanziellen und militärischen Schwäche entschieden vorgehen, während das Bildungsprogramm des Colombo-Planes auch aufgrund seiner Langfristigkeit die Grundfesten des britischen Imperiums nicht berührte und aus Sicht Londons nicht als Bedrohung der eigenen Position wahrgenommen wurde.70 So war die fundamentale Ungleichbehandlung von Strategien der militärischen Erschließung und ökonomischer Penetration im Vergleich zur ideologischen Erschließung über die ‚Köpfe‘ zwar nur bedingt in ihrer unterschiedlichen Dynamik begründet, doch erscheint die Annahme, dass ‚zu schnell‘ sichtbare Erfolge einer beispielsweise wirtschaftlichen imperialen Übernahmestrategie diese Abwehrhaltung noch weiter verstärkt hätten, äußerst plausibel.71 Geht man weiter davon aus, dass so gut wie alle Strategien indirekter Herrschaft gerade auf eine weitgehende öffentliche Glaubwürdigkeit der eigenen Position hinar68 Vergleiche beispielhaft David W. Ellwood, The shock of America. Europe and the challenge of the century (Oxford history of modern europe), Oxford 2012, S. 344. 69 Im Falle Süd- und Südostasiens durch den Eintritt in den Krieg in Vietnam. Vergleiche Stanley Karnow, Vietnam. A History/ Stanley Karnow, USA 19972. 70 NA DO 35/2724 Letters to the Department 13.03.1950. 71 NARA RG 273 250/7/27/2 Box 13.

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beiten72, so erscheint die weitergehende Annahme, dass bestehende Imperien eine sichtbare schnelle Erschütterung der eigenen Verlässlichkeit und Präsenz soweit irgendwie möglich zu verhindern suchen, plausibel. Sowohl für die USA wie für Großbritannien im Rahmen ihrer verschiedenen imperialen Phasen lässt sich diese Hypothese bestätigen: Die britische Politik im Vorfeld des zweiten Weltkrieges versuchte durch weitgehende Konzessionen eine tatsächliche Nagelprobe imperialer Macht zu vermeiden, genauso wie für die USA das Thema der Glaubwürdigkeit bald zum handlungsleitenden Motiv im Kalten Krieg aufstieg.73 Das Dilemma imperialer Erschließung zwischen innenpolitisch notwendigen schnellen Erfolgen und im vorliegenden Fall außenpolitisch erforderlichen subtilen Veränderung weist damit auch den Weg für die Einordnung der interessenbasierten Machtverschiebung. Aus einer sehr grundlegenden Phasenbildung – Aufstieg mit expansiver Phase, Herrschaftskonsolidierung, Imperiale Blüte sowie Niedergang durch Verdrängung oder Auseinandersetzung74 heraus ist nun zunächst die Konkurrenz von expansiver Phase des einen und Niedergang des anderen Imperiums von Interesse. Dabei legt die bisherige Forschung aus der Einteilung folgend nahe, dass für eine erfolgreiche imperiale Expansion eigener Herrschaft die Notwendigkeit einer raschen Dynamik in der ersten Phase besteht: Diese Dynamik ist dabei nicht allein auf das Zentrum beschränkt, sondern umfasst auch die Peripherie.75 Neue Imperien müssen demnach versuchen, einen umfassenden schnellen Wandel zu erreichen während zeitgleich ein bestehendes Imperium versuchen muss, diese für die Herrschaft gefährliche Dynamik an seiner Peripherie soweit möglich zu unterbinden oder in Ebenen zu kanalisieren, die dem eigenen Herrschaftsanspruch nicht zuwider laufen. Hieraus folgend haben langfristige und subtilere Strategien der Erschließung eine höhere Wahrscheinlichkeit auf Durchsetzbarkeit und Erfolge, sind aber für ihre Durchführung auf politische Stabilität und Kontinuität im Zentrum des neuen Empires angewiesen, wenn sie auf eine spätere Dynamisierung abzielen. Gerade in modernen Demokratien westlicher Prägung erweist sich dabei diese Langfristigkeit eigener politischer Ambitionen über einzelne Amtszeiten hinaus im Sinne einer ‚grand strategy‘ als Problem – so auch im vorliegenden Fall.76 Die enge Verbindung zwischen der (Wieder-) 72 Vergleiche hierzu auch Münkler, Imperien, S. 205 und Sebastian Haffner, Winston Churchill (rororo 61354), Reinbek bei Hamburg 2002, S. 109. 73 Bernd Greiner, Einleitung, in: Bernd Greiner (Hrsg.), Macht und Geist im Kalten Krieg, Hamburg 2011, S. 7–23, S. 8. 74 Münkler, Imperien, S. 50. 75 Ebd., S. 65. 76 Vergleiche Kapitel ‚Wandel und Reform‘.

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Wahl von politischen Akteuren mit für die Wählerschaft sichtbaren Erfolgen verstärkt eine Tendenz zu kurzfristigen Änderungen in der Strategie der imperialen Erschließung bei ausbleibenden unmittelbaren Erfolgen, die wiederum auf das Gesamtziel wirken. Dies gilt nur insofern, als dass Nachfolgerregierungen (theoretisch) sich auch generell von imperialen Ansprüchen verabschieden können und damit nicht nur ein Strategie- sondern sogar ein umfänglicher Zielwechsel möglich ist, der die bestehende imperiale Mission aufgibt. Für den vorliegenden Fall der amerikanischen Erschließung Süd- und Südostasiens sowie Australiens lassen sich dabei Änderungen der imperialen Strategie anhand veränderter Ziele und Machtgrundlagen feststellen, genauso wie die mit der zunehmenden Imperiumswerdung verbundenen abnehmende Dynamik auf außenpolitischer Ebene beim graduellen Phasenübergang. Der zugrundeliegende imperiale Anspruch blieb dagegen auch über verschieden Regierungen hinaus durchwegs bestehen. Die Frage nach dem Ausscheiden aus der imperialen Rolle und dem Abschied vom universalistischen Grundkonzept amerikanischer Werte stellte sich nie: Im gesamten Untersuchungszeitraum (und auch darüber hinaus) bestand ein über die eigenen territorialen Grenzen hinausgehender Machtanspruch sowohl global wie auch regional.77 Die darüber hinausgehende Frage, ob ein ideologisch fundiertes Bildungsprogramm einen Ausweg aus dem Grunddilemma imperialer Herrschaft78 durch Demokratien bieten konnte, wird später noch Thema sein. Für die Untersuchung besteht dabei die Annahme, dass diese imperiale Dynamik vor allem im Kontakt der Vorstellungen des Zentrums mit den Realitäten und dem Widerstand der Peripherie entstand und im konkreten Fall in den langen Distanzen und politischen Widersprüchen an den Bruchstellen subsidiärer imperialer Umsetzung versandete. Im Prozess der Adaption zwischen den imperialen Vorstellungen des top-down Prozesses in der Realisierung vor Ort sowie der eher bottom-up realisierten Gegenbewegung der lokalen Ziele der Strategie ergaben sich rasche Anpassungsprozesse. Dabei war das grundlegende TopDown-Prinzip allerdings in seiner Wirksamkeit begrenzt. Durch den bilateralen Charakter des Colombo-Planes war der direkte Einfluss auf die Umsetzung durch die USA nur sehr begrenzt. Es handelte sich daher eher um ein subsidiäres, begrenztes Top-Down-Modell. Die gegenübergestellte bootom-up-Strategie wechselwirkte daher einerseits mit der grundlegenden imperialen Strategie durch den bilateralen Charakter des Colombo-Planes nur begrenzt ‚nach oben‘ und andererseits mit den lokalen Vorstellungen, in denen sie für Veränderung sorgten. Damit ergibt sich auch eine Erklärung für die Abnahme der Dynamik über den

77 NARA NSC 48 Background Papers RG 273 250/7/27/1. 78 Ebd., S. 145.

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Zeitverlauf hinweg79: War anfangs noch von einem sehr großen Unterschied auszugehen, so verringerte sich dieser im Rahmen des Adaptionsprozesses zunehmend. Für Australien ist dabei – ganz offensichtlich schon anders als in anderen historischen imperialen Verschiebungen, die sich durch militärische Gegenwehr abgetrennt haben – sowohl der Übergang des britischen Empires vom direkten zum indirekten als auch vom britischen zum amerikanischen Imperium ein fließender, der sich einer eindeutigen Zeitlichkeit entzieht. Die Prozesshaftigkeit nach 1945 des so skizzierten Wandels hat Ken INGLIS80 1999 mit dem in Australien vielzitierten Satz vom fluiden Charakter des imperialen Wandels mit der Aussage „at some time between 1945 and now, Australia became a post-imperial nation“81 illustriert: Eine eindeutige zeitliche Zäsur, die in ein eindeutiges ‚vorher‘ und ‚nachher‘ unterteilt, ist dabei nicht zu erkennen.82 Australien als Plattform einer subsidiären imperialen Erschließungspolitik und Ort des aus Sicht des Zentrums eigentlich unintendierten imperialen Wandels eignet sich daher im Besonderen, um diese Verschiebungen zu untersuchen. Die Dynamik einer imperialer Anfangsphase lässt sich im Rahmen des Colombo-Planes und seines Bildungsprogrammes nachzeichnen und – so steht zu vermuten – ist als solche typisch für die Abhängigkeiten und Entwicklungen moderner Imperien, die sich im Vergleich zu den antiken Imperien mit anderen Rahmenbedingungen auseinandersetzen. Dabei weist die bisherige Forschung lediglich auf die langfristigen Zusammenhänge von Imperiumscharakteristik und den konstitutiven Elementen der Herrschaft hin, ohne sich überhaupt begrifflich der eben skizzierten Dynamik anzunähern. Es muss daher im Folgenden der Versuch unternommen werden, ein für ebenjenes Unterfangen notwendiges Vokabular zu entwickeln.

79 Ebd., S. 21. 80 Ken Inglis, The unknown Australian soldier, in: Journal of Australian Studies 23 (1999), Nr. 60, S. 8–17, S. 16. 81 Das von Ken Inglis angenommene Ende jeglicher imperialer Muster im Zusammenhang mit der Lösung aus dem britischen Herrschaftsgebiet geht dabei von einem direkten Empiremodell aus. Diese Annahme erscheint aber angesichts der unter anderem starken sicherheitspolitischen Ausrichtung Australiens an die USA nach 1945 in der Hinsicht nicht haltbar. 82 James Curran/Stuart Ward, The Unknown Nation. Australia After Empire, Carlton 2010, S. 254-255.

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I NTERESSE , S TRATEGIE

UND I MPLEMENTIERUNG

Neben der bestehenden, ‚horizontalen‘, grundlegenden Differenzierung von typologischen Imperien und die ihnen zugrundliegende Machtarten stellt sich die Frage nach weiteren Begriffen zur Fassung des Untersuchungsgegenstandes. Sieht man die Genannten als grundlegende Determinanten in der Charakterisierung von Imperien, so beschreiben sie langzeitige Eigenschaften. Dem gegenübergestellt ist für die Untersuchung des Wandelprozesses ein die Dynamiken fassendes Instrumentarium von Begriffen, welches weniger statisch ist: Es handelt sich hierbei um Überlegungen zu Interesse, Strategie und Implementierung, den ‚vertikalen‘ Dimensionen imperialen Handelns, die im vorliegenden Fall auf politischer Ebene als eingeschränktes Top-Down-Modell verstanden wurden.83 Die entwickelten Begriffe sind daher als deskriptive Kategorien des imperialen Verständnisses im subsidiären Modell der Entwicklung einer zentralen Steuerung imperialer Expansion zu verstehen. Interessen bezeichnen dabei zunächst die längerfristigen Wertigkeiten und Ziele, deren Erlangung zur Erreichung eines politischen Vorteiles angestrebt wird.84 Sie sind das grundlegende Handlungsmotiv. Dabei bestehen in der Kategorisierung Ähnlichkeiten zwischen den verschiedenen Arten von Macht und den ganz grundlegenden Differenzierungen der Frage nach den Interessen. Diese sind in Folge als grundlegende Motivation eines Engagements zu verstehen. Verschiedentlich ist dabei der Macht (beziehungsweise dem Machterhalt) ein Interesse aus sich heraus selbst zugeschrieben worden85. Bei Imperien in der Blütezeit und in der Phase des ‚imperial decline‘86 erscheint diese Überlegung tatsächlich in begrenztem Umfang nachvollziehbar, doch bestehen daneben in allen Fällen weitere, mehr oder minder ausgeprägte Interessen ökonomischer, politischer, militärischer oder ideologischer Natur. Diese wirken dabei in Kombination und sind trotz ihres grundlegend eher zeitlich stabilen Charakters veränderbar. So kann das Verhältnis der Interessen zueinander einem diachronen Wandel unterworfen sein. Für die USA lässt sich hinsichtlich der expansiven Phase zunächst ein vornehmlich ökonomisches Interessensmotiv unterstellen, das dann

83 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5529. 84 In Anlehnung an Ulrich Alemann, Grundlagen der Politikwissenschaft. Ein Wegweiser (Grundwissen Politik 9), Wiesbaden, s.l. 19952, S. 23-28. 85 Hier häufig in einer Gleichsetzung von Macht und Gewalt verstanden, wie in zahlreichen Interpretationen Nietzsches, vgl. unter anderem Wolfgang Müller-Lauter, Über Werden und Wille zur Macht (Nietzsche-Interpretationen 1), Berlin 1999. 86 Nach Mann, The sources of social power IV - Globalization, S. 36.

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zunehmend von einer – in der globalen Ost-West-Auseinandersetzung immer stärker werdenden – ideologischen Motivation verdrängt wurde. Die Ausprägung des Interesses hat dabei Auswirkungen auf die Wahl der imperialen Strategie und kann wiederum von der zur Verfügung stehenden imperialen Macht beeinflusst werden: Ein Imperium, welches sich auf ökonomische Macht stützt, hat naheliegender Weise ein starkes Interesse an der Beibehaltung dieses Status. Aber auch rein theoretisch ausschließlich auf ökonomischer Macht fundierte Imperien könnten darüber hinaus politische oder militärische Interessen haben. Die einzelnen Motive sind häufig miteinander verbunden – so ist z.B. das naheliegende Ziel der Herstellung politischer Stabilität als Rahmenbedingung ökonomischen Handelns sehr leicht denkbar. Der Begriff des Interesses steht dabei im Modell des Imperium by proxy in einem besonderen Fokus: Stellt sich doch naheliegender Weise die Frage, inwiefern mit den imperialen Absichten übereinstimmendes Verhalten des subsidiär handelnden Proxy von mit dem imperialen Zentrum identischen Motiven getragen wird, oder lediglich in der Hoffnung auf anderweitige Vorteilsgewährung aus den Machtoptionen ein kongruentes Verhalten gezeigt wird. Dabei ist diese Frage umso bedeutsamer, je mehr Zwischenebenen sich innerhalb des Modells ausgelagerten Herrschaft finden lassen. Dabei steht zu vermuten, dass sich gerade in Krisenzeiten der imperialen Expansion an ebenjenen Stellen der Übergänge potentielle Bruchstellen finden lassen. Zur Sicherung der Interessen stehen – das Vorhandensein imperialer Macht einmal vorausgesetzt – verschieden Optionen zur Verfügung. Die imperiale Strategie dient im Folgenden dazu, ein Interesse mit der zur Verfügung stehenden Macht zu erreichen. Dabei ist der Begriff weder ausschließlich noch statisch zu verstehen: Einerseits kann ein Imperium zeitgleich mehrere Strategien parallel verfolgen und andererseits auch diese dynamisch modifizieren. Dabei kann eine Strategie zunächst auf die Erhaltung der momentanen Situation in Phasen imperialer Schwäche abzielen (Stabilisierung), oder aber in expansiven Phasen eine Ausweitung des eigenen imperialen Einflussgebietes zum Ziel haben (Ausweitung). Strategien zu einer Abwehr fremden Einflusses im bestehenden Gebiet (Defensive) sind als solche im Untersuchungszeitraum nicht zu finden, wobei die Abgrenzung zur Stabilisierungsstrategie auch schwer fällt. Diese umfassen im Grund ähnliche Muster, die sich allenfalls in der Frage des Motivs unterscheiden. Auch sind Strategien entweder indirekt oder direkt, je nachdem, ob eine unmittelbare Zielerreichung oder eine mittelbare Funktionsebene mit einbeziehen. Für die Arbeit bedeutet dies, dass der erhobene imperiale Anspruch, Südund Südostasien dem eigenen Imperium hinzuzufügen eine indirekte Ausweitungsstrategie beinhaltet, die auf einer imperialen Systempenetration basierte.

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Dieser Expansionsstrategie gegenübergestellt war auf britischer Seite eine direkte imperiale Stabilisierungsstrategie des Empires, welche die ökonomische Verflechtung der Region mit dem Sterling-Gebiet zum Ziel hatte und so die Bindungskraft des Empires vom Zentrum erneuern sollte. Der Wandel der Strategie der USA hin zu einer direkten Militärpräsenz durch den Einstieg in den Vietnamkrieg markiert dabei das Ende des indirekten imperialen Wandels. Bezieht man den britischen Widerstand gegen eine zu weitreichende Form militärischer Kooperation der USA in Süd- und Südostasien nach 1945 mit ein, so wurde auf diese Vorbehalte ab spätestens 1960 keine Rücksicht mehr genommen.87 Schließlich soll die Methode zur Umsetzung einer imperialen Strategie im Folgenden als Implementierung bezeichnet werden. Diese beschreibt dabei die dynamischste Komponente des Feldes – sie wechselwirkt mit den Ergebnissen ihrer selbst und ist dabei einem beständigen Wandel unterworfen. Die Implementierung umfasst dabei alle einzelnen Maßnahmen, die zur Strategie beitragen: Im vorliegenden Fall sind dies einerseits politische Abkommen zur Etablierung eines Studienförderprogrammes mit dem Ziel der Ausbildung zukünftiger Multiplikatoren auf Seite der USA beziehungsweise auf britischer Seite die Schaffung eines Rahmenprogrammes der wirtschaftlichen Kooperation durch die Förderung von Infrastruktur- und Handelsprojekten. Die einzelnen Maßnahmen – beispielsweise der Förderung von individuellen Studierenden oder die Ermöglichung eines Freizeitprogrammes – waren hinsichtlich der Funktionalisierung dabei vor Ort teilweise auch ineinander fließend. Für die vorliegende Arbeit soll die Trennung anhand der administrativen Strukturen vorgenommen werden: Was also in den Akten als einzelne Aktivität erfasst oder geplant wurde, begründet eine Maßnahme. Der mit der Klassifizierung als ‚Maßnahme‘ verbundene Ebenenwechsel (politisch-administrativ hin zur Auseinandersetzung vor Ort) wird damit zwar begrenzt, ermöglicht aber daher eine Einschätzung der systemischen Zusammenhänge. Notwendigerweise bleibt damit aber die Aussagekraft über unter anderem Prozesse der Wahrnehmung vor Ort oder individuellen Verhaltens zumindest soweit außen vor, wie sie sich nicht in Form von politischen Nachsteuerungen erfasst sehen. Die Prozesse zur Formung kultureller Hybridität im Rahmen der Förderung des Colombo-Planes auf individueller Ebene müssen daher in der Analyse außen vor bleiben, stellen aber aufgrund des zugrundliegenden Kontakts zwischen Asien und dem ‚dem Westen‘ ein interessantes weiteres Forschungsfeld dar. In der Verbindung mit der Fundierung des Imperiums – den verschiedenen Machtdimensionen – liegt der Schluss nahe, dass die einzelnen Maßnahmen zur Implementierung genauso wie die imperiale Strategie sich jeweils auf die struk87 NARA RG 59 250/51/25/04.

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turelle Stärke des jeweiligen Imperiums bezogen. Bezeichnenderweise basiert dabei das britische wie das amerikanische Programm auf verschiedenen Arten der Macht – militärisch88 beziehungsweise ökonomisch – bei denen jeweils die USA auch in der Region zumindest leicht im Vorteil war. Die Implementierung fasst damit die einzelnen Maßnahmen zusammen, die aufgrund ihrer Vielfalt nur exemplarisch herangezogen werden können, wo sie den imperialen Wandlungsprozess verdeutlichen. Auch lässt sich in der Implementierung eine Phasenhaftigkeit feststellen, die zunächst an einer Strategie festhielt, aber die Zusammenstellung der Maßnahmen aufgrund zunehmender Erfahrungen veränderte.

I MPERIALE D YNAMIK Der verwendete Begriff der Dynamik in Imperien ist dabei schwer zu fassen.89 Eine einheitliche Definition liegt nicht vor, was in der Literatur auch zu einer vielseitigen Nutzung des Wortes führt. Gemeint ist damit die Unterschiedlichkeit des vergleichsweise statisch gedachten Imperiums in diachronen Zeitabläufen. Gerade zu Anfang sind wachsende Imperien scheinbar amorphe Entitäten, denen konkrete Regeln und Perspektiven noch fremd sind und deren Potential zur Umsetzung der imperialen Mission schwankt: Die Expansionsstrategien sind divers und die Verortung innerhalb der Mächtestrukturen nach MANN wenig eindeutig. Auch das amerikanisch determinierte Stipendienprogramm des Colombo-Planes war als solches nur ein Element unter vielen bei Amerikas Aufstieg zur Supermacht. Die Dynamik als solche erscheint dabei auch nur indirekt messbar; ein Indikator liegt in der Anpassungsfähigkeit imperialer Expansion und in der ‚Ereignisdichte‘ mit Bezug zum Imperium, welche in expansiven Phasen sichtbar höher ist. Die Schwächen des Konzepts liegen dabei auf der Hand – die diffuse Eingrenzung macht eine tatsächlich sinnvolle Verwendung schwer, aber ermög-

88 Die faktisch für das Programm nötige ideologische Macht basiert dabei vornehmlich auf einem Tauschgeschäft: Die USA versprachen Australien militärischen Beistand im Gegenzug für ihre Bereitschaft, als Ausbildungsstätte des Stipendienprogramms zu dienen. Daher ist hier von militärischer Macht die Rede, die allerdings nur mittelbar genutzt wurde. Mehr dazu im Abschnitt zur Genese und zum Wandel imperialer Interessen, ab S. 51. 89 Siehe beispielsweise in Charles S. Maier, Die Grenzen des Empire, in: Ulrich Speck/Natan Sznaider (Hrsg.), Empire Amerika. Perspektiven einer neuen Weltordnung, München 2003, S. 126–137, S. 132.

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licht damit einen Blick ‚hinter‘ die statischen Kategorien von Macht, Imperium und Hegemonie, auch wenn dieser im Erkenntniswert begrenzt bleibt. Anders als von den Planern im imperialen Zentrum angenommen, handelte es sich bei diesem Prozess nicht um eine unidirektionale ‚Einbahnstraße‘:90 Diese Phänomene des Transfers beziehungsweise der Diffusion von Vorstellungen funktionierten in zwei Richtungen. Einerseits wurden durch die Rückkopplung der Veränderungen vor Ort langfristig auch imperiale Strategie und im äußersten Fall auch das imperiale Interesse verändert, andererseits formieren sich durch den Widerstand mehr oder minder formalisierte Gegenbewegungen. Im vorliegenden Fall ist trotz des Zieles der imperialen Expansion nach Süd- und Südostasien zunächst die Adaption in Australien zu untersuchen, wo die zukünftigen Systempenetratoren ausgebildet wurden und es hier zu Auseinandersetzungen um die Durchführung der imperialen Erschließungsstrategie kam. Die ‚zweite Adaptionsphase‘ in Süd- und Südostasien durch die Geförderten entzieht sich zu einem gewissen Grad der Untersuchung, als dass ihre nachgelagerte Dynamik aufgrund des zeitlichen Versatzes durch andere, externe Faktoren wie den Indochinakrieg mit beeinflusst wird. Im Fokus der Arbeit steht daher die Dynamik im Adaptionsprozess des Stipendienprogrammes des Colombo-Plans in Australien von 1950 bis 1960.

D IE S YSTEMPENETRATION Ziel der Imperialpolitik der USA war eine Systempenetration, die auf dem Wirken einer Vielzahl von Multiplikatoren in einer informellen Bürokratie basierte. Der vergleichsweise unscharfe Begriff der Systempenetration basiert dabei zunächst auf Vorarbeiten von Beate KOHLER-KOCH, der zufolge in einem penetrierten System Nichtmitgliedern zusammen mit Mitgliedern einer nationalen Gesellschaft Maßnahmen zur Veränderung der Werte der Gesellschaft oder Aktivitäten zur Unterstützung von Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele unternehmen und sich dabei nicht unmittelbar direkt zu erkennen geben.91 Dabei handelt es sich ein zu Beginn des Kalten Krieges häufig eingesetztes Konstrukt

90 In Anlehnung an Münkler, Imperien, S. 117. 91 Nach Beate Kohler-Koch, Inselillusion und Interdependenz. Nationales Regieren unter den Bedingungen von "International Governance", in: Bernhard Blanke/Elmar Altvater (Hrsg.), Die alte Bundesrepublik. Kontinuität und Wandel (Leviathan : […], Sonderheft 12), Opladen 1991, S. 43–66, S. 45.

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zum Transfer einer eigenständigen ‚westlichen‘ Weltanschauung92 – unter anderem wie Michael HOCHGESCHWENDER für den Kongress für Kulturelle Freiheit (CCF) in Deutschland gezeigt hat.93 Die vorliegende Definition ist dabei insofern für den Untersuchungsgegenstand problematisch, als dass er einerseits auf dem Vorhandensein national organisierten Gesellschaften basiert, die in Südasien im Gegensatz zu tradierten Vorstellungen in Europa nicht im selben Maße und derselben Verbindlichkeit vorlagen. Andererseits waren darüber hinaus auch im Vergleich zu anderen Beispielen die Aktivitätsmuster des Untersuchungsgegenstandes noch komplexer: Durch den ‚Umweg‘ Australien, daher der räumlichen Auslagerung der formativen Prozesse, ist der Einfluss der Nichtmitglieder lediglich mittelbar, da der eigentliche Wandel innerhalb der organisierten Gesellschaften ja schließlich ausschließlich von Mitgliedern getragen werden sollte. Dennoch ging es im vorliegenden Fall ebenso um das Hauptziel jeglicher Systempenetration, nämlich der Veränderung eines Status Quo im eigenen Sinne in einer transnationalen Kooperation von Mitgliedern und Nichtmitgliedern einer Gesellschaftsordnung.

I NFORMELLE B ÜROKRATIE –

EINE

A NNÄHERUNG

Für eine Verbindung der geplanten Ergebnisse der Systempenetration mit Überlegungen zur Bürokratie soll im Folgenden der Begriff der informellen Bürokratie verwendet werden. Eine grundlegende Begriffsfassung des Konzepts der Bürokratie geht dabei in weiten Teilen auf Max WEBER und seine idealisierten Überlegungen zur rationalen Herrschaft zurück.94 In einer Bürokratie ist dabei für ihn insbesondere im Unterschied zur dynastischen Herrschaft der Machtanspruch durch die spezifische Kompetenz der handelnden Akteure – der Bürokraten – legitim (der „reinste Typus der legalen Herrschaft“95). Aus diesen personalen Fähigkeiten konstituiert sich Vorgesetztenstellung, damit ist die Bürokratie als Regierungsform96 gleichzeitig auch anderen in ihrem Handeln überlegen. Implizit wird damit der

92 Der Begriff des ‚Westens‘ meint dabei die unter der Führung der USA sich konstituierende Gemeinschaft Westeuropas und Nordamerikas. 93 Hochgeschwender, Freiheit in der Offensive?. 94 Weber/Baier/Borchardt/Lepsius, Gesamtausgabe, S. 565. 95 Ebd., S. 126. 96 Regierungsform geht dabei für Weber über die Staatsorganisation hinaus, es bezieht sich auf jede mögliche Form der Administration, z.B. auch in der Wirtschaft.

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Idealtypus einer ‚Good Gouvernance‘ vorweggenommen, in der von positivistischen Grundannahmen ausgehend, die „Freiheit und Herrschaft des Individuellen in Anspruch“97 im Zentrum steht. Bürokratie ist dabei doppelt – sowohl als Form wie auch Funktion einer Administration – zu verstehen. Für den Untersuchungsgegenstand von Interesse ist dabei die von Weber trotz der strengen Hierarchisierung angenommene, rein der Sache verpflichtete Unabhängigkeit des Verwaltungshandelns.98 Diese Verpflichtung auf die ‚Sache‘ ist dabei Kernelement einer individualliberalen Vorstellung von Verwaltung. Die von ihm angenommene Bürokratie in einem Verwaltungsstab steht dabei im Gegensatz zu (vorangegangenen) charismatischen oder traditionalen Herrschaftsformen und ist damit genau jenen überlegen, die für die Untersuchung von Belang sind: Diese Formen der Herrschaft, die sich insbesondere während der Schwächephase der Imperialherrschaft in Südostasien als kommunistische Bewegungen (re)konstituierten, sollen den Zielpunkt einer geplanten Systempenetrationsstrategie des Westens bilden. In eher loser Fortschreibung und Synthese der beiden Konzepte99 wird damit der Ansatz amerikanischer Imperialpolitik in Südasien beschrieben, der – komplementär zu den von Michael MANN genannten Ansätzen – eine Erschließung durch ein flexibles Netzwerk unabhängiger Akteure in der Verwaltung100 der betreffenden Länder nachzeichnet, welche eine vergleichbare, an westlichen Standards ausgerichtete Ausbildung durchlaufen hatten.101 Die Herangehensweisen 97

Weber/Baier/Borchardt/Lepsius, Gesamtausgabe, S. 127.

98

Nach Wolfgang J. Mommsen, Max Weber und die deutsche Politik. 1890-1920, Tübingen 20043, S. 201.

99

Es handelt sich mit Adrian Ritz/Norbert Thom, Public Management. Innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor (Uniscope), Wiesbaden 20084, S. 6 bei Webers Modell um keine normative Vorgabe, sondern einen Versuch der Erklärung bestehender Effizienzgewinne durch neue Verwaltungssysteme, also ein deskriptives System idealisierter Form. So ist die von Max Weber postulierte „Kontrolle“ und die Frage nach den „Kompetenzen“ im imperialen Kontext nicht im selben Maße relevant: Dies ändert aber nichts daran, dass die Überlegungen der USA sich sonst in wesentlichen Grundzügen an Weber’schen Vorstellungen orientieren. Am Rande sei noch bemerkt, dass die typologischen Überlegungen Webers zu einer geregelten Altersversorgung auch im vorliegenden Fall zunächst zu vernachlässigen sind.

100 Verwaltung ist hierbei im weitest möglichen Sinn zu verstehen, mehr dazu später. 101 Zum ‚Netzwerk‘ in den historischen Wissenschaften liegen eine Vielzahl von Arbeiten vor, ganz allgemein zu möglichen Untersuchungsmethoden sei auf Bettina Hollstein/Florian Straus (Hrsg.), Qualitative Netzwerkanalyse. Konzepte, Methoden, Anwendungen, Wiesbaden 2006 verwiesen. Der Begriff soll im Folgenden für die

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basieren mit darauf, einen vergleichbaren Rahmen für die individuellen Entscheidungen gefunden zu haben, welcher in liberalen Denkmustern westlicher Prägung entstanden war. Dass sich damit auch ein gewisser innerer Widerspruch aus dem Begriffspaar ergibt – eine Bürokratie scheint zuvörderst formalen Prinzipien gehorchen zu müssen – wird angesichts der doppelten Begründung der Verschränkung in Kauf genommen. Informell ist die Bürokratie zunächst deshalb, weil der Ansatz einerseits in die Kategorie der indirekten und informellen Imperialherrschaft fällt, andererseits aber auch deshalb, weil das Netzwerk102 der Absolventen informell gehalten war und es insbesondere nach seiner Einrichtung beziehungsweise nach der Rückkehr in die Entsendeländer es nahezu keine formalen Strukturen mehr gab. Vorläufig lässt sich damit folgende Definition fassen: Informelle Bürokratie bezeichnet ein Modell informellen imperialen Handelns, welches Individuen auf die Tätigkeit innerhalb einer fremden Verwaltung vorbereitet und genau hierfür zielgerichtet ausbildet, dieser Ausbildung Wertund Normvorstellungen der imperialen ideologischen Einheit zugrunde legt und nach erfolgter Ausbildung in einer informellen, grobmaschige Strukturen nur noch indirekte Kontrolle ausübt, mit dem Ziel, eigene Herrschaft in einer peripheren Region zu konsolidieren, ein Gebiet für die eigene Imperialherrschaft zu erschließen oder einem als (systemisch) bedrohlich empfundenen Gegenüber ein Eindringen in den eigenen Herrschaftsbereich zu erschweren. Der Begriff der Bürokratie ist dabei weit auszulegen und umfasst nahezu alle Bereiche öffentlichen Handelns, also auch Schulen und Hochschulen, aber auch Daseinsvorsorge und wirtschaftliche Rahmensetzungen. In Abgrenzung zu den bestehenden Modellen indirekter Herrschaft setzt die informelle Bürokratie nicht auf einer bereits bestehenden Administration auf, sondern schafft durch die Verknüpfung einer Vielzahl von Institutionen diese erst. An Stelle einer aufwändigen und fragilen Aneignung mehr oder minder latent wechselwilliger Eliten an der Peripherie des Imperiums besteht in der informellen Bürokratie der ursprünglichen Überlegungen eine langfristige Bindung einer breiten Masse von Multiplikatoren, deren Werte- und Normensystem durch Vorstellungen des imperialen Zentrums maßgeblich beeinflusst ist und die als ‚Change Agents‘ imperalen Wandel durch alltägliches Handeln herbeiführen sollen. Durch den Weber’schen Legitimitätsanspruch der Bürokratie ermöglicht die informelle Bürokratie dabei auch noch einen Ausweg aus dem Grunddilemma

Verbindung mehrerer Individuen, die sich nicht notwendigerweise alle untereinander kennen und über eine längere Zeitperiode in persönlichem oder schriftlichen Kontakt mit einem oder mehreren verbindenden Themen stehen, verwendet werden. 102 Mehr zum Begriff des Netzwerks in der hier verwendeten Fassung später.

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imperialen Anspruchs von demokratisch103 organisierten Gemeinwesen, indem man den Begriff des Imperiums normativ mit dem Anspruch der „Demokratisierung“104 (eben durch Bildung des lokal handelnden Personals) auflud.105 Diese Verschränkung von imperialem Anspruch mit einem als apriorisch106 ‚gut‘ befundenen Tatbestand hat insbesondere in der neokonservativen Schule die Bezeichnung des amerikanischen Empires als „Benevolent Empire“107, also als gütiges Imperium, maßgeblich beeinträchtigt worden.108 Dem zugrunde liegt einmal mehr die Vorstellung, dass das amerikanische Empire inhärent ‚gut‘ sei, also eine moralische Überlegenheit mit sich bringe – damit einher geht die Annahme eines liberalen Universalismus als „Credo“109 amerikanischer Außenpolitik der 1950er und 1960er Jahre, welcher überall auf der Welt nur seiner Erweckung durch die USA harre. Nach der Klärung der Begrifflichkeiten soll im Folgenden versucht werden, auf einer Eben der politischen Dynamiken und Stabilitäten – also in den Kategorien des Imperiums sowie des Interesses und der Strategie – die Entwicklung des Untersuchungsraumes nachzuzeichnen. Die konkrete Umsetzung in Form der einzelnen Maßnahmen wird dann in einem zweiten Schritt herangezogen, um die Folgen der interessengeleiteten Umsetzung des imperialen Wandels im eingeschränkten Top-Down-Modell zeigen zu können.

103 Demokratisch ist hier im modernen Sinne zu verstehen. Zur Frage antiker Demokratien und ihre imperialen Widersprüche siehe Münkler, Imperien, S. 127-157 und insbesondere Doyle, Empires, S. 54-82. 104 Office Memorandum 11.6.1954 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525. 105 Münkler, Imperien, S. 147. 106 Diese Setzung spiegelt dabei zunächst liberales Gedankengut wieder. Wie später noch thematisiert, verband man mit dem Programm tatsächlich die Hoffnung, dass nach einem gewissen Bildungsexport sich Liberalismus als Wert an sich von alleine durchsetzen werde (vgl. auch NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5526). 107 Kagan, The Benevolent Empire. 108 Für die Argumente des „gütigen Empires“ siehe unter anderem Max Boot, American Imperialism? No Need to Run Away from Label, 2003, [http://www.cfr.org/iraq/ american-imperialism-no-need-run-away-label/p5934]. 109 Bacevich, Washington rules, S. 109.

Vorbedingungen imperialen Wandels

Die besondere Position Australiens als Gebiet eines doppelten imperialen Wandels nach 1945, einerseits als Plattform für die imperiale Erschließung Südostasiens und andererseits als vom Wandel selbst direkt betroffenes Gebiet in der äußersten Peripherie zweier Imperien, war auch Zeitgenossen bewusst. So notierte der australische Außenminister Casey 1951 im Kontext der Verhandlungen um den Colombo-Plan in seinem Tagebuch die dreifache Verknüpfung von Australien mit Südostasien, Großbritannien und den USA: „South-East Asia is of the greatest importance to Australia […]. Australia is a metropolitan nation in this part of the world. Britain and America regard South-East Asia as a ‚fringe’ area.“1

Der so skizzierte Rahmen für die im Colombo-Plan beinhalteten, globalen politischen Verschiebungen basierte dabei auf einer imperialen Ausgangsstruktur, die durch die transformative Phase britischer Herrschaft in Australien vor dem zweiten Weltkrieg, die bestehenden imperialen Strukturen in Südostasien vor dem, sowie die Umwälzungen durch den zweiten Weltkrieg und die japanische Invasion gekennzeichnet waren. Einmal mehr wird auch hier schon die Dynamik des Konzeptes ‚Imperium‘ deutlich, das auch trotz der Langfristigkeit der kolonialen Ordnungen vor dem ersten wie dem zweiten Weltkrieg keinen statischen Machterhalt bot. Es soll daher im Folgenden der Versuch unternommen werden, die innerimperialen Dynamiken im Britischen Empire genauso wie die ersten imperialen Strukturen der USA und der europäischen Mächte in Südasien zu fassen. Vorab angemerkt sei jedoch, dass es sich bei den Begrifflichkeiten von ‚Süd-‘ beziehungsweise ‚Südostasien‘ um erst im Nachhinein entstandene Kon-

1

Richard G. Casey/Theodore Millar, Australian Foreign Minister. The diaries of R. G. Casey, 1951-60, London 1972, S. 37.

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zepte handelt: Für die Zeit um die Jahrhundertwende waren die regionalen Bezeichnung in der Außenpolitik eng an die jeweiligen kolonialen Herrscher geknüpft, wovon Bezeichnungen wie beispielsweise Britisch-Indien (heutiges Indien und Pakistan), Niederländisch-Indien (heutiges Indonesien) sowie Portugiesisch-Timor (heute Osttimor) zeugen. Die Idee, dass es sich um ein politisch zusammenhängendes Gebiet im Sinne einer globalen Geopolitik handeln könne, entstand erst im Kontext der geostrategischen Überlegungen des zweiten Weltkrieges.2

I MPERIALE V ERÄNDERUNGEN (1901-1945)

IN

A USTRALIEN

Auch trotz der Schwächephase des Empires nach 1945 war Australien auch nach dem zweiten Weltkrieg auf verschiedenste Weisen – ökonomisch, kulturell, politisch und militärisch – Bestandteil des britischen Imperialsystems. Jenes war in seinen Ausformungen und lokalen Phänotypen höchst heterogen3. John Darwin hat diese breite Varietät britischer Imperialverwaltung zwischen direkter, indirekter und informeller Macht als „British World-System“4 bezeichnet, die einerseits lokal und anderseits diachron grundlegende Unterschiede aufwiesen:5 „[…] British expansion had no master-plan“.6 So kann im Folgenden kein Versuch einer allgemeinen Untersuchung des Zustandes des britischen Empires unternommen werden, sondern lediglich ein Versuch einer spezifisch lokalen australischen Perspektive auf das Empire erfolgen. Die britische Herrschaft in Australien hatte dabei einen bemerkenswerten Transformationsprozess von den 1890er Jahren bis zum Ende des zweiten Weltkrieges durchlaufen, der die Strukturen

2

Mary F. Somers Heidhues, Southeast Asia. A concise history, New York NY u.a. 2005, S. 12.

3

Darwin, The Empire Project, S. 3.

4

Dabei greift die Theorie auf die Weltsystem-Theorie der Soziologie nach Wallerstein (vgl. Immanuel Wallerstein, The modern world system. Capitalist agriculture and the origins of the European world economy in the sixteenth century, New York 1974) zurück, die die Bipolarität des strengen Zentrum-Peripherie-Modells aufhebt und Zwischenwelten (Semi-Peripherie) im Sinne des ‚Empires by proxy‘ in das Zentrum der Überlegung stellt.

5

Darwin, The Empire Project, S. 1, siehe für eine Gesamtdarstellung auch ders., After Tamerlane. How empires rise and fall, London 2008.

6

Darwin, The Empire Project, S. 3.

V ORBEDINGUNGEN

IMPERIALEN

W ANDELS

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imperialen Handelns in der Peripherie grundlegend verändert hatte.7 Für eine umfangreiche Darstellung britischer Imperialpolitik in Australien zwischen 1920 und 1940 sei auch auf Christopher WATERS8 umfangreiche Darstellung zum ‚Zerbrechen‘ des Empires verwiesen, die allerdings von einer grundsätzlich als „bedauerlich“9 eingeschätzten Entwicklung einer imperialen Auflösung überlagert wird. Von den ersten britischen Besitzungen in Australien ausgehend lässt sich eine vergleichsweise starke direkte Bindung an das Zentrum des Empires in Verwaltung und Militär feststellen, die im Laufe der ersten Jahrzehnte durch zunehmende Truppenstationierung sogar immer weiter zunahm.10 Die britischen Generalgouverneure als ständige Vertreter der Krone waren dabei mit umfangreichen Eingriffs- und Durchgriffsrechten ausgestattet, während die Amtsinhaber typische Zentralimperiumskarrieren durchliefen. Die erste Wende der australischen Empire-Politik nach der Einführung einer begrenzten Subsidiarität im „Responsible Government“11-Prinzip der 1850er Jahre lässt sich wohl mit WATERS auf das Jahr 1901 datieren, als mit der formalen Unabhängigkeit eine „gradual transformation of the imperial institutions […] into national institutions“12 einherging. Die damit in der Folgezeit einsetzende Entwicklung vom direkten zum indirekten Imperium wurde von einem Wandel der stützenden Macht begleitet: Die militärische Präsenz ging zurück, der Waren- und Kapitalverkehr zwischen Australien und den anderen Besitzungen des Empires wurde größer, die imperiale Konsolidierung über die sog. „augusteische Schwelle“13 rückte in den Mittelpunkt. Einerseits geschah dies über eine Transformation der administrativen Grundlagen, andererseits aber auch über die ideologische Miteinbeziehung der ‚Britishness‘ als Element imperialen Zusammenhalts. Die britischer Imperialverwalter und –bürokraten und ihre amtsdauerabhängigen Aufenthalte wurden nach und nach durch eine lokale britisch-australische Elite abgelöst, deren Imperialverständnis sich wohl mit dem späteren Premierminister Robert Menzies beschreiben lässt, demnach die Verbindung auf einem „warm and inar-

7

Vgl. hierzu auch Curran/Ward, The Unknown Nation.

8

Christopher Waters, The Empire Fractures. Anglo-Australian conflict in the 1940s, Melbourne 1995.

9

Ebd., S. 92.

10 Darwin, The Empire Project, S. 168. 11 Ebd., S. 51. 12 Waters, The Empire Fractures, S. 5. 13 Vergleiche auch Münkler, Imperien, S. 33 und Fußnote 65.

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ticulate instinct“14, also einer diffusen, nicht genau greifbaren kulturelle Bindung einer Metaebene basierte, in dem nur noch wenige, aber entscheidende15 formale Institutionen mit dem Zentrum des Empires strukturell verwoben waren.16 Es war dieses „Third Empire“17 für Australien jedoch fundamental anders geprägt als seine Vorläufer: Waren die Beamten des Colonial Office in London durchwegs nur zeitlich begrenzt (also für gewöhnlich für die Dauer ihrer Amtszeit) im Land gewesen und kehrten bald wieder zurück nach England oder wurden an andere Orte innerhalb des Empires versetzt18, so bildete sich nun mit der Zeit eine neue Elite aus lokalen Amtsträgern, deren gesamter Lebensmittelpunkt meist in Australien lag, lediglich unterbrochen durch kurzzeitige, meist familiär bedingte Besuche, Ausbildungsabschnitte oder dienstliche Aufenthalte in London. Dabei blieben trotz der mit der formalen Unabhängigkeit 1901 einhergehenden Aufhebung bestehender umfassender direkter imperialer Strukturen die wichtigsten Entscheidungsfunktionen in London beziehungsweise Whitehall. So war in der Frage nach dem Ort des letzten Berufungsgericht der Confederated States of Australia (Canberra oder London) das britische Parlament sogar bereit, die Unabhängigkeit durch Annahme des Verfassungsentwurfes zu blockieren, mitsamt den durch den verzögerten Wegfall von Militärpräsenz verbundenen massiven finanziellen Entlastungen.19 Ebenso war mit der formalen Unabhängigkeit keine Eigenständigkeit in elementaren politischen Fragen verbunden. Während Australien bis 1942 auf die Dienste des britischen Außenministeriums zur Regelung ei-

14 Zitiert nach Stuart James Ward, Australia and the British embrace. The demise of the imperial ideal, Carlton South, Vic. 2001, S. 21. Vergleiche auch David Lowe, Menzies and the "great world struggle". Australia's cold war, 1948 - 1954, Sydney 1999, S. 43. 15 Insbesondere die Beibehaltung des Privy Council als letztem Berufungsgericht des gesamten Empires stellte einen bedeutenden Vorteil für die Kaufleute des Zentrums im Vergleich zu denen der Peripherie dar. 16 Zitiert nach Waters, The Empire Fractures, S. 7. 17 David Goldsworthy, Losing the Blanket. Australia and the End of Britain's Empire, Carlton South, Vic. 2002, S. 13. 18 Darwin, The Empire Project, S. 148. 19 Zur Frage um die Rolle des Privy Council in der Verfassungsdebatte Australiens 1895-1901 siehe auch Christoph Ellßel, The Australian Federation and the British Press 1895-1901., Magisterarbeit, Bamberg, S 43-44. Bis 1986 war eine Berufung in London gegen Entscheidungen des High Court of Australia zumindest theoretisch noch möglich.

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gener auswärtiger Angelegenheit zurückgriff,20 musste es immer wieder feststellen, dass damit auch gegen Widerspruch aus Canberra imperiale über regionale Interessen gestellt wurden.21 Im Rahmen der regelmäßigen Colonial Conferences (ab 1907 Imperial Conferences, mit einer Ausnahme immer in London stattfindend), anhand derer eine (mindestens) Zweiteilung22 der britischen Imperialordnung sichtbar wurde, wurden zwar offiziell ‚Konsultationen‘ durchgeführt, die Australier waren sich aber durchaus bewusst, dass die Chancen auf die erfolgreiche Durchsetzung eigener Interessen eher gering einzuschätzen waren:23 Das Zentrum der politischen Macht lag in London und wurde zwar begrenzt subsidiär abgegeben, wirkte aber durch mittelbare Faktoren wie das Common-LawSystem auch trotz kleinerer verfassungsrechtlicher Differenzen in jedwede politische Entscheidung mit hinein. Diesem soweit nicht überraschenden Modell imperialer Machtverteilung zugrundeliegend war allerdings auch ein spezifisch imperiales Grundverständnis – die australische Administration sah sich als Teil eines großen Ganzen, eben im gleichen Maße ‚britisch‘ wie die Bewohner der britischen Inseln.24 Das „australische Empire“25 wurde nun zunehmend von ideologischer Macht sowie durch den Sterling-Raum bestehenden ökonomischen Verflechtungen zusammengehalten, es transformierte sich von einem direkten in ein indirektes Empire, dessen Fäden im Commonwealth Relations Office in London zusammenliefen. Von dort aus wurden Aufgaben an lokale Amtsträger delegiert, ohne jedoch eine grundlegende Eigenständigkeit zuzulassen. Die dortigen Beamten kamen zwar zu regelmäßigen Visitationen nach Australien, jedoch gab es im Vergleich zu den Zeiten direkter imperialer Herrschaft einen nur noch deutlich kleineren Apparat des lokalen Generalgouverneurs der Krone. Letztere stammten 20 Die Schaffung eines eigenen Außenministeriums nach 1942 war dahingehend eine Reaktion auf die offensichtlich gewordene, tiefgehende Schwäche des britischen Empires. Vgl. auch NLA ORAL TRC 2981/6. 21 National Library of Australia, Oral History Collection, Canberra (NLA) ORAL TRC 2981/6. 22 Teilnehmen an diesen Konferenzen durften ausschließlich Vertreter der britischen Dominions, also subsidiär organisierte Entitäten mit vergleichsweise hohem Autonomiestatus. 23 Waters, The Empire Fractures, S. 9. 24 Stuart MacIntyre, Australia and the Empire, in: Robin W. Winks/Alaine M. Low (Hrsg.), Historiography (Oxford History of the British Empire V), Oxford 1999, S. 163–181, S. 212. 25 Begriff nach James Curran, Curtin's empire (Australian encounters), Port Melbourne, Vic. 2011, S. 122. Hier allerdings bezogen auf die Ausprägung des britischen Empire in Australien.

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bis 193126 immer ausschließlich aus England oder Schottland und siedelten im Regelfall ausschließlich für die Dauer ihres Amtes nach Australien über27, während sie weiterhin mit weitreichenden Prärogativen ausgestattet blieben.28 Die Ernennung des ersten in Australien geborenen Generalgouverneurs, Isaac Isaacs, wurde durch den (vor Ort geborenen und aufgewachsenen) australischen Premierminister James Scullin gegen den erklärten Willen König George V. durchgesetzt, spiegelte dabei aber auch die zunehmende Machtansprüche der Verwalter wieder, gegen die sich das Zentrum in den 1930er Jahren nicht mehr immer durchsetzen konnte.29 Die lokale Verwaltung des Empires ging also zunehmend in die Hände von lokal konsensual ausgewählten Akteuren über, die – und das in Abgrenzung zur Verwaltung vor der Unabhängigkeit – auch vor Ort ausgebildet worden waren: Die Universitäten Australiens, allen voran Melbourne und Sydney, richteten sich zwar nach dem Oxbridge-Modell aus und ihre Professoren durchliefen britische Ausbildungen, bildeten aber vor Ort nun lokale Eliten aus. Als exemplarisch für die Karrieren dieser lokalen Imperialadministratoren kann einmal mehr der Lebenslauf Robert Menzies gesehen werden, der nach Schulzeiten im ländlichen Nord-Victoria und dem Studium der Rechtswissenschaft in Melbourne ab 191830 als Anwalt am High Court of Australia tätig wurde. Ab 1934 wurde er auf Ernennung der Krone Generalstaatsanwalt (Attorney-General) und ab 1938 sogar zum höchsten australischen Staatsanwalt (Attorney-General of Australia) befördert. Als er 1939 zum Premierminister Australiens wurde, sagte er über sich selbst, dass er „British to the bootstraps“31 sei und sich Zeit seines Lebens als Untertan der Krone begriffen habe: Eine Identität, die weniger auf ererbter Abstammung eines ius sanguinis oder Traditionen regionaler Her26 Isaac Isaacs war der neunte Amtsinhaber. 27 Christopher Cunneen, Kings' Men. Australia's Governors-General from Hopetown to Isaacs, Sydney-Boston 1983, S. 86. 28 Die Eingriffsrechte des General-Gouverneurs wurden 1975 in der Verfassungskrise während der Whitlam-Fraser-Auseinandersetzung deutlich: Er konnte ohne Kontrolle durch das höchste Gerichte den Regierungschef entlassen sowie beide Kammern des Parlaments auflösen (vgl. die eher populär angelegte Darstellung in Paul Kelly, November 1975. The inside story of Australia's greatest political crisis, St Leonards, NSW, Australia 1995). 29 Warren Denning, James Scullin, Melbourne, Vic. 2000, S. 58. 30 Zwei seiner Brüder dienten im ersten Weltkrieg auf australisch-britischer Seite, so dass ihm – nach verschiedener Quellenlage – angeblich seine Familie trotz eigenem Wunsch eine Teilnahme am Militärdienst verbot. Vgl. Michelle Grattan, Australian Prime Ministers, Frenchs Forest, N.S.W. 2000, S. 177. 31 MacIntyre, Australia and the Empire, S. 212.

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kunft, als vielmehr auf einem voluntaristischen Selbstkonzept der Angehörigkeit eines (überlegenen) Wertesystems basierte.32 Dass eine solche Zugehörigkeit überhaupt möglich war, basierte auf der enormen integrativen Kraft des britischen Subject to the Crown-Modells, einer also vornehmlich ideologischen imperialen Bindungskraft. Darüber hinaus drückte das schon erwähnte geteilte Rechtssystem und Last Court of Appeal die politische Dominanz des imperialen Zentrums aus, genauso wie gesellschaftliche Strukturen wie Schulen, Universitäten und Polizeibehörden nach britischem Vorbild gestaltet waren. Das Empire mit seinem Zentrum in London konnte sich daher – trotz Vorkommnissen wie den Problemen um die Benennung des Gouverneur-Generals – der Loyalitäten auch bei schwächer werdender direkter Herrschaft verlassen und auch angesichts der Wahrnehmung immer wieder auftretender, zentrifugaler Kräfte ab der Mitte der 1930er Jahre gelang es erneut, schließlich auch mit der Gründung des Commonwealth of Nations dieses dritte Empire zu integrieren.33 Insofern kam die kollektive Bedrohung des zweiten Weltkrieges ab 1939 dem Imperium durchaus zupass, führte sie doch alle Teile des Empires angesichts einer gemeinsamen, überlebenswichtigen Aufgabe nochmals in unvorhergesehenem Maße zusammen, auch wenn die separatistischen Strömungen in Australien im Vergleich zu anderen Regionen des Empires bis zum Vorabend des Zweiten Weltkrieges überschaubar geblieben waren.34 Neben der wachsenden ideologisch-politischen Bindung blieben auch die starken wirtschaftlichen Verbindungen mit dem Herz London enorm integrierender Faktor der imperialen Macht: Nach der tiefen australischen Wirtschaftskrise der 1890er Jahre35 waren bis 1939/1940 trotz enormer Distanzen die britischen Inseln durchweg wichtigster Handelspartner Australiens. Und auch während die Absatzmärkte für die australischen Rohstoffe zwar teilweise außerhalb Großbritanniens lagen, wurden die Geschäfte in London ausgehandelt und unterzeichnet und in Pfund Sterling bezahlt. Die Transportschiffe, mit denen die Produkte verschifft wurden, wurden im imperialen Zentrum verchartert, in dem sich

32 Ian Cook, Liberalism in Australia, Oxford 1999, S. 144-156. 33 Vergleiche auch zum Konzept des ‚Third Empire‘ und dem Commonwealth John Darwin, A Third British Empire? The Dominion Idea in Imperial Politics, in: Andrew Porter/Alaine M. Low/William Roger Louis (Hrsg.), The Oxford history of the British Empire. Vol. 3: The Nineteenth Century, Oxford, New York 2009, S. 64–87. 34 Darwin, The Empire Project, S. 13. 35 Ein Ergebnis fallender Preise für Rohstoffe und dem Abzug britischen Kapitals während der Unabhängigkeitskampagne in Australien. Vgl. auch ebd., S. 281.

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die Wirtschaftskreisläufe des gesamten Empires trafen.36 Die Zugehörigkeit zum Sterling-Block – trotz der Einführung des australischen Pfundes 1910 – wirkte im Rahmen des Systems der Imperial Preference, einer Art interimperialer Reziprozitätsklausel, stabilisierend und schuf einen großen, gemeinsamen Markt nahezu aller Mitglieder des britischen Empires. Der Zufluss von Kapital aus Großbritannien durch britische Banken in die australische Wirtschaft führte zu beständigem Wachstum, in dem zunächst lediglich immer wieder der lokale Mangel an qualifiziertem Personal ein Problem darstellte.37 Die australische Zentralbank (Commonwealth Bank) folgte ab 1912 dabei Regeln der Bank of England, wodurch sich die direkten Investitionen weiter erhöhten.38 Und auch als Konsequenz der wirtschaftlichen Verflechtungen lassen sich Einflüsse auf das tägliche Leben ablesen: Nahezu alle großen Zeitungen Australiens bezogen ihre internationalen Berichte durch die Londoner Nachrichtenagentur Reuters. 39 Der innere Blick auf das Empire war ein britischer und die wirtschaftliche Prosperität in allen Regionen hing ganz entscheidend vom Fortbestehen des gesamten britischen Imperialsystem ab.40 Neben den beiden Hauptsäulen der Ideologie und der wirtschaftlichen Kohäsion des gesamten Empires bestanden für Australien einige weitere imperiale Bindungen. Der erste Weltkrieg brachte auch militärisch eine engere Kooperation innerhalb des Empires hervor. Im größeren Maßstab wurden australische Truppen unter britischen Führung an die europäischen Kriegsschauplätze entsandt um dort im Rahmen der „imperial defence“41 Interessen des Empires zu verteidigen. Dabei waren die dortigen Einsätze mit konstituierend für eine eigene (koloniale) Identität. So wird die katastrophale militärische Fehleinschätzung der Schlacht um Gallipoli und den unzähligen australischen und neuseeländischen Gefallenen bis heute als initialer nationaler Eigenständigkeitsmythos betrachtet.42 London hatte damit binnen 40 Jahren erfolgreich seine Herrschaft in Australien von einer aufwändigen, direkten militärisch-politischen Struktur hin zu ei36 Die australischen Börsen schlossen sich 1937 mit gemeinsamen Regularien erstmals zusammen und schufen so erstmals einen eigenen australischen Markt für Börsengeschäfte. 37 Stuart MacIntyre/Geoffrey Curgenven Bolton (Hrsg.), The Oxford History of Australia, Melbourne 1990, S. 172. 38 Darwin, The Empire Project, S. 282. 39 Ellßel, The Australian Federation and the British Press 1895-1901., S. 87. 40 Darwin, The Empire Project, S. 143. 41 Ebd., S. 26. 42 John Frank Williams, Anzacs, the Media and the Great War, Sydney 19991, S. 16-18.

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nem indirekten, auf Ideologie und ökonomischen Netzwerken43 basierenden Imperium transformiert, das am Vorabend des zweiten Weltkrieges ideologisch eng mit Großbritannien verbunden war. Auch wenn es bedauerlicherweise keine detaillierte Untersuchung zu den finanziellen Vorteilen dieses Prozesses gibt, so liegt es auch angesichts der Ergebnisse aus anderen Regionen des britischen Empires begründeter Weise nahe, dabei beachtliche ökonomische Einsparungen zu vermuten.44 Australien durchlief jedenfalls nach 1901 trotz eigentlich zu erwartender höherer Kosten durch eine eigenständige Verteidigungspolitik und gestiegenem administrativem Aufwand im globalen Vergleich eine Zeit des wirtschaftlichen Wachstums – entgegen aller Befürchtungen der Unabhängigkeitsgegner.45 Die Transformation des Empires in Australien mit einem Wandel der konstitutiven Elemente hin zu mehr indirekter Kontrolle stand dabei in London allerdings auch immer wieder in der Kritik, ohne dass es zu grundlegenden Änderungen gekommen wäre.46 In Australien führte die Kriegserklärung von 1938 („It is my melancholy duty to inform you officially that in consequence of a persistence by Germany in her invasion of Poland, Great Britain has declared war upon her and that, as a result, Australia is also at war. […] [W]e are therefore, as a great family of nations, involved in a struggle which we must at all costs win and which we believe in our hearts we will win."47) zu einer wahren Welle der „Britisierung“48 und imperialer Solidarität.49 Australische Soldaten wurden ohne öffentliche Diskussion nach Europa entsandt, britischen Truppenführern unterstellt und auch ganz offensichtlich militärisch fragwürdige Einsätze australischer Truppen (wie bei der Schlacht um Kreta) im Sinne einer gemeinsamen Sache für das Empire unterstützt.50 Auch in Australien wurde das imperiale Anliegen mit großer Begeisterung unterstützt.51 Lediglich formal bemühte man sich um eine Rückversicherung, dass Großbritannien im Falle einer Verschiebung des Kriegsschauplatzes 43 Waters, The Empire Fractures, S. 8. 44 Siehe auch hierzu Stephan R. Epstein, The Rise of the West, in: John A. Hall/Ralph Schroeder (Hrsg.), An Anatomy of power. The social theory of Michael Mann, Cambridge, UK, New York 2006, S. 233–262, S. 251. 45 David Day, The Great Betrayal. Britain, Australia and the Onset of the Pacific War, 1939-42, New York 19891, S. 344. 46 MacIntyre/Bolton (Hrsg.), The Oxford history of Australia, S. 143. 47 Premierminister Menzies zitiert nach ebd., S. 212. 48 Lowe, Menzies and the "Great World Struggle", S. 9. 49 Day, The Great Betrayal, S. 39. 50 Williams, Anzacs, the Media and the Great War, S. 16-18. 51 MacIntyre/Bolton (Hrsg.), The Oxford History of Australia, S. 140-164.

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nach Südasien Australien zu Hilfe kommen würde, ging die australische Regierung doch davon aus, aus geopolitischer Perspektive gleichwertig zum Mutterland zu sein und in der globalen Verteidigungsstrategie ebenso zu den Kernregionen zu gehören.52 Begleitet von einer Überschätzung britischer militärischer Fähigkeiten und dem Vertrauen auf die imperiale Verteidigungsstrategie sicherte London dies unverzüglich zu: Dabei bezog Großbritannien in seine strategischen Planungen genauso wie die anderen europäischen Mächte mit ein, dass die anderen Kolonialmächte der Region – vor allem die Niederlande und Frankreich – im Falle einer Bedrohung London zur Hilfe eilen würden. Es wird dabei deutlich, dass die Risiken einer rein ideologisch fundierten Imperialpolitik in der britischen Politik also externalisiert wurden, ohne die Belastbarkeit einer solchen Politik für den Fall einer gleichzeitigen Gefährdung der Situation in allen Überseebesitzungen kritisch zu überprüfen. 53 Es liegt dabei nahe, dass die britischen Politiker sich der Risiken einer solchen Strategie durchaus bewusst waren, und daher die britische Appeasement-Politik gegenüber Hitler auch aus der Furcht vor einer Nagelprobe ihrer imperialen Kraft, deren Ausgang man als ungewiss betrachtete, herrührte.54 Die starken Gefahren für das ideologisch fundierte Imperium im Falle einer sichtbaren Erschütterung der sichtbaren Dominanz verwirklichten sich 1942. Die bis dahin prägende australische kollektive Selbsteinordnung in das Empire erlitt einen schweren Schlag, als in der Schlacht um Singapur Großbritannien seine 5. Flotte abzog, um die bedrohten britischen Inseln in Europa zu schützen und damit den Weg nach Südasien (und Australien) freigab (der so genannte „Fall of Singapore“55).56 Dieses Scheitern der britischen Imperialverteidigung wurde 52 Goldsworthy, Losing the Blanket, S. 11. 53 Day, The Great Betrayal, S. 23 und passim. 54 Vgl. Haffner, Winston Churchill, S. 109. 55 Karl Hack/Kevin Blackburn, Did Singapore have to Fall? Churchill and the impregnable fortress, London-New York 2004, S. 40-58. 56 Die Singapur-Strategie Großbritanniens stand auch vor dem Krieg in Australien schon in der Kritik, wo man sie (wohl nicht ganz unzutreffend) vornehmlich als einen Vorwand für eine Reduktion der Verteidigungsausgaben hielt – diese Kritik blieb jedoch vergleichsweise zahm und man gab sich kollektiv der Illusion einer schlagkräftigen Verteidigung hin, insbesondere dahingehen, dass Großbritannien im Kriegsfall Truppen aus Europa abziehen und nach Singapur verlegen würde. Die Risiken einer globalen Auseinandersetzung in dieser imperialen Strategie blieben dabei unberücksichtigt. Nicht vernachlässigt bei dieser Kritik werden darf allerdings auch, dass Australien von der imperialen Verteidigungsstrategie über Gebühr profitiert hatte, in dem es nur einen Bruchteil der realen Kosten für das Militär aufwenden musste. Vgl. W. David

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durch den darauf folgenden, raschen Vorstoß japanischer Truppen in der öffentlichen Wahrnehmung noch verschlimmert: Geradezu traumatisch wirkte sich daraufhin wenig später im Februar 1942 das Bombardement durch erstmals vollkommen überraschend auftauchende japanische Flugzeuge über der Stadt Darwin im Norden des Landes aus. Der gefühlte doppelte Schutz durch die geographischer Insellage und die kollektive Verteidigung im mächtigen Imperium war zutiefst erschüttert. Nicht nur die veränderte militärische Lage eines nun eröffneten, unmittelbaren Zugangs zu Australien, sondern auch ideologisch rüttelte die Niederlage des ‚weißen‘ Empires gegen ein asiatisches Land an den Grundfesten des europäische Primats in Australien und Süd- und Südostasien.57 Gefolgt von weiteren japanischen Bombardements des Nordens Australiens sowie wiederholten Angriffen im Hafen von Sydney durch japanische U-Boote58 nahm man nicht nur in der retrospektiven Geschichtsschreibung den der japanischen Übermacht geschuldeten Rückzug Großbritanniens aus Süd- und Südostasien im Gegenzug für eine bis dahin (gefühlt) bedingungslose Unterstützung damit als „Great Betrayal“59 – als großen Betrug am australischen Imperiumsverständnis – wahr: Denn die damit implizit beantwortete Frage nach einem Unterschied in der Wertigkeit zwischen Australien und den britischen Inseln führte schließlich zur Hinterfragung des Konzepts der British Subjects auf australischem Boden, welches aus ideologischer Sicht konstitutiv für die Herrschaft gewesen war.60 Erst der Einstieg der USA in den War on the Pacific führte zu einem Zurückdrängen der japanischen Truppen und damit auch zur Abwendung einer schon sicher geglaubten Invasion. Die damit verbundene, beinahe schon verklärende Wahrnehmung der militärischen Macht der USA und die vorangegangene Erschütterung der offenkundig fehlenden britischen Möglichkeiten eröffnete einem Konstrukt wie dem Colombo-Plan überhaupt erst den Weg, welcher in seiner ideologischen Absicherung damit auch ein verspätetes Ergebnis des zweiten Weltkrieges war. Will man nun auf einer analytischen Ebene das britische Empire Anfang 1942 zusammenfassen, so liegen charakteristische Merkmale einer indirekten Herrschaft basierend auf ökonomischer und ideologischer Macht mit punktueller politischer Kooperation vor. Sowohl die Beteiligung eines eigenen australischen Militärs an imperialen Kriegseinsätzen sowie die eigenständige Polizeiausübung McIntyre, The Rise and Fall of the Singapore Naval Base, 1919-1942 (Cambridge Commonwealth Series), Hamden, Conn. 1979, S. 34-88. 57 Tarling, Britain, Southeast Asia and the onset of the Cold War, 1945-1950, S. 2. 58 Am 31. Mai 1942 in Sydney. 59 Day, The Great Betrayal, S. II. 60 Curran/Ward, The Unknown Nation, S. 29-30.

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nach dem Abzug britischer Truppen, als auch die Übertragung der Administration bis in höchste Entscheidungskompetenzen hinein an loyale Ortkräfte, die sich dem Imperium zugehörig fühlten, begleiteten diese Herrschaftsform. Ferner waren die Herrschaftsinstitutionen in Australien vielfach mit imperialer Symbolik aufgeladen, unter anderem durch Herrschaftspraktiken wie die Throne Speech oder die Despatch Boxes des Parlaments nach britischem Vorbild. In Konsequenz jedoch brachte dieser britische Fokus auf einen rein ideologischpolitischen, symbolisch überhöhten Imperiumserhalt den großen Nachteil eines Schocks im Falle einer sichtbaren Infragestellung der Symbole britischen Macht mit der Einholung des Union Jack im Rahmen der japanischen Besetzung Singapurs mit sich: Australien war mit dem Ende des zweiten Weltkriegs ein in imperialer Hinsicht kollektiv traumatisiertes Land61, das trotz britischer Versuche einer Wiedereingliederung in den imperialen Kontext solchen Versuchen mit großer, sicherheitspolitisch motivierter Vorsicht begegnete.62 Die hektische Gründung des eigenen australischen Außenministeriums 1942 während des Krieges – sogar mit einer von Zeitgenossen als dilettantisch wahrgenommenen Struktur – war damit nur ein sichtbares Zeichen einer veränderten imperialen Struktur. Das Vertrauen auf britischen Beistand in der Not wurde allmählich durch ein ähnliches Vertrauen in eine Rettung durch die amerikanische Atombombe ausgetauscht,63 und so übertrug sich das Kriegsdiktum von dem Blick nach Amerika auch auf die Zeit nach 1945: „Australia looks to America free of any pangs as to our traditional links or kinship with the United Kingdom“64. In Konsequenz führte das Eingreifen der USA in den Pazifikkrieg zum erfolgreichen Zurückdrängen der japanischen Expansion und schließlich zum Sieg gegen Japan. Mittelbar übernahmen damit die Vereinigten Staaten die eigentlich Großbritannien zugedachte Rolle zum Schutz Australiens.65 Die erfolgreiche Pazifikkampagne der USA, für die Australien lediglich aus militärstrategischen Gründen eine Rolle spielte, verschaffte Amerika aber in Folge in Canberra und ganz Australien nahezu unbegrenztes Vertrauen in deren militärischen Fähigkeiten und war damit Ausgangspunkt für die spätere Entwicklung.66

61 Ebd., S. 30. 62 Ebd., S. 31. Hier ist die Rede von den „Abandoned Britons“. 63 Wayne Reynolds, Australia's bid for the atomic bomb, Carlton-Vic 2000, S. 25. 64 PM Curtain, 19.12.1941 – zitiert nach ebd., S. 25. 65 Vergleiche für eine umfassende Darstellung des amerikanisch-australischen Verhältnisses 1941-1945 auch Roger John Bell, Unequal allies. Australian-American Relations and the Pacific War, Carlton, Victoria 1977. 66 Ebd., S. 227.

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E MPIRE

Für die Universitäten des Imperiums spielte ab 1913 der Congress of the Universities of the British Empire eine zentrale koordinierende Rolle.67 Nach Tamson PIETSCH war es in seiner Tradition ein direktes „[…] movement for closer imperial union”68, und wirkte dabei doppelt: Einerseits durch die institutionelle Ausrichtung mit empireweit anerkannten Bildungsabschlüssen, die damit einen Zugang zu bestimmten Stellen boten, andererseits inhaltlich durch Vermittlung eines britisch geprägten Bildungsideals mit der Inkorporation eines umfassenden britisch determinierten Sets an impliziten Wissens- und Weltvorstellungen. Der Kongress bot einerseits ein Forum inhaltlichen Austausches, bedeutsamer waren jedoch die geteilten Vorstellungen von Universität, universitärem Handeln sowie akademischen Gepflogenheiten, die im Lauf der Zeit eine normative Prägung des Selbstverständnisses im gesamten Empire mit sich brachten.69 Die Grundlagen dieser Vorstellung gingen auf die universitären Reformdebatten der 1840er Jahre in Großbritannien (und den USA) zurück und zielten auf die Festlegung auf drei grundlegende Prinzipien ab: • • •

Öffentliche Universitäten sind frei von religiösem oder konfessionellem Einfluss Der Zugang wird allein durch akademische Leistungen und öffentliche Prüfungen ermöglicht (im Gegensatz zu familiären Traditionszugängen) Die Universitäten sind Bestandteil einer selbstbewussten Kolonialgesellschaft und wurden sowohl öffentlich wie auch privat gefördert.70

Auch wenn das letzte Kriterium aufgrund der nur im Vergleich zu anderen kolonialen Gesellschaften des Empires schwachen Wirtschaftskraft bei den australischen Universitäten nur unterdurchschnittlich ausgeprägt war, wird deutlich, dass diese innerhalb des Empires limitiert ‚universale‘ Universität sich als nach

67 Pietsch, Empire of Scholars. 68 Ebd., S. 12. 69 Ebd., S. 114. 70 nach Sherington/Horne, Empire, State and Public Purpose in the Founding of Universites and Colleges in the Antipodes, S. 44 sowie Julia Horne/Geoffrey Sherington, 'Dominion' Legacies. The Australian Experience, in: Deryk M. Schreuder (Hrsg.), Universities for a new world. Making a Global Network in International Higher Education, 1913-2013, London 2013, S. 284–307, S. 285. Für den dritten Punkt lassen sich für Australien nur wenige Zustiftungen vor 1960 finden.

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außen hin unpolitisch-neutrale Institution ideal für die oben angeführten Überlegungen eignete.71 Allerdings war die Universität in Australien gesellschaftlich vor dem Krieg eine allenfalls randständige Institution. Die (ausschließlich männlichen) Professoren in Sydney, Melbourne und Adelaide waren nahezu durchwegs zumindest in Teilabschnitten ihrer Qualifikationsstufen an den Colleges Oxbridges, also den britischen Eliteuniversitäten ausgebildet, da es in Australien keine Möglichkeit für eine Promotion gab. Ebenso randständig war die Geographie der Hochschulen: So befanden sich die meisten Universitäten vergleichsweise abgelegen außerhalb der Stadtzentren.72 Und trotz aller Einbindung in das Netzwerk der Empire-Universitäten und die beständige Rückkopplung nebst ideologischer Einbindung mittels des Congresses of the Universities of the British Empire, war Australien einerseits nahezu größtmöglich vom Zentrum des Imperiums entfernt und andererseits nur wenig akademisch geprägt.73 So zählte die Universität Sydney als älteste des Kontinents noch 1943 lediglich gut 3.000 Studierende, und damit ungefähr genauso viele wie bereits vierzig Jahre zuvor (1903).74 Akademische Bildung in Australien blieb bis zum Ende des zweiten Weltkrieges eine gesellschaftliche Ausnahme. Und auch trotz des nur begrenzten Einflusses des Kongresses der Universitäten mit dem Instrumentarium der einheitlichen Studienstrukturen und vergleichbarer Abschlüsse innerhalb des gesamten Empires, blieb für die australischen Universitäten die Kontextualisierung im Empire konstitutiv für ihre Vorstellung von akademischer Bildung in der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg.75 Diese so umrissene Vorkriegsuniversität, welche in der Peripherie des Empires existierte und dabei – eingebunden in das ‚große Ganze‘ – durch überschaubarer Studierenden- und Lehrendenzahlen, staatlich finanziert, in den Vororten der Metropolen gelegen und mit gleichförmigen Alterskohorten von ca. 17 bis 22 Jahren charakterisiert werden kann, ist als solcher prototypisch für alle

71 Siehe auch Tomaru, The Colombo Plan and British Publicity Policies towards Southeast Asia, 1956-65, S. 162. 72 USyd 2/1943-12/24 sowie Report of the Australian Commission on Australian Universities 1958-63 in NAA A1203 379/16/AUS. 73 Tamson Pietsch, Out of Empire. The Universities' Bureau and the Congresses of the Universities of the British Empire, 1913-36, in: Deryk M. Schreuder (Hrsg.), Universities for a new world. Making a global network in international higher education, 1913-2013, London 2013, S. 11–26, S. 126. 74 Sydney, Archives of the University of Sydney (USyd) 25943-12. 75 Ebd., S. 200.

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‚alten‘ australische Universitäten der Zeit zu sehen.76 Ebenso waren die Netzwerke aus Akteuren – vornehmlich Professoren – überschaubar: Man kannte sich aus gemeinsamen Studienzeiten auf den britischen Inseln (also vornehmlich den traditionellen britischen Universitäten in Oxford, Cambridge, London, mit Einschränkungen auch noch Edinburgh und St. Andrews) und blieb auch darüber hinaus in Kontakt: Neue Lehrende stammten nahezu ausschließlich aus diesem gemeinsam akademisch sozialisierten Pool.77 Abschlüsse anderer Universitäten innerhalb des Empires wurden als gleichranging akzeptiert und auch die eigenen Abschlusszeugnisse berechtigten zum weiterführenden Studium an anderen Universitäten des Empires. Insgesamt stellte die Universitäten als solches daher keinen konstitutiven Faktor im British Empire dar, aber trugen in ihrer Funktion aus Ausbildungsund Zertifizierungsinstitution zum Zusammenhalt bei. Sie bildeten vor Ort lokale Funktionseliten nach britischem Vorbild aus und ermöglichten den Eintritt in die imperiale Administration – ob nun in Sydney, Canberra, London oder Singapur.78 Ihre Bedeutung für den Imperiumserhalt nahm im Verlauf der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch die zunehmende Informalisierung der britischen Herrschaft durch Mittel wie den Kongress der Universitäten zu, ohne jedoch jemals zur allein tragenden Säule des Empires zu werden. Dabei spielten die traditionsreichen britischen Eliteuniversitäten durchwegs eine weitaus einflussreichere Rolle als die Bildungsinstitutionen in der imperialen Peripherie Australiens.79

D IE USA

UND

S ÜDASIEN (1910-1945)

Eher als Nebenerscheinung einer Auseinandersetzung auf dem amerikanischen Kontinent war das amerikanische Engagement in Südasien vor dem zweiten Weltkrieg überhaupt erst entstanden: Nach dem spanisch-amerikanische Krieg von 1898 übernahmen die USA auf den Philippinen die Herrschaft, wobei das

76 Etwas aus dem Rahmen fällt die University of Western Australia (1912 gegründet), die sich vornehmlich dem Konzept der Rural University verschrieben hatten: Eine Modellierung nach dem Oxbridge-Modell lehnte sie dezidiert ab (vgl. auch Horne/Sherington, 'Dominion' Legacies, S. 287. 77 Pietsch, Out of Empire, S. 83. 78 Ebd., S. 203. 79 Pietsch, Empire of Scholars, S. 205.

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Interesse an der eigenen imperialen Rolle rasch wieder zurückging.80 In der Folgezeit lag der Fokus amerikanischer Außenpolitik zunächst während beider Weltkriege auf Europa81 und war in den Jahren zwischen beiden Kriegen vornehmlich auf den stetigen Ausbau US-amerikanischer Macht im eigenen ‚Hinterhof‘ Südamerika gerichtet und dabei nicht im selben Maße von machtpolitischem Realismus gestützt und global gedacht wie nach 1945.82 Auch wenn ein starkes ökonomisches Interesse an der Region Südasien bestand,83 so war doch für das State Department die Region in kolonialen Einflusssphären aufgeteilt, deren Existenz man aus verschiedenen Gründen meist propagandistisch Art öffentlich kritisierte84, aber bis auf weiteres respektierte. Getrieben durch die rasche Industrialisierung und die zunehmende ökonomische Überlegenheit war die zunehmend auch öffentlich artikulierte Forderung85 nach der Abschaffung von Handelshemmnissen weniger geopolitisch beziehungsweise geostrategisch motiviert; ähnlich Wilsons berühmt gewordenem 14Punkte-Plan zum ‚Frieden ohne Sieger‘ nach dem ersten Weltkrieg, mit dem vornehmlich ideologisch-ökonomische Machtüberlegungen verbunden waren,

80 Die amerikanischen Besitzungen auf den Philippinen in Südostasien waren ein Nebeneffekt des spanisch-amerikanischen Krieges, allerdings wurde die dortige Unabhängigkeitsbewegung nach der Einnahme niedergeworfen, nachdem der Unabhängigkeitskampf auf Kuba gegen die spanische Besatzungsmacht zuvor noch zur Legitimierung des Krieges beigetragen hatte. Vergleiche auch zur imperialen Wahrnehmung Stephen D. Coats, Gathering at the Golden Gate. Mobilizing for war in the Philippines, 1898, Fort Leavenworth 2006. 81 Siehe hierzu auch Zbigniew Brzezinski, The grand chessboard. American primacy and its geostrategic imperatives, New York 19971, S. 18. 82 Philip Bell/Roger John Bell, Implicated. The United States in Australia (Australian retrospectives), Melbourne 1993, S. 119. 83 So z.B. in Sumatra, in denen die USA ab 1910 drittgrößter ausländischer Investor waren. 84 Siehe hierzu u.a. die Kongokonferenz 1884/85, die propagandistische Begleitung des spanisch-amerikanischen Krieges 1898 und dann insbesondere die amerikanischen Positionen im Rahmen der Konferenz von Algeciras 1905/06. 85 „Da der Handel sich über nationale Grenzen hinwegsetzt und der Unternehmer die Welt als seinen Markt beansprucht, muss die Flagge seiner Nation ihm folgen, und die verschlossenen Tore der Nationen müssen aufgesprengt werden.“, Woodrow Wilson 1907, zitiert nach Lloyd E. Ambrosius, Wilsonianism. Woodrow Wilson and his Legacy in American Foreign Relations, Houndmills, Basingstoke, Hampshire, New York 2002, S. 122.

V ORBEDINGUNGEN

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nicht jedoch konkrete politische Herrschaftsprojektionen.86 Amerikanische Kontakte nach Südasien und das rudimentäre amerikanische Wissen über die Region rührten wenig überraschend daher vornehmlich von wirtschaftlichen Akteuren aus den USA her. Amerikanische Kaufleute, die allerdings auch informelle Zuträgerschaft für die Administration bildeten, trugen abseits der Systeme amerikanischer Außenpolitik eigenständiges Wissen über lokale Gegebenheiten und Kultur nach Washington und formten so ein eigenes, ökonomisch beeinflusstes Bild: Prominentestes Beispiel hierfür dürfte der als ‚The Room‘ bekannte AstorRoosevelt-Spionagering geworden sein, mittels dessen beispielsweise auch Reiseberichte von unter anderem Kermit Roosevelt oder Vincent Astor aus eigener Reisetätigkeit in Süd- und Südostasien zu Zeiten britischer Kolonialherrschaft den Weg in das Weiße Haus fanden.87 So skizzierte ersterer vermutlich bereits vor dem zweiten Weltkrieg in groben Zügen die spätere Struktur des ColomboPlans als Mittel der informellen Raumerschließung durch Bildung einer von ihm geopolitisch als wichtig erachteten Region. Auch wenn der eigentliche Bericht und damit Nachweis fehlt, so liegt ein solcher Schluss nahe.88 Trotz dieser punktuellen Informationen blieb das amerikanische Interesse an der Region bis in den zweiten Weltkrieg hinein sehr verhalten. Wie sich die Ferner-Osten-Abteilung (FE) im State Department immer wieder beschwerte, blieb sie lange Zeit nur eine Art Durchgangsstation für ambitionierte Mitarbeiter im amerikanischen Außenapparat, die auf eine zukünftige Karriere in den Abteilungen für den Nahen Osten oder Europa hofften.89 Beeinflusst war dieses relative Desinteresse auch in geopolitischen Einflussvorstellungen, gemäß denen Süd- und Südostasien90 als Region unter fremdem Einfluss befindlich waren: Grundlegend stand das britische Primat für Fragen der Zukunft der Region in Washington nie in Frage. Die schließlich erfolgte ‚Hinwendung‘ nach Südasien war dann im Folgenden eine Reaktion auf die unmittelbare Bedrohung der USA durch den japanischen Vormarsch, konkret auf den Angriff auf U.S.S. Panay im Dezember 1937 und schließlich den Überfall auf Pearl Harbour im Dezember 1941. So traten die USA im Pazifik im Dezember 1941 auch formal in den zweiten Weltkrieg ein. In Konsequenz der gemeinsamen Verteidigungsstrategie Südasiens plante man dabei gemeinsam im sog. ABDACOM91 zusammen mit den Kolonialmächten 86 Vergleiche hierzu auch Brzezinski, The grand chessboard, S. 17-21. 87 Jeffery M. Doorwart, The Roosevelt-Astor Espionage Ring, in: New York History 62 (1981), Nr. 3, S. 307–322. 88 Ebd., S. 309. 89 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5529. 90 Ohne die Region so zu benennen. Vergleiche auch Fußnote 2. 91 ABDACOM steht für American-British-Dutch-Australian Command.

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Großbritannien und den Niederlanden sowie Australien die Verteidigung der Region.92 Die gemeinsamen Fähigkeiten, den japanischen Vormarsch nach Südasien effektiv zu unterbinden, waren aber vergleichsweise schwach. Dies wurde durch Folgen der während der Vorkriegszeit geschaffenen Strategie der imperialen kollektiven Verteidigung noch weiter verstärkt, konnten doch auch die anderen Mächte längst nicht im geplanten Maße Verteidigungsmaßnahmen durchführen, weil große Truppenteile an europäischen Kriegsschauplätzen gebunden waren. Insbesondere aber sammelten sich im ABDACOM höchst heterogene Interessen – die europäischen Mächte, die um ihre Kolonialreiche fürchteten; die Australier, die um ihre vitale Verbindung nach Großbritannien bangten; und die USA, die einerseits die Philippinen verteidigen wollten und einerseits den von Kriegsverbrechen begleiteten japanischen Vormarsch aufhalten, aber andererseits nicht fremde Kolonialreiche perpetuieren wollten. Erschwerend für diese Kooperation kam hinzu, dass im Vergleich insbesondere zu den Niederlanden die USA zwar auf stärkere ‚Schlagkraft‘, aber kaum auf regionales Spezialwissen zurückgreifen konnten und daher beständig innerkoalitionäre Absprachen notwendig waren.93 Wenig überraschend wurde das ABDACOM nach mehreren Fehlschlägen und der Einsicht, insgesamt für die Verteidigung der Region nur unzureichend vorbereitet zu sein, schließlich nach kurzer Zeit wieder aufgelöst und durch eine allein amerikanisch getragene Großstrategie ersetzt. 1942/43 konnten die USA unter großem Einsatz die Vorwärtsbewegung japanischen Truppen stoppen und bis 1945 – schließlich auch durch den Einsatz der Atombombe mit technischer Überlegenheit – entscheidend schlagen. Der zweite Weltkrieg war schließlich im August 1945 auch in Asien zu Ende. Die amerikanische Kampagne während des Krieges war ausschließlich auf einen militärischen Sieg der Alliierten ausgerichtet: Nach dem Rückzug der japanischen Besatzer und dem Ende der geplanten „Großostasiatische Wohlstandssphäre“94 unter japanischer Hegemonie blieb die Region außerhalb des besetzten Japans zunächst weitestgehend sich selbst überlassen. Für die USA ging es nach dem Ende der Auseinandersetzungen darum, Europa zu ordnen und das eigene Land aus dem Kriegszustand zu führen – und nicht um die langfristige Ordnung des Nachkriegszustandes einer politisch und ökonomisch zersplitterten Region.95

92 Louis Morton, War in the Pacific. Strategy and Command, the First Two Years (United States Army in World War II), Washington 2000, S. 166. 93 Ebd., S. 167. 94 Ramon H. Myers/Mark R. Peattie/Ching-chih Chen (Hrsg.), The Japanese colonial empire, 1895 - 1945 (History), Princeton, NJ 1984, S. 54. 95 Siehe hierzu auch Dennis, Troubled days of peace, S. 25-27.

Genese und Wandel imperialer Interessen

Dem politischen Turn To Asia der USA um 1948/49, aus dem der amerikanische Colombo-Plan stammt, ging eine Veränderung der imperialen Interessen in der Nachkriegsordnung voraus. Nach dem unmittelbaren Fokus auf die Entwicklungen in (West-)Europa veränderten sich angesichts des aufziehenden Ost-WestKonfliktes die zugrundeliegenden Überlegungen hinsichtlich regionaler Einflussräume in Asien. Die Untersuchung der Hintergründe der grundlegenden Handlungsmotive wird dabei im Folgenden untergliedert nach den einzelnen relevanten1 Akteuren erfolgen.

D AS E MPIRE UND (1945-1947)

DIE

N ACHKRIEGSORDNUNG

Angesichts der sichtbar gewordenen militärischen Überforderung des Empires wurde die Frage nach den Möglichkeiten einer möglichen Rekonstituierung der Herrschaft in den Überseegebieten nach Kriegsende bereits frühzeitig in London diskutiert:2 Dabei fand auch die Bezeichnung der Region nördlich von Australien über Indonesien bis Burma und die Philippinen als ‚Südostasien‘ erstmals Eingang in den diplomatischen Gebrauch und wurde somit als abgeschlossene Entität Bestandteil der Nachkriegsplanungen.3 Die anderen europäischen Akteure zeigten noch weniger Interesse. Angesichts der nach wie vor bestehenden, 1

Relevant ist hier im Sinne einer Auslegung als für die amerikanische Expansionsstrategie von Bedeutung zu verstehen.

2

Peter Lowe, Contending with nationalism and communism. British policy towards South-East Asia, 1945-65 (Global conflict and security since 1945), Basingstoke, New York 2009, S. 2.

3

Tarling, Britain, Southeast Asia and the onset of the Cold War, 1945-1950, S. 1.

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fragilen Bedrohungslage in Europa, der Flucht der niederländischen Regierung nach London während des Krieges und der Kontrolle Indochinas durch die französische Regierung in Vichy war das Thema bei keiner der europäischen Kolonialmächte besonders hoch in der Prioritätenrangfolge, ging es doch überall zunächst um die Lage auf dem Kontinent. Darüber hinaus hofften übereinstimmend (mit unterschiedlicher Intensität) alle Beteiligten in Europa auf ein ordnendes Eingreifen der USA, mit denen allerdings auf politischer Ebene keinesfalls Übereinstimmung in Hinsicht der anzustrebenden Nachkriegsordnung bestand.4 Das Ziel Großbritanniens wie der anderen europäischen Mächte war die Wiederherstellung kolonialer Einflussgebiete und nicht das Ende des Kolonialismus, wie von den USA immer wieder betont.5 Dabei war zumindest in London parteiübergreifend bereits früh klar, dass die japanische Besetzung die Grundlagen europäischer Macht und europäischer Interessensverwirklichung in der Region nachhaltig verändert hatte – die Zeichen also auf imperialen Wandel standen: „The Europeanised ‘Far East’ has gone, and the organisation of European activities there in the future will have to be rebuilt on entirely different foundations from those prevailing before 1939.“6

Als Folge hiervon entstand im Mai 1945, nur wenige Tage nach Kriegsende in Europa das sogenannte Burma White Paper, was zumindest für einen Teil der britischen Besitzungen eine eher holzschnittartige Strategie – bestehend aus lokalen und zentralen Militärkräften, wirtschaftlicher Kooperation und der Installation einer gewogenen Elite – zur Wiederherstellung der Macht zu Papier brachte. Bezeichnenderweise nahm diese Planung in der Wahl ihrer Mittel allerdings vornehmlich Bezug auf die Vorkriegsordnung. Die Strukturen zur Implementierung des imperialen Rekonstituierungsprogrammes stützten sich auf die gleichen Fundamente – politische Macht, wirtschaftliche Kooperation, militärische Einbindung – wie das ‚alte‘ Empire vor dem Krieg. Hinsichtlich der möglichen Umsetzung einer solchen Strategie gab man sich dennoch keinen Illusionen hin: Der zeitliche Horizont für eine Realisierung dieser Planungen war auch angesichts der noch laufenden Auseinandersetzungen in Asien mit zwei bis fünf Jahren angegeben.7 Doch auch wenn der weltweite Krieg nach dem Ende der Auseinandersetzungen in Europa bis zum Einsatz der amerikanischen Atombombe in Asien 4

Lowe, Contending with nationalism and communism, S. 11.

5

Ebd., S. 1.

6

South Asia Files NA F4969/90/61.

7

Ebd., S. 19.

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noch nicht vorbei war, so blieb im Frühjahr 1945 der politische Fokus auf die Nachkriegsordnung zunächst in Europa: Die mit dem neuen, global gedachten Alleinvertretungsanspruch der beiden aus dem Krieg gestärkt hervorgegangenen Siegermächte der USA und UdSSR entflammte Debatte um die Zukunft des Deutschlands und der europäischen Grenzen lenkte den Fokus von Asien, wo sich der Umbruch der politischen Weltordnung weniger stark zeigte. Ebenso formulierten alle ehemaligen Kolonialmächte mehr oder minder deutlich ihren Anspruch auf die Region zwar erneut, es fehlten jedoch allen sowohl die Mittel zu einer Durchsetzung einer dementsprechenden Politik als auch die Handlungsfreiräume.8 Die mehrfachen, durchwegs vergeblichen Versuche der Organisation eines gemeinsamen Handelns der europäischen Akteure sind dabei eher als ein Zeichen der Schwäche zu interpretieren: Allen beteiligten Mächten fehlten sowohl allein wie in der Gesamtheit die notwendigen ökonomischen, militärischen und politischen Ressourcen, ihre hegemonialen oder imperialen Ansprüche gegen die erstarkenden nationalen und antikolonialen Bewegungen in Süd- und Südostasien im Alleingang durchzusetzen. Beispielhaft sei das britischniederländische Vorgehen in Indonesien 1947 genannt, das zwar kurzfristig und symbolträchtig die Stärke der imperialen Mächte zeigen sollte, aber sowohl Großbritannien9 wie die Niederlande angesichts der benötigten Mittel für eine langfristige Präsenz überforderte.10 Dazu kamen trotz übereinstimmender Ziele immer wieder Differenzen innerhalb der kolonialen Mächte über das konkrete Vorgehen, aufgrund derer die kurzfristigen Allianzen bald wieder zerbrachen. Für Großbritannien bei der problematischen Reintegration des Empires entscheidend wurde allerdings der fehlende und stets angenommene wirtschaftliche Aufschwung nach Kriegsende: Die Außenstände sowohl bei den Ländern des britischen Empires (vor allem bei Britisch-Indien)11 wie auch bei den USA (durch den Lend-Lease Act von 1941)12 setzten damit eine der grundlegenden Säulen britischer Herrschaft – die gemeinsame Währung des Sterlinggebietes – stark unter Druck.13 Das sog. CD&W (Colonial Development and Welfare)8

Vergleiche hierzu auch Ricardo Jose, The Philippines' Search for Security in the First Years of the Cold War, 1946-51, in: Albert Lau (Hrsg.), Southeast Asia and the Cold War (Routledge Contemporary Southeast Asia Series), Hoboken 2012, S. 29–42, S. 29-31.

9

Australien nahm als Teil des britischen Einsatzes teil.

10 McMahon, Colonialism and cold war, S. 52. 11 NA DO 35/2724. 12 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 164. 13 Vergleiche für eine ausführliche Darstellung der wirtschaftlichen Komponenten in der Fassung des Colombo-Planes auch ebd..

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Programm zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Substanz in den Kolonien bestand daher vornehmlich auf der Umleitung von zu zahlenden Reparationsgeldern sowie dem Verzicht auf die Rückzahlung von ausstehenden Schulden.14 Andererseits zeigte sich als Folge der schwierigen wirtschaftlichen Situation aber auch eine Reduktion der globalen militärischen Präsenz als unumgänglich. So kündigten die Briten in diplomatischen Gesprächen mit den USA im Frühjahr 1947 an, eine Säule ihres imperialen Engagements durch den Abzug von Militär aus Griechenland und der Türkei zurückzunehmen: Dieser Schritt, der von australischer Seite als ein bedrohliches „Auseinanderbrechen“15 des Empires und für die USA als Entstehung eines „Vakuums“16 wahrgenommen wurde, war dabei auf britischer Seite nicht unumstritten.17 Auch an anderer Stelle zeigte sich die abnehmende Stärke des imperialen Zentrums, gleichzeitig aber auch eine Perspektive einer Neuorganisation auf der bereits vor dem Krieg geschaffenen Commonwealth-Ebene. In der zeitgleichen Schaffung eines neuen innerCommonwealth Verteidigungsbündnis unter Beteiligung Großbritanniens namens ANZAM18 zwischen Australien, Neuseeland und Britisch-Malaya wurde ein zurückgegangener direkter Einfluss Londons auf die kollektive Verteidigung deutlich. Die Peripherie in Britisch-Südostasien organisierte sich – unter Orchestrierung durch das Zentrum – selbst. Zugleich aber markierte der Rückzug und die dazugehörige Kommunikation aber durch die frühzeitige Information der USA bereits im Januar 1947 auch den Versuch einer Neukonzeptualisierung britischer Herrschaft in der Peripherie durch eine aktive Annäherung an die Vereinigten Staaten und die Einführung eines noch umfassenderen subsidiären Modells – wie sie sich auch im Colombo-Plan wiederfinden lässt.19 Absicht war dabei zunächst, die amerikanischen Ambitionen im Sinne eigener Ziele zu „kanalisieren“20 und die Bereitschaft für ein Engagement der USA zu stärken, aber den eigenen Handlungsspielraum zu erhalten: Dieses Konzept einer „third […] su-

14 White, 'A Waste of Time and Money'?, S. 74. Hier auch eine umfangreichere Darstellung der CD&W-Hilfen. 15 Waters, The Empire Fractures 16 NARA RG 273 250/7/27/2 Box 13. 17 Ebd., S. 131. 18 ANZAM steht für Australia, New Zealand and Malaya und bezeichnet ein informelles Konsultationsnetzwerk der Länder, das später im Anglo-Malayan Defence Agreement aufging. 19 Tomaru, The Colombo Plan and British publicity policies towards Southeast Asia, 1956-65, S. 162. 20 Tarling, Britain, Southeast Asia and the onset of the Cold War, 1945-1950, S. 7.

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per-power“21 basierte dabei auf der Überzeugung, in der momentanen Situation eine temporäre Krise, aber nicht das Ende des Empires zu erleben.22 Zur Wiederherstellung der britischen Handlungsspielräume sollten den USA die möglichen Vorteile einer aktiven Teilhabe verdeutlich werden, ohne dabei zu viel der eigenen Ordnungsvorstellungen preiszugeben.23 Dass das Empire auch angesichts der selbst wahrgenommenen ideologischpolitischen Schwächephase versuchte, durch ökonomische Maßnahmen sein Herrschaftsgebiet wieder zu integrieren und damit auch gerade auf wirtschaftliche Interessen der USA stieß, ermöglichte den Beitritt zum Colombo-Plan überhaupt, zeigte aber auch gleichzeitig die sichtbar gewordenen Grenzen britischen Handelns auf. Ohne die amerikanische Unterstützung sah sich das Empire nicht mehr in der Lage, der Situation Herr zu werden,24 und versuchte durch die Schaffung eines möglichst erschreckenden kommunistischen Bedrohungsszenarios starke Gründe für einen amerikanische Beitritt im Antikommunismus zu entwerfen. Dabei bezog man sich auch auf Erkenntnisse der USA aus dem zweiten Weltkrieg, demnach Hunger ein Grundproblem in der Transformation demokratischer Gesellschaften sei und darüber hinaus die häufigste Grundlage für das Ausbreiten des Kommunismus.25 „There was always an element of bluff in it on our side because the contribution we could make [to the Colombo-Plan] was so limited. Indeed we know that the Treasury's main preoccupation was to attract American dollars to maintain the balance of payments position against our sterling releases. [...]“26

Aus britischer Sicht lag das erwünschte Engagement der USA in einer Dimension von 350 Millionen US-Dollar, bei einer eigenen Leistung von umgerechnet gut 600 Millionen US-Dollar.27 Diese Summe wurde später im Rahmen der Sit21 Ebd., S. 7. 22 Embassy an London, Jan. 1947/Miller. NA DO 35/2721. 23 Embassy an London, Jan. 1947/Miller. NA DO 35/2724. 24 Embassy an London, Jan. 1947/Miller. NA DO 35/2724. 25 David Lowe, The Colombo Plan and 'soft' regionalism in the Asia-Pacific. Australian and New Zealand cultural diplomacy in the 1950s and 1960s (Alfred Deakin Research Institute working paper I), Geelong 2010, S.9 26 NA DO 35/2724. 27 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 29 und B. R. Tomlinson, 'The Weapons of the Weakened'. British Power, sterling balances, and the origins of the Colombo Plan, in: Shigeru Akita/Gerold Krozewski/Shōichi Watanabe (Hrsg.), The Transformation of the International Order of Asia. Decolonization, the Cold War, and the Co-

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zung des Consultative Committees in London in der zweiten Hälfte des Jahres 1950 auf einen Gesamtbetrag von 500 Millionen US-Dollar, zu leisten durch die Weltbank und die USA angepasst, und darüber hinaus auch bereitwillig bereits laufende Finanzhilfen28 mit eingerechnet, was faktisch einer deutlichen Senkung der eigenen Forderungen entsprach:29 Im Gegenzug versprach man, durch den Colombo-Plan in Südostasien antikommunistische Strukturen zu schaffen und durch die Förderung der wirtschaftlichen Infrastruktur eine gesicherte Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und langfristig einen ökonomischen Aufstieg zu ermöglichen. Beide Faktoren sollten die Grundlagen für die Schaffung einer demokratischen Ordnung darstellen und somit den mutmaßlichen amerikanischen Anliegen Genüge tun.30 Indirekt verbunden war damit auch ein britisches ‚Aufstiegsversprechen‘, da das Erreichen all dieser Ziele eine neue Stärke vorausgesetzt hätte: Deutlich wird, dass das Empire die momentane wirtschaftliche Schwächephase als entscheidendes Hemmnis bei der Wiederherstellung der imperialen Ordnung sah. Allerdings machte die nahezu bedingungslose Unterordnung Großbritanniens in Hinsicht der ökonomischen Ausgestaltung des Programmes die Veränderung im Machtverhältnis sichtbar: Von einer gleichberechtigten Position Großbritanniens und der USA konnte trotz aller anderslautender Rhetorik faktisch keine Rede mehr sein. Amerika war das Heilsversprechen eines angeschlagenen Empires.

N ACHKRIEGSZEIT – A USTRALIEN (1945-1949)

UND DIE

USA

Der Versuch, ein australisch-amerikanisches Verhältnis vor 1949 zu beschreiben, muss kurz ausfallen: Australien war bis 1949 auf der (außen-)politischen Landkarte vornehmlich in seiner exponierten Lage als Atomtestgebiet für die koordinierte Übergabe des Wissens um nukleare Sprengköpfe an Großbritannien

lombo Plan (Routledge Studies in the Modern History of Asia 97), New York 2015, S. 34–49, S. 40. 28 Die USA waren im Rahmen vierer verschiedener Wirtschaftshilfeabkommen in der Region engagiert: Diese umfassten den langfristigen Act for International Development sowie den Foreign Assistance Act (1948), den Mutual Defense Assistance Act (1949) und den China Area Aid Act (1950). 29 NARA LOT54D251/21. 30 Ebd., S. 41.

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präsent.31 Als (geo-)politischer Einflussraum spielte es für die amerikanische Außenpolitik – die im Übrigen auf die Entwicklungen in Europa und das Ende der Anti-Hitler-Koalition fokussiert war – keine nennenswerte Rolle. In Washington betrachtete man Australien (und auch Neuseeland) nach wie vor als zur britische Einflusssphäre gehörend und damit auch nicht primär als amerikanische Verantwortlichkeit:32 In der globalen Prioritätenliste amerikanischer Außenpolitik stand der Kontinent am anderen Ende der Welt nur auf nachrangiger Position. Aus australischer Sicht war das Verhältnis ähnlich – zwar hatte Premierminister Curtain in seiner bereits erwähnten „free of any pangs“-Rede33 1941 die Hinwendung nach Amerika im Sinne der australischen Außenpolitik während des zweiten Weltkriegs formuliert, doch hatten die USA bereits 1942 klargemacht, dass sie Australien allenfalls als temporäre Basis für die Kriegsoperationen im Pazifik sahen: Für die (noch in weiter Ferne liegende) Nachkriegsordnung verwies General MacArthur auf Großbritannien, welches in historischer Tradition für Ozeanien verantwortlich sei.34 Ganz in Konsequenz dieser Politik endete mit dem Ende des Weltkrieges und dem Abzug der amerikanischen Truppen auch das amerikanische Engagement in Australien, sieht man von einigen kleinen Militärbasen ab.35 Zwar riss der politische Kontakt zwischen Canberra und Washington nie ab, doch hinsichtlich der Außen- und Innenpolitik des Nachkriegsaustraliens waren die australischen Verbindungen nach London deutlich enger.36 Einzig im Bereich der Sicherheitspolitik waren australische Diplomaten in häufigem Kontakt zu ihren amerikanischen Kollegen und warben immer wieder intensiv für ein (kodifiziertes) amerikanisches Beistandsversprechen angesichts eines befürchteten Krieges in Asien – ganz aus der Erfahrung des zweiten Weltkrieges.37 Grundlegend stand diese Politik unter dem Eindruck der ungeklärten Zukunft Japans nach der Weigerung der Sowjetunion, Australien an einer Militärverwaltung über das Land zu beteiligen und der australischen Furcht, bei den Verhand31 Reynolds, Australia's bid for the atomic bomb. 32 Bell/Bell, Implicated, S. 112. 33 PM Curtain, 19.12.1941 – zitiert nach Reynolds, Australia's bid for the atomic bomb, S. 25 34 Goldsworthy, Losing the blanket, S. 15. 35 Die USA behielten zwar einige wenige Militärbasen, insgesamt dürften sich 1947/48 lediglich nur noch weniger als 200 amerikanische Soldaten in Australien befunden haben (vergleiche Waters, The Empire Fractures, S. 46). 36 Goldsworthy, Losing the Blanket, S. 28. 37 NAA A5954 2301/3.

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lungen um eine zukünftige Sicherheit Asiens außen vor zu sein: Die 1947 getroffene Entscheidung der Truman-Administration gegen eine regionale Verteidigungsinstitution im Pazifik führte daher zu den schlimmsten Befürchtungen in Canberra.38 Das rein defensiv gedachte und sehr informelle ANZUSAbkommen39 zwischen den USA, Neuseeland und Australien 1951 war dabei nicht geeignet, die australischen Sorgen zu zerstreuen – fasste man es in Canberra doch zu Recht als wenig belastbar auf.40 So bleibt festzuhalten, dass sich das amerikanisch-australische Verhältnis im Verlauf des zweiten Weltkrieges geändert hatte. Nach 1945 stand die bis dahin unhinterfragte Bindung an Großbritannien zur Debatte, ohne dass die USA als von Australien zumindest militärisch erwünschtem Partner sich überhaupt als neue Schutzmacht angeboten hatten. Zwischen britischer Tradition und amerikanischer Sicherheit stand ein innerlich zerrissenes Land: Die Wiederwahl des probritischen, strikt antikommunistischen Robert Menzies zum Nachfolger des eher glücklosen Labour-Premierministers Ben Chifley im Kontext des aufziehenden Ost-West-Konfliktes 1949 zeigte den inneren Zwiespalt des Landes und war damit mehr Ergebnis eines innenpolitisch aufziehenden Antikommunismus, als einer weiterhin grundlegend pro-britischen Haltung.

Z WISCHEN R EKONSTITUIERUNG UND U NABHÄNGIGKEIT : S ÜD - UND S ÜDOSTASIEN (1945-1949) 41 Große Teile Südostasiens waren nach dem Kollaps der japanischen Expansion, welche die bisherigen kolonialen Strukturen hinweggefegt hatte, im Aufbruch. Die europäische Frage nach der Neustrukturierung oder zumindest Wiedererlangung der imperialer Herrschaft berührte dabei Kernanliegen der betroffenen Länder selbst, die sich in einer neuen Rolle der Stärke in einem wachsenden Nationalismus sahen: Ihre Beiträge zur imperialen Verteidigung während des zweiten Weltkrieges in Form von Truppen oder Geld hatten eine Veränderung der Rollenverteilung mit sich gebracht, die nun nach Kriegsende nicht einfach zu-

38 Waters, The Empire Fractures, S. 82. 39 Der Australia, New Zealand and United States-Pazifikpakt, gleichzeitig mit dem japanischen Friedensvertrag im April 1952 in Kraft getreten, sicherte eingeschränkte Beistands- und Verteidigungspflichten für den Fall einer militärischen Bedrohung eines der Teilnehmerländer. 40 Ebd., S. 46. 41 Siehe auch Doyle, Empires, S. 336-337.

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rückzudrehen war.42 Die – aufgrund der politischen Situation in Europa nur begrenzt nachdrücklichen – Versuche, der imperialen Mächte, einen status quo ante wiederherzustellen, stießen daher in der Folge auf teils erbitterten Widerstand.43 Das Spektrum der antiimperialen Bewegungen war dabei breit gemischt und reichte von der indische Unabhängigkeitsbewegung mit dem Ziel einer Lösung aus der britischen Herrschaft bei Beibehaltung eines assoziierten Status bis zur militanten Unabhängigkeitsbewegung Sukarnos und Hattas in Indonesien.44 Ein Bruch innerhalb der Region verlief dabei einerseits zwischen den im zweiten Weltkrieg japanisch besetzen Gebieten und den dabei aufgelösten kolonialimperialen Strukturen und andererseits solchen, in denen imperiale beziehungsweise koloniale Ordnungsstrukturen auch über den Krieg hinweg Bestand gehabt hatten. Das ‚Chaos‘ der angeblich strukturlosen Regionen bot eine Legitimation eines ordnenden Eingreifens. Eine weitere Unterscheidung lässt sich darüber hinaus noch zwischen den Besitzungen des britischen Empires und jenen anderer kolonialer Mächte (daher vor allem der Niederlande und Frankreichs ausmachen).45 In allen Fällen wurde die Wiederherstellung kolonialer Strukturen durch die europäischen Mächte angestrebt, allerdings versuchte insbesondere das britische Empire darüber hinaus nicht nur eine bloße Fortschreibung der Vorkriegsstrukturen, sondern tatsächlich eine Neukonzeption der fragil gewordenen Herrschaft mit neuen Mitteln.46 Die in der Regel im Colombo-Plan zusammenfassend betrachteten47 Regionen von Süd- und Südostasien durchliefen nach den langjährigen Kolonialherrschaften im Verlauf und nach Ende des zweiten Weltkrieges grundlegend verschiedene Entwicklungen: Das rasche, implosionsartige Ende des Krieges im Pazifik durch den amerikanischen Atombombenabwurf auf Japan führte zu einem weitgehenden Zusammenbruch der Infrastruktur in den japanisch besetzten Gebieten, in denen weder die ehemaligen Kolonialmächten noch die USA rasch

42 Darwin, The Empire Project, S. 325. 43 Lowe, Contending with Nationalism and Communism, S. 2. 44 Vergleiche auch Dewi Fortuna Anwar, The Cold War and its impact on Indonesia. Domestic Politics and Foreign Policy, in: Albert Lau (Hrsg.), Southeast Asia and the Cold War (Routledge Contemporary Southeast Asia Series), Hoboken 2012, S. 133– 150 S. 133-135. 45 Lowe, Contending with nationalism and communism, S. 4. 46 On the Question of Asia, 2.3.1946.NAA F4969/90/61. 47 Siehe für eine detailliertere Untergliederung auch nach regionalen Aspekten unter anderem Akita/Krozewski/Watanabe (Hrsg.), The Transformation of the International Order of Asia.

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eine ordnende Rolle übernehmen konnten oder wollten.48 Die übereinstimmende Feststellung in London und Washington, dass in Teilen Südostasien nun „Chaos“49 herrsche, spielte im State Department lediglich deshalb eine nur eingeschränkte Rolle, weil die Klärung der Europafrage angesichts des sichtbaren Auseinanderbrechens der Anti-Hitler-Koalition deutlich drängender schien. Im Vergleich dazu war die britische Politik in Südasien mit Britisch-Indien zwar unter Druck, aber konnte auf eine nach wie vor leidlich funktionierende Imperialadministration zurückgreifen. Der Widerstand dort aus verschiedenen Gruppen richtete sich gegen eine als ungerecht empfundene Imperialherrschaft, die auf eine Restituierung des Vorkriegsstandes abzielte und regionale Interessen nicht beachtete. Die rasch wachsende Unabhängigkeitsbewegung, die sich auch aus ökonomischen Gründen formierte, forderte eine Loslösung von Großbritannien, ohne dabei sich dabei aber grundsätzlich gegen eine assoziierte Rolle im britischen Commonwealth auszusprechen. Angesichts der auch für Großbritannien überwiegenden Vorteile, der Position der Schwäche und der Vehemenz des Anliegens, blieb der Widerstand Londons gegen die Unabhängigkeitsbewegung verhältnismäßig gering: Die Schaffung zweier Staaten – Indien und Pakistan – im Status von British Dominions durch den Mountbatten-Plan schien aus britischer Perspektive eine Möglichkeit, den eigenen Einfluss bei geringeren Kosten zu erhalten und eine womöglich die Mittel des Empires übersteigende, erneute Auseinandersetzung zu vermeiden.50 Die imperiale Transformation von direkter Herrschaft zu einem lockeren Verbundsprinzip lief dort vergleichsweise linear ab. Dem gegenüber war in den Gebieten ehemaliger japanischer Besetzung in Süd- und Südostasien sowie Ozeanien eine Serie von Brüchen festzustellen. So war in Folge des zunächst erfolgten, raschen japanischen Vormarsches und dem damit verbundenen, überhasteten Rückzug alter kolonialer Ordnungs- und Administrationsstrukturen um 1942 in Verbindung mit dem ebenso eiligen Abzug der japanischen Besatzer nach der Kapitulation nahezu nirgends in der Region mehr ein funktionierendes, organisiertes Gemeinwesen festzustellen. In diesem „Machtvakuum“51 prallten nun die Ansprüche der alten Kolonialmächte auf die versprengten nationalistischen und antiimperialistischen Bewegungen einzelner charismatischer Führungsfiguren.52 Verstärkt wurden diese zunehmend ideolo48 Myers/Peattie/Chen (Hrsg.), The Japanese colonial empire, 1895 - 1945, S. 499. 49 NARA RG 59 250/40/18/1 Box 4132C. 50 Tomaru, The Colombo Plan and British publicity policies towards Southeast Asia, 1956-65, S. 163. 51 NSC 98 (1951) in RG 273 250/7/27/2 Box 13. 52 Vergleiche Anwar, The Cold War and its impact on Indonesia, S. 136-139.

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gisch aufgeladenen Auseinandersetzungen durch die Folgen der amerikanischen Propaganda während der Pazifikkampagne, die immer wieder auf nationale ‚emergence‘-Themen und antikoloniale Ressentiments gesetzt hatte.53 Die bestehenden Vorbehalte gegenüber den ehemaligen Kolonialherren und neue Vorstellungen anhand politischer Rahmenbedingungen stärkten antiimperiale, nationalistische und mancherorts auch kommunistische Kreise. Sowohl im Norden wie im Süden der Region kam es in den Jahren unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg auch in Folge der beschriebenen Auseinandersetzungen zu einer Fragmentierung der Macht, wenn auch auf verschiedenem Niveau. Die politischen Institutionen der Region, welche einen Zusammenhalt staatlicher Einheit hätten herstellen können, waren in sehr verschiedenem Ausmaß präsent, was auch in den verschiedenen Entstehungsgeschichten begründet lag. So ergaben sich beispielsweise durch die Trennung Britisch-Indiens mit Indien und Pakistan einerseits religiös unterschiedlich geprägte Gebilde mit ausfasernden Rändern und umstrittenen Grenzziehungen, andererseits mit der Föderation Malaya, welche aus eher zufällig am Reißbrett zusammengesetzten Vorgängerstaaten bestand, innerlich heterogene und im Widerstreit befindliche Strukturen. Gemein war nahezu allen diesen ‚Staaten‘ des Südens der Region ihre nur schwache Staatlichkeit54. Die Einheit der Verwaltung oder die Existenz einer solchen, die vor dem Krieg vornehmlich durch Beamte des Colonial Office vorgenommen worden war, reduzierte sich auf größere Städte oder blieb auf (regionale) Einzelfälle beschränkt. Aus Sicht westlicher Beobachter konnte daher von einer umfassenden rule of law nicht (mehr) ausgegangen werden.55 Ebenso bestand ein Nord-Süd-Gefälle in Fragen der ökonomischen Strukturen: Wies beispielsweise das ehemalige Britisch-Indien eine (zumindest eingeschränkt) funktionierende verarbeitende Industrie auf, so waren vor allem die Länder Südostasiens in hohem Maße von den konjunkturellen Nachfragebedingungen rohstoffimportierender Wirtschaften (vornehmlich des Westens) abhängig.56 Verschärft wurde diese divergierende Tendenz noch durch die nahezu ausschließlich im British Empire liegenden Absatzmärkte für die hier gewonnenen Rohstoffe, welche sich einerseits durch den Nachfrageeinbruch durch das Kriegsende und andererseits die Sterlingkrise verstärkten.57 Der nach Kriegsende einsetzende, sehr deutliche Geburtenzuwachs verstärkte das Problem in den 53 Waters, The Empire Fractures, S. 82. 54 Zum Konzept der schwachen und starken Staatlichkeit siehe auch Hippler, Failed States und Globalisierung. 55 RG 59 250/41/11/6 Box 5523. 56 Oakman, Facing Asia, S. 250. 57 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 232.

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Folgejahren noch weiter: Die zunehmenden Lücken in der Nahrungsmittelproduktion trafen auf eine im Vergleich zum Vorkriegszustand größere und stetig wachsende Nachfrage, die mit den lokalen Produktionskapazitäten allein nicht länger gedeckt werden konnte.58 Die Furcht vor einer Hungerkatastrophe und den politischen Folgen wurde damit zu einer wirtschaftlichen und politischen Gefahr für die Planungen des ‚Westens‘ für die kommenden Jahre. Spätestens mit dem Ausbruch des Koreakrieges im Juni 1950 zeigte sich nur wenige Jahr nach Kriegsende auch das nach wie vor bestehende Konfliktpotential in der Region auch auf internationaler Ebene und rückte damit Süd- und Südostasien nach dem Fokus auf Europa wieder zunehmend in das Blickfeld der Weltpolitik, wie sich auch im Indochinakrieg Frankreichs zeigte, an dem die USA später auch mittelbar beteiligt waren.59 Die Interessen des ‚Westens‘ waren dabei von grundlegend verschiedenen Motiven getragen: Während die europäischen Machte (allen voran Frankreich) mit militärischen Mitteln hier eine Wiederherstellung des Vorkriegszustandes anstrebten, rührte die amerikanische Unterstützung vornehmlich von einem antikommunistischen Motiv her: Nichtsdestotrotz einte – wie auch im Colombo-Plan – hier die verschiedenen Akteure zumindest zeitweilig einer Überschneidung der Mittel zum Erreichen eigener Interessen. Das anfangs im Commonwealth Colombo Plan erfasste Gebiet bestand daher nach Kriegsende aus einem vergleichsweise heterogenen Gebiet in Süd- und Südostasien, welches tiefgehende strukturelle, politische, wirtschaftliche und religiöse Unterschiede aufwies und in stark unterschiedlichem Maße staatlich organisiert war. Darüber hinaus bestanden zunehmende Interessen ganz verschiedener Akteure. War zunächst in dem in den ersten britischen Planung umfassten Gebiet vornehmlich ein (ökonomisches) Nord-Süd-Gefälle bei sonstiger relativer Homogenität durch die einigende Klammer des Commonwealth festzustellen, so wies die später auf amerikanische Initiative zurückgehende Ausweitung auf eine Vielzahl von Ländern in der Region (später auch noch mit Japan, Südafrika und Afghanistan darüber hinaus) eine weitaus weitergehende, hochgradige Heterogenität auf, die eine Gleichbehandlung lediglich noch aus politischen Gründen des Antikommunismus und der imperialen Ausweitung plausibel erscheinen lässt.

58 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5522. 59 Oakman, Facing Asia, S. 56.

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Eine wie anfangs skizzierte imperiale Politik setzt zunächst die grundlegende Bereitschaft und Befähigung zur Empirebildung voraus, geht man davon aus, dass dies ein – zumindest teilweise – intendierter Prozess war.61 Dabei gehen die ersten Versuche amerikanischer Imperialherrschaft – konkret zunächst Südamerika und den Westpazifik als eigenes Einflussgebiet zu interpretieren – auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Als einzige Besitzung in Südasien kamen 1899 letztlich als Resultat des spanisch-amerikanischen Krieges die Philippinen hinzu. Nach dem ersten Weltkrieg zog man sich rasch auf Vorkriegspositionen und den (moralisch und auch ökonomisch getragenen) Wunsch nach globaler Demokratisierung durch Diplomatie zurück, was auch innerhalb der amerikanischen Öffentlichkeit nach dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges (und damit dem offensichtlichen Scheitern der vorangegangenen Politik) zu Debatten um ein verstärktes globales Engagement der neuen Nachkriegsordnung hervorbrachte – wenngleich noch ohne eine umfassende eigene imperiale Konzeption. Entsprechende Aufrufe, im Sinne eines „common good“62 von nun an global ordnend tätig zu werden, datieren für die USA bereits früher zurück: Ganz offen gab es aber spätestens seit 1941 innerhalb Amerikas eine öffentliche Kampagne zur Schaffung eines „American Empire“. Henry Luce, der Gründer der Zeitschriften TIME und Life, propagierte für das neue, amerikanische Imperium die Aufgabe

60 Zur grundlegenden Frage nach der Existenz eines ‚American Empire‘ sei auf die einführende Literatur verwiesen, die sich auch mit der Frage nach der Imperiumswerdung beschäftigt hat. Für die vorliegende Arbeit wird von der Existenz eines solchen Großreiches – unabhängig von seinem tatsächlichen Einfluss – ausgegangen. 61 Die Frage, ob es ein „Empire wider Willen“ tatsächlich geben kann, ist verschiedentlich behandelt worden. Zur Überlegung der chaotischen Empirebildung siehe Darwin, The Empire Project, S. 3., der von eher heterogenen („chaotischer Pluralismus“) Interessenslagen der Akteure im Zentrum und der Peripherie ausgeht und von diesen ausgehend einen gewissen Grad der Irrationalität unterstellt. Ohne das empirisch belegen zu können, scheint auch im vorliegenden Fall der Zufall eine nicht unbeträchtliche Rolle für Ausgestaltung des amerikanischen Empires in Süd- und Südostasien übernommen zu haben. 62 Andrew J. Bacevich, American Empire. The Realities and Consequences of U.S. Diplomacy, Cambridge, Mass 2002, S. 229.

86 | D AS B ILDUNGSIMPERIUM „[to] accept wholeheartedly our duty and our opportunity as the most powerful and vital nation in the world […] to exert upon the world the full impact of our influence, for such purposes as we see fit and by such means as we see fit. We must now undertake to be the Good Samaritan to the entire world”63.

Der zunächst nur widerwillig erfolgte Eintritt in den zweiten Weltkrieg und sein erfolgreiches Ende für die USA hinterließen allerdings die USA in der Rolle der wirtschaftlich stärksten Macht der Welt64 und – zusammen mit der Sowjetunion – der flächenmäßig größten direkt kontrollierten Ausbreitung: Die Regionen unter direkter amerikanischer Kontrolle reichten von Asien über Australien, die Pazifikregion nach Europa und auf den amerikanischen Kontinent. Und doch waren die ersten Versuche einer global gedachten Neuformulierung amerikanischer Politik nach Kriegsende zunächst eher halbherzig. Der Fokus amerikanischer Außenpolitik lag unmittelbar nach 1945 zunächst auf Europa und auf der immer deutlicher werdenden Auflösung der bis dahin vereinigenden Klammer der AntiHitler-Koalition.65 Dabei bestand nicht nur innerhalb der westlichen Siegermächte ein einendes Misstrauen in der Frage nach den Absichten der sowjetischen Besatzer in Europa66, sondern auch Großbritannien misstraute den unklaren amerikanischen Absichten hinsichtlich der Zukunft Europas67 und die USA den Möglichkeiten und Ambitionen Londons und des Commonwealth.68 Erst nachdem die faktische Trennung zwischen zwei globalen Systemen unabwendbar erschien, entspann sich vor diesem Hintergrund die Perspektive einer amerikanischen Leitpolitik anhand neuer globaler Fragestellungen, in der Großbritannien auf eine Dreimächtepolitik69 (USA, UdSSR und Großbritannien) und darüber hinaus auf eine besondere Beziehung (die vielzitierte „special relationship“ 70 Churchills) zu den USA setzte, die von nun als globale Ordnungsmacht fungieren sollten. 63 Henry Luce, Februar 1941, zitiert nach Mann, The Sources of Social Power IV Globalization, S. 268. 64 Lind, The American Way of Strategy, S. 120. 65 Tarling, Britain, Southeast Asia and the Onset of the Cold War, 1945-1950, S. 51. 66 Sowohl die USA wie Großbritannien fürchteten eine kommunistische Revolution nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa durch sowjetische Agenten. 67 Ritchie Ovendale, The English-speaking alliance. Britain, the United States, the Dominions, and the cold war, 1945-1951, London-Boston 1985, S. 21. 68 Ellwood, The shock of America, S. 341. 69 ‚Third Force Concept‘, NA F5385. 70 Churchill 1946, zitiert nach Fraser J. Harbutt, The iron curtain. Churchill, America, and the origins of the Cold War, New York 1986, S. 186.

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Aus diesem neuen Primat amerikanischer Außenpolitik entwickelte sich die später von Brzezinski als „Schachbrettpolitik“71 bezeichnete globale NachkriegsVormachtpolitik, die zunächst auf Europa und die Sicherung der westlichen Einflusssphären beziehungsweise der Eindämmung der befürchteten Expansion der sozialistisch-kommunistischen Sowjetunion dort ausgerichtet war. Basierend auf einem Modell geostrategischer und -politischer Überlegungen erfasste sie ein globales Modell von Regionen unterschiedlicher Wertigkeit für die USA. In Verbindung mit der später von Truman vertretenen Idee einer ContainmentPolitik, die ihren Ursprung im sog. X-Artikel72 George Kennans fand, in dessen strategischen Überlegungen die Wahrnehmung der Sowjetunion als einzige, mit den USA vergleichbare, Weltmacht zum Ausdruck kam, wurden damit die Grundlagen der Nachkriegspolitik gelegt. Trotz der inneren Widersprüche der amerikanischen Außenpolitik zwischen Weltmachtanspruch und kolonialer Vergangenheit73 trat zunehmend ein imperiales Sendungsbewusstsein – katalytisch verstärkt durch den erfolgreichen Kampf gegen die totalitären Systemordnungen in Deutschland und in Japan im Krieg – zu Tage.74 Dabei waren 1950, mit dem Beginn des amerikanischen Engagements im Colombo-Plan, die Tage der größten geographischen Expansion der USA bereits vorbei: Das American Empire hatte als solches bereits im Sommer 1945 seinen Höhepunkt einer umfassenden direkten Kontrolle größtmöglicher Ausdehnung erreicht. Zu keinem Zeitpunkt vorher oder nachher standen so viele Regionen der Welt unter unmittelbarer amerikanischer Kontrolle wie zwischen der Kapitulation Japans und der Unabhängigkeit der Philippinen. Dieses extensive direkte Imperium war allerdings mit hohen politischen und finanziellen Kosten verbunden und wäre als solches innenpolitisch vermutlich nicht langfristig durchsetzbar gewesen – ganz abgesehen davon, dass mit Kriegsende auch die politische Legitimation für ein solch aufwändiges Militär entfallen war.75 Für das State Department war daher eine Transformation der neuerworbenen Führung notwendig, ohne dabei die mit dem Krieg einhergegangene globale Führungsrolle und die sichtbare Überlegenheit des amerikanischen Wirtschaftsmodells abzugeben, was auch von den Erfahrungen des Völkerbundes und der Politik nach dem Ende des 71 Brzezinski, The Grand Chessboard. 72 George F. Kennan, (X.), The Sources of Soviet Conduct, in: Foreign Affairs 25 (1947), Nr. 4, S. 566–582. Der Arikel formulierte die bereits im sogenannten „Long Telegram“ Kennans genannten Ideen weiter aus. 73 Hochgeschwender, Die USA, S. 59. 74 Schwabe, Weltmacht und Weltordnung, S. 83. 75 Siehe hierzu auch die Diskussionen um den sog. „militärisch-industriellen Komplex“, C. Wright Mills, The Power Elite, New York 1999, S. 174.

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ersten Weltkrieges beeinflusst war.76 Dabei war die neue globale Perspektive in seiner Machtfülle sowie der kurzfristigen Dynamik eher überraschend zustande gekommen und befand sich immer noch in Widersprüchlichkeiten, was sich auch an den Debatten innerhalb des State Departments widerspiegelte:77 Im inneren Gegensatz zwischen antikolonialem Gründungsmythos und imperialer Realität der neuen Weltordnung war das eigene Handeln immer wieder von Debatten zwischen rascher und maximaler Expansion sowie strategischer Zurückhaltung begleitet.78 Eng verbunden mit diesen Diskussionen war auch Trumans (auch finanziell und innenpolitisch motivierte) Grundannahme von einem Ende des militärischen, ‚harten‘ Eingreifens79, in deren unmittelbare Folge eine Neufassung ideologischen Sendungsbewusstseins als Grundlage des Kalten Krieges stand.80 Ein neues ‚amerikanisches Imperium‘81 sollte schon in seiner Begründung anders werden, ging es doch mit Michael LIND genuin um eine selbstdefinierte demokratische Mission, die über die ideologische Zuerkennung eines wertebasierten Modells funktionieren sollte.82 Das Truman’sche Diktum vom „struggle for hearts and minds“83 (angeblich ebenso von Eisenhower verwendet)84 als Ziel seiner Politik in der Auseinandersetzung mit der UdSSR, verdeutlicht dabei den fundamentalen Wandel amerikanischer Außenbeziehungen nach dem Ende des zweiten Weltkrieges.85 Mit LIND stellte dies die Transformation von direkter militärischer Intervention hin zu einer indirekten ideologisch-politisch fundierten Modell von spezifisch ‚amerikanischer‘ Außenpolitik dar.86 Seinen sichtbaren Widerhall fand diese neue Politik in vielerlei Hinsicht: Der Smith-Mundt-Act von 76 Lind, The American way of strategy, S. 110. 77 Brzezinski, The grand chessboard, S. 17. 78 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 79 ‚hart‘ bezeichnet hier eine unmittelbare, militärische Intervention im Vergleich zu den ‚weichen‘ Maßnahmen ökonomischer, kultureller oder diplomatischer Herkunft. 80 Andrew Roadnight, United States policy towards Indonesia in the Truman and Eisenhower years (Cold War history series), Houndmills-Basingstoke-Hampshire, New York 2002, S. 33. 81 Der Begriff des ‚American Empire‘ lässt sich nicht in den Akten finden. 82 Lind, The American Way of Strategy, S. 110-116. 83 Zitiert nach White, 'A Waste of Time and Money'?, S. 74. 84 Ebd., S.75. 85 Bradley Klein, Machtprojektion durch "ausschwärmende Abschreckung". Zur strategischen Kultur der Vereinigten Staaten, in: Frank Unger (Hrsg.), Amerikanische Mythen. Zur inneren Verfassung der Vereinigten Staaten, Franfurt-New York 1988, S. 113–129. 86 Lind, The American Way of Strategy, S. 112.

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1948, welcher die Rahmenbedingungen der so gennanten Public Diplomacy setzte, eröffnete damit den Rahmen für eine Politik wie im untersuchten Stipendienprogramm des Colombo-Planes. 87 Das grundlegende Interesse an der Region Süd- und Südostasiens wurde dabei zunächst ab 1946/47 aus militärischen Überlegungen der Rohstoffversorgung heraus begründet.88 Als Produzent von kriegswichtigen Materialen wie Zinn89 und Kautschuk90 bestand aus militärischer Perspektive ein sehr hohes Interesse daran, die Zugangswege für den Materialtransport sowie eine gewisse politische Stabilität in der Region nicht zu verlieren. Aus amerikanischer Perspektive bezog man 1946 ca. sechzig Prozent des für essentiell erachteten natürlichen Gummis aus der Region, so dass in militärischen Strategieanalysen ganz Südostasien als „kritisch“91 für die Wahrung der politischen Handlungsfreiheit der USA gesehen wurden. Man ging im amerikanischen Außenministerium nach Konsultationen davon aus, dass während jedes Monats verlängertem Zugang zur Region für zwei Monate Kriegsreserven gebildet werde konnten – angesichts von Befürchtungen, dass es bereits 1949 zu kriegerischen Auseinandersetzungen sogar mit dem ehemaligen Verbündeten der Sowjetunion vor Ort kommen könnte, war die Sicherung der Zugangswege daher essentiell.92 Die befürchtete „Unordnung“93, falls Großbritannien nicht an alte Stärke anknüpfen könne, hatte daher zunächst Implikationen auf die Sicherheit der Rohstoffversorgung; Ziel der amerikanischen Politik war es daher, die Region soweit zu stabilisieren, dass Rohstoffe für den eigenen Bedarf sicher gewonnen und abtransportiert werden konnten und perspektivisch eine Handelsroute durch Südostasien gewährleistet werden sollte. Mit dieser Einschätzung war aber keine Abkehr vom Denken in bestehenden Einflussräumen verbunden, eher im Gegenteil – man setzte darauf, das London die grundlegende Aufgabe der Restabilisierung übernehmen können würde. Denn trotz des neu formulierten, globalen Anspruch bestanden auch in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg auf amerikanischer Seite weiterhin Vorbe87 Siehe dazu David Lowe/Daniel Oakman (Hrsg.), Australia and the Colombo Plan 1949 - 1957 (Documents on Australian foreign policy), Canberra 2004, S. 110, Fußnote 1. 88 Tamson to Warner, 2/1946 NARA RG 59 250/40/17/6 Box 4122A. 89 Fitchen Notes 22.6.1946 NARA RG 59 250/40/17/6 Box 4122A-B. 90 Fitchen Notes 22.6.1946 NARA RG 59 250/40/17/6 Box 4122A. 91 Memorandum on Strategic Resources Summer 1946 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5522. 92 Postwar Approaches in Asia NARA RG 59 250/40/17/6 Box 4122A. 93 Fisher/Tamson 29.8.1946 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5523.

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halte gegenüber einer eigenen Politik in Süd- und Südostasien: So gehörte für die USA das Gebiet „traditionell“94 zum britischen Einflussgebiet, darüber hinaus gab es auch Bedenken angesichts der beachtlichen finanziellen und politischen Kosten einer dortigen eigenen imperialen Politik.95 Die Idee eines britischen Einflussraumes nahm damit bereits erwähnte, spätere Ideen des Denkens in geopolitischen Realitäten vorweg, setzte aber gleichzeitig zunächst auf Lösungen innerhalb der bestehenden Strukturen. Eine Stärkung der britischen Position in Süd- und Südostasien war unter Gesichtspunkten einer Stabilisierung der Region wünschenswert, sollte aber für den Moment nicht um jeden Preis geschehen.96 Bis in die frühen 1950er Jahre vertrat man im State Department trotz intensiven Drängens sowohl Großbritanniens wie Australiens97 daher eine von Zurückhaltung geprägte Politik, die von großer Vorsicht gegenüber der Fragilität der Region, tradierten (britischen) Einflussräumen und den unklaren finanziellen und politischen Konsequenzen eines amerikanischen Einstiegs gekennzeichnet war.98 Auch trotz einer persönlich ausgesprochenen Einladung an die amerikanische Botschaft in Canberra zum zweiten Treffen der Colombo-PlanAußenminister, lehnte man dort eine Teilnahme mit der Begründung, damit mögliche Missverständnisse über die Rolle der USA in der Region hervorzurufen („misinterpretation by non-participants at the meeting […]“99) ab. Besonders der bestehende Fokus auf die Commonwealth-Länder war in der amerikanischen Administration ein wesentlicher Kritikpunkt. Denn wollte man ein ‚neues‘ Asien schaffen, so musste dies weiter gefasst und auf anderen Verbindungen basieren als den bestehenden imperialen Netzwerken.100 Hinter diesen außenpolitischen Verlautbarungen spielten sich innerhalb des State Departments intensive Auseinandersetzungen in der Frage der eigenen nationalen Tradition ab: Die bereits erwähnten antiimperialistischen Bewegungen in der Region und ihre offene Hoffnung auf eine amerikanische Intervention zu ihren Gunsten trugen ein Übriges dazu bei, die bestehenden Zweifel an einer möglicherweise stattfindenden sichtbaren imperialen Sukzession der USA zu verstärken.

94

NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5523.

95

NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5524.

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NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5523.

97

Für 1950 lassen sich mindestens sieben Gesprächstermine in der amerikanischen Botschaft in Canberra zum Thema sowie mindestens zwei Gespräche der australischen Botschaft in Washington nachweisen.

98

Kan, The US Cold War policy and the Colombo Plan, S. 178.

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Zitiert nach ebd., S. 178.

100 Ebd., S. 179.

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Neben den genannten politischen und militärischen Motiven bestanden aber auch weitreichende ökonomische Gründe sich von dem Treffen fernzuhalten. Spätestens seit März 1950101 war den USA die Hintergründe des britische Versuches der Schließung der Sterlinglücke mit amerikanischem Geld bekannt, auch wenn keine konkreten Summen kursierten. Dabei gab im State Department die Tatsache einer finanzielle Notwendigkeit an und für sich weniger Grund zur Sorge, als die Forderung Großbritanniens nach einer Art Blankoscheck vor einem möglichen Betritt. Es bestanden Bedenken dahingehend, dass das finanzielle Engagement in keinem Verhältnis zu den möglichen (politischen) Erträgen einer Beteiligung stand: So waren die finanziellen und politischen Gründe eng miteinander verwoben. Einerseits bezogen sich die Bedenken auf die Unklarheit über die Höhe der zu erwartenden finanziellen Zahlungsverpflichtungen nach einem Beitritt, ganz besonders der Gefahr einer anschließenden „staggering bill“102. Andererseits befürchtete man die Folgen des durch den Beitritt erzielbaren möglichen politischen Gewinns der amerikanisch finanzierten Stabilisierung – nämlich zu Gunsten des britischen Imperiums, mit dessen Zielen man selbst bei optimistischer Lesart nur teilweise übereinstimmte103 beziehungsweise von dessen imperialen Handeln man sich eben abgrenzen wollte. Verstärkt wurden die Bedenken durch die britische Gleichsetzung von Marshall-Plan (ERP) und Colombo-Plan in öffentlichen Erklärungen – war man sich doch bewusst, dass es sich um fundamental unterschiedliche Ausgangssituationen handelte. Während in Europa eine bestehende Industriestruktur wieder instand gesetzt werden sollte, musste in Südostasien eine solche erst geschaffen werden und die damit verbundenen Kosten lagen um ein Vielfaches höher.104 Die Gefahren, die in einem absehbaren Scheitern an solchermaßen geweckten, hohen Erwartungen lagen, schienen für den Moment die möglichen Vorteile nicht wert, erst recht angesichts der Tatsache, als dass sich die amerikanische Abhängigkeiten von südund südostasiatischen Rohstoffen monatlich verkleinerte und durch die industrielle Synthetisierung von Gummi die bisherigen militärischen Interessenslagen spätestens ab 1949 weggefallen waren.105 Für die amerikanische Politik ergaben sich aus diesem Gesamtbild drei mögliche Handlungsoptionen: Angesichts der hohen Kosten von einem Engagement in der Region vollkommen abzusehen; das britische Engagement in Grenzen zu finanzieren und damit ein Wiedererstarken der britischen Rolle (gewissermaßen 101 Ebd., S. 178, Dening-Jessup Conversation. 102 Ebd., S. 178. 103 o.A. Political Papers, Documents Jessup, NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5526. 104 Lloyd Thompson, NLA ORAL TRC 2981/3. 105 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5.

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als eine Form des Empire by proxy zunächst via Großbritannien) zu ermöglichen oder schließlich mit einem eigenen Programm eine aktive Politik in der Region einzunehmen. Im State Department entschieden sich die amerikanischen Diplomaten zunächst für eine abwartende Rolle und die Teilnahme am zweiten Vorbereitungstreffen als Beobachter. Abweichend von dieser Position bestanden dabei im Widerstreit innerhalb des State Departements auch Positionen, die auf den drohenden, raschen Verlust der Ordnungsfunktion Großbritanniens und damit langfristig eine deutlich erschwerte Ausgangssituation hinwiesen. Die Forderungen nach einem sofortigen Engagement in Süd- und Südostasien schon vor dem Colombo-Plan versandeten allerdings in den inneren Auseinandersetzungen der amerikanischen Bürokratie. Die aber vorhandene grundlegende Offenheit für ein auch schnelleres Handeln der USA verdeutlicht den Hintergrund für das aktive britische Werben ab 1949 nicht nur aus einer unmittelbaren Situation der Bedrängnis heraus. Die Befürworter in Washington sahen eine realistische Perspektive, das Empire mit amerikanischer Hilfe zu rekonstituieren und damit die ideologische, politische und finanzielle Last des Imperiums auf mehrere Schultern zu verteilen. Für die USA standen nun bis in den Sommer 1950 allerdings die politischen und ökonomischen Kosten eines eigenen Engagements oder eines Beitritts zum Colombo Plan in keinem Verhältnis zu den möglichen Erträgen. Zum Handeln fehlte noch eine unmittelbare Verbindung zwischen den eigenen Interessen und der Situation vor Ort. Die Diplomaten in Washington warteten also trotz wachsendem Interesse angesichts der Gesamtsituation und bisher fehlender eigener Betroffenheit einfach ab.106

I MPERIALER I NTERESSENWANDEL Verortet man nun den Sprung zur imperialen Qualität eigenen Handelns in dem Wechsel des dahinterstehenden Bezugssystems – also der Veränderung der ‚Ausnahme‘ zur ‚Notwendigkeit‘ als Legitimation und dem ordnenden Anspruch gegenüber dem einbrechenden Chaos auch außerhalb der eigenen Grenzen –,107 so entstand das aufstrebende amerikanische Imperium in der Region bereits im Frühjahr 1949. Die als „Notwendigkeit“108 deklarierte Selbstlegitimation einer

106 Die Idee der Betroffenheit ist hierbei nicht in binärer Opposition zu verstehen, da Imperien sich die Regeln für ein Eingreifen selbst geben. Vergleiche hierzu auch Münkler, Imperien, S. 23-24. 107 Hunchison Memorandum 7.11.1948 NARA RG 59 250/40/18/1 Box 4132C. 108 Strategic Planning Resources 1948-1950. NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5523.

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aktiven Politik in Süd- und Südostasien außerhalb militärischer Konflikte gegenüber dem einsetzenden Chaos der britischen Schwäche („it is neccessary to develop a strategy [for South and Southeast Asia] with Britain’s current weakness and the impending danger [of chaos]“109) wurde dabei erneut von demokratischen Legitimitätsdebatten im Ministerium selbst begleitet.110 Spezifisch für die imperiale Qualität erscheint dann aber, dass diese Diskussionen im Vergleich zu denen der Vorjahre nun lediglich die Ausgestaltung der genauen Begründung, nicht aber Fragen hinsichtlich der Legitimität einer wie auch immer gearteten ‚Zuständigkeit‘ der USA an und für sich beinhalteten: Die in den Vorjahren geäußerten, fundamentalen Bedenken eigenen Handelns aufgrund der traditionellen Einflussräume Großbritanniens und ein daraus hervorgehendes, unausgesprochenes Nichteinmischungsgebot wurden bald durch Debatten um den antiimperialistischen amerikanischen Gründungsmythos sowie Rekurse auf die eigene Position in den Verhandlungen um die Friedensordnung in Europa nach 1945 ersetzt.111 Dieser Wandel markierte damit einen fundamentalen imperialen Kategorienwechsel. Der Bezugsrahmen setzte nunmehr eine mindestens gleichwertige Interessenlage und -legitimität der USA voraus und benötigte somit nur noch die Zustimmung innerhalb der USA, nicht mehr aber einer über die USA hinausgehenden, global gedachten Öffentlichkeit. Die möglichen Bedenken in der Region selbst waren zwar Inhalt der Debatte, allerdings ausschließlich dahingehend, wie man angesichts wachsender antiamerikanischer Vorbehalte, dort nun durch geschickte Informationspolitik den Kampf um die ‚hearts and minds‘ gewinnen könne. Die selbsterklärte ‚Notwendigkeit‘ eines Handelns war Begründung genug und zeigte damit neue imperiale Qualitäten der amerikanischen Konzeption. Die grundlegenden Prozesse der Selbstlegitimation auf politischer Ebene als imperiale Qualität schufen damit den Rahmen für eine aktive Imperialpolitik auch in Asien. Angesichts einer Situation in der dem britischen Empire keine ordnende Funktion mehr zuerkannt wurde, ergab sich schließlich lediglich genau aus dieser Erkenntnis der letzte Schritt zur Legitimierung von Handlungen zur Durchsetzung beziehungsweise Wahrung eigener Interessen: Sobald das bestehende Imperium nicht (mehr) in der Lage war, eine im eigenen Sinne funktional gedachte Ordnung zu stiften, war es für die USA geradezu notwendig, Schritte zur Sicherung des eigenen Anliegens zu unternehmen, die über das eigene Terri-

109 NARA RG 59 250/40/18/1 Box 4132C 110 „Until today, we have been […] against [any sort of] […] imperialism […]“ vgl. Hutchins, Memorandum 30.4.1947 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5524-2. 111 Ebd.. NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5524-3.

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torium hinausgingen. Die Feststellung „[a]s Britian seems to be unable […]“112 drückte damit den entscheidenden Schritt zur aktiven Imperialpolitik aus. Entscheidender Unterschied in der politischen Wahrnehmung Europas und Süd- und Südostasiens dürfte dabei die Tatsache gewesen sein, dass im Gegensatz zur Frage des ‚Eisernen Vorhangs‘ die Situation in Asien weitaus fluider und weniger von tradierten Einflussbereichen gezeichnet war.113 Diese Flexibilität stellte als solche eine Bedrohung für die in geostrategischen Räumen gedachte Politik und die ideologische Fundierung eines liberalen Universalismus dar, die an stabilen Verhältnissen interessiert sein musste. Auch wenn die USA zwar nicht zu einem dritten Weltkrieg bereit waren (auch wenn dieser durchaus in den Erwartungen bevorstand)114, sah man sich nun in der Rolle als globale Ordnungsmacht in Asien gefragt.

B ÜRGERKRIEG IN C HINA – S CHEITERN UND W ENDEPUNKT AMERIKANISCHER A SIENPOLITIK (1947/48) Der Bürgerkrieg in China zwischen den später als Festlandchina und Taiwan bezeichneten Gruppen wurde dabei zum Wendpunkt amerikanischer Asienpolitik. Die innere Auseinandersetzung in China zwischen ‚kommunistischen‘ und ‚bürgerlichen‘ Kräften war zum Zeitpunkt der amerikanischen Intervention bereits mehrere Jahrzehnte alt. Mit Unterbrechungen dauerte der Bürgerkrieg bereits seit 1927 an, ohne dabei einen klaren Sieger hervorzubringen. Insbesondere nach der japanischen Kapitulation und der damit verbundenen ‚geographischen Dispositionsmasse‘115 befürchteten die USA wie die Sowjetunion ein rasches Wiederaufflammen der Auseinandersetzung. Beide Seiten unterstützten dabei die jeweils sympathisierende Seite mittelbar mit Waffen und Beratung, wobei die USA aus der Perspektive der Überlegenheit immer wieder nachdrücklich für eine Verhandlungslösung warben. Als fatal erwies es sich dabei, die antikommunistischen Kräfte im Sommer 1947 trotz deren momentaner militärischer Vorteil zu Gesprächen und einem momentanen Waffenstillstand zu zwingen, während dessen sich die kommunistische Seite mit Hilfe der Sowjetunion neu formieren und im Folgejahr den Konflikt für sich entscheiden konnte. Die verbliebenen

112 Ebd. NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5524-2. 113 Gaiduk, Soviet Cold War Strategy and Prospects of Revolution in South and South East Asia, S. 199. 114 Memorandum Nitze, 26.05.1951 NARA RG 59 CF 1950–54 611.61/5–2651. 115 Frei nach Brzezinski, The grand chessboard, S. 22.

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pro-westlichen und antikommunistischen Strukturen zogen sich 1949 nach Formosa (das heutige Taiwan) zurück und hinterließen ein konsterniertes State Department, in dem das Gefühl vorherrschte, die Entwicklung in ganz Asien und die eigene politische und militärische Taktikfähigkeit grundlegend falsch eingeschätzt zu haben: „We are continually hurt and bewildered because the more independent minded Asians refuse to recognize their Communist fellows as puppets of Moscow but persist in regarding other Asians whom we are supporting as puppets of the United States. [...] The prospects [...] today give a good example of how our policy betrays us.“116

Das dieser Aussage zugrundliegende Unverständnis basierte auf einem Weltbild, in dem die amerikanische Seite grundlegend von der eigenen Mission überzeugt war und sich tatsächlich eher noch als primus inter pares denn als umfassende, globale Ordnungsmacht begriff.117 Denn insgesamt hatte sich die politische Einmischung als umfassender Fehlschlag erwiesen– nicht nur, dass man offensichtlich eine Position der Stärke verspielt hatte, vielmehr fürchtete man nun, durch das eigene Handeln ein weiteres Ausgreifen kommunistischer Bewegungen erst recht gefördert zu haben und damit genau des Gegenteil von dem, was ursprünglich geplant gewesen war, erreicht zu haben. Szenarien eines gemeinsamen chinesisch-sowjetischen Vorgehens in Indochina – in vollkommener Verkennung der strukturellen Unterschiede – in Verbindung mit einer kolportierten Aussage Stalins zur Weltrevolution durch die Massen Asiens sorgten für große Sorge in Washington.118 Damit einhergehend entstand auch eine generalisierte Vorstellung eines vereinigten globalen Kommunismus, in dem grundlegend verschiedene Strömungen und Interessenslagen ausgeblendet wurden und – auch angesichts innenpolitischer Notwendigkeiten, ein möglichst großes Schreckensszenario zu entwerfen119 – ein Krieg in Asien gegen die geeinten Mächte der UdSSR und Chinas in naher Zukunft zumindest denkbar erschien. In der Innenwahrnehmung des amerikanischen State Departments wurden daher neue Überlegungen hinsichtlich der weiteren Entwicklung in der Region angestellt: Das bisherige, vorwiegend von ökonomischen Faktoren beeinflusste Szenario der Zukunft Asiens wurde durch eine Gefahr der militärischen und politischen Bedrohung für die globale Position der USA ersetzt.

116 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 117 Lind, The American way of strategy, S. 112. 118 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 50. 119 Akita/Krozewski/Watanabe, Introduction, S.3.

96 | D AS B ILDUNGSIMPERIUM „The strategic significance of Asia arises from its resources, geography, and the political and military force which it could generate. The population of the area is about 1,250,000,000. The demonstrated military capacity of the North Korean and Chinese armies requires a reevaluation of the threat to the free world which the masses of Asia would constitute if they fell under Soviet Communist domination.“120

Diese militärisch-politische Aufwertung zum strategisch für die USA wichtigen Einflussgebiet schuf damit eine neue Qualität der unmittelbaren Betroffenheit amerikanischer Interessen. Für die USA war damit die eigene Sicherheit mit einer stabilen, antikommunistischen Ordnung in ganz Asien verknüpft. Darüber hinaus sah sich Washington durch den erfolgreichen Test einer sowjetischen Atombombe im August 1949 gezwungen, ihre bisherige Asienpolitik in Gänze zu überdenken und grundlegend neu auszurichten. Für den Colombo-Plan ebenso bedeutsam war allerdings die im Kontext des Marshall-Plans durch die USA festgestellte nahezu grenzenlose Finanzlücke in Europa und damit das bis dahin deutlich unterschätzte Ausmaß der britischen Schwächephase: Das britische Dollardefizit lag trotz der umfangreichen Förderung im zweiten Quartal 1949 genauso hoch wie im Vergleichszeitraum 1947, also vor Beginn des Hilfsprogrammes und illustrierte damit die nachhaltige Schwäche der britischen Wirtschaft.121 Ein perspektivisch zeitnahes Wiedererstarken britischer Ordnungsmacht in Süd- und Südostasien schien auch aus einem amerikanischen Blickwinkel damit zunehmend unwahrscheinlich, wenn nicht sogar auf absehbare Zeit unmöglich. Aus dieser Erkenntnis ergaben sich direkte Konsequenzen für das Vertrauen in die britischen Fähigkeiten, die aus amerikanischer Perspektive nun angesichts der globalpolitischen Verschiebungen notwendige starke Position in der Region einzunehmen. 122 Dahingehend trat der Einfluss der wirtschaftlichen Faktoren für ein Engagement zurück: Gegenläufig zum zunehmenden politischen und militärischen Interesse sank die Geltung der bisher maßgeblichen ökonomischen Gründe für ein Interesse an Südund Südostasien. Alternative Bezugsquellen für Zinn und der gesunkene Bedarf an Kautschuk verringerten die ökonomische Abhängigkeit und ließen daher den Bedarf an einer lediglich hinreichend stabilen politischen Ordnung und ausschließlich stabilen Zugangswegen zurückgehen.123 In Konsequenz stand die bisherige Strategie des Abwartens daher nicht länger zur Debatte, vielmehr begannen im State Departement intensive Debatten um 120 NARA RG 273 250/7/27/1. 121 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 50. 122 Hutchison/Fisher NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5523. 123 Tomplin (?) Memorandum on Strategy. NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5524-2.

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die zwei grundlegenden Perspektiven einer Politik der vollkommenen Rückzugs oder eines aktiven Eingreifens.124 Die Eindämmungspolitik Trumans mit ihrem innenpolitisch oft zitierten Schreckgespenst des universalen Sowjetkommunismus hatte durch die Entwicklungen auf globaler Ebene relativ plötzlich eine Eigendynamik erhalten, die eine globale Bedrohungssituation plausibel und dabei auch vor den Planern im State Department nicht Halt machten. Dabei spielte die Frage nach einer Legitimität einer eigenen amerikanischen Asienpolitik über die Beratungstätigkeit der Chinapolitik hinaus keine Rolle mehr – die Entwicklung zum Imperium hin konstruierte nun eine unmittelbare Betroffenheit der USA selbst, die in Folge zu einem eigenen Handeln führen musste. Damit war ein eigenes Handeln nicht nur legitim, sondern sogar – durch die eigene Betroffenheit – notwendig; was in Kombination ein Vorgehen wie im Colombo-Plan ermöglichte: Durch die jüngsten globalpolitische Entwicklungen traf die Gefahr eines kommunistischen Südostasiens 1949 auf amerikanische Gefahrenszenarien, die durch innenpolitische Prozesse eigendynamisch verstärkt worden waren und setzten so die Maßstäbe für eine neue Hinwendung nach Asien. Im State Department änderte sich daraufhin das Klima von der abwartenden Haltung hin zu einer präventiv-expansiven Imperialstrategie, in der man sich dem Konstruktionscharakter der zugrundliegenden Bedrohungsszenarien immer weniger bewusst war.125 Diese Veränderung spiegelte sich auch im Aufstieg des Begriffs der ‚Verlässlichkeit‘ als angeblich wichtigstem politischen Gut des aufziehenden Kalten Krieges, das umfassend legitimierend wirkte. 126 Die Zuspitzung der Situation auf eine binäre Option, welche schlussendlich auf die Frage nach der Existenz eines absolut gedachten amerikanischen Primats hinauslief, lässt sich auch in der amerikanischen Verwaltung nachzeichnen. Da man nun im State Departement damit rechnete, dass eine chinesische Invasion in Süd- und Südostasien unmittelbar bevorstand127, stellte sich die bisher eher theoretische Frage nach einer Festlegung der als vital empfundenen Grenzziehungen neu: „[W]e must decide whether we shall put up or shut up now“128. Die Frage nach einem möglichen Rückzug war dabei angesichts des sich verselbstständigen antikommunistischen Szenarios und der politischen Stimmung allerdings keine rea-

124 O.N. RG 59 250/40/18/1 Box 4133. 125 Maps and Figures South East Asia 1949. RG 59 250/40/18/1 Box 4133. 126 Bernd Greiner/Tim Müller/Klaas Voß (Hrsg.), Erbe des Kalten Krieges (Studien zum Kalten Krieg 6), Hamburg 2013, S. 11. 127 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 50. 128 NARA RG 59 250/40/18/1 Box 4133.

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listische Option, sondern vermutlich vielmehr Mittel zum Zweck, im Außenministerium die Dringlichkeit der Situation neu zu bewerten.129 Trotz der offensichtlichen Fehlannahmen der amerikanischen Asienpolitik in China und dem nun vorgenommenen Aufstieg der Region ‚über Nacht‘ zu einer der Kernregionen amerikanischer Interessenspolitik, blieb hinsichtlich einer Analyse der Situation die naheliegende Frage nach möglicherweise abweichenden lokale Traditionen, Wertvorstellungen und Dynamiken weitestgehend aus der Perspektive des State Departments ausgeklammert.130 Unbeachtet auch des gerade in den 1950er Jahren in der aufstrebenden amerikanischen Ethnologie zunehmend systematisch erfassten Wissens um die Kulturgebundenheit von Gesellschaftsordnungen, spielte die Frage um lokale Besonderheiten nahezu keine Rolle für die weiteren Planungen, obwohl die bisherige Politik nun alles andere als erfolgreich im Sinne der handelnden Akteure gewesen war.131 Für die geostrategischen Planungen schien die nunmehr zeitnahe Wahrung von amerikanischen Interessen so essentiell, dass kritische Anmerkungen („There seems to be a complete lack [of][…] understanding[,] [...] and we need to broaden […] our […] knowledge and understanding of the area […]“132) aus einzelnen Botschaften vor Ort selbst im State Department nicht weiter verfolgt wurden. Die Eigendynamik der imperialen Situation führte daher zu einer systemischen Ausblendung der Schwächen der eigenen Überlegungen: Zugrundliegende verkürzte Wahrnehmungen in einer Vielzahl von Themenfeldern (zum Beispiel über die Gefahren eines gemeinsamen sowjetisch-chinesischen Vorgehens oder den Gründen für das Scheitern der eigenen Politik) trugen aber inhärent bereits die Grundlagen des zunächst ausbleibenden Erfolges des ideologisch gedachten Anfangs der neuen Asienpolitik in sich. Die bereits zitierte Dynamik imperialen Wandels setzte also innerhalb der USA bereits vor dem sichtbaren Einstieg in die entscheidenden Verhandlungen um die Weiterentwicklung des ColomboPlans ein, zu dem die zwei Kategorien der Legitimität und der (eigenen) Betrof129 Lind, The American Way of Strategy, S. 111. 130 „We are continually hurt and bewildered because the more independent minded Asians refuse to recognize their Communist fellows as puppets of Moscow but persist in regarding other Asians whom we are supporting as puppets of the United States. [...] The prospects [...] today give a good example of how our policy betrays us.“ Memorandum Asian Developments 1.4.1949 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 131 Hinweise auf Fragen zu den soziokulturellen Hintergründen der im Colombo-Plan erschlossenen Gebiete finden sich bereits ab 1955 in den universitären Quellen, aber erst ab 1958 in den Quellen der Außenministerien. 132 Bericht der US-Botschaft aus Saigon 1950, zitiert nach NAA A9790 82241 PART 1.

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fenheit im weiteren Sinne traten, die somit einen Ebenensprung begründeten – von einer rein inneramerikanischen Debatte zur Umsetzung in Form konkreter Zielformulierungen. Die Krise der amerikanischen Asienpolitik mit dem Ende des chinesischen Bürgerkrieges bedeutete vor allem in Verbindung mit dem durch die innenpolitisch forcierte Dämonisierung des Kommunismus eine grundlegende Neuorientierung in Asien. Die bereits bestehenden imperialen Legitimationsmuster wurden dabei soweit verstärkt, dass sich aus der Situation am anderen Ende der Welt unmittelbare Konsequenzen für die USA als Zentrum eines Imperiums ableiten ließen. Die Transformation des Gefahrenszenarios von wirtschaftlichen Gründen hin zu einer militärischen und politischen Bedrohung durch den Kommunismus ebnete den Weg durch die Neuformulierung amerikanischer Außenpolitik im Sinne eines Soft-Power-Ansatzes.133 In Verbindung mit Präsident Trumans Antrittsrede und seiner Selbstverpflichtung auf die Förderung globaler Kooperation ergab sich hieraus eine neue Perspektive: Diese grundlegenden Veränderungen imperialer Interessen spiegelte sich in der Folgezeit in verschiedenen imperialen Strategien wie den Point-IV-Programmen, der Economic Commission for Asia and the Far East (ECAFE) der Vereinten Nationen oder auch dem ColomboPlan wieder, die vorher nicht denkbar waren. Sowohl ECAFE wie der ColomboPlan basierten dabei grundlegend auf der Nutzung eines ‚neutralen‘ Dritten (UN beziehungsweise Australien) als legitimierenden Träger einer amerikanischen by proxy-Strategie.134

A USTRALISCHE I NTERESSEN Dabei stellt sich naheliegender Weise die Frage nach einem australischen Nutzen einer solchen Umorientierung: Denn trotz einer Vielzahl von finanziellen wie innenpolitischen Nachteilen durch die Umsetzung des späteren Colombo-Planes nach amerikanischen Vorstellungen war man in Canberra bereit, diese zu tragen. Faktisch drängten Vertreter des Außenministeriums bereits seit 1948 auf ein stärkeres Engagement der USA in der Region, immer mehr auch unter dem Mo-

133 Vergleiche hierzu auch Nye, Soft power. 134 Auch ECAFE beinhaltete ein Stipendienprogramm, das sogar ausdrücklich die Lehrerbildung mit einschloss. Entscheidender Unterschied war allerdings, dass das Studium hier in den USA selbst absolviert werden konnte, daher im Vergleich zum Colombo-Plan eine subsidiäre Ebene fehlte. Vergleiche auch Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 31.

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tiv einer Containment-Strategie gegenüber dem Kommunismus. Dabei bot die angestrebte Politik der 1950er Jahre für Australien zunächst eine Vielzahl von Nachteilen. Denn zuvörderst war die Ausweitung des Colombo-Planes in Form des Stipendienprogrammes aufgrund des bilateralen Charakters des Abkommens ausschließlich mit erhöhten finanziellen Kosten für Australien verbunden, dem gegenüber kein unmittelbarer Gewinn durch beispielsweise eine langfristige Berufstätigkeit der Absolventen in Australien gegenübergestellt schien.135 Darüber hinaus wurden nach dem gesichteten Quellen in der australischen Perspektive weitergehende Überlegungen zu den innenpolitischen Kosten einer solchen Politik in Australien soweit ersichtlich weitestgehend ignoriert. Die Vorbehalte in der Bevölkerung gegen eine Vergabe australischer Studienplätze an asiatische Stipendiaten zu Zeiten der White Australia Policy, einer gesetzlich verankerten, systematischen Diskriminierung der nicht-weißen Bevölkerung scheinen im Vorfeld niemals Thema gewesen zu sein. Die inneraustralischen Vorbehalte gegen ein weitreichendes finanzielles Engagement dagegen waren so weitreichend, dass der australische Außenminister Percy Spender im ersten Versuch aufgrund der exorbitant hohen Kosten für das Programm im Kabinett scheiterte, obwohl er nachdrücklich auf die damit verbundenen außen- und sicherheitspolitischen strategischen Nachteile hingewiesen hatte.136 Der mögliche ‚Gewinn‘ lag also allein in der unsicheren Hoffnung auf eine australisch-amerikanische Sicherheitspartnerschaft. Der Verweis Spenders im Kabinett bei der Vorstellung seiner Pläne hinsichtlich der Verknüpfung von Colombo-Plan und sicherheitspolitischen Aspekten für Australien verdeutlicht allerdings die Interessenlage des Landes, die dem Vorgehen zugrunde lag. So wird das Verhalten australischer Politiker erst dann nachvollziehbar, stellt man die Nachkriegspolitik unter die handlungsleitende Perspektive einer in zu einem gewissen Grad an das Irrationale grenzenden Furcht vor einer Invasion aus dem Norden – allem voran vor dem Wiederaufstieg Japans.137 Als Ergebnis der Kriegsgeschehnisse in Singapur und dem ‚Versagen‘ der britischen Schutzmacht sahen sich australische Politiker in einer als hilflos empfundenen Lage, die abseits realer politischer Gegebenheiten und Möglichkeiten war: Weder Japan oder ein anderes asiatisches Land scheint nach 1945 in der Lage nach derzeitigem Wissensstand überhaupt interessiert daran gewesen zu sein, Australien militärisch zu erobern und dennoch war dies erklär-

135 Spicer Notes on Session 11.03.1948. NAA A9790 82241 PART 1. 136 Hier: NAA A4639 37A, filed under A4639/XM1 Volume 2. 137 Watanabe, The 1950 Commonwealth Foreign Ministers' meeting and the International Aid Programme for Asia, S. 18.

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termaßen die größte Sorge des Landes.138 Auch in Down Under trafen die politischen Verkürzungen des ‚eines‘ Kommunismus auf eine den USA ähnliche innenpolitischen Situation, deren Hauptziel die Erlangung nicht näher definierter „Sicherheit“139 war. In folgerichtiger Konsequenz war außenpolitisch die Suche nach einem mächtigen Verbündeten, der die territoriale Integrität des Landes im Krisenfall gegebenenfalls auch nuklear hätte verteidigen können, spätestens ab 1949 oberstes Ziel der Außenpolitik in Canberra.140 Die zunehmend sichtbare Unfähigkeit Großbritanniens, das imperiale Sicherheitsversprechen der Vorkriegszeit fortzuführen, sondern ganz im Gegenteil dabei war, seine Herrschaftskonzeption unter Inkaufnahme militärischer Abrüstung strukturell neu zu organisieren, traf daher in diesem Punkt in Canberra auf entschiedene Ablehnung, trotz der nach wie vor starken Verwurzelung der australischen Gesellschaft in einem britische Imperialmodell.141 Diesem Primat der sicherheitspolitischen Überlegungen wurden dabei in der Folge eine Vielzahl von anderen innenpolitischen und finanziellen Interessen untergeordnet und entgegenstehende Wahrnehmungen nicht thematisiert. Durch diese Ausrichtung auf eine ‚Einladung‘ der USA in den Colombo-Plan und die dafür abseits der Verteidigungsfrage nahezu bedingungslos gegebenen Zusagen wurde eine Politik der imperialen Transformation an der Peripherie erst möglich. Dies führte dazu, dass die australische Perspektive trotz anderer Begründungsmuster der britischen Haltung des finanziell motivierten Wunsches eines Engagements der USA im Rahmen des Colombo-Planes in die Region ähnelte, wenngleich die damit verbundenen Ziele – vor allem in sicherheitspolitischer Hinsicht – fundamental differierten. Dabei lag der australischen Strategie ein Doppelmomentum zugrunde, welches einerseits (auch in begrenzter Übereinstimmung auch mit den britischen Ambitionen142) durch eine Restabilisierung des britischen Empires mit Hilfe der USA langfristig auch eine militärische Absicherung zu relativ geringen eigenen Kosten erreichen und damit eine Rückkehr zum Vorkriegsstatus suchte. Andererseits – und hier liefen britische und australische Interessen sichtbar auseinander – war man bereit, nahezu alles (tatsächlich in letzter Instanz sogar die traditionelle imperiale Bindung an Großbritannien) dem Ziel der militärischen Absicherung unterzuordnen: Unter dem Schlagwort

138 Goldsworthy, Losing the Blanket, S. 15. 139 David Lee, Search for Security. The political Economy of Australia's Postwar foreign and Defence Policy (Studies in World Affairs), St. Leonards, NSW 1995. 140 Reynolds, Australia's bid for the atomic bomb, S. 3. 141 Lee, Search for security, S. 73-76. 142 Goldsworthy, Losing the blanket, S. 18.

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der ‚security first‘143 war die gesamte Außenpolitik vornehmlich auf die langfristige Gewinnung einer potenten Schutzmacht hin ausgerichtet, während Großbritannien durch die Integration der USA gerade einen stärkeren Zugriff auf sein sich auflösendes Empire zu erreichen versuchte. Für Australien waren die USA aus traditionellen Gründen zunächst nur die zweite Wahl gewesen, waren doch die bestehenden Elitenstrukturen, die nach wie vor eine enge Bindung an Großbritannien aufwiesen, wie bereits gezeigt Produkt der Herrschaftstransformation der Vorkriegszeit. Die sichtbare Loslösung aus alten imperialen Netzen blieb für Australien und insbesondere den 1949 gewählte Robert Menzies ein rein sicherheitspolitisch begründetes Projekt, welches seinen persönlichen Präferenzen wohl eher zuwider lief.144 Doch nachdem sich die ehemalige Kolonialmacht für australisches Empfinden auch in den Verhandlungen um den Colombo-Plan erschreckend schwach zeigte und trotz mehrfachen, intensiven Bitten von einem Ausbau der Präsenz in Süd- und Südostasien absah145, setzte sich auch in der gesamten australischen Administration die bereits während des Krieges öffentlich bekundete neue Ausrichtung nach Amerika – wenngleich widerwillig – durch.146 Prominentester Vertreter für einen umfangreichen Wechsel des außenpolitischen Bezugsrahmens im australischen Kabinett war der Außenminister Percy Spender, nach dem das Abkommen zumindest zeitweilig auch benannt werden sollte und der innerhalb der Regierung nachdrücklich, vor allem gegenüber Menzies, für eine möglichst umfangreiche australische Beteiligung warb.147 Die dabei eingeschlagene australische Überlegung basierte nun auf der Überlegung, hinreichend viel politisches Kapital bei den USA zu akkumulieren,148 so dass sich die USA im Notfall nahezu dazu ‚gezwungen‘ gesehen hätten, Australien in Form von militärischer Unterstützung letztlich durch Nuklearwaffen zur Seite zu stehen.149 Dabei hatte man zwei wesentliche Kernpunkte einer solchen Strategie identifiziert: Die proaktive Unterstützung jeglicher amerikanischer

143 Das im Übrigen nichts mit Michael Manns gleichnamigen Überlegungen zu tun hat, vergleiche Mann, The Sources of Social Power IV - Globalization, S. 380. 144 Beaumont (Hrsg.), Ministers, Mandarins and Diplomats, S. 49-51. 145 Goldsworthy, Losing the blanket, S. 208. 146 Reynolds, Australia's bid for the atomic bomb, S. 29, sowie NAA A1838 277/4. 147 Spender NLA ORAL TRC/354-355. 148 Vergleiche auch Mark Beeson, With Friends Like These. Reassessing the Australian-US Relationship (Bush and Asia: America’s Evolving Relations with East Asia), Brisbane 2004. 149 Vergleiche indirekt in NAA A1838 205/10/7 Part 2.

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(Kriegs-)aktivitäten durch eigenes Militär150 sowie die Herausstellung besonderer Vorteile Australiens für eine geostrategische Erschließung Asiens151 bei gleichzeitiger Minimierung möglicher Hemmnisse eines amerikanischen Engagements.152 Unter diese Überlegung fiel im Übrigen die bis heute andauernde militärische Teilhabe an sämtlichen Kriegen der USA seit 1945.153 Der zweite Punkt war ideologischer Natur: Zur Steigerung des amerikanischen Interesses trat ab 1950 auch noch der stetig intensiver werdende Rückgriff auf das Motiv des expansiven Kommunismus in Asien hinzu, welcher angeblich eine Gefahr für die Weltordnung darstellte, deren Garant letztlich die USA seien.154 Für diese Überlegung lassen sich insbesondere in der Genese des amerikanischen Beitritts zum Colombo-Plan zahlreiche Beispiele einer politischen Anpassung finden, bei der mögliche Hindernisse ignoriert oder lediglich intern diskutiert wurden.155 Am Beispiel der Innenpolitik lässt sich dies besonders gut nachzeichnen. Denn die systematische Ausblendung innenpolitischer Gegenargumente aufgrund der außenpolitisch erwünschten Ergebnisse spiegelte dabei zu einem gewissen Grad auch die Gesamtkonzeption australischer Außenpolitik im Prozess des imperialen Wandels wider. Getrieben von dem angesprochenen Bedürfnis nach Sicherheit und externem Schutz blendete man im Außenministerium mögliche Probleme systematisch aus. Unabhängig davon, ob es sich nun beispielhaft hierbei um die Frage nach antiasiatischen Ressentiments in Australien156, verschiedenen Auffassung von akademischer Bildung157 oder dem eigenen Wissen um struktu150 Bell, Dependent Ally, S. 63. Eine Analogie zur Imperial Defence-Strategie liegt dabei nahe. 151 Implizit damit einhergehend ist die Annahme, dass Asien für die USA relevant werden würde. 152 Vergleiche z.B. die deutliche Überbewertung der Aufnahmekapazitäten australischer Universitäten, die Vernachlässigung hemmender Faktoren wie der White Australia Policy sowie die Unterschätzung der eigenen Rolle der Universitäten in den Verhandlungen waren sicherlich zunächst auch diplomatischen Gepflogenheiten geschuldet. Nichtsdestotrotz gefährdeten sie in der Summe maßgeblich das Ziel der imperialen Erschließungspolitik und konnten damit langfristige Auswirkungen auf das amerikanisch-australische Verhältnis haben: Zur Erklärung scheint daher die unbedingte Ausrichtung auf (mutmaßliche) amerikanische Wünsche und Vorstellungen zur Erlangung einer sicherheitspolitischen Stärkeposition plausibel. 153 Vergleiche Goldsworthy, Losing the blanket, S. 72. 154 Ebd., S. 25. 155 Vergleiche hierzu das Kapitel zu den inneraustralischen Friktionen. 156 Megarrity, Regional Goodwill, Sensibly Priced, insbesondere S. 90-94. 157 NAA A4529 65/1/2/1955 Part 1.

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relle Defizite in den Zielländern158 handelte, die allesamt gegenüber den USA entweder verschwiegen oder nur sehr verkürzt dargestellt wurden. Prototypisch hierfür kann der Umgang mit der Frage nach der Kapazität australischer Universitäten gesehen werden, die in den eigentlichen Verhandlungen dem verfügbaren Quellenmaterial nach nie Thema waren. Objektiv gesehen, wären die Hochschulen allerdings kaum in der Lage gewesen, die in den amerikanischen Überlegungen diskutierten Studierendenzahlen von einigen zehntausend auch nur annähernd logistisch und institutionell bewältigen zu können. Dabei war der australischen Administration die Unzulänglichkeit der eigenen Infrastruktur vermutlich durchaus bewusst, wie sich in vereinzelten Hinweisen immer wieder finden lässt, allerdings ohne dies zu kommunizieren159 – nicht nur auf britischer Seite beinhalteten die Verhandlungen ein „element of bluff“160. Die Orientierung nach Asien im Rahmen des Colombo-Planes erfüllte somit für Australien zwei Ziele: Einerseits war damit eine Stärkung der britischen Position in der Region verbunden, andererseits mit dem Einstieg der USA auch die Hoffnung auf eine Einordnung Australiens in das amerikanische Sicherheitssystem. Dem Interesse nach einem außenpolitischen Sicherheitskonzept folgend, stand für Australien in den Verhandlungen um einen amerikanischen Betritt daher auch die entwicklungspolitische deutlich weniger im Zentrum als die sicherheitspolitische Komponente: In der Annahme, dass durch Hunger Kommunismus hervorgerufen werden würde, waren die Nahrungsmittel- und Sachlieferungen des Colombo-Planes direkte Investitionen in die eigene Sicherheit, genauso wie die Ausbildung von Multiplikatoren für die USA einerseits zur Stabilisierung der Region beitragen und andererseits die USA für ein langfristiges, sicherheitspolitisches Engagement in Australien begeistern sollte. Für das Erreichen dieser Ziele waren die handelnden Personen (vor allen Percy Spender, aber auch die Premierminister Ben Chifley und Robert Menzies) bereit, zumindest im Vorfeld der Verhandlungen weitgehende innenpolitische Zugeständnisse zu machen. In Konsequenz dieser Strategie ergab sich daher erst der für die imperiale Expansionspolitik der USA notwendige Plattformcharakter Australiens zur Implementierung, die auf eine Schwächephase britischer Herrschaft im militärischen und politischen Bereich zurückzuführen war und die Andienung australischer Fähigkeiten als ‚katalytisches‘ Element der Entwicklung beinhaltete.

158 NAA A4529 65/2/1952. 159 Briefwechsel in NAA A1838 250/9/8/4/2 Part 4. 160 Conference Notes (Mueller?) NA DO 35/2724.

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E XKURS : N EUSEELAND – D IE D YNAMIK

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Bevor die Frage nach der Planung imperialer Erschließung behandelt werden soll, stellt sich noch in gebotener Kürze die Frage, weshalb Neuseeland nicht ebenso das Interesse der USA als Plattform für die Erschließung hervorrief. Es war – wie John Darwin bereits festgestellt hat – die „most fascinating“161 aller weißen Überseebesitzungen des Empires. Wenngleich geographisch am weitesten entfernt und somit in einer imperialen Extremlage, war es seiner Ansicht nach die wohl ‚britischste‘ aller Kolonien.162 Für eine Sicherung des Westens und eine liberale Erziehung hätte es sich demnach genauso gut geeignet, wäre sogar vermutlich in den Gesamtkosten ‚günstiger‘ zu erschließen gewesen – handelte es sich doch um ein vielfach kleineres Land.163 Und doch spielte Neuseeland im Kontext des Colombo-Planes nur eine nachgeordnete Rolle. Trotz der – im Vergleich zu Australien stärkeren – gesellschaftlichen Ausrichtung auf Großbritannien ließen sich um 1947/48 ähnliche Tendenzen in der Suche nach mächtigen Beistandspartnern beobachten.164 Wenngleich die öffentliche Debatte nicht im gleichen Maße wie die australische von einem unmittelbaren Bedrohungsszenario geprägt war, so lässt sich auch hier eine Wahrnehmung der Schwäche imperialer Kraft des britischen Empires nachzeichnen. Dabei verliefen die neuseeländischen Argumentationslinien – ein starkes amerikanisches Engagement im Rahmen des Colombo-Planes in Süd- und Südostasien würde unmittelbar dem Vordringen der gefährlichen Ideologie des Kommunismus Einhalt gebieten165 sowie die Positionierung Neuseelands und der USA innerhalb

161 Darwin, The Empire Project, S. 168. 162 Neuseeland scheint hierbei im skizzierten Imperialkonzept nach Mann/Münkler tatsächlich einen Sonderstatus einzunehmen – gehen doch beide grundlegend davon aus, dass die zentrifugale Kraft in der Tendenz stärker wird, je größer die Entfernung zum imperialen Zentrum wird. Es handelt sich also hier um den Fall geographischer Peripherie bei ideologischer Nähe zum Zentrum. 163 Die Gesamtkosten für die amerikanischen Aufwendungen im Colombo-Plan lassen sich nur schwer beziffern, da einige der Kosten für schon vorher geplante Projekte in Süd- und Südostasien veranschlagt wurden und erst nachträglich den Berichtszahlen im Rahmen des Colombo-Planes zugerechnet wurden. Dennoch erscheint es plausibel, dass die politischen Kosten für eine Unterstützung des weitaus kleineren Neuseelands deutlich geringer als für Australien ausgefallen wären. 164 Ebd., S. 169. 165 Lowe, The Colombo Plan and 'Soft' Regionalism in the Asia-Pacific, S. 8.

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einer gemeinsamen, westlichen Wertegemeinschaft166 – ähnlich denen des großen Nachbarn, doch unterschied man sich in zweierlei Hinsicht fundamental. Zunächst war in Neuseeland die Bereitschaft, für eine Sicherheitszusage der USA (oder einer anderen militärischen Schutzmacht) zumindest auf dem Papier sehr weitreichende innenpolitische Konzessionen zu machen, nicht im selben Maße vorhanden. Dies lässt sich nun mit einem einerseits subjektiv vermutlich geringer wahrgenommenen Gefahrenpotential erklären,167 andererseits aber auch mit dem Status einer ‚abgelegenen Insel‘ – im Gegensatz zu Australien hielt man sich selbst aus japanischer Perspektive für geostrategisch nicht interessant.168 Bezeichnenderweise deckte sich diese Selbstwahrnehmung mit den amerikanischen Überlegungen, auch wenn die ebenso vorhandenen australischen Szenarien einer unmittelbar bevorstehenden Landnahme insgesamt als vergleichsweise unrealistisch eingeschätzt wurden.169 Darüber hinaus war die Infrastruktur des Landes – was Mitglied des Colombo-Planes war – für die ideologische Erschließungsstrategie denkbar ungeeignet: Lediglich vier Universitäten170, davon lediglich zwei mit vollem Fächerspektrum und nur wenige Studierende schienen denkbar ungeeignet für eine solche Politik. Schließlich zeigte sich aber an entscheidender Stelle Neuseeland – vermutlich aufgrund der traditionell starken Bindung an Großbritannien – in einer für die USA wesentlichen Stelle weniger konziliant als Australien. Hinsichtlich der Frage der Möglichkeit einer späteren Ausweitung des Colombo-Planes auf nichtCommonwealth-Staaten in Asien, insbesondere hier in der Frage eines japanischen Beitritts, verweigerte sich die neuseeländische Politik augenscheinlich einer solchen Lösung.171 Der Unterschied zu Australien, welches schließlich sogar bereit war, den japanischen Beitritt aller eigenen, historisch bedingten Bedenken zum Trotz maßgeblich als Unterstützter (sponsor) zu tragen, lässt in Verbindung mit der amerikanischen Idee einer Umwandlung des Colombo-Planes in ein Vehikel eigener Imperialpolitik die außenstehende Rolle Neuseelands nur konsequent erscheinen. 166 Ebd., S. 9. 167 Im Gegensetz zu Australien fehlte in Neuseeland auch das tatsächliche Erleben von japanischen Bombardements im zweiten Weltkrieg. 168 Ebd., S. 9. 169 NARA RG 59 250/51/25/04. Hier werden auch die nur mangelhafte eigene Beteiligung Australien und Neuseelands zur geopolitischen Absicherung der eigenen Region beklagt. 170 Otago, Canterbury, Auckland, Wellington. Formal waren sie in der University of New Zealand als eine Universität mit verschiedenen Niederlassungen organisiert. 171 Vergleiche umfangreich in NARA 250/49/05/03 Box 48/2.

Imperiale Projektion: Der Colombo-Plan und imperiale Erschließung

Im Folgenden sollen – quasi als Blaupause der späteren Umsetzung – die Grundlagen imperialer Erschließung und imperialen Wandels, wie im Colombo-Plan geplant, dargestellt werden: Es geht dabei insbesondere um die Frage, welche Grundannahmen imperialen Wandels dabei implizit getroffen wurden und wie sich die handelnden Akteure der Expansionspolitik die Erschließung einer ganzen Region vorstellten. Wie im Anschluss anhand der zahllosen praktischen Probleme der Umsetzung deutlich werden wird, kann aus dem Vergleich ein Verständnis für die unausgesprochenen Annahmen moderner Imperienbildung sowie die tatsächliche Implementierung moderner imperialer Praxis by proxy gewonnen werden. Dabei werden auch die Eigenheiten des American Empire mit seinem genuinen Fokus auf ein ideologisches Primat des Liberalismus und Individualismus in dieser Frühphase des Nachkriegsimperiums und seiner geopolitischen Determinanten deutlich.

D IE G RUNDLAGEN C OLOMBO -P LANS

DES AMERIKANISCHEN

Der als „Notwendigkeit“1 formulierte Ansatz einer Intervention in Süd- und Südostasien markierte somit den Beginn weitreichenden imperialen Anspruchs der USA in der Region.2 Dieses über das eigene Kernland hinausgehende, durch 1 2

NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5522. Außen vor bleibt hierfür der eher aufgrund einer Verkettung von Umständen erlangte Besitz auf den Philippinen, dem kein vergleichbares geopolitisches imperiales Anspruchsdenken vorausging. Vergleiche hierzu auch Foner, The Spanish-CubanAmerican War and the Birth of American Imperialism, 1895 - 1902, S. 119.

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höhere Interessen legitimierte und durch eine globale, liberale Ordnungsvorstellung geprägte Modell determinierte in Folge die amerikanische Politik in Südund Südostasien ab 1948/49. Dabei lässt sich das amerikanische Engagement in der Region nach der Erkenntnis der abnehmenden Ordnungsfunktion Großbritanniens grundlegend in drei Phasen unterteilen. Zunächst stand man den Überlegungen zu einem Beitritt der USA zum Abkommen sehr skeptisch gegenüber (eine Politik des „wait and see“3), was auch durch den amerikanischen Fokus auf die Ereignisse in Europa bestimmt war: So ging es zunächst in den britischamerikanischen Konsultationen zur Außenpolitik bis 1947/48 nahezu ausschließlich um Fragen der Zukunft Europas4, so dass das ‚Thema‘ Süd- und Südostasien weitestgehend außen vor blieb. Erst die bereits erwähnten Probleme der amerikanischen China-Politik brachten in der Folge einen neuen regionalen Fokus auf Süd- und Südostasien und damit eine Wahrnehmung des Colombo-Planes in Washington mit sich. In Verbindung mit dem im raschem Tempo weiter wachsenden finanziellen Defizit des britischen Außenhandels ungeachtet der hohen Hilfszahlungen im Rahmen des Marshall-Planes 5 endeten aber um 1950 auch jegliche Überlegungen zu einer (finanzielle) Stabilisierungspolitik mit dem Ziel der Etablierung Großbritanniens als „proxy“6 einer eigenen Imperialpolitik.7 Das britische Empire zu retten lag augenscheinlich nicht im Interesse der USA. Die dritte Phase ab 1950 zielte dann angesichts des zunehmend schlechter konnotierten Bildes Amerikas in der Region und die innenpolitischen Realitäten auf die Etablierung des Colombo-Plans als proxy der eigenen Politik mit Rückgriff auf Australien ab. Doch neben den in Phasen ablaufenden weltpolitischen Verschiebungen fand auch auf der Ebene des zugrundliegenden Motivs ein grundlegender Wandel statt. Nach dem der zunächst maßgebliche ökonomische Bedarf durch eine erhöhte Substitution gelöst werden konnte und damit das primär militärische Interesse an einem Engagement in der Region um 1949 zurückging8, trat nun ein vornehmlich politischer Beweggrund in den Vordergrund: Die auch innenpolitisch9 begründete Furcht vor dem Kommunismus führte zu einer ganz neuen Agenda mit Blick auf Süd- und Südostasien. In Verbindung mit dem schwinden3

Kan, The US Cold War policy and the Colombo Plan, S. 178.

4

Watanabe, The 1950 Commonwealth Foreign Ministers’ meeting and the International Aid Programme for Asia, S. 28.

5

Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 18.

6

Mann, The sources of social power IV - Globalization, S. 86.

7

NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5.

8

NARA NIE79 0630-53.

9

Lind, The American Way of Strategy, S. 116.

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den Vertrauen in eine britische Lösung mit amerikanischer Hilfe entschlossen sich die handelnden Akteure im State Department trotz vorhandener Restzweifel10 1950 zu einem Betritt zum britischen Colombo-Plan. Damit verbunden war auch die britische Bereitschaft, in einigen wichtigen Themen Entgegenkommen zu zeigen: So wurde auf die Erwähnung des ‚Commonwealth‘ im Titel des Abkommens von nun an genauso verzichtet, wie das Programm auf Druck der USA für Länder außerhalb des ehemaligen britischen Empires geöffnet wurde.11 Dabei ist der gesamte Wandelprozess in einem relativ kurzen Zeitraum von 1948 bis 1951 – von ‚wohlwollender Toleranz‘ hin zu eigenen imperialen Absichten – anzusetzen, in dem sich auf (außen-)politischer Ebene ein Höhepunkt der Dynamik feststellen lässt. Zusammen mit dem Stipendienprogramm, was ebenso Ergebnis der Beitrittsverhandlungen der USA war, ergaben sich damit aus der nominellen Umwidmung des Programmes und der (möglichen) Ausweitung über den Commonwealth hinaus schon die drei entscheidenden Grundlagen für die ‚Amerikanisierung‘ des britischen Colombo Planes in den folgenden Jahren. Zu den außenpolitischen Dynamiken kamen weitere Gründe: Angesichts der Eigendynamik der zu einem gewissen Grad ans Irrationale grenzenden12 McCarthy-Bewegung gegenüber dem Sowjetkommunismus sowie die Entwicklungen in China und die gefühlte Gefahr eines panasiatischen Kommunismus13 trat bis 1951/1952 das Motiv des Antikommunismus immer stärker in den Vordergrund. Sichtbar wurde diese Motivverschiebung auch durch die zunehmenden Referenzen auf das durch das Fehlen einer Ordnungsmacht entstehende, bedrohliche „Chaos“14 , welches die Entstehung kommunistischer Ordnungen begünstige.15 Die zugrundliegende Furcht vor einer Verbindung des sowjetischen mit dem kontinentalchinesischen Kommunismus, die angesichts dieser Unordnung den gemeinsamen Griff nach Asien beabsichtigten, erscheint dabei angesichts der fundamentalen Unterschiede beider Strukturen nur aufgrund der innenpolitischen Dynamiken des Antikommunismus nachvollziehbar.16 Die imperiale Mis10 NARA RG 59 250/41/11/5 Box 5523. 11 Besonders hinsichtlich Japans waren mit einem möglichen Beitritt Japans auch Überlegungen zu einer politischem Wiedereingliederung in die (westliche) Weltgemeinschaft verknüpft. Vgl. Watanabe, The 1950 Commonwealth Foreign Ministers' meeting and the International Aid Programme for Asia, S. 29. 12 Dave Smith, The Rational and Irrational Aspects of the Salem Witchcraft Trials and McCarthyism, Dissertation, Andrews University 1972. 13 Vergleiche hierzu auch den Briefwechsel in NARA RG 59 250/40/18/1 Box 4133. 14 Gjaduk Notes 15.4.1950 NARA RG 59 250/40/18/1 Box 4132C 15 Vorlage nach 17.2.1951 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 16 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 163.

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sion war damit die Schaffung einer gefestigten Ordnung als Mittel zum Schutz vor dem bedrohlich wahrgenommenen, antiliberalen Kommunismus,17 zu deren Durchsetzung man sich individualliberaler Überlegungen der Massenaufklärung bediente. In Konsequenz dieser Überlegung, dass der Kommunismus demnach einem wie auch immer gearteten Zustand des Chaos entspringe, erscheint die Unterbindung von Unordnung durch eine ‚ordnungsstiftende‘ Ausbildung als ideologische Qualität nur naheliegend. Beide Faktoren – die der innenpolitischen Bewegung des Antikommunismus sowie der außenpolitischen Verschiebungen – wurden dabei von einem selbstverstärkenden und legitimierenden Machtanspruch begleitet. Die Rolle des gewonnen zweiten Weltkrieges und das damit einhergegangene globale Primat18 spielte dabei einerseits eine katalytische Rolle für die bereits angeführten vorangegangenen ideologisch determinierten Ideen einer Position der globalen Vormacht. Darüber hinaus entwickelte sich auch als Antwort an die als expansiv wahrgenommene Politik Stalins eine Eigendynamik des Machtanspruchs, die wiederum genau ebenjene Entwicklung auch auf sowjetischer Seite verstärkte.19 Das genaue Verhältnis der Einflüsse muss dabei im Unklaren bleiben, genauso wie auch weitere Faktoren – z.B. ökonomischer Natur aufgrund der globalen Vormachtstellung der amerikanischen Wirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg – in Erwägung zu ziehen sind: Der Wandel hin zum imperialen Machtanspruch begründete sich aus einer Mischung innen- wie außenpolitischer Umstände. Ungeachtet der Determinanten dieser Entwicklung lässt sich die zunehmende Selbstreferenz des Machtanspruches an der veränderten Wahrnehmung der Legitimität des eigenen Handelns ablesen. Denn ein wie oben schon angedeutetes Problem des neu formierten globalen amerikanischen Anspruchs bestand in dem antiimperialistisch angelegten Gründungsmythos der USA. Unter dem Motiv ‚Freiheit‘ der Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg gegenüber dem Faschismus hatte es innerhalb der USA eine nicht unerhebliche Rolle bei der Mobilisierung für den zweiten Weltkrieg gespielt20, stand aber nun im Gegensatz zur unmittelbare ‚Notwendigkeit‘ eines Engagements. Auf die ersten Überlegungen zu einem Rückzug des britischen Empires aus Süd- und Südostasien vermerkte man noch, dass ein Eingriff in fremde (=britische) Einflussgebiete nicht im Interesse der USA läge, da die politischen Nachteile eines Engagements nicht aufzuwiegen seien – imperiale Mächte hätten 17 NARA RG 273 250/7/27/1. 18 Tarling, Britain, Southeast Asia and the onset of the Cold War, 1945-1950, S. 3. 19 Gaiduk, A peace offensive between the two wars, S. 200. 20 Robert J. McMahon, The limits of empire. The United States and Southeast Asia since World War II, New York, NY 1999, S.33.

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in der Region seit Jahrhunderten zu Unfrieden beigetragen.21 Aus der eben skizzierten veränderten globalpolitischen Lage heraus änderte sich jedoch der Anspruch und damit auch die Wahrnehmung von Kritik. Angesichts der (wenigen), aber zunehmend vorliegenden Berichte aus verschiedenen süd(ost)asiatischen kommunistischen Bewegungen, die auf eine Kontextualisierung amerikanischer Politik als ‚imperialistisch‘ in der Region abzielten22 befürchtete das State Department ab 1949, durch eine zu offensive Politik die handelnden Akteure in Richtung einer Ostorientierung zu treiben. Dabei konnte man sowohl die breite Kritik in Asien am amerikanischen Vorgehen inhaltlich nicht nachvollziehen, genauso wie man auch davon ausging, dass die Sowjetunion in ihrem Einflussbereich beziehungsweise sogar darüber hinaus genauso handelte: „[All] what we have been doing is to support anti-Communist elements where the situation in the world demands that they support us – as the Communist elements support the Soviet Union.“23 Die Wahrnehmung dieser Reaktionen als „undankbar“24 deutet dabei auf die Verselbständigung des Machtanspruches hin. Hinsichtlich einer Expansion ging es im Folgenden vielmehr um eine möglichst widerspruchsfreie Implementierung einer imperialen Strategie, die dem universellen Machtanspruch folgte; während die Sorge um die eigene antiimperiale Vergangenheit zunehmend in den Hintergrund trat und vornehmlich als propagandistisches Problem wahrgenommen wurde.25 Diese imperiale Qualität des Machtanspruchs leitete sich dabei auch aus dem Vergleich mit der Sowjetunion ab: Aus dem Vergleich mit dem (mutmaßlichen) Handeln der einzig gleichwertigen anderen Imperialmacht der Region erschien das eigene Handeln als legitim. Dieser Wandel hin zu imperialer Erschließung als ‚Managementaufgabe‘ einer möglichst effizienten Umsetzung verdeutlicht die Grundlagen des amerikanischen Engagements im Colombo-Plan. Ein möglichen Ausweg aus der Problematik der möglichst widerspruchslosen Implementierung ergab sich in der Etablierung eines neutralen – oder gar positiv konnotierten – Dritten (wie auch in anderen Fällen mit bei21 Die Nachteile sind vornehmlich politischer und militärischer Natur, man rechnete mit exorbitant hohen Kosten eines Engagements sowie einer Wahrnehmung als Imperialist. Vergleiche NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 22 NAA A816 11/301/720. 23 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 24 Zitiert nach Tomaru, The Colombo Plan and British Publicity Policies Towards Southeast Asia, 1956-65, S. 163. 25 Der Colombo-Plan bot durch seine britische Provenienz eben genau hierfür eine Lösungsoption, auch wenn im Stipendienprogramm der eigentliche Proxy Australien war.

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spielsweise ECAFE) sowie durch die Umsetzung in Form eines Top-DownModells mit westlichen Verbündeten in den nachgeordneten Stufen der imperialen Umsetzung.26 Hinsichtlich der Analysekategorien ergibt sich damit als Ergebnis der Planungsziel eine Einordnung als eine Unterform eines Empire by proxy, in welchem das Zentrum die Maßgaben und ideologischen Rahmensetzungen vornahm, für die Umsetzung und Maßnahmendurchführung allerdings auf nicht unmittelbar verbundenen und kontrollierte Dritte – die australische Regierung und die australischen Universitäten innerhalb des britischen ColomboPlanes – zurückgriff.

D ER B LICK

NACH

A SIEN

Neben der politischen Entwicklung imperialer Qualität rückte nun bis 1951 Asien langsam in den Fokus amerikanischer Außenpolitik. Trotz des außenpolitischen Schwerpunkts der USA nach Kriegsende in der Klärung der europäischen Angelegenheiten, der Israel-Frage im Nahen Osten und nach dem Auseinanderbrechen der Anti-Hitler-Koalition in der Deutschlandfrage, berichteten bereits ab 1946 informelle und formelle Kanäle von einer Zunahme kommunistischer (Massen-)Bewegungen in den verschiedenen Ländern Süd- und Südostasiens27. Dementsprechende Berichte an die entscheidenden Stellen im State Department wurden jedoch nur nachrangig behandelt, wie Mitarbeiter der Abteilung ‚Ferner Osten‘ (FE) leicht konsterniert im Sommer 1947 festhielten. Die hohe Fluktuation in der Abteilung spiegelte die Wertigkeit der Region wieder: So wurden darüber hinaus beständig Mitarbeiter in die im Wachstum begriffene Abteilung ‚Naher Osten‘ abgezogen.28 Trotz der personellen Schwächung nahm man aber wahr, wie sich die Staaten Südasiens nach Vertreibung kolonialer Herrschaft Frankreichs, der Niederlande und Großbritanniens29, japanischer Besetzung und anschließender Einnahme durch den amerikanischen Vormarsch im Pazifik sowie den anschließenden, eher kraftlosen Versuchen der Re-Kolonialisierung durch die ehemaligen Kolonialherren in einer erneuten Umbruchsituation befan-

26 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 27 So war die kommunistische Partei Indonesiens 1965 schließlich die größte kommunistische Partei in Asien außerhalb Chinas, vgl. Sascha Helbardt/Rüdiger Korff, Staatenbildung in Südostasien, in: Bernd Greiner/Tim Müller/Klaas Voß (Hrsg.), Erbe des Kalten Krieges (Studien zum Kalten Krieg 6), Hamburg 2013, S. 428–446, S. 428. 28 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525. 29 Außer den genannten Kolonialmächten noch die USA selbst auf den Philippinen.

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den.30 Diese Beobachtungen wurden von den Berichten des Militärs aus Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Truppenrückzug wiederholt an Verteidigungs- wie Außenministerium bestätigt, ohne dabei jedoch auf umfassende Reaktion zu stoßen.31 Dabei scheint es so, als habe man sich über den tatsächlichen Zustand der „fragilen Staatlichkeit“32 in der zersplitterten Region und den nur unzulänglichen zentralen Steuerungs- und Kontrollfunktionen nur wenige Gedanken gemacht. Aber spätestens ab 1948 rückten nun wieder auch andere Weltregionen außerhalb Europas beziehungsweise des Nahen Ostens in die amerikanische Aufmerksamkeit: So ging man im State Department davon aus, dass im Falle eines einzelnen kommunistischen Staates in Süd(ost)asien ganz Asien für ‚den Westen‘ verloren sei33 - und im Sinne einer vorweggenommenen Dominotheorie der Eisenhower-Administration stellte man bereits Ende 1949 im State Department in Planspielen die möglichen Konsequenzen einer kommunistischen Wende in Süd- und Südostasien fest. „The loss of India to the Communist orbit would mean that for all practical purposes all of Asia will have been lost; this would constitute a most serious and threatening blow to the security of the United States. The loss of China, the immediate threat to Indochina and [to] the balance of Southeast Asia, the invasion of Tibet, and the reverses in Korea has greatly increased the significance to the United States of the political, strategic and resource potential of the countries of South Asia.“34

30 Ebd., S. 434. 31 Dies auch im Gegensatz zu Manns Vermutung, Südasien wäre „second to Europe“ (Mann, The sources of social power IV - Globalization, S. 90) in seiner Wichtigkeit für die amerikanische Außenpolitik gewesen: Die Far-East-Abteilung (FE) des State Departments musste sich gegenüber den höheren Stellen bis 1950 immer wieder in Erinnerung rufen, wurde sie doch ganz offensichtlich in Fragen der globalen Strategieplanung beständig übergangen (vgl. NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5529). 32 Vergleiche zur Problematisierung des Begriffs Ulrich Schneckener (Hrsg.), States at Risk. Fragile Staaten als Sicherheits- und Entwicklungsproblem (SWP Studie 43), Berlin 2004, S. 5-8. 33 Vergleiche auch Kennan, (X.), The Sources of Soviet Conduct; für die amerikanischen Interessen siehe auch „The cause of the free world in Asia has become not an Asian cause […] but an American cause in which we are pleading for adherents and turning ourselves inside out to keep afloat those we have.” (NARA 59 250/46/04/05 Box 5). 34 State Dept. Notes 05.01.1951 NARA RG 273 250/7/27/2 Box 13.

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In Folge beschäftigten sich die Beamten in Washington auch auf Makroebene mit den globalen Folgen eines kommunistischen Umbruchs in der Region und stellte fest, dass durch ein solches Erfolgserlebnis gestärkt der sowjetische Griff nach Europa demzufolge nur eine Frage der Zeit wäre: Amerikanische Sicherheitsinteressen in Europa begannen damit, auch global zu wirken. Noch brisanter wurde das Thema, als eine später auch in der australischen Ausgabe der Zeitschrift des Congress for Cultural Freedom (CCF), dem Quadrant, in einem Leitartikel verbreitete, angebliche These Stalins bekannt wurde, demzufolge der Weg zur Weltrevolution entweder über die Arbeiter Europas oder über die Massen Asiens verliefe – und angesichts des kommunistischen Erfolges in China wurde dieser Aussage hohe Glaubwürdigkeit zuerkannt, ohne dass sich aus der Quellenlage nachvollziehen lässt, wann dieses angebliche Zitat erstmals publiziert worden sein soll, geschweige denn, woher es stammt.35 Wenngleich unklar bleiben muss, wie viel direkten Einfluss das kolportierte Gerücht auf die Beschleunigung der Hinwendung zu Süd- und Südostasien tatsächlich gehabt haben mag, lässt sich eine deutliche Zunahme an internen Papieren und Modellen zur Region nach dem Winter 1948 feststellen. Dieser neue Fokus auf Asien als Ganzes zeigte sich an anderer Stelle mit den Vorbereitungen zur Gründung der durch die CIA maßgeblich ab 1954 finanzierte Asia Foundation beziehungsweise des späteren Committee for Free Asia.36 Die geopolitisch fundierte Hinwendung nach Asien fand ihren sicherheitspolitischen Ausdruck in der neu formulierten National Security Council Paper (NSC) 98 vom Februar 1951, welche dezidiert die Sicherheit der Region mit amerikanischen Interessen verknüpfte.37 Darüber hinaus erwiesen sich die amerikanischen Hoffnungen auf ein Wiederstarken der britischen Ordnungsfunktion in der Region – gegebenenfalls auch mit indirekter, zum Beispiel finanzieller Hilfe der USA38 – angesichts der massiven Schwäche des Sterling-Gebietes als unhaltbar.39 Trotz der großen Zahlungen im Rahmen des Marshall-Planes für Großbritannien wuchs das Außenhandelsdefizit in ungeahnte Höhen und für die riesigen, kriegsbedingten Außenstände bei

35 Zitiert in Dennis Warners Artikel A Communist Conspiracy in Asia im Quadrant I/1952, National Library of Australia (NLA) 79554. S. 56. Hier wird auf eine frühere Veröffentlichung 1951 in der New York Times Bezug genommen, wo es sich aber nicht finden lässt. Die New York Times soll es dem Artikel nach angeblich aus einer „führenden kommunistischen Zeitung“ in Moskau haben. 36 Vgl. auch Ralph N. Clough, East Asia and U.S. security, Washington 1975, S. 80-109. 37 Vergleiche auch Background Papers NARA RG 273 250/7/27/2 Box 13. 38 Higgins/Fisher 6.9.1951 NARA LOT 59 D 95 CF 1661. 39 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 161.

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den Dominions zeichnete sich keine Lösung ab.40 Diese tiefgreifende Krise des Sterlinggebietes und der britischen Wirtschaft bedrohte nun einerseits den Erfolg des Marshallplanes in Europa und damit direkt die Integration des Kontinents. Darüber hinaus allerdings zeigte sie die Langfristigkeit der britischen Schwäche auf. Auch fast fünf Jahre nach Kriegsende war das Empire nur dazu in der Lage, seine Besitzungen mit viel Aufwand zu erhalten, ohne eine wirklich gestalterische Rolle einnehmen zu können: Die Subsidiaritätspolitik der Nachkriegszeichen war ein Versuch der Konsolidierung des Machtrückganges.41 Für die USA ergab sich daraus die Einsicht, dass wenn eine Neuordnung des asiatischen Raumes notwendig war, diese durch eigenes Tun zu erfolgen hatte. Dabei herrschte allerdings weder innerhalb der Abteilung, noch innerhalb des State Departements eine Einigkeit in Bezug auf das weitere Vorgehen – geschweige denn in der Wahl der Mittel. Es ging daher neben Argumenten außenpolitischer Natur auch immer wieder um innere Auseinandersetzungen innerhalb des Außenministeriums, in dem um die Unterstützung einzelner Gruppen geworben wurde.42 Lediglich in der Frage nach der Feststellung der Problemlage gab es eine relative Einigkeit innerhalb des Hauses, nicht aber dahingehend, welche Mittel zur Implementierung einer Lösung angemessen waren: „The withdrawal of direct British control in South Asia created a vacuum not yet filled either by the development of one country as the effective leader of the area or by a regional association for mutual cooperation and defense, the latter being prevented by the many serious and still unsettled disputes affecting the area and by other factors. [...] Loss of India or Pakistan to the Soviet bloc would constitute a catastrophe of major proportions [...].“43

Diese Analyse in der Fernostabteilung, für die die britische Schwächephase mit einem Verzicht auf die kostspielige direkte Kontrolle ein unmittelbares politisches Problem erzeugt hatte, stieß auf Zustimmung.44 Weniger positiv dagegen wurden die möglichen Optionen für eine Lösung der Schwächeproblematik gesehen. Um die Leerstelle politischer Führung (oder imperialer Macht) zu füllen, standen daher zunächst zwei grundlegende Optionen im Raum. Einerseits ein Versuch der Wiederherstellung der Vorkriegsordnung, andererseits eine aktive(re) amerikanische Politik mit dem Ziel einer Ordnung des Raumes. Auch denkbare, andere Alternativen wie ein verstärktes UN-Engagement in der Regi40 Ebd., S. 8. 41 Goldsworthy, Losing the Blanket, S. 13. 42 Indirekt in NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5523. 43 Ebenso hier NARA RG 273 250/7/27/2 Box 13 44 NARA RG 59 250/40/17/6 Box 4122A.

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on wurden dabei nur am Rande erwähnt oder bereits frühzeitig ausgeschlossen, nachdem das Modell des ECAFE sich als durch die Unzahl der Partikularinteressen unsteuerbares Instrument erwiesen hatte.45 Die allerdings nun – bereits erwähnte – folgende Diskussion, wie die eigene antikoloniale Vergangenheit im Gründungsmythos mit der Unterstützung einer Wiederherstellung kolonialer Machtstrukturen beziehungsweise eigenem imperialen Auftreten legitimatorisch in Einklang zu bringen sei, bestimmte dabei im Folgenden die Auseinandersetzung. Angesichts der offen imperialen amerikanischen Politik in Südamerika und auf den Philippinen dürfte es sich bei diesen Argumenten immer mehr auch um Diskussionsbeiträge gehandelt haben, um innerhalb der Administration Unterstützer für die jeweils eigene Seite zu gewinnen. Mindestens bis zur zweiten Hälfte des Jahres 1950 scheint es dabei keine Einigung für oder gegen eine Lösungsstrategie gegeben zu haben, es finden sich immer wieder Thesenpapiere für oder gegen die eine oder andere Lösung.46 Die Vielzahl von Konsultationen mit Vertretern Großbritanniens, denen man Unterstützung zusicherte und jegliche Anfragen zu einem eigenen Engagement zurückwies, deuten aber darauf hin, dass zumindest zeitweilig eine Ordnungsfunktion der alten Kolonialmächte wenn nicht angestrebt, so doch zumindest aktiv toleriert wurde.47 Innerhalb dieser Diskussion wurde allerdings auch deutlich, dass in der Wahrnehmung jegliche Asienpolitik eine traditionell britische Angelegenheit sei.48 Dies bedeutete aber auch, falls es möglich wäre, die eigenen Interessen mit britischen Überlegungen in Einklang zu bringen, man auf eine bestehende Struktur imperialer Politik in einer traditionellen Einflusssphäre zurückgreifen könnte. Die Verbindung eigener Interessen im Rahmen traditioneller britischer Handlungssphären lieferte dann mittelbar die Infrastruktur für eigene Ziele, wenngleich damit die Abwicklung und diplomatische Verhandlung umso stärker eine Gratwanderung zwischen der Sicherung der Eigeninteressen der USA und Wahrung der Gemeinschaft mit Großbritannien die Folge waren. Um die Überlegungen zusammenzufassen, liefe eine solche Lösung damit auf die subtile Unterwanderung ge45 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 17. 46 Siehe unter anderem NARA RG 59 250/40/35/6 Box 4998 und NARA RG 59 250/41/11/5 Box 5523. 47 Kan, The US Cold War policy and the Colombo Plan, S. 179. 48 Siehe hierfür auch Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 5. Sie geht von einer „Instrumentalisierung des Commonwealth als mäßigender Faktor […]“ aus, der vornehmlich gegen eine amerikanische Containment-Politik gerichtet war. Diese Annahme scheint für Kanada zutreffend, jedoch stehen diesem die eigenen amerikanischen Interessen einer positiven Aufwertung der eigenen Politik und Institutionalisierung gegenüber.

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schwächter bestehender indirekter imperialer Herrschaft hinaus, um in ihr selbst die langfristigen Prozesse zur Imperiumstransistion hin zur eigenen Herrschaftssicherung anzustoßen. Allerdings verschärfte sich auch angesichts ökonomischer Probleme und deren sozialer Konsequenzen die Gesamtsituation in Süd- und Südostasien aus globalpolitischer Sicht weiter.49 Das zunächst vornehmlich politische Problem eines regionalen Machtvakuums wurde durch weitergehende Analysen der außenwirtschaftlichen Lage nur noch verstärkt: So lagen nach Einschätzung der britischen wie amerikanischen Administration50 die bisherigen Hauptabsatzmärkte der Region innerhalb der alten imperialen Strukturen, so dass durch das Wegfallen der bisherigen Abnehmer in Folge des zweiten Weltkrieges sich die ohnehin vorhandenen wirtschaftlichen Probleme (und damit auch soziale Probleme) noch weiter verstärkten. Denn der starke Fokus auf eine ausschließliche Rohstoffproduktion in britischer Kolonialtradition ohne jegliche weiterverarbeitende Industrie machte die Region für konjunkturelle Schwankungen sehr anfällig.51 Wirkte sich doch der globale Nachfragerückgang nach Kriegsende unmittelbar auf die wirtschaftliche Situation vor Ort aus und destabilisierte damit mittelbar eine sowieso schon fragile Weltregion weiter. Die Konsequenzen für die Ernährungssituation und damit mittelbar auch die politische Stabilität betrafen daher auch unmittelbar die USA und ihre Verbündeten und ihre antikommunistische Politik. Gezielt sprachen dies auch die Vertreter Australiens (vor allem Percy Spender und R. G. Casey) und Neuseelands in der Hoffnung auf ein amerikanisches Engagement in der Region an, indem sie auf einen Zusammenhang von wirtschaftlicher Schwäche und kommunistischer Gesellschaftsordnung hinwiesen, der im Antikommunismus der USA der 1950er Jahre auf offene Ohren stoßen sollte: „Communism finds its most fertile breeding ground where the conditions I have described [Hunger, Armut] exist, and indeed, in my view, there is no other way of stemming the tide of communism than by raising living standards nearer to the level which we ourselves en-

49 Zum Einfluss wirtschaftlicher Fragen und der Colombo-Plan-Politik siehe auch hier Ursula Lehkuhls Werk zu Kanada. 50 L. P. Singh, The Colombo Plan. Some Political Aspects, Working Paper 3 1963, S. 11. 51 Tatsächlich wirkte dann auch der Nachfrageschub aufgrund des Koreakrieges stimulierend und entspannte in den Folgejahren die ökonomische Drucksituation zumindest ein wenig.

118 | D AS B ILDUNGSIMPERIUM joy, and giving the people those conditions of comfort and decency which would render Communism as intolerable to them as it is to us.“52

Für die Überlegungen der Anhänger einer rein wirtschaftlichen Lösung im State Departement zu ökonomischer Hilfe beziehungsweise Zusammenarbeit ergaben sich daher naheliegender Weise Überlegungen zu einer Ausweitung des als Marshall-Plan bekanntgewordenen European Recovery Scheme auf Süd- und Südostasien.53 Dieses in Europa als Mittel der Westbindung sehr erfolgreiche Programm, legte seinen Schwerpunkt auf die Wiederherstellung einer funktionierenden industriellen Basis. Dabei erwiesen sich aber von vorne herein die strukturelle Unterschiede zwischen beiden Regionen – in Europa ging es um die Instandsetzung beziehungsweise den Wiederaufbau beschädigter Industriesubstanz, in Südasien beziehungsweise Südostasien tatsächlich um die erstmalige Schaffung einer industriellen Verarbeitungskette – als so grundlegend, dass diesbezügliche Planungen bald eingestellt wurden.54 Damit scheiterten Überlegungen sowohl zu einem lediglich politischen, wie auch einem ausschließlich ökonomischen Ansatz bereits innerhalb der Administration. Die Herausforderung einer doppelte Problematik – der wirtschaftlichen Instabilität wie der politischen Fragmentierung und Ostorientierung – begegnen zu müssen, führte in zu einer Ausweitung der Optionen bei der Suche nach möglichen Antworten.55 Als Folge wurde daher spätestens ab der zweiten Hälfte des Jahres 1950 die Idee einer Doppelstrategie entwickelt, die innerhalb eines Ansatzes einerseits unmittelbar wirtschaftlichen Aufschwung in der Region bringen sollte, aber andererseits auch das mit dem Aufschwung verbundenen Momentum zur Stabilisierung und Westbindung nutzen sollte. Dieser Bedarf nach einem wirtschaftlich-politischen Doppelklang spiegelte sich daher ab 1950 dann auch in den Vorgaben der Abteilung Ferner Osten des State Departments wider: „Programs of information and educational exchange for future stable and self-sustaining [Hervorhebung durch den Autor] non-communist governments should be implemented in the countries of Southeast Asia and should be designed to develop on the part of the governments and peoples of the area […] and action in accordance therewith, of the vital ob-

52 New Zealand External Affairs Record, no. 1, zitiert nach Lowe, The Colombo Plan and 'soft' regionalism in the Asia-Pacific, S. 9. 53 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5522. 54 NARA RG 59 250/40/17/6 Box 4122A. 55 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5.

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jectives which they share with the United States and of the ways in which these objectives are threatened by the aggressive purposes of Soviet Communism.“56

Als eine Möglichkeit zur Implementierung einer solchen Strategie bot sich die Universität im Folgenden aus amerikanischer Sicht geradezu an, um in diesem Sinne ein ‚intellektuelles Bollwerk‘ ideologischer Natur gegen die befürchtete kommunistische Expansion zu schaffen und zeitgleich eigenen Ansprüchen weiterhin gerecht zu werden.57 Dieser Fokus auf das Umfeld akademischintellektueller Institutionen und Protagonisten in der Frühphase des Kalten Krieges in der Antikommunismuspolitik ist dabei verschiedentlich festzustellen: Der Colombo-Plan war nur einer unter verschiedenen Repräsentationen dieser strategischen Neuausrichtung auf andere Mittel der Einflussnahme beziehungsweise teilweise der Systempenetration insbesondere in kulturell-akademischen Milieus, wie weitere Beispiele, unter anderem der schon erwähnte Kongress für Kulturelle Freiheit58 (vornehmlich in Europa, aber auch in Australien) oder auch die Schools for the Americas (später Western Hemisphere Institute for Security Cooperation) in Südamerika zeigen. So entstanden um 1950 im State Department relativ freie Ideensammlungen, um mögliche Wege einer imperialen Erschließung Süd- und Südostasiens zu diskutieren. Neben später umgesetzten Überlegungen zur Gründung von Zeitschriften59, Radiosendern60 und verdeckt geförderter ‚privater‘ Stiftungsaktivitäten61 in Süd- und Südostasien, wurden auch unmittelbar politische Schulungs- und Bildungsprogramme62, direkter Wirtschaftshilfe63 oder (nur andeutungsweise im Quellenmaterial nachvollziehbarer) geheimdienstlicher stay-behind-Aktivitäten diskutiert. Ein im Folgenden intensiver diskutierter Vorschlag richtete sich aber unmittelbar auf die Einrichtung einer akademischen Bildungsinstitution, dessen Argumentation diverse Bezüge zu militärischen Begrifflichkeiten aufwies: 56 NARA RG 273 250/7/27/1. 57 Anatol Lieven/John Hulsman, Ethical realism and American foreign policy, New York 20061. 58 Hochgeschwender, Freiheit in der Offensive?. 59 Siehe hierzu auch dann The Quadrant des CCF in Australien (vergleiche Fußnote 35). 60 Hier war eine Kooperation von Voice of America und Radio Australia zur Verbreitung vornehmlich in Südostasien im Gespräch, vergleiche auch NARA LOT 59 D 95 CF 116. 61 Das spätere Committee for Free Asia/The Asia Foundation, gegründet 1951. Vergleiche hier NARA RG 59 250/39/13/5 Box 2239. 62 Vergleiche NARA RG 273 250/7/27/2 Box 13. 63 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5529.

120 | D AS B ILDUNGSIMPERIUM „The thought occurs to me that the cost of establishing and maintaining such an institution, including all of its physical properties, would cost the U.S. far less than the cost of fully equipping and maintaining one division of its soldiers. Thus, we could establish an organization which would serve as a magnet for the youth of the area and would have the equivalent of a division of men and women (10,000 - 12,000) continually in training as intellectual soldiers for freedom and democracy [Hervorhebung durch den Autor] with their influence extending through many generations.“64

Für die Umsetzung einer solchen Strategie, deren Ziel zunächst die Schaffung einer einzelnen, physischen Universität des Ostens war, boten sich verschiedene Wege an. Unter diesen war der der Colombo Plan allerdings zunächst weder die einzige, noch anfangs eine besonders bevorzugte Idee. Innerhalb des Departments ergaben sich vehemente Gegenstimmen, die jegliche Unterstützung für den Colombo-Plan als zur Stärkung des britischen Empires führendes Unterfangen ablehnten. Dem gegenüber wiesen die Befürworter immer wieder auf die starke Präsenz der Commonwealth-Länder, ihre Stärke sowie die hohe legitimatorische Stärke des Colombo-Planes durch seine Verwurzelung in der Region hin. Auch der vergleichsweise schwache Organisationsgrad ohne ständiges Sekretariat und den starken Fokus auf direkte, bilaterale Abkommen unter dem Mantel des Colombo-Planes sollte eine feine, nach amerikanischen Motiven und Interessen ausgerichtete Abstimmung zielgerichteter Aktivitäten in der Region ermöglichen.65 Im Ergebnis wird deutlich, dass die Verbindung eigener außenpolitischer Ambitionen mit dem Colombo-Plan nicht von Anfang an so gedacht war, sondern sich als interner Kompromiss an die (nicht wenigen) Gegner innerhalb des State Departments ergab, so dass schließlich im November 1950 Folgendes festgehalten wurde: „I think that the Colombo Plan, all things considered, offers the best means available of attaining these objectives and that we should therefore undertake to explore the situation fully.“66 Die daraufhin vornehmlich mit Großbritannien vorgenommenen Konsultationen zu den Folgen eines Einstieges in den Colombo-Plan, riefen trotz aller Geheimhaltungsbemühungen Australien auf den Plan67, das darauf hoffte, eigene Sicherheitsinteressen im Sinne einer unmittelbaren Gegenseitigkeit durch das geplante Andienen eigener geopolitischer Vorteile zu erlangen.68 Gezielt wurden daher Bedenken angesprochen, die ein direktes Interagieren der USA mit der 64 Wilkins 5/1949 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525 Washington State 59. 65 Dodger-Marks NA DO 35/8784. 66 Franks-Wilkins NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5524. 67 Ebd. NAA A1838 2007/1/6. 68 Vergleiche umfangreichen Briefwechsel in NARA RG 59 250/40/17/4 Box 4107.

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Region unwahrscheinlicher machen sollten: So wies man wiederholt auf die Gefahr hin, ein bis dahin von der Region positiv wahrgenommenes Vertragswerk zu entwerten und unmittelbare Kritik für das ‘kolonialistische Verhalten‘ auf sich zu ziehen. Unter anderem warnte der australische Botschafter im Gespräch in Washington 1951 vor direkter Intervention: „[There] […] is the continuing fear [in Südostasien] that colonialism might come back into the area […] through American foreign policy […]“69 In Konsequenz dieser Argumentation erschien es daher folgerichtig, alternative Institutionen (also zum Beispiel den Colombo-Plan als proxy) zur Implementierung einer solchen Politik zu finden. Australien, dass im Sinne der Stärkung der eigenen sicherheitspolitischen Position in den Verhandlungen zu einem amerikanischen Schutz- und Beistandspakt nach dem Vorbild der NATO nach einem Weg suchte, den USA den Einstieg in den Colombo-Plan zu erleichtern,70 machte daher auch weiterhin dem State Department gegenüber Werbung in eigener Sache: „In this regard however, the Colombo Plan [with Australia] is generally better regarded by Indonesians than United States aid which suffers in the popular mind from its earlier link with the American security programme, from ungenerous suspicions of American foreign policy as a whole, and from what is regarded as an inconsistency between United States foreign aid policy and alleged attempts to keep down the prices of raw materials (e.g. rubber), on which the Republic's export trade depends.“71

Dabei traf das solchermaßen politisch aufgeladene, wiederholte Werben Australiens auch auf Debatten innerhalb des State Departments, wo man sich selbst Gedanken um einen möglichen, ideologisch weniger problematischere Trägerinstitution für die Universität des Ostens machte. „As to OEEC [the Organization for Economic Co-operation and Development], it was pointed out that this organization was generally regarded as the 'white man's club' and would not be looked upon with enthusiasm by the developing countries. [...] [Instead] [n]ew regional groupings of countries, possibly along the lines of the Colombo Plan, seemed to be the preferred method. Such groupings would contain both aid-rendering and aid-recipient countries. On the aid-rendering side, it was recommended that when the issue

69 Botschaft an State Dept. 10.09.1951 NARA Lot 53 D444 Box 419. 70 Cook, 15.04.1951 NAA A4968 25/49/22. 71 Memorandum Notes NAA A816 11/301/720.

122 | D AS B ILDUNGSIMPERIUM of colonialism is important there be included countries which have no history of colonialism.“72

Dabei setzte sich in den weiteren Überlegungen das australische Argument – auch in den internen Auseinandersetzungen innerhalb des State Departments um eine aktive(re) Teilhabe am Colombo-Plan – durch, dass im Vertragswerk einerseits genau eine solche Zusammensetzung von Ländern kolonialer Besetzung gegeben sei und Australien in der Region auch nicht als eigenständige Kolonialmacht, wenn nicht sogar als selbst kolonialisiertes Land gesehen werde und daher ideal als Träger einer umfangreichen Sicherungsstrategie im amerikanischen Sinne geeignet wäre.73 Diese Strategie erwies sich dabei so erfolgreich, dass sie schließlich zur Planung eines umfangreichen Stipendiensystems innerhalb des und einer Um- und Ausgestaltung des bestehenden Colombo-Planes ganz in diesem Sinne führte, dabei begleitet von flankierenden Maßnahmen des akademischen Austausches australischer Nachwuchswissenschaftler in die USA. Als Ergebnis der globalen ‚Eindämmungspolitik‘ der USA der 1950er Jahre erscheint in Verbindung mit den Überlegungen MANNS der Schluss einer geplanten ‚Imperialpenetration‘ in Anlehnung an die Systempenetration plausibel. Zur Herstellung eigener ideologischer und politischer Dominanz bediente man sich nach dem Fehlschlag direkter politischer Aktivitäten in der Region bei bestehenden imperialen Strukturen, im vorliegenden Falle daher solcher Großbritanniens. Unter Verweis auf traditionelle Einflusssphären und unter Inkaufnahme finanzieller oder politischer Kosten wurden bestehende Netzwerke der Kooperation in Form des Commonwealth mehr oder minder offen unterwandert und für eigene Zwecke angesichts einer Schwäche des bisherigen Zentrums nutzbar gemacht: Im vorliegenden Fall bedeutete dies ein ideologisches Primat, verbunden mit einer veränderten Konzeptionalisierung von Herrschaft durch eine Elitenausbildung nach eigenen Vorstellungen im Rahmen einer regional politisch akzeptierten Institution. Als Ergebnis einer solchen Politik stellt sich der imperiale Wandel in Form eines Ablösungsprozesses dar, der bestehende Bindungen langfristig löst und durch eigene Abhängigkeiten ersetzt. Insgesamt stellt sich ein solcher Prozess als imperiale Systempenetration dar, die durch die Langfristigkeit von Bildungsprozessen zu einem grundlegenden Wechsel des beherrschten Gebietes an der Peripherie sowohl von verblassendem wie aufstrebendem Imperium führen sollten. Der Grad der zentralen Intentionalität einer solchen Politik des Impe72 Francis, Notes. NARA RG 59 250/41/25/7 Box 1742. Colonialism meint dabei eine Geschichte kolonialer Herrschaft, nicht kolonialer Besetzung. 73 Fisher-Dodd Exchange NAA A462 587/4. Vergleiche auch Bacevich, American Empire, S. 110.

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riumswandels muss dabei innerhalb eines gewissen Dunkelfeldes bleiben, ist aber für die Betrachtung der Planung als Modell imperaler Expansion auch nur von nachrangiger Bedeutung: Nach der Entscheidung, sich der asiatischen Region verstärkt zuzuwenden, ergaben sich sehr umfassende Sammlungen zur möglichen Implementierungen, von denen eine Vielzahl umgesetzt wurde. Das Stipendienprogramm des Colombo-Plans beinhaltete daher eine wie oben skizzierte Politik, war aber nur ein Bestandteil amerikanischer Erschließung des Raumes. In Folge der dargestellten Prozesse dachte man die bis dahin sehr zurückhaltend ausgeübte Mitgliedschaft im Consultative Committee des Colombo-Plans in strategischer Hinsicht neu und machte dabei die Ausweitung des bereits rudimentär bestehenden Stipendienprogrammes zur Vorbedingung eines stärkeren amerikanischen Engagements.74

D ER C OMMONWEALTH -C OLOMBO -P LAN – G ROSSBRITANNIEN UND DAS C OMMONWEALTH S UCHE NACH EINER NEUEN P ERSPEKTIVE

AUF DER

Eine solchermaßen erdachte Strategie der imperialen Systempenetration griff zur Implementierung auf ein bestehendes Konstrukt zurück. Das unter dem Namen des Colombo-Plan bekannt gewordenen Abkommen bezog sich dabei auf ein zunächst zur Reintegration des britischem Empires durch das Commonwealth gedachten Programm. Offiziell auf die Initiative Indiens zurückgehend75, wurde ein Forum der Außenminister der Länder des Commonwealth of Nations und der britischen Besitzungen vornehmlich im Fernen Osten angestrebt, innerhalb dessen unter einem gemeinsamen Abkommen gegenseitige bilaterale wirtschaftliche Hilfen ausgehandelt und bestehende Außenstände konsolidiert werden sollten.76 Indien, welches sich zunächst federführend zeigte, ging es dabei zunächst darum, die beträchtlichen Außenstände Großbritanniens durch Kriegskredite zurückzuführen und andererseits im Rahmen bestehender Abkommen den Austausch von Finanzmitteln innerhalb des Commonwealth und damit des Sterling-Gebietes neu zu strukturieren.77 Andererseits versuchte Großbritannien langfristig, mittels

74 NAA A4968 25/49/22. 75 NAA A1838 532/7 Part 1. Faktisch unterstützte allerdings Großbritannien im Sinne des Subsidiärgedankens die Schaffung des Colombo-Planes mit Nachdruck, vergleiche auch Oakman, Facing Asia, S. 33. 76 Das erste Commonwealth Consultative Meeting der Außenminister in Sri Lanka 1950. 77 Adelke, Ties without Strings, S. 54.

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des Planes auch sein angeschlagenes Empire an die neuen geopolitischen Realitäten anzupassen und von innen her zu transformieren:78 Den unübersehbaren Problemen des Sterling-Blockes in Form der riesigen britischen Außenstände bei den überseeischen Besitzungen (vor allem bei Britisch-Indien), welche die gemeinsame Währung unter Druck setzten sollten in diesem Rahmen zumindest teilweise entschärft werden – idealerweise durch Zuführung neues Kapitals79 beziehungsweise einen umfassenden Schuldenverzicht. Australien und Neuseeland spekulierten auf ein erneutes, stärkeres Engagement Großbritanniens und – zu einem gewissen Grad – auch auf eine politische Annäherung an ihre unmittelbaren geographischen Nachbarn.80 In Canberra befürchtete man aber auch ganz konkrete Folgen, sollte beispielsweise Indien aus dem Commonwealth fallen. Die dortige Unabhängigkeitsbewegung hatte die ‚gefühlte‘ Distanz zu den britischen Inseln deutlich wachsen lassen. So fürchtete man in Canberra, eine zukünftige Flugverbindung nach London müsse unter Umständen auch in Ländern, die nicht dem Commonwealth zugehörig waren, zwischenlanden – aus einer imperialen Peripherielage wäre so in australischer Wahrnehmung eine imperiale Abgeschnittenheit geworden, wie sie Jahre später tatsächlich eintrat. 81 Darüber hinaus vorhandene Sicherheitsinteressen angesichts der politischen Fragmentierung der Region spielten ebenso eine Rolle – wenngleich in stark schwankendem Maße: Für Kanada82 und Großbritannien83 spielten sicherheitspolitische Rahmenbedingungen eine eher weniger ausgeprägte Rolle, für Australien und mit kleinen Einschränkungen Neuseeland84 umso mehr. Für die Länder Südostasiens stand vor allem eine Lösung des um sich greifenden Ernährungsproblems angesichts rapide wachsender Geburtenzahlen und einer nach wie vor vergleichsweise schwach entwickelten regionalen Wirtschaftskraft im Zentrum der Bemühungen. Im Rahmen eines ersten Treffens der Außenminister des Commonwealth in Colombo, der Hauptstadt des jüngst unabhängig gewordenen Ceylon im Januar 1950 sollte für die Themenkomplexe eine innerimperiale Lösung gefunden werden – und wie schon Zeitgenossen bemerkten, hatte sich da78 Nicholas Tarling, The United Kingdom and the Origins of the Colombo Plan, in: The Journal of Commonwealth and Comparative Politics 24 (1986), Nr. 1, S. 3–34, S. 3. 79 Z.B. ganz offen propagiert durch eine finanzielle Beteiligung der USA, was zu der Abneigung letzterer gerade in den Anfangsjahren enorm beigetragen haben dürfte. 80 Percy Spender – NLA ORAL TRC/354-355. 81 Bell, Dependent ally, S. 129. 82 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 8. 83 Tarling, The United Kingdom and the Origins of the Colombo Plan, S. 3-33., mehr dazu später. 84 Lowe, The Colombo Plan and 'soft' regionalism in the Asia-Pacific, S. 88-103.

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mit bereits in der Ortswahl sichtbar eine erste Transformation des bis dahin nahezu ausschließlich auf London ausgerichteten britischen Empiremodells vollzogen: „[T]he hub of the Commonwealth was no longer in London“85. Im Verlauf dieser Verhandlungen, an denen die USA trotz Einladung zunächst nicht aktiv teilnahmen, erwies sich die bisherige Imperialmacht anders als erwartet und vor allem von Australien und Neuseeland erhofft86 vornehmlich darauf bedacht das Sterling-Problem zu lösen, indem die anderen Länder des Commonwealth die britischen Außenstände (zumindest teilweise) übernehmen sollten und aktiv um einen amerikanischen Beitritt geworben wurde.87 Die australischen und neuseeländischen Hoffnungen auf eine Wiederherstellung des status quo ante, daher einer Übernahme der Beherrschungskosten und von Sicherheitsgarantien für die Integrität der beiden Länder durch Großbritannien oder das Empire an sich wie vor dem Weltkrieg, wurden dabei sichtbar enttäuscht: Weder wollte oder konnte das von den unmittelbaren Kriegsfolgen noch schwer getroffene Mutterland dabei die ihm von den Regierungen Australiens und Neuseelands (sowie mit Einschränkungen Indiens) zugedachte Rolle eines (finanziell und militärisch) starken imperialen Zentrums übernehmen, noch gab es auf britischer Seite detailliertere Planungen für eine über die Struktur des Colombo-Plan hinausgehende Rekonzeptualisierung – außer holzschnittartigen Überlegungen einer imperialen „Regionalisierung“88 blieben die Überlegungen angesichts der beachtlichen Kosten und der sichtbar begrenzten Möglichkeiten Großbritanniens auf der Konferenz fragmentarisch. Es ging darum, ein Auseinanderbrechen des britischen Commonwealth angesichts der Außenstände sowie des Sterlingproblems mittels wirtschaftlicher Stärke zu überwinden: Diesen klaren ökonomischen Fokus unterstreichend, wurde die britische Delegation vom Generalzahlmeister (Paymaster-General Lord Macdonald) geleitet, während alle anderen Teilnehmer durch die Außenminister oder hochrangige Diplomaten des jeweiligen Außenministeriums vertreten waren.89 Zunehmend wurde auch den optimistischsten australischen und neuseeländischen Beteiligten klar, dass das britische Empire in seiner bisherigen Form mit aufwändigen Militärstationierungen und einem System aus Gouverneuren in einer komplexen Verschränkung von indirekter und direkter Herrschaft nicht in seiner gewohnten Form zurückkehren würde.90 85 Blackton, The Colombo Plan, S. 28. 86 Spender NLA ORAL TRC 3291/8. 87 Casey/Millar, Australian Foreign Minister, S. 49. 88 Tarling, The United Kingdom and the Origins of the Colombo Plan, S. 3. 89 NA DO 35/2724. 90 Curran/Ward, The Unknown Nation, S. 12 sowie Spender in NLA ORAL TRC/354355.

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Die in diesem Rahmen erarbeiteten, ursprünglichen Planungen sahen dabei in Konsequenz zunächst einen Fokus auf einen Ausbau der bestehenden ökonomischen Kooperation durch gegenseitige Wirtschaftshilfen sowie Zahlungen91 innerhalb der Commonwealth-Staaten vor, wobei eine erneute politische Integration über eine neu zu schaffende supranationale Institution außerhalb Londons mittelfristiges Ziel war.92 Als Namen für die neu zu schaffende Struktur wurde der Commonwealth Colombo Plan for Co-Operative Economic Development nach dem Tagungsort des konstitutiven Treffens und der Herkunft aus dem Kreis des Commonwealth ausgewählt.93 Die ersten Planungen im Rahmen der Colombo-Konferenz ergaben dabei ein vergleichsweise informelles Konstrukt. Lediglich als Rahmenprogramm für dezidierte Hilfszusagen finanzieller Natur auf bilateraler Ebene aller beteiligter Länder gedacht, verzichtete man zunächst auf ein ständiges Büro und auf regelmäßige Zwischen-Berichte. Wie genau mögliche Unterstützung geleistet werden sollte, blieb dabei genauso diffus wie die Frage nach der zeitlichen Perspektive: Vorerst für sechs Jahre vereinbart, war ursprünglich keine Verlängerung vorgesehen. Diese vergleichsweise informelle Struktur bot für die Geberländer dabei mehrere Vorteile. Denn im Grunde verpflichtete das Abkommen zu nahezu nichts, bot aber die Möglichkeit, nach außen hin den Anschein aktiver Tätigkeit des Commonwealth in der Perspektive ökonomischen Wachstums zu geben. In London hielt man daraufhin auch fest, dass es zunächst lediglich darum gegangen sein, das Problem zu identifizieren: „The Colombo Report contains a collection of development programmes brought together for presentational purposes in order to demonstrate, on a balance of payments analysis, the needs of the area as a whole for additional external finance. [...]“94

In der Folge trafen sich die Colombo-Außenminister 1950 für weitere Konsultationen in London und Sydney, wo bei beiden Treffen die USA bereits mit eigenen Diplomaten als Beobachter teilnahmen. Hier wurden – nach den Vorschlägen der Teilnehmerländer – aufgrund der gesammelten Informationen durch das Technische Verbindungsbüro konkrete Pläne vereinbart.95 Auf Seite der Geberländer – vor allem Australien, aber auch Neuseeland und Kanada – regte sich 91 Als Charakteristikum des Colombo-Planes war dabei die Besonderheit zu sehen, dass es sich trotz des zentralen Büros in Colombo lediglich um eine Sammlung bilateraler Hilfen unter einem gemeinsamen Mantelabkommen handelte. 92 Adelke, Ties without strings, S. 31. 93 Spender NLA ORAL TRC/354-355. 94 NA DO 35/2724. 95 Warren/Dodd NARA A1838 2020/1/12 PART 1.

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angesichts der bisher sehr überschaubaren Zuwendungen Großbritanniens, die sich vornehmlich auf den Erlass von Schulden erstreckten im Folgenden Widerstand, so dass als Zugeständnis auf der Folgekonferenz in Sydney das Abkommen um ein Programm zur Entsendung von qualifiziertem Programm erweitert wurde (Technical Co-Operation Scheme; TCOS). Mit diesem sollte einerseits die für die infrastrukturellen Projekte notwendige externe Kompetenz durch die Empfängerländer kostenfrei bezogen werden können – man dachte dabei insbesondere an Ingenieursleistungen im Brücken- oder Schienenbau, agrarökonomische Expertise zur Steigerung der Bodennutzung sowie Fachkräfte aus dem Bereich des Maschinenbaus zur Schaffung beziehungsweise Ausweitung einer industriellen Basis –, andererseits aber ebenso die bereits gegebenen Verpflichtung der Finanziers reduziert werden.96 Denn dieses Programm für technische Kooperation diente vor zunächst den Geberländern, in dem nun auch Personalkosten als unmittelbare Hilfsleistungen verrechnet wurden und durch die vergleichsweise flexible Berechnung von Kosten hierfür die gegebenen Hilfszusagen nachträglich erleichtert wurden: So klafften die verrechneten Kosten für jeweilige Experten mit den intern angesetzten Kosten in Einzelfällen um den Faktor sechs auseinander.97 Komplettiert wurde diese Aufweitung durch die Hinzufügung von flexibel berechenbaren Sachleistungen in Form in Form von Waren, z.B. Zügen, Lastwägen oder Hochspannungsmasten, die ökonomisches Wachstum durch Modernisierung ermöglichen sollten. Auch hier schwankten die intern verrechneten Preise beispielsweise für Lokomotiven zwischen Listen-, faktischen Abnehmer-, Sachkosten- sowie lediglich symbolischen Preisen und dienten somit vornehmlich einer nachträglichen Flexibilisierung der bereits zugesagten Hilfsleistungen. Dabei waren die wirtschaftlichen Ziele essentieller Bestandteil des ideologischen Konfliktes zwischen Ost und West: Einerseits geprägt von einer linearen Entwicklungsvorstellung und der Perspektive auf rasche Entwicklung sowie andererseits von dem drohenden Auseinanderbrechen des Empires aufgrund der gewaltigen Liquiditätsschwächen des Sterlinggebietes, war die britische Position in den Verhandlungen ambivalent. So war die Haltung von der unbedingten Notwendigkeit für externes Kapital, idealerweise durch die USA, getrieben, während man immer noch Hoffnungen auf eine schnelle Lösung durch einmalige Geldflüsse bestanden: 96 Ohne Namen, NA DO 35/2724. Mehrere Außenminister hatten – wie auch Spender in Australien – feststellen müssen, dass die jeweiligen Regierungen das Projekt nicht mit dem selben Enthusiasmus unterstützen wollten, wie innerhalb der Verhandlungen gedacht. 97 NAA A4968 25/49/22.

128 | D AS B ILDUNGSIMPERIUM „[…] If then the Plan is not a blueprint, what is it? There was always an element of bluff in it on our side because the contribution we could make was so limited. Indeed we know that the Treasury's main pre-occupation was to attract American dollars to maintain the balance of payments position against our sterling releases [...] [in order] to change […] further development. […]“98

Die britische Position der Re-Integration des Herrschaftsgebiets durch ökonomische Mittel lässt sich auch anhand des Verhältnisses zu politischen Betrachtungen nachzeichnen. In den Unterlagen der britischen Delegation zur ersten wie zur zweiten Konferenz (Colombo/London) lassen sich daher vornehmlich finanzwirtschaftliche Überlegungen und Zahlen im Gegensatz zum proklamierten Ziel des Antikommunismus für den Colombo-Plan finden. Eine dezidiert (geo-) politische Perspektive hinsichtlich der Funktion des Abkommens über die Attrahierung des „American support“99 hinaus, wie sie der amerikanischen Verhandlung von Anfang an zu Eigen war, fehlte auf britischer Seite. Dabei war dieser enge Fokus auf wirtschaftliche Stabilisierung als Schlüssel zu einem Erfolg alles andere als unumstritten: Das im Mai 1951 durch den ehemaligen britische Vertreter bei der ECAFE (P. J. Stent) verfasste Memorandum (‚Stent-Bericht‘), in dem er beim Eintritt der USA vor einem bevorstehenden Auseinanderbrechen des britischen Commonwealth warnte, sollte der Colombo-Plan scheitern, stieß auf die lakonische Reaktion, dass dies alles bereits „old stuff“100 in Whitehall wäre.101 Die monetären Zwänge seien so weitreichend, dass eine bessere finanzielle Ausstattung aus britischen Mitteln allein unmöglich sei, trotz dabei möglicherweise bestehender Risiken, derer man sich aber bewusst sei. Der Fokus müsse also weiterhin auf einer verstärkten Einbindung der USA liegen, auch auf das Risiko einer (geringfügigen) Schwächung der britischen Position. Die USA verfolgten bis dahin aus doppelter Perspektive die Aktivitäten innerhalb des Colombo-Planes zu Beginn mit kritischer Distanz und lehnten die mehrfach ausgesprochene australische (und britische) Einladung zu einer Vollmitgliedschaft immer wieder ab.102 Dabei war es besonders Australien, dass mit den Erwartungen eines Beitritts die Lösung mehrerer Probleme des Verhandlungsstandes auf einmal zu lösen hoffte: Einerseits krankte der Commonwealth Colombo Plan an dem grundlegenden Mangel seiner mangelnden Finanzstärke. Zwar hatten die vom Krieg schwer getroffenen Besitzungen zwischen Indien und 98

Fisher/Mueller NA DO 35/2724.

99

Wright NA DO 35/2724.

100 Fisher Notes on Southeast Asia NA DO 35/2724. 101 Remarks on Strategic Interest / Nuclear NA DO 35/2724. 102 Prime Ministers Notes on Colombo Plan NAA A694 B278 PART 13.

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Australien finanzielle Bitten um Hilfszahlungen angemeldet, jedoch war weder Großbritannien noch die ‚großen‘ ehemaligen Kolonien Indien beziehungsweise Pakistan, Australien und Neuseeland gewillt oder überhaupt in der Lage, diesen Forderungen auch nur annähernd entsprechende Mittel gegenüberstellen zu können. Man hoffte mittels der starken Wirtschaftskraft der USA ein britisches Modell des Empires stabilisieren zu können, indem man eine sich auf eine enge Zusammenarbeit, die allerdings zunächst lediglich finanziell gedacht war, einließ.103 Angesichts der sichtbaren Schwächung Großbritanniens und der traumatischen Erfahrungen der „asiatischen Horden“104 war wie bereits gezeigt das Ziel der Schaffung neuer „Friends in High Places“105 für lange Zeit die wichtigste Motivation für die australischen Bemühungen.106 Die in den Gesprächen mit Australien gezeigte zurückhaltende Position der USA wurde mit einer gegenüber Großbritannien als notwendig erachteten Nichteinmischung in ihren Herrschaftsbereich und durch tradierte Politik- und Einflussregionen begründet: Im Hinblick auf die internen Memoranda des amerikanischen Außenministeriums erscheint es aber naheliegend, diesen Grund als zumindest teilweise vorgeschoben anzunehmen, auch wenn es wie gezeigt innerhalb des State Departements immer wieder Hoffnungen gab, Großbritannien könne an Stelle der USA eine Westbindung der Region sicherstellen und damit die eigene Politik entlasten.107; 108 Viel plausibler erscheint dagegen die Einschätzung, dass – allein schon aufgrund der Hypothese, dass Imperialmächte kollektiven Organisationen in und an ihrer Peripherie eher skeptisch gegenüberstehen109 – man zunächst versuchte, die Vorbereitungen zu einem ganz offensichtlich von amerikanischem Geld abhängigen Colombo-Plan als Kollektivorganisation an den ‚fringes‘ amerikanischer Politik rein ökonomisch ‚verhungern‘ zu lassen: Die intensiven Debatten innerhalb des State Departments, in denen der Beitritt zum Colombo-Plan schließlich erst aufgrund des Schocks des überraschend schnellen Sieges Mao Tse-Tungs in China sowie der ideologischen Erschließungsoption des Antikommunismus in der Verknüpfung ökonomischer und politischer Macht durchgesetzt werden konnte, sprechen für diese Auffassung. Das Abkommen galt bereits früh in der 103 NA DO 35/2723. 104 David McLean, American and Australian Cold Wars in Asia, in: Australasian Journal of American Studies 9 (1990), Nr. 2, S. 33–46, S. 37. 105 Barclay, Friends in High Places. 106 NLA ORAL TRC/354-355. 107 „We have to reconsider [our] […] options [in the area] with British power fading.“ NARA 59 250/41/11/5 Box 5523. 108 NARA RG 59 250/40/18/2 Box 4137. 109 Mann, The sources of social power IV - Globalization, S. 271.

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Kosten-Nutzenrechnung aus amerikanischer Perspektive als ein finanziell eher unattraktives Unterfangen.110 Das schließlich trotz dieser umfassenden Bedenken erfolgte amerikanische finanzielle Engagement erscheint daher nur plausibel, wenn es in einer anderen Sphäre – politisch, ideologisch, militärisch – zu einem möglichen Gewinn führen konnte. Erst nach dem Fehlschlag der eigenen Asien-Politik in China und dem Sichtbarwerden amerikanischer Schwäche in der Region entschloss man sich nun dazu, aus einer Position der relativen Stärke innerhalb der Vertragsstaaten heraus die Situation zum eigenen Vorteil zu nutzen.111 Insbesondere erscheint diese Überlegung dann stichhaltig, wenn man berücksichtig dass das amerikanische Interesse am Colombo-Plan genau dann erwachte, als im State Department festgestellt wurde, das auch keine der anderen ehemaligen Ordnungsmächte der Region außer Großbritannien – namentlich hier Frankreich und die Niederlande – an vergangene Stabilität anknüpfen konnte und somit eine Fortsetzung der wenig erfolgreichen Erfahrungen aus der eigenen Politik in Nordasien zu befürchten stand.112 Insgesamt zeichnet diese Entwicklung den ‚shift‘ der Asienpolitik – von der direkten hin zur indirekten Beeinflussung – der 1950er Jahre nach, auch wenn der Einfluss der in der US-Außenpolitik üblichen Einbeziehung vorhandener inneramerikanischer gesellschaftlicher Kräfte (im Rahmen des ColomboPlans hier einer ausgeprägten Asienlobby) auf diesen Wandel im Detail unbestimmt bleiben muss.113 In Konsequenz traten 1951 die USA mit ausdrücklichen Vorbehalten und nach langanhaltendem Widerstand dem Colombo-Plan bei, wenngleich auch nicht als Vollmitglied.114 Dabei trieben die amerikanische Diplomaten den Ausbau des bis dahin vornehmlich auf den Expertenaustausch von Agrar- und Bau110 NARA RG273 250/7/27/1 Box 6. 111 NARA 59 250/41/11/5 Box 5523. 112 Prasenjit Duara, Introduction. The Decolonialization of Africa and Asia in the twentieth century, in: Prasenjit Duara (Hrsg.), Decolonization. Perspectives from now and then (Rewriting histories), London-New York 2004, S. 1–18, S. 15, für Indonesien siehe Roadnight, United States policy towards Indonesia in the Truman and Eisenhower years, S. 1-55. 113 Vergleiche für die ‚Asia Lobby‘ in der amerikanischen Colombo-Plan-Politik auch Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 9. 114 Man trat dem Plan nur mit Vorbehalten bei und behielt sich ausdrücklich vor, einzelne Maßnahmen nicht zu unterstützen. Faktisch umfasste der Beitritt zunächst vornehmlich die Tatsache, bisher im Rahmen amerikanischer Hilfen geleistete Mittel unter dem ‚Label‘ Colombo-Plan einzusetzen. Vgl. NARA 59 250/41/11/5 Box 5523.

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spezialisten im Sinne des Ausbaus der Infrastruktur angelegten Förderprogrammes hin zu einem umfassenden Stipendienprogramm in den Gesprächen um den eigenen Beitritts maßgeblich voran.115 In den Verhandlungen wurde dabei darauf abgestellt, dass das Förderprogramm dabei dem zunehmenden Problem begegnen sollte, dass die Sachlieferungen, die allzu oft nur aus der Überproduktion der Industrie der Entsendeländer stammten,116 vor Ort ungenutzt blieben und griff insofern auch auf britische Muster zurück. Doch im Detail zeigten sich zunehmend die Grundlagen des amerikanischen Colombo-Planes: Es ging nun um die Umsetzung einer im State Department ausgearbeiteten Politik für eine Umgestaltung der bisherigen Südasienpolitik nun im Sinne einer neuen amerikanischen globalen Strategie aus. Statt der Übernahme der britischen Schulden und einer vollständigen Re-Integration des britischen Empires im Rahmen des ColomboPlanes waren in Folge einerseits in gewissem Maße der sozio-ökonomischer Aufstieg der Region und andererseits eine gesicherte, antikommunistische Westbindung Süd- und Südostasiens das neue Ziel, genauso wie aus geostrategischen Gründen die Öffnung des Planes auch für Länder, die nicht Bestandteil des Commonwealth waren (so unter anderem Japan und diverse Länder Afrikas). Die globale Auseinandersetzung um die hearts and minds transformierte damit die gesamte Struktur der Asienpolitik.117 Hierfür waren die USA bereit (und wohl auch alleine in der Lage) finanzielle und nicht zuletzt auch (sicherheits-) politische Zusagen an die Verbündeten in der Region in bis dahin ungekanntem Ausmaß zu machen.118 Das nun als Instrument amerikanischer Außenpolitik gedachte Stipendienprogramm des Colombo Plan for Cooperative Economic and Social Development in Asia and the Pacific sollte nun anders als bisher auch akademische Bildung finanzieren. Unter ökonomischen Aspekten gesehen war das angelegte Begabtenförderprogramm sogar nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Gesamtstruktur.119 Nichtsdestotrotz war es in seiner transnationalen Anlage, der 115 Spender, NLA ORAL TRC/354-355. 116 Vergleiche beispielsweise A694 B278 PART 13. 117 NLA ORAL TRC 1/354-355 sowie Blackton, The Colombo Plan, S. 28. Sichtbar wird dies unter anderem auch an der Umbenennung des Commonwealth Consultative Committee in Consultative Committe – mit dem Wegfall der britischen Denomination sollten (auf Druck der USA) auch postkoloniale Vorbehalte reduziert werden. 118 NLA ORAL TRC 1/356. Siehe auch NARA 59 250/41/11/6 Box 5522. 119 Die Stipendien wurden aus den Mitteln des Expertenaustausches finanziert, innerhalb derer der akademische Austausch ca. 15 Prozent ausmachte. Im Gesamtaufwand des Planes lag das Verhältnis von Expertenaustausch zu Sachlieferungen bei ca. 1:5 (alle Zahlen für den Zeitraum 1952-1957), mithin handelte es sich bei dem

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infrastrukturellen Anordnung und dem Grad der Institutionalisierung und vor allem der zugrundliegenden Idee der geopolitischen Erschließung über die Universität eine tragende Säule der dem Vertragswerk zu eigenen Politikambitionen. Der Anspruch – wie es der australische Außenminister und Verhandlungsführer Percy Spender sagte – war es von nun an immerhin, „to educate the youth of Asia“120. Dass dabei Asien in dieser Lesart vornehmlich den südlichen und (noch) nicht-kommunistischen Teil beschränkt war und mit Jugend vornehmlich prospektive Eliten gemeint waren, spiegelt daher eher die tatsächliche geopolitische Ausrichtung wieder. Unterstrichen wurde dies durch die vereinbarte Ausgestaltung des Stipendiums: Die vereinbarte Förderung umfasste dabei relativ großzügige Lebenshaltungskosten sowie Flug- oder Schiffspassage nach und von Australien121, verbunden allerdings mit vergleichsweisen harten Auflagen, deren Kernelement darin bestand, unmittelbar nach dem Studium zurückzukehren und dann im jeweiligen Heimatland für mindestens fünf Jahre eine Beschäftigung aufzunehmen, häufig auch verpflichtend zunächst im Staatsdienst.122 Für die USA und mittelbar den Westen bestand allerdings in der Konstruktion eines Studienaufenthalts in Australien im Rahmen des Colombo-Plans der entscheidende Vorteil jedoch nicht (nur) in den vergleichbar günstigen Lebenshaltungskosten, einer womöglich vermuteten akademischen Exzellenz123 oder der kürzeren Flugdistanz.124 Vielmehr war das Studium in Australien einerseits geographisch nahe, in einem zweifelsfrei westlichen Umfeld aber dennoch fand es – ideologisch gerade angesichts der Vorbehalte in der Region von Bedeutung – im mit Stipendienprogramm tatsächlich finanziell um eher einen kleinen Anteil der Kosten, von dem man aber hoffte, dass die Wirkung überproportional bedeutender werden sollte. Die Zahlen sind lediglich als ungefähre Angaben zu verstehen, da vor- und nachgezogene Ausgaben sowie die Struktur des Planes eine klare Abgrenzung schwierig machen. 120 Richard G. Casey, Australia's Role in the Colombo Plan, in: France-Asia, Nr. 4, 12/1953, S. 14–21, S. 16. 121 Bzw. die anderen Geberländer, hier soll aber Australien im Zentrum der Untersuchung stehen. 122 Interview mit Datuk Taib Mahmud, in Sauer (Hrsg.), The Colombo Plan for Cooperative Economic Development in South and Southeast Asia 1951-2001. S. 27. Wie die Verpflichtung auf den Staatsdienst konkret umgesetzt warden sollte, konnte leider nicht geklärt werden. 123 Die im Übrigen aufgrund der politischen Ausrichtung ja gar nicht nötig gewesen wäre. 124 Vgl. auch NSC 48/5 (17.5.1951), Attachment I, „Strengthening of Southeast Asia“, NARA 273 250/7/27/1.

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Symbolik geradezu überfrachteten Kalten Krieg eben nicht in den USA selbst statt. Wie bereits gezeigt, war der australische Colombo-Plan innerhalb der Region deutlich wohlgelittener als die amerikanische Hilfe, die aus der Perspektive der Empfängerländer in der Region mit zu großen politischen ‚Lasten‘ verbunden war.125 Für diese Überlegungen war die Universität (und damit mittelbar verbunden auch ein liberales Konzept von Wissenschaft als solcher) als abstraktes Konzept essentieller Bestandteil einer neuen Außenpolitik zur Erschließung Südasiens. Diese sollte als tolerante, rationale und neutrale Institution dargestellt werden und es dadurch erst ermöglichen, eine solche Außenpolitik der Westerschließung und letztlich Westbindung durchzuführen.126 Neben den oben erwähnten funktionalen Vorteilen als Ort des Netzwerkerwerbs, fungierte sie daher auch als Produkt mit politisch neutralen Eigenschaften: Eine Plattform für eine solche Netzwerkbildung musste selbst nach außen den Eindruck erwecken, nicht Bestandteil einer politischen Lagerbildung zu sein. Als Voraussetzung hierfür durfte aber die Universität auch kein Mitspracherecht in der Ausgestaltung des Rahmens der wissenschaftlichen Netzwerkbildung haben. Sie wurde als neutrale Infrastruktur mit einem als ‚universal‘ wahrgenommenen Bildungsauftrag benötigt, nicht als eigenständiger Akteur mit Gestaltungsrecht. So rückte die Universität in das Zentrum einer Imperialpolitik in der Peripherie.

B RITISCH - AMERIKANISCHE I MPERIALPOLITIK Diese mit dem Stipendienprogramm des Colombo-Plans angedachte Politik setzte daher einerseits darauf, faktisch in eine amerikanisch geprägte, politische Sukzession zum Einfluss des britischen Empires in Süd- und Südostasien zu treten, andererseits damit aber auch eine strukturell andere, deutlich umfassendere Erschließungs- und Imperialstrategie der indirekten Herrschaft zu verfolgen: Im Gegensatz zum britischen Modell der vergleichsweise minimal invasiven ‚imperialen Metaebene‘ und der weitreichenden Toleranz unterhalb der politischen Entscheidungsebenen sowie der auf ökonomischer Verflechtung basierenden Bindung, setzte das amerikanischen Imperium in dem Bildungsprogramm auf eine Systempenetration sowohl der Region wie eines Imperiums durch die ideo-

125 Vergleiche hierzu auch das Zitat auf Seite 98. 126 Vergleiche auch Tomaru, The Colombo Plan and British Publicity Policies towards Southeast Asia, 1956-65, S. 162.

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logisch-politische Durchdringung mittels einer Vielzahl von individualliberal127 geprägten Menschen, die als Multiplikatoren vor Ort weiter wirken sollten. Dieser Ansatz basierte auf einer Reihe von imperialen Grundannahmen, deren Untersuchung später noch vorgenommen werden wird – doch sollen zunächst die grundlegenden systemischen Unterschiede für den Übergang eines solches Empire-to-Empire-Prozesses in den Fokus rücken. Denn mit dem Beitritt der USA zum Colombo-Plan verbanden zunächst beide Seiten, sowohl Großbritannien wie die USA die Hoffnung auf eine Zugewinn imperialer Macht. Das bisherige Zentrum in London spekulierte auf eine Stabilisierung des Empires durch amerikanisches Geld und amerikanischen Einfluss128, die USA auf eine Übernahme bestehender imperialer Strukturen und den Ausbau einer eigenen Machtposition in Süd- und Südostasien, ohne dabei selbst als expansive Imperialmacht sichtbar in Erscheinung treten zu müssen.129 Diesen divergierenden Erwartungshaltungen lagen auf beiden Seiten ebenso unterschiedliche Interessenslagen zugrunde: So war die amerikanische Erschließungspolitik geostrategisch in der Frage von Einflussräumen, die die Welt in verschiedenen Zonen einteilten, und damit auch eine über den bisherigen Commonwealth-Rahmen hinausgehende Politik.130 Schlussendlich ging es dabei um die bipolare Einordnung in die Schemata des Ost-West-Konfliktes, welche auf eine grundlegende Unterteilung in ‚gut‘ (West) und ‚böse‘ (Ost) hinauslief. Ziel war es zunächst, eine anhand von Grenzziehungen umrissene Region wie Asien nicht der ‚bösen‘ Seite des Sowjetkommunismus anheimfallen zu lassen und in zweiter Linie, es dem eigenen ‚guten‘ Einflussbereich zuordnen zu können.131 Dieser deutlich stärkeren ideologischen Ausrichtung einer solchen Politik gegenübergestellt war die bestehende Struktur des britischen Empires. Letztere war vielmehr stärker ökonomisch und durch Verflechtungen durch Handel und Geldsysteme gekennzeichnet und ließ in der praktischen Umsetzung eine Vielzahl von Hybrid- oder Mischformen von Ideologien und Ökonomien zu.132 Eine Poli127 Auch das britische Empire war von liberalen Werten durchzogen. Im Unterschied dazu erscheint die britische Herrschaft allerdings längst nicht im selben Maße (ökonomisch) individualliberal konstituiert wie die Ambitionen der USA. Vergleiche auch Münkler, Imperien, S. 214. 128 NA DO 35/2724. 129 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5 in Verbindung mit Weeden, NLA ORAL TRC 3291/8. 130 Root, NARA RG 59 250/41/11/5 Box 5523. 131 Die grundlegende Aufteilung in bipolar gedachte Einflussräume wird deutlich in NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 132 Eliya, NARA RG 59 250/41/11/5 Box 5523.

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tik über die Universität, wie sie die USA im Folgenden versuchten, war daher gar von vorne herein kein essentieller Bestandteil des britischen Imperialkonzepts, weshalb sich der Widerstand gegen die amerikanische Bedingung des Ausbaus des Stipendienprogramms auch nur verhalten äußerte.133 Die Schwerpunktlegung auf die wirtschaftliche Kooperation und politische Integration gegen unmittelbar bestehende Probleme des Sterlinggebietes und damit eine Reintegration über ökonomische Prozesse verkannte aber dabei das amerikanische Anliegen und die Ankerwirkung dieser amerikanischen Imperialpolitik fundamental. Die geostrategische Aufteilung der Welt nach einem bipolar gedachten System in amerikanischer Perspektive stand dabei zwar in Zielkonkurrenz zum britischen Empire in der Frage der Ausgestaltung der konkreten Vormachtstellung (Großbritannien oder der USA), zumindest für den Moment jedoch nicht hinsichtlich der Wahl der unmittelbaren Methoden der Implementierung einer Stabilisierungs- beziehungsweise Erschließungsstrategie – beide zielten unmittelbar auf eine Konsolidierung und Restabilisierung der Region ab. Die Hoffnungen amerikanischer Politik im Einstieg in den Colombo-Plan zielten dabei aber im Gegensatz auf eine weitaus umfangreichere Beeinflussung der Gesellschaft ab als die britische Politik: Durch die gezielte Ausbildung von einer großen Menge an gesellschaftlichen Multiplikatoren sollte eine kritische Masse an Individuen entstehen, die aus innerer Überzeugung für Werte wie ‚Freiheit‘ und liberale Demokratie einstehen sollten. Verbunden durch ein loses Netzwerk im Rahmen der skizzierten informellen Bürokratie sollten sie dabei sowohl den aufkommenden charismatischen Herrschaften verschiedener Länder Südostasiens genauso wie dem Einfluss der Sowjetunion entgegenwirken.134 Aus Sicht der USA ging man davon aus dass ein einmaliges, auch nur vergleichsweise kurzes Erleben (eben innerhalb des Colombo-Planes) einer Gesellschaftsordnung liberaler Art ausreichen würde, inhärent vorhanden ‚freiheitliche‘135 Strukturen zu wecken und diese in einem Netzwerk weitertragen zu lassen. Die Imperiumsbildung über ideologischen Individualismus ging dabei durchwegs von einer Überlegenheit eigener Ideen aus, was mit der Abwertung konkurrierender Ideologien (in diesem Fall des Sowjetkommunismus) zusammen einhering.136 Eng verbunden mit der zugrundeliegenden liberalen Idee war die Annahme der Existenz einiger weniger prägender Jahre, der sogenannten formative years, die – im Gegensatz zum sowjetischen Modell eines lebenslangen Prozesses durch vielerlei Institutionen – innerhalb der Universität durch einen Prozess des Erle133 DO 35/2722-2. 134 Office Memorandum NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525. 135 lies: individualliberale. 136 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5.

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bens und der Einsicht aus jungen Menschen Multiplikatoren-Persönlichkeiten schaffen sollte. Dahinter stand die Idee einer Art ‚Erweckung‘ liberalen Gedankengutes im Sinne einer Entwicklungsgeschichte, deren Förderung einerseits eine Art ‚Immunisierung‘137 gegenüber den ‚Verlockungen‘ des Kommunismus bieten sollte und andererseits von der zugrundliegenden Idee einer Massenbewegung von Agents of Change beeinflusst war: „[O]nce tasted, freedom will change their lifes […]“138. Zusammengefasst erscheinen die zugrundeliegende Überlegung sogar auf einem doppelten Erweckungserlebnis zu basieren. Die in Australien stattfindende, einmalige Exposition gegenüber den Vorteilen einer individualliberalen Gesellschaftsordnung sollte zu einer nachhaltigen Veränderung der eigenen Lebensvorstellungen führen, die dann in nach Rückkehr durch Wirkung in Multiplikatoren-Kontexten in ebensolchen ‚kleinen‘ Erweckungserlebnissen vor Ort weiter verbreitet werden sollten. Die amerikanische Idee, dabei auf bestehende transnationale Netzwerke eines bestehenden Imperiums in Form des Commonwealth zu setzen, dürfte nur teilweise in dem Vertrauen auf die Zweckmäßigkeit vorhandener Strukturen und die Möglichkeit zur Überdeckung eigener Interessen in supranationalen Entitäten zu verorten sein. So setzte das Modell einer liberalen Erweckung auf der Grundannahme einer gemeinsamer Identität aller Angelsachsen (zu denen man sich selbst ebenso zählte) und ihres Wertekonzepts.139 Eine Übernahme britischer Strukturen schien daher zweckmäßig zu sein, verkannte aber ebenso die Eigenheiten (und vor allem die Zurückhaltung) britischer Imperialpolitik nach der Jahrhundertwende. Darüber hinaus sprengte die amerikanische Vorstellung des Colombo-Planes auch den geographischen Rahmen des bisherigen Ordnungsmodells durch den expansionistischen Grundgedanken. Explizit über den bisherigen verbindenden Raum des Commonwealth hinausgehend, sollte er nun im amerikanischen Interesse unter einem weniger negativ wahrgenommenen Mantel vor allem fragile Staaten in Asien an den Westen binden: Die aus geopolitischen Gründen in der Folgezeit erfolgte Ausweitung des Programmes unter anderem auf Länder wie 137 Frei nach NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525. 138 NARA RG 59 250/41/19/3 Box 5525. 139 Epstein, The Rise of the West, S. 235. Vergleiche insbesondere für den ColomboPlan auch Ademola Adeleke, Playing fairy Godfather to the Commonwealth. The United States and the Colombo Plan, in: Commonwealth & Comparative Politics 42, Nr. 3, S. 393–411, S. 407. Dabei ist die Frage hinsichtlich der Identität – ungeachtet gemeinsamer Werte – ihrer Interessen mit Vorsicht zu behandeln, wie die zunehmende Skepsis der britischen Vertreter im Consultative Committee über den zunehmenden amerikanischen Einfluss zeigt. Vergleiche hierzu auch White, 'A Waste of Time and Money'?, S. 80.

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Indonesien, Japan und Afghanistan, welche bisher keinerlei Verbindung zum britischen Empire hatten, verdeutlichen diese – hinsichtlich Großbritannien erfolgreiche – expansive Utilisierung des Vertragswerkes. Die damit einhergehenden, vor allem sprachlichen und kulturellen Vorwissensprobleme für das Stipendienprogramm werden später noch Thema sein. Es lässt sich festhalten, dass die unmittelbar handlungsleitenden Erwartungen sowohl auf britischer wie auf amerikanischer Seite ähnlich waren. Beide erhofften sich vom amerikanischen Eintritt in den bestehenden Colombo-Plan eine Stabilisierung der Region im jeweils eigenen Sinne. Dabei war das amerikanische Modell stark von einem liberalen, expansionistischen Erweckungsnarrativ getragen, während der Versuch der Re-Etablierung britischer Herrschaft auf der Stärkung ökonomischer Verflechtungen basierte.

I MPERIALE S ELBSTWAHRNEHMUNG

EINER

D EMOKRATIE ?

Für das Verständnis amerikanischer Imperialpolitik in der Frühzeit des Kalten Krieges ist dabei insbesondere der Wandel von britischem Empire zu amerikanischer Vormachtstellung interessant – setzten sich die USA doch ganz aktiv gegen den als antidemokratisch empfundenen „Imperialismus“140 auf der Welt ein und sahen sich selbst in einer antiimperialen Tradition. Dieses Selbstverständnis stand für die handelnden Akteure in Washington in einem gewissen Widerspruch zu den imperialen Planungen in den Anfangsjahren der globalen Ost-West Auseinandersetzung, in der es – wie im Colombo-Plan – neue Realitäten der Geopolitik zu betrachten galt. Dabei fällt im gesichteten amerikanischen Quellenmaterial auf, dass die unzweifelhaft bestehenden imperialen Ansprüche in hohem Maße von Reflektion über die eigenen Rolle begleitet wurden. Die Administratoren im Außenministerium waren dabei eben einerseits zwischen selbst proklamierten Ansprüchen der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten sowie andererseits einer als umfassenden Bedrohung empfundenen Gefahr kommunistischer Ausbreitung hin- und hergerissen.141 Die spätere Beschreibung der USA als so genanntes ‚Imperium wider Willen‘142 dürfte innerhalb der amerikanischen Administration zu dieser Zeit von einigen Bürokraten dabei durchaus geteilt worden sein. Mit durch eine zunehmende Instrumentalisierung des Vorwurfes – vor allem durch lokale Machthaber in einer Region, um die sich beide

140 Vgl. auch NARA S/S-NSC files Lot 63 D 351. 141 Fisher NARA Lot 53 D444 Box 419. 142 Vergleiche auch Speck/Sznaider (Hrsg.), Empire Amerika S. 122.

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Weltmächte aktiv bemühten143 – kam es zu einer Neuformulierung der eigenen Politik. Angesichts des Dilemmas verfasster und proklamierter Demokratie sowie zeitgleich zunehmend globalen Anspruchs schien es nach 1950 in der Region geradezu Bestandteil effizienter Außenpolitik geworden zu sein, die Politik der USA als ‚imperialistisch‘ zu bezeichnen.144 Die ‚amerikanische Lösung‘, nun seinerseits die abweichenden Regierungen als „puppets of Moscow“145 zu bezeichnen führte nun nicht nur sprachlich zu einer Neufassung. Es wurde nun zwischen ‚imperial‘ und ‚imperialistisch‘ unterschieden und dabei ersteres für verantwortungsvolle Politik erklärt.146 Während schon historisch begründet letzteres zu bekämpfen sei, fiel damit der Einstieg unter anderem in den ColomboPlan als Mittel aktiver imperialer Politik leichter – und beendete damit auch die inneren Debatten in State Department und Administration mit einer Entscheidung für das Abkommen.147 Die spezifisch demokratische Komponente einer solchen Strategie zeigte sich im amerikanischen Verständnis des Colombo-Plans, der in Abgrenzung zu den anderen (finanziellen) Förderprogrammen der USA in Asien beziehungsweise der Pazifikregion, namentlich dem Foreign Assistance Act, dem Mutual Defense Assistance Act, dem Act for International Development sowie dem China Area Aid Pact148, über eine direkte Förderung von einzelnen Projekten beziehungsweise Staaten in einem für die USA als ‚sinnvoll‘ empfundenen Maße hinausging: Die Idee, durch Bildung von Individuen eine ganze Region langfristig gegenüber dem Kommunismus zu ‚immunisieren‘ stellte damit eine Weiterentwicklung hinsichtlich der eigenen imperialen Mission dar. Dabei ist die vorgenommen grundlegende Einteilung eigenen Handelns in imperialem Kontext mit einer gewissen, positiv konnotierten Mission oder einem als überlegen wahrgenommenen Anliegen nicht überraschend. Grundlegend gehört es zu den Kernelementen imperialen Daseins, die Aktivitäten ihrer Konkurrenten herabzuwürdigen und sich selbst als Verteidiger einer überlegenen Ordnung zu sehen.149 Der vorliegende Fall allerdings weist dahingehend eine Besonderheit auf, als das beide Ordnungsmächte – sowohl Großbritannien wie die USA – demokratisch verfasst waren und mit der Sowjetunion einen als antidemokratisch wahrgenommenen gemeinsamen Feind hatten. Hinsichtlich des Ein143 NARA RG 59 250/39/26/3 Box 2858. 144 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 145 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 146 Die Unterscheidung scheint allerdings nicht neu zu sein, einem Gegner ‚imperialistisches Verhalten‘ vorzuwerfen gehört zum üblichen Verfahren der Außenpolitik. 147 NARA RG 59 250/40/18/1 Box 4133. 148 Alle zwischen 1948 und 1950 verabschiedet. 149 Münkler, Imperien, S. 184.

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griffs in den Herrschaftsbereich des britischen Empires bestanden damit andere legitimatorische Probleme. Statt auf Großbritannien gerichtete Kritik zu äußern, ging man von einer defizitären Situation an der imperialen Peripherie aus, deren Linderung Gesamtaufgabe des Westens – und damit unmittelbar der USA – sei.150 Eng verbunden mit einem nahezu verklärenden Heilsversprechen durch Bildung und einen Erkenntnisprozess durch Ausbildungsprozesse ergaben sich dahingehend Überlegungen zur angeblich humanitär notwendigen ‚Immunisierung‘ durch angemessene Ausbildung vor der gefürchteten Indoktrination des Ostens, welche qualitativ durch das zugrundliegende Freiheitsversprechen deutlich höherwertig einzuschätzen sei. Die ideologische Qualität der Expansion wurde damit durch den Rekurs auf die universalistisch verstandene Freiheit zumindest innerhalb der Administration ent-ideologisiert.151 Bereits hier ist eine Überschneidung propagandistischer und selbstlegitimierender Faktoren zur Lösung eines vornehmlich aus geostrategischen Gründen entstandenen Problems zu beobachten. Die grundlegende Selbstreferenzialität dieser Überlegungen zeigte sich auch am Umgang mit der (eigenen) Geschichte, die zu einem relativ beliebigen Bezugspunkt einer politisch lediglich im Innenverhältnis noch zu führenden Debatte wurde. So wurde die eigene Geschichte immer wieder als Folie verwendet, anhand derer man die Befürchtungen regionaler Kräfte vor einem neuen Imperialismus nachvollziehen könne: Immer wieder, so hieß es in einem Memorandum, „also [like them] [t]he United States had to fight for independence […] against imperialistic powers“152. Die amerikanische Politik im Rahmen des Colombo-Planes sei dabei womöglich imperial, aber daher gerade eben nicht imperialistisch, weil sie ja von einem Land mit kolonialer Vergangenheit ausginge und damit nahezu per definitionem eben nicht imperialistisch sein könne. Diese Selbsteinschreibung in die Geschichte der kolonialisierten Länder blendete dabei vollkommen qualitative wie quantitative Unterschiede der historischen Entwicklung aus. Es liegt nahe, hierbei auf die Nutzbarmachung für eigene legitimatorische Interessen rückzuschließen: Die Befürchtungen der amerikanischen Außenpolitik-Planer für das Vorgehen innerhalb der geschlossenen Zirkel der Administration als ‚imperialistisch‘ gebrandmarkt zu werden, waren beständige Begleiter der policy-Entwicklung. Es ging demzufolge darum, die Politik als logische Entwicklung nach den Maßstäben globalpolitischer Einflusssphären darzustellen.153 So war die amerikanische Zurückhaltung bezüglich des formalen Beitritts zum Colombo-Plan auch der Furcht ge150 Elyia NARA RG 59 250/41/11/5 Box 5523. 151 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525. 152 Clark NAA A5954 2077/4. 153 Brzezinski, The grand chessboard, S. 11.

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schuldet, lokal mit britischer, ‚unterdrückender‘ Imperialpolitik gleichgesetzt zu werden, wovor man größte Bedenken hatte. Die zunehmend taktische Verwendung der Unterscheidung lässt sich am Beispiel Australien nachzeichnen: Spielte das Thema kolonialer Vergangenheit bis 1950 keine Rolle in den Beziehungen beider Staaten, so setzen von da an zunehmende Bezüge auf eine gemeinsame Rolle einer ‚geteilten Geschichte‘ der britischen Unterdrückung gewordener Gemeinwesen ein.154 Denn als Nebenergebnis der Differenzierung zwischen ‚bösem‘ Imperialismus und ‚gutem‘ Imperium von Ländern eigener kolonialer Vergangenheit wurden historische Kontinuitäten aus rein aus geopolitischen Überlegungen insofern ahistorisiert, als dass auch unter anderem der Prozess der australischen Unabhängigkeitsbewegung von sehr starkem konsensualen Vorgehen geprägt war.155 Die Zuspitzung der Frage von Kolonialismus und Imperialismus als ‚unfrei‘, während das amerikanisches Ausgreifen lediglich auf dem Weg zur ‚Freiheit‘ begriffen wurde, war ab da an Teil der imperialen Mission: Zugrundliegend war auch dieser ahistorischen Gleichsetzung ein durchwegs amerikanischer Freiheitsbegriff, der durch liberalen Individualismus geprägt war.156 Umso bedeutsamer ist diese Auffassung für das Verständnis des ColomboPlans und seines Bildungsprogrammes. Innerhalb der FE-Abteilung des State Departements lässt sich feststellen, dass die Erschließung durch Bildung um 1950 zunehmend als eine Möglichkeit gesehen wurde, den Widersprüchen in der Selbstwahrnehmung Genüge zu tun. Wenn also einer der Ressortleiter in der Fernost-Abteilung im Herbst des Jahres anmerkte, dass Gutes zu tun kein Imperialismus sei,157 dann ist damit auch eine Antwort auf das Grundproblem imperialer Ansprüche einer liberalen Demokratie verbunden.158 Das Verständnis von demokratische verstandener Bildung und absolutem Wissen als positiv konnotierte ‚Pseudo-Universalie‘ – eben losgelöst von kulturellen Aspekten – die im Grundverständnis der Akteure immer und allezeit gut sei, war daher nicht nur Bestandteil des Colombo-Plans im Sinne einer hegemonialer Erschließung, sondern vermutlich auch ureigene amerikanische Auffassung, die eigenes, ausgreifendendes Handeln legitimierte. Das durch Einsicht zu erlangende Bekenntnis zu 154 NAA A1838 708/9. 155 Im Gegensatz zu den USA erfolgte die australische Unabhängigkeit konsensual, d.h. durch einen gesetzgeberischen Akt des Westminster-Parlaments auf Vorschlag Australiens. Vgl. hierzu auch Ellßel, The Australian Federation and the British Press 1895-1901., S. 44-48. 156 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525. 157 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5529. 158 Münkler, Imperien S. 229.

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den Werten der ‚westlichen Welt‘ ist dabei, wie gezeigt, auch als eine Art Erweckungserlebnis zu verstehen, dem innerhalb eines akademischen Kontextes der passende Rahmen gegeben sei. Demzufolge vermutete man als menschliche Grundeigenschaft überall auf der Welt liberale Köpfe, denen es lediglich an einer passenden Umgebung – einer freiheitlichen ‚academia‘ – fehlte, um sich durch Ideen von Freiheit und Demokratie westlichen Werten im Gegensatz zu „sowjetischer Propaganda“159 zuzuwenden.160 Diese Auffassung von Bildung als inhärent positivem Gut ermöglichte es erst, im Dilemma zwischen jahrzehntelang postulierter Nichteinmischungspolitik und neuen geopolitischen Interessen eine genuin amerikanische Imperialpolitik zu schaffen, die sich sichtbar von vorhergegangenen imperialen („imperialistischen“161) Bestrebungen europäischer Akteure in der Region (die es zu beseitigen galt) unterschied: Im Grundverständnis der amerikanischen Außenpolitik war daher eine imperiale Expansion durch Bildung nun nicht nur legitim, sondern sogar angesichts des Ost-WestKonfliktes unmittelbar gefordert.

A UFSTIEG

DURCH

B ILDUNG

Aus Sicht der der Imperialgeschichte und der Analyse der Machtprojektion in der Erschließung von Räumen erscheint im Stipendienprogramm die implizit angestrebte, transnationale Netzwerkstabilität akademischer Kooperation über den eigentlichen Kernbereich wissenschaftlichen Arbeitens hinaus als Mittel der imperialen Systempenetration von Interesse. In Abgrenzung zum Beispiel zu den gut erforschten Wissenschaftsnetzwerken des 19. Jahrhunderts, die sich unter anderem mit Botanikernetzwerken in der aktiven Forschung und der Diffusion von Wissen innerhalb solcher Strukturen beschäftigen162, ging es bei der geopolitischen Strategie des Stipendienprogramms im Colombo-Plans um die Universität als Ort der Begegnung von Individuen in Zeiten der Persönlichkeitsbildung und flacher Hierarchien sowie dem infrastrukturellem Nährboden für die Netz-

159 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 160 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525. 161 McMahon, Colonialism and cold war, S. 12. 162 Siehe Regina Dauser (Hrsg.), Wissen im Netz. Botanik und Pflanzentransfer in europäischen Korrespondenznetzen des 18. Jahrhunderts (Colloquia Augustana Bd. 24), Berlin 2008.

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werkbildung in einer politisch ‚sicheren‘ Region.163 Davon ausgehend hoffte man auf die Wirkung der extraakademischen Netzwerke von Individuen ähnlicher Prägung im Nachgang, die in der Masse in einer ‚informellen Bürokratie‘ sowohl in der Breite wie auch zunehmend in der Spitze eine Westorientierung der Mitgliedsländer des Colombo-Planes sicherstellen sollten. Eine solche Politik zielte notwendigerweise auf außeruniversitäre Ergebnisse ab, die sich der Universität lediglich in ihrer spezifischen Zusammensetzung von Individuen und ihrer Verortung im Lebenslauf bedienten. Sie sollte somit lediglich als ‚Katalysator‘ prospektiver Multiplikatoren fungieren. Diese Auffassung der universellen Verbreitung von Bildung als legitimem Anliegen einer modernen Demokratie wie der USA ist insofern bedeutsam, da die inneramerikanische Debatte um einen breiteren Bildungszugang in den USA selbst erst mit einem gewissen zeitlichen Versatz einsetzt, dann aber auch mit Verweis auf globale Ereignisse.164 Dass dabei Demokratie und Bildung im Selbstverständnis eng verbunden sind, legen die Argumente der Befürworter der Strategie im State Department nahe. Der Verweis auf die besondere, angeblich ‚demokratische‘ Qualität einer universalen Bildungsstrategie setzte nämlich in der Folge dabei besonders auf partizipativen Grundlagen – wie immer unter dem Argument des Antikommunismus – auf: „This enables [future students] […] to resist the temptations of communism [through] becoming active members of society“165. Die sich daraus ergebende Begründung von liberaler Demokratie als ‚vernünftiger‘ Entscheidung ausgebildeter Individuen blendete darüber hinausgehende, historisch tradierte Determinanten von gesellschaftlicher Ordnung der Region vollkommen aus. Grundlage war dabei einerseits ein erwarteter Aufstieg der Geförderten, der zwar aufgrund der Masse nicht alle in entscheidende politische Akteurspositionen versetzen konnte, sondern vielmehr durch die Wirkung auf eine Vielzahl weitere Individuen den gewünschten Multiplikatoreneffekt erzielen konnte. In 163 Siehe hierzu im Vergleich innerwissenschaftliche Netzwerke, die langfristig in Form von Korrespondenzen Erkenntnisse transportierten Christophe Charle/Jürgen Schriewer/Peter Wagner (Hrsg.), Transnational Intellectual Networks. Forms of academic knowledge and the search for cultural identities, Frankfurt-New York 2004; Dauser (Hrsg.), Wissen im Netz. 164 Vor allem im Kontext des so genannten Sputnik-Schocks kam es sowohl in den USA wie auch darüber hinaus in den Förderprogrammen zu einer Verschiebung hin zur Förderung akademischer Exzellenz. Siehe für Australien hierzu vor allem Sally Ninham, Australian postgraduates in the United States, 1949–64, in: Journal of Australian Studies 34 (2010), Nr. 2, S. 209–224, S. 215. 165 NARA RG 59 250/41/14/3 Box 5525.

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der späteren Konstellation der Studierendenzahlen spiegelte sich diese politische Intention in der Schwerpunktbildung der Studiengänge auf Verwaltungs- und Lehramtsfächer deutlich wieder.166 Dabei ging es allerdings primär nicht um einen individuellen Aufstieg der Geförderten, sondern vielmehr um die Schaffung einer kritischen Masse, die sozialen und gesellschaftlichen Wandel entweder verhindern (gegenüber sowjetischer Expansion) oder beschleunigen (hin zu einer Westbindung) sollte. Bildung als solche fungierte dabei als Mittel zum Zweck: Eine zu weitgehende Spezialisierung oder gar Festlegung auf eine akademische Karriere hätte dem Ziel der Überlegungen im Weg gestanden. Die zukünftigen Studierenden sollten demnach also nicht (vornehmlich) im Sinne einer (Hoch-) Begabtenförderung, sondern vielmehr im Sinne einer politischen Förderung im Zentrum stehen. Anders als das britische Empire, welches grundlegende soziale Ordnungen nicht verändern wollte, erscheint der amerikanische Ansatz, der sich aus seiner gesellschaftlichen Gesamtaufgabe legitimierte, trotz seines minimalen Charakters damit um ein vielfaches invasiver.167

V ERKNÜPFTE S ICHERHEIT Die bereits mehrfach angedeutete direkte Verknüpfung des Colombo-Planes mit einem sicherheitspolitischen Kontext, der über die unmittelbare Eindämmung des Kommunismus hinausging, erscheint mehr als nur naheliegend, ist aber aufgrund der bis heute teilweise unzugänglichen Archivalien nicht in letzter Beweiskraft zu führen. Dass eine grundlegende Verbindung zwischen den Abkommen zur kollektiven Verteidigung und dem Colombo Plan zwischen Australien und den USA bestanden, ergibt sich vielmehr aus einer Vielzahl von Verweisen.168 Die politische Einbettung des (politischen) Förderprogrammes ist als solches daher keine neue Erkenntnis, allerdings ergeben sich aus der Ungleichbehandlung der USA hinsichtlich einer möglichen militärischen Einmischung in der Region und ihrem ökonomischen Engagement durch Großbritannien Analysekategorien des imperialen Wandels: Während die finanzielle169 Unterstützung des Colombo-Planes durch die USA von London sehr erwünscht war, zeigte man

166 Siehe hierzu den Abschnitt zur Struktur imperialer Erschließung (S. 116). 167 Darwin, The Empire Project, S. 75. 168 Vor allem NAA A462 439/1/12 und NAA 1838 532/13 Part 1. 169 Die dabei mit eingebrachte ideologische Qualität durch das Stipendienprogramm wurde in London soweit ersichtlich überhaupt nicht in nennenswertem Umfang wahrgenommen.

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sich den militärischen Abkommen zwischen Australien und den USA, die auf Wunsch Canberras hin entstanden, stets skeptisch gegenüber und betrachtete sie als fremde Einmischung in den eigenen Herrschaftsbereich. Im amerikanischaustralisch-neuseeländische ANZUS-Defensiv-Abkommen von 1951 bestand man durchwegs auf einer eigenen Mitgliedschaft,170 um selbst Einfluss ausüben zu können.171 Dabei war der militärische Beistand für Australien ein zentrales Anliegen in der Bereitschaft, den amerikanischen Vorstellungen in imperialer Hinsicht entgegenzukommen.172 Als Ergebnis der Verhandlungen zum Beitritt der USA zum Colombo-Plan entstand aus den Planungen zu einer Universität des Ostens173 das im Zentrum der Untersuchung stehende Studienförderprogramm.174 Das Programm, das aufgrund der Struktur des Colombo-Planes von der australischen Regierung finanziert werden musste, stand dabei auch im Gegensatz zum weit verbreiteten antiasiatischen Rassismus der australischen Gesellschaft der Zeit. Die schon erwähnte White Australia Policy, die bis 1973 die Einwanderung nicht-weißer Bevölkerungsgruppen systematisch unterbinden sollte, zeichnete auf juristischer Ebene die massiven Vorbehalte in Australien nach.175 Dem Förderprogramm des Colombo-Planes, das gerade auf die Idee der persönlichen Bindungen begründet war, stand dies diametral entgegen. Dennoch sicherten die australischen Diplomaten, allen voran Außenminister Spender, den amerikanischen Unterhändlern zu, dass ganz im Sinne der amerikanischen Politik das Stipendienprogramm „strangers to friends“176 machen würde. Der Widerspruch zwischen innenpolitischer Realität und den Voraussetzungen der diplomatischen Verhandlungen war im australischen Außenministerium immer wieder am Rande Thema,177 aber es bestand ganz offensichtlich unausgesprochene Einigkeit darüber, dass eine zu kritische eigene Perspektive auf die Erfolgsaussichten des Programmes die im Gegenzug für die eigenen Leistungen erhofften sicherheitspolitische Zusagen gefährden würde.

170 NARA RG 59 250/40/18/1 Box 4132B. 171 Goldsworthy, Losing the blanket, S. 17. Auch Australien drängte auf eine Beteiligung Großbritanniens an den militärischen Abkommen wie ANZUS, jedoch zeigten sich die USA in der Frage wenig kompromissbereit. 172 NAA A1838 250/7/10 B. 173 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525. 174 Weeden, NLA ORAL TRC 3291/8. 175 Megarrity, Regional Goodwill, Sensibly Priced, S. 89. 176 Spender, NLA ORAL TRC/354-355. 177 Spicer, Notes on Consultative Meeting NAA A1362 1960/81 Part 1.

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Bezeichnenderweise wurde die in der australischen Politik weitverbreitete Sorge178 einer tatsächlich unmittelbar bevorstehenden Invasion durch Japan und andere asiatische Mächte dabei im State Department mit gewisser Distanz verfolgt: Ein direktes Bedrohungsszenario durch Japan konnte man dort nicht nachvollziehen, teilte aber die Auffassung einer wachsenden asiatischen kommunistischen Bedrohung.179 Ganz im Gegenteil zu den australischen Befürchtungen richtete sich der Colombo-Plan in der amerikanischen Überlegung auch perspektivisch auf einen japanischen Beitritt, von dem man sich eine langfristige Integration des Landes in den Kontext des ‚Westens‘ erhoffte.180 Diese in den Verhandlungen immer mehr deutlichere Komponente der Sicherheitspolitik für den Colombo-Plan wurde von Großbritannien allerdings nicht geteilt: Ganz im Gegenteil erachtete das Zentrum des Empires die militärischen Überlegungen als eine unzulässige Einmischung in eigene Angelegenheiten.181 Wie später beim ANZUS-Abkommen deutlich wurde, sah es – zutreffender Weise – in der Annäherung Australiens und Neuseelands an die USA eine direkte Schwächung der eigenen Position. Somit war ein wirtschaftliches Engagement erwünscht, ein sicherheitspolitisches nicht. Dass ein wie auch immer geartetes Entgegenkommen der USA im Gegenzug für eine australische Politik ‚im Sinne des Westens‘ vonnöten war, stand auch in den Verhandlungen außer Frage, allerdings bestanden über den Umfang tiefgreifende Differenzen. Die USA stellten bald fest, dass Australien sich offenbar auf eine nahtlose Fortsetzung der finanziell günstigen britisch-imperialen Verteidigungspolitik – nun unter amerikanischer Verantwortung – eingerichtet hatte.182 Die Forderungen nach einem umfassenden militärischen Schutz durch die USA mit Truppenstationierungen und Sicherheitsgarantien versandeten in Folge wohl bewusst wiederholt im diplomatischen Betrieb oder wurden durch sehr unspezifische Aussagen zu einem zukünftigen Abkommen beantwortet.183 Immer wieder machten die amerikanischen Unterhändler deutlich, dass Australien auch eine eigene Rolle in der (militärischen) Absicherung seiner eigenen Interessen zu übernehmen habe und diese auch umfangreicher als bisher sein müsse.184 Die USA wollten die bis dahin im britischen Empire funktionierende Gleichung von 178 Lee, Search for security, S. 96. 179 NARA RG 59 250/51/25/04 und Percy Spender, Exercises in Diplomacy. The ANZUS Treaty and the Colombo Plan, Sydney 1969, S. 94. 180 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 71. 181 Goldsworthy, Losing the blanket, S. 17-19. 182 Spender, Exercises in Diplomacy, S. 65-69. 183 McLean, American and Australian Cold Wars in Asia, S. 38. 184 NARA RG 59 250/51/25/04.

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Sicherheit gegen Loyalität – die zu großen Teilen auf einer Illusion von Sicherheit basierte, wie sich im zweiten Weltkrieg gezeigt hatte – nicht im gleichen Maße fortsetzen.185 Als Ergebnis der Verhandlungen ergab sich aber zumindest in Folge der Loyalitätspolitik Australiens die erklärte Absicht der USA, ein Abkommen zum Schutze Australiens zu schaffen: Die mit zeitlichem Versatz ablaufenden Verhandlungen zu einem Defensivabkommen186 wurde aus der Perspektive Australiens mit einem Erfolg des Colombo-Plans verknüpft.187 Die USA dagegen gingen davon aus, dass die australische Kooperation einerseits von einer geeinten Mission im Kampf des Westens (und hier wohl auch insbesondere der ‚angelsächsischen Gemeinschaft‘) und dem Vertrauen auf ideologische Werte liberaler Provenienz getragen werden würde. Die finanzielle Unterstützung des ColomboPlanes durch die USA an und für sich sollte demnach die Aufwendungen kompensieren: Nachdem Australien lange für einen amerikanischen Beitritt geworben hatte, schien diese nun aus Perspektive der USA nicht in der Situation, noch Forderungen erheben zu können. Die Expansion der USA nach Australien sollte sich also aus ideologischer und politischer Macht speisen, während sie sich aus australischer Perspektive klar auf die militärische Dominanz der USA bezog. Die personelle ‚Klammer‘ auf australischer Seite zwischen den beiden Abkommen bestand in Person Percy Spenders, der als Außenminister sowohl innerhalb der Regierung für eine Akzeptanz des amerikanischen Konzepts der Bildungsförderung auf australische Kosten im Colombo-Plan warb, wie auch die Verhandlungen um ANZUS maßgeblich mit vorbereitete. Zwar wurde sein Wunsch nach einer Art ‚NATO of the Pacific‘188 bis zur Gründung der SEATO 1957 nicht erfüllt, aber die Aussicht auf den im September 1951 unterzeichneten ANZUS-Pakt zwischen Australien, Neuseeland und den USA verschaffte – unter Ausschluss Großbritanniens – der australischen Politik einen ersten Vorgeschmack auf das ersehnte Beistandsversprechen, wenn auch mit signifikanten Einschränkungen.189 Darüber hinaus sicherten die USA den Betrieb einiger weniger Militärbasen in Australien zu. Großbritannien musste dabei akzeptieren, dass Australien eigene politischen Motive vertrat, die faktisch auf ein Übergehen

185 Bell, Dependent ally, S. 59. 186 Der späteren ANZUS und SEATO-Abkommen. 187 Thomson, NLA ORAL TRC 2981/3. 188 Adelke, Ties without strings, S. 13. 189 Henry S. Albinski, Australia's Evolving American Relationship: Interests, Processes, and Prospects for Australian Influence (Australian Foreign Policy Papers), Canberra 1994, S. 15-16.

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britischer Anliegen hinausliefen:190 Diese ‚Akzeptanz des Unerwünschten‘ durch London zeigte aber auch in Canberra die Schwäche britischer Politik auf. Aus Perspektive von Whitehall wäre angesichts der Situation allerdings weder ein Bruch mit den USA politisch vertretbar gewesen, noch konnte man dem amerikanischen Handeln eigene Ideen oder gar Mittel entgegensetzen, nachdem man so intensiv um einen amerikanischen Beitritt zum Colombo-Plan geworben hatte. Erst die Verknüpfung der ideologischen imperialen Erschließung über die Bildung mit der (glaubwürdigen) Perspektive einer militärischen Absicherung als reines Defensivbündnis ermöglichte tatsächlich das systematische Eindringen der imperialen Erschließung in britisches Herrschaftsgebiet. Dabei ist der Widerstand der USA gegenüber einem militärischen Abkommen einerseits mit einer grundlegenden Zurückhaltung gegenüber einer Ausweitung des militärischen Engagements mit einem – den handelnden Akteuren bewussten191 – ‚Grenzübertritt‘ eines solchen Handelns zu sehen, andererseits aber auch mit dem augenscheinlich sehr weitreichenden Vertrauen auf die ideologisch-politische Macht bei der Unterstützung Australiens. Damit mischten sich die USA nun direkt in eine Region ein, die traditionell zum Herrschaftsgebiet des Empires gehörte, innerhalb dessen der Colombo-Plan mit seinem Kontext der Entwicklungshilfe deutlich geringere Symbolkraft besaß.192 Nicht zuletzt aber hatten die USA es schlichtweg auch nicht nötig, tatsächlich militärischen Beistand zu versprechen, so lange alleine die sehr vage Aussicht darauf schon Motivation genug war: Letztlich ermöglichte damit die Schwäche der britischen Ökonomie die eigentlich unerwünschte militärische Expansion der USA im Gefolge der ideologische Expansion.

190 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 71. 191 NARA RG 59 250/40/17/4 Box 4107. 192 Adelke, Ties without Strings, S. 33.

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‚P OLITISCHE ‘ ODER ‚ WISSENSCHAFTLICHE ‘ F ÖRDERUNG ? 193 Die Verknüpfung des Colombo-Planes in einen größeren politischen Kontext beschränkte sich aber nicht nur auf die erwähnten sicherheitspolitischen Determinanten. Eine maßgebliche Änderung der bisherigen Politik ging mit der impliziten Verschränkung zweier Förderprogramme mit einer Politik der ‚akademischen Absicherung‘ einher, die die oben skizzierte Erschließungspolitik ‚über die Bande‘ Australiens hinterlegen sollte. Dem bilateralen politischen Stipendienprogramm des Colombo-Plans zum Studium in Australien wurde ein Austausch von jungen australischen Nachwuchs-Wissenschaftlern in der postgradualen Qualifizierungsphase in Förderung durch wissenschaftliche FulbrightStipendien und private Förderinstitutionen gegenübergestellt.194 Die systemimmanent durch die Struktur und Anlage des Colombo-Planes vorgegebenen, nur schwachen Kontroll- und Einflussmöglichkeiten in Australien sowie den Herkunftsländern wurden somit durch eine direkte amerikanisch-australische akademische Verbindung abgesichert. Dadurch, dass beide Personenströme durch unterschiedliche Institutionen und nach unterschiedlichen Prämissen selektiert und gefördert wurden, ergaben sich jedoch immer wieder Probleme.195 In Anbetracht der raschen Umsetzung des Stipendienprogrammes des Colombo-Planes wirkt die Realisierung des amerikanisch-australischen Austauschprogrammes allerdings vergleichsweise träge: Nennenswerte Zahlen erreichte es erst ab 1956/57, also zu einem Zeitpunkt, als das andere Förderprogramm bereits wieder reduziert wurde. Gerade in den Anfangsjahren wurde der amerikanisch-australische Wissenschaftleraustausch vornehmlich durch das Australian-American Fulbright Committee ermöglicht, ehe später auch private Förderinstitutionen wie u.a. die Ford Foundation aktiv wurden.196 Ersteres wurde bereits im November 1949 durch Vertragsschluss gegründet und sollte institutionalisiert sowohl Gast- und Studienaufenthalte amerikanischer Wissenschaftler in Australien als auch Studienaufenthalte australischer Graduierter in den USA fördern. Darüber hinaus war ein

193 Die Auswirkungen des Fulbright- und anderer wissenschaftlicher Förderinstitutionen sind umfassend von Sally Ninham untersucht worden. Siehe hierfür Ninham, A Cohort of Pioneers und Ninham, Australian Postgraduates in the United States, 1949–64. 194 Ninham, A Cohort of Pioneers. 195 Siehe hierzu den Abschnitt zur Institutionellen Anti-Dynamik (S. 130). 196 NAA A1838 250/9/8/8.

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wesentlicher Inhalt ihres Engagements die Prüfung der Chancen und Möglichkeiten eines langfristigen amerikanischen Bildungsengagements in Down Under. Australien stellte dabei sowohl die Büros für den Erstbezug der Kommission, genauso wie es auch notwendige Umbauarbeiten finanzierte und Bauverordnungen – insbesondere in Sydney – anpassen ließ.197 Die wohl deutlichste personelle Verknüpfung zwischen beiden Förderprogrammen lag auch hier einmal mehr in der Person Percy Spenders – er war sowohl Mitglied und zeitweilig Vorsitzender der Australian Branch of the United States Educational Foundation wie auch als Außenminister und späterer australischer Botschafter in Washington eine der führenden Figuren in den Verhandlungen zum Colombo-Plan und später des amerikanischen Beitritts zu selbigem. Dabei war sein Einfluss so groß, dass er mit gewissen Chancen auf Erfolg (wenn doch schließlich erfolglos) den Namen „Spender-Plan“198 für den späteren Colombo-Plan ins Gespräch brachte. Seine Person verknüpfte wie bereits gezeigt auch noch den dritten Bestandteil des amerikanischen Engagements – als Verhandlungsführer der australischen Seite zum ANZUS-Abkommen, welches als Vorläufer des späteren SEATO-Paktes zu sehen ist. Die Person Percy Spenders schuf damit den Fokuspunkt für die Implementierung des Gesamtprojekts. Seine eigene Laufbahn war typisch für die eines Karrierebeamten der britischen Imperialverwaltung nach der Erlangung der australischen Unabhängigkeit verlaufen: Geboren in Sydney, wo er auch eine nach britischem Vorbild gestaltete Schule besuchte, studierte er an der University of Sydney und wurde anschließend Mitarbeiter des Commonwealth Public Service.199 Während seines anschließenden Aufstiegs in der Politik wurde immer wieder seine Orientierung zu den asiatischen Nachbarländern Australiens deutlich, von deren Kooperation mit Australien er sich schon während des zweiten Weltkrieges als ‚Türöffner‘ zur asiatischen Welt strategische Vorteile erhoffte, wie Zeitgenossen bemerkten.200 In seine kurze Amtszeit als Außenminister von 1949 bis 1951 fielen die entscheidenden Schritte des amerikanischen Engagements in Australien. Auch als Botschafter in Washington ab 1951 war er in der Folgezeit noch direkt an der amerikanischen Einbindung in den Colombo-Plan beteiligt, ehe er ab 1958 als Richter am internationalen Gerichtshof in Den Haag und später als dessen Vorsitzender seine internationale Laufbahn beendete. Auch 197 Fisher/Walcott NAA A1838 250/9/8/8. 198 Watanabe, The 1950 Commonwealth Foreign Ministers' meeting and the International Aid Programme for Asia, S. 29. 199 David Lowe, Percy Spender. Minister and Ambassador, in: Joan Beaumont (Hrsg.), Ministers, mandarins and diplomats. Australian foreign policy making, 1941-1969, Melbourne 2003, S. 70–103, S. 11. 200 Spender NLA ORAL TRC 3291/8.

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wenn bisherige Biographien201 genauso wie Zeitgenossen sein intrinsisches Interesse an Asien besonders herausgestellt haben202, so ist für die vorliegende Arbeit insbesondere die Tatsache, dass er als einzig bekannte Figur an allen drei essentiellen Elementen der imperialen Erschließung unmittelbar beteiligt war von Interesse. So spiegelt sich in seiner Person die inneren Verbindungen des ‚Colombo-Fulbright-ANZUS-Ansatzes‘, der über Australien die Westbindung Südund Südostasiens anbot und damit in den USA auf die Furcht vor einem kommunistischen Asien traf, für Großbritannien aber auch ein (letzter) Versuch war, das Empire in Süd- und Südostasien nun mit externer Hilfe zu stabilisieren. Dieses Modell der Absicherung der ideologischen Erschließung in Form der Ergänzung durch ein Austauschprogramm für junge australische Nachwuchsakademiker fällt mit dem allgemeinen Wachstum außenpolitisch motivierter amerikanischer Bildungsfinanzierung im Ausland zusammen.203 Die Einführung des staatlich geförderten Fulbright-Hayes-Programmes 1946 und die Verbindungen der Ford-Foundation zur CIA stellten insofern eine nicht auf Australien oder Süd(ost)asien beschränkte Maßnahme in der Auseinandersetzung um die Hearts and Minds dar.204 Im Gegensatz zu den Aktivitäten in Europa war allerdings die Verknüpfung mit dem dezidierten Stipendienprogramm des Colombo-Planes besonders. Die Wirkung der Alumni von Fulbright- oder FordStipendiaten als Agents of Change oder Kulturbotschafter war in der Struktur nicht anders gedacht als die der Colombo-Plan-Stipendiaten. Der entscheidende Unterschied lag aber im Ort der Ausbildung: Ermöglichten die genannten (und darüber hinaus eine immer weiter zunehmende Anzahl von anderen Förderungsinstitutionen205) ein Studium in den USA, so sollte dies für den Colombo-Plan ausdrücklich verhindert werden.206 Die USA drängten auf einen Ausbau des Stipendienprogrammes, wollten aber keine eigenen Studierenden innerhalb des 201 Ebd., S. 12. 202 Renouf, NLA ORAL TRC 2981/6 und Robert Dallek, The American style of foreign policy. Cultural politics and foreign affairs, New York 1983, S. 215. 203 Paul Kramer, Is the World Our Campus? International Students and U.S. Global Power in the Long Twentieth Century, in: Richard P. Garlitz/Lisa Jarvinen (Hrsg.), Teaching America to the world and the world to America. Education and foreign relations since 1870, New York 20121, S. 11–50, S. 11. 204 Frances Stonor Saunders, The cultural cold war. The CIA and the world of arts and letters, New York, NY 2001, S. 14. 205 NAA A1838 TS708/912 part 1. 206 Sichtbar wird hier einmal mehr die politische Grundausrichtung der Colombo-PlanStipendien, in dem es – anders als in anderen Programmen – nicht um wissenschaftliche Ziele ging.

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Programmes aufnehmen, um einer sichtbaren Assoziation mit dem Abkommen zu entgehen.207 In der Konzeption dieser Struktur griff man auf die Erfahrungen der schon erwähnten Educational Foundation zurück, die später zum Fokuspunkt amerikanischer Bildungsfinanzierung in Australien wurde.208 Waren die Bildungsförderprogramme der USA auch in anderen Regionen der Welt politisch aufgeladen oder motiviert, so spielten sie in Australien in der Verknüpfung mit der mittelbaren Weiterleitung durch den Colombo-Plan eine ganz eigene, einzigartige politische Rolle. Für die vorliegende Arbeit der imperialen Erschließung steht der Komplex der Absicherung durch die diversen Förderprogramme und ihre Auswirkungen auf das australische Universitätssystem – auch angesichts der vorliegenden, umfassenden Arbeiten von Sally NINHAM209 sowie dem faktisch erst deutlich verspätet einsetzenden Wachstum – nicht im Vordergrund. Aus Perspektive der Imperialpolitik liegt lediglich der Schluss nahe, dass angesichts der gezielten Förderung einer solchen Absicherungsstruktur in Form eines eigenen Verbindungsbüros ausschließlich für Bildungsangelegenheiten 1950 in Australien210 das weitreichende Vertrauen in eine konforme Umsetzung der Ideen durch bereits vorhandene, britisch sozialisierte Lehrende nur begrenzt vorhanden war.211

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ZU DEN

‚H EARTS

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Das von den USA zur Vorbedingung für einen eigenen Beitritt gemachte Stipendienprogramm basierte dabei auf einer bereits bestehenden Studienförderungs-

207 Einzelne, sehr wenige Colombo-Plan-Studierende kamen allerdings in Überschreitung der skizzierten Trennung zwischen politischer und akademischer Förderung in den Genuss weitergehender Fulbright-Stipendien. Dies geschah allerdings vornehmlich erst im späteren Verlauf des Programmes ab 1957, als sich die zugrundliegende dogmatische Einteilung langsam aufzuweichen begann. Vergleiche hierzu Sauer (Hrsg.), The Colombo Plan for Cooperative Economic Development in South and Southeast Asia 1951-2001, S. 28-29. 208 Unterschrieben am 26. Oktober 1949, NAA A1838 250/9/8/2 Part 4. Für das politische Ziel des Wissenschaftsförderung siehe auch NSC 5409 (NARA S/S-NSC files, lot 63 D 351 „NSC 5409 – Memoranda“). 209 Ninham, A cohort of pioneers, siehe auch Ninham, Australian postgraduates in the United States, 1949–64. 210 Vergleiche NAA A1838 250/9/8/8. 211 Walott/Brisk NAA A1838 250/9/8/3 Part 2.

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Struktur innerhalb des Colombo-Planes zur technischen Zusammenarbeit. Dieses – im Vergleich zu dem neuen Modell allenfalls rudimentäre System – diente dabei zunächst durch die Steigerung der Produktivität durch verbessertes Fachwissen und die Entsendung von Experten der ‚Prävention‘ vor einer kommunistischen Expansion: Durch das Studium sollte das in der Region vorhandene deklarative Wissen um Abläufe und Verfahrensweisen zur besseren Nutzung der vorhandenen Ressourcen gesteigert werden und – neben einer besseren Ernährung der Region212 – auch die Versorgung mit Rohstoffen aus der Region verbessert werden. Beispielsweise sollten lokale Bauexperten auf technischem Gerät aus Australien oder Kanada geschult werden, welches dann – mitsamt den Experten – den Rückweg in das Heimatland antreten sollte, wo es durch den Bau von Staudämmen und ähnlichem eine verbesserte Landnutzung möglich machen sollte.213 Sichtbar wird dies auch anhand des für diese Planungen hohen Anteils an geplanten technischen Studienplätzen in der Forst- und Agrarwissenschaft, Bauingenieurwesen sowie dem Hoch- und Tiefbau. 214 Diesen technischen Ansätzen lag das Grundverständnis des britischen Colombo-Planes zugrunde, dass einerseits durch die ökonomische Produktivitätssteigerungen den Zusammenhalt des Commonwealth stärken, andererseits aber in unzulängliche Lebensbedingungen eine Grundlage für den Kommunismus sah („hunger feeds Communism“215) und durch verbesserte Lebensbedingungen und Prosperität auch die Bindungswirkung des eigenen Empires wiederherstellen wollte.216 Inwiefern das Argument der Kommunismusprävention tatsächlich ein ureigenes Anliegen der britischen Imperialpolitik war und nicht lediglich zur strategischen Stärkung des amerikanischen Interesses verwendet wurde, lässt sich nicht mehr nachvollziehen: Die wechselseitige Dynamik der Integration in den antikommunistischen Westen spiegelte in der Folge auch Eigeninteressen kolonialer und imperialer Natur wieder. Festzuhalten bleibt, dass offensichtlich das antikommunistische Motiv für die USA eine deutlich stärkere Rolle für die imperiale Expansion als für Großbritannien spielte.217 212 Vergleiche auch Leah Kalm/Richard Semba, They Starved So That Others Be Better Fed. Remembering Ancel Keys and the Minnesota Experiment, in: American Society

for

Nutritional

Sciences.

135

(2005),

Nr.

6,

S.

1347–1352,

[http://jn.nutrition.org/content/135/6/1347.full.pdf+html] (abgerufen 1. September 2017). 213 Brisk Notes NAA A5460 301/5. 214 Conference Memorandum NAA A5460 301/5. 215 Lowe, The Colombo Plan and 'soft' regionalism in the Asia-Pacific, S. 9 216 Ebd., S. 7. 217 Bell/Bell, Implicated, S. 98.

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Dieses ausschließlich ökonomisch-technisch ausgerichtete Förderprogramm der ersten Überlegungen, das sich vorwiegend an Männer218 mit Berufserfahrung richtete, trat aber in der amerikanischen Neukonzeption angesichts der Fehlschläge eigener Außenpolitik in Süd- und Südostasien und vor allem der sich immer klarer entwickelnden Ost-West-Auseinandersetzung zunehmend in den Hintergrund: So sollte es nun um die Erschließung der hearts and minds durch Absolventen und Absolventinnen der Verwaltungswissenschaften und Erziehungswissenschaften und weniger um die Ausbildung oder Entsendung von technischem Personal gehen.219 Der Wandel von technischer Unterstützung zu ideologischer Erschließung wurde von Großbritannien zwar wahrgenommen220, da er allerdings die imperialen Ansprüche des Empires nicht tangierte und darüber hinaus auch den amerikanischen Beitritt zum Colombo-Plan (und damit den Zugang zu den dringend benötigten US-Dollar) und in Konsequenz eine imperiale Reintegration für London näher rücken ließ, hielt sich der Widerstand in London in engen Grenzen.221 Die amerikanischen Überlegungen zielten dabei auf eine Massenbewegung ab, die durch die geplante Ausbildung einer Vielzahl von Studierenden nach der Rückkehr in so breiter Masse als ideologisch-imperiale Multiplikatoren wirken sollten, dass jegliche „unfreie“222 Herrschaft durch kommunistische Aufsteiger ‚von unten‘223 her vermieden oder zumindest weitestgehend de-legitimiert werden sollte. Aus amerikanischer Sicht lag ein weiterer Vorteil dieser Politik ‚über die Bande‘ auch darin, dass die Rolle Australiens und des Colombo-Planes in der Region im Vergleich zu amerikanischer Politik mit deutlich geringeren Vorbehalten verbunden war.224 Für die USA spielte in der Umwidmung des Abkommens die Überlegung, dass durch die Schaffung einer transnationalen Verwaltung und der ökonomischen Förderung beide Ziele – sowohl das der politische Westbindung wie auch einem als antikommunistisch wirkendem ökonomischem Wachstum in der Region – erreicht werden könnten, eine große Rolle: Folgerichtig waren die innerhalb des späteren Studierendenprogramms am häufigsten ge218 Tatsächlich scheinen bis dahin ausschließlich Männer für das Förderprogramm im Gespräch gewesen zu sein, was auch an der Zusammensetzung der Studienfächer gelegen haben mag. Vergleiche auch NAA A1838 708/9. 219 Finkel NARA RG 273 250/7/27/1. 220 Dodd/Warren NA DO 35/2230. 221 Fisher NA DO 35/2230. 222 Nach NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 223 Zu den Top-Down- und Bottom-Up-Ansätzen im Stipendienprogramm siehe den Abschnitt ab S. 117. 224 Vergl. auch zur Idee des Imperiums by proxy Bacevich, American empire.

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förderten Studiengänge solche der Public Administration, also der Verwaltungswissenschaften sowie die der Education also den Erziehungswissenschaften (hier vornehmlich angehende Lehrerinnen und Lehrer, was auch den hohen Frauenanteil an der Gesamtförderung erklärt).225 Beiden Fächern gemein war die Perspektive, damit Verantwortungsträger der mittleren Verwaltung und breit wirkende, mittlere Führungsfiguren der öffentlichen Sphäre unterhalb der elitären Spitze auszubilden und damit im Rahmen einer transnationalen Ausbildung lokal verwurzelte Multiplikatoren mit einer ideologischen Zugehörigkeit zum Westen aus und für die Region zu schaffen. Erst, als sich die angestrebten breiten Massen an zukünftigen Systempenetratoren nicht einstellten, wich man von dieser Grundkonzeption ab.226 Das angestrebte Ergebnis einer solchen Durchsetzung der Verwaltungen durch ideologisch westgebundene ehemalige Studierende lässt sich mit dem Konzept der schon erwähnten informellen Bürokratie beschreiben. Als loses, transnationales und ‚stilles‘ Netzwerk ähnlich ausgebildeter Menschen, welche grundlegend liberale Werte verinnerlicht hatten, hätten sie in breiter Masse als subsidiäre Multiplikatoren- und Führungsschicht aus Lehrerinnen und Lehrern sowie Ortsbürgermeistern und lokale Verwaltung der ‚Unberechenbarkeit‘ der charismatischen Führer der Region ein aus amerikanischer Sicht belast- und berechenbares, westorientiertes Modell entgegengestellt. Als imperiale Systempenetratoren in großer Zahl hätten sie dabei als Träger einer langfristigen Wandlungsidee – hin zum Westen – und geopolitscher Stabilisierung fungieren sollen.227 Die Herauslösung aus dem britischen Modell – welches eine stärker ausgeprägte Toleranz gegenüber lokalen Werten und Traditionen mit sich brachte, solange entscheiden Funktionen durch loyale Eliten besetzt waren228 – sollte dem gegenüber durch ein weitaus umfangreiches Modell der ideologischen Massenpenetration ersetzt werden. Damit ist der so skizzierte Entwurf aber auch auf formaler Ebene als Gegenpol zum britischen Imperialverwaltungsmodell229 zu sehen. Die zu schaffende transnational informell verbundene Administration wäre im Nachgang nicht auf eine real existierende zentrale Koordinierungsinstitution (wie London mit seinem Ministerialapparat sie für das Empire darstellte) angewiesen gewesen, sondern wäre durch die Rückbindung auf die Idee des individuellen Liberalismus der ‚freien Welt‘ zumindest den Überlegungen nach auch 225 NAA A816, 11/301/720. 226 Siehe den Abschnitt zur Struktur imperiale Erschließung für eine detailliertere Aufstellung (S. 116). 227 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525. 228 Darwin, The Empire Project, S. 75. 229 Ebd., S. 66.

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weniger anfällig für die Unterbrechung von Zugangswegen oder ökonomischen Handelsrouten gewesen.230 Diese Stabilisierung basierte auf der Hoffnung, dass sich die in den Studienzeiten etablierten Netzwerke zwischen den Akteuren lose erhalten würden und so auch ohne formale Zentraladministration subtil Ideen und Modelle stillschweigend in der Fläche durchsetzen würden.231 An Stelle einzelner machtvoller Akteure wie im britischen Empire sollte eine große Masse mit nur wenig individuellem Einfluss treten. Als Vorteil der imperialen Penetration – aber gleichzeitig auch als Nachteil der Durchführung – war dabei die Langzeitigkeit des Projekts gedacht, die – wenngleich auch nur mit großem zeitlichen Versatz232 – langfristig die Region dem westlichen Einfluss gesichert hätte, ohne dabei direkt als amerikanisches Imperialprojekt wahrgenommen zu werden. In Konsequenz dieses Ansatzes erscheinen die nach dem amerikanischen Beitritt schnell erfolgten Ausweitungen auf die beiden ehemaligen französischen Kolonialbesitzungen Südvietnam (1951), Kambodscha (1951), und das ehemals niederländische Indonesien (1953) sowie das besiegte Japan (1954) und das ehemals britische Afghanistan (geplant 1955, beigetreten 1963) nur als folgerichtige Konsequenzen der ‚De-Britisierung‘ des Colombo-Planes und der Aneignung als Instrument einer neuen amerikanischen Geopolitik in Asien. Die erfolgreiche Erweiterung zeugt gleichzeitig vom raschen Erfolg der amerikanischen Außenpolitik in der Sache.

I MPERIALE G RUNDANNAHMEN

UND

W ISSENSFRAGEN

Legt man nun den bereits skizzierten Rahmen zugrunde, so werden die ideologischen Grundannahmen amerikanischer Imperialpolitik im Stipendienprogramm des Colombo-Plan deutlich. Insbesondere die bereits mehrfach erwähnten pseudo-universalistischen liberalen Individualitätsvorstellungen im Sinne einer Kulturprojektion stehen dabei im Zentrum, auch wenn darüber hinaus weitere ‚universalistische‘ Annahmen der handelnden Akteure im imperialen Zentrum deutlich werden. Sowohl in Vorstellungen über die Stipendiatinnen und Stipendiaten,

230 Vergleiche hierfür auch die britische und australische Sorge um Störung der unmittelbaren Verbindungen vor dem zweiten Weltkrieg. 231 NAA A816, 11/301/720. 232 „The [...] suggestion is one which [...] I feel the U.S. government has overlooked in its planning for fiscal years rather than for generations.“ – Office NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525.

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wie aber im Verständnis akademischer Bildung kamen vornehmlich generalisierte eigene Überzeugungen der politisch Handelnden zum Vorschein: Da die Vorstellungen direkten Einfluss auf den (Miss-)Erfolg des Abkommens in der Erreichung der ursprünglich intendierten Ziele hatten, erscheint der unproblematische Umgang mit diesen Setzungen zumindest überraschend. Sogar umso bedeutsamer wird diese ‚Universalisierung‘ eigener Erfahrungen und Vorstellungen angesichts des institutionell bereits bestehenden Wissens um die ‚Andersartigkeit‘ asiatischer Wert- und Gesellschaftsordnungen in der amerikanischen Wissenschaft (hier v.a. der modernen Ethnographie), wie aber auch aus den Berichten amerikanischer Militärs und Kaufleute seit spätestens den 1930er Jahren.233 Insgesamt lassen sich im Stipendienprogramm drei Grundprinzipien der imperialen Erschließungspolitik herauskristallisieren, die in Form einer Kulturprojektion auf die Region übertragen wurden: • • •

Liberaler Universalismus sowohl in der öffentlichen wie der privaten Sphäre Linearer gesellschaftlicher und industrieller Fortschritt durch eine lineare Modernisierungstheorie234 Universalistische Staats- und Administrationsvorstellungen in Form der Existenz einer funktionierenden Administration und einer zentralen Ordnungsinstitution

Dabei ist allen drei Grundprinzipien die Annahme der Überlegenheit demokratisch-kapitalistischer Ordnungen (und insbesondere der der USA) im Gegensatz zur sowjetischen Kommunismus-Vorstellung inhärent zu eigen und ergab in der Kombination damit auch die Grundlage der hohen Erwartungen, die mit dem Bildungsprogramm in der Auseinandersetzung um die hearts and minds verbunden waren. So ging man augenscheinlich implizit davon aus, dass lediglich wirtschaftliche Unterentwicklung und mangelndes Wissen einer ‚modernen‘ Gesellschaft nach westlichem Vorbild mit einer eindeutigen Orientierung zur so ge233 Doorwart, The Roosevelt-Astor Espionage Ring, S. 310. Inwiefern universalistische Vorstellungen der ökonomischen Sphäre, also von Handel und Wirtschaften, zu einer Verallgemeinerung liberaler Weltvorstellungen über die zunächst lediglich wirtschaftlich interessante Weltregion geführt haben, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Es liegt aber zumindest nahe, einen solchen Zusammenhang für den Untersuchungsgegenstand anzunehmen, ohne dass hierfür konkrete Belege vorliegen. 234 Wenig überraschend erschien innerhalb dieser Vorstellung die liberale Demokratie der USA als deutlich ‚moderner‘ als die bestehenden Ordnungen.

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nannten Freien Welt im Wege stehen würden.235 „What stands between them and us is education. They are an easy prey to spreading comm[u]nism as long as they have never tasted freedom.“236 Mit der so vorgenommenen Gleichsetzung des Zugangs zur Bildung und der ‚Freiheit‘ (im Gegensatz zum expansiven Kommunismus) wurde implizit eine universalistische Auffassung von Freiheit in liberaler Tradition vorgenommen, dessen Erreichen lediglich vom Wissen um die Existenz selbigen abhinge. Die bisher in jahrzehntelanger (europäischer) Abhängigkeit befindlichen Staaten Südostasiens benötigten demnach nur etwas (liberale) Bildung, um sich zur Wertegemeinschaft des Westens zu bekennen und damit gegenüber der Ausbreitung des sowjetchinesischen Kommunismus aus innerer Überzeugung heraus Widerstand zu leisten. Den Planungen lag damit eine Art ‚liberales Erweckungsnarrativ‘ zugrunde. Mit solch einer Annahme liberalen Universalismus ging die Überlegung einher, den jungen Geförderten lediglich die einmalige Möglichkeit verschaffen zu müssen, liberales Denken innerhalb des ‚Sozialraumes‘ der Universität kennenlernen zu können, um sie zu lebenslangen Verfechtern liberaler Ideen zu machen und als solche in einer Multiplikatorenfunktion einer Art ‚ansteckenden Freiheit‘ zu machen. Dies führte zum Verständnis einer vergleichsweise pragmatisch gedachten Rolle der Geförderten als „intellectual soldiers for freedom and democracy“ und ihrem langfristigen „influence extending through many generations“237. Diese Vorstellungen des liberalen Universalismus determinierten schlussendlich auch die Vorstellung von Universität238 als Ort liberalen Denkens. Die Annahme, dass an einem solchen Ort jeder Mensch zu einem ‚freiheitlich‘ denkendem Individuum werden müsse, war grundlegende Vorbedingung der Vorstellung einer University of the East beziehungsweise später dem Universitätsnetzwerk im Colombo Plan. Die Institution determinierte demnach also die Studierenden, während eine Rückwirkung von den Studierenden 235 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525. 236 NARA RG 59 250/40/18/1 Box 4132C. 237 NARA 59 250/41/11/6 Box 5525. 238 ‚Universität‘ ist dabei hier zunächst auch ein quasi-universalistisches Konzept, dem gegenüber allenfalls das sowjetische Konzept der ‚dienenden Hochschule‘ als Gegenbeispiel fungieren kann. Gemeinsam ist den Universitätskonzepten die Erlangung akademischer Abschlüsse und eine zeitliche Anordnung zwischen Schule und Berufsleben sowie die grundlegende Freiwilligkeit der Teilnahme. Hinsichtlich der Lehr- und Lerninhalte sowie der Arbeits- und Instruktionsformen wurden bezeichnenderweise keinerlei Gespräche geführt: Die (möglichen) Unterschiede innerhalb der westlichen Universitätsvorstellungen wurden in der Anfangsphase nicht diskutiert.

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auf die Institution zumindest in amerikanischer Perspektive zunächst ausgeschlossen wurde. Der dabei immer präsente Gedanken der akademischen Freiheit wurde dabei vornehmlich in ideologischer Perspektive gelesen und verkannte damit auch die Position wie die (britische) Tradition australischer Universitäten zu dieser Zeit weitgehend – wenig überraschend unternahmen Australien und dabei besonders Percy Spender wenig, um dieses Missverständnis aufzuklären.239 Ebenso war aber der dem liberalen Universalismus inhärente Individualitätsund Gleichheitsgrundsatz ein Problem für das Programm, was zu Anfang in seiner Wirkung deutlich unterschätzt wurde. Das Prinzip der Individualförderung mit dem Zwang zur Rückkehr kollidierte dabei ganz eklatant mit Vorstellungen von ererbter Gleich- und Ungleichheit in der Region, die – wenn überhaupt wahrgenommen – lediglich als temporäre Hemmschwelle identifiziert wurden. Wie sich anhand der praktischen Probleme später noch zeigen wird, kam es im Kontext dieser Auseinandersetzung im Folgenden insbesondere hinsichtlich der Entsendung zu Problemen: Weil der rein anhand ‚rationaler‘ Kriterien erdachte Auswahlprozess konsequent (anderweitige) Vorstellungen sozialer Ordnung und personal bedingter Vorrechte ausschloss, kämpfte man in der Anfangszeit mit der Tatsache, dass sich zumindest teilweise bestehende Eliten in den VorschlagsNetzwerken perpetuierten. Auch umfangreiche Nachsteuerungsversuche konnten dieses Grundproblem einer vom Individuum gedachten Erschließungsstrategie, auf deren Wirken in die Gesellschaft hinein man ja später wiederum setzte, nicht zufriedenstellend lösen. Diese Ausrichtung auf Individuen und die Auslagerung des Auswahlprozesses an die lokalen Behörden in den Entsendeländern überrascht aber auch angesichts der Erkenntnisse der amerikanischen Ethnographie der Zeit. Die gesamte Vorstellung von Staat und dem Verhältnis zu den Individuen war dabei von einer als ‚westlich-liberal‘ zu bezeichnenden Grundannahme durchzogen, demnach es einen einheitlichen Rechtsrahmen und daraus ableitbare Individualrechte gäbe. Dabei ging man insgesamt von einer starken Verwaltung und einem sich an den Grundzügen der rule of law orientierenden Administration aus. Nahezu sämtliche Vorschläge zum Auswahl- und Entsendeprozess basieren auf dem Vertrauen in die Neutralität der lokalen Autoritäten, die auf einem Verständnis einer hochgradig funktionalen (und zu einem gewissen Grad effizienten) Verwaltung basieren. Diese Annahme erscheint allerdings weniger überraschend, bezieht man auch noch vergleichsweise uniformen Vorstellungen über die Region mit ein: Über die genaue Zusammensetzung oder die genauen Grenzen der zu erschließenden 239 Remarks Winchester NAA A462 587/4.

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Region ‚Süd- und Südostasien‘ wurden nur wenige Überlegungen angestellt und von einem nahezu prototypischen Verständnis einer kollektiven ‚asiatischen Identität‘ ausgegangen, das regionale Differenzierungen weder beinhaltete noch auf eine Differenzierung selbiger abzielte.240 Denn aus den hier skizzierten Grundannahmen der imperialen Politik lässt sich auch die Unkenntnis des imperialen Zentrums zu den Gegebenheiten der Peripherie und fehlende Wahrnehmung als Problem dieses Sachverhaltes ablesen. In der Abteilung Ferner Osten des State Departments herrschten Vorstellung der regionalen Gegebenheiten und Traditionen vor, die augenscheinlich mit der Realität vor Ort nur wenig zu tun hatte, wie die zahlreichen Rückmeldungs-Schreiben der Botschaften mit Hinweisen und Beschwerden zum Umgang mit traditionellen Gewohnheiten der Region zeigen.241 Sowohl der Mangel an halbwegs aktuellem Kartenmaterial und die dadurch hervorgerufenen Fehlannahmen242 wie auch beispielsweise das mangelnde Wissen um Essens- und Ernährungsgepflogenheiten243 führten zu Konflikten mit dem diplomatischen Personal vor Ort. Doch führte dieser Mangel an Wissen nicht dazu, beispielsweise durch Kontakt mit der entstehenden Kulturanthropologie amerikanischer Universitäten oder über die Mittel der Botschaften die Wissenslücken zu schließen, um möglicherweise die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche imperiale Systempenetration zu erhöhen.244 Die Frage nach einer möglichen ‚Andersartigkeit‘ oder nach dem Vorhandensein lokalen Traditionen und den Auswirkungen auf die eigenen Vorstellungen wurde durchwegs allenfalls am Rande thematisiert245 und blieb im Folgenden auch für den weiteren Verlauf der Umsetzungsphase außen vor.246 Bezeichnenderweise galt diese Ge240 Fisher/Mark NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 241 Allgemeiner Briefwechsel in NARA RG 59 250/41/25/7 Box 1742. 242 Allgemeiner Briefwechsel in NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5529. 243 Notes on Strategic Development NARA RG 59 250/40/17/6 Box 4122A. 244 Beispielsweise exportierten die USA im Rahmen der wirtschaftlichen Hilfe im Colombo-Plan in größerem Umfang die Getreideüberproduktion des mittleren Westens nach Asien. Trotz des mehrfachen Hinweis der lokalen Vertretung, dass vor Ort das bevorzugte Nahrungsmittel Reis sei und daher ein Getreideexport nur wenig zur Linderung des Hungerproblems beitrüge, änderte sich an der (sicherlich auch innenpolitisch determinierten) Exportpolitik zunächst nichts. Vergleiche NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5529. 245 NAA A1838 555/6/4 Part 1. 246 Bezeichnenderweise erkannten die Lehrenden an den Universitäten das Problem weitaus früher und verwiesen gerade angesichts des Wachstums des ColomboPlanes auf die damit verbundenen Konsequenzen der kulturellen Heterogenität in der Ausbildung.

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neralisierung insofern auch für Australien, das man – ungeachtet der britischen Traditionslinien – als Bestandteil des ‚Westens‘ sah, ebenso auch den Raum Süd- und Südostasiens, der allein aus geopolitischem Blick für eine ideologische Systempenetration in den Blick genommen wurde. Im Vergleich zum britischen oder auch australischen Wissen (ganz zu schweigen von dem der anderen Mitgliedsländer) um die regionalen Gegebenheiten, scheinen die Vorstellung der räumlichen Ordnung in Süd- und Südostasien dabei den Quellen nach auch noch vergleichsweise wenig ausdifferenziert gewesen zu sein, wie die zumindest sprachliche Gleichbehandlung von Staaten wie Indien, den Philippinen und Malaya mit jeweils hochgradig verschiedenem Organisationsgrad zeigen.247 So lag nahezu allen Vorstellungen auf amerikanischer Seite ein zentralistisches Modell eines organisierten Gemeinwesens in Staatsform zugrunde, welches sich in der fragmentierten, post-kolonialen Region um 1949/50 nur schwer mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung bringen lässt. In australischen wie britischen Archivbeständen lassen sich dabei auch Hinweise finden, dass dort dieses Vertrauen in den so angenommenen, hohen staatlichen Organisationsgrad nicht immer geteilt wurde, man jedoch vermutlich aus Rücksicht auf die eigene politische Interessenslage (also mit dem Ziel, den USA einen Einstieg so leicht wie nur möglich zu machen), von einer dahingehenden Aufklärung absah.248 Das Informationsgefälle zwischen den USA auf der einen und den Empfängerländern auf der anderen Seite war also hinsichtlich des Wissens um die Umstände vor Ort beträchtlich.

I MPERIALE U MWIDMUNG In Konsequenz bedeutete dies aber auch, dass die Konstituierung der Werte des gesamten Imperiums – und damit auch die Einschätzung imperialen Erfolges – ungeachtet der tatsächlichen Wissensverortung ausschließlich anhand ideologisch determinierter Kriterien aus dem Zentrum heraus erfolgte. Dies ging mit einer regionalen Umwidmung einher: Die anfangs vorhandene Einengung auf eine zumindest in britischer Tradition des Commonwealth befindliche Region – wie sie im Colombo-Plan anzutreffen war – trat dabei zunehmend hinter die Überlegungen zu geopolitischen Einflussräumen zurück. Die immer wieder vorgenommene Differenzierung zwischen ‚us‘ und ‚them‘, zunächst zwischen

247 Inwiefern innerhalb eines ideologischen Modells aus amerikanischer Sicht überhaupt eine regionale Ausdifferenzierung möglich war, muss dahingestellt bleiben. 248 Finkel NA DO 32/222 sowie allgemeinen Briefwechsel in NAA A4529 65/2/1952.

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Commonwealth- und Nicht-Commonwealth und dann dort innerhalb des Commonwealth nur rein ökonomisch hinsichtlich verschiedener wirtschaftlicher ‚Fortschrittsgrade‘ unterschieden wurde, bezog sich in Folge zunehmend auf ideologische Unterschiede zwischen (kommunistischem) Ost und (freiem) West.249 Im Zusammenspiel mit der raschen geographischen Expansion des Abkommens über die Commonwealth-Traditionsbereiche hinaus (die von den USA ausdrücklich erwünscht wurde), ergaben sich damit zunehmende Integrationsprobleme, die einerseits sprachlich, andererseits aber auch kulturell determiniert waren und später im Detail untersucht werden sollen.250 An den politischen Diskussionen, ob Japan Teil des vom Colombo-Plan zu erschließenden Gebietes sein sollte, regte sich in der (britisch tradierten) Peripherie (zumindest bis 1952) Widerstand: So sei traditionell das Land kein Bestandteil der Region und damit auch nicht beitrittsfähig.251 Die Ausblendung historisch und kulturell bedingter Räume und das große Vertrauen auf die Integrationsleistung (akademischer) Bildung und liberaler Gedanken trotz sprachlicher und anderer Barrieren, scheint damit für die ideologische Fundierung der Expansion entscheidendes Merkmal zu sein.252 In der Zusammenschau mit den imperialen Grundannahmen ergibt sich damit innerhalb des Stipendienprogrammes eine stark liberale ideologische Fundierung des American Empire. Dabei bleibt festzustellen, dass im Vergleich zur britischen Imperialkonzeption die der USA in der Auseinandersetzung mit dem asiatischen Kommunismus stärker dogmatisch und weniger pragmatisch ausgerichtet war.253 So war das Ziel der amerikanischen Politik weitaus mehr auf umfangreiche und tiefgreifende Veränderungen in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und kollektiver Sicherheit ausgerichtet. Wo die britische Imperialherrschaft oft lediglich Eliten austauschte und darunterliegende Sozial- und Machtstrukturen selbst bei eklatantem Widerspruch zu eigenen Wertvorstellungen unangetastet ließ, so lange diese sich funktional einpassten, basierte die Vorstellung des American Empire schlussendlich auf einem angestrebten Erkenntnisprozess der breiten Masse in Folge der wahrgenommenen ‚absoluten‘ Gültigkeit liberaler Werte in Verbindung mit einer zunehmenden Furcht vor dem Kommunismus. Die in letzter Instanz angenommene Freiwilligkeit der sich daraus ergebenden Logik weist 249 NAA A1838 3103/9/3/3. 250 Siehe hierzu auch den Abschnitt zu Wandel und Reform (S. 168). 251 Der Widerstand in Australien war dabei auch aus der Befürchtung einer erneuten militärischen Bedrohung gespeist. Vergleiche auch NAA A1838 3103/9/3/3. Zu den späteren Debatten siehe auch die folgenden Kapitel. 252 Vergleiche auch Kramer, Is the World Our Campus?. 253 Siehe hierzu auch McLean, American and Australian Cold Wars in Asia, S. 33.

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schließlich in der langfristigen Folge eher auf erhoffte Konzepte der (voluntaristischen) Hegemonie als auf die der imperialen Durchsetzung nach einer grundlegenden Wachstumsphase hin, zu denen es allerdings nicht kam. Der verschiede Stellenwert von ideologischer Qualität zwischen wachsendem und schrumpfendem Empire erklärt auch, weshalb Großbritannien gegen den partiellen Umbau des Colombo-Planes in ein Erziehungsprogramm (Universitätsbildung als ‚Education‘) nichts einzuwenden hatte, so lange die USA bereit waren, mit ihren finanziellen Ressourcen zu einem Programm zum ökonomischen Empire-Erhalt beizutragen. Auch wenn die Not nach amerikanischem Geld sehr groß war und daher eine sehr weitreichende Bereitschaft bestand, eigene Interessen zurückzustellen254, so wird deutlich, dass ein Bildungsprogramm (eben anders als ein militärisches Abkommen) für London imperiale Interessen nicht tangierte. Das dabei Australien – welches in seiner politischen Überzeugung deutliche Anleihen im britischen Imperialnetzwerk nahm255 – in der amerikanischen Überlegung zu einer Schlüsselstelle des ideologischen Imperiums by proxy werden sollte, verdeutlicht aber auch die Problematik ideologischer Imperiumsbildung. Die dogmatische Durchsetzung imperialer Vorstellungen kollidierte mit den traditionellen Bindungen der Realität, die in Differenz zu den ideologisch generierten Vorstellungen über den zu erschließenden Raum stand. Dabei wurde fehlendes Wissen um lokale Traditionen und Strukturen durch amerikanische Vorstellungen, die als universal geltend empfunden wurden, ersetzt und semantische Unterschiede hinsichtlich entscheidender Begriffe wie Freiheit oder auch universitärer Bildung ignoriert.256 Ein auf ideologischen Grundlagen basierendes Imperium konnte dabei zwangsläufig (begriffliche) Ambivalenz nur in Grenzen tolerieren, was für das in dieser Frage ungleich pragmatischere British Empire nur selten ein Problem dargestellt hatte.257 Dass einer solchen Struktur dabei der Universität die entscheidende Rolle zukam, liegt nun in der spezifisch amerikanischen Vorstellung von akademischer Bildung und dem Ringen um die eine Wahrheit.258

254 NA DO 35/2724. 255 Ebd., S. 33. 256 NAA A1838 250/9/8/8. 257 Akita/Krozewski/Watanabe, Introduction, S. 7. 258 Kramer, Is the World Our Campus?, S. 22-39.

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A MERIKANISCHE I MPERIALPOLITIK ZWISCHEN ‚T OP -D OWN ‘ UND ‚B OTTOM -U P ‘ Das in den Abteilungen für politischer Strategie in Washington, London und Canberra bis zum Frühjahr259 1951 somit erdachte Studienförderungskonzept, das nach diplomatischen Konsultationen kodifiziert worden war, sollte ab dem der zweiten Hälfte des Jahres umgesetzt werden. Die verschiedenen Elemente zur Umwidmung des Colombo-Planes wiesen dabei Eigenschaften einer institutionellen Top-Down-Imperialpolitik unter subsidiärer Beteiligung transnationaler, externer Akteure auf:260 Zentral gefällte Entscheidungen sollten über einen durch nicht weisungsgebundene Institutionen absteigend strukturierten Verlauf umgesetzt werden, der verkürzt als amerikanisches State Department261 – australische Regierung und australisches Außenministerium – australische Universitäten – süd- und südostasiatische Studierende262 dargestellt werden kann.263 Dieses Modell, was wohl nicht zufällig264 Ähnlichkeiten mit militärischen Befehlsketten aufwies, setzte eigentlich ein – hier fehlendes – umfassendes Wissen der zentralen Institutionen über die Verhältnisse vor Ort voraus, da durch den streng hierarchischen Aufbau die Handlungen der Peripherie im Zentrum vorgedacht werden mussten. Dabei ist die Auslagerung entscheidender Ebenen an externe Akteure (hier Australien als Maßnahmenträger im Colombo-Plan) unter Nutzung ihrer eigenen Interessen neben den finanziellen Vorteilen vornehmlich Gründen

259 Die Jahreszeitenbezeichnungen richten sich nach dem Modus der Nordhalbkugel der Erde, wie auch in den Quellen überwiegend angenommen. 260 Top-Down-Konzept beschreibt hier ein Modell der subsidiären Unterordnung von Aufgaben zur Erfüllung an nachgeordnete Stellen, in diesem Fall Dritte (Australien). Vergleiche grundlegend das Modell der Vereinten Nationen, Global Focal Point for Police, Justice and Corrections, UNDP8443, New York, 2012. 261 Die inneramerikanische Subsidiarität zwischen Regierung und Außenamt soll hier außen vor bleiben. 262 Die Studierenden fallen terminologisch aus dem Rahmen, da sie zunächst keine Institution darstellen. Unter Berücksichtigung der perspektivischen Einordnung als (kollektive) informelle Bürokratie kann ihnen dennoch auch hier Institutionencharakter zugewiesen werden. Die in der Wirkungskette letztlich noch folgenden Länder der Region selbst bleiben hier zunächst außen vor. 263 Zur besonderen Lage der australischen Administration in der zweiten Ebene siehe den Abschnitt zur institutionellen Friktion (S. 139). 264 Vergleiche auch grundlegend zum militärischen Charakter die Idee der Bildung in der Terminologie der „intellectual soldiers“ (NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525).

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der leichteren Systempenetration geschuldet: Im Vergleich zu den eigenen Hilfsprogrammen der USA war der Colombo-Plan, wie bereits gezeigt, in der Region deutlich positiver konnotiert.265 Ganz im Gegensatz zu dieser gedachten TopDown-Beziehung sollte bezeichnenderweise als Ergebnis dieses Modells genau das Gegenteil solcher Strukturen erreicht werden: Eine von einer kritischen breiten Masse getragene, politische und gesellschaftliche Umgestaltung zur Veränderung der Institutionen in einem bottom-up-Modell vor Ort die als starker Gegenpol zu den charismatischen Herrschern und ihrem ‚undemokratischen‘ Führungsstil gedacht war.266 Die Schaffung einer eigenständigen, prowestlichen Massenbewegung durch eine gelenkte Umsetzungspolitik erwies sich jedoch als problematisch.

I MPERIALE U NIVERSITÄT Der australischen Universität (und mittelbar auch den amerikanischen) kam im Fördermodell des Colombo-Planes eine essentielle Rolle zu: Sie war sowohl Ort der deklarativen und impliziten Wissensweitergabe, der Ort einer Art westlicher Habituation und Schauplatz intendierter informeller Netzwerkbildung – allen voran aber nicht primär Wissenschaftsort. Umso weniger nachvollziehbarer erscheint es angesichts dieser essentiellen Rolle innerhalb der imperialen Strategie, dass bis zur Krise des Stipendienprogrammes ab 1955 eine Klärung der Begrifflichkeit der Institution und ihrer Rolle kein Thema zwischen den Verhandlungsparteien gewesen zu sein scheint.267 Eine dahingehende Diskussion blieb dem überlieferten Aktenmaterial nach vollkommen aus. Der Begriff der ‚Universität‘ scheint dabei von allen Seiten in Verallgemeinerung der jeweils eigenen Erfahrungen als nahezu universale Institution wahrgenommen worden zu sein. Ganz im Gegensatz zu dieser innerhalb des anglophilen Sprachraums vorgenommenen Gleichsetzung wurden die Bedingungen in den Förderregionen umfangreich durchdacht und eine Zertifizierungs- und Anerkennungsmodell eingeführt. An-

265 NARA Lot 53 D444 Box 419. 266 Vergleiche auch Fußnote 260; Bottom-Up beschreibt hier ein Modell der zunehmenden Verantwortlichkeit von nachgeordneten Stellen, die im Sinne einer Entscheidungspyramide nach oben hin wirken. Vergleiche auch hier grundlegend das Modell der Vereinten Nationen, Global Focal Point for Police, Justice and Corrections, UNDP8443, New York, Dezember 2012. 267 Umfangreich in verschiedenen Fällen abgelegt in NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525 und NAA A4529 65/1/2/1955 Part 1.

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gesichts einer Vielzahl von (nur teilweise verbindlichen) Schulsystemen und Abschlussqualifikationen in einer Region mit allgemein niedrigem Ausbildungsgrad kam man immer wieder zur Erkenntnis, dass Qualifikationsniveaus prospektiver Geförderter aus den Zielregionen außerhalb des Commonwealth nicht vergleichbar mit australischen Abschlüssen seien und der Begriff der Universität hier nicht im selben Maße einheitlich verwendet werden könne.268 Auf politischer Ebene wurde diese Frage nach der Einheitlichkeit des Begriffes der Universität und der Vorbildung hinsichtlich möglicher Unterschiede zwischen den USA und Australien jedoch ignoriert. Das Anliegen wurde soweit ersichtlich nie thematisiert. Erst, als sich die erwarteten Erfolge nicht einstellen wollten, erkannte man überhaupt um 1955 eine Relevanz in dem Thema: „[…] Are there any differences of relevance between an Australian university and the American [counterpart] as suggested […]?“269

Z WISCHENERGEBNIS Abschließend lässt sich festhalten, dass es auf britischer Seite ein durchgehendes Interesse daran gab, die wirtschaftlichen Verflechtungen innerhalb des Commonwealth auszubauen und den Sterling zu stärken, um darüber ökonomisch das britische Imperium zu erneuern. Dieser Wechsel der imperialen Strategie war in Folge der fundamentalen Erschütterung ideologischer Herrschaft im Zweiten Weltkrieg nötig geworden, um die zunehmenden zentrifugalen Bewegungen durch nationale beziehungsweise kommunistische, anti-imperiale Bewegungen zu kontrollieren und die offenkundige Schwäche der starken Ideologisierung zu kompensieren. Dabei war London nicht in der Lage, aus eigenen Ressourcen die notwendigen Mittel für die Implementierung dieser Neukonzeptualisierung bereitzustellen, sondern schuf im Rahmen des Colombo-Planes ein Vehikel, amerikanische Gelder zur Stärkung des eigenen imperialen Rahmens zu verwenden. Dem gegenüber ist auf amerikanischer Seite ein zunächst militärischökonomisches Motiv zum Handeln über den eigenen Herrschaftsrahmen hinaus festzustellen: Aus der Sorge um die Sicherheit der Rohstoffversorgung suchte man zunächst im Sinne einer imperialen Strategie by proxy die britischen Versuche der Wiederherstellung von Kontrolle zu unterstützen. Befürchtungen vor einer als ‚unangemessen‘ empfundenen Einmischung in fremde Herrschaftsgebiete sowie die Sorge um die Wahrnehmung als imperialistisch waren hierfür haupt-

268 ANU ANUA 53 Box 830. 269 NAA A4529 65/1/2/1955 Part 1.

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sächliche Motive. Angesichts des offenkundigen Unvermögens Großbritanniens, als wiedererstarkte Ordnungsmacht zu fungieren sowie aus einem veränderten imperialen Interesse – nun ideologischer Natur des Antikommunismus – übernahmen die USA ab 1950 im Colombo-Plan eine entscheide Rolle als ‚Camouflage‘ eigener Aktivitäten und fügten dem wirtschaftlichen Programm eine ideologische Komponente hinzu: Durch die Einführung eines soft-power-Ansatz mit einem liberalen Multiplikatorenmodell über akademische Bildung sollte langfristig eine pro-westliche kritische Masse in einer Vielzahl von entscheidenden Stellen entstehen. Die Implementierung über australische Universitäten und die politische Einbettung in den britischen Colombo-Plan schufen damit den legitimatorischen Rahmen einer imperialen Penetrationsstrategie über Dritte, die langfristig die britische Herrschaft in der Region verdrängen sollte, ohne dabei allzu sehr als dezidiert ‚amerikanisch‘ wahrgenommen zu werden.

Zur Struktur imperialer Erschließung: Geplante Dynamik

I MPERIALER W ANDEL Die zunächst deutlichste Konsequenz eines wachsenden amerikanischen Einflusses auf den Colombo-Plan in der Folge des Beitritts zeigte sich auf außenpolitischer Ebene in der raschen Ausweitung der Mitgliedsstaaten. War das britische Modell auf den Raum des Commonwealth beschränkt gewesen, so änderte sich dies nur wenige Monate nach dem amerikanischen Beitritt bereits 1951 mit den Beitritten der ehemals französischen Besitzungen Kambodschas und Südvietnams, weiter des ehemals niederländischen Gebietes Malaysia 1953 und darüber hinaus auch der historisch bedingt unter amerikanischem Einfluss stehenden Philippinen 1954.1 Die Nutzbarmachung des Colombo-Planes für eine vorwiegend amerikanisch gedachte und geopolitisch orientierte Außenpolitik wurde somit auch in der Ausgestaltung der Beitrittskriterien sichtbar. Der britische Widerstand gegen diese ‚Amerikanisierung‘ des Colombo-Plans als Instrument der globalen Politik der USA hielt sich in engen Grenzen: In London herrschte nach dem ersehnten2 Beitritt der USA zunächst große Freude über die finanzielle Erleichterung. Die Hoffnung, durch amerikanisches Geld das eigene Imperium konservieren zu können, überdeckte die wenigen kritischen Stimmen in und außerhalb der Administration.3 Auch wenn sich die dezidiert für das Vertragswerk tatsächlich geleisteten amerikanischen Zahlungen relativ überschaubar ausnahmen, hoffte man doch, durch die von nun an erfolgte Zurechnung eines großen Anteils der amerikanischen Hilfsleistungen (welche vornehmlich durch die Eco-

1

Fisher NAA A4311 145/1.

2

Finkel NA DO 35/2724.

3

Allgemein in Briefwechsel NA DO 35/2724.

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nomic Cooperation Administration (ECA) geleistet wurden4) zum Colombo-Plan in der Öffentlichkeit den Eindruck eines riesigen britischen Programmes zu schaffen.5 So blieb – auch aus der nach wie vor bestehenden ökonomischen Unterlegenheit der britischen Wirtschaft6 – der außenpolitische Widerstand gegenüber der Teil-Umwidmung des Colombo-Planes in eine amerikanisch determinierte ideologisch-ökonomische Penetrationsstrategie sehr verhalten.7 Das als Erfolg gefeierte Erreichen des „entscheidenden Schritts“8 im ökonomisch verstandenen Beitritt der USA9 verdeckte die damit erfolgte, faktische Aufgabe eigener imperialpolitischer Spielräume. So akzeptierte Großbritannien angesichts der eigenen Schwäche ohne sichtbaren Widerstand die Wünsche der USA: Der (formale) Wegfall der Bezeichnung ‚Commonwealth‘ im Colombo-Plan auf britischen Vorschlag hin war damit einerseits Zeichen der bedingungslosen Konzilianz Großbritanniens an die USA10, andererseits aber auch sichtbar gewordener Wandel hinsichtlich der geostrategischen, amerikanischen Ziele. Die britische Tradition und Herkunft des Vertragswerks boten damit für die USA erfolgreich die Möglichkeit, eigene Interessen durch eine historisch ‚unbefangenere‘ Institution durchsetzen zu können, ohne selbst dafür in der Kritik zu stehen, wie in der grundlegenden Idee eines Imperiums by proxy angestrebt.11 Diese Änderungen, die letztlich auf eine Aushöhlung der ursprünglichen Absichten und eine ‚Camouflage‘ der amerikanischen Außenpolitik im britischen Gewand ergaben, blieben in London lange unbemerkt oder wurden unkritisch behandelt.12 Trotz des Wegfalls der britischen Denomination blieb es zunächst bei der zweiten begrifflichen ‚Klammer‘ des Namens durch die Beschränkung auf Süd- und Südostasien. Erst durch den Betritt Japans auf ausdrücklichen Wunsch der USA 1954, die sich davon eine westliche Reintegration des ehemaligen Kriegsgegners angesichts der geopolitischen Lage des Landes fiel auch diese Begrenzung weg, auch wenn sie zumindest dem Namen nach weiterhin bestand. Ganz im Sinne der politischen Andienungsstrategie Australiens erklärte sich dabei im Übrigen 4

White, 'A Waste of Time and Money'?, S. 78.

5

NA DO 35/2724.

6

Tomlinson, 'The Weapons of the Weakened', S. 36.

7

Black NA DO 35/2721.

8

Vergleiche NA DO 35/2724.

9

Der amerikanische finanzielle Beitrag begründete sich dabei allerdings hauptsächlich aus Umwidmung bestehender Mittel in der Entwicklungshilfe. Vergleiche hierzu auch White, 'A Waste of Time and Money'?, S. 78.

10 NAA A1838 2020/6 Part 1. 11 Bacevich, American Empire, S. 21-29. 12 NA DO 35/2721.

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das Außenministerium in Canberra dazu bereit, den Beitritt Japans allen innenpolitischen Vorbehalten zum Trotz nicht nur zu unterstützen, sondern sogar in die zuständigen Gremien verantwortlich einzubringen, daher als sogenannter ‚sponsor‘13 einer entsprechenden Resolution an Stelle der USA zu agieren.14 Somit war binnen lediglich weniger, sehr dynamischer Jahre aus dem Commonwealth Colombo Plan ein transnationales Vehikel amerikanischer Interessenspolitik geworden, in dem die vormalige Führungsmacht Großbritannien an Einfluss verloren hatte und die britische Herkunft vornehmlich zur Beruhigung antiamerikanischer Vorbehalte in der Region diente.15 Für die nun folgende Untersuchung steht das – zwangsläufig nicht vollkommen isoliert betrachtbare – Stipendienprogramm des Colombo-Planes in der Umsetzung über den Proxy im Zentrum.16 Dieses stand dabei aus verschiedenen Gründen ganz besonders vor dem Problem der Integration einer in vielerlei Hinsicht immer heterogeneren Zusammensetzung der Herkunft der geförderten Studierenden sowie zahlreicher Partikularinteressen, die sich nur kurzzeitig zu Anfang überschnitten hatten. Dabei sollen zunächst die Entwicklungen innerhalb der statistischen Daten dargestellt und ausgewertet werden, ehe dann darauf basierend die politischen Entwicklungen auf den verschieden Ebenen sowie die Rolle der Studierenden in einer Umsetzungspolitik in der Peripherie selbst in den Fokus rücken.

D IE S TUDIERENDEN ‚Die‘ im Colombo-Plan geförderten Studierenden stellten zu keinem Zeitpunkt eine in sich geschlossene, homogene Gruppe dar, so dass sich im Folgenden in der Frage einer umfassenden Charakterisierung der Zielgruppe der Förderung allenfalls eine Annäherung erreichen lässt.17 Dabei änderte sich die Zusammenset-

13 Jones NAA A1838 3103/9/3/3. 14 Zusammenhang ANZUS und Japan in NAA A1838 532/13 Part 1. 15 Vgl. für Indien beispielsweise NARA RG 59 250/39/26/3 Box 2858. 16 Insbesondere aufgrund des grundlegend politischen Rahmens ergaben sich aus den globalpolitischen Verschiebungen und der Entwicklung in Asien insgesamt Konsequenzen für die Umsetzung des Projektes. Dazu später mehr. 17 Die Zahlen dieses Abschnitts basieren auf eigenen Berechnungen aus ANUA 53 Box 830, NAA A1838 156/5, den Registraturarchivalien USYD 1950-58, UAdel 1951-57 und UMel 1950-57 sowie Sauer (Hrsg.), The Colombo Plan for Cooperative Economic Development in South and Southeast Asia 1951-2001. Der überlieferte Datenbe-

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zung des Studierendenfeldes im Verlauf des Untersuchungszeitraumes in verschiedenen Dimensionen mehrfach: Unter anderem die Verschiebungen hinsichtlich des Alters sowie des Geschlechterverhältnisses spiegelten insofern auch den beständigen Anpassungsprozess des Programmes an politische Anforderungen und dynamische Veränderungen wieder. Das folgende Zahlenmaterial basiert dabei aus der Auswertung der nur teilweise erhaltenen Unterlagen zur Durchführung und ist daher in Folge auch nur mit gewisser Vorsicht belastbar. Einerseits weisen die Personalbögen gerade in der Anfangszeit ganz offensichtliche Fehler auf (so beispielsweise in einzelnen Fällen erkennbar in Platzhalter-Funktion angegebenem Geburtsdatum, der Herkunft oder des Familienstandes), andererseits ist stets der politische Kontext des Programmes mit zu berücksichtigen: Die vorhandenen Zahlen der verschiedenen Quellenprovenienzen widersprechen sich teilweise, vor allem dahingehend, das auf Ebene des Außenministeriums in der Tendenz höhere Studierendenzahlen als an den Universitäten selbst zu finden sind. Hierfür erscheint eine intendierte Nutzbarmachung aufgrund der sicherheitspolitischen Verknüpfungen des Förderprogrammes aus außenpolitischen Gründen plausibel, jedoch sind auch anderer Erklärungsalternativen wie beispielsweise nicht dokumentierte, verschiedene Stichtagsregelungen oder unterschiedliche Klassifizierungen hierfür zumindest denkbar. Ein grundlegendes Problem in der Erfassung besteht (und bestand auch in den zeitgenössischen Analysen) in der Abgrenzung zur technischen Kurzzeitförderung in der beruflichen Weiterbildung im Colombo-Plan, die in einigen Fällen auch an den Universitäten stattfand, aber durch den Fokus auf bereits im Beruf stehende Geförderte und ihrer nur kurzen Förderdauer von bis zu acht Monaten aus dem Rahmen des politischen Stipendienprogramms fiel.18 Doch trotz dieser systematischen Einschränkungen lassen sich einige Tendenzen ausmachen, die für die Umsetzungspolitik entscheidend erscheinen. Eine wichtige Zäsur stellte dabei das Jahr 1955 dar, in dem sich aufgrund der bis dahin gemachten Erfahrungen eine grundlegende Neudefinition des Förderprogramms weg von einer Massensystempenetration hin zu einem kleinen Modell der Elitenbindung vollzog.19 Im Verlauf des Untersuchungszeitraumes verschob sich das Eingangsalter der Studierenden bei Studienaufnahme in Australien langsam immer weiter nach oben, ehe um 1955/56 aufgrund der systemischen Neuorientierung von der Breiten- in die Spitzenförderung und den damit einhergehenden Änderungen von Bachelor- auf Master- und Promotionsstudiengänge der Altersschnitt deutlich stand ist in weiten Teilen fragmentarisch und die Zuordnung der Studierenden zu den verschiedenen internationalen Förderprogrammen teilweise nachweisbar falsch. 18 NAA A6895 N1956/26 PART 1 Colombo I 19.2.1957. 19 Siehe hierzu auch den Abschnitt zu Wandel und Reform (S. 168).

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anstieg: Gab es unter den ersten Geförderten noch einige Studierende mit unter 17 Jahren, so lassen sich diese um 1958 im überlieferten Material nicht mehr finden.20 Die Gründe für diese Entwicklung dürften dabei einerseits im immer umfangreicher werdenden Auswahlverfahren zu finden sein, welches angesichts der sich verändernden Erwartungen der Akteure komplexer wurde, andererseits aber auch mit einer vermutlich abnehmender Bereitschaft der Entsendeländer, vergleichsweise junge Studierende zu entsenden. Innerhalb des frühen Programms lässt sich feststellen, dass hinsichtlich der Studienabschnitte die weit überwiegende Mehrzahl der Geförderten in Bachelor-Studiengänge eingeschrieben war, wobei medizinische Studiengänge in den ersten Semestern ebenso behandelt wurden. Nur sehr wenige Studierende waren in Master-Programme eingeschrieben, mangels Angebot niemand in einem Doktoratsprogramm. Auch die Verteilung der Geschlechter innerhalb des Förderprogrammes veränderte sich über die Zeit:21 Gerade in der Anfangszeit um 1952/53 scheint der Anteil geförderter Frauen mit knapp 40 Prozent für die Zeit erstaunlich hoch, was sich innerhalb des Spektrums der Studienfächer durch den enorm hohen Teil der weiblichen Studierenden im Education-Bereich erklärt, die weit überwiegend aus Lehramtsstudierenden bestanden.22 Darüber hinaus waren auch im Bereich der nursing studies ausschließlich Frauen zu finden.23 Trotz der auch in der Verwaltung aufgrund der fremdsprachigen Namen immer wieder problematischen Zuordnung der Studierenden zu einem Geschlecht24, was die Einordnung in ein genaues Zahlenverhältnis erschwert, blieb dieses Geschlechterverhältnis bis zu den Auswirkungen der Neukonzeptionsphase 1956 vergleichsweise stabil. Nach dem neuen Fokus auf eine elitäre Systempenetration sank der Frauenanteil, auch weil die Lehramtsfächer mit einer Vielzahl weiblicher Studierender innerhalb des 20 Darüber hinaus ist die Erfassung des Alters schwierig: Es existieren vereinzelte Personalbögen mit ganz offensichtlichen pro-forma-Daten (z.B. Geburtsdatum 1.1.1950 bei Immatrikulation 1954). 21 Daniel Oakman spricht von einem „typischerweise männlichen“ (Oakman, Facing Asia, S. 193) Geschlecht der Studierenden. Bedauerlicherweise gibt er für diese Feststellung keine Quelle an, so dass sich die unterschiedlichen Befunde hier nicht klären lassen. 22 A18 Statistics on the Colombo Plan 1957 NAA A10299 A18. 23 A19 Statistics on the Colombo Plan 1959 NAA A10299 A19. 24 In der Anfangsphase scheint das Geschlecht auf dem Fragebogen nicht immer angegeben worden zu sein, es finden sich vereinzelte Fälle wo im Verlauf der Förderung aus ‚männlichen‘ Kandidaten plötzlich weibliche Studierende wurden und andersherum. Die Schreibweise asiatischer Namen, die den Verwaltungsmitarbeitern offensichtlich teilweise sehr fremd war, tat ihr übriges dazu.

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Förderspektrum zurückgingen: Um 1958/59 scheinen lediglich noch circa 25 Prozent der Geförderten Frauen gewesen zu sein. Die Erfassung der Herkunftsländer über die Zeit fällt aufgrund der fehlenden zentralen Dokumente schwer, es lassen sich aber auch in dem rudimentären Datenbestand Tendenzen ausmachen. Die im Folgenden erwähnten prozentualen Anteile beziehen sich dabei jeweils auf die in Klammern angegebene Jahreszahl und sind mit dem Vorbehalt der problematischen Datenlage als Indikatoren zu betrachten. Insbesondere die konkreten Fallzahlen sind dabei mit großer Vorsicht zu behandeln. Insgesamt fallen die stetig abnehmende Studierendenzahl aus den Commonwealth-Ländern sowie der zunehmende Fokus auf Studierende aus nicht-englischsprachigen Ländern auf. Einerseits halbierte sich beispielsweise der prozentuale Anteil der Studierenden aus Burma (ehemals Britisch-Indien) von 1954 bis 1958 von 11 auf 6 Prozent (174 auf 68 Studierende)25, noch deutlicher am Beispiel der Zahl indischer Studierender, welche von 242 auf 26 Studierende (16 auf drei Prozent) sank. Dem gegenüber entwickelte sich andererseits das ehemals niederländische Indonesien, was im ursprünglichen Vertragswerk nicht Mitgliedsstaat gewesen war (1953: kein Studierender26, 1954 knapp 17 Prozent der Geförderten), rasch nach dem Beitritt zu einem der größten Entsendeländer überhaupt, welches 1958 mit 255 Studierenden knapp ein Drittel der in diesem Jahr geförderten Studierenden stellte. Zweitgrößtes Entsendeland des Jahres war die ehemals britische Föderation Malaya, welche 1958 gut 20 Prozent der Studierenden stellte (1954: acht Prozent), das allerdings in einer besonderen Beziehung zu Australien aufgrund des ANZAM-Abkommens zur kollektiven Verteidigung durch Australien und Neuseeland stand.27 Dieser sichtbaren Lösung aus dem Commonwealth-Kontext unbenommen blieben trotz intensiver politischer Bemühungen die Zahlen z.B. vietnamesischer Studierender – vermutlich vornehmlich aus politischen Gründen in den Entsendestaaten sowie der sprachlichen Hürden im englischsprachigen Australien – durchgehend auf niedrigem Niveau: Ihre Zahl steigerte sich von 1954 bis 1958 lediglich minimal von 16 auf 23 Studierende (von knapp ein Prozent auf gut zwei Prozent).28 25 Der prozentuale Rückgang fällt deutlich stärker aus als die Zahlen das nahelegen: Hieran schuld ist die etwas eigentümliche Statistikführung in den Quellen, die für die Jahre 1951-1954 – vermutlich aus politischen Gründen – die Einzelwerte aufsummierte, ohne dies ausdrücklich zu kennzeichnen. Im Folgenden als ‚1954‘ angegebene Werte beziehen sich daher auf diese Gesamtheit. Vgl. NAA A1838 156/5 Incoming Students 1950-1958. 26 Jahr des Beitritts. 27 Bell, Dependent ally, S. 58. 28 Vergleiche hierzu auch NAA A4529 65/2/1952 aaO.

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Die bisherigen anteiligen Zahlen zeigen bereits die in der Summe relativ geringe Zahl von Geförderten. Insgesamt blieb sie durchgehend während des gesamten Untersuchungszeitraumes hinter den politisch formulierten Erwartungen von den (mindestens) 10.000 Studierenden zeitgleich in Australien zurück.29 Limitierender Faktor waren dabei zunächst die zur Verfügung gestellten Angebote: So schrieb man im ersten Jahr des Förderprogramms 1951 in Australien lediglich 150 Stipendienplätze an die Entsendeländer aus.30 Und auch trotz rasch wachsender Ausschreibungszahlen lagen die Zahlen der schlussendlich eingeschriebenen Studierenden weit unter den Erwartungen: Die weniger als 2.000 Colombo-Plan-Studierenden, die 1953-54 zeitgleich in Australien waren, lagen weiterhin deutlich unterhalb der ursprünglich angedachten ‚Divisionsstärke‘31, die anschließend nach Asien zurückwirken hätten sollen. Zum zehnjährigen Jubiläum des Programmes 1961 konstatierte man in London insgesamt über die gesamte Vertragslaufzeit bei allen Teilnahmeländern eine Gesamtzahl von 20.000 Studierenden unter Einbeziehung der beruflichen technischen Weiterbildungsprogramme, deren Anteil an dieser Zahl unklar bleibt, aber deutlich größer als das Studierendenprogramm war.32 Auch wenn sie dich Zahlen zweifelsfrei nicht mehr fassen lassen, ist zumindest eine Annäherung möglich: An der gut dokumentierten Australian National University in Canberra studierten vom Beginn des Förderprogrammes 1951 bis einschließlich 30. Juni 1958 in der Summe 2.286 Studierende im Colombo-Plan. Insgesamt dürften australienweit im Zeitraum von 1951 bis 1958 damit insgesamt ca. 8.000-9.000 Studierende und maximal 2.000 Studierende gleichzeitig in der Förderung gewesen sein. Im Verlauf des Untersuchungszeitraumes schwankten die Zahlen dabei: Nach einer langsamen anfänglichen Wachstumsphase, in der die Zahlen kontinuierlich stiegen, stabilisierten sie sich ab ca. 1953 auf niedrigem Niveau mit ca. 2000 zu diesem Zeitpunkt gleichzeitig in Australien geförderten Studierenden. Mit dem Strategiewechsel 1956 sank die Zahl bis ans Ende des Untersuchungszeitraumes wieder, zeitgleich mit einer höheren Spezialisierung der Studierenden (Master-/ Doktorandenstudiengänge).33 Dabei war anfangs die Förderdauer mit ca. vier 29 NAA A5954 2077/4 aaO. 30 NAA 1838 2020/1/12 Part 1 Colombo Plan Bureau 10/1954. 31 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525 Washington State 59. 32 NA DO 35/8784. 33 Trotz des Rückganges und der Spezialisierung scheinen die bei Daniel Oakman für 1959 erwähnten 434 Stipendienplätze in ganz Australien zu gering angesetzt. Das Problem der Differenzierung zwischen geförderten Studienplätzen und geförderten Weiterbildungsplätzen macht eine genaue Nachzeichnung auch bei ihm schwierig, festzuhalten bleibt dennoch auch hier, dass auch in seine Analyse die Plätze in der

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Semestern erstaunlich kurz: Dies dürfte aber eher ein Resultat der hohen Abbruchquoten (für die sich bedauerlicherweise keine konkreten Zahlen finden lassen34) gewesen sein, auf die sich indirekt aus Berichten der Dozenten35 sowie den Klausurdurchfallraten (markiert als ‚fail‘) der Australian National University in Canberra schließen lässt, die 1958 bei den erfassten Fächern für die ColomboPlan-Stipendiaten im Schnitt über alle Fächer hinweg bei sehr hohen 72 Prozent lag.36 Im Vergleich zu den regulären Studierenden, die auch noch zu knapp 30 Prozent (mindestens) eine Prüfung nicht bestanden, zeichneten sich damit die Probleme imperialer Politik über eine eigenständige Institution mit der Zielsetzung der Zertifizierung und Qualifizierung bereits ab. Wie viele der ColomboPlan-Studierenden ihr Studium erfolgreich (also mit einem Abschluss) zu Ende brachten, lässt sich nicht feststellen. Diejenigen, die es über die ersten beiden Semester hinaus schafften, sich aller sprachlichen und kulturellen Differenzen zum Trotz an den Universitäten zu etablieren, konnten aber im Regelfall das Studium erfolgreich zu Ende führen. Dabei ist zwischen Studierenden aus den ehemaligen Commonwealth-Ländern des britischen Empires und solchen aus den ‚neuen‘ Beitrittsländern zu differenzieren, wobei aus letzteren Herkunftsländern vermutlich nur sehr wenige (sehr wahrscheinlich weniger als zehn Prozent) der Studierenden ihr Studium zum geplanten Ende brachten. Die soziale Herkunft der Studierenden ist schwer nachzuvollziehen. Die Unterlagen selbst thematisieren die Herkunft nur in den wenigen Fällen, wo es zu einer direkten Interaktion zwischen Universität/Außenministerium und Eltern kam37 oder vereinzelt in den Auswahlgesprächen38. Daniel OAKMAN stellt – bedauerlicherweise ohne Quellenbezug – fest, dass die Mehrheit der Stipendiaten aus der Mittelschicht stammte.39 Dagegen spricht aber die (nur indirekt fassbare) Beobachtung der Universitäten, dass allen Bemühungen zum Trotz gerade in den Summe signifikant hinter den Erwartungen zurückblieben Oakman, Facing Asia, S. 183. 34 Sie scheinen überdurchschnittlich hoch gewesen zu sein, wie in verschiedenen hochschulinternen Diskussionen festgestellt wurde (vergleiche unter anderem ANUA 53 Box 830). Wie hoch tatsächlich der Absolventenanteil einer Eingangskohorte gewesen ist, lässt sich aber leider universitätsübergreifend nicht mehr feststellen. Damit ist eine konkrete prozentuale Angabe über den Gesamterfolg leider nicht möglich. 35 Statistics 1958 ANUA 53 Box 830. 36 Matric Status 1958 ANUA 53 Box 830. 37 Eine der wenigen Ausnahmen findet sich in NAA A1362 1960/79 Part 1 über die finanzielle Unzuverlässigkeit des betroffenen Studierenden. 38 NAA A1838 2045/1/10 PART 1. 39 Ebd., S. 193

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Anfangsjahren die Stipendiaten zu einem auffälligen (aber nicht bezifferbaren) Anteil aus den bestehenden politischen Eliten der Entsendestaaten stammten.40 Ein dennoch leichter Hinweis auf eine Öffnung ‚nach unten‘ ergibt sich in diesem Kontext lediglich aus der ebenso vorhandenen Wahrnehmung hinsichtlich einer Veränderung zur Vorkriegszeit: Die Studierendenkonstellation sei ‚anders‘ als früher, als sich die damaligen Studierenden aus Asien in Australien nahezu ausschließlich aus den lokalen britischen Verwaltungseliten beziehungsweise den Kindern dieser rekrutiert hatten.41 Mit gewissen Vorbehalten liegt daher angesichts der für ein Universitätsstudium benötigten (teuren) Vorbildung daher für die ersten Jahre des Colombo-Planes eine Einengung der Herkunft der Studierenden auf Kinder der Mittel- und Oberschicht nahe, ohne dass dies an dieser Stelle nachgewiesen werden könnte. Die geförderten Studienfächer stammten in Konsequenz der Doppelfunktion des Colombo Planes in der technisch-ökonomische Kooperation sowie der politischen-ideologischen Erschließung in der Mehrheit aus zwei grundlegenden Fachbereichen: Einerseits lassen sich im Bereich der anwendungsorientierten Ingenieurs- sowie der Agrar- und Forstwissenschaften (vornehmlich an den Universitäten Canberra und Adelaide) Schwerpunkte bilden, darüber hinaus aber ein deutlich größerer im Bereich der Verwaltungs- (Public Administration Studies; vornehmlich Canberra) und Lehramtsstudien (zusammengefasst unter Education; vornehmlich Adelaide). Bis 1956 stellte erstere Fächergruppe mit insgesamt knapp 15 Prozent der Studierenden die größte Fächergruppe dar, letztere beide stellten zusammen mit knapp einem Viertel der Studierenden (jeweils knapp 14 Prozent, insgesamt gut 27 Prozent) darauf folgend die zweitgrößten Fachgruppen innerhalb der Geförderten dar, wobei es im Verlauf 1951-56 zu einem langsamen Rückgang des Anteils der ‚wirtschaftsorientierten‘ Studiengänge kam. Insgesamt stellten die drei ‚großen‘ Fächerfelder mit über 40 Prozent die relative Mehrheit der Studierenden, während die weiteren Fächer mit nur vergleichsweise geringen Einzelstudierendenzahlen ein sehr breites Feld vom Spezial- und Gefahrtransportwesen über einzelne Sprachen bis zu den Gefängniswissenschaften abdeckten. Auch im Bereich der Wahl des Studienganges ergaben sich im Verlauf des Untersuchungszeitraumes gewisse Wandlungstendenzen, wenngleich diese auf niedrigerem Niveau verblieben: Auf Kosten der kleineren Fächer verschob sich das Verhältnis immer weiter hin zu den drei skizzierten Schwerpunktblöcken. Hierfür dürfte vor allem die Erfassung des Studienziels bereits in der Auswahlarbeit eine Rolle gespielt haben (und eine daraus folgende dement40 Millar – Colombo Plan Scholarships NAA A694 B824 Part 1. 41 Sauer (Hrsg.), The Colombo Plan for Cooperative Economic Development in South and Southeast Asia 1951-2001, S. 9.

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sprechende Auswahlpolitik, ohne dass dies konkret hier nachgewiesen werden konnte), welche in den ersten Jahren zumindest formularhaft nicht abgefragt und damit zentral registriert wurde. Darüber hinaus ging die Zahl der Studierenden in den anwendungsorientierten Technikfächern sehr langsam zurück. Nach dem Strategiewechsel kam es um 1958 zu einer erneuten Auffächerung der Fächer, die zwar nach wie vor die genannten Schwerpunkte aufwiesen, aber dennoch deutlich heterogener wurden, was auch an den insgesamt ab da sinkenden Studierendenzahlen lag. Die Verteilung der Studierenden auf die verschiedenen Universitäten ist dabei mit ähnlichen Datenproblemen wie die anderen Bereiche behaftet: Im Archivmaterial lässt sich keine abschließende Aufstellung aller teilnehmenden Universitäten finden. Angesichts der am häufigsten erwähnten Universitäten von Adelaide (University of Adelaide), Canberra (Australian National University, ANU), Melbourne (University of Melbourne), Sydney (University of Sydney, University of New South Wales) wurden lediglich diese Archive gesichtet.42 Es lässt sich im Allgemeinen feststellen, dass sowohl Canberra wie Adelaide im gesamten Untersuchungszeitraum die jeweils stärksten Gruppen von ColomboPlan-Studierenden aufwiesen (jeweils ca. ein Drittel der Geförderten), gefolgt von der Universität Melbourne und dann mit großem Abstand der University of Sydney und der University of New South Wales (UNSW). Dabei waren die ANU und die UNSW die mit Abstand jüngste Universitäten der Trägerinstitutionen, die eher technisch ausgerichtet und erst 1946 beziehungsweise 1949 gegründet worden waren.43 Alle anderen wiesen eine vergleichsweise starke Eigenständigkeitstradition auf, die sich in verschieden starkem Ausmaß auf britische Universitäten bezog.44 Insgesamt lässt sich die Entwicklung im Colombo-Plan hin zu einer zunehmend älteren, männlicheren und hinsichtlich der Herkunftsländer heterogeneren Zusammensetzung der Studierenden zusammenfassen. Am deutlichsten wird dabei zunächst einerseits die Wirksamkeit des im Untersuchungszeitraum stattfindendes politische Wandels der außenpolitischen Ziele des Colombo-Planes in der Veränderung der Herkunftsländer der Studierenden, die anfangs zu großen Teilen aus den Ländern des Commonwealth stammten, ehe sich spätestens 1954 ein Fokus auf – aus amerikanischer Sicht – potentiell ‚kommunismusaffine‘

42 1950 bestanden in Australien acht Universitäten und zwei University Colleges. Vergleiche Horne/Sherington, 'Dominion' Legacies, S. 294. 43 Jim Breen, Higher Education in Australia, Melbourne 2002, S. 2. 44 Bruce Williams, Liberal education and useful knowledge. A brief history of the University of Sydney, 1850-2000, Sydney 2002, 28-33.

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Staaten an der Peripherie erkennen lässt.45 Gleiches gilt für die gezeigten Verschiebungen im Fächerkanon, welche bis 1956 den Erfolg der amerikanischen Neuausrichtung hin zur Multiplikatorenausbildung verdeutlichen. Andererseits lässt sich auch die grundlegende Unkontrollierbarkeit des Top-Down-Modells hinsichtlich der Abhängigkeit von externen Institutionen (hier: der Entsendeländer) an den begrenzt bleibenden Studierendenzahlen ersehen. Diese Entwicklung führte zu dem nur sehr langsamen Wachstum der Zahl der Studierenden (Aufwuchs), das im Anschluss an die Reform von 1955 sogar ins Negative umschlug, ohne dass hier monokausale Erklärungen naheliegen. Die festgestellten Veränderungen in der Zusammensetzung des Studierendenfeldes wurden durch den politischen Prozess und die Besonderheiten der Funktionsweise eines modernen Imperiums by proxy maßgeblich beeinflusst, so dass für die weitere Arbeit die institutionellen Friktionen sowie die Lösungen hierfür im Fokus stehen. Es steht dabei zu vermuten, dass die bereits umrissenen handelnden Akteure dabei – wie auch an der Entwicklung der Studierendenkonstellationen sichtbar wurde – trotz temporär in der Anfangsphase geeinter Ziele in der Folgezeit vornehmlich eigenen Interessen ‚unterhalb‘ der gemeinsamen Struktur des Colombo-Planes folgten.46

Z UM A BLAUF An der Umsetzung der Imperialpolitik in der Peripherie waren wie schon gezeigt mit dem australischen Außenministerium, den Auslandsvertretungen und zuletzt den Universitäten mehrere Akteure mit ganz eigenen Absichten beteiligt, die ohne formalisierte Aufgabenverteilungen die Top-Down-Struktur in konkrete imperiale Maßnahmen ‚übersetzten‘. Im deskriptiven Modell von Interesse, Strategie und Implementierung waren die Universitäten ausschließlich für die Implementierung der in den beiden Außenministerien gebildeten Strategie zuständig. Einzelne Bereiche der Umsetzungspolitik erfolgten aber auch durch das Außenministerium und seine Auslandsvertretungen, wie beispielsweise der Kontakt zu den Entsendestaaten und die Selektionsarbeit. Noch vor dem Studium in Australien stand zunächst die Auswahl von geeigneten Kandidaten aus einem äußerst heterogenen Pool von Interessenten. Die aus verschiedenen Bildungs- und Schulsystemen stammenden Bewerberinnen und

45 White, 'A Waste of Time and Money'?, S. 78. 46 Siehe hierzu den Abschnitt zur institutionellen Friktion (S. 130).

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Bewerber, die „ganz Asien“47 repräsentieren sollten, waren unter anderem sowohl hinsichtlich ihrer Sozialisation wie ihrer geographischen Herkunft sehr unterschiedlich. Die vereinfachte, ursprüngliche Vorstellung einer vergleichsweise simplen ‚Bestenauslese‘ anhand von Notenlisten scheiterte dabei schon an dem breit gestreuten Zertifizierungsrahmen eines internationalen Bewerberfeldes.48 Um exemplarisch die Komplexität des Verfahrens zu verdeutlichen, soll im Folgenden anhand der Regelungen der Ablauf um 1952/53, also bereits nach den ersten Anpassungen, dargestellt werden:49 Nach Freigabe der Mittel durch das australische Außenministerium schrieben das Bildungs- oder Schulministerium des entsendenden Staats in Absprache mit Australien die für das Land zugeteilte, jeweilige Anzahl an Colombo-Plan-Stipendien an Schulen beziehungsweise Universitäten aus,50 wo mögliche, prospektive Kandidaten angesprochen werden sollten. An einigen Schulen wurde das Verfahren vermutlich auch mit einer direkten Anwerbung begabter Schülerinnen und Schüler über das Lehrpersonal durchgeführt, ohne dass sich hierfür Nachweise finden lassen.51 Nachdem das jeweilige Ministerium die (vermutlich hier schon selektierte) Liste an das australische Außenministerium weitergegeben hatte, setzt der eigentliche Auswahlprozess ein. Diese Bewerberinnen und Bewerber stellten sich schriftlich mit Zeugnissen sowie einem (manchmal auch mehreren) Empfehlungsschreiben und ihrem Lebenslauf in einem Vorstellungsgespräch an der Auslandsvertretung in der jeweiligen Hauptstadt vor: Aus diesem Bewerberfeld wählte anhand der Gespräche und der Unterlagen die australische Botschaft beziehungsweise Mission vor Ort die prospektiven Geförderten aus und schlugen die erfolgreichen Kandidaten dann dem australischen Außenministerium für eine Förderung vor. Nach Annahme durch letzteres entschieden sich die Geförderten für eine der teilnehmenden Universitäten in Australien sowie einen Studiengang, mussten im üblichen Zulassungsverfahren die dortigen Voraussetzungen für eine Einschreibung erfül47 Spender NLA ORAL TRC/354-355. 48 Dabei scheint es in den Anfangsjahren keine einheitlichen Vorgaben hinsichtlich der Umrechnung von Noten gegeben zu haben, vielmehr entschieden zunächst die Auslandsvertretung über die Studierfähigkeit der Interessenten. Vergleiche hierzu auch NAA A4529 65/1/4/1952-1955. 49 Grundlegend nach NAA A4529 65/1/4/1952-1955. 50 Leider erschließt sich weder aus Archivbeständen noch Interviews mit ehemaligen Studierenden nicht, wie genau die Ausschreibung sich vollzog. Es scheint dabei aber beachtliche regionale Unterschiede gegeben zu haben. Vergleiche hierzu auch Sauer (Hrsg.), The Colombo Plan for Cooperative Economic Development in South and Southeast Asia 1951-2001, S. 19-69. 51 Hinweis in ebd., S. 42.

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len52 und eine Stipendienvereinbarung53 unterzeichnen. Nach der Übersendung der Reisegutscheine und der folgenden Anreise nach Australien per Schiff oder Flugzeug konnte das Studium aufgenommen werden. Das Verfahren dauerte in Einzelfällen insgesamt bis zu eineinhalb Jahre zwischen Ausschreibungsbeginn und Studienanfang, auch wenn es wohl im Regelfall schneller ging: Die Anzahl der beteiligten Institutionen, die von Australien immer wieder beklagte, nur halbherzige Unterstützung des Projektes in den Entsendestaaten54 und die langen Postlaufzeiten taten ihr Übriges dazu, die Zeitspanne zwischen Ausschreibung und Studienanfang weiter zu verzögern. Unter anderem diese lange Verfahrensdauer macht es auch schwer, eine konkrete Förderquote, daher das Verhältnis von Bewerbungen zu Aufgenommenen, zu erfassen: Einerseits wurde die Zahl der grundlegend von den Schulen Vorgeschlagenen oder Selbstbewerbern nicht erfasst, andererseits scheint es einige Studierende gegeben zu haben, die bei der Zusage bereits anderweitige Studien aufgenommen hatten und den zugesagten Platz in Folge verfallen ließen. Die von Australien beeinflussbare Förderquote (also das Verhältnis von Vorschlag und Zusage im Außenministerium) betrug dabei 1952 in diesem Verfahren circa 60 Prozent, was für ein Stipendienprogramm zunächst vergleichsweise hoch erscheint. Angesichts der Überlegungen, dass es sich zuvörderst um eine politische Breiten- und nicht eine akademische Spitzenförderung handelte, relativiert sich diese Aussage allerdings wieder: In diesem Kontext erscheint eine Ablehnungsquote von 40 Prozent erstaunlich hoch, die sich nur durch innenpolitische Vorbehalte gegenüber der ‚politischen Verlässlichkeit‘ des Bewerberfeldes erklären lässt. In Zahlen bedeutete dies, dass das australische Außenministerium bereits 1951 zunächst 260 neue, zusätzliche Stipendien für Bachelor-Studiengänge ausschrieb, auf die es 194 Vorschläge aus den Entsendeländern gab, von denen wiederum 116 durch die australische Administration zuerkannt wurden. Von diesen traten schlussendlich 98 Studierende ihr Stipendium an – somit wurden also nicht einmal 40 Prozent der verfügbaren Plätze tatsächlich wahrgenommen.55 Darüber hinaus war durch das Auswahlverfahren das Primat der Politik im Plan deutlich sichtbar: Durch die lediglich nachgelagerte Position der Universität 52 Die Universitäten schrieben dabei gerade in den Anfangsjahren großzügig ein und sahen über unzulängliche Sprachkenntnisse oder Qualifizierungsniveaus hinweg. 53 Indirekt in NAA A1838 250/9/8/8. 54 Hier setzte man vornehmlich auf direkte Finanzhilfen zur Umsetzung von eigenen Projekten. Gerade die Länder außerhalb des Commonwealth-Rahmens verfolgten das Stipendienprogramm skeptisch. Vergleiche hierzu auch NARA RG 59 250/39/26/3 Box 2858. 55 NAA A10299 C13 und eigene Berechnungen.

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innerhalb des Auswahlprozesses, blieb ihr lediglich ein politisch vorgefiltertes ‚Studierendenangebot‘ zur weiteren Selektion. Bezeichnenderweise scheinen dabei in den Anfangsjahren die Universitäten hinsichtlich der Aufnahme nicht bewusst zwischen selbstzahlenden Studierenden aus Asien und Colombo-PlanStipendiaten unterschieden zu haben, da für die Universitäten selbst innerhalb der eignen Verwaltung nach der Immatrikulation zunächst gar nicht erkennbar war, wie viele ihrer Studierenden aus dem Förderprogramm stammten.56 Die ‚Geeignetsten‘ mussten also nur nachrangig überdurchschnittliche schulische oder vorakademische Eingangsleistungen erbracht haben, als vielmehr den politischen Ansprüchen an eine Förderung genügte zu tun – ganz im Sinne des politischen Ziels der Massensystempenetration. Diese Zurückstellung der intellektuellen Eignungsfähigkeit an einer akademischen Institution57 sorgte angesichts der späteren hohen Durchfallraten in den Klausuren für Probleme, die im weiteren Verlauf den Erfolg des ganzen Programmes gefährdeten, so dass sich geplante Systempenetration in der Breite nicht im gewünschten Umfang umsetzen lassen konnte.58 Essentieller Bestandteil des Abkommens über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg war eine verpflichtende Rückkehr der Geförderten nach dem Ende des Studiums: Zunächst vom britischen Modell der Förderung technischer Kompetenz vor Ort, später im Sinne der amerikanischen Penetrationsstrategie, ging es dabei nicht um die individuellen Lebens- und Aufstiegsplanungen und -potentiale der einzelnen Geförderten, als vielmehr um einen raschen und systemischen Zugriff auf die Region. Die vor dem Antritt zu unterzeichnende Stipendienvereinbarung spiegelte diese Politik wieder, in dem sie trotz des zunehmend vollzogenen politischen Wandels von Großbritannien zu den USA inhaltlich über den gesamten Untersuchungszeitraum in dieser Hinsicht nahezu unverändert blieb.59 Entscheidend hierfür war der sogenannte ‚Rückkehrparagraph‘, der zu einer unmittelbar nach Ende des Studiums anschließenden Ausreise sowie anschließend zu einer mehrjährigen Berufstätigkeit im Heimatland verpflichtete, ehe die Geförderten sich aus beruflichen oder Qualifizierungsgründen erneut ins Ausland bewerben durften. Wie die konkrete Beschäftigung im Heimatland sichergestellt werden sollte, lässt sich nicht nachvollziehen und wurde über die eigentliche Ausreise hinaus offensichtlich auch nicht überprüft. Die Regelung an und für sich sorgte dagegen für beständigen Widerspruch und wird daher noch 56 Session 5/1953 UAdel Senate’s Minutes 1953-12. 57 Welche zu Kompromissen hinsichtlich der Eingangsvoraussetzungen bereit war, nicht jedoch hinsichtlich der Prüfungen. Mehr dazu im Abschnitt zu den Studierenden. 58 Hierzu später mehr. 59 NAA A1838 2020/6 Part 1.

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gesondert hinsichtlich ihres Einflusses auf die imperialen Dynamiken zu untersuchen sein. Der skizzierte Ablauf zeugte insofern von den Anforderungen einer nun zunehmend amerikanisch gedachten Systempenetrationsstrategie, in dem die Anliegen der Geförderten auf individuelle Qualifizierung oder gar der Nutzbarmachung ihres intellektuellen Potentials beispielsweise in der Forschung nicht im Vordergrund standen. Die an den Friktionslinien innen- und außenpolitischer Erwägungen sowie schließlich akademischer Anforderungen verlaufenden Auswahlprozesse stellten dabei einen grundlegenden Hemmschuh der intendierten Nutzbarmachung in der Masse dar, deren Skalierbarkeit weit hinter den Erwartungen zurückblieb.

V ERZÖGERTES W ACHSTUM Grundlegende Basis der systempenetrativen Überlegungen war die Annahme der Existenz von zahlenmäßig ausreichenden ‚Vorschlagsmengen‘ an potentiellen Studierenden durch die Schulen und Universitäten in den Zielländern, um überhaupt eine hinreichend große Masse an Absolventen zu schaffen.60 Einerseits stellte Australien – auch als Ergebnis der später noch zu behandelnden, beständigen Auseinandersetzungen zwischen innenpolitischen und außenpolitischen Akteuren – nur eine begrenzte Menge an Studienplätzen bereit, andererseits aber wurden die bestehenden Angebote längst nicht immer wahrgenommen:61 Die Frage nach der Bereitschaft der Entsendestaaten oder überhaupt eigenen Interessen dieser auch bei einer Ausweitung des Rahmens über den Commonwealth hinaus schien dabei innerhalb der politischen Planung soweit keine Rolle gespielt zu haben, wurde sie durchwegs von den USA (aber wohl auch Australien) als gegeben vorausgesetzt. Gleiches gilt darüber hinaus auch für die angenommene Effizienz und Kooperation der ausländischen Verwaltungen, denen im Auswahlprozess eine kritische Rolle zukam. Angesichts der nur langsam steigenden Zahlen der Studierenden in Australien auch trotz steigender Ausschreibungszahlen rückten ebenjene Fragen nach den Strukturen und der Kooperation in den Entsendeländern in das Blickfeld der politischen Akteure. Aus Sicht des Außenministeriums stellte sich insbesondere die Frage, weshalb es zwischen den Staaten des Commonwealth beziehungsweise denen der britischen Dominions und den ‚neuen‘ Mitgliedern der Region zu

60 Retrospektiv in NARA Lot 62 D 181 CF 920, 1957. 61 Vergleiche hierzu die Förderquoten ab Seite 128.

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stark unterschiedlichen Zahlen von Vorschlägen kam.62 So wurden zwar in Summe für knapp drei Viertel (74 Prozent) der ausgeschriebenen Stipendienplätze auch Bewerber vorgeschlagen, doch stellten 1951/52 allein die Bewerbungen aus Indien und Burma, beides ehemals britische Besitzungen und flächenmäßig vollkommen verschieden, gemeinsam nahezu 70 Prozent des Bewerberfeldes.63 Da auch durch die vergleichsweise hohen Förderquoten von um die 60 Prozent von australischer Seite keine weitere Steigerung ohne Inkaufnahme einer weiteren Zuspitzung hinsichtlich der zunehmend virulenten akademischen Leistungsprobleme erreicht werden konnte, versuchte man ab Oktober 1952 durch Nachfragen nach den konkreten Hinderungsgründen die Hintergründe des langsamen Wachstums aufzuklären: So wurden die Auslandsvertretungen ausdrücklich aufgefordert, für eine rasche Vergrößerung des Bewerberfeldes vor Ort zu sorgen.64 Die Antworten unter anderem aus der Botschaft in Saigon im ‚neuen‘ Mitglied Südvietnam allerdings verwiesen auf zwei grundlegende Bereiche, die für Australien und auch die USA in der Form des ausgelagerten Modells nicht kontrollierbar waren. Neben den im Vergleich zu den in britischer Tradition stehenden nur selten vorhandenen englischen Sprachkenntnissen und dem weit verbreiteten Senioritäts- und Kollektivprinzip verwiesen sie zur Begründung auf die schwierige Kooperation mit den lokalen Behörden: „[T]he [reason is the] administrative inertia of the local authorities and the difficulty of badgering them into following up their requests. […] It is impossible to compare the effectiveness of local authorities with standards of the home country [Australia][…]“65

Inwiefern die hier und anderswo kritisierte ‚Ineffizienz‘ der lokalen Verwaltungsstrukturen, mit denen vor allem das Bildungsministerium gemeint war, auch zu einem Teil intendierte Verschleppungspolitik der lokalen Machthaber gegenüber dem angloamerikanischen Colombo-Plan war, lässt sich nicht feststellen: Die Regelmäßigkeit, mit der die Klage vorgebracht wurde, lässt aber zumindest den Schluss zu, dass der politische Wille vor Ort zur Änderung der Situation sehr begrenzt war. Diese sichtbar gewordene Abhängigkeit des Förderprogramms von der ‚Zulieferung‘ der prospektiven Change Agents durch die zu verändernden Länder selbst, verdeutlicht die Unkontrollierbarkeit eines weitgehend externalisierten Programmes, was sich im verzögerten Wachstum deutlich sichtbar manifestierte. Trotz der Bemühungen des australischen Außenministeri62 NAA 1838 2929/1/12 Part 1. 63 Siehe Fußnote 17. 64 NAA A4529 65/2/1952. 65 Fisher, NAA A4529 65/2/1952.

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ums, der australischen Universitäten und des State Departments war das gewählte System der ideologischen Erschließung by proxy bis zu einem gewissen Grad für einen Erfolg der Politik auf die Kooperationsbereitschaft der Entsendeländer angewiesen. In Konsequenz bedeutete dies gerade bei den für die USA aus geostrategischen Gründen interessanten Regionen wie Südvietnam ein ‚Versanden‘ der imperialen Dynamik des bisherigen Ansatzes, während die schon kooperativen, aus geostrategischen Gesichtspunkten weniger relevanten ehemaligen Commonwealth-Staaten den weit größten Teil der Studierenden stellten und damit faktische Profiteure waren.66 Hinsichtlich des Wissens um diese systemischen Problems fällt im Übrigen auf, dass es dabei offensichtlich innerhalb des Top-Down-Modells ein Ungleichgewicht gab. Durch die bereits angedeuteten, eigenen Nachforschungen wusste das australische Außenministerium spätestens in der zweiten Hälfte 1952 um die fehlende Kooperation der Entsendeländer,67 ohne darüber die amerikanischen Vertragspartner zu informieren. Auch wenn nicht klar wird, ob dieser Wissensverlust Ergebnis eines systematischen Prozesses oder bloße Vernachlässigung ist, bedeutete dies für den Erfolg des Programmes eine nachhaltige Schwächung: Erst 1955 wurden in der Reform Maßnahmen unternommen, die diese Abhängigkeit zumindest reduzieren sollten. Angesichts der in anderen Bereichen zumindest in Kauf genommenen Nichtweitergabe von Erkenntnissen, welche die erwartete Sicherheitskooperation mit den USA gefährden hätten können, erscheint die Hypothese, dass die fehlende Kooperationsbereitschaft bewusst nicht thematisiert wurde, allerdings durchaus plausibel.

D IE L EHRENDEN Wie bereits gezeigt, war der britische Einfluss auf die australischen Universitäten sowohl institutionell wie auch informell historisch bedingt bis nach dem zweiten Weltkrieg groß. Es liegt nahe, dass die von den USA zeitgleich mit dem Eintritt in den Colombo-Plan begonnene Wissenschaftsoffensive in Australien also nicht allein der Förderung der Forschung und Lehre vor Ort diente, sondern auch dahingehend verstanden werden muss, die britische Wissenschaftshegemo-

66 Zu der grundlegenden Problematik siehe auch White, 'A Waste of Time and Money'?, S. 80. 67 „[…] administrative inertia […]“, Fisher, NAA A4529 65/2/1952.

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nie68 im australischen Bildungssystem aufzubrechen.69 Ein Indiz für diese These ist die bereits erwähnte Doppelrolle Percy Spenders als australischer Verhandlungsführer im Colombo-Plan und Mitglied des Fulbright-Komitees für Australien.70 Dabei ist der grundlegende Unterschied des frühen Colombo-Plans und der amerikanischer Bildungsförderungsprogramme hinsichtlich der zu erwartenden Ergebnisse im Blick zu behalten: Das Stipendienprogramm des Colombo-Planes zielte bis 1955 auf eine nicht-wissenschaftliche Tätigkeit der Absolventen ab und hatte damit keinen unmittelbaren, eindeutig wissenschaftlichen Exzellenzcharakter, während trotz aller politischen Einbettungen über Fulbright- und andere Förderprogramme innerakademisch wissenschaftliche Standards in hegemonialen Strukturen in Australien verbreitet werden sollten.71 Die Förderung für australische Nachwuchswissenschaftler hatte dabei einerseits im Vergleich die deutlich stärkere Funktion einer Begabtenförderung, andererseits mittelbar in einer Art imperialer Wissenschaftspolitik über die Bande durch ihre Einbindung in die wissenschaftliche Lehre auch die Idee, dem bisherigen britischen Lehrmodell gegenüber den Studierenden im Rahmen des Colombo-Planes Ausbildung nach amerikanischem Vorbild angedeihen zu lassen. Ein Blick auf die überlieferten Auswahlunterlagen zu beiden Verfahren bestätigt diese Hypothese: Während für die Bewerbung für das Fulbright-Programm in Australien bzw. aus Australien wissenschaftliche Exposés vorgelegt werden mussten und die politischen Akteure im Auswahlprozess an letzter Stelle standen, war die Anordnung der Auswahlgremien im Colombo-Plan bis 1955 genau umgekehrt.72 Dabei kam es dem Vorgehen zupass, dass es an den australischen Hochschulen von 1949/50 an einen stetig wachsenden Bedarf an qualifiziertem Lehrpersonal gab, welcher aus den bestehenden Ressourcen und britischen Netzwerken nicht mehr gedeckt werden konnte.73 Nachdem die Studierendendenzahlen in Australien bis zum Ende des zweiten Weltkrieges nahezu konstant geblieben waren, setzte in den Nachkriegsjahren ein aus mehreren Faktoren gespeistes 68 Hegemonie ist hier im Sinne Gramscis über politische Hegemonie hinaus zu verstehen, siehe auch Benjamin Opratko, Hegemonie. Politische Theorie nach Antonio Gramsci, Münster 20142, S. 11. 69 Vergleiche hierzu auch den Abschnitt zur Differenzierung von wissenschaftlicher und politischer Förderung. 70 Lowe, Percy Spender, S. 79. 71 Kramer, Is the World Our Campus?, S. 14. 72 Fulbright Candidates USA - Relations with Australia, United States Educational Foundation General NAA A1838 250/9/8/4/2 Part 4.

.

73 Für Sydney in Julia Horne/Geoffrey Sherington/Roderic Campbell, Sydney. The Making of a Public University, Carlton, Victoria 2012, S. 152.

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Wachstum der Hochschulen ein – mitsamt einem steigenden Bedarf an geeigneten Lehrenden. Zunächst wuchs bereits ab 1946, als die Kriegsheimkehrer in großen Zahlen ein kriegsbedingt zurückgestelltes Studium aufnahmen, die Zahl der Studierenden an den Universitäten deutlich.74 Damit brachte mittelbar das Commonwealth Reconstruction Training Scheme und der war matriculation status (Immatrikulation für ehemalige Soldaten auch bei unzureichend nachgewiesenen Schulleistungen) allerdings nicht nur auf Seiten der Studierenden (unter anderem durch das nun deutlich heterogenere Altersfeld) sondern auch auf Seiten der Lehrenden große Veränderungen mit sich.75 Waren bis dahin nahezu alle Karrieren erfolgreicher wissenschaftlich Lehrender durch das Zentrum des Empires verlaufen,76 so konnte durch den hohen zeitlichen Vorlauf einer solchen Ausbildung der rasch steigende Bedarf kurzfristig nicht mehr gedeckt werden. Durch die Bereitstellung weiterer Qualifizierungsmöglichkeiten mit den Förderprogrammen für australische Graduierte durch unter anderem die Ford- und Rockefeller-Foundation, sowie insbesondere das Fulbright-Programm, konnte somit perspektivisch dieser Bedarf durch eine nicht-britische Ausbildung gedeckt werden.77 Ohne, dass der Colombo-Plan einerseits und die genannten Förderprogramme andererseits eine vertragliche kodifizierte Verbindung zueinander besaßen, sollte somit ein an die USA gebundener Wissenschafts- und Lehrkörper entstehen, der perspektivisch die Colombo-Geförderten in Australien hätte unterrichten können. Die Förderung im Rahmen der Fulbright-Stipendien für Graduierte umfasste dabei ein breites Spektrum an wissenschaftlichen Fächern und wurde – so legen die in Australien überlieferten Antrags- und Bewilligungsbescheide nahe – großzügig verteilt.78 Untergliedert in Kurz- und Langzeitaufenthalte ermöglichte sie einer großen Anzahl australischer Wissenschaftler Auslandsaufenthalte in den USA. An den Universitäten wurden diese in amerikanischer Förderung in den 74 Pietsch, Empire of Scholars, S. 74. 75 Horne/Sherington, 'Dominion' Legacies, S. 293. Hinzukommend wurden durch die Ausschreibung von Australian Commonwealth Scholarships gezielt junge Menschen aus ländlichen Gegenden ein Studium ermöglicht. 76 Ebd., S. 294. Bis 1948 konnte kein Doktorat (PhD) an einer australischen Universität erworben werden, die allermeisten Interessenten promovierten daher an einer britischen Universität. Vergleiche Ninham, Australian postgraduates in the United States, 1949–64, S. 211. 77 Darüber hinaus war die CIA an verschiedenen Modellen der Systempenetration durch Bildung beteiligt, siehe hierzu beispielsweise auch Hochgeschwender, Freiheit in der Offensive?, S. 17. 78 Gergen NAA A1838 250/9/8/3 Part 1.

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USA ausgebildeten Lehrenden dabei in Folge trotz bisweilen aufkommender Kritik an der negativ konnotierten „amerikanischen“79 Ausbildung bald gleichwertig zu den bisherigen ‚britischen‘ Dozenten in den Lehrablauf integriert, auch wenn sie systembedingt erst ab 1955 nur in langsam zunehmender Zahl einen nennenswerten Anteil der Dozenten stellten.80 Sie arbeiteten nach ihrer Rückkehr zunächst häufig als Tutoren81 und Junior Lecturers, und damit vorwiegend im Bereich der Lehre für Bachelor-Studierende: Dies waren angesichts des Förderziels zugleich die für die Ausbildung der Colombo-Plan-Geförderten relevanten Studienabschnitte.82 Allerdings fiel die Reform des Colombo-Planes mit seiner Neuausrichtung auf den Graduiertenbereich und der Abkehr von der Massenförderung 1955 mit der aufgrund der Qualifizierungsdauer verzögerten Rückkehr und Integration einer nennenswerten Zahl von Graduierten in den australischen Universitätsalltag zusammen, so dass der tatsächliche Einfluss im Rahmen des Colombo-Plans als imperiale Sicherungslinie sehr wahrscheinlich nur überschaubar blieb. Doch auch ungeachtet dieses nur begrenzten Einflusses auf die Studierenden des Colombo-Planes sorgten sie mit dem Bruch des bisherigen hegemonialen britischen Wissenschaftsnetzes für einen Wandel in Australien: So brachten sie Verbindungen in die USA mit nach Australien, und auch wenn diese für die vorliegende Arbeit der imperialen Qualität nicht im Zentrum stehen, führte dies zu einer Veränderung der australischen Hochschullandschaft.83 So wenig die skizzierte unausgesprochene Einbindung in einer Doppelfunktion der Lehre für die in großer Zahl erwarteten Colombo-Plan-Studierenden, so erfolgreich war die Einbindung der jungen Wissenschaftler in ein nach amerikanischen Standards funktionierendes Wissensproduktionsnetz – das letztlich dann einerseits auf reguläre australische Studierende wirkte, andererseits aber auch auf die in den 1970er Jahren zunehmende Zahl der selbstzahlenden Studierenden aus Asien.84 So entwickelten sich die Förderungszahlen der Fulbright-Stipendien für australische Nachwuchswissenschaftler in der Folge prozentual gesehen deutlich ‚besser‘ als die des Colombo-Planes.

79 Ninham, Australian Postgraduates in the United States, 1949–64, S. 212. 80 Ninham, A Cohort of Pioneers, S. 56-69. 81 Tutorien wurden dabei anders als im deutschen System im Regelfall von Personen mit einem akademischen Abschluss geleitet. 82 Pietsch, Empire of Scholars, S. 172 und Ninham, Australian Postgraduates in the United States, 1949–64, S. 218. 83 Ninham, A Cohort of Pioneers, S. 122. 84 Ninham, Australian Postgraduates in the United States, 1949–64, S. 210.

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Dabei bleibt festzuhalten, dass die ideologische Absicherung durch Lehrende nur aufgrund der besonderen Nachkriegssituation in Australien Erfolg haben konnte: Die nach jahrzehntelanger Kontinuität und Stagnation rasch ansteigenden Studierendenzahlen konnten durch die traditionell begrenzten, imperial aufwändig vernetzten Ressourcen an Lehrenden nicht ansatzweise aufgefangen werden, so dass der anderweitig geförderte wissenschaftliche Nachwuchs nach der Rückkehr vergleichsweise schnell in geeignete Multiplikatorenpositionen der Wissenschaft aufstieg.85 Trotz der Einführung lokaler Promotionsmöglichkeiten, die es bis dahin nicht gegeben hatte, war damit die große Abhängigkeit von einigen wenigen Universitäten in Großbritannien zur Ausbildung akademischer Exzellenz limitierender Faktor des akademischen imperialen Netzes und Schwachstelle des Empires. Im Vergleich zur kontinentaleuropäischen Situation, in der trotz des Krieges weitaus mehr lokale akademische Ressourcen – und damit auch Kontinuitäten – vorhanden waren, konnte so das bisherige, traditionell begründete hegemoniale Bildungsmodell86 der britischen Ausbildung rasch durchbrochen werden. Anders als in den asiatischen Zielländern des Colombo-Planes wiederum, konnten die amerikanischen Bildungsfinanzierungsprogramme in Australien aber auch auf eine funktionierende ‚akademische Infrastruktur‘ zurückgreifen, die sich zumindest in Grenzen nach amerikanischen Vorstellungen verhielt und einheitlich auf die englische Sprache gründete. Die Maßnahmen zur Absicherung basierten dabei auf Programmen, die global (und nicht australienspezifisch) zur Ausweitung des amerikanischen Einflusses unternommen wurden, wobei ihnen im Zusammenspiel mit dem Colombo-Plan eine ganz besondere Rolle zukam und sie aus den gezeigten Gründen überproportional erfolgreich waren. Die Stellung der australischen Universitäten sollte hier sowohl hinsichtlich eines lokalen Veränderung in Australien, aber auch – wenngleich als Nebeneffekt – mit Blick auf die Multiplikatorenfunktion innerhalb des Colombo-Planes abgesichert werden, indem zumindest ‚über die Bande‘ eine Kontrolle über das Bildungscurriculum und die zu vermittelnden Wertvorstellungen übernommen werden sollte. Faktisch allerdings kamen die allermeisten der Colombo-Plan-Stipendiaten mit in der Mehrzahl in Großbritannien (oder, im Bereich der Tutoren, in Australien) akademisch sozialisierten Lehrenden in Berührung, da zeitgleich mit dem Ansteigen des Anteils der ‚amerikanischen‘ Graduierten der Fokus des Förderprogramms weg vom Bachelorbereich hin zur Graduiertenförderung verschoben wurde. Die als Absicherung gedachte Zweitfunktion der mit amerikanischen Geldern Geförderten trat damit nicht ein.

85 Ebd., S. 212. 86 Siehe Fußnote 68.

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Z WISCHENERGEBNIS Für den Moment lässt sich daher eine grundlegende Zweiteilung im Ablauf des Colombo-Planes festhalten: In einer ersten Phase bis ungefähr 1955 rekrutierten sich die geförderten Studierenden vornehmlich, jedoch in abnehmendem Anteil aus den Ländern des Commonwealth beziehungsweise anderweitig in britischer Tradition stehender Länder. Nach einem vorwiegend zur Frage der politischen ‚Zuverlässigkeit‘ gedachten Auswahlverfahren setzte sich die Gruppe mit einem Schwerpunkt auf Studiengängen des technischen und des multiplikatorengeeigneten Fächerspektrums aus einer breit gemischten Vielfalt von Studierenden zusammen. Sie studierten in weit überwiegender Zahl vornehmlich BachelorStudiengänge, an die sich im Regelfall keine weiteren Studien in Australien anschlossen. Dem gegenüber ergab sich nach der Reform von 1955 – die später noch im Detail Thema sein wird – ein im Schnitt älteres und hinsichtlich der fachlichen Kompetenzen spezialisiertes Studierendenfeld aus deutlich weniger Geförderten: Wenn man so will, wandelte sich damit die Förderung von der Massen- zur Elitenförderung. Grundlegend begleitet wurde der Ablauf dabei von einer imperial abnehmend britischen und hinsichtlich der Bildungsbiographien der Lehrenden zunehmend ‚amerikanischen‘ Universitätslandschaft in Australien. Dabei erreichte das Stipendienprogramm niemals die Dynamik der mit dem Colombo-Plan verbundenen geographischen Expansion, denn anders als die dort stattfindende Integration von Regionen weit außerhalb des Commonwealths, wie unter anderem Japan und Malaysia blieb die Mehrzahl der Studierenden aus verschiedenen, vornehmlich politischen und sprachlichen Gründen überwiegend aus den Ursprungsmitgliedsländern des Abkommens stammend. Diese weit hinter den Erwartungen zurückbleibende regionale Dynamik im Förderprogramm wurde auch durch die fundamentalen Differenzen innerhalb und zwischen den im subsidiären Imperialmodell ausgelagerten Ebenen der Umsetzung weiter beeinflusst, die daher im Folgenden hinsichtlich ihres Einflusses auf die Entwicklung untersucht werden sollen.

Imperiale Anti-Dynamik – Institutionelle Friktion in Australien

Mit dem Beginn des ersten Auswahlprozesses für die neuen Studierenden im Colombo-Plan veränderte sich der Bezugsrahmen des Abkommens. Die bis dahin weit von den Realitäten der Peripherie erdachte imperiale Strategie über die Universität kam damit in den Kontakt mit den subsidiären Institutionen und Akteuren, die für das imperiale Zentrum sowie für die mittlere Ebene in Canberra nur noch in engen Grenzen kontrollierbar waren. Die bisher nur als theoretische Objekte gedachten Studierenden und Institutionen wurden damit im Folgenden ‚real‘ und brachten durch ihre eigenen Interessen im Zusammenspiel mit den Vorstellungen der Strategie eine Phase hoher Dynamik und raschen Wandels hervor: Die aus amerikanischer Perspektive der Planung immer stillschweigend angenommene Identität der Ziele auf allen Ebenen des Top-Down-Modells zerfiel dabei angesichts der zunehmenden Differenzen in der Interessenslage der beteiligten Institutionen der Umsetzung weitgehend. 1 Und so diente das Stipendienprogramm des Colombo-Plans zunehmend der Durchsetzung eigener Interessen einer Vielzahl von Akteuren. Zunächst zeigte sich schon bald, dass das gewählte Top-Down-Modell in der Umsetzung einer ideologischen Herrschaftsexpansion hinsichtlich eines unmittelbar anzustoßenden, schnellen Wandlungsprozess in der Peripherie nur begrenzt effizient war und die Hoffnung auf Abertausende von westlich geprägten Studierenden binnen kürzester Zeit sich nicht erfüllte. Darüber hinaus trug das grundlegende Problem2 der nur unzureichenden Anpassung der imperialen Strategie an die lokalen Gegebenheiten sowohl des Proxy Australiens wie der Zielregion dazu bei, dass die imperiale Expansionspolitik zumindest teilweise ins Leere lief: Die Kontrollproblematik, die sich darüber hinaus aus der Auslagerung 1

Megarrity, Regional Goodwill, Sensibly Priced, S. 93.

2

Vergleiche hierzu auch den Abschnitt zu den imperialen Grundannahmen ab S. 112.

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einzelner Teile der Politik auf externe, nicht unmittelbar der amerikanischen Administration unterstehende Akteure (australische Administration, australische Universitäten) ergab, zeigte in Verbindung mit den Widerständen auf verschiedenen Ebenen gegen konkrete Maßnahmen die Schwachstellen der Top-DownPolitik auf. Grundlegend konzentrierten sich die Auseinandersetzungen dabei an nur an wenigen institutionellen Übergängen der subsidiären imperialen Ordnung. Die erste Bruchlinie verlief aufgrund der Struktur des Colombo-Planes zwischen den USA und Australien, die formal unabhängige Akteure innerhalb des Vertragswerkes waren und nur aufgrund der der informellen Verknüpfung von Sicherheitspolitik mit dem Abkommen überhaupt dahingehend assoziiert waren. Die zweite Bruchlinie verlief zwischen dem australischen Außenministerium und den anderen Ministerien, vertreten durch den Premierminister Menzies: In der Auseinandersetzung zwischen innenpolitisch weit verbreiteten antiasiatischen Ressentiments und der außenpolitischen Notwendigkeit kam es beständig zu Abstimmungsproblemen, die vereinfacht als zwischen den Polen einer ‚liberalen‘ oder ‚restriktiven‘ Umsetzungspolitik changierend beschrieben werden kann. Die dritte Bruchlinie dagegen verlief zwischen den Universitäten und dem Außenministerium, in dem es vor der Folie von Tradition um Fragen von zentralem Einfluss und relativer Autonomie ging. Die schließlich letzte Bruchlinie betraf mehrere Ebenen, in der Abstimmung zwischen den Studierenden und zuvörderst der Universität, aber auch dem Außenministerium in Person der Verbindungsbeamten vor Ort. Es zeigte sich dabei, dass die mögliche ‚Bruchlinie‘ zwischen den USA und Australien die stabilste aller dieser Verbindungen darstellte, während ‚Sprünge‘ innerhalb des linearen Umsetzungsverständnisses nahezu nicht stattfinden (also beispielsweise hinsichtlich eines möglichen direkten Kontakts der Universitäten mit dem State Department), sieht man von der Rolle der Studierenden ab. So werden im Folgenden unter dem Rahmen der ‚institutionellen Friktion‘ die Auseinandersetzungen zwischen den auf verschiedenen Ebenen agierenden Akteuren – sowohl des australischen Außenministeriums, der Universitäten und schließlich der Studierenden selbst – untersucht werden. Dabei sorgte schlussendlich der Widerstand dafür, dass die zugrundliegenden, streng hierarchischen TopDown-Prozesse zumindest teilweise aufgeweicht wurden und den einzelnen Ebenen mehr Autonomie zugesprochen wurde. Zunächst sorgte in Australien die innenpolitische Rückkoppelung der außenpolitischen Beschlüsse mit bestehenden, weitreichenden innenpolitischen Vorbehalten3 für eine Umsetzung mit nur begrenztem Einsatz. Darüber hinaus ka3

Vgl. hierzu auch die Debatten im Kabinett, NAA A4639 37A, filed under Cabinet’s Minutes A4639/XM1 Volume 2.

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men auch die infrastrukturellen Unzulänglichkeiten der australischen Hochschullandschaft zum Tragen, in denen die politischen Vorbehalte zusammen mit den begrenzten Möglichkeiten zu einer Umsetzung mehr dem Buchstaben, als dem ‚Geist‘ des Vertragswerkes nach sowie zu einer Instrumentalisierung der politischen Anliegen führten. Weitere Adaptionsprozesse gab es im Bereich der Geförderten: Waren sie zunächst als stille ‚Objekte‘ der Politik begriffen worden, zeigte sich bald aufgrund der durch die soziale Isolation hervorgerufenen Probleme die Notwendigkeit, sie zumindest teilweise über das bloße Studium hinaus zu betreuen, wollte man nicht den Gesamterfolg des Programmes aufs Spiel setzen. Für den folgenden Teil stehen die Anpassungsprozesse hinsichtlich der Institutionen und den ihn zugeordneten Menschen als Vertreter im Zentrum – es handelte sich dabei vornehmlich um die Universitäten und ihre Mitarbeiter sowie das australische Außenministerium als Vertreter (proxy) der USA vor Ort. Die besondere Situation in Canberra, wo zwischen innenpolitischen Überlegungen und außenpolitischen Notwendigkeiten versucht wurde, eine eigenständige Politik zu entwickeln, soll dabei gesondert behandelt werden.

P OLITIK

UND

U NIVERSITÄT

IM

W ETTSTREIT ?

Die systemischen Unterschiede der imperialen Struktur – das auf einer hochgradig indirekten, ökonomisch orientierten Ausrichtung basierende Netzwerk des britischen Empires im Gegensatz zum Ansatz der politischen Penetration der USA in geopolitisch gedachten Räumen – führten zu einer veränderten imperialen Einpassung der Universität. Im Gegensatz zu ihrer Rolle im British Empire vor dem Krieg stand sie dabei beständig im Spannungsfeld zwischen dem Autonomieanspruch der Universität unter dem Rückgriff auf „akademischen Traditionen“4 und der extern zugewiesenen, nachgelagerten, politischen Rolle im TopDown-Verständnis des Colombo-Plans, die ihr als Plattform einer letztlich gar nicht primär akademisch gedachten Strategie zugedacht war. Sie war in der Überlegung Sozialisationsort für politische Multiplikatoren und nicht Ausbildungsort für zukünftige Wissenschaftler. Unausgesprochen kam damit der Universität im Abkommen eine Erweiterung ihrer bisherigen Funktion zu, die ihr selbst durchaus in ihrer Fremdartigkeit bewusst war. War sie bisher im imperialen Kontext des britischen Weltreiches primär eine Ausbildungsstation mit sekundär imperialem Charakter gewesen5, so drehte sich dieses Verhältnis nun um:

4

Senate’s Minutes ANU ANUA 53 Box 830.

5

Siehe auch Pietsch, Out of Empire, S. 20-22.

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An erster Stelle stand nun die Ausbildung imperialer Multiplikatoren mittels akademischer Lehrinhalte. Denn die Vorkriegsuniversität war trotz ihrer Einbettung in das imperiale Gesamtkonzept des britischen Weltreiches nur ein Fragment unter vielen der Erschließung und Sicherung des Raumes. Gegenüber den Überlegungen des Colombo-Plans bestanden nicht in vergleichbarem Maße Herrschafts- und Geopolitikprojektionen über die Universität: Es ging vielmehr darum, vor Ort in bereits imperial erschlossenen Räume lokale Partialsubeliten tatsächlich wissenschaftlich auszubilden, die rein zahlenmäßig nur einen kleinen Anteil an der Gesamtbevölkerung hatten und als solche auch nicht konstitutiv für das britische Empire wirkten.6 Im Gegensatz dazu kam der Universität im Colombo-Plan die entscheidende Rolle zur großflächigen Ausbildung von Change Agents für den Westen zu, deren wissenschaftliche Weiterqualifikation (im Sinne von Master/Doktorat) allenfalls nachrangig war. Durch die strengen Auflagen zur Rückreise wäre eine weitere Qualifikation innerhalb des ‚Westens‘ theoretisch im Übrigen gar nicht möglich gewesen.7 Für die Universität bedeutete das eine politische Aufwertung ihrer bisher randständigen Position innerhalb des australischen Gemeinwesens, kam ihr doch damit in einer neuen Position der Stärke die entscheidende Rolle über den Erfolg beziehungsweise Misserfolg zu. Die Universitäten standen dabei einerseits selbst als eigenständige Akteure genauso wie als ‚Erfüllungsorgan‘ der imperialen Strategie im Kontakt zur Ministerialbürokratie, andererseits fanden sie untereinander in der Universites Commission auch ein institutionalisiertes Forum für den Austausch sowie der Artikulation von gemeinschaftlichen Anliegen gegenüber dem Staat.8 Diese Aufwertung ihrer Rolle führte zunächst – zumindest zu Anfang – zu einer Selbstausrichtung der Institution anhand primär politischer Überlegungen eines Beitrags zur gemeinsamen Sache aus dem Verständnis einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe.9 Konkret wurden dabei die formalen Eingangsvoraussetzungen relativ flexibel gehandhabt und mögliche Studierenden bisweilen lediglich aufgrund eines „he is keen to go“10 zum Studium zugelassen. 11 Dabei bestand im ersten ‚Verfahren‘12 1951/52 bereits in der Vorauswahl durch die Bot6 7

Siehe auch ebd., S. 25. Einzelne Beispiele zum Übergang in Fulbright- und andere amerikanische Studienförderprogramme stelle eine Ausnahme dar.

8

Mills Burton NAA 1838, 381/3/1/3 Part Ib.

9

Senates Minutes 1951, ANU ANUA 53 Box 830.

10 Saigon Canberra NAA A4529 65/1/4/1952-1955. 11 UMel an Canberra NAA A4968 25/49/22. 12 Der Begriff ist leicht irreführend, durch den hohen Improvisationsgrad kann nicht von einem geordneten Vorgehen im Wortsinne gesprochen werden.

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schaften kein einheitliches Vorgehen wie in der späteren Auswahl, sondern vielmehr wurde in Form von frei formulierten Empfehlungsschreiben von Seiten der Auslandsvertretungen auf der Basis persönlicher Gespräche mit den Vorgeschlagenen subjektive Einschätzungen von Vertretern der Außenministeriums (also der politischen Sphäre) formuliert: Der hohe Grad der Informalität des Verfahrens war dabei von der (vornehmlich australisch innenpolitisch generierten13) Sorge um politische Zuverlässigkeit (also hier der antikommunistischen Haltung14) der Kandidaten bestimmt. Es standen daher Fragen zur politischen Verlässlichkeit und „Loyalität“15 verbunden mit der Rückkehrbereitschaft im Mittelpunkt, während der Fragebogenteil zur akademischen Eignung demgegenüber denkbar kurz ausfiel. Die entscheidenden Argumente für oder gegen eine Förderung lagen damit auf (geo-)politischer Ebene, wie hier im Fall des ersten prospektiven Studierenden aus Indochina, dessen vor allem sprachliche Defizite im Sinne der Politik ignoriert wurden: „[His knowledge] is somewhat below the entry requirements of Australian Universities. […] As the first Colombo Plan scholarship candidate from the Associated States [of Indochina] I think there is an impatience at[t]ached to this application as a test of Australia’s goodwill.“16

Diese in der konzeptionellen Ausblendung der Universität als Selektions- und Prüfungs- beziehungsweise Zertifizierungsort begründete Funktionalisierung schloss damit einen eigenständigen Auswahlprozess an den Universitäten aus oder reduzierte ihn zumindest auf ein Minimum. In Verbindung mit der hohen Bereitschaft der Universitäten, sich auf ein solches Vorgehen einzulassen, kam es dabei gerade in der Anfangszeit kaum zu Ablehnungen nach der Zulassung durch das Außenministerium. In der Sache erscheint dieses Vorgehen aus Sicht der Universitäten in Abgrenzung zum streng regulierten Zugang zu den anfangs erwähnten innerakademischen Netzwerken der Wissenschaft tatsächlich auch unproblematisch – da das akademische Netzwerk lediglich außeruniversitäre Folgen haben sollte, war die akademische Geeignetheit in der Zulassung zum 13 Australien verbot bereits 1940 die kommunistische Partei CPA, die bis dahin vergleichsweise stark war. Eine breite Furcht vor einem Wiederaufflammen der kommunistischen Bewegung durch ausländische „Provokateure“ war dabei in Kreisen der Administration weit verbreitet. Zu den innenpolitischen Zusammenhängen später mehr. 14 Notes on Colombo Plan Scholars NAA A4529 65/1/2/1955 Part 1. 15 NAA A4529 65/2/1952. 16 Saigon Embassy to Canberra NAA A4529 65/1/4/1952-1955.

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Beitritt nicht das primäre Entscheidungskriterium und auch für die Universität funktional zunächst kein Problem: Sie sah sich selbst in diesem Kontext schließlich nicht primär als Zertifizierungsinstitution, sondern als politischer Akteur. Der vorgenommenen, flexiblen Zulassung der Studierenden stand damit zunächst aus universitärer Perspektive in Anbetracht ohnehin rascher Zuwachszahlen der gesamten Universitätslandschaft zunächst nichts entgegen. Angesichts der Konsequenzen dieser laxen Aufnahmepolitik ab der zweiten Hälfte des Jahres 1952 mit sichtbaren, weit unterdurchschnittlichen Klausur- und Studienergebnissen der geförderten Studierenden kam es allerdings vergleichsweise schnell zu einem Umdenken. In Verbindung mit den teilweise tragischen Konsequenzen der Überforderung der lediglich 17-19jährigen Studierenden in einer vollkommen fremden Umgebung, wie sie in drei Suiziden bis 195217 zum Ausdruck kam, fand ein langsamer Wandel der Haltung der Universitäten hinsichtlich der eigenen Rolle und den Erwartungen des Politik statt. Denn angesichts der Situation und der daraus entstehenden Gefahr für einen Erfolg des Gesamtprojektes durch die steigenden Zahlen an Studienabbrüchen ergaben sich auch auf politischer Ebene Überlegungen zu einer möglichen Senkung der studienrelevanten Anforderungen für die Studierenden im Colombo-Plan. In Verbindung mit dem vorgesehenen schnellen Zuwachses an Studierenden wurde Canberra zunehmend deutlich, dass das Dogma der unbedingten politischen Zuverlässigkeit bei gleichzeitig zumindest halbwegs guten Noten für zehntausende von Studierenden nicht durchzuhalten gewesen wäre: Während an den politischen Auswahlkriterien nicht zu rütteln war, ergaben sich damit schnell Forderungen nach einer gesonderten, toleranteren Bewertung der Colombo-PlanStudierenden. Aus Sicht der Universitäten beinhaltete dieses Ansinnen im Gegensatz zur Flexibilisierung der Eingangsvoraussetzungen nun aber einen Angriff auf ein Kernelement akademischer Unabhängigkeit, genauso wie die damit sichtbar gewordene Ungleichbehandlung von Studierenden Glaubwürdigkeitsprobleme innerhalb der Universität mit sich gebracht hätte. Trotz des beachtlichen politischen Drucks der unter dem Motiv der Rolle der Universität im Kampf gegen die „Unfreiheit“18 des Kommunismus ausgeübt wurde, verweigerten sich die Hochschulen grundlegend den Wünschen der Politik nach Anpassung ihrer Abschluss- oder zumindest Seminarnoten. Eine Kompromissbereitschaft war allenfalls hinsichtlich der Eingangsvoraussetzungen zur Immatrikulation sowie in der Betreuung zu erzielen: Hier waren die Universitäten nach mehreren Briefwechseln bereit, für alle asiatischen Studierenden (daher nicht nur für die Colombo-Plan-Studierenden, sondern auch für die steigende Anzahl von 17 Spender to Menzies NAA A10299 A18. 18 Australian Universities, NAA A4529 65/1/2/1955 Part 1.

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Commonwealth-Selbstzahlern) weiterhin Zugeständnisse hinsichtlich ihrer Vorbildung zu machen.19 Im Gegenzug hierzu sicherte man sich aber einen Zugriff auf die Colombo-Mittel im Sachkostenetat für alle Studierenden, beispielsweise durch die Freigabe der Gelder auch für den Bau eines allgemeinen Studierendenwohnheimes in Melbourne und erzielte damit aus Sicht der Innenpolitiker einen doppelten Erfolg, in dem einerseits die Mittel für den Colombo-Plan (und damit außenpolitisch nutzbar) verausgabt worden waren, andererseits in der Rhetorik nun auf den Nutzen für die australischen Studierenden eingegangen werden konnte.20 Darüber hinaus versuchten die Universitäten, dem Vorwurf der Politik die Studierenden nicht in ausreichendem Maße auf Prüfungen vorzubereiten21 durch Kritik am (unzureichenden) Auswahlverfahren durch das Außenministerium entgegenzutreten. Insbesondere angesichts der möglichen Konsequenzen für die Außenwahrnehmung der Universität, die um ihr Renommee als qualitativ hochwertige Ausbildungsinstitution (die Gefahr der Schaffung von „dissatisfied customers“22) – und damit letztlich um Geld – fürchtete, erhob sich damit zunehmender Widerstand gegen den starken Einfluss der Politik und den nur eingeschränkten Einflussmöglichkeiten der Universitäten. Hier zeigte sich damit einerseits die abnehmende Bereitschaft der Hochschule, sich in das zugrundeliegende Top-Down-Modell einzufügen, andererseits aber auch das Festhalten der Politik an den bestehenden Zielen der Formung einer politisch kritischen Masse, und nicht der intellektuell-akademische Förderung von Individuen: Denn die Kritik wurde nur insofern im Außenministerium wahrgenommen, als durch die hohen Durchfallraten schlussendlich das Gesamtprojekt in seiner Skalierbarkeit und damit das dahinterstehende politische Tauschgeschäft der Außenpolitik gefährdet sei, während zeitgleich die Verantwortung für die unzureichenden Ergebnisse an die Universitäten weitergegeben wurde.23 Der schon angesprochene, zunehmende Einfluss des Geldes zeigte sich auch an anderer Stelle: Die abnehmende Bereitschaft zur Tätigkeit als ‚ausführendes Organ‘ in exekutiver Funktion innerhalb der Top-Down-Kette wurde immer mehr mit den ökonomischen Interessen der Universität verknüpft. Unter dem Rückgriff auf universitäre (Autonomie-) Traditionen wurde dabei die Politik des Außenministeriums als übergriffig dargestellt und den Ansinnen der Politik ‚traditionelle‘ eigene Ziele (der wissenschaftlichen Qualität) gegenübergestellt. Ein 19 USyd Senate’s Papers – 1952/12/2-AF. 20 Senate’s Minutes ANU ANUA 53 Box 830. 21 NAA A4529 65/1/2/1955 Part 1. 22 Senate’s Minutes ANU ANUA 53 Box 830. 23 NAA A4529 65/1/4/1952-1955.

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starkes Motiv aus universitärer Perspektive für diesen Wandel war dabei die durch die nur schleppend wachsenden Studierendenzahlen zunehmend auf zentraler Ebenen vorhandenen überschüssigen Geldmittel bei gleichzeitig starkem Bedarf der Hochschulen. Die von den Universitäten wahrgenommene Abhängigkeit der Politik von einem Erfolg des Programmes bei gleichzeitiger eigener Stärke nutzen sie daher zunehmend für eigene Zwecke im Sinne eines Unterpfandes für eigene Interessen aus. 24 Dabei machte diese politische Nutzbarmachung aus universitärer Perspektive nicht einmal vor der dezidiert staatsnahen Universität in Canberra halt: Aus den Mitteln des Colombo-Planes beantragten die Universitäten in großem Maßstab Verwaltungs- und Lehrgebäude, zusätzliche Stellen und infrastrukturelle Maßnahmen, die faktisch nur zu einem sehr begrenzten Teil den Studierenden innerhalb des Abkommens dienten, sondern vielmehr im Sinne eines allgemeinen Infrastrukturwachstums verwendet wurden. Dabei hatte die Strategie durchaus Erfolg – wenn auch längst nicht alles Beantragte auch bewilligt wurde, so scheinen die Anträge in den Anfangsjahren weit überwiegend Erfolg gehabt zu haben und auch über die ursprünglich vorgesehenen Infrastrukturmittel hinaus ausgegeben worden zu sein.25 Die Universitäten agierten daher zunehmend aus einer Position der Stärke, in dem die ColomboPlan-Studierenden staatlich entsandte Kunden zu einem selbst zu bestimmenden Preis waren. Um dieser als Kontrollverlust wahrgenommenen Entwicklung an den Universitäten entgegenzuwirken, die zunehmend sehr teuer wurde, beschloss man in Canberra, eine neue Kontaktebene zwischen den Studierenden und dem Außenministerium direkt einzuführen. Durch die Entsendung eigener Mitarbeiter an die Universitäten (die sog. liaison officers) sorgte man in der Folge für eine eigenständige Betreuung an den Hochschulorten, die einerseits die soziale Fürsorge und Kontrolle der Studierenden übernehmen, andererseits aber auch das politische Druckpotential der Universitäten sichtbar schmälern sollten.26 Ihre Rolle war dabei ambivalent,27 nahm aber in Verbindung mit der Reform von 1955 und dem sichtbar zurückgehenden politischen Interesse tatsächlich den Universitäten ihr Druckmittel, so dass die Zuwendungen an die Universitäten aus den Mitteln des Colombo-Planes in den Folgejahren rasch zurückgingen. 24 „[…] since there are […] political considerations […]“, ANU ANUA 53 Box 830. 25 Inwiefern die Universitäten angesichts dieser Gesamtumstände im weiteren Verlauf ein echtes Interesse an einem umfassenden Erfolg gehabt haben können, muss dahingestellt bleiben. Das Missverhältnis zwischen Zustandswahrnehmung gegenüber der Politik und tatsächlichen Linderungsmaßnahmen an der Universität selbst ist in jedem Fall auffallend. 26 NAA A4529 65/1/4/1952-1955. 27 Vergleiche hierzu auch den Abschnitt zur Rolle der Studierenden ab S. 159.

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In der Sache allerdings war es dem Außenministerium allerdings nicht gelungen, seine starke Position wie geplant durchzusetzen: Die Universitäten ließen sich ihre Kooperation vergleichsweise teuer bezahlen. In letzter Instanz wurden all diese Auseinandersetzungen aber auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen, die lediglich als Verhandlungsmasse für die Akteure der Universitäten und des Außenministeriums zur Durchsetzung eigener Interessen fungierten. Deren persönlicher Studienerfolg wurde – wenig überraschend – dabei stets lediglich hinsichtlich der Konsequenzen für die Außenwirkung der Universität beziehungsweise der Folgen für Australien und der sicherheitspolitischen Absicherung gesehen. Deutlich wurde aber auch, dass das zugrundliegende TopDown-Modell der Planungsphase nicht umgesetzt werden konnte, machte doch die Rolle der Universität und die (im Vergleich zu unmittelbar staatlichen Institutionen) schwere Kontrollierbarkeit dieses letzten institutionellen Gliedes der imperialen Umsetzungskette die Politik enorm teuer. Aus imperialhistorischer Sicht ist in der Auseinandersetzung zwischen Politik und Universität insbesondere die Frage nach den Spielräumen einer möglichen Kompromissbereitschaft von Interesse: Die als ‚unverhandelbar‘ markierten Aspekte weisen auf die letztlich entscheidenden Interessen und damit indirekt auf die Funktionsweise moderner Imperialadministration hin. Insgesamt ergibt sich damit im Rückgriff auf die Fragen nach den konstitutiven, unverhandelbaren Elementen der imperialen Politik über die Universität eine ganze Reihe von Aspekten: Unabdingbar wurde von Seiten des Außenministeriums dabei das Primat der politischen Zuverlässigkeit in der Umsetzung gesehen, unverhandelbar auch die Rückkehrpflicht sowie das zugrundeliegende Top-Down-Modell. Auch die grundlegende Beibehaltung des Programmes trotz der steigenden Kosten blieb außer Frage, lediglich hinsichtlich der Rolle der Universitäten wurden durch die Entsendung der Verbindungsbeamten Abstriche gemacht. Dabei war die Fähigkeit zur Erzwingung einer Anpassung hinsichtlich der abschließenden Zertifizierung (daher das Bachelor- beziehungsweise in seltenen Fällen Masterzeugnis) an den Universitäten überschätzt worden, ebenso wie der Einfluss des ‚Mobilisierungsfaktor‘ der nationalen Aufgabe im Kampf gegen ein Vorrücken des Kommunismus – trotz der breiten antikommunistischen Stimmung in der Bevölkerung. Vor allem aber wehrte sich die Universität gegen eine Einbettung als bloßer Erfüllungsgehilfe der Politik – insbesondere in der Frage der Einbindung der Studierenden in einen sozialen Kontext sowie der Überwachung der Aktivitäten vor Ort war sie nur zu sehr hohen Kosten dazu bereit, diese Aufga-

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ben zu übernehmen, so dass hier schließlich auf alternative Modelle der Kontrolle zurückgegriffen wurde.28

A KADEMISCHE S PRACHBARRIEREN Dabei lagen die unterdurchschnittlichen Studienleistungen der Colombo-PlanStudierenden nicht nur an der von der Politik als ‚unbarmherzig‘ verschrienen Haltung der Universität gegenüber ihnen: Durch den Beitritt Südvietnams und Kambodschas und des damit einhergehenden Überschreitens des Commonwealth in der zweiten Hälfte 1951 auf Wunsch der USA29, zeigte sich mit geringem zeitlichen Versatz die Sprengkraft des Auseinanderklaffens von politisch gedachtem Vertragswerk und der Umsetzung in der Peripherie an den Universitäten. Beide Länder kamen aus französischer Kolonialtradition und markierten mit ihrem Beitritt damit sichtbar ein Ende der britischen Ausrichtung des ColomboPlanes. Doch mit dieser außenpolitisch bedingten Ausweitung des geographischen Rahmens ging mit dem zeitlichen Versatz des Studienbeginns der ersten geförderten Studierenden ein fundamentales Problem für das universitäre Förderprogramm einher. So fiel durch den Beitritt dieser französischsprachigen30 Länder eine der bisherigen Konstanten des umfassten Raumes weg: Von nun an fehlte eine gemeinsame Sprache und ein – in Grenzen – geeinter Rechtsraum.31 Wenngleich auch bisher für längst nicht alle Studierenden Englisch die Muttersprache gewesen war, so beherrschten sie doch die Sprache meist hinreichend genug, um zumindest in dieser Hinsicht ein Studium halbwegs passabel zu überstehen und fanden in einem vom Commonwealth determinierten kulturellen Referenzrahmen zumindest einigermaßen zurecht. Doch selbst als der Nachweis ausreichender Englischkenntnisse ab 1953 Bestandteil des Auswahlverfahrens

28 Wie beispielsweise durch die Entsendung von Verbindungsbeamten, deren Rolle und Aufgabe später noch Thema sein werden. 29 Kan, The US Cold War policy and the Colombo Plan, S. 179. 30 Der Begriff ist dabei nicht eindeutig: Neben den lokalen Traditionssprachen war aber Französisch zumindest Verwaltungs- und Elitensprache, daher ist die Bezeichnung ‚französischsprachig‘ im vorliegenden Kontext zulässig. 31 Dabei bestanden auch hier innerhalb der Vertragsteilnehmerstaaten durchaus verschiedene Verkehrssprachen, durch die Zugehörigkeit zum britischen Empire allerdings war Englisch zumindest einheitliche Verwaltungssprache geworden.

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wurden,32 legte die Integration der Studierenden aus den ‚neuen‘ Ländern einen über Sprachkenntnisse hinausgehenden Vorwissensbedarf frei. So äußerte sich 1954 in einem internen Bericht eine zur Ursachenforschung der überproportional hohen Ausfallraten der asiatischen Studierenden eingesetzte Gruppe von Dozenten der Australian National University gegenüber dem Senat daher wie folgt: „[The problem is] their complete lack of British background – history, legal tradition, political institutions and terminology, etc. – and any knowledge at all or ‘feel’ for Australian ways of life and government. Something of all this is necessarily assumed by us in teaching our classes. It so happens that the subjects of the Political Science major [als Teil der Public Administration-Studiengänge][…] all are largely based on and revolve around a consideration of Anglo-Australian institutions, practices and conceptions and all require a good deal of Anglo-Australian historical background at the outset. […] [A]lmost all in fact realised how unequal the struggle was and have pulled out before the exams.“33

Grundlage für die Untersuchung war ein – bis dahin auf administrativer Ebene nicht in den Kontext der Erweiterung des Teilnehmerfelds gebrachter – Anstieg der Abbruchquoten der Studierenden nach 1952:34 Die wenigen Stipendiaten aus den ‚neuen‘ Colombo-Plan-Ländern außerhalb des Commonwealth brachen meist nach nur wenigen Wochen beziehungsweise Monaten ihr Studium ab und kehrten in vielen Fällen35 frustriert („highly dissatisfied“36) in die betreffenden Heimatländer zurück. Darüber hinaus bleibt in einigen Fällen ihr weiterer Verbleib vollkommen unklar: Weder werden sie in den Stipendienunterlagen als ‚Studienabbrecher‘ geführt, noch scheinen sie an den Universitäten weiter studiert zu haben. Diese persönlichen, individuellen Konsequenzen der geopolitischen Verschiebungen sorgten einerseits in Canberra aber auch an den Universitäten selbst für Sorge.37 Man befürchtete, das aufgrund dieser Entwicklungen mit der erfolgten Ausweitung der Teilnehmerstaaten damit auch eine Abwertung des Stipendienprogramms innerhalb des Colombo-Planes und eine Aufwertung der

32 NAA A4529 65/1/2/1955 Part 1. 33 Senate’s Minutes 1954 ANU ANUA 53 Box 830. 34 Siehe auch zu der Thematik den Abschnitt zur geplanten Dynamik (S. 116) 35 Die Quellen sprechen sogar davon, dass „[…] hardly any left, as […] almost all […] have withdrawn“ waren, vergleiche Senate’s Minutes 1954 ANU ANUA 53 Box 830. 36 Senate’s Minutes 1954 ANU ANUA 53 Box 830. 37 Canberra Minutes NAA A4968 25/49/22.

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ökonomischen Maßnahmen im Colombo-Plan38 verbunden war, die im Außenministerium mit Sorge gesehen wurde. Dabei stand allerdings – wenig überraschend – nicht die Sorge um die Studierenden im Vordergrund, als vielmehr der Verlust der entscheidenden Vorteile zur Attrahierung amerikanischen Interesses im Sinne der globalen Auseinandersetzung.39 Aus Sicht der Universitäten ergaben sich dagegen aus der Entwicklung neue Fragen vor allem im Kontext der Zukunft akademischer ‚Märkte‘ in Asien: Nachdem die Zahlen der asiatischen Studierenden als Selbstzahler immer weiter zunahmen, befürchtete man damit einen negativen Werbungseffekt. Hatte bisher die Politik vergebens auf ein systematisches Angebot an wissenschaftliche Zusatzkurse zur Vorbereitung und Sicherstellung des Studienerfolges gedrängt, kam es nun zu einer neuen Entwicklung. Nachdem bisher lediglich einzelne Lehrende in Eigenverantwortung Vertiefungs- und Zusatzveranstaltungen angeboten hatten, und die Universitäten sich als Institution mit Rückgriff auf ihre Eigenständigkeitstradition gegen jedwede solche Ansprüche des Außenministeriums hinsichtlich einer Sonderbehandlung ohne Zugriff auf entsprechende Gelder gewehrt hatten, erkannte man nun darin ein Problem.40 Dabei war den Universitäten durchaus klar, dass die unterdurchschnittlichen Ergebnisse ein Problem darstellen könnten, nur hob man hier darauf ab, dass eine über das übliche Curriculum hinausgehende Behandlung des Lehrstoffes Privatsache der Studierenden und damit Verantwortung des Stipendiengebers, also des Außenministeriums sei. Dem gegenüber hielt man im Außenministerium fest, dass die Universitäten angesichts der globalen Herausforderung sich von ihren „ancient traditions“41 verabschieden und der gemeinsamen Sache verschreiben sollten. Erst mit deutlicher Verspätung, als die Universitäten weitere Studierende aus Asien als prospektive Kunden begriffen, wurden ab 1958 zumindest in Adelaide zusätzliche, fakultative Tutorien eingeführt, die auch von Colombo-Plan-Stipendiaten besucht werden konnten.42 So schloss man an den Universitäten dagegen in der Frage der Konsequenzen dieser Entwicklung die Studierenden als Leidtragende ausdrücklich mit ein: „[…] (b) In as much as it produces these failures [at exams] it sends back dissat38 Insbesondere der Beitritt des grundsätzlich finanzstärkeren Japans sorgte in Canberra für Besorgnis, merkten die Diplomaten doch hier an, dass Japan rein ökonomisch zu den Geberländern gezählt werde müsse, politisch aber in dieser Position nicht erwünscht sei. Colombo Plan – Japan, NAA A1838 3103/9/3/3. 39 Colombo Plan – Japan, NAA A1838 3103/9/3/3. 40 Welfare, NAA A1838 2045/7. 41 Welfare, NAA A1838 2045/1/10 Part 2. 42 UAdel Colombo 1953/722.

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isfied customers who are presumably not brimming over with goodwill to this country.“43 Doch in der interessanten Verschiebung des Begriffs des „Kunden“ vom australischen Außenministerium hin zu den Stipendiaten selbst wurde auch die aus Sicht der Universitäten zunehmende Wahrnehmung der Studierenden als eigenständigen Akteuren deutlich. Dabei war zwar der eigentliche Adressat der Kritik aber das Außenministerium, das mit den drohenden Konsequenzen des fehlenden „goodwill“ der Studierenden bedacht wurde, doch faktisch ergab sich hieraus eine erneute Annäherung der beiden Parteien. Wenngleich auch aus grundlegend verschiedenen Interessen heraus, setzten sowohl die Universitäten wie das Außenministerium in der Folge auf eine verbesserte Betreuung der Studierenden. Letztlich allerdings erwies sich das sprachlich-kulturelle Problem in dieser Form als unlösbar und den Rahmen des Stipendienprogramms überdehnend: Die für die Ausbildung einer gemeinsamen informellen Bürokratie notwendigen Grundlagen waren anders als erwartet nicht gegeben – und die interessengeleiteten Auseinandersetzungen zwischen Politik und Universität legten die Schwachstellen der subsidiären Imperialpolitik deutlich offen.

W ISSENSCHAFTSKULTUREN Die Überlegung, dass der amerikanische Einfluss zunehmend auch in einer Veränderung der Wahrnehmung des universitären Wissenschaftsbegriffes sichtbar wurde, setzt voraus, dass das der ‚britische‘ und der ‚amerikanische‘ ColomboPlan verschiedene funktionale Ausrichtungen der Universität zu seiner Grundlage machte. Geht man nun davon aus, dass der ‚Commonwealth-Ansatz‘ mit seinem Fokus auf die Verbesserung der Lebensbedingungen durch Vermittlung von anwendungsnaher technischer Kompetenz44 sich ganz deutlich vom Modell nach dem Beitritt der USA in der Ausbildung von im Westen verankerten Multiplikatoren unterscheidet, so legen die veränderten Studienfachzusammensetzungen45 um 1952/53 eine wirksame Veränderung hin zu einer Umgestaltung nach amerikanischen Plänen nahe. Doch stellte sich bald heraus, dass eine politische Steue-

43 Senate’s Minutes, ANU ANUA 53 Box 830. Man beachte dass nicht die Entsendestaaten oder das Außenministerium, sondern tatsächlich die Stipendiaten als Kunden bezeichnet werden. 44 Vergleiche Fußnote 12. 45 Siehe den Abschnitt zu den statistischen Hintergründen ab S. 115.

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rung der Fächerkonstellationen allein noch nicht ausreichend für die geplante Systempenetration war. In den Überlegungen zum ‚britischen‘ Colombo-Plan war das Stipendienprogramm vornehmlich im Sinne der technischen Kooperation aufgefasst worden. Fragen hinsichtlich eines möglichen Einflusses des kulturellen Kontexts auf den Lernprozess waren hierbei – auch aufgrund der angenommenen, praxis- und anwendungsnahen Struktur der Ausbildung – soweit ersichtlich nicht angestellt worden. Auch im Modell der Ausbildung von Multiplikatoren wurden ein möglicher Einfluss von Vorbildung sowie die Kontextabhängigkeit erworbenen Wissens zunächst nicht in die Überlegungen miteinbezogen. Der bestehende Ausbildungsbegriff der technischen Weiterbildung war allerdings bis 1955 unverändert auf die nunmehr wachsenden geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengänge übertragen worden, die innerhalb Australiens zu einem weitaus größeren Maße von kontextbasierten Wissen – hier vornehmlich des britischen Systems – abhingen.46 In anderen Worten basierte das grundlegende Problem auf der fehlenden Differenzierung zwischen faktischen Lerninhalten (deklaratives Wissen) und ‚weichen‘ Faktoren des Wissens um Abläufe, Konventionen und Gepflogenheiten (implizites Wissen). So zielte das ursprüngliche Stipendienprogramm nahezu ausschließlich auf eine Vermittlung von deklarativen Abläufen und Fachwissen mit hohem Anwendungsbezug innerhalb einer nur begrenzt auf ein gemeinsames sprachlich-kulturelles Wissen angewiesenen Community47, die im Sinne einer tatsächlichen „Entwicklungshilfe“48 die Lebensbedingungen vor Ort nach der Rückkehr verbessern sollten und hierdurch das Vertrauen auf die Stärke des britischen Empires. Dass das daraus generierte Wirtschaftswachstum mittelbar auch zur Eindämmung des Kommunismus führen sollte, war ein Teilaspekt des Programms, der allerdings nur Nebeneffekt war. Im Vordergrund stand die konkrete Verbesserung der Lebensbedingungen eines ökonomisch fundierten Imperiums. Dem gegenüber bekam das Programm in amerikanischer Lesart eine weit darüber hinausgehende Interpretation auf ideologischer Ebene, die durch vermitteltes implizites Wissen49 in Form eigenes ‚Erlebens‘50 in Verbindung mit akade46 Senate’s Minutes 1954 ANU ANUA 53 Box 830. Dass darüber hinaus auch noch die stillschweigend vorausgesetzte Sprachkompetenz im Englischen in der Wachstumsphase als einigende Grundlage verloren ging, kann dabei für den Moment sogar noch außen vor bleiben. 47 Hier im Sinne von sprachlich-kultureller Einheit des Commonwealth of Nations verwendet, vergleiche auch Darwin, The Empire Project. 48 External Affairs New Delhi Embassy NAA A1838, 160/11/1/1. 49 Wobei auch das vermittelte explizite Wissen nicht von Nachteil war, es stand aber nicht im selben Fokus.

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mischer Wissensvermittlung erst entstehen sollte. Hinzukommend sollte unausgesprochen durch die gestifteten persönlichen Verbindungen ein loses Netzwerk durch ganz Süd- und Südostasien geschaffen werden welches im Sinne einer antikommunistischen Politik ‚von unten‘ gewirkt hätte. Dabei war es den politisch handelnden Akteuren durchaus bewusst, dass ein Unterschied zwischen reinem Faktenwissen und der durch Traditionen, Verhaltensweisen und Strategien transportierte Wissenskontexte einer ‚kulturgebundenen Wissenschaft‘ bestand: „There is more to a [Western] university than simple facts and figures. It consists of a tradition of […] intellectual culture.“51 In dem der bereits zitierten52 Untersuchungsergebnis der ANU wurde der große Einfluss des impliziten Wissens auf den Lernerfolg durch die Einbettung in den kulturellen Kontext des britischen Commonwealth deutlich: In Konsequenz bedeutet dies aber auch, dass der Colombo-Plan damit deutlich einfacher eine Förderung bestehender britischer Strukturen erreichen konnte, während er sich – ganz unbenommen der bereits behandelten sprachlichen Komponente – in der Expansion der Herrschaft über diesen Kulturraum hinaus aus Mittel ideologischer Expansion nur schwerlich eignete. Damit zeigt sich an dem Punkt der Kulturgebundenheit von Wissen ein grundlegendes Problem der ideologischen Imperialpolitik über Dritte am Rand des Empires: Die einerseits angestrebte ‚subtile‘ (Um-)Erziehung in Form von Normalität einer liberalen Gesellschaft im Kontext einer liberalen Entwicklung basierte – anders als in Washington angenommen – in der Umsetzung auf einer Vielzahl impliziter kultureller Vorerfahrungen, die auch gleichzeitig zumindest teilweise das Ergebnis vorweg nahmen. Es zeigt sich hier die entscheidende Schwäche der ideologische Qualität53 des amerikanisch geprägten, liberalen Universalismusmodells, die eben anders als erwartet nicht unabhängig von Vorerfahrungen umsetzbar war, sondern im vorliegenden Fall auf historische Erfahrungen angloamerikanischer Traditionslinien zurückgriff. Hatten die USA aufgrund ebenjener Gleichsetzung die Vermittlung einer ‚britischen‘ Weltsicht als Vermittlungsinstanz noch akzeptiert54, waren, wie sich herausstellte, die so vermittelten Inhalte in der Umsetzung nur in Gren50 Vergleiche auch S. 90. 51 Hilbret ANU ANUA 53 Box 830. 52 Siehe Fußnote 33. 53 Dabei ist ‚ideologisch‘ ausdrücklich nicht als negativer Begriff zu verstehen – anders als im allgemeinen Sprachgebrauch kennzeichnet er hier lediglich die Verortung innerhalb des Machtsystems. 54 Inwiefern hier mit der Idee einer angelsächsischen Weltgemeinschaft überhaupt eine Differenzierung über die politischen Einflusssphären hinaus stattgefunden hat, muss leider offen bleiben: Das Quellenmaterial gibt dazu keine Antwort.

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zen anschlussfähig. Dies allerdings nicht aus globalpolitischen Gründen (Ost vs. West), sondern aus unhinterfragten Determinanten von Lernprozessen.55 Die soziokulturellen Unterschiede in der Heterogenität der Studierenden, die sich aus – auch in den USA bekannten56 – Gesellschaftsformen der Heimatländer konstituierten, standen in vielen Fällen dem Erfolg der individuellen Lernerfahrungen im Weg.57 Das aufgrund der anfangs geringen Studierendenzahlen und des zeitlichen Versatzes zwischen Studienbeginn und (Abschluss-)Prüfungen erst mit Verzögerung deutlich sichtbar werdende Problem nahm in der Folgezeit zu und legte dabei die die offenkundige Überforderung des Stipendienprogramms im ColomboPlan offen: War eine Überdeckung des amerikanischen Interesses durch die Übernahme des britischen Colombo-Planes noch innerhalb des Rahmens erfolgreich möglich, so überlastete die zeitgleich vorgenommene überregionale und kulturüberschreitende, politisch getriebene Expansion das Instrumentarium der imperialen Politik über die Universität. War auf politischer Seite genau die Vermittlung dieser impliziten Tradition der angloamerikanischen Welt Ziel gewesen, stellte sich nun heraus, dass die Erarbeitung dessen entweder eine gewisse Vorsozialisation (also innerhalb des Commonwealth) oder zumindest eine umfangreiche Eingangsvorbereitung benötigt hätte: Mit aus diesen geteilten Erlebnissen der Frustration bildeten sich an nahezu allen Studienorten in Australien bald im Hochschulkontext organisierte Colombo-Plan-Societies durch die Studierenden selbst.58 Diese hatten das Anliegen, einerseits nach innen einen Austausch der Studierenden zu ermöglichen, andererseits aber in Form von Podiumsdiskussionen, Artikeln in den Hochschulzeitungen und gemeinsamen Veranstaltungen über die Situation zu berichten und Änderungen zu fordern. Wenig überraschend führte dies immer wieder zu Auseinandersetzungen, die später noch Thema sein werden.

55 Vergleiche hierzu schon zitierte ANU ANUA 53 Box 830. 56 Die in den 1950er Jahren im Aufschwung befindliche Ethnographie amerikanischer Universitäten ermöglichte zeitgleich im wissenschaftlichen Kontext die Wahrnehmung von Andersartigkeiten asiatischer Gesellschaftsordnungen. 57 Senate’s Minutes 1954 ANU ANUA 53 Box 830. 58 Welfare Adelaide NAA A1838 2045/1/10 PART 1.

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Neben der bereits gezeigten Auseinandersetzung zwischen den Universitäten und dem Außenministerium als federführender Institution innerhalb Australiens stand allerdings ein weiteres Konfliktfeld zwischen der Innen- und der Außenpolitik, insbesondere sichtbar in den Personen Menzies und Spenders, dem Premier- und dem Außenminister, die allerdings für ihre jeweiligen Interessensgruppen standen. Beide vertraten jeweils eigene, von spezifischen Interessen geprägte Perspektiven, deren Auseinandersetzung ebenso einen Blick auf die Probleme der Umsetzung des Top-Down-Modells freigibt. Als Besonderheit diese Auseinandersetzung ist die hinsichtlich der üblichen politischen Hierarchie auffällige Sonderstellung des Außenministeriums zu sehen – Spenders Demission kurz nach der Verabschiedung des Abkommens und dem Scheitern seines ersten Colombo-Plan-Haushaltsentwurfes im Kabinett kann dahingehend als ‚Sieg‘ der Innenpolitik gegenüber einer zu eigenständigen Außenpolitik gewertet werden. Allerdings zeigte sich auch, dass ebenso der starken pro-britischen Fraktion um Premierminister Menzies die sicherheitspolitischen Abhängigkeiten bis zu einem gewissen Grad klar waren, die sie allerdings weitaus weniger bedrohlich als das Außenministerium wahrnahmen. Die Auseinandersetzungen hier spielten sich daher innerhalb eines Kontextes des Antikommunismus, der antiasiatischen Ressentiments und der grundlegenden Fragen einer Bindung an London oder Washington ab und wurden – ähnlich der Auseinandersetzungen zuvor – daher faktisch lediglich unter der politischen Nutzung des Stipendienprogramms des Colombo-Planes durchgeführt. Das Department of Foreign Affairs unter der Führung Percy Spenders hatte in der Verknüpfung von Sicherheits- mit imperialer Entwicklungspolitik eine Lösung aus dem sicherheitsstrategischen Dilemma der unmittelbaren Nachkriegszeit gesehen. Dabei war in den Verhandlungen gegenüber den USA systematisch die deutlich antiasiatische Stimmung innerhalb Australiens und damit der Wählerschaft zur Erlangung der außenpolitischen Ziele ausgeblendet worden.59 Diese fand unter anderem in der White Australia Policy auch ihren innenpolitischen Widerhall, welche bis 1973 systematisch nicht-weiße ethnische Gruppierungen diskriminierte und von politischer und gesellschaftlicher Teilhabe und auch schon der Einwanderung weitgehend ausschloss. Hinzu kam ein breiter Antikommunismus innerhalb Australiens, der in dem bereits 1951 beschlossenen Verbot der Communist Party of Australia (CPA) sowie diversen an-

59 Zur White Australia Policy und den antiasiatischen Ressentiments siehe auch den Abschnitt zur Genese imperialer Interessen in Australien (S. 64).

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tikommunistischen Wahlkämpfen und unter anderem der politisch stark beeinflussten Aufarbeitung der sog. Petrov-Affäre60 1954 seinen Ausdruck gefunden hatte.61 Innerhalb der Regierung trafen dabei in der Folge diese entgegengesetzten Perspektiven mehrfach und zunehmend heftiger aufeinander, die zum ersten Mal in der Zurückweisung des ersten Spender’schen Haushaltsentwurfs 1950 für den Colombo-Plan deutlich geworden war: Angesichts der beantragten Mittel, die aus dem Stand den Colombo-Plan mit allen Sach- und Fördergeldern zu einer der größten Kostenstellen im Außenministerium überhaupt hätte machen sollen,62 schien dies einerseits für die Großbritannien-Befürworter eine zu deutliche Wendung nach Amerika zu sein,63 andererseits aber innenpolitisch angesichts der Situation vor allem ein Förderprogramm für ein vereintes Feindbild des asiatischen Kommunismus. Außerhalb des Außenministeriums wurden die deutlich zu hohen Kosten und das durch den Beschluss ausgesendete „falsche Zeichen“64 nach Asien von den anderen Ministern kritisiert.65 Spender, der neben der politischen Perspektive vermutlich auch ein persönliches Interesse an der Wiederannäherung an Asien hatte,66 konnte sich nicht durchsetzen, so dass schließlich nur ein deutlich reduziertes australisches Budget für den Colombo-Plan vorgesehen und verabschiedet wurde.67 Während des gesamten Untersuchungszeitraums nahm diese hier zum ersten Mal hervorgetretene, inneraustralische Differenz hinsichtlich der Umsetzung und der eigenen Rolle weiter zu. Trotz des Ausscheidens Spenders aus der Regierung im April 1951 (und der folgenden Ernennung zum Botschafter in Washington und seiner weiterhin aktiven Teilnahme am American Education Board in Australien)68, bestand auch unter seinem Nachfolger Richard Casey die grundlegend unterschiedliche Interessenslage im Vergleich zum Premierminister Menzies weiter: Er warb intensiv gegenüber dem stets skeptischen und Nachteile für die Verbindung nach London befürchtenden

60 Robert Manne, The Petrov affair. Politics and Espionage, Sydney 1987. 61 Zur CPA siehe Fußnote 13, zum antikommunistischen Wahlkampf Lowe, Menzies and the "Great World Struggle", S. 41-58. 62 Cabinet Submissions, NAA A4639 37A, filed under A4639/XM1 Volume 2. 63 Siehe hierzu McLean, American and Australian Cold Wars in Asia, S. 38. 64 The Age, Melbourne. 20.08.1950. S. 3. 65 Cabinet Submissions Menzies Ministry, NAA A4639 37A, filed under A4639/XM1 Volume 2. 66 Lloyd Thomson NLA ORAL TRC 2981/3. 67 Cabinet Submissions Menzies Ministry, NAA A4639 37A, filed under A4639/XM1 Volume 2. 68 Lowe, Percy Spender, S. 71-72.

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Premierminister Menzies um einen Ausbau des Programmes.69 Für das Department of Foreign Affairs in Canberra blieb die zumindest weitgehende Umsetzung des Planes anhand der informell ausgehandelten Gedanken des amerikanischen Beitritts das Ziel, während in der Regierung einerseits Stimmen für eine Rückkehr zum britischen Einfluss zunahmen (Menzies), und andererseits jedwede sichtbare Förderung für asiatische Studierende zu verhindern oder zumindest minimiert werden sollte.70 So verschärfte sich die Problematik der Abwägung zwischen innenpolitischen Notwendigkeiten und außenpolitischen Bedürfnissen. Hatte zunächst das gemeinsame Ziel der sicherheitspolitischen Erwägungen dazu geführt, dass die innenpolitischen und außenpolitischen Akteure in Australien ihre bestehenden Differenzen nicht nach außen getragen hatten, änderte sich dies unmittelbar mit den ersten Förderungen. Der skizzierte innere Widerspruch führte daher zunächst bis ungefähr 1955 zu einer Umsetzungspolitik ‚den Buchstaben nach‘: Einerseits wurden zwar wie vereinbart Gelder für Förderplätze bereitgestellt, die so geförderten Studierenden allerdings mit größtmöglicher Skepsis gehen und in einem sehr restriktiven Regelapparat eingebettet.71 Letzteres umfasste dabei obligatorische Vorgaben zur ausschließlichen Rückkehr unmittelbar nach Studienende, was auch ein weiteres Studium in Australien oder gar den USA ausschloss72, eine weitgestehende Isolation durch ein sehr weit gefasstes Verbot der politischen Betätigung73 und in diesem Kontext die Verpflichtung zu politisch „neutralem“74 Verhalten. Zur Sicherstellung der Einhaltung dieser Regelungen wurden wie bereits erwähnt, meist junge Beamten des Außenministeriums (liaision officers)75 an die einzelnen Hochschulen entsandt, um dort eine dezidierte Überwachungsfunktion wahrzunehmen, die eine umfassende Erfassung und Kontrolle der Studierenden zu Ziel hatte – neben der bereits erwähnten Aufgabe der Schwächung der Verhandlungsposition der Universitäten.76 Die Einführung dieses Instruments war dabei auch auf Druck des Prime Minister’s Office zurückzuführen, wo man – gewissermaßen in Umkehrung des eigentlichen Ziels der Förderung – befürchtete, sich durch das Stipendienprogramm des Colombo-Plan nun unfreiwillig

69 Vergleiche beispielsweise Casey Menzies NAA A10299 A18. 70 Menzies Spender NAA A1209 1957/5406. 71 Siehe hierzu auch den Abschnitt zur imperialen Dynamik der Studierenden, S. 152. 72 Indonesia Files Colombo Plan NAA A1838 2010/5/12/127. 73 Adelaide Uni Files NAA A1838 2045/1/10 PART 1. 74 Training Authorities Conference NAA A1362 1960/58 Part 1. 75 External Affairs Uni Sydney NAA A1838 2020/1/12 Part 1. 76 Progress Report NAA A1838 2020/1/12 Part 1.

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‚Communist agents‘77 ins Land geholt zu haben, die nun als gefährliche Störenfriede wahrgenommen wurden. Dieser umfassende Kontrollapparat als Ergebnis innenpolitischer Bedenken stand dabei faktisch im Gegensatz zum ‚Geist‘ des Abkommens, welches ja gerade im Sinne der angestrebten Multiplikatorenwirkung auf ein eigenes ‚Erleben‘ einer freiheitlichen Ordnung setzte. Innerhalb der externalisierten Umsetzungsebenen des Top-Down-Modells eines Imperiums by proxy konnte diese grundlegende Vorstellung allerdings offensichtlich nicht durchgesetzt werden, sondern stieß aufgrund der lokalen Vorbehalte auf entschiedenen Widerstand: Kernziel all dieser Maßnahmen war der Versuch einer nur minimalen Einbindung der Studierenden in ein australisches Alltagsleben, welches – so die Befürchtungen – eine zeitnahe Rückkehr nach Studienende erschwert hätte und innerhalb Australiens zu einer Ausbreitung kommunistischen Gedankenguts geführt hätte.78 Die Funktion der Verbindungsbeamten war zunächst nahezu ausschließlich als Kontrollinstanz vor der Gefahr der ‚Ansteckung‘ mit kommunistischem Gedankengut gedacht, welche durch eine enge Berichtspflicht eine Weitergabe jeglicher Abweichungen direkt an das Ministerium sicherstellen sollten. Damit führte die Umsetzung der imperialen Strategie durch eine durch grundlegende Vorbehalte geprägte Institution der australischen Regierung an einem Ort mit eigenen Traditionen (Universitäten) zur Schaffung eines umfassenden Sicherheitsapparats. Die detaillierten Berichte dieser Überwachung, die nur noch in wenigen Fällen vorliegen und des Weiteren auch nur selektiv zugänglich sind, zeigen eine sehr umfassende Erfassung, die auch private Angelegenheiten und Pläne ausführlich beschrieb.79 Durch verpflichtende zweiwöchentliche (bald monatliche, später nur noch regelmäßige) Einzelgespräche mit den geförderten Studierenden sollten Zukunftsperspektiven, mögliche Gesinnungswandel und Netzwerkaktivitäten sowie der Studienfortschritt eng beobachtet und dokumentiert werden. Diese Berichte wurden wie es scheint auch im Außenministerium gelesen, archiviert und in Fragen z.B. der Verlängerung der Förderung oder beim Umgang mit Fehlverhalten herangezogen.80 Soweit überliefert, wurden dabei systematisch zunächst Fragen zum Studienverlauf, möglichen Problemen und weiteren Planungen angesprochen, ehe dann auch – mutmaßlich in sehr freiem Gespräch – die bereits genannten Themenbereiche, auch im Kontext des globalen Ost-West-Konflikts angesprochen wurden. Die Kontroll- und Dokumentationspflichten endeten jedoch nicht im Rahmen der öffentlich beziehungsweise im 77 Vgl. Colombo Plan Scholarships NAA A694 B824 Part 1. 78 NAA A1838 2045/9 Part 2. 79 Forrest External Affairs NAA A1838 2045/9 Part 2. 80 Vergleiche gesammelte Briefwechsel in NAA 1838 2045/9 Part 2.

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direkten Gespräch mit den Studierenden erhobenen Daten: Darüber hinaus wurden weitreichende Informationen bis in den privaten Bereich der Studierenden eingeholt und vermerkt. Gut dokumentiert sind mehrfache Informationssammlungen zu den finanziellen Verhältnissen der Studierenden, dabei wurde mehrfach ohne Wissen der Betroffenen zum Beispiel der direkte Kontakt zur jeweiligen Bank der Geförderten gesucht und davon ausgehend Vermutungen über die jeweiligen Fähigkeiten zu einer Art ordentlicher Haushalts- beziehungsweise Wirtschaftsführung vorgenommen, um daraus wiederum Schlüsse über die Zuverlässigkeit der Studierenden zu ziehen.81 Darüber hinaus war auch ein Element der ‚peer control‘82 Bestandteil des Kontrollsystems, so wurden regelmäßig Studierende zu Einschätzungen ihrer Kommilitonen gebeten und die daraus destillierten Persönlichkeitsprofile – verbunden mit den Einschätzungen des lokalen Verbindungsbeamten – im Rahmen der umfangreichen Berichte archiviert. Inwiefern die Stipendiaten selbst über die Tatsache regelmäßiger schriftlicher Berichte über ihren Fortschritt und die Dokumentation der teilweise sehr persönlichen Gesprächsinhalte für Dritte informiert waren, lässt sich leider nicht mehr nachzeichnen.83 Sehr wahrscheinlich aber wussten die Betroffenen von den über sie angelegten Akten nichts. Auch die Frage nach einer möglicherweise geplanten Weiterverwendung der gewonnenen Informationen nach der Rückkehr muss ungeklärt bleiben – es liegt angesichts anderer Aktivitäten im Kalten Krieg nahe, eine geplante spätere Verwendung gegebenenfalls kompromittierender Informationen für möglich zu erachten, es kann aber mangels jeglicher Hinweise für oder gegen eine solche Planung im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass dies tatsächlich geschah. In den Gesprächen wurde dabei besonders auf die Bildung eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen den Stipendiaten und den Verbindungsbeamten Wert gelegt, innerhalb dessen auch private Probleme ohne sichtbare, unmittelbare Konsequenzen beziehungsweise Sanktionen zur Aussprache gelangen sollten.84 Denn über die vertrauensbildende Maßnahme hinaus, erfüllte das Monatsgespräch auch die Rolle einer Kontroll- und Sanktionsfunktion beim Überschreiten der anfangs noch sehr diffusen Regeln: Insbesondere bei Verstößen gegen das umfassend interpretierte Verbot politischer Äußerungen wurden an diesen Terminen unmittelbar Ermahnungen oder Sanktionen ausgesprochen. Dabei wurden für den Wiederholungsfall auch die Aberkennung des Stipendiums und eine sofortige Rückreise angedroht, in jedem Fall die Information der 81 NAA A1362 1960/79 Part 1. 82 NAA A1838 2045/9 Part 2. 83 Interview mit J. Van Deutekom, Semarang, Indonesien, 03.05.2014. 84 Interview mit J. Van Deutekom, Semarang, Indonesien, 03.05.2014.

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Regierung des jeweiligen Entsendestaates.85 Prominentestes Beispiel hierfür dürften die zentral archivierten Unterlagen zum Fall zweier Studierender sein, die im Rahmen einer hochschulöffentlichen Diskussionsveranstaltung des Debattierclubs an der Universität in Melbourne 1954 um Verständnis für die indonesischen Positionen im Kontext westlicher Interessenspolitik geworben und dabei auch die Rolle der USA kritisiert hatten.86 Überhaupt erst aufmerksam auf den Vorfall wurden die Verbindungsbeamten durch die Berichterstattung in der Studierendenzeitung der Universität, die über die Diskussion und die Themen berichtet hatte. Neben einem sofortigen Gesprächstermin mit den beiden Studierenden, die explizit als ‚authentische‘ Vertreter der Region als Colombo-PlanStipendiaten zur Veranstaltung geladen worden waren, setzte ein umfangreicher Berichtsprozess in der Hierarchie ein. Bezeichnenderweise waren die Forderungen nach einer möglichst harten Bestrafung der beiden Studierenden umso vehementer, je entfernter und weniger informiert über das eigentliche Vergehen die Akteure waren: Während man im Außenministerium darauf drängte, die Stipendien sofort zu entziehen und binnen weniger Tage eine Ausreise zu erzwingen, da sie durch ihre öffentliche Kritik dem „spirit“87 des Colombo-Planes schweren Schaden zugefügt hätten, blieb die Position der anderen Regierungsvertreter zunächst unklar – vermutlich nahmen sie den Vorgang zunächst nicht zu Kenntnis, nutzen ihn allerdings später, um dem Außenministerium eine angeblich zu laxe Haltung vorzuwerfen, die das Feld für ‚Kommunisten‘ in Australien öffne. Während die Vertreter vor Ort – also die Verbindungsbeamten – lediglich eine schwere Verwarnung aussprechen wollten, die beim nächsten Vergehen zu einem sofortigen Ausschluss aus dem Programm geführt hätte, eskalierte die Auseinandersetzung in Canberra. Unbenommen und (sehr wahrscheinlich auch) in Unkenntnis der Schwere des konkreten Vorfalls entspann sich in der Politik eine heftige Debatte über die Rolle Australiens in der westlichen Welt: So sei das Ergebnis einer Annäherung an die USA nun faktisch in der Ausbildung „kommunistischer“ Agenten durch Australien zu sehen, während sich London stets loyal verhalten habe.88 Auch hier traf die Bewertung der politisch heiklen Situation ausschließlich anhand Berichter von Dritter auf bestehende Befürchtungen und antiasiatische Ressentiments in der australischen Administration, die die grundlegend widerwillige und lediglich von sicherheitspolitischen Erwägungen getragene Umsetzung des Stipendienprogramms belegen. Bezeichnenderweise blie85 NAA A1838 2045/9 Part 2. 86 Vergleiche gesammelte Briefwechsel in NAA A1838 2045/9 Part 2 in Verbindung mit A1362 W1961/122 Part 1. 87 Spender Casey NAA A1838 160/11/1/1. 88 Expression of Political Views NAA A1838 2045/9 Part 1.

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ben die Studierenden trotz der intensiven Auseinandersetzung in Canberra straffrei – oder auch gerade deswegen. Es wird an diesem Beispiel deutlich, wie sich innerhalb Australiens Auseinandersetzungen um die zukünftige politische Verortung des Landes unter dem ‚Deckmantel‘ der Diskussionen um den ColomboPlan abspielten, die auch hier die faktische Umsetzung der imperialen Politik zu einem Spielball der Eigeninteressen der australischen Politik machten. Auch hier zeigte sich dabei die schon zuvor festgestellte mangelnde Kontrollfähigkeit des hierarchischen Modells, welches hierdurch zu einer Umsetzung vollkommen entgegen den amerikanischen Überlegungen führte.

K ONTROLLVERLUST Doch trotz der gezeigten Auseinandersetzungen in der Anfangsphase lassen sich auch auf dem Feld der Innen- und Außenpolitik zunehmende Tendenzen der erneuten Einigung unter dem Eindruck einer sicherheitspolitischen Gefährdung feststellen. Diese nahm konkret an der Frage der Kontrolle der Studierenden ihren Ausgang. Denn der dem politischen Druck der Innenpolitik geschuldete Kontrollapparat drohte aufgrund des erzeugten Bedrohungs- und Isolationsszenarios in Verbindung mit der antiasiatischen Stimmung vor Ort für die geförderten Studierenden89 die Ziele der Politik zu konterkarieren: Angesichts einzelner, jedoch höchst tragischer Ereignisse wie der schon beschriebenen Suizide verschiedener Colombo-Plan-Studierender sowie darüber hinaus einer nicht genauer bezifferbaren, aber als „hoch“90 wahrgenommenen Anzahl von Studienabbrüchen oder gar dem vereinzelten Untertauchen von Studierenden stellten sich nicht nur im Außenministerium zunehmend Fragen nach den aus dem Primat der Innenpolitik hervorgegangenen, strukturellen Umsetzungsproblemen der Strategie, die deren außenpolitischen Erfolg ernsthaft in Gefahr brachten. Man befürchtete – sollte das Förderprogramm fehlschlagen – eine Abkehr der USA vom indirekt gegebenen Sicherheitsversprechen.91 Dem Außenministerium war es daher daran gelegen, die restriktiven Auflagen zu reduzieren: Minister Casey schrieb in der Sache regelmäßig an Premier Menzies und führte zahllose Beispiele für die durch die restriktiven Vorgaben hervorgerufenen Vereinsamungsprobleme auf. In der Logik der Innenpolitiker befürchtete er in direkter Konsequenz dieses gesellschaftlichen Ausschlusses,

89 Vgl. indirekt in NAA A10299 A18. 90 Senate’s Minutes 1954 ANU ANUA 53 Box 830. 91 Tange Casey NAA 1838 2020/1/12 part I.

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dass sich die Geförderten nun erst recht aufgrund der subjektiven Erlebnisse in Australien unmittelbar „dem Kommunismus“92 zuwenden würden und sammelte in Zusammenarbeit mit dem australischen Geheimdienst ASIO angebliche Belege für eine Radikalisierung der Stipendiaten aufgrund der Isolation.93 Damit wurde nun implizit der Schluss vorgenommen, dass die persönlichen Probleme der Studierenden auch Probleme für die politische Situation mit sich brächten – analog der Nutzbarmachung der akademischen Probleme der Studierenden für das eigene Anliegen der Universitäten zuvor.94 Darüber hinaus bezog er sich auch noch auf Berichte der Studierenden, die sich gerade in den ersten Jahren innerhalb der Universitäten ausgegrenzt fühlten und nach eigenen Berichten aufgrund ihres asiatischen Aussehens im Alltag diskriminiert würden und deshalb die Wahrscheinlichkeit für eine Hinwendung zu ‚dem‘ Kommunismus weiter erhöht werde.95 Die Position des Außenministeriums setzte also innenpolitisch darauf, dass die Furcht vor dem Kommunismus größer als die antiasiatischen Ressentiments und die außenpolitischen Absicherungsziele politisch bedeutsamer als die innenpolitischen Gewinne seien. Während Menzies zunächst hinsichtlich der Gründe von Einzelschicksalen ausging, deren Ursache nicht in Australien zu finden seien96, musste man auch im Regierungssitz bald einsehen, dass das Ideal eines möglichst wenig integrierten Besuchers nicht mit der Realität in Einklang zu bringen war.97 So setzte in Konsequenz das Außenministerium durch, dass die Verbindungsbeamten in Hinzufügung zur bisherigen Kontrollfunktion ab dem Herbst 1953 auch im Rahmen eines Sozialprogrammes für die soziale Integration zumindest innerhalb der Gruppe der Geförderten am Hochschulort zuständig seien.98 Nachdem die bereits in den Vorjahren vorgenommenen, leichten Zugeständnisse – beispielsweise hinsichtlich der Wohnungssuche oder auch der Ermöglichung von selbstorganisierten Studierendengruppen – für keine sichtbare Linderung der Lage gesorgt hat-

92 NAA A10299 A18. 93 Oakman, Facing Asia, S. 183. 94 Vgl. S. 130. 95 Ebd., S. 178. 96 Vergleiche hierzu auch eine bei Daniel Oakman zitierte Studie ohne Jahresangabe, demnach 80 Prozent aller befragten Australier das Stipendienprogramm unterstützen und 70 Prozent für eine weitere Ausweitung stimmen würden. Dieser Befund steht dabei in diametralem Gegensatz zu den zahlreichen Berichten der Studierenden selbst sowie der Einschätzungen der Verbindungsbeamten. ebd., S. 252. 97 Casey Menzies NAA A10299 A18. 98 Progress Report NAA A1838 2020/1/12 Part 1.

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ten, hoffte man nun auf eine entscheidende Verbesserung der Situation.99 Denn in Verbindung mit den ausbleibenden Erfolgen des Programms – man hatte mit einer positiven ‚word of mouth‘-Wirkung der ersten Rückkehrer gerechnet –, gab es angesichts der Situation nun auch aus innenpolitischer Sicht die Bereitschaft, die strengen Regeln trotz der befürchteten Konsequenzen zu lockern.100 Die bisher ausschließlich zur Kontrolle eingesetzten Liaision Officers erweiterten ihr Aufgabenfeld, das nun auch die aktive soziale Integration der Colombo-Plan-Studierenden umfasste: Im Rahmen dieser Funktion fanden in der Folgezeit regelmäßige Veranstaltungen statt, die dem zwanglosen Kennenlernen der Teilnehmer dienen sollten und dabei bisweilen sogar im privaten Umfeld der Verbindungsbeamten stattfanden.101 Ganz gezielt wurde ein persönlicher, informeller Rahmen geschaffen, in dem sowohl die Studierenden untereinander sich kennenlernen sollten, als auch ein vertrauensvolles Verhältnis zu den australischen Mitarbeitern aufgebaut werden sollte. Auch ermunterte man die Studierenden, eigenverantwortlich gemeinsame, mehrtägige bis zweiwöchige Ausflüge zu unternehmen und stellte in mindestens einem Fall sogar ein eigenes Auto hierzu bereit.102 Auch förderte man die Gründung von studentischen Vereinigungen von Colombo-Plan-Studierenden unter anderem durch die Druckkostenübernahme für die Mitgliederzeitungen sowie die Finanzierung von Buffetkosten für wöchentliche Treffen.103 Erklärtes Ziel all dieser Förderung war der Austausch und das aktive Kennenlernen der Stipendiatinnen und Stipendiaten untereinander – kurzum: Die Schaffung eines der Netzwerkbildung förderlichen Klimas. Die Umwidmung des Aufgabenfeldes der Verbindungsbeamten war das erste Zeichen der Folgen der bisher ausgeblendeten Konsequenzen des innenpolitischen Streits und der systematischen Vernachlässigung kultureller Differenzen von Anfang an. Die sich auf politischer Ebene abzeichnende Lösung, mit verbesserten Betreuungsangeboten die Integration innerhalb der Gruppe zu verbessern, ohne dabei die Kontrollfunktion aufzugeben zeigte dabei in der Umsetzung allerdings die weiter bestehenden Probleme in der Interaktion der handelnden Akteure auf.104 Denn die Universitäten weigerten sich zunächst, diese Aufgabe zu übernehmen, die sie als nicht in ihren Aufgabenbereich fallend sahen. In Konse99

Progress Report NAA A1838 2020/1/12 Part 1.

100 Policy and Finance NAA A1838 2020/6 Part 1. 101 NAA A1838 2045/9 Part 2. 102 Dabei war Auflage, dass mindestens vier Stipendiaten gemeinsam auf Reise gehen sollten (NAA A1838 2045/7). 103 Notes on Progress NAA 1838 2045/9 Part 2. 104 Condition of Training NAA A1838 2045/1/10 Part 1.

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quenz wurden die bisher als Kontrollinstanzen gedachten Verbindungsbeamten auch zu Mentoren und Integrationshelfern, die möglichst viele, einem ‚erfolgreichen‘ Aufenthalt dienende Maßnahmen ermöglichen sollten. Die Kosten für diese – vergleichsweise üppigen – Veranstaltungen wie unter anderem gemeinsame Mittagessen, Wochenende- und Wochenausflüge sowie Abendveranstaltungen wurden anders als die Mittel für die Verbindungsbeamten selbst vom Prime Minister’s Department Menzies übernommen.105 Diese Finanzierung nun war nicht ohne Pikanterie, war doch von dort aus bisher der vehementeste Widerstand gegen eine zu integrative Funktion gekommen: Mit der Übernahme der Kosten zeigte sich allerdings die Krise, in der das Programm nur zwei Jahr nach Beginn war – innenpolitisch war die Regierung Menzies im Herbst 1953 bereit, weitgehende Kompromisse einzugehen, da die außenpolitischen Sicherheitszusagen (die 1954 mit SEATO erfüllt werden sollten) durch die bisherige Politik in weite Ferne gerückt schienen.106 Trotz der zeitgleich sowohl in Zeitungen in Melbourne, Adelaide wie auch in Sydney107 ab 1952/53 wiederholt zu findenden Leserbriefe, die in den asiatischen Studierenden eine Gefahr für die öffentliche Ordnung sahen, hatte auf administrativer Ebene ein Umdenken stattgefunden.108 Die Leserautoren zogen darüber hinaus den Schluss, dass sich Australien mit dem Förderprogramm zu einem willigen Helfer amerikanischer Politik mache und dabei eigene Interessen vollkommen außen vor lasse – und dafür sogar die eigene Bevölkerung um Qualifizierungsmöglichkeiten beraube, indem sie die ohnehin knappen Studienplätze an „fremde“109 asiatische Studierende vergeben würde. Und auch, wenn das Thema keinen besonders prominenten Platz in den Zeitungen einnahm, so änderte sich doch langsam die Tonalität der Berichterstattung, dem auch der Versuch systematischer Pressearbeit nichts entgegensetzen konnte. Die nun trotz dieser inneraustralischen Entwicklungen entstandene Finanzierung des Zusatzangebotes für die Studierenden aus dem zentralen Haushalt des Premierministers, der als eine Art Notfallressource fungierte, verdeut105 NAA A1838 2045/9 Part 2. 106 Political Objectives of the Colombo Plan NAA A1838, 3004111 Part I. 107 Vergleiche Press Cuttings NAA A5954 2077/7. 108 Die Auffassung einer Gefahr für die ‚öffentliche Ordnung‘ ist dabei relativ breit gehalten: Die Leserbriefe einigt die Ablehnung des ‚Asiatischen‘ welches eine Gefahr für das Leben in Australien darstellen würde. Inwiefern veröffentliche Leserbriefe dabei nun eine tatsächlich breit vorherrschende Stimmung wiedergaben, muss offenbleiben – es reicht aber für die vorliegende Arbeit, davon auszugehen, dass es diese Stimmen gab und sie auch in der Administration zumindest wahrgenommen wurden. 109 The Age, Melbourne. 03.11.1953. S. 7.

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lichte daher auch das strategische Dilemma in das die jahrelange Auseinandersetzung innerhalb Australiens geführt hatten, die nun als Bedrohung für die australische Sicherheitspolitik gesehen wurden. Dabei waren die USA an den inneraustralischen Konflikten soweit erkennbar gar nicht beteiligt, falls sie ihn überhaupt zur Kenntnis nahmen. Die zugänglichen Archivalien räumen dem Thema keine große Wichtigkeit ein; dazu beigetragen hat sicherlich, dass innerhalb des amerikanischen Top-Down-Modells die durch das Außenministerium vorgelegten Entwicklungsberichte im Rahmen des Colombo-Plan keinen Hinweis auf darunterliegende Probleme aufwiesen: In der eigenen Logik bestand damit kein sichtbarer Handlungsbedarf, da – legt man das Modell des Imperiums by proxy zugrunde – es extern delegiert worden war. Die Problematik der als Konsequenz aus dem Misstrauen entstandenen sozialen Isolation der Studierenden zeigt aber auch die Probleme der Kompromisslösung bei der Implementierung der Erschließungsstrategie auf. Waren die Überlegungen der USA von einem sehr freien Konzept geprägt gewesen, welches weiterstgehend auf eine direkte Kontrolle der Studierenden verzichten sollte und auf indirekte Beeinflussung durch entsprechende Lehrende und ein grundsätzlich positives Umfeld abzielte, so standen diesem die innenpolitischen australischen Befürchtungen diametral entgegengesetzt. Mit Ausnahme des Außenministeriums unter Percy Spender beziehungsweise seinem Nachfolger Richard Casey war in der australischen Administration die Wahrnehmung einer Infiltration durch asiatische110, mit australischen Geldern geförderten Studierende ein weit verbreitete Szenario in den Jahren 1950/51.111 Die scharfen Kontroll- und Überwachungsinstrumentarien an den Hochschulen waren in Konsequenz eine Konzession an diese Befürchtungen, die aber dadurch eine starke Belastung bei den Geförderten hervorriefen: Die innen- und außenpolitisch ausgehandelten Kompromissmaßnahmen zur Implementierung hatten die Befindlichkeiten der Träger der imperialen Strategie in einem sehr technischen, realitätsfernen Verfahren ausgeblendet. So konnten die im Top-Down-Modell vorgenommen Verallgemeinerungen dieser Auffassung die Verwerfungen in der Umsetzung nicht abbilden und schufen damit eine ganz eigene, negative Dynamik vor Ort. Die Konsequenzen dieser institutionellen Friktion zeigten sich dabei vornehmlich an den Universitäten. Leidtragende dieser Auseinandersetzung waren die Studierenden selbst, deren Rolle auf die einer Verhandlungsmasse im Rahmen der politischen Kompromisse beschränkt war.

110 Interessanterweise in genauer Verkehrung der tatsächlich geplanten Strategie. 111 Adelaide Welfare Reports NAA A1362 1960/79 Part 1.

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Z WISCHENERGEBNIS : U NWILLIGE V OLLSTRECKER – I MPERIALPOLITIK IN DER P ERIPHERIE Das Problem der Interaktion zwischen den ihrer Eigenständigkeit sehr bewussten und ihre Interessen wahrenden beteiligten Akteuren, zog sich dabei in der Anfangsphase durch die Umsetzung wie ein roter Faden. Wie bereits gezeigt, war die Grundüberzeugung der Planungen des Förderprogramms von einer positiven Eigendynamik im Verlaufe der Studiums ausgegangen: Vornehmlich durch das eigenständige Erleben einer freiheitlich-liberalen Gesellschaft und dem Kontakt mit ‚westlichen‘ Kommilitoninnen und Kommilitonen an der Universität sollten aus den Studierenden imperiale Systempenetratoren werden, die eigenständig als Multiplikatoren den Raum für den amerikanisch-westlichen Einfluss erschließen sollten. Trotz vordergründigem und formalem Einverständnis mit diesem durch große Freiräume geprägten Vorgehen, schuf das für die Durchführung in Australien verantwortliche Außenministerium als Folge der Auseinandersetzung mit den anderen institutionellen Akteuren nahezu von Beginn an ein enges Netz der Kontrolle und Sicherung an den Hochschulen durch sog. liaision officers.112 Diese sollte funktional einerseits als Lösung für das Problem der relativen Autonomie der Universitäten eine erhöhte Kontrollierbarkeit vor Ort herstellen, als auch mögliche kommunistische Umtriebe vor Ort frühzeitig erkennen und melden. Diese Kontrollfunktion stand dabei in diametralem Widerspruch zur zentralen Vorstellung an der Spitze des Top-Down-Modells: Hier war man anfangs davon ausgegangen, dass sich die akademischen Netzwerke unter den Studierende wie ‚von selbst‘ ergeben würden. Angesichts der restriktiven Umsetzungspolitik und der breiten antiasiatischen Ressentiments in der Bevölkerung fand dies jedoch nicht statt: Die Berichte der Verbindungsbeamte sowie der Betroffenen selbst über eingeschüchterte, isolierte und unter extrem starkem Heimweh leidende Studierende113 deuteten vielmehr eher auf eine Überforderung angesichts der fundamentalen Unterschiede in den Lebensgewohnheiten hin. Dabei blieb in Washington dieses Auseinanderklaffen von eigenen Vorstellungen und Lebensrealität in der Peripherie trotz des Wissens darum auf unteren Ebenen des TopDown-Modells bis zum Ende des Untersuchungszeitraums unbemerkt.114 Stand innerhalb Australiens die bisherige Annahme einer ‚schleichenden‘, selbstvollziehenden Integration sowie dem Vertrauen auf eigene Dynamiken der

112 NAA A1838 2020/1/12 Part 1. 113 Casey Menzies NAA A10299 A18. 114 Hoover Embassy NARA RG 59 250/39/29/2 Box 2992.

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Gruppenbildung an den Universitäten 1954 auf dem Prüfstand, so geschah dies ausschließlich aus der Furcht vor außenpolitischen Konsequenzen, die die Universitäten ganz im eigenen Interesse noch befeuerten: Das Ausmaß der Probleme und die kaum zu kontrollierende Friktion innerhalb des Systems aufgrund der dominanten Eigeninteressen wurde ebenso aus Sorge um die Folgen nicht an die Vertreter der USA weitergegeben. Damit klaffte zunehmend eine Lücke zwischen der tatsächlich implementierten Politik und den Vorstellungen über die Umsetzungspolitik auf allen Ebenen. Die aus politischen Gründen eines Imperiums by proxy erwünschte Auslagerung vieler Stufen des prozessualen TopDown-Models an einen lokalen Verbündeten, der im Gegenzug mit sicherheitspolitischen Vergünstigungen belohnt werden sollte, führte dazu, dass es zu einer Vielzahl von artikulierten Partikulärinteressen ohne Kenntnis und mit divergierenden Auffassungen zur zentralen Instanz kam. So bleibt festzuhalten, dass die Einpassung der australischen Politik in die amerikanischen Vorstellungen auf einer sichtbaren Ebene als Ergebnis außenpolitischer Überlegungen durch die Kooperation im Colombo-Plan scheinbar widerspruchsfrei erfolgte. Doch blieb man unterhalb des Offensichtlichen angesichts eines breiten öffentlichen Misstrauens im eigenen Land gegenüber den „Fremden“115 nicht nur der dahinterliegenden Geisteshaltung skeptisch gegenüber eingestellt, sondern nutzte das Abkommen vornehmlich zur Durchsetzung von Eigeninteressen im Konflikt mit anderen Akteuren in Australien und außerhalb. So fand vor der Folie des Colombo-Planes politisch innerhalb Australiens eine umfangreiche politische Auseinandersetzung über die perspektivische Ausrichtung des Landes statt, die zunächst von einer doppelt bedrohten Sicherheitslage maßgeblich beeinflusst wurde. Dabei spielten die Furcht vor dem Kommunismus auf der einen und die Furcht vor Asien auf der anderen Seite zwei Furchtmotive die bedeutsamste Rolle. Dies führte unter anderem zur Einführung umfangreicher Sicherheits- und Kontrollstrukturen innerhalb des Stipendienprogramms, die die ursprünglichen Intentionen des Abkommens für die Politik konterkarierten.116 Ermöglicht wurde die Einführung solch extensiver Kontrollmo115 Casey Menzies NAA A10299 A18. 116 Die ebenso mögliche (und auch angesichts der Gesamtlage nicht unplausible) Hypothese, es könnte sich dabei eigentlich um eine durchaus intentionale geheimdienstlich-politische Situation gehandelt haben, in der umfangreiche Profile über spätere lokale Eliten gewonnen werden sollten, um sie zu gegebenem Zeitpunkt gezielt beeinflussen zu können, müsste anhand möglicherweise vorhandenem Quellenmaterial zu den Geheimdiensten gesondert geprüft werden. Die untersuchten Akten weisen aber nicht darauf hin, sondern spiegeln zumindest im zugänglichen Aktenbestand innerhalb des State Departments die (nur andeutungsweise erfasste) Ablehnung

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delle durch das Vertrauen der USA auf grundlegende Kooperation der beteiligten Institutionen. Faktisch unterliefen diese aber auch deshalb die Erwartungen der USA an das Umfeld der Studierenden, da diese auf eine Erziehung innerhalb eines idealisierten Kontextes liberaler Werte setzten, ohne dies jemals überprüft zu haben und sich auf die Berichte der politischen Akteure vor Ort verließ. Die Kluft zwischen programmatischem Ideal und realen Gegebenheiten führt immer wieder dazu, dass die grundlegenden Ziele auf verschiedenen subsidiären Ebenen früh verschiedentlich als nur „sehr schwer erreichbar“ und „unrealistisch“117 eingestuft wurden, was die zentrifugalen Kräfte weiter beschleunigte. Das Dilemma bestand daher in der unausgesprochenen Divergenz zwischen den politischen Vorstellungen und der Realität australischer Universitäten, die sich im Rahmen des britisch-amerikanischen Wandels deutlich verstärkte. Aus Perspektive der imperialen Machtmittel führte damit allerdings faktisch ausschließlich die militärische (Über-)Macht der USA die konforme Ausrichtung Australiens herbei, die sich allerdings trotz allem nur in engen Grenzen hielt. Die ursprünglichen Versuche, in einem System der subsidiären Verteilung eine auf identischen Überzeugungen, im vorliegenden Fall also aufgrund einer ideologischen Deckungsgleichheit aller beteiligten Akteure, basierende Umsetzung herbeizuführen, waren damit insofern fehlgeschlagen, als dass sie nur zu intensiven Verteilungskämpfen in den peripheren Umsetzungsebenen geführt hatten. Statt – wie erhofft – ideologische Verbundenheit auszubauen, entwickelt sich innerhalb dieses Systems alles andere als hegemoniale Einheit. Dabei führte innerhalb Australiens die unausgesprochene Verknüpfung des Erfolges des ColomboPlanes mit eine militärischen Sicherheitsversprechen zu einer erneuten Ausrichtung am mutmaßlichen Willen der neuen Imperialmacht. Bezeichnenderweise nahmen die USA allerdings soweit ersichtlich diese nachgeordneten Auseinandersetzungen bis in die 1955er Jahre hinein nicht wahr, sondern vertrauten auf die integrative Funktion des liberalen Konsens in einer ‚Gemeinschaft der Angelsachsen‘.

solch umfangreicher Kontrollinstanzen wieder. Offen bleiben muss bedauerlicherweise auch der Verbleib der angefertigten Dokumente über die betroffenen Studierenden – der Bestand ist einerseits nur noch rudimentär erhalten, andererseits darüber hinaus teilweise wiederum nicht zugänglich, wobei unklar bleibt, was mit dem Großteil der Dokumente geschehen ist. Weder in den besuchten australische noch in den amerikanischen Archiven gibt es Hinweise auf ihren Verbleib. 117 Current Developments Colombo Plan Students ANU ANUA 53 Box 830.

Imperiale Dynamik – Studierende vom Objekt zum Akteur

Die Studierenden waren zunächst im Studienförderwerk des Colombo-Plan als eigenständige Gruppe über die ihnen zugewiesen Rolle als Multiplikatoren hinaus als Personen oder gar eigenständige Akteure nicht wahrgenommen worden. Aus innenpolitischer Perspektive Australiens ging es angesichts der bereits im Bereich der Auseinandersetzungen erwähnten Vorbehalte in den ersten Jahren darum, den Geförderten nach einem möglichst wenig verwurzelten, raschen Studium im Land die Rückreise in die Heimatländer sicherzustellen: Die Organisation einer Transportmöglichkeit vom Ankunftsort zur Hochschule der Studierenden, die finanzielle Unterstützung sowie die Ausstellung eines Rückflugvouchers blieben daher zunächst die einzigen Maßnahmen einer ‚Betreuung‘ durch australische Verantwortliche.1 Dieses Vorgehen dürfte sich hinsichtlich des raschen zeitlichen Ablaufs auch mit amerikanischen Vorstellungen gedeckt haben, ohne dass hierfür Belege vorliegen. Denn eine rasche Rückreise bedeutete auch ein schnelles Wirksamwerden der politischen Change Agents in der Heimat, auch wenn die sehr zurückhaltende Integration im fundamentalen Widerspruch zu den systempenetrativen Überlegungen gestanden haben dürfte. An den Universitäten, denen als Ort der Implementierung imperialer Strategie damit eine essentielle Rolle zukam, waren die Colombo-Plan-Studierenden sowohl in der Anfangszeit wie auch später durchwegs eine Randerscheinung. Ihre nur sehr geringe Zahl von maximal vier Prozent aller Studierenden der Hochschulen2 ließ sie als eigenständige Gruppe zunächst kaum sichtbar werden. Der systematische Ausschluss der Studierenden aus dem Hochschulleben trug sein Übriges dazu bei, die Studierenden außen vor zu lassen. Wenngleich die ab 1954 1

Siehe zur Kritik der Universities Commission Mills Burton NAA 1838, 381/3/1/3 Part Ib.

2

Eigene Berechnungen nach Mills Burton NAA 1838, 381/3/1/3 Part Ib.

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langsam ansteigende Zahl zwar zur zunehmende Gründung von selbstorganisierten Colombo-Plan-Societies an den Universitäten3 durch die entsprechenden Studierenden führte, nahmen diese innerhalb des akademischen Lebens bei weitem nicht die Rolle ein, die traditionelle und prestigeträchtige Gruppen wie die Sport- oder Debattierclubs innehatten.4 Dem gegenüber waren sie – wie bereits gezeigt – in den (hochschul-)politischen Überlegungen weit überrepräsentiert, um in den Auseinandersetzungen der imperialen Subsidiaritätskette für eigene Zwecke genutzt zu werden und vor Ort daher – insbesondere als sich herausstellte, dass sie einen erhöhten Betreuungsbedarf zur Integration und zum Studienabschluss benötigten – aus universitärer Perspektive zunächst ein Mittel zum Zweck zur Erlangung der mit dem Stipendien verbundenen finanziellen Förderung aus Bundesmitteln.5

I DEOLOGIEKRITIK – ODER : F REIHEIT ,

DIE ICH MEINE

Ab 1952, daher bereits relativ früh im Untersuchungszeitraum, äußerte sich an den Universitäten vereinzelter Unmut der Geförderten. Vor allem der ideologische Begriff der „Freiheit“6 spielte dabei eine essentielle Rolle: Die als Ergebnis der schon erwähnten Auseinandersetzungen zwischen außen- und innenpolitischen Überlegungen von den Verbindungsbeamten sehr restriktiv gehandhabte Politik vor Ort wurde dabei – noch sehr vorsichtig – kritisiert. Von einzelnen Individuen getragen, artikulierte sich Protest gegen den wahrgenommenen Widerspruch zwischen dem universitären und liberalen Freiheitsbegriff und dem täglichen Erleben einer vergleichsweise repressiven Umgebung in Australien. Es zeigte sich hier, dass die sicherheitspolitischen Motive in Australien, die überhaupt zu einer Mitarbeit an einem Programm wie dem Stipendienprogramm des Colombo-Planes geführt hatten und die politischen Rahmenbedingungen gesetzt hatten, in ihrer Eigendynamik einer erfolgreichen Umsetzung der ideologischen Erschließung im Weg standen. Vor allem die Furcht, durch das Förderprogramm

3

Nachweisbar in Adelaide und Melbourne, sehr wahrscheinlich auch in Canberra. Für Sydney lassen sich nur wenige Hinweise finden, eine solche Gruppe dürfte aber zumindest zeitweilig bestanden haben (vgl. Welfare Adelaide NAA A1838 2045/1/10 PART 1).

4

Social Welfare Reports NAA A1838 2045/9 Part 2. Zur Rolle der Societies und Clubs siehe auch Fußnote 5.

5

Colombo Plan NAA A816 11/301/720.

6

Casey Menzies NAA A10299, A18.

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letztlich kommunistische Agenten nach Australischen zu schaffen, erwies sich demnach als hemmender Faktor in der konsequenten Realisierung der Idee, liberale Change Agents durch eigenständiges Erleben auszubilden. In Verbindung mit der weitverbreiteten antiasiatischen Grundstimmung in der Bevölkerung hatte dies Auswirkungen auf die individuellen Erfahrungen der Geförderten.7 Überdies schien die Furcht der politischen Akteure in einem deutlichen Missverhältnis zu den tatsächlichen Gegenbewegungen unter den Studierenden zu stehen, was zu den bereits beschriebenen, drakonischen Umsetzungsmaßnahmen führte. Insbesondere führte diese negative Erwartungshaltung dabei ihrerseits bei jedwedem Versuch von einzelnen Studierende, sich auch nur graduell gegen die Umsetzungspolitik zu positionieren, erst recht zu einer (noch) restriktiveren Haltung gegenüber den Studierenden. Die Studierenden, die – so die Überlegung – den Vorteilen einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung ausgesetzt werden sollten, erlebten also vor allem im ersten Jahr des Förderprogrammes vornehmlich Misstrauen und Ausschluss.8 Die Diskussionen um die anzustrebende ‚Freiheit‘ blieben in dieser Anfangsphase sehr diffus. Aufgrund der noch extrem geringen Förderzahlen und der mit der Eingewöhnung verbundenen Probleme fehlen konkrete Belege für artikulierten Protest – und die Frage, was genau mit dem Begriff der Freiheit eigentlich angestrebt werde – vollkommen. Der Begriff blieb aber auch aufgrund seiner plakativen Referenz auf die ‚Freie Welt‘ als eines der Leitthemen der Auseinandersetzungen zwischen den Studierenden und den Institutionen durchwegs erhalten, ohne dabei jemals genau fassbar zu werden. Darüber hinaus war der anfängliche Protest enorm verhalten: Erst die restriktive Umsetzung scheint dann in den Folgejahren tatsächlich die zunehmende Kritik mit Rekurs auf das schon erwähnte Freiheitsmotiv überhaupt hervorgerufen zu haben, eben weil sie so unangemessen und überzogen erschien. Dabei zeigte sich einmal mehr die nicht auf identischer Machtbasis erfolgte Kooperation bei der gleichzeitigen Überschätzung der Wirkmächtigkeit der ideologischen Macht der USA in Australien. Blieb doch die Umsetzung von einem antikommunistischen Furchtmotiv dominiert, das lediglich nach außen hin durch die Hoffnung auf eine Realisierung der militärischen Macht der USA kaschiert wurde. Eine möglicherweise von den Studierenden angestrebte, inhaltliche Debatte über das Motiv der ‚Freiheit‘ konnte damit vor Ort gar nicht verfangen, weil der ideologische Wert in Australien längst nicht den gleichen Stellenwert wie in den USA selbst besaß. Darüber hinaus war die in Australien artikulierte Kritik damit faktisch gegen die amerikanische Ideologie gerichtet, für die sich allerdings aufgrund des Top7

Megarrity, Regional Goodwill, Sensibly Priced, S. 89-92.

8

Student Progess Report NAA A1838 250/9/8/8.

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Down-Modells keine direkte Kontaktmöglichkeit für die Auseinandersetzung fand. Für die Umsetzung imperiale Strategie bedeutete dieses Auseinanderklaffen zwischen Ausführung und Machtbasis eine nachhaltige Schwächung – die allerdings aufgrund des zugrundliegenden subsidiären Modells in Washington tatsächlich einmal mehr nicht wahrgenommen wurde.

V ON

VEREINZELTER

K RITIK …

Dieser anfangs noch sehr zaghafte Protest wurde zunächst nur von einigen, einzelnen Studierenden des späteren Malaysias, Indiens und Pakistans innerhalb des Systems des Colombo-Planes vorgetragen, ohne dabei ausschließlich auf Studierende dieser Herkunftsländer beschränkt zu sein und richtete sich vornehmlich gegen die als einschränkend wahrgenommenen, restriktiven Umsetzungsregeln des Programms.9 Zunächst in Briefen an das Ministerium, später auch in Gesprächen mit den Verbindungsbeamten versuchten einzelne Studierende eine Lockerung – insbesondere hinsichtlich eines Fachwechsels oder der Möglichkeit einer langfristigen Ansiedelung in Australien – zu erreichen. Doch zu dieser Kritik innerhalb des formalen Rahmens des Colombo-Planes (die im Übrigen umfänglich zurückgewiesen wurde), trat zunehmend hochschulintern eine weitere Ebene der semiöffentlichen Auseinandersetzung: In Artikeln in den jeweiligen Hochschulzeitungen von Adelaide und Melbourne10 wiesen einzelne Studierende ab 1952 auf als ungerecht empfundene Missstände hin. So formierte sich mit dem in der täglichen Erfahrung erlebten Bruches vom ‚großen Freiheitsnarrativ‘ verhaltener Protest, der sich allerdings zunächst in wissenschafts- beziehungsweise universitätsnahen Themen artikulierte. Im Fokus stand dabei das ‚Verbot der politischen Äußerung‘, was mancherorts als eine Art ‚Maulkorb‘ in Seminaren verwendet wurde. Dabei wurde grundsätzlich zwischen der in akademischen Veranstaltungen vorgetragenen Kritik und hochschulinterner, aber über konkrete Veranstaltungen hinausgehenden Aktivitäten differenziert. Die Haltung der Verbindungsbeamten war dabei anfangs von einer sehr niedrigen Eingriffsschwelle geprägt: Beispielhaft sei hier auf eine hochschulinterne Seminardebatte in der zweiten Hälfte 1952 verwiesen, in welcher das politische Engagement des Westens in Süd- und Südostasien aus einer aus Sicht der beteiligten Studierenden sehr westorientierten Perspektive dargestellt wurde. Zwei

9

Casey Menzies A816 11/301/720.

10 Während die Artikel selbst in Melbourne archivalisch erhalten sind, liegen in Adelaide lediglich Verweise der Verbindungsbeamten auf artikulierten Protest vor.

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Colombo-Plan-Seminarteilnehmer, welche – angeblich – gemäß der Stipendienvereinbarung ihre eigenen Positionen aufgrund ihres Charakters als verbotene ‚politische Willensbekundungen‘ nicht artikulieren durften, löste zunächst einen einzelnen, darstellenden Artikel in der Studierendenzeitung der Universität aus, der mit einer rhetorischen Frage nach der Bedeutung von Freiheit endete.11 Dieser, weder besonders hervorgehobene12 noch ausdrücklich Kritik übende Artikel führte außerhalb der Universität zu einer Kette von Ereignissen. In unmittelbarer Konsequenz berichteten die Verbindungsbeamten in ihrer Funktion als Kontrolleure einerseits sofort über den nunmehr publik gewordenen Vorfall nach Canberra und drohten andererseits den mutmaßlichen ‚Rädelsführern‘ des Protestes in persönlichen Einzelgesprächen mit sofortiger Abreise und einem gleichzeitigen Entzug des Stipendiums.13 Erst auf Drängen des Dozenten des betreffenden Kurses, der auf die freie Tradition der Universität Rückgriff nahm und nach Rücksprache mit der Universität (und einigen Überlegungen hinsichtlich der Konsequenzen für die akademische Lehre eines solchen ‚Sprechverbotes‘) einigte man sich darauf, die angedrohten Strafen nur im Wiederholungsfalle umzusetzen und wies für die Zukunft die Verbindungsbeamten darauf hin, dass inneruniversitäre Meinungsäußerungen innerhalb akademischer Kurse vom Verbot politischer Betätigung nicht betroffen seien.14 Die restriktive Haltung der Verbindungsbeamten des Außenministeriums hatte sich dabei auf dem Text der Stipendienvereinbarung zwischen den Geförderten und Australien begründet. Das dort enthaltene ‚politische Sprechverbot‘ war begleitet von einem weit gefassten Verbot jeglicher politischer Betätigung der Studierenden, welches dazu verpflichtete, sich weder über das eigene, noch über die anderen Teilnahmeländer des Colombo-Planes (ab Mitte 1952: in der Öffentlichkeit) „herabwürdigend“ oder „kritisch“ zu äußern und in der Rolle eines studentischen „Botschafters“15 das Bild des eigenen Landes positiv nach außen zu vertreten. Dabei war anfangs – vermutlich unbewusst – vollkommen unklar geblieben, wie weit die Interpretation dieses Sprechverbots reichen sollte. Waren damit auch abweichende Meinungen innerhalb der Universität wie sich am letzten Fall zeigte gemeint, oder Aussagen gegenüber der nicht-universitären

11 UMel Farrago 1952/11. 12 Artikel über Seminare bzw. Seminardebatten waren in den anderen Ausgaben durchaus üblich und lassen sich auch zu anderen Themen finden, der betreffende Artikel stellte insofern also keine Sonderstellung dar. 13 Welfare Melbourne NAA A1838 2045/1/10 Part 2. 14 Welfare Adelaide NAA A1838 2045/1/10 PART 1. 15 Siehe Briefwechsel in NAA A1362 W1961/122 Part 1.

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Öffentlichkeit?16 Dieser unklare Status lag auch in der technischen Kooperationstradition des ursprünglichen Vertragswerks begründet, führte aber mit der ‚amerikanischen‘ Umwidmung hin zu den geisteswissenschaftliche, multiplikatorengeeignete Studiengängen dazu, dass ein Großteil der im Colombo-Plan geförderten Studierenden von Anfang an in einem (zunächst eher theoretischen) Konflikt zwischen hochschulinterner Auseinandersetzung und regelbedingtem Äußerungsverbot kamen: Der Konflikt zwischen der Realität vor Ort und den Maßgaben der politischen Sphäre führte damit zu der kuriosen Situation, dass die Studierenden in Konsequenz faktisch in akademischen Lehrveranstaltungen jedwede Äußerung über bloße Fakten hinaus17 hätten unterlassen müssen. Dass sich hierbei Studierende nahezu zwangsläufig je nach Interpretation aufgrund der hochschulinternen Benotungsvorgaben über die Regularien hinwegsetzen hätten müssen, erstaunt daher nicht. Dass nur so wenige Fälle tatsächlich wie im Beispiel eskalierten, spricht aber gleichzeitig auch für die Beliebigkeit der Zumessung durch die Durchsetzung der Regeln durch die Universität, die wiederum in ihrer eigenen Logik weitaus ‚liberaler‘ war als die mittlere Ebene der Politik. Die Universität positioniert sich damit innerhalb der imperialen ‚Subsidiaritätskette‘ weitaus näher an den USA als die mittleren Ebenen der Verwaltung. Ein weiteres Indiz für die Liberalität der Hochschulen ergab sich damit aus der Unterscheidung im Umgang mit hochschul- und seminarinterner Kritik. Denn soweit es innerhalb akademischer Veranstaltungen die Bereitschaft zum Kompromiss gab, so restriktiv gingen die Verbindungsbeamten – mit Rückendeckung der Administration – bei einem Überschreiten der Tätigkeiten über diesen eng umrissenen Rahmen vor. Dabei lassen sich tatsächlich über die Universitäten selbst hinausgehende Aktivitäten einzelner Studierender – wohl auch aufgrund der nur geringen Studierendenzahlen – bis 1953 nicht feststellen. Sowohl in Adelaide18 und Melbourne19 kam es 1952 beziehungsweise 1953 zu Aktivitäten zweier Studierender, die jeweils in beiden Fällen mittels Flugblättern auf dem Campus für mehr „Freiheit“20 für sich als auch für einen grundlegenden politischen Wandel des Westens warben. Konkret forderten sie die Abschaffung der Rückkehrpflicht nach Ende des Studiums sowie für eine politische Annäherung

16 Welfare Melbourne NAA A1838 2045/1/10 Part 2. 17 Die Problematik kann hier nur angerissen werden, im Grunde wäre es wohl faktisch auf ein vollkommenes Sprechverbot bei konsequenter Anwendung der Regeln hinausgelaufen. 18 Welfare Adelaide NAA A1838 2045/1/10 PART 1. 19 Welfare Melbourne NAA A1838 2045/1/10 Part 2. 20 Welfare Adelaide NAA A1838 2045/1/10 PART 1.

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an „Asien“21 durch den Westen. Anders als zuvor zeigten die Verbindungsbeamten in beiden Fällen allerdings keinerlei Nachsicht – auch, weil die Universitäten sich hier nicht im selben Maße für die betroffenen Studierenden einsetzen – und gingen erfolgreich mit einem unmittelbar folgenden Stipendienentzug und unverzüglicher Ausreise vor.22 Inwiefern an dieser Entscheidungsfindung (nicht an der Umsetzung) das Außenministerium beteiligt war, lässt sich dabei bedauerlicherweise nicht mehr aufklären – angesichts der widerspruchsfreien Umsetzung der Beschlüsse vor Ort kann man zumindest von einer wohlwollenden Haltung in Canberra ausgehen. In diesen Aktivitäten einzelner Studierender in der Differenzierung zwischen hochschulöffentlicher und hochschulinterner Auseinandersetzungen waren einzelne Themenbereiche weitaus häufiger mehr oder minder konzertierter Kritik ausgesetzt:23 Als eine der umstrittensten Regelungen erwies sich dabei das verpflichtende Rückreisegebot nach Studiumsende, daher im Regelfall nach einem Bachelor. Wie vermutlich bei keinem anderen Verbot wurde hier an Umgehungsmaßnahmen von Seiten der Studierenden gearbeitet, indem sie beispielsweise eigenmächtig an weiterführenden Universitäten im Ausland einen Qualifikationsaufenthalt z.B. für einen Master anstrebten24 oder auch in individuellen Entscheidungen wie durch Eheschließung vor Ort einen Ausweg sahen.25 Naheliegender Weise wurden solche Versuche nur dann aktenkundig, wenn sie den Beamten auffielen – inwiefern es sich also hierbei um Einzelfälle oder tatsächlich weit verbreitete Praxis handelte, lässt sich daher aus dem Archivmaterial nicht mehr feststellen.26 Für die dokumentierten Fälle wurden allerdings unverzüglich Maßnahmen in Gang gesetzt, die eine unmittelbare Wiederholung verhindern sollten, so zum Beispiel durch Aushändigung der Rückflugtickets erst wenige Tage vor dem geplanten Abflug, um weiterführende Reisen in die USA zum Studium dort zu unterbinden oder einen umfangreichen Papier- und Doku-

21 Rapport IV/52 Welfare Adelaide NAA A1838 2045/1/10 PART 1. 22 Rapport V/52 Welfare Adelaide NAA A1838 2045/1/10 PART 1. 23 Vergleiche im Archivbestand vor allem Welfare Adelaide NAA A1838 2045/1/10 PART 1. 24 Training Procedures NAA A1362 W1961/122 Part 1. 25 Die Eheschließungen zwischen australischen Studierenden und Colombo-PlanGeförderten waren sicherlich nicht ausschließlich durch das Rückreisegebot verursachte, jedoch fanden sich einige binationale Paare, die feststellten, dass eine Hochzeit mit dem australischen Partner der einzige Weg zur Ermöglichung eines dauerhaften Zusammenlebens darstellte. Siehe auch Amendments, NAA A1362 1960/81 Part 1. 26 Travel Procedures Australia 1955-1960 NAA A1362 W1961/122 Part 1.

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mentenaufwand für eine Eheschließung in Australien.27 Dabei wurde soweit ersichtlich allerdings weniger die Verpflichtung zur Rückkehr an und für sich als Problem wahrgenommen, als vielmehr die Unmittelbarkeit, die scheinbar im Gegensatz zu den liberalen Versprechungen der Universität und des Westens stand und einer persönlichen Weiterqualifizierung im Weg stand.28 Dem zeitlichen Verlauf des Studiums geschuldet, nahm die Kritik an dieser „unmenschlichen“29 Regelung – die aber ganz im Sinne der imperialen Penetrationsstrategie aus Sicht der mittleren Umsetzungsebenen in Canberra ‚unverhandelbar‘ war – im Untersuchungszeitraum immer weiter zu. In Berichten in Hochschulzeitungen, persönlichen Briefen oder auch Gesprächen mit den Verbindungsbeamten beklagte sich eine Vielzahl von Geförderten über die Konsequenzen dieser Regelung, die sie als tiefen Eingriff in persönliche Lebensentscheidungen wahrnahmen. Die Unnachgiebigkeit Canberras in der Frage weist damit (neben der innenpolitischen Brisanz der Frage) auf die Strategie des Außenministeriums gegenüber den USA hin. Die sonst zwischen Außen- und Innenpolitik verlaufenden Differenzen entfielen in diesem Feld: Aus der Perspektive Canberras war die zeitnahe Rückkehr entscheidend für das Wirksamwerden der imperialen Strategie und damit auch für das Wohlwollen Washingtons – von dem letztlich auch die Sicherheit Australiens abhing. Die auf ideologischen Kriterien des Liberalismus basierende Kritik der Studierenden, die sowohl in Ton wie auch Form zunehmend schärfer wurde, konnte dabei nicht verfangen: Einerseits konnte man in Canberra darauf vertrauen, dass dieses Vorgehen in Übereinstimmung mit den amerikanischen Ideen stand, andererseits waren durch die Verknüpfung mit den Sicherheitsinteressen die persönlichen Empfindungen der Studierenden allenfalls nachrangig zu behandeln. Insgesamt lässt sich dabei eine zunehmende Kritik der Geförderten an den Rahmenbedingungen des Colombo-Planes ausmachen: Die, den innenpolitischen Realitäten Australiens geschuldeten, restriktiven Umsetzungsbedingungen und die den politischen Rahmenbedingungen des Ost-West-Konflikts entspringende Verortung des Förderprogramms als politische und nicht akademische Förderung stand zunehmend häufiger in Spannung mit den individuellen Planungen der Studierenden und dem ihnen zugeschriebenen ‚Objektcharakter‘ der Imperialpo27 Travel Procedures Australia - Qantas Return Ticket NAA A1362 W1961/122 Part 1. 28 Der scheinbare Widerspruch zwischen der anfangs beklagten sozialen Isolation und dem späteren Wunsch eines längeren Aufenthaltes lässt sich durch die Studiendauer erklären. Die breite Kritik an der verpflichtenden Ausreise kam erst nach der Reform von 1954 auf. 29 Report Welfare Adelaide NAA A1838 2045/1/10 PART 1.

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litik. Die scheinbar kompromisslose Haltung des ‚liberalen‘ Westens trug ihr Übriges dazu bei, den Konflikt bis 1953 weiter zuzuspitzen.

… ZUM T EIL -D IALOG Waren bisher lediglich einzelne Studierende Träger des Protestes gewesen, so bildeten sich nach der Einführung der gemeinsamen Veranstaltungen mit den Verbindungsbeamten auch eigenverantwortliche Gruppen, die im Modell der australischen Hochschule selbstorganisierte Societies30 formten. Diese wurden zunächst einerseits von den Verbindungsbeamten argwöhnisch als konspirative Zirkel beäugt, andererseits aber zunehmend auch unterstützt, glaubte man doch, innerhalb der Gruppen besseren Einfluss nehmen zu können.31 Dabei zeigte sich, dass mit dem strukturellen Wandel 1955 hinsichtlich der Umsetzungspolitik auch eine deutlich tolerantere Haltung gegenüber dem Dissens der Studierenden eingesetzt hatte. So war In nahezu allen Felder zumindest teilweise ein Entgegenkommen zu beobachten, was sogar Kritik an den politischen Rahmenbedingungen – wenn auch lediglich in geringem Umfange – zuließ: Dabei waren allerdings vermutlich die Ursachen für diese neue Toleranz weniger im Verfangen der ideologisch fundierten Kritik zu suchen, sondern tatsächlich einmal mehr in der politischen Sphäre der imperialen Politik. In Canberra versuchte man, durch eine wohlwollendere Haltung gegenüber den Studierenden für ein positiveres Bild in den jeweiligen Entsendeländern zu sorgen. Einmal mehr zeigte sich dabei, dass die geringen Absolventenzahlen als Gefahr für die außenpolitischen Ziele gesehen wurden und damit ein Nachsteuern dringend erforderlich schien. Nichtsdestotrotz bestanden auch trotz der deutlich gewachsenen Freiräume ‚im Kleinen‘ weiterhin grundlegende Themen, die von dieser neugewonnenen Freiheit ausgeklammert wurden. Dabei entzündeten sich die folgenden, im Vergleich zu vorher deutlich öffentlicher ausgetragenen Konflikte zwei elementaren Fragen: Einerseits der bereits erwähnten Rückkehrpflicht und anderseits zunehmend am Problem der ‚westlichen‘ Außenpolitik in Asien. Inwiefern an dieser Eskalation auch die zumindest theoretisch mögliche, gezielte Entsendung von potenti-

30 Diese Hochschulgruppen nahmen teilweise dabei die Vertretung aller Studierenden im ganzen Bundesland für sich in Anspruch, wie beispielsweise in Adelaide mit der Colombo Student's Association South Australia. Vergleiche auch Student’s Welfare Report 1954 NAA A1838 2045/1/10 PART 1. 31 Current Review Adelaide 1955 NAA A1838 2045/1/10 PART 1.

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ellen „troublemakers“32, wie man in Canberra vermutete, beteiligt war, lässt sich nicht nachvollziehen. Ganz im Sinne der neuen Konzilianz wurden die allermeisten Vorfälle nach 1955 vergleichsweise informell vor Ort ohne ausdrückliche Beteiligung des Ministeriums (oder gar der USA) durch Gespräche gelöst, ohne dass es dabei einen einheitlichen Handlungsrahmen gegeben zu haben scheint. Konkret bezogen sich die meisten Vorfälle dieser lokalen Ebene auf Artikel der Geförderten in den Studierendenzeitungen der Hochschulen, in denen sie kritische Positionen zur politischen Gesamtsituation im Kalten Krieg einnahmen oder in hochschulöffentlichen Debattier-Veranstaltungen Kritik übten.33 Zusammen mit der nun sehr aktiven Unterstützung der Aktivitäten der Studierenden ab 1955 führte diese weitgehende Toleranz zu teils in Konsequenz eher kuriosen Situationen. So wurden im selben Jahr in Melbourne auf Kosten des dortigen Verbindungsbüros hunderte von Flugblättern einer studentischen Colombo-Plan-Initiative mit dem Aufruf zur Kritik am „westlichen Neo-Kolonialismus“ und seinem „kriegstreibenden“34 Wesen gedruckt. Wenngleich es sich um einen Einzelfall handelte, bei dem die Papiere nach genauerer Sichtung des Inhalts unverzüglich vernichtet und die beiden verantwortlichen Studierenden scharf ermahnt wurden, so wird doch deutlich, dass sich der Ton geändert hatte. Die restriktive Haltung der Anfangszeit schlug damit geradezu ins Gegenteil aus: So wurden die 1955 von Colombo-Plan-Studierenden eigenverantwortlich für ihre australischen Kommilitonen angebotenen ‚Asien-Studienreisen‘, die sich faktisch auf Borneo und Indonesien bezogen, wurden zwar kritisch verfolgt und genauestens angesichts ihres eher ‚linken‘ Hintergrundes dokumentiert,35 allerdings auch aus Mitteln des Verbindungsbüros bezuschusst.36 Ein weiteres Beispiel der zunehmenden Liberalisierung der Umsetzungspolitik in Australien – die sich an politischen Interessen des Landes ausrichtete – war die Herstellung einer Öffentlichkeit für den Colombo-Plan. Das Erscheinen des Hemisphere-Magazins von 1956 an war ein Ergebnis dieser ‚Toleranzoffensive‘: 32 Welfare Adelaide NAA A1838 2045/9 Part 2. 33 Australia’s Role in Asia. UMel Farrago 1955/3. 34 Die Flugblätter selbst liegen nicht mehr vor, indirekt in Amendments NAA A1362 1960/81 Part 1, zitiert nach den Quellenzitaten. 35 Das Projekt lief unter dem selbstgewählten Namen des „Going-To-Asia-Scheme“ (in Anspielung auf den Colombo-Plan), insgesamt dürften allerdings maximal fünfzig australische Studierende daran teilgenommen haben. Das Außenministerium sammelte sämtlichen Informationshefte zu dem Programm und verfolgte das Programm aufmerksam. Vergleiche hierzu auch die Sammlung in NAA A1838 2045/1/10 Part 1. 36 Miller, Notes on Going to Asia Scheme NAA A1838 2045/1/10 Part 1.

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Finanziert aus Colombo-Plan-Mitteln und gestaltet von asiatischen und australischen Studierenden in Australien wurde des im großen Maßstab an den Universitäten der Region publiziert.37 Es sollte Australien als liberalen Ankerpunkt akademischer Ausbildung in der Region publizistisch verorten und damit dem Stipendienprogramm des Colombo-Planes auch angesichts der sich verändernden politischen Großwetterlage eine weitere Perspektive bieten. Die hier erfolgte Publikation auch kritischer Perspektiven wäre nur wenige Jahre vorher undenkbar gewesen.38 Nach wie vor dagegen von dieser ‚toleranteren‘ Umsetzungen ausgeklammert blieb neben den bereits erwähnten Äußerungen zur westlichen Außenpolitik der Bereich der verpflichtenden Rückkehr. Dabei war hier das Problemfeld der Reisefreiheit als Ausprägung des Freiheitsbegriffes mit der liberaleren Herangehensweise nach 1955 inneraustralisch weit gefasst worden: Die Studierenden durften – sobald sie innerhalb des Landes waren – vollkommen frei reisen. Diese (relative) Freizügigkeit endete aber in der durch die Stipendienvereinbarung verpflichtend vorgeschriebenen Rückkehr ausschließlich in das jeweilige Heimatland mit anschließender mandativer mehrjähriger Tätigkeit dort. Die sich in diesem Zusammenhang ergebenden Probleme rückten erst mit Verspätung im Kontext der ersten Studienabschlüsse in den Fokus, um dann umso bedeutsamer zu werden. Einerseits durch mehr oder minder erfolgreiche Versuche der Umgehung, andererseits durch Protest und schriftliche Eingaben. Dabei waren die verpflichtende Rückkehr der Studierenden essentieller Bestandteil der Überlegungen zur Schaffung der informellen Bürokratie gewesen und ein Abweichen hiervon den Erfolg der gesamten Strategie betroffen hätte. Dass diese Haltung dabei auch in Grenzen auf australische Interessen (möglichst kurze Studienaufenthalte, unkomplizierte Rückkehr, keine Verlängerung) traf, erklärt die Kompromisslosigkeit der Umsetzung. Die institutionelle Grundlage für die wachsenden Aktivitäten der Geförderten waren Foren der Selbstorganisation im Rahmen der verschiedenen Colombo Plan Student’s Associations, die anfangs regelrecht überwacht und die Organisatoren zu häufigen Einzelgesprächen geladen wurden. In Form traditioneller Hochschulgruppen organisierten und beteiligten sie sich an hochschulinternen Diskussionen und Selbstvorstellungen, vor allem hinsichtlich einer besseren Wahrnehmung spezifisch asiatischer Interessen. Bezeichnenderweise wurde dabei – soweit noch ersichtlich – innerhalb der Gruppe zwischen den doch sehr heterogenen Herkunftsländern nicht weiter differenziert und die Stipendiaten wurden als Vertreter Gesamtasiens wahrgenommen und dürften sich zumindest in

37 Lowe, The Colombo Plan and 'soft' regionalism in the Asia-Pacific, S. 10. 38 Vergleiche hierzu auch den Abschnitt zum imperialen Strategiewandel ab Seite 184.

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Grenzen auch so verstanden haben.39 Dabei beriefen sich die Studierenden immer wieder auf einen liberalen Freiheitsbegriff und die vielzitierten Versprechungen der ‚freien Welt‘, die so eklatant vom eigenen Erleben abwichen. Das Außenministerium als Entscheidungsort formulierte 1955 als Konsequenz der ‚Liberalisierung‘ der Umsetzungspolitik in einem Schreiben an alle Verbindungsbüros eine in Sphären gedachte Kompromisslösung, die einerseits eine Annäherung an die Vorstellungen der Studierenden darstellte, andererseits aber auch in den als entscheidend wahrgenommenen Punkten vermuteten amerikanischen Interesses unverhandelbar blieb: Ausschließlich innerhalb der Universität (und eben nicht mehr nur innerhalb akademischer Lehrveranstaltungen) sollten die Studierenden (nahezu) vollkommen frei agieren dürfen. So lange diese Meinungsfreiheit auf inneruniversitäre Kontexte beschränkt blieb, konnte damit aber sowohl den Anliegen der USA und der Studierenden, als auch den Bestrebungen der Universitäten wie auch der Stimmung der australischen Bevölkerung durch eine Anpassung der Vorgaben Rechnung getragen werden. Darüber hinaus allerdings waren abweichende Meinungsäußerungen – vor allem in Fragen der Kritik an westlicher Außenpolitik – in lokalen Zeitungen, bei öffentlichen Demonstrationen oder in jedem anderen nicht-universitären Kontext allerdings weiter wie bisher streng zu sanktionieren.40 Anhand dieser Lösung lassen sich die als von australischer Seite für entscheidend erachteten Merkmale der imperialen Penetrationsstrategie ablesen, die gegenüber Canberra soweit ersichtlich nie ausdrücklich kommuniziert worden. Es musste damit im Department of Foreign Affairs vermutet werden, was das Erreichen der eigenen Ziele gefährdete und was nicht. Damit fielen die Regeln der Rückreise in diesen Bereich, während das Verbot politischen Engagements in Australien eher aus dem Feld der inneraustralischen Vorbehalte stammte und daher zunehmend lockerer gehandhabt wurde. Das Ansiedelungsverbot, also die langfristige Einwanderung nach Australien stellte insofern einen Hybridfall dar – einerseits gefährdete es die Schaffung einer nennenswerten Masse an Absolventen in den Zielländern, andererseits bestanden sichtbare Vorbehalte in Australien gegenüber asiatischer Immigration. Darüber hinaus zeigte sich einmal mehr die grundlegende Problematik für die Vereinigten Staaten in dem System eines Proxies, die Umsetzung der eigenen Imperialpolitik faktisch nicht direkt kontrollieren zu können, sondern auf die Umsetzungsrealitäten Australiens – die die dort handelnden Akteuren anhand ihrer eigenen Werte- und Interessensysteme fassten – allenfalls reagieren zu können, so sie denn überhaupt von Problemen erfuhren.41 39 Student’s Reports Adelaide – CPSS NAA A1838 2045/1/10 PART 1. 40 Minutes of Training Authorites Conference 1955 NAA A1362 1960/58 Part 1. 41 Andeutung in Current Status of Asia NARA RG 59 250/43/8/5.

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Dabei zeigte sich auch, dass bei einer erfolgreichen Umgehung der Regeln der Fokus vornehmlich auf der Verhinderung einer Wiederholung und weniger auf einer Sanktionierung der handelnden Studierenden lag. Insbesondere für Studierende, die nach absolviertem Bachelor-Studium ein weiterführendes Masterstudium in Großbritannien oder den USA anstrebten, war eine Umsetzung dieser Idee faktisch nahezu ausschließlich bei Umgehung der Regeln möglich.42 Bezogen sich in der Anfangszeit die diesbezüglichen Anfragen hauptsächlich auf die Ermöglichung eines Masterstudiums, so zeigte sich nach der Fokusverschiebung auf Postgraduierte (MA/Doktoranden) nahezu jeder zweite Geförderte an einer anderweitigen Fortsetzung der Studien außerhalb des Heimatlandes interessiert. Besonders interessant ist dabei der Fall der Ausreise in die USA: So buchte ein pakistanischer Studierender das bereits vom Außenministerium beschaffte und ausgestellte Rückflugticket in sein Herkunftsland kurzfristig am Flughafen an einer Verkaufsstelle der Fluggesellschaft gegen ein Ticket in die USA für ein weiteres Studium an der Universität, vermutlich Harvard, um.43 Diese von ihm geheim gehaltene Umbuchung fiel erst nach der erfolgten Ausreise auf. Als Reaktion wurden einerseits umfangreiche Maßnahmen zur Verhinderung einer Wiederholung, andererseits keine Sanktionen gegenüber dem Studierenden selbst ergriffen. Mit der Implementierung eines umfangreichen, aufwändigen Kontrollsystems unter Miteinbeziehung einer Auskunftspflicht der Fluggesellschaft und der Markierung aller Tickets als ‚nicht umbuchbar‘ sollten für die Zukunft solche Schlupflöcher gestopft und Alternativen zur Rückreisepflicht unterbunden werden. Angesichts des umfassenden, dokumentierten Briefwechsels mit Qantas Airways sowie dem Verbindungsbeamten am Hochschulort lässt sich die Wichtigkeit des Vorfalls einschätzen: Dieser zeugt vom großen Aufwand, der betrieben wurde, um eine Wiederholung des Vorfalls zu vermeiden. Gleichzeitig allerdings wurde der ‚Missetäter‘ selbst nach erfolgter Einreise im Studium in den USA – vermutlich in Förderung des Fulbright-Programmes – soweit erkenntlich nicht anders behandelt als andere Studierende. Spätfolgen lassen sich den Unterlagen zumindest nicht mehr entnehmen.

42 NAA A1838 250/9/8/8. 43 NAA A1362 W1961/122 Part 1.

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Z WISCHEN I DEOLOGIE UND Z WANG – U NGLEICHES IM G LEICHEN ? Darüber hinaus wird an diesem Vorfall aber auch der qualitative Sprung in der Behandlung der Studierenden bei Übertritt in das imperiale Zentrum deutlich: So umfangreich der Aufwand war, der betrieben wurde, um eine eigenmächtige Reise in die USA zu verhindern, so tolerant war der Umgang mit denjenigen (wenigen), die den Schritt erfolgreich vollzogen hatten. Für die nachvollziehbaren Fälle scheint mit der erfolgreichen Einreise in die USA ein neuer Status zuerkannt worden zu sein. So lässt sich eine Rückreisepflicht beziehungsweise Ausweisung dort nicht nachweisen. Es scheint vielmehr so zu sein, dass die erfolgreich Eingereisten im Rahmen der üblichen internationalen Studienprogramme nunmehr funktional als hervorragende prospektive Wissenschaftler und nicht mehr als imperiale Multiplikatoren aufgefasst wurden und damit auch als ‚Fördersubjekte‘ ihren Status geändert hatten. Die aufwändigen Versuche, diesen ‚Sphärenwechsel‘ zu unterbinden, weisen in der Sache auf die imperiale Qualität des Studienprogrammes des Colombo-Planes44 und die Nutzbarmachung der Universität als Vehikel hin. Darüber hinaus zeigt die restriktive Haltung aber auch, dass dieser Sphärenwechsel den Interessen zuwiderlief: Das Stipendienprogramm sollte eben keine zukünftigen Wissenschaftseliten sondern politische Multiplikatoren fördern. Diese Zweckbindung bleibt dabei – naheliegender Weise – in der Systematik liberaler Grundgedanken fragwürdig, allerdings im Hinblick auf ein Mehrebenensystem der subsidiären Umsetzung im imperialen Modell nur folgerichtig, da eben keine zentralen Vorgaben gemacht werden konnten. Bezeichnenderweise ergibt sich darüber hinaus aus dem Umgang mit dem beiden hier skizzierten Themen der Realisierung von individueller Freiheit, dass gerade die ideologische Fundierung des Förderprogramms des Colombo-Planes auf die als frei wahrgenommene, liberale Universität und die damit verbundenen Hoffnungen auf eine ‚Liberalisierung‘ der Studierenden bei der systematischen Rückkehrpflicht aus systempenetrativen Überlegungen heraus zu einem letztlich unlösbaren Widerspruch führten. Diese inneren Widersprüche zwischen der individualliberalen Logik der Ausbildung von Multiplikatoren und der restriktiven Umsetzung über die Universität hinaus führten damit zu eklatanten Spannungen zwischen den Studierenden und den politischen Umsetzungsakteuren. Nach der Ausschöpfung des politisch gedachten Toleranzrahmens konnten die verbliebenen unterschiedlichen Anliegen im Verlauf zunehmend weniger aneinander an-

44 Im Gegensatz zu Adelke, Ties without Strings, S. 27.

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genähert werden, so dass es zu verschieden erfolgreichen Versuche der Umgehung der Regeln kam. Die Reaktionen der Maßnahmenträger waren dabei zunehmend restriktiver und von einer grundlegend ablehnenden Haltung geprägt, die sich aus dem zugrunde gelegten Missverständnis ideologisch basierter Expansion speiste – und wiederum mit dem Fundament der Erschließung in Form erlebten Liberalität im Widerspruch stand. Diese Differenz, die damit grundlegende Fragen demokratischer Imperien tangierte, konnte zu keinem Zeitpunkt ausgeglichen werden: Die Frage der Freiheit eines auf liberaler Ideologie basierenden Programms, was faktisch durch militärische Macht durchgesetzt wurde, blieb Hemmschuh der geplanten Systempenetration und ließ somit keine Anpassungsdynamik oder gar Konvergenztendenz entstehen. Der grundlegend angelegte Widerspruch des ‚erzwungenen‘ liberalen Individualismus konnte damit systembedingt in einem Modell subsidiärer Imperialexpansion angesichts der Widerstände nicht kompensiert werden und schuf damit eine immer weitergehende Polarisation, anstatt sie zu reduzieren.

Soziales Netz und Netzwerkbildung

Neben der Wirkung des unmittelbaren ‚Erlebens‘ einer liberalen Gesellschaft spielte der Gedanke der sozialen Vernetzung der Geförderten eine zentrale Rolle für das Förderprogramm und die prospektive imperiale Systempenetration. Diese selbst konstituierenden „networks of […] freedom“1 sollten dabei einerseits zunächst in der Masse funktionieren, andererseits im Einzelnen wirken. Waren zunächst die Massenetzwerke Ziel, so rückte später auch letzterer Aspekt mit der Reform deutlicher in den Fokus, als es darum ging, eine transnationale Verbindung von Eliten im gesamten Bereich des Colombo-Planes, über die Universität im nicht-wissenschaftlichen Bereich zu schaffen. Soweit aus dem Archivmaterial aber nachvollziehbar, stellte sich in der Folge weder der eine noch der andere Effekt ein. Einerseits dürfte hierbei die grundlegenden Vorbehalte in Australien, welche eine umfassende und unkontrollierte Selbstorganisation verhinderten, eine Rolle gespielt haben. Andererseits kam es sogar in den (späteren) Fällen, wo im Rahmen von z.B. Colombo Plan Students Socities zu eigenständigen Gruppenaktivitäten außerhalb staatlicher Kontrolle erfolgte, nur zu einer sehr kurzfristigen Netzwerkbildung. Verantwortlich dafür dürfte auch die sehr heterogene Herkunft der Geförderten sein: Der Kontakt der Studierenden untereinander riss nach der Rückkehr in die Heimatländer genauso ab wie die Verbindungen zur Universität.

N ETZWERK : P LANUNG

UND

S ELBSTORGANISATION

Die von den Verbindungsoffizieren veranstalteten Treffen hatten dabei neben der Kontrollfunktion auch im Rahmen der ‚Toleranzoffensive‘ die Aufgabe der Schaffung eines Rahmens des Kennenlernens und Austausches untereinander.

1

Office Memorandum II/1950 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525.

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Die beschriebene, restriktive Haltung der Anfangszeit wandelte sich dabei zunehmend zu einer breit aufgefassten Unterstützung jedweder Aktivitäten, die das Kennenlernen der Stipendiaten untereinander (also nicht im Verhältnis zur Bevölkerung Australiens2) fördern sollten. Die so intendierte und geplante Förderung einer Netzwerkbildung umfasste dabei eine Vielzahl von hierzu dienlich empfundenen Aktivitäten: So ermutigte man die Studierenden ab 1955 ausdrücklich dabei, in Kleingruppen auf Kosten des Außenministeriums durch das Land zu reisen oder eigenverantwortliche Gemeinschaftsaktivitäten zu entfalten.3 Dabei nahm die Unterstützung beachtliche Züge an – so scheint in einem Fall dezidiert für eine Reise von vier Master-Studierenden sogar ein eigenes Auto angeschafft worden zu sein.4 Weiter ausgeschlossen blieben aber Aktivitäten, die zu einer (mutmaßlich) stärkeren Verwurzelung im Land geführt hätten. So wurden Eheschließungen zwischen Colombo-Plan-Studierenden grundsätzlich unterstützt, während solche mit australischen Partnern einen umfangreichen und zeitaufwändigen Prozess durchlaufen mussten. Die Ausrichtung auf eine Stärkung der sozialen Vernetzung der Geförderten untereinander bei gleichzeitigem Ausschluss einer Integration in Australien stellte damit einen Ausgleich zwischen den mutmaßlichen imperialen Interessen und den innenpolitischen Bedenken dar und verdeutlich somit einmal mehr den Charakter der neuen Offenheit. Über die Bereitstellung eines netzwerkbildenden Rahmens in Form der Treffen hinaus organisierten sich die Stipendiaten in zunehmendem Maße als Reaktion auf die als einengend empfundenen Maßnahmen der Verbindungsbeamten zunehmend an den Hochschulen auch selbst. Als mit einem gewissen Versatz nach 1953 die Zahlen der Geförderten (wenngleich auch nur langsam) wuchsen, kam es im Rahmen der an den australischen Hochschulen weit verbreiteten5 2

Eine Ausnahme hierzu stellten die mit Colombo-Plan-Mitteln gebauten Studierendenwohnheime dar, die – den Planungen nach – zur Hälfte mit australischen Studierenden, zur Hälfte mit Colombo-Plan-Stipendiaten belegt werden sollten und so die Kontakt untereinander stärken sollten. Angesichts der überschaubar bleibenden Studierendenzahlen wurde dies aber nie erreicht.

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Colombo-Plan Scholarships – Awards NAA A694 B824 Part 1. Colombo-Plan Scholarships (Travel Expenses 1955) – Awards NAA A694 B824 Part 1.

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An dieser Stelle darf kurz auf einen Mangel in der australischen Universitätsgeschichte verwiesen werden, für die bisher nur das grundlegende Überblickswerk von Hannah Forsyth (Forsyth, A history of the modern Australian university) zu finden ist. Die Rolle und der Einfluss der Societies und Clubs bleibt aber auch damit ein unterbelichteter Bestandteil der australischen Universitätsgeschichte, deren Funktion erst ansatzweise erforscht ist. Eine Ausnahme stellt die Monash University (Melbourne) dar, für

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thematischen Hochschulgruppen – wie beispielsweise Debattier- und Sportclubs – auch an allen untersuchten Hochschulen zur Gründung von so genannten Colombo Plan Students Socities. Thematische Hochschulgruppen – bekannt als societies und clubs – spielten im australischen Universitätsraum eine essentielle Rolle für das Campusleben wie der akademischen Sozialisation. In solchen Gruppierungen, deren thematische Ausrichtung ein breites Feld abdeckte, trafen sich Studierende als Gleichgesinnte zum Austausch und gemeinsamen Aktivitäten. Die Aktivitäten am Hochschulort der Colombo-Studierenden variieren dabei beträchtlich: An der Universität Adelaide mit seiner vergleichsweisen großen Gruppe wurden neben den regelmäßige Treffen auch öffentliche Podiumsdiskussionen und soziale Ereignisse wie Tanzbälle veranstaltet und nachgewiesenermaßen vier, wahrscheinlich aber sogar noch deutlich mehr Ehen zwischen geförderten Studierenden gingen aus der Gruppe hervor.6 Dem gegenüber ist an der University of Sydney – mit der kleinsten Gruppe aller Studierenden – kaum sichtbare Aktivität überliefert, lediglich Hinweise auf eine Monatszeitschrift7 von 1954 an legen nahe, dass auch über die verpflichtenden Treffen hinaus eigenständige Aktivitäten der Gruppen stattfanden.8 Ein solcher Club formierte sich um 1954 auch an der University of Adelaide, der Universität mit der zahlenmäßig stärksten Gruppe von Colombo-PlanStudierenden. Diese trafen sich während der Vorlesungszeit regelmäßig einmal wöchentlich und veranstalteten darüber hinaus eigen soziale Aktivitäten wie Ausflüge und Feste.9 Die Adelaide Colombo Plan Students Society10 bestand dabei anfangs vermutlich ausschließlich aus Studierenden innerhalb des Förderprogrammes an der Universität, aber – zumindest legen das die Berichte nahe – diese restriktive Aufnahmehaltung änderte sich bald. So konnten auch Studierende beitreten, die Interesse am Thema des Colombo-Planes an sich oder dem Kennenlernen mit den Geförderten hatten. Die gemeinsamen Aktivitäten, die maßgeblich von einem Sprecher(oder manchmal auch mehreren) koordiniert wurden, boten dabei für die Studierenden auch eine Alternative zu den trotz aller Bemühungen stets als formale Veranstaltungen empfundenen Treffen der Verdie mit Graeme Davison/Kate Murphy, University unlimited. The Monash story, Sidney 2012 eine Untersuchung ab 1958 vorliegt. 6

NAA A1362 1960/79 Part 1 sowie UAdel 200 1955/296 Box 1.

7

Die allerdings bedauerlicherweise nicht erhalten geblieben ist. Der Vermutung nach dürfte es sich aber eher um eine Loseblattsammlung gehandelt haben.

8

USyd Honi Soit 6/1956-5.

9

UAdel Colombo 1955/194.

10 Später umbenannt in Colombo Student's Association South Australia, vergleiche auch Condition of Training Welfare Adelaide NAA A1838 2045/1/10 PART 1.

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bindungsbeamten. Dem gegenüber waren die Hochschulgruppen vergleichsweise informell organisiert und in der Personenkonstellation wie der Gruppengröße stark schwankend. Der eher fluide Charakter dieser Gruppen macht es schwer, sie in analytischer Perspektive zu fassen, obwohl sie gerade deswegen den größtmöglichen Gegensatz zur administrativen Ebene darstellten – und interessanterweise wiesen sie die in imperialer Hinsicht integrativste (und damit im Sinne des Abkommens ‚erfolgreichste‘) Funktion auf. Denn wie sich an den gemeinsamen Aktivitäten – und vor allem den Berichten in den Hochschulzeitungen darüber – ablesen lässt, schufen sie tatsächlich eine zumindest temporäre Gemeinschaft und gruppenübergreifende Identiät der Studierenden. Bezeichnenderweise scheint es in diesem Kontext innerhalb der Gruppen keine Differenzen in Bezug auf die Herkunftsländer gegeben zu haben: Mehrfach berichteten Einzelne oder einige wenige zusammen gemeinsam in hochschulinternen Publikationen oder hochschulöffentlichen Debatten über die Situation oder Probleme der Gesamtheit ihrer jeweiligen Heimatländer als Gruppe (‚we‘). Darüber hinaus sprachen von sich selbst in Veröffentlichungen ausschließlich von ColomboPlan-Studierenden und setzten sich als solche auch gegen Vorwürfe gegenüber Einzelnen sehr geschlossen zur Wehr.11 Ebenso artikulierten sie Positionen Südund Südostasiens in öffentlichen Diskussionen, wo sie als solche aktiv beteiligt wurden und nahmen dabei eine Position einer kollektiven Identität ein, die über die eigene Herkunft weit hinausging. Das Wachstum des Colombo-Planes vollzogen diese Gruppen soweit ersichtlich allerdings nur mit Verspätung und konstituierten sich bis 1956 vornehmlich aus den Ländern Süd- und Südostasiens mit einem Schwerpunkt der ehemaligen Commonwealth-Länder. Die Studierenden aus den in der raschen Erweiterung hinzugekommenen Ländern dagegen traten an den Hochschulen soweit im überlieferten Quellenmaterial ersichtlich nur randständig in Erscheinung.12 Dabei bestanden zwischen den Hochschulen in Australien erhebliche Differenzen hinsichtlich der Aktivität der Gruppen – während in Adelaide und Melbourne mit den großen Gruppen an Studierenden zahlreiche gemeinsame Unternehmungen nachzuvollziehen sind, deren Aktivitätsspektrum weit über die hochschulinternen, wöchentlichen Treffen an der Universität hinausging, blieb an den anderen Hochschulorten die Reichweite gering. Einzelne, extrem aufwändige Aktivitäten wie die bereits erwähnte Organisation einer Studienreise für australische Interessierte nach Indonesien und Colombo blieben aber auch an den ‚aktiven‘ Hochschulen der Ausnahmefall. Diese beiden Reisen, die vornehmlich von 11 UAdel 200 1955/296 Box 1. 12 Die zunehmend problematische politische Integration des heterogenen Colombo-PlanFeldes wird hier auf ‚subsidiärster‘ Ebene bereits deutlich.

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einzelnen, sehr engagierten Mitgliedern der Gruppe organisiert wurden, hatten dabei neben einem ‚asiatischen Erlebnis‘ explizit auch politische Ziele. So sollte – in einer Art Umkehrung der Grundidee des Colombo-Planes bei zukünftigen australischen Eliten Vorbehalte gegenüber dem negativ wahrgenommenen ‚Asien‘ abgebaut und durch das konkrete Erleben der Umstände vor Ort eine positive Wahrnehmung erzeugt werden. Aus den imperialen Systempenetratoren des Colombo-Planes wurden damit selbständig Handelnde, die sich der vorgegebenen Logik entzogen.13 Die hier sichtbar entwickelte eigene Agency der Geförderten, die – aus Perspektive der australischen und amerikanischen Akteure – zumindest teilweise die unidirektional gedachten Ziele des Programmes unterlief, wurde vom Außenministerium und den Verbindungsbeamten kritisch beobachtet: Dort sammelte die Administration alles Material zu den Studienreisen, dessen sie habhaft werden konnte.14 Als dann auch ‚lediglich‘ elf australische Teilnehmer an der ersten Studienreise teilnahmen, die dann im Übrigen durch einen beachtlichen Eigenbeitrag der Studierenden finanziert werden musste, wurden die systemischen Vorteile einer staatlich getragenen imperialen Strategie deutlich: Die in Relation um ein vielfaches bessere finanzielle Ausstattung des ColomboPlanes ließ eine beliebe Skalierung des selbstorganisierten Rücktausches ganz offensichtlich nicht zu und stellte daher keine Gefahr für den Erfolg des Programmes dar. Auch wenn im Anschluss ein umfangreicher Berichtsartikel in sehr positivem Ton in der Hochschulzeitung erschien, blieben die beiden Studienreisen Einzelfälle, die ganz offenbar von einzelnen geförderten Studierenden entscheidend getragen wurden. Die aufmerksame Beobachtung des Projektes und die ihm zugekommen Aufmerksamkeit innerhalb der australischen Administration zeugt jedoch von der befürchteten Gefahr einer Aufweichung des unidirektionalen Grundkonzepts für das Gesamtprojekt. Doch auch innerhalb der Arbeit der Societies selbst kam es zu Entwicklungen, die das objektbasierte Modell der Geförderten im Colombo-Plan in Frage stellten: Im Gegensatz zu den ursprünglichen Intentionen fungierten die selbstorganisierten Gruppen zunehmend als Forum für vergleichsweise kritische Diskussionen über die Absichten des Colombo-Planes selbst.15 Insbesondere der Begriff der ‚Freiheit‘ – der ja ein Kernelement der liberalen Ideologie in der Erschließungsstrategie war und stets in Opposition zum ‚unfreien‘ Osten gedacht wurde – stand dabei im Mittelpunkt der Diskussionen. Eine selbstorganisierte 13 Ironischerweise erfüllten sie damit zu einem gewissen Grad die Befürchtungen der pro-britischen Fraktion der Innenpolitik – in einer Administration, die das Projekt nun (wenn auch nicht finanziell) unterstützte. 14 UMel an Canberra 05/1955 NAA A1838 2045/1/10 PART 1. 15 Student Tables 1948-1958 UAdel 200 1955/296 Box 1.

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Veranstaltung zum Thema Freiheit in Asien – Freiheit in Australien im Winter 1953/54 in Melbourne war dabei das erste Zeichen eines Wahrnehmungswandels der Geförderten des Colombo-Planes. Dabei kehrte sich das ursprünglich angenommene Verhältnis von Unfreiheit zu Freiheit – letztere in Australien, erstere in den Heimatländern – in der Wahrnehmung der Geförderten aufgrund der restriktiven Vorgaben um. In Berichten an das Außenministerium meldeten die Verbindungsbeamten daher zunehmend häufiger an, dass sie zu der Frage der Stipendiatinnen und Stipendiaten, warum die vielbeschworene freie Welt sie zu einer Rückkehr zwinge und keine weitergehenden Visa z.B. für Studienaufenthalte in den USA ermögliche, um Argumentationshilfen bitten würden. Die individuellen Möglichkeiten der Studierenden, die sich durch ihre Teilnahme am Förderprogramm deutlich erweiterten, wurden durch den restriktiven Rahmen konterkariert.16 Aus Sicht des Außenministeriums verschärfte sich dabei das Problem des Umgangs mit den Studierenden. So handelte es sich einerseits in Relation nur einige wenige Geförderte, die sich mit den schon erwähnten Studienreisen oder solchen Debattenbeiträgen exponierten, andererseits befürchtete man „landrutschartige“17 Änderungen, falls die Positionen konsensfähig würden. Das zugrundliegende Dilemma der Kontrolle als Gegenpol zu einer Vertrauensposition stand dabei immer wieder vor den aus Vorbehalten generierten innenpolitischen Zwängen. Ganz im Sinne der Planung realisierte sich damit in der selbstorganisierten Vertretung ein Ziel der imperialen Strategie: Die innerhalb der Gruppe bestehende Heterogenität in der regionalen Zusammensetzung der Gruppe wurde insofern tatsächlich – wie beabsichtigt – durch einen, durch kollektives Erleben formierten, Zusammenhalt abgelöst und um eine Wertschätzung liberaler Ideen erweitert.18 Formiert hatten sich die Gruppen dabei durch den rigorosen Druck der australischen Umsetzungspolitik – also als unintendierter Begleiteffekt der Motivationsdifferenz. Dennoch war die Selbstorganisation der Studierenden in der Anfangszeit aus Sicht der imperialen Erschließung eine zweischneidige Angelegenheit. Einerseits bot sie durch den hohen Grad der Informalität und Flexibilität genau den Rahmen des persönlichen Kennenlernens und Austausches, welcher für die intendierte Netzwerkbildung Voraussetzung war, andererseits stellte sie genau aus den gleichen Gründen aus politischer Sicht einer skeptischen Administration eine beständige Quelle von Gegenbewegungen und Kritik dar. Die Universität als schwer kontrollierbarer Maßnahmenort wurde durch die Brechung der nochmals schwerer zu kontrollierenden, informellen Gruppierun16 Siehe hierzu auch S. 131. 17 Notes on Going-To-Asia-Scheme NAA A1838 2045/1/10 PART 1. 18 UMel Farrago Files 1954/7/20.

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gen im Kontext der Hochschule zum Problem für die Akteure im Außenministerium. Am deutlichsten aber legten sie das systemische Problem einer ‚erzwungenen Liberalität‘ in der Funktion moderner, demokratischer Imperien offen.

Z URÜCK –

UND WAS DANN ?

Im Vergleich zu direkter Herrschaft erscheint für die angestrebte informelle Bürokratie eine vergleichsweise lockere Kontrolle des postakademischen Netzwerks vor Ort naheliegend. Zwar waren, wie bereits erwähnt, eine Rückkehr in die Heimatländer und falls möglich die Aufnahme einer Beschäftigung im öffentlichen Sektor als Bestandteil der Stipendienvereinbarung verpflichtend vereinbart, eine tatsächliche Überprüfung dieses Kriteriums über die erfolgte Ausbeziehungsweise Rückreise hinaus scheint aber soweit ersichtlich in keinem Fall erfolgt zu sein. Denn nach dem Aufenthalt in Australien im Rahmen des Colombo-Plans kehrten nahezu allen Studierenden in ihre Herkunftsländer zurück – wo sich in vielen Fällen zunächst ihre Spur verlor. Ganz im Gegensatz zum in der Anfangsphase eng eingebundenen und kontrollierten Aufenthalt an den Studienorten war zunächst keinerlei langfristige organisierte Verbindung oder gar eine Nachverfolgung der Aktivitäten vorgesehen. Und so musste die Universität Adelaide auf eine entsprechende Anfrage des Außenministeriums ein Jahr nach der Rückkehr der ersten Stipendiaten ernüchtert konstatieren: „We seem to have lost the connection […] with them. I had hoped for a club […] of former students or any other activity, but nothing has happened so far to my knowledge. Unfortunately we cannot get hold of their current contact [details] […] any longer.“19

Dabei scheint diese Erkenntnis innerhalb der australischen Bürokratie keinen Anlass zur Veränderung bestehender Planungen gegeben zu haben. Auch in den Akten der Administration findet sich kein Hinweis darauf, im Sinne einer langfristigen Ausrichtung nun Maßnahmen geplant zu haben, die einen weiteren Kontakt der Absolventen untereinander beziehungsweise mit australischen oder amerikanischen Stellen ermöglichen oder gar erzwingen sollten. Ganz offenbar gingen die handelnden Akteure davon aus, dass sich die Selbstorganisation ohne

19 UAdel 253 Box 12/2. Was genau der Grund für die Unmöglichkeit einer Adressermittlung war, bleibt leider unklar – es scheint aber so, dass keinerlei Kontaktdaten zur Abreise mehr angegeben werden mussten. Das erscheint angesichts des Interesses, die zeitnahe Rückreise der (ehemaligen) Geförderten sicherzustellen, plausibel.

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weiteren Einfluss vollziehen sollte – ganz im Sinne eines liberalen Erweckungsnarrativs. Und aus australischer Perspektive bestand nach erfolgter Ausreise auch keine Notwendigkeit für eine weitere Sorge – auch das Verhältnis zu den USA schien davon wenig abzuhängen.20. Damit endete aber mit dem Moment des Verlassens Australiens Richtung Heimat jede administrative Nachbetreuung.21 So lange die Studierenden nicht gegen den Sinn des Abkommens andere Ziele verfolgten (wie die schon beschriebene Weiterreise in die USA oder auch die Heirat mit Australiern oder Australierinnen mit anschließender Niederlassung innerhalb des Landes)22, scheint es sich von Seiten des Außenministeriums um einen abgeschlossenen Vorgang gehandelt zu haben. Zusammen mit dem amerikanischen Vertrauen auf die Selbstorganisationskräfte im Rahmen des liberalen Förderung, führte dies zu einem abrupten Ende der Bemühungen zum Ende der Förderung: Dabei dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass anders als gedacht, die Rückkehrer zunächst in die ganz ‚normalen‘, üblichen Strukturen des Heimatlandes integriert wurden und zunächst keine weitere Sonderrolle mehr spielten.23 Dies war einerseits zumindest indirektes Ziel der Systempenetration, die ausschließlich auf die Veränderungen innerhalb des kurzen Aufenthalts in Australien setzten, andererseits eben auch ein Problem. Die Langfristigkeit des Aufstiegs überstieg die Geduld der handelnden Akteure. Der in Relation zur Gefördertenzahl einsetzende überdurchschnittliche Karriereerfolg in der Multiplikatorenfunktion setzte – anders als gedacht – erst deutlich später ein.24 Dabei spielt auch eine Rolle, dass angesichts der stets überschaubar bleibenden Absolventenwie Teilnehmerzahlen die ursprünglich intendierte breite Masse an Multiplikatoren schon zahlenmäßig nicht erreicht wurde. Einer umfassenden Systempenetration fehlte es dahingehend an Systempenetratoren, so dass die folgende Umwidmung von einem (politischen) Massensystem hin zu einem Elitenprogramm eher als Reaktion auf die offensichtlich nicht erfolgreiche Skalierung des Programms zu verstehen ist.25

20 Auch die befragten Absolventen erinnern sich auch daran, dass nach der Rückkehr der Colombo-Plan direkt keine Rolle mehr gespielt habe – vielmehr sei mit dem Einstieg in den Beruf jegliche Sonderbehandlung weggefallen. Vergleiche hierzu auch den Fall ‚Saud‘ in Oakman, Facing Asia, S. 234. 21 Travel Procedures 1954 NAA A1362 1960/58 Part 1. 22 Individueller Fall exemplarisch in NAA A1838 2010/14/12/6. 23 Interview mit A. Mahrabi, Bangalore, Indien, 11.05.2014. 24 Vergleiche hierzu auch Sauer (Hrsg.), The Colombo Plan for Cooperative Economic Development in South and Southeast Asia 1951-2001, S. 6-8. 25 Current Political Analysis Colombo Plan 1968 NAA A694 B824 Part 1.

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Auch wurden wohl nur die wenigsten Studierenden Mitglieder der bereits bestehenden Alumni-Clubs ihrer jeweiligen Universität. Einerseits betrachteten die Universitäten selbst sie nicht im gleichen Maße als eigene Studierende, wovon auch die gesonderte Erfassung bei Immatrikulation und Abschluss zeugt, sondern vielmehr als politische Aufgabenträger, andererseits scheint auch keiner der Studierenden überhaupt einen Antrag auf Aufnahme gestellt zu haben – es ist zumindest kein einziger überliefert. Erst als in den 1990er Jahren eine beachtliche Zahl von ehemaligen Colombo-Stipendiaten in einflussreiche Positionen in Asien aufgestiegen war, bemühte man sich nun aus ökonomischen Überlegungen mittels groß angelegter Treffen von ehemaligen Stipendiaten in Asien (z.B. 2001 in Kuala Lumpur auf Einladung der Universität Adelaide) darum, diese in die bestehenden Alumni-Netzwerke einzugliedern. Auch hier stieß man wiederum auf das Problem, dass es nahezu keine Unterlagen über den Verbleib der Studierenden gab.26 Der Verzicht auf eine Kontrolle der imperialen Change Agents überrascht zunächst, erst recht als die in der Konzeption angedachte informelle Erschließung gerade durch die Alumninetzwerke hätte stattfinden sollen. Aus australischer Sicht ist der Verzicht auf einen langfristigen Kontakt noch nachvollziehbar, legt man das angenommene Desinteresse hinsichtlich der imperialen Funktion der Absolventen zu Grunde. Für die USA erklärt es sich aber ausschließlich dadurch, dass man in Washington davon ausging, dass die ehemaligen Stipendiaten aus eigenem Interesse weiter untereinander in Kontakt bleiben würde und so zumindest mittelbar eine Art informelle Bürokratie eines losen Netzwerkes schaffen würden, die wenn auch nicht explizit, zumindest durch eine gemeinsame Ausbildung ähnliche Werte verinnerlicht hatte.27 Bezüglich der geplanten Rolle als „Soldaten für die Demokratie“28 lagen daher Annahmen zur Selbstständigkeit der ehemaligen Studierenden als Multiplikatoren, ‚Change Agents‘ und Systempenetratoren zu Grunde, die – ganz im Sinne der Grundannahme der liberalen Planer – von nun an durch gewonnene Einsicht und Überzeugungen wirken würden.

26 Ebd., S. 6. 27 Ganz allgemein im Briefwechsel in NARA 59 250/41/11/6 Box 5524. 28 Vgl. NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525.

Zwischenergebnis – die ersten Jahre

Zusammenfassend lässt sich aus der Untersuchung der ersten Jahre zunächst eine gewisse Phasenbildung ableiten: Angefangen mit einer Phase der Eigeninteressen der verschiedenen Ebenen stellte sich aufgrund der Interessenslage eine zunehmende Konvergenz hinsichtlich der konkreten Maßnahmen der Umsetzung ein. Diese erwies sich allerdings insofern als lediglich fragil, da sie den essentiellen Anliegen der Studierenden innerhalb der Erschließungsstrategie nur unter Inkaufnahme einer massiven Schwächung der eigenen Position gegenüber den USA und dem faktischen Ende der ideologischen Expansionsstrategie erfolgen hätte können und verblieb daher bei einer gewissen Öffnung, ohne allerdings entscheidend entgegen zu kommen. Die 1954/55 erfolgte Reform trug dabei auch den bisherigen konzeptionellen Mängeln Rechnung, ohne allerdings eine tatsächliche Lösung für das Dilemma liberaler demokratischer Imperien zu bieten. Als Problem erwies sich dabei, dass die australischen Akteure der mittleren Ebene (also Außenministerium) ihre Umsetzungspolitik an den vermuteten Erwartungen der amerikanischen Politik ausrichteten, ohne diese explizit zu kennen. Doch auch in der Öffnung blieb die sehnlich erwartet Dynamisierung des Stipendienprogramms aus. Das in der amerikanischen Perspektive vernachlässigte Motiv für eine Kooperation im subsidiären System ohne entscheidende Durchgriffsrechte erwies sich dabei auch als grundlegender Hemmschuh: Tatsächlich waren die ‚subsidiärsten‘ Umsetzungsinstitutionen in Form der Universitäten ideologisch deutlich ‚näher‘ an den liberalen amerikanischen Vorstellungen, als die von sicherheitspolitischen Erwägungen getragene und durch innenpolitische Vorbehalte gehemmten mittleren Ebenen. Andererseits zeigte sich auch die anfangs erwähnten Limitationen des Top-Down-Prozesses, der eine dahingehende Steuerung nicht zuließ – auch, weil die formale Verknüpfung von Sicherheits- und Erschließungspolitik im Vertrauen auf die Wirkmächtigkeit der Ideologie nicht erfolgt war. Dabei zeigte die Hoffnung auf eine ideologische Selbstausrichtung in der

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Anfangsphase hinsichtlich einer gemeinsamen ‚nationalen Aufgabe‘ durchaus Erfolg, ehe die sichtbaren Eigeninteressen der mittleren Ebene die Argumentation ad absurdum führten. Darüber hinaus zeigte sich der subsidiäre Charakter auch der vergleichsweise weit reichenden Autonomie der einzelnen Ebenen: Die Stärke der Universität in den Verhandlungen mit dem Außenministerium und der Regierung beruhte einerseits auf ihrer zentralen Stellung für das Ergebnis, andererseits aber auch aufgrund ihrer in britischer Tradition stehenden Unabhängigkeit, welche von allen Handelnden unterschätzt worden war. Durch die Letztbindung an in einer Verwaltungsstruktur stehende Organisationen ergaben sich darüber hinaus auch grundsätzlich dynamikmindernde Abläufe. Doch nicht nur die strukturellen Mängel der Konzeption und des zugrundeliegenden Modells wurden durch die ersten Umsetzungsjahre deutlich: Durch die Durchführung traten an Stelle der bis dahin nur theoretisch gedachten ‚Förderobjekte‘ der Planung nun reale Studierende aus verschiedenen Regionen und mit verschiedenen eigenen Interessen und Bedürfnissen. Das politisch in seiner Struktur aus einem individualliberalen Kontext stammende Programm hatte in Verkürzung dessen und in Verallgemeinerung des Zustandes im imperialen Zentrum die für den Studien- und Programmerfolg notwendige, umfassende soziale Einbettung der Studierenden, die aus verschieden, in unterschiedlichen Graden individualliberal strukturierten Herkunftsgesellschaften stammten, vollkommen außen vor gelassen. Die – den politischen Rahmenbedingungen geschuldete – nur langsame und wiederwillige Akzeptanz dieser Notwendigkeit im Rahmen eines Adaptionsprozesses beschleunigte sich erst, nachdem nach einer Vielzahl von Studienabbrüchen durch soziale Isolierung der Gesamterfolg des Programmes gefährdet schien. Die Defizite hinsichtlich dieser sozialen Integration wurden durch den Einsatz externer Gelder und Mitarbeiter kompensiert, die Unwilligkeit, die Studierenden in das universitäre Sozialleben zu integrieren durch Eigeninitiativen der Studierenden selbst. 1 Dass damit schließlich in der selbstorganisierten Form der Societies das mutmaßlich erfolgreichste Instrument der Netzwerkschaffung als Gegenbewegung zu den staatlichen Versuchen geschaffen wurde, verdeutlicht Unfähigkeit des gewählten Ansatzes, die imperialen Ziele zu erreichen. Gleichzeitig zu dieser Anpassung an die Geförderten fand eine Anpassung an die Infrastruktur statt: Die Vermittlung zwischen imperialer Strategie und den Gegebenheiten an der Universität musste sich dabei an den Determinanten Australiens ausrichten. Die infrastrukturellen Defizite der Skalierbarkeit des Programms konnten durch die Verwendung von anderen Mitteln gelöst werden und somit sowohl mehr Gebäude wie mehr Lehrende durch höheren finanziellen Ein1

A History of the Colombo Plan NAA A1838 3004/11 part 1.

ZWISCHENERGEBNIS –

DIE ERSTEN

J AHRE

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satz bereitgestellt werden. Durch politischen Druck und ideologische Kontextualisierung konnte auch eine Flexibilisierung der Eingangsvorrausetzungen erreicht werden. An anderer Stelle war auch trotz der Zahlungsbereitschaft eine Anpassung nur schwer möglich: Die Anforderungen der Universitäten in den Abschlussprüfungen blieben trotz aller Versuche einer Anpassung gleich. Das Unzulänglichkeit des sprachlichen und kulturellen Vorwissens blieb dabei durchgehend ein Problem, auch wenn sich verschiedene einzelne Akteure um Abhilfe bemühten – sowohl die selbstorganisierten Communities in Form der clubs boten vereinzelt Nachhilfe an, wie wohl sehr wahrscheinlich auch einzelne Lehreinheiten. In der Mehrzahl aber blieben die akademischen Leistungen der Geförderten so weit hinter den Erwartungen zurück, dass eine erfolgreiche Durchführung im gewählten Rahmen zunehmend unmöglich war. Die politische Ausweitung des Colombo-Planes über den Kultur- und Sprachraum des Commonwealth hinaus überforderte die Möglichkeiten des Stipendienprogramms schließlich vollends.

Subsidiärer Wandel und Reform 1954/1955

Sowohl in der Auseinandersetzungen zwischen den Institutionen wie auch im Umgang mit den Studierenden konnte – wie bereits gezeigt – um 1955 ein Wandel beobachtet werden.1 Als Grundlage dieser Entwicklungen dienten die bis 1954 in der Umsetzung an verschiedenen Stellen entstandenen systemischen Probleme der Verschränkung von imperialer Erschließungspolitik und Universität in Australien, deren Wahrnehmung im State Department am ehesten als eine Art ‚Krise der informellen Bürokratie‘ zusammenfassend bezeichnet werden kann.2 Die rasche Dynamik der Entwicklungen auf außenpolitischer Ebene durch das beständige Wachstum des amerikanischen Einflussgebietes auf Regionen außerhalb des Commonwealth konnten innerhalb des begrenzten Top-DownSystems eines auf Langfristigkeit angelegten Stipendienprogrammes nicht abgebildet oder kompensiert werden: Die in der Planung unterschätzten Differenzen innerhalb der Akteure der Implementierung aber auch die eigenen Entscheidungen der geförderten Stipendiaten legten die Defizite der Planungen deutlich offen. Sichtbar wurde dies für die Planer im Zentrum anhand des Ausbleibens der ursprünglich intendierten Menge an Systempenetratoren in der informellen Bürokratie sowie – in Australien – dem Widerstand gegen eine in absteigender Ordnung gedachte Umsetzungspolitik.3 Begleitet wurde diese Entwicklung in Australien durch die Furcht, durch diese Entwicklungen die erhofften sicherheitspolitischen Zugeständnisse zu verlieren.

1

Vergleiche auch umfangreich den Schriftwechsel zum Colombo Plan in NAA A816 11/301/720.

2

Memorandum of Conversation Gee 10.06.1955 NARA RG 59 250/43/8/5 Box 3832.

3

Inwiefern die USA die inneraustralischen Spannungen des Proxys überhaupt zur Kenntnis nahmen, muss offen bleiben. In den gesichteten Quellen findet sich kein expliziter Hinweis darauf.

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Ohne dabei ausdrücklich als Reform bezeichnet zu werden, erfolgte damit in der australischen Umsetzungspolitik ab 1955 ein signifikanter Wandel, dessen Grundlagen sich allerdings auf das Vorjahr zurückdatieren lassen. Dies führte schließlich in Australien zu einer Neuausrichtung des Programmes: Ohne konkrete Rückkopplung mit den USA – im gewählten proxy-System nachvollziehbar – wurden daher in Australien grundlegende Rahmensetzungen des bisherigen Programmes durch eine Reform des Stipendienprogrammes modifiziert, um somit den vermuteten amerikanischen Erwartungen Genüge zu tun.4 Dieser bereits bei der Untersuchung der einzelnen Friktionsstellen angedeutete Umschwung auf verschiedenen Ebenen basierte dabei auf Anpassungsprozessen innerhalb der Administration, die bis dahin eine Umsetzung im Sinne der Ziele des Programmes weitgehend verhindert hatten und führten in Verbindung mit der Dynamik vor Ort zu einer veränderten Wahrnehmung auf zwei Ebenen. So hinterfragte man Washington die zentralen Annahmen der Planungsphase angesichts der (ausbleibenden) Ergebnisse als ‚Krise der informellen Bürokratie‘. In Australien dagegen verstärkten sich die bestehenden Sorgen vor den Konsequenzen der bisher nur mäßig erfolgreichen Umsetzung trotz des Entgegenkommens. Wie bereits angedeutet, umfasste die – nicht so bezeichnete – Reform dabei hauptsächlich ein Problemfeld: Als Grund für die krisenhaft ausbleibenden Netzwerke der informellen Bürokratie vermutete man die angesichts der Größe des zu erschließenden Territoriums die in Relation vollkommen unzureichenden Absolventenzahlen für eine Systempenetration in der Masse. In unmittelbarer Antwort auf diese als Kernproblem angenommenen Planungs- und in der Konsequenz Skalierungsprobleme der Umsetzung entschloss man sich im australischen Außenministerium daher bereits 1954 zu einer Neukonzeption der Strategie, deren Auswirkungen bereits in den einzelnen Ebenen angesprochen wurden.5 Statt einer umfangreichen, transnationalen, informellen, und auf Masse abzielenden ‚Bürokratie‘ in Verwaltung, Schulen und Hochschulen sollte nun einzelne (prospektive) entscheidende Akteure in wichtigen Positionen und damit zukünftige Eliten im Colombo-Plan frühzeitig an den ‚Westen‘ gebunden werden.6 Dieser neue Fokus auf die ‚entscheidenden‘ Berufsgruppen war dabei auch ein Schritt ‚zurück‘ zur technischen Kooperation, in dem unausgesprochen auch 4

Agenda Meeting of Departments 03.06.1954 (?) NAA A816 11/301/720.

5

Vergleiche umfassenden Briefwechsel in NAA A1838 2020/6 Part 1.

6

Gewisse Parallelen zum Modell der römischen Antike der Erziehung der als Geiseln gehaltenen Nachkommen von lokalen Fürsten zur imperialen Sicherung bzw. Expansion liegen hier nahe. Grundlegender Unterschied war allerdings die hier fehlende vorangegangene militärische Expansion, die die Ausbildung zum eigentlichen Expansionsinstrument werden ließ.

S UBSIDIÄRER W ANDEL

UND

R EFORM

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die bisherigere Fächerbevorzugung der Public Administration beendet werden sollte. Darüber hinaus sollte die Förderung kürzer, dafür aber intensiver werden. Dies bedeutete konkret einen Wandel in der Zielgruppe: Statt wie bisher vornehmlich Undergraduate-Bachelor-Studierende zu fördern, richtete sich das Programm nun auf Masterstudierende beziehungsweise Doktoranden als zukünftige Verantwortungsträger in fortgeschrittener Ausbildung.7 Durch diesen Wandel von der Massen- zur Elitenpenetration sollte das Problem der geringen Fallzahlen dahingehend gelöst werden, dass nun mit dem Fokus auf fortgeschrittene Studienabschnitte (Master, PhD) zwar weiterhin wenige, aber dafür später umso einflussreichere Personen gefördert werden konnten. In dieser Umkehrung des bisherigen Massenmodells hätten damit nun – nicht unähnlich dem Kongress für Kulturelle Freiheit8 – vornehmlich einzelne Akteure als Individuen und die Universität auch als tatsächlicher Wissenschafts- und nicht mehr lediglich als Sozialisationsort im Zentrum stehen sollen.9 Inwiefern in diesem Reformprozess und der damit verbundenen Neuausrichtung konkret mit den USA Rücksprache genommen wurde, ergibt sich aus dem gesichteten Archivbestand bedauerlicherweise nicht: Es erscheint aufgrund der Begründungsmuster in Australien nur naheliegend, dass nicht alle Probleme der Umsetzungspolitik nach Washington zurückgemeldet wurden, allerdings scheint es auch kaum plausibel, dass eine solch umfassende Umgestaltung vollkommen ohne Wissen der USA hätte stattfinden können.10 Festgestellt werden kann daher nur, dass die ‚mittleren‘ Ebenen des Top-Down-Modells nach der anfänglich nur oberflächlichen Kooperation mit den grundlegenden Zielen des Programmes zunehmend die Erfüllung auch der grundsätzlichen Ziele (d.h. der Westbindung Asiens) des Programmes als erstrebenswert ansahen. Auch dies allerdings nicht aus unmittelbar deckungsgleichem eigenen Interesse, sondern lediglich aufgrund der Furcht, das aufgebaute politische Kapital wieder zu verspielen. Ebenso entwickelten auf der ‚untersten Ebene‘ der Subsidiarität die Universitäten zunehmend durch die Hoffnung auf langfristig zahlende Studierenden-Kunden aus der Region ein eigenes Interesse zur Steigerung der Zufriedenheit der Geförderten. 7

Wilson an Smith 16.12.1954 NAA A694 B824 Part 1.

8

Hochgeschwender, Freiheit in der Offensive?, S. 18.

9

Man muss an dieser Stelle ergänzen, dass der Titel der vorliegenden Arbeit – das akademische Imperium – daher zu einem gewissen Grad irreführend ist. Es ging eben bis dahin nicht um eine vornehmlich akademische Förderung, sondern lediglich um die akademische Institution als Ort der Begegnung.

10 Einmal mehr muss aber hier auf den grundlegend bilateralen Charakter des ColomboPlanes Bezug genommen werden, der den amerikanischen Einfluss auf das australische Stipendienprogramm lediglich informell ermöglichte.

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Die steigende Bereitschaft zur Kooperation war damit nicht Ergebnis eines (ideologischen) Annäherungsprozesses11, sondern ursächlich der Sicherung australischen Interessen geschuldet, so heterogen diese auf den verschiedenen Ebenen auch waren. Vergleichsweise eigenmächtig formulierte die australische Regierung somit in dem gezeigten Wechsel eine grundlegende Änderung der Umsetzungsstrategie, um damit das schwindende Interesse der USA zu retten. In Konsequenz dieser Neuformulierungen gingen die Studierendenzahlen der Geförderten in der unmittelbaren Zeit nach der Entscheidung entgegen der bisherigen Entwicklung deutlich zurück. Auch wenn die detaillierten Gründe hierfür im Unklaren bleiben,12 so steht zu vermuten, dass ein Studium in Australien für ‚High Potentials‘ nicht denselben Attraktivitätsgrad wie für eine große Masse an Studienanfängern aufwies13 und das Instrumentarium der Bildungsförderung nun auf eine andere, sozial deutlich vorselektierte Klientel traf, die dem Projekt mit größerer Skepsis als bisher entgegentraten.14 Viel bedeutsamer für das Stipendienprogramm als diese letztlich außenpolitisch motivierte, tiefgreifende Nachsteuerung innerhalb der nachgeordneten Ebenen im Top-Down-Modell erwies sich aber, dass das grundlegende Interesse der USA an einer ideologischen Erschließung Südostasiens über die Universität trotz dieser Bemühungen in ungeahntem Tempo zurückging. In Washington, wo die Probleme zwar nur mit Verspätung bemerkt worden waren, rückten statt einer Nachsteuerung grundlegende Alternativen zur ideologischen Erschließungen über die Universität in den Fokus. Die geopolitischen Dynamiken der Region und die zunehmende globalpolitische Polarisierung im Ost-West-Konflikt ließen keine Zeit für eine Anpassung bei begrenzter Kontrollierbarkeit. Der Höhepunkt der imperialen Erschließungsstrategie über die Universität war damit bereits überschritten, noch ehe sie richtig angefangen hatte.

11 Vergleiche unter anderem Beeson, With Friends Like These, S. 3. 12 Darüber hinaus dürften auch klassische Umstellungsprobleme einen Einfluss gehabt haben, welche allerdings nicht alleine für den deutlichen Rückgang verantwortlich gewesen sein dürften. 13 So attrahierte das Fulbright-Programm mit den Studienmöglichkeiten an qualitativ überlegenen amerikanischen Hochschulen in der Folge deutlich mehr Studierende als der ‚geschrumpfte‘ Colombo-Plan. 14 Zur zunehmenden Wahrnehmung des Colombo-Planes als Instrument amerikanischer Außenpolitik siehe auch Australian Assistance to Indochina NAA A4529 65/1/1/1953.

Außenpolitische Einflüsse

Doch neben dem schwindenden Interesse der USA fiel innerhalb kürzester Zeit aber auch die treibende Kraft auf australischer Seite weg. Durch die außenpolitische Dynamik der politischen Ereignisse in der Region ergab sich vergleichsweise kurzfristig die Schaffung des ersehnten Defensivbündnisses. Damit eröffnet sich ein weiterer Blick auf die Umsetzung der Imperialstrategie. Die Implementierung vor Ort und die sich daraus ergebenden Wechselwirkungen in der Umsetzung in Australien für die imperiale Strategie stellten aufgrund der grundlegenden Einpassung des Projekts in den globalpolitischen Kontext nur eine – aus australischer Sicht – kontrollierbare Determinante der Entwicklung dar: Die parallel weiterhin stattfindenden, hier unkontrollierbaren Verschiebungen auf regionaler und globaler Ebene hatten ebenso starke Auswirkungen auf die Umsetzung. Angesichts der von Australien mitgetragenen, zunehmenden Ausweitung der Mitgliedschaft auf Staaten außerhalb des Commonwealth, ergaben sich neben den bereits gezeigten Folgen für die Umsetzung des Stipendienprogramms auch außenpolitische Konsequenzen hinsichtlich der britischen Rolle im Vertragswerk. Es kam hierbei auch innerhalb des Westens zu Verstimmungen – hatte Großbritannien den Beitritt der USA zum Abkommen ursprünglich nahezu ersehnt, sah London die steigende Aktivitäten der Vereinigten Staaten in der Region nun mit wachsender Skepsis, insbesondere aber die Herauslösung Australiens aus dem britischen Verteidigungsverbund durch die Gründung der SEATO sowie die faktische Nutzung des britischen Erbes im Colombo-Plan im Sinne einer Camouflage.1 Das Stipendienprogramm als politischer Bestandteil des zuvörderst ökonomischen Colombo-Planes blieb durch die Veränderungen des außenpolitischen Klimas von 1950 bis 1960 nicht unberührt. Die Einbettung in das das Förderprogramm verband sich damit auch hinsichtlich der Auswirkungen auf die grundle-

1

Saigon an Canberra NAA A816 11/301/720.

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genden Bedingungen für das Soft-Power-Arrangement eines Imperiums by proxy. Einerseits wurde durch die weiter ausgreifenden Kriege in Korea (195053) und Indochina (1946-54) mit teilweise indirekter amerikanischer Beteiligung die schon fragile Situation in Süd- und Südostasien weiter verkompliziert, andererseits war es darüber hinaus nicht zur Anfang des Jahrzehnts durch die USA befürchteten chinesisch-sowjetische Allianz des Kommunismus gekommen.2 Dagegen zeigte die UdSSR nach dem Tod Stalins 1953 ein wachsendes politisches Interesse in Süd- und Südostasien, so dass sich auch hier Herausforderungen für die amerikanische Politik ergaben. Süd- und Südostasien waren endgültig zu einem Fokuspunkt der Auseinandersetzung zwischen Ost und West geworden. Darüber hinaus sorgte die politische Dynamik in Süd- und Südostasien mit seinen unzähligen Konfliktherden für eine beständige Veränderung der außenpolitischen Realitäten und Allianzen, in denen der Colombo-Plan als Mittel politischer Expansion eingebettet war. So war zwar zunächst die befürchtete Einigung des chinesischen mit dem sowjetischen Kommunismus für den Moment ausgeblieben, andererseits mit den zwischen Kolonial- und Ideologiekrieg wechselnden Auseinandersetzungen in Vietnam und Korea ein ganz neues Feld eröffnet worden. Im Folgenden sollen die für den Fortgang des Colombo-Plans relevanten Entwicklungen der außenpolitischen Sphäre lediglich überblicksartig dargestellt werden, wobei die grundlegende Unterteilung in drei entscheidende Komplexe der Interessenpolitik eine Verkürzung in Kauf nimmt: Denn diese wechselwirkten dabei sowohl untereinander wie mit weiteren, externen Faktoren, deren Miteinbezug den Rahmen der vorliegenden Untersuchung bei weitem sprengen würde. Es kann daher nur eine Annäherung an die außenpolitischen Einflüsse der anderen Akteure auf die Umsetzung des Colombo-Planes vorgenommen werden.

B RITISCHE F ÖRDERUNG Als grundlegendes Motiv für die australische Kooperation im Colombo-Plan konnte die Aussicht auf eine amerikanische Sicherheitszusage identifiziert werden: Und so sehr Großbritannien den Beitritt der USA zum Colombo-Plan begrüßt, wenn nicht gar ersehnt hatte, so ablehnend gab man sich in dieser Sache

2

McLean, American and Australian Cold Wars in Asia, S. 34.

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der amerikanisch-australischen militärischen Kooperation.3 Die beabsichtigten Verknüpfung von australischer und amerikanischer Sicherheitspolitik war aus britischer Sicht im Vergleich zum finanziellen Einstieg der USA in den Colombo-Plan oder zur Schaffung des universitären Stipendienprogramms deutlich problematischer und tangierte imperiale Interessen Londons: Die geplante Schaffung eines Beistands- und Verteidigungspaktes zwischen Australien, Neuseeland und den USA sorgte beständig für die (wie sich zeigte berechtigte) Sorge um einen „Verlust“4 dieser Region aus dem britischen Einflussgebiet. Aus Sicht Londons war das bereits 1948 beschlossene ANZAM-Bündnis zwischen Australien, Neuseeland und Malaya als neues Element imperialer Sicherheitspolitik mit subsidiärem Charakter als Nachfolger des offensichtlich gescheiterten Konzepts der imperialen Verteidigungsstrategie ausreichend, so dass für ein militärisches Engagement kein weiterer Bedarf bestände.5 Das Thema eines militärischen Engagements in Asien6 gehörte dabei bereits vor 1950 regelmäßig zu den Gesprächsinhalten zwischen beiden Ländern, wobei die USA stets aufs Neue zusicherten, über das im September 1951 abgeschlossene ANZUS-Abkommen hinaus keine kollektive Sicherheitsorganisation in der Region vorzusehen und die Region als traditionell britischen Einflussbereich zu akzeptieren.7 Dieser britische Widerstand gegenüber einer stärkeren strategischen Integration stand dabei in Konkurrenz zur Sorge der Außenministerien Australiens und Neuseelands, die immer wieder und mit Nachdruck auf einen amerikanischen Beistandspakt drängten, da sie aus der Erfahrung des zweiten Weltkrieges der Tragkraft britischer Sicherheitszusagen misstrauten.8 So nahm man in London erst um 1953/54 angesichts der vollzogenen weitgehenden Auflösung des Commonwealth-Bezugs durch die Ausweitung des Colombo-Plans auf dem britischen Empire vollkommen fernliegende Gebiete wahr, dass die amerikanische Politik im Colombo-Plan zu einer Schwächung, statt einer Stärkung des Empires geführt hatte und damit London die Kontrolle über das Abkommen (und damit mittelbar die Rolle als imperiales Zentrum) zu entgleiten drohte – auch wenn sie faktisch wohl schon entglitten war, nimmt man die Suez3

Tenth Anniversary of Colombo Plan NA EC 3/88/10 - DO 35/8784 – 9421169.

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South East Asia 16.5.1951 NA DO 35/2724.

5

Tarling, Southeast Asia and the great powers, S. 205.

6

Bezeichnenderweise hatten die USA 1945 ja bereits weite Teile der Region unter militärischer Besetzung gehabt; so dass deren Rückzug allein aus innenpolitischen Gründen nachvollziehbar erscheint.

7 8

Ebd., S. 205. Daniel Oakman, The Seed of Freedom. Regional Security and the Colombo Plan, in: Australian Journal of Politics and History 46 (2000), Nr. 1, S. 67–85, S. 67-69.

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krise 1956 als Zeichen einer zurückgegangen britischen Ordnungsfähigkeit in der Peripherie.9 In Verbindung mit dem 1954 gegen den Willen Großbritanniens eingerichteten SEATO-Vertrag ergab sich nun die britische Perspektive, aus der Region vollkommen als Einflussfaktor verdrängt zu werden.10 Doch blieb sowohl aus einer Vielzahl von außen- wie innenpolitischen Gründen (unter anderem des notwendigen wirtschaftlichen Aufschwungs in Großbritannien, der ‚special relationship‘ zu den USA und der Situation in Europa) sowie der faktischen Limitiertheit der Fähigkeiten der politische Wille zu einer Änderung begrenzt. Die Versuche Londons, innerhalb des Colombo-Plans seinen Einfluss wieder auszubauen, blieben auch aufgrund der Unmöglichkeit starker Sicherheits- oder Finanzzusagen in theoretischen Überlegungen zurück.11 Doch angesichts dieser Schwäche entschloss sich das Commonwealth Office im Rahmen einer Tagung der Commonwealth-Länder in London 1958 als Gegenmodell nun ein eigenes Stipendienprogramm aufzulegen, das zumindest auf dem Papier allerdings nicht in Konkurrenz zu dem des Colombo-Planes stehen sollte, tatsächlich aber nicht wenige Ähnlichkeiten aufwies. Trotz der weiterhin grundlegend ökonomisch-politisch ausgerichteten Imperialstrategie Großbritanniens wurde damit 1959 ein Element aus dem Bereich der ideologischen Machtmittel spezifisch für die Region aus der Taufe gehoben: Der Commonwealth Scholarship and Fellowship Plan (CSFP) zielte auf die akademische Bindung des Commonwealths in einer dezentralen Ausbildung ab.12 Der Entwurf wies dabei beachtliche Übereinstimmungen mit den Grundlagen des erneuerten Stipendien-Programm des Colombo-Planes auf, blieb aber anders als dieses regional ausdrücklich mit den Commonwealth-Ländern auf das ehemalige britische Empire beschränkt.13 Der innewohnende Fokus auf Masterstudierenden und Doktoranden spiegelte die Realitäten des reformierten Colombo-Planes der Elitenpenetration14 wieder, die grundsätzliche Gestaltung als bilateraler Austausch war ebenso deutlich dem Colombo-Plan nachempfunden. Durch die Beschränkung auf die englischsprachigen Länder des Commonwealth kam ihm aber keine systempenetrative Funktion wie der des expansiv verstandenen Stipendiensys9

Oakman, Facing Asia, S. 256.

10 Zu Verknüpfung von regionaler Sicherheitspolitik und dem Colombo-Plan als Ganzem siehe auch Oakman, The Seed of Freedom. Zur britischen Position und SEATO siehe auch Tomaru, The Colombo Plan and British publicity policies towards Southeast Asia, 1956-65. 11 Ebd., S. 161. 12 Proceedings Colombo Plan NAA A1838 555/6/4 Part 1. 13 Für die Umsetzung vgl. USYD G1/1/28 – Senate’s Minutes 8-60. 14 Im vorliegenden Fall eher der Elitenstabilisierung.

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tems des Colombo-Plan zu, sondern er muss – wie der Colombo-Plan ursprünglich – als Versuch der Reintegration des britischen Herrschaftsgebietes gesehen werden, diesmal ähnlich dem Stipendienprogramm des Colombo-Planes aber auf ideologisch-politischer Ebene der Ausbildung. Damit verbunden war durch die vorgenommene Dezentralisierung auch die Aufgabe des zentralen Modells der bisherigen Bindung akademischer Elitenbildung an die Oxbridge-Universitäten im Mutterland: Ähnlich dem Modell der subsidiären Verteidigung sollten damit die Mitglieder des Commonwealth untereinander stärker vernetzt werden und damit auch Großbritannien entlasten. Die Schwächung zentraler Macht durch den Ausbau geographisch weit gestreuter Ressourcen schien damit angesichts der damit möglichen Auslagerung der Kosten an das Commonwealth akzeptabel. So weckte der CSFP in der pro-britischen Fraktion um Premierminister Menzies, die den Colombo-Plan immer als eine Art ‚notwendiges Übel‘ begriffen hatten, Hoffnungen auf eine neue Phase britischer Stärke mit parallel bestehender Absicherung durch die USA.15 Die innenpolitische Kritik am ColomboPlan in Australien war somit auch das Ergebnis des politischen Erfolges der amerikanischen Außenpolitik. Denn das Land war langsam, aber sichtbar an die USA herangerückt.16 Versteht man nun den CSFP als britischen Gegenentwurf zu den Stipendien des Colombo-Planes, so wird an der Debatte um die Entscheidung zwischen beiden Abkommen vornehmlich eine inneraustralische Auseinandersetzung um eine grundlegende außenpolitische Orientierung hin zu Großbritannien oder den USA deutlich, nachdem die sicherheitspolitischen Implikationen einer solchen Entscheidung mit der Gründung der SEATO17 zurückgegangen waren. Unter dem Deckmantel einer Diskussion dahingehend, ob die aufgewendeten Gelder für Stipendien nicht sinnvoller im CSFP angelegt wären, der im Haushalt im Verhältnis zu der Zahl der Geförderten deutlich geringere Aufwendungen verursachte, führten pro-britische und pro-amerikanische Politiker einen Kampf um die zukünftige Ausrichtung des Landes.18 Auch hier standen 15 Indirekt in Casey an Menzies NAA NAA A462 610/8/1. 16 McLean, American and Australian Cold Wars in Asia, S. 33. 17 Hierzu später mehr. 18 Hilary Perraton, International Student Mobility: Lessons from the Commonwealth Scholarship and Fellowship Plan, in: Deryk M. Schreuder (Hrsg.), Universities for a New World. Making a Global Network in International Higher Education, 1913-2013, London 2013, S. 176–196, S. 177. Siehe auch: Second report of the Australian Universities Commission 1961-1966 on the Committee on the Future of Tertiary Education in Australia, in NAA A1838 2008/6/1/2. Besonders durch den Wegfall des aufwändigen Auswahlverfahrens über die Außenministerien sowie die kürzere Förderdauer (statt eines ganzen Studiums nur einzelne Semester) war der CSFP deutlich

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die Überlegungen zu einer Individualförderung hinter den politischen Gründen zurück und wurde somit unter dem Argument größerer (finanzieller) Effizienz eine faktisch innenpolitische Debatte um die Rolle Australiens in der Welt geführt. So lange im Sinne des erstrebten ‚imperialen Gütertausches‘ mit der USA (Kooperation gegen Sicherheit) die Sicherheitszusagen nicht kodifiziert worden waren, war auch angesichts der offensichtlichen britischen Unfähigkeit für wirksamen Schutz sorgen zu können, eine (zumindest oberflächliche) imperiale Kooperation mit den USA im Grunde alternativlos und eine Einfügung in die Struktur subsidiärer Expansion allen innenpolitischen Erwägungen zum Trotz erfolgt. So wurde die Frage nach dem Verhältnis von der Zahl der Geförderten zum (ökonomischen) Aufwand konsequenterweise in Australien bis 1955 nicht gestellt.19 Von Interesse war lediglich das Verhältnis von sicherheitspolitischem Gewinn zu finanziellen Kosten, welches trotz der Aufwendungen und den innenpolitischen Differenzen für den Colombo-Plan als vorteilhaft gesehen wurde. Während der erste Haushaltsansatz von Spender im Kabinett noch intensiv unter imperialen Fragestellung diskutiert worden,20 so änderte sich mit der Einführung des Pazifikpakts SEATO, der im Folgenden noch zu behandeln sein wird, die dahingehende politische ‚Rechnung‘ schlagartig. Die Debatte zog sich über ein Jahr hin, und endete mit einem Kompromiss, der eine gleichberechtigte Weiterführung beider Programme zum Inhalt hatte – und auch zustande kam, weil die USA in Fortsetzung der bisher schleichenden Abnahme ab 1960 kein sichtbares Interesse mehr an der Fortsetzung des Stipendienprogramms in der bisherigen Form zeigten: Angesichts Sputnik-Schock und technologischem Wettrennen ging es nicht länger um die Nutzbarmachung der Universität als ideologischer Ausbildungsstätte für die Massen, sondern nun vielmehr weit stärker um die Förderung wissenschaftlicher Talente zur Sicherung der technologischen Überlegenheit, für die das ursprüngliche ‚politische‘, genauso wie das reformierte ‚akademische‘ Stipendienprogramm des ColomboPlans mit seiner auf Rückkehr ausgerichteten Grundlagen nicht geeignet war. Seine imperiale Funktion hatte das Förderprogramm damit verloren – und lief günstiger. Auch war durch die erfolgte Zusage der USA, Australien im Falle eines Angriffs nuklear zu schützen (SEATO) das gefürchtete Bedrohungsszenario, welches innenpolitisch die Kosten rechtfertigte, weggefallen. 19 Die Diskussionen im ersten Haushaltsantrag Spenders 1950 drehten sich um die Frage, ob denn zu Beginn eines solchen Programmes solche Geldmengen von Nöten sein, indirekt also um die Frage, ob die Ausrichtung hin auf die USA tatsächlich so viel Geld benötige. Die Frage nach dem Verhältnis der Zahlen der Geförderten zum finanziellen Aufwand spielte – soweit überliefert – keine relevante Rolle. 20 Cabinet’s Minutes Spender NAA A4639 37A, filed under A4639/XM1 Volume 2.

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damit, unbeschadet der parallelen Existenz des CSFP auf niedrigem Niveau weiter: Stipendien eigneten sich nicht zur Entscheidung der zukünftigen imperialen Ausrichtung Australiens.21 Der Versuch der britischen Strategie einer Nutzung der amerikanischen Finanzen zur ökonomischen Sicherung des eigenen Herrschaftsgebietes bei gleichzeitiger Akzeptanz von amerikanischer Expansion mittels ideologisch fundierter Expansion im Colombo-Plan war damit nicht erfolgreich gewesen: Statt die amerikanischen Versuche der Übernahme des Vertragswerks unterbinden zu können, wurde der Einfluss des Commonwealth und vor allem Großbritanniens innerhalb des Abkommens immer kleiner. Das von Großbritannien als unwichtig eingeordnete Stipendienprogramm hatte dabei als Türöffner für die amerikanische, ökonomisch-ideologische Asienpolitik im britischen Colombo-Plan fungiert, die damit binnen weniger Jahren zum maßgeblichen politischen Akteur innerhalb des Vertrages aufgestiegen waren: Der ‚britische‘ Colombo-Plan war erfolgreich ‚amerikanisiert‘22 worden. Die ihrem Charakter nach nicht nur kurzfristige wirtschaftliche Schwäche Großbritanniens23 die bis in die 1960er Jahre hinein anhielt, machte es unmöglich, dem amerikanischen Versuch der zunächst ideologischen, dann ökonomischen Expansion auf beiden Feldern wirksam entgegenzutreten. Darüber hinaus aber hatte man in London die Loyalität der verbündeten Peripherie in ihrem Bedürfnis nach militärischer Sicherheit, besonders Australiens, aber auch Indiens und Pakistans überschätzt.

21 Ebd. S. 177. 22 Der Begriff ist nicht unproblematisch, da er in der deutschsprachigen Forschung umstritten ist (vergleiche auch Doering-Manteuffel, Wie westlich sind die Deutschen?). In der englischsprachigen Literatur wir der dagegen für die Beschreibung des Phänomens des Wechsels der maßgeblichen Einflussentität im Colombo Plan und weniger zur Beschreibung eines sozialen Phänomens problemfrei verwendet. Vergleiche hierzu auch Bell/Bell, Implicated, S. 13. 23 Carl Bridge, Perspective, in: Carl Bridge (Hrsg.), Munich to Vietnam. Australia's relations with Britain and the United States since the 1930s, Carlton-Portland 1991, S. 194–197, S. 196.

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S OWJETISCHER W IDERSTAND 24 Die sowjetische Haltung zum Colombo-Plan als solchem ist bisher nicht umfassend untersucht worden und kann auch hier nur am Rande erfolgen.25 Dabei handelte es sich aus amerikanischer Perspektive zusammen mit China um den einzig ernstzunehmenden Gegner in der Ausweitung des eigenen Herrschaftsbereiches:26 Ging es im Verhältnis zu Großbritannien darum, die eigene Politik so zu gestalten, dass sie nicht auf unmittelbaren Widerstand stieß, so teilte man mit London dennoch das grundlegende Anliegen der Westbindung, auch wenn in der Wahl der Mittel Differenzen bestanden. Dem gegenüber war die Frage nach sowjetischen Reaktion auf das eigene Handeln zumindest in der Anfangsphase stets präsent. Fungierte die (erwarteten) Reaktionen einerseits als Motivation weiteren eigenen Handelns in Washington, so blieb in Washington die tatsächliche Position der UdSSR als Gegenspieler des Colombo-Planes durchwegs unklar.27 Konkreter Widerstand oder ein entgegengesetzter Politikentwurf der ideologisch-politischen Erschließung der Region sind für den Untersuchungszeitraum nicht zu finden, trotz einzelner Hinweise auf die angebliche Existenz einer sowjetischen Strategie für Asien.28 Im Folgenden soll daher – auch aufgrund des Quellenzugriffs – vornehmlich die Einschätzung und Wahrnehmung der sowjetischen Politik durch die handelnden westlichen Akteure im Zentrum stehen. Die Thematik zerfällt dabei in zwei Teile: Einerseits die sehr wenigen konkreten Aktivitäten in der Region, andererseits aber die deutlich einflussreichere politische Nutzung des Themas durch inhaltliche Bezüge auf sowjetkommunistische Aktivitäten. Dem untersuchten Quellenmaterial nach verfolgten alle beteiligten Akteure – die USA, Großbritannien, aber auch Australien in großem Umfang – das Handeln und die Position Moskaus gegenüber dem Colombo-Plan sehr aufmerksam. Vornehmlich generierte man das Wissen – soweit ersichtlich – aus der Samm-

24 Der Schwerpunkt der vorliegenden Studie liegt auf der Untersuchung des imperialen Wandels, daher wird der folgende Abschnitt lediglich überblicksartig die amerikanisch-australisch-britische Wahrnehmung der sowjetischen Politik darstellen. 25 Vgl. hierzu auch Gaiduk, A peace offensive between the two wars und Gaiduk, Soviet Cold War Strategy and Prospects of Revolution in South and South East Asia. 26 Memorandum Ogburn November 1950 NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5. 27 Burma an State Department NARA RG 59 250/41/11/7 Box 5533. 28 Im Gegensatz hierzu gab es gegen die ökonomische Expansionspolitik des ColomboPlanes durchaus Widerstand, wenn auch erst mit zeitlicher Verzögerung. Vergleiche hierzu Gaiduk, A peace offensive between the two wars, S. 199-201.

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lung von Presseberichten der Vertretungen in der Zielregion und in Moskau und ergänzte es darüber hinaus in Einzelfällen auch durch geheimdienstlich gewonnenes Material.29 Insgesamt hielt sich das durch diese Kanäle gewonnen Material aber in engen Grenzen – es steht daher zu vermuten, dass konkrete Maßnahmen gegenüber dem Colombo-Plan anders als erwartet weitgehend ausblieben. Erst ab 1954 nahmen die Auslandsvertretungen steigenden diplomatischen Aktivität der UdSSR in der Region wahr. Nach dem Tod Stalins im März 1953 wurden die in der Sowjetunion bereits vorher angestellten Planungen für ein eigenes Programm zur wirtschaftlichen Kooperation in Süd- und Südostasien weiter vorangetrieben und verschiedenen Botschaftern der Region vorgestellt.30 Auch auf höchster politischer Ebene sah man einen ‚Turn to Asia‘ der UdSSR: So unternahm Chruschtschow 1955 eine Reise durch Asien, welche ihn auch nach Indien und Burma, zwei Colombo-Plan-Staaten führte. Ähnlich den USA musste man aber auch dort ernüchtert feststellen, dass die eigene Expertise zur Region sowohl im Außenministerium wie im Kreml nach allgemeinem Verständnis nur unzulänglich war. Darüber hinaus erkannte man jedoch sowohl in Washington wie in Moskau auch, dass die wachsenden nationalistischen Bewegungen in der Region von anti-imperialistischen Ideen mit geprägt wurden, denen gegenüber angeblich der Kommunismus anschlussfähiger als der Kapitalismus erschienen.31 Damit verbunden war die zunehmende Wahrnehmung der lokalen Handelnden als eigenständige Akteure, die es zu erreichen galt. Ebenso für das steigende Selbstbewusstsein der Region sprach ein neu etabliertes Forum: In der Bandung-Konferenz im April 1955, an der die Sowjetunion selbst nicht teilnahm, formierte sich – maßgeblich allerdings unter chinesischem Einfluss32 – ein Forum Asiens und Afrikas, dass sich mit Tendenz zum Kommunismus als ‚blockfrei‘ identifizierte, wie man in Washington mit Sorge notierte.33 Sichtbar wurde hier auch für die amerikanische Außenpolitik ein grundlegender Wandel, der sich im Kleinen schon vorher im Rahmen der Geförderten im Colombo-Plan gezeigt hatte. Die Unterschätzung der eigenen Agency der Staaten Süd- und 29 Das Material der Geheimdienst ist dabei nur in sehr engen Grenzen zugänglich. In die Untersuchung fanden die wenigen Berichte keinen Eingang, da sie soweit ersichtlich zur grundlegenden Einschätzung nur wenig Relevantes beitrugen. 30 Ebd., S. 200. 31 Ebd., S. 200. 32 Tomaru, The Colombo Plan and British publicity policies towards Southeast Asia, 1956-65, S. 163. 33 Alle fünf Organisatoren der Bandung-Konferenz waren auch Colombo-Plan-Staaten (Indien, Pakistan, Ceylon (Sri Lanka), Burma (Myanmar) und Indonesien). Vergleiche ebd., S. 163.

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Südostasiens, die im Rahmen des Ost-West-Konflikts ihre geopolitische Position der Stärke am Rande beider Imperien zum eigenen Vorteil nutzten. Alle Großmächte suchten im Folgenden offensiver als bisher (damit auch offensiver als der Colombo-Plan), die Region dem eigenen Einflussgebiet zuzuordnen.34 In der Wahrnehmung der westlichen Akteure spielte die zunehmende Aktivität der UdSSR eine wichtige Rolle für die politischen Prozesse und auch die Abkehr vom Colombo-Plan, ohne dabei auf konkrete Ereignisse Bezug zu nehmen. So nahm man in Washington die wachsenden sowjetischen Bemühungen um verbesserte Beziehungen in der Region (z.B. 1956 mit einem Abkommen mit Ceylon), die auch Elemente der Kulturdiplomatie beinhalteten, mit Sorge zur Kenntnis, fügte sie aber zunächst lediglich in ein Gesamtbild des als expansiv begriffenen Sowjetkommunismus ein.35 Inwiefern in London dahingehenden Aktivitäten ebenso wahrgenommen wurden, ergibt sich aus dem gesichteten Archivmaterial nicht – es scheint allerdings angesichts der zunehmenden Akzeptanz des imperial decline plausibel, davon auszugehen, dass es sich aus der Perspektive Londons dabei nicht mehr unmittelbar um ein britisches, als vielmehr ein gesamtwestliches Problem handelte. Dass damit zeitgleich zumindest eine amerikanische Verantwortung für die Region einherging, spricht für den nun auch in London akzeptierten Vollzug des imperialen Wandels. Allerdings scheinen die tatsächliche sowjetische Haltung und ihre Ziele für die auf westlicher Seite handelnden Akteure durchwegs bis in die 1960er Jahre hinein unklar geblieben zu sein, insbesondere weil auf einer systemischen Ebene bis zum Tode Stalins Süd- und Südostasien für die die Sowjetunion offensichtlich keine sichtbar gesteigerte Rolle über politische Bekundungen hinaus spielten: Im (außen-)politischen Tagesgeschäft während der Anfangsphase des Projektes blieben ernsthafte offizielle Proteste seitens Chinas oder der Sowjetunion gegenüber der Politik des Colombo-Planes aus, sieht man von allgemeinen Aufforderungen, sich nicht „imperialistisch“36 zu betätigen, ab. Die vereinzelte Bezeichnung des Colombo-Planes als Mittel des imperialistischen Kapitalismus zur Wiederrichtung kolonialer Imperien stellte dabei aber im Kontext der kommunistischen Berichterstattung insgesamt keine besonders auffallende Position dar. In den USA selbst sorgte dabei die offensichtliche Unklarheit der Absichten der Sowjetunion verschiedentlich für weitgehende Spekulationen. Insbesondere in Verbindung mit dem innenpolitischen Antikommunismus der McCarthy-Ära 34 Siehe hierzu auch die Rede Chruschtschows im Rahmen des 20. Kongresses der KPdSU, in der er sich direkt an die blockfreien Staaten wendete. Prawda, 15. Februar 1956, zitiert nach Gaiduk, A peace offensive between the two wars, S. 202. 35 Colombo an Canberra Cablegram 1004 1956 NAA A1838 160/11/3. 36 Extract from ACB-3, South East Asia NAA A1838 250/10/7 Part I.

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sorgte die Unklarheit für umso komplexere Annahmen über das Verhalten des Gegenübers.37 Bei allem Unwissen über die reale Agenda der Sowjetunion in der Region spielte eine angenommene sowjetische Expansionsstrategie als Motivation eigenen Handelns eine wichtige Rolle für die Dynamik der Erschließung. Das bereits erwähnte, angebliche Zitat Stalins zur ‚Weltrevolution durch Asien‘ wurde so wiederholt in verschiedenen Kontexten zur initialen Handlungsbegründung genutzt.38 Zu welchem Grad dieses Motiv tatsächlich wirkmächtig in der Entscheidungsfindung für einen Einstieg in den Colombo-Plan wurde (und nicht nur selbstlegitimatorischen Zwecken diente), muss dabei im Dunkeln bleiben: Das antisowjetische Motiv konnte aber nur dann verfangen, wenn bis zu einem gewissen Grad tatsächlich dahingehende Bedenken bestanden, wobei der zunehmende Antikommunismus innerhalb der USA mit Sicherheit zu einer Stärkung solcher Begründungsmuster im Verlauf der 1950er Jahre beitrug. Es scheint, dass die Furcht vor einem kommunistischen Umsturz in Süd- und Südostasien dabei zu einem gewissen Maße auch zur ‚Klaviatur‘ des inneramerikanischen Ringens um den Grad des Engagements in der Region gehörte, aber zunehmend auch eine Eigendynamik entwickelte. Sowohl innerhalb der Administrationen Großbritanniens, Australiens und der USA wie auch von außerhalb – durch andere Regierungen wie die Länder Süd- und Südostasiens selbst – nahm die Referenzdichte auf die (angeblichen) sowjetischen Aktivitäten sowohl in der Intensität wie der Qualität zu, ohne dabei mit einem einheitlichen Konsequenzrahmen verwendet zu werden: So forderten einerseits der neuseeländische Außenminister 1955, der Colombo-Plan müsse ausgebaut werden, da er eine Schutzfunktion gegenüber den „Brutstätten“39 des sowjetischen Kommunismus entfalte und andererseits im selben Jahr die Vertreter Indiens und Pakistans in London mit dem selben Argument eine Lockerung der angeblich zu strengen Regularien des Colombo-Planes40, um dem Sowjet-Kommunismus effektiv gegenüberzutreten. In beiden Fällen erfolgte die Beschreibung einer angeblichen und sehr unspezifischen kommunistischen Gefahr, um dem eigenen Anliegen höhere Dringlichkeit zu verschaffen – ein Instrumentarium, was angesichts der politischen Wirkmächtigkeit des zunehmenden Antikommunismus in den USA immer häufiger verwendet wurde. Dabei rekurierte es – ähnlich dem Protest der Studierendenden – anders als bisher auf ein ideologisches Motiv, das damit indirekt auf das nunmehr politische Primat der USA im Abkommen abzielte. Damit hatte sich auch 37 Ogburn Memorandum Far Eat NARA RG 250/46/04/05 Box 5. 38 Vergleiche auch Lay Memorandum 17.5.1951 NARA RG 273 250/7/27/1. 39 New Zealand External Affairs Record, no. 1, zitiert nach Lowe, The Colombo Plan and 'soft' regionalism in the Asia-Pacific, S.9 40 Memorandum of Conversation on Colombo Plan 10.10.1955 NA FO 371/125323.

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für die anderen Teilnehmerstaaten die Führungsrolle der USA hinsichtlich der Einordnung des Colombo-Planes durchgesetzt. Im Übrigen kam zu den ganz offensichtlich weit hinter den Erwartungen zurückbleibenden Erfolgen des Colombo-Plans darüber hinaus ein weiteres Problem der Öffentlichkeit. Denn im Gegensatz zu den leidlich erfolgreichen Versuchen der Außenministerien, in Europa und Australien durch eine aufwändige Pressekampagne eine positive Wahrnehmung über die (angeblich) erfolgreich erreichten, vornehmlich nun antikommunistischen Zwischenziele herzustellen,41 wurde in den Zielländern zunehmend kritisch über das Abkommen als Vehikel einer primär amerikanischen Politik der westlichen Erschließung berichtet.42 In Verbindung mit der Erfahrung, dass die entscheidenden Politiker vor Ort zunehmend die Vorteile der geographischen Position im Interessenfeld beider Seiten ausnutzten, zeigte sich damit die politischen Grenzen imperialer Politik im Colombo-Plan. Hatten doch die lokalen Akteure die Vorteile eines „sideswitchings“43 und die Abhängigkeit des Colombo-Planes von ihrer Kooperation erkannt und nutzten nun die Bereitschaft zu weitgehenden Konzessionen und den unbedingten Willen zum Vormachtgewinn beider Machtblöcke geschickt zum eigenen politischen Gewinn aus.44 So sehr man im Modell imperialer Subsidiarität auf eine homogene Interessenslage aller Ebenen in Australien und den USA geachtet hatte, so sehr hatte man sie auf die natürliche Attraktivität von ‚Bildungsversprechen‘ in den Zielländern reduziert. So bleibt festzustellen, dass die Entwicklungen der beiden als Gegenspieler wahrgenommenen Machtblöcke China und der UdSSR zwar inneramerikanisch eine stete Legitimation für ein stärkeres beziehungsweise verändertes Engagement war, über die tatsächlichen Handlungen und Überlegungen beider Staaten in Washington wie in Canberra und London vergleichsweise wenig bekannt war. Deutlich wird auch, dass zumindest ideologischer Ebene kein unmittelbarer Gegenentwurf unternommen wurde, sondern die Ausweitung kommunistischen Einflusses vornehmlich ökonomisch gedacht wurde. Diese Entwicklung, die die in Rücksicht auf britische Befindlichkeiten vorgenommene Selbstbeschränkung amerikanischer Politik in der Region offenlegte, führte zu einer Neubewertung der ideologischen Expansionsstrategie und damit einer grundlegenden Veränderung amerikanischer Asienpolitik: Angesichts des wachsenden Engagements der UdSSR in der Region erschien die Situation mit dem bisherigen Portfolio impe41 A Documentary History of the Colombo Plan – Years of Success NAA A1838 3004/11 part 1. 42 Burma an Battle NARA RG 59 250/40/18/2 Box 4137. 43 NAA A1838 160/11/3. 44 Anwar, The Cold War and its Impact on Indonesia, S. 133-136.

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rialer Maßnahmen nur ungenügend beherrschbar. Die in den USA und Australien gewonnenen Einsichten über sowjetischen Widerstand blieben dabei grundlegend in einer Wahrnehmung des ‚Westens‘ (vornehmlich der USA) über das Handeln der Sowjetunion und Chinas, die stark subjektiv durch die Auswahl der Berichte durch westliche Diplomaten geprägt ist. In diesem eng umrissenen Quellenfeld bleibt der durch die zugänglichen Berichte gewonnene Erkenntnisgewinn erstaunlich gering. Über die beinahe schon übliche Bezeichnung als „kapitalistisches Instrument für [den] globalen Krieg“45 hinaus ließen sich aus den im Westen zugänglichen Quellenmaterialen auch keine weitergehenden Einordnungen der sowjetischen Seite nachvollziehen. Dabei ist die emsige, aber letztlich erfolglose Sammeltätigkeit46 der australischen, britischen und amerikanischen Diplomaten zu Veröffentlichung in der Moskauer Presse zu Artikeln zum Thema nicht nur ein Zeichen für ein Interesse an der sowjetischen Perspektive, als auch ein Zeichen für das Bewusstsein, dass der Colombo-Plan in seiner Funktion ein hochgradig politisches Unterfangen war. Und schließlich ergibt sich aus der Einordnung der Sowjetunion als eigentlichem ‚Gegner‘ der Erschließungspolitik, was durch die emsige Beobachtung trotz ganz offensichtlich zunächst fehlender Aktivitäten der UdSSR einmal mehr die Perspektive des gesamten Colombo-Plans als vornehmlich imperialem Unterfangen gestützt: Berichte zur Wahrnehmung der eigenen Politik in Australien und Großbritannien waren dem State Department deutlich weniger wichtig als solche aus der Sowjetunion. Ebenso fällt auf, dass, auch wenn den Medienberichten in Süd- und Südostasien viel Beachtung geschenkt wurde, die Relevanz dieser Einschätzungen für die politischen Entscheidungsträger augenscheinlich nur insofern bedeutsam war, als dass sie als Indikator einer eventuell sich abzeichnenden Ostorientierung der Region herangezogen wurden, daher mittelbar wiederum eigentlich auch hier Informationen über sowjetische Entwicklungen beinhalteten. Diese Priorisierung der Adressaten und möglichen Antagonisten der eigenen Politik ist dabei einerseits Zeichen machtpolitischer Realitäten – denn weder Australien noch Großbritannien besaßen realistischer Weise die Mittel zu einer ernsthaften

45 Prawda, Moskau, ohne Datum (vermutlich Sommer 1954). Übersetzung aus dem Russischen zitiert nach Press File South East Asia. Colombo Plan from 1953 NAA A5954 2077/7. 46 Es finden sich in den Akten insgesamt neun verschiedene umfangreichere, aus dem russischen übersetzte mehrseitige Berichte zum Thema sowie regelmäßige Nachfragen an die Auslandsvertretungen um aktuelle Presseberichte. Darüber hinaus eine große Vielzahl von kleinen Informationsnotizen, die jeweils auf aktuelle Berichterstattung zusammenfassend Bezug nehmen überliefert.

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Gegenposition – und andererseits auch Abbild der veränderten Symbolik eines imperialen Aufstieges. Imperien messen sich – wie bereits zitiert – ausschließlich mit anderen Imperien.47

S ICHERHEITSPOLITIK

UND

SEATO 48

Der für den Colombo-Plan wichtigste außenpolitische Einfluss in imperialer Hinsicht bestand aber in der Gründung der South East Asia Treaty Organization (SEATO), mit der die USA versuchten, die variable Mitgliedschaften im Colombo-Plan in eine binäre Zugehörigkeit zum westlichen, also amerikanischen Sicherheitssystem umzuwidmen. Das Vertragswerk zeigte eine doppelte Wirkung auf das Stipendienprogramm des Colombo-Plans: Einerseits fiel durch die erfolgte Kodifizierung des Sicherheitsversprechen für Australien die entscheidende Motivation für ein angepasstes imperiales Verhalten weg, andererseits ging das amerikanische Interesse am Vertragswerk rapide zurück, als sich die angestrebte Sicherheitstransformation hin zur SEATO aufgrund des Widerstandes der Empfängerländer nicht realisieren ließ. Damit entfiel das Interesse am Colombo-Plan und seiner flexiblen Struktur sowohl im imperialen Zentrum wie auch auf der mittleren Umsetzungsebene nur wenige Jahre nach der Einführung schon wieder. Die Sicherheitspolitik hatte dabei im bisherigen Verlauf des Abkommens eine wichtige Rolle gespielt, ohne konkret verknüpft zu werden. So wirkte der Koreakrieg anfangs noch als eine Art Katalysator für das amerikanische Engagement im Colombo-Plan und für eine Imperialpolitik by proxy, da sich im State Department in dessen Nachgang Mehrheiten für den Beitritt zu einer nichtmilitärische Perspektive der Außenpolitik in Asien fanden.49 Der Rückzug Frankreichs aus Indochina trotz der umfassenden militärischen Hilfen der USA, die im letzten Jahr nahezu achtzig Prozent der Kosten des Krieges schulterten, führte allerdings zur erneuten Polarisierung der öffentlichen Einschätzung der Situation in Süd- und Südostasien bei, welche Folgen für das Außenministerium hatte: So bestand einerseits die Gefahr weiterer Eskalation, der offensichtlich durch die bisherigen Maßnahmen nicht genügend begegnet werden konnte, an-

47 Vergleiche Fußnote 17. 48 Siehe zur grundlegenden Verknüpfung von Colombo-Plan und Sicherheitspolitik auch Kan, The US Cold War policy and the Colombo Plan. 49 Zur Verknüpfung von kollektiver Sicherheitspolitik mit dem Colombo-Plan siehe auch Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 93-99.

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dererseits kam es nicht zu einer grundlegenden Sinnkrise. War der Rückzug Frankreichs aus Indochina zwar aus amerikanischer Perspektive geopolitisch ein Verlust, so kamen keine grundlegenden Zweifel an der Strategie der formalen Nichteinmischung durch das Engagement in subtilen oder klandestinen Operationen und der indirekten Politik über Dritte auf. 50 So standen zwar Überlegungen zur weiteren Entwicklung der Asienpolitik im Raum, ließen jedoch die bisherigen Ansätze wie den Colombo-Plan zunächst unberührt. Die Gründung der SEATO 1954 entstand dabei vor der Folie eines ausgreifenden Kommunismus sowie dem amerikanischen Wunsch nach einer stabileren Bindung der wachsenden Konfliktherde in der Region auf ein gemeinsames Vertragswerk nach dem Vorbild der 1949 geschaffenen North Atlantic Treaty Organization (NATO).51 In Verbindung mit der zunehmenden restriktiver ausgelegten Containment-Politik und dem dezidierten Ziel, den vergleichsweise lockeren Rahmen des Colombo-Planes in eine verlässliche Sicherheitspolitik umzuwandeln, gründeten die USA daher am 8. September 1954 zusammen mit Australien, Frankreich, Großbritannien, Kambodscha, Laos, Neuseeland, den Philippinen, Südvietnam sowie Thailand52 die South East Asia Treaty Organization (SEATO) als kollektiven Verteidigungspakt der Pazifikregion. 53 Dies stellte zunächst einen gewissen Bruch mit der bisherigen Politik einer Erschließung by proxy dar, da die USA nun erstmals nach 1945 auch in der Region selbst als außenpolitischer Akteur aktiv wurden, sieht man von dem lediglich sehr beschränkt wirkenden ANZUS-Abkommen zwischen Australien, Neuseeland und den USA von 1951 ab.54 In Canberra wurde das Abkommen als lang ersehnter Schritt begrüßt und als Ausweg aus der seit 1944 bestehenden Sicherheitsdilemma versprach, während die Reaktionen in Ozeanien und den Ländern Süd- und Südostasiens eher verhalten blieben. Die USA hatten mit der Schaffung der SEATO eigene politische Ziele verbunden. So hatte man sich im State Department mit der Einführung erhofft, 50 Dallek, The American style of foreign policy, S. 220. 51 Kan, The US Cold War policy and the Colombo Plan, S. 184-186. 52 Thailand wurde im selben Jahr auch Colombo-Plan-Mitglied. 53 Position Paper - The Military Role of Australia and New Zealand 1951 NARA RG 59 250/51/25/04. 54 Mit entscheidend für die grundlegend andere Wahrnehmung von SEATO im Vergleich zu bereits bestehenden ANZUS-Abkommen von 1951 war das deutlich umfassendere regionale Konzept und die auch sprachliche Anlehnung an die NATO. Gleichzeitig band das Abkommen die USA nun auch formal an die Region und wich damit zumindest teilweise von der bisherigen Linie der Externalisierung der Situation angesichts der innenpolitischen Vorbehalte ab. Vergleiche auch ebd., S. 186.

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durch die Einführung des pazifischen Defensivbündnisses sämtliche ColomboPlan-Mitgliedsländer auch formal sicherheitspolitisch an die USA zu binden: Die ökonomisch-ideologische Erschließung durch Wirtschaftshilfen und Stipendienprogramm sollte damit nun in politisch sichtbare imperiale Zugehörigkeiten zum Westblock verwandelt werden und somit ein ‚Ebenenwechsel‘ der Erschließung erfolgen.55 Gegen diese Vereinnahmung erhob sich – vor allem aus den nichtCommonwealth-Ländern des Colombo-Planes – teils vehementer Widerstand, der auch angesichts ihrer (theoretischen) Wahloption der Zugehörigkeit zum Einflussbereich der Sowjetunion erfolgreich war. Die SEATO umfasste neben den ohnehin ‚pro-westlichen‘-Akteuren lediglich die in kolonialer Tradition stehenden Länder Südvietnams und der Philippinen – und somit aus dem Feld der als politisch zu erschließende Akteure lediglich Kambodscha und Laos. Regionale Großmächte von amerikanischen Interesse56 wie Indien, Indonesien oder auch Pakistan gehörten dem Abkommen nicht an, und waren auch trotz der unveränderten Zugehörigkeit zum Colombo-Plan nicht bereit, zumindest einen Beitritt in Aussicht zu stellen. Die neue Stärke dieser Akteure ‚zwischen den Machtblöcken‘ wurde damit offenkundig und das Erreichen einer Art ‚augusteischer Schwelle‘57 der imperialen Erschließung über die Universität den USA augenscheinlich verwehrt. So scheiterten die USA letztlich trotz ihrer intensiver Bemühungen mit dem Anliegen, alle Colombo-Plan-Teilnehmerstaaten in ein pro-westliches Verteidigungssystem einzubinden und aus dem sehr losen Imperium by proxy über den Umweg der gemeinsamen Verteidigungspolitik ein indirektes Empire zu formen. Die Wahrnehmung des Colombo-Planes bei den Empfängerländern als unverbindliches Instrument einer losen Reintegration des Commonwealth war verflogen, und der Versuch, die über den leicht zugänglichen, nach außen hin nicht an amerikanischen Interessen ausgerichteten Colombo-Plan auch tatsächlich eine Zuordnung zur USA zu erreichen, war damit fehlgeschlagen.58 Auch in Australien zeigte die Bindung der SEATO Wirkung: Anders als von den USA erwartet, war die australische Einfügung in das Modell der imperialen 55 Tarling, Southeast Asia and the Great Powers, S. 205. 56 Vergleiche hierzu auch Seite 88. 57 Siehe Fußnote 65. 58 Ebd., S. 205. Interessanterweise hätte sich bei einem Erfolg des Programms zumindest theoretisch die Möglichkeit ergeben können, dass die Verhandlungsführer der anderen Colombo-Plan-Staaten zumindest in ihren Beraterstäben auf Absolventen ebenjenen Abkommens hätten zurückgreifen können. Ob tatsächlich solche Überlegungen eine Rolle gespielt haben und die Abwesenheit ebenjener Geförderter mit zum Ende des Programms beitrugen, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.

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Erschließung längst nicht im selben Maße von ideologischen wie realen sicherheitspolitischen Motiven getragen worden. Der daher bisher vornehmlich aus sicherheitspolitischen Erwägungen getragenen Konformität des australischen Handelns fehlte durch die Einführung eines ‚harten‘ Militärbündnisses nun vergleichsweise kurzfristig eine entscheidende Triebfeder, die wie gezeigt auf die diverse Interessenslage in Australien zunehmend disziplinierend gewirkt hatte.59 Dies führte in Konsequenz zu einer Schwächung der Position des australischen Außenministeriums in der inneraustralischen Auseinandersetzung – es fehlte von nun an schlichtweg das bisher einigende Gefahrenpotential. Somit wirkte die Außenpolitik letztendlich in das Stipendienprogramm zurück: Die große „relief“60, die man in Canberra nach der SEATOBeschlussfassung verspürte, wirkte mit zeitlichem Versatz auch auf die politischen Prozesse im Kontext des Stipendienprogramms. Waren die Vorbereitungen zur Umsetzung der Reformen hinsichtlich der Durchführung schon weit gediehen, erhielt dabei vor allem das finanzielle Argument, was beim Wandel von der Massen- zur Elitenförderung eine Rolle spielte, neues Gewicht. Durch die unerwartet schnelle Kodifizierung des Beistandsversprechens konnte man in Australien nun mehrere Probleme zugleich lösen: Geringere Studierendenzahlen entlasteten das Budget und senkten die Konfliktherde im Umgang mit antiasiatischen Ressentiments, der Konflikt zwischen Innen- und Außenpolitik nahm sichtbar an Schärfe ab und die Universitäten hatten von nun an tatsächlich akademische und weniger politische Aufgaben und senkten damit das politische Druckmittel gegenüber dem Staat. Parallel zu dieser Entwicklung hatte angesichts des nahenden Endes des ersten Sechsjahresplanes eine Bestandaufnahme der erreichten Ziele stattgefunden, die allem Willen zur Reform zum Trotz zu einer Abkehr von der bisherigen Ausrichtung der Politik führen sollte.61 Wirksam wurde dieser Wandel auch im Umgang mit dem bereits erwähnten Commonwealth Scholarship and Fellowship Plan (CSFP), der den in den Debatten schwelenden Konflikt der Vorjahre beendete.62 Denn die spätestens mit SEATO formalisiert zugesagten Schutzmachtrolle der USA bedeutete einen Wandel im politischen Abwägungsprozess, in welchem die Kosten nun die (schon eingetroffenen) Erträge übertrafen. Auch angesichts der politischen Aufweitung des Colombo-Planes über das Commonwealth hinaus und der damit implizit 59 Notes on Military Staff Talks on the Defence of South East Asia between United States, France and United Kingdom 1954-55 NAA A5954 2301/3. 60 Bell, Dependent Ally, S. 140. 61 United States of America Relations General Review 1959 NAA A1838 250/7/1B. 62 Vergleiche hierzu auch das Kapitel zur inneraustralischen Friktion zwischen Innenund Außenpolitik, S. 139.

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vorgenommenen Abwertung des ideologischen Erschließungsgedankens zu Gunsten einer ökonomische Strategie sank der Druck auf Australien, sich in dieser Hinsicht konform zu verhalten, was gerade in den ab 1953 eine zunehmende disziplinierende Rolle in der Auseinandersetzung zwischen Innen- und Außenpolitik gespielt hatte. Somit beendete die Gründung der SEATO unintendiert sowohl auf der Ebene des imperialen Zentrums (durch den Fehlschlag der Konvertierung der Verbindung in sichtbare Zuerkennungsmodelle) wie der umsetzenden Peripherie (durch den Wegfall der motivationalen Triebfeder) das weitere Interesse an einer ideologischen Erschließungspolitik in Australien für die Region über die Universität.

Imperialer Strategiewandel

A MERIKANISCHE S TRATEGIE

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Doch nicht nur die Unmöglichkeit einer Transformation des Einflusses in Form der SEATO ließ das Interesse in Washington erlahmen. Die zunächst erhoffte Stabilisierung Süd- und Südostasiens in Antikommunismus und unidirektional gedachte Westbindung in Form der Systempenetration war auf allen Ebenen ausgeblieben: Weder waren zahllose pro-westliche Change Agents in die Region zurückgekehrt, noch hatte sich das politische Engagement in Form einer Kooperation ausgezahlt. Darüber hinaus hatte die erwünschte ‚Maskierung‘ der bisherigen amerikanischen Hilfen durch Umdeklarierung in den Colombo-Plan zu dem überraschenden Effekt geführt, dass der direkte Einfluss der USA in der Entwicklungszusammenarbeit der Region faktisch zurückgegangen war. Aus Sicht der Empfängerländer hatten die USA schließlich ihre expliziten Zuwendungen sowohl für die einzelnen Akteure wie auch in der Summe reduziert.1 Stattdessen formierten sich auf politischer Ebene in der Region zunehmend eigenständige Akteure ‚zwischen‘ Ost und West, die aktiv den Kontakt zur Sowjetunion und China, wie aber auch den USA in Vertretung vornehmlich ihrer eigenen Interessen suchten. Am deutlichsten an der Rolle Indonesiens unter Sukharno sichtbar, entwickelten sich daher die eigentlich geopolitisch zu erschließenden Räume zunehmend zu eigenen Akteuren, die beide Machtblöcke erfolgreich gegeneinander ausspielten.2 Und nicht zuletzt hatte sich auch die ursprüngliche politische Herausforderung geändert – statt der bisher befürchteten Einigung der beiden kommunistischen Großreiche, die nicht eingetreten war,

1

NARA RG 59 250/41/11/7 Box 5533.

2

Gaiduk, A Peace Offensive Between the Two Wars, S. 201.

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ging es nun darum, im Sinne der Containment-Strategie3 bereits frühzeitig ein Ausgreifen des Kommunismus, egal welcher Provenienz, zu vermeiden und dies auch durch eine weniger zurückhaltende Politik mit Instrumenten aus dem Bereich der ökonomischen und militärischen Macht zu hinterlegen.4 Hierbei standen insbesondere Japan5, wo 1954 durch Neuwahlen eine sowjetfreundliche Regierung an die Macht gekommen war, sowie Afghanistan, welches sich zum neuen Ziel sowjetischer Außenbeziehungen entwickelt hatte, im Zentrum.6 Die damit verbundene Überlegung, den Colombo Plan unter Ausweitung auf beide Länder und in Rückkehr zu den grundlegenden ökonomischen Prinzipien als antikommunistisches Werkzeug zu verwenden, musste langfristig zu einer Schwächung der Rolle Australiens sowie des Stipendienprogrammes führen: Mit der Entscheidung, über die bilateralen, wirtschaftlichen Hilfen des Colombo-Plan Japan politisch eine antikommunistische Perspektive zu bieten und gleichzeitig aus der Gefahr einer chinesischen Annäherung zu lösen, rückte das Förderprogramm (und Australien) in der Strategie in den Hintergrund. Gleichzeitig verloren mit der kommenden Stärkung der ökonomische Verflechtung in Afghanistan mittels des Colombo-Planes die bisherigen ideologischen Motive ihren Einfluss. Beide Faktoren zusammen führten dazu, dass die bisherigen geostrategischen Vorteile Australiens – die Nähe zu Süd- und Südostasien sowie die die ideologische Verwurzelung im ‚Westen‘ – in der nun wieder vornehmlich ökonomisch gedachte Erschließung durch die Sachlieferungen des Colombo-Planes nach 1960 keine Rolle mehr spielten.7 Die bereits angedachte Ausweitung auf eine ökonomische Förderung einer Vielzahl afrikanischer Länder in den Folgejahren ließ jegliche Hoffnungen auf ein Wiederstarken der australischen Rolle illusorisch erscheinen. 8 Ganz nebenbei wurde spätestens in den Verhandlungen um SEATO auch das neue amerikanische Primat im Abkommen vollends offenbar – sehr zum Missfallen der ursprünglichen asiatischen Commonwealth-Mitgliedsländer, die gegen eine weitere ‚Amerikanisierung‘ und imperiale Einordnung fundamentale Vorbehalte äußerten, die sie dank der real existierenden Alternative einer Ostorientierung und der (noch) fehlenden Bereitschaft zur militärischen Expansion auch nutzten. Der aus britischer Tradition hervorgegangene Colombo-Plan war binnen 3

Vergleiche hierzu auch die politische Aufwertung der sog. Dritten Welt und Südostasiens in NSC 5602 ab 1957.

4

Kan, The US Cold War Policy and the Colombo Plan, S. 182.

5

Ebd., S. 178.

6

Gaiduk, A Peace Offensive Between the Two Wars, S. 201.

7

Kan, The US Cold War Policy and the Colombo Plan, S. 181.

8

Ganz allgemein in NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5522.

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weniger Jahre zu einem Instrument amerikanisch-westlicher Außenpolitik geworden, wobei der erhoffte Erfolg aus amerikanischer Perspektive allerdings ausblieb. Sichtbarstes Zeichen des Endes der britischen Position in der Region war das Ausbleiben von Protest aus London gegen die Expansion über den Commonwealth und das Sterling-Gebiet hinaus,9 der nun in direkter Konkurrenz zu den Grundlagen des britischen Empires stand.10 Anders als noch 1950, als man zwar auf amerikanisches Geld angewiesen, eigene amerikanische Wünsche nach wirtschaftliche Vernetzung aber scharf zurückweisen konnte, blieb nun nur noch der Rekurs auf die special relationship der beiden Länder sowie der Wunsch nach der Dokumentation des ersten Sechsjahresplanes einem großangelegten Filmprojekt, was die bis dahin erzielten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritte des Colombo-Planes öffentlich gezeigt hätte und den britischen Beitrag prominent würdigen sollte.11 Darüber hinaus wurde man sich im State Department mit dem Ende des ersten Planungsabschnittes aber auch der Probleme einer Implementierung über einen Proxy gewahr: Die vorsichtige Frage nach der tatsächlichen Existenz eines gemeinsamen Anliegens (‚shared mission‘) aller Beteiligten des Top-DownModells, welches über die Fragen militärisch-politischen Überlebens und der Kooperation zur Erreichung dieses Zieles hinausging, rührte an einer der Voraussetzungen des amerikanischen Colombo-Plans. 12 Auch wenn der Rückgriff nicht ausdrücklich erfolgte, so liegt es nahe, die polemische Aufforderung nach dem „put up or shut up“13 im State Department als Hintergrund der Handlungsempfehlungen der Neufassung der amerikanischen Politik in der Region zu verstehen. Die Alternative, das Engagement in Asien mittels des Colombo-Planes entweder an Stelle der bisherigen Auslagerung zum Kernelement amerikanischer Außenpolitik zu machen und dafür auch eigene, ökonomische Ressourcen im großen Maßstab bereitzustellen, oder sich aus der Region vollkommen zurückzuziehen stellte aber insofern keine reale Entscheidungssituation dar, als dass ei-

9

Auch sichtbar im Wegfall der Denomination ‚Commonwealth‘ im Abkommen.

10 Gerold Krozewski, Britain and the Reordering of Overseas Aid, 1956-64. From Colonial Development Finance to Assistance to Souvereign States, in: Shigeru Akita/Gerold Krozewski/Shōichi Watanabe (Hrsg.), The Transformation of the International Order of Asia. Decolonization, the Cold War, and the Colombo Plan (Routledge Studies in the Modern History of Asia 97), New York 2015, S. 143–158, S. 152-153. 11 Summary NA DO 35/8784. 12 The Role of Australia and New Zealand NARA RG 59 250/51/25/04. 13 Allgemein in NARA RG 59 250/40/18/1 Box 4133.

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ne vollkommene Beendigung des Engagements undenkbar erschien.14 Die Fortführung der Auslagerung der eigenen politischen Ziele an einen nur eingeschränkt verlässlichen Proxy dagegen hatte auch nicht zum gewünschten Ziel geführt, so dass als einzige Alternative ein nun verstärktes direktes Engagement zur Auswahl stand. Die Probleme, die sich durch die Verteilung der Umsetzung auf viele unkontrollierbare Akteure ergeben hatten, mussten demnach durch eine stärkere Zentralisierung und die Abkehr vom bisherigen subsidiären ProxyModell gelöst werden. In Konsequenz hatte dieser Wandel der bisher stabil gebliebenen zugrundeliegenden ideologisch fundierten imperialen Strategie Auswirkungen auf alle Elemente der Umsetzung: Für die Universität, die bisher als Träger einer ideologischen Strategie hervorragend geeigneter Maßnahmenort war, blieb in einer ökonomische Planung kein Platz. In Verbindung mit den erwähnten Vorbehalten in Australien gegenüber einer Fortführung des kostspieligen Programms führte dies trotz der formalen Verlängerung des Abkommens nach Ablauf des ersten Sieben-Jahres-Planes zu einem Ende des politischen Konzepts für das Stipendienprogramms an den australischen Universitäten.

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Die in der zweiten Hälfte 1957 mit dem Ende des ersten Sechsjahreszeitraums vom Colombo-Plan Abgesandten Singapurs getroffene, zugespitzte Feststellung dass das Abkommen im Ganzen und sein Stipendienprogramm im Besonderen „a waste of time and money“15 seien, lässt sich zwar weder im State Department noch im australischen Außenministerium nachweisen, jedoch dürfte die Wahrnehmung des Vertragswerks und seiner Erfolge auch dort nicht signifikant unterschiedlich gewesen sein, auch wenn die Gründe hierfür deutlich unterschiedlich waren: Das Ausbleiben jeglichen gewünschten Erfolges bis dahin scheint trotz der weniger deutlichen Wortwahl Konsens aller beteiligten Parteien gewesen zu sein.16 Für den USA hatte sich keine der ursprünglich intendierten Ziele hinsichtlich der Ausbildung von Multiplikatoren oder Eliten erfüllt, das intendierte rasche Wirtschaftswachstum war allenfalls durch die Nachfrage des Korea- und Indochinakrieges generiert worden und der sowjetische Einfluss eher größer als

14 NARA RG 59 250/40/18/1 Box 4133. 15 zitiert nach White, 'A Waste of Time and Money'?, S. 72. 16 Vergleiche auch Memorandum of Conversation NARA RG 59 250/43/8/5 Box 3832.

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kleiner geworden.17 Und das, obwohl aufgrund der inhaltlich zunächst bedingungslosen Unterordnung Großbritanniens als innerwestlichem Gegenspieler die USA zur Implementierung ihrer Ziele im Rahmen des Colombo-Planes so gut wie keinen Widerstand erfahren hatten. Die zeitgenössische Wahrnehmung im State Department des Stipendienprogramms als „Fehlschlag“18 wurde auch nicht durch Überlegungen dahingehend beruhigt, dass durch die Schaffung eines prowestlichen Netzwerkes durch Bildung unabhängig vom Erfolg dies die einzige plausible Möglichkeit für einen Ausweg aus dem grundlegenden Legimitätsdilemma demokratischer Imperien (und dabei insbesondere der USA19) geboten habe. Genauso standen in Australien Aufwand und Ertrag nach dem SEATOBeitritt unter kritischer Betrachtung: Die Sicherheitszusagen waren erfolgt, eine weitere innenpolitisch schwierige Durchführung des Stipendien-Programmes stand daher in der Kritik. Medienberichte über den Umgang mit australischen Sachlieferungen, insbesondere Lokomotiven, die angeblich in den Einsatzländern aufgrund Personalmangels verrotten würden, taten ihr Übriges dazu, den Colombo-Plan als Fehlschlag einzuordnen.20 Grundlegend für die Ernüchterung scheint vor allem der fehlende ‚kurzfristige‘ Erfolg des Programms. Daraus resultierte die Erkenntnis, dass es sich mit der Etablierung einer informellen Bürokratie um eine enorm langfristig angelegte Strategie handelte, die unter den gegebenen Umständen der Dynamik (und vermutlich auch der politischen Abläufe modernder Demokratien) nicht durchführbar war. Dass die Erwartungen in dieser Hinsicht überzogen gewesen waren, überrascht allerdings – denn die Langzeitigkeit in den Überlegungen war den Planern allerdings in der Anfangszeit bereits klar gewesen: „One long range idea [Hervorhebung durch den Autor] that has considerable appeal to me would be the establishment by the U.S […], of a huge center of learning in the area.“21 Dieses Bewusstsein um die notwendige (zeitliche) Ausdauer für einen Erfolg scheint im Verlauf der Durchführung verloren gegangen zu sein – und angesichts der Verschärfung des Ost-West-Konflikts wurde die Kritik an den ausbleibenden Erfolgen und dem mangelnden direkten Einfluss immer deutlicher. Damit traten auch die zunehmenden Differenzen zwischen den entscheidenden westlichen Akteuren deutlich hervor. Die temporär vereinten Interessen von Großbritannien, den USA und den Commonwealth-Ländern (vor allem Australien) waren bis zum Ende des ersten Sechsjahresplanes 1957 langsam, aber sicher wieder ausei17 Gaiduk, A peace offensive between the two wars, S. 212. 18 Memorandum of Conversation NARA RG 59 250/43/8/5 Box 3832. 19 Schwabe, Weltmacht und Weltordnung, S. 88. 20 Consultative Committe Notes NAA A694 B278 PART 13. 21 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5523.

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nander gefallen. Für Australien zeichnete sich darüber hinaus ab, das mit der Schaffung des Systems der (politisch schwachen) ‚blockfreien Staaten‘ ab 1961 nördlich von Australien ein neuer Puffer zwischen dem Land und dem chinesischen und sowjetischen Kommunismus entstanden, der im Außenministerium für eine aus sicherheitspolitischer Perspektive wahrgenommene Entspannung der Situation sorgte. Neben außenpolitischen Überlegungen und einer veränderten Perspektive trug zu der Entscheidung eines Rückzugs aus der ideologischen Erschließung auch bei, dass das sehr lockere Modell der informellen Bürokratie ganz offensichtlich zu wenig direkten Einfluss bot – die Planer in Washington hatten neben der Unterschätzung der langen zeitlichen Perspektive, die die Etablierung eines solchen Systems benötigte, auch den unmittelbaren Einflussrahmen überschätzt und auch ganz offensichtlich in Unkenntnis der infrastrukturellen und personalen Realitäten der Universität vor Ort gehandelt.22 Die als Plattform angelegte liberale ‚Universalie‘ Universität war auch bei den Architekten der Planung so aufgefasst worden und hatte unter anderem die typologischen Unterschiede zwischen britischen und amerikanischen Undergraduate-Studiengänge ignoriert, genauso wie die Planer vielfach wohl eigene Erfahrungen von akademischer Sozialisation generalisierten. Diese informationelle Asymmetrie zwischen Planern und Akademikern (im Sinne von an Universitäten wissenschaftlich Tätigen) führte schließlich zu einem Fehlschlag im unmittelbaren Sinne der ursprünglich angedachten Konstruktion, auch wenn einzelne Akteure und nicht zuletzt die Stipendiaten selbst vom Programm deutlich profitierten. So musste man zusätzlich zu den missglückten politisch-imperialen Ambitionen mit der SEATO auch hinsichtlich der Systempenetration ein Scheitern festellen: „there […] seems to be not the slightest change […] or improvement…“23. Die Vorteile des informellen Systems by proxy (vergleichsweise leichte Systempenetration, geringere Kosten sowie eine erhöhte Flexibilität) schienen die Nachteile (vor allem die unkontrollierbar wirkenden Dynamiken vor Ort sowie der lange zeitliche Versatz zwischen Aufwand und möglicher Reaktion) nicht (mehr) aufzuwiegen.24 Das Stipendienprogramm hatte sich dabei aus amerikanischer Sicht als ganz besondere „Verschwendung“25 unter Berücksichtigung von Aufwand und unmittelbarem Ertrag herausgestellt. Die erhofften formalisierten Kooperationsmodel22 NARA RG 59 250/41/11/6 Box 5525. Zur Problematik der zeitlichen Perspektive siehe auch NARA 250/50/01/01 Box 7. 23 NARA 59 250/41/25/7 Box 1742. 24 Perraton, International Student Mobility: Lessons from the Commonwealth Scholarship and Fellowship Plan, S. 181. 25 zitiert nach White, 'A Waste of Time and Money'?, S. 72.

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le waren ausgeblieben. Für Australien dagegen fällt es aus politischer Perspektive schwer, von einem Fehlschlag zu sprechen, auch wenn die erreichte SEATOKooperation nicht kausal mit dem Colombo-Plan verbunden war. Die angestrebte Einbindung der Nuklearmacht USA in das Sicherheitskonzept war erfolgt, auch trotz der gewaltigen Umsetzungsprobleme des Stipendienprogramms. Für die Zukunft allerdings schien ein weiteres Engagement nun tatsächlich ‚a waste of time and money‘ zu sein – legt man ein weiterhin fehlendes ideologisches Interesse an einer ‚Liberalisierung‘der Region im amerikanischen Sinne zugrunde. Darüber hinaus zeigte sich auch bald, dass auch das Modell der imperialen Systempenetration durch Eliten nicht die erhofften, schnellen Ergebnisse lieferte: Die mit der Reform verbundenen Erwartungen blieben unerfüllt – statt einem unmittelbaren Aufstieg der ehemaligen Geförderten in Spitzenfunktionen der Bürokratie der jeweiligen Länder verschwanden die erfolgreichen Absolventen in ‚normalen‘ Laufbahnen oder wurden sogar in einzelnen Fällen von Vorgesetzten und Verwandten kritisch beäugt.26 So wirkt die weiter zugrunde gelegte Annahme, dass die Länder der Region bereitwilligst ihre prospektiven Eliten auch weiterhin freiwillig nach Australien reisen lassen würden, angesichts der zunehmenden Ost-West-Situation und der neuen Position der Stärke der blockfreien Staaten nur dann nachvollziehbar, wenn man bei den handelnden Akteuren allen Erfahrungen zum Trotz weiterhin ein von individualliberalen Werten getragenes Gesellschaftsmodell in der Region voraussetzte, in welchem die prospektiven Geförderten eigenständig die Entscheidung zur Teilnahme anhand von individuellen Präferenzen trafen. Ganz im Gegensatz hierzu entwickelte sich das Programm in einzelnen Fällen von nun an eher zu einer Art ‚exklusivem Freizeitprogramm‘ als zu einem Instrument imperialer Systempenetration, das die Entsendeländer als ‚Belohnungsinstrument‘ oder zur Entsendung eigenen Personals nutzten. Hierfür sprechen einige, sicherlich außergewöhnliche Fällen, wie unter anderem der Weiterqualifikation von Luftfahrtexperten mit Berufserfahrung 1957 an der Universität Melbourne. Diese nutzten nach Einschätzung der Beobachter den halbjährigen Studienaufenthalt vornehmlich hinsichtlich gemeinsamer Freizeitaktivitäten wie intensiven Strandbesuchen, wie man in Canberra ernüchtert feststellen musste.27 Ähnliches musste man in Adelaide konstatieren, wo das Außenministerium zusammenfassend die Beobachtung machte, dass die Mehrzahl der nun entsandten Studierenden tatsächliche „troublemakers“28 in ihren Heimatländern gewesen seien, die auch dort angeblich als Akteure für politi-

26 Interview mit A. Mahrabi, Bangalore, Indien, 11.05.2014 27 NAA 1838 2020/1/12 Part 1. 28 Student’s reports 1957 NAA A1838 2045/9 Part 2.

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sche Unruhe sorgten.29 Eine ‚Immunisierung‘ oder gar prowestliche Ausbildung schien damit in weite Ferne gerückt: Es zeigte sich dabei eher, dass die Hochphase politischer Erwartungen an das Stipendienprogramms bereits vorbei war. Die den Überlegungen zugrunde gelegte Idee einer ‚liberalen Erweckung‘ hatte sich als zumindest brüchig erwiesen und die weitere Fortsetzung des Programms erschien daher wenngleich aus sehr verschiedenen Gründen für alle beteiligten westlichen Akteure als ein ‚waste of time and money‘.

A UFSPLITTERNDER K ONSENS Trotz der breiten Ernüchterung hinsichtlich der nur leidlichen Fortschritte im Stipendienprogramm war die Verlängerung des Colombo-Planes mit dem Zwischenbericht 1953 sowie dem Abschluss des ersten Planungszeitraums 1957 angesichts der sichtbaren Erfolge der politischen Ausweitung (auch gerade im Gegensatz zu anderen Optionen wie dem ECAFE) wenig überraschend und tatsächlich eher Formsache.30 Diese Weiterführung des Programmes bezog sich vornehmlich auf die ökonomische Kooperation, die unter anderem mit dem Beitritt Japans als Integrationsleistung in den Westen seine Möglichkeiten zur politischen Tragfähigkeit gezeigt hatte,31 während das ideologisch gedachte Stipendienprogramm aus Sicht der politisch handelnden Akteure hinter den Erwartungen zurückgeblieben war. Doch auch die geostrategisch begründeten Wachstumsperspektiven waren nicht geeignet, mit dem Stipendienprogramm auf eine erfolgreiche Zukunft zu setzen. Angesichts der geplanten, weiteren Ausweitung auf Länder wie Afghanistan, den Iran oder auch Südafrika32 war klar, dass der bisherige regionale Vorteil Australiens zunehmend an Einfluss verlor. Für Australien wurde der Colombo-Plan damit bis spätestens 1960 wieder das, was er für die meisten anderen Geberstaaten durchwegs war: Ein Programm zur technischen Kooperation und zur Entwicklungsförderung, in dem auch, aber nicht nur antikom-

29 Eine Bestätigung dieser Aussagen oder gar eine Konkretisierung der Verhaltensweisen der angeblichen ‚troublemakers‘ ließ sich leider nicht erzielen; soweit ersichtlich liegen in den Universitätsarchiven keine entsprechenden Berichte über konkrete Verfehlungen vor. Da zeitgleich das politische Interesse am Colombo-Plan innerhalb Australiens ohnehin deutlich zurückging, wurden die Probleme ganz offenbar auch nicht mehr weiter verfolgt. 30 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 17 und 19. 31 Japan Colombo Plan NAA A1838 3103/9/3/3. 32 NA FO 371/125323.

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munistische Ideen über eine ökonomische Aufwertung der Region verfolgt wurden.33 So erlahmte auf allen Seiten trotz der Reformbemühungen 1955 und der kurz zuvor vollzogenen Veränderungen im Umgang mit den Studierenden um 1954 das Interesse am Stipendienprogramm des Colombo-Plans. Ohne das Abkommen formal zu beenden, rückte der politische Aspekt der Förderung sowohl auf australischer wie auch auf amerikanischer Seite einfach in den Hintergrund und wandelte sie damit endgültig von einem politischen zu einem wissenschaftlichen Förderinstrument.34 Die in Konsequenz 1961 vollzogene Auslagerung der Verantwortung für die Durchführung des Colombo-Plans in Australien vom Außenministerium an das neu geschaffene Bildungsministerium illustrierte damit als ‚Schlusspunkt‘ die veränderte Wahrnehmung trotz der erfolgten Verlängerung des Abkommens. Das Programm war – in letzter Konsequenz der Reform von 1955 und dem Ende des amerikanischen Interesses – nun tatsächlich zu einem Instrument akademischer Begabtenförderung statt der politischer Massenbildung geworden, die folgerichtig nun auch im Kontext des Bildungsministeriums verortet wurde.35 Für die verschiedenen Akteure ergaben sich damit neue Handlungsoptionen, die die auseinanderlaufenden politischen Interessen und auch eine Verschiebung der Machtbasen deutlich machten. Die USA intervenierten ab 1965 zunehmend militärisch direkt in Vietnam und Südostasien36 und beendeten damit auch den ausschließlichen Versuch des informellen Kampfes by proxy um die hearts and minds in Asien. Die Auseinandersetzungen in der Region sollten Washington noch auf Jahre hin beschäftigten und veränderten die Auseinandersetzungen zwischen den Ideologien. Sowohl die Sowjetunion wie auch die USA selbst griffen nun militärisch in Konflikte ein. Großbritannien dagegen verlor in der Suezkrise im November 1956 den direkten Zugang nach Süd- und Südostasien. Nachdem auch 1963 mit einem (vorerst) letzten Versuch militärischer Präsenz im Kontext der Federation of Malaysia das Empire vergeblich versucht hatte, seine Ansprüche (unter Beteiligung Australiens und in Kooperation mit den USA) durchzusetzen, war die folgende Beendigung der militärischen Unterstützung der An33 Ganz nebenbei illustriert dabei der im Auftrag des australischen Außenministeriums 2004 herausgegebenen Quellenband Australia and the Colombo Plan 1949 - 1957 mit dem gewählten Ende des Dokumentationszeitraums 1957 auch das Ende des spezifisch australischen politischen Erschließungsprogrammes, was dem Stipendienprogramm des Abkommens in allen Ebenen der Verwaltungen deutlich größere Wichtigkeit zuerkannte, als die rein finanziellen Aufwendungen vermuten ließen. 34 Colombo Conference NAA A816 11/301/720. 35 NAA A1362 1960/81 Part 1. 36 Helbardt/Korff, Staatenbildung in Südostasien, S. 428 sowie Karnow, Vietnam.

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sprüche nur Konsequenz eines fast fünfzigjährigen Rückzugs.37 So erklärte London zwar erst 1968 mit der berühmten East-of-Suez-Entscheidung das Ende seiner Ansprüche als zentrale Ordnungsmacht der Region, vollzog damit aber lediglich das politisch schon längst Realität Gewordene nach. In Australien folgte 1966 Harold Holt dem abgewählten Menzies als australischem Premierminister ein nun dezidiert pro-amerikanischer Politiker, der die verbliebenen politischen Verbindungen nach London reduzierte.38 Die Länder Süd- und Südostasien schufen mit der ‚Gemeinschaft blockfreier Staaten‘ eine Konstruktion, die die eigenen Interessen zwischen den beiden Machtblöcken besser vertreten sollte und wandelten sich in der Asian Emergence zu zunehmend politisch eigenständigen Akteuren. 39

37 Goldsworthy, Losing the Blanket, S. 8. 38 Ebd., S. 8. 39 McMahon, Colonialism and Cold War, S. 9-14.

Imperiale Langzeitfolgen (1968-2013)

Ademola ADELKE schlussfolgert in seiner Arbeit zum Colombo-Plan, dass es nur selten eine Kongruenz zwischen den amerikanischen Zielen im Kalten Krieg und den imperialen Interessen Großbritanniens gegeben habe.1 Dem ist insofern zuzustimmen, als das sich die grundlegende Hoffnung Großbritanniens auf eine Identität der beiden Ziele nicht nur nicht erfüllte, sondern der britische Einfluss tatsächlich immer weiter zurückging. Gleiches gilt aber auch für die amerikanischen Annahmen hinsichtlich übereinstimmender Interessen Australiens und der USA in der Durchführung des Colombo-Planes. Die angenommene Kongruenz von australischen und amerikanischen Interessen in einem externalisierten Programm imperialer Erschließung war ebenso wenig vorhanden wie die zwischen Großbritannien und den USA. Die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Akteure fanden tatsächlich nur für eine kurze Zeit eine gemeinsame Ausdrucksweise im politisch-ideologischen Element des Colombo-Plan: Und trotz dieser lediglich beschränkten Kooperation lässt sich ein langfristiger Einfluss des – trotz allem – nur recht kurzlebigen politisch gedachten Stipendienprogramms von 1951 bis 1956/57 feststellen. Im Folgenden sollen schlaglichtartig einige der langfristigen Konsequenzen des Stipendienprogramms des Colombo-Planes verdeutlich werden, die sich sicherlich nicht immer monokausal auf das Abkommen zurückführen lassen, doch von ihm maßgeblich beeinflusst wurden. Die Auswirkungen sind dabei auf verschiedenen Ebenen zu finden. Zunächst rückte Australien im Verlauf des Programmes mit seiner Politik näher an die USA heran und löste sich – in Grenzen – aus der Bindung an Großbritannien. Auch stieg Australien durch die geknüpften Netze zu einer Art ‚kleinen Imperialmacht‘ in der Region auf. Darüber hinaus profitierten insgesamt über 2.000 geförderte Studierende von überdurchschnittlich guten Ausbildungsbedingungen und die australischen Universitäten

1

Adeleke, Playing fairy Godfather to the Commonwealth, S. 407.

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von dem finanziellen Zugewinn, der durch die zusätzlichen Studierenden erst ermöglicht wurde: Der Aufstieg von akademischer Bildung zu einem der wichtigsten Exportgüter der australischen Wirtschaft. Die Folgen dieser Entwicklungen, die 1957 beim Ende der politischen Ambitionen noch gar nicht sichtbar waren, sollen daher im Folgenden im Hinblick auf die Frage nach dem ‚Erfolg‘ imperialer Politik im weiteren Sinne im Zentrum stehen.

D ER

UNBEMERKTE

W ANDEL

Wenngleich sich die verschiedenen Akteure in Asien zunächst anders als erwartetet und erhofft entwickelten, so kam es an andere Stelle zu einem imperialen Annäherungsprozess, der allerdings – wohl auch weil er nicht Bestandteil der Planungen des Colombo-Planes war und daher gar nicht im Zentrum der Beobachtungen stand – in den amerikanischen Quellen nicht einmal erwähnt wurde: Der imperiale Wandel des hegemonialen Bezugraumes in Australien. Denn im Rahmen des Stipendienprogrammes des Colombo-Planes erfolgte eine zumindest teilweise unmittelbar bedingte Herauslösung des Landes aus dem britischen Imperialverbund und damit eine erfolgreiche Empire-to-Empire-Transition des eigentlich ‚nur‘ als Plattformregion vorgesehenen Landes. So wurde Australien im Verlauf der 1950er und 1960er Jahre einer der engsten Bündnispartner der USA, während sich die eigentlichen Adressaten der Politik, die Staaten Südund Südostasiens in Strategien der ‚blockfreien Staaten‘ organisierten.2 Die imperiale Sukzession in Australien – in der sich die USA zwar nicht sahen, aber in die sie faktisch eintraten – war um 1960 im Land anders als im britischen Commonwealth insgesamt bereits erfolgreich gewesen. Die vorliegende Studie bietet damit eine bisher unerschlossene Dimension im imperialen Ablösungsprozess, die für die Rolle Australiens in der Großregion Südostasien von Bedeutung ist. Nicht zu unterschätzen ist bei alledem der Einfluss der imperialen Absicherung in Form von diversen Universitätsstipendien für australische Nachwuchswissenschaftler: Auch wenn diese nun nicht wie geplant ab 1950 in Australien Colombo-Plan-Studierende unterrichteten, so sorgten sie für eine Multiplikatorenwirkung gegenüber den regulären Studierenden vor Ort. Ganz nebenbei wurde damit auch das bisherige britische Wissenschaftsmonopol an australischen

2

Hierfür dürfte aber die Sicherheitspolitik eine mindestens ebenso bedeutsame Rolle gespielt haben, vergleiche hierzu noch die Überlegungen im Abschnitt zur politischen Einbettung ab Seite 203.

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Universitäten aufgebrochen:3 Angesichts insgesamt zunehmender Studierendenquote und damit verbunden dringend benötigten Lehrenden in Australien hatten die USA so mittel- und langfristig eine entscheidende Ausbildungsstelle späterer australischer Eliten und Multiplikatoren innerhalb des Landes besetzt. Auch für die zunehmenden Zahlen asiatischer Studierender, welche nun auf eigene Kosten ein Studium in Australien aufnahmen, erwies sich die eigentlich als Absicherung fungierende Politik in der späteren Folgezeit der 1970er Jahre nun als deutlich einflussreicher als das Stipendienprogramm des Colombo-Plan zu seinen erfolgreichsten Zeiten. Zupass kam den amerikanischen Förderprogrammen dabei, dass sie anders als die Politik im Colombo-Plan im weitaus geringeren Maße durch ausländische und externe Institutionen getragen wurden, die sich der amerikanischen Kontrolle entzogen und hinsichtlich der von ihnen vertretenen Interessen ‚belastbarerer‘ erschienen. Darüber hinaus waren sie als globaler und weniger asienspezifischer Ansatz den Dynamiken der Region nicht im selben Maße unterworfen – und nicht zuletzt bestand bei ihnen auch nicht im selben Maße eine auf Kurzfristigkeit ausgerichtete Ergebnisorientierung wie im Stipendienprogramm des Colombo-Planes. Für diese Entwicklung spielte aber der Colombo-Plan allein nicht die entscheidende Rolle, die ihm verschiedentlich zugeschrieben worden ist.4 Doch gilt es den Einfluss des Colombo-Plan in Australien nicht zu unterschätzen: Er fungierte als eine Art Türöffner der USA in die australische Politik, die das bis heute andauernde Verständnis der Politik von ‚Kooperation gegen Sicherheit‘ begründete. Die australische Kooperation innerhalb des Vertragswerkes war durchwegs sicherheitspolitisch motiviert und die mit dem Abkommen verfolgten Ziele einer Asienorientierung wurden – vor allem in der Anfangszeit – teilweise skeptisch beäugt.5 Die politische Annäherung war damit Nebenprodukt dieser oberflächlichen Konformität. Allerdings zeigte sich nicht zuletzt in den Diskussionen um das CSFP 1960 die grundlegenden Verschiebungen, die bereits stattgefunden hatten. So brachen die Diskussionen um die imperialen Zuordnungen auch auf parlamentarischer Ebene dezidiert in der Frage der Stipendienprogramme als Repräsentanten imperialer Grundausrichtungen aus – der vormals britische Colombo-Plan war hier sichtbares Zeichen amerikanischer Politik in einer Diskussion über die australische Verortung in der Weltpolitik geworden. 3

Vergleiche auch zeitgenössisch Joseph Gani, The Condition of Science in Australian Universities, Oxford, London, New York 1963, S. 43.

4

Adelke, Ties without strings, S. 285. Vergleiche auch mit dem Fazit in Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 293 („[…] darf man die politische Wirkung des Colombo-Plans auf die Entwicklung […] in Asien nicht überschätzen […]“).

5

Spender, Exercises in Diplomacy, S. 178.

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Im Kontext der Forschung zur „Amerikanisierung“6 des Landes sind hierfür eine Vielzahl von Faktoren untersucht worden.7 Auch darüber hinaus zeigten sich Konsequenzen der imperialen Politik: Wenngleich das eigentliche Instrument zur Umsetzung amerikanischer Interessen der Colombo-Plan gewesen war, so ergab sich aus dem Eingreifen der USA in die Nachkriegswirren in Südasien und der Sonderrolle Australiens auch ein Aufstieg der ehemaligen britischen Kolonie am anderen Ende der Welt. Durch die Rolle als Umsetzungsinstanz eines geopolitischen Rahmenprogramms wurde Australien zu einer Art ‚Imperialmacht light‘, die eigene Interessen in einer geographischen Ausdehnung um sich herum wahren wollte und musste.8 Dieser Aufstieg von imperialer Randlage zu eigener (begrenzter) kleinen ‚Imperialmacht‘ vollzog sich dabei in Konsequenz einer längeren Entwicklung seit 1890, wie von Deryk SCHREUDER und Stuart WARD anhand mehrerer subtiler und kleinteiliger Veränderungen bereits nachgezeichnet.9 Australien begriff dabei zunehmend – wie sich auch an dem von 1949 an im Auftrag der UN verwalteten Territorium Papua und Neuguinea zeigte, aber auch mit dem militärischen Einsatz in der Frage der Federation of Malaysia – den Raum nördlich des Landes als legitimes Einflussgebiet der eigenen Politik. Neben dem kostenfreien Studium für die hunderte von Stipendiaten sowohl in Australien wie in den USA profitierten langfristig auch die australischen Universitäten von der Förderung.10 Dass in Australien im Jahre 2015 akademische Bildung das zweitwichtigste Exportgut darstellt, liegt unter anderem in der Öffnung der Universitäten nach Asien durch den Colombo-Plan und dem dort begründeten Kundenverhältnis begründet.11 Denn für den mit dem Förderprogramm einhergehende substantiellen Wandel der britisch geprägten Institution Universität bedeutete diese Einpassung in ein solches ‚Spiel über die Bande‘ auch innerhalb der Institution einen Wandel: Die Universitäten Australiens entwickelten für Colombo-Plan-Stipendiaten aufgrund ihrer spezifischen Verortung eine gesonderte Behandlung: Sie waren eben – im Sinne einer funktionalen Auffassung von Universität – nicht ‚nur‘ übliche Studierende, die im üblichen Rah6

R. White, A Backwater Awash. The Australian Experience of Americanisation, in: Theory, Culture & Society 1 (1983), Nr. 3, S. 108–122, hier in Übersetzung verwendet. Siehe auch Fußnote 53.

7

McLean, Australia in the Cold War, S. 301-308.

8

Adelke, Ties without strings, S. 2.

9

Deryk M. Schreuder/Stuart Ward (Hrsg.), Australia's Empire (Oxford History of the British Empire Companion Series), Oxford 2009

10 Vergleiche auch Megarrity, Regional Goodwill, Sensibly Priced, S. 96. 11 http://www.studyinaustralia.gov.au/global/why-australia (abgerufen am 1. September 2017).

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men unterrichtet und geprüft werden mussten und am System Universität partizipieren durften, sondern Mittel zur Erschließung und Sicherung einer ganzen Region, deren Kosten direkt vom Staat übernommen wurden und mit deren Bildungserfolg auch unmittelbar politische Ziele verknüpft waren. Die Universität entwickelte sich in diesem Zusammenhang zu einer Art ‚Dienstleister für Bildungsangebote‘: Die damit verbundene in Australien erstmalige Bezeichnung der Colombo-Plan-Studierenden als „Kunden“12 1958 legte damit den Grund für die spätere Vermarktbarkeit des ‚Produktes‘ akademische Bildung, wie sie sich im so genannte Jackson-Report deutlich später zeigte: Dieser identifizierte 1983 zur Zukunft der australischen Universitäten die Exportmöglichkeiten als mögliches Wachstumsfeld für die Hochschulen, wenngleich auch zunächst noch in sehr begrenztem Umfang und griff für diese Einschätzung auf die ohnehin steigenden Zahlen von asiatischen Studierenden zurück, deren Grundlage der Colombo-Plan und die Erfahrungen der Universitäten waren.13

S PÄTE E RGEBNISSE Wie bereits gezeigt, stellte sich für Zeitgenossen die imperiale Erschließung im Colombo-Plan als Fehlschlag heraus – angesichts der Tatsache, dass am Anfang der amerikanischen Überlegungen lediglich die Hoffnung auf ein nichtkommunistisches Asien stand, blieb folgerichtig angesichts der Situation wenig anderes übrig, als einen Fehlschlag zu konstatieren: „[…] the plan has yet to succeed.“14 Zwar war der befürchtete Schulterschluss zwischen dem sowjetischen und dem chinesischen Kommunismus und der Griff nach Asien ausgeblieben, aber dennoch stellte sich die Situation aus Sicht der politisch handelnden Akteure unerfreulich dar: Asien war zersplittert und politisch nicht näher herangerückt, ebenso die Ausbildung von lokalen Eliten im ursprünglich angedachten Zeitraumen offensichtlich weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, so unspezifisch die Erwartungen hieran auch gewesen sein mögen. Die britische Stärkeposition vor dem zweiten Weltkrieg war von den USA nicht ansatzweise übernommen worden und die sowohl ökonomisch wie politisch kostspieligen

12 Senate’s Minutes ANU ANUA 53 Box 830. 13 Sauer (Hrsg.), The Colombo Plan for Cooperative Economic Development in South and Southeast Asia 1951-2001, S. 8. 14 Progress Report Colombo Plan NAA 1838, 2020/1/12 Part 1.

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Kriege belasteten. Aus Sicht der Zeitgenossen gesehen, musste es sich bei dem Projekt aus Sicht der handelnden Akteure um einen Fehlschlag handeln.15 Aus imperialer Hinsicht scheint es plausibel, mit dem Ende des politischen Colombo-Plans auch eine zunehmende Abkehr der Auslagerung der amerikanischen Imperialpolitik in Asien anzunehmen. Auch als Ergebnis der schwierigen Umsetzung einer nicht direkt kontrollierbaren Politik über eine dritte Macht an der imperialen Peripherie ergaben sich Konsequenzen für die Asienpolitik der USA. Die Universität als ‚eigensinniger‘ Akteur zusammen mit der grundlegenden Problematik der der Zieldifferenz Australiens hatten die ideologie- und ökonomiebasierte imperiale Penetrationsstrategie vor das schlussendlich unüberwindbare Problem gestellt, die Dynamik der politischen Ereignisse imperialen Wachstums nicht im selben Maße in die außenpolitische Realität der Bezugssysteme transferieren zu können. Die für die Feststellung eines Erfolgs notwendige ‚imperiale Performanz‘ war ausgeblieben. Der Einsatz von Militär in Vietnam (und damit einer ungleich besser zu kontrollierende Macht) war damit auch Ergebnis dieser als unkontrollierbar empfunden Situation: Dieser bot den großen Vorteil direkter Kontrolle der ausführenden Organe, auch wenn die damit verbundenen hohen politischen und finanziellen Kosten der Kriegsführung im späteren Verlauf mindestens einer amerikanischen Regierung das Amt kosteten. Am interessantesten aber dürfte der langfristige Erfolg im ursprünglich intendierten Sinne sein. Denn das Projekt der subsidiären imperialen Penetration durch Change Agents hatte durchaus den gewünschten Erfolg – nur weitaus später und anders als angenommen. Zwar entwickelte das als informelle Bürokratie gedachte Netzwerk ehemaliger Studierender sich nicht wie intendiert als Massenbewegung, doch zeigte sich in dem weiteren Lebensweg der Individualgeförderten ein Zutreffen der grundlegenden Förderannahmen. Vornehmlich in Südund Südostasien besetzten in den 1990er Jahren überproportional viele ehemalige Geförderte16 Spitzenpositionen in Wirtschaft und Politik.17 Allerdings blieb das angedachte Netzwerk der ehemaligen Geförderten untereinander sehr wahrscheinlich18 in nennenswertem Umfang aus, oder beschränkte sich lediglich auf 15 Minutes on ANZUS Meeting NARA Lot 62 D 181 CF 920. 16 Inwiefern sie dabei tatsächlich als Colombo-Stipendiaten studiert haben, lässt sich bedauerlicherweise in einer Vielzahl der Fälle nicht mehr zweifelsfrei belegen. Da aber viele der asiatischen Studierenden australischer Universitäten zu der Zeit Stipendiaten (wenn auch nicht unbedingt ausschließlich des Colombo-Planes) waren, liegt der Schluss zumindest sehr nahe. Vergleiche hierzu insbesondere auch ebd., S. 23-55. 17 Lowe, The Colombo Plan and 'soft' regionalism in the Asia-Pacific, S. 11. 18 Es gibt weder unter den befragten Alumni noch in den untersuchten Quellen auf Hinweise über Kontakt die nennenswert über die Förderzeit hinausgingen. Ausgeschlos-

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wenige, persönliche Kontakte.19 Die naheliegende Frage, welche Rolle der Colombo-Plan für diesen Aufstieg gespielt haben mag, lässt sich dabei nicht beantworten: Das dahinterstehende ‚Henne-Ei-Problem‘ der Frage, ob nun im Stipendienprogramm bereits prospektive Führungspersönlichkeiten gefördert wurden oder ob das Stipendienprogramm aus ihnen solche gemacht hat, lässt sich nicht beantworten. Inwiefern die ehemaligen Geförderten darüber hinaus in ihrem täglichen Wirken im gewünschten Maße die durch das Studium angeblich erworbene Westorientierung zeigten, muss dahingestellt bleiben. Angesichts der deutlich einflussreicheren grundlegenden Veränderungen des imperialen Globalsystems mit dem Ende des Kalten Krieges scheinen zumindest die individuellen Präferenzen der ehemaligen Geförderten, so sie denn existierten, in Asien keine größere Rolle für die Entwicklung gespielt zu haben.20 Von den in sehr prominent in Erscheinung getretenen Führungspersönlichkeiten der Region scheint soweit ersichtlich, niemand eine Verbindung zum Colombo-Plan aufgewiesen zu haben. Die Frage nach der formalen politischen Orientierung Australiens in der Weltordnung beantwortete sich erst mit einer weiteren Verzögerung von knapp zehn Jahren. Erst 1966, mit dem sehr deutlichen Wahlsieg des neuen australischen Premierministers Harold Holt als Nachfolger des pro-britischen Robert Menzies in einer ganz auf die USA ausgerichteten Kampagne (unter dem Schlagwort des ‚All The Way With LBJ‘) endete in Australien die innenpolitische Auseinandersetzung um die zukünftige Ausrichtung.21 Dabei spielte auch die veränderte Rolle des ehemaligen Mutterlandes am anderen Ende der Welt eine Rolle: Nach dem Ende des britischen Anspruches auf die Region war eine wesentliche Hoffnung der pro-britischen Kreise auf ein erneutes Erstarken weggefallen.22 Langfristig führte Australien seine Politik der ‚Unterstützung gegen Sicherheit‘ gegenüber den USA auf dem Gebiet der militärischen Kooperation fort und waren bis zum Irak- und Afghanistan-Krieg des 21. Jahrhunderts an allen Kriegseinsätzen der USA beteiligt. Inwiefern hierfür die Erfahrungen mit dem Colombo-Plan und der durch die Kooperation erzielten Sicherheitszusage für diese Politik bis heute eine Rolle spielen, muss dahingestellt bleiben, auch wenn sen werden kann die Existenz eines Netzwerkes aufgrund der nur wenigen Interviewpartner daher nicht, sie erscheint jedoch sehr unwahrscheinlich. 19 Sauer (Hrsg.), The Colombo Plan for Cooperative Economic Development in South and Southeast Asia 1951-2001, S. 57. 20 Vergleiche hierzu vor allem die Beiträge in Albert Lau (Hrsg.), Southeast Asia and the Cold War (Routledge Contemporary Southeast Asia Series), Hoboken 2012, Part II. 21 McLean, Australia in the Cold War, S. 312. 22 Andrea Benvenuti, Anglo-Australian Relations and the 'Turn to Europe', 1961-1972 (Studies in History. New Series), Woodbridge-Rochester 2008, S. 87.

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ein solcher Schluss naheliegt. Und doch blieben bis heute post-imperiale Bindungen an Großbritannien, wie in der Frage des Staatsoberhauptes. Dass diese weiter bestehenden Verbindungen aus dem Feld der repräsentativ-politischen Sphäre stammen, was für die USA im Rahmen ihres Engagements in Australien im Colombo-Plan nur nachrangig von Bedeutung war, verweist aber auf die langfristigen Konsequenzen der für die imperiale Expansion verwendeten Machtbasis: Denn demgegenüber wurde die bis zum zweiten Weltkrieg vorhandene militärische Kooperation mit ausschließlich Großbritannien augenscheinlich vollständig durch eine Zusammenarbeit mit den USA verdrängt. Dabei spielten in der innenpolitischen Argumentation stets auch Bezüge zu einer Rolle in der ‚Freien Welt‘ eine Rolle, so dass – ohne das konkret belegen zu können – auch die hierfür notwendigen ideologischen Rahmensetzung langfristig verschoben wurden.

B ARACK O BAMA , DER ‚T URN TO THE P ACIFIC ‘ UND DER ‚N EW C OLOMBO P LAN ‘ Die ‚späten Erfolge‘ des Colombo-Plans in seiner Rolle als Elitenausbildungsinstitution auch in Australien und den USA lange unbemerkt: Erst in den späten 2000er Jahren versuchten zunächst die australischen Universitäten angesichts des Wirtschaftsfaktors ‚Bildungsexport‘ diese herausgehobenen Alumni durch dezidierte Colombo-Plan-Alumni-Treffen in der Region als Werbeträger für zukünftige Studierende und Spendengeber für die eigene Arbeit zu aktivieren.23 Die mangelhafte Erfassung nach der Rückkehr, die bereits zu Laufzeiten ein Problem gewesen war, erwies sich auch hier als großes Hindernis bei der Organisation der Veranstaltungen in den ehemaligen Commonwealth-Regionen. Nachdem die Politik aufmerksam geworden war, nutzte sie einzelne Treffen im Rahmen der Asienkampagne auch für eigene Zwecke der Regierung Kevin Rudds und ihrer Hinwendung nach Asien. Das australische Außenministerium versuchte in der Folgezeit bis 2008 durch Hilfen bei der Finanzierung von Treffen solcher ehemaliger Stipendiaten zunächst die politischen Verbindungen nach Asien erneut zu beleben.24 Darüber hinaus wurde seit der Jahrtausendwende durch öffentliche Veranstaltungen und nicht zuletzt durch die Finanzierung der

23 Sauer (Hrsg.), The Colombo Plan for Cooperative Economic Development in South and Southeast Asia 1951-2001, S. 11-21. 24 Ebd.

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Quellenedition zum Vertragswerk versucht, den Colombo-Plan in der Öffentlichkeit wieder stärker sichtbar zu machen. Deutlichen Rückenwind erhielten diese Bemühungen erst mit der Amtsübernahme Barack Obamas und seinem politischen ‚Turn to the Pacific‘ der amerikanischen Außenpolitik unter Hillary Clinton: In Kooperation mit den LabourRegierungen Julia Gillards und Kevin Rudds in Australien ließ man 2013 – also über vierzig Jahre nachdem man das Stipendienprogramm als vollständigen Fehlschlag bezeichnet hatte – das Vertragswerk mit dem ‚New Colombo Plan‘25zumindest rhetorisch wieder auferstehen. Dezidiertes Ziel war die Bindung der Region Süd- und Südostasiens an den Westen – diesmal allerdings, so steht zu vermuten, gegenüber chinesischen Expansionseinflüssen. Auch wenn im Vergleich zu den Planungen der 1950er Jahre nun der finanzielle Rahmen deutlich kleiner war und die Kooperation keinerlei Bezüge mehr zum britischen Colombo-Plan und das Stipendienprogramm mit seinem Fokus auf einen Austausch australische Studierenden nach Asien diesmal den Hauptinhalt der neuen Kulturdiplomatie darstellte, so stellte man sich doch historisch nicht nur begrifflich in eine Kontinuität mit dem ‚alten‘ Colombo-Plan der Nachkriegszeit, in dem man gezielt mit ehemaligen Studierenden des ‚ersten‘ Colombo-Plans warb. Das damals nur als eines von vielen gedachte Stipendienförderprgramm wurde im neuen Colombo-Plan Kernbestandteil. Ungeachtet der damaligen Abschlusseinschätzung einer Ressourcenverschwendung verbanden sich mit dem Neustart große politische Hoffnungen auf eine australisch-amerikanische Zusammenarbeit in Canberra.26 Inwiefern mit dieser Neuauflage erneute imperiale Modell der Systempenetration verbunden waren, erscheint aufgrund der ‚umgekehrten‘ Charakters des Studiums australischer Studierender in Region zunächst fraglich: Die Antwort hierauf muss zukünftigen Historikern überlassen bleiben.

25 Dieses Abkommen ist allerdings grundlegend anders organisiert und knüpft vornehmlich sprachlich an den Vorgänger an. 26 Die australische Außenministerin Julie Bishop in einer Rede an der Universität Sydney 2014, vgl. http://dfat.gov.au/people-to-people/new-colombo-plan/pages/newcolombo-plan.aspx (abgerufen am 1. September 2017)

Abschlussbetrachtung: Moderne Imperien und imperiale Dynamiken

In der vorliegenden Untersuchung wurde versucht, sich am Beispiel der Umsetzung des Stipendienprogramms des Colombo-Plans dem Phänomen der interessengeleiteten subsidiären imperialen Expansionspolitik durch Dritte (by proxy) im Modell Münkler/Mann anzunähern. Der Erkenntnisgewinn der Arbeit bezieht sich daher auf drei Ebenen: Einerseits wurde erstmals das Stipendienprogramm als imperiales Projekt begriffen, darüber hinaus die Universität als kategorial subsidiäres imperiales ‚Vehikel‘ des Kalten Krieges umfassend erfasst und letztlich das bisherige Verständnis imperialer Funktionsweisen in Südostasien hinsichtlich politischer Dynamiken neu interpretiert. Werden nun abschließend die Thesen des Einführungskapitels noch einmal aufgenommen, so ergibt sich nunmehr eine differenzierte Einschätzung ideologisch basierter imperialer Expansion über Dritte im Falle Australiens und der Universitäten. Die ursprünglichen Thesen lassen sich dabei weitestgehend bestätigen: •





Es kam im Rahmen des Colombo-Planes im Rahmen zu einem intentionalen imperialen Wandlungsprozess, ablesbar an einer zunehmenden Ausrichtung des Colombo-Planes an amerikanischen Interessen durch die geopolitische Ausweitung und durch die Aufnahme des Stipendienprogramms zu einer Erweiterung des Abkommens um eine ideologische Komponente Das Stipendienprogramm war in seiner vornehmlichen Charakterisierung als Massen- und nicht akademisches Begabtenförderprogramm ein spezifisches Mittel zur Schaffung ideologischer Macht Das Förderprogramm wurde institutionell als externalisiertes Top-DownModell in australischer Verantwortung im Gegenzug für amerikanische Sicherheitszusagen durchgeführt, in dem Australien als zeitweiliger Proxy einer amerikanischen Imperialpolitik fungierte und dabei seinerseits wiederum auf die Universitäten zurückgriff

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• •





Die Kooperation Australiens basierte dabei anders als von den USA angenommen auf einem sicherheitspolitischen Motiv Die dabei zentral implizit vorgenommenen Universalitätsvorstellungen im subsidiären Top-Down-Modell standen im Widerspruch zur Situation vor Ort und führten zu institutionellen Friktionen, die nicht kontrollierbar waren und als solche auch nicht wahrgenommen wurden Das geopolitisch erwünschte Wachstum des Colombo-Planes über den Rahmen des Commonwealth hinaus überforderte schließlich im Zusammenspiel mit der Eigenständigkeit von in der Planung unberücksichtigt gebliebenen Akteuren (u.a. Studierende, Entsendeländer) die Langfristigkeit und Kulturgebundenheit der ideologischer Erschließungsstrategie Die Folgen der ideologischen imperialen Systempenetration setzen mit großem zeitlichem Versatz ein.

Die These der durch den Colombo-Plan geschaffenen eigenen Akteursqualität der Entsendeländer scheint für den Moment allerdings etwas weit gegriffen: Vielmehr ergab sich die ausbleibende Unterstützung vor allem aus den neuen Beitrittsländern wohl eher aus einer grundlegenden Skepsis dem Programm gegenüber und der Aufstieg der Region aus den geostrategischen Imperativen der Zeit, die im Colombo-Plan einen von vielen verschiedenen Ausdrucksformen fand. Dabei vollzog sich von 1945 bis 1960 zunächst ein Wandel von direkter zur indirekter Beherrschung der Region durch die Abkehr von der militärischen Bekämpfung eines Gegners (und der damit einhergegangenen weitumspannenden direkten Herrschaft) zu einem über das eigene Gebiet hinausgehenden, global gedachten imperialen Anspruch, der schlussendlich sogar das Commonwealth geographisch weit übertraf. Das Stipendienprogramm des Colombo-Planes, welches einen Teilausschnitt dieses Wandels beleuchtet, weist dabei zumindest für den Bereich Asiens auf eine Eigenschaften des neuen American Empire hin. Mehr als die britischen, niederländischen und französischen Vorgängerreiche war es insbesondere zu Anfang von einer ideologischen (vornehmlich universalliberal gedachten) Qualität.1 Auf dieser spezifischen Ausrichtung begründete sich ein intendierte Transformationsprozess wie der untersuchte: Eine imperiale Penetration über die Universität war nur so überhaupt möglich, die Idee der Auslagerung der imperialen Projektion auf Dritte – Australien, die Universitäten – innerhalb der Überlegungen dann nur konsequent.2 Aus praktischer Sicht ergab sich daraus auch ein Zugriff, der in Großbritannien in der Anfangsphase auf na1

Vgl. auch Lind, The American Way of Strategy, S. 149f.

2

Vergleiche auch Bacevich, American Empire.

A BSCHLUSSBETRACHTUNG

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hezu keinen Widerstand stieß. Ganz im Gegensatz anderen Strategien wie beispielsweise durch das militärischen Abkommen wie dem amerikanischneuseeländisch-australischen ANZUS-Pakt von 1951/1952 oder SEATO von 1955, welche unmittelbar als direkte Gefährdung der britischen Position wahrgenommen wurden, versuchte Großbritannien anfangs im Rahmen des ColomboPlanes ganz aktiv, die USA in den eigenen Herrschaftsraum mit einzubeziehen.3 Der umfassende Wechsel zunächst auf eine schwerpunktmäßig ökonomisch und dann militärische Macht in Asien und besonders Süd- und Südostasien zeigt aber auch die Unzulänglichkeiten für einen raschen Wandel dieses Modells auf, das im Rahmen des Stipendienprogramms für die australische Kooperation auch von falschen Voraussetzungen ausging. Die Überforderung der Integrationskraft einer ideologisch basierten Expansion über die Universität zeigte sich dabei an drei neuralgischen Punkten: Einerseits erwuchs durch den politisch getragenen Wunsch nach einer raschen Ausweitung der Teilnehmerländer über den Raum des Commonwealth hinweg ein fundamentales Sprach- und Kulturproblem in der Vermittlung ‚liberaler‘ Werte; darüber hinaus stellte sich die australische Administration sowie die australischen Universitäten längst nicht im erwarteten Maße als nicht nur ziel- sondern auch umsetzungskonformer Träger einer subsidiären Expansionsstrategie heraus und schließlich fungierten die Geförderten in der Masse und im Individuum nicht wie gewünscht als ‚Fackelträger der Freiheit‘, sondern fanden sich in einem Anpassungsprozess zwischen verschiedenen Kulturen wieder. Letztlich wurde darüber hinaus dem Projekt auch die notwendige Langzeitigkeit des Vorhabens angesichts der raschen Dynamiken vor Ort, die auf eine zunehmend militärische Lösung hinausliefen4, zunehmend zum Verhängnis: Die Ergebnisse stellten sich offenbar für eine in Wahlperioden agierende demokratische Imperialmacht nicht schnell genug ein. Eine ‚imperiale Sukzession‘ von amerikanischer auf britische Vormacht innerhalb des Commonwealth in ganz Asien anzunehmen5 scheint angesichts des Befundes darüber hinaus unzutreffend. Der Versuch, den (britischen) ColomboPlan als Grundlage eigenen Aufstiegs in der Region zu nutzen, scheiterte an verschiedenen Faktoren, allen voran aber an der systematischen Unkontrollierbarkeit des zugrundliegenden Subsidiärmodells. Die Transformation der ‚ererbten‘ Kooperation in für die USA nutzbare politische Zuordnungen in Form der SEATO erwies sich als unmöglich, genauso wie die stillschweigende Übernahme 3 4

Colombo Plan NA DO 35/2724. Vergleiche hierzu auch die in der Forschung nur am Rande erwähnten Auseinandersetzungen zwischen Indien, China und Pakistan (1962 und 1965).

5

Wie für Australien in McLean, From British Colony to American Satellite? erfolgt.

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der imperialen Position Großbritanniens. Der Einstieg der USA durch das – akzeptierte – Modell ideologischer Penetration, was für Großbritannien als ungefährlich erschien – entwickelte sich zum Handicap einer imperialen Expansion, da die Umwandlung in politische Macht nicht wie gewünscht einstellte. Das britische Empire hatte sich auf andere Konstituenten seiner Vorherrschaft gestützt als die zunehmende amerikanische Vormachtstellung, die sich ab den 1960er Jahren in militärischer Form deutlich zeigte. Das amerikanische Empire war also kein Nachfolger der britischen Vormachtstellung, sondern stellte eine neue Form imperialer Machtausübung in der Region dar.

M ACHT

UND

O HNMACHT

Versetzt man sich in die Lage der USA um 1950 so erscheint der Griff zu einer Systempenetrationsstrategie über die ideologische Macht gegen das britische Empire zumindest überraschend. Die USA waren in sämtlichen Dimensionen des MANN’schen Machtmodells sowohl militärisch, politisch (auch durch die amerikanisch determinierte UN) und ökonomisch (durch den Dollar) dem im Abstieg befindlichen britischen Weltreich überlegen. Spätestens nach dem zweiten Weltkrieg besaßen sie innerhalb des Westens ein unangefochtenes Primat.6 Von allen möglichen herrschaftskonstituierenden Möglichkeiten war eine Fundierung des eigenen Anspruches auf ideologische Fundamente die für eine erfolgreiche Strategie wohl problematischste.7 Sie erforderte eine umfassende Wandlung von Gesellschaft und Individuum in der Region. Die erfolgreiche Umsetzung einer solche Strategie bedurfte darüber hinaus eines ‚langen Atem‘, bis es tatsächlich zu greifbaren Erfolgen gekommen wäre. Die im Übrigen noch denkbare Option einer erneuten Isolationspolitik der USA dürfte allerdings eher theoretisch bestanden haben. Dass dabei schlussendlich nur um die Frage nach dem ‚wann‘, nicht aber um die Frage nach dem ‚ob‘ ging, lag in der Eigendynamik der aus dem Krieg hervorgegangenen Weltmacht Amerika begründet. Sobald einmal der Status eines globalen Akteurs erreicht war, konnte man sich nicht mehr auf eine regional beschränkte Politik im ‚Hinterhof‘ beschränken.8

6

Klaus Larres, Britain and the Cold War, 1945-1990, in: Richard H. Immerman/Petra Goedde (Hrsg.), The Oxford Handbook of the Cold War (Oxford Handbooks), Oxford 2013, S. 141–158, S. 141.

7

Vergleiche hierzu auch Münkler, Imperien, S. 79.

8

Vergleiche hierzu auch ebd., S. 21.

A BSCHLUSSBETRACHTUNG

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Dabei war den handelnden Akteuren im State Department die im Vergleich zu einer politischen Intervention durch die UN schwierigere Ausgangslage durchaus bewusst – durchgängig wurden die kursierenden Entwürfe mit Bemerkungen wie „mutig“, „visionär“ oder „unsicher“9 bezeichnet. Doch andererseits blieb zunächst keine andere Option offen: Eine militärische Operation schlossen zunächst sowohl Truman und Eisenhower aus, die angesichts der innenpolitischen Situation dezidierte soft-power-Elemente in ihre Politik integrierten. Der Konflikt mit dem antiimperialen Gründungmythos mag zu einem gewissen Teil der Selbstvergewisserung gedient haben, delegitimierte aber innenpolitisch ein zu ‚sichtbares‘ Vorgehen der genannten Optionen. Die politischen Kosten für einen erneuten Waffengang wären vermutlich angesichts der Wahrnehmung, damit allenfalls den bröckelnden Reichen der ungeliebten europäischen ‚Imperialisten‘ zur Hilfe zu eilen, politisch nur schwer vermittelbar gewesen.10 Eine ausschließlich ökonomische Strategie scheiterte am erbitterten Widerstand Großbritanniens11, in dessen tradierten Handelsnetzwerken in Süd- und Südostasien amerikanische Dollar wohl ohne große Hoffnung auf einen politischen Ertrag zu Gunsten der USA versandet wären und die einen – zumindest möglichen – propagandistischen Keil zwischen die Westmächte getrieben hätte. Die ökonomische Strategie auf einen anderen, gleichberechtigten Proxy auszulagern, mündete ebenfalls im Fehlschlag. Die Economic Commission for Asia and the Far East (ECAFE) ab 1947 versuchte ebenjenes und scheiterte an ihrer Unfähigkeit, die Vielfalt der Stimmen innerhalb der UN in eine tragfähige Politik zu transformieren, in der die amerikanische Position nicht durchsetzungsfähig war.12 Der Colombo-Plan als ‚geschrumpftes‘ ECAFE und seine bilaterale Grundstruktur bot daher deutlich größere Gestaltungsspielräume aus Sicht der USA, nahmen dafür aber den direkten Konflikt mit Großbritannien in Kauf: Dennoch erscheint dieser Schritt mehr als letzte verbliebene Möglichkeit, worauf auch der vergleichsweise lange und widerwillige Beitritt der USA zum Colombo-Plan hinweist. Die mittelbare ökonomische Stärkung Großbritanniens wird nur durch die Möglichkeit zur Nutzung des Gesamtkonstrukts für die eigene Politik im Sinne einer Imperi9

Alle aus NARA RG 59 250/46/04/05 Box 5, jeweils eigene Übersetzung.

10 Hierfür spricht auch der 1945/46 erfolgte Rückzug der amerikanischen Truppen aus der Region, welche nur fünf Jahre später wieder von Interesse war. 11 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 188-190. 12 Ikuto Yamaguchi, The Development and Activities of the Economic Commission for Asia

and

the

Far

East

(ECAFE),

1947-65,

in: Shigeru

Akita/Gerold

Krozewski/Shōichi Watanabe (Hrsg.), The Transformation of the International Order of Asia. Decolonization, the Cold War, and the Colombo Plan (Routledge Studies in the Modern History of Asia 97), New York 2015, S. 91–108, S. 99.

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alpolitik by proxy erklärbar. Das Stipendienprogramm in der Verantwortung eines Dritten (Australien) war nicht die erste Wahl gewesen, sondern in seiner Genese lediglich den Umständen geschuldet. Doch dieser Umstand der ‚letzten‘ Wahl und die damit verbundene Vernachlässigung durch die Differenzen innerhalb des State Departments13 legten zusammen mit der Unkontrollierbarkeit der Umsetzungsebenen und die systemischen Mängel des Top-Down-Konzepts die Grundlage des vorläufigen Scheiterns. Doch darüber hinaus machte die Wahl einer ideologischen Fundierung dann den Schritt zu einer imperialen Strategie über die Universität nur folgerichtig: War sie doch als Ausbildungsinstitution mit der Selbstverpflichtung zur ‚Wahrheit‘ zumindest in der Theorie ideal für die Weiterverbreitung von liberalen Werten geeignet. Die damit in Kauf genommene Unkontrollierbarkeit der Institution und damit der Ausführung der imperialen Politik an der Peripherie für eine Gegend außerhalb des eigenen Einflusses schienen angesichts der noch viel größeren Probleme in den anderen möglichen Feldern beherrschbar. Andere, letztlich entscheidende Probleme, kamen in den Überlegungen zu kurz. Trotz mehrfach vorgetragener Bedenken hinsichtlich der benötigten Zeit14 bis zum Erfolg wurden soweit ersichtlich keinerlei weitergehende Überlegungen hierzu angestellt. Es scheint so, als habe man vollends auf den schnellen Erfolg einer liberalen Erweckungsgeschichte vertraut, die genauso wie die Kooperation der südund südostasiatischen Länder stets vorausgesetzt wurde. Die im Westen führende Macht USA war dahingehend mit ihrer Beschränkung auf eine ideologisch fundierte Expansion zu einem gewissen Grad ohnmächtig gegenüber Determinanten, deren Einfluss für den Erfolg oder Misserfolg des gesamten Programmes von Bedeutung waren, die sich aber direkter Kontrolle entzogen. Die Peripherie erwies sich damit als ideologisch nur schwer kontrollierbarer Raum, in dem es nie zu einer wirksamen und sichtbaren imperialen Performanz kam, die tatsächlich die Vorteile einer Zugehörigkeit zum American Empire in Form von Kooperation sichtbar gemacht hätte. Der im Vietnamkrieg erfolgte Rückgriff auf die im zweiten Weltkrieg bewährte militärische Überlegenheit der USA und damit auch eine gewisse Abkehr von der Idee der großflächigen Systempenetration ist damit auch als Ergebnis des Problems der Universalisierung der Werte und Normen der ideologischen Macht des Zentrums zu sehen.

13 Lehmkuhl, Kanadas Öffnung nach Asien, S. 189. 14 Memorandum of Conversation NARA RG 59 250/40/17/4 Box 4107.

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D YNAMIK

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S TATIK

Hinsichtlich der Frage nach einem allgemeinen Verständnis von dynamischen Prozessen im Kontext imperialen Wandels bleibt die Aussagekraft der vorliegenden Studie auf den Einzelfall begrenzt. Die Besonderheit dreier15 mehr oder weniger unabhängiger Akteure, die sich einerseits in einem größeren Kontext des aufkommenden Ost-West-Konfliktes dem geeinten ‚Westen‘ zurechneten, innerhalb dessen allerdings eigene Interessen nachvollzogen dürfte soweit einzigartig sein. Der Mehrwert der Untersuchung liegt also umso mehr in der systematischen Differenzierung des bisher recht allgemein gehaltenen Begriffs der Dynamik in imperialen Erschließungs- und Ablösungsprozessen. Diese als Kernelement imperialen Wandels beschriebene Dimension eröffnet den Blick auf die erfolgreiche (oder eben auch nicht erfolgreiche) Begründung von Herrschaft. Darüber hinaus zeigte sich das grundlegende Problem einer Erschließung by proxy: Die nie geklärten unterschiedlichen Ziele der eigenen Politik zwischen Australien und den USA spiegelten sich in der Einigung auf ein gemeinsames Programm (also dem Stipendiensystem des Colombo-Planes) nicht wieder. Während es also in der Stabilitätsphase von Imperien erfolgreiche Modelle subsidiärer Imperialherrschaft zu geben scheint16, ist diese in der Expansionsphase im vorliegenden Fall anfällig. Die sich daran anschließende Frage nach dem Erfolg der imperialen Systempenetration verweist auf das Modell der informellen Bürokratie als nur schwer kontrollierbares Ziel. Es scheint so, als ob die für einen raschen Erfolg einer Politik notwendigen ‚Performanzmomente‘ eines neuen Imperiums, in denen es sicht- und greifbar wurde, bei einer solchen Politik des langsamen Empire-zu-Empire-Wandels zweier verbündeter westlicher Imperialmächte schon zwangsläufig ausbleiben mussten. Ein offenkundiger Bruch der USA mit Großbritannien war darüber hinaus schon allein aus propagandistischen Überlegungen gegenüber der Sowjetunion undenkbar. Dem gegenübergestellt ist aber der offensichtlich erzielte Langfristigkeitseffekt: Wenngleich nicht ursprünglich beabsichtigt, so ordnete sich Australien einerseits in das American Empire ein, genauso wie sich langfristig ein zumindest Teilerfolg der Politik einstellte. In Relation zu den Förderzahlen nahmen die ehemaligen Geförderten 40 Jahre später zahlreiche Entscheiderpositionen in Süd- und Südostasien ein. Die ursprünglich intendierte Form der informellen Bürokratie als Netzwerk war al-

15 Die Länder Süd- und Südostasiens, denen im Umsetzungsprozess eine jeweils eigene Akteursrolle zukam, bleiben hier außen vor. 16 Beispielsweise das britische Empire in einigen Besitzungen.

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lerdings nicht entstanden: Die ehemaligen Studierenden waren (soweit aus öffentlich zugänglichen Quellen nachvollziehbar) wider Erwarten nicht miteinander in Kontakt geblieben, auch wenn sie jetzt – im einem weiten Sinne des Begriffes Bürokratie – nach Fähigkeiten entscheidende Stellen in der öffentlichen Sphäre besetzten. Die Dynamik des Anfangs versandete rasch. Auch ist das Fehlen von lokalspezifischer Expertise und die Generalisierung eigener Weltvorstellungen im Zentrum gegenüber der Peripherie mit kausal für die nur schleppende Dynamik. Die Planung, die davon ausging, in den Studierenden wie den Entsendeländern jeweils passive Entitäten ohne eigene Akteursqualitäten zu sehen, wies auf große Defizite hinsichtlich des Wissens um lokale Eigenschaften auf – deren sichtbarstes Zeichen die Verkennung der australischen Interessen war. Im Unterschied zur Europastrategie, bei der man im State Department auf einen umfangreichen Erfahrungsschatz in den eigenen Reihen aufgrund vorangegangener Auslandsaufenthalte zurückgreifen konnte, fehlte dieses spezifische Wissen zu Süd- und insbesondere Südostasien nahezu vollkommen. Die lokalen Machthaber in dem verkürzt als homogene Einheit gesehenen Gebiet von Süd- und Südostasien nutzten dieses Defizit zunehmend, um innerhalb des Colombo-Planes zu profitieren, ohne entsprechende Gegenleistungen zu erbringen.17 Doch auch auf der Seite der Implementierung – in den konkreten Maßnahmen – bestanden die Annahmen über die Studierenden vornehmlich im Sinne einer zu administrierenden Masse. Erst nachdem die hierdurch hervorgerufenen Probleme – in Form von unter anderem Suiziden, Suizidversuchen oder Studienabbrüchen durch plötzliche Abreise – den Erfolg der australischen Interessen gefährdeten, schuf man zusätzliche Betreuung und Integrationsangebote. Diese, in Konflikt mit der Idee hinter der amerikanischen Version des Studienprogramms des Colombo-Planes stehenden Angebote, gingen nicht länger von einem liberalen ‚Erweckungsnarrativ‘ aus. Insofern bildeten die Maßnahmen auch einen gewissen Gegenpol zu den idealisiert als eine Art Management-Modell gedachten Vorstellungen imperialer Herrschaftsmodelle des Empires by proxy.

17 Münkler, Imperien, S. 79.

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Z UM K ONZEPT

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SUBSIDIÄRER I MPERIALEXPANSION

Trotz des zumindest in der Langzeitbetrachtung fragwürdigen Diktums vom ‚umfänglichen Misserfolg‘ nach den Vorstellungen des imperialen Zentrums, stellen sich abschließend noch Fragen nach der grundlegenden Erkenntnissen der Untersuchung des vorliegenden imperialen Subsidiaritätskonzepts: Entscheidendes Hemmnis für die politische effiziente Umsetzung war die im State Departement offenbar weit verbreitete Überschätzung des Einflusses der vom imperialen Zentrum gewählten Machtoption auf alle Ebenen der nachfolgenden Kette und die Verallgemeinerung der Interessen Dritter in einem als monolithisch wahrgenommenen Kulturblock, insbesondere der uniform begriffenen ‚angelsächsischen Welt‘. Man hatte in Washington unterschätzt, wie sehr das australische Engagement von Eigeninteressen, die eben gerade nicht primär westlich-liberal waren, beeinflusst war, während die Universitäten durchaus eine Nähe zum liberalen Gedankengut der Erschließungsstrategie aufwiesen – ebenso wie sie sich der Abhängigkeit der Politik von der von ihnen zu erreichenden Ausbildungsschritte bewusst waren. Die Nutzung des Colombo-Plans zur Überdeckung der damit verbundenen eigenen Interessen in der Region erwies sich dagegen als Erfolg – es dauerte nahezu zehn Jahre, bis das aus dem britischen Konzept hervorgegangene Vertragswerk in der Zielregion als ‚amerikanisch‘ begriffen wurde. Allerdings hatte diese gewünschte Verkennung des eigentlichen Anliegens den schon erwähnten Nebeneffekt, dass in der Wahrnehmung der Empfängerländer die in den Colombo-Plan als Gesamtwerk umgeleiteten Zahlungen nicht mehr zu Gunsten der USA zugeordnet wurden und damit subjektiv als ein Rückgang der Förderung wahrgenommen wurde: Indirekt war damit also eine Stärkung der britische Position erfolgt, was man in London allerdings aufgrund der strukturellen Probleme nicht zu seinem imperialen Vorteil nutzen konnte. Zu Beginn der Untersuchung stellte sich auch die Frage, an welcher Stelle im Top-Down-System die größte Friktion beziehungsweise die größte Kooperation zu beobachten sein könnte. Interessanterweise weichen hier die Ergebnisse von den stillen Erwartung ab. Trotz der im Grunde über den gesamten Untersuchungszeitraum verlaufenden Auseinandersetzungen zwischen den Studierenden und der Administration scheint das weitaus größere Konfliktpotential innerhalb der australischen Akteure, also im ‚Mittelfeld‘ des Subsidiarsystems bestanden zu haben. Die Gründe hierfür dürften vermutlich im weitaus höheren Organisationsgrad der Umsetzungsinstitutionen zu finden sein, die im Gegensatz zu den Studierenden auf bestehenden Netzwerke vor Ort zurückgreifen konnten. Diese Konfliktparteien scheinen dabei im Regelfall den Colombo-Plan als Druckmittel für die Durchsetzung eigener politisch-strategischer Anliegen in benachbarten

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Ebenen des Machtmodells genutzt zu haben. Und so waren – trotz der konstanten Entwicklung der Studierenden hin zu einer eigenständigen Akteursgruppe – diese dabei durchwegs systematisch unterlegen. Letztlich allerdings erwiesen sie sich dennoch als entscheidender Faktor: Von ihnen hing schließlich der Erfolg der gesamten Strategie ab, was die staatlichen Akteure in Australien zunehmend begriffen und sich auf verstärkte Kooperationen einließen. Die inhaltliche Rolle des imperialen Zentrums dagegen blieb insgesamt über den gesamten Untersuchungszeitraum im Stipendienprogramm schwach ausgeprägt, was der bilaterale Charakter des Colombo-Planes nur noch verschärfte. Ein direkter formalisierter Zugriff war selbst im Krisenfall nicht vorgesehen. Die zunehmende Stärke der USA im Abkommen zeigte sich vielmehr darin, dass binnen kurzem ein rapides geographisches, systemisches Wachstum des Colombo-Plans über das Commonwealth hinaus durchgesetzt werden konnte, auch wenn der politische Gewinn dieses Vorhabens sich nur teilweise (Japan) oder auch gar nicht (SEATO) realisieren ließ. Aus analytischer Perspektive scheint die imperiale Expansion by proxy im Bereich der ideologischen Macht daher tatsächlich eines der langfristigsten und schwächsten Instrumente zu sein, was allerdings aus amerikanischer Perspektive den unschätzbaren Vorteil bot, gerade in der Anfangszeit nur sehr geringe politische und ökonomische Kosten mit sich zu bringen. Die finanziellen Beiträge zum wirtschaftlichen Teil des Abkommens wurden vornehmlich durch Umwidmung bestehender Mittel erreicht und das Stipendienprogramm durch Australien im Gegenzug gegen ein – anfangs sehr unbestimmtes – Sicherheitsversprechen getragen. Darüber hinaus nahm der zugrundeliegende Bildungsbegriff nicht zuletzt ein Aufstiegsversprechen auf, dass sich ideologisch hervorragend nutzen ließ: Die Ausweitung des Fulbright-Programmes auf Australien scheint daher in der Anfangszeit der größte Kostenfaktor gewesen zu sein. Entscheidender Hemmschuh war dagegen die Verkennung des australischen Motivs zur Kooperation, welches stillschweigend auf dem Feld der ideologischen Macht verortet wurde. Dabei könnte die fehlende Differenzierung zwischen den Universitäten einerseits (welche durchaus die liberalen Ideen mittrugen) und der australischen Politik andererseits (welche von innen- und sicherheitspolitischen Motiven gespeist wurde) eine Rolle gespielt haben: So wurde die durchaus erwartbare Kooperation der Universitäten im Sinne einer umfassenden Kooperation aller Akteure Australiens verallgemeinert. Auch die Heterogenität des Bildungs- und Wissensbegriffes innerhalb des Systems, deren als ‚neutrale Vermittlung‘ im Gegensatz zu einer sowjetischen ‚Gegenbildung‘ Kernanliegen des Bildungsimperiums war, blieb weitestgehend unbeachtet. Auffallend ist aber, in welch um-

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fangreichen Maße – teilweise unrealistische – Erwartungen an den Mehrwert von Bildung und die Wirksamkeit (akademischer) Ausbildung geknüpft wurden. Die Analyse der imperialen Expansion by proxy im Kontext einer interessensgeleiteten und machtbasierten Politik ermöglicht damit wertvolle Einblicke in die Funktionsweise moderner Imperien und die Funktion eines ideologischen ‚Bildungsimperiums‘. Das Konzept der informellen Bürokratie – auch wenn sie sich im konkreten Fall erst mit deutlicher Verspätung und anders als erwartet realisierte – scheint für die Untersuchung imperialer Expansion eine tragfähige Erweiterung zu den bisherigen Ansätzen zu bieten. Gerade im Kontext der sogenannten ‚Entwicklungszusammenarbeit‘ rückt die Ausbildung von schlagkräftigen Verwaltungen im Sinne einer Good Governance zunehmend in das Zentrum, deren imperiale Rolle zwar in der Politikwissenschaft Thema ist, eine historische Untersuchung bisher allerdings nicht vorliegt. Für die Zukunft ergeben sich hieraus weitere Ansätze einer Untersuchung der Funktionsweise moderner Imperien, gerade in der Expansionsphase.

Dank

Eine Arbeit wie diese ist das Ergebnis eines Prozesses der Annäherung und Auseinandersetzung mit verschiedenen Ideen. Dabei habe ich einer Vielzahl von Menschen zu danken, ohne die diese Arbeit nie das geworden wäre, was sie ist: Wie immer gilt dabei, dass die Unzulänglichkeiten und Fehler der Arbeit ganz allein mir selbst zuzuschreiben sind. Die folgende Aufzählung ist mit Sicherheit unvollständig, all diejenigen, die ich vergessen habe, bitte ich bereits jetzt um Nachsicht. Zunächst gilt mein großer Dank der Gerda-Henkel-Stiftung für die finanziellen Ermöglichung dieses Projektes und die Unterstützung meiner Idee bis hin zum Druck, ferner dem Deutschen Akademischen Austauschdienst DAAD, dem Deutschen Historischen Institut in Washington, D.C. sowie der National Archives of Australia Foundation (im Rahmen der Australian Archives Postgraduate Fellowship) und der Graduate School Languages/Literature der LMU München für die Ermöglichung und Unterstützung der notwendigen Archivaufenthalte auf drei Kontinenten. Den unbekannten Gutachtern all dieser Institutionen sei herzlich gedankt. Ebenso sei allen, die im Rahmen von Vorstellungen des Themas auf verschiedenen Konferenzen und Tagungen Anmerkungen, Kritik oder Ermutigung ausgesprochen haben, auf das Herzlichste mein Dank ausgesprochen. Nicht zuletzt gilt mein Dank auch den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des III. Gesellschaftswissenschaftlichen Kollegs der Studienstiftung des deutschen Volkes, aus dem die Grundlagen meiner Fragestellung hervorgegangen sind. Mein ausgesprochener Dank gilt allen Archivarinnen und Archivaren, ganz besonders an den National Archives of Australia, Canberra (hier besonders Stewart Crawford), der National Archives and Records Administration in Washington sowie den National Archives, Kew/London für ihre Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, ihre Ideen und ihre Bereitschaft, mir auch weitere hilfreiche Quellenbestände zu erschließen. Ferner gilt mein Dank der Oral HistoryAbteilung am National Library, Canberra für die freundlichen Bemühungen um

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Zitiergenehmigungen für die dort hinterlegte Oral-History-Transkriptionen. Ganz besonderer Dank gilt meinen Interviewpartnern für ihre Gesprächsbereitschaft und ihre Freundlichkeit, mich an ihren Erinnerungen teilhaben zu lassen und mir damit erst diesen ganz persönlichen Zugang zum Forschungsgegenstand zu ermöglichen. Ich danke meinem Doktorvater, Prof. Dr. Michael Hochgeschwender, für seine umfassende Betreuung und den steten Zuspruch wie die Unterstützung bei der Umsetzung meiner Ideen. Für seine Bereitschaft, mich von seinem unfassbar breiten Wissensschatz und seinen Ideen profitieren zu lassen, kann ich mich nur zutiefst beeindruckt bedanken. Gleicher Dank gilt der Zweitbetreuerin, Prof. Dr. Anke Ortlepp, für ihre stete Bereitschaft zum Gespräch und zur Unterstützung sowie ihrer unermüdlichen Blickwinkelschärfung. Ebenso danke ich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Forschungskolloquiums sowie des Oberseminars für viele Anregungen. Persönlicher Dank gilt hierbei insbesondere Dr. Jens Kabisch für zahllose Ideen und Hinweise sowie seine Bereitschaft, mit mir immer wieder aufs Neue zu diskutieren. Außerdem danke ich James Curran, PhD in Sydney für seine inspirierenden Anmerkungen und Meinungen zur australischen Perspektive. Darüber hinaus gilt mein Dank dem Team des TranscriptVerlages für ihre Geduld und die unermüdliche Freundlichkeit. Dank gebührt auch Malte Lachmann, Monika Mayer, Julia Rullang und Julia Stadler, ohne die diese Arbeit wohl kaum in diesem Rahmen zustande gekommen wäre. Zuletzt danke ich von ganzem Herzen meinen Eltern Jochen und Elisabeth und meiner Schwester Susanne für ihre unverbrüchliche Unterstützung in all den Jahren – und auch gerade dann, wenn ich selbst bisweilen zweifelte. Ganz besonders danke ich Katharina – die Zeit mit Dir ist ein Geschenk. Ihnen allen ist diese Arbeit gewidmet: Zum Dank und zur Freude. München, im Herbst 2017 Christoph Ellßel

Quellen- und Literaturverzeichnis

A RCHIVQUELLEN Gesichtet wurden Quellen in den folgenden Archiven ANUA Archives of the Australian National University, Canberra, ACT, Australien NA National Archive, Kew, London, Großbritannien NAA National Archives of Australia, Canberra, ACT, Australien NAAM National Archives of Australia, Melbourne Branch, Melbourne, VIC, Australien NARA National Archives and Records Administration, Washington D.C., Vereinigte Staaten von Amerika NLA National Library of Australia, Collection of Oral History, Canberra, ACT, Australien UAdel University of Adelaide Archives, Adelaide, SA, Australien UMel University of Melbourne Archives, Melbourne, VIC, Australien USyd University of Sydney Archives, Sydney, NSW, Australien

Q UELLENEDITIONEN Der edierte Quellenbestand amerikanischer Unterlagen zur der Foreign Relations of the United States-Serie (FRUS), Fredrick Aandahl erfasst. Im Volltext online http://uwdc.library.wisc.edu/collections/FRUS (abgerufen 2017)

Außenpolitik ist in herausgegeben von verfügbar unter am 1. September

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1

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Techniken der Globalisierung Globalgeschichte meets Akteur-Netzwerk-Theorie 2016, 296 S., kart. 29,99 E (DE), 978-3-8376-3021-3 E-Book PDF: 26,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-3021-7

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