CORPORATE TIMBER. SCHRAUBENWERK MIT HOLZ: Die Grenzen von Laubholz ausloten / Pushing the Limits of Hardwood 9783955535490

A building in timber construction The new SWG Schraubenwerk Gaisbach production hall blazes new trails in timber const

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German Pages 192 [191] Year 2021

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CORPORATE TIMBER. SCHRAUBENWERK MIT HOLZ: Die Grenzen von Laubholz ausloten / Pushing the Limits of Hardwood
 9783955535490

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Die Grenzen von Laubholz ausloten Pushing the Limits of Hardwood MARKO SAUER (ED)

CORPORATE TIMBER

SCHRAUBENWERK MIT HOLZ

Ansetzen

Eindrehen

Verbinden

Die Annäherung an das Projekt und dessen Inhalte

Die materialtechnischen und baulichen Innovationen

Wie wirkt das Bauwerk als Ganzes? Die Nutzung im Alltag

Positioning

Driving in

Connecting

The Approach to the Project and its Contents

The Project’s Material, Technical, and Architectural Innovations

What is the Building’s Overall Impact? Day-to-Day Use

Ansetzen SUSANNE JACOB-FREITAG

Die Einheit von Produkt und Hülle. Interview mit Tobias Schneider, Alois Wimmer, Hermann Kaufmann und Christoph Dünser ANNE ISOPP

Holz im Gewerbebau. Der Holzbau dringt in den gewerblichen Sektor vor. TINA MOTT

Eine Architektur der Arbeit. Vom Jungfrauenaquarium zum SWG Schraubenwerk

Positioning SUSANNE JACOB-FREITAG

The Unity of Product and Case: Interview with Tobias Schneider, Alois Wimmer, Hermann Kaufmann and Christoph Dünser ANNE ISOPP

Wood in Commercial Construction: Timber Construction Enters the Commercial Sector TINA MOTT

An Architecture of Industry: From the “Jungfrauenaquarium” to the SWG Screw Factory

Eindrehen CLEMENTINE HEGNER-VAN ROODEN

Hauseigenes Exponat. Wirkungsweise und Besonder­ heiten des Tragwerks ALDO ROTA

An den Grenzen des Materials Holz. Das Material und die Knotenverbindungen

Verbinden TINA MOTT

Über das Ausloten von Grenzen. Eine architektonische Würdigung der Produktionshalle SUSANNE JACOB-FREITAG

Für den Menschen gebaut. Die Schlüsselpersonen des Betriebs in Wort und Bild

HOLGER KÖNIG

Lebenszyklusanalyse. Wie wirkt sich ein Bauwerk auf seine Umwelt aus?

Driving in CLEMENTINE HEGNER-VAN ROODEN

On-Site Exhibition: The Operating Principle and Unique Characteristics of the Support Structure ALDO ROTA

Pushing the Limits of Wood as a Building Material: The Material Used and the Connecting Nodes HOLGER KÖNIG

Life Cycle Assessment: How Does a Building Affect the Environment?

Connecting TINA MOTT

Testing the Limits: An Architectural Appraisal of the Production Hall SUSANNE JACOB-FREITAG

Built for the People: Written and Visual Portraits of Key Employees

Ein Quantensprung für den Holzbau A Quantum Leap for Timber Construction MARKO SAUER

Vorbei die Zeiten, als sich Holz auf Wohnbauprojekte beschränkte oder kleinere öffentliche Bauten. Seit geraumer Zeit werden auch Industrie- und Gewerbe­ bauten aus dem nachwachsenden Material errichtet – zu Beginn waren dies oft Schreinereien oder Zimmerei­ betriebe, die den Umgang mit Holz gewohnt waren und nicht ganz uneigennützig zeigen wollten, welches Potenzial in dem Material steckt. Diese Entwicklung hat Fahrt aufgenommen: Stetig kommen neue An­ wendungsgebiete hinzu, die Technik entwickelt sich rasant weiter. Mehr als andere Bauweisen ist der Holzbau offen für Veränderungen und Innovation. Das hängt einer­ seits mit den vielfältigen Methoden zur Produktion, Bearbeitung und Behandlung zusammen, die das Ma­ terial bietet. Es lässt sich schneiden, fräsen, zu Fur­ nieren schälen, verleimen, pressen, zu fast beliebig langen Bauteilen fügen und zu den unterschiedlichs­ ten Holzwerkstoffen verarbeiten. Die Verbindungen zwischen den Elementen im Holzbau sind ebenso vielfältig und oft überraschend einfach in der Anwen­ dung vor Ort. Auf der anderen Seite bietet die Bearbei­ tung durch computergesteuerte Maschinen ungeahnte Möglichkeiten im Hightech-Bereich, die völlig neu­ artige Bauwerke ermöglichen. Holz ist ein Baustoff für Experimentierfreudige. Mit SWG Produktion, HK Architekten, SWG Engi­ neering, Schlosser Holzbau und Pollmeier kamen fünf Partner zusammen, denen das Experimentieren im Blut liegt. Sie alle befinden sich mit ihrer Arbeit an der vordersten Spitze der Forschung und des Machbaren. Sie sind es gewohnt, an den Grenzen ihrer jeweiligen Disziplin und Profession zu agieren – und einen Blick darüber hinaus zu wagen. Erst die Kollaboration dieser Partner hat mit dem neuen Schraubenwerk von SWG Produktion ein Bauwerk ermöglicht, das den Einsatz von Laubholz auf die Spitze treibt. Die Träger aus BauBuche sind äußerst filigran, die Kräfte, die auf sie wirken, enorm, die Spannweiten der Tragwerke beein­ druckend, die Verbindungstechnik ist elaboriert, pass­ genau und intelligent.

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Gone are the days when wood was limited to residential projects or smaller public buildings; for some time now, industrial and commercial buildings have also been constructed from this renewable material. At first these were often buildings constructed for their own use by joinery or carpentry firms accustomed to working with wood, and who understandably sought to demonstrate the medium’s potential. This development has since gained momentum, and new areas of application are constantly being added to the repertoire of timber construction as the technology rapidly evolves. Timber construction proves more adaptable to change and innovation than other construction methods. On the one hand, this has to do with the diverse range of production, processing, and treatment methods that the material allows. It can be cut, milled, peeled into veneers, glued, pressed, joined into components of almost any length, and processed into a wide variety of wood-based building materials. The possible connections between individual components in timber construction are equally diverse and often surprisingly simple to implement on site. In addition, computerized machining offers heretofore unimagined possibilities in the hightech sector, enabling completely new types of structures. In short, wood is a building material for those who like to experiment. In the team of the production department of SWG (hereafter SWG Produktion), HK Architekten, SWG Engineering, Schlosser Holzbau, and Pollmeier, five partners came together who have experimentation rooted in their corporate DNA. All of these companies work at the forefront of research and consistently push the boundaries of possibility in their output. They are accustomed to operating at the limits of their respective disciplines and professions – and daring to look beyond them. The collaboration of these partners is at the core of what made the new SWG Produktion screw factory possible, a structure that pushes the use of hardwood to its limits. The BauBuche trusses are extremely delicate, the forces acting on them enormous, the wide spans bridged by the support structures impressive, and the joint technology elaborate, precisely fitted, and intelligent.

Um dieses Resultat zu erzielen, mussten alle Betei­ ligten auf ihrem jeweiligen Gebiet Spitzenleistungen anstreben und im selben Zug eng miteinander koope­ rieren. Darin spiegelt sich ganz direkt auch das Wirken von Firmengründer Reinhold Würth wider, der die Suche nach technischer Innovation, den Blick fürs Wirtschaftliche und kulturelle Teilhabe in sich ver­ eint. Sehr engagiert brachte er sich in die Entwicklung der Halle ein. Es rundet die Geschichte wunderbar ab, dass sowohl die Hochleistungsschrauben als auch die statischen Berechnungen aus dem eigenen Haus stammen. Man merkt es diesem Holzbauwerk an, dass die Planung in sehr engem Austausch erfolgte und das gesamte Planungsteam Hand in Hand arbei­ tete: Stringenz, Präzision und Durchgängigkeit sind herausragende Merkmale dieser Konstruktion. Doch die Innovation erfolgte nie als Selbstzweck. Im Fokus der Bemühungen stand eine Produktions­ halle, die eine optimale Nutzung erlaubt und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen möglichst angenehmen Aufenthalt bietet. Da kommen die Eigenschaften des Baustoffs BauBuche zum Tragen: Dank der Kombination aus einigen wenigen leistungs­ fähigen Stützen und raffinierten Tragwerken mit gro­ ßen Spannweiten bietet die Halle viel Platz für die Produktion. Die hochwertigen und ansprechenden Oberflächen verleihen dem Werk eine angenehme Atmosphäre. Und durch die Verwendung eines nach­ wachsenden Rohstoffs speichert die Konstruktion eine erhebliche Menge an Kohlendioxid. Das Schraubenwerk der SWG Produktion hebt sich jedoch nicht nur durch seine technische Innovation vom Standard der aktuellen Industriebauwerke ab. Auch seine sorgfältige und konsequente Gestaltung ist einzigartig. Damit zeichnet das Projekt neben aller technischer Entwicklung eine bedeutende baukultu­ relle Leistung aus: Es versöhnt die Tradition des Holz­ baus mit der Moderne. Dank der filigranen Profile – sie fallen für diese Aufgabe sogar schlanker aus als bei anderen Baustoffen – emanzipiert sich das Material von der Schwerfälligkeit und Gemütlichkeit, die ihm bisweilen anhaften. Es lässt sich nicht mehr leugnen: Das Holz ist im 21. Jahrhundert angekommen!

To achieve this result, all parties involved had to strive for excellence in their own respective fields while at the same time ensuring close cooperation with one other. This directly reflects the values of company founder Reinhold Würth, who was actively involved in the development of the hall. Throughout his professional life, he has combined the search for technical innovation with a keen eye for business and community engagement. The fact that the company itself both produced the high-performance screws required for the new hall and carried out the necessary structural calculations perfectly completes the building’s story. This timber structure clearly shows that the planning involved intensive collaboration, with the entire team working hand in hand together. Stringency, precision, and continuity stand out as the salient features of this construction. Innovation, however, has never been an end in itself. All of the aforementioned efforts were focused on creating a production hall that would allow optimal use and provide the employees with an agreeable working environment. This is where the properties of BauBuche as a building material truly come into their own: thanks to the combination of a small number of powerful supports with ingenious trusses that bridge large spans, the hall offers plenty of open space for production. The visually appealing and high-quality surfaces of the structure lend the factory a pleasant atmosphere. Finally, by using a renewable resource, the structure also sequesters a significant amount of carbon dioxide. It is not only its technical inventiveness, however, that elevates the SWG screw factory’s new production hall above the current standard for industrial buildings. Its careful and consistent design is also unique. In addition to all of its technical innovations, the project also distinguishes itself as a significant architectural achievement, reconciling the tradition of timber construction with modern design. Thanks to its delicate cross-sections, which are even slimmer than those that would be required if other building materials were used, the material frees itself from the stolid homeliness with which wood is often associated. It can no longer be denied: wood has entered the 21st century! 11

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Ansetzen

DIE EINHEIT VON PRODUKT UND HÜLLE SUSANNE JACOB-FREITAG

THE UNITY OF PRODUCT AND CASE SUSANNE JACOB-FREITAG

Positioning

SUSANNE JACOB-FREITAG

Herr Wimmer, wann wurde Ihnen klar, dass Sie eine neue Produktionshalle benötigen und wann fiel die Entscheidung, sie zu bauen? ALOIS WIMMER

Ab 2017 haben wir angefangen, über eine Erweite­ rung nachzudenken – in einer Phase, in der sich deut­ lich abzeichnete, dass wir aufgrund der Auftragslage zusätzliche Kapazitäten in der Produktion benötigen würden. Anfangs hatten wir hier lediglich den zusätz­ lichen Flächenbedarf im Kopf, aber noch keine kon­ krete Vorstellung, wie ein solcher Bau aussehen müsste. Platz dafür war aufgrund der Philosophie von Reinhold Würth, Grundstücke »auf  Vorrat« zu kaufen, um jederzeit expandierfähig zu sein, vorhanden. Mit dem Gedanken, in naher Zukunft zu erweitern, sind wir als Bauherrenvertreter – Tobias Schneider, Roland Janner und ich – erst einmal schwanger gegan­ gen. Bei einer Jubiläumsfeier im Sommer 2017 haben wir dieses Zukunftsszenario dann aber auch in der Fest­ rede erwähnt und uns damit quasi selbst gezwungen, im Anschluss konkret zu werden. SUSANNE JACOB-FREITAG

War von vornherein klar, dass es ein Holzbau wer­ den sollte, oder fanden Sie erst dazu? TOBIAS SCHNEIDER

Wir wollten ursprünglich an das bestehende Gebäude andocken, es also erweitern. Dabei ging es noch gar nicht um die Baustoffwahl. Die Entscheidung, in Holz zu bauen, war aber durchaus ein SWG-interner Wunsch, denn unser Geschäftsbereich SWG Produktion stellt Schrauben und viele andere Produkte für den Inge­ nieurholzbau her. Daraus leitete sich die Idee ab, unsere neue Halle als Ingenieurtragwerk in Holz zu errichten. Hinzu kam, dass wir mit SWG Engineering in Rülzheim die Holzbau-Experten und damit das Know-how im eigenen Haus sitzen haben.

Co-managing director Dr. Roland Janner was unfortunately unable to take part in the interview, due to other business obligations.

SUSANNE JACOB-FREITAG

Mr. Wimmer, when did it become clear to you that you needed a new production hall, and when did you decide to build it? ALOIS WIMMER

We began to think about expansion in 2017, during a phase in which it became clear from the volume of orders coming in that we would need additional production capacity. In the beginning we were only thinking about the additional floor space requirements, but had as yet no concrete ideas about how such a building should look. We already had a suitable site available, thanks to Reinhold Würth’s philosophy of “stocking up” on land in advance in order to be able to expand at any time. As the company’s representatives in this matter we, that is Tobias Schneider, Roland Janner, and I, first spent some time mulling over the idea of expanding in the near future. At an anniversary celebration in the summer of 2017, however, we mentioned this future scenario in a speech, and thus essentially forced ourselves to become more concrete about it. SUSANNE JACOB-FREITAG

Was it clear from the beginning that it would be a wooden building, or did that idea come later? TOBIAS SCHNEIDER

Leider war Mitgeschäftsführer Dr. Roland Janner zum Zeitpunkt des Interviews geschäftlich verhindert und konnte daher nicht daran teilnehmen.

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We originally wanted to add on to the existing building, to extend it. We weren’t yet thinking about the choice of building materials. The decision to build in wood, though, did come very much from within SWG, because our production division makes screws and many other products for use in timber engineering. This led to the idea of building our new hall with an engineered support structure out of wood. In addition, in our colleagues at SWG Engineering in Rülzheim we already had the timber construction experts and thus the know-how right here in house.

SUSANNE JACOB-FREITAG

Wie kam SWG Produktion auf HK Architekten? CHRISTOPH DÜNSER

Das war eigentlich Zufall und ergab sich über Umwege. Wir haben viel Arbeit in die Entwicklung von HolzBeton-Verbund-(HBV-)Decken gesteckt und sind im Zuge dessen mit Armin Bauer von SWG Produktion in Kontakt gekommen. Sein Hinweis auf den Fertigteil(FT-)Verbinder von Würth / SWG ermöglichte uns, eine spezielle HBV-Decke aus Holzbalken und Beton-Fertig­ teil-Decken zu realisieren. Darüber hinaus ergab sich dann öfter die Gelegenheit zur Zusammenarbeit. Auch bei potenziellen Auftraggebern, etwa aus der Automobil-Industrie, konnten Armin Bauer und wir gemeinsam als Team auftreten. Zu guter Letzt besich­ tigte die Führungsspitze von Würth und SWG Produk­ tion auch Projekte von uns, wie etwa das Illwerke Zentrum Montafon (IZM), um sich einen Eindruck von der Art unserer Architektur zu verschaffen. Als es dann konkret wurde mit ihrer neuen Halle, luden sie uns zur Besprechung ein. SUSANNE JACOB-FREITAG

Wie sah der Entwicklungsprozess zu dem Gebäude aus, so wie es heute dasteht? CHRISTOPH DÜNSER

Nach der Besprechung und einer Betriebsführung war schnell klar, dass ein Anbau nicht sinnvoll wäre. Daher rieten wir davon ab und plädierten für ein ganz neues Gebäude auf einem der »Expansionsgrund­ stücke« in unmittelbarer Nähe. Grund dafür war einerseits die Tatsache, dass ein Anbau die Notwen­ digkeit geschaffen hätte, die bestehende technische Infrastruktur nicht nur zu erweitern, sondern sogar zu erneuern, was im Vergleich zu einem Neubau aber teurer geworden wäre. Und auch die Brandschutzan­ forderungen hätten Änderungen im Bestand erfor­ derlich gemacht. Andererseits bot ein Neubau dank der Grundstücksgröße die Möglichkeit, irgendwann noch einmal zu erweitern – ganz im Sinne der Philo­ sophie von Reinhold Würth.

SUSANNE JACOB-FREITAG

How did SWG Produktion come to choose HK Archi­ tekten? CHRISTOPH DÜNSER

That was actually a coincidence, and came about in quite a roundabout way. We’ve dedicated a lot of time to the development of wood-and-concrete composite flooring, and in the process came into contact with Armin Bauer, also of SWG Produktion. His suggestion of the prefabricated connectors made by Würth   /  SWG laid the foundations for us to conceive of a special wood-concrete-composite floor made of wooden beams and prefabricated concrete elements. This led to further opportunities for collaboration. We had other chances to work with Bauer when dealing with potential clients, for example from the automotive industry. Last but not least, the top management teams of both Würth and SWG Produktion also visited some of our pre-existing projects, such as the Illwerke Zentrum Montafon (IZM), to get a sense of our architectural style. When plans for the new hall for SWG Produktion started to become concrete, they invited us a meeting. SUSANNE JACOB-FREITAG

What was the development process that led to the building as it stands today? CHRISTOPH DÜNSER

After the meeting and a tour of the plant, it quickly became clear that a straightforward extension would not make sense. We therefore advised against this and argued for the construction of a completely new building on one of the “expansion sites” in the immediate vicinity. One reason for this was the fact that an extension would have necessitated not only an extension of the existing technical infrastructure, but in fact its complete renewal, which would have been far more expensive than the construction of a new building. The fire safety requirements would also have required further changes to the existing building. Additionally, the size of the new site meant that a new building still offered the opportunity for further expansion at some point in the future, fully in keeping with Reinhold Würth’s philosophy. 15

ALOIS WIMMER

Dieser Vorschlag kam auch dem Wunsch entgegen, in der neuen Halle nur Produkte für Zimmerer herzu­ stellen; oder betriebswirtschaftlich gesprochen, im Neubau das Projektgeschäft und im Bestand weiter­ hin das Volumengeschäft abzuwickeln und beides als getrennte Einheiten zu betreiben. HERMANN KAUFMANN

Die Hallenabmessungen ergaben sich aus dem Raum­ programm, der Logistik in der Halle und den Maschi­ nen, die darin untergebracht werden sollten. Ein eige­ nes Bürogebäude war am Anfang nicht geplant. Doch aus dem ursprünglich gewünschten Büro­raum, den man irgendwo in der Halle unterbringen wollte, wurde zunächst ein kleiner Hallenanbau und aus diesem schließlich ein eigener Bürobau – nicht zuletzt des­ halb, weil SWG Produktion Ausstellungsbereiche für Besucher zur Präsentation ihrer Produkte und neuen Technologien wünschte. In der finalen Entwurfsversion wird die fünf­ schiffig angelegte Halle von einem kammartig geform­ ten Dach überspannt. Hier verspringen die Dachflä­ chen in regelmäßigen Abständen nach unten, wo sie einige Meter auf dieser Höhe weitergeführt werden, um dann wieder in die ursprüngliche Höhe überzu­ gehen. Diese Form war aber nicht das, was wir an­ fangs geplant hatten. Die Sheds sollten ursprünglich klassisch gebaut werden, also nach oben »versprin­ gen«. Wir wollten außerdem in den Dachbereichen zwischen den Sheds die TGA-Technik verlegen. Diese Idee mussten wir jedoch wieder verwerfen, weil die Rohrquerschnitte in Summe so voluminös ausfielen, dass sie einen Großteil der Shedfenster verdeckt und damit der Halle viel Tageslicht genommen hätten. Daraufhin drehten wir das Prinzip der Sheds um, so­ dass wir nun »Shed-Gräben« haben. Die TGA-Technik konnte nun unter Dach geführt werden, ohne die Fensterfläche für den Lichteinfall zu reduzieren.

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ALOIS WIMMER Geschäftsführer SWG Produktion Managing director of SWG Produktion

ALOIS WIMMER

This proposal also accommodated our wish to manu­ facture only products for carpentry in the new hall; or, in business terms, to handle project business in the new building and continue handling volume business in the existing building, with the two buildings operating as separate units. HERMANN KAUFMANN

The dimensions of the hall were determined by the space allocation plan, the logistics operations that were to take place there, and the machinery to be installed. A separate office building was not initially planned. The originally requested office space, which we planned to locate somewhere within the hall, first manifested as a small extension, and then finally became a separate office building of its own, not least because SWG Produktion wanted showrooms where they could present their products and new technologies to visitors. In the final version of the plan a comb-shaped roof spans the five-aisled hall. The roof surface drops at regular intervals, and continues at this lower height for a few metres before returning to its original level. This form was not part of our original plan. The sheds were initially meant

CHRISTOPH DÜNSER

Mit Werksleiter Hans Hessenauer und BHM Ingenieu­ ren hatten wir außerdem Fachleute an unserer Seite, die innerhalb kürzester Zeit die TGA-Technik mit ihren außergewöhnlich großen Rohrquerschnitten so struk­ turierten, dass sie optimal über die große Hallenfläche verteilt werden konnte und sich die einzelnen Quer­ schnitte nicht gegenseitig behindern. SUSANNE JACOB-FREITAG

Holz ist nicht gleich Holz. Mit Brettschichtholz wäre das Gebäude nicht in so filigraner Weise realisierbar gewesen. Wie kamen Sie auf BauBuche? HERMANN KAUFMANN

Ich war mit Pollmeier schon vor Marktreife des Bu­ chen-Furnierschichtholz-Werkstoffs in Kontakt und begleitete die Entwicklung der BauBuche von Anfang an. Da die Eigenschaften des Materials auch bei großen Lasten sehr schlanke Querschnitte erlauben, erkann­ ten wir das Potenzial sofort. Und da sich Schlankheit und Architektur ideal ergänzen, stand die BauBuche auch bei uns schon frühzeitig hoch im Kurs. In Bezug auf die SWG-Halle hatten wir dann genau die Anfor­ derungen, für die BauBuche prädestiniert ist: große Spannweiten bei hohen Lasten, die mit schlanken Konstruktionen überbrückt werden sollen. Und so haben wir SWG Produktion BauBuche als Material vorgeschlagen.

to be built in the classical manner, that is jutting up out of the roof-line. We also initially sought to locate the technology that would service the building in the roof areas between the sheds. We had to reject this idea, however, because the pipe cross-sections were so voluminous that they would have cut off a lot of the daylight coming in through the shed windows. We decided to reverse the principle of the sheds, so that we now have “shed-trenches”. The necessary service requirements could then be installed under the roof without blocking the incoming light. CHRISTOPH DÜNSER

With plant manager Hans Hessenauer and the BHM engineers on our side, we had experts who were able very quickly to integrate the building’s technical requirements, i.e. the service technology with its unusually large pipe cross-sections, in such a way that it could be optimally distributed over the large hall area, and the individual pipes did not obstruct each other. SUSANNE JACOB-FREITAG

Not all wood is created equal. You couldn’t have constructed this building with such slender supports using glued laminated timber, for example. How did you come to choose BauBuche? HERMANN KAUFMANN

I had been in contact with Pollmeier well before their beech laminated veneer lumber was even ready for the market, and had accompanied the development of BauBuche from the very beginning. We immediately recognized its potential, since the material’s properties allow very slim cross-sections even when bearing heavy loads. We were also very keen on using BauBuche at an early stage because slender materials and architectural design complement each other ideally. With the SWG hall, it was almost as if we had created the ideal conditions for BauBuche’s destined function: large spans with 17

SUSANNE JACOB-FREITAG

Wie realistisch konnten Sie bei über 80 Metern Spann­ weite einschätzen, ob BauBuche wirklich all das leis­ ten würde, was Sie dem Material an Tragfähigkeit in Kombination mit Schlankheit zutrauen? CHRISTOPH DÜNSER

In dieser Frage haben wir natürlich die Ingenieure von SWG Engineering zu Rate gezogen, namentlich Henning Ernst. Gerade im Hinblick auf die 82 Meter langen Haupt-Fachwerkträger gab es schon im Vor­ feld Untersuchungen. Wir hatten zum Beispiel an­ fangs zwei Stützen unter diesen Trägern vorgesehen und wollten von ihm wissen, ob die Konstruktion auch mit nur einer Stütze auskäme. Seine Antwort lautete: »Technisch ist es lösbar, da müsste ich dann aber schon zweimal nachdenken.« Ab diesem Moment kam die Idee ins Rollen, das ganze Tragwerk auf ganz ungewöhnliche Weise zu lösen, nämlich schrauben­ basiert. Denn Henning Ernst ist nicht nur versierter Tragwerksplaner, sondern auch Schrauben-Spezialist. Hinzu kam der Vorteil, Pollmeier, den Produzenten der BauBuche, im Hintergrund zu haben. Kritisch war allerdings der Moment, als der Prüf­ statiker für die Haupt-Fachwerkträger eine Schraube gefordert hat, die 2  cm länger sein musste als die, mit der wir geplant hatten. Denn eine solche Schraube gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das hätte das Aus für jeden konventionellen Bauherrn bedeutet. Sowohl wir als auch SWG Produktion brachten jedoch zufälligerweise aus anderen Projekten die Erfahrung und das Wissen mit, wie man hier relativ kurzfristig eine Einzelprüfung für eine längere Schraube erwir­ ken kann. Das hat uns gerettet. TOBIAS SCHNEIDER

Zum Glück gab es bereits eine ETA, also eine bauauf­ sichtliche Zulassung für BauBuche (ETA-14 / 0354) aus dem Jahr 2013, die auch die Verwendung der ASSY® Vollgewindeschrauben von Würth in BauBuche re­ gelt, sowie umgekehrt eine ETA der ASSY® Vollgewin­ deschrauben (ETA-11 / 0190), die die Verwendung der

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CHRISTOPH DÜNSER HK Architekten

high loads bridged with slender constructions. It was thus natural to suggest BauBuche as a material for this project to SWG Produktion. SUSANNE JACOB-FREITAG

Given the required span of over 80 metres, how rea­ listically were you able to assess whether BauBuche would be able to actually achieve the full load-bearing capacity in combination with slimness that you believed the material could offer? CHRISTOPH DÜNSER

We naturally consulted the engineers from SWG Engineering with respect to this issue, specifically Henning Ernst. We carried out advance tests, par­ ticu­larly with regard to the 82-metre-long main truss girders that would be required. An additional example: initially, we had planned two support posts under these girders and asked Ernst whether the construction would also work with only one support. His answer was: “Technically this can be resolved, but then I would have to put twice as much thought into it.” This was the moment when the idea of constructing the whole structure in a very unusual way, namely based on the use of screws, really started to gain momentum. Henning Ernst is not only an experienced structural engineer, but also

Schrauben in BauBuche zulässt. Mit der Einzelprüfung und diesen beiden ETAs war dann auch die Zulassung der neuen Schraube innerhalb kürzester Zeit geregelt und ihre Verwendung kein Problem mehr. SUSANNE JACOB-FREITAG

Es gibt einen Baustoffvergleich, wie die Querschnitte der SWG-Halle in BauBuche, Brettschichtholz, Spann­ beton und Stahl ausgefallen wären. Wieso hat man diesen Vergleich angestellt, obwohl man sich bereits für BauBuche entschieden hatte? CHRISTOPH DÜNSER

Wir wollten ungefähr wissen, wo wir mit konventio­ nellen Baustoffen gelandet wären. Schon zwischen BauBuche und Nadelholz aus Fichte war die Diskrepanz der benötigten Volumen sehr eindrücklich, ganz zu schweigen von Spannbeton oder auch Stahl. Wir Archi­ tekten sind durch unsere Ausbildung stark von der Mo­ derne geprägt und folglich auf die schlanken Propor­ tionen von Stahltragwerken fixiert. Diese ästhetische Komponente bietet auch BauBuche, sie »unterbietet« die Schlankheit von Stahl sogar noch. Und das konnten wir mit dem Hallentragwerk deutlich zeigen.

SUSANNE JACOB-FREITAG Freie Journalistin Freelance journalist

a screw specialist. We also had the advantage of having Pollmeier, the producer of BauBuche, providing background support. Even so, there was a critical moment when the structural engineer inspecting the design demanded a screw for the main truss girders that needed to be two centimetres longer than the one we had planned. At that point no such screw existed yet. For any conventional client, this would have been catastrophic. From other projects, however, both we and SWG Produktion were coincidentally able to draw on experience and knowledge of how to obtain an individual test for a longer screw at relatively short notice. That really saved us. TOBIAS SCHNEIDER

Fortunately, there was already an ETA (European Technical Assessment), that is, official EU approval, for BauBuche (ETA-14 / 0354) dating back to 2013, which also approves the use of Würth’s ASSY® fullthread screws in BauBuche, and, vice versa, an ETA for ASSY® full-thread screws (ETA-11 / 0190), which permits the use of these screws in BauBuche. With an individual test and these two ETAs, the use of the new screw was approved within a very short period of time and using it was no longer a problem. SUSANNE JACOB-FREITAG

There is a comparative building material analysis showing how the cross-sections of the SWG hall would have turned out in BauBuche, glued laminated timber, pre-stressed concrete, and steel. Why was this comparison carried out, given that BauBuche had already been chosen? CHRISTOPH DÜNSER

We undertook this comparative analysis because we wanted to know roughly where we would have ended up if we had used conventional building materials. 19

Aufhorchen ließ uns außerdem die Aussage von Hen­ ning Ernst, dass im Hinblick auf die Materialien Stahl und Holz nicht die Ausführung der Fachwerkstäbe das Problem wäre, sondern die Knotenpunkte, insbe­ sondere die sogenannten Hochleistungsknoten, wie sie in der Halle fast durchgängig vorkommen. Sie wären in Stahl wesentlich komplizierter und aufwändiger herzustellen als in Holz, so sein Fazit. ALOIS WIMMER

Zwar war es unser erklärter Wille, die Halle in Holz zu bauen. Mit dem Materialvergleich wollten wir aber auch zeigen, dass wir nicht irgendeinem Traum hinter­ herrennen, sondern dass wir gute Gründe haben, uns für BauBuche zu entscheiden. SUSANNE JACOB-FREITAG

Gab es außer der architektonischen Gestaltung, die BauBuche hier ermöglicht hat, noch andere Gründe für die Baustoffwahl? ALOIS WIMMER

Ja. Wichtig waren uns auch die Signalwirkung des Hallenbaus in Sachen Nachhaltigkeit und der damit verbundene Marketingeffekt. Zugleich wollten wir natürlich zeigen, dass Industriebau in Holzbauweise in Kombination mit den richtigen Verbindungs­mitteln nicht nur technisch machbar, sondern auch mit archi­ tektonischem Anspruch möglich ist. Und zu guter Letzt spielt der interne Effekt eine große Rolle: Die natürliche und behagliche Atmo­ sphäre in der Halle schafft eine angenehme Arbeits­ umgebung mit hoher Aufenthaltsqualität – ein wich­ tiger Gesichtspunkt für unsere Mitarbeiter, die den ganzen Tag darin verbringen. SUSANNE JACOB-FREITAG

Es gibt nicht viele Planer und Unternehmen, die sich an ein Projekt dieser Größenordnung herantrauen, das einen relativ neuen Werkstoff einsetzt, für den Spezialwissen sowie spezielle Werkzeuge und Maschi­ nen erforderlich sind. Wie konnten Sie vor diesem Hintergrund sicher sein, dass Sie Ihr Projekt realisie­ ren würden?

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The discrepancy in the required volumes was already very striking between BauBuche and spruce, let alone concrete or pre-stressed concrete. We architects are strongly influenced by modernism through our training and therefore tend to be fixated on the slender proportions of steel structures. BauBuche also offers this aesthetic component, in fact it even “undercuts” the slenderness of steel, a factor clearly evident in the support system for this hall. We were also struck by Ernst’s statement that, with regard to the materials steel and wood, the problem was not the design of the trusses, but rather the nodes, especially what are called “high performance” nodes, which are found almost everywhere in this structure. He concluded that they would be much more complicated and costly to produce in steel than in wood. ALOIS WIMMER

It was of course our clearly stated intention to build the hall in wood, but by comparing materials we also wanted to show that we were not just chasing some dream, but that we had good reasons for choosing BauBuche. SUSANNE JACOB-FREITAG

Apart from the architectural design possibilities that BauBuche permitted, were there any other reasons behind the choice of building material? ALOIS WIMMER

Yes. The hall’s status as a statement of sustainability and the associated benefits in terms of marketing were also important to us. At the same time, of course, we wanted to show that, in combination with the right fastenings, industrial building in timber is not only technically possible, but can also be achieved with architectural sophistication. Last but not least, the interior effect provided by wood also played a major role: the natural and comfortable atmosphere in the hall creates a pleasant and high-quality working environment, an important aspect for our employees who spend the whole day there.

ALOIS WIMMER

Wir wussten natürlich um den Schwierigkeitsgrad, gerade weil es in vielerlei Hinsicht ein Pionierprojekt ist. Für uns war es daher extrem wichtig, dass wir außer unserem Ingenieurbüro SWG Engineering auch HK Architekten, Pollmeier, Schlosser Holzbau und Bin­ derholz mit im Boot hatten. Mit anderen Projektpart­ nern hätten wir das Projekt ganz sicher nicht realisie­ ren können. In dieser Team-Konstellation fühlten wir uns aber auf der sicheren Seite. Sie führte auch dazu, dass die Vergabe im Partnering-Verfahren erfolgte. Es gab also keine Ausschreibung, sondern eine Direkt­ beauftragung der Team-Unternehmen, im Vertrauen darauf, dass jeder das bestmögliche Angebot einbringt. SUSANNE JACOB-FREITAG

Wie schnell konnte SWG Engineering den Entwurf in konkrete Bauteil-Abmessungen übersetzen? CHRISTOPH DÜNSER

Das ging relativ schnell. Wichtig waren für uns vor allem die Höhen der Haupt- und Nebenträger des Dachtragwerks, um zu wissen, ob wir die TGA-Leitun­ gen unterbringen können. Wir mussten auch abschät­ zen können, wie viel Technik wir an das Tragwerk anhängen dürfen. Davon hing die Höhenentwicklung der gesamten Halle ab. Henning Ernst nannte uns innerhalb kurzer Zeit die Trägerhöhen – wie die des Hauptträgers mit 3,80 Metern, bei der es auch geblie­ ben ist –, und berücksichtigte auch unsere Vorgabe »so schlank wie möglich bei gleichzeitig maximaler Auslastung der Querschnitte«. Insbesondere an der Ausbildung der Knoten tüf­ telte er mit seinem ganzen Ingenieursverstand so lange, bis alles passte. So sind beispielsweise die Kno­ ten über den 6 Meter hohen Mittelstützen – es sind die am höchsten belasteten Knoten – zu 99,9 Prozent ausgelastet. Um eine Idee davon zu bekommen, welche Kräfte hier wirken, stelle man sich einen leeren Airbus A380 mit einem Gewicht von 275 Tonnen auf jeder dieser Stützen vor. So riesig sind die Lasten, die hier aufgenommen werden müssen.

SUSANNE JACOB-FREITAG

There are not many planners and companies who would dare to approach a project of this scale, not least because it uses a relatively new material that requires expert knowledge alongside special tools and machines. With this in mind, how could you be sure that you would be able to see your project through? ALOIS WIMMER

Of course we knew how difficult this project was going to be, precisely because it is a pioneering pro­ ject in many respects. This meant it was extremely important for us to have HK Architekten, Pollmeier, Holzbau Schlosser, and Binderholz on board in addition to our own SWG Engineering office. We certainly would not have been able to implement the project with other partners. With this team, however, we felt we were in safe hands. It also led to the award of contracts through a partnering procedure. There was no call for quotes; instead, the team companies were commissioned directly, in the understanding that everyone would submit the best possible bid. SUSANNE JACOB-FREITAG

How quickly was SWG Engineering able to translate the design into concrete component dimensions? CHRISTOPH DÜNSER

That proceeded relatively quickly. Knowing the heights of the main girders and secondary beams of the roof structure was of primary importance, in order to determine whether it would be able to accommodate the building’s service pipes. We also needed to be able to estimate how much technology we could suspend from the supporting structure, because that would determine the overall height of the entire hall. Ernst was able to provide us with the girder heights very quickly, including that of the main girder, at 3.80 metres, which remained unchanged as the project progressed. 21

SUSANNE JACOB-FREITAG

Schaut man sich die Knoten- und Anschlusspunkte der Fachwerkträger an, fällt auf, dass dafür zimmer­ mannsmäßige Verbindungen gewählt wurden. Wie kommt das? HERMANN KAUFMANN

Das hatte Henning Ernst vorgeschlagen. Es ist aber auch naheliegend, diese traditionellen Verbindungen bei BauBuche einzusetzen und dabei zugleich eine Menge Stahlteile zu sparen, weil das Hartholz auf­ grund seiner hohen Festigkeit sehr große Druckkräfte von Holz auf Holz übertragen kann. CHRISTOPH DÜNSER

Der Abbund der Treppenversätze bzw. der verlängerten Treppenversätze stellte allerdings eine große Heraus­ forderung dar: Denn die CNC-Maschinen konnten die riesigen BauBuche-Bauteile aufgrund ihres Gewichts nicht wenden, sodass dieser Vorgang händisch mit Hebezeugen erledigt werden musste. Hinzu kamen anfänglich Probleme mit der Präzision beim Abbund, da BauBuche andere Maschineneinstellungen benö­ tigt als Fichte. Zwar war es möglich, die Einstellungen entsprechend anzupassen, dennoch konnte die erfor­

He also took into account our specification to keep them “as slim as possible with maximum utilization of the cross-sections”. Particularly in developing the nodes, Ernst used all of his engineering expertise to tinker with the design until everything fit together. For example, the nodes above the six-metre-high central supports, which bear the heaviest load, are loaded at 99.9 percent of their capacity. To get an idea of the forces acting here, imagine an empty Airbus A  380 weighing 275 tonnes on each of these supports. That is the enormous kind of load that has to be supported here. SUSANNE JACOB-FREITAG

Looking at the nodes and connection points of the trusses, it is striking to note that carpentry connections were chosen. How did that come about? HERMANN KAUFMANN

TOBIAS SCHNEIDER Geschäftsführer SWG Produktion Managing director of SWG Produktion

That was one of Ernst’s suggestions. It was also an obvious choice to use these traditional joints when constructing with BauBuche, because the hardwood can transfer significant compressive forces from wood to wood due to its high strength, while at the same time allowing us to also avoid using a lot of steel parts. CHRISTOPH DÜNSER

The joining of the stepped offsets or the extended stepped offsets, however, did pose a great challenge: the CNC machines were unable to turn the huge BauBuche components due to their weight, so this process had to be carried out manually with lifting gear. Initially, there were also problems with the precision of the joinery, as BauBuche requires different machine settings than spruce. Although it was possible to adjust the settings accordingly, we initially could not fully achieve the exact level of precision that is absolutely necessary for hardwood in order to create a form-fit connection. The problem was solved using compensation plates, and a small excess in thickness that remained on some of the joined components was milled off by hand. 22

derliche Präzision, die bei Hartholz unbedingt not­ wendig ist, um eine formschlüssige Verbindung her­ zustellen, zunächst nicht hundertprozentig erreicht werden. Ein geringer Dickenzuschlag, der dann hän­ disch abgefräst wurde, sowie Ausgleichsbleche lösten das Problem. SUSANNE JACOB-FREITAG

Auch Brandschutz ist beim Holzbau immer ein be­ sonderes Thema. Sie haben die hohen Anforderun­ gen des Brandschutzkonzepts erfüllt. Wie beurteilen Sie die Maßnahmen? CHRISTOPH DÜNSER

Man muss bedenken, dass wir mit dem Hallenbau in Sachen Brandschutz ans Limit dessen gegangen sind, was die Bauordnungen gerade noch so hergeben, ja sogar darüber hinaus. Denn REI  90-B-Wände in der Größenordnung, wie sie hier vorkommen, gibt es bisher nirgendwo. Das Spannende an dieser Stelle ist aber, dass wir in der Phase der Brandschutzbesprechungen vom beteiligten Holzbauunternehmer Josef Schlosser erfahren haben, dass sich die Muster-IndustriebauRichtlinie ändern wird. Daraufhin haben wir einen Antrag gestellt, nach der neuen Verordnung bauen zu dürfen, auch wenn sie noch nicht in Kraft getreten war. Das hat geklappt und uns enorm viel Aufwand in Bezug auf die Stahlteile gespart, die andernfalls einen Brandschutzanstrich hätten erhalten müssen. Die neue Verordnung erlaubte für die Halle außerdem eine Feuerwiderstandsdauer von nur 15 Minuten. Ledig­ lich die Brandwand-Ersatzwand im letzten Hallenab­ schnitt hatte REI  90-B zu erfüllen. Eine Sprinkleran­ lage haben wir ebenfalls eingebaut. HERMANN KAUFMANN

Auf jeden Fall kann man sagen, dass der Holzanteil im Verhältnis zu dem, was in der Halle steht, und den Flächen, die nicht brennbar sind, sehr gering ausfällt. Das Holz würde daher im Brandfall fast keinen Bei­ trag liefern und bliebe am längsten stabil. Der Auf­ wand für die Brandschutzmaßnahmen hielt sich dank der neuen Verordnung dann auch im Rahmen.

HERMANN KAUFMANN HK Architekten

SUSANNE JACOB-FREITAG

Fire safety is also always of particular importance when it comes to wood construction. You met the high requirements of the fire protection plan. How do you assess these measures? CHRISTOPH DÜNSER

You have to keep in mind that in terms of fire safety standards we pushed the limits of what the building regulations allow in building this hall, and even went beyond what was thought possible while remaining within code. Fire-resistant walls of the class REI  90-B had never previously been built at the scale seen here. The exciting thing here, however, was that during our discussions of fire safety, we learned from Josef Schlosser, the timber construction company involved, that the industrial building regulations were about to change. We then applied for permission to build under the new regulations, even though they had not yet come into force. Our application was approved, which saved us an enormous amount of effort with regard to the steel parts, as we otherwise would have had to give them a fire resistant coating. The new regulations also allowed the hall to have a fire resistance period of only 15 minutes. 23

SUSANNE JACOB-FREITAG

Herr Kaufmann, in welcher Genealogie steht die SWGHalle innerhalb des Projekt-Portfolios ihres Büros, das ja viele innovative Projekte und Prototypen umfasst? HERMANN KAUFMANN

Wir, also ich und unser Büro, waren schon immer da­ ran interessiert, Neues zu wagen. Wir wollten nie nur das nachbauen, was andere längst gebaut haben, son­ dern haben uns grundsätzlich immer gefragt: »Was kann man besser machen?« Das heißt, wir sind auch gewisse Risiken eingegangen, wenn wir Neues pro­ biert und neue Wege beschritten haben.

Only the firewall in the last section of the hall had to fulfil the REI   90-B standard. We also installed a sprinkler system. HERMANN KAUFMANN

In any case, the proportion of wood used in the hall’s construction is actually very low compared to that of the equipment in the hall and the other noncombustible surfaces. In case of fire the wood would therefore make almost no difference and would in fact remain stable longest. Thanks to the new regulations, the cost of the fire safety measures remained within reasonable limits. SUSANNE JACOB-FREITAG

Mr Kaufmann, where would you say the SWG hall fits within your firm’s project portfolio, which includes many innovative projects and prototypes? HERMANN KAUFMANN

Our firm and I have always been interested in daring to try something new. We have never wanted to simply copy what others had already built, but always 24

In diesem Sinne ist die SWG-Halle ein Projekt, das diese Genealogie logisch fortsetzt. Unterm Strich wollen wir damit exemplarisch zeigen, wie elegant und leistungsfähig man mit BauBuche und entspre­ chenden Verbindungsmitteln bauen kann. Schluss­ endlich ist das Gebäude eine Hülle für einen riesen Apparat. Die Maschinen, die darin stehen, und die vielen TGA-Leitungen unter der Dachkonstruktion rücken den Holzbau zwar ein Stück weit in den Hin­ tergrund, dennoch halte ich es bei der Diskussion, die wir heute aufgrund des Klimawandels führen, für wichtig, zu zeigen, dass solche Industriebauten auch aus nachwachsenden Rohstoffen gebaut werden kön­ nen. Hier haben wir einen weiteren Beleg dafür er­ bracht, dass der Holzbau mit seinen vielfältigen Mög­ lichkeiten gerade bei solchen Bauaufgaben durchaus wirtschaftlich ist und zudem architektonisch interes­ santes Potenzial bietet.

fundamentally ask ourselves: “What can we do better?” In other words, we are aware that trying new things and breaking new ground also means taking on a certain amount of risk. In this sense, the SWG hall is a logical continuation of this genealogy. The bottom line is that we want to demonstrate how elegantly and efficiently one can build with BauBuche and the appropriate fastenings. In the end, the building is a shell for a giant apparatus. Although the machines it contains and the many building services pipes under the roof structure rather overshadow the timber construction to a certain extent, I believe it is important, in regards to the discussions we are having today about climate change, to show that such industrial buildings can also be built from renewable resources. Here we have once again provided further proof that timber construction, with its wide range of possibilities, can be quite economical for such construction projects, and furthermore offers architecturally interesting potential.

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Ansetzen

HOLZ IM GEWERBEBAU ANNE ISOPP

WOOD IN COMMERCIAL CONSTRUCTION ANNE ISOPP

Positioning

Wer durch ein Gewerbegebiet fährt, sieht selten Holz – höchstens in Form von Paletten vor dem Tor. Warum auch? Sind doch Stahl, Glas und Stahlbeton jene Materialien, aus denen üblicherweise Büro- und Industriebauten errichtet werden. Der Holzbau wird eher dem Wohnen zugeordnet. Der Baustoff gilt als gemütlich, angenehm anzufassen und gut riechend. Steht man aber in einer Lagerhalle neben 20 Meter hohen Kreuzstützen aus Holz, dann wirken diese nicht gemütlich, sondern beeindruckend. Fährt man zudem mit dem Auto in eine Altstoffsammelstelle aus Holz – wie es sie unter anderem im vorarlbergischen Feldkirch gibt –, dann ist der erste Eindruck ebenfalls nicht gemütlich, sondern stimmig. Denn welches Material wäre besser für eine solche Bauaufgabe ge­ eignet, bei der es darum geht, gebrauchte Rohstoffe zu sammeln und wiederzuverwerten, als Holz? Und steht man in den Büros einer Tischlerei in Berlin Tempelhof und blickt in die angrenzende Werkhalle hinunter, mischt sich zur konstruktiven Eleganz des Holztragwerks, das die Werkhalle überspannt, ein angenehmes Raumgefühl, das von den gänzlich mit Holz ausgekleideten Wänden herrührt. Der Werkstoff Holz hat nicht nur eine sinnliche Seite, sondern ebenso eine extrem leistungsfähige und hoch technische. Zu diesen beiden Charakteristika kommen noch viele weitere hinzu, die dazu führen, dass der Holz­ bau zunehmend für Gewerbebauten infrage kommt. Der Holzbau hat sich von einer traditionellen zu einer hochmodernen Bauweise entwickelt. Er ermöglicht eine architektonische Ausdrucksweise mit vielfälti­ gen Produkten und Bauweisen. Das zunehmende Be­ wusstsein für die Belange der Umwelt führt zudem dazu, dass immer mehr Bauherren sich für das Bauen mit nachwachsenden und klimaneutralen Baustoffen interessieren. Dazu gehört auch der Baustoff Holz.

Dieser Text ist eine gekürzte Fassung des Artikels, der zuerst im Bauband 3 Gewerbebauten in Lehm und Holz in der Edition DETAIL erschienen ist.

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This text is an abridged version of an article first published in Bauband 3: Gewerbebauten in Lehm und Holz, a special edition of the journal DETAIL – Zeitschrift für Architektur + Baudetail.

Driving through an industrial district, we seldom see much wood; if at all, it usually appears in the form of wooden palettes stacked by the front gate. Why should we expect to see it anyway? After all, office and industrial buildings are usually constructed of steel, glass, and reinforced concrete, while wood is more commonly associated with residential architecture. As a building material, it is seen as homely, pleasing to the touch, and fragrant. When you stand beside 20-metre high crossed wooden support posts in a warehouse, however, they don’t seem homely but rather imposing. Moreover, if you drive to a waste collection centre built of wood, such as the one in Feldkirch in Vorarlberg, the first impression is also not of the domestic but rather of harmony. After all, what material could be more appropriate for a building designed for the collection and recycling of used raw materials? Finally, if you stand in the office of a joinery in the Tempelhof district of Berlin and look down into the adjacent workshop, the elegance of the wooden support structure spanning the workshop merges seamlessly with the pleasant sense of space created by the wood-panelled walls. As a building material, wood possesses not only a sensual quality, but also the equally important qualities of strength and high technical capabilities. These two characteristics are accompanied by many others, which together are increasingly making wood a more popular choice of material for commercial buildings. Wooden architecture has developed from a construction method steeped in tradition to a cutting-edge technology, one in which a wide range of products and construction techniques lend themselves to a variety of architectural styles. The growing sensitivity to environmental concerns is also increasingly generating interest in renewable and climate-neutral building materials among developers. Wood is one such material.

All diesen Argumenten zum Trotz obsiegt bei der Baustoffwahl oft die Gewohnheit – egal wie viele Punkte für den Holzbau sprechen. Man baut gerne so, wie man es schon immer gemacht hat, und es soll im­ mer möglichst billig gebaut werden. Dennoch ist der Holzbau längst im Gewerbebau angekommen. Gene­ rell ist Holz zu einer ernstzunehmenden Alternative zu herkömmlichen Baustoffen für mehrgeschossige und großvolumige Bauten geworden. Das ist der tech­ nologischen Entwicklung zu verdanken, die der Holz­ bau in den letzten dreißig Jahren durchgemacht hat. Wer heutzutage mit Holz bauen will, profitiert von einer großen Vielfalt an Holzwerkstoffen und Bauwei­ sen, die ein leistungsfähiges und dauerhaftes Bauen erlauben. NEUE SICHTWEISEN UND MÖGLICHKEITEN

Diesen Quantensprung in der Anwendung ermög­ lichte vor allem eine neue Haltung im Brandschutz. Früher waren Holzgebäude einfache Konstruktionen, bei denen sich ein Brand schnell ausbreiten konnte. Diese Alltagserfahrung des Menschen prägt bis heute ihren Umgang mit dem brennbaren Material und sie bremste lange Zeit die Entwicklung des modernen Holzbaus. Dabei erreichen moderne Holzbauweisen hohe Feuerwiderstände. Das konnte in zahlreichen Versuchen nachgewiesen werden. Holz bildet durch Verkohlung eine isolierende Schicht, die das Innere des Bauteils vor Hitze schützt und damit den Abbrand verzögert. Tragwerke aus Holz können den Flammen aufgrund des geringen Abbrands oft länger trotzen als Konstruktionen aus Stahl, die bei Hitze schlagartig zu versagen drohen. Der moderne Holzbau ermög­ licht ein sicheres Bauen im Hinblick auf Brand, teils ohne zusätzliche Verkleidungen. Dies spiegelt sich in neuen Baugesetzgebungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz wider.

Despite all these arguments, when companies select building materials habit often prevails, regardless of how many arguments speak in favour of using wood. People like to build the way they’ve always built, and always with an eye to the most economical methods. Nonetheless, wood has long since made inroads into commercial construction, and has become a perfectly credible alternative to traditional building materials for multi-storey and high-volume buildings. This is thanks to the technological developments in timber construction that have taken place over the last thirty years. Those who seek to build with wood today benefit from a wide variety of wood-based materials and construction methods that allow for efficient and durable construction. NEW PERSPECTIVES AND POSSIBILITIES

This quantum leap in the implementation of wood was primarily made possible by new attitudes towards fire prevention. Wooden buildings used to be simple constructions in which fire could spread quickly. To this day, the average person’s everyday experience still shapes our treatment of this flammable material. This has long inhibited the development of timber construction, even though modern methods achieve high levels of fire resistance, as numerous tests have proven. In case of fire, charring creates an insulating layer that protects the inner core of wooden structural elements, slowing combustion. Thanks to this low combustion rate, wooden support structures can often withstand flames longer than steel structures, which are at risk of sudden failure when exposed to extreme heat. Modern timber construction methods allow for high levels of fire safety, often without additional cladding. This has since become reflected in new building codes in Germany, Austria, and Switzerland. 29

Wer mit Holz baut, profitiert weiters von einem beson­ ders effizienten Bauablauf, hervorragendem Schall­ schutz und guten thermischen Eigenschaften. Das Bauen mit Holz findet heutzutage überwiegend in der Werkhalle statt. Die Elemente eines Holzbaus, ob Wände, Träger oder Decken, werden in der Halle des Unternehmens witterungsunabhängig und präzise gefertigt und in kürzester Zeit vor Ort errichtet. Das garantiert dem Bauherrn eine hohe Ausführungsqua­ lität, einen professionellen Bauablauf und eine kurze Bauzeit vor Ort. Doch zurück zur jüngsten Entwicklung des Holz­ baus: Im Grunde genommen ist Holz ein stabförmiger Baustoff. Aus einem Baumstamm entstehen stabför­ mige Elemente. Die Länge und Breite eines Stabes sind durch den natürlichen Wuchs des Baumes be­ grenzt. Erst die Erfindung des Brettschichtholzes, bei dem Holzlamellen miteinander verleimt werden, machte beeindruckende Spannweiten möglich. Diese Erfindung bildete zudem den Beginn der Industria­ lisierung des Holzbaus. In der Anfangszeit stellten die Firmen die Brettschichtholzträger noch projekt­ bezogen her. Mitte der 1990er-Jahre begannen sie dann mit der Standardisierung. Brettschichtholz wurde als Ersatzbaustoff für Kantholz vermarktet und stand in großen Dimensionen und Längen zur Verfügung. Die Industrialisierung des Holzbaus nahm Fahrt auf. In den 1990er-Jahren wurde zudem das Brettsperr­ holz erfunden. Mit diesem neuen Holzwerkstoff ver­ doppelten sich die Möglichkeiten des Holzbaus. Hier werden Brettlagen kreuzweise miteinander verleimt, sodass Quellen und Schwinden des natürlichen Mate­ rials unterbunden werden und ein formstabiler, plat­ tenförmiger Baustoff entsteht. Waren bisher die Holz­ baukonstruktionen stabförmig, stand nun ein flächiges Holzbauelement zur Verfügung, das tragende und raumabschließende Funktionen in sich vereinen kann und zudem formstabil ist.

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Those who choose to build with wood also benefit from a particularly efficient construction process, excellent sound insulation, and favourable thermal properties. Today most of the key steps in timber construction take place in the workshop. The structural elements, such as walls, beams, and decks, are produced fit to measure in the construction company’s workshop, meaning that the process is largely unaffected by adverse weather conditions, and can then be assembled very quickly on site. This guarantees the client a high quality of workmanship, a professional construction process, and a swift construction schedule on site. Coming back to the most recent developments in timber construction, it is key to understand that wood has always essentially been a rod-shaped material. This form derives from the shape of a tree trunk, and the natural growth of the tree limits the length and width of these rods. The invention of glued laminated timber (glulam), in which thin strips of wood are glued together, was the primary development that first enabled timber construction to cover much larger spans. This invention also marked the beginning of the industrialization of timber construction. Companies initially produced glulam beams individually for each specific project until the mid-1990s, when standardized production began. Glulam was marketed as an alternative to squared timber, and available in large sizes and lengths. The industrialization of timber construction quickly gained momentum. Cross-laminated timber was also invented in the 1990s. This new wood-based material has doubled the potential for timber construction. Here, layers of boards are glued together crosswise to prevent the swelling and shrinkage of the natural wood and create a dimensionally stable, panel-shaped building material. Whereas previous timber constructions were rod-shaped, the development of cross-laminated timber made a two-dimensional wooden element available that could combine load-bearing and space-enclosing functions while also maintaining dimensional stability.

KONSTRUKTIVE UND ARCHITEKTONISCHE VIELFALT

Begibt man sich auf die Suche nach wegweisenden Büro- und Gewerbebauten der letzten zwanzig Jahre, fällt auf, dass viele dieser Bauten zugleich Möglich­ keiten für Experimente boten. So funktional und praktikabel Gewerbebauten auch sein müssen, so las­ sen sie anscheinend doch Raum für Neues. Bauherren, Architekten und ausführende Firmen nutzen solche Bauten, um Neues zu wagen, um neue Verbindungen, neue Materialkombinationen oder neue Holzwerk­ stoffe auszuprobieren. Anhand von ein paar indus­ triellen Entwicklungsschritten lässt sich aufzeigen, wie der Holzbau sich von einer traditionellen zu einer hochmodernen Bauweise wandelte und welche Vor­ teile sich durch die Baustoffwahl ergeben. BAUEN MIT FLÄCHIGEN ELEMENTEN

Im Bereich der Gewerbebauten waren es in den 1990er-Jahren vor allem Holzbaufirmen, die in Holz bauten. Hier konnten sie anhand ihrer eigenen Pro­ duktionshallen und Bürogebäude die Qualitäten des modernen Holzbaus präsentieren. Sie verwendeten neuartige Plattenwerkstoffe. Heute hat sich vor allem das Brettsperrholz als Standard im konstruktiven Holzbau durchgesetzt. Das große Format erlaubt einen hohen Vorfertigungsgrad. BAUEN IM MODUL

Brettsperrholz ist ein raumabschließender und zu­ gleich tragender Werkstoff. Darauf basiert seine Er­ folgsgeschichte. Ende der 1990er-Jahre begann man, damit nicht nur Wände und Decken herzustellen, sondern ganze Räume. Die Raummodulbauweise aus Holz hat sich längst durchgesetzt, wenn auch weniger im Gewerbebau. Sie ergibt vor allem Sinn für kleinteilige Raumtypo­ logien wie Studentenwohnheime oder Hotels. Das modulare Bauen hingegen ist für den Gewerbebau sehr wohl sinnvoll und interessant. Es erlaubt auf­ grund großer Stückzahlen identischer Elemente eine industrielle Produktion und damit ein wirtschaftli­ ches Bauen.

STRUCTURAL AND ARCHITECTURAL VARIETY

When looking at pioneering office and industrial buildings of the last twenty years, it is striking to note that many of these construction projects offered opportunities for experimentation. As functional and practical as commercial buildings need to be, they also clearly do leave some leeway for trying out new ideas. Clients, architects, and construction companies use such buildings to experiment, to try out new joints, new material combinations, or new engineered woods. By looking at a few examples of industrial developments, we can see how timber construction has changed from a traditional to an ultra-modern method, and better understand the advantages that this building material offers. BUILDING WITH PLANAR ELEMENTS

In the 1990s, wooden commercial buildings were primarily built by timber construction companies for their own use. This allowed them to showcase the qualities of modern timber construction in their own production halls and office buildings, using new types of construction panels. Today cross-laminated timber has established itself as the standard material for timber construction. The large format allows a high level of prefabrication. BUILDING IN MODULES

The great success of cross-laminated timber derives from the fact that it can both enclose space, and also support the structure. In the late 1990s it began to be used not only for walls and ceilings but for entire rooms. Modular construction using wood is now a well-established method, although it remains less common in commercial buildings. It is particularly well-suited to buildings with a large number of relatively small rooms, such as dormitories or hotels. Modular construction, however, does in fact also prove very useful and interesting for commercial applications. Because it is comprised of large numbers of identical elements, it allows for industrial-scale production and thus economical construction. 31

Dabei kann zum Beispiel die OSB-Platte das Maß aller Dinge sein: Sie bildet die Grundlage für ein Modul­ system in Holzrahmenbauweise, dessen Raster sich an den Maßen der verfügbaren Produktpalette orien­ tiert, einen hohen Vorfertigungsgrad erlaubt und zu­ gleich die Nutzungsflexibilität nicht einschränkt. ÖKOLOGISCH BAUEN

Um die Jahrtausendwende stellten sich Architekten und Bauherren vermehrt die Frage nach Ökologie und Nachhaltigkeit. Eines der Hauptargumente für das Bauen mit Holz ist der nachwachsende Rohstoff. Holz entzieht der Atmosphäre CO2 und speichert den Kohlenstoff dauerhaft bis zu seiner thermischen Ver­ wertung. Oft lässt sich nachweisen, dass die Verwen­ dung von Holz den wichtigsten Faktor für die gute Ökobilanz eines Gebäudes darstellt. Im Endeffekt – über die gesamte Lebensdauer gerechnet – wird für die Herstellung von Holzprodukten oft nur ein Bruchteil jener Energie benötigt, die sonst üblich ist. Zudem ist auch das Treibhauspotenzial wesentlich geringer. Und dank der Vorfertigung und mit Hilfe vorhandener Planungsinstrumente lässt sich ein gesamtökologischer und nachhaltiger Ansatz ohne wesentliche Mehrkosten realisieren. Der Baustoff Holz ist im doppelten Sinne nützlich für das Klima: Er ist Kohlenstoffspeicher und substituiert zugleich endliche Ressourcen. HOCH UND SICHER BAUEN

Holz ist ein brennbarer Baustoff. Das führt bis heute zu einer Verunsicherung und zu Vorurteilen in Bezug auf die Brandsicherheit. Dank intensiver Forschungs­ arbeiten und den daraus resultierenden Erkenntnis­ sen ermöglicht der moderne Holzbau jedoch ein siche­ res Bauen im Hinblick auf Brandschutz. Dies spiegelt sich – wie bereits weiter oben erwähnt – in den neuen Baugesetzgebungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz wider, die das mehrgeschossige Bauen mit Holz überhaupt erst möglich machen. Das österreichi­ sche Forschungsprojekt »8 +« (2009) sollte die Mach­ barkeit eines Holzhochhauses in technischer, ökolo­ gischer und wirtschaftlicher Hinsicht untersuchen. Die Autoren kamen zum Schluss, dass sogar 17 Ge­ schosse in Holzbauweise machbar sind – eine Grenze, die längst erreicht und überschritten wurde.

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As a result, certain wood products, such as the OSB board, can define the system of measurement used in a given project: such boards form the basis for a modular system in timber frame construction whose grid is based on the dimensions of the available product range, allowing for a high degree of prefabrication without restricting flexibility of use. ENVIRONMENTALLY CONSCIOUS CONSTRUCTION

Around the turn of the millennium, architects and clients increasingly began to address the question of environmental impact and sustainability. One of the main arguments for building with wood is its status as a renewable resource. Wood absorbs CO2 from the atmosphere and stores the carbon permanently until the wood is thermally recycled. The use of wood has often been proven to be the most important factor for a building having a net positive effect on the environment. Taking into account the entire lifespan of a building material’s use and application, manufacturing wood products often requires only a fraction of the energy required for other conventional materials. This also means they have a lower impact in terms of global warming. Finally, thanks to prefabrication and with the help of existing planning instruments, using wood allows for the implementation of a comprehensive environmentally conscious and sustainable approach without the accumulation of significant additional costs. As a building material, wood thus benefits the climate in two ways: it stores carbon and at the same time replaces finite resources. BUILDING UPWARD WITH SAFETY

Wood is a combustible building material. To this day this causes a certain amount of uncertainty with respect to wood, and leads to the formation of preconceptions regarding fire safety. Recent intensive research, however, has proven that modern timber construction allows for safe and highly fire-resistant buildings. As mentioned above, this is reflected in

Eine besondere Rolle nahmen bei dieser Betrachtung die Holz-Beton-Verbunddecken ein. Bei diesen Hy­ briddecken wird eine Holzplatte oder ein Holzbalken mit einer dünnen Betonplatte kraftschlüssig verbun­ den. Vorteile sind unter anderem ein verbessertes Schwingungs- und Durchbiegungsverhalten und die Erhöhung der Brandsicherheit sowie verbesserter Schallschutz ohne zusätzlichen Aufwand. Diese Hybriddecken sind ein gutes Beispiel dafür, wie der moderne Holzbau geschickt die Eigenschaf­ ten anderer gängiger Baumaterialien zu kombinieren und je nach ihrer Leistungsfähigkeit einzusetzen weiß. Längst ist die Holz-Beton-Verbunddecke aus dem mehrgeschossigen Bauen mit Holz nicht mehr wegzu­ denken. Natürlich wird Holz gerne auch mit anderen Baustoffen kombiniert, zum Beispiel mit Stahl für Hybridträger. Die Kombination unterschiedlicher Materialien in Bauteilen ermöglicht auf intelligente Weise, materialimmanente Nachteile des Holzbaus zu kompensieren. ENORM TRAGFÄHIG

Die Rede war schon viel von den Qualitäten des mo­ dernen Holzbaus und den Vorteilen der neuen Ferti­ gungsmethoden. Eine Eigenschaft haben wir aber bisher nur gestreift: die Tragfähigkeit von Holz. Sie ist gerade für den Gewerbebau, für den Bau von Hallen von großer Bedeutung. Holz weist im Gegensatz zu anderen Baumaterialien bei einer verhältnismäßig geringen Rohdichte eine hohe Festigkeit auf. Vor allem längs zur Faser hat Holz eine hohe Druck- und Zug­ festigkeit, was die Überwindung großer Spannweiten erlaubt.

new building codes in Germany, Switzerland, and Austria without which multi-storey construction in wood would not be possible. The Austrian research project “8+” (2009) set out to examine the technological, environmental, and economic viability of a wooden skyscraper. The authors came to the conclusion that up to 17 storeys would be feasible in timber construction, a limit that has long since been reached and surpassed. Wood-concrete composite flooring played a particular role in this analysis. In these hybrid deck structures a wooden panel or beam is integrally connected to a thin panel of concrete. Advantages include improved vibration and deflection behaviour, increased fire safety, and improved sound insulation at no extra cost. These hybrid decks are a good example of the ways in which modern timber construction skilfully combines the qualities of other common building materials, and implements them according to their strengths. We can no longer imagine multi-storey timber construction without wood-concrete composite decks. Naturally, wood is also frequently combined with other building materials such as steel for hybrid structural supports. The combination of different materials in building components makes it possible to intelligently compensate for the disadvantages inherent to timber construction. ENORMOUS LOAD-BEARING CAPACITY

Up to this point we have primarily addressed the qualities of modern timber construction and the advantages of new production methods, but as of yet have barely touched on one particular quality: the load-bearing capacity of wood. This carries particular weight for commercial construction, especially for building large production halls. In contrast to other building materials, wood demonstrates a high degree of strength at a relatively low bulk density. Particularly along the grain, wood exhibits a high compressive and tensile strength, which allows it to cover large spans. 33

Die wichtigste Bauholzart ist die Fichte. Durch den Klimawandel geraten jedoch zunehmend andere Baumarten, vor allem Laubbaumarten, in den Fokus, und dabei insbesondere die Buche. Das Holz der am häufigsten vorkommenden Laubbaumart ist ein sehr hartes und schweres Material, das vor allem für den Ausbau, für Möbel oder für die chemische Industrie und die energetische Verwertung verwendet wird. Erst seit kurzem kann es für konstruktive Zwecke ein­ gesetzt werden, weil seit ein paar Jahren Furnier­ schichthölzer aus Buche auf dem Markt erhältlich sind. Deren höhere Festigkeit und Steifigkeit erlaubt noch schlankere Querschnitte als mit Fichtenholz und bringt erhebliche Materialeinsparungen bei glei­ cher Tragfähigkeit mit sich. Die Biegefestigkeit von Buchen-Furnierschichtholz ist circa drei Mal höher als jene von herkömmlichem Brettschichtholz. So können große Spannweiten filigran überbrückt und zugleich hohe Lasten abgeleitet werden. Gerade hier tritt der Holzbau mehr denn je in Kon­ kurrenz zum Stahlbau. Stützen aus Buchen-Furnier­ schichtholz haben eine höhere Tragfähigkeit als Stahl­ betonstützen bei gleichzeitig kleineren Querschnitten. Zudem haben sie ein geringeres Eigengewicht, was wiederum geringere Fundamentdimensionen mit sich bringt. SCHÖNER ARBEITEN IN HOLZ

Neben der ausgezeichneten Trageigenschaft, dem hohen Vorfertigungsrad und der Ausführungsqualität des Holzbaus darf bei Gewerbebauten insbesondere das Wohl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht vergessen werden. Holz hat diesbezüglich einen ent­ scheidenden Vorteil gegenüber anderen Materialien: Die natürliche Anmutung, die Haptik und der vertraute Duft des Materials sprechen unsere Sinne an. Immer öfter entscheiden sich Firmen für Holz, um unter anderem den Arbeitsort für ihre Beschäftigten so angenehm und attraktiv wie möglich zu gestalten. Natürlich sind Aspekte wie das Wohlbefinden und die Identifikation der Angestellten mit ihrem Arbeits­ platz wirtschaftlich nicht zu erfassen, sie kommen erst langfristig zum Tragen. Holz trägt zum nachhaltigen Bauen und zur sozialen Nachhaltigkeit bei.

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Spruce is the wood most commonly used for building material. The effects of climate change, however, are increasingly bringing other tree species into focus, especially deciduous trees, and beech in particular. This, the most prevalent of deciduous species, produces a very hard and heavy wood, which has heretofore been used mainly for interior design, for furniture, in the chemical industry, and to produce energy. Only recently has it become possible to use it for construction purposes, after beech veneer lumber became available on the market a few years ago. Its higher strength and stiffness allow for the creation of even slimmer cross-sections than can be achieved with spruce, and offer considerable material savings at the same load-bearing capacity. The bending strength of beech laminated veneer lumber is about three times higher than that of conventional glulam. This allows for delicate constructions that can bridge large span breadths while simultaneously distributing high loads. Here in particular wood is increasingly becoming more and more competitive with steel construction. Supports made of beech laminated veneer lumber have a higher load-bearing capacity than those made of reinforced concrete, at smaller cross-sections. They also have a lower dead weight, which allows for smaller foundations. BUILDING BEAUTIFULLY WITH WOOD

In addition to timber construction’s excellent loadbearing capacity, high degree of prefabrication, and quality of execution, in commercial buildings the well-being of the employees who will work in a new building is also the topic of careful consideration. In this respect wood holds a decisive advantage over other materials, as the natural look, feel, and familiar scent of the material appeal to our senses. One reason companies increasingly choose wood is to create the most pleasant and attractive workplace possible for their employees. Of course, aspects such as the employees’ well-being and identification with their workplace cannot be measured in economic figures, as they only come into play in the long term. In this sense, wood contributes not only to environmentally responsible construction but also to social sustainability.

Die Materialwahl eines Gebäudes spiegelt auch im­ mer die Haltung des Unternehmens wider. Der Bau­ stoff Holz erzählt vom bewussten Umgang mit Res­ sourcen, dem Einsatz nachwachsender Rohstoffe und trägt damit zur Corporate Identity eines Unterneh­ mens bei. Die steigende Nachfrage nach Holz als Baustoff wird dazu führen, dass sich die Bauweisen und Baupro­ dukte im Holzbau weiterentwickeln. Dabei wird die Möglichkeit des Rückbaus und der Wiederverwen­ dung von Holzkonstruktionen zusehends Beachtung finden. Holz ist der wichtigste nachwachsende Roh­ stoff – und endliche Rohstoffe müssen zunehmend durch nachwachsende ersetzt werden. Zudem müssen von Beginn an die künftigen Ver­ änderungen und die Rückbaubarkeit mitbedacht werden. Die Bauteile sind so zu konzipieren, dass sie Adaptionen erlauben und damit kreislauffähig sind. All dies wird in Lebenszyklusbetrachtungen ablesbar, die für Gewerbebauten zunehmend von Bedeutung sind. Dies gilt vor allem, wenn nicht nur die Rohstoffbereit­ stellung, der Bauprozess und die Nutzungsphase mit­ eingerechnet werden, sondern ebenso die Wiederver­ wendung und das Rückgewinnungspotenzial. Schon jetzt wird mit Holz immer mehr und höher gebaut, auch im Gewerbebau etabliert sich der Holz­ bau zusehends. Das liegt daran, dass der Holzbau in sich alle Qualitäten vereint, die ein moderner Bau ein­ fordert: Er ist langlebig, nachhaltig, von hoher Qualität und die Vorfertigung erlaubt schnelles und störungs­ freies Bauen. Wie schnell, in welcher Qualität und zu welchem Preis sind häufige Fragen, die sich Bauherren beim Bau von Gewerbebauten stellen. Der Holzbau hat hierzu überzeugende Antworten gefunden, denn er löst zudem noch die Anforderungen an Nachhal­ tigkeit und Atmosphäre ein.

The choice of material for a building always also reflects the company’s corporate attitude. The use of wood projects a conscientious approach to the hand­ ling of resources and the use of renewable materials, and thus positively contributes to a company’s corporate identity. The growing demand for wood as a building material will lead to further developments in construction methods and building products with respect to timber construction. In the process, the possibility of dismantling and reusing wooden structures will also increasingly attract attention. Wood is the most important renewable resource available, and it is a simple fact that finite resources must increasingly be replaced by renewable ones. In addition, when planning a new building future changes and the possibility of later dismantling must be taken into account from the outset. Wooden structural elements are designed in such a way that they allow for adaptations, making them recyclable. All this can be seen in life cycle assessments, which are also gaining significance when it comes to the planning of commercial buildings. This is especially true when, alongside the supply of raw materials, the construction process, and the phase of use, the reuse and recovery potential of wood are taken into account. Today we continue to see ever more and ever higher buildings being built with wood, and timber construction is increasingly establishing itself as a legitimate building method within the sphere of commercial architecture. This comes from the fact that timber construction brings together all the qualities that a modern building requires: it is durable, sustainable, of high quality, and lends itself well to prefabrication, allowing rapid and hassle-free construction. How fast, at what quality, and at what price are some of the questions most frequently posed by clients when planning commercial buildings. Timber construction has found convincing answers to all of them, and on top of that is also able to provide positive outcomes for both the environment and the employees who will later work in these buildings. 35

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Ansetzen

EINE ARCHITEKTUR DER ARBEIT TINA MOTT

AN ARCHITECTURE OF INDUSTRY TINA MOTT

Positioning

Die Fertigungshalle der SWG Schraubenwerk Gais­ bach GmbH – Geschäftsbereich Produktion, in Wal­ denburg wird von einem Dachfachwerk überspannt, das in seinen Dimensionen einzigartig ist und als Tragstruktur von außergewöhnlicher konstruktiver wie ästhetischer Qualität überzeugt. Die Konzeption und Umsetzung dieses wegweisenden Industriebaus war maßgebend davon geprägt, dass sich die Archi­ tekten und Ingenieure stets darauf verlassen konn­ ten, von einer aufgeschlossenen und fachkompeten­ ten Bauherrschaft aktiv unterstützt zu werden. Das vereinte Bestreben, etwas Einzigartiges von bleiben­ dem Wert zu schaffen, prägte dieses Vorhaben von Beginn der Entwurfsarbeiten bis zur Fertigstellung. Es bedurfte hoher Einsatzbereitschaft sowie enormer Begeisterung für das Projekt, um sich gemeinsam bis an die Grenzen des Machbaren zu wagen. Durch diese bemerkenswerte Zusammenarbeit reiht sich das kühne Bauwerk in einen eindrucksvollen Kanon historischer Vorgängerprojekte. Bereits während der Zeit der Hochindustrialisie­ rung im ausklingenden 19. Jahrhundert etablierte sich die Strategie, die Marktpräsenz und das Wirkungs­ bild von Unternehmen durch eine innovative und zeichenhafte Architektur ihrer Produktionsstätte zu stärken. Mit dem Einsetzen der Moderne führte das Ausloten der Potenziale neuer Baumaterialien und Konstruktionsweisen zu revolutionären Ansätzen in der Baukunst. In Verbindung mit den progressiven Ideen einzelner Gründer und Unternehmer gelang es, völlig neu konzipierte Fabrikanlagen, Bürogebäude und Arbeitersiedlungen zu schaffen. Diese oftmals kongenialen Kooperationen zwischen visionären Architekten und Firmeninhabern ermöglichten die Planung und Umsetzung einiger der bedeutendsten Architekturikonen ihrer Epoche.

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The timber framework spanning the production hall of the manufacturing division of the SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH (Gaisbach Screw Factory) in Waldenburg is unique in its dimensions, and impresses the viewer with its exceptional structural and aesthetic quality. The fact that the architects and engineers could always rely on the active support of an open-minded and competent client played a decisive role in the design and construction of this groundbreaking industrial building. The united aspiration to create something unique and of lasting value characterized this project from its initial conception to eventual completion. It required a high level of commitment as well as enormous enthusiasm for the project to jointly push the limits of what was technically achievable. Thanks to this remarkable collaboration, this audacious building takes its place in the impressive canon of industrial architecture. At the peak of industrialization at the end of the 19th century, the strategy of using innovative and distinctive architecture for production facilities to strengthen a company’s image and market presence was already well established. With the dawn of the modern era, exploration of the potential of new building materials and construction methods led to revolutionary approaches to the art of construction. The progressive visions of individual founders and entrepreneurs provided new opportunities to create innovative designs for factories, office buildings, and workers’ housing estates. The often congenial collaborations between visionary architects and company owners enabled the conception and implementation of some of the most important architectural icons of their era.

EIN NEUER AUSDRUCK

Die Herstellungsprozesse in den Fabriken wechsel­ ten zu standardisierten, maschinengestützten Ferti­ gungsmethoden, wodurch im Lauf der Industrialisie­ rung großmaßstäbliche Bauprojekte von bisher unbekannten Dimensionen erforderlich wurden. Doch für die neuen Aufgabenbereiche hatte sich noch keine angemessene Architektursprache entwickelt. Die meisten Baumeister und Konstrukteure dieser Zeit versuchten die Problemstellung zu lösen, indem sie bei der Planung und Gestaltung von Fabrikgebäu­ den auf das wohlbekannte Vokabular der damals vor­ herrschenden Stilrichtungen des Historismus und Eklektizismus zurückgriffen. Die romantisierten, schlossartigen Anlagen der Mechanischen Baumwoll­ spinnerei und Weberei in Augsburg, der Feldschlöss­ chen Brauerei im schweizerischen Rheinfelden oder der Tabak- und Cigarettenfabrik Yenidze in Dresden bieten noch heute Anschauungsbeispiele für ein Kon­ zept, das zweckmäßig ausgeführte Maschinen- und Werkräume in opulente Fantasiefassaden hüllte. Parallel dazu entstanden jedoch bald progressive Bewegungen. Die kühnen Bauaufgaben einer neuen Zeit sollten nicht mehr hinter historisierenden Putzund Stuckschichten versteckt werden, sondern durch eine funktionale Gestaltung und klare Lesbarkeit der Nutzung überzeugen. Die fortschrittlich gesinnten Architekten und Ingenieure bemühten sich darum, neue Gebäudetypologien in konstruktiver und ästhe­ tischer Kongruenz zu entwickeln. Denn bereits damals bestand eine der Herausforderungen darin, weitspan­ nende Produktionshallen durch ausreichend Tages­ licht gleichmäßig zu illuminieren. So begannen inten­ sive Versuchs- und Forschungsarbeiten an innovativen Baumaterialien und -technologien. Die Entwicklung von Walzstahl, Eisenbeton und großflächigen Glas­ scheiben erlaubte neuartige Kon­struktionsmethoden, welche durch ihre strukturellen wie gestalterischen Prinzipien schließlich den Weg zur Architektur der Moderne bereiteten.

A NEW EXPRESSIVE FORM

As industrialization progressed, the manufacturing processes in factories shifted towards standardized, machine-aided production methods, which necessitated the construction of industrial buildings on a previously unknown scale. An appropriate architectural language, however, had not yet been developed to meet these new requirements. For the planning and design of factory buildings during this period, most architects and engineers sought to resolve this issue by drawing on the well-known vocabulary of historicism and eclecticism prevalent at the time. To this day, the romanticized, practically palatial facilities of the Mechanical Cotton Spinning and Weaving Mill in Augsburg, the Feldschlösschen Brewery in Rheinfelden, Switzerland, or the Yenidze Tobacco and Cigarette Factory in Dresden stand as illustrative examples of an approach that wrapped functional machine halls and workshops in opulent and fantastical facades. All the while, however, more progressive approaches were also percolating, in which the bold building requirements of a new era would no longer be hidden behind historicizing layers of plaster and stucco, but would instead impress viewers with their functional design and clear legibility. Forward-thinking architects and engineers endeavoured to develop new building typologies that offered constructive and aesthetic harmony. Then as now, one of the greatest challenges was to provide sufficient daylight to adequately and uniformly illuminate the spacious production halls. This formed the catalyst for intensive research into and experimentation with new construction materials and technologies. The development of rolled steel, reinforced concrete, and large panes of glass allowed for innovative methods of construction whose structural and design principles ultimately laid the foundations for modern architecture. 39

Im Jahr 1851 versetzte der britische Botaniker, Land­ schaftsarchitekt und Publizist Joseph Paxton die Welt in Erstaunen, als er für die erste Weltausstellung in London ein aufsehenerregendes Bauwerk entwarf, das als das »Gebäude ohne Schatten« in die Annalen eingehen sollte. Die Royal Society of Arts, eine Ver­ bindung von Bankiers und Industriellen, initiierte die erste globale Industriemesse, an der 28 Länder mit insgesamt 17.062 Ausstellern teilnahmen, um neuartige Produktionsmethoden und Maschinen vor­ zustellen. Der sogenannte Crystal Palace überspannte eine Grundfläche von 560 mal 137 Metern und war, ohne jegliches tragendes Mauerwerk, komplett aus vorgefertigten Gusseisenteilen und Glassegmenten konstruiert. Diese wurden seriell aus einheitlichen Modulen zusammengesetzt, wodurch das System be­ liebig erweiterbar war. Der renommierte Erfinder und Eisenbahningenieur Charles Fox übersetzte den Pro­ jektentwurf in Werkpläne und Gussformen, um das gesamte Bauvolumen in nur 17 Wochen zu errichten. Durch seine revolutionäre Konstruktionsform war es möglich, die enorme Struktur nach der Great Exhibi­ tion im Hyde Park zu demontieren und am anderen Ende der Stadt im Vorort Sydenham wieder aufzu­ bauen, wo sie bis zu ihrer Zerstörung durch einen Brand im Jahr 1936 als Museum und Ausstellungs­ halle genutzt werden konnte. Dieser kühne Entwurf diente als Vorlage für ein bahnbrechendes Bauwerk der deutschen Industrie­ geschichte. Im Jahr 1902 fertigte die Spielwarenfabrik Margarete Steiff GmbH in Giengen an der Brenz einen Plüschbären, der als sogenannter Teddybär interna­ tional reißenden Absatz finden sollte. Um dem Ansturm an Aufträgen gerecht zu werden, musste die Manufak­ tur schlagartig ihre Produktionskapazitäten erhöhen und benötigte dafür umgehend ein neues Manufak­ turgebäude. Der Neffe der Firmengründerin, Richard, war ein begabter Konstrukteur und Erfinder, der wäh­ rend eines Aufenthalts in London die Möglichkeit genutzt hatte, den Crystal Palace eingehend zu studieren. Zusammen mit der Eisenwerk München AG konzipierte er eine radikal moderne Fabrikations­

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In 1851 the British botanist, landscape architect, and publisher Joseph Paxton caused a worldwide sensation with the spectacular building he designed for the first World Exhibition in London, which would go down in history as the “building without shadows”. Organized by The Royal Society of Arts, an association of bankers and industrialists, this first global industrial fair involved the participation of 28 countries and a total of 17,062 exhibitors presenting their most innovative production methods and machines. The building known as the Crystal Palace spanned a floor area of 560 by 137 metres, and was constructed entirely from prefabricated cast iron components and glass panes, without any load-bearing masonry. These structural elements were serially assembled from standardized modules, making the system easily extendable. The renowned inventor and railway engineer Charles Fox translated the project design into working plans and moulds, and the entire structure was built in just 17 weeks. Its revolutionary form made it possible to dismantle the enormous structure after the Great Exhibition in Hyde Park and rebuild it at the other end of the city in the suburb of Sydenham, where it served as a museum and exhibition hall until it was destroyed by fire in 1936. This bold design served as the model for a building which would later break new ground in German industrial history, too. In 1902, the Margarete Steiff GmbH toy factory in Giengen an der Brenz produced a plush bear which quickly gained international fame as the “teddy bear”. In order to cope with the resulting onslaught of orders, the manufacturer needed to rapidly increase its production capacity, which required the immediate construction of a new factory building. Richard Steiff, the founder’s nephew, was a talented designer and inventor in his own right who had previously taken the opportunity to study the Crystal Palace in detail during a visit to London. Together with Eisenwerk München AG (Munich Ironworks), he devised a radically modern

halle als dreigeschossige Stahlskelettkonstruktion mit einer doppelt verglasten Vorhangfassade – der wohl frühesten Version einer Curtain Wall im Indus­ triebau. Die äußere Glashaut wurde vom Sockel bis zum Dachrand durchgehend dem Tragesystem vor­ gehängt und konsequent um die Ecken geführt. Noch bevor namhafte Architekten und Ingenieure ihre ers­ ten Planungen im modernen Industriebau entwickeln konnten, entstand hier ein Gebäude, das räumlich und konstruktiv auf die produktionstechnischen An­ forderungen maßgeschneidert war. Im Volksmund wurde das ungewöhnliche Glasgebilde liebevoll-spöt­ tisch »Jungfrauenaquarium« genannt, weil dort vor­ wiegend unverheiratete junge Frauen als Näherinnen arbeiteten. Leider geriet das wegweisende Bauwerk bald in Vergessenheit und wurde erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts von den Architekturhistorikern wie­ derentdeckt. ARCHITEKTUR ALS IDENTITÄT

Als der eigentliche Erfinder der Corporate Architec­ ture gilt jedoch der deutsche Architekt, Designer und Maler Peter Behrens, der 1907 den Deutschen Werk­ bund mitbegründete. Er übte als künstlerischer Bei­ rat umfassende gestalterische Tätigkeiten für die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft AEG aus und prägte das Erscheinungsbild des Konzerns entschei­ dend. Seine Entwürfe reichten von der Gestaltung der Produkte bis hin zu Briefbögen und Werbepros­ pekten. Der Unternehmensgründer Emil Rathenau hatte als einer der Ersten die Zukunftschancen der Elektrizität erkannt und die Rechte zur wirtschaftli­ chen Nutzung der Patente von Thomas Alva Edison in Deutschland erworben. Er vertrat die Überzeu­ gung, dass gezieltes Marketing und eine ausgefeilte Corporate Identity zum Erfolg eines Unternehmens beitrugen, und beauftragte Behrens damit, eine zu­ kunftsweisende Turbinenfabrik im Berliner Stadtteil Moabit zu planen, welche im Jahr 1909 vollendet wurde. Ihre monumentale Struktur ganz aus Beton, Stahl und Glas sollte die moderne Industriearchitek­ tur zu einem neuen Selbstbewusstsein führen.

production hall as a three-storey steel skeleton structure with a double-glazed curtain wall, likely the earliest use of a curtain wall in industrial construction. Reaching from the plinth to the cornice of the roof, the curtain wall was suspended from the steel support structure and wrapped around the building’s corners. Here, before renowned architects and engineers had developed their first modern industrial designs, a building was constructed whose space and structure were tailored specifically to the technical production requirements of the activities that would take place therein. In local parlance the unusual glass building was affectionately and mockingly called the “Jungfrauenaquarium” (Virgins’ Aquarium), because the seamstresses employed there were mainly unmarried young women. Unfortunately, this pioneering building was soon forgotten, and was only rediscovered by architectural historians towards the end of the 20th century. ARCHITECTURE AS IDENTITY

Despite this, it is German architect, designer, and painter Peter Behrens, co-founder of the Deutscher Werkbund in 1907, who is hailed as the true inventor of corporate architecture. As an artistic advisor for the Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG), he carried out a wide range of design activities, ranging from product design to letterheads and advertising brochures, and played a decisive role in shaping the company’s corporate image. AEG founder Emil Rathenau was one of the first to recognize the future potential of electricity, and secured the rights to commercial use of Thomas Alva Edison’s patents in Germany. Rathenau was convinced that targeted marketing and a sophisticated corporate identity were crucial to a company’s success, and commissioned Behrens to plan a pioneering turbine factory in the Berlin district of Moabit, which was completed in 1909. Its monumental structure made entirely of concrete, steel, and glass provided modern industrial architecture with a new self-confidence. 41

Sein früherer Mitarbeiter und Kollege Walter Gropius erhielt nur zwei Jahre später die Gelegenheit, mit dem Fagus-Werk in Alfeld eine weitere stilprägende Industrieanlage zu entwerfen. Der Begründer des Bauhauses fand im Unternehmer Carl Benscheidt einen erfahrenen und aufgeschlossenen Bauherrn, der durch die Herstellung hochwertiger fußgerechter Schuhleisten zum internationalen Marktführer auf­ gestiegen war. Er hatte sehr klare Vorstellungen da­ von, wie eine ideale Fabrik aussehen und funktionie­ ren sollte, entwickelte er doch zwischen 1896 und 1947 mit unterschiedlichen Architekten ein umfang­ reiches Ensemble von Produktionsstätten und Wohn­ bauten. So entstand unter Gropius’ Leitung ein Ge­ bäudekomplex, der durch strenge kubische Formen in Verbindung mit spielerischer Leichtigkeit und Transparenz zu überzeugen wusste und im Juni 2011 zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben wurde. Das Konzept, in enger Zusammenarbeit von inno­ vativen Unternehmern mit inspirierten Gestaltern und Planern eine klar formulierte Corporate Archi­ tecture zu entwickeln, verbreitete sich von Deutsch­ land aus rasch in die Industrienationen der Welt und führte zu außergewöhnlichen Ergebnissen. Die Na­ men verschiedener Größen der internationalen Archi­ tekturgeschichte sind untrennbar mit bestimmten Marken und ihren visionären Gründern verbunden. So wurde in Italien der damals noch recht unbe­ kannte Ingenieur Giacomo Mattè-Trucco im Jahr 1912 vom Gründer der Fiat-Werke mit der Planung einer Fabrik im Turiner Stadtteil Lingotto beauftragt. Ihre räumlichen Dimensionen und technischen Maßstäbe sollten für das Europa dieser Zeit bahnbrechend wer­ den. Giovanni Agnelli hatte auf einer Amerikareise Henry Fords moderne Produktionsstätten in Detroit besucht und wollte diese an Einfallsreichtum und Kühnheit übertreffen. Nach intensiver gemeinsamer Planungsarbeit wurde 1916 mit dem Bau begonnen, der schließlich sieben Jahre später abgeschlossen werden konnte. Das 504 Meter lange Stahlbeton-Ge­ bäude verfügte über fünf Stockwerke, in denen die ge­ fertigten Automobile je nach Produktionsfortschritt immer ein Geschoss höher wanderten, bis sie schließ­ lich an der Rennstrecke auf dem Dach der Fabrik ihre erste Testfahrt absolvierten.

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Just two years later, Behrens’ former employee and colleague Walter Gropius, who would later go on to found the Bauhaus, received the opportunity to design another stylistically influential industrial plant, the Faguswerk in Alfeld. In entrepreneur Carl Benscheidt, Gropius found an experienced and open-minded client who had risen to the position of international market leader by producing high-quality orthopaedic shoe lasts. Benscheidt had very clear ideas about how an ideal factory should look and function, and would ultimately develop an extensive ensemble of production facilities and residential buildings with various architects between 1896 and his death in 1947. Under Gropius’ supervision, a building complex was constructed whose combination of austere cubic forms with a playful lightness and transparency left a lasting impression. It was declared a UNESCO World Heritage Site in June 2011. The concept of developing a clearly formulated notion of corporate architecture in close collaboration between innovative entrepreneurs and inspired designers and planners spread rapidly from Germany to other industrialized nations, producing extraordinary results. The names of various greats in international architectural history are now inextricably linked to specific brands and their visionary founders.

Im Jahr 1936 übernahm mit Frank Lloyd Wright ein äußerst angesehener Gestalter die Planungsarbeiten des Hauptsitzes der Firma Johnson & Son Inc. in Racine im US-Bundesstaat Wisconsin. Der Firmen­ inhaber Herbert Fisk Johnson erklärte seine Wahl folgendermaßen: »Ich wollte das beste Bürogebäude der Welt errichten, und das ging nur mit dem besten Architekten der Welt.« Der vollkommen nach innen orientierte Gebäudekomplex aus rotem Backstein be­ sticht durch seine ungewöhnliche, organische Linien­ führung sowie den markanten, 14 Stockwerke zählen­ den Research Tower und wurde bereits 1976 zum National Historic Landmark ernannt. Der Entwurf überraschte mit völlig neuartigen Raum- und Licht­ konzepten. Der ausschließlich indirekt beleuchtete zentrale Arbeitsbereich wurde von monumentalen pilzförmigen Stützen gegliedert. Zwischen ihren scheibenförmigen Auflagern fiel gedämpftes Licht aus verglasten Öffnungen im Dach. Da die Industrial Com­ mission die schlanken Dimensionen der Säulen zu­ nächst für unrealistisch hielt, bewies Wright in einem dramatisch inszenierten öffentlichen Experiment ihre Standsicherheit und konnte die Mitarbeiter der Be­ hörde schließlich überzeugen. Der Architekt entwarf jedoch nicht nur das Gebäudevolumen, sondern plante in sorgfältiger Absprache mit Johnson auch mehr als vierzig Möbelstücke und Ausstattungsgegenstände für den Firmensitz, der erst in den 1950er-Jahren voll­ ständig fertiggestellt werden sollte.

In Italy, for example, Fiat founder Giovanni Agnelli commissioned the then relatively unknown engineer Giacomo Mattè-Trucco to design a factory in the Lingotto district of Turin in 1912, whose spatial dimensions and technical standards would become a milestone in European industrial architecture. On a trip to the United States, Agnelli had visited Henry Ford’s modern production facilities in Detroit, and sought to surpass them in both ingenuity and vision. After an intensive period of collaborative planning, construction began in 1916 and was finally completed seven years later. The 504-metre-long reinforced concrete building had five storeys, in which the automobiles moved one storey higher with each step in the assembly process, finally completing their first test drive on the race track on the factory roof. In 1936 Frank Lloyd Wright, already a highly respected architect, took on the task of designing and planning the headquarters of S. C. Johnson & Son Inc. in Racine, Wisconsin. Company owner Herbert Fisk Johnson explained his choice with the words: “I wanted to build the best office building in the world, and that could only be done with the best architect in the world.” The completely inward-facing redbrick building complex stands out for its unusual, organic lines and striking 14-storey research tower. It was designated a National Historic Landmark in 1976. The design caused quite a stir with its completely innovative concepts of the interplay between space and light. Monumental dendriform columns punctuate the central working area, which is indirectly lit: between their “lily pad” capitals subdued light falls from glazed openings in the roof. Since the Industrial Commission initially considered the slender dimensions of these columns unrealistic, Wright proved their stability in a dramatically staged public experiment, finally convincing the building inspectors. The architect not only designed the building itself, but in close consultation with Johnson also planned more than forty pieces of furniture and elements of interior decor for the headquarters, which were finally completed and incorporated in the 1950s. 43

Der italienische Schreib- und Büromaschinenherstel­ ler Olivetti wählte als erstes Unternehmen einen viel­ fältigeren Zugang zur Corporate Architecture. Der Firmengründer Camillo Olivetti definierte bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine herausragende Ge­ staltung als wesentliches Identifikationsmerkmal des Unternehmens. So entwickelte sein Sohn Adriano den Ehrgeiz, die interessantesten Vertreter der italie­ nischen Moderne um sich zu scharen, welche oftmals unterschiedliche oder geradezu konträre architekto­ nische Strömungen vertraten. Durch die verschiede­ nen Bauaufgaben auf dem Fabrikgelände in der piemontesischen Kleinstadt Ivrea entstand ein span­ nungsreicher Querschnitt durch das Schaffen der Architektur-Avantgarde dieser Zeit. Von seinem Ein­ stieg in die Firma während der 1930er-Jahre bis zu seinem unerwarteten Tod 1960 entwickelte sich ein einzigartiges Ensemble aus Werkhallen, Verwaltungs­ gebäuden, Wohnsiedlungen und verschiedenen so­ zialen Einrichtungen von außergewöhnlicher archi­ tektonischer Qualität, das die UNESCO im Juli 2018 zum Weltkulturerbe erklärte. Die lichtdurch­flutete Hauptfabrik mit einer fast 400 Meter langen ge­ schwungenen Vorhangfassade aus Glas wurde 1938 von den lokalen Größen Luigi Figini und Gino Pollini entwickelt, die wie Giuseppe Terragni Mitglieder des legendären Zirkels rationalistischer Architekten Gruppo 7 waren. Zwanzig Jahre später ergänzte der Meister des Neorealismus Ignazio Gardella die Anlage durch eine polygonale Werkskantine aus rohem Back­ stein und Sichtbeton, während zur selben Zeit der venezianische Baukünstler Carlo Scarpa den ikonen­ haften Showroom an der Piazza San Marco entwarf. Neben sechs Zweigfabriken in Italien entstanden in den darauf folgenden Jahren weitere 21 internationale Filialunternehmen. Viele bekannte Architekturschaf­ fende aus der Region oder dem Land der Niederlas­ sung konnten für die jeweiligen Bauaufgaben gewon­ nen werden.

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The Italian typewriter and office machine manufacturer Olivetti was the first company to take a more diverse approach to corporate architecture. In the early 20 th century, founder Camillo Olivetti had already defined outstanding design as a signature element of the firm’s image. His son Adriano ambitiously sought to surround himself with the most interesting proponents of Italian Modernism, who often represented different or even contradictory architectural trends of the time. As a result, the various buildings on the factory site in the small Piedmontese town of Ivrea present a fascinating crosssection of the avant-garde architecture of this period. From the time Adriano entered the business in the 1930s until his unexpected death in 1960, a unique ensemble of production halls, administrative buildings, housing estates, and various social facilities of exceptional architectural quality gradually developed, to the extent that the entire complex was declared a UNESCO World Heritage Site in July 2018. The light-filled main factory, with a curving glass curtain wall almost 400 metres long, was designed in 1938 by the famous local architects Luigi Figini and Gino Pollini, who, like Giuseppe Terragni, were members of the legendary Gruppo 7 circle of rationalist architects. Twenty years later, master of Neorealism Ignazio Gardella added a polygonal factory canteen made of exposed brick and concrete to the complex, while at the same time Venetian architect Carlo Scarpa designed the iconic showroom in Piazza San Marco. Along with six affiliate factories in Italy, a further 21 international production sites were established in the following years, the buildings for which were often designed by well-known local architects.

In den USA plante Louis Kahn Ende der 1960er-Jahre eine Fabrik in Pennsylvania, während Richard Meier die lokalen Verkaufsbüros gestaltete. Kenzo Tange errichtete 1972 die Niederlassung in Yokohama, im selben Jahr vollendete Egon Eiermann zwei Hoch­ haustürme in Frankfurt am Main und James Stirling ein Ausbildungszentrum in Südengland. NACH DEN STARARCHITEKTEN

Ab den 1980er-Jahren manifestierte sich die Koopera­ tion zwischen Architekten und Unternehmern jedoch häufig in einer vollkommen gegensätzlichen Ausprä­ gung. Oftmals wurde die visuelle Identität einer Firma nun nicht mehr durch die kongeniale Zusammen­ arbeit mit einem eng verbundenen und vertrauten Ge­ stalter entwickelt. Zum Zweck globaler Markeninsze­ nierungen waren nun die Dienste gut vernetzter, marketingorientierter Designkonzerne gefragt. Die großen Namen der Szene stellten ihre Signaturbauten anfangs in die urbanen Zentren Europas und Nord­ amerikas, später sollten über den ganzen Globus ver­ streut Shopping Center, Museen, Fußballstadien, Konzerthallen, Skisprungschanzen, Luxushotels und Firmenzentralen aus dem Boden schießen. Kaum eine touristisch aufstrebende Provinzhauptstadt oder international erfolgreiche Modefirma, die ihren Ehr­ geiz nicht mit dem Bauwerk eines sogenannten Star­ architekten schmücken wollte. Bei dieser unüber­ schaubaren Masse der Nachfrage musste jedoch bald die gestalterische Individualität auf der Strecke blei­ ben. Sorgfältig entwickelte konstruktive und material­ technische Innovationen wurden bald von möglichst spektakulär wirkenden, doch oftmals banal gefertigten Megastrukturen verdrängt. Die Architekten deklinier­ ten erfolgreich einen bereits bekannten und bewähr­ ten Formenkanon, wodurch die Bauwerke kaum mehr voneinander zu unterscheiden waren. Völlig losgelöst von kulturellen oder klimatischen Parametern, städ­ tebaulichen Aspekten und inhaltlichen Typologien verwischte sich ihr Anspruch auf Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit.

In the United States, for example, Louis Kahn planned a factory in Pennsylvania in the late 1960s, while Richard Meier designed the company’s local sales offices. In 1972 Kenzo Tange oversaw the construction of the Yokohama branch, and in the same year Egon Eiermann completed two high-rise towers in Frankfurt am Main in the company’s name, while James Stirling completed a training centre in the south of England. AFTER THE STAR ARCHITECTS

From the 1980s onwards, however, the cooperative spirit heretofore seen between architects and entrepreneurs frequently appeared turned on its head. A company’s visual identity was now rarely the result of a congenial collaboration with a closely connected and familiar designer. Instead, companies employed well-networked, marketing-oriented design corporations to develop an image with global appeal. The leading players initially concentrated their signature buildings in the urban centres of Europe and North America, but soon similarly structured shopping centres, museums, football stadiums, concert halls, ski resorts, luxury hotels, and company headquarters began to spring up all over the world. Nearly every aspiring provincial capital seeking to attract tourists and every internationally successful fashion company sought to cap its ambitions with a building designed by a “star architect”. In the face of such overwhelming demand, however, creative individuality soon unsurprisingly fell by the wayside. Carefully developed structural and material innovations were instead supplanted by mega-structures intended to look as spectacular as possible but which often turned out on the blander side of mundane. The architects of these buildings successfully adapted an already known and proven canon of forms in a way that made it almost impossible to distinguish between the buildings, irrespective of their location. Completely detached from cultural or climatic parameters, aspects of urban planning, and typologies of content, their claim to uniqueness and distinctiveness became obscured. 45

Der kanadische Urbanist und Architekturkritiker Witold Rybczynski kommentierte dieses Phänomen pointiert in der New York Times.1 Das Problem dieser Franchise-Architektur sei nicht, dass nun alle Orte gleich aussähen, sondern dass alle auf die gleiche Weise anders aussähen. Doch entgegen diesen bedenklichen Entwicklun­ gen finden sich auch in unserer Zeit immer wieder inspirierte Kooperationen zwischen visionären Architekten- und Unternehmerpersönlichkeiten, die gemeinsam außergewöhnlich qualitätvolle Bauvorha­ ben zu einer überzeugenden Corporate Architecture umsetzen. Als Tochterfirma innerhalb der WürthGruppe entspricht es der Betriebskultur der SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäftsbereich Produktion, wirtschaftliche Entscheidungen stets auch nach Aspekten einer regionalen Verantwortung und eines innovativ gelebten Traditionsbewusstseins zu treffen. Nachdem laufende Produktionssteigerun­ gen zur Notwendigkeit einer räumlichen Expansion des Firmensitzes führten, entwickelten die Geschäfts­ führer Roland Janner, Tobias Schneider und Alois Wimmer zusammen mit Kolleginnen und Kollegen die Vision einer nachhaltigen und architektonisch ambitionierten Werkhalle. Das Unternehmen ist auf die Herstellung von Schrauben im Ingenieurholzbau spezialisiert und es führt eine hauseigene Entwick­ lungs- und Planungsabteilung. Da liegt es nahe, eine Konstruktion des Tragwerks aus dem ressourcenscho­ nenden Baustoff Holz anzudenken. So wurden der Vorarlberger Holzbauspezialist Hermann Kaufmann und sein Büropartner Christoph Dünser eingeladen, gemeinsam mit der Firmenleitung die technischen und gestalterischen Parameter des Erweiterungsprojekts abzuklären. Die Architekten hatten die Forschungs­ arbeiten der Firma Pollmeier an der Entwicklung eines Furnierschichtträgers aus Hartholz von Beginn

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The Canadian urbanist and architecture critic Witold Rybczynski pointedly commented on this phenomenon in the New York Times. The problem with this franchise architecture, he argued, is not that all places now look the same, but that they “all look different in the same way.”  1 Running counter to these concerning developments, however, to this day we can still trace a continual thread of occasional inspired cooperative efforts between visionary architects and entrepreneurs who together implement extraordinarily high-quality building projects to create a convincing corporate architecture. As a subsidiary of the Würth Group, it is in keeping with the company culture of SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH’s production division to always make economic decisions that also reflect a sense of regional responsibility and an innovative awareness of tradition. After continuous increases in production volume necessitated the expansion of company headquarters, managing directors Dr. Roland Janner, Tobias Schneider, and Alois Wimmer and their colleagues developed the vision of a sustainable and architecturally ambitious production hall. The company specializes in the manufacture of screws to supply the civil engineering sector, and has its own development and planning department. Constructing the new building’s support structure using the renewable building material of wood was thus a natural choice. The company invited the Vorarlberg timber construction specialist Hermann Kaufmann and his business partner Christoph Dünser to work with the management to hammer out the technical and design parameters of the expansion. The two architects had already been closely involved in the Pollmeier company’s work on developing beams made of hardwood laminated veneer lumber from the very beginning, and

an begleitet und fanden nun ideale Voraussetzungen, um die Potenziale des Laubholzes als Werkstoff aus­ zuloten. Denn für den Bau der Produktionshalle mussten große Spannweiten mit möglichst schlanken Querschnitten überspannt werden. Im Diplominge­ nieur Henning Ernst fanden die ambitionierten Konstrukteure einen kongenialen Partner, der mit enormem Fachwissen und großer Beharrlichkeit das Projekt an die Limits der technischen Realisierbar­ keit führte. Die Bauherren und das Planungsteam ließen sich auch durch besondere Herausforderun­ gen und Schwierigkeiten nicht davon abbringen, ihr anspruchsvolles Pionierprojekt umzusetzen. So ent­ wickelten sie spezielle Verbindungsschrauben, die durch Einzelprüfungen genehmigt werden mussten, oder fanden kreative Lösungen für das formschlüssige Abbinden überdimensionaler Bauteile. Die besondere Chemie zwischen den Beteiligten spiegelt sich in die­ sem außergewöhnlichen Bauwerk wider – eine Trag­ konstruktion im Grenzbereich des Möglichen kann nur von einem Team verwirklicht werden, das durch große gegenseitige Wertschätzung und tiefes Ver­ trauen miteinander verbunden ist.

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Rybczynski, Witold: The Franchising of Architecture, The New York Times, 11. Juni 2014 .

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Rybczynski, Witold: "The Franchising of Architecture", The New York Times, 11 June 2014 .

now found the ideal setting in which to explore the potential of hardwood as a building material. The construction of the production hall required a roof that would span a large area while using the slimmest supports possible. The ambitious designers found an ideal collaborator in engineer Henning Ernst, who combined substantial expertise with great persistence to push the project to the limits of its technical feasibility. Despite facing exceptional challenges and difficulties, the clients and the planning team would not allow themselves to be deterred from bringing their ambitious and groundbreaking project to fruition. For example, they developed special screws that had to be approved by individual tests, or found creative solutions to create interlocking joints to connect exceptionally large building components. This extraor­dinary feat of construction reflects the special chemistry between those involved in the planning: a load-bearing structure that pushes the limits of what is possible can only be realized by a team united by great mutual appreciation and profound trust. 47

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Eindrehen

HAUSEIGENES EXPONAT CLEMENTINE HEGNER-VAN ROODEN

ON-SITE EXHIBITION CLEMENTINE HEGNER-VAN ROODEN

Driving in

Die SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH – Geschäfts­ bereich Produktion, im baden-württembergischen Waldenburg entwickelt seit mehr als fünfzig Jahren innovative und qualitativ hochwertige Schrauben. Darunter sind auch Holzbauschrauben, die eine Zu­ lassung im Bereich von Tragkonstruktionen in Bau­ Buche – ein Furnierschichtholz aus Buche – besitzen. Um ihr Know-how und das Einsatzpotenzial ihrer Produkte aufzuzeigen, baute das Unternehmen nun ein bemerkenswertes Vorzeigeprojekt – ihre eigene, 11.000 m² große Produktionshalle mit einem Trag­ werk aus BauBuche, zusammengefügt mit intern pro­ duzierten Verbindungsmitteln. BauBuche ist so leistungsstark, dass kaum ein Ver­ bindungsmittel besteht, das die Kräfte in den Knoten zu übertragen vermag, ohne dass eine Vergrößerung der Querschnitte notwendig ist. Es scheint, als sei man diesbezüglich um ein paar Jahrzehnte zurück­ versetzt, als mit Nadelholz dieselben Probleme gelöst werden mussten. Damals waren bei der Bemessung von Tragwerken mehrheitlich die Schnittkräfte in den Knoten maßgebend. Versagen infolge Lochleibung bestimmte oftmals die Dimensionen der Träger. Ein großes Potenzial hin zu schlankeren Tragwerken lag brach. Forschung im Bereich der Verbindungsteile aus Stahl änderte die Dimensionierung von Trag­ werken aus Holz. Ebenso ändern auch die aktuellen Entwicklungen bei Schrauben und Stahlverbindungs­ mitteln die Tragwerke aus dem Holzwerkstoff Bau­ Buche. GROSSES VOLUMEN FÜR DAS UNTERNEHMEN

Der Grundriss des 12 Meter hohen Baus erstreckt sich über eine Fläche von fast 97 mal 114 Metern. Ein drei­ geschossiges Büro- und Ausstellungsgebäude schließt an der nördlichen Seite über eine Besucherpasserelle an das Volumen an. Dieser Steg führt in die Produk­ tionshalle. Von dort gibt er den Besucherinnen und Besuchern die Sicht frei auf die Produktionsfläche und damit auch auf das weitgespannte Tragwerk mit seiner überraschend filigranen Holzkonstruktion und seinen großzügigen Oberlichtern, die den Innenraum prägen.

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The production department of the SWG Schraubenwerk Gaisbach GmbH in Waldenburg, BadenWürttemberg, has been developing innovative and high-quality screws for half a century. These include woodworking screws certified for use in load-bearing structures made of BauBuche, a beech laminated veneer lumber. Demonstrating their expertise and the high potential of their products, the company has now constructed a remarkable flagship project: an additional 11,000 m2 production hall whose supporting structure is built of BauBuche, assembled using fastenings produced in house. Due its extremely high strength, structural assemblies made of BauBuche may be comprised of unusually slender and less numerous components. However, hardly any fastening exists that can transmit the forces concentrated in the resulting complex connecting nodes without requiring larger crosssections. In this respect it is almost as if the clock has been turned back a few decades to when the same problems regarding the use of softwood for support structures had to be solved. At that time, the internal forces present in the connecting nodes usually played a decisive role in the design of load-bearing structural frameworks. Joint failure resulting from bearing stress often determined the dimensions of the beams. A great potential for slimmer supporting structures remained untapped. Research in the field of steel connectors changed the dimensions of wooden structures. In the same way, current developments in the design of screws and steel fastenings are also changing the capacity of load-bearing structures made of the wood-based material BauBuche. ABUNDANT SPACE

The floor plan of the 12-metre-high building extends over an area measuring nearly 97 by 114 metres. A separate three-storey building housing offices and showrooms stands to the north of the main structure, connected to it by way of an elevated visitors’ walkway which leads to the production hall. There, visitors have an unobstructed view of the production floor and thus also of the vast support structure, with its surprisingly slender wooden construction and the generous skylights which give the interior its distinctive character.

Die Halle wird östlich von einem 9 Meter breiten Sei­ tenbau mit Sozial-, Seminar- und Ausbildungsräu­ men flankiert. Auf der gegenüberliegenden Seite sind auf einem halb so breiten Bereich die Technikräume angelegt. Beide aus Brettsperrholz hergestellten Ge­ bäudeteile wirken aussteifend – der westliche als Rie­ gel über die gesamte Länge, der östliche nur in speziell dafür ausgewiesenen Bereichen. Denn hier ist die Fassade mehrheitlich verglast und die Räume im Erd­ geschoss werden zwischen den Treppenhauskernen mit jeweils einem mehr als 18 Meter weit spannenden Tragwerk überbrückt. Gebildet wird es aus einem zwei Geschosse hohen, parallelgurtigen Fachwerkträ­ ger mit markanten Zugstreben. Es zeigt die Möglich­ keiten, aber auch die Grenzen von Tragwerken aus Nadelholz auf. Das Fachwerk besteht aus nur wenigen Tragelementen – den beiden Gurten, einem Mittel­ pfosten und zwei Zugstreben – und erscheint damit in seiner Maßstäblichkeit verwirrend klein. Die bei­ den Streben fangen den Mittelpfosten ab, und an die­ sem sind kontinuierlich Brettschichtholz-Platten ver­ schraubt, die zwischen Kern und Mittelpfosten als scheibenartige Träger wirken und die Konstruktion als Wand erscheinen lassen – perforiert mit jeweils wenigen Durchbrüchen von bis zu rund 1,5 Metern Durchmesser, die zur Durchführung der Gebäudeund Versorgungstechnik zwischen Technikzentrale und Produktion dienen. Die Holzbalken der als Ver­ bundkonstruktion ausgeführten Decken hängen mit­ tels Schraubanschlüssen in den Wandscheiben, und die Kopplung der Streben untereinander beziehungs­ weise die Verbindung der Streben mit dem Pfosten erfolgt mit schräg verschraubten Stahlteilen. Die Fachwerke tragen die Lasten und strukturieren den Raum zugleich – mit der konventionellen Materiali­ sierung an der Grenze des Machbaren. Über die verbleibende Hallenbreite von über 80 Metern spannen, jeweils paarweise angeordnet, sechs Parallelfachwerkträger als zweifeldrige Primärträger; die vierte Achse bildet die Trennung zum Drahtlager und besteht aus einer Brandschutzwand (R 90) und einem parallel dazu angeordneten und über das tief liegende Dach mit der Wand gekoppelten siebten Hauptfachwerk.

A nine-metre-wide block housing seminar rooms, training facilities, and spaces for employees to socialize flanks the production hall to the east, while the technical facilities are housed on the opposite side of the hall, in an area only half as wide as the eastern block. Both these sections of the building are made of cross-laminated timber and also serve to brace the overall structure: the western block extends over the entire length of the production hall, while the eastern block only provides support in specially designated areas. Here the facade is largely comprised of glass and the areas on the ground floor between the staircases are each spanned by a support structure more than 18 metres wide. This consists of a two-storey-high truss girder with prominent tensile braces, which illustrates both the possibilities and the limitations of load-bearing structures made of softwood. Each truss consists of only a few supporting elements (the two chords, a central post and two diagonal braces) and thus appears confusingly small in scale. The two braces support the central post, along the length of which panels of laminated timber are connected by screws. These both serve in a load-bearing capacity, and simultaneously allow the support structure to double as a wall, perforated by a few openings up to 1.5 metres in diameter that allow the pipes housing the building technology to pass from the administrative area to the production floor. The beams of the wood-concrete-composite ceiling are connected to these wall panels using screws, while the braces are connected to each other and to the posts with steel parts. The trusses support the building and at the same time structure the space, pushing the use of conventional materials to its limit. Over the remaining hall width of over 80 metres, six parallel truss girders are arranged in pairs as double-span primary trusses; the fourth bay is formed by the fire-resistant wall (R 90) separating the wire storage area from the rest of the hall, paired with a seventh main girder aligned parallel to this wall and connected to it by the recessed roof surface. 51

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Grundriss Erdgeschoss

Ground level floor plan

Maßstab 1 : 500

Scale 1 : 500

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Grundriss Erdgeschoss

Ground level floor plan

Maßstab 1 : 500

Scale 1 : 500

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Grundriss 1. Obergeschoss

Level 1 floor plan

Maßstab 1 : 500

Scale 1 : 500

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Grundriss 2. Obergeschoss

Level 2 floor plan

Maßstab 1 : 500

Scale 1 : 500

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Die sieben Strebenfachwerke lagern mittig auf einer Stütze und auf den in die Kerne integrierten Rand­ stützen, die mit den Wandelementen verschraubt und so gegen Knicken gehalten sind. Die Rand- und Mit­ telstützen sowie die Fachwerke sind aus BauBuche ge­ fertigt, denn die entstehenden Spannungen in den Querschnitten würden die Festigkeiten von hiesig marktüblichem und bautechnisch geregeltem Voll­ holz, also solchem, das nicht als Holzwerkstoff gefer­ tigt ist, überschreiten. Wie die 18 Meter weit spannenden Hängewerke sind auch die Hauptfachwerke aus BauBuche Tragund Raumstruktur zugleich. Denn die Dachhaut ver­ läuft abwechselnd auf der Ebene der Ober- und der Untergurte. Die lotrechten Flächen innerhalb der Hauptträger können als Oberlichter genutzt werden, und das reduzierte Volumen vermindert den zu hei­

The seven main trusses rest on a single row of central support posts running down the middle of the hall, and on side supports integrated into the cores of the walls, connected by screws to the wall elements to prevent buckling. These supports, and the trusses themselves, are all necessarily made of BauBuche, because the tensions that develop within the crosssections of each truss would exceed the strength of the types of natural wood on the market in this region and regulated for use in construction, that is wood that has not been engineered as a building material. Like the 18-metre trusses, the primary BauBuche trusses simultaneously serve as load-bearing elements while also defining the interior space, as the surface of the roof alternates between the levels of the upper and lower chords. The vertical areas between the upper and lower chords accommodate window panes, and the reduced volume minimizes 60

zenden Raum. Zwischen den nur knapp 5 Meter von­ einander entfernten Paarträgern besteht die Dach­ haut aus blickdichten Brettsperrholz-Elementen, die zwischen den Untergurten liegen und diese zugleich aussteifen. Die Dachhaut auf der Ebene der Obergurte muss hingegen rund 18,5 Meter überbrücken, was wegen der zu großen Spannweite eine Sekundärkon­ struktion notwendig machte. Für die Dacheindeckung kamen daher quer zur Hallenlängsrichtung verlegte Trapezprofile zum Einsatz, die mit Schrauben auf unterspannten Nebenfachwerken befestigt sind. Diese Nebenfachwerke sind wiederum als Einfeldträger alle 5 Meter zwischen den Hauptfachwerken gespannt bzw. lagern bei den Randfeldern im Süden und Norden auf Giebelstützen oder schließen an die R 90-Wand an. Dieses ausgeklügelte Tragwerk schafft einen weitest­ gehend stützenlosen und damit flexibel nutzbaren und frei bespielbaren Hallenraum.

Querschnitt

Transverse section

Maßstab 1 : 500

Scale 1 : 500

the amount of space to be heated. Between the paired girders, spaced just five metres apart, the roof cladding consists of opaque cross-laminated plywood elements, which are placed between the lower chords and simultaneously brace them. By contrast, the roof cladding at the level of the upper chords must bridge a span of around 18.5 metres, and thus requires a secondary support structure. Trapezoidal trusses arranged perpendicular to the length of the hall were therefore used for these areas of the roof. These suspended secondary trusses, spaced five metres apart, are strung as simple beams between the main trusses, rest on gable supports at the edge sections on the south and north, or connect to the R 90 fire-resistant wall respectively. This ingenious support structure creates a largely open space that can be flexibly used and freely arranged to suit various requirements. 61

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Längsschnitte

Longitudinal sections

Maßstab 1 : 500

Scale 1 : 500

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Querschnitt im Vergleich

Transverse sections in comparison

Maßstab 1 : 200

Scale 1 : 200

27 m³ / 20,3 t

32 / 38 BauBuche

~30 t

HEB 340

Quadratrohr Square pipe 320 / 16 ~30 t

Rundrohr Round pipe 406,4 / 17,5 ~30 t

Spruce glulam 64,8 m³ / 32,4 t

2 × 24 / 56 Brettschichtholz Fichte

BAUBUCHE SCHAFFT GROSSE SPANNWEITEN

Die Fachwerkkonstruktion zeichnet sich generell vor allem durch ihr reduziertes Eigengewicht aus. Außer­ dem kann die Tragwerkshöhe nicht nur statisch ge­ nutzt, sondern auch von zahlreichen gebäudetechni­ schen Installationen, wie sie in diesem Fall in der Halle für die geplante Produktionstechnik notwendig waren, durchdrungen werden. Der Raum zwischen den Tragelementen liegt nicht brach, sondern kann gebäudetechnisch genutzt werden. Das Material Bau­ Buche unterstützt zudem die schlanke Ausführung und die Transparenz der vorfabrizierten Fachwerke. Denn die Materialeigenschaften Biege-, Druck- und Zugfestigkeit von BauBuche sind im Vergleich zu Brettschichtholz etwa drei Mal so hoch – bei einem Elastizitätsmodul von immerhin rund 16.000  N / mm2. Wegen dieser hohen Festigkeitswerte und weil die statische Höhe der Hauptträger von etwa 3,8 Metern das Trägheitsmoment erhöht und damit die Verfor­ mungen reduziert, können die Stäbe der Fachwerke – auch im Vergleich zu Stahl oder Spannbeton – schlank und leicht ausgeführt werden. Die Berücksichtigung des geforderten Feuerwiderstands begünstigt außer­ dem den Einsatz von Bauteilen aus Holz.

BAUBUCHE BRIDGES VAST SPANS

Above all, truss construction is typically characterized by its reduced dead weight. The truss height not only improves the strength of the structure, but can also accommodate the installation of numerous building service systems (such as ventilation), as was necessary in this case for the production machinery to be installed in the hall. The space between the structurel elements of the trusses is thus not wasted, so to speak, but can be used for the building technology. BauBuche as a material also facilitates the slender design and transparency of the prefabricated trusses, because the compressive, tensile, and bending strength of BauBuche is about three times higher than that of glued laminated timber, with a modulus of elasticity of around 16,000  N / mm2. Because of these high strength values and because the static height of the main trusses (just under 3.5 metres) raises the moment of inertia and thus reduces deformations, the bars of the trusses can be made extremely slender and light, even in comparison to steel or pre-stressed concrete. Meeting required fire resistance standards also speaks for the use of wooden building components. 64

LEISTUNGSFÄHIG ZUSAMMENGESCHLOSSEN

Um die schlanke Tragkonstruktion auch in den Kno­ tenverbindungen konsequent filigran umsetzen zu können, sind kompakte Knoten und entsprechend leistungsstarke Verbindungsmittel notwendig. Erst dadurch müssen die Abmessungen der Bauteile im Knotenbereich nicht »künstlich« vergrößert werden und die Leistungsfähigkeit der BauBuche kann voll und damit effizient ausgeschöpft werden. Material und Ressourcen werden letztlich effizient und schonend genutzt. Grundlagen dafür waren eine genaue Analyse des Kräfteflusses, der Einsatz von optimal auf das Ma­ terial abgestimmten und für BauBuche zugelassenen Holzbauschrauben und die Kenntnis traditioneller, aber in die Gegenwart transferierter Zimmermanns­ arbeiten. So wurden die Füllglieder der Fachwerke so ange­ ordnet und rhythmisiert, dass die Diagonalstäbe in den Regellastfällen ausschließlich auf Druck bean­ sprucht werden. Von der Feldmitte her sind die Stre­ ben daher zu den Auflagern bzw. zur Mittelstütze hin fallend angeordnet. In der Folge konnten die erfor­ derlichen Anschlüsse dank der hohen Querdruckund Schubfestigkeit der BauBuche als »zimmer­ mannsmäßige« Kontaktanschlüsse entworfen werden und funktionieren nun – neben den Lage- und Monta­ gesicherungen – gänzlich ohne ergänzende Verbin­ dungsmittel. Das Gleiche gilt für das Anschlussdetail vom Hauptfachwerk zum Mittelauflagerknoten. Dort treffen fünf Stäbe symmetrisch in einer Ebene auf die Stütze – zwei Streben, ein Pfosten und zwei Gurtstäbe. Jeder Stab ist auf Druck beansprucht, der Untergurt außerdem durch Biegemomente, weil er kontinuierlich konstruiert ist und entsprechend durchlaufend wirkt.

JOINT EFFICIENCY

Compact nodes and correspondingly strong fastenings are required in order to consistently maintain the slender proportions of the structural elements even within the nodes. Only then can the design fully exploit the structural potential of the BauBuche cross-sections without needing to artificially enlarge the dimensions of the supporting elements in the regions surrounding the nodes. In sum this allows for an efficient and economical use of materials and resources. The design of these nodes was based on a precise analysis of the distribution of forces, the use of wood screws optimally adapted to the material and specifically approved for use in concert with BauBuche, and handed-down knowledge of traditional carpentry joints. The internal braces of the trusses, for example, were so arranged that under normal load conditions the diagonal braces are only subjected to compression. From the centre of the frame, the braces are therefore arrayed to descend towards the lateral supports or central post. As a result, the necessary joints could be designed as contact connections based on traditional carpentry joints thanks to BauBuche’s high transverse compressive and shear strength. Aside from the fastenings used to secure them during positioning and assembly, they now function entirely without additional fastenings. The same applies to the connection between the main truss and the central support node. Here five rods come together symmetrically in one plane on top of the central post: two diagonal braces, one upright post, and the two halves of the horizontal lower chord of the truss. Each is subjected to compressive stress, and the lower chord is also subjected to bending moments because it is constructed as a continuous beam with a corresponding continuous effect. 65

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Vergleich Querschnitte

Comparison transverse section

Maßstab 1 : 50 / 1 : 100

Scale 1 : 50 / 1 : 100

32 / 38 BauBuche 27 m³ / 20,3 t HEB 340 ~ 30 t

2 × 24 / 56 BSH Fichte Spruce glulam 64,8 m³ / 32,4 t

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Die Verbindungen sind hauptsächlich druckbeansprucht und konnten als »zimmermannsmäßige« Kontaktanschlüsse entworfen werden. Einzig Lage- und Montagesicherungen waren notwendig. The connections are primarily subject to compression and were designed as contact joints based on carpentry traditions. Fastenings were only necessary to secure the elements in place during assembly.

Zusammensetzung des Mittelauflagerknotens: Mittelstütze (vertikal), Untergurtstäbe (horizontal), zentrale Schubknagge Composition of the central node: central support pillar (vertical), lower chords (horizontal), central shear cleat

Although the forces concentrated here act in a geometrically simple manner, it was a highly complex task to develop a workable node able to safely absorb the enormously high forces of up to over 1,980  kN (equivalent to almost 200 tons) and enable a balanced distribution of forces in the individual load-bearing components. The engineers were particularly reliant on fastenings concealed inside the connections and specifically adapted to the nodes in question, which operate functionally in this context as joints. The planners prioritized statically efficient connections that were compatible with the materials used because they best corresponded to the fundamental idea behind the project: to design a wooden support structure with node connections adapted to the internal forces involved. 68

So geometrisch einfach die Kräfte auch anfallen, so komplex war die Aufgabe, einen ausführbaren Knoten zu entwickeln, der die enorm hohen Kräfte von bis zu über 1.980  kN – das entspricht knapp 200 Tonnen – sicher aufnimmt und einen ausgewogenen Kräftefluss in den einzelnen tragenden Teilen ermöglicht. Die In­ genieure setzten vor allem auf Verbindungsmittel, die verdeckt im Knoteninneren stecken und spezifisch auf die rechnerisch als Gelenke funktionierenden Knoten abgestimmt sind. Statisch effiziente und materialge­ rechte Verbindungen hatten dabei Priorität, denn sie entsprachen am besten der angestrebten Grundidee: ein Stabwerk aus Holz mit auf die Schnittkräfte abge­ stimmten Knotenverbindungen zu konzipieren.

Die Pfostenlast wird vollständig am Unterzug vorbeigeführt. Es entsteht kein Kontakt mit der Schubknagge. The forces acting on the post within the truss are transferred directly to the main support post, without touching the lower chord or the shear cleat.

Die Laschen der Diagonalen führen außenseitig am Untergurt vorbei und geben einen Teil der Lasten direkt über einen stumpfen Stoß und über Schrägdruck auf die Stirn der Stütze ab. The brackets of the diagonal braces slot over the lower chord on the outside and transfer part of the load directly to the front of the support post via a butt joint and diagonal pressure.

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Dabei nutzten die Ingenieure das Wissen aus dem traditionellen Zimmermannshandwerk, ergänzt um die heute mögliche höhere Präzision in der Planung sowie bereichert um die neuesten Erkenntnisse aus der Materialtechnologie und Montage. Das Konzept des Knotensystems teilt die Lasten gemäß der Knotengeometrie in einzelne Komponen­ ten auf – über grafische Statik deutlich zu erkennen – und schließt die anfallenden Kräfte in sich teilweise kurz. Jede Lastkomponente für sich bleibt dabei unterhalb der materialspezifischen Grenzwerte der beanspruchten Teile. Die Diagonalen wurden innen­ seitig ausgenommen und die Untergurtstäbe außen­ seitig im Querschnitt reduziert. Zusammengesteckt führen die Laschen der Diagonalen außenseitig am Untergurt vorbei und geben einen Teil der Lasten direkt über einen stumpfen Stoß und über Schrägdruck auf die Stirn der Stütze ab. Dabei liegt die Kontaktfläche zwischen Stütze und Laschenstirn auf der Winkelhal­ bierenden der beiden Profilachsen. Mit dieser Kon­ struktion wird der Untergurt in vorteilhafter Weise weniger auf Querdruck beansprucht. Die restlichen Druckkräfte aus der Diagonalen werden in eine Knagge eingeleitet, die zwischen den Laschen liegt und die mit dem Untergurt verzahnt ist, um die Scherkräfte zu übertragen. Auch hier sind die Stoßflächen von Schub­ knagge und Diagonale auf deren Winkelhalbierenden angeschnitten. Diese anfallenden Druckkräfte werden mit den Druckkräften aus der symmetrisch angeord­ neten zweiten Strebe in der Schubknagge horizontal kurzgeschlossen. Die vertikalen Pfosten sind jeweils genauso mit zwei außen liegenden Laschen im Knoten angeschlos­ sen. Anders als bei den Diagonalen wird die verhältnis­ mäßig geringe Druckkraft aus dem Pfosten aber voll­ ständig am Unterzug vorbeigeführt und als Längskraft direkt in die Stütze eingeleitet. Gemäß konstruktiver Planung hat der Pfosten keinen Kontakt mit der Schub­ knagge. Mit dieser Knotenkonstruktion werden die Druckkräfte aus den Fachwerkstäben sukzessive durch die einzelnen Anschlussteile aus Holz hin zur Stütze geleitet, um dort in den standfesten Baugrund weiter­ geführt zu werden.

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In the process, the engineers built upon knowledge earned from traditional carpentry, supplemented by the greater precision in planning possible today thanks to modern technology and enriched by the latest advances in both materials and assembly. The concept of the node system distributes the loads onto individual components according to the the particular node’s geometry. These loads can be clearly calculated using a parallelogram of forces. In some cases this geometry can even be used to cancel out certain forces acting on the node. In the process each individual load component remains within the material-specific limit values of the respective elements. Central slots were cut into the ends of the diagonal braces, while the cross-section of the corresponding area of the ends of the two halves of the lower chord was reduced on the outer sides. When fitted together, the brackets of the diagonal braces slot over the lower chord on the outside and transfer part of the load directly to the front of the support post via a butt joint and diagonal pressure. This means the contact surface between the support post and the end of the cover plate lies on the angle bisector of the two profile axes. This has the advantage of reducing the transverse compressive stress on the bottom chord. The remaining compressive forces from the diagonal braces are transferred to a cleat located between the side pieces of the brace ends, which interlocks with the lower chord to transfer the shear forces. Here again, the abutting surfaces of the shear cleat and the diagonal braces are cut to the bisector of the respective angle. The compressive forces expressed here are horizontally cancelled out in the shear cleat by the compressive forces from the symmetrically arranged second brace. In the same way, the vertical struts within the truss each connect to the node through two external brackets. By contrast to the diagonal braces, here the comparatively low compressive force completely bypasses the lower chord and is transferred directly to the support post as a longitudinal force. According to the structural planning, the post has no contact with the shear cleat.

Mit dem Anschluss der Diagonalen am Gurt im Feld­ bereich des Trägers entsteht ein unsymmetrischer Knoten, in dem keine Kräfte kurzgeschlossen werden können. Hier bedienten sich die Ingenieure des Trep­ penversatzes. Dabei wurde der »konventionelle« Treppenversatz für dieses Projekt zum »verlängerten« Treppenversatz weiterentwickelt. Dieses Anschluss­ detail ist durch die Umlenkung der Lasten und den Aufschiebling (Schubknagge) gekennzeichnet und entspricht einer Aneinanderreihung von Fersenver­ sätzen. Mit dem Treppenversatz griffen die Ingenieure eine traditionelle Form einer auf Druck belasteten Schrägverbindung aus der Zimmermannskunst auf und entwickelten sie zu einem hocheffektiven Ver­ bindungsdetail weiter. Frühere Verbindungen nahmen in einem einzelnen Stirn- und Fersenversatz eine verti­ kale und eine horizontale Kraftkomponente – Auflager­ reaktion und Schub – auf. Diese moderne Versatzung überträgt die Kräfte in multipler Weise – hier selbst­ verständlich ohne die Verbindung gegen Abheben und Verschieben mit Stiften sichern zu müssen, weil die anzuschließenden Tragelemente in allen Lastfällen druckbeansprucht sind. Mit der verlängerten Anschluss­ fläche wird die Schubspannung auf einen größeren Bereich verteilt und pro Flächeneinheit verkleinert. Damit ist das gefährliche Abscheren des Holzes am Gurt zwar nach wie vor maßgebend, doch können auf diese Weise viel höhere Lasten übertragen werden. Außerdem wird das Gurtholz markant weniger im Quer­ schnitt geschwächt. In konstruktiv kreativer und statisch durchdachter Weise entstehen letztlich in all diesen Verbindungen ein effizient wirkender Kräftefluss, dessen Spannun­ gen die Querschnitte der Träger auszureizen vermögen, und ein statisches Gleichgewicht der Kraftkomponen­ ten, das es gekonnt herzustellen galt. REINE STABFORM

Wo in den Anschlüssen Einwirkungen auf Zug ins Kräftespiel kommen beziehungsweise wo in wenigen Stäben doch eine Lastumkehr von einer Druck- auf eine Zugbeanspruchung stattfindet, reicht Holz mit seinen ungünstigen Materialeigenschaften auf Zug nicht mehr aus.

In this way, the compressive forces from the various elements of the trusses are successively directed through the individual wooden joints to the main support post, which then transfers them to the stable foundation. Connecting the diagonals to the chord in the span area of the beam creates an asymmetrical node in which no forces can be cancelled out. Here the engineers made use of the stepped offset, developing the conventional stepped offset to create an extended stepped offset specifically designed for this project. This connection detail deflects the loads through the shear cleat, and essentially represents a series of stepped offsets joined together. With the stepped offset, the engineers adopted a form of diagonal connection designed to hold firm under compression derived from traditional carpentry techniques, and developed it into a highly effective connecting element. Earlier joints absorbed vertical and horizontal force components (support and lateral thrust) by means of a single step offset. This modern offset spreads the forces out over a series of interlocking teeth, aided of course by pins used to secure the connection against lifting and displacement, as the structural elements to be connected here are subjected to continuous loads in all cases. With the extended connecting surface, the shear stress is distributed over a larger area, and the stress on each portion of that area thus reduced. While the dangerous shearing of the wood at the chord remains a significant factor, this design allows for the transfer of much larger forces. In addition, this significantly reduces the cross-sectional weakening of the chord. In a constructively creative and statically sophisticated manner, this ultimately creates an efficient flow of forces in all these connections, the stresses of which can fully exploit the cross-sections of the beams, and a static balance of the force components that had to be skilfully established. PURITY OF FORM

Where tensile forces come into play in the joints, or where a load reversal from compression to tensile stress takes place, the material qualities of wood make traditional carpentry joints no longer sufficient. 71

Dann wurden die hochbeanspruchten Stäbe, soweit möglich, nur über Schrauben oder, wenn erforder­ lich, über Schrauben in Kombination mit Stahlteilen angeschlossen. Ein Beispiel dafür sind die von SWG Produktion selbst produzierten Vollgewindeschrau­ ben. Dieser selbstbohrende Schraubentyp ist in unterschiedlichen Standardabmessungen vorhanden und kam daher bei allen Fachwerkträgern zum Ein­ satz: bei den Haupt-, Neben- und den Aussteifungs­ fachwerken – aufgrund der hohen Materialdichte der BauBuche allerdings mit Vorbohrungen. Diese sind in vielen Fällen zwar nicht zwingend erforderlich, doch aufgrund der Holzhärte und der großen Anzahl an Verbindungsmitteln zu empfehlen – zum Schutz von Mensch und Maschine.

Bei zugbeanspruchten Knotenverbindungen kamen lastübertragende Schrauben zum Einsatz, nur wenn erforderlich in Kombination mit Stahlteilen. Load-bearing screws were used in node connections subjected to tension, in combination with steel parts only where absolutely necessary.

Anschluss der Diagonalen am Gurt im Feldbereich mit dem »verlängerten« Treppenversatz und einer vierschnittigen Verbindung mit innen liegenden, verdeckten Stahllaschen Connection of the diagonal braces to the chord, showing the extended stepped offset and a four-part connection with hidden embedded steel plates

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Die sonst einteiligen Vertikalstäbe aus BauBuche sind hier dreiteilig ausgeführt. Unlike the other vertical posts, here the BauBuche posts are composed of three sections.

Der hochbeanspruchte Anschluss erfolgt mit versteckten Schrauben und Stahlbauteilen mit Laschen und Kopfplatten. Hidden screws and steel parts including brackets and head plates make this heavily loaded connection possible.

In these cases the highly loaded structural elements have been connected wherever possible using screws in combination with steel parts. These include the fully threaded screws produced directly by SWG. This type of self-drilling screw is available in a range of standard dimensions and was therefore used for all trusses: i. e. the main, secondary, and bracing trusses. In this case BauBuche’s high material density made it necessary to pre-drill the holes for these connections. Although this was not absolutely necessary in many cases, it is recommended due to the hardness of the wood and the large number of fastenings, to protect people and machinery. 73

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Die Ausbildung des Anschlussdetails aus Stahl erfolgte in Abhängigkeit von der Größe der maßgebenden Zugkraft. Wo statisch möglich, kamen ausschließlich lange Vollgewindeschrauben zum Einsatz. Hierzu wurden die Schrauben beispielsweise senkrecht zum Gurtholz und faserparallel zum Vertikalstab angeord­ net. Wo aber der Anschluss hochbeansprucht ist und Schrauben alleine nicht mehr ausgereicht hätten, setzten die Ingenieure Stahlbauteile mit Laschen und Kopfplatten ein. Dann ließ man die sonst einteiligen Vertikalstäbe aus BauBuche dreiteilig ausführen und im Querschnitt reduzieren, um die Zuglaschen aus Stahl (S 355) einlassen zu können. In Kombination mit den senkrecht zur Scherfläche angeordneten Schrauben entstand eine vierschnittige Verbindung mit innen liegenden, verdeckten Stahllaschen. Mit Vollgewindeschrauben in den Gurt rückveran­ kert, entstand auch hier ein effizienter Kräfteverlauf durch den spezifisch für diese Tragkonstruktion aus­ gebildeten Knoten hindurch. Darüber hinaus erscheint das Tragwerk mit dieser sorgfältigen Ausgestaltung als reine Stabform. Verbindungselemente sind kaum wahrnehmbar. Sie sind daher nicht verunklärend sichtbar und lassen das Tragwerk in einer für Holz un­ gewöhnlich »monolithischen« Form – sozusagen aus einem Guss – erscheinen. Betont wird dieser Eindruck durch die präzise in Faserrichtung angeordneten Trag­ elemente – gerade so, als würden sie die Schnittkräfte außen als Kräftefluss visualisieren. Da die Tragteile gekonnt verflochten und verzahnt werden, kann außerdem der Untergurt bis zum Schwer­ punkt des Knotens durchlaufen und ebenfalls stumpf gestoßen werden; Exzentrizitäten und damit Zwän­ gungen aus ungewollten Hebelwirkungen im Knoten können klein gehalten werden. Das an diesem Punkt wirkende Moment im Untergurt lässt sich in ein hori­ zontal wirkendes Kräftepaar aufteilen, wobei die ver­ zahnte Knagge die an der Oberkante des Gurts wir­ kende Zugkraftkomponente überträgt und zusätzlich angeordnete Schrauben die aus der Verzahnung resul­ tierenden Umlenkkräfte aufnehmen.

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The configuration of each respective steel connector depends on the magnitude of the tensile force it is required to withstand. Wherever statically possible, only long full-thread screws were used. Accordingly, in this case the screws were aligned perpendicular to the grain of the chord and parallel to the grain of the vertical bar. Where the connection was subject to high levels of stress and screws alone would not have been sufficient, however, the engineers used steel components with brackets and head plates. In these cases the vertical posts made of BauBuche were produced in three parts, rather than as monolithic elements, and their cross-section was reduced in order to be able to insert steel tension straps (S 355). In combination with the screws aligned perpendicular to the shearing surface, this created a four-part connection with internal, concealed steel brackets. Anchored into the chord with fully threaded screws, this configuration also allowed for an efficient distribution of forces through the node specifically designed for this support structure. Worthy of note here is that these careful elements of design allow the support structure to appear as a pure bar shape, despite its numerous components. The connecting elements are hardly noticeable, giving the support structure a monolithic appearance unusual for wood, as if it were all cast from a single mould. The uniform alignment of the load-bearing elements in the direction of the wood grain further enhances this impression, as the individual elements appear to visually illustrate the distribution of forces that occurs within the broader structure. Moreover, the skilful interweaving and interlocking of the load-bearing components allows the lower chord to pass through the centre of gravity located at the node, and permits the use of a butt joint to connect the two halves of the chord at this point. This also minimizes irregularities that may occur within the material and thus constraints from unwanted leverage in the node. The bending moment acting on the lower chord at this specific point can be distributed as a pair of horizontally acting forces,

Die hohe Rohdichte des Materials begünstigt dabei Anschlüsse mit stiftförmigen Verbindungsmitteln. Insbesondere Schrauben erreichen in BauBuche bereits bei geringen Einschraublängen ihre volle Zugtragfähig­ keit – eine Einschraublänge von nur dem Zehnfachen des Nenndurchmessers reicht aus, um die volle Leis­ tungsfähigkeit von Vollgewindeschrauben zu erreichen und auszunutzen. LEICHTIGKEIT UND TRANSPARENZ

Die Planenden wählten bewusst kein räumlich wir­ kendes, sondern ein linear funktionierendes Trag­ werk. Dadurch waren die Oberlichter in den vertikalen Ebenen der Hauptfachwerke möglich. Unterstützt durch die schlanken Füllglieder, tritt viel natürliches Tageslicht in den Innenraum und Arbeitsbereich des Unternehmens. Bedingt durch den Versprung der Dachhautebene muss jedes Hallenschiff allerdings unabhängig voneinander mit Dachverbänden auf der Ebene der Hauptgurte über den Nebenträgern ausge­ steift werden. Sie verhindern das seitliche Knicken der Obergurte, und sie nehmen den auf die Fensterund Giebelflächen horizontal wirkenden Winddruck und Windsog auf. Das mit diesem Aussteifungskonzept mögliche aufgelöste und linear wirkende statische System stützt die helle Raum- und leichte Tragstruktur zugleich. Licht und Transparenz werden überraschend zu pro­ jektprägenden immateriellen Elementen dieses Bau­ werks. Sie ordnen den traditionellen Industriebereich wohlproportioniert, umspannen und rhythmisieren ihn. Das Vorzeigeprojekt ist dadurch nicht nur ein ge­ bautes, effizientes Beispiel des weltweit größten Dach­ tragwerks aus BauBuche, sondern es wird letztlich zu einem exemplarischen und referenzlosen Erstlings­ werk für ein hoch leistungsfähiges Material, das den Einsatz von werkeigenen Produkten beispielhaft demonstriert und SWG Produktion durchaus auch ein unternehmerisch wertvolles und charakterisierendes Profil gibt.

whereby the stepped cleat transmits the tensile force component acting on the upper edge of the chord and the additional screws absorb the deviation forces resulting from the interlocking teeth. BauBuche’s high bulk density favours connections with pin-shaped fastenings, and screws in particular achieve their full tensile load-bearing capacity when used with this material, even at short thread lengths. A screw length of only ten times the nominal diameter is sufficient to achieve and exploit the maximum performance capacity of fully threaded screws. LIGHTNESS AND TRANSPARENCY

The building planners deliberately chose a support structure that functions in a linear rather than a spatial fashion. This allowed for the installation of window panes in the vertical spaces of the main trusses. Thanks to the slender filling elements, abundant natural daylight enters the interior of the hall and the company’s workspace. The recessed roof sections, however, required each bay to be independently braced with a roof framework at the level of the main chords above the secondary trusses. This prevents the upper chords from bending sideways, and absorbs the horizontal wind pressure and suction acting on the surfaces of the windows and gables. This bracing concept allows for a resolved static system that appears linear, and contributes to the light support structure that also plays a defining role in determining the character of the well-lit space. Light and transparency surprisingly become the intangible elements that shape the building and characterize the entire project, providing a natural sense of order and rhythm to the traditional industrial environment. This flagship project is thus not only a concrete and efficient example of the world’s largest roof structure made of BauBuche, but also ultimately functions as an exemplary and unparalleled debut showpiece for a high-performance building material, and as a project that demonstrates the use of the company’s own products in an exemplary manner and in the process provides SWG with a valuable characteristic to further define the company’s profile. 77

Die Hauptfachwerkträger kamen in drei vorgefertigten Segmenten witterungsgeschützt in Folie eingepackt auf die Baustelle: zwei Endstücke und ein Mittelstück. The main trusses were delivered to the construction site in three pre-fabricated parts: two end pieces and one central piece, all wrapped in weather-proof plastic.

Paarträger wurden vorerst am Boden mit den BSP-Platten zu zwei Shed-Graben-Teilen zusammengebaut. The pairs of trusses were first connected at ground level with the panels of cross-laminated timber to form the two parts of a shed trench.

CONSTRUCTIVELY AND CREATIVELY CONCEPTUALIZED

With constructive creativity a building framework was created in this project which appears natural and simple in its structural details, despite being the chosen material’s first use in such a manner worldwide and the fact that the planners broke new ground with respect to the necessary dimensions in terms of both the size of the trusses and the forces involved. The construction was not a risky venture, but rather a prototype essentially being tested and implemented simultaneously, which the planners tackled step by step, carefully pushing pre-existing limits in a controlled manner. 78

KONSTRUKTIV KREATIV KONZIPIERT

Mit konstruktiver Kreativität entstand ein Tragwerk, das mit seinen Konstruktionsdetails selbstverständ­ lich und einfach in Erscheinung tritt, obwohl es welt­ weit zum ersten Mal erstellt wurde und obwohl die Planenden mit den gegebenen Dimensionen in Bezug auf Abmessung und Kraftgrößen Neuland betraten. Die Konstruktion war kein Wagnis, sondern ein Proto­ typ im 1:1-Maßstab, den die Planenden schrittweise und mit kontrolliertem Herantasten an die Grenzen angingen.

Kräne hievten die zusammengesetzten Trägerstücke auf Montageböcke, von wo man sie final positionierte. Cranes then raised these assembled truss elements onto assembly trestles, on which they were brought into their final positions. Zuletzt wurde das fehlende Mittelstück emporgehoben, das sogenannte »T-Stück« über den Mittelstützen. The central section, the “T-piece” over the central posts, was lifted into position last.

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Dank der für Holz außergewöhnlich hohen Festigkeit und Steifigkeit von BauBuche gelang es den Ingenieu­ ren, den modernen Holzbau mit seiner gegenwärtig möglichen Präzision so mit der traditionellen Zim­ mermannskunst zu verknüpfen, dass eine neue Selbst­ verständlichkeit entstand – an die man sich durchaus noch gewöhnen muss. Denn die formschlüssigen Ver­ bindungen mit ihren für diese Spannweite äußerst schlanken Dimensionen und die Filigranität des Trag­ werks an sich sind noch ungewohnt. Das Auge wird sich daran gewöhnen – wie auch die Ingenieure lern­ ten, die enormen Kräfte in MN-Höhe zu abstrahieren und zu relativieren, je länger sie mit diesem Baustoff in diesen Dimensionen arbeiteten. Denn es werden bestimmt mehr solche Konstruktionen entstehen, weil die Vorteile unter gewissen Rahmenbedingun­ gen überwiegen: So spart die leichte und schlanke Konstruktion Ressourcen und Energie – vor allem auch in den Bauten, auf denen sie lagern.

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Thanks to BauBuche’s exceptionally high strength and stiffness, particularly unusual for a wood-based construction material, they succeeded in combining modern high-precision timber construction with traditional carpentry in such a way that they created a new seemingly self-evident “norm”, albeit one that will still take some getting used to. The form-fitting connections with their extremely slim dimensions in relation to their span, and the delicate structure itself remain relatively unfamiliar in the industrial sector. Our eyes will surely become accustomed to them, just as the engineers involved in this project gradually learned to abstract and relativize the enormous forces operating at Meganewton scale the longer they worked with this building material in these dimensions. We can be sure that further such structures will be built, because the advantages clearly outweigh the disadvantages under a range of conditions: the light and slender construction saves resources and energy, particularly in the buildings in which it is installed.

Insgesamt wurden rund 1.800  m³ heimisches Holz verbaut. Das bedeutet eine CO2-Einsparung von rund 3.600 Tonnen gegenüber einer konventionellen Bau­ weise – bezogen auf eine Nutzungsdauer von fünfzig Jahren. So ermöglicht die wirtschaftliche Fertigungs­ technologie, dass Konstruktionen aus BauBuche auf einem ähnlichen Preisniveau liegen wie herkömmli­ che Nadelholzkonstruktionen. Und so entsteht mit der hochwertigen Laubholzoberfläche eine Ästhetik, die überzeugt. Denn die Holzfaserung, die für Holz grundsätzlich so typisch ist, bei Holzwerkstoffen aber oft verloren geht, bleibt bei BauBuche in adaptierter Form erhalten. Dies schafft auf den Tragwerken eine optisch ansprechende Oberflächengüte und lässt Inge­ nieurbauwerke zu wertvollen sichtbaren Raumkom­ ponenten werden.

A total of around 1,800   m³ of local timber was used. This represents around 3,600 tonnes of CO2 savings compared with conventional construction methods, based on a projected building lifespan of fifty years. In this way, the economical production technology enables structures made of BauBuche to be manufactured at a similar price level to that of conventional softwood structures. The high-quality hardwood surface also furnishes structures with a captivating aesthetic, as the typical wood grain, often lost in conventional construction materials made of engineered wood, remains visible in all sections of BauBuche, albeit in an adapted form. This gives the support structure an aesthetically pleasing surface quality, transforming engineered structural components into valuable visible spatial elements.

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Eindrehen

AN DEN GRENZEN DES MATERIALS HOLZ ALDO ROTA

PUSHING THE LIMITS OF WOOD AS A BUILDING MATERIAL ALDO ROTA

Driving in

Der Baustoff BauBuche ist ein Furnierschichtholz für tragende Zwecke gemäß EN14374:2004. Das Ausgangs­ material ist Rundholz: Buchenstämme aus regionaler, nachhaltiger Waldwirtschaft (zertifiziert nach PEFC). In einer automatisierten Fertigungslinie werden die Stämme zuerst in Wasser gekocht, um das Holz weich und damit schälfähig zu machen, dann entrindet und auf Standardlängen gekappt. Aus den so vorbereite­ ten Stämmen werden in einem rotierenden Verfahren 3,5  mm starke Furniere geschält, zugeschnitten und getrocknet – bis hierhin der gebräuchliche Vogang der Schälfurnierherstellung. Ein Scanner erfasst dann die Holzmerkmale der Furniere, um eine Qualitätssortie­ rung zu ermöglichen. Anschließend werden die Fur­ niere zu einer Endlos-Furnierschichtholzplatte ge­ schichtet und aneinandergefügt und in einer Presse unter hohem Druck zu bis zu 6  cm starken Platten verklebt. Diese werden dann entweder als Ganzes ver­ wendet oder zu Lamellen aufgetrennt. Am Ende der Fertigungslinie entstehen durch Verkleben mehrerer Lamellen sowohl Träger für den konstruktiven Holz­ bau als auch Paneele in gängigen Dimensionen für den Möbel- und Innenausbau. PLATTEN UND PANEELE

Bei den plattenförmigen Endprodukten des Typs S verlaufen die Fasern der Furniere ausschließlich paral­ lel in Walzrichtung, die Oberflächen der Platten bilden die typische Maserung der geschälten Buchenstämme ab. Die annähernd parallele Ausrichtung der Fasern verleiht den Platten anisotrope Eigenschaften – insbe­ sondere in Querrichtung geringere Festigkeiten –, wie dies auch bei herkömmlichen Massivholzbauteilen der Fall ist. Daher eignet sich dieser Baustofftyp für die Herstellung stabförmiger Bauteile und wird in Stär­ ken von 40 und 60  mm produziert.

Halbfabrikate aus BauBuche Semi-finished BauBuche products Platte Q/S Board Q/S Träger aus Platte S Beam from Board S Träger GL75 Beam GL75 Paneel Panel

BauBuche is a laminated veneer lumber designed for load-bearing use which conforms to European Standard EN14374:2004. Production begins with round timber: beech logs harvested from regional, sustainable forests which are PEFC certified. In an automated production process the logs are first boiled in water, to soften the wood and prepare it for peeling, then de-barked and cut to standardized lengths. Next, the logs are rotary peeled to produce veneer panels 3.5 millimetres thick, which are subsequently cut to size, and dried. So far, this process follows the typical procedure generally used for manufacturing peeled veneer. A scanner then registers the characteristics of the veneer sheets, to sort them by quality. The veneers are then layered to form a continuous veneer panel, connected, and glued together under high pressure to form compact panels up to 6 centimetres thick. These are either used in their entirety or cut into strips. The end products of this manufacturing process are laminated beams used in timber construction, as well as boards and panels in a range of conventional thicknesses and dimensions used for furniture or interior design elements. BOARDS AND PANELS

In Type S boards the veneers are solely longitudinal, arranged such that the fibres run parallel to the pressing direction, and the board surface displays the typical grain of the peeled beech logs. 90

Um die Anisotropie der Platten des Typs S mit uni­ direktional ausgerichteten Fasern zu reduzieren, kann ein Anteil der Furniere mit der Faserrichtung quer zur Walzrichtung verklebt werden. Bei der gegen­ wärtig produzierten, 40  mm starken Platte Typ Q beträgt dieser Anteil rund 20 Prozent. Ähnlich wie bei den bekannten, kreuzweise verklebten konventionel­ len Sperrholzplatten führt das zu besseren isotropen Eigenschaften, sodass diese Platten im konstruktiven Holzbau auch für flächige Tragelemente verwendet werden können. Ein anderes Konstruktionsprinzip als bei den Plat­ ten mit achsenparallelen Furnierschichten liegt den Paneelen zugrunde: Bei diesem plattenförmigen Bau­ stofftyp verlaufen die Furnierlagen senkrecht zur Plattenoberfläche, was ebenfalls eine Anisotropie der physikalischen Eigenschaften, insbesondere der Zug­ festigkeit und des Quell- und Schwindverhaltens zur Folge hat. Für die Herstellung der Paneele müssen die verklebten und gewalzten FurnierschichtholzLamellen in kurze Abschnitte unterteilt werden, die anschließend quer zur ursprünglichen Walzrichtung neu miteinander verklebt und zu Platten bzw. Panee­ len von 20, 35 oder 45  mm Dicke neu zusammenge­ setzt werden. An der Oberfläche dieser Paneele sind dann nicht die Maserungen der Furniere, sondern die Schichtungen der Furnierlagen ablesbar.

The parallel alignment of the fibres gives the boards anisotropic properties, particularly lower transverse resistance, comparable to those of conventional solid wood building components. Produced in thicknesses of 40 and 60  mm, this type of construction board is therefore particularly suitable for rod-shaped structural elements. In order to reduce the anisotropy of the Type S boards with their unidirectionally oriented fibres, some of the veneer layers can be bonded with the fibres aligned perpendicular to the pressing direction. In the 40  mm Type Q boards currently produced, these cross-plies make up approximately 20  % of the layers. As with well-known cross-bonded conventional plywood boards, this gives the product better isotropic properties, meaning that these boards can also be used for load-bearing wall panels in timber construction. BauBuche panels are produced according to a different manufacturing principle. While in the boards the veneer layers run parallel to the outer surface of the board, in the panels they are arranged perpendicular to the outer surface, giving the product its anisotropic physical properties. This particularly affects the material’s tensile strength, and its swelling and shrinkage behaviour. To produce these panels the glued and pressed books of veneer are cut into short sections which are then bonded together again perpendicular to the original pressing direction, and reassembled into boards or panels 20, 35, or 45  mm thick. Thus the surface pattern of the panels shows the veneer layers rather than the wood grain. 91

TRÄGER FÜR HÖCHSTE ANSPRÜCHE

Durch das Verkleben von Plattenstreifen des Typs S werden großformatige Träger hergestellt, die als stab­ förmige Bauteile vorwiegend in Längsrichtung der Fasern auf Zug und Druck beansprucht werden. Die Seitenflächen dieser aus vielen Lamellen aufgebauten, 50 bis 300  mm breiten und 80 bis 1.360  mm hohen Träger vom Typ GL75 sind durch die sichtbaren Furnierlagen charakterisiert, während die Ober- und Unterseiten weiterhin die Maserung der Furniere zeigen. DICHT UND IM DYNAMISCHEN GLEICHGEWICHT MIT DER UMGEBUNG

Der so hergestellte Baustoff BauBuche weist eine mittlere Rohdichte von 800  kg / m3 (bei einer charakte­ ristischen Rohdichte von 730  kg / m3) auf und ist damit mehr als doppelt so dicht, wie Vollholz der üblicher­ weise verwendeten Festigkeitsklasse C24 mit 350 kg / m3 (gemäß Holzbautabellen Lignum HBT 1 / 2005). Auch die schwersten Festigkeitsklassen für Vollholz D30 und Brettschichtholz GL36 h liegen mit Rohdichten von 530  kg /m3 bzw. 450  kg /m3 bei maximal zwei Drit­ teln der Dichte von BauBuche. Die Endprodukte weisen beim Verlassen des Werks eine mittlere Holzfeuchte von 6 Prozent auf, die sich, wie bei allen naturgemäß hygroskopischen Holzbau­ stoffen, während der Nutzung in Abhängigkeit von der Umgebungsfeuchte und -temperatur auf einen Gleichgewichtswert einstellt. Dabei variiert der Was­ sergehalt der BauBuche je nach Einsatzbedingungen in einem breiten Spektrum, von weniger als 5 Prozent in sehr trockener Luft (20  Prozent Luftfeuchte) bis über 30 Prozent in wassergesättigter Luft mit 100  Pro­ zent Luftfeuchte. Normalerweise beträgt der Wasser­

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STRUCTURAL SUPPORTS TO MEET THE HIGHEST DEMANDS

Bonding straps of Type S allows for the production of long beams which are mainly subjected to tension or compression along the length of the fibres. The layers of veneer are visible on the side surfaces of these 50 to 300  mm by 80 to 1,360  mm beams of the type GL75, giving them their characteristic appearance, while the wood grain appears on the beams’ top and bottom faces. DENSE AND IN DYNAMIC BALANCE WITH THE SURROUNDING ENVIRONMENT

The BauBuche construction materials exhibit an average bulk density of 800  kg / m3 (at a characteristic bulk density of 730  kg / m3), making this product more than twice as dense as solid lumber of the typically used grade C24 (350  kg / m3 according to the Holzbautabellen Lignum HBT 1 / 2005 charts for wood construction). Even the heaviest grades of solid lumber and laminated timber, D30 and GL36 h, with bulk densities of 530  kg / m3 and 450  kg / m3 respectively, only achieve two-thirds of the density of BauBuche. When they leave the factory, the end products exhibit an average moisture content of 6  %, which, as with all naturally hygroscopic wooden construction materials, stabilizes at an equilibrium value during use as it adjusts to the atmospheric humidity and temperature of the surrounding space. Depending on the environmental conditions, the water content of a given piece of BauBuche can vary widely, from less than 5  % in very dry air (20  % humidity) to over 30  % in water-saturated air with 100  % humidity. The water content of wood-based materials, and thus also of BauBuche, is normally 6 to 12  % in heated interiors and 12 to 20  % in outdoor areas not directly exposed to the weather. After leaving the factory, components made of BauBuche will therefore normally absorb water from the environment (the surrounding air) until it reaches equilibrium.

gehalt von Holzwerkstoffen, und damit auch der Bau­ Buche, in beheizten Innenräumen 6 bis 12 Prozent, im nicht bewitterten Außenraum 12 bis 20 Prozent. Bau­ teile aus Baubuche werden also im Normalfall, nach­ dem sie das Werk verlassen haben, so viel Wasser aus der Umgebung, d.  h. der Umgebungsluft, aufnehmen, bis sich Gleichgewichtswerte einstellen. Aus der Dynamik der Wasseraufnahme bzw. -ab­ gabe bei wechselnden Umgebungsbedingungen folgt auch bei der BauBuche – wie bei allen unbeschichteten Holzbaustoffen – ein Wechselspiel von Schwinden und Quellen: Die Wasseraufnahme ist mit einer Volumen­ vergrößerung (Quellen), die Wasserabgabe mit einer Volumenverkleinerung (Schwinden) verbunden. Die dadurch in einer Holzkonstruktion entstehenden Druck- oder Zugspannungen müssen durch die ent­ sprechende konstruktive Ausbildung des Bauwerks aufgefangen, ausgeglichen oder in angrenzende Bau­ teile abgeleitet werden.

Wassergehalt von BauBuche in Abhängigkeit von der Luftfeuchte für verschiedene Lufttemperaturen Feuchte des Holzes in % Wood moisture content in %

Water content of BauBuche relative to atmospheric humidity at various air temperatures

30

20 °C 40 °C

25

60 °C

20

100 °C

80 °C

120 °C 15

10

5

Relative Luftfeuchte in % Relative air humidity in %

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

As with all untreated wood building materials, BauBuche also undergoes a process of swelling and shrinking based on the dynamics of water absorption and release under changing environmental conditions. Water absorption leads to an increase in volume (swelling), while water release leads to a reduction in volume (shrinkage). The resulting compressive or tensile stresses that thus occur over the lifespan of a timber structure must be absorbed or compensated for by the building’s design or transferred to adjacent structural elements. 93

Da die Wasseraufnahme der einzelnen Holzfasern richtungsabhängig ist, ist auch die Wasseraufnahme der BauBuche mit ihren parallel ausgerichteten Fasern richtungsabhängig. Diese Richtungsabhängigkeit der Wasseraufnahme – und damit der Schwind- und Quellmaße – ist bei einschichtigen Bauteilen, insbe­ sondere bei Platten, stärker ausgeprägt als bei mehr­ schichtigen, aus unterschiedlich orientierten Schich­ ten aufgebauten Platten. So weisen die einfachen Platten des Typs S und die einfachen Paneele, aber auch die Träger der Typen S und GL75 ähnliche Quellmaße in Querrichtung (Plattenbreite) und Höhe (Plattendicke) in der Größenordnung von 0,40  % / % [Volumen / relative Luftfeuchtigkeit] bis 0,45  % / % auf. Die mit Querlagen hergestellten Platten Typ Q weisen hingegen in Querrichtung markant geringeres Quellen auf (0,03  % / %). Das Quellverhalten in Längsrichtung ist bei allen langen BauBuche-Halbfabrikaten mit 0,01  % / % minimal. Aufgrund der richtungsabhängigen, je nach Rich­ tung nicht vernachlässigbaren Wasseraufnahme mit entsprechendem Quellverhalten ist BauBuche gemäß EN 350-2 als nicht dauerhaft (Dauerhaftigkeitsklasse 5) einzustufen. Dieser Baustoff muss für Anwendungen im Freien oder in Innenräumen mit erhöhter Luft­ feuchtigkeit mit einem Oberflächenschutz oder mit konstruktiven Maßnahmen vor Wasseraufnahme ge­ schützt werden. BauBuche ist ausschließlich für den Einsatz in den Nutzungsklassen 1 und 2 zugelassen und darf nicht frei bewittert werden.

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Nutzungsklasse 1 Service class 1

Holzfeuchte