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German Pages 118 Year 1830
Wunder. Jeslip CONFUCIUS .
Taſchen - Bibliothek der
wichtigſten und intereſſanteſten
See- und Land - Reiſen, von der
Erfindung der Buchdruckerkunſt bis auf unſere Zeiten. Mit Landkarten , Planen , Portraits und anderen Abbildungen .
V e r faßt 90k
e bren , und herausgegeben Don
goach im Heinrich gå cf, Königl. Bibliothekar ju Bamberg.
52. Bändchen . mit einem stupfer.
II. Thell. 1. Bändchen von China.
Nürnberg Verlegt von Heinrich Haubenftrider. 18 30 .
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Taſchen Bibliothek der
wichtigſten und intereſſanteſten Reiſen durch
€ bin a. Mit Landkarten , Planen , Portraits und anderen Abbildungen. et fa ft von
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und herausgegeben Von
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Stönigl. Bibliothekar ju Bamberg.
II, Theil. 1. Bändchen. Nürnberg . Verlegt son Heinrich Hau caftrifer . 18 30.
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Reiſe einiger Dänen nach China in den Fahren 1730 — 1732, beſchrieben von dem
Prieſter des Schiffes Kronprinz Chriſtian.
Auf dem Schiffe „froņprin ; Chriftian" fuhren die Dånen den 25. October 1930 von Stopenha's gen weg , kamen in die Nordree , und landeten bei
Fåroe. Hier mußten ſie wegen der ſtürmiſchen Wits terung 3 Wochen liegen bleiben .
Fåro e beſteht aus Inſeln , welche niit Slippen bedeckt ſind , und wegen ihrer wenigen Erde nicht viel fruchtbares Land haben. Die Einivohner erhalten die
nöthigen Lebensmittel von Dänemark , gegen welche dieſes Wollwaaren , Thran und unſchlitt einnimmt.
Die Fårder leben nicht vom fiſchfange , begnügen ſich mit geringer Stoft ; und gebrauchen fiatt des Bros
des getrocknete Fiſche. Die beſten Häfen auf Fåroe
R( K AP )?
ſind : Stờnig88 und Torshafen . Branntwein und Tabak lieben die Einwohner ſehr ; ihre Sprache iſt Alt - Nordiſch. Das Vole auf dem Lande ift,
ebenſo wie jenes in Island , mit dem Ausrake, ges
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plagt ; das felima geſund.
Waldungen findet man
hier nicht; die Stelle des Holzes bertritt Lyng und Corf.
Den 3. Januar 1931 faben ſie in der Ferne einen Brand , deſſen Urſache ſie erſt erfuhren , als ſie Des neriffa erreicht batten . Es war nåmlich auf der kanariſchen Inſel Lancerotta ein Berg in Brand
gerathen , welcher großen Schaden angerichtet hatte. Lancerotta wird gewöhnlich stanariens Storns kammer genannt, weil es den beſten Weizen in großer Menge liefert. Teneriffa unter dem 28 Grad nords licher Breite hat im Sommer eine große Hiße , und
im Winter eine gelinde Luft. An den Fenſtern und Thüren findet man kein Glas , ſondern tatt deſſelben ein Gitterwerk , um durch den Zug der Luft größere Kühlung zu bewirken . Die Stådte St. Cruf und Lagona find bes
kannt.
Die Religion auf Teneriffa iſt römiſchs
katholiſch ; auch herrſcht hier die ſcheußliche Inquiſts tion .
Das Waſſer auf Teneriffa iſt nicht ſonderlich
gut , obſchon es von den Gebirgen durch Röhren in
die Stadt geführt wird , welche auf Stüßen ungefábr 10 Ellen hoch liegen.
Den 4. Februar batten die Reiſenden einen ſchrecklichen Sturm auszuhalten , welchem ſie aber glücklich entgingen. A!8 ſie ſich der Linie näherten, fanden ſie eine Art von den in Dånemark bekanns
ten Waſſer : Mäuſen , welche aufgeblaſen über das
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Waffer gehen , ſie ſind ganz heiß anzufühlen , und ifr Schleim klebt ſo all, daß man glaubt die Hand ' würde
verbrennen. In dieſen Stůſten nennt man dieſe Thiere Meraner. Auch hatten die Reiſenden viel von Flies gen auszuſtehen , welche ihnen ſo zuſetten , daß nach dem Stiche ſogleich Blut floß. Den 27. Februar pak
firten ſie die A equinoktials Linie , und befanden fick den 15. Mai auf der Höhe des Vorgebirg 8 der guten Hoffnung.
Den 28. erblickten ſie die
beiden unbewohnten Inſeln St. Paul und Amſters dam. Den 26. Juli kamen ſie in Strat Sunda , einem Sunde zwiſchen Java und Sumatra, Des Tages nach der Ankunft der Reiſenden zu Java kamen 2 javaniſche Boote zu ihnen an Bord , und brachten alte und junge Hübner , Schildkröten und Scokosnüſſe. Ein junger Mann, auf dieſen Booten gab ſich für einen Sohn des Königs auf dem Lande aus , welches ein Zeichen iſt , daß dafelbft auf den indiſchen Plåßen , deren ſich die Chriſten noch nicht
bemächtigt haben , ebenſo viele kleine Könige fenen , wie ebemals in Norwegen.
Auf Angri , einem
andern Japaniſchen Plake , kauften ſie einen Büffel, eine Stub, Stokosnüſſe und Papageien , beſonders kleine,
welche nicht größer , als eine Lerche , und ungemein fcönfarbig ſind . Den 25. rahen fie die Inſeln , welche vor dem feſten Lande von China liegen ; den 26. langten fie
slüdlich zu Macao an. In dieſer Stadt mußten ſie
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chinefiſche Lootfen nehmen ; mit dieſen regelten fie nach Stanton .
Den 3. Auguſt kam
ein chinefis
ider Aufſeher an Bord , und zeichnete die Schiffos Munition, die Mannſchaft und die Ladung auf. Den 4. beſuchte ſie ein Mandarin von Bocatiger (einem Sunde zwiſchen 2 Staftellen ) , und ſchrieb gleichfalls die Waaren in dem Schiffe auf.
Er war ein alter,
aber heiterer und gefälliger Mann , verlangte ein Trinkglas und eine Flaſche Wein , für welche er den größten Dank abſtattete. Er gab uns auch 2 Diener, 'welche , ro lange das Schiff in China war , bei dems ſelber! bleiben , und alles aufzeichnen mußten , was auf das Schiff kam und von demſelben weggebracht wurde.
Den 5. Auguſt langten ſie glücklich bei Wampou, eirer kleinen Stadt mit einem hohen Thurme, an . Den 4. beſuchte der Dp P08 (General - Zoll i Aufſeher) son St a nton das Schiff. Er fuhr in einem Mandarins Samphan (eineni langen Fahrzeuge) , welches untea meift flach iſt , und oben ſchon eingerichtete Zimmer bat. Als er ſich dem Schiffe der Reiſenden nåberte , jeigte er ſich zuerſt mit einem Becken aus Meſſing , auf welches er ſchlug.
Er brachte ein Gefdenie von
Schafen , einem Schweine, und ein Paar Strügen mit Mandarinwein . Sein Geſchäft war : das Schiff ju meffen ; für ſeine Bemühung wird er reichlich bezahlt. Den 14. Auguſt kam der Voye von Stanton mit
7 andern Vogen aus den Provinzen , um die euros
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päiſche Handels -Flotte , welche aus 14 Schiffen bes ftand , ju beſehen . Der Vone ſelbſt kam in der großs
ten Pracht und mit vielem Gefolge ; während feines Zuges hörte man ein gewaltiges Rufen der Chines ren , weldes ein Rebehoch bedeutete. Er hatte allzeit - eine große Anzahl von Stnechten bei ſich , welche eine
Peitſche in der Hand hielten , und ſich durch ihre Kleidung leicht von den andern unterſchieden . Bei der Ankunft des Voyen löreten alle Schiffe die Stanos nen. Ehe er am Bord ging , fieg zuerſt ein Chineſe
und lach s Decken über die Stühle, auf welche ſie ſich ſeßen fouten .
Hierauf kam ein anderer Chineſe mit Ges
fchenken von koſtbarem Seiden s Zeuge, welche der Stas pitain erhielt. Denn in China iſt Sitte , daß vors nehme Leute bei Beſuchen einander Geſchenke machen . Der Beſucher fragt den Wirth : „ Was giebſt du mir, weil ich zu dir komme ? 11 " dierer erwiedert: Was bringſt du mit, indem du zu mir kommſt ?" . Während der Anweſenheit des Voyen durfte ſich außer dem Stas
pitain und den Supercargers Niemand reßen. Dus gemeine Volk, welches mit ihm ſprechen wollte, mußte ſich auf ein Stnie niederlaſſen . Der Fluß Crora theilt das Reich China in das
ſüdliche und nördliche. Das Land iſt in 15 Provingen eingetheilt , hat viele ſchifftragende Flüſſe , und iſt durch fruchtbarkeit des Bodens ausgezeichnet. Das ftlima ift geſund , jedoch in den Monaten Auguſt
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und September die Hiße unerträglich. Es giebt viele Garten : Gewådh ſe ; beſonders wachſen die Aepfel de
Sina im Ueberfluß und von ausgezeichneter Große. Von Thieren findet man faſt dieſelben , wie in Europa ; nur iſt ihre Geſtalt etwas verändert. Dcbs. ſen - Fleiſch zu eſſen iſt den Chineſen verboten ; das gegen genießen ſie Hunde , Staßen , Ratten u. 1. w.
Das Hundefleiſch rou nach ihrem Dafür halten im Sommer kühlen ; Schwein : Fleiſch iſt aber ilire tågs liche Nahrung. Die chineſiſchen Schinken übertreffen an Geſchmack die weftphålinger und franzöſis ſchev rebr. Das ſtårkite Getränke der Chineſen heißt Samfon , und wird von Reis und Palm Saft bes reitet. Wilde Thiere findet man in entfernt lies genden Wåldern und Gebirgeil. Unter den Fiſchen in China fand der Schiffs Prediger eine beſondere Seltenheit , nåmlich einige kleine Fiſche in einem großen Siryſtall - Glaſe , welche ſo lange fie im Waſſer find , wie das reinfte Gold er
ſcheinen ; fått eine ihrer Schuppen ab , ro fcheint die untere Stelle purpurroth zu reyn ; nimnit man ſie aber 1
aus dem Waſer , ſo ſind ſie tvie andere Fiſche. Die vornehmſten und bekannteſten Stådte in
Obina finid : Peking mit der kaiſerlichen Reſidenz ; Nanking mit dem koſtbaren Porzellan - Thurme und der berühmten Sternwarte; die Handelsſtadt stans
ton und amon . Städte und Dörfer find faſt uns åblig und liegen nabe beiſammen .
11. Die große und geräumige Stadt Stanton beftent aus der Vorſtadt , Alt : und Neuſtadt. In erſterer baben die Europäer ihre Faktoreien ; ſie iſt durch eine Mauer von den beiden anderu getrennt. Sich in dieſe zu begeben , war vorher den Euro påern erlaubt,
ießt iſt es verboten. Die Straßen ſind ſehr enge, mit viereckigen Steinen belegt , ro daß , wenn 2 Perſonen mit einander gehen , die dritte , welche vorbei will, einem der Vorgehenden an dem Arme laufen muß.
Die Querſtraßen ſind an jedem Ende mit einer Pforte verſehen , welche Abends , wenn es fiafter wird , geur
ſchloſſen werden. Låßt der gemeine Mann ſich nad 9. Uhr auf der Straße finden , ſo wird er in Verhaft genommen . Die Straßen werden überall ungemein rein gehalten. In der Vorſtadt findet man 2 kas tholiſche Stirchen und -2 Stollegien , und in der Altſtadt ein Jeſuiten - Stollegium . Die Miſſionaire und Pries, iter bei den Stirchen in Stanton ſind , Franzoſen und Spanier.
Nach der Religion herrſcht in China Abgötterei ; jedoch siebt es verſchiedene Sekten . · Einige nehmen
ein gåttliches Weſen und die Unſterblichkeit der Seele, u. r. w . an .
Dieſem Glauben ſind faſt alle Gebildete
jugethan . Die Ponzen find Gógendiener , und leben . fåts in Pasoden. Sie dienen ihrem Abgott Joß Morgens und Abends mit Pfeifen , Trommeln und Gerången .
Sie ſpeiſen nichts , was ehedem Leben
gebabt bat , oder noch erbaiten könnte.
So genießen
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fie keine Eier , weil aus ihnen junge Hühner werden können. Sie tragen lange , graue Röcke mit weißen Aerineln , und ſcheeren ihr Haupt. Sie können stvar
das gåttliche Weſen nicht låugnen ; meinen aber , das Gott eine leibliche Geſtalt babe und rich wenig um
die Menſchen bekümmere .
Sie glauben die Unſterbs
lichkeit der Seele .
Andere halten dafür , daß die Seelen ihrer Vor: fahren in Thiere gefahren reyen , deßwegen erļauben fie nicht , daß einem ſolchen Thiere das Leben genoms men wird.
Auch giebt es Jungfrauen , welche in Geſellſchafs ten unter einer Vorfteberin leben , um ihre Jungferns ſchaft zu bewahreu .
Der Gókendienſt der Bonjen verbreitet ſich über ganz China. Jeder Mann hat einen Joß in ſeinem
Hauſe , welchen er für ſeinen Beſchůßer bålt , ans räuchert, jeden Abend ein Licht vor ihm anzündet,
und die ganze Nacht brennen låßt. Außerdem hat ein Jeder über ſeiner Thüre gegen die Straße ein Bild ftehen , welches einen großen Feldherrn vorſtellen roll, und als Wächter des Hauſes angeſehen wird.
Die vorzüglichfte Benennung des chinefifchen Stais ift : Thin ou : 0. Sohn des Himmels. Sein rechter Name iſt Junqui. Das Wappen des Stais ſers iſt ein Drache mit & flauen ; auch dürfen ſeine
Mandarine, einen ſolchen Drachen , jedoch nur mit 7 Stlauen führen. Die Einkünfte des Staiſers übers
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fteigen jene des türkirchen Sultan und des Gto Bs Mogul bei weitem .
Die Regierung in China beſteht vorzüglich in den ', kaiſerlichen Stammern zu Peking, bei welcher
jeder Vone feiner Provinz die Angelegenheiten nach ihrer Beſchaffenheit anmelden muß. Die Stammer entſcheidet dann , und ſchickt das Urtheil dem Staiſer zur Beſtätigung und Unterſchrift. Dieſer ſendet fie an die Stammer zurück , welche nun dem Vone der Provinz die Entſchließung bekannt macht.
Erfålrt der Staiſer , daß ein Madarin ſich auf uns rechtmäßige Stoſten bereichere , ſo låßt er dieſem einen Beſuch anſagen .
Der Mandarin ift alsdann verbuns
den , ſogleich einen neuen und prächtigen Palaſt vom Grunde bauen zu laſſen . Iit dieſes geſchehen , ró bes zieht der Staiſer mit ſeiner Familie und feinen Hofs bedienten den Palaft , und verweilet in demſelben ro lange, bis der fquldige mandarin ein armer Mann geworden iſt.
Stein Chineſe darf außer den Grenzen reines Vaterlandes reiſen : denn der Staiſer betrachtet alle ſeine Unterthanen als Sklaven . Jedoch erlaubt er ihnen nach Batavia und Japan zu fahrenr. Bei dem Zolweren wird große Aufſicht gehalten.
Die Einnehmer dürfen ſogar die Reiſenden unter den Kleidern unterſuchen .
Die Soldaten werden in 3 Storps getheilt ; das
erfte, 098 Mongoliſche , beſteht aus Tatarens
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und hat 9 Fahnen. Das zweite erkannte zuerſt unter den Chineren die tartaiſche Herrſchaft , und beißt deßwegen das Stiangrche. Dieſes Storps it der Stern des kaiſerlichen Heeres ; es erhålt großen Sold ; alle Stinder , welche in demſelben geboren wers
den , bleiben bei demſelben von einem Geſchlechte bis fum andern ; das dritte Storps bilden die übrigen Res gimenter , welche nur aus Chinefen beſtehen. Die Seemacht iſt unbedeutend , denn die Flotte
beſteht nur aus langen und großen Booten , deren jedes 20 Ruder führt, and 5-8 Falconeten hat. Jer des Boot iſt mit 21 Mann bereßt , deren Anführer Bogen und Pfeile , die übrigen aber Spiefe , Sdildo
und Såbel gebrauchen.
Auch haben die Chineſen Musquetën , welche beim Losbrennen auf eine , in die Erde geſteckte Gas bel gelegt werden . In dem ganzen Lande findet
man hohe Thůrme , auf welchen bevorſtehende Gefabs ren durch große Feuer angedeutet werden. Auch wers den in dieſe Thürme Stråflinge gebracht. Bei jedem faſtelle und Zollhauſe ſind Minen 2011 Steinen und
Kalt aufgeführt, welche bei der Ankündigung eines feindlichen Anfalles geſprengt werden , um daduro
das Land zur Gegenwehr zu ermuntern . Die Shineren ſind fein und artig nicht nur unter ſich , ſondern auch gegen Fremde. Sie ſind der
Heppigkeit ergeben , und begehen b &ufig die Sünde Sodom '8. Auch dienen ſie ibrem Magen gar rebe
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durch -Effen und Trinken. Haben ſie den Magen übers füllt, ſo trinken ſie einige Schalen Thee , welcher den genommenen Ueberfluß bald wieder verzehrt. Sie ſind von Natur furchtram , und die gemeinen Leute zittern bei dem Anblicke eines Soldaten , wie vor einem Löwen . Sie machen nicht gerne Geſchenke, außer wenn ſie wiſſen , daß ſie das Doppelte dagegen erhalten .
Sie lieben außerordentlich das europäiſche
Gold und Silber , und erweiſen einem gemeinen Eur
ropåer die größte Aufmerkſamkeit bei der Bedienung, wenn ſie Geld bei ihm wiſſen . Ihr Gruß und Ger gengruß beſteht in den 2 Sylben : Sting Sting. Sie
find ftolz und gebildet , und fragen gleich , wenn man etwas ſchönes bei ihnen ſieht, ob man in Europa auch ſolche Sachen habe, oder bearbeiten könne ? Sie glaus ben , daß ihre Ahrien die vornehmſten und meiften
RBiſſenſchaften erfunden båtten.
Die Chineriſche Sprache iſt ſehr wortarm : denn ein Wort hat wohl fünferlei Bedeutungen, welche man allein durch einen gewiſſen Accent unten
scheiden kann , deren ſie fünf haben . Sie haben wes nige Sfonſonanten , und können eben ro wenig , wie die Rurren und Polaken , viele ausſprechen. Ihre Schreibart beſteht aus Charakteren , deren He mehr als 80,000 haben ſollen . Sie haben kein Als phabet , wie andere Nationen ; gucb ſchreiben ſie von oben nach unten, nicht gegen die Seiten. Die philos
fopbirden Ebaraktere ſind die vorzüglichften . Ein
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Mann , welcher nicht ftudieren will , kann ſich mit 1000 Starakteren behelfen ; der Gelehrte aber muß faft
eine unzählige Menge wiſſen . Um hierin vollkommen zu werden , braucht mau 10 - 12 Jahre .
Ihre Ziffern ſind gleich falls Charaktere, ( ieder Charakter bedeutet ein ganzes Wort , oder wenigſtens eine Sylbe ) , welche ſie zur Dezimal : Rechnung ans wenden .
Die jeßige Stleider - Tracht der Chineren iſt ift die tatariſche. Die alt chineſiſche Stleidung beſtand aus kleinen Röcken mit weiten Aermeln, einem
Huté mit 2 Flügeln , welche auf beiden Seiten eins
wärts gingen. Ehemals trug man die Haare lang. jekt geſchoren , jedoch bleibt ein kleiner Büſchel von Haaren oben auf dem Haupté fielen . Die alt schis neſiſche Stleidung ſieht bloß man noch in Lufſpielen . Die gebräuchlichſte Farbe der Kleidung iſt ſchwarz oder dunkelblau. Die gelbe Farbe darf nur vom Stais
ſer und ſeiner Familie getragen werden. Statt der Meſſer , Gabel und Löffel bei dem Mahle bedienen fich die Chineſen elfenbeinerner oder hölzerner Pinnen , ( zubereitete platte Stücke, wie man ſie in den Apo theken fiebt ). Doch nehmen jeßt vornehme Leute auch Löffel nach europäiſcher Sitte. Die chineſiſche Nation befteht hartnddig auf ihrer Meinung ; doch iſt ſie arbeitſam und künſtlich in ihren
Erfindungen . Für Leşteres zeugen : der beivunderungos
würdige Porzellan- Sburm in Nanking ; die fünfts
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lichen Grücken über große Seen ; minirte Wege durc die höchſten Berge; gegrabene Flußbette durch das
ganze land i hångende Brücken in der Luft von einem Berge zum andern . Es ist ein Geſet , daß kein Nüfiggånger in China geduldet wird . Auf Reinlichkeit wird in und außer ven Häuſern viel gehalten . Kleine Augen und Nás gel , ſo lange wie Adlers - Slauen , werden für eine Schönbeitt? man einem Chineſen eine Prife Tabat an , fo nimmt
er dieſe mit ſeinen langen Någeln , welche aber allzeit rein gehalten werden . Kleine Füße bei den Frauenzims
mern gelten für eine außerordentliche Schönheit; doch ſind die Füße gemeiner Frauen und Tochter groß und vollkommen.
In Stanton befinden ſich beſondere Straßent, welche bloß von Frauenzimmern bewohnt werden . Den ? daß ſie die Haare in einen Zopf winden , und mit
vielen goldenen und fiibernen Nadeln befeßen. Auch rauchen fie ſtark Tabak.
Die Chinefen nehmen 5 Elemente an : Erde, Waſſer , Luft , Feuer und Metall. Sie vermuthen , daß der Himmel rund und die Erde viereckig rei. Ja Peling iſt eine Pagode dem Himmel geiveiht , in
welcher auf einem Altar eine Himmelskugel ſtebt ; zu dem Áltare führen 9 Stufen ; eine andere Pagode iſt jur Ehre der Erde aufgerichtet worden ; die Erde iſt 52ſtes B. China , II.
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bier alb Wicred auf einem Altare dargeſtellt, you wel:
chem 9 Stuien in einen Steller ,hinabführen . Das Werk: Jeling, ein aus alten philoſophis feben Ueberlieferungen zuſammengerektes Wert , wird bei den Chineſen eben ' ro hoch geſchåßt, als bei uns
die Bibel. Von dieſem Werke glauben ſie, es könne nicht über das Meer geführt werden. Die Mufit der Chinefen fann dem europdirden Dhre nicht bebagen . Die Inſtrumente find : 2 MER fingene Beden , welche mit kleinen Stöcken geſchla gen werden. 2 Schalmeien , 2 Poſaunen , von web
chen man nur einen Ton bort ; 2 Saiten Inſtrumente. it dieſen Juftrumenten wird gewöhnlich in somos dien , und vor dem Gott jog Muſik geniacht. Aus ferdem haben ſie noch ein kleines Glockenſpiel, eine Querpfeife , eine kleine indiſche Orgel von Nuhr, und und eine Trommel. Dieſe Muſik wird gewöhntin bei Feuers : Gefahr gehört.
So lange ſich die Europder in Stanton, aufs balten , werden faſt in allen Straßen Stomödien des
ſpielt. Das Schönſte an dieſen Spielen iſt die Kleis dung der Spieler und die 'vielen Veränderungen bei den Epielen. Die Spieler fingen durdy alle Akte. Ein jeder kann nach ſeinem Belieben die Spieler in ſein Haus kommen laſſen. Beſonders ift bei Vornebs mien Sirie , nach den Mahlzeiten Schauſpieler foms nien zu laſſen ; dieſe legen dem Herrn des Hauſes ein
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Buch vor , auf welchem er ein Spiel nach Belieben
tvåblen kann. Zuweilen ſpielen alte Leute , zuweilen Kinder.
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Die bei den Chineſen gebråuchlichen Strafen find das Schlagen mit dem Bambus - Rohr , das Stopfen und das Lebendigbegraben. Wird jemand verhaftet, ro wird dem Verbrecher ein Bret um den Hals gelegt, auf welchem dae Verbrechen fteht, von dem
Brete
scht eine Ketre um die rechte Hand. Dieſes Bret. muß der Verbrecher ſo lange tragen , bis die Strafe au ibm vollzogen wird.
Ihre Gråber haben die Chineſen auf Berger , beſonders lieben die Mandarine Anhöhen , und errichs ten auf denſelben ſchöne Denkmåler. Der gemeine Mann wird in das flache Feld begraben. Sein Leichte nam ruht unter einem Dache , welches auf 4 Pfeiler aus Stein gebaut ift. Auf das Dach werden Blumen und Confekturen gefert , von welchen ein ieder nad Belieben nehmen kann . Soll ein vortiehmer Mand begraben werden , ro rebt man die Bäckereien långt der Straße hin . Wird die Leiche aus dem Hauſe ges fahren , ſo trågt man den Abgott des Verforbenen nebſt einer Menge buntfarbiger Fahnen vorher ; alle Freunde und Verwandte des Verſtorbenen folgen nads denſelben. Gerne führt man die Leichnaine ju Waf fer nach dem Begräbniß - Plaße ; in dem Fahrzeuge befinden ſich zugleich die Verwandten, welche ſich wes
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gen des Todes des Verblichenen am Effen und Trins ken ergoßen . Der ro berühmte chinefiſche Thee wichſt auf Fleis nen Båumen , welche į oder i Ellen hoch ſind. Die
Slåtter dieſer Bäume (Stråuche) ſind der Thee. Der Thee Hou wird auf eiſernen Platten bei dem Feuer getrocknet ; der ſogenannte weiße Thee beſteht in den bin und wieder ſich befindenden einzelnen Blåts tern .
Der befte Thee findet ſich an der Spiße des
Baumes ; der geringere nåber bei dem Stamme ; je ngher , deſto ſchlechter. Das chineſiſche Porzellan ift bekannt. Rhabarbara
findet man in China in Menge , ferner China - Rinde, Queckſilber , künſtlich gearbeitete Blumen , Sonnens fåcher, ſeltene Steine , Gold , weißes Stupfer und ſeis
dene Stoffe. Wollene Zeuge werden bei den Chines ſen nicht verfertigt; zuweilen bringen die Europäer wolene Waaren zu ihneu .
Gemünites Geld ift in Ching nicht gebrånchlich ;
doch baben die Chineſeu eine Art Münze von Meis fing , mit einem viereckigen Loche ; dieſes heißt Sa B Silber und Gold wird ausgewogen mit Taß , čas drin , Maas und Tepl ; 10 Cafe machen 1 Catrin (2. Schillinge dåmiſch ) , 10 Cadrin 1 Maas ( 1 Mark däniſch ) und 10 Maas 1 Teyl. Alles wird in China nach dem Gewicht verkauft ;
Ten die Waare flüſſig oder trocken . Das große Ges
21 wicht zerfällt in Catie und Peku . Catie iſt ein Gewicht von 1 Pfund und Peku ein Gewicht von
100 Pfund (nach dåniſdem Gewicht 150 Pfo .)
Das königlich -dåniſche Schiff ,, der Stronprins Chriſtian " bielt ſich 4 Monate und 13 Eage in China auf. Nach Vollendung ſeines Auftrages kebrte er nach Europa zurück , und langte am 25 . Juni 1732 glücklich ju ft openhagen an.
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Dell Schweden Peter Obbed Reiſe nach Oſt Indien und China in den Fahren 1750 -- 1752. Aus dem Sdwes.
diſchen überſeßt von D. G. Georgi. * )
Im Jahre 1950 ward ich von der Schwediscos of indiſchen Stompagnie berufen , auf einem, nach Oft : Indien fahrenden , Schiffe das Amt eines Schiffs : Predigers zu übernehmen . Von Gothen :
burg begab ich mich bei ſehr ungeftumen Wetter nach * ) Der Paſtor Osbeck war ju Uprala ,,Schüler des linn e's ," und harte für ſeine Reiſe von dieſem noch eine beſondere Anweiſung erhalten, welche
im V. Band von deſſen akademiſchen Ergoßlichs * keiten abgedruckt iſt. Nach ſeiner Rückkehr wurde er 111 die fonigliche Akademie der Wiſſenſchaften
ju Stockholm , wegen dieſer gebaltreichen Reiſes Beſchreibung aufgenommen ; ſeine EintrittssRede lieferte noch einen weſentlichen Beitrag ju jener, und iſt 1758 Darelbf bei Salvius erſchienen . Durch
ibn wurde Linnaei species Plantarum ſehr bes reichert.
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WargósHala , dem gewöhnlichen Ankerplaße der Oft : Jndiſchen Schiffe , wenn Rifwé , fiol und die übrigen Buchtert in denbiefigen Scheeren init Eis belegt ſind . Dadurch entgehen ſie der Bes farverlichkeit , durch in übíames Eis : Sågen in die
See ill ' gelangen . Bis Hin sholm
reiſte ich ja
Land , und ging von da an deri Bord des Schiffes Prins Starl, des erſten Dreideckers, welchen Sch w es de'll nach Oſts Indien rendete . Das Schiff harte
eine Große von 390 Laft) führte eine Befaßung von
132 Mann , und war faſt regelfertig ;'um 'nach stan's ton in China abzugehén . Den 27. November gingen wir mit einem Süd Dit: Winde und bei " fchönem Wetter unter Segel, und Fahen am 29. 570 20 % nórdi. Breite , Norives gen. Den 6. December 61º 14. nórdt. Breite erblicks
ten wir die traurigen Faroe :'Inſeli ; den 7ten jas nuar 1951 das Sta » St. Vincent ; und ankerten
nach einem kurz vorber überſtandenen Sturme , und nach einer Reiſe von 6 Wochen in der Bay von stas
dit. Nach etbaltener Erlaubnie von Seiteder ipas niſchen Regierung 'begaben wir uns8 an das Land . und beſuchten die vorzüglichſte Sees Stadt Spaniens
Stadir. Dieſe unter 36° 33' nördl. Breite und 230 45' weftl. Lårige', ift niit köſtlichen Mauern und Fes fungs- Werken verreben , welche init prächtigen Star
nonen befekt ſind. Auf den Mauern die Ausſicht zu genießen , ward dem Prediger - Dobed verfagt.
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verderben.
In dem Schiffs : Brode hielten ſich ſchon
feit dem Monate Mai Würmer auf. Den 12. Juli 9 ° 63 ' ſüdl. Breite erblickten wir die Inſel Canis
bas. Der öftliche Theil des Landes Java lag uns Dinordoft, und der weſtliche Nordnor5weft. 418 wir
an den Süſten von Java . fuhren, büpften die Sprins ger (Delphinus Phocoena) vor und neben dem Schiffe
ju tauſenden herum , und machten bei dem Aufſprins gen ein heftiges,Geſchnaube. Die Luft war anfangs durchdringend beiß , welches wahrſcheinlich von einem
Luftzuge jwifchen den Bergen erfolgte . Das Land if ſuwohl in den Ihålerna als auf dert Höhen, mit grånen Bäumen bekleidet , dereil Schatten dem Waſs fer weit vom Lande Widerſchein mittheilt.
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Eine Gattung Vögel, welche ſich auf unſerem Schiffe niederließ , nannten unſere Ofts Indien : Fab: rer Bubbi ( Dummkopf),weil ſie , wenn ſie ſich auf ein Schiff reken , um auszuruhen , nicht entfliehen, wenn man ſie fangen will , ſondern blok: fchreien , um fich bauen , und Tran oder auch Sifche ausſpeien , welche ſie im Stropfe haben. Sie fahren mit den
Schiffen oft ganze . Meilen , wenn ſie nicht verjagt werden . Sie ſind aber nicht gutzu: beherbergen , weil fie ſehr von Låuſen geplagt werden. Dieſer Vogel if der Pelecanus Piscator..
Durch das Haupt bon Java fuhren wir den 14. Juli. Dieſes höhe , fteile Vorgebirge nennen uns Tere. Seefabrer Java: Head , oder, aud Pico do u
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Prinsens Eilande. Nahe bei dem Haupte if eine Erdjunge , welche überall mit belaubten Bäumen bedeckt iſt. Weiter Landeinwvårts erhoben ſich die Ges genden , und die großen Palmbäume auf den Anbos
ben ragten höher in die Wolken , als ich je gefeber babe. An einigen wenigen Stellen erblickte man in dieſen dichten Wåldern kleine von blühenden forårs tern ganz gelbſcheinende Flächell. Die Nacht war auf dem Verbecke ſehr angenehm ; der farke Gerud
von den Båumen und Gewachſen erquidte uns febr. Uußerdem beſuchten uns eine Menge kleiner weißes Vögel in Gefalt unſerer Möwen, welche pfeifend und umflatterten. An dem Strande von Java seigten
ſich kleine róthliche Slippen , und auf dem Waſſer Schildkröten . Des Abends überzog ſich der Himmel mit goldglänzenden Wolken ; ſpåter folgten Regen und Blik. Die Einwohner zündeten långs des Strandes verſchiedene Feuer an , um die wilden Thiere zu uc ſcheuchen .
In einer måßigen Entfernung von der Bar U 16 geri beſtieg ich eine gölle , und begab mich an das Land. Es kamen und ſogleich einige Eingeborne ents gegen , welche unentſchloſſen ,zu ſeyn ſchienen , ob fic
uns als Freunde oder als Feinde behandeln ſollten . Ein jeder . hatte einen Dolch an der Seite , deſſen Spiße mit der Toxicaria Rumpfii vergiftet war. Sie gingen faſt nackt und batten ein baumwollenes , blaus geflecktes Gewand um die Mitte dee Leibes gebunden .
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Wenn ſie an Bord kamen , bedeckten ſie ſich zuweilen
mit einem Hemde. Einige trugen an den Fingern kupferne Ringe mit blauen , Saphir áhnlichen Steis nen . Die Indianer waren zum Theil son mitts lerer Große , die meiſten aber klein ; ihre Haare und Augenbraunen waren ſchwarz, die Båbne fchwarzroth , Augen und Nare klein , der Mund groe. Die meis
ften waren bartlos , freundlich und einfältig. Nahmi man ihnen etwas , ro fchrien ſie wie Stinder. Ihr Gruß war Taba e Tua ni (guten Tag, mein Herr).
Sie boten Kokos s Nüffe ; Hübner , Bier und Büffel an , und nahmen zur Bezablung entweder ſpaniſches
Silbergeld oder waaren , als alte Hemden , Olas, Spiegel u. f. w. an. Das See Ufer beſtand bier aus einem grauen Sande,
in welchem verſchiedene Sorallen angetroffen werden. Das Land war hier kaum eine Ele håber , als die
Waſſerfläche. Die Båume, welche den Unſrigen ganz unähnlich ſehen , wachſen nabe am Strande ro dicht
neben einander , daß es den fremden beinahe unmögs lich if an das Land zu kommen. Nachdem wir die javaner in ihrem Lande beſucht, und verſchiedene Blumen und andere Gegenſtände an ons gebracht hatten , eilten wir wieder an Bord , wo
wir um 12 Uhr eintrafen . Wir fanden hier viele Jas
paner , welche Kokos - Nüffe , Flaſchen - stirbiſſe, Schnecken , Pompelmoffe , Piſang , Tabak , und Jas dan ſobe Meerkaken zum Kaufe uns anboten . Wegen ents
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gegengerekten Windes muften tvir bei Toppens butb ; vor welchem Braband &buth liegt, vor Ans
ker liegen.
Java unter dem 6° růd. Breite liegt
zwiſchen Sumatra , Banca , Borneo , Mas
dura , Bali oder selein : Java und dein Cande
Eendraght. Fledermäuſe ro groß wie Raben, flow gen alle Abende von Sumatra iiach Java , um das ſelbſt Nachts zu ſchlafen , am Morgen aber kehrten fie
wieder nach Java zurück. Auf unſerer Weiterreiſe ſaben wir Sumatra , fucipara , Nanka , Polo Taja, fingen , Polo Tingey, Piedra Blanca
(weiße Sclippe ) , die Inſel fanta und niebrere Ins ſeln dicht an der chineſiſchen Stufe. Den 22. Aus guft lichteten wir die Anker , und feuerten pach des
chineſiſchen Stúfte. Dem Lootsmann , welchen wir an Bord erhielten , mußten wir 20 Peros duros oder ga
gen 200 Thaler Stupfermůnze geben. Wir hatten Lanta zur Rechten , und die füdlichen { imes : gm ſeln zur Linken .
Das Waſſer ſchlug bobe Welch
von den Inſeln ber ; dieſe raben von Strautern ganz grün , waren aber ohne Waldung. Der gewöhnlichſte Einlauf für europäiſche Schiffe nach China iſt bei den Landrons gnreln (Råubers Inſeln ). Bei Bocca Tiger (Pho : bao , auf chineſiſch ) ankerten wir wegen Mangel am Winde.
Rechts bei
dem Eingange war eiu niedriges Staftell , mit Baus
men umgeben ; .von beiden Seiten deſſelben führte ein Weg den Berg aufwärts zu einer kleinen Hütte, welche
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für eine Opferlaube gehalten ward. Etwas weiter waren und zur Linken auf 2 geſonderten Anhöhen 2 Staftelle , gleichfalls mit Bäumen umgeben ; das das
Berfte , welches dem Sumpfe am nåchſten war , wurde von Waſſer umfloſſen , und hatte in ſeiner Nähe eine Elcine Hütte. Zwei Mandarine (Die Chineſen fagen Mandes line , weil ſie das R nicht ausſprechen können ) kamen
zu uns an Bord , und begleiteten uns bis Huam : pu , tvo wir einen Zolls Aufreher erbielten , welcher ſo lange wir uns in China aufhielten , bei uns blets ben mußte. Zu bemerken iſt , daß kein Chineſe an
ſeinem Geburtsorte Mandarin werden kann .
Deu
24. Auguſt ankerten wir bei dem fòwentburme , welcher der Wege nach vaten und Buam pu
erſte der 3 merkwürdigen Thürme auf dem China ift. Nach einer Reiſe von 5 Mos 4 Tagen famen wir von ft a dir rraco ( Wampo) , dem Ankerplate aller europdis
rohen Schiffe in den Strome von Stanton oder Ear
bo. On beiden Seiten des Stromes waren große, niedrige Reisfelder. : Hier lagen bereits 19 europäis rcbe Schiffe. Des Nachts hatten wir Muſik , theils von den Inſekten , theils von dem Geräuſche auf dem 5 u tu gung in den Sampanen und Bång : falen. Bångfal (engl. Bancſbal) iſt der Ort , an welchem die Europäer wåbrend ihres Aufenthalts in
Cbina alles auf dem Schiffe Unnöthige bringen. Je
1 31
des Schiff muß für den Plaß, deſſen , es ſich bedient, eine gewiſſe Summe erlegen , und dem Stomprador
bezahlen , daß er gleich nach Ankunft des Schiffes ein
einer Scheune áhnliches Zeughaus aus Bambuss Stammen und Matten aufrichien läßt.
Wenn die
Wachen des Nachts nichts von Dieberei merken , rithe
fen ſie einander zu : „ alles wohl!" und rihlagen sum
Beweiſe ihrer Wachſamkeit öfters auf ein Gungung . Ehemals hatten fie auch die Freibeit , auf Chines
ren , welche ſich Nachts in die Hångfal wagten , ju diefen . Das Glei , welches wir ausluden , wurde bon
einem Chineſen gewogen , welcher durch Nufen das Gewicht anzeigte. Drei andere Chineſen ſchreiben és in Gegenwart verſchiedener mandarinen auf.
Das Staiſerthum China liegt in Aſien stois ' fchen dem nördlichen Wendea Streis und 42 ° nordi. A
Höbe. Rechuet man noch die angränzenden , zu dies fem Reiche gebörenden Tatariſden Lånder , roers fi reckt es ſich bis auf: 550 iu Nord oder auf eine långe von , 351 ſchwediſche Meilen in Oft und Welt von 100 bis 130 , oder ungefähr auf 315 ſchwediſcher Meis len Breite.
Es grengt gegen : Nord- an die ruffis
iden Staaten , gegen Oft und Süd an das fille Meer , und gegen Weft au Tonkin , welches mit
Corea , Siam und Co ch in s China demſelben zinsbar iſt. Ob Shing reinen Namen von ſeinem
ehemaligen Beherrſcher Cbin oder Sin erbalten
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babe , oder ob es die Indier wegen ſeiner großen Menge an Seide ro nennen , oder ob es Sinimo Land des Erqias iſt , kann nicht leicht entſchieden werden . Einige neunen es Chuni, andere Thou ms cove oder das mittelfte Reich . Zur Zeit Ulex:
ander des Großen folles Stita i oder . Statai gebeißen haben .
China mochte anfangs wohl nur aus der Lands ſcbaft #enfi beftanden haben , und nach und nach kamen mehre Lånder hinzu , bis endlich der Staiſer Schi: vang : ti alle kleinen Stónige ſich unterivarf. Der Staifer Chi: Hobam šti errichtete gegen die Einfälle der Lataren 200 Jahre vor Chriftus die große Mauer , welche anfångt in der Landſchaft Ženſi in Nordweſt unter 38° der Höhe , über alle Berge und Ehåler fich erſtreckt , zuerſt nach Nordoft
bis 42° Breite , dann nach Südoft bis 39°, und zwis ſchen den Landſchaften Peking und Ledotum bei dem See Kang fich endigt.
Die Mauer ift aus Zies
gelſteinen , 500 fchwediſche Meilen lang, 30 Fuß hoch , 6 Fuß dick , und an einigen Orten noch mebr. Die übrigen Grenzen des Reiches ſind theils durch bobe Gebirge , theils durch tiefe Gewäſſer befeſtigt. Die Landſchaft Fockien giebt Zucker und dea beften Thee ; Edhe kia ng die feinſte Seide ; Stiags
nan Firniß , Tuſch und schöne Arbeit ; Charfi , Ebenſi und Yunnan Eiſen , Stupfer , Pferde, Maultbiere - 26. į SetQuen Schiffs s Hola , Argenei..
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Kräuter ; Hugu am und ft i ang ſi Reis. Die vies
len Ströme und Stanåle erleichtern die Stommunitas tion rebr.
Das Selima iſt geſund. Das Mineralreich liefert
Gold , Silber , Zinn , Kupfer, Queckſilber, Laſurſteine, Jaspis, Zinnober, Vitriol, Rubine, Stryftalle u . f. w. Auf einem chineſiſchen Boote oder Stiel (Šam: pan) fuhr ich am 2ten September nach Stanton .
In dem Boote befanden ſich 2 långliche Tafeln mit chineſiſchen Charakteren , eine Laterne , ein Topf zum Reistoden , und ein kleiner Schrank für den Goßen, welcher mit Goldpapier und andern Zierathen ausges ſchmückt war. Vor demſelben ſtand ein Topf mit Alche , in welchen die Rauchkerzen geregt werden . Die Lichter waren Bambus : Spåne , an deren obern Ende Sågeſpåne von Standelholz mit Gummi anges klebt find. Solche Lichter werden alle Abends vor
den Goßen , in den Pagoden , Håuſern oder vor der Thüren angezündet. Dieſe Richter verurſachen in der
ganzen Stadt einen für die Augen febr beſchwerlis cben Rauch .
Die Reis - Aecker an beiden Seiten des Stromes,
und die aus verſchiedenen Bäume beſtehenden herrlis chen Wålder , Berge und Thåler gewährten eine berrliche Ausſicht. Zollhäuſer fand . Dsbeck drei ; fie ſind auf Pfåle und einen ſteinernen Grund an den
Strom , und zum Theil noch über denſelben erbaut, 52106 B. China. II . J.
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und mit einer Brücke verfehen , damit die Boote bei Ebbe und Fluth fich nähern können . Wenn man auf einem Schiffe nach Stanton
reiſt, und ſeinen Tiap (Zettel) , welchen man bei dem Mandarin auf dem Schiffe erhalten hat , vors
zeigt , ſo rekt jedes der beiden Zollhäuſer' einen längs lich runden rothen Stempel auf denſelben ; bei dem legten Zollhauſe wird der Zettel abgegeben. Die Reiſe nad) St'anton'tvird angenehmer , wenn man mit der Fluth ankommt, lund mit der Ebbe weggeht. Die kleine Stadt Hugm pu (Pasti , a u ) liegt
hinter dem Zol!hauſe Wampu Tinpihaus (Hu ams pli Siog un ). Die E bine ſen fingen am Strandı Fiſche mit Matten, welche ſie zur Zeit der Fluth långs des Ufers aufſtellten , und ſo die kleinen Fiſche bins derteni , mit der Ebbe zurück zu gehen. Bei dem Falle des Waſſers' begaben ſich viele Menſchen bis an
die Ferie in das Waſſer. Die Fiſche büpften in dem blauen , thonartigen mit Sand gemiſchten Grunde
wie Eidechſen . Saben ſie kein Rettungsmittel mehr, krochen ſie einen Fuß tief in den 'weichen Grund , wo. ſie von den Chineſen mit den Händen ausgegraben wurden. Dieſe Siſche , der Gobius pectini rostris
Linn, (Fais je ) , und der Gobius niger Linn. ( Tans nào) , mit Del gebraten , ſind nebſt Reis der vorzůgs lichſte Lebens : Unterhalt der Armeni. Enten ſamxanen lagen am fande ; wenn der Eis
gentiúmer die Grüüte meierließ illid die Enten rief,
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To gingen ſie zn hunderten in das Boot. Der Brannt: wein : Thurm (Tie : Stany ) war zur Linken. Wenn die Matroſen an denſelben kommen , ſo find ſie berechs
tigt , von ihrem Neife : Branntwein einen Schluck zu nehmen . Sileine Wirthshäuſer , welche etwas weiter liegen , ſind dicht neben einander, auf Pfäblen gebaut, und machen den Anfang der Vorſtadt aus. Vor den :
felven liegen urjåblige kleine und große Fahrzeuge, durch welche der Hafen rehr ſchmal wird. Wir legten bei dem andern TiAP : Hauſe (Tangs pack tay ) an , nachdem wir kurt vorber ein Staſtell vorüber fuhren , welches in der Mitte des Stromes liegt , und zur Linken blieb. Ein anderes Staftell liegt weiter hinauf. Beide waren mit Bäumen umgeben. Das dritte Tiap :Haus iſt das vornehmſte , und liegt nicht weit von den Faktoreien . Es heißt auf Chineſiſch : Tay : q uam 3.rangsfang :gunn.
Der erſte Ort in der Vorſtadt von santóit für die Europ der iſt die Faktorei. Obwohl das Tas petens Papier in den Zimmern ſehr glatt iſt , ſo laus fen dennoch Eidech ſen mit der größten Geſchwindigs keit an den Wänden auf und ab. Während des Sonis
mers ſind ſie häufig in den Håuſern , im Winter aber begeben ſie ſich üveg .
Die Stadt Kanton iſt der Handelsplak , an : -welchem alle europäiſchen Schiffe ihre Waaren holen. St a nton , in der Landſchaft gleichen Naniens , liegt auf einer Ebene unter 23 ° 8' nörd . Breite , und 95 °
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30 6 Stunden und 22 Minuten Långe , oftlich von uprala , den Meridian von Peking aber 30 31'
weſtlich . Auf einer Seite liegt ſie am Strome , von welchem ein oder mehrere Stanåle durch die Vorſtadt gehen . Die Häuſer ſind auf beiden Seiten dicht an Den Steinbrücken , welche åber den Stanal geben , ges baut. Die Alt Stadt iſt mit hohen Mauern und Thoren verreben ; an leßtern wird Wache gehalten, damit kein Europåer dieſelbe betrete. Hat aber ein Europåer die Erlaubniß der Großen der Stadt erbals ten , 10 wird er in einem bedeckten Tragſeſſel in die Stadt getragen. Die Alt : Stadt wird von der Vors ftadt ungefähr auf drei Viertheile umgeben. Außers
balb derſelben auf der Landſeite iſt zwiſchen der Mauer und dem Graben ein ſchöner breiter Gang. Dicht an dem Graben beginnen die Anpflanzungen , fie liegen
größtentheils niedrig , beſtehen aus verſchiedenen grůs. nen Beffråuchen , Wurzeln und Reis , und reichen ſo weit man reben kann .
Die Stadtmauer beſteht aus gehauenen Sandfteis nen , iſt mit allerlei kleinen Bäumen und Sträutern bedeckt, und auf der oberen Seite mit Wachhäuſern verfeben . Der vornehmſte Mann der Stadt if der Irangito
oder Erang : tal , welcher fowohl über die Soldaten, als auch über die zu der Provinz gehörigen Stådte und Dörfer den Oberbefehl hat. Die kleinen Herren fallen vor ihm auf die Stnie.' Zunächſt nach ihm kommt
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der Fusjenn ; der Vornehmſte bei dem Zolweſen iſt
der Happa. Das Hofgericht in Stanton hat noch 17 andere Stådte unter reiner Gerichtsbarkeit. Die Straßen find lang , aber ſelten gerad , uns
gefähr einen Faden , bald mebe , bald weniger breit, und mit långlichen Steinen gepflaſtert. Die Steine find durchlöchert, damit das Waſſer durchlaufen kann ; denn die Stadt ift zum Theile auf Pfåhle erbaut. Die Straßen ſind fehr reinlich , weil beſtändig arme Leute mit Störben umhergehen , und den Unrath ram : meln. Wagen und anderes Fuhriverk ſieht man in der Stadt nie ; wenn man Lebensmittel und andere Gegenſtände von einem Orte zum andern bringen will, ſo geſchieht es durch 2 Körbe , welche man an eine Stange und zwar an jedes Ende derſelben hångt. Die
Tråger müſſen beinabe beſtåndig rufen , daß die Leute, welche die Hauptfraßen meiftentheils ganz anfütlen , Leute von allerlei Gewerbe wohnen meiſtentheils in einer Straße beiſammen. In den Apotheken , die Zahl derſelben iſt groß,
Plaß machen .
hången am Boden und an den Wänden Hirſch - Ges tveibe und getrocknete Sträuter in Menge. Dsbed bat nie bemerkt , daß die Apotheker mehrere Sachen zuſammen miſchen ; aud nicht , daß fie fatwergen , Eſſenzen u. dergl. , ſondern nur verſchiedene Wurzeln, theils ganz , theils zerſchnitten, verkaufen . Die Leute
kauften ihre Arzneien ohne Rezepte , und beilten ſich felbft , ſo gut fie konnten.
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Die Wurzel Ninfi, Panax quinquefolia Lion. bei den Chineſen Jånsråm genannt, iſt ſehr theuer ; ein Løth derſelben koſtet 30 – 40 Loth feinen Silbers. In China darf ſie nicht eingefübrt werden , weil ſie in dem Lande tvild wächſt. Täglich ein Soth in Suppe oder Thee Waſſer gekocht, rou ihrer Meinung nach in der Schwindſucht und niehrern Strankheiten ein uns vergleichliches Heilmittel ſeyn .
Nahe bei dem Markte iſt eine Pagode. Auf dems felben befanden ſich Leute in Menge , und verkauften
Garten : Sträuter , Fiſche , Speck u. r. to . Der Hans del wird theils durch die Landes - Bewohner theils durch Armenier und andere aſiatiſche Wolfer getrieben, Von Stanton werden jährlich viele Produkte,
theils eigene, theils fremde ausgeführt; beſonders Pors gellan , role Seide , Baumwollen : Zeuge , Malereien, Blumen von Papier und ſeidenen Zeugen, Gold, Kius pfer in Stangen , Tutanègo , Queckfilber , Zinnober, Zuſch , Biſan , Thee nach verſchiedenen Sorten. Stampfer wird roh verkauft; Reis , das tägliche Brod der Chineſen , wächſt in überaus großer Menge ; fers ner findet man die China - Wurzel , die Wurzel Gals gant , Rhabarber , Indigo und Perlmutter. Die Europåer bringen Silber, Blei, feine Stleis der, Scharlach , verſchiedenfarbige wollente Zeuge, Flins
tenfteine, Piſtolen , Flinten , Uhren u. f. w. Stabi ( chineſiſche Ele) iſt etwa 15 ſchwediſche Zoll lang. Sie iſt in 10 Pan , und jeder Pan in
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10 Sandarin getheilt. Die Ellen der Schneider find gewöhnlich långer. - Das Gewicht entſcheidet bei den Chineſen alles , was empfangen und anges geben wird. St as iſt die einzige gangbare Münze,
welche in China geſchlagen wird , und ſoivohl an. Größe und Werth unſern 1/6 Deren Silbermünze Sleich kommt. Dieſe Münze iſt aus Meſſing, und bat in der Mitte ein viereckiges Loch und einen glats ten Rand , iſt aber an den Seiten mit chineſiſchea Buchſtaben gezeichnet. Mit dem größern Gewichte Datchin wird nach Petul und Seattien gewon gen. Mit dem kleinern Cewichte { å p stang werden kleine Sachen gemeſſen . Ein Pekul oder Tdaam balt 100 St åttie oder 139 Pfd . 217/16 Loth und 17/32 A8. Ein Seattie ( 1Pfd. 12 11/16 Loth 29/32 As) hålt 16 Tel . Ein Tel , fea der Chineſen , bålt 10 Meg
ungefähr 14 Thaler Kupfermůnje.
Ein me8 håls
10 Standarin , ein Standarin 10 st as ungefåbys 1/6 Der Silbermünje.
Svan : ånn (die chineſiſche Rechentafel) it långlich , in 2 Theile getheilt , und bat kleine Rola len , welche auf Någeln vors und rückwärts geſchos ben werden . Dieſer Quer : Någel ſind bald mehr, bald weniger , und bisweilen an 25 an jeder Seite . An der einen Seite bedeutet jede Rolle eins , an des
andern aber fünf.
Verſtanden die Chineren mit
Zablen zu rechnen , ſo würde es febr geſchwinde ses
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ben , indem ibre Maaß , Gewichts und Geld Reds Mungen dezimaliſch ſind.
Die Obinejen ſind weiß , reben einander meiſt gleich , haben kurze Naren , kleine Augen, kurze ſchwarze
Augenbraunen , ein breites Geſicht, große Ohren und ſchwarze Haare , von welchen aber nur ein Büſchel auf dem Scheitel bleibt. Die alten Männer , welche wenig Haare haben , machen ihren Zopf mit einem Bande anſehnlicher , damit ſie in der Eile nicht
für Verbrecher angeſehen werden mögen , welchen der Zopf abgeſchnitten wird . Die Männer laſſen die Bårte
wachſen , und theilen ſie in verſchiedene kocken .
Im
Umgange ſind die Chineſen freundlich , in ihrer Lebenss
weiſe mäßig und reinlich , im geſellſchaftlichen Leben fleißig , zu Gewerben, beſonders zum Handel ſehr aufs gelegt. Sie ſind aber auch Schwager , neugierig , eis
gennüßig , nehmen gerne Geſchenke , ſind eigenſinnig, bochmüthig und argwóbniſch. Bei dem Begegnen bes ben ſie die Hände in die Höhe , berühren aber weder
Hut noch Müße. In Ermangelung der Stühle reßen fie fich auf die Ferſen .
Ihr freundlicher Gruf ift :
HON , Hoa ( Gut , Gut). Vor den größern Herren fallen die Geringern auf die Stnie. Die Mannsperſonen tragen zwei weite Röcke von Seide oder Baumwolle ; der untere derſelben iſt weiß,
der obere aber violet oder ſchwarz. Sie gleichen unſern
langen Schlafröcken , und find ohne Futter , Steifung, Sinopflocher , Falten und Aufſchläge.
Kleine , runde,
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vergoldete Stnopfe tverden durch kleine Schnüre, welche gegen die innere Seite etwas weit hinein feft gemacht find , verbunden . Die Vermel ſind ſehr lang und weit , die Beinkleider weit und weiß , und wers den um den Leib und unter den Knieen geſchnürt. Die Strümpfe find dick , ausgenäht , und wie Sties fel gemacht. Die Schube werden aus Schweins6 Leder verfertigt , und mit Baumwolle - Garn genåbet. Arbeitsleute , Bauern und Fiſcher tragen Bambuss
Hüte mit verſchieden farbigen Strempen. Die Vors nehmen tragen Můken , und unterſcheiden ſich durch verſchiedenartige Auszeichnungen an denſelben von eins ander. Nie ſieht man einen Chineſen , welcher ſich
des Halstuches , der Handſchuhe , Strumpfbänder, Schuhes oder Gürtelſchnallen , und nur felten fick eines Stockes bedient. Statt dieſer Sachen bångt die Tabakspfeife , der Gelds und Tabaks - Beutel u. 1. p. an langen Schnüren von der Seite bis auf die Beine. In Winter ziehen ſie oft 13 - 14 Röcke an, und gebrauchen ftatt eines . Pelzes zur Erwärmung der Hånde eine lebende Wachtel.
Die Armen geben mit
bloßen Füßen , und die meiſten bis auf den halben Leib nackt. Ran ſieht öfters kleine stáhne angefüut mit nackten Kindern meiſtens nackter Aeltern , welche
keine andere Wohnung , als dieſe auf dem Waſſer
haben. Sie leben von Fiſchen , todten Schweinen , und was ſonſt über Bord geworfen wird.
Die vornehmen Srauenzimmer múffen fid beftens
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dig im Hauſe aufhalten. Die Frauen gemeiner Leute fieht man täglich , beſonders in den Booten ; ſie ſind faſt wie die Männer gekleidet , nur flechten ſie ihre Haare auf dem Scheitel in einen Stnoten zufainmen ,
und befeftigen dieſelben mit großen , langen , ſilbernen Nadeln. Die Haare der Unverheiratheten ſind an den Seiten verſchnitten , und hången eine Querhand lang rund um das Haupt. Das Schminken iſt allges meine Mode. Dem Rauchen ſind beide Geſchlechter ergeben , und nicht ſelten ſieht nian Weiber in Bop
ten , mit Kindern auf den Rücken , das Ruder führen, und Tabal. rauchen. Die Frauen , um nicht in ihren Arbeiten gehindert zu werden ; binden die Stins
per auf den Rücken , und verſehen die Kleinen mit Malebaſſen , damit ſie nicht unterſånken , wenn ſie allens
fals in den Strom ſtürzen ſollten . Die Geſchäfte der Frauen ſind die S :ind erzucht, ie Stüche, der Webſtuhl und der Spinnrocken . Die Kinder ſind mit filbernen
Ringen um die Arme und Füße , und außerdem mit Münzen , welche auf der Bruſt hången , geſchmückt. Die Volks : Anzahl in China iſt ſo groß , daß die
Straßen fo angefüllt mit Menſchen ſind í als rei tågs lich Jahrmarkt. Die Menſchenmenge ſchågt man auf 58 Millionen . Das Papier wird in China von der innern Rinde
des Hambu ( Arundo Bambos) gefertigt , und hat mit unſerm Papier nichts Aehnliches , als die Farbe.
Ihre Bogen baben die Große von 4 unſerer Bogen ;
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auf einer Seite iſt es glatt wie Glas , auf der andern nicht , daber immer 2 Blåtter zuſammengelegt wers den, und nie auf mehr als eine Seite geſchrieben oder
gedruckt wird. Das Drucks Papier iſt ſo dünne , wie eine Eihaut. Die Chineſen ſchreiben mit Pinſeln, welche in Tuſch getaucht werden. Bücher findet man aus allen Wiſſenſchaften ; kein einziges aber in einer
fremden Sprache. Das Format ibrer Bücher iſt Res galoctav ; alle Bücher aber ſind mit ausgeſchnitten Holztafeln gedrückt.
Die Beobachtungen der Chineſen am Himmel und Erde ; ihre Moral , ihre Geſeke , ihre Medizin , rühmt. Dagegen ist und inihre Haushaltung , find bes ihre Naturgeſchichte Religion Beigniſch , und Seks
ten giebt es ſo viele, als faft Stöpfe ; indeſſen 3 Haupts ſekten. Die erſte heißt Dadstre , und ihr Stifter Daokiun ; die andere und allgemein verbreiteſte iſt die Sekte des Fo oder foe ; die dritte Sekte bes febt aus Philoſophen , welche ſich auf des Confus
cius und feines Schülers Memcius Lebrråre gründen . ** Die Römiſch Katholiſchen haben durch die Je . fuiten und andere gelehrte Männer viele C bine , fen zu ihrem Glauben gebracht, find aber endlich nach unzähligen Abwechſelungen von Gnaden . Bezeuguna gen und ſchweren Todess Strafen , des Landes vers wieſen worden , nur wenige Matbematiker ausgenoms
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men , welche in Reiche , jedoch nicht am Hofe fid aufhalten durften .
Die Shineren beginnen eine neue Zeitrechnung, ſo oft ein neuer Staiſer den Thron befelgt. In ihrem Stalender ſind die 12 Monate auf jeder Seite des stas lenders mit großen Buchftaben ( ? ) bezeichnet ; jeder Tag'nimmt eine Zeile ein , und an dieſer iſt alles verzeichnet , was mit Vortheil unternommen werden
kann. Der Tag wird in 12 gleiche Theile getheilt, die Zåhlung derſelben beginnt um Mitternacht , folgs lich macht eine ihrer Stunden zwei der unſrigeri qus.
In jeder Stadt iſt ein Thurm , und auf demſelben ein Stunden - Glas mit Sand oder Waſſer angefüllt, durch welches die Stunden entſchieden werden. Die Stanonen lernten die Shineren von den Euro påern erft um das Jahr 1621 kennen , in wels
chem ſie von den Portugieren 3 Stücke erhielten . Aders und Gartenbau find in der größten Blüthe. Die Chineſiſchen Staiſer baten zu allen Zeiten eine bes ſondere Sorgfalt dem Ackerbau und den Pflanzungen gewidmet ; ja fogar Hand bei diefen angelegt. Der Staiſer begiebt ſich im Frühlinge auf das Feld , und pflügt ſelbſt zur Ermunterung des Landmannes, einige Aeder. Die Vornehmen , als feine Begleiter , beſors gen die Opfer , und arbeiten die Reden aus , welche der Kaiſer den Pflügern zu halten hat. Andere fchlas
gen Zelte auf, ſucher 40 -50 alte ehrwürdige Bauern jurammen , welche dem staiſer vorgeſtellt werden ;
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die jüngern lenken den Pflug , führen die Schren, und fåen das Setraide.
Das Volk bereitet ſeine Speiſen auf die einfachſte Weiſe. Der Reis wird in Waſſer gekocht, dann abges feihet , und das Gekochte warm gegeſſen . Die Leute
in den Booten ſeßen ſich um den Tiſch herum , und
führen mittelſt einer Thee : Schaale in der linken Hand die Speiſe zum Munde. Zwiſchen den vordern Fins gern der rechten Haud halten ſie 2 kleine , eine halbe Ele lange Ståbe , mit welchen ſie eine Schale nach der andern in den Mund bringen. Auch fpeiſen fie Speck , Siſche und eine den Feigen åhnliche , aber etwas långere Frucht , ujawa oder Ste A. Außere , dem bedienen ſie ſich einer Gattung Grünes , welches fie aus einer andern Schale , und mit dem Reiſe zus. gleich eſſen .
Die Vornehmen bedienen ſich zwar der
Tiſche , haben aber keine Diſch Tücher , Meſſer und Gabeln . Der Meſſer " können ſie entbehren , weil ſie kein Brod eſſen . Speck , Fiſche und andere Gerichte werden ſchon , ehe ſie aufgetragen werden , in 'kleine Stücke geſchnitten . Löffel kommen gar nicht vor, weil
es keine Suppe und Sauçe giebt. Bei dem Eſſen wird entweder Thee obne Zucker, oder elender Samſu getrunken. Sie bewirthen einander ſo , daß keiner ſeine Schale qustrinkt , ſondern eines dem andern
ſeine Schale zum Munde führt, und ibn trinken låßt, welches der andere mit ſeiner Schale erwiedert. Höfs lichkeit: Bezeugungen werden weder vor , noch nach
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dem Tiſche gemacht.
Sie fpeiſen geſchwinde , und
nehmen täglich 3 - 4 ftarke Mal ; eiten .
Sdweine - Fleiſch wird gewöhnlich gegeſſen . Sröſche , fi o p P : 11 a , verkauft man auf allen Stra: ßen . Sie werden mit einem Faden über den Rücken zuſammengebunden , und lebendig auf den Straßen berumgetragen ; ſie ſind ein Leckerbiſſen der Chineſent. Den 8. September ließ ich mich auf einem Chine: ſiſchen Boot zur Stadt Holam oder Hona in fahs ren . Zwiſchen dem Ufer , und den Häuſern bei einer
Pagode iſt ein großer Plaß mit großen und hohen Bäumen umgeben, welcher fian ſiy genannt wurde. Als mir ein E binere eine Pfeife Tabak anbot , und
ich mich weigerte, dieſelbe anzunehmen , ergriff er mich bei dem Stleide, und wollte ſich meiner SiniesSchnials
len : mit Gewalt bemachtigen . Da ich mich von dieſem Manne mit Gewalt trennte , verfolgten mich Kleine Buben mit Steinen . Einen nahe liegenden Garten ſehen zu dürfen , konnten wir weder für Geld, noch durch gute Worte Erlaubniß erhalten .
In dem
Haufe eines Aufſehers wurden wir gut aufgenom : men ; wir besaben und dann in einen kleinen Wald,
welcher größten Theils aus Bambu : Båumen beſtand. Wie es mir ſchien , waren hier 2 Urten dieſes Baus mes , eine wuchs auf Bergen , ward nur einige Ellen boch , und war ſehr åſtig und zackig : die andere wuchs an niederen Orten , Ivarð bis 3 Menſchen : Lången
47 und noch darüber hoch , : wuchs gerade , und war ohne Zaden .
Vor dein Walde reßten -wir über einen kleinen Bach , und gelangtest an einen hohen ebenen Plak, welcher zum Begråbniſſe der Chineſen diente. Einige Särge ſtanden über der Erde , und waren wie Bies nenfiscke an den Bäumen aufgeſtellt.
Nach dem Bes
richte der Chineſen waren dieſe fremde Leichen , welche, ohne begraben zu werden , auf dffentliche Koſten in Sårge gelegt worden ſind. Mit dem Einbruche der
Nacht kehrte ich nach fant o n zurück. Als wir das Land außerhalb der Stadt reben
wollten , und durch die Straßen der Vorſtadt gegans gen waren , trieben und Jungen mit großem Gefchreie
und einem Steinhagel zurück. Wir ließen die Stadt mit ihrer Mauer zur Rechten , und ſahen zu beiden Seiten des Weges nur Aecker oder große ſchmale Leims felder mit Reis bedeckt.
Der Chineſe richtet nicht
den Acker nach der Saat, ſondern die Saat nach dem Acker ein . An verſchiedenen Hecken ſaben wir Eut phorbia nerii folia ( Fujong - fa), Ipomea Quamoclit, und unſern fcbwediſchen Hopfen. Die Beſchreibung der vielen ſeltenen Panzer , welche Dsbeck rammels te, können wir hier nicht mittheilen, ſondern müſſen .
wiſbegierige Leſer an ſeinen eigenen Reiſe - Bericht verweiſen .
Die Chineſiſchen Gräber werden an den Sets ten der Berge gemacht, und ſehen aus wie Eiskeller.
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Auf beiden Seiten haben fie Erhöhungen , von Steis nen , und ftatt der Thüre einen Stein, mit einer Tas fel, dem Andenken des Verſtorbenen geweiht. Steinem
Eingebornen , viel weniger einem Fremden , wird ges ftattet, ſich in die Stadt begraben zu laſſen. Als
D $beof einen Chineren fragte , warum die Vors nehnen nicht innerhalb der Stadt beerdigt würden ? Was für eine Ehre können wir den Verſtorbenen ers weiſen , wenn wir ſie in die Stadt begraben, antwors tete er ? Würden wir ſie in den Håuſern beerdigen,
ro könnten ſie ibren Stindern beſchwerlich fallen , und ibr Verdienſt wurde mit ihnen gleichſam begraben reyn . Wir legen ſie daher auf freien Plågen in den Schooß, der Erde , und errichten Denkfteine, damit alle keute ihre Handlungen leren können . Den 11. September beſuchten wir die mobriſche
Pagode, welche noch eine gute Strecke weiter, als die europåiſchen Gråber liegt. Sie lag auf einem ſehr boben Berge, und unterſchied ſich durch ihr Inneres nur wenig von den chineſiſchen Pagoden. Bei dem Herabſteigen von dem Berge fand ich das Teslimm der Chineren , oder die Melaftoma octandra zu beiden Seiten des Weges. Eine Pflanze, welche in der nas
türlichen Ordnung der Lyfimachia nabe kommt, und
bei den Chineſen stomm : Heong looa heißt, bes nannte der große Linne, zur Ehre des Verfaffers ,
uud ſeiner Verdienſte um die Naturgeſchichte wegen, Osbedia chinenſis.
49 Heu für das Rindvieh zu rammeln , hat der Ch is
nere nicht nöthig, indem das Vieh das ganze Jahr auf die Beide gehen kann. Er bedarf auch keiner Stühe, weil er ſich ohne Milch, Ståſe und Butter bes bilft , und hält keine Pferde, weil er entweder geht oder in einer Sånfte ſich tragen låßt.
Auch beſuchte ich Franche Island, welches zivei ſchwediſche Meilen von der Stadt Stanton liegt, und bei den Chineſen Somsrosang heißt. Hier befanden ſich mehrere Grabmale gåniſcher, englis
ſcher und -franzöſiſcher Reiſender. Für jede Leiche, welche auf der Inſel beerdigt wird , erhalten die Chis
neſen 1 Tel, 4 Mes, 8 Standarin. Osbed unters ſuchte den Boden und die Pflanzen der Inſel , von welchen lettern er manche Seltenheit fand .
Den 14. September kam der HOPP 0, (Oberzolls
Inſpector), um unſer Schiff zu meſſen . Er ſchickte ſeine eigene, mit rothem Tuche belegte Treppe voraus, und kam in einer großen, roth angeftrichenen Sampas ne, unter Begleitung einiger Muſikanten. In ſeinem Gefolge befanden ſid ), nebſt ſeinen Dienern, Senechte und Soldaten, von denen einige Federn auf den Mů:
Ben, andere Såbel an der Seite batten. Als der Hoppo in das Schiff ſtieg, hielt ein Diener einen Sonnenſchirm über ihn . Nachdem er Plaß genoms
men hatte, befahl er zweien ſeiner Leute, die Långe und Breite unſeres Schiffes mit einem Stricke zu meſſen. Für dieſe Meſſung mußte unſer Schiff 600 52ftes B. China , II . 1 .
1
50
Piaffer, oder gegen 6000 Thaler Kupfermůnje, als
soll erlegen. Dagegen beſchenkte er uns mit 2 lebens den Odiſen , 8 Såcken Mehl, 8 Strügen chineſiſchen Weins u . . w. Bei ſeiner Ankunft und Entfernung geſchaben 16 Ebrendüfe:
Den 13. Oktober gieng ich von der Faktorei in die nächſte Straſſe, um mich in den Stauflåden umzu :
fehen. Bei uns war Feiertag, bei den Chineſen aber iſt ein Tag dem andern gleich . Ich traf eine Gattung
Leinwand, welche etwas rauh anzufühlen war. Man fagte mir : diere Leinwand werde aus einer Rinde bereitet, gleichfalls wie ein anderer fehr gebräuchlicher
Zeug. Dieſe Leinwand war ſehr weiß und ſo ſchmal, als die Stanton'ſche Baumiwolle : Leinwand . Der Flachs iſt in den orientaliſchen Ländern felir ſelten . Von den Sträutern, welche gegen den Skorbut
dienen , fand ich in China kein einziges wild wachſend, nicht einmal cine mit Streuzblumen ( Tetradynamistae). Ich börte auch nicht, daß Jemand hier zu lange vom Skorbut geplagt werde . Das Laternen - Feſt nahm den 29. Oktober ſeinen Anfang , und ſollte drei aufeinander folgende Nächte
qur Ehre des Feuer : Gottes Fa : Itang gefeiert wers deu . Die Feier geſchah alſo : man felte viele hundert
Sateruen fo zuſammen , daß ſie eine Art Gewölbe bila Deten ; auch waren viele Stronleuchter in Geſtalt von
aumen angebracht. Vor den Häuſern ftanden große Menſchen und Pferd · Geſtalten aus Papier ; gewohns
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lich waren alle Zimmer im Hauſe geöffnet und beleuch: tet. Muſikanten befanden ſich in dem Zimmer, wels ches zunächſt an der Straße war, und ſpielten auf Ins ftrumenten , welche ich zuvor nie gehört hatte. Drei Opfer : Prieſter gingen in dem Hauſe mit Rauchwerke und Opfern umher , waren in lange ; weite , rothe
Röcke gekleidet, und trugen hohe Mützeu. Die Chines ſen ragten , daß ſie jährlich auf dieſe Weiſe um Abs
wendung von Feuers - Gefahren båten. Der 11. Dezember, der rechste Tag in dem elften
Monate ( Schiengib ) der Chineſen , iſt dieſen befindºrs wichtig. Oft derſelbe heiter, ſo verkündet er ein gutes Jahr ; fångt er aber mit Regen an , ſo befürchtet man
Mißwachs. Die Chineſen bringen ibren Göken Opfer, in der Hoffnung, daß ſie dieſelben mit Theurung vir: ſchonen werden. Den 27. Dezember fulr ich in unſerer Schaluppe långs des Landes bei dem { ówe! thurme hin. Hier war am Ufer ein großer Berg, in welchem róths licher Sandſtein gebrochen , gehauen und bearbeitet wird. Die Arbeiter batten in dem Steinfruche e ne Menge kleiner Häuſer gebaut, welche dem Berge an der Seeſeite das Anſehen einer kleinen Stadt gaben. Auf der Höhe war eine kleine Schanze, und nach dem Strande giengen gepflaſterte Wege. In den abgeårns teten Reis - Feldern waren Furchen gezogen, um in
denſelben beim Ablaufe des Waſſers die Fiſche zurück, zuhalten. Wir wunderten uns , daß die Chineſen,
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welche ihre Neße in der Tiefe ausgeſtellt hatten, einen Sduß nach dem andern thaten , ohne nach einem Ses genfiande zu zielen . Bei dem Nachfragen erfuhren
wir, daß es geſchehe, um die Enten zu verſcheuchen , welche ſonſt geſchwinder als die Menſchen die Next ausleeren würden . Nie habe ich ſo dreiſte und ſo zahls
reiche Haufen von Enten geſehen ; ein Haufe kam nach deni andern geflogen , und verſuchte des herrſchens den Geräuſches ungeachtet, zu Tauſenden bei den Nes gen nieder zu fallen. Dieſe Enten unterſchieden fich etwas von unſern wilden Enten. Nach einem Aufenthalte von vier Monaten und zehri Tagen in China liditete endlich unſer Schiff den 4. Januar 1752 die Anker, um die Rückreiſe ans jutreten. Alles hüpfte por Freude. Auf der Rückreiſe machte Osbe of rehr viele naturhiſtoriſche Ausbeute,
und langte den 26. Juni glücklich wieder in ſeinem Vaterlande an.
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Olof Foreen's * ) Reiſe nach Ito Fndien und China vom 1. April 1750 bis 26. Juni 1752. Aus dem Sdywedis
fchen überſegt von D. G. Georgi. Den 1. April 1750 giengen wir mit dem Schiffe der Gothiſche Löwe von Gothenburg unter
Segel, und erreichten den 4Mai Madera. Zwiſchen afrika und Madagaskar fanden wir ein Thier.
cen, welches im Waſſer einem Wurme glich ; wenn man es aber auf einen Teller legte, gingen alle Glies
*) Dieſer war gleichfalls zu uprala Schüler Linne's, welchem er in Briefen vom 20. Nov, 1752 bis 3. May 1753 nach ſeiner Rückkehr jene Beobachy
tungen mittheilte , welche er als Schiff: Prediges Der oftindiſchen Geſellſchaft zu machen Gelegenheit
batte. Seine Geſundheit war aber durch die Reiſe ſo erſchüttert worden , daß er ſchon den 17. Aus guft 1753 bei Nåſinge ſtarb. Die k. Akademie ließ Teinen Reiſes Bericht mit jenem D $ beck 8 ers icheinen .
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der auseinander, und jedes bewegte ſich von ſelbſt. Auch erhielten wir ein ungewöhnliches Seethier. Wir hatten bereits Marrota , Mobilla und das hobe
Comaro geſehen , und ſuchten den 16. Auguft ſehns
fuchtvoll die nördliche Bay von Johanna zu erreis chen .
Dieſes Land iſt eines der ſchönſten auf der Erde. Die Inſel iſt jwar uneben und bergig ; aber dieſes erhöht nur ihre Schönheit, denn Hügel und fteile Bers
se ſind grün bekleidet. Stokos, Muſa , Ananas, Gras natåpfel, Papayen und andere Frůchte ſind hier im Ueberfluße. Buckelochſen , Ziegen mit herabhångenden Dhreli, gemeine und guineiſche Hühner erhält man für billige Preiſe. Die Einwohner ſind mahu mes taner aus A frika abftammend, und betragen ſich
böflich gegen Fremde. Der Farbe nach find fie rehr verſchieden , Eidechſen findet man i . unzähliger Mens ge, Auf einen Stokos : Baum, weldjer 20 Ellen hoch iſt, kann man ſicher 60 Eidechſen rechnen. An mans chen Orten kann man keinen Schritt gehen, ohne gans
ze Haufen derſelben aufzuiagen , welche unter dem Laube verborgen liegen.
Den 16. September warfen wir auf der Rhede
von Suratte Anker, ungefähr eine ſchwediſche Reile vom Lande , weil uns die Sandbånke nicht nåber kommen ließen. Die See wirft hier bei der Ebbe und
Sluth ftarke Wellen , und iſt vou Seewürmer, welche
ſich nicht nur über Waſſer balten, rondern auch das
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Holz am Anker in der Tiefe anfreſſen . Die Stadt Suratte liegt ungefähr 3 dywediſche Meilen vom Ankerplate an dein Fluſſe Tap ti oder Tapta. Die Einwohner zerfallen in malabreſirche Heiden, die
ålteſten Landeseinwohner in Parren und Mubames taner.
Den 1. März 1751 Tegelten wir mit abwechſelns den Land s- und See - Winden nach M ang ulor, wo wir den 12ten mit vielen Ungemächlichkeiten anker: ten. Der Flecken Mangulor iſt ein offener, geräus miger Ort mit vielen Gårten. Die Einwohner ſind
Heiden. Den 17. erreichten wir Mahie. Die Stadt liegt nicht weit vom Strande, und gehört der frans Boriſchen Stompagnie. Der Ausfluß des Stro: mes iſt mit vielen Slippen , welche aus dem Waſſer
hervorragen, bedeckt. Die Hiße war ſo unerträglich , daß die Einwohner um die Mitte des Tages in ihren Håuſern fich verbargen. Die håßlichſten Thiere, wels
che wir ſahen , waren die - gentwiſchen Frauenzimmer, welche nichts als ihre Lenden bedeckt hatten. In Mas bie erhielt ich das feltene Injekt, welches zwiſchen . der Bruſt und dem Bauche eine lange Sehne bat.
Wir ſekten den 13. unſere Reiſe nach Queda in der Straße von Malacca glücklich fort. Das Land ift bier bis auf eine Strecke vom See - Ufer ſehr niedrig,
und überaừ mit dichten Waldungen bedeckt. In den Wåldern gibt es Tiger , Mee
eni,
pageien . In
dem Meere ſind außer verſchiedenen Fiſchen auch vers
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fchiedene Strabben : Arten. Viele Aufern erhält man in dem
Strome, auch halten ſich in demſelben viele
Strokodille auf, welche, während die Fluth fich über das niedrige Land verbreitet, weit in den Wald biné eingeben.
Mit Anfang des Juni faben wir China, gingen bei Macao vorbei, und ankerten den 7. bei Wams po . Erblickt man das Raud , ro zeugen Ebenen und
Chåler von der Menge und dem Fleiße der Einwohner. Die niedrigſten Felder werden zu Reiss Leckeru zubes reitet, weil" der Reis viel Waſſer erfordert, welches ihm die Fluth ohne Bemühung des Landmannes mits theilt. Während ſeines Wachsthumes wird er auss geriſſen und in Schlangen - Linien umgepflanzt, damit das Waſſer beſſer an die Wurzel dringen könne. Selbſt
hohe liegende Plåße und Berge werden angebaut. Was nicht zu Aeckern benußt werden kann, wird mit Båumen bepflanzt.
Auf boben Hügeln find Thürme errichtet, welche alle 8 Seiten haben, 9 Stockwerke hoch ſind, und ſich in eine Cpiße endigen.
Je weiter man auf der Reiſe nach Stanton den Strom aufwärts kommt, deſto größer wird die Anzahl der größern und kleinen Fahrzeuge, welche theils abs und zugehen, theils ſtille liegen. Nåber nach derStadthas beni ſie kaum auf dem StromeRaum . - Die Vorftadt
117 durch viele Standle abgetheilt, und ro rebr als möglich
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bebaut. Die Quartiere find groß, die Hofräume dagegen ſchmal undlang. Man findet hier und da offene Hofplåße, fwiſchen welchen bisweilen Fußboden der Wohnzims mer angelegt werden, über welche ein Ziegeldach aufs gerichtet wird. Die Treppen find enge, die Stufen boch und ſchmal. Wenn die Zimmer nidit durch Thůs ren und offene Wände Licht erhalten, hat man ihnen Fenſter von Perlmutter : Schalen gegeben . Die Wålls De find mit feinem weißen oder bemalten Papiere ber kleidet ; getohnlich hången einige Denkſprüche an dents relben . Faſt an jedem Zimmer iſt ein kleiner Gartens Plaß, in welchem einige Blumen : Veete und Geſtelle ju Blumentopfen , größere Gefäße zu Schnecken , Gold : fiſchen u. f. w . ſich befinden . In den Gårten fieht man weder durch Seunft geb
gogene Båume, noch Laubgånge, ſondern alles iſt in einer natürlichen Zerſireuung. Statt der Grotten wers fen fie Haufen poröſer Steine zuſammen , welche Bers gen und - Klippen åhnlich ſind. Dieſer Geſchmack an dem wilden Anſehen der Gärten erſtreckt ſid auf die
kleinen Blumenbeete und Blumentöpfe in den Håus ſern .
Eine der vornehmſten Pagoden iſt in der Vorſtadt in einem fillen Haine. Sie ſoll ehemals den geruis
ten gehört haben. In dem Vorſaale waren vier Ries renbilder von weifer, brauner, ſchwarzer und rother
Farbe, in einer Stellung, als ob ſie mit dem Schwerte um ſich bauen wollten . Gegen den binteren Ebeil ift
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ein Hofraum , deſſen Seiten mit niedrigen Gebäuder eingefaßt ſind ; auf der vordern Seite ſteht ein hobes, ziemlich großes Haus ganz frei, welches, wie bei ans dern Pagoden mehr breit als lang it. Um das ganze
Gebäude geht eine Treppe , welche zu einer Thüre führt, in welche man, aus unbekannten Urſachen , nicht
gehen darf. Etwas weiter wird ein Gehöfte durch einen Stanal getheilt ; an der andern Seite befindet ſich eine zwei Stock hobe Pagode. In dem unterfien
Stocke fißt ein dicker , fetter, halbnackter Göte auf einem Sofa ; er ſcheint aus vollem Halſe zu lachen , indem er in einer unverſchämten Stellung ift. Vor ihm fteht ein eiſerner Rauchaltar. In dem obern Stocke befindet ſich das Bild eines Frauenzimmers mit Freuziveis gelegten Beinen, mit niedergeſchlagenen Augen, beſcheiden lächelnd. Beide Bildniße gehen über die gewöhnliche Renfchen Größe bingus, und
ſind ganz vergoldet. In einer Pagode, ( fie fteht außerhalb der Stadt auf einem Berge) befinden ſich zwei weiße Pferdebils
der. ' gn dem åußern Zimmer ſieht eine kleine weibs liche Geſtalt mit einem Stinde ; in dem innern Gemas
che iſt auf einem Stable ein größeres Bild, welches nach chineſiſcher Art einen langen Hart hat ; vor dems ſelben befinden ſich vier ſtehende Bilder.
Die Mannsperſonen, welche an Große ſehr vers ſchieden ſind, haben eine gelbliche Haut ; die vornehs
men Frauenzimmer ſind blond, die geringern aber von
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der Sonne verbrannt. Der Sinochen oberhalb des Aus ges fieht ſehr hervor, und macht mit dem Sinne ein
Dreieck. Die meiſten können die Augen nicht aufs ſchlagen ; dieſes rolul davon herrühren, daß die Stinder mit niederhången dem Stopfe auf dem Rücken getragen werden; und durch dieſes Verfahren die Augen gleichs fam anſchwellen . Ihre Naſen ſind ein tvenig platt, die Lippen mittelmäßig. Die Stinder werden anfangs geſchoren , um das Wachſen der Haare zu befördern , in der Folge bleiben aber nur eine oder drei Locken. ſtehen , die Barthaare wolen bei ihnen nicht recht fortkommen . Wenn man
einen Chineſen fragt, was er für ſeinen Haarzopf has ben will, ſo fragt er wieder, was man für ſeinen Stopf
verlangt. Die Frauenzimmer binden die Haare über den Scheitel , und flechten , um den Zopf zu vergrds Bern, falſche Haare ein. Auf den Straſſen beunruhigen Blinde als Bettler die Vorübergehenden . Als Almoſen reichen ihnen die Chineſen gewöhnlich einen Löffel Reis. · Der Sünde Sodom's huldigen Chinas Bewohner im höchs ften Grade ; doch ftraft ſie die Natur durch abſcheuliche Strankheiten . Die Chineren zeigen nur beim Stebs len Mutly, find aber doch rachgierig und heimtückiſch , wie alle kleinen Geiſter. Bei dem Begrüßen zieht
man die linke Hand zuſammen, legt die Rechte auf wies dieſelbe, ſenkt ſie nieder, bůckt ſich , und hebt der auf. Bei der Ehüre machen ſie Umſtände wegen
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des Vorangehens, und laſſen ſich einige Male bitten ,
ehe fie fich reßen . Bei einem Beſuche wird man mit Thee , eingemadsten Früchten , auch mit europäiſchen und Stap - Weinen bewirthet.
zum tiefen Nachſinnen ſind die Shineren nicht geſchaffen ; deſto mehr verlegen ſie ſich auf den Hans
del , bei welchem ſie alle mögliche stunſtgriffe handhas ben . Auf alte Gemålde und altes Porzellan halten ſie viel.
Die Handwerker ſind fleißig , und in den
Preißen billig. Ihre offenen Werkfåtte haben den Nußen , daß keine Kunft ganz unbekannt bleibt , oder von den Vorübergehenden für ſchwer gebalten wird. Die Maler würden gut ſeyn , wenn ſie mit dem Schatten umzugehen verſtanden . Man findet ſehr ſchöne auf Papier und Glas gemalte Gegenſtånde, aber von ſehr ſchlechter Zeichnung. Die triefenden und ſchwachen Augen der Chineſen ſollen vom Reiſe , ihrer gewöhnlicben Speiſe , hers rühren. Auch lieben ſie das Opium , obgleich es ſehr fcharf verboten iſt. Sie ſpielen gerne Würfel , eine Gattung Dame , Starte , welche von Holz u. f. w. ſind. Ihre Gaukler ſind ſehr geſchickt und bebende.
Die Chineren ſchreiben mit einem Pinſel, wels den ſie zwiſchen den Daumen und den beiden hinters ften Fingern renkrecht auf der einen Seite balter, und
legen blos die Hand auf den Tiſch oder auf das Pas pier. Ihr Pinſel läuft aber lo ſchnell , als der Pinſel des burtigften europäiſden Schreibers. Sie baben
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auch Curſiv . Schrift, welcher ſie ſich nur bei eigenem Geſchwindſchreiben bedienen. Der Verkauf auch öer geringſten Bedienungen, ja ſogar der Mandarins - Stellen iſt ſo allgemein , daß
ein Jeder davon fpricht, und daß man ſich unterſteht, es auf dem Theater zu ſagen . In den Gebirgen, über welche die nördliche Lands ftraße geht , halten ſich Tiger auf.
Um dieſen graus
ſamen Thieren zu entgehen , tragen in den Winters Nächten die Reiſenden Laternen vor ſich her.
Die
Hunde dürfen nicht mehr , als bellen . Kleine , beſons ders ſpaniſche Hunde ; werden von den Chineſine nen . geliebt , und von ihren Månnern gut bezahlt. Staßen filld wegen der vielen Måuſe nöthig . Die
Shineren erkennen ihre Güte an der Farbe ihrer Augen und deren Veränderung ; denn ſie ſagen , daß eine Staße dieſelben zweimal verändere. So leicht ſich die Chineſen auch kleiden , ro wers
den ſie doch durch Ungeziefer beunruhigt. Die Nůcken waren den Europå er ſehr beſchwerlich . Die Chis neſen können auch Pulver machen . Es iſt aber nur zu Feuerwerken , und kaum zu etwas anderm dienlich ,
denn es knallet und zündet gut , låßt aber zu viel
Kohlenfarbe auf dem Papiere zurück. Man muß ſich wundern , daß man Raguetren , Schwärmer, Taucher , ia rogar Windbüchſen in Stanton für guten Preis erhålt , da doch die Leute in dieſer Stadt die Schieß:
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gewehre ſo fürchten , daß fie vor einem ſchwarzen Bambus Stocke , wie vor dem böſen Feinde laufen . Toreen wunderte fich , daß es unter 23 1/20 Breite ohne Sunft Eis geben könne , jedoch überzeugs ten ihn ſeine Augen und das ich wediſche Wetter: Glas bald . Da die Reiſenden 18 Monate in dem heis
ßen Erdſtriche zugebracht hatten, fiel ihnen dieſe Stålte, welche ſie auf offener Rhede bei freiem Nordoſt - Winde ausſtehen mußten , ein wenig beſchwerlich. Den 4. Januar singen fie , mit einem chineſiſchen Paſſe und Steuermanne verſehen , und von vielen weißen Tumm : lern begleitet, durch den Sund von Bocoa Tig :
ris , und verließen den 6. die chineſiſche Stüfte vôlig . Nach einer Reiſe von 27 Monaten erblickten fie die kablen gothenburg fchen flippen , die ſchönfte Ausſicht in den Augen der Reiſenden .
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Des Schiff - Kapitain's Guſtav Edes berg Bericht von der Chineſiſchen
Landwirthſchaft. Aus dem Schwedi: fchen überſeßt von D. G. Georgi )
Das Reich China hat eine ro glückliche Lage , daß weder ſeine nördlichen Theile über zu große Stålte, noch ſeine. ſüdlichen über zu ſtarke Hiße klagen köns nen . Die Witterung der zwiſchen beiden befindlichen Gegenden iſt gelinde , gleichförmig, angenehm , bequem
für die Geſundheit und geſchickt , alle Gew & chre bers porzubringen . Die nordlichen Pafiat Minde reinigen die Luft von ſchädlichen Dünſten , und die ſüdlichen
Stühlen die brennende Hiße der warmen Jahreszeit. Der gröfte Theil der Gränzen China's wird
von geräumigen Meeren , welche an den fichern Stüs * ) Dieſer Bericht wurde. 1954 der königlichen Akas demie zu Stockholm überreicht , welche ihn mit Dobec's Reiſe drucken ließ.
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ften , gute und nicht zu weit entfernte Buſen bilden, bewpåffert.
Der Boden iſt ſo fruchtbar , daß die Mihe der Bearbeiter reichlich belohnt wird : denn die Getraides
Arten , Erds und Baumfrüchte, welche in unzähligen Derfchiedenheiten gedeiben , bemühen fich gleichſam um die Wette , ihre Bearbeiter mit beſtåndiger Ernte zu erfreuen und zu überhäufen. Die großen Wålder liefern nebft den vielen Arten
von Baus und Nußholz auch verſchiedene feine und
theure Holzarten , nůßliche Säfte , Harje , Baft und Blåtter.
Sie dienen verſchiedenen wilden Thieren
zur Wohnung und Nahrung.
Erže , Steine und Ers
den verſchiedener Art , Salš , Goldrand , Perlen , soos rallen und unzählbare- Fiſcharten, findet man in Menge. Federvieh erblickt das Auge überali in ungemein jahls reichen Haufen.
In den rådlichen , an das Meer grenzenden Theis len von China , kommt der Reis am beſten fort.
Es giebt Arten von Reiß , welche in einem höher lies genden , trocken Boden gedeihen ; dieſes Reiſes bedies
nen ſich die nächften Chineſiſchen Landſchaften, welche einen trocknen und unebenen Boden haben .
Ju den
füdlichen Gegenden baut man auch Weizen , Bohnen, kleine Erbſen und Linſen, welche die Einwobner theils
für ſich , theils für Fremde gebrauchen . Die meiſten Dårfer find ro dicht bebaut, daß man erſtaunt, wie ein Land für ſo viele Millionen Einwoh:
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ner Getraide genug hervorbringen könne. Betrachtet
man aber den faſt unglaublichen Fleiß der Bewohner, alles anzubauen , was nur benußt werden kann ; ſieht
man auf ihre Sparſamkeit und Mäßigkeit im tåglichen Leben ; ſo gewinnt man die Ueberzeug ang , daß ein
Land von ſolchen Einwohnern faft nie. To gefüllt wer: den könne, daß dieſelben nicht ihr nöthiges Auskom.
men finden rollten . Die Höhe , zu welcher der Ackers bau , beronders der Reisbau , in China gebracht
wurde , iſt der - vorzüglichſte Grund der Glückjeligkeit dieſes Landes.
Die Erdarten ſind in Hinſicht ihrer Lage um se a 116 ton ebenſo verſchiedeu , als an andern Orten. Alle niedrigen Plàße ſind init Lehm und ſchwarzer Erde
bedeckt; je höher aber ein Ort wird, deſto mehr nimmt er eine geibe und rði hliche mit Ocker gemiſchte Erde, Glimmer und Sand zu ſich . Obgleich durch den
Wechſel des Regens und der Wärme der Sonne bei unbearbeitetein Boden die Oberfläche gleichſam vers fteinert wird ; ro wachſen nichts deſto weniger Fichten und andere barrige Bäume auf derſelben . So oft das Waſſer die Uecker überſchwemmt, hins terlåßt es einige Fertigkeit , welche die Erde fruchts bar macht. Die Reis : Aecker Find an einigen Orten
ſo weich , daß die Fluth die Ufer der Erde beraubt.
Um dieſes zu verhüten , befekt man ſie mit Zypreffen , deren untereinander verbundene Wurzein der Erde Settigkeit ertheilen. Da ein jedes große Reisfeld durch 63. B. China. II . 1 .
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breite Gråben von dem Strome geſchieden wird , ro geben dieſe in lange Reiben gerekten Zypreſſen s Gånge ein ſehr gutes Anſehen , beſonders wenn das Feld uus ter Waffer fteht.
Un böhern Orten , welche nicht durch die Fluth gewäſſert werden können , ſind um die Reisfelder wes gen der gleichförmigen Betvåfferung 2-3 Fuß bohe Erdwälle aufgeworfen , innerhalb welchen ſie bei jeder Regenzeit das Waffer entweder ranrmeln oder ablas renr. Das Erdreich dieſer Felder iſt von einem feften Thone mit Dammerde vermiſcht. Da der Ertrag ders ſelben, gegen die andern gerechnet, doppelt reyn kann,
ſo werden ſie mit verſchiedenen Arten von Dünger unterbalten und gewartet .
Die Zubereitung der Reisacker geſchieht entweder mit dem Pfluge oder mit der Hacke. Der Boden ift immer ſo weich , daß die Arbeiter bis an die Stnie in
demſelben waren . Der Pflug iſt überaus einfach , und wird von einem Odſen gezogen. Durch die nächſte folgende Fluth und Ueberfühwemmung wird das Erds reich ro eben , als ob es gewalit wäre. Wenn der
Reis bervor zu kominen pflegt, fo halten die Chineren den Acker eine Hand hoch unter Waſſer , und verſezs den nach 30 Tagen die Reis & Pflanzen.
Das Vers
#flanzen felbft gefchiebt auf folgende Art : von den Spiken der Reiss Pflanzen breden ſie ungefähr 2 Zoll lang ab ; wenn die Pflanze aber zu klein iſt , drůden ſie mehrere Pflanzen zugleich mit den Finger: Spißen
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ſo tief in die weiche Erde , daß die Wurzeln 2 Zoll derſelben über fich bekommen . Die ſüdlichſten , innerhalb des Wende : Streiſes des
Strebfes gelegenen Theile von China erhalten von den in der Nähe wehenden Wechſelwinden in der
Witterung folche Veränderungen , daß das Jahr in 2 Seiten , in die naſie und trockne getheilt wird. Wenn die Sonne im September von der Aequinocs
tial- linie gegen Süd geht , wird die Luft nach und nach Fühler ; der Oktober nebſt einem Theile des Novembers find von Nebel und Staubregen meirens theils feucht. In den folgenden Monateu iſt die Wits terung inehr beſtändig , trocken und fchón , bis die Sonne abermals ihre Winterreiſe vollendet hat , und im März über die Uequinoctial : Liuie gegen Nord
gegangen iſt. Im Mai und Juni halten die Regens gůſle oft 14 Tage an , und werden meiſtens von heps tigen Gewittern und Stůrnien von Süd nach Weſt
begleitet. Der Auguſt iſt mehr gemäßigt , hat aber gegen den September verduderliches , oft neblichtes Wetter.
Nach der Veränderung de$ Wetters richten die Chineren die Beſtellung ihrer Felder ein , und wiſ: fen für ihren Ackerbau Vortheil zu ziehen .
Um an Dünger keinen Mangel zu leiden , beſchäf: tigen
arine Leute häufig mit dem Sammeln des
Düngers auf den Straßen und um die Häuſer , und nit kleinen Sanipanen an den Strom - Ufern .
Auch
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beritahren fie den Urin in den Häuſern in eigenen Gefäßen . Eben fo ammelt man den Soth des Vies
bei , und hebt alie Stoodeti aufi lebteie werden vers brannt , und mit der Ache verbrannter Sträuter auf das Feld getreut.
Nur fleire Stücke des Landes werden mit Deixen bepflanzt , weil das Mehl deficiben nur juni Zuckers Bach vork verbraucht wird .
Der gewobnliche Ertrag der Ernte ift bundertfáls tig ; filt aber entweder zu große Dürre oder zu viele Nåre ein , ſo entfteht Misivachs, welder oft von grufen Fulgen ist , und Aufruhr veranwft, lvie dieſes der Fall im Jahr 1751 war, in welchem ise Peft auch viele Menſden hinwegraffte.
Um Amhèben und abſchůſſige Plåge urbar ju mas chen , waren die Ebineren darauf bedacht, die Hós ben zu ebenen , und durch Terrafien , deren Höhe und Breite ſich nach der Abſdüſſigkeit richtet , den
Flushen gleich zu machen. Dieſe Abråke wenden ſie au veridiedenen Gewachſen an , und theilen jedem einen , mit ſeiner Natur iiberiinftimmenden Plax ju.
Dirjenigen , weiche die meiſte Hike vertragen können , feljeli oben ; die weichlichereu bekommen uuren ihre Stelle. Wenn der Regen das Erdrcid auf den obern
Avfaķen bewäſſert bat , leitet man das Waſſer durch Furchen auf die niedrigern. Die Abirike, tvelde 4 bis 5 ſug übereinander angelegt werden ;, find mit vers Idiedenen Bäumen bereßt, welche den
ivådhren
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Schuß gegen die Hiße der Sonne , und gegen den Wind gewähren, und den Terraſſen ein berrliches Ans ſeben geberi.
Wenn man das Erdreich der Abfåtge důngen will, ſo beachtet man eine große Sparſamkeit .' Mani iveidit
den Dünger meiſtens in runde, in die Erde gemauerte Lider , und begießt die Saat mit der Juge : bigs weilen legt man auch bei dem Seßen der Pflanzen eine Hand vol Alche auf jedes -Storni , weil ihrer Meis
nung nad) der Dünger , welcher ztviſeven die Stage den zu liegen kommt, keinen Nußen leiſtet. Jede Pflanze , welche entweder Stålte , Naffe oder Dirre liebt , bekommt die bequemſte Jahres · Zeit zu ihrem Wachsthume; das Wurze werk wird allein dem Herbſte zugetheilt. Auf dieſe Abſåre legt man den Saamen von Baumwolle und Obftpflanzen , Potatoes , Jauns, und Zuckerrohr : Wurzel11 .
Zu den Sträuter - Gårten wählt man geineiniglich
niedrige , leinige Plåse , welche ſehr gedüngt iverden . Die bekannten Gewådre waren Salat , lange und
kurze Gurken , Purjo , weiße Ziviebeln , Sellery , Spis nat , Möhren , rothe Melte , Nüber , Pumpen und Waſſer- Melonen . Außer dieſen findet man verſchies' dene den Namen und der Geſtalt nad uns völlig ulk bekannte Erdfrüchte,
Die Ebineren legen ſich nicht ſonderlich auf
die Baumzucht. Sie hatten verſchiedene, ulid unter dieſen auch Fruchtbäume , um ihre Gärten , und deren
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Abfåge gefekt , und beſaßen auch große Baumgärten , welche ſie für etwas Vorzügliches hielten ; dabet ſie auch meiſt bei Pagoden und Luftgårten angelegt was ren. Sowohl von den Fruchts als übrigen Bäumen ſind bei uns nur wenige bekannt. Apfelfinen - Båume findet man in verſchiedenen Arten , ferner Areca, Mans ges , Leichibåume , Betelbůſche , Pompelmoſe ( eine Art großer , júßer Citroneu ) , kleine ſaure Citronen , Birnen , Pepfel , Oliven und Trauben . Man låßt fafi alle Båume wild wachſen , und beachtet nur bei einigen Baumarten das Propfen , weldes ibnen ſehr glúdt.
Wie die binerent durd Sitten , Gebräude, Kleidung und Geſchmade von andern Völkern ſich uns terſcheiden , ſo ift dieſes auch der Fall mit ihren Blus men und Luftgårten. Sie bekümmern ſich wenig um Hecken , bedeckte Gånge und Ebenmaß ; ein nackter Plaß mit Steinen von verſchiedener Farbe und Große in Drachen : und Blumen sGeftalten belegt , gefått ibạen beſſer , als wenn dieſelben mit artigen Zeichs aungen , und die Zwiſchenräume mit Kräutern ges siert wåren. Ihre Gånge müſſen auch nicht offen , ſondern meiſtens an den Seiten mit Mauern verſehen reyn, an welche Weinftöcke oder andere empor çankende
Gewåch ſe gepflanzt find , welche Stangen mit beiden Mauern verbinden. Die Rubebånke ſind in Gången ohne Mauern auf den Seiten angebracht , und durch verſchiedene Sekung der Steine mit vielen Höhlen
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verſehen , in welche Gefäße mit verſchiedenen Blumen geſtellt werden . Die Gänge bilden viele Strůmmuns gen , bisweilen geben ſie über einen kleinen , ebenen mit Steinen belegten Plaß , vor ein offenes Lufthaus,
auf welchem Blumentopfe ftehen , bisweilen durch Bogengånge , welche von Bambu in ungleicher Form
geflochen , und mit Immergrün bepflanzt ſind , wels ches ſich durch dieſelben ſchlägt, und ſie einer grås nen mit einem großen Loche verſehener Mauer åhns lich macht. Bei dieſen findet man mit Gebüſchen bes beckte Berge, bei welchen Båche vorbeilaufen . Schats
tenreiche, dicht ſtehende Båume, Gebåude, von 3 bis 4 Stockwerken , welche meiſtens an einem Theile offen lind ; Chürme, fchrof ausgeböhlte Grotten , Brücken , Teiche , mit Bohnen beſåete plåße , dicht und wild
gezogene Gebüſche, und mehrere Abwechſelungen geben eine ſchöne Ausſicht. Nach dem Geſchmacke der Chineſen darf in einem Garten keine Ausſicht der andern gleich ſeyn. II einigen Luſtgårten graben ſie Deiche , um welche
ein Gang nach allen plåten führt; bei denſelben has ben ſie viele Ruſthåuſer , welche alle verſchieden einges richtet ſind , und gewöhnlich mit der einen Seite im Deiche ftehen , damit man aus den Fenſtern Fiſche fans gen kann . Bei den Lufthåuſern baben ſie in kleinen
Teiden Gold á und Silberfiſche ; Vogel , Blumen , Abbildungen von Drachen und dergleichen mehr. Die Seidenwürmer effen die bineren , nacis
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dem die Seide abgewickelt worden iſt , entweder friſch
gekocht, oder auch getrocknet , mit vieler Luft. Bet Cbing chin roll es eine Art recht großer Seidens würmer geben , von welchen eine ſo grobe Seide ges ſammelt wird , welche anfangs dem Hanfe áhnlich
fieht. Die Einwohner bereiten aus derſelben eine Art von Zeug , welcher , wenn er neu iſt , wie unge: bleichte Leinwand ausſieht, aber durch den Gebrauc und öfteres Waſchen Glanz und ein beſſeres Anſeher erbålt. Dieſer Zeug wird ungefårbt getragen , wahr
ſcheinlich , weil er keine Farbe annimmt; dagegen rol er rebr ſtark renn , und wird Chinchiau genannt. In dem ſehr langen , und an ſeinem Ausfufie breiten Strome Tacho werden viele Fiſche gefangen
Die gewöhnlichſte Art die Fiſche zu fangen iſt: aut den , von den Ufern entfernten Sandvånken , Práble einen Faden weit von einander , zu fchlagen , uni
zwiſchen dieſe ſchwarzgefärbte , von farkem Garne ge ftrickte Reuſen zu ſtellen , in welche die långs dis Ufers ftreichenden Fiſche
geben , und ſo gefangen
werden.
Sie haben eine Menge Sporbe aus Bambu Shies nen mit Weiden - Reifern verbunden , 11/2 Klifter lang und unſern Reuſen ähnlich. Dieſer bedienen fie fich , tvenn das Waſſer båber, als gewöhnlich feigt. Cie ſtellen dieſelben långs des Stromes hin , laſſen aber an beiden
en dieſer Reihe von Bainbu : Stors
ben Deffnungen , bei welchen ſie mit ibren Sampas
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nen ganz ftill liegen , damit der Fiſch , welcher dem Strande nachſtreicht , ungehindert in dieſelben gehen kann ; innerhalb derſelben trifft er eine Reihe Bambus
Storbe an , welche in der Quere dem Lande zu geſtellt find , und ihm den Ausgang verſchliefen . Wenn das Waffer nun abzufließen anfängt, verſchließen ſie dies fen Raum mit stórben derſelben Art. Iſt nun nach dem Ablaufe des Waſſers der Raum trocken , ſo kann man die Fiſche zuſammenleſen. Sie bedienen fich auch eines zwiſchen zwei Booten befeſtigten Schwimm , Nekes , mit welchem ſie bei der Flutb bin und her fahren und fifchen . Auch fangen fie Fiſche mit großen , siviſchen zwei
Bambu · Stangen befeſtigten Hanien .
Die Grunds
Angeln bedecken ſie mit Würmern und Strabben , und Fodern mit dieſen Aale und andere kleine Fiſche. Auch
unterhalten ſie in kleinen , weiß angeſtrichenen Sam. panen , Nachts Seuer ; die Fiſche , welche nach dem Feuer laufen , hüpfen aledann in die Sampanen. Die Fiſcherei iſt eigentlich wegen einer Fiſchart, Muls letten genannt, eingerichtet : denn dieſe ſpringen im Finfiern dem Scheine des Feuers nach . Zwiſchen den Scheren und am Strande wird die fiſcherei mit Hamen und Angeln ftark getrieben. fis ſche werden in Menge gefangen , eingeſalzen oder ges
trocknet , und in die umliegenden Städte und Dörfer verkauft.
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Unter den vielen Fiſchen ſahen einige unſern Stars pfen , Stock - Barſchen , See : Barſchen und Elrißeu ähnlich . Die mir ganz unbekannten , ſchließt Edes berg ſeinen Bericht , ſind : Aale , Strabben , Garnes len , Auſtern , Muſcheln und Hummer. Aus den
Schalen der Aufteru brennen die Chineſen nicht nur Stalk , ſondern ſie bedienen ſich auch der Größten bei
ibren Gebåuden fatt der Ziegel.
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John Barrow's Reiſe nach Coch in china in den Jahren 1792 und 1793 ).
Am 26. September 1992 lichtete unfer Kleines Ges ſchwader zu Spithead die Anker, und regelte mit friſchem günſtigen Winde ab. Bei dem Vorgebirge Finis Terrå fühlten wir die Wirkung der bes kannten Sees Strömung, welche immerfort gegen das mittellåndirche Meer fließt, und in der Straße DOH Gibraltar ſo heftig iſt, daß kein Schiff auch bei dem gelindeſten Weſt - Winde im Stande ift, durch
dieſelbe in den atlantiſchen Ozean zu fahren. Nach der Hypotheſe des Dr. Halle iſt die Quantis tät des Waffers, tvelche das mittellåndildemeer
* ) A voyage to Cochinchina in the years 1792
93:containing a general view of the valuable s
production and the political importame of this Aourishing kingdom etc , by John Barrow . Lon don, 1806 , 8 .
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ausdånftet, großer, als die, welche durch Regen und Flüſſe in daſſelbei kommt; folglich muß der atlantis rohe Osean , um dieſem Mangel abzuhelfen , und in
gleicher Fläche mit genanntem Meere zu bleiben, noths wendig in daſſelbe fitromen . Unſer Admiral Potton fülte in dem atlantiſchen Die an , nahe bei dem
Vorgebirge St. Vincent, eine kleine Flaſche mit Salz - Waſſer, deſſen Gewicht 32 Unzen betrug ; die nämliche Quantitåt Salz : Waſſer, welche er in
dem mittelländiſchen nahe bei Minorca fchöpfte, wog 13 Gran ſchwerer. Hierauf wurden zwei Flas fchen , eine mit ſüßem Waſſer, und die andere mit Salz : Waſſer gefüllt, und das ſüße Waſſer in folcher
Maſſe mit einer rothen Materie gefärbt, daß die spes zifiſche Schwere von beiden Arten des Waſſers in den
oben angeführten Verhältniſſen von einander verſchies Den war . Als nun dieſe Flaſchen mit den Mündungen
borizontal gegen einander gelegt, und die lektern wohl
sermacht wurden , ſo drang das ſüſſe und gefärbte Waſſer durch den obern Theil der Hålſe, das Salzs
waſſer hingegen in der entgegengeſekten Richtung durch den untern Theil, ſo daß man durch dieſe gegenſeitige Drtsverwechſelung eine vollkommene richtige Vorſtels
lung , von den obern und untern See : Strömungen erhält, welcbe fich in entgegengeſetten Richtungen in der Straſſe von Gibraltar erhalten ſollen .
Die gebirgige Inſel Madera, bei welcher wir landeten , ift gewoonlich in eine dide fowarie Wolke
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gehüllt, und gewahrt keinen einladenden Einblid. Der
Entdecker der Juſel Porto Santo , Gonrales Zarco, ver fiel wegen der dicken ſchwarzen Wolke; welche beſtåndig über demſelben Punkte ſchwebte, nach der gewöhnlichen Denkart reines Zeitalters auf den
Gedanken, daß auf Madera eine von den Münduns gen der Hóle ſeyn måſſe. Die Stadt Funchal liegt auf dem Ufer einer großen Bai, deren beide åußerſte
Spißen aus zwei hohen und feilen vulkaniſchen Fels ſen beſtehen ; die Lava : Berge mit den weißen Haus ſern der Stadt, die rings üppig grünenden Pflanzun . gen ftellen eine maleriſche Anſicht dar . In der Mitte
dieſer Pflanzungen liegt eine zahlloſe Menge von Lands båuſern - Stirden , Stapellen und Klöſtern. Der
böchft fichtbare Gegenſtand iſt das Kloſter von Norra Senhora do Monte ( unſerer lieben Frau vom
Berge), welches ganz mit grünenden Gärten , Båue men, Stauden und staſtanien - Alleen umringt iſt, und in der Mitte eines dicken Waldes, zu liegen ſcheint. Doch die Reise, welche Funchal in der Entfernung darbietet, verſchivinden, robald man in die unreinliche Siado tritt. Die Bevölkerung der Inſel roll ſich uns gefähr auf 90,000 Seelen belaufen .
Die Jarel hat ſich einer ſehr mäßigen und wenis veränderlichen Temperatur zu freuen . In den Winters Monaten fållt der Fabrenb. Thermometer ſelten unter 65° berab , und fteht auch niemals höher als 65 ° ; im
Sommer iſt der gewöhnliche Stand 66° und 76º ; bei
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Sirocko - Winden, welche jedoch ſelten ſind, ſteigt der
Thermometer gewöhnlich auf 90° bis 95°. Die Ein wohner reben blaß, mager und krånklich aus. Als Urs rache gibt man die ſchlechten Speiſen an, welche dies
Felben genießen . Ihr gewöhnlicher Anzug beſteht in einem leinenen nemde, Schiffer s Steinkleid von Ses
geltuch , und einer blauen , meiſtens aber rothen wols lenen Müße. Die Weiber und Tochter der mittleren Stlaſſe tragen gewöhnlich Röcke und Jacken von ſchwars jem Tuche, und haben große stappen über den stopf gezogen. Nichtsdeſtoweniger verrichten ſie auf offener Straſſe bei bellem Tage vor den Augen aller Vorůbers
gehenden ihre natürlichen Bedürfniſſe . Die Einwobs ner der böbern Stlaſſe rechnen ſich nicht zur Schande, auf offener Straſſe zu betteln. Zu bemerken iſt, daß ein Portugieſe immer eine beſten Stleider angiebt, wenn er betteln will.
Die Geiſtlichen zu Madera ſind Wölfe in Schaf: pelzen, und verdienen mehr Mitleid, als Verachtung .
Die Einkünfte des Gouverneur belaufen ſich jährlich auf 2000 Pfo. Sterling , (12,000 fåchi. Shaler ) ; aus
Berdem erhålt er noch von den engliſchen Staufleuten ein befimmtes Geſchenk von 200 Pfo. um einige inländiſche Pflanzen und Produkte der
Inſeln kennen zu lernen, machten wir auf Maulthies ren einen kleinen Streifzug in die Gebirge. Der Weg
führte uns bald über fteile Berge, bald durch tiefe Soluchten und fumpfige, mit Burchbolf bedeckte Diks
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kichte, bald wieder an den Rand ſchrecklicher Abgrüns be. Auf jedem Schritte findet man große, romantiſch
ſchöne Ausſichten , und mehrere Thåler ſtellen reißende, wirklich maleriſch ſchöne Landſchaften dar. Auf dem Gipfel eines Berges, gegen die öſtliche Spiße der Ins ſel, fanden wir den Strater eines ausgebrannten Vuls tan, weld er ungefähr 300 Ellen im Durchmeſſer zu haben ſchien . Der Boden war ringsum mit Nabels
Straut bedeckt. Auf unſerm ganzen Wege raben wir nur wenige Bäume, und dieſe nur in tiefen Thålern. Nies
mals können ro unermeßliche Waldungen auf der Ins rel geweſen ſeyn, daß nach dem Berichte der Portus gieren der Brand derrelben 7 Jahre gedauert habe. Die auf der Inſel einheimiſchen Staudengewächſe ſind : der Ginſter , die Heidelbeere, der Lorbeers und Myrthen Baum , die Wolfs- Milch , die verſchiedenen
Cactus Arten, eine Art Jasmin und wilde Delbåume. Auch findet man eine Art von Lavendel, verſchiedene Blunten , das gemeine Farnkraut in großer Menge, und verſchiedene kryptogamifche Gewächſe.
Auf der Inſel werden angebaut der Weinſtock, die Drangens, Limoniens, Citronen , Feigen ., Bananass, Aprikofens, Pfirſich und andere europåiſche Obſt : Båus me ; auch gibt es vortreffliche Walnüße und Staftanien . Auf der Reiſe durch die Inſel rahen wir kein eins
ziges vierfüſſiges wildes Thier, und nur dußerft wenige Vogel . Inſekten , welche den fremden beſchwerlich fallen , gibt es nur dußerſt wenige, und siftige Thiere
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find gänzlich unbekannt. Eidechien findent fich aber in unermeßlicher Menge.
Die Anficit von Teneriffa bei der Einfahrt in die Bai ift keineswegs ſo angenehin und einladend, als jene von Madera. Die Stadt Sailtas Cruz bat durch ihrer Lage in einer wilden und felſigen Ges
gend ein unfrudytbares und abjo redkendes Anſehen.
Die Felſen umber haben eine einförmige und düſtere Farbe, und werden auf keiner Seite durch etwas Grús nes belebt. Je mehr man aber fich der Stúfte ndhert, deſto mehr entwickeln ſich die Schönheiten der Stadt. Die Oberfläche des Steindammes, welcher von einer Granitähnlichen Lava erbaut iſt, bildet einen breiten, mit Sand bedeckten Spaziergang . Die breiten und reinlichen Straſſen laufen größtentieils in geraden Linien, die Häuſer baben im Durchſchnitte ein hübs
ſches Ausſehen , und alle ſind mit Faik úbertüncht. In den fenftern befinden ſich ſtatt des Glares hölzerne
Gitter . In Funchal gibt es Gaſihife. Weinbaufer und Kauflåden , und ein gewiſſes Gewühl in den Strals ſen zeigt, daß Handel und Gewerbe daſelbſt getrieben werden ; hier aber ſind die Häuſer faft beſtåndig vers
ſchloſſen , und aufer Morgends und Abends ſieht man faſt den gan.en Tag keine menſchlichen Geſchöpfe, als Laſttråger und Fiſcher.
Laguna, die Hauptſtadt der Inſel iſt ſehr klein , und vielleicht um nichts großer, als Santa Cruj.
Die Stadt kam uns im Gegentheile noch weit důſte:
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rer und einſamer vor, als St. Cruz. Einige friſcts
und wohlgenåbrte Mönche waren die einzigen Perſon nen, welche wir in den Stralien antrafen. Nur hin und wieder raben wir eine einſame Geſtalt, in einen
ſchwarzen Mantel mit einer großen Stappe gehüllt, furchtſam die Straſſe durchſchleichen . Um den Piko von Teneriffa zu beſuchen , ver: ſchafften wir uns Maulthiere. Von der Stadt kamen wir in eine große fruchtbare Ebene, welche von mebs
rern kleinen Bächen durchſchnitten war, deren klares reines Waſſer in großen Behältern aufgefaßt , und Durch hölzerne Röhren in die Stadt geleitet wird. Auf unſerer rechten Seite gegen die Meeres : Stutte jeigte ſich uns eine Reine angenehmer Landhäuſer und
mehrere beträchtliche Dörfer, welche unter Weinbergen verſteckt lagen ; zur Linken erhoben ſich hohe Reihen von Bergen , welche mit Buſchholz bedeckt, und auf dem Gipfel mit Fichten bekrånzt waren . Der mittlere
Theil der Landſchaft, auf dem der Weg uns hinführte, war eine offene Strecke artbaren Landes. Die Botas niker unſerer Geſellſchaft ſammelten auf dem Abhange der Berge eine große Menge von Pflanzen. In dem fruchtbaren Thale, in welchem die Stadt und der Seehafen Oratava liegen, zertheilten ſich
die Wolken und der unermeßlich hohe und wunderbare Gipfel des Pico ftand plößlich vor unſern Augen.
Es kann nichts Majeſtatiſcheres gedacht werden, als dieſer unermeßliche Stegel , welcher allmäblich in eine 52. Bd . China . II. 1.
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Spike quiduft, und mit derfelben den azurblauen Hims mel zu unterſtüßen ſcheint. Der untere Theil des
maleriſch ſchönen Berges verliert ſich nach und nach in die Ebene, in kaum bemerkbaren Abhången bis zur Meeres - Stüfte. An dem Fuſſe deſſelben liegt die roos ne Stadt la Vila d' Oratava, und eine gute baibe Siunde weiter der Seebafen El Puerto de Dras
gm vollen Galoppe ritten wir in die Stadt, in welcherwir vom Herrn little gut aufgenormen wur:
den . Wir dachten nun daran , den
Pico ju beſteigen ,
verfahen uus mit neunzehn Maulthieren und Kleppern, eben ſo vielen Treibern , und zwei Wegweiſern . Der
Gipfel des erſten Berges, welchen wir erwiegen , war
eine Ebene von ro beträchtlichem Umfange, daß wir eine volle Stunde brauchten , um ſie zurück ju legen ; fie war mit Buſchwerk bedeckt , weiches aus bohem
und übrigem Immergrün , einer Art von Lorbeers Båumen, einem Cactus, und mehrern kriechenden Pflans jen beſtand. Jeßt gieng der Weg ſteil auftvårts, und beſtand größtentheils aus Yavaſtúden , iwiſchen welchen teine Spur von Vegetation, außer nur der niedern
Klaſſe der kryptogamiſchen Gewächſe zu finden war. Wir rahen hier auch eine Menge wilder Ziegen. Wir fiegen auf einer Art von fußpfade, von Felfen zu Fels
fen, und långs des Randes von ſchrecklicben Abgrúns den , bis um 7 Uhr Aben08, wo wir auf einmal bes
merkten , daß die Wolten , welche bisher die Mitte des
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Pico umringt batten , mit ei
wunderbaren Schnelligkeit an de hinabrolten. Als wir Mittag fard der Thermometer auf 16° , 45 ° gefallen. Wegen eines be
brachten wir die Nacht unter ein
großen Felſeni ju, in deſſen Nål Menge von Cytiſus folioſus, un Nubigena bedeckt war . Das F
fank auf 40' berab . Die Maule ein Feuer an , deſſen knifternde u de Flamme während des tobeira dichten Finſterniß eine erhaber kung bervorbrachte. Das Nom
ſpieles wurde noch erhólst, inden ber eine Hymne auf die b). Il Viele unſerer Gefährten i
Müdigkeit erſchöpft, und konnte
ter fortfeßen. Vier jedoch gab auf, und fingen an , den Berg je tveiter wir aber in die Hób wurde der Sturm, und deſto i zu. Wir erreichten endlich ein wir das Ende derſelben nicht e war hin und wieder mit groß welche wahrſcheinlich aus dem
des Piko geworien worden wo
ter ſtand auf 36º. Wir banden
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re zuſammen, und gingen durch das Thal, welches uns
an den Fuß des großen Siegels zu führen ſchien . Die ganze Oberñáche
des Thales war jedoch ſo hoch
mit Aſche und Hims : Steinen bedeckt, daß wir bei jedem Schritte bis an die Sinochel in der Aſche vorrans ken ; ein unerträglicher Staub und Schwefel : Ges
ruch, der überhandnehmende Sturm trieb uns jekt jus růck . Der Thermometer ſtand auf 30° . Nach dem Stande des Queckfilbers in dem Baros
meter betrug die Höhe von demjenigen Punkte des Herges , auf welchem wir übernachtet hatten , 6030 Fuß, und das mit Sims : Steinen und Aſche bedeckte
Chal mochte ungefähr noch 2500 Fuß höher ſeyn. Die ganze Höhe des . Piko, von der Ebene Oratava , betrågt nach den beſten Beobachtungen 13, — 14,000 Fuß . Der Gipfel des Piko, weil er ſich unmittelbar aus der Erde emporhebt, und rings von dem Meere
umgeben iſt, iſt nicht långer als von Novenaber bis juin Ende Aprilis mit Schnee bedeckt. Der Zuftand der großen Maſſe der Bewohner dies ſer Inſel ſcheint ungefähr der råmliche, wie bei den Bewohnern von Madera zu feyn. Eine große Ans
zahl Frauensperſonen müſſen ihr Leben in traurigen Nonneuklöftern zubringen . Die fcheufliche Inquiſition übt auch hier ibre Schreckniſſe aus, und unterdrückt jede freimüthige und offenherzige Mittheilung der Geſinnungen ſogar unter den vertrautejien Freunden und Verwandten . Die
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Einwohner leſen nichts anders als die Bibel, ihr Mobs
buch und die höchſt wunderthätige Geſchichte unſerer lieben Frau'von Candelaria, der Schutpatros nin der Inſel! Troß aller Vorſichtsregeln der geiſtlichen Gerichte
iſt dennoch die Moralitåt des Volkes äußerſt vers dorben . Der Stonkubinat zwiſchen jungen Leuten iſt ſo häufig, daß, wenn ſie deſſen überführt werden , ſie nach dem Geſeke gleich verbunden werden müſſen. Der Ausſaß , Skorbut und Haut :Strankheiten find
bei den Einwohnern nicht ungewöhnlich. Die leşteren ſchreiben ſie dem häufigen Genuffe der Fleiſchſpeiſen Die Unterhaltung einer außerordentlich großen
Menge von Mönchen iſt für das Land eine ſehr drůks kende Laſt. Dieſe erhalten nebſt den almojen u. ſ.
w. auch den Zehent von dem ganzen Ertrage der Låns dereien. - Die Regierung treibt den Åleinhandel mit Tabak, die Ein- und Ausfuhr, und der Anbau iſt den Bewohnern bei ſchwerer Strafe verboten.
Die vers
derblichen Wirkungen der ſchlechten Regierungs : Vers faſſung ſind im Allem ſichtbar. Teneriffa , vielleicht
die ſchönſte Inſel auf dem ganzen Erdboden , würde nicht nur reichlichen Unterhalt für 18 20,000 Fas milien mehr, als ſie gegenwärtig beſitzt, ſondern noch einen Ueberfluß von allerlei Arten koſtbarer Produkte
für die europäiſchen Märkte, ã. B. außer ihren Weis
nen noc Seide , Baumwollc, Oliven s Del und gerrocks
.
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netes Obſt hervorbringen können . In allen böhern Gegenden der Inſel rollen die Mandelbåume und in den Thålern die kaſtanienbäume vortrefflich gedeiben .
Teneriffa bat ungefähr 100,000 Seelen . Die Alten ſcheinen die canariſden Inſeln , unter dem Namen der glücklichen Inſeln gekannt zu haben .
Als wir Teneriffa verlaſſen hatten, fingen wir in dieſer Gegend ſowohl mit der Angel, als mit der Gabel einen Delphin , (Coriphaena hippurus). Dieß thaten wir, um unſern Au gen das grauſame Vergnús
gen zu verſchaffen , die außerordentlich füone , aber vergångliche Farbenpracht dieſes Fiſches zu bewundern , welche fich wåhrend des Todes : Stampfes dieſes Thies res in immer neuen, auf einander folgenden Schattis rungen über den ganzen Körper defelben verbreitet. Winn der Fiſch aus dem Waſſer kommt, iſt er gang goldfårbig ; 'nach und nach nimmt er alle Farben des Regenbogens an , welche in unendlicher Mannigfaltige keit ſchattirt ſind , und von jeder Seite betrachtet, vers ſchieden ausſehen .
Bei ſchönem Wetter ftellte ich auch den Verſuch mit der Flaſche an . Man läßt nåmlich eine leere, ſo
feſt als möglid mit einem Stork zugeſtopfte Flaſche in eine gewiſſe Tiefe des Meeres ; sieht man ſie dann
beraus , ro findet man den Korffiòpfel-in das Innere der Flaſche hineingetrieben ; un rer Verſuch gelang volle
koninien. In den tropiſchen Slimaten wird die vers
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foloſſene Luft durch die Verminderung der Temperas tår, welche in einer ſo beträchtlichen Tiefe unter der Dverflåche des Meeres erfolgt, nothwendig verdichtet, verliert alle Reactionskraft gegen das Gewicht der
darüber liegenden Waſſerſäule , und bringt fo dieſe Erſcheinung hervor.
Mit uns lief fogleich das alte Schiff des Stapitáns Coof, ' die Refoluti011, welches jeßt den frans idrirchen Namen la liberté und die frans idriſch : republikaniſche flagge führte , in die Branas Bay auf der Jurel St. Jago ein . Von dieſer Bai betrachtet, hat die Inſel gar nichts Einlas dendes. Auf einer beträchtlichen Anhöhe, zu welcher ein in den Felſen gebauener Weg führt , liegt die elende Stadt Prav a. Den Einwohnern rahman ſehr den Mangel und das Elend an . Die meiſte Geifts lichkeit auf der Inſel beſteht aus farbigen Leuten, eis nige derſelben ſind auch vollkomnien ſchwarz.
Ale Gegenden von St. Jago, welche wir ſahen , hatten ein důrres, ausgetrocknetes , und ganz verbrann tes Anſehen . Wirklich war auch dieſe Inſel durch eine , drei Jahre lang anhaltende Dürre auf eine
ſchreckliche und jammervolle Art heimgeſucht worden, ohne von dem Hofe zu firrabon Linderung reiner Qualen zu erbalten. Alle Einwohner, von den vors nebmſten bis zu den geringſten ſind Bettler. Die Drangen von St. Jago ſind die vortrefflichs den, welche ich jemals gegeſſen babe, und ebenſo vots
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züglich ſind die Zitronen . Feigen, Haranen und sto kosnüſſe find ebenfalls in großer Menge vorhanden . Wir fahen auch einige Wurzel : und Gemüſe : Arten
Mais und Reiß machen die gewöhnlichen Nahrungs: mittel der Einwohner aus. Während unſers Aufents
baltes auf der Inſel ftand das Queckſilber beſtåndig auf 840, und einmal ftieg es ſogar auf 88' .
Am 7. Oktober 1992 verließen wir die unglücklice Infel St. Jago, und regelten mit einem friſden Paſſatwinde gegen Südweſt, ſo daß wir dicht an der ſüdlichen Grenze von dem Mar do Sargallo (die See vom Meergras) vorbei famen. Wir fahen nur wenige hin und her zerftreute Pflanzen ; allein auf uns ſerer Rückreiſe fanden wir die ganze Oberfläche des
Meeres mehrere Tage gan; mit ſolchen Pflanzen übers deckt ; das eigentliche Gras - Meer liegt zwiſchen dem 18° und 320 NBr. und zwiſchen dem 25 ° und 40°
WL. Die Pflanze hat keine Wurzeln, ſondern ihr, ist die blåtterichten Zweige verſteckter Stamm gibt offens bar zu erkennen, daß ſie immer fortfährt zu wachſen ,
während ſie auf der Oberfläche des bodenloſen Ab: grundes ſchwimmt. Manche derſelben haben mehrere Fuſſe im Durchmeſſer, andere hingegen nur wenige Zoll ; ihre runden Beeren ſind an einigen noch ganz
grún , an andern hingegen ſchon roth. In jeder eins zelnen Pflange findet der wißbegierige Reiſende eine Menge von Meer : Inſekten and Würmern.
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Wir paſfirten glücklich die linie , fahen den 29. das Vorgebirge Frio , und liefen am folgenden Mors gen in den pråchtigen Hafen von Rio de Janeiro ein . Dieſer bietet dem 'entjůckten Zuſchauer ein über alle Beſchreibung prachtiges Schauſpiel dar. Sind nun die Naturſchönheiten von Rio de Janeiro noch heute ſo unbeſchreiblich ſchön und bezaubernd , um
wie viel müſſen ſie es zu der Zeit geweſen ſeyn , wo dieſer jeßige Meeresarm noch bloß ein Landſee von reinem und kryftalhellem Waſſer war ? Alle Anhöhen in der Gegend der Stadt Rio tras gen auf ihrer Spiße ein Schloß oder ein Fort , eine Kirche oder ein Stlofter , und viele von den , in dem
ungebeuern Hafen zerſtreuten Inſeln ſind durch åbns liche Gebdude verſchönert. Die Stadt Rio ( eigents lich St. Sebaſtian ) hat eine bezaubernd ſchöne Lage auf einem hervorſpringenden viereckigen Vorgebirge, von welchen drei Seiten in den Hafen hinausragen , die vierte aber durch eine Reihe von hohen , mit Wals
dungen bedeckten Bergen gegen die herrſchenden Wefts winde geſchůßt wird. Stafielle auf Anhỏhen ſind zum Schuße der Stadt errichtet. Die Stadt bat einen ſehr betråchtlichen Umfang, und fol wenigſtens 60,000 Einwohner in ſich faſſen .
Bemerkenswerth iſt der
Parres Publico , oder der zum öffentlichen Spas ziergang dienende Garten. Alle Theile der Stadt ſiad
binlånglich mit Waſſer verſehen ; alle Hauptſtraßen auf beiden Seiten mit großen Oranit Quaderſteinen
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belegt. Die Magazine uid fframlåden in der Stadt find groß und bequem , und mit europäiſchen Waaren aller Art verſehen .
Wir begaben uns in die Umgegend der Stadt, um Schmetterlinge zu farigen. Myriaden von den ſchöns ften Inſekten flatterten in der Luit umber ; Schmet: terlinge mit ſchwarzen und gelben Querlinien bezeichs niet, flogen in ro zablloſer Menge um die Bäume und Geſträuche, daß ſie an manchen Orten die Atuioſphäre perdunkelten . ,
Während unſeres Aufenthalts ju Rio batten wir nur ſelten viel von der Hiße auszuſtehen. Während des Tages åber war die Temperatur der Euft im Durchſchnitte zwiſchen 16° und 84° Fahrenh. Die Nächte dagegen waren weit unangenehmer und låftis ger. Wagten wir in das Freie zu gehen , ſo liefen wir alle Augenblicke Gefahr, daß uns Fledermäuſe in das Geſicht filogen ; blieben wir aber zu Hauſe , ro waren wir von Scorpionen , Hundert : und Vielfüfen , welche beſtåndig in Menge auf dem Boden berumkros chen , umringt. Eine Art von Grille (Gryllus Gryl lotapa) ſprang während des Nachteffens beſtändig in die Glåſer und auf die Teller . Die heftigſte Qual verurſachte uns aber der Stich der Muskiten.
In den zwei Buchlåden der Stadt fanden wir alte mediziniſche , alchemiſche und theologiſche Werte, kein einziges aber , was Bezug auf das Land ſelbſt batte. Die Wertraulichkeit der Frauensperrouen zu
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Xio gegen Fremde, wurde von vielen Reiſenden nicht auf die günſtigfte Art ausgelegt. Ich aber glaube keineswegs , daß die deußerungen von Fröhlichkeit und guter Laane , mit welchen ſie von den Altanen
ihrer Hauſer den vorübergebenden Fremdling freunds lich winken , und lachend Blumen auf ſie berabwers ich håufig geſehen habe, daß ſie daſ: fen , beſonders
ſelbe in Gegenwart ihrer Våter und Månner thun, auch nur mit dem geringſten Scheine von Recht für eine unſchickliche Aufforderung gehalten werden köns nen , oder daß man befugt iſt , dieſer allgemeinen, ohne allen Nebenzweck befolgten Landess Sitte eine andere unſittliche Abſicht unterzulegen . Bei einem Ausfluge in das Thal von Teieu ca
hatten wir die traurige Gelegenheit , uns zu überzeus gen , wie erbärmlich vernachläſſigt dieſes rajonfte und fruchtbarſte unter allen Ländern , ſogar auch in der
Nåhe reiner größten und volkreichften Stadt ift. Der Mönche Unfug zu Rio de Janeiro wird ſo genährt und unterhalten , daß fie ſich den ganzen Tag mit leeren Zeremonien beſchäftigen , Heiligens Bilder in den Straßen zur Auferbauung des Volks umbertragen , und ſo jeden Funfen der Vernunft in
demſelben erficken und unterdrücken , ohne ihm etwas Beſſeres zu geben.
Das beſtändige Låuten der Gloes
ken zu den Metten , Vespern , großen Meſſen und Requiem für irgend eine abgeſchiedene Seele , welche etwa einer Stirche ein bedeutendes Legat vermacht bat,
1
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wie auch das häufige Abfeuern von Raqueten und Schwårmern , verurſachen ein unablåffiges äußerſt nies driges Geklingel und Geraſſel. Sehr paſſend iſt daber
der Ausdruck des franzöſiſchen Satyrikers , daß die Portugieren die Lebenden umbringen , um die Toden zu ehren.
Die Braſilianer (ür - Einwohner ) haben eine ſolche Abneigung gegen die Portugieren , daß der
Vize - Honig nur mit äußerſter Mühe 12 Ruderer für eine zur Pracht reines Hofſtaats gehörige Barke ers balten kann. Ihre Geſichtsjůge waren von jenen der Malaien , Tataren und Chineren nicht ſehr
verſchieden . Ihr Störperbau war klein und unterſeßt. Sie ſchienen ernſthaft und zurückhaltend zu ſeyn , fpras chen Äußerſt ſelten mit einander , und ließen ſich nur böchſt ungern mit Fremden in ein Geſpräch ein. Sie batten lange und ſchwarze Haare , und nirgends ans derswo Bart , als an der Oberlippe und unter dem Stinn .
Weizen , Gerſte , Guinea · Storn , Hirfe und alle
Arten von europåiſchen und tropiſchen Getraide s ur: ten bringt das Land im größten Ueberfluſſe hervor. Außer dem vortrefflichen Schiff Bauholze , welches ,überall in Braſilien gefunden wird, liefern die das ſigen Waldungen auch eine große Menge von koſtbas ren Farbes Höljern. Arznei : Pflanzen , woblriechende
Gewächre , Turpentin s , Gummis und Harzbåume fins det man in Menge. Die tropiſchen Früchte jeder Art
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find in großer Anzahl vorhanden , und von vorzüglis cher Güte. In den großen Ebenen von Súd : A mer
rika befinden ſich zahlloſe Heerden von Pferden und Nindviebe.
Von den drei unbewohnten Inſeln- Tristan da
Cunha unter 370 qr ſüdl. Breite ſteuerten wir nach dem Vorgebirge der guten Hoffnung und rahen nach deſſen Umſeglung den 1. Februar die beis den Inſeln St. Paul und Amſterdam . Leştere liegt in 38 ° 42' ſüdi. Breite und in 76° 51 ' öſtl. Långe. Auf der Oſijeite der Inſel befindet ſich ein großer vuls kaniſcher Krater , in welchen ſich das Meer durch das
ununterbrochene Anprallen ſeiner rollenden Wellen einen Durchgang erzwungen hat. Die ganze Breite
des Durchbruches betrågt ungefähr 1000 Fuß , der eis gentliche Stanal iſt nicht breiter , als 200 Fuß. Die Ufer des Stanals , aus vulkaniſchen Produkten beſtes
bend, erheben ſich allmählig immer mehr in die Höhe, bis ſie zuleßt mit dem Rande des Durchbruches zus fammenſtoßen , welcher nach einer ſehr gefåhrlichen
trigonometriſchen Vermeſſung , welche wir auſtellten , etwas über 100 Fuß hoch iſt. Der långfte Durchmeſs ſer des Straters auf der Oberfläche des Waſſers bes
trågt 1000 Ruthen , und der Stürzeſte ungefähr 580 ; im Umkreiſe iſt er 1 3/4 engl. Meilen . In der Mitte des Straters fanden wir mit dem Senkblei eine Waſs ſertiefe von 174 Fuß ; rechnet man dieſe zu der mitt.
lern Höhe der über das Waſſer bervorragenden Sei:
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tenwände , fo kommen 894 Fuß für die gange Diefe des Siraters heraus. In dieſem , durch das Meer bes wirfren Einbruche in den Krater befinden ſich auf beis
den Seiten des durch die Mitte fließenden Stanals , wie auch bin und wieder auf den ſchief binablaufens den Seitenwänden deſſelben , mehrere heiße Quellen ,
deren einige fiei und ungehindert in die Höhe fprus deln , andere hingegen in einen bloßen Teich oder Schlamm wegſidern . Ju mehreren dieſer Quellen ftieg das Fahrenijeit'ſche Thermometer in freier Luft
von 620 auf 196º, u einigen aber auf 204', und in andern ſogar auf 212º .
An mehreren Orten raben wir auch ſchöne grüne Stellen mit den zarteſten Moos - Arten bedeckt, uns
ter welchen hin und wieder eine Art von Lyco podium und von Marchantia fich befand. Sei ges nauerer Unterſuchung fanden wir, daß alle dieſe Strets ken auf heißen Sümpfen fchwammen , deren Tempes
ratur 8 oder 10 Zoll unter der Oberfläche , in welcher ſich die Wurzeln der Pflanzen ausbreiteten, jum wenigs ften 186° betrug .
Dies war uns um ſo auffallender
und bemerkenswerther , da die nåmliche Art von Ens Popodium auch ſogar im Winter auf den falten
Heiden in Nords England wächſt. Der Erdboden iſt durchgängig ſchwammig und poros , und bei jeder Bewegung füblt man ihn unter den Füßen sittern. Legte man ſich mit dem Dhre auf den Boden , lo
börte man überall ein Sprudelu , wie vom fiedenden
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Waſſer. In den meiſten Quelle einen faizigen Geſchmack , allein großen Srater fanden wir eine ,
geſchwangert war, und deren Eemne
In die fiedenden Quellen war che von der Angel tvegkamen ; in telſtunde waren fie vollkommen se
uns vortreflich . Die Menge uc auf dem Sande vor der Einfahrt niedrigem Wafferſtande fich findet fchreiben und kaum glaublich. Ata
Hay , in deſſen Magen ſich vier ja befanden. Ob ſie aber von dem 2
ren verſchlingen tvorden , oder o
jur Entgehung einer Gefahr bietly konnten unſere naturkundigen B beſtimmen .
Nirgends , außer a
Spißbergen , habe ich eine ro
von Wallfiſchen , Nordkapern , M
löwen und Seekålbern geſehen , al men zwiſchen den Schiffen , in
kämpften mit einander , und ve gegenſeitig. Auch bemerkten wir
mit einem außerordentlichen Unge
angriff, ro oft dieſer nur reinen
über die Oberfläche des Meeres en
Außerdem fanden wir auf der liche Menge von Vogeln , und
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Stanals mit Eiern dicht überdeckt. Dagegen fanden wir auf der ganzen Juſel keinen einzigen Landvogel, auch kein vierfüßiges Thier von irgend einer Art , ja ſogar nicht das geringite Inſekt außer Fliegen . Höchſt ſonderbar und merkwürdig iſt , daß der größte Tbeil
von allen Pflanzen , welche wir auf dieſer neuen Ins ſel fanden , e u rop å iſche Produkte waren. Die benachbarte Inſel St. Paul iſt mit einem
undurchdringlichen Dickicht von Unterholz ganz übers deckt. Sie iſt eben , wie e mſterdam , vulkaniſchen Urſprungs , und die ganze Küſte derſelben ſou rings mit Bimms : Steinen umgeben ſeyn . Wenn durch den Rauch und das Feuer auf der Inſel Amſterdam unſere Neugierde rege gemacht wurde , ſo' muſite der Anblick von 2 oder 3 Menſchell,
welche an dem Ufer hin und her liefen., uus in Er: ftaunen feßen . Als wir an das Land geſtiegen waren,
trafen wir 5 Månner, böchſt elend angezogen, und im größten Schmuße; drei waren Franjoren und zwei Engl å nder , welche wegen des Seekalbfanges hier an das Land geſtiegen waren. Das ſchlechte Wetter, welches 40 Tage anhielt, bemmte alle Verbindung mit ihrem Schiffe , welches wieder in die offene See
geſtochen /war. Jekt mußten die fünf Unglücklichen ein volles Jahr auf deſſen Zurückkunft warten . Ohne mit Lebensmitteln verſehen zu feyn , behalfen ſie ſich 5 Monate mit Fiſchen und Vögel - Eiern , welche fie mit Seekalbfett zubereiteten . Sie batten ſchon über
97 8000 Felle bereit liegen . Wir ſchenkten ihnen einen kleinen Vorrath von Weinerfig und startoffeln .
Am 2. Februar verließen wir die brennende Jnſel Am ſi erdam , und liefen am 26. in die Straße pon Sunda ein. Der Anblick der beiden grofen Inſeln Sumatra und Java , zwiſchen denen die
Straße fich zieht , iſt durch das weiche , ippige und ſchmelzende Grün , mit welchem ſie urſprünglich von der Natur bedeckt ſind , auf eine ronderbare Art auf: fallend. So lieblich und wohlthätig auch dieſe Farbe an und für ſich ift , ſo wird ſie doch durch das ewige Cinerlei , da auch nicht die geringſte Abwechſelung Statt findet , dem Auge im hohen Grade låftig. Von den vielen Jnſeln , welche in der Straße hin und wieder zerſtreut liegen , beſuchten wir nur iwei , welche den Seeleuten unter dem Namen Bus ton und C ap bekannt ſind.
Auf leşterer Fehreckten
wir in einer tiefen Hible eine ſolche unermeßliche Menge von Fledermäuſen und Schwalben auf , daß wir durch die zahlloſen Schaaren derfelben , welche auf uns fürmten , im ftrengſten Verftande zurückges fdhlagen wurden. Dieſe Schwalben ( Hir, esculenta ) find bekannt wegen des huiufigen Gebraudies , welcher in der Chineſiſchen Stochkunft von ihren Neftern gemacht wird . Wir fanden mehrere Tauſend ſolcher
Nefter in den Wänden der Höhle hången ; in einiger Nefteri befanden ſich Eier , in andern Junge.
Die
Nefter hatten eine ovale Form , waren råmmtlich an 52tes B. China , II . 1 .
7
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einem Ende ein wenig an einander befeſtigt, und hingeit rings an den Wänden in regelmäßig zuſammenhåns genden Reihen . Ihre äußere Bekleidung ſchien aus Meergras : Faſern zu befteben , welche durch eine ſchleis
mige Subſtanz , die wahrſcheinlich an der Küſte geſama melt wird , an einander befeſtigt waren.
Nahm man
die äußere Hülle berab , ro betrug ihre Dicke noch ungefähr den achten Theil eines Zolles , und das Neſt hatte dann das Anſehen von einem Stücke harten Leim , war halb durchſichtig , und beſtand offenbar aus der nämlichen gallertartigen Materie , mit welcher auch das åußere Gewebe an einander befeſtigt war ,
uns auch alle Steine und Seepflanzen auf der Siųſte der Inſel ganz überdeckt waren. Auf der Inſel Java liegt das beträchtliche Dorf Anjerie , von welchem die Seefahrer friſches Waſſer und andere Lebens Bedürfniſſe , erhalten . Nahe ani der Stůſte bei Anjeri e balten ſich Hayfiſche in uns ermeßlicher Menge auf. Während Barro tv eines dieſer Thiere mit der Angel fangen wollte, entging er nur noch mit genauer Noth der Gefahr , von demſels
ben in den Abgrund geriſſen zu werden . Der vers dvundete Fiſch ſtürzte ſich plößlich in den Grund des Deeres , und zog das Seil in ſeiner ganzen Långe nach ſich ; diefes verwickelte fich aber in die Ståbe
der Gallerie , riß , einen Theil des Geländers mit ſich fort , ivand ſich um Barrow $ Arm , und er war verloren , wenn nicht der Har wieder auf die Obers
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fläche des Waſſers zurückgeſchoſſen wäre , und das Seil dadurch von ſeinem Arm frei gemacht hatte. Durch eine Harpune getödtet , ward der Hay , bald auf das Verdeck gezogen und geöffnet. In ſeinem Magen war eine ſolche Maſſe und Verſchiedenheit von Dingen, daß man es kaum möglich halten ſollte. Uns
ter andern befand ſich in demſelben ein Büffelkopf, ein ganzes noch unverſehrtes Stalb , eine zahlloſe Menge von Eingeweiden und Stnochen , und große Stůcke von der obern und untern Schale einer bes
trächtlich großen Schildkröte. Die ganze Långe des Fiſches betrug 10 Fuß 8 Zoll .
Es kann in der Welt nichts Anmuthigeres gedacht werden , als die kurze Fahrt von Nord : Eiland nach Batavia långs der nördlichen Stüſte von java . Die Entfernung betrågt ungefåbr 90 Seemeilen ; das Meer iſt imnier ro glatt und eben , wie der ſchönſie Fluß , und ſeine Oberfläche iſt mit einer' ro unermeß:
lichen Menge von kleinen Inſeln bedeckt, daß die Holländer nicht im Stande geweſen ſind , einer jeden von ihnen einen beſonderen Namen zu geben , ſondern der ganzen Gruppe die allgemeine Benennung Paurend: Inſeln beigelegt haben .
Jede dieſer
zahlreichen Inſeln yon koraliſchem urſprunge iſt mit lebhaftem , aber einförmigem Grüne ohne alle Abwech : relung bedeckt. Da fie rehr flach ſind, und ihre Obers
flächen nur wenig über das Meer emporragen , ſo
100
ſahen die hohen Bäume derſeiben in der Ferne wie Sdiffs : Flotten aus.
Die Bai von Batavia wird auf der Südſeite durch die Küſte von J Ada begrenzt , und auf den übrigen Seiten von 15 bis 16 kleinen Inſelli , welche von Olt durd Nord nach Weſt serſtreut liegen . Die
vorzüglichſten unter den Inſeln , welche die unermelis lich große Bri umringen , ſind die Inſeln Onruft, Purmerent, St u iper und Edam . Barrow's fchåşbaie Nachrichten von der in 1 aller Beziehung in üppiger Fülle wuchernden Engel
gava , über die ungeſunde Lage Batavia's , von der üppigen und den Tod erzeugenden Lebensart der Hollå nder in dieſer Stadt , von der barten Bes handlung der gewerbtreibenden Chineren von Seis
ten der bollåndiſchen Regierung, von dem wilden Betragen der Malngen , und von dem Zuſtande
der batavirchen Sklaven kinnen wir übergeben, ins
dem wir ſie zum Theile in frühern Reiſebeſchreibuns g'al mitgetheilt haben , und ſie andern Theils uns zu weit von unſerm Ziele , von Cochin china abfübs ren würden . Nachdem wir uns weit länger in der Nähe des Diequators aufgehalten batten , als es unſere Abs ſicht war, und die Geſundheit unſerer Mannſchaft er:
laubte , verließen wir mit Vergnügen die niedrige, fumpfige Stüfte von Sumatra , und bald auch die Straße von BANCA. Wegen des traurigen Sufans
101
des unſerer Stranken liefen wir in eine Bai, auf einer den kleinen Inſeln Pulo Condore ein ; allein der Anblick unſerer großen Schiffe verurſachte den Bes
wohnern derſelben einen ſolchen Schrecken , daß fie in die Gebirge flüchteten , ihren geringen Vorrath von Lebensmitteln vor den Thüren ihrer Hütten liegen ließen , und uns in einem Zettel , welcher in Chines fiſcher Sprache geſchrieben war , Alehentlich baten , mit dieſem Wenigen zu frieden zu reyn . Wir regelten daher unverzüglich ab , und freuerten gerade einem Theile von dem Feſtlande a fie 118 zu , weldier weit weniger bekannt iſt , als er es zu feyn verdient. Uilt
die hiſtoriſche Ueberſicht des Landes , welche ich mits theile , deſto beſſer verſtehen zu können , wird nöthig repli , einen gedrängten Umriß von der Lage und der geographiſchen Eintheilung desjenigen Theiles von
dem Afiatiſchen Feſtlande , welcher gewöhnlich unter dem Namen von Cochinchina begriffen wird, vorangeben zu laſſen . Das unermeßliche Chineſiſche Reich erſtreckt fich gegen Süd bis zum 220 der Breite ; allein eine an
daſſelbe ftofende Landzu !! ge dehnt ſich gegen Weſt bis
zum 90 NBr. Dieſer letztere, 13 ° in der Långe bals tender Landſtrich wird in der Mitte durch eine Stette
hoher Gebirge von Nord nach Süd in zwei Theile setheilt, und durch dieſe wird das Birmaniſche Neich gegen Weſt von den Stönigreichen Jungs Quin, Cochindila , Trio in p a und Cambodia
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gegen Oft abgeſondert. Dieſe Namen ſind den Eins
geborneni, mit Ausnahmevon Tung: Quin , gånzlich unbekannt.
Die übrigen drei Lånder zuſammen genommen , beißen AnsNan, und zerfallen in drei Hauptabtheis lungen . Die erſte zwiſchen dem ſüdlichſten Punkte,
welcher die äußerſte Spite des Meerbuſens von Siam bildet, welcher ungefähr im 90° Br. liegt, wird bis
jum 12 ° Don Nai genannt. Die zweite, welche ſich bis zuin 15 ° Grad erſtreckt, heißt Shang, und die dritte, welche ſich voin 15 ° 17 ° , dem Anfangs.
punkte des Königreichs Tung: Quin , ausdehnt, führt den Namen Hué. An den Stůſien aller dieſer Abtheilungen gibt es mehrere ſichere und ſehr bequeme Haien und Häfen. Der große Fluß Don Nai ( Cambodia auf den Eharten ) roll für die größten Schiffe bis auf 8 teutſme Meilen in das Land, wo
die Stadt Sai Gong mit einem bequenien und ges ilumigen Hafen liegt, ſchiffbar reyni. In der Abtheilung Chang befindet ſich der Hafen @bin : Ebe u in 13 ° 15 ' NBr.; dicht an dieſem die Etadt Quing: Nong. Die Hauptſtadt in der Ab:
theilung Hue führt denſelben Namen, wie das Land. Sie liegt an einem Fluße, welcher beträchtliche Schiffe frågt ; allein unglücklicher Weiſe läuft eine Sandbank gier durch ſeine Mündung. Ein wenig ſüdlich von dieſem Fluſſe und in 60° 7 ' der Breite liegt die Bai Hans
2
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Sa 11, welche gewöhnlich auf unſern Charten Turoni beißt. Von Pulo : Condore kamen wir am 24. Mai
vor die letzt genannte ſichere und bequeme Hai . Als die Fiſcher und geivabr wurden, eilten ſie davon. Ends lich gelang uns, einen Stahn einzuholen , in welchem ſich ein alter Mann in ſchlechter Stleidung befand. Jedoch ward er für uns von großer Wichtigkeit, denu ohne ihn båtten wir unmöglich den Weg in die Hai
finden können . Die Eingebornen waren den erſten Tag zwar etwas ſchüchtern, als ſie aber ſaben, daß ſie ihre Produkte um jeden ſelbſt beliebigen Preis und gegen baares Geld an u118 verkaufen konnten , wurden wir mit Diely aller Art, mit Früchten und Vegetabis lien im größten Ueberfluſſe verſorgt. Auch die Bes fehlshaber der Stadt erivieren uns viele Höflichkeit,
und beſuchten und ſogar am Bord unſeres Schiffes. So wenig die vornehmſten Beamten der Stadt an
unſerer foch kunſt Geldmack finden konnten ; deſto mehr hatten ſie eine Begierde nach Rum , Hranntwein und andern geiſtigen Getrånken ; denn , wenn ſie vont dem Schiffe fich wieder wegbegaben, ſo waren.ſie jedess mal im höchſten Grade betrunken. Die Toch in dy ineren übertreffen ihre dußerſt boflichen Nad barn , die Chineſen, an gaſtfreundlis der Freigebigkeit : denn ſie bedecken nicht nur den
ganzen Tiſch mit Speiſen , ſondern ſie ſtellen auch die Sdůfjeln reibenweiſe drei : bis vierfach übereinander.
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Wir ſpeiften felten , daß fich die Anzahl der Speiſen nicht auf 200 Gerichte belaufen båtte, die Becher mit Reis nicht gerechnet, welche ftatt des Brodes gereicht wurden . Jeder Gaft erhielt einen irdenen Löffel, ein Par Stachel von einem Stachelſchweine, oder kleine
Ståbe von Bambus :, Rohr, welche håufig mit Silber beſchlagen ſind. Tie Gerichte beſtehen aus Rind- und
Schweinefleiſch , Federvieh- und Fiſchen , welche in Stückchen zerſchnitten , mit mancherlei Arten von Ves getabilien vermiſcht, und in ihrem eigenen Safte, oder
mit ſtark gewürzten Brühen zugerichtet ſind. Gebacke: nes oder getrocknetes Fleiſch kam nie auf den Tiſch .
Auch wurden erſt nach dem Tiſche der Chineſiſche Segu : Ebo in kleilien Bechern aus Porzel'an bers umgereicht. Der Statthalter in Turon ließ fich nicht ſo weit berab , daß er ſich ſelbſt mit uns an den Tiſch
reßte , ſondern er lag gewöhnlich während unſerer Mahlzeit an dem andern Ende des Zimmers der Låns ge nach auf einer Matraße ausgeſireckt, kaute ſeinen
Betel und reine Arefa - Nuß, und rauchte' beſtåndig Tabak. Zwei große Diener fächelten ihm mit großen, aus den Flügelfedern des Argus - Safan verfertigten , Såchern Luft zu . Von der Tafel begaben wir uns in Das Schauſpielhaus , einen Schuppen aus Bambuss Nobr.
Dieſer Theil von Cochin china, in welchem die uron $ : Bai liegt , gehörte damals dem jungen
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Herrſcher Quang: Dùng, deni Sohne eines aufrih : reri fcben Generals. Seine Reſidenz war in der Stadt
Hue, ungefähr acht teutſche Meilen nördlich von Turon . Kaum war unſere Ankunft in der Reſidenz bekannt, ſo wurde rogleich ein Mandarin von hohem
Range abgeſchickt, um uns an den königlichen Hof zu bringen. Wegen der vielen Zeremonien und aus Zeit : Erſparniß lehnten wir die Einladung ab. Ein Brief von dem Könige enthielt eine Menge Verſicherungent
von der Hoben Achtung, welche er für die engliſche Natiori hege, aud war ein Geſchenk uns überreicht worden , welches in 10 jungen Buffelii, in 50 Schweis nen und ungefähr 300 Enten und Hühnern nebſt einer
großen Menge vor Frůchten, stúrbiffen, Zwiebeln und anderu Arten von Vegetabilien beſtand. Der Uebers bringer des Briefes hatte ein ſeidenes Gewand , wel :
ches mit Geſtalten von Digern und Drachen durchwebt
war. Als er ſein Schiff verließ, legte er dieſes Ges wand ab, und zog zivei oder drei ſehr weite muffelines
ne Štleider, deren eines immer långer als das andere tvar, an . Unſer Geſandter ſchickte dem Stönige nebet
einem Antwortſchreiben eine ſehr ſchöne Doppel s Flins te, ein Paar Piſtolen, einen Degen, mehrere Stude Stamelot, und ein breites fchärlachrothes Tuch . - Einige Meſſungen , welche unſere Offiziere mit großer Eile vornahmen , erregten bei den Eingebors nen den Verdacht, als hätten wir andere, als unſere vorgeblichen Abfichten . Die Sache wurde jedod bald
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fich nåber hervor, und zeigten und ihre Ehrerbietung durch die berkömmlichen neun Keniebeugungen und
Niederwerfungen . Nach dieſen fekten ſie ihr Spiel fort, bei welchem es ſehr lårmerid und gerduſchvoll zu : gieng. Der unterhaltendſte, und auch am wenigſten lårmende Theil der theatraliſchen Vorſtellung war eine Art Zwiſchenſpiel, welches von drei jungen Frauei!8 : perſonen aufgeführt wurde ; ein arıxſelig gekleideter
sjanswurſt machte ſeine gewöhnlichen veralteten Spáje. Der Dialog war in dieſem Zwiſchenſpiele leidt uiid komiſch , und wich gånzlich von der flagendent, und faſt eintönigen Declamation der Ebineren ab ; ven Zeit zu Zeit wurde er durch luſtige Arien unterbros dhen , welche ſich geivóhnlich in einem allgemeinen Chor endigten. Dieſe Arien waren ztvar roh und fun filos, aber doch ſchienen ſie regelmäßige Stompoſitionen šu reyn, und wurden auch mit vollkommen ridtiger Geov :
achtung des Taktes geſunger.. Eine der Arien batte eine fanfte Melodie, und (rſtaunliche Aehnlichkeit mit den weichen , klagenden Tönen , welche den fchottis ſchen Nationalliedern eigen ſind. Die Stimmen der Frauensperſonen waren gellend und ſchmetter:id , je: doch hielten ſie ziemlich Ton, auch waren ihre stadeiis jen nicht ohne Harmonie. Bei jeder Pauſe machten die feineren Inſtrumente ein kurjes Zwiſchenſpiel, bis zuleßt die alles erſchütternden , betäubenden Paukeu undTrompeten wieder einfielen. Bei jeder Wiederholung
J
1
des Ebors ſuchten die drei Cochinchinefiſchen Orasien
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ihre ( chlanken Geſtalten in verwidelten labyrinthiſchen Lången in das vortheilhafteſte Licht zu reßen . Weder in China , noch in Coch in ch ina zahlt irgend Jemand bei ſeinem Eintritte in das Schauſpiels baus Geld. Die Schauſpieler werden entweder von einem Privaten auf den ganzen Tag gedungen oder fie ſpielen vor dem geſammten Publikum in einem beſondern zu dieſen Zwecke aufgeführten Schuppen .
In beiden Fällen werden die Schauſpieler durch das Zuwerfen son Supfermünzen als eine Beifaus . Bet jeugung aufgemuntert. Zu dieſem Zwecke hatten uns die Mandarinen mehrere Hundert ſolcher Münzen gegeben .
In der Mitte des Stückes berließen wir das Schauſpielhaus , um uns auf den nahe gelegenen grås neniden Anger , welcher zugleich als Marktplaß diente, ju legeben. Durch eine Menge von Spielen und
Wollen wurden wir ſehr angenehm unterhalten. Mens rer junge Burſche buluftigten ſich mit dem Ballſpiele ; andere ließen ihre Leichtigkeit durch das Hinwegſprins sen über eine horizontal gelegte Stange reben ; an einem Orte beluſtigte ſid, eine lårmende Gruppe mit Bahnenkampfen ; an einem andern brachten Sinaben nach dem Beiſpiel der Ueltern , Wachteln und andere kleine Vögel , ja ſogar Grashüpfer herbei, um zu zu ſehen , wie ſich dieſe gereizten Thiere in Stücke zerriſs ſen . In jedem Winkel des plages raßen Leiste, wete che mit Karten und Würfeln ſpielten. Am meiſen
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jog eine Anzahl junger Leute , welche einen Federball
beſtåndig in der Luft erhielten , indem ſie ihn mit den Fußſohlen fortſchlugen , die Aufmerkſamkeit auf fich . So geſchickt ſie in dem Gebrauche ihrer Füße find , ebenſo beivunderungswürdig iſt die Gewandts
heit ihrer Hände und übrigen Glieder. Ueberall fan: den wir Gaukler , Zauberer und Taſchenſpieler. Auch batten wir die Gelegenheit , uns auf unſere eigenen Stoſten zu überzeugen, daß aud diejenigen unter ihnen ,
welche nicht öffentlich die Taſchenſpieler: Stúnfte als Gewerbe treiben , doch in der Stunft , die Taſchen zu beſtehlen , nicht weniger geſchickt waren . Såmmtliche Einwohner waren åußerſt unverſchåmt in ihren For: derungen , und ihr Hang zum Stehlen war bei allen
ro allgemein , daß wir genöthigt waren , die vornehms ſten Beamten der Regierung , welche an Bord unſerer
Schiffe kamen , ſorgfältig beobachten zu laſſen. ( Beſchluß im nächften Båndchen .)
111
Kurze Biographie des Confucius (Con
fu — tſe) verfaßt vom K. Bibl. 3 ä
" ).
Confucius, der vornehmſte chineſiſche Philoſophy, wurde 551 vor Chriſtus geboren in der Stadt Tſeuye, im Gebiethe Teh ang - ping - biang, im Stönigreis che fu oder Lou . Sein Vater nannte ſich C hou
leang -be , und ſtammte aus dem FürſtenthumeSong, von welchem reine Voråltern in das Königreich Lou
gezogen waren . Seine Mutter hieß yen - chii, fie nannte ihn Stieon , d. i. kleinen Hügel , weil er eine ettvas erhabnere Stirne batte, als gewöhnliche Mens ſchen . Im 19. Lebens - Jahre 532 v. Chr. , hatte er ſchon einen großen Ruf im Lande fou erlangt ; allein er war felir arm . Um ihm einige Mittel zum Lebens Unterhalte zu verſchaffen , ernannte ihn Tchaoskong zum Aufſeher der Lebens - Mittel , welches zwar ein
*) Vorzüglich nach Histoire gen . de la.chine par Grosier , Paris, 1777, 4. 12. vol.
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geringer, aber ziemlich einträgliches Amt, eines Vians darins war. Schon im vorigen Jahre hatte er ſich mit Pien : kuan : chi aus dem Fürſtenthume Song vermählt, von welcher er einen Sohn zeugte, den er Peso u nannte. Er blieb jedoch nicht länger als ein Jahr Verwalter der Lebe ns - Mittel : da er ſich mit
vieler Silugheit benahm , ſu übertrugibin Ich aos kong die Aufſicht über die wilden Ehiere. Im Jahr 517 Darilahm der Fürſt I cha 0 : 10ns, welcher ſeit einem Jahre im Lande Tri ſich aufgebalten hatte , daß der in Fürſtenthume Lou entſtandene Aufruhr Teinen fiebling Confucius genothigt habe, ſich in jenes pon Tri zu flüchten . Dieſe Unannehmlichkeit des bes
rühmten Philoſophen ſchmerzte den fürften mehr, als die in feinem Lande entſtandene Unordnung. Se ing: tonig, Regent von Ili , bemühte ſich den großen Mann nach Würde tu empfangen, und lud ibn ein, an ſeinen Hof zu kommen , was auch Confucius befolgte. Seinskon , wollte bei dieſer erſten Unters
redung ſogleich ſich überzeugen , ob Confucius wirts lich ſo aufgeklärt fen, als er nach dem allgemeinen Rufe ſeyn rollte. Er fragte ihn alſo , worin die sute
Regierung beſtehe ? Confucius erwiederte; „fie beſteht darin , daß der Regent wirklicher Herr, und der Untergeordnete wirklicher Unterthan ; der Vater wirks licher Vater, der Sohn wirklicher Sohn Tey , und Jes
der gegen den Andern nach dieſem Verhältniſie fich benehme." King: k o'ng: dieß iſt gan; wahr ; denn
113
wenn der Herr nicht wirklicher Herr iſt, ſo iſt auch der Untergeordnete kein wirklicher Unterthan ; auf
gleiche Art verhålt es fich mit Vater und Sohn. Man
- mag übrigens noch ro reich ſeyn, ſo kann man nicht in bloßer Ruhe leben.
Noch im Jahre 510 war son fu eius am Hofe Sting : kongs, wo er ſich bemühte, die weiſe Regies
rung der Alten herzuſtellen . Er båtte ſehr gewünſcht, ſeine Grundràße in den Staaten von Tchou und Icin bekannt zu machen , wo er fie båtte glången laſs
fen , allein die Firſten derſelben waren zu ſehr für das Gold, und für ihre Macht eingenommen. Diges
gen fragte ihn der Fürſt von Tri ftets über die Re: geln einer guten Regierung, hörte fie auch gern an, lobte fie ſogar, befolgte fie aber ſehr wenig . Da Cons
fu eius über dieſe Erſcheinung betroffen ſchien , ro erklärte ihm Sing - bong : er fey zu alt, um ſich mit dieſer Neuerung zu befaſſen . Confucius, weit entfernt auf die Befolgung ſeiner Lehre zu dringen , 2
verließ das Land von Eri, und kehrte in fein Vaters land zurück.
Darelbſt waren die Unordnungen und Aufruhreat, welche der Stolz und das ſchlechte Betragen des in:
zwiſchen eingetretenen Regenten Sisch i veranlaßt bats te, fo machtheilig , daß auch die erſten Regierungss Jahre ſeines Nachfolgers Tinglong, nichte weniger,
als erfreulich waren. Deßwegen miſchte ſich Confu: ciu8 weder in die Angelegenbeiten der Regierung, 52. Bd. China. II. 1 ,
114
noch übernahm er irgend ein Amt. Statt deſſen ords nete er die Bücher Chisting und Ch usking, und jene für die Ceremonien und Muſik , welche alle ro • vermiſcht waren, daß ſie nicht einmal mehr ein geſons dertes Ganze ausmachten . Dieſe neue Ordnung und
Abtheilung gewann ihm eine außerordentliche Zahl von Zuhörern . Bald eilten die Weiſen der entferntes
ften Provinzen herbei, um den Unterricht eines ro großen Meiſters zu genießen.
Im Jahre 500 wurde Confucius durch Tint gs tong zum Amte eines Treskong, d . i. Präſidenten des Tribunals der öffentlichen Arbeiten ernannt. Der Philoſoph verwaltete es mit ſo vieler Gerechtigkeit, Sorgfalt und Uncigennüßigkeit, daß er den allgemei: nen Beifall erlangte. Sein ganzes Streben gieng das bin , den alten guten Regierungs- Geiſt wieder zu ers
wecken : wären die Zeiten günſtiger geweſen , fu tvůr: de rein Streben gewiß gelungen reyn . Im Jahre 499 würde Confuciu s zum Staats -Miniſter des Für. fenthums Lou ernannt. Staum hatte er ſein Amt
übernommen, ſo ließ er Chao :tching :m a o, welcher viele unordnungen in der Regierung veranlaßt hatte , in Verhaftung bringen und binrichten. A18 reine Schüler ihr Staunen über diere Strenge bezeigten, erwiederte er ihnen : „ es gibt fünf Verbrechen , welche jeden Menſchen ftrafbar machen , als wäre er Straſſens Råuber. Nåmlich ein betrügeriſches Herz, ein argli: Miges Betragen , ſchöne Beredfamkeit voll fügen und
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Falſchheiten , ein glückliches Gedächtniß, welches das Lafter bekannt machi, und eine natürliche Schmeiches
lei im Båren. Jedes dieſer fünf Lafter an einem Gros ben verdient den Tod , und darf von keinem Weiſen, ivelcher im Stande ift zu ſtrafen , vergeben werden.
Oder durfte ich Shaostching mao am Leben laſſen ,
wenn alle Lafier in ihm vereinigt wären ?
Diere
Strenge des Confucius, in der Beſtrafung des Las ſters batte die Sitten der Großen und des ganzen
Volkes vom Lande Lou in kurzer Zeit ro umigeſtaltet, daß der Regent von Tri eiferſüchtig wurde, Tings kong möchte dem Confucius den Titel Pa beis legen, durch welchen er natürlich über ihn erhoben
wurde. Nach mehreren Berathungen mit ſeinen Gros
ben wurde beſchloſen , kein Mittel gegen die teiſe Regierung des Confucius ren wirk amer , als die
Tugend des Fürſten von L'ou zu untergraben . Der Regenti von Tri rahickte daber unter dem Vorwande,
die Freundſchaft unter ihnen zu erneuern, die ſchöns fien Frauen- als Geſchenke an den Regenten Tings kong. Der Oberſthofmeiſter St ishoanstre deſſelben empfing ſie im Namen reines Herrn , welcher von
en
ro bezaubert wurde, daß er drei Tage reinen Pallaſt gar nicht verließ. Confuciu8 wurde darüber ro aufgebracht, daß er reinen Monarchen verließ, und ſich in die Staaten von Quei begab. Im Jahre 496 30g der Philoſoph zu Yen : tchou tredu. Um ihn zu gewinnen , daß er daſelbſt bleibe, gab man ihni 60,000 Maas Getreide . Er verweilte aber nur 10 Monate : als er in die Staaten von Ich in ſich begeben wollte, wurde er im Lande von St ou ang
verhaftet, wo man ihn für einen gewiſſen Yangs hou aus Lou hielt , welcher die Volker dieſer Stans tone fchon öfters beleidigt batte . Cobald nian den
Grethum erkannte , gab man ihm zwar die Freiheit wieder ; allein Confucius reßte ſeine Reiſe nach
116
Ich i'n nicht fort, ſondern kehrte nach Duei int Jahr 494 zurück. Der Fürſt dieſes Landes Lingkong , war mit ſeiner Gemahlin und dem Verſchnittenen yong king in einem Wagen aus dem Pallafte gekommen , um den zu Fuß wandelnden Confucius zu bewvillkommen. lingkong ließ ſogleich den Verſchnittenen ausſteis
gen , und luð den Confucius ein , deſſen Platz ein zunehmen . neben ihnen .
Dieſer beſtieg den Wagen , und ſeşte ſich Bald kam man auf- einen Marki , wo
eine müßige Volksmenge mit Schauſpielen ſich be: fchäftigte. ,,Ach !“ ſchrie er plößlich , wich rab noch
nie einen tugendhaften Menſchen , welcher an Leuten, die nur dem Vergnügen ergeben ſind , ein Wohlgefals len findet.“
Er fiieg rogleich vom Wagen , und zog
ſich in das Fürſtenthum Trao jurück .
Staum hatte
er ſich daſelbſt überzeugt , daß man ſeine Lehre nicht
fchårç, ſo eilte er wieder weg , und begab ſich in Be. gleitung mehrerer Schüler gegen das Fürſtenthum Song. Auf dem Wege verweilten ſie unter einem Baume , wvo Confucius ihnen Unterricht über den Nußen der Ceremonien ertheilte. Im nämlichen Aus genblicke fuhr. Huau : toui, Prådent des Striegos Raths des Füriten von Song vorüber , welcher den Confucius und ſeine Lehre haßte.Eine ſchickliche Gelegenheit , ſich deſſelben zu entledigen , wollte er nicht vorüber laufen laſſen , er ging alſo mit dem Så : bel in der Hand ihm entgegen , undwollte ihn todten ; allein Confuciu s wich dem Schlage aus , und 30g ſich mit ſeinen Schülern zurück. Da er nicht ſehr erſchüttert ſchien , ſo drangen ſeine Schüler , welche
nicht ſo viele Feſtigkeit hatten als er ,auf Beſchleuni: gung ihrer Schritte. Confucius ragte ihnen : ,,wenn Tien wegen meiner Tugend mir Schuß gewährte, was kann mir Huan : toui rchaden ? "
Heinl die
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Schüler waren mit dieſer Antwort nicht zufrieden , lies Ben ihn allein , und flohen . Als er zu Tching ankam , hielt er am Eingange
des Stadt - Thores gegen Morgen . Ein Einwohner, welcher ihn ein wenig verlegen fand , aber iibrigens eine gani ungewöhnliche Geſtalt an ihm entdeckte, be: gab ſich ſogleich zu Treikong, und ragte ihnı : Jemand iſt ain Thore gegen Morgen , deſſen Stirne jener von Yao , defien Hals jeriern von Cad é yao , Delien Schultern jenen von Erert chin , und deſſen
Geſtalt beiläufig jener des großen 9 u_ gleichen ; er ſcheint verlegen , und von Furcht ergriffen , wie ein Hund , welcher das Haus ſeines Herrn verloren bat.
Tfekong begab ſich ſogleich an das Thor : als er von ihm berichtet tvorden war. Der Philoſophy er wiederte låchelnd : „ rückſichtlich der Geftalt irrt man fich, was aber den Vergleich mit dem junde betrifft,
fich dem Confucius nåberte , ſagte er ihm , was
ſo giebt es nicht Wahreres.
Auf ſeiner Reife war eröfters in die höchſte Ar: muth verſetzt . Während ſeines Aufenthaltes im Lande I chi ng 493 batte. er einmal 4 Tage nichts zu eſſen . Seine meiſten Schüler wurden durch dieſe Entbehrung krank ; er aber ſchien nicht trauriger zu reyn . Man
hörte ihn lugar mehr fingen , und Inſtrumente ſpies Deßwegen ſagte Treslou , einer reis ner Schüler zu ihm : ſchick es ſich zu ſingen, während
len als ſonſt.
wir vor Entbehrung niederſinken ?'' Confucius
ließ ſich nicht außer Faſſung bringen , rekte rein Ge. fang bis zum Schluſſe fort , und antwortete dann : ich ſage dir , daß der Weiſe die Muſik nur liebt, ura zu große Artigkeit zu unterdrücken ; wer nicht
weiſe iſt , liebt die Muſik nur, um Beſorgniſſe reines Annern zu unterdrücken . Ire : lou war mit dieſer Outwort ſo wenig zu frieden , daß er ſeinen Spieß ergriff, dreimal geſchickt ſchwang, und ſich entfernte.
118 Nachdem ſie fich von dieſem Flende befreit hats ten , fagte ſein Schüler Tre : tong zu ihm ; nur die 2 bis 3 Schüler , welche Ihnen folgten , ſind urſache der Darbung, in welche Sie verſekt wurden, ſie wers den deßwegen dieſelbe nicht vergeſſen;" Er erwieders te : für mich iſt Gewinn , in die Länder Tch in und Trai gekonimen zu ſeyn Was ineine Schüler bes trifft , die mir nachfolgten , ſo erprobt ſich deren Står:
ke nicht ſchöner , als in gefährlichen Gelegenheiten. Wie könnten fie ſonſt wiſſein , daß die Noukommels
beit erſt dann beginnt, wenn inan an Quem Mangel leidet ?
Im Jahre 489 , im dritten Regierungs - Jahre Staaten chin in jene von fras. As Ech ads
des feien Duang, wanderte Confucius aus den
kong, årſt von Tchou erfuhr , daß er ihm ſo nahe ſem , ließ er ibn durch einen ſeiner Beamten einladen, an ſeinen Hof zu komnien. Confucius verfprach ſich dahin zu begeben ; allein die Fürften von Tchin und Tſai widerſetzten ſich aus Heſorgniß , durch die tiefen Stenntniſſe dieſes Philofophen von der Regies rungs - Weiſe möchten ihre Staaten einft erſchüttert werden. Confucius reiſte jedoch ab ; beide Fürſten machten ſich mit Truppen auf den Weg , ihr ju verfolgen, und ſchloſſen ihn in eine Wüſte zwiſchen
trocknen Felien ein , fvo der Philofoph Mangel an Les bensmitteln litt , und wohin Niemand einige bringen durfte. Dieſe åuferfte Grauſamkeit brad)te ihn jedoch nicht von dem Entſchluſſe ab, ſich nach I chou ju bes
geben , und er fand Mittel, den Fürſtendajelbſt die an ihon verùbre Grauſamkeit wiſſen zu laſſen . Dieſer gerieti in einen außerordentlichen Zorn , und ſchickte in ſelsier Befreiung fogieich Truppen ab . Bei ihrer Annånerung gogen ſich die Fürſten zurück , und die
Truppen führten , Confucius, wie im nach ihrem
Lande.
Triumpbe,
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Der Fürſt von schon empfing ihit mit großen
Eiren , und wollte ihm ein Stück Landes ſur unums ſchränkten Herrſchaft übergeben . Allein rein erſter Mis niſter widerſerte ſich auf eine Weiſe, welche dem Cons fucius und ſeinen Schülern hòchſt ehrenvoll war, nämlich daß man durch ſeine Erhebung zum Souves rain außer dem Lande, feine Senntniſſe und guten Rathſchläge im Lande entbehren müſſe. Der Regent folgte dem Rathe ſeines Miniſters und ånderte feine Geſinnung; nach 1 Monaten ſtarb er, und ließ Cons fucius lo hůlflos, daß er dem Spotte Preis gegeben wurde. Vergebens ſuchte er ſich zu rechtfertigen ;Nie: mand hòrte ihn . Er entſchloß fich alſo nach Ouei zurück zu kehren ; allein daſelbſt verweilte er im Jahr 488 nicht lange . Aus der Gewalttlåtigkeit, welche die Fürften von Tchin und Trai an ihm verübten , hoffte er , daß ſeine Lehre daſelbſt gut aufgenommen werden möchte, und wollte deßwegen nach Ech i n fich begeben . So große Achtung auch ſeine Lehre gentof , fo brachte ſie doch keine Veränderung im Reiche bers vor. Die Fürſten blieben ivährend ſeines Aufenthals tes in den Staaten von Ech in g 487 484 eben ſo ehrgeißig als vorher, und unterließen nichts , was ihreit
Untergang beſchleunigen konnte. Da er alſo ſeinen Aufenthalt für živecklos erkannte, ſu kehrte er in das Land Duei zurück . Daſelbſt verweilte Confucius bis zum Jahre 479 , in welchem er mit 63 Lebens - Jahren zum alges meinen Bedauren ſtarb . So große Achtung er im Les ben genoſſen hatte, ſo ſtieg dieſe doch erſt nach ſeinem Tode empor. Die Auszeichnungen , welche er im Les ben verdient hatte, wurden ihm erſt nach dem Tode gezollt. Wie er ſelbſt ein friedlicher und nüchterner Weiſe war , fo wollte er auch alle Menſchen tugends haft und klug machen . Seine Schüler bildeten eine Sekte, deren zablreiche Anhänger fich bis auf unſere
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Cage fortpflanzen , und noch innerhalb der Grants zen des Reiches von China erhalten. Er bemühte
fich den berrſchenden Glauben feines Volkes nicht zu verändern , ſondern nur von deſſen ſchädlichen Aus: tvůchſen ju reinigen . Er erhielt den Glauben der Chineſen an das Loos und an die Wahrſagung , wie
die Verehrung gewiſſer wohlthåtiger Geiſter ,welche die Elemente und verſchiedene Theile der Erde be: wachen . Er prägte ſeinen Zöglingen die Verehrung ihrer Voråltern ſebr nachdrücklich ein ; ebenjo allge:
meine Menſchen Liebe, Gerechtigkeit, Rechtſchaffen : heit und Redlich keit. Er lehrte das Ulter und die Jus gend, die Hohen und Niedrigen im gleichen Grade achteil, er empfahl die Freundſchaft, die Vergebung aller Beleidigungen, der Handel und Ackerbau , und ermunterte zum Eheftande. Seinen durch Stanımtafeln erwieſenen Nachkoms men ſind die erſten Auszeichnungen im Staate begegs net; ju ſeiner Ehre wurde eiy Ochs geſchlachtet , ein
Glied ſeiner Familie wurde erblicher Srai.
WACENIONES
Taſchen Bibliothek der
wichtigſten und intereſſanteſten Reiſen dilech
£ b i na . Herausgegeben V011
Joachim Heinrich Jack, Stönigl. Bibliothekar zu Bamberg.
II. Theil.
1. Bänddien.
Nürnberg. 1830.