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German Pages 322 [324] Year 2021
Bilder in Bewegung
Mimesis
Romanische Literaturen der Welt
Herausgegeben von Ottmar Ette
Band 90
Bilder in Bewegung Ansichten des Bildlichen zwischen Kunst und Wissenschaft Herausgegeben von Patricia Gwozdz, Tobias Kraft und Markus A. Lenz
ISBN 978-3-11-073524-6 e-ISBN (PDF) 978-3-11-073034-0 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-073048-7 ISSN 0178-7489 Library of Congress Control Number: 2021943990 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: jürgen ullrich typosatz, Nördlingen Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com
Inhaltsverzeichnis Patricia A. Gwozdz, Markus A. Lenz und Tobias Kraft Einleitung 1
Bilder der Schrift Wolfgang Asholt «Potsdamer» Bilder der Moderne Der Europa Almanach des Jahres 1925
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Gesine Müller Écritures-image et images-écriture La production de savoir iconotextuelle chez Victor Hugo Markus Messling Mit Barthes: Subjektivität und Universalität
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Patricia A. Gwozdz Id est figura corporis mei Tertullians Korpor(e)alität in der Moderne (Valéry, Michaux, Zürn)
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Cristian Montes Escritura y visualidad en la narrativa del escritor y pintor realista Adolfo Couve 67 Albrecht Buschmann Bilder des Übersetzens Wie Übersetzer allmählich sichtbar werden
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Sergio Ugalde Quintana La filología abierta Movimiento como modelo analítico en la obra de Ottmar Ette
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VI
Inhaltsverzeichnis
Bilder des Urbanen Dieter Ingenschay Santiago Queere Bilder des urbanen Raumes in der chilenischen Narrativik der Gegenwart 123 Vera M. Kutzinski Invisibility, conceptual art, and survival writing in Eduardo Lalo’s Simone 135 Yvette Sánchez Redes y ecosistemas transareales El caso de Medellín 147 Anne Kraume «Desorden, angostura, enredijo y tortuosidad de calles» Urbaner Raum und Zeitlichkeit in fray Servando Teresa de Miers Memorias 159 Joseph Jurt Vitesse et vision. La perception des temporalités et de l’accélération du rythme temporel De Baudelaire á Marinetti 177
Bilder der Reise Claude Coste Voyages de Barthes en Grèce
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Jean-Pierre Dubost « Nous sommes baignés dans un monde muet » La poésie de Francis Ponge, mi-lieu entre Orient et Occident ? Chloé Chaudet et Jean-Marc Moura Mouvement(s) exotique(s) et ekphrasis Sur le primitivisme des avant-gardes
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Inhaltsverzeichnis
VII
Ren Haiyan From the Spectacle to Innocence Play in Friday 229 Bergur Rønne Moberg The Barbarian and the New Geography Accelerated Development and Contemporaneity in Faroese literature Gerson Neumann Brasilianische Lebensbilder Friedrich Gerstäckers Reisen nach Brasilien und seine Fiktion Antonio Andrade Poéticas e imágenes nómadas Viajes translingües en la literatura brasileña
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Caroline Schaumann Von der topographischen Karte zum 360˚ Panoramablick Die Berg-Bilder des Horace-Bénédict de Saussure 269 Hans-Peter Wagner LOST The American Television Series in the Context of Literature and Postmodernist Literary Theory 283
Verzeichnis der Autor*innen Personenregister
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Patricia A. Gwozdz, Markus A. Lenz und Tobias Kraft
Einleitung Am Anfang dieses Buches steht ein Bild, eigentlich eine Karte: Juan de la Cosas Mappamundi aus dem Jahr 1500. Es ist die visuelle Geburtsstunde der europäischen Neuzeit. Alexander von Humboldt rühmte sich in seinem Examen critique, das heute berühmte Portolan des spanischen Seefahrers und Reisegefährten von Christoph Kolumbus 1832 in der Pariser Bibliothek des französischen Naturforschers und Diplomaten Charles-Athanase de Walckenaer wiederentdeckt zu haben. Juan de la Cosa leitet mit dieser vermutlich im andalusischen Puerto de Santa Maria entstandenen «Welttafel»1 visuell und kartographisch jene Phase ein, die Ottmar Ette in seiner für das eigene Werk wegweisenden Studie TransArea als erste Phase beschleunigter Globalisierung bezeichnet hat.2 Es ist kein Zufall, dass wir diese handgezeichnete Wegekarte mit dem Werk des Bewegungstheoretikers und transarealen Literaturwissenschaftlers aus Potsdam in einen fast selbsterklärenden Zusammenhang bringen können. Als Raumprojektionen entstehen die Portolane erst durch und aus der Bewegung im maritimen Raum. Sie kartographieren also nicht den Raum selbst – etwa durch geographische Längen und Breiten –, sondern versinnbildlichen die forschende Bewegung, die den bekannten und imaginierten, aber stets projektierten Raum erst ermöglicht. So entsteht schon um 1500 die prospektive, also voranschreitende und das Kommende imaginierende Bildlichkeit eines Weltbildes, das in den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten eine europäische Weltordnung schaffen sollte. Schon bei Juan de la Cosa selbst, der nach Kolumbus mit Alonso de Ojeda auf Beutezug entlang der venezolanischen Karibikküste ging, ist dieses Weltwissen nicht unschuldig. Die politischen, sozialen, kulturellen und lebensweltlichen Konsequenzen dieser machtvollen Raumdeutung, der immer komplexere Figuren der Bewegung zugrunde liegen, umfasst das wissenschaftliche Deutungsfeld einer programmatischen Romanistik und Komparatistik, wie sie in Ottmar Ettes Werk seit seiner Studie über den kuba-
1 Alexander von Humboldt: Kritische Untersuchungen über die historische Entwickelung der geographischen Kenntnisse von der Neuen Welt und die Fortschritte der nautischen Astronomie in dem 15ten und 16ten Jahrhundert. Aus dem Französischen übersetzt von Ludwig Ideler. Zweiter Band. 3 Bände. Berlin: Nicolai’sche Buchhandlung 1837, S. 121. 2 Ottmar Ette: TransArea. Eine literarische Globalisierungsgeschichte. Berlin, Boston: De Gruyter 2012, S. 8. https://doi.org/10.1515/9783110730340-001
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Abb. 1: Juan de la Cosa, 1500, Pergmanet, 177,0 x 95,5 cm. Museo Naval, Madrid. Quelle: Google Arts & Cultures
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nischen Schrifsteller und Revolutionär José Martí (1991) bis zur Veröffentlichung seiner Potsdamer Vorlesungen in der Reihe Aula (seit 2020) entwickelt wird. Die forschende Arbeit zwischen den Welten – Europa, die Amerikas, Asien und die Frankophonie – ist zweifelsohne zu Ottmar Ettes Markenzeichen geworden. Zu dieser epistemologischen Grundierung von Wissenschaft gehört neben der Arbeit an und mit Texten stets die Frage nach den Erkenntnispotenzialen der Bildlichkeit. Dies teilt Ette mit Alexander von Humboldt – jenem bereits erwähnten Forschungsreisenden aus Preußen. Beide finden den Ursprung ihrer Studien in der Geographie, beide sind leidenschaftliche Reisende zwischen Natur und Kultur, rastlos und in produktiver Unruhe konzentriert auf das Kommende. Bei aller theoretischen Ausdifferenzierung und Konzentration auf das Spezifische von Literatur ist die Ette’sche Kulturanalyse daher stets im Verhältnis auf das Konkrete lesbar. Inselwelten und Insel-Welt, Archipele und transarchipelische Zusammenhänge, Bewegung von Menschen in und zwischen Kulturräumen, Zeichensystemen und Sprachen: Diese Fülle ist immer (auch) aus der Perspektive des Erlebbaren zu entwickeln, vom Menschen ausgehend in seinem Wissen vom Zusammenleben, so prekär dieses Leben sich zuweilen erweisen mag. Das Ette’sche Leitmotiv der Bewegung, im Text wie im Bild, ist als eine Aufforderung zu lesen, sich selbst in Schwung zu bringen, sich zu motivieren und anzutreiben. Und so sind die Impulse dieses Bandes zu lesen, die in Vorbereitung auf Ottmar Ettes 65. Geburtstag entstanden sind. Der Sammelband untersucht in drei unterschiedlichen Sektionen die Schnittstelle zwischen dem Bildlichen und Formen der Bewegung, die Ottmar Ette in zahlreichen Publikationen zu unterschiedlichen Autor*innen untersucht hat: Dort geht es um die Voraussetzungen der Möglichkeit, aus Bewegung unterschiedlichster Natur (ausgehend von Tieren, Pflanzen, Menschen, Landschaften, Städten) Bilder entstehen zu lassen, deren Lektüre in zwei Richtungen erfolgen kann: als Bilder der Bewegung sowie als Bilder in Bewegung. Insbesondere in Ettes bildtheoretischen Ausführungen zu den Manuskripten Alexander von Humboldts wird die erkenntnistheoretische Bedeutsamkeit dieser dynamisierenden Auffassung von Bildlichkeit manifest: In seinen Skizzen und Zeichnungen, in seinen Schriftzügen und Grafismen entwirft Alexander von Humboldt ein «Bewegungs-Bild» des Wissens, eine lebendige Bilder-Welt einer Wissenschaft, in der das Bild nicht einfach in einem Referenzverhältnis zum Text steht oder umgekehrt. [...] Aus der Betrachtung der gesamten Seiten, aber auch den erwähnten netzwerkartigen Verweisstrukturen ergibt sich eine «ikonotextuelle» Schreib- und Zeichenweise, in der Schrift und Bild, die Zahlen und die zahlreichen «Tableaux» seiner Tabellen untrennbar miteinander verbunden sind. Alles ist Wechselwirkung: Dieses Axiom humboldtscher Wissenschaft gilt auch für die «ikonotextuellen» Verzeichnungsformen des Wis-
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sens zwischen Bild und Text, zwischen Zahl und Zeichen, zwischen Grafie, Grafismus und Grafik.3
Doch diese wissenschaftliche Funktion ikonotextueller Wechselwirkung bleibt nicht nur auf den preußischen Forschungsreisenden beschränkt. So hat Ottmar Ette bereits in seiner Habilitation über Roland Barthes, in dessen Werk die Konzepte «figuration» und «figures» entgegen der «représentation» zu wichtigen Grundpfeilern einer Literaturtheorie gehören,4 ein Denken in Figuren entworfen, die zu «LebensZeichen»5 eines Gewebes von Text, Stimme, Körper und Landschaft ausgearbeitet worden sind. Spätestens in Ettes komparatistisch ausgerichtetem Werk Literatur in Bewegung wird das Thema von beweglichen Grenzen durch transareale Reiserouten von Schriftsteller*innen sowohl literaturhistorisch als auch text- und bildtheoretisch von einer Raumtheorie der Literaturen der Welt auf eine Bewegungstheorie ausgeweitet.6 Seitdem bildet das Vektorielle im Denk- und Schreibstil Ottmar Ettes eine wichtige Bezugsgröße, deren epistemologische und ästhetische Variationen verfolgt und konsequent in romanistischen und komparatistischen Forschungskontexten durchdacht und erweitert werden.7 In diesem Sinne versteht sich die Festschrift als eine Hommage an die Vielverbundenheit des philologischen Denkens Ottmar Ettes, das über die eigenen Disziplingrenzen hinaus Wege durch die Literaturen und Philologien der Welt geebnet hat. Die Erste Sektion verhandelt unter dem Titel Bilder der Schrift ikonotextuelle Bezüge, die sich zunächst aus den europäischen Avantgarden in einem neuen kompositionellen Geflecht von Bild und Text paradigmatisch entwickeln. Wolfgang Asholt wählt daher den aufwendig gestalteten und verlegerisch durchdach3 Ottmar Ette: Einführung. Die Bilder-Welten Alexander von Humboldts: Als die Bilder laufen lernten. In: Alexander von Humboldt: Bilder-Welten. Die Zeichnungen aus den amerikanischen Reisetagebüchern.Herausgegeben von Ottmar Ette und Julia Maier. München 2018, S. 9–25, hier S. 21 f. 4 Vgl. Roland Barthes: Le plaisir du texte. Paris: Editions de Seuil 1973, S. 88ff. 5 Vgl. Ottmar Ette: LebensZeichen. Roland Barthes zur Einführung. Hamburg: Junius 2011, und Roland Barthes: Eine intellektuelle Biographie. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1998 (2. Auflage 2007). Außerdem in Fortführung der Barthes-Lektüren vgl. Ettes Lang-Essay Roland Barthes: Landschaften der Theorie. Paderborn: Konstanz University Press 2013. 6 Ottmar Ette: Literatur in Bewegung. Raum und Dynamik grenzüberschreitenden Schreibens in Europa und Amerika. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2001. 7 Vgl. hierzu u. a. die Bände im romanistischen Kontext insbesondere lateinamerikanischer Literaturen in Zusammenarbeit mit Gesine Müller: Ottmar Ette, Gesine Müller (Hg.): Paisajes vitales. Conflictos, catástrofes y convivencias en Centroamérica y el Caribe. Berlin: edition tranvía – Verlag Walter Frey 2014; Ottmar Ette, Gesine Müller (Hg.): Visualisierung, Visibilisierung und Verschriftlichung. Schrift-Bilder und Bild-Schriften im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Berlin: edition tranvía – Verlag Walter Frey 2015, und Ottmar Ette, Gesine Müller (Hg.): Paisajes sumergidos, Paisajes invisibles. Berlin: edition tranvía – Verlag Walter Frey 2015.
Einleitung
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ten Europa-Almanach von 1925, in dem das Wissen von Kunsthistorikern und -kritikern die Konstellation von lyrischen Texten und Malerei zwischen Westeuropa (Frankreich, Deutschland) und russischer Sowjetunion als ein Archipel von unterschiedlichen Avantgarde-Konzepten zusammenbringt. Asholt entwirft mittels seines akribischen Durchgangs durch Mode, Fotografie und Dichtung ein «Europa in Bewegung», in dem das Panorama einer europäischen Gesellschaft der Zukunft langsam aber sicher ästhetisch konturiert und philosophisch reflektiert wird. Anhand seines Romans Les Travailleurs de la Mer und Victor Hugos reger Tätigkeit als Zeichner zwischen den Jahren 1852 und 1870 weist Gesine Müller auf die zentrale Bedeutung ikonotexuteller Bezüge für die diegetische wie poetologische Konzeption dieses Textes hin. Anhand der Verknüpfungen zwischen vom Autor selbst erstellten Illustrationen und seinem Schreiben ergibt sich ein intermediales Beziehungsgeflecht, das – vermittelt über das Medium Papier – ein ästhetisches Wissen sowie eine epistemologische Konfiguration innerhalb der Hugo’schen Ästhetik aufscheinen lässt, welche sich ebenso einer philosophischen wie poetischen Hermeneutik öffnen. Markus Messling widmet seinen Beitrag der Frage nach einer Konzeption von Subjektivität abseits eines rationalistischen Objektivitätsanspruchs und den sich daraus ergebenden emanzipatorischen Möglichkeiten innerhalb der Sprache, wie sie Roland Barthes durch eine vorübergehende Aufgabe ihres Zeichen- und Abbild-Charakters und unter Betonung ihrer frei modellierbaren Körperlichkeit theoretisch fruchtbar machte. Von Barthes’ frühem Text En Grèce bis zu seinem JapanBuch L’empire des signes verfolgt Messling die schreibende Suche nach einer Emanzipation von logozentrischen Ordnungstraditionen entlang eines leeren Zentrums. Diese Suche umkreist ein erneuertes Verständnis von Universalität als noch zu realisierende Möglichkeit des Zusammenlebens. Patricia A. Gwozdz wagt hingegen einen transhistorischen Spagat zwischen Theologie und Literatur, der Tertullians Figuren- und Bildtheorie in den modernen Schreibexperimenten von Paul Valéry, Henri Michaux und Unica Zürn geltend macht. Entgegen einer rein rhetorisch-geometrischen Zeichen- und Schriftkunst, die allein die Artifizialität und Materialität der Signifikanten im Fokus hat, versucht der Beitrag, eine Korpor(e)alität von figura und figuratum anhand des christlichen Sakraments zu konstruieren, das nicht nur ein chiropoetisches Nachleben in Valérys Konzept eines vierten Körpers führt, sondern sich auch in den mystisch-rauschhaften Wirbelsäulen des Meskalins bei Henri Michaux widerspiegelt und in Unica Zürns Tagebuch-Aufzeichnungen Haus der Krankheiten Topographien des Leibes in der Verschränkung von Bild und Schrift entstehen lässt. Cristian Montes portraitiert in seinem Beitrag das künstlerische Werk von Adolfo Couve. Der chilenische Romancier, Kunsthistoriker und Maler entwickelt in sei-
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nen Arbeiten eine Ästhetik des Realismus, die in der Tradition der französischen Kanoniker des 19. Jahrhunderts steht und ebenso Inspiration aus den Darstellungsverfahren der Malerei bezieht. Trotz dieser traditionsbewussten und eindeutig zu klassifizierenden Programmatik lässt sich das Schreiben und gestalterische Werk des 1940 geborenen Künstlers nur schwer auf einen Nenner bringen. Mit den bildlichen Darstellungen von Übersetzern macht Albrecht Buschmann auf eine der wichtigsten und vernachlässigten Forschungsgegenstände der letzten Jahre aufmerksam: die Sichtbarkeit von Übersetzer*innen in den Bildenden Künsten. Ausgehend von einer kulturhistorischen Bestandsaufnahme der nicht darstellbaren «Kopfarbeit» von Autor*innen und Übersetzer*innen geht Buschmann den visuellen Spuren von der Zeit der Conquistadoren und der immanent wichtigen Funktion von La Malinche als Dolmetscherin und Diplomatin bis hin zu Hieronymus und Luther nach, um die kulturelle wie politische Bedeutung von Übersetzer*innen in den Fokus einer noch unerzählten Bildgeschichte zu rücken. Sergio Ugalde Quintana widmet seinen Beitrag dem Geehrten selbst und stellt in einem Parcours durch Ettes Werk die Frage nach dessen «escritura académica». In der für seine Literaturtheorie grundlegenden ÜberLebenswissen-Trilogie entwirft Ette eine Geschichte der romanistischen Philologie (Auerbach, Friedrich, Krauss, Köhler), die hier als Geschichte einer «escritura filológica» gelesen wird. Sie folgt einer eigenständigen ästhetischen Praxis: «filologia como creación». Die ästhetische Praxis des philologischen Schreibens speist sich bei Ette aus iterativen Schwellen- oder Kippfiguren des Übergangs einer Literatur in Bewegung: Transit, Durchquerung, Transformation. Der in zahlreichen Facetten entwickelte Bewegungsbegriff ist begründet in einem «profundo sentido anti-autoritario», einer Dynamisierung und Pluralbildung theoretischer Grundbegriffe (Raum, Literatur, Wissen) oder monolithischer Festlegungen (etwa zur Rezeption von Martí und Alexander von Humboldt). Bewegung ist damit mehr als ein thematischer Zugriff, sondern modelliert literarische und (im weiteren Sinne) ästhetische Formationen, die in Nachfolge von Roland Barthes für das philologische Schreiben stilbildend wirken. So entsteht eine Praxis literaturwissenschaftlicher Textkritik, die ihre zentralen Axiome und Denkfiguren aus ihren Untersuchungsobjekten entwickelt und auf diesem Wege eine implizite Epistemologie des Viellogischen in den Literaturen der Welt herausarbeitet: «Escritura y saber son una misma cosa». Die zweite Sektion Bilder des Urbanen führt schließlich in die bildliche Textur von Großstädten. Unterschiedliche Fragen kreuzen sich auf Umwegen: Wie werden urbane Lebensgewohnheiten in der Literatur dargestellt? Sind Bilder der Großstadt nicht immer schon Bilder der Bewegung und in Bewegung par excellence? Wie verhalten sich Bewegungs- bzw. Raumtheorie zur Bildtheorie
Einleitung
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in Bezug auf urbane Prozesse des ZusammenLebensWissens8 und seiner Darstellbarkeit? Dieter Ingenschay macht den Auftakt mit queeren Bildern des urbanen Raums Santiago de Chiles in dem Werk des chilenischen Autors Pedro Lemebel. Im Close Reading analysiert Ingenschay dezidiert die literarischen Verhandlungen von Räumen, in die sich eine andere Geschichte der Geschlechter einschreibt. Jenseits eines heteronormativ-sexuellen Zentrums werden Lebenswelten der Gay Community im Urbanen erforscht, wobei Ingenschay auch die epistemologische Perspektive des Werks im Hinblick auf «Gentrifizierung von Bellavista und das Anwachsen des globalen Neoliberalismus» geltend macht. Soziale (Un-)Sichtbarkeit, widerständige Konzeptkunst und Schreiben, um zu überleben: das ist die thematische Trias im preisgekrönten Roman Simone des puertoricanisch-, kubanischen Wort- und Bildkünstlers Eduardo Lalo. Vera Kutzinki beleuchtet in ihrem Beitrag die komplexe Beziehung zwischen der Protagonistin Li Chao und Lalos namenlosen Erzähler. Wie alle Ich-Erzähler ist auch der von Lalo unzuverlässig, vor allem wenn er versucht, Li Chaos Kunst auf ihr Leben zu projizieren, was diese vehement ablehnt. Aus der aussichtslosen Lage, selbst vom eigenen Erzähler – wie Lalo Autor und Fotograf – missverstanden zu werden, entwickelt sich ein Panorama stets unzureichender Zuschreibungen im (post-)identitären Zeitalter. Wenn Li Chao erscheint, so in Gestalt einer visuellen Konzeptkünstlerin, deren Kulturbegriff sich weder an den Erwartungen der Privilegierten noch am Konformismus der Unterhaltungsindustrie orientiert. Ihre Sprachmalkunst ist vielmehr «una arma de sobrevivencia», mit der sie als «spectral character» multipler Identitäten ankämpft gegen die ästhetische Indifferenz ihres chinesischen Emigrantenmilieus, gegen die Manie sozialer Zuschreibungen, gegen die ästhetischen Normen des Erzähltextes selbst. Li Chaos Flucht aus den sie beengenden Verhältnissen der Insel lässt, so Kutzinski, Raum für die eigentliche erzählerische Pointe: «for any marginalized artist, creative freedom and intellectual survival require a particular understanding and a strategic use of one’s invisibility». Yvette Sánchez’ Analyse zukunftsweisender Stadträume widmet sich der beeindruckenden Transformation von Medellín. Einst weltberühmt für bedrückende Headlines zu Gewaltexzessen kolumbianischer Drogenkartelle, grassierender Armut und der Korruption politischer Eliten entwickelt sich Medellín heute als lateinamerikanische «smart city» in einem transarealen und transkulturellen Netzwerk urbaner Knotenpunkte, zu denen neben der Hauptstadt Antioquias auch Singapur,
8 Vgl. Ottmar Ette: ZusammenLebenswissen. List, Last und Lust literarischer Konvivenz im globalen Maßstab. Berlin: Kadmos 2010.
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Patricia A. Gwozdz, Markus A. Lenz und Tobias Kraft
Beirut, Chiago, Genf und Nairobi gehören. Dieses Netzwerk organisiert sich in einem innovativen und temporären Forschungsverbund (Pop-up Institute), der auf flachen Hierarchien und synergetischen Kooperationen zwischen Wissenschaft, Kreativ-Szene und Zivilgesellschaft beruht. Als Modellprojekt für urbanen Wandel entsteht hier eine neue Praxis von Forschung und politischer Aktion im Kontext globaler Zukunftsfragen (Migration, Klimawandel, Pandemien, Bürgerrechtsbewegungen). Anne Kraume setzt hingegen wissenschaftshistorische Akzente, die sich in den literarischen Stadtbildern von Fray Servando Teresa de Miers Reisen nach Europa ausformen. Anhand seiner Autobiographie Días del Futuro Pasado stellt sie die miteinander konkurrierenden Pariser und Madrider Städtebilder aus dem Blickwinkel des mexikanischen Gelehrten in detaillierten Analysen zusammen, wobei der Vergleich einzelner Passagen zeigt, wie die Dokumentation der subjektiven Reiseerfahrungen als bezeugte Wahrheit eines authentischen Augenzeugenberichts inszeniert wird. Der Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert kann als Hochphase einer beschleunigten Industrialisierung und Zeit der auch literarisch verarbeiteten Geschwindigkeits-Erfahrungen vor allem im Raum der Großstadt begriffen werden. Eine Beschleunigung des Lebenstempos – bedingt durch neue Produktions- und Fortbewegungsarten – ist eine offensichtliche Tatsache, die sich auch in neuen Arten der Strukturierung und Wahrnehmung von Zeit niederschlägt. Josef Jurt geht anhand von Gedichten Charles Baudelaires und Maxime Du Camps der Frage nach, wie Literatur als diachrone Abfolge von Zeichen diesen Prozess widerspiegelt und selbst als Handlung und Bewegung performativ umsetzt. Die Dritte Sektion entführt die Leser*innen in die Bilder der Reise. Theorien der Bewegung erzeugen dabei stets auch eine Bildtheorie, insofern das Reisen Bewegungsfiguren erschafft, die sich in Körper und Text, d. h. in den Text als Körper und den Körper als Text, einschreiben. Die einzelnen Beiträge eröffnen eine reiche Palette an Begriffen, Theorien und Interpretationen zu einzelnen Autorin*innen, die sich sowohl dem Verhältnis von Bild und Bewegung widmen als auch den Theorie-Komplexen von Insel, Archipel und Fraktal.9 Eine solche archipelische und bewusst fragmentarische Verknüpfung von Leben und Schreiben, Mimesis und Semiosis des reisenden Schriftstellers als emanzipatorische und gelebte Möglichkeit von Subjektivität im Raum der Sprache steht in Claude Costes Artikel zu Roland Barthes’ En Grèce im Zentrum. Die Barthes’sche Antwort der Reise als Performanz von Subjektivität und ihre Um
9 Vgl. Ottmar Ette: WeltFraktale. Wege durch die Literaturen der Welt. Stuttgart 2017.
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wandlung in Text sowie die fruchtbar gemachte Diskrepanz von konkretem Erfahren und imaginierendem Schreiben machen Griechenland und Marokko zu «terres d’aventures», ohne welche die von Barthes theoretisch konzpierten Räume einer Subjektivität jenseits logozentrischer Kontinuität kaum in all ihren Konsequenzen erfasst werden können. Jean-Pierre Dubost untersucht in seinem Beitrag das poetische Werk von Francis Ponge (1899–1988) als «Mi-lieu», als «Zwischen-Ort» zwischen «(fern-) östlichen» und «westlichen» Denktraditionen sowie als wenig beachtete Antwort auf eine frenetisch beschleunigte Umwelt, die während der Corona-Pandemie zu einem unfreiwilligen Stillstand gekommen ist. Dubost zeigt in Ponges Schreiben das spontane Bild der Welt in Bewegung als Bild des Denkens, um daraus Widerstandspunkte und innere Fluchtlinien zu einem sich durch Technologie und Wissenschaft transformierenden, aber auch selbstentfremdeten Subjektiven aufzuspüren. Ponges kurze Prosaskizzen entfalten eine schriftstellerische Praxis, die darauf abzielt, die Welt bildlich-poetisch von aufoktroyierter Fiktion zu entleeren, indem sie die Frage nach einem Wesen inmitten der Welt aufwirft, das zugleich ein Wesen inmitten von Worten ist. Der Frage nach dem Exotismus der Ekphrasis an der Schnittstelle von Literatur und anderen ästhetischen Bereichen, insbesondere der Malerei gehen Chloé Chaudet und Jean-Marc Moura in ihrem Beitrag nach. In den Bildwelten, welche Japonismus und Primitivismus literarisch und künstlerisch verarbeitet haben, entstand ein «Musée Imaginaire», das zu einem vertrauten Element der künstlerischen Moderne geworden ist und dabei die destabilisierende Wirkung «fremder» Kunst reduziert hat. Chaudet und Moura werfen anhand einiger prominenter Beispiele der Bildenden Kunst und Literatur des 20. Jahrhunderts die Frage auf, inwieweit die letzten noch anerkannten positiven Aspekte von Fremdheit und Distanzierung für das 21. Jahrhundert fruchtbar gemacht werden könnten. In einer einfachen Umkehrung okzidentaler Selbstverständlichkeiten gelingt es Haiyan Ren, Daniel Defoes Robinson Crusoe zunächst mit Michel Tourniers Adaptation Vendredi (hier in der englischen Übersetzung Friday) gegen den Strich zu lesen, um beide in den Erkenntnishorizont daoistischer Lebensphilosophie zu stellen. Entscheidend ist das analytische Spiel mit den Prinzipien zichu und gongchu, die Ren mit Blick auf den Defoe’schen Insel-Mythos erläutert als komplexes Verhältnis aus monologischen und dialogischen Lebensweisen. Tourniers Robinsonade führt das historische Motiv insofern weiter, als der Roman die Frage nach Fortsetzung, Kopie oder Abkehr vom zivilisatorischen Projekt der Moderne radikalisiert und im ambivalenten limbes du Pacifique ins absurde Spiel überführt. In dem Beitrag von Ronne Bergur Moberg wird hingegen eine neue Geographie des Literarischen entworfen, dessen Bilderreichtum sich aus den Landschaften der Färöer-Inseln speist. Die Prosa von William Heinesen steht hierbei im Zentrum der
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Analysen, der den Begriff das Barbarischen in seinem essaystischen Werk gebraucht, um seine eigene Lebenskultur aus einer distanzierten Perspektive zu betrachten und zwar nicht als Form einer rückständigen Randerscheinung des westeuropäischen Zentrums, sondern als eine symbolische Figuration neuer soziokulturelle Energien, die eine optimistische Kulturentfaltung im Zeitalter beschleunigter Globalisierung versprechen. Transareal verbindet sich Mobergs Archipel der Barbaren mit den brasilianischen Landschaften und Lebenswelten Friedrich Gerstäckers, dessen literarisches Werk von Gerson Neumann ausführlich kommentiert und literaturgeschichtlich kontextualisiert wird. Neben der biographischen Verortung von dessen Werk als Reisendem zwischen den Kontinenten bespricht Neumann eingehend die brasilianischen Lebensbilder in Gerstäckers Roman Die Colonie. Antonio Andrade führt die translinguale Karte der brasilianischen Literaturen in seiner Analyse nomadischer Poetiken und Bildprogramme fort. Die komparatistische Lektüre so unterschiedlicher Künstler*innen wie Joaquim de Sousa Andrade (Sousândrade), Haroldo de Campos, Douglas Diegues und Josely Vianna Baptista führt Andrade zur Transgression als zentraler Bewegungsfigur translingualer Ästhetiken in Literatur und Film. Zum diskurskritischen Potenzial dieser Bewegungsfigur gehört das Alteritätsdenken europäischer Forschungsreisender und wissenschaftlicher Reiseliteratur ebenso wie die bewusst (soziale, nationale, sprachliche, kulturelle) Grenzen missachtenden (fiktiven und realen) Akteure der hier besprochenen Werke, in deren Motive historische Tiefenschichten gewaltsamer Transgressionen (Sklaverei, Reterritorialisierung, Vertreibung) sichtbar bleiben. Caroline Schaumann rundet die Sektion mit einer wissenschaftshistorischen Vertiefung des Bildlichen anhand der Skizzen von Berglandschaften des Schweizer Naturforschers Horace-Bénédict de Saussures ab. Anhand des ausgewählten visuellen Materials und Saussures wissenschaftlichen Aufzeichnungen verbindet sie Text und Bild zu einer Epistemologie des Bergmassivs, die auch das ästhetische Potenzial von der topographischen Karte bis zum 360 Grad Panoramablick auslotet. Peter Wagner schließt mit seinem postmodernen Entwurf einer kinematographischen Inselwelt, die von der Populärkultur ins akademische Feld gedrungen ist und dort zu neuen Konfigurationen der Literatur-, Erzähl- und Filmtheorie geführt hat: die TV-Serie Lost. Wagner erörtert hier nicht nur das Netzwerk der Erzählvielfalt der Serie, sondern erforscht sie auch in ihren zahlreichen intertextuellen und intermedialen Bezügen von Herman Melvilles The Confidence-Man bis Alice in Wonderland und Jorge Luis Borges’ verzweigten Labyrinthen. So enden die Bilder der Bewegung in bewegten Bildern, die sich auf ihre literarischen Vorbilder beziehen lassen und intermedial zu jenen dynamischen Vernetzungen von
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Bild und Text führen, welche diesen Band sowie das Forschen und Schreiben des durch ihn Geehrten auszeichnen. Die Herausgeber Zwischen Potsdam und Berlin im Mai 2021
Bilder der Schrift
Wolfgang Asholt
«Potsdamer» Bilder der Moderne Der Europa Almanach des Jahres 1925 1925, im Jahr des Locarno-Vertrags, erscheint beim Potsdamer Verlag Gustav Kiepenheuer, der der Romanistik durch Die literarischen Wegbereiter des Neuen Frankreich (1919) von Ernst Robert Curtius verbunden ist, eine «Malerei, Literatur, Musik, Architektur, Plastik, Bühne, Film, Mode» gewidmete Anthologie, als deren Herausgeber Carl Einstein und Paul Westheim zeichnen.1 Die farbige Umschlagzeichnung stammt von Fernand Léger, die eindrucksvolle Titelzeichnung vom Typographen Kurt G. E. Siebert. Die Reihenfolge der Künste ist durchaus auch eine Rangfolge. Durch zahlreiche Illustrationen ist die Malerei der Literatur mehr als ebenbürtig. Beide Herausgeber sind Kunsthistoriker und -kritiker, Paul Westheim gibt seit 1917 (und bis 1933) bei Kiepenheuer Das Kunstblatt, die wohl wichtigste Zeitschrift für Gegenwartskunst heraus, Carl Einstein ist auch als expressionistischer und dadaistischer Schriftsteller bekannt. Wenn beide die Gattung Almanach für die Anthologie wählen, so wirkt das zunächst anachronistisch. Die große Zeit der Musenalmanache in den europäischen Literaturen ist seit mehr als einem Jahrhundert vorüber. Sie greifen damit jedoch auf die Ursprünge der Gattung, die eindrucksvoll bebilderten astronomischen Kalender zurück, die neben astrologischen Prophezeiungen auch Informationen, Anekdoten und Nachrichten anbieten. Es handelt sich also um eine Gattung bei denen die Künste nicht nur aufeinander bezogen sind, sondern sich gegenseitig in Bewegung setzen wollen. Die beiden Herausgeber erklären ihr Programm nicht in einem Eröffnungstext. An dessen Stelle steht ein Jahrmarkt Europa überschriebener und von einer James Ensor-Zeichnung begleiteter Artikel von Hermann Kasack, der bis 1925 Lektor bei Kiepenheuer gewesen war. Schon der erste Satz betont die Bedeutung der Visualisierung: «Man sieht sich die Augen aus dem Kopf: Europa ist eingeschrumpft. Tableau!» (5). Die Herausgeber wollen offensichtlich die acht Künste so komponieren und kollagieren, dass sie aufeinander bezogen werden und zwischen ihnen eine Spannung entsteht, die sie in Bewegung bringen. Dies kann unterschiedliche Formen annehmen, alle gemeinsam bilden den Jahrmarkt Europa, d. h. ein Europa in Bewegung, das sich nicht auf eine exklusive Nationalität oder Kultur festlegen lässt.
1 Carl Einstein und Paul Westheim: Europa-Almanach. Malerei Literatur Musik Architektur Plastik Bühne Film Mode. Ausserdem einige nicht unwichtige Nebenbemerkungen. Potsdam: Gustav Kiepenheuer 1925 (zitiert nach der Neuauflage Leipzig: Gustav Kiepenheuer 1993). Bei Zitaten aus dem Almanach wird die Seitenzahl in Klammern angegeben. https://doi.org/10.1515/9783110730340-002
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Wolfgang Asholt
Für dieses neue/andere Europa, gerade auf dem Hintergrund dessen, was sich wenige Jahre zuvor auf europäischem Boden abgespielt hatte, bietet die europäische Kultur ein Modell des Zusammenlebens. Dabei wird die Spannung insbesondere zwischen den beiden Metropolen Berlin und Paris aufgebaut: es dominieren deutsche und französische Schriftsteller und Künstler. Wirkliche Spannung wird aber erst dadurch gewonnen, dass die junge sowjetische Kunst und Literatur prominent vertreten sind und damit zwei Avantgarde-Konzeptionen, eine auch politisch revolutionäre und eine vor allem künstlerisch radikale, miteinander konfrontiert werden. Hinzu kommen Avantgardisten vielfacher Schattierung aus den west- und osteuropäischen Kulturen, so dass zusätzliche Spannungen aufgebaut werden, die Europa in vielfacher Weise in Bewegung versetzen. Es entsteht eine europäische Konstellation, um nicht von einem «Archipel» zu sprechen. Diesen Bild-Text-Komplexen soll im folgenden an Hand einzelner Konstellationen nachgegangen werden.
1 Mode – Fotografie – Dichtung An der ersten Konstellation, die man mit dem Titel des Gedichtes La mode qui vient à Mme Sonia Delaunay Joseph Delteils,2 eines im Jahr des Almanach ausgeschlossenen Surrealisten, beschreiben kann, nimmt neben den genannten Künsten auch die Bühne teil, denn die Modenschau der Delaunay-Fotos findet auf einem Laufsteg des Claridge in Paris statt, während derer das Delteil-Gedicht rezitiert wird. Mannequins, die Mode, die sie tragen, und das Gedicht befinden sich also in einer Bewegungssituation, die sich noch auf den abgedruckten Standfotos ahnen lässt. Dem Delteil-Gedicht und den Laufsteg-Fotos wird das schon berühmte Simultangedicht von Blaise Cendrars aus dem Jahre 1914 La robe simultané. À Mme Sonia Delaunay vorangestellt, das mit dem Vers beginnt: «Sur la robe elle a un corps»; (206), auf den Delteil zu Anfang seines Gedichtes verweist und in seinen Text collagiert: «désormais, on l’a dit, sur la robe la femme a un corps» (207). In Cendrars Gedicht dominieren Bewegungs-Verben (avancer, creuser, passer, tomber) und vor allem setzt es die mit den für die Delaunay-Mode charakteristischen Farben die Frau und die Mode in Bewegung: «Les couleurs déshabillent par contraste / «Sur la robe elle a un corps» (206). Und der Dichter signiert zum Schluss seinen Text und das Bild des in Bewegung gesetzten entkleideten Körpers, indem er es in den «Bal Bullier» versetzt und als letzte Verse hinzufügt: «Et sur la hanche / La signature du poète» (206). Bild und 2 La mode qui vient à Mme Sonia Delaunay, S. 207–210. Die definitive Version-des Gedichtes findet sich unter dem Titel Hymne à la robe future als Teil des Delteil-Dossiers der Zeitschrift Europe, Nr. 1075/76 (Nov-Dez. 2018), S. 110–114. Kleinere Fehler im Europa-Almanach-Abdruck habe ich korrigiert.
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Gedicht sind also derart in Bewegung, dass die (unter)schreibende Hand des Dichters mit der Hüfte eins wird. Das Motiv der Bewegung wird von Deteil im ersten Vers seines Gedichts mit der Mode gleichgesetzt: «La mode […] me rythme la langue et je me sens transporté dans son cours» (207). Die «récitation poétique» begleitet die Modenschau als «Moderation» und vergleicht sie am Ende des Moderations-Gedichts, indem Frauen und Farben simultan in eins gesetzt werden, mit der Bewegung als solcher: «Celles qui sont un mouvement, un orbe et une révolution». Die Mode mit ihren Kleidern wird zum Abbild der Welt in Bewegung: «Mais elle commence en plein ciel et se mêle aux mouvements astraux […] Tout en nous est vibration, attractions et gravitations» (210). Wenn das Gedicht mit den Versen endet: «Le rythme essentiel / La danse / La danse a commencé depuis un moment / Pour un peu elle s’enfle, englobe / Hommes et étoffes, et couvre la voix» (210), dann wird deutlich, dass die Bewegung als ästhetisches Zentrum der «Robe simultané» und des Simultangedichtes mit dem Leben gleichzusetzen ist; die «Bewegung» be/überdeckt sogar die Stimme (des Dichters). Bei Delteil wird diese Bewegung mit immer neuen Bildern evoziert, es entsteht eine wahre Bewegungswelt in allen Bereichen des Lebens, deren Ausdruck die omnipräsente Mode ist. Bei Cendrars hingegen, unterstrichen durch die Unterschrift des Dichters auf der Hüfte der Frau (und des Kleides) wird das Gedicht selbst zur Bewegung. Mit dem «Sur la robe elle a un corps» lässt das mit dem Gedicht gleichzusetzende vielfarbene Kleid den Körper in Bewegung und als Bewegung sichtbar werden. Im Sinne der Simultan-Ästhetik verschmelzen beide zu einer einzigen Bewegung. Es entstehen weniger Bilder in Bewegung als dass die Bewegung ein vielfältiges und vielfarbiges Bild wird. Im Kontext eines Europa Almanachs wird ein solches Bild damit zu einem der modernen Bilder Europas.
2 Raum und Bewegung: Konstruktivismus – Suprematismus – Proun El Lissitzky bietet in seinem Essay K. und Pangeometrie (103–113) ein Resümee der Entwicklung der Raumvorstellung in der Kunst, vom planmetrischen über den perspektivischen und den irrationalen zum imaginären Raum, wobei die Relativitätstheorie für ihn zeigt, dass die «Maßstäbe des Raumes und der Zeit von der Bewegung der betreffenden Systeme abhängig sind» (109).3 Illustriert wird dies von
3 El Lissitzky (Lasar Morduchowitsch) entwickelt in der ersten Hälfte der 1920er Jahre seine ProunInstallationen und Kompositionen. Von 1921 bis 1925 lebt er in Deutschland und der Schweiz.
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eigenen Skizzen, Gemälden von Picasso, Severini, Tatlin und Malevitch, Flugbildund Muschel-Aufnahmen sowie eigenen Rotations-Installationen, denen die Bewegung schon eingeschrieben ist und die das «Sehvermögen» erweitern sollen. Für El Lisstzky wird die Bewegung zum zentralen Movens der Kunstentwicklung seit der Jahrhundertwende, von der «naturalistischen» Bewegung bei den Künstlern des (italienischen) Futurismus, vor allem Boccioni: «Körper werden in Bewegung durch Kräfte gebracht» (110), bis zu den russischen Avantgardisten: «Tatlin und die Konstruktivisten in Moskau haben die Bewegung symbolisiert» (110). El Lissitzky verweist auf das «Denkmal der III. Internationale». Ziel ist die Öffnung der Kunst auf die 3. und 4. Dimensionale, den «imaginären Raum» (111). Einen ersten Schritt, «um die Aufgaben der dynamischen G. [Gestaltung] durch die wirkliche Bewegung zu realisieren» (111), ist der Film à la Eggeling oder Richter, das Ziel El Lissytzkys sind Elementarkörper, die «in Bewegung gebracht einen ganz neuen Gegenstand, das heißt einen neuen Raumausdruck» (111) erzeugen. Dazu verweist er auf die Fotografien seiner «Rotationskörper», was die Illustrationen allerdings nur unvollkommen illustrieren können. Ziel ist «die Vernichtung des alten K.begriffes [Kunstbegriffs] der Monumentalität», «monumental ist für uns nicht das Werk […] sondern die immer stehende menschliche Leistungsexpansion» (113). Damit vertritt El Lissitzky die Konzeption einer radikalen Avantgarde, die wie die russisch-sowjetischen Konstruktivisten mit einer solchen künstlerischen Leistungsexpansion das gesellschaftliche Leben transformieren will; zu Anfang hat er, George Grosz zitierend, die Frage, «Ob man daher meine Arbeit K. nennt», davon abhängig gemacht, «ob man glaubt, daß die Zukunft der arbeitenden Klasse gehört» (103). Lissitzky vertritt also eine Avantgarde, die sich in ihrer Radikalität der Bewegung und Veränderung der politisch-sozialen für ebenbürtig hält. El Lissitzkys Essay beginnt mit einem «Glaubensbekenntnis»: «In der Zeit zwischen 1918–21 wurde viel alter Krams zerstört. Auch in Rußland haben wir die K. von ihrem heiligen Thron gerissen «und auf ihren Altar gespuckt» (Malewitsch 1915)» (103). Wenn El Lisstzky dies anschließend durch Dada-Zürich bestätigt sieht, so ist deutlich, dass die Kunst nicht «ernst genommen» werden darf, vielmehr soll mit ihr Schluss gemacht werden. Der ersten Seite von El Lissitzkys «Pangeometrie» gegenübergestellt ist ein Aquarell Otto Muellers (102) mit einer für ihn typischen Szene eines jungen, schmalen und nackten Mädchens in einem lichten Wald. Damit verweisen zwei entgegengesetzte Konzeptionen der «Avantgarde» aufeinander: die des extrem subjektiven Lebensgefühls und jene der konstruktivistischen Materialität, aber auch zwei Einstellungen der Kunst gegenüber. Auch wenn das Aquarell mit seiner expressionistischen Ästhetik seinerzeit provoziert, beansprucht es doch deutlich als Kunst wahrgenommen zu werden, eine Kunst, die El Lissitzky zumindest proklamatorisch ablehnt. Somit entsteht eine von den Herausgebern wohl intendierte Kontiguitätskonstellation, bei der das Aquarell
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der von El Lissitzky propagierten «Zerstörung» der Kunst widerspricht, und umgekehrt der russische Konstruktivist und Suprematist diesen nicht ganz so «alten Krams» zerstören müsste. Von einem «neuen Raumausdruck» (111) wie bei El Lissitzky ist bei Mueller nichts zu spüren, und wenn es in seinem Aquarell eine «Bewegung» gibt, so ist es jene der Haltung des jungen Mädchens, die der «Bewegung» der sich biegenden Bäume ähnelt. Die avantgardistische Proun-Kunst El Lissitzkys, die mit ihrer «amateriellen Materialität» (113) zur «menschlichen Leistungsexpansion» beitragen will, wird also durch Muellers Ästhetik kommentiert und infrage gestellt, einer Ästhetik, der El Lissitzky, wie jener der italienischen Futuristen vorwerfen würde, «naturalistischer Art» (110) zu sein ist. El Lissitzkys Essay und die Foto-«Illustrationen» seiner Werke als Ausdruck der «Vernichtung des alten K.begriffes» (112) korrespondieren nicht nur mit Muellers Aquarell, ihr Ort im Europa Almanach entspricht dem, was er mit seinen Rotationskörpern erreichen will: «Die Bewegung ist hier […] ein Bestandteil in dem Gesamtkomplex der Elemente» (112), d. h. der Elemente des Almanachs. Dank dieser Struktur gelingt es dem Werk, unterschiedliche Konzeptionen von Kunst in Bewegung zu bringen und diese damit als ein Merkmal Europas und seiner Kultur zu privilegieren.
3 Architekturwende und die Gesellschaft von morgen? Während das Bauhaus im Almanach nur mit Malern auftaucht (Feininger, Kandinsky, Klee), ist die «avantgardistische» Architektur mit drei ihrer prominenten europäischen Protagonisten vertreten, den «Bekenntnissen eines Architekten» (18–20) des de Stijl-nahen J.J.P. Oud und Essays von Amédée Ozenfant und Le Corbusier (Charles-Edouard Jeanneret). Beide haben 1918 ihr Manifest Après le Cubisme veröffentlicht, in dem sie einen antidekorativen Purismus propagieren. Beide sind auch als Maler und Essayisten hervorgetreten, was vielleicht ihre Präsenz im Almanach erklärt. Vor allem aber erhebt die Architektur den Anspruch als Gesamtkunstwerk alle Künste zu repräsentieren. Beide verfassen gemeinsam in ihrer Zeitschrift L’Esprit nouveau Artikel zu Architektur und Kunst, doch als ihre Beiträge im Europa Almanach erscheinen, hat ihre Kooperation ebenso wie die Zeitschrift ein Ende gefunden. Ozenfant steuert im Almanach einen Artikel zu Kunst, Wissenschaft und [der] Gesellschaft von morgen (192–205) bei, der davon ausgeht, «Die wissenschaftliche Zivilisation hat uns ein neues Hirn geschaffen, dass immer mehr die intellektuellen Genüsse schätzen wird» (203), was zur Folge hat: «Aus dieser Vervollkommnung allein kann das beste, neue Werk hervorgehen» (204). Diesen Ansprüchen entsprechend oder auf sie anspielend sind dem Essay eine Zeichnung Feiningers und eine
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Lithographie Picassos beigegeben, allerdings auch eine Radierung des Expressionisten Ludwig Meidner, ein Stillleben seines Purismus-Kollegen Jeanneret-Le Corbusier und eine seiner Zeichnungen. Die Feininger- und Picasso-Werke können als ein ironischer Kommentar des großen Vertrauens in die technisch-zivilisatorische Fortschrittlichkeit der Kunst verstanden werden: Feiningers Zeichnung trägt den Titel Aufruhr, dessen «revolutionärer» Anspruch wiederum ironisch gebrochen wird, und Picassos Werk stammt aus der «Harlekin»-Serie des Jahres 1923, dessen melancholischer Blick auch dem rationalistischen Purismus Ozenfants gelten kann. Die soziale Dimension spielt bei Ozenfant praktisch keine Rolle, und der Picasso-Harlekin stellt das Vertrauen in die rationale Beherrschbarkeit infrage: «Man ändert sie [die Maschinen], man vervollkommnet sie» (204).4 Vor allem aber dementiert der zeichnerische «Klassizismus» der Federzeichnung Ozenenfants mit ihrem extremen «Purismus» seine eigenen Ansprüche, sowohl im Vergleich mit Feininger und Picasso als auch mit dem Stillleben, vor allem aber in Hinblick auf die «physiologischen Mittel» (201), die Meisterwerke garantieren sollen. Während Ozentfant eine Kunsttheorie entwickelt, präsentiert sein Compagnon Le Corbusier, der 1923 Vers une architecture veröffentlicht hatte, die «Architekturwende» (163–167).5 Sein Aufsatz wird durch vier eigene «Studien einer zeitgenössischen Stadt» erläutert, die durch eine Zeichnung Moise Kislings ergänzt und kommentiert werden. In Übereinstimmung mit dem Purismus lehnt Le Corbusier jede «dekorative Kunst» (166) in der Architektur ab: «Zweckmäßigkeit ist heute die Lösung». Diese Zweckmäßigkeit dominiert sowohl die Herstellungsmethoden wie auch die Struktur der modernen Stadt. «So lange die Industrie nicht das Baugewerbe in die Hand nimmt […] bleibt der ideale Städtebau eine Utopie», gefordert wird deshalb, die «industriellen Stadteile» (165) in Serie herzustellen, um zur «mustergültigen Vollendung» (167) zu gelangen. Das Resultat soll dem Parthenon entsprechen.6 Davon lassen die «Ansichten» der «Studien» nur wenig erahnen. Es handelt sich um die bekannten Skizzen einer funktionalen Stadt aus vielgeschossigen «Wohnfabriken» und Arbeitstürmen, die von vielspurigen wirklich «großen Verkehrsadern» gegliedert und getrennt werden. Die «Ansichten» visualisieren den im Herbstsalon 1922 vorgestellten Plan de la Ville Contemporaine
4 Es soll nicht verschwiegen werden, dass Ozenfant die Entdeckung des Unbewussten berücksichtigt: «Man muß unseren Geist, diesen Ingenieur an der Vollendung der geheimen Maschine, unserem Unterbewußtsein mitarbeiten lassen» (204). 5 Zu Le Corbusier: Christine Boyer: Le Corbusier, Homme de Lettres. New York: Princeton Architectural Press 2011. 6 1911 entdeckt Le Corbusier die Akropolis, die für seine Architektur-Konzeption die ideale Referenz bildet: siehe Turit Fröbe: Die Inszenierung eines Mythos. Le Corbusier und die Akropolis. Gütersloh/Berlin: Bauverlag 2017.
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pour trois millions habitants. Für Le Corbusier führt die Zweckmäßigkeit dank der seriellen Standardisierung zum Modell für die ideale zeitgenössische Stadt im Weltmaßstab, koordiniert durch den «Völkerbund, dessen Aufgabe es ist, die Energien unserer Erde zu ordnen und zu leiten» (165). Damit geht Le Corbusier ohne Zweifel viel weiter als die Bauhaus-Architektur oder die Mustersiedlungen der 1920er Jahre. Er sieht in der Serialisierung und der daraus resultierenden Industrialisierung den «Wendepunkt für die Architektur, an dem wir stehen» (167). Dieser Schlussperspektive des Essays folgt unmittelbar auf der gleichen Seite die erwähnte Kisling-Zeichnung, die ursprünglich dem Gedichtband mit dem Titel A (1924) des polnischen Avantgardisten Tadeusz Peiper beigegeben wurde. Positionell in Hinblick auf den Le Corbusier-Essay insgesamt, aber ebenso als zeichnerisches Gegenstück zu den Le Corbusier «Ansichten», soll Kisling offensichtlich die avantgardistische Architektur kommentieren, wobei Kisling, auch dank Cendrars, der im Almanach ja vertreten ist (s. o.), zumindest in einem erweiterten Avantgarde-Kontext anzusiedeln ist. Im Stile der Illustrationen, die Kisling 1916 für Cendras’ Gedichtplakette La Guerre au Luxemburg gezeichnet hatte, zeigt die Kisling-Radierung ein provenzalisches Dorf am Meer, mit kleinen, um eine Kirche gedrängten Häusern, einem Leuchtturm, dem Meer und einem Segelboot. Also dem absoluten Gegensatz der Le Corbusier-Ästhetik einer «zeitgenössischen Stadt», bis hin zum Vogel am Himmel der Radierung, der mit dem Flugzeug auf der gegenüberliegenden Le Corbusier Zeichnung korrespondiert. Die Kritik an der Architektur-Avantgarde verbindet sich dank der Zeichnungen direkt mit der essayistischen, teilweise schon manifestatorischen Darstellung deren Projekts. Die Bilder setzen sich also nicht nur gegenseitig in Bewegung, Kislings Radierung stellt das Architektur-Projekt in einer Weise und auf einer Ebene in Frage und in Bewegung, auf die der programmatische Text keine Antwort geben kann.
4 Licht. Farbe. Bewegte Bilder. Objekt-Schauspiel Den wichtigsten und umfangreichsten Beitrag zum Almanach steuert Fernand Léger mit seiner Conférence über die Schaubühne (119–132) bei. Es handelt sich um einen Vortrag in der Sorbonne (Mai 1924), der in den September- und Oktober-Heften des Effort moderne unter dem Titel Le Spectacle. Lumière. Couleur. Image mobile. ObjetSpectacle erscheint. Der französische Titel wird dem umfassenden Anliegen des Essays gerechter, der deutsche verweist deutlicher auf Kasacks Eröffnungsbeitrag Jahrmarkt Europa. Wo Kasack kritisch vom «Panoptikum Europa» (6) spricht, sieht Léger in Europa eine «Schaubühne». Für Kasack gilt: «Schauplatz Europa wird ein Jahrmarkt» (6). Légers «Schaubühne» ist auf der Höhe der Zeit und ihrer technischen und medialen Möglichkeiten. Sie entspricht damit auch einem tiefgreifenden Wan-
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del im Verhältnis zur Welt, wie Léger mit seinem ersten Satz konstatiert: «Das der alltäglichen Augenwelt zugewendete Schauen ist zu einem Grundbedürfnis des Daseins geworden. Unser ganzes Leben ist in die enge Beziehung zum Schaubildhaften geraten» (119). Damit ist (fast) ein medialer Epistemewechsel im Sinne eines iconic turns verbunden: «Das Auge beherrscht als übergeordnetes, verantwortungsvolles Organ mehr denn je das gesamte Individuum» (119). Für Leger geht mit dieser generellen Visualisierungstendenz die Erwartung des Publikums auf eine generelle Beschleunigung einher, die eine rasche Abfolge der «Schaubilder» bedingt und die «Gegenstände und Menschen […] unter die Lupe nimmt» (121). Dieser Erwartung entsprechen moderne «Schau-Bühnen». «Singspiele [wohl Café-Concerts], Zirkusse, Revuen, Balletttänze, Volksfeste, mondäne Veranstaltungen geben den Boden der Zerstreuung ab» (124): mit kurzen Szenen und Auftritten antworten sie auf die Zerstreuungserwartung und fördern sie zugleich. Wie bei vielen Spektakeln (Légers Haupt-Titel) der Avantgarde handelt es sich um performative Inszenierungen des Augenblicks. Für Léger wird diese Form des Spektakels das Theater revolutionieren und das erste erfolgreiche Beispiel für ein solches Theater auf der Höhe seiner Zeit erblickt er in den Ballets suédois von Rolf de Maré, «der als erster in Frankreich den Mut zu einem Schauspiel aufgebracht hat, wo alles kunstvolle Machination und Spiel der Lichter ist, wo keine einzige menschliche Silhouette sich auf der Bühne befindet» (127). Léger hatte 1923 für die Inszenierung von Milhauds La Création du monde durch de Maré das Bühnenbild und die Kostüme verantwortet. Aus dem zeitgenössischen Film (Abel Gance, Jean Epstein, Marcel l’Herbier) und den «Schau-Bühnen» (126) zieht Léger die Konsequenzen: «Genug der Literatur, das Publikum ist ihrer überdrüssig» (128) und «Alles ist plastisch geworden, das Bild allein wirkt auf den Zuschauer» (129).7 Zumindest Léger formuliert damit deutlich die Relativierung der Literatur angesichts der neuen Visualisierungsmöglichkeiten. Doch diese Omnipräsenz der plastischen Bewegung im Alltag bedarf der Orchestrierung: «Wir müssen das […] gesamte äußere Schauspiel organisieren. Es gilt nicht mehr und nicht weniger, als die ‹polychrome› Architektur zu schaffen» (131). Damit befindet sich Léger in Übereinstimmung mit der Architektur-Avantgarde. Wie die Bauhaus-Ästhetik, aber auch wie Le Corbusier oder Ozenfant, konstatiert er: «Farbe und Licht sind eine soziale Funktion, eine notwendige Funktion» (132). Dem entspricht die Forderung, die der Titel des anderen Leger-Essays formuliert: «Sehr aktuell sein» (13–16) und mit zwei seiner Zeichnungen illustriert. Damit widerspricht Léger aber auch dem ironischen Zynismus Kasacks «Den Jahrmarkt Europa aufgebufft! […] Die Karussels be7 Damit vertritt Léger (bewußt?) eine Gegenposition zu der Abwertung des Bildes und des Sehens in der französischen Philosophie seiner Zeit (Bergson) und während des ganzen 20. Jahrhunderts. Siehe Martin Jay: Downcast Eyes. The Denigration of Vision in Twentieth-Century French Thought. Berkeley: California UP 1993.
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malt! […] Simultanität! Simultanität!» (6). Während zwei Cocteau-Zeichnungen und Feiningers Variété Légers Essay visualisieren, bleiben die Gründe für dessen Illustration mit den Architektur-Skizzen zu Hugo Härings Gut Garkau, Otto Dix’ Klemperer-Lithographie oder José de Togores’ Zeichnung einer liegenden Frau rätselhaft. Légers Essay besitzt auch insofern eine zentrale Funktion für den Almanach, als er versucht zu verstehen, was sich mit den unkoordinierten Bewegungen des Jahrmarkts Europa vorbereitet: eine andere Wahrnehmung und damit ein anderes Verständnis der modernen Welt. Es ist nicht nur eine Welt in (immer schnellerer) Bewegung, es ist auch eine Welt die von visuellen Medien immer stärker geprägt wird und die deshalb die Prioritäten der Wahrnehmung verändert. Léger kündigt die Dominanz der visuellen Medien an, die in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts unübersehbar wird. Auch wenn der Eingangs-Essay von Kasack und der Europa. Zeichnung eines Irren betitelte Totem-Schild am Ende des Almanachs (274) ein Europa-Bild zeichnen, dessen Bewegungen unkoordiniert und bedrohlich wirken: Der Almanach ist eine Komposition von Europa-Bildern, die in seiner Zeit ihresgleichen sucht. Aus den Bildern von einem Teil der wichtigsten europäischen Künstler, aber auch von heute vergessenen, und aus den Texten der europäischen Avantgarde und Moderne, bei denen jene von Deutschen und Franzosen (teilweise in der Originalsprache) dominieren, resultiert das Bild eines Europa in Bewegung. Europa ist aber nicht nur wegen seiner kulturellen Vielfalt in Bewegung. Diese Bewegung kann einerseits die eines Jahrmarkts, oder, vielleicht wirklich gefährlich, die eines «Irren» sein. Es kann aber auch jene der Organisation und Gestaltung der Bilder sein, die Léger postuliert. Manchmal scheint es so, als ob dies der Definition des Bildes von Pierre Reverdy, der mit drei Texten vertreten ist, und die für die Konzeption der surrealistischen Bilder im gerade erschienenen Manifest von Breton wichtig ist, entspricht: «L’image est une création pure de l’esprit […] Plus les rapports des deux réalités seront lointains et justes. Plus l’image sera forte – plus elle aura de puissance émotive et de réalité poétique.»8 Wenn die beiden Realitäten des poetischen Bildes von Reverdy auf die Collage eines literarischen Textes und eines Bild-Kunstwerks übertragen werden, so soll aus deren Zusammenwirken die besonders intensive Wirkung der poetisch-künstlerischen des Almanachs resultieren. Freilich gilt die Reverdysche These von der emotional-künstlerischen Produktivität dank der Annäherung zweier möglichst weit entfernter Realitäten, im Falle des Almanachs zwischen Bildern und Texten, allenfalls für einen Teil von ihnen. Während aus der Beziehung zwischen den «Richtern» des Ensor-Gemäldes und
8 Pierre Reverdy: L’Image (1918). In: ders: Nord-Sud, Self Defense et autres écrits sur l’Art et la Poésie, Paris: Flammarion 1975, S. 73.
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dem Zustand Europas ein starkes und kritisches Bild des Kontinents resultiert, gibt es nicht wenige «Kombinationen», bei denen die Bilder oder Fotografien rein illustrativen Charakter haben: etwa das Foto einer von ihm gebauten Siedlung, dass die Bekenntnisse eines Architekten von J.J.P. Oud illustriert (1), die eigenen «Rotationsinstallationen» (111 und 112), die El Lissitzkys Essay K. und Pangeometrie begleiten oder die Utrillo-Gemälde (235 und 236), die Carl Einsteins «Utrillo»-Portrait besser verstehen lassen. Es gelingt den beiden Herausgebern jedoch, zwischen den einzelnen Bildern und zwischen den einzelnen Texten, vor allem aber zwischen Bildern und Texten eine Spannung entstehen zu lassen, aus der das entsteht, was Léger für seine «Schau-bühne» erreichen möchte: «eine neue, unerwartete Welt tut sich vor unseren Blicken auf […] wir richten die Augen auf ein Schauspiel, das wir nie zuvor gesehen haben» (126). Der Potsdamer Europa Almanach gestattet, dieses Mitte der 1920er Jahre mögliche Bild eines Europa in Bewegung zu sehen. Der Potsdamer Almanach ruft allerdings auch in Erinnerung, wie gefährdet ein Europa des Zusammenlebenswissens stets ist.
Abb. 1: «Umschlagzeichnung von Fernand Léger – Paris»
Gesine Müller
Écritures-image et images-écriture La production de savoir iconotextuelle chez Victor Hugo
Introduction « Alles ist Wechselwirkung », « tout est interaction » :1 lorsqu’Ottmar Ette met en rapport ces mots d’Alexander von Humboldt aux écritures-images et images-écriture du journal tenu par l’explorateur lors de son voyage aux Amériques,2 il renvoie surtout à l’interaction entre conception artistique et production de savoir, qui caractérise les stratégies de visualisation et de visibilisation de Humboldt et donne un aperçu des constructions théoriques comme épistémologiques sous-jacentes. C’est à cette corrélation que les réflexions suivantes souhaitent se consacrer à l’exemple de Victor Hugo qui, entre 1852 et 1870, parallèlement à son œuvre littéraire monumental, produisit quelque 3000 dessins de différents genres et techniques. Les plus remarquables sont sans doute les dessins à l’encre, que Hugo se plaisait à exécuter pendant les entractes de son processus de création littéraire et qui ont d’ailleurs bénéficié récemment d’un regain d’attention.3 Dans notre perspective, il est intéressant de remarquer que Victor Hugo emploie le même matériel pour ces dessins que pour l’écriture. L’encre et la plume deviennent les doubles médias de sa vision du monde. Les deux pratiques, dessin et écriture, ne se côtoient pas sans interférence : elles sont liées dans un échange synergétique.4
1 Alexander von Humboldt : Reise auf dem Río Magdalena, durch die Anden und Mexiko. Éd. Margot Faak, t. 1. Berlin : Akademie-Verlag 1986, p. 358. 2 Ottmar Ette : Bild-Schrift, Schrift-Bild, Hand-Schrift. Zur Kunst der Sichtbarmachung in Alexander von Humboldts « Amerikanischen Reisetagebüchern ». In : Ottmar Ette / Gesine Müller (éds.) : Visualisierung, Visibilisierung und Verschriftlichung. Schrift-Bilder und Bild-Schriften im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Berlin: edition tranvía – Verlag Walter Frey 2015, pp. 11–64, ici p. 51 ; Ottmar Ette : Alexander von Humboldt und die Globalisierung: das Mobile des Wissens. Berlin : Suhrkamp 2019, pp. 387–391. 3 Le musée Léopold de Vienne (Autriche) a consacré une exposition aux dessins à l’encre de Hugo, intitulée « Victor Hugo. Le romantique noir » (17.11.2017–15.01.2018). Le catalogue est paru aux éditions de la Buchhandlung Walther König à Cologne. 4 Cf. également mon essai sur le paysage chez Victor Hugo, qui suit en partie une argumentation similaire (Gesine Müller : Visualisierung und Verschriftlichung: Landschaft bei Victor Hugo. In : Ottmar Ette / Gesine Müller (éds.) : Visualisierung, Visibilisierung und Verschriftlichung, pp. 171– 185). Je tiens à remercier André Weber pour ses remarques déterminantes sur le sujet. https://doi.org/10.1515/9783110730340-003
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Il s’agit par conséquent d’examiner en quelle mesure il émerge de la démarche véritablement intermédiale de Victor Hugo une esthétique romantique innovante, dont le domaine de référence favori de l’étendue géographique, de la distance historique et de la profondeur métaphysique dépasse et amplifie de manière féconde les limites de la représentation et de la mimesis aristotélicienne traditionnelle. Une approche qui conjugue la représentation médiale dans la mise en tension du texte et de l’image avec la question de la production de savoir esthétique, comme nous l’envisageons ici à l’exemple de Victor Hugo, se doit d’analyser les modalités de perception et de représentation de la combinaison complexe du texte et de l’image dans son interaction dynamique, de les rendre fructueuses pour les études culturelles et littéraires et de les mettre en relation avec les configurations épistémologiques et esthétiques contemporaines. Nous considérons qu’il a en ce sens une lacune de la recherche concernant le poète et dessinateur Hugo ; l’objectif de cette étude est donc de présenter les pistes d’une nouvelle réception iconotextuelle5 de Victor Hugo, semblable à celle qu’Ottmar Ette a entreprise de manière convaincante pour les « Journaux de voyage américains » d’Alexander von Humboldt.6 C’est au moyen de procédés iconotextuels, telle est notre thèse, que Victor Hugo réussit avec génie à mettre en œuvre artistiquement son postulat d’une poésie qui doit saisir la réalité dans sa totalité protéiforme, en se démarquant clairement de l’idéal classique de la poesis ut pictura et en dépassant simultanément les ordres esthétiques et épistémologiques de son temps. Quelle stratégie esthétique Hugo développe-t-il concrètement pour dépasser les limites de la représentation et pour visualiser de manière littéraire le mystérieux invisible ? Je me consacrerai tout d’abord au dessinateur Victor Hugo et à la matérialité de son activité artistique avant d’aborder le cœur de mon analyse : l’examen de quatre exemples de représentations imagées dans Les Travailleurs de la mer, roman que Hugo écrivit pendant son exil à Guernesey et publia en 1866.
Hugo dessinateur Si le dramaturge et romancier est bien plus célèbre que l’artiste peintre et dessinateur Victor Hugo, ce dernier a pourtant fait l’objet de nombreux travaux universitaires s’étendant de la première moitié du XIXe siècle jusqu’à nos jours. Théophile 5 Au sujet du concept d’iconotextualité, voir Peter Wagner : Introduction: Ekphrasis, Iconotexts, and Intermediality – the State(s) of the Art(s). In : Peter Wagner (éd.) : Icons – Texts – Iconotexts. Essays on Ekphrasis and Intermediality. Berlin : De Gruyter 1996, pp. 1–40. 6 Voir Ottmar Ette : Bild-Schrift, Schrift-Bild, Hand-Schrift.
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Gautier fit par exemple paraître dans La Presse du 27 juin 1838 le tout premier commentaire concernant « Victor Hugo dessinateur ».7 Si dans la plupart des cas nous lisons des analyses très édifiantes de ses dessins – par exemple celles de Pierre Georgel, dont les études approfondies, les commentaires et les catalogues d’exposition sur l’œuvre graphique de Hugo appartiennent depuis longtemps aux classiques –, elles ne traitent généralement que très superficiellement, voire omettent tout à fait leurs liens avec le médium de l’écriture et les conséquences esthétiques qui en résultent.8 Pour Hugo, la peinture et le dessin se situent pourtant dans un rapport d’équivalence à l’écriture. La page blanche est le point de départ d’un double processus créatif de l’artiste, celui du texte et celui de l’image. L’un et l’autre s’influencent : l’écriture ne précède pas toujours le dessin, il en va parfois inversement, parfois encore, les deux s’accomplissent simultanément. Ce ne sont finalement que deux médias différents pour exprimer une seule et même énergie créatrice.9 S’ajoute à cela que dans les dessins à l’encre étudiés ici, Hugo emploie les mêmes instruments pour les mots et la représentation graphique : « Ce sont les mêmes outils et les mêmes supports que Victor Hugo utilise pour écrire et dessiner […] parce ce que […] ce sont là les instruments de sa ‘vision du monde’, le clavier sur lequel se joue sa poétique ».10 Pour transmettre cette vision globale, il s’agit de donner à voir cette « partie de la nature qui échappe à nos organes ».11 En particulier dans les lavis et les ‘flous’ du graphisme, les signes d’effacement et de dissolution délibérés sont frappants.12 L’encre fluide, qui ne respecte pas les contours
7 Voir https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k427427s/f1.item.r=Hugo.zoom [02.03.2021]. 8 Il existe une exception remarquable à cette tendance, l’analyse de Günter Oesterle et Thomas Bremer, qui, en mettant l’accent sur la part surréaliste des dessins de Victor Hugo, actualise un topos de recherche trop souvent forcé depuis l’essai d’André Masson au plus tard, mais qui traite aussi, en partant de l’arabesque, de la matérialité et de l’esthétique graphique du signe écrit et touche ainsi au domaine (intermédiaire) des images-écriture et des écritures-image dans l’œuvre de Hugo dont il est question ici. Thomas Bremer / Günter Oesterle : Arabeske und Schrift. Victor Hugos ‘Kritzeleien’ als Vorschule des Surrealismus. In : Susi Kotzinger / Gabriele Rippl (éds.) : Zeichen zwischen Klartext und Arabeske. Amsterdam : Rodopi 1994, pp. 187–218. 9 « Hugo’s literary thematic corresponds to his key visual motifs: fantastic nature, dilapidated buildings, fools, macabre gallows and guillotines. » Victor Brombert : Les Travailleurs de la mer : Hugo’s Poem of Effacement. In : Rhetoric I : Theoretical Analyses, numéro special : New Literary History, n°9 (1978), pp. 581–590, ici p. 589. 10 Jean-Pierre Montier : Dessins et écriture dans le manuscrit des Travailleurs de la mer de Victor Hugo. In : French Studies : A Quarterly Review, vol. 60, n°1 (2006), pp. 15–31, ici p. 23. 11 Victor Hugo : Post-scriptum de ma vie. In : Paul Meurice / Gustave Simon (éds.) : Œuvres complètes de Victor Hugo. Philosophie II. Paris : Albin Michel 1937, pp. 465–648, ici p. 612. 12 Victor Brombert insiste sur l’importance de ces « signs of effacement and dissolution » dans le texte Les Travailleurs de la mer. Victor Brombert : Hugo’s Poem of Effacement, p. 581.
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nets, exprime la perte des limites, la dissolution dans le monde. Hugo cherche aussi à peindre l’invisible avec des mots, ce que Claude Gély exprime ainsi : « ‘Peindre ce qu’on ne voit pas’ […] c’est précisément ce que fait aussi Victor Hugo quand, le 8 septembre 1837, à la tombée du soir, il ‘sensibilise’ ses yeux à l’envahissement de l’ombre et à l’indécise obscurité des formes qui s’estompent et se meurent sur un bas-relief de l’église de Dieppe ».13 Gély évoque le « rêve pictural »14 de Hugo et souligne la dimension innovatrice de sa démarche iconotextuelle : « C’est son écriture […] qui est en cause, une écriture picturale, ou graphique, qui va bien au-delà de son temps, et qui annonce par ses hardiesses, un demi-siècle à l’avance, les thèmes et les techniques de l’impressionnisme ».15
Les Travailleurs de la mer, images-écriture et écritures-image Pour les réflexions suivantes sur la relation entre l’écriture et l’image chez Victor Hugo, c’est le seul de ses romans à contenir des illustrations de sa main, Les Travailleurs de la mer (1866), qui nous servira de substrat.16
1 Le frontispice Le frontispice de l’ouvrage est une sorte de collage de différentes images et scènes du roman qui semblent se fondre organiquement aux lettres du nom de l’auteur et du titre ainsi qu’à la date de parution, 1866. D’une certaine façon, Hugo y résume visuellement le contenu du roman, même si le frontispice présente autant de dissonances que de correspondances au texte et que sa compréhension dépend de la connaissance qu’a le contemplateur-lecteur du texte.17 Bien qu’il ne puisse guère être associé à un passage concret du roman, il fait référence à des motifs récur-
13 Claude Gély : Paysages de Victor Hugo. Mont-de-Marsan : Éditions interuniversitaires 1998, p. 91. 14 Ibid., p. 82. 15 Ibid., p. 91. 16 Pour l’emplacement exacte des illustrations dans le texte, cf. l’édition du roman Les Travailleurs de la mer parue chez E. Hugues en 1882. Voir Victor Hugo : Les Travailleurs de la mer. Paris : E. Hugues 1882. Site internet : https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k853483s page consultée le 02.03.2021. 17 Voir Gesine Müller : Visualisierung und Verschriftlichung, pp. 176–177.
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rents qui apparaissent à la fois dans le texte et dans les illustrations, à l’instar des « rochers Douvres » souvent évoqués. Le dessin réalisé essentiellement à l’encre brune (et auquel s’ajoute des accents rouges, verts et blancs) donne une impression sombre qui crée un effet diachronique : le contemplateur n’en découvre les différents motifs que peu à peu, après que le frisson provoqué par l’image a excité son imagination. L’observateur perçoit donc d’abord une intensité inquiétante et oppressante avant d’identifier les constituants ou les motifs de l’image, de les catégoriser et les mettre en rapport avec le texte du roman.18 Ce qui nous frappe particulièrement, c’est l’imbrication des signes graphiques et linguistiques, qui forme une écriture picturale grâce à laquelle se transmet l’intensité de la vision métaphysique du monde – indicible au vrai sens du terme – de Victor Hugo : l’arrière-plan sombre et agité montre le chaos impénétrable et incontrôlable des forces de la nature, qui semblent dominer les événements terrestres comme une puissance supérieure, y compris l’auteur, qui par son nom ourlant le haut du dessin semble certes se situer au-dessus des choses, c’est-à-dire hors de la diégèse, mais qui est lui-même dominé par les forces de la nature, par les tempêtes et les catastrophes naturelles mises en œuvre graphiquement sous la forme de plantes grimpantes, de tentacules de pieuvre et de vrilles qui s’enroulent autour des lettres du nom de famille et semblent le plonger activement dans les profondeurs de la mer. Ce graphisme du nom de l’auteur, en partie dissimulé par les rochers, s’interprète de manière iconotextuelle comme le combat de survie entre humain et nature ; la dynamique descendante des caractères fait référence au thème de la mort très présent dans le roman. Le titre Les Travailleurs de la mer, de même que la date 1866 sont inscrits en bas du dessin sur un plan incliné du paysage et se fondent ainsi de manière ‘organique’ à l’intensité dramatique de la représentation graphique et à l’atmosphère qui s’en dégage. Texte et image sont donc conçus d’emblée dans l’écriture-image du frontispice comme une unité indissoluble ; la signification de l’œuvre ne se déploie que dans ses multiples imbrications et dans l’action réciproque intermédiale.
18 Voir Emilie Sitzia : Art in Literature, Literature in Art in 19th Century France. Newcastle upon Tyne : Cambridge Scholars Publishing 2012, pp. 94–97. Emilie Sitzia attire aussi l’attention sur les connotations musicales dans Les Travailleurs de la mer. Elle lit le roman à travers le regard de Wagner comme « une œuvre d’art totale », comme l’idée d’une synthèse des arts, que Wagner a propagée dans son œuvre Das Kunstwerk der Zukunft (L’Œuvre d’art du futur). Cette vision expliquerait aussi le curieux emplacement des images et des répétitions de motifs visuels dans le manuscrit, que l’on pourrait lire dès lors comme une expérience littéraire de mélange des genres.
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2 Le prologue : « L’Archipel de la Manche » Hugo introduit Les Travailleurs de la mer par une sorte de présentation géographique, « L’Archipel de la Manche » : il s’agit d’un texte de quatre-vingt pages, décomposé en vingt-deux parties morcelées, dont la structure apparente visualise déjà le sujet traité : la topographie abrupte et anfractueuse de l’île de Guernesey est ‘donnée à voir’ à travers l’image-écriture fragmentaire. Dans le sixième de ces fragments surtout, Les Rochers, en se consacrant de manière plus autoréflexive et poétique que réaliste et mimétique à la côte rocheuse déchiquetée de l’archipel, Hugo met en avant la relation dialectique entre le grotesque et le sublime comme l’opposition fondamentale de l’œuvre d’art romantique, permettant ainsi aux aspects essentiels de sa poétique de prendre forme.19 L’auteur visualise pratiquement son programme esthétique, il lui permet de s’accomplir en images.20 Les aspects les plus importants de ce que Hugo a traité de manière théorique dans sa « Préface de Cromwell » sont ici perçus par les sens. L’écriture, l’image-écriture née de l’aspect fragmentaire et les images évoquées par l’écriture agissent ici en synergie. Recourir ici à l’idée d’un « paysage de la théorie » – qu’Ottmar Ette a développée à propos de Roland Barthes – pour décrire cette interaction entre texte et image dans le prologue de « L’Archipel de la Manche » nous paraît pertinent : le « rendre visible », entendu comme l’action de visualiser et de visibiliser, consiste avant tout en une vectorisation sous forme d’un paysage de la théorie. Dans le prologue de Hugo, certains lieux de mouvement sur l’île de Guernesey et des espaces de mouvements dans l’ensemble de l’archipel de la Manche apparaissent comme des chorégraphies hyper-mobiles.21
3 « Un mot écrit sur une page blanche » Si l’on considère maintenant le début de l’action romanesque à proprement parler, force est de constater qu’ici aussi Victor Hugo met en scène la dimension iconotextuelle de manière très nuancée : au début des Travailleurs de la mer, il présente un paysage enneigé dans lequel errent trois personnages, un enfant, une
19 Voir André Weber : Hugo und das Trugbild. In : André Weber : Wolkenkodierungen bei Hugo, Baudelaire und Maupassant im Spiegel des sich wandelnden Wissenshorizontes von der Aufklärung bis zur Chaostheorie. Studien zur Wolke als Dispositiv der Literatur. Berlin : Frank & Timme 2012, pp. 193–199. 20 Voir Gesine Müller : Visualisierung und Verschriftlichung, p. 175. 21 Voir Ottmar Ette : Roland Barthes. Landschaften der Theorie. Hambourg : Junius 2011.
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femme et un homme. La femme (Déruchette) s’arrête et trace le nom de l’homme dans la neige : Gilliatt.22 La neige, ambivalente au plus haut point, est un phénomène éphémère. Le nom y sera visible pour un temps, mais fondra sous peu avec les éléments. C’est effectivement ce qui arrive à la fin du livre : Gilliatt retourne à cet endroit et constate que la neige a disparu en emportant son nom.23 Le roman thématise donc d’emblée sa réalité textuelle et la rend visible, ce qui est encore renforcé par le titre autoréflexif de ce premier chapitre : « Un mot écrit sur une page blanche ». Les phénomènes de visualisation et de mise en écriture s’entremêlent ici à plusieurs reprises et mettent déjà en évidence le caractère iconotextuel de l’ensemble du texte. L’image d’un paysage enneigé esquissée au moyen du langage est rapportée à la situation initiale du processus de l’écriture : la page vide sur laquelle est tracé un mot. C’est précisément la matérialité de l’écrit et de l’écriture qui est ainsi mise en scène avec des moyens plastiques et associée encore une fois à l’un des thèmes principaux du roman : les caractères dans la neige interrogent le texte sous l’aspect de son éphémérité. Le thème de la mort au sens large domine le roman de Victor Hugo depuis le début. Or, Hugo est suffisamment romantique pour que la mort signifie aussi un nouveau départ. Déconstruction et (re)construction, disparition et émergence sont un mouvement cyclique perpétuel et supra-individuel. Hugo suggère également cet aspect de sa vision du monde par une démarche transmédiale : le dessin du personnage de Déruchette à la fin du roman n’a pas de relation causale ni logique avec le texte à cet endroit, qui évoque la mort de Gilliatt ; il renvoie au début du roman, au moment où Déruchette inscrit le nom de Gilliatt dans la neige.24 Le cadre ainsi clos évoque une boucle qui fait référence au cycle éternel de la vie et de la mort. Le texte et l’image forment ensemble cette structure cyclique ; les images ne suivent donc pas une logique d’illustration, mais celle d’un métatexte. Elles « disent » ce que le texte passe sous silence à ce moment, et établissent avec lui une relation de complémentarité fructueuse d’un point de vue esthétique. Hugo construit donc, entre le début et la fin du roman, un espace-texte autoréflexif dans lequel il s’agit moins des événements dans leur signification proprement dite, que du processus créatif de l’écriture ainsi rendu étonnamment « visible ».25
22 Victor Hugo : Les Travailleurs de la mer, tome 3. Paris – Bruxelles : Lacroix, Verboeckhoven et Cie 1866, pp. 5–8. En ligne : https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k80220s page consultée 02.03.2021. Voir Gesine Müller : Visualisierung und Verschriftlichung, pp. 173–174. 23 Victor Hugo : Les Travailleurs de la mer, t. 3, p. 258. 24 Jean-Pierre Montier : Dessins et écriture dans le manuscrit des Travailleurs de la mer, p. 15 ssq. 25 Voir Victor Brombert : Hugo’s Poem of Effacement.
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4 La Pieuvre Pour finir, je souhaite faire appel, à titre d’exemple, à une dernière illustration dessinée par Hugo pour Les Travailleurs de la mer. L’image de La Pieuvre est issue du chapitre « Le monstre » (III.IV.II) et présente en position centrale un dessin de poulpe à l’encre brune, entouré de ses huit tentacules.26 Si l’arrière-plan est maintenu dans des nuances claires et aqueuses évoquant l’environnement sous-marin, le premier plan est quant à lui très sombre. Le dessin fait écho à la longue description de la pieuvre dans le texte : Pour croire à la pieuvre, il faut l’avoir vue. Comparées à la pieuvre, les vieilles hydres font sourire. À de certains moments, on serait tenté de le penser, l’insaisissable qui flotte en nos songes rencontre dans le possible des aimants auxquels ses linéaments se prennent, et de ces obscures fixations du rêve, il sort des êtres. L’inconnu dispose du prodige, et il s’en sert pour composer le monstre. Orphée, Homère et Hésiode n’ont pu faire que la Chimère ; Dieu a fait la Pieuvre. Quand Dieu veut, il excelle dans l’exécrable.27
Ce dessin est autoréflexif en de nombreux points. Premièrement, les deux tentacules supérieurs de la pieuvre forment les initiales de l’auteur, « V » et « H ». L’artiste, en tant qu’instance du sublime, s’associe fidèlement à l’esthétique de l’écrivain Hugo en alliant le monstrueux et le grotesque. Cette harmonie des contraires se retrouve dans la dernière phrase de ce passage du texte : « Ce dragon est une sensitive ».28 Deuxièmement, la pieuvre représente d’une certaine manière l’acte d’un devenir entre image et écriture, ou plus précisément l’enchevêtrement dynamique de l’écriture et de l’image. Il est impossible de distinguer s’il s’agit d’une image-écriture ou d’une écriture-image, car les deux notions sont légitimes. Troisièmement, le médium de l’encre, qui caractérise le poulpe et que l’auteur utilise non seulement pour écrire mais aussi pour dessiner, est évoqué ici de manière polysémique. La pieuvre devient ainsi une métaphore de l’imagination créatrice de l’auteur et de sa dynamique fluide. Et pour finir, l’ensemble de l’image visualise à différents niveaux – celui du motif, par les tentacules souples et mobiles, celui de la technique, par une encre traitée en lavis – le fluide, l’aqueux et le sans contours qui renvoient à l’élément central de la mer, cette force de la nature incontrôlable que le roman met précisément en scène.
26 Pour l’interprétation de ce dessin, je m’appuie sur mon analyse dans Gesine Müller : Visualisierung und Verschriftlichung, pp. 181–182. 27 Victor Hugo : Les Travailleurs de la mer, t. 3, p. 84 sq. 28 Ibid., p. 87.
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Le peintre surréaliste André Masson a repris et réinterprété la pieuvre de Hugo pour l’édition de Roger Caillois (Buenos Aires, 1944).29 Il y représente le combat de Gilliatt avec la pieuvre d’une manière qui fait référence – sans aucune ambiguïté – à la célèbre sculpture de Laocoon (et de ses fils) combattant le serpent. C’est en se référant au groupe du Laocoon que Lessing a lancé en 1766 sa célèbre discussion sur les Limites de la peinture et de la poésie, dans laquelle il développe les différences fondamentales entre les beaux-arts et la littérature. La sculpture symbolise en fait cette situation complexe de la visualisation et de la mise en écriture, que Hugo poursuit et approfondit avec ses images-écritures ou écrituresimages. Il résout en quelque sorte le problème posé par Lessing – à savoir que la peinture et la poésie ne peuvent pas être comparées, car les arts visuels emploient un paradigme de signes parallèle alors que la littérature utilise un paradigme de signe sériel – en proposant une nouvelle synthèse entre art textuel et art visuel.
V Conclusion Une lecture iconotextuelle du roman hugolien Les Travailleurs de la mer révèle trois niveaux différents (au moins), sur lesquels l’interaction transmédiale de l’écriture et de l’image est directement productrice de sens : premièrement, les dessins à l’encre et à la plume de Hugo constituent un système de signes distinct et indépendant qui doit être décodé dans son système référentiel complexe.30 Ce n’est que dans l’interaction du texte et de l’image que les motifs centraux tels que la mort et la structure cyclique de la vie prennent leur entière signification. Le manuscrit original du roman est ici révélateur, car il suggère une propre « poétique du manuscrit » à la dimension autoréflexive toujours inhérente : la création artistique (poiesis). Ainsi, Hugo – et nous voici au deuxième niveau de signification – s’interroge aussi sur l’artificialité et la matérialité de son œuvre : le médium de l’écriture, celui de l’image, comme celui du papier sur lequel les deux s’inscrivent sont traités de manière poétique et autoréflexive, comme le montre par exemple la figure de la pieuvre, qui révèle d’un seul coup l’écriture, l’image, l’encre, mais aussi l’eau comme support des précédentes. Et troisièmement, avec ses écritures-image et ses images-écriture Hugo a trouvé une façon magistrale de rendre perceptibles, par l’expérience esthétique, ses convictions poétiques et sa vision métaphysique du monde ; mais en plus, ses 29 Voir André Masson : Le peintre Victor Hugo (1971). In : André Masson : Le Rebelle du surréalisme: écrits. Éd. Françoise Levaillant. Paris : Hermann 1976, pp. 165–208. 30 Voir Jean-Pierre Montier : Dessins et écriture dans le manuscrit des Travailleurs de la mer, p. 15 sqq.
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stratégies de visualisation anticipent un changement de paradigme esthétique dans la peinture : le passage des formes de représentation exactes et descriptives de la réalité, au stade préliminaire de l’impressionnisme et même du surréalisme. La poétique mimétique de provenance aristotélicienne, qui tend vers la représentation de la réalité, est remplacée par celle du simulacre, de « l’image trompeuse »,31 par laquelle le principe de l’imagination créatrice est réévalué. Alors que dans le contexte de l’épistémè classique – au sens de Michel Foucault – elle était encore considérée comme la cause de la tromperie et de l’erreur, elle est désormais réévaluée au prisme de la théorie de la poésie et de l’épistémologie. Cette revalorisation de l’imagination s’explique au regard de la configuration épistémique de l’époque, dans laquelle désormais le non-visible, cette dimension de profondeur occultée par les phénomènes visibles, est ouvert à l’approche discursive.32 Les représentations paysagères permettent certes de se référer au monde réel, comme c’est le cas du prologue de « L’Archipel de la Manche », mais elles dépassent toujours également leur cadre référentiel ; c’est ce que suggère le titre initialement prévu pour le roman : L’Abîme. Il s’agit ici de la mer infinie et impénétrable, d’un « espace sans fond » qui est une constante dans l’imaginaire de Hugo,33 toujours accompagné d’une dimension métapoétique : « Quel artiste que l’abîme ! »34 Les images-écriture et écritures-image dans Les Travailleurs de la mer s’avèrent être des lieux privilégiés d’une esthétique hugolienne qui est autant art poétique que philosophie.35 Elles figurent et mettent en scène des modèles de mouvements d’existences humaines, dans lesquels les trajectoires historiques et les réfractions contemporaines s’inscrivent dans un réseau mobile de coordonnées ; et ce, pour chorégraphier les mouvements de compréhension herméneutiques auxquels ils aspirent, de manière à ce qu’ils puissent être appréhendés par les sens. Pour Hugo, les iconotextes sont toujours aussi des images-mouvement de l’imagination et de la pensée, de l’écriture et de la vie.36
31 Pour l’emploi de la notion de « simulacre » chez Hugo et chez Foucault, cf. André Weber : Hugo und das Trugbild, p. 193–199. 32 Voir Michel Foucault : Les mots et les choses. Paris : Gallimard 1966. Pour le positionnement de la littérature romantique par rapport à l’épistémologie de Foucault, cf. Wolfgang Matzat : Diskursgeschichte der Leidenschaft. Zur Affektmodellierung im französischen Roman von Rousseau bis Balzac. Tübingen : Narr 1990, pp. 85–90. 33 Michel Collot : Entre chaos et cosmos (Hugo, Les Travailleurs de la mer). In : Michel Collot : Paysage et poésie du romantisme à nos jours. Paris : José Corti 2005, pp. 191–216, ici p. 192. 34 Victor Hugo : Les Travailleurs de la mer, t. 2, p. 231. 35 Michel Collot : Entre chaos et cosmos, p. 192. 36 Voir Ottmar Ette : Roland Barthes. Landschaften der Theorie.
Markus Messling
Mit Barthes: Subjektivität und Universalität Le satori (l’événement Zen) est un séisme plus ou moins fort (nullement solennel) qui fait vaciller la connaissance, le sujet : il opère un vide de parole. Et c’est aussi un vide de parole qui constitue l’écriture […]. Roland Barthes, L’empire des signes, S. 14.
Unsichtbarkeit: punctum Dass das Wesentliche für die Augen unsichtbar sei, dürfte einer der berühmtesten Sätze der französischen Literatur des 20. Jahrhunderts sein. Hier soll es aber nicht um eine neuhumanistische Erziehung des Herzens, sondern um eine erkenntnistheoretische Behauptung gehen: dass nämlich die Vorstellung, Erkenntnis würde aus der permanenten Aneignung einer Fülle des Zentrums ermöglicht, eine kulturbedingte Obsession sei. Wenn diese Behauptung dem gleichen Impuls wie Saint-Exupérys Satz folgt, der Katastrophe der Weltkriege ein Weltverständnis entgegenzusetzen, das ein Zusammenleben neu ermöglichen könnte, so basiert sie auf der Annahme, dass es dafür mehr bedürfe als einer Hinwendung zum ‹Innerlichen›, ‹Eigentlichen›. Die Hinwendung zum Eigentlichen folgt nämlich der Annahme, dass das Eigentliche immer schon gegeben sei und nur tiefer ergründet werden müsse. Was aber, wenn es sich entzieht, nicht sichtbar wird, das Versprechen seiner Fülle nicht zu erfüllen vermag? Das muss jene Obsession wieder und wieder gebären, es festzusetzen und zu definieren, in der Roland Barthes Zeit seines Lebens die tödliche Kraft des Zentrums ausmachte. Wenn der Okzident Zusammenleben neu wagen wolle, dann müsse er Dezentrierung – ontologisch und erkenntnistheoretisch – ertragen, ja erfinden, um von ihr aus Welt neu zu begreifen. In einem solchen dépaysement, hat Ottmar Ette mit Blick auf Barthes’ Pariser Hochwasser-Szenerien gezeigt, würden die Dinge, die Gewissheiten, in Bewegung geraten, weil das Wesentliche unsichtbar, ein leerer Punkt wäre, der
Hinweis: Dieser Text ist im Rahmen des Projekts «Minor Universality. Narrative World Productions After Western Universalism» entstanden, das vom Europäischen Forschungsrat (ERC) im Rahmen des Rahmenprogramms «Horizon 2020» der Europäischen Union finanziert wird. https://doi.org/10.1515/9783110730340-004
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von neuen möglichen Landschaften umspült und verrückt würde.1 Sinnfindung entstünde aus der Einwilligung in die Blindheit, als jeweilige Möglichkeit einer nur erzählend zu bewältigenden Suchbewegung nach dem Zentrum, das so in seiner Leere gleichwohl durch sein Gewicht jede Annäherung zu flektieren vermag. Das lässt sich von Barthes Spätwerk her durchaus als Verwundung begreifen: Das Wesentliche eines Wintergarten-Fotos seiner verstorbenen Mutter – «ce qu’on appellerait romantiquement l’amour et la mort» – ist für Barthes nicht verallgemeinerbar, das Foto «ne peut fonder une objectivité au sens positif du terme».2 Der fremde Blick erfasse nur die Institution der «Mère», für Barthes aber liegt im nicht abgebildeten Bild seiner Mutter jenes punctum,3 das ihn durchbohrt und sein Verhältnis zur «mère» als unersetzlichem Lebensbezug markiert.4 Es ist das AffiziertSein durch die Abwesenheit, das der Erzählung zugrunde liegt.5 Lebenssinn muss mit dem Tod rechnen. Hier wird der biografische zum anthropologischen Glutkern. Erzählung ist Überlebenswissen.6
Umordnungen: Centre-ville, centre vide Barthes’ Reisen sind Ausdruck dieser Bedürftigkeit und folgen der Suche nach einem anderen Ausgangspunkt des Schreibens. Der Ortswechsel bedeutet nicht einfach einen Wechsel des zu bearbeitenden Materials, sondern erlaubt die Konstruktion einer Szene, auf der andere Welterfahrungen gemacht werden. Landschaften werden symbolische Ordnungen, die durchlebt und durchdacht werden: Das Barthessche Œuvre, das man in seiner Gesamtheit als eine Abfolge von LebensZeichen lesen kann, konfrontiert uns auf diese Weise mit lebendigen Landschaften, die sich uns dann erschließen, wenn wir bereit sind, scheinbar «natürliche» Setzungen und Scheidungen nicht länger als gegeben hinzunehmen. Wissenschaft entfaltet sich hier im Modus der Literatur. Barthes’ Landschaftsbilder öffnen sich auf Lebensbilder: Sie verkörpern eine Theorie die lebbar ist und erlebt, ja gelebt werden soll.7
1 Ottmar Ette: Roland Barthes. Landschaften der Theorie. Paderborn: Konstanz University Press 2013, S. 9–24. 2 Roland Barthes: La chambre claire. Note sur la photographie. Paris: Gallimard/Le Seuil (Cahiers du cinéma) 1980, S. 115. 3 Zum punctum vgl. ibid., v. a. S. 47–49, 71 f. 4 Vgl. ibid., S. 115–118. 5 Vgl. Ottmar Ette: Roland Barthes. Landschaften der Theorie, S. 132–133. 6 Vgl. Ders.: ÜberLebenswissen. Die Aufgabe der Philologie. Berlin: Kulturverlag Kadmos 2004; ders.: Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft. Eine Programmschrift im Jahr der Geisteswissenschaften. In: Lendemains. Études comparées sur la France 32/125 (2007), S. 7–32. 7 Ders.: Roland Barthes. Landschaften der Theorie, S. 23.
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Am stärksten auf Barthes’ Leserschaft nachgewirkt hat dies in der Begegnung mit einem Land, das ein gänzlich be-schriebenes Reich der Zeichen zu sein schien, und das Barthes sich als ein anderes aneignet: Japan. Denn Barthes sucht in Japan bekanntlich keine empirische Größe, die er adäquat und in ihrer Differenz etwa zu Frankreich erfassen könnte. Im Bewusstsein der Tradition des europäischen Orientalismus, jenem Diskurs der Zurichtung des (vermeintlich) Anderen, sind ‹Orient› und ‹Okzident› für Barthes keine Realitäten, die kulturell, geschichtsphilosophisch und politisch zu vergleichen oder zu kontrastieren wären.8 Barthes schafft sich sein eigenes Japan. Dieses ist für ihn überhaupt nur aufgrund seiner für ihn selbst deutlichen Unkenntnis möglich, welche die neu erfahrene Lebenswelt in ihrer Differenz und Undurchsichtigkeit erst zu einer Landschaft der Theorie macht. Nicht zu einer Theorie über Japan allerdings, sondern zu einer Phänomenologie und Analyse der Mechanismen von (europäischer) Weltaneignung: Je puis aussi, sans prétendre en rien représenter ou analyser la moindre réalité (ce sont les gestes majeurs du discours occidental), prélever quelque part dans le monde (là-bas) un certain nombre de traits (mot graphique et linguistique), et de ces traits former délibérément un système. C’est ce système que j’appellerai : le Japon.
Und weiter: Ce qui peut être visé, dans la considération de l’Orient, ce ne sont pas d’autres symboles, une autre métaphysique, une autre sagesse (encore que celle-ci apparaisse bien désirable) ; c’est la possibilité d’une différence, d’une mutation, d’une révolution dans la propriété des systèmes symboliques.9
Man kann die Frage aufwerfen, ob die in Anspruch genommene Differenz nicht nur deshalb für Barthes aufscheint, weil sein Japan als ein solches der Differenz konstruiert wird, was seit jeher ein Grundzug orientalistischen Schreibens gewesen ist. Und ist nicht auch der Orientalismus spätestens seit seiner prägenden romantischen Ausprägung vor allem Reflexion des Selbst gewesen? Barthes’ écriture zieht jedoch gegenüber diesen Diskursmerkmalen zwei grundsätzliche Linien: Sie geht nicht von Empirizitäten aus, von denen her das vermeintlich Eigene zu transzendieren wäre, sondern hält die Überschreitung des eigenen Erfahrungsraums nur aufgrund der permanenten Konstruktion von Welt für möglich. Oder, anders gesagt: Barthes Überschreitung geht nicht von einer Theorie des Anderen aus, sondern von der Möglichkeit, ja Notwendigkeit von
8 Vgl. Roland Barthes: L’empire des signes. [Lausanne: Albert Skira 1970] Paris: Le Seuil 2007, S. 11–12. 9 Ibid., S. 11.
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Theorie tout court. Und, zweitens, macht Barthes unmissverständlich deutlich, dass er das westliche Wissen über Japan für unzureichend und voreingenommen hält. So erachtet er einen «énorme travail de connaissance» als notwendig, der Japan Europa verständlich machen würde, und benennt klar einige durch den Orientalismus historisch geschaffene blinde Flecken: «le Japon capitaliste, l’acculturation américaine, le dévéloppement technique».10 Erst durch diese zwei Differenzen wird Barthes’ Japan zu einem Reich der Zeichen, welches das Spiel symbolischer Gestaltungen der Welt durch den Menschen – Kultur – neu öffnet. Wie subjektiv die Landschaft von Barthes’ Betrachterstandpunkt aus erwandert wird, zeigt die phänomenologische Anlage der Theorielandschaft als Stadtlandschaft: Centre-ville, centre vide ist die Miniatur überschrieben, die im Zentrum des Buches steht und eine Leere markiert, die es zu umkreisen gilt.11 Tokyos Zentrum, das Herz des Reichs, ist leer. Das wäre in einer kulturalistischen Lektüre des japanischen Kaisertums wohl kaum als These aufrechtzuerhalten, selbst nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Verlust des Gottesstatus in der Niederlage. Der Kaiser ist Symbol des Staates und der Einheit der Nation. Diese Zentrierung zeigt auch die kaiserliche Standarte. Barthes aber geht von einer räumlichen Erfahrung aus: Das Areal des Kaiserpalastes ist unbetretbar, verschlossen zum Stadtraum. Insofern markiert es zwar ein Zentrum, auf das sich alles bezieht, aber niemand kann ‹in es› treten. Es ist so nur als Kraftfeld erfahrbar, das jede Annäherung flektiert, umleitet, in Frage stellt, «obligeant la circulation à un perpétuel dévoiement».12 «L’une des deux villes les plus puissantes de la modernité», Tokyo also, in Kontrast natürlich zu Paris, Hauptstadt der Moderne, folgt für Barthes so nicht einer Logik der Fülle und Präsenz, sondern eines «centre vide», eines «‹rien› sacré».13 Keine Place de la Concorde, keine Place de la République – wie auch immer man die Zentren von Paris verorten will, auf die das Leben nicht nur zuläuft, sondern auf denen es sich findet, seine «‹vérité› sociale», seine «‹plénitude› superbe de la ‹réalité›».14 Fülle, Wahrheit, Subjekt – all diese Erkenntnisbegriffe verweisen auf jene Kette des Verstehens, die dem griechisch-rationalistischen Wahrheitsbegriff Europas entfließt, und den Jacques Derrida als «Logozentrismus»15 kritisiert hatte:
10 Ibid., S. 12. 11 Vgl. ibid., S. 47–50. 12 Ibid., S. 50. 13 Ibid., S. 47 bzw. S. 50. 14 Ibid., S. 47. 15 Kanonisch: Jacques Derrida: De la grammatologie. Paris: Minuit 1967; s. auch ders.: Le monolinguisme de l’autre ou la prothèse d’origine. Paris: Galilée 1996. – Andererseits muss an dieser
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Pour de multiples raisons (historiques, économiques, religieuses, militaires), l’Occident n’a que trop bien compris cette loi : toutes ses villes sont concentriques ; mais aussi, conformément au mouvement même de la métaphysique occidentale, pour laquelle tout centre est le lieu de la vérité, le centre de nos villes est toujours plein : lieu marqué, c’est en lui que se rassemble et se condensent les valeurs de la civilisation : la spiritualité (avec les églises), le pouvoir (avec les bureaux), l’argent (avec les banques), la marchandise (avec les grands magasins), la parole (avec les agoras : cafés et promenades) […].16
Tokyos Landschaft ist das große Zeichen, das den menschlichen Zeichenverkehr anders strukturiert; sie ist Barthes’ Anlage der Dekonstruktion: Obwohl jeder Sinnverkehr gänzlich auf die Wahrheit ausgerichtet ist, kann diese nicht vorausgesetzt werden, sondern wird gesetzt, um gleich wieder umfahren, umspült, eingefriedet zu werden. «De cette manière, nous dit-on, l’imaginaire se déploie circulairement, par détours et retours le long d’un sujet vide.»17 Diese «Entleerung» des Zentrums von den metaphysischen Prämissen eröffnet eine Subjektivität, die Freiheit nicht als Nachvollzug der Wahrheit, sondern als Ausgerichtetheit auf Wahrheit meint. Dieses Subjekt aber muss in Anbetracht der Abwesenheit seine Freiheit erst noch ausloten. Genauer: Aufgabe der mit dem Menschen befassten Wissenschaft ist es, Subjektivität erst noch als solche jenseits der alten metaphysischen Prämissen zu erfassen.
Post-postmodern? – andernorts L’empire des signes ist keine späte Freigeisterei eines ehemals strukturalistischen Meisters, der von der Strenge marxistisch-kritischer Analyse zum Subjektivismus übergeht. Solche Werk-Linearisierungen gehen ohnehin an Barthes vorbei, der schon in seiner marxistisch gefärbten Frühphase18 definitorische Um-Schreibungen vornimmt.19 Leben und Werk sind verwoben, Theoriebildung korreliert mit
Stelle die Bedeutung hervorgehoben werden, die Jacques Derrida (1981) seinerseits dem Barthes’schen Schreiben für sein Denken des abwesenden Referenten beigemessen hat; Jacques Derrida: Les morts de Roland Barthes. In: Poétique. Revue de théorie et d’analyse littéraires 47 (1981), S. 269–292. 16 Roland Barthes: L’empire des signes, S. 47. 17 Ibid., S. 50. 18 Zum Einfluss des Marxismus auf den jungen Roland Barthes s. Eve Tavor Bannet: Structuralism and the Logic of Dissent. Barthes, Derrida, Foucault, Lacan. London u. a.: Macmillan Press 1989, S. 50 f. 19 Ottmar Ette: Roland Barthes. Eine intellektuelle Biographie. Frankfurt/Main: Suhrkamp 1998; s. auch Jonathan Culler: Dekonstruktion. Derrida und die poststrukturalistische Literaturtheorie. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1999 [1982], S. 25 f.
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Lebenserfahrung. Landschaften spielen dabei als Konstellationen des Denkens eine Rolle.20 Die Urszene ist Griechenland, genauer die ägäische Inselwelt. 1938 unternimmt der 22-jährige Student mit der von ihm und Jacques Veil an der Sorbonne gegründeten «Groupe de théâtre antique» eine Reise nach Griechenland. 1944 veröffentlicht Barthes in Existences, der Zeitschrift des Sanatoriums von Saint-Hilaire-du-Touvet, den Text «En Grèce»,21 der selbst wie ein Archipel aus einzelnen, aber in Beziehung stehenden Erfahrungsmomenten angelegt ist und in dem Barthes die Besteigung des Kynthos auf der Toteninsel Delos als Erfahrung der «heure méridienne de la plus méridienne des terres»22 beschreibt. Es bedürfe nur eines gewissen Zusammenspiels von Erde, Meer und Licht, um zu begreifen, dass hier der Geist der Erkenntnis übersprang, Logos, das «feu d’un monde».23 Doch die Präsenz und Fülle des gleißenden Lichts gebiert zugleich eine Erkenntnis und eine Frage, die weit über die Zeit hinaus bereits in das Reich der Zeichen hinausweist. Wenn man nämlich auf dem Kynthos die sinnliche Erfahrung der Geburt des Geistigen mache, «initié à quelque chose que l’on prend pour la Grèce»,24 so sei doch das gleißende Licht zugleich wie ein Brandmal der Erkenntnis, das dem Bewusstsein ein Zeichen einbrenne, «un signe, une blessure de feu, sèche comme une blessure d’amour»25 – Barthes fasst hier metaphorisch die Verbannung des Leibes aus dem europäischen Rationalismus.26 Wenn unter dem Eindruck des gleißenden Lichts, dieser übergroßen Präsenz, kein Zweifel an der Vertikalität möglich scheint, so ist es die Wahrnehmung des Reisenden, dem auf der Schiffsreise durch den ägäischen Archipel jede Zentralität abhanden kommt: Delos, diese magische Insel, beginnt zu schwimmen wie die gesamte Inselwelt, die um ein leeres Zentrum herum organisiert scheint, in dem permanent die Fluchtlinien wechseln: «En Grèce, il y a tant d’îles qu’on ne sait si chacune est le centre ou le bord d’un archipel. C’est aussi le pays des îles voyageuses : on croit retrouver plus loin celle qu’on vient de quitter.»27
20 Vgl. Ottmar Ette: Roland Barthes. Landschaften der Theorie, S. 22–24. 21 Roland Barthes: En Grèce [1944]. In: Œuvres complètes. Hg. von Eric Marty. Bd. I. Paris: Le Seuil, 1993, S. 54–59; dt.: In Griechenland. Übers. von Eveline Passet. In: Franck Hofmann / Markus Messling (Hg.): Leeres Zentrum. Das Mittelmeer und die literarische Moderne. Eine Anthologie. Berlin: Kulturverlag Kadmos 2015, S. 115–121. 22 Ibid., S. 59. 23 Ibid. 24 Ibid., S. 58. 25 Ibid., S. 59. 26 S. hierzu die genauere Untersuchung in Franck Hofmann / Markus Messling: Nachwort. In: Dies. (Hg.): Leeres Zentrum. Das Mittelmeer und die literarische Moderne. Eine Anthologie. Berlin: Kulturverlag Kadmos 2015, S. 259–283, hier S. 277–279. 27 Roland Barthes: En Grèce, S. 54.
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So wirft bereits «En Grèce» das Problem der Subjektivität für den europäischen Logozentrismus auf und entwirft eine Landschaft der Theorie, die mit dem Tokyoter Kaiserpalast als «leerem Zentrum» wieder aufgenommen wird: Das Reich der Zeichen stellt mit seinen phänomenologischen Miniaturen die Frage nach dem Standpunkt des Subjekts in der Erkenntnis und zwar in seiner dringlichsten Form, als Freiheitsfrage: Le rêve : connaître une langue étrangère (étrange) et cependant ne pas la comprendre : percevoir en elle la différence, sans que cette différence soit jamais récupérée par la socialité superficielle du langage, communication ou vulgarité ; connaître, réfractées positivement dans une langue nouvelle, les impossibilités de la nôtre ; apprendre la systématique de l’inconcevable ; défaire notre « réel » sous l’effet d’autres découpages, d’autres syntaxes ; découvrir des positions inouïes du sujet dans l’énonciation, déplacer sa topologie ; en un mot, descendre dans l’intraduisible, en éprouver la secousse sans jamais l’amortir, jusqu’à ce qu’en nous tout l’Occident s’ébranle et que vacillent les droits de la langue paternelle, celle qui nous vient de nos pères et qui nous fait à notre tour, pères et propriétaires d’une culture que précisément l’histoire transforme en « nature ».28
Japan, das Reich der Zeichen, ist Barthes Frage nach der Möglichkeit einer anderen Ausdrucksweise, einer anderen écriture. Wenn die Sprache (langue) jene Symbolisierung der überlieferten Ordnung darstellt, der das individuelle Sprechen unterworfen ist, wie können wir sie dann anders ordnen und so freier erfahren, um die mit dem europäischen Denkstrukturen verbundenen Probleme der Unterwerfung unter einen patriarchalen und instituierten Wahrheitsbegriff aufzulösen? Barthes’ Antwort lautet: Durch eine (vorübergehende) ‹Entleerung› der Sprache, durch die Aufgabe ihres von Delos herstammenden Zeichencharakters, der unser Denken fixiert. Der Bezug zur Welt müsse über eine Schreibweise des Erzählens hergestellt werden, die eher dem Subjektivismus der Kunst entspringt als dem Objektivismus der Wissenschaft. Barthes geht daher zur Aktivität über. In seiner Leçon, seiner Antrittsvorlesung vor dem Collège de France am 7. Januar 1977, entwirft er seine Semiologie als eine schreibende: La première [conséquence] est que la sémiologie, bien qu’à l’origine tout l’y prédisposât, puisqu’elle est langage sur les langages, ne peut être elle-même méta-langage. C’est précisément en réfléchissant sur le signe qu’elle découvre que toute relation d’extériorité d’un langage à un autre est, à la longue, insoutenable […].29
28 Roland Barthes: L’empire des signes, S. 15. 29 Roland Barthes: Leçon. Leçon inaugurale de la chaire de sémiologie littéraire du Collège de France prononcée le 7 janvier 1977. Paris: Le Seuil 1978, S. 36.
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Diese programmatische Aufgabe der Metasprachlichkeit ist natürlich auch der Grund, warum der Semiologe dann für Barthes typologisch ein Künstler und kein Wissenschaftler im traditionellen Verständnis ist, weil er sich in das gleiche Spiel der Zeichen begibt, wie der Schriftsteller.30 Mit der Aufgabe der Metasprachlichkeit, der Zeichenhaftigkeit der Sprache, verabschiedet Barthes auch ein Denken, das dem Primat des Geschriebenen folgt, und begibt sich in eine Körperlichkeit der Sprache, die den Einsatz ebenso markiert wie die Form.31 Befinden wir uns damit nicht genau vis-à-vis mit jenem «ästhetischen Kontextualismus», gegen den der Habermas der Vorlesungen über die Moderne seine Kritik lancierte, weil er darin den erkenntnistheoretischen Hintergrund der Aufgabe des Projekts der Moderne ausmachen wollte?32 Ist L’empire des signes postmoderne Spielerei, eine vernunftkritische «Ekstase der Subjektivität»?33 Barthes geht es nicht um Selbsterfüllung. In La chambre claire. Note sur la photographie formuliert er einen Gültigkeitsanspruch für Erkenntnis: «Il me fallait convenir que mon plaisir était un médiateur imparfait, et qu’une subjectivité réduite à son propre projet hédoniste ne pouvait reconnaître l’universel.»34 Im Sinne der Moderne geht es ihm um eine Befragung der Normierung und der Grenzen von Subjektivität. Diese sieht er in die Struktur der Sprache eingebettet, die alles Denken diskursiv oder machtvoll ermöglicht – und zugleich mit Sekundärbedeutungen belegt und steuert. Diese semantischen Überschüsse werden zwar bereits bei der Lektüre deutlich, aber doch nur begrenzt. In der Arbeit des Schreibens, des Ausschreitens der Sprache aber, werden diese Überschüsse in einem perfor-
30 «Le sémiologue serait en somme un artiste […].» (Ibid., S. 39). 31 Auch wenn Barthes natürlich Protagonist einer Kultur des Geschriebenen bleibt, muss man unwillkürlich an Zeilen von Édouard Glissant über Schriftlichkeit und Mündlichkeit denken, in denen die Konsequenzen ausformuliert scheinen: «L’écriture, la dictée du dieu, est liée à la transcendance, elle est liée à l’immobilité du corps et elle est liée à une sorte de tradition de consécution que nous appellerions une pensée linéaire. L’oralité, le mouvement du corps sont donnés dans la répétition, la redondance, l’emprise du rythme, le renouveau des assonances, et tout ceci éloigne de la pensée de la transcendance, et de la sécurisation que la pensée de la transcendance portait en elle, et des outrances sectaires qu’elle déclenche comme naturellement.» Édouard Glissant: Introduction à une Poétique du divers. [Montréal: Presses de l’Université de Montréal 1995] Paris: Gallimard 1996, S. 38. 32 Vgl. Jürgen Habermas: Der philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen. Frankfurt/ Main: Suhrkamp 1988, insbes. S. 219–246. S. hierzu ausführlich meinen Aufsatz: Markus Messling: Der ‹Tod› des Autors und die Willkür des Lesers: Objektivierungsstrategien bei Roland Barthes. In: Steffen Schneider / Niklas Bender (Hg.): Objektivität und literarische Objektivierung seit 1750. Tübingen: Narr 2010, S. 207–224, dem die nachfolgenden Überlegungen entstammen. 33 Hans Ulrich Gumbrecht: Tod des Subjekts als Ekstase der Subjektivität. In: Robert Weimann / Ders. (Hg.): Postmoderne – globale Differenz. Frankfurt/Main: Suhrkamp 1991, S. 307–312. 34 Roland Barthes: La chambre claire. Note sur la photographie, S. 95–96.
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mativen Akt hervorgebracht, dadurch nicht nur entäußert und sichtbar, sondern erfahrbar. Subjektivität entfaltet sich dadurch in gewisser Weise real in ihrer Bedingtheit, der Vorgang des Schreibens ist eine performative Analytik der Struktur der Erkenntnisordnung.35 Damit wird das individuelle Schreiben exemplarisch. Der Anspruch, der hier formuliert wird, ist kein geringerer als der, einen objektiveren Zugang zur Erkenntnis über das Subjekt zu bahnen. Tzvetan Todorov hat dies in seiner Analyse von Barthes’ später autobiografischer Trilogie Roland Barthes, par Roland Barthes (1975), Fragments d’un discours amoureux (1977) und La chambre claire (1980) so formuliert: Il fallait, pour ne plus imposer sa vérité à autrui, restreindre aussi le champ d’application de ses assertions au minimum : à soi. Ce faisant, on n’opte pas pour le subjectif au détriment de l’objectif ; je suis tenté de dire : au contraire ; car l’ ‹ objectif › n’est souvent qu’un phantasme personnel alors que parler de soi consiste justement à se faire objet. Ni pour le singulier au détriment de l’universel : là encore, le collectif dont on s’autorise communément à parler n’est d’habitude qu’une fiction ; et la trilogie finale de Barthes est certainement ce qu’il a écrit de plus universel […].36
Todorov liefert auch Aspekte einer Beschreibung der literarischen Mittel, mit denen die aus der Subjektivität gewonnene Entgrenzung zum Allgemeinen gewonnen werden kann: Dans Roland Barthes, il est bien question de lui; mais pour se désigner, il emploie (principalement) la troisième personne et le temps présent. Fragments d’un discours amoureux adopte la première personne mais garde le présent, et on sent bien la différence : le présent déréalise et généralise en même temps; ce n’est pas l’expérience d’un sujet singulier que nous lisons mais ce qui nous est proposé (même si ce n’est pas : imposé) comme une expérience universelle, ou en tous les cas partageable […].37
Universalität kann nur aus einem Konkreten heraus fabriziert werden. In seinen posthum veröffentlichten Vorlesungen La préparation du roman, die Roland Barthes in den Jahren 1978–1980 vor dem Collège de France hielt, wird Barthes diesen Prozess rekapitulieren und ihn zum poetologischen Programm erheben: «Ce
35 Vgl. hierzu genauer Bettina Lindorfer: «Parler, c’est assujettir»: Ist die Sprache etwa faschistisch? Hélène Merlin-Kajman und das Erbe der französischen Texttheorie. In: Markus Messling / Ute Tintemann (Hg.): «Der Mensch ist nur Mensch durch Sprache». Zur Sprachlichkeit des Menschen. München: Fink 2009, S. 149–166; sowie Markus Messling: Der ‹Tod› des Autors und die Willkür des Lesers: Objektivierungsstrategien bei Roland Barthes, S. 213–222. 36 Tzvetan Todorov: Le dernier Barthes. In: Poétique. Revue de théorie et d’analyse littéraires 47 (1981), S. 323–327, hier S. 326. 37 Ibid.
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principe est un principe général : la chose à ne pas supporter, c’est de refouler le sujet – quels que soient les risques de la subjectivité.»38 Er tut dies sehenden Auges und konzediert, dass seine Semiologie daher einen Bezug zur Wissenschaft habe, aber keine Disziplin sei, also kein durch Methoden eingegrenztes Fach.39 Programmatisch lässt Barthes das ‹Lehrstundenhafte› seiner Leçon mit einem autobiografisch gestrickten Fragment zu Thomas Manns Zauberberg ausgehen, das eigentlich eine Liebeserklärung an Jules Michelet ist. Darin ist eine Form des Unterrichtens und Forschens formuliert, die, genährt aus der Erfahrung des Schreibens, freiheitlicher wäre: Cette expérience a, je crois, un nom illustre et démodé, que j’oserai prendre ici sans complexe, au carrefour même de son étymologie : Sapientia : nul pouvoir, un peu de savoir, un peu de sagesse, et le plus de saveur possible.40
Die hier angestrebte Modalität eines offenen, freien Miteinander-Sprechens, für die bei Barthes – die etymologische Herleitung zeigt es schon – ein idealisierter antiker Dialog zwischen Lehrer und Schüler Pate steht, evoziert eine Parallele zu Michel Foucault, der für Barthes’ Berufung ans Collège de France entscheidend gewesen war. Foucault entfaltet in den Jahren 1982 bis 1984 in seiner Vorlesung Le Gouvernement de soi et des autres Überlegungen zum griechischen Begriff der parrhesia («franc-parler»).41 Parrhesia ist auch in Foucaults kulturgeschichtlicher Betrachtung eine Modalität des freimütigen, nicht-rhetorischen Sprechens, das nicht hegemonial sein will, sondern darauf abzielt, etwas Wahres auszusagen: Es ist ein «dire-vrai», in dem sich das Subjekt wahrhaftig artikuliert und erfährt.42 Dieses offene Sprechen («le franc-parler») als wichtiger Bestandteil antiker Lebenskunst ist auch für Foucault ein Spiel der Selbsterfahrung («un jeu de pratiques de soi»),43 das in seinem Existenz-Bezug eine andere Wahrheitsfrage aufwirft als die diskursive Ordnung,44 so dass man annehmen könnte, Barthes unter-
38 Roland Barthes: La préparation du roman (I et II). Cours et séminaires au Collège de France (1978–1979 et 1979–1980). Texte établi, annoté et présenté par Nathalie Léger. Paris: Seuil/IMEC (traces écrites) 2003, S. 25. 39 «La sémiologie a un rapport avec la science, mais ce n’est pas une discipline […].» (Roland Barthes: Leçon, S. 37). 40 Roland Barthes: Leçon, S. 46. 41 Foucault, Michel: Le Gouvernement de soi et des autres. Cours au Collège de France (1982– 1983). Paris: Gallimard/Le Seuil (Hautes Etudes) 2008; Le courage de la vérité. Le Gouvernement de soi et des autres II. Cours au Collège de France (1983–1984). Paris: Gallimard/Le Seuil (Hautes Etudes) 2009. 42 Vgl. vor allem ders.: Le courage de la vérité, S. 4–12. 43 Ibid., S. 6. 44 Vgl. ibid., S. 4.
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suche die psycho-lingualen Bedingungen dieser Technik des Selbst. Allerdings tritt hier doch ein zentraler Unterschied hervor: Wie Foucault annimmt, erhält die parrhesia, also das offene Aussprechen von etwas Wahrem, ihren ethischen Wert in den kulturgeschichtlichen Konstellationen gerade vor dem Hintergrund asymmetrischer Machtverhältnisse. Ihr Wert liege in dem Risiko, das der Sprecher oder die Sprecherin eingeht – der Typus des Schülers gegenüber dem Lehrer, des Philosophen gegenüber dem Volk, des Beraters gegenüber dem Staatsmann usf. –, wenn er oder sie dem Anderen etwas mitteilt.45 Konsequent denkt Foucault die Überschreitung innerhalb bestehender Interessenskonstellationen, Machtfreiheit gibt es für ihn nicht. Hier zeigt sich umso stärker die utopische Dimension des Barthes’schen Denkens, die gleichwohl als Erfahrung in Momenten realisiert werden will: Das Spiel mit den sprachlichen Ordnungen, das Überschreiten der Zeichenhaftigkeit der Zeichen, das Unterwandern des Stereotypischen gelten ihm als Prozess individueller Befreiung, oder genauer der Erfahrung eigener Subjektivität, die sich in der Überschreitung der Strukturen manifestiert und konturiert. Das Schreiben (écriture) als Praxis des Sprachspiels ist eine Technik der Selbstbehauptung, in Momenten ein lieu hors-pouvoir. Und diesen Moment feiert Barthes begeistert: La sémiologie littéraire serait ce voyage qui permet de débarquer dans un paysage libre par déshérence : ni anges ni dragons ne sont plus là pour le défendre ; le regard peut alors se porter, non sans perversité, sur des choses anciennes et belles, dont le signifié est abstrait, périmé : moment à la fois décadent et prophétique, moment d’apocalypse douce, moment historique de la plus grande jouissance.46
Damit lobt Barthes nicht nur die Erfahrung des befreit sprechenden Subjekts, sondern auch den historischen Moment, in dem die Institutionen legitimer Literaturdeutung ins Wanken geraten – allen voran die Sorbonne als Konsequenz der Ereignisse von 1968.47 Seine Leçon, die Antrittsvorlesung vor dem Collège de France, ist dabei auch in seinem eigenen schriftstellerischen Schaffen schon das Resümee seiner Erfahrung mit den in dieser Hinsicht aufschlussreichen Büchern Le plaisir du texte (1973) und den Fragments d’un discours amoureux (1977).
45 Vgl. ibid., S. 12–13, 24–25. Foucault betont vom Beginn seiner Überlegungen an den nicht-pädagogischen Charakter der parrhesia (vgl. Foucault: Le Gouvernement de soi et des autres, S. 54). Deswegen nimmt er das Sprechen des Lehrers, der etwas Wahres qua Profession sagt, auch explizit von der parrhesia aus (vgl. Foucault: Le courage de la vérité, S. 24). 46 Roland Barthes: Leçon, S. 41. 47 Vgl. hierzu die gesellschaftliche Historisierung die Barthes: Leçon, S. 32–35, für seine Semiologie gegenüber der Entstehung der Semiotik in der Zeit der «großen Autoren» (Brecht, Sartre, Saussure) vornimmt.
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Barthes’ Denken und Schreiben verabschiedet sich also zweifelsohne von einer spezifischen Tradition europäischer, logozentrischer Rationalität – und auch von dem Objektivitätsanspruch einer daraus geborenen Wissenschaft. Es will so allerdings einen objektiveren, oder vielleicht besser: lebensnäheren Zugang zum Subjekt finden, indem dessen Bedingtheit und Freiheit ausgelotet wird. Erkenntnis über die Beschaffenheit des Subjekts, über Subjektivität, kann nur performativ in der Spracharbeit entstehen. Barthes verlässt daher die reflexive Ebene der Sorge um sich selbst und um andere, die ihm ungenügend, weil machtbehaftet erscheint, und sucht Wege zu ihrer ästhetischen Form und Erfahrung.48 Die Vorlesung Comment vivre ensemble: Simulations romanesques de quelques espaces quotidiens,49 die Barthes nur fünf Tage nach seiner Antrittsvorlesung am Collège de France beginnt, ist in diesem Sinne der lebensbezogene Versuch, eine schwache Ethik zu begründen, die an der Ästhetik des Romans geschult und erprobt wäre.50 Die Einebnung der Gattungsunterschiede zwischen rationalem und subjektivem Diskurs und die Aufgabe der Metasprachlichkeit sind daher keine Ausbrüche aus der Bewegung der europäischen Aufklärung heraus, sie sind ihm geradezu die Bedingungen neu gewonnener Erkenntnis und Befreiung des Subjekts, für die er genau deshalb den Anspruch wissenschaftlicher, zumindest reflektierender Erkenntnis erhebt. Nichts zeigt dies deutlicher als seine Trennung zwischen der Wissenschaft als historischem Prozess erkenntnistheoretischer Brüche und dem Anspruch der Metasprachlichkeit: Et si certain profitent de cette condition pour dénier à la sémiologie active, celle qui écrit, tout rapport avec la science, il faut leur suggérer que c’est par un abus épistémologique, qui commence précisément à s’effriter, que nous identifions le méta-langage et la science, comme si l’un était la condition obligée de l’autre, alors qu’il n’en est que le signe historique, donc récusable ; il est peut-être temps de distinguer le méta-linguistique, qui est une mar-
48 Das ist – wenngleich in anderer Perspektivierung – auch Peter Bürgers Annahme über Barthes’ Auseinandersetzung mit der Subjekt-Problematik; vgl. Peter Bürger / Christa Bürger: Das Verschwinden des Subjekts [1998] / Das Denken des Lebens [1996]. Fragmente einer Geschichte der Subjektivität. Frankfurt/Main: Suhrkamp 2001, S. 209–222. 49 Roland Barthes: Comment vivre ensemble: Simulations romanesques de quelques espaces quotidiens. Notes de cours et de séminaires au Collège de France (1976–1977). Texte établi, annoté et présenté par Claude Coste. Paris: Le Seuil/IMEC 2002. 50 Vgl. Claude Coste: Préface. In: Roland Barthes: Comment vivre ensemble, S. 19–28; sowie Toni Tholen: Ästhetik der Existenz. Zur literarischen Ethik des späten Roland Barthes. In: Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte / Cahiers d’Histoire des Littératures Romanes 32/3–4 (2008), S. 393–412, und ders.: Die Literaturwissenschaft und das Leben. Bemerkungen zur Debatte über eine Neuorientierung der Literaturwissenschaft. In: Wolfgang Asholt / Ottmar Ette (Hg.): Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft. Programm – Projekte – Perspektiven. Tübingen: Narr 2010, S. 93–111, hier S. 109 f.
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que comme une autre, du scientifique, dont les critères sont ailleurs (peut-être que, soit dit en passant, ce qui est proprement scientifique, c’est de détruire la science qui précède).51
In der Tat: Barthes’ Sprach- und Texttheorie formuliert den Anspruch, «Welterschließung» zu sein, aber nicht, um noch einmal mit Habermas zu sprechen, in der Dimension der «Kunstwahrheit» (des Schönen), sondern in jener der kulturellen Problemlösung.52 Bereits 1970, in Barthes’ Japan-Buch L’empire des signes, war dies überdeutlich geworden, indem dort «die Ästhetisierung des wissenschaftlichen Diskurses nicht der Zerschlagung wissenschaftlicher Ordnungsbemühungen, sondern einer Erneuerung der wissenschaftlichen Verhältnissetzung zwischen Ordnung und Freiheit sowie zwischen Empirie und Sprache»53 diente. Damit führt Barthes, der aufgrund der normierenden Macht des modernen Rationalismus kein ‹Moderner› mehr sein wollte,54 das Problem der Moderne in unserer Gegenwart. Im leeren Zentrum, um das sich sein Denken entfaltet, steht eine Frage, die für Barthes von universaler Gültigkeit ist, jene nach der Stellung des Subjekts. Allerdings lässt sich diese Frage für Barthes nicht mehr universal gültig aus dem europäischen Logozentrismus herleiten, der das Konkrete, den Körper, den Leib, nicht eindenkt, sondern seit Delos schmerzhaft aus der Idee verbannt. Diese Suche nach der Behauptung von Subjektivität in einem normativen Rationalismus ist ohne ihre inneren Widersprüche nicht zu verstehen: Barthes’ Theorie entsteht im Kontext eines als repressiv erlebten zentralistischen Staatsrationalismus. Barthes hatte keine klassische Universitätskarriere gemacht und spricht vor dem für alle offenen Collège de France, nicht vor der Diplome verleihenden Sorbonne. Gleichzeitig spricht er als Collège-de-France-Professor doch von der höchsten symbolpolitischen Warte. Das wirft die Frage auf, welche Subjektivität hier welche Grenzen der Exemplarität austariert und austarieren kann. Wer garantiert, dass im «leeren Zentrum» nicht doch jemand steht, der aus der Fülle seiner Männlichkeit die Perspektive seiner spezifischen Subjektivität zur allgemeinen Geltung bringt? Mit der Aufkündigung des rationalistischen Objektivitätsanspruchs zerfließen auch emanzipatorische Hoffnungen, für die dieser auch einstand. Eröffnet die Betonung der Notwendigkeit, von einer Subjektivität her zu sprechen, wirklich neue Emanzipationsprozesse?
51 Roland Barthes: Leçon, S. 37. 52 S. zu dieser Diskussion noch einmal ausführlicher: Markus Messling: Der ‹Tod› des Autors und die Willkür des Lesers: Objektivierungsstrategien bei Roland Barthes. 53 Ventarola, Barbara: Passagen zu einer ethnographischen Semiologie – Roland Barthes: L’empire des signes. In: Rainer Zaiser (Hg.): Literaturtheorie und sciences humaines. Frankreichs Beitrag zur Methodik der Literaturwissenschaft. Berlin: Frank+Timme 2008, S. 143–167, hier S. 160. 54 Vgl. Ottmar Ette: Roland Barthes. Landschaften der Theorie, S. 130–131.
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Interessant ist, dass anderthalb Jahrzehnte nach Barthes’ Leçon eine Frau ihre Stimme mit philosophischer Schärfe gegen den intellektuellen Kontext der Pariser Machtkritik erhebt, die, vom Marxismus der Schule von Kolkata geprägt, die emanzipatorische Kraft dekonstruktiver Kritik betont: Gayatri Chakravorty Spivak. In ihrem berühmt gewordenen Essay Can the subaltern speak?55 macht sie in der Kritik des rationalistischen Subjekts von Michel Foucault und Gilles Deleuze einen neuen Repräsentationsanspruch aus. Die führenden Intellektuellen der Ersten Welt missverstünden sich als transparente Repräsentanten der Nicht-Repräsentierten.56 Damit markiert sie den Wandel, den Barthes vor dem Collège de France in den französischen Institutionen performativ vorführt, auf der globalen Bühne. Ihren marxistischen Materialismus versöhnt sie dabei mit der Dekonstruktion Jacques Derridas, weil diese den Anspruch auf Repräsentation grundsätzlich aufgegeben habe.57 Wenn Spivak den Freitod der Frau Bhuvaneswari Bhaduri als ‹andere Stimme› deutet, welche die Rolle der subalternen Frau jenseits der Machtdiskurse positioniere,58 dann ist ihr bewusst, dass diese ‹Stimme› stimmlos (im positivistischen Sinne) ist. Diese ist nicht repräsentiert und scheint erst in der von Spivak vorgeführten Interpretationsbewegung auf.59 Die Verortung des Sprechens wird so in seiner politischen Bedeutung vorgeführt. Das war auch der Sinn von Barthes Leçon gewesen, der dabei – am Ort intellektueller Autorität – noch von einem universalisierbaren Momentum der Machtfreiheit träumte. Comment vivre ensemble? Diese Frage, die der späte Barthes uns hinterlässt und die sich in den Verflechtungen der Globalisierung als dringlich erweist, kann nicht über universalistische Abstraktionen von Lebenswelt beantwortet werden. Barthes’ Gestus einer anderen, radikaleren Subjektivität, die die Fixierung durch die Ordnungstradition aufbricht, zeigt an, dass Universalität erst noch herzustellen wäre. In der Frage nach dem Wir führt an Barthes’ «perpétuel dévoiement»60 kein Weg vorbei.61
55 Gayatri Chakravorty Spivak: «Can the Subaltern Speak?» In: Cary Nelson / Lawrence Grossberg (Hg.): Marxism and the Interpretation of Culture. [1985] Urbana: University of Illinois Press 1988 [1985], S. 271–313. 56 Gayatri Chakravorty Spivak: Can the Subaltern Speak? Postkolonialität und subalterne Artikulation. Mit einer Einleitung von Hito Steyerl. 2. Aufl., Wien: Turia+Kant 2016 [2008], S. 21–41, v. a. auch S. 60–67. 57 Vgl. ibid., S. 66–73 58 Vgl. ibid., S. 104–105. 59 Vgl. ibid., S. 105 f. 60 Roland Barthes: L’empire des signes, S. 50. 61 Vgl. die Anmerkung zur Derrida’schen Dekonstruktion in Markus Messling: Universalität nach dem Universalismus. Über frankophone Literaturen der Gegenwart. Berlin: Matthes & Seitz 2019, S. 41–43.
Patricia A. Gwozdz
Id est figura corporis mei Tertullians Korpor(e)alität in der Moderne (Valéry, Michaux, Zürn) Peindre pour manipuler le monde…1 Henri Michaux
1 Tertullians Vermächtnis Sich Figuren ohne Bewegung vorzustellen, ist schier unmöglich. Figuren und Bewegung gehören sowohl physisch-materiell als auch ästhetisch-sinnlich zu einem gemeinsamen Syntagma, dessen Paradigma unzählige andere Variationen in der Zusammenstellung von Figuren offeriert: von der arithmetischen Zahl zur geometrischen Fläche, vom christlichen Sakrament zur rhetorischen Trope, von der Anatomie zur Malerei, vom Ballett und der Musik zur anthropologischen Einheit von Gesicht und Körper, durch die der Mensch visuell repräsentiert wird. All diese Figuren gehen in ihrer Selektion und Kombination auf einen semantischen Ursprung zurück: figura.2 Erich Auerbach initiierte mit seinem epochemachenden Aufsatz einen Weg in die «figura»-Forschung,3 die heute von der Romanistik4 ausgehend in anderen Disziplinen fruchtbare Theoriearbeit geleistet hat.5 In diesem Aufsatz soll es al-
1 Henri Michaux: Emergences-Résurgences. Les sentiers de la création. Genève: Editions d’Art Akira S.A. 1993 [1972], S. 70. 2 Die folgenden Überlegungen gehen auf meine Habilitationsschrift zurück, die im Mai 2021 bei der Philosophischen Fakultät der Universität unter dem Titel Ecce figura. Anatomie eines Konzepts in Konstellationen (1500–1900) eingereicht worden ist. 3 Ernst Müller, Falko Schmieder: Begriffsgeschichte und historische Semantik. Ein kritisches Kompendium. Berlin: Suhrkamp 2019 (2. Auflage), S. 20. Vgl. hierzu insbesondere die beiden Bände Boehm, Gottfried; Brandstetter, Gabrielle; Müller, Achatz von (Hg.): Figur und Figuration. Studien zu Wahrnehmung und Wissen. München 2007, und Brandstetter, Gabrielle; Peters, Sibylle (Hg.): De figura. Rhetorik – Bewegung – Gestalt. München: Wilhelm Fink 2003. 4 Ottmar Ette: WeltFraktale. Wege durch die Literaturen der Welt. Stuttgart: J.B. Metzler 2017. 5 Friedrich Balke: Mimesis und Figura, Erich Auerbachs Niederer Materialismus, in: Friedrich Balke, Hanna Engelmeier (Hg.): Figura und Mimesis. Mit einer Neuausgabe des «Figura»-Aufsatzes von Erich Auerbach. Paderborn: Wilhelm Fink 2018, S. 13–88. https://doi.org/10.1515/9783110730340-005
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lerdings nicht vorrangig um Auerbachs Lesart des figura-Begriffs gehen, vielmehr soll das Interesse, das der Romanist dem Kirchenvater Tertullian geschenkt hat, zur bildtheoretischen Exposition gemacht werden, deren Nachleben in modernen Schreibexperimenten verfolgt werden soll. Tertullians «energischer Realismus»6 ist von durchschlagender Überzeugungskraft für Auerbach, weil der frühe Kirchvater figura nicht als allegorische Strategie einer Ersetzung von Symbol und Körper verwendet, sondern im Sakrament der Eucharistie ein gleichgültiges Nebeneinander von zwei Wirklichkeiten anerkennt – kraft des Glaubens versteht sich. Die Tertullian-Exegese hat sich immer wieder über den rhetorischen Stil des Autors gestritten, ob viele seiner Ausführungen vielleicht doch nur polemischer Natur sind und der Realismus des natürlichen Körpers Jesu Christi eine drastische Finte gegen seinen Gegner Marcion ist, der stets von einem Scheinleib Jesu gesprochen hat.7 Zumindest in Tertullians Schriften De Carne Christi und De Resurrectione lässt sich klar erkennen, dass die Wiederherstellung («institutione»/«restitutione») des Fleisches als eine Reformation des materiellen Leibes zu verstehen ist («reformation materiae»).8 Der Leib wird reformiert, so wie er gelebt hat, mit allen Wunden und Zeichen eines erlebten Lebens, aber ohne, dass diese erneut erlitten werden. Gebunden bleibt die Auferstehung an ein Gerichtet-Werden vor Gott und hierzu muss der Leib so vor Gott erscheinen, wie er durch die Welt geformt worden ist mit all den übriggebliebene körperlichen Insignien («insignibus sui reliquis»).9 Diese Zeichen sind bereits «figurae» einer zukünftigen Auferstehung, die verheißen ist.10 In De Carne Christi steht die Geburt im Vordergrund der argumentativen Beweisführung, denn weil es Jesus bestimmt war zu Sterben, um die Schrift zu erfüllen, musste er geboren werden: «forma moriendi causa nascendi est.»11 Die Form des Sterbens auch im Sinne des Absterbens einer alten Person, um eine neue Person zu werden, ist stets die Wirkursache der Geburt, die Tertullian vor allem an der weiblichen Genealogie der Gottesmutter erläutert. Als geborener und
6 Erich Auerbach: Figura, in: ders., Gesammelte Aufsätze zur Romanischen Philologie. Bern, München: Narr Francke 1967, S. 55–92, hier S. 66. 7 Vgl. T. P. O’Malley: Tertullian and the Bible. Language – Imagery – Exegesis. Utrecht: Dekker & Van de Vegt 1967. 8 Q. Septimii Florentis Tertulliani: De resurrectione carnis liber. Tertullian’s Treatise on the Resurrection. The text edited with an introduction, translation and commentary by Ernest Evans. London: S.P.C.K. 1960, S. 30. 9 Ebd., S. 170. 10 Ebd., S. 174. 11 Q. Septimii Florentis Tertulliani: De carne Christi liber. Tertullian’s treatise on the Incarnation. The text edited, with an introduction, translation and commentary, by Ernest Evans. London: S.P.C.K. 1956, S. 24.
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nicht mehr geschaffener Leib wie der von Adam trägt Jesu Körper alle Zeichen und Anzeichen des menschlichen Makels: weder wohl gestaltet noch schön anzusehen ist er einfach ein menschlicher Körper unter menschlichen Körpern, mit dem man sich identifizieren kann. Mag sich auch die Form des Körperlichen ändern, so bleibt der Materie doch die Signatur ihres Ursprung («omnis materia sine testimonio originis suae») erhalten, die die Teilhabe am Göttlichen markiert.12 Im Leib der Mutter prägte Gott seinem Sohn das Zeichen einer Abkommenschaft ein, die eine neue Geburt für alle Menschen verspricht. Die Geburt ist keine rein figürliche, sondern eine buchstäbliche: denn nichts kann im Uterus figuriert werden («non utero figurat»), was nicht von der Jungfrau empfangen worden ist («nam et virgo concepit»). Frei vom Schleier der Allegorie («ab omnia allegoriae nubilo purae») sieht er in dieser Empfängnis und Geburt kein bloßes Bild («imagines») einer Schattenwelt («umbrae»), sondern ein tatsächliches Ereignis, denn Figuren ohne eine zugrundeliegende Wirklichkeit kann sich Tertullian nicht vorstellen. Er fragt daher: «Atque adeo si omnia figurae, quid erit illud cuius figurae?» (De resurrectione, 54) Setzt man Figuren voraus, was liegt dann diesen Figuren zugrunde, von dem sie Figuren sind? Tertullian gibt ein strukturalistisches Problem Preis: in einer ewigen Spirale müssten Figuren auf Figuren verweisen. Tertullian setzt diesem leeren Kreislauf ohne Leben die Geburt und den Tod Jesu Christi entgegen, der nur eine neue Genealogie begründen konnte, weil er gelebt hat – nicht allegorisch oder figürlich, sondern leibhaftig. Diese neue Genealogie wird bekanntlich in der Eucharistie rituell wiederholt und als Danksagung gefeiert. Dem Sakrament gilt Tertullians Aufmerksamkeit, wenn er erneut gegen Marcions Scheinleib-Theorie argumentiert. In der für Auerbach so wichtigen Passage heißt es: Professus itaque se concupiscentia concupisse edere pascha ut suum (indignum enim ut quid alienum concupisceret deus), acceptum panem et distributum discipulis corpus suum illum fecit, Hoc est corpus meum dicendo, id est figura corporis mei. Figura autem non fuisset nisi veritatis esset corpus: ceterum vacua res, quod est phantasma, figuram capere non posset.13 [hervorgehoben von P.G.]
12 Tertulliani: De carne Christi, S. 36. 13 Tertullian: Adversus Marcionem, edited and translated by Ernest Evans. Oxford: Clarendon Press 1972, S. 492. «So then, having affirmed that with desire he had desired to eat the passover, his own passover – it would not have been right for God to desire anything not his own – the bread which he took, and divided among his disciples, he made into his body, saying This is my body, that is, the figure of my body. Now there could have been no figure, unless it had been a veritable body; for an empty thing, which a phantasm is, would have been incapable of figure» (ebd., S. 493).
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«Id es figura corporis mei» bedeutet, dass nichts figura sein kann («figura autem non fuisset»), das nicht einen Körper hat («veritatis esset corpus»). Aus Nichts kann figura nicht hervorgehen. Sie ist weder eine figura ex nihilo noch eine figura ex figura, sondern schlicht und einfach eine figura ex materia. Im Ritual eröffnet sich die Szene eines Repräsentationseffektes, der – wie Pierre Legendre auch für die moderne Bildtheorie gezeigt hat – zugleich zu einer Urszene der Konstitution des modernen Subjekts durch die Institution der Bilder wird.14 Tertullian verwendet zwar den Begriff «figura», aber nur um eine Gleichzeitigkeit auszudrücken, die im gesprochenen Wort des Priesters, der an Stelle von Christus spricht, nicht präsent ist: «Hoc est corpus meum» ist der gesprochene Ausdruck, der – weil er in der Zeit linear ausgesprochen wird – nur eine Wirklichkeit bezeichnen kann, nämlich die Wirklichkeit des Leibes Christus als Opfer. Doch legt man das Ritual gleichsam in der Schrift auseinander, d. h. verschriftlicht man seine unausgesprochene Spur, dann ergibt sich für Tertullian «id est figura corporis mei»: Es ist zugleich die Figur meines Leibes. «Figura» (Brot/Wein) und «figuratum» (Leib/ Blut), so hat bereits der Theologe Johann Georg Vitus Engelhardt argumentiert, bleiben im Ritus gleichzeitig präsent oder sie werden sich vielmehr durchsichtig im Vollzug des Sakraments durch die Sprechhandlung, die eine Vergegenwärtigung zweier Gegenwarten ist.15 Bei dem Rechtswissenschaftler und Psychoanalytiker Pierre Legendre stellt die kirchliche Bühne jene Szene dar, in der das, was wirkt, nämlich das Sichtbare, figura, das Sakrament als Träger eines Effekts überhaupt erst möglich macht: einer Teilung innerhalb des Subjekts, das auf der einen Seite als Priester/Gläubiger auftritt, geschieden vom Ewigen, und auf der anderen Seite erscheint figura als Symbol, das teilt. Diese Teilung erfährt das Subjekt als ein Bild, das in ihm und vor ihm erscheint: das Opfer, das zum Träger aller Bezüge wird und damit den «strukturellen Platz der Vermittlung» zwischen Subjekt und dem «unsagbaren Grund» bildet, eine Vermittlungsarbeit, dessen rituelle Formen sich zwischen Gesellschaft und Subjekt fortsetzen werden.16
14 Pierre Legendre: Gott im Spiegel. Untersuchung zur Institution der Bilder. Aus dem Französischen von Sabine Hackbarth und Verena Reiner, hrsg. von Georg Mein und Clemens Pornschlegel. Wien: Turia + Kant 2011 [1997], S. 247–274. 15 D. Johann Georg Vitus Engelhardt: Einige Bemerkungen über die Geschichte der Lehre vom Abendmahle in den drei ersten Jahrhunderten, in: Zeitschrift für historische Theologie, Band 12, Jahrgang 1842, 1. Heft, S. 3–20, hier S. 15. 16 Legendre: Gott im Spiegel, S. 271 f. Vgl. hierzu auch das Sakrament als Paradigma für verschiedenen Formen der Repräsentation bei Jochen Hörisch: Brot und Wein. Die Poesie des Abendmahls. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1992, und Daniel Weidner, der das Sakrament als «Figur der Figuren» bezeichnet, weil es als «Matrix der Repräsentationen» fungiert. Vgl. Daniel Weidner: Sakramentale Repräsentation als Modell und Figur, in: Stefanie Ertz, Heike Schlie, Daniel Weidner
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Figura kann bei Tertullian diese Bedeutung neben vielen anderen annehmen. Sie ist nicht auf diese Interpretation beschränkt.17 Man kann aber leicht erahnen, welche bildtheoretischen Prämissen man aus einer solchen sprachkritischen Verwendung eines Wortes ziehen kann, dass zugleich metaphysisch-rhetorische und physisch-materielle Bedeutungen in verschiedenen Kontexten zusammenführt. Das Sakrament vereint beide Bedeutungen in der Theatralität des gekreuzigten Leibes, der immer und immer wieder als Szene der Gemeinde kraft figura als «écart»18 zwischen Zeichen und Bezeichnetem vergegenwärtigt wird. Figura steht dabei weder auf der Seite des Signifikanten noch auf der Seite des Signifikats. Sie eröffnet vielmehr den Ort, an dem das in Erscheinung treten kann, was sich vollziehen soll: die Verwandlung in Nachfolger Christi. Einige Dichter*innen des 20. Jahrhunderts, weit davon entfernt das Christentum neu zu beleben, werden mit diesen zwei Körpern experimentieren und profanere Formen der Teilhabe an dem Ort des Erscheinens des Unsagbaren erfinden. Ich lese sie daher in diesem Aufsatz als «hyperchristliche»19 Variationen des theologischen Enigmas: id est figura corporis mei.
2 Chiropoetische Inkarnationen: Valérys vierter Körper Beginnen wir mit den vier Körpern des Dichters Paul Valéry. Seine Vorliebe für künstlerische Skizzen und das Handgeschriebene und -gezeichnete lässt sich in seiner Einführung und seinen abschweifenden Notizen zu Leonardo da Vinci nachverfolgen.20 Dort entwirft er den Renaissance-Maler allerdings nicht als biographische Person, sondern konstruiert durch die abschweifende Linie seiner Gedankengänge eine Chiffre, die einem «loi intime» (827) folgt, damit der Dichter sich selbst in seinen poetologischen Reflexionen durch eine ständige Relektüre
(Hg.): Sakramente Repräsentation. Substanz, Zeichen und Präsenz in der Frühen Neuzeit. Leiden: Brill, Fink 2012, S. 13–28, hier S. 27. 17 Zur Problematik allegorischer Deutung bei Tertullian siehe erneut T. P. O’Malley: Tertullian and the Bible, S. 156ff. 18 Zur dekonstruktivistischen Lesart des Sakraments vgl. Jean-Luc Nancy: Corpus. Paris: Métailié 2000. Allerdings bezieht sich Nancy dort nicht auf Tertullians «figura»-Variation. 19 Vgl. Clemens Pornschlegel: Hyperchristen. Zur Problematik eines Begriffs, in: ders., Hyperchristen. Brecht, Malraux, Mallarmé, Brinkmann, Deleuze. Wien: Turia + Kant 2011, S. 9–32. 20 Paul Valéry: Introduction à la méthode de Léonard da Vinci, in: ders., Œuvre, Tome 1, édition, présentation et notes de Michel Jarrety. Paris: La Pochothèque 2016. Im Folgenden wird die Seitenzahl direkt im Text angegeben.
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(«relire, donc, relire après l’oubli») als Subjekt des Schreibaktes konstituieren kann (822). Während dieses Vorgangs ist das Ergriffen-sein («saisir») durch eine einfache Figur («figure simple») das bewegende Prinzip, das zum neuen Ansetzen von Linien führt (832). Es stimuliert das Denken. Denken («penser») und Figur gehören zusammen (842). Anders jedoch verhält sich das Bewusstsein («conscience»): Es ist das tiefe, organische Leben («la vie organique profonde») den Zufällen und Störungen unterworfen (852). Ihm helfen auch keine Figuren. Als Zuschauer unseres eigenen Bewusstseins bewegen wir uns wie in einem dunklen Theater. In dieser Dunkelheit gibt es nicht mehr uns selbst als eine Persönlichkeit («personalité»), die wir besitzen oder die sich als Spiegelbild konturieren ließe (855). Auch Leonardo – sein Gegenstand der inneren Schau – gehorcht nicht mehr der Logik von Person und Persönlichkeit gebunden an biographische Daten, die sich zu einer Geschichte formen, sondern der «personne», die niemanden bezeichnet oder darstellt. In der reinen Form des Bewusstseins («conscience pure») widerstrebt die personne jemand zu werden und verharrt stattdessen im Modus des anonymen «moi»: «Elle est le moi, le pronom universel, appellation de ceci qui n’a pas de rapport avec une visage» (859). Die Frage ist, ob diese Figur ohne Gesicht auch einen Körper hat. In seinen essayistischen Überlegungen zum heiligen Handwerk der Chirurgie21 und in seinen daran anschließenden Skizzen zu den vier Körpern22 wird die chiropoetische Dimension dieser Fragestellung mit einem biologisch-organischen Verständnis von Leben und Körper zusammengeführt. Verweisen die Hände des Chirurgen auf seine eigene Tätigkeit als Dichter, weil Hände und Dichten in ein gemeinsames Paradigma von Tätigkeiten des Greifens gehören,23 so dokumentiert er in Réflexions simples sur le corps die Bedeutung des Lebendigen vom Blutkreislauf bis zur Zellteilung im Embryo und fragt nach der Funktion des Geistigen im Bereich des Organischen. Es offenbart sich ein vitalistisch-kreatürliches Moment im Denken Valérys, das den Geist («l’esprit») allerdings nicht als Gegensatz zum Organischen setzt, sondern als «pouvoir de transformation» (926). Das Vermögen zur Transformation ermöglicht es, Handlungsimpulse und Ideen aufeinander abzustimmen, anstatt Ideen bloß als Störenfriede des Organismus anzusehen, die ihn aus seinem natürlichen Gleichgewicht bringen. Geist in der Hand des dichtenden «moi»
21 Paul Valéry: Discours aux chirurgiens, in: ders., Œuvres, Tome 1, édition établie et annotée par Jean Hytier. Paris: Gallimard 2016, S. 907–923. 22 Paul Valéry: Réflexions simples sur le corps, in: ders., Œuvres, Tome 1, édition établie et annotée par Jean Hytier. Paris: Gallimard 2016, S. 923–931. 23 «Mettre, – prendre; – saisir; – placer; – tenir; – poser, et voilà : synthèse, thèse, hypothèse, supposition, compréhension…Addition se rapporte à donner, comme multiplication et complexité à plier» (919).
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ist Freiheit («liberté») als Zustand gleicher Möglichkeit («dans un état d’égale possibilité», ebd.). Die Formen der Korpor(e)alität die der Dichter verhandeln möchte gestalten sich in drei verschiedenen Variationen: der erste Körper, der uns besitzt, weil er uns an das bedingungslose Hier und Jetzt bindet, keine Vergangenheit und keine räumlichen Verhältnisse zum Ich kennt (927).24 Dennoch bildet er die beständige und zugleich variierende Grundlage des Lebens. Der zweite Körper ist unser Spiegelbild oder ein Porträt, d. h. eine visuelle Repräsentation, von der uns vor allem die Künste Auskunft geben. Dieses Körperbild stellt Schmerz dar, der Körper weiß jedoch nicht, was für eine Bedeutung der Schmerz hat. Zugleich kann er durch seine Sichtbarkeit innere Bewegungen im Außen darstellen. Der dritte Körper schließlich ist der wissenschaftliche Körper, das epistemische Objekt der Wissensproduktion vom anatomisch sezierten Fleisch bis zum «cryptogrammes histologiques» (929). Die abschweifende Denk-Linie des Dichters ist allerdings mit diesen drei Optionen der Körperlichkeit nicht zufrieden. Insbesondere die Wissenschaft vom Körper als epistemisches Objekt hinterlässt einen unbefriedigenden Nachgeschmack. Es macht sich eine absurde Stimme bemerkbar («la Voix de l’Absurde», 931), die von einem zusätzlichen vierten Körper spricht, der weder ausschließlich real («Corps Réel») noch imaginär («Corps Imaginaire») ist, sondern beides gleichzeitig: «réel-imaginaire» (930). Wie ein Wirbel in einer Flüssigkeit ist er nicht mehr von der Substanz unterscheidbar, aus der er hervorgeht. Wertlos erscheint dieser vierte Körper, weil er im Grunde keine Funktion erfüllt außer dass er die Grundlage der drei anderen Körper bildet, die vor jeder Erfahrung des Körperlichen liegt. Was ist der vierte Körper? Es ist der Stachel («aiguillon»), der zum Weiterdenken anspornt, ein transzendentaler Körper, der nicht existiert außer zum Zeitpunkt des dichtenden Denkens und denkenden Dichtens: «quelque Inexistence, dont mon Quatrième Corps est une manière d’incarnation» (931). Es ist die Fleischwerdung des gesichtslosen und unsichtbaren «moi», kein Personalpronomen, das auf eine personne als jemand verweist, sondern ein Ort, an dem das Vermögen der Transformation in Erscheinung tritt. Die poetologische Szene verwandelt sich in eine theologische: Augustinus verwendet persona im Sinne von in trinitatem personam d. h. als eine relationale Verbindung zwischen drei Entitäten, die getrennt voneinander, aber vereint durch den Geist koexistie
24 Vergleichbar wäre diese Form der Körperlichkeit auch mit derjenigen des Phänomenologen Merleau-Ponty. Vgl. Maurice Merleau-Ponty: Phénoménologie et la Perception. Paris: Gallimard 1945, hier S. 119. Zur Differenz von Körper-haben und Leib-sein siehe auch Helmuth Plessner: Gesammelte Schriften III, Anthropologie der Sinne, hrsg. von Günter Dux, Udo Marquard und Elisabeth Ströker. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1980, S. 382f.
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ren.25 Valérys persona ist als grammatikalischer Marker zugleich jemand und niemand: eine Stimme, die sticht und in dem sie sticht das Denken anstachelt. Die real-imaginäre personne als vierter Körper verbürgt die poetische Trinitätslehre Valérys in einer gleichzeitigen Vergegenwärtigung von figura und figuratum. Mögen sich die chiropoetischen Inkarnationen der Zeichnungen von Valéry an geometrisch-mathematischen Mustern orientieren,26 ihnen ist nur das Denken (penser) verpflichtet, während Bewusstsein (conscience) und Geist (esprit) jenseits der geometrischen «Schreib-Szene»27 in Erscheinung treten und zwar als deren Voraussetzung. Die Hand geht zwar dem Schreiben voraus, dennoch ist sie erst dann als Hand zu spüren, wenn sie – aristotelisch gesprochen – ihr Vermögen (potentialis) durch das Schreiben und Zeichnen in Bewegung setzt (dynamis). Der erste Körper ist das pure Dasein im Zustand des Vermögens von Hand und Papier; der zweite Körper ist das Schriftbild als visuelle Repräsentation der zeichnenden Hand; der dritte Körper erschafft ein Wissen vom Körperbild durch die mitlaufende Reflexion. Schließlich erscheint der vierte Körper als Stimme, die Fleisch wird und zwar an dem Punkt, wo das Schreiben, die Schrift und das Zeichnen enden: beim Absetzen des Stifts, beim Abbruch der Linie am Rande des Papiers, die zu einem neuen Ansetzen auffordert. Das ist der Moment, an dem die Stimme als real-imaginärer Körper in Erscheinung tritt und das Subjekt im Schreiben als das konstituiert, was es ist: L’esprit, c’est moi!
3 Michaux im «Netzhaut-Zirkus» Avantgarde Schrifttheorien, Experimente mit Drogen, schreibend-protokollierende Hände und halluzinierende Gehirne formieren im 20. Jahrhundert ein Experi-
25 Aurelii Augustini Hipponensis Episcopi: De trinitate, Libri quindecim, in: Jacques-Paul Mignes (Hg.): Patrologiae Cursus Completus. Series Latina, Bd. 42. Paris 1865, S. 819–1098, hier S. 945. Zum Nachlesen auch bei Hubertus Drobner: Person-Exegese und Christologie bei Augustinus: Zur Herkunft der Formel Una Persona. Leiden: Brill 1986. 26 Vgl. Caroline Torra-Mattenklott: Poetik der Figur. Zwischen Geometrie und Rhetorik: Modelle der Textkomposition von Lessing bis Valéry. Paderborn: Wilhelm Fink 2016, S. 361–418, und auch Karin Krauthausen: Geometrie als Schreibmedium bei Paul Valéry. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft. Heft 2: Materialität/Immaterialität, Jg. 2 (2010), Nr. 1, S. 15–23. 27 Im Gegensatz zur «Schreibszene», die immer nur nachträglich rekonstruierbar ist, stellt die «Schreib-Szene» eine Ensemble von Praktiken (Materialien, Technik, Gestik etc.), die bereits im Schreibprozess poetologisch reflektiert und thematisiert werden. Vgl. Rüdiger Campe: Die Schreibszene, Schreiben, in: H.U. Gumbrecht, K.L. Pfeiffer (Hg.): Paradoxien, Dissonanzen, Zusammenbrüche. Situationen offener Epistemologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1991, S. 759– 772, hier S. 760.
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mentalsystem für Künstler*innen, die zugleich auch Wissenschaftler und Beobachter ihrer selbst sein wollen – und das höchst methodisch und kalkuliert. Henri Michaux arbeitet sich mittels des Rausches an der Oberfläche der Dinge zwischen Schrift und Bild ab. Ich betone hierbei das Abarbeiten, weil dieser Prozess sowohl psychisch als auch physisch alles von seinen wahrnehmenden Subjekten abverlangt. In seinem Vorwort zu Misérable miracle (1972) verweist er explizit auf eine Forschungsreise, deren Gegenstand das Meskalin ist.28 Daher wird auch die chemische Figur der Moleküle des Meskalins an den Anfang des Buches gesetzt. Es ist titelgebend, titeltragend, und der eigentliche Autor der Wörter, Zeichen und Zeichnungen. Dabei betont Michaux explizit, dass aus den rund hundertfünfzig Schriftbildern aus den eigentlichen Aufzeichnungen nur fünfundzwanzig abgedruckt und veröffentlicht wurden, wobei er darauf hinweist, dass die Schriftbilder den Leser*innen mehr sagen werden als das eigentlich Geschriebene und Beschreibende. Die Schriftbildlichkeit entstammt «inneren Störungen», die sich nur in einer visuellen Verräumlichung auf dem Papier materialisiert haben und daher besseres Zeugnis ablegen, von dem, was sich an einem bestimmten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt vollzogen hat. Obwohl es sich hierbei nicht um Protokolle handelt, hat Michaux seinen subjektiven Eindrücken am Rand Notizen hinzugefügt, die das Erschriebene kommentieren, sortieren und ihnen eine vermeintlich objektive Struktur geben. Sie sollen lediglich Orientierung geben, um die «Überschneidungen» (10) zwischen den sich aufdrängenden Phänomenen besser lokalisieren zu können, denen die Schnelligkeit der Hand bei der Registrierung nicht nachkam. Daher rühren auch die Schriftverzerrungen, die Auflösungen ins Unleserliche, ein Strom der Zeit, dem man nicht hinter her eilen kann und der sich dem Material als «Vibration» als «Störung» einschreibt: ein vertikal herabfließender Strom der Zeit (Abb. 1). Die Buchstaben lösen sich in Linien auf, die Linien wiederum formieren sich zu Wirbelsäulen, einem zitternden Nervensystem, Fasern in lichten Schattierungen, Wandlung und Bewegung des zerebralen Systems, das sich figurativ verdichtet und menschliches Organ wird, dann aber wieder aus der figurativen Repräsentation mediale Antennen, Schlaufen, Schirme werden lässt bis schließlich nur noch eine «Furche» bleibt. Die Droge macht das Subjekt zum Sezierer seines eigenen Körpers: eine perfide Anatomie, ein Schnitt durchs Rückenmark, Leitorgan alles Sensuellen (72f.).
28 Henri Michaux: Unseliges Wunder. Das Meskalin. München: Hanser Verlag 1986, S. 9. Im Folgenden wird die Seitenzahl direkt im Text angegeben. Zu Michaux Linien- und Zeichenkünsten im Kontext seines Gesamtwerks siehe auch die aktuelle Studie von Sabine Mainberger: Linien – Gesten – Bücher. Zu Henri Michaux. Berlin, Boston: De Gruyter 2020. Zur Meskalin-Szene, S. 77–104.
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Abb. 1: Zeichnung von Henri Michaux (aus: Unseliges Wunder. Das Meskalin, S. 47)
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Bei Michaux stellt das Zeichnen und Skizzieren eine «durchführungsorientierte» Verfahrensweise dar,29 die an empirisch-wissenschaftliche Vorgehensweisen erinnert.30 Das zeigt sich bereits an der bewussten Organisation des Verlaufs und Ablaufs der jeweiligen Konstellation von Subjekt, der Einnahme der Droge und der Konstellation des Materials. Michaux bleibt allerdings nicht bei der bloßen Verfahrensweise stehen. Seine Methode einer skizzierenden Schriftbildlichkeit zielt gerade auf eine ergebnisorientierte Durchführung, die aus der Materialität des Schreibens als Zeichnen und des Zeichnens als Schreiben eine Theorie der Schrift erarbeitet. Der experimentelle Selbstversuch im Wahrnehmungsexperiment kraft der Introspektion zielt darauf ab, zum Subjekt und Objekt eines Erkenntnisprozesses zu werden. Dabei ist nicht die Droge das Medium, mit dessen Hilfe das Subjekt die neuen Wahrnehmungswelten erschließt. Das Subjekt selbst will zum Medium werden, zum unvermittelten Dazwischen. Das «diaphane», so zeigt Emmanuel Alloa in seiner phänomenologischen Medialogie, ist das Durchsichtige in der Konvergenz von «Miterscheinen» und des «Erscheinen-Durch», wobei letzteres ins Zentrum der Aufmerksamkeit des medialen Ereignisses rückt.31 Der Erscheinungsraum, in dem sich Dinge und Subjekt als sichtbare Entitäten konstituieren, ist durch drei Parameter gegeben: dem Wie, dem Wodurch und dem Wofür etwas in Erscheinung tritt. Alle drei bilden ein «mediales Kontinuum», in dem sich die Dinge qua wechselseitiger Berührung näher kommen und wieder auseinanderdriften. Diese Berührungen lassen Grenzen und Oberflächen des Seienden entstehen, die den Wahrnehmungsvorgang im Subjekt erzeugen. Jegliche Form von Sichtbarkeit tritt nur kraft von etwas Anderem in Erscheinung, vom dem es sich selbst unterscheidet, d. h. ein Medium kann nur dann als Medium fungieren, wenn es eine heteronome Bestimmung einnimmt.32 Das «diaphane» ist gleichsam der Ort, an dem das «Widerfahrene» zum «Erfahrenen» wird.33 Michaux’ kontrolliertes Rauschexperiment ist ein Versuch, diesen diaphanen Erscheinungsraum am eigenen Körper als Medium der Droge zu erforschen und
29 Christoph Hoffmann: Festhalten, Bereitstellen. Verfahren der Aufzeichnung, in: Christoph Hoffmann, Barbara Wittmann (Hg.): Wissen im Entwurf. Bd. 1: Daten sichern. Schreiben und Zeichnen als Verfahren der Aufzeichnung. Berlin, Zürich: diaphanes 2008, S. 7–20, hier S. 13. Siehe hierzu auch Karin Krauthausen: Vom Nutzen des Notierend. Verfahren des Entwurfs, in: Karin Krauthausen, Omar W. Nasim (Hg.): Wissen im Entwurf, Bd. 3: Notieren, Skizzieren. Schreiben und Zeichnen als Verfahren des Entwurfs. Berlin, Zürich: diaphanes 2010, S. 7–26. 30 Sabine Mainberger spricht daher auch in ihrer Analyse von einem kontrollierten Entgleisen in einem experimentellen Setting. Vgl. Mainberger: Linien – Gesten – Bücher, S. 77. 31 Vgl. Emmanuel Alloa: Das durchscheinende Bild. Konturen einer medialen Phänomenologie. Berlin, Zürich: diaphanes 2001, S. 91ff. 32 Alloa: Das durchscheinende Bild, S. 91. 33 Ebd., S. 100.
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für sich selbst wie für sein Publikum sichtbar zu machen. Sein größter Feind ist dabei auch das Medium, mit dem er notwendigerweise operieren muss: die Zeit, denn jedes Jetzt-Sehen ist immer auch schon ein Gesehen-Haben. Bis zur «Triple-Sekunden» wird das zeitliche Kontinuum auseinander gefaltet, während die notierende Hand rechts neben dem Strom der Zeilen festhält: «Immer der ‹switch› angeschalteter Strom abgeschalteter Strom» (25). Und nicht zuletzt geht es um den «Netzhaut-Zirkus» (27), die inneren Bilder, die sich aus Tönen formen, die synästhetische Erfahrung des Gleichklangs und Zusammenwirkens von Sinnen. Alles schwebt und webt durch Michaux hindurch, gibt ihm Raum für ein «Phänomenales Gewimmel von Möglichkeiten, die alle dasein wollen, sich drängen, bevorstehen» (15). Schließlich kommt die Sprache hinzu, die Wörter drängen sich auf und werden zu unliebsamen Gästen im Wahrnehmungsvorgang des Subjekts, dass die Folge von Adjektiven und Adverbien «unwiderstehlich» findet und sie dennoch als Ausdruck seiner selbst versteht: «(Aber es hat sich alles in allem, auf seine Weise zum Ausdruck gebracht. Es hat mich zum Ausdruck gebracht. An den flüchtig und krampfhaft hingeworfenen Wörtern lässt sich sozusagen ‹schräg› die ärgerliche Augenblickssituation ablesen)» (29). Stets jedoch ist das sich selbst und seine Umwelt wahrnehmende Subjekt im Widerstreit mit den inneren Bildern, dem Kitsch der Wörter. Es weiß, derartige Formationen der Droge zuzuweisen und nicht sich selbst: «Meine Droge bin ich, und das Meskalin nimmt sie mir» (73). Ergebnis des Notats aus vibrierenden Wirbelsäulen (Abb. 2) und räumlichpoetischer Figuration von Wörtern in zerlaufende Schrift ist die «große Entdeckung nach der Droge: die Willenskraft» (74). Schließlich kommt es zu einer Trennung von Wodurch und Wofür. Die Droge macht das Subjekt intentionslos, durchlässig, ohne Widerstand, durchscheinend für sich selbst, sodass es durch den Durchgang durch die Droge hindurch als die eigentliche wahre Droge erscheint: der Wille zu Wollen, vom Willen erfüllt zu sein und von ihm in jeder Lebenslage Gebrauch zu machen. Das Subjekt in der Spaltung zwischen Wodurch und Wofür erfährt im Wie der Gestaltung sich selbst als Schöpfer und Geschöpf in einer rauschhaften Séance der Selbstbespiegelung als «das Unwiederbringliche, das Unversiegbare, das Unbarmherzige, das Unermüdliche, das Undefinierbare, das Unentwurzelbare, das Unermüdbare, das Unglaubliche, das Unzählbare, das Unwiderrufliche, das Unheilbare…» (28f.). Das ist zugleich jener Moment an dem das bloße Verfahren («opération») zu einer Schöpfung («création») wird: «Opération-création.»34
34 Michaux: Emergences-Résurgences, S. 73.
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Abb. 2: Zeichnung von Henri Michaux (aus: Unseliges Wunder. Das Meskalin, S. 78)
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4 Skizzierte Versprechen, unerfüllt (Unica Zürn) Auch bei der surrealistischen Lyrikerin Unica Zürn teilt sich der Körper in verschiedene Modi seines medialen Daseins auf: in den Körper, der schreibt/zeichnet, und in den Körper, über den geschrieben und der gezeichnet wird. Zwischen beiden interveniert die Stimme. In ihrem Genesungs-Tagebuch Haus der Krankheiten (1958) wird die Topographie des Körperlichen als Leib-sein und Körper-haben ikonotextuell entworfen. Über eine bloße Ästhetik des Schriftbildlichen35 hinaus geht es hier um die Selbstbeobachtung eines Genesungsprozesses einer Patientin, die zugleich auch Dichterin ist und mittels Zeichnung und Text die Introspektion zum Seelengemälde arrangiert.36 Die Bewegung der Hand, die die Topographie zwischen Krankheit und Genesung kartiert, erschafft dabei zugleich einen Selbstschutz vor klinischen Übergriffen in Psyche und Körper, ist also Selbstverteidigungsrepertoire gegenüber den Ärzten und Inkorporierungsstrategie des befremdlichen Außen in ein Innenleben, das sich anhand der Bilder Orientierung in fremden Räumen schafft (Abb. 3). Die gezeichneten Räume oder vielmehr Orte des Schmerzes werden den Symptomen entsprechend klassifiziert: Auge, Nase, Mund und Ohr kubistisch im Kreis angeordnet, die arabeske Schrift schlängelt sich um die gezeichneten Formen, jedes Sinnesorgan ist ein «Fenster» durch ein Quadrat in unmittelbarer Nähe zum Organ platziert. Die Leser*innen blicken auf «Das Bett der Bilder» (Augen), «Das Bett der Laute» (Ohr, in Form eines Notenschlüssels), «Das Bett der Düfte» (Nase), «Das Bett der Zuflüsterungen» (Mund), eingerahmt in mit Schriftzug, der das Gesicht abschließt: «Das ist das Kopfgewölbe».37
35 Helga Lutz: Schriftbilder und Bilderschriften. Zum Verhältnis von Text, Zeichnung und Schrift bei Unica Zürn. Stuttgart: J.B. Metzler 2003. 36 Vgl. hierzu Patricia A. Gwozdz: Das klinische Tagebuch. Ansätze zu einer Philosophischen Anthropologie der Genesungsprosa, in: Psychotherapie zwischen Klinik und Kritik. Reflexionen einer Kultur der Therapeutischen, hrsg. von Inga Anderson und Sebastian Edinger. Gießen: Psychosozial-Verlag 2020, S. 115–142. 37 Unica Zürn: Haus der Krankheiten. In Dies., Gesamtausgabe. Prosa 3, Band 4.1, hrsg. von Günter Bose und Erich Brinkmann. Berlin: Verlag Brinkmann & Bose 1991, S. 60. Im Folgenden wird die Seitenzahl direkt im Text angegeben.
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Abb. 3: Zeichnung von Unica Zürn (aus: Haus der Krankheiten, S. 60) © Verlag Brinkmann & Bose Berlin 1991
Chiropoetisch sind Stimme und Hand aufeinander bezogen. Kritisch merkt das Patienten-Ich an, dass es nur «Scheinhandlungen» sind, zu die sich der Körper herablässt, während «in der Mitte des Leibes» die «Todesruhe» gähnt (60). Aus der Mitte dieser Todesruhe entfaltet sich die Differenz zwischen dem Körper, der krank ist, der leidet und erduldet und der sich für Scheinhandlungen motivieren muss, und jenem Leib, aus dem die Fülle des Lebendigen hervorquillt, lebendig aber nur insofern er eine «Todesruhe» verspricht. Forma moriendi causa nascendi est: Auch bei Unica Zürn greift die theologische Formel Tertullians, die hier klinisch gewendet wird, denn ein Absterben des Leibes ist notwendig, damit ein neuer geboren werden kann. Zugleich sind bei Zürn die drei Körper Valérys prä-
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sent: als visualisierter Bildkörper, als Körper der wissenschaftlichen Erkenntnis von Ärzten und Pflegern und als physisch materielle Basis, die uns handlungsfähig macht. Im Zusammenspiel der drei Körper wird der Leib als «Sonnengeflecht» visualisiert (Abb. 4), unberührt von der körperlichen Manifestation der Erkrankung. Er wird zum Gegenstand des Glaubens, der existentiell notwendig ist (61). Es ist Rückzugs- und Ruheort, zu dem das unpersönliche «Man» der Befehle und Appelle des Gesundwerdens keinen Zugang hat. Es ist ein «tanzender Leib», der sich dem «Zustand des Nicht-Handelns» überlässt. Hier darf der Leib alles sein, was ihm draußen verwehrt wird. Vor allem aber darf er krank sein, während der Körper stets dazu angehalten wird, aufs Neue seinen Scheinhandlungen nachzugehen. Aus diesem Grund ist auch der Begriff der «Körper-Topographie»38 nicht geeignet, um dieses Verhältnis von fixierenden Zeichen und fixiertem Bild zu beschreiben. Der Körper wird nicht verräumlicht, sondern das Außen wird ins Innere gekehrt und in eine introspektive Topographie verwandelt. Die Verschränkung von Innen und Außen wird zu einer surrealen Landschaft, weil die erlebte Erfahrung nicht abgebildet, sondern transzendiert wird. Diese Transzendenz ist an die Immanenz des Schmerzes gebunden. Das, was transzendiert, ist der Schmerz.
Abb. 4: Zeichnung von Unica Zürn (aus: Haus der Krankheiten, S. 45) © Verlag Brinkmann & Bose Berlin 1991
38 Lutz: Schriftbilder und Bilderschriften, S. 144.
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Die Aufgabe des Zeichenprozesses ist es, diesem Schmerz eine Daseinsberechtigung zu geben. Gesundheit ist hingegen ein «Fallensteller», der die Illusion aufrecht erhält, dass der «Kopf wieder von einem sachlichen, nützlichen Geist bewohnt wird» (59). Das «selbstmordsüchtige Herz» (62) will jedoch keine Gesundheit, denn das «Herz» ist dasjenige, was abgelehnt wird, da es «sich selbst beschmutzt» hat, «widerlich» und «weiblich» ist es. Das erkrankte Herz flüchtet sich in das «Sonnengeflecht» – mittels einer blasenförmigen Ausbuchtung im Norden der Karten eingezeichnet und neben dem Wachturm des Arztes gelegen. Das Geflecht thront über dem Körperinneren (Herz und «Saal der Bäuche») und ist vom restlichen Leibraum mittels eines Rechtecks abgetrennt. Genesen kann hier im Grunde niemand, denn: «Haus der Krankheiten, Du bist kein Haus der Genesung» (68). Stets ist der Blick aus dem Fenster in die Ferne gegenwärtig, sodass die Flucht nach vorne ins Draußen immer auch den Blick ins Prospektive mitträgt (32). «Donnerstag: Heimlichkeiten» (69–71) ist das Schlupfloch, eine «offene Tür», die sich jedoch als trügerisch erweist. Es ist dieser Blick ins Offene, der stets ein «Frühlingstheater, das die Welt gerade aufführte», verspricht (70). Diese Skizzen versprechen Figuren des Auswegs, die unerfüllt bleiben und daher kaum zu ertragen sind. Melancholisch und depressiv kehrt das erkrankte Ich vom «heimlichen Spaziergang» wieder, denn die Außenwelt entpuppt sich einmal mehr als gewöhnliche und langweilige Farce mit den selben Gesichtern ohne Ausdruck: «Als gäbe es hier draußen keine Wunder mehr» (69). Der Rückweg ins Haus der Krankheiten erscheint nun in einem völlig anderen Licht: Die ungewöhnlichen Krankheitsformen werden zu alternativen Lebensstilen, in denen die Phantasie lebendig bleibt und sich eine Welt der Wunder eröffnet. «Draußen zu sein» wird als freudlos empfunden, stattdessen zeigt der Blick zurück die Wirbel des Lebens: die Klinik als Ort der inneren Transformationen im «Kabinett der Sonnengeflechte», der Mitte des Leibes. Dort ruht das Ich eingewickelt in eine Welt voller Ornamente, einem Kokon gleich, der zu einer neuen Haut wird.39 Der vierte Körper der Dichterin ist dieses Sonnengeflecht: Schutzraum und Schutzwall. Dort hat er sich zurückgezogen und eingerichtet. Symptome sind keine Anzeichen von Krankheit, sondern Zeichen des Genesens,40 das nicht auf Gesundheit ausgerichtet ist, sondern auf das Fortleben in der Mal- und Schreib-Szene, die von der Dichterin stets poetisch inszeniert und poetologisch reflektiert wird. Ziel ist es, ein Fortleben in der Dichtung für sich selbst zu garantieren: eine 39 Vgl. Claudia Benthien: Haut. Literaturgeschichte – Körperbilder – Grenzdiskurse. Hamburg: Rowohlt 1999. 40 Vgl. Patricia A. Gwozdz: Die Genesenden. Medical Humanities Revisited. Berlin 2021 [im Druck].
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Art von Absolution durch die Reformation des Leibes im poetischen Nachleben. Also schreibt das Patienten-Ich: «Ich weiß seit gestern, warum ich dieses Buch anfertige: um noch eine Weile krank zu sein. Ich kann jeden Tag, neue leere Seiten hineinlegen, die beschrieben werden müssen, und so lange werde ich krank bleiben» (71). Das Hinauszögern des Gesundwerdens wird zum Garanten, um mit dem zeichnenden Schreiben fortzufahren. Id est figura corporis mei: In einer unverkennbaren Dominanz kehrt die Korpor(e)alität von figura wieder. Das sakrale Ereignis ist säkularisiert, die Rollen sind neu verteilt: Der Priester wird zum Arzt, die Gläubige, die ihr Sakrament erhält, wird zur Patientin, die sich der Hostie – den Medikamenten – und damit der Teilhabe an einer neuen Genealogie von Genesenden verweigert. Die Kirche wird zur Klinik. Das klinische Sakrament führt zur Spaltung von figura und figuratum, die topographisch aufgezeichnet wird: Ist der Leib figuratum, weil er figuriert wird, so ist es immer noch der erkrankte Körper mit seinen Symptomen, der sich mit dem Stift in seiner Hand in das Papier übersetzt und damit figura des Leibes ist. Die Skizzen versprechen zwar Figurationen eines Auswegs, in der figura und figuratum zusammenfallen und Leib-sein und Körper-haben wieder synchron aufeinander abgestimmt sind. Doch die Präsenz als écart beider Wirklichkeiten – des genesenden und erkrankten Selbst, des dargestellten Leibs und des darstellenden Körpers – wird als Movens des Kunstschaffens betrachtet, das nicht aufgegeben werden kann, weil es ein «ÜberLebenswissen»41 ist. Der einzige Ausweg ist der Weg des Wortes, das Fleisch wird, und das Fleisch, das zurückkehrt zum Wort.
41 Vgl. Ottmar Ette: ÜberLebenswissen. Die Aufgabe der Philologie. Berlin: Kadmos 2004.
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Escritura y visualidad en la narrativa del escritor y pintor realista Adolfo Couve 1 Adolfo Couve: escritor inclasificable y artista de culto El propósito de estas páginas es ofrecer algunas claves interpretativas que permitan develar e iluminar, en lo posible, el universo narrativo y artístico del pintor y escritor chileno Adolfo Couve (1940–1998). En primer lugar hay que decir que se está ante una figura muy difícil de situar en los marcos del campo cultural chileno y de ubicar dentro de alguna tendencia de la literatura chilena. Quien mejor ha resumido esta situación es Adriana Valdés, profunda conocedora de la obra de Couve. Al referirse a los escritos del autor, afirma que Están bien hechos, atraen la lectura. Al mismo tiempo, desde el punto de vista de la crítica, que siempre anda buscando parentescos entre las narraciones contemporáneas, crean ciertas extrañezas. Rehúsan calzar con nada. No dan facilidades para la clasificación: habría que remostarse tal vez a proyectos narrativos muy anteriores y preguntarse qué hacen aquí y ahora […] los textos de Adolfo Couve corren el riesgo de ir a parar a las notas marginales de cualquier historia de la literatura, porque no caben en tendencias ni movimientos, ni tampoco se definen, en realidad, por oposición a los más vigentes aquí.1
Respetado y admirado por la mayoría de los escritores chilenos y por el mundo académico, los escritos de Couve son, sin embargo y hasta el día de hoy, prácticamente desconocidos por el gran público lector. El crítico literario, sacerdote y poeta Ignacio Valente, quien fue el primero en comenzar a reseñar los libros de Couve, se refiere al autor – para intentar explicar el extrañamiento que desde un comienzo generó la lectura de sus textos y la falta de un público masivo – como un escritor extraordinario y a la vez «extemporáneo, […] quijotesco, […] utópico y ucrónico, o anacrónico, casi sin tiempo y espacio».2 A pesar del reconocido talento que Couve evidenció desde sus primeras publicaciones, durante muchos años solo aparecían reseñas, muy elogiosas, por cier-
1 Adriana Valdés: Composición de lugar: Escritos sobre cultura. Santiago de Chile: Eitorial Universitaria 1996, p. 181. 2 Ignacio Valente: Adolfo Couve: ilustre solitario. En: El Mercurio (21.3.1998), p. 2. https://doi.org/10.1515/9783110730340-006
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to, en diversos diarios, donde los columnistas anunciaban la aparición de una nueva novela del autor, pero no se escribían trabajos académicos que se centraran principalmente en su obra. Ello empezó a cambiar recién en la década del 2000, cuando comenzaron a publicarse diversos artículos en revistas de la especialidad. En estos últimos años, dos libros en torno a su obra fueron publicados: Adolfo Couve, el descabezado (2018) de Leonidas Morales y Perder la cabeza. Ensayo sobre la obra de Adolfo Couve (2019) de Francisco Cruz, consolidándose así el autor, como una referencia fundamental de las letras chilenas.
1.1 De la pintura a la escritura: una transición celebrada En Chile no son muchos los ejemplos en que se den, en un mismo artista y de manera consistente, dos saberes artísticos y dos vocaciones, como son la literatura y la pintura. Es el caso de Adolfo Couve, quien en ambas disciplinas alcanzó un alto nivel de calidad artística, una refinada técnica y la maduración de un estilo que definió como realista. Lo que se postula aquí es que su experiencia como pintor fue fundamental para lograr lo que buscaba realizar en su trabajo escritural. En eso concuerdan transversalmente los estudiosos de Couve tanto como él mismo. El profesor e investigador Leonidas Morales reafirma lo aquí mencionado: Sabemos que Adolfo Couve […] además de narrador fue al mismo tiempo un pintor reconocido, original e intenso como en sus relatos. En él narrativa y pintura, ambas surgidas y desarrolladas, como él mismo lo ha dicho, al margen de tendencias, dominantes o no, mantienen entre sí una íntima correspondencia y un diálogo de tonos e imágenes primordiales, confirmando así, para quien lo ha leído y ha visto sus cuadros, que ambas parecen levantarse desde las mismas grietas, vacíos o ausencias de un sujeto biográfico.3
Por su parte, Adriana Valdés celebra la extraordinaria técnica narrativa que posee Adolfo Couve, donde puede apreciarse la «perfección cincelada de una imagen, que permanece en la memoria». Según su parecer, en los relatos del autor hay segmentos descriptivos que se componen a manera de cuadros que «se recuerdan en una súbita imagen que condensa el transcurrir de las historias».4 La ensayista considera que especialmente en Alamiro, primer texto de Couve (1965), el vínculo entre palabra e imagen está al servicio de la búsqueda de la belleza, a través de instrumentos similares a los utilizados en la pintura: 3 Leonidas Morales: Adolfo Couve: el descabezado. En: Revista Chilena de Literatura 96 (2017), p. 282. 4 Adriana Valdés: Prólogo a Cuando pienso en mi falta de cabeza. Santiago de Chile: Editorial Seix Barral 2000, p. 12.
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Alamiro es un conjunto de fragmentos muy cortos, espaciales como la pintura: escenas, perfectas cada una. Brevísimo, cuidado, marca desde el comienzo un tono propio de Couve. De espaldas a las vanguardias locales y las modas, trabaja para una belleza semejante a la que buscó en su pintura: la belleza de un momento perfectamente captado en sus matices, con gran economía de medios, cerrado sobre sí mismo como una especie de joya. Vienen sin duda a la memoria sus cuadros de la época, y se percibe la tensión entre su tarea de orfebre y los vientos que corrían entonces, tanto en la plástica como en la escritura.5
En esta misma línea interpretativa, Fernando Pérez Villalón afirma que en la narrativa de Couve la relación entre escritura e imagen visual dinamiza y articula una compleja y doble intertextualidad: Las obras literarias de Adolfo Couve, escritor y pintor, suele señalarse, están llenas de ‹cuadros’, ya sea como citas o parodias de la tradición pictórica, ya sea como imágenes literarias cuya fuerza proviene de su conversión a términos visuales en la imaginación del lector o, mejor, de la tensión entre escritura e imagen que su descripción suscita […] Ahora bien, en realidad más que de imágenes (cuadros estáticos, pinturas), creo que se trata de escenas, en el sentido dramático de la palabra a la vez que en su sentido psicoanalítico, es decir, imágenes que forman parte de un relato, cuadros que sirven de emblema a un conflicto, y que por tanto implican ecos de otros cuadros.6
Como puede apreciarse, a partir de las reflexiones de los críticos citados, el virtuosismo de Couve en la configuración de imágenes visuales en su escritura, no se evidencia únicamente en la pulcritud de su técnica narrativa, sino también en la capacidad de las imágenes para concentrar en ellas la tensión dramática-existencial latente que envuelve a los personajes. Es significativa aquí la relación que establece la experta en arte Claudia Campaña, entre los contenidos literarios y los códigos pictóricos en el arte de Couve. Al comentar una crítica literaria realizada por Ignacio Valente a la novela La lección de pintura (1991), la profesora Campaña advierte que todo lo mencionado por el crítico respecto a la novela, podría reiterarse exactamente al remitirse a las pintura y dibujos de Couve: «De hecho, si se cambiase la palabra ‹personajes› por ‹figuras›, la anterior sería una descripción muy acertada de los dibujillos que a continuación se comentan, todos ‹conmovedoramente pequeños› y logrados con ‹pocos trazos›».7
5 Adriana Valdés: Adolfo Couve, narrador de lo inquietante. En: Adolfo Couve: Narrativa Completa. Santiago de Chile: Editorial Planeta Chilena 2003, p. 9. 6 Fernando Pérez Villalón: Escenas de Adolfo Couve (estudio en cinco miradas). En: Cyber Humanitatis 28 (2003). https://revistas.uchile.cl/index.php/RCH/article/view/5710/5578 (último acceso 15.5.2021). 7 Claudia Campaña: Adolfo Couve: Una lección de pintura. Santiago de Chile: Editorial Metales Pesados 2015, p. 25.
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Claudia Campaña (quien fue alumna del autor en los ramos de Historia del arte y de Estética), sostiene que en uno de los mejores cuadros de Adolfo Couve, Joven leyendo, lo que se pinta realmente es el acto de la lectura y la escritura: En 1972 Couve pinta uno de sus más logrados óleos, Joven leyendo. Este se concreta en tiempos de conflicto vocacional, pues al año siguiente dejará de pintar. Más que un retrato el cuadro exalta la lectura y, por ende, la literatura. El acento está puesto en aquel lector atento que se refugia en las letras. Es en la figura donde se deposita toda la calma de la pintura, porque el resto no es más que un entorno visualmente inestable que refleja tal vez la agitación política y social circundante en la época.8
Una explicación lúcida y contundente de cómo se conjugan, relacionan y complementan la pintura y la literatura en el proyecto artístico de Couve, la ofrece el filósofo y teórico del arte Justo Pastor Mellado: En su caso la narración literaria no acarrea el abandono de la pintura sino más bien la picturalización de la escritura. Couve escribe como pinta, fragmentariamente, temblorosamente, esencialmente: como esencial es la economía del gesto y del color. Couve escribe, en fin, porque reconoce la insatisfacción de la pintura frente a la omnipresencia del narrador total que pasea su ojo por todo el universo.9
1.2 La pintura y literatura como vías de interrogación existencial En cuanto a la percepción que tenía Adolfo Couve de su doble condición de pintor y escritor, Claudia Campaña afirma que: «Con frecuencia Couve aclaraba que no era un profesional de la literatura, sino un artista. Explicaba que la escritura le era difícil, y en cambio, hacía alarde de su facilidad y erudición pictórica».10 Así como tenía sorprendentes condiciones naturales para la pintura, el acto de escribir se le presentaba como un oficio difícil, riesgoso, angustiante. Adolfo Couve considera que no es en el ámbito de la pintura sino en el de la literatura donde puede trascender realmente en la cultura del país. Su experiencia como pintor, sin embargo, será lo que marque su impronta como artista de la palabra: «Vi que dibujaba mejor con la palabra que con el pincel».11 Entender el ejer-
8 Claudia Campaña: Adolfo Couve, p. 24. 9 http://www.justopastormellado.cl/escritos_cont/semanal/2002/08_agosto_2002/20020820. html (último acceso 15.5.2021). 10 Claudia Campaña: Adolfo Couve: Una lección de pintura. Edición revisada. Santiago de Chile: Editorial Metales Pesados 2015, p. 44–45. 11 Adolfo Couve: La vida se la he ofrendado al arte. En: Diario El Mercurio (20.8.1989), p. 3.
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cicio literario como un dibujar con palabras es expuesto en varios momentos por el autor: «Soy mejor dibujante, más resuelto, como escritor que como pintor. El rigor de la literatura me ha hecho ser un dibujante de la frase, de la imagen».12 Los juicios del autor respecto a su trabajo en las dos disciplinas artísticas, ayudan a entender, en parte, ciertos enunciados en los que manifiesta su posición ante el arte y la vida: La pintura, aunque es tan difícil como la escritura, es mucho más sana, porque te mantiene conectado con el afuera, con lo que estás viendo, con lo que puedes comprobar en cierto modo, porque el cuadro es autónomo. La literatura, en cambio, es un trabajo siempre hacia adentro, sin tocar, porque el lenguaje no se toca. Cuando uno se ha decidido por la literatura, echa de menos ese comportamiento más de acuerdo con el entorno.13
2 Luz y oscuridad: una (no) contradicción vital de la representación Según Adolfo Couve, la literatura y la pintura son dos artes hermanadas en varios sentidos, siendo tal vez el más significativo la presencia en ambas disciplinas de dos dimensiones fundamentales como son la luz y la oscuridad. En lo que respecta a la pintura, es la tensión entre estas dos entidades creadoras la que otorga cualidades de existencia a los objetos representados: Los objetos, como no se mueven, esperan el acontecimiento de la luz. Ella los toca, los invade, los abandona. La luz escurre por ellos y los objetos son como verdaderos cuerpos celestes. Mucho más importante que hacer cuadros es aprender a mirar la consistencia de las hojas, de los materiales del contraluz […] Saber, por ejemplo, que la sombra es una cosa infinita hacia adentro, profunda, que no tiene cuerpo, un suceso peligroso, de evasión, de oscuridad. En cambio, la luz tiene cuerpo, es hacia afuera, es un acontecimiento positivo.14
2.1 La pintura como arte del develamiento En el año 2005, se publicó el libro Escritos sobre arte, donde se juntaron todos los escritos de Couve dedicados a las artes plásticas y en los que el autor exhibe sus vastos conocimientos sobre arte y establece sus propias hipótesis a propósito de 12 Adolfo Couve: Dibujar con palabras. En: Diario el Mercurio (9.3.2002), p. 7. 13 Adolfo Couve: Dibujar con palabras, p. 6. 14 Adolfo Couve: La tercera mano: Extractos de entrevistas a Adolfo Couve. Editados por Macarena García y Catalina Porzio. Santiago de Chile: Alquimia Ediciones 2016, p. 12.
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las obras que analiza. Al referirse a dicha publicación, el poeta y profesor de arte Gonzalo Millán recalca que «las experiencias de Couve con los maestros antiguos no representan solo un comentario teórico, erudito y de especialista, desligado de su creación, sino que se constituye en un aporte imprescindible para el esclarecimiento y profundización, tanto de su obra narrativa como pictórica».15 Teniendo en cuenta lo que señala Millán, es necesario atraer ahora algunas consideraciones de Couve relativas a los conceptos entrecruzados de luz, sombra, claroscuro y color. Fundamental, por ejemplo, en lo que concierne a la importancia y dificultad de lograr un buen color, es el estudio dedicado a la pintura de Tiziano: La mayoría de los pintores se pierden por la dificultad de controlar el color. Cuesta cogerlo en su verdad […] Tiziano adopta el color en su verdad. Lo expone a la luz, pero ni lo sobreexpone ni se deja seducir únicamente por él, no olvidando que está siempre sometido y sujeto a continuo cambio.16
En su estudio sobre Rembrandt, específicamente en su análisis de La ronda nocturna, Couve se detiene en aspectos como la dualidad entre luz y oscuridad, la tensión que entre estas fuerzas se generan y las profundas conotaciones que posee dicha oposición: Sobre todo, se trata de una obra magistral como esta de Rembrandt en que el pintor holandés ha plasmado la eterna dualidad entre la luz y las tinieblas, asunto que preocupara a tantos artistas ilustres como Milton , Leonardo, Masaccio, Durero, Turner, Georges de La Tour o al último de los trovadores, el Dante, obligado a alternar entre Infierno y Paraíso […] La ronda nocturna es la representación más lograda de este antagonismo, y en ella la luz se deja caer con toda su violencia sobre la poderosa sombra, disputándose ambas a un grupo de arcabuceros que pierden su corporeidad, ya sea encendidos por la intensidad de la primera, o esfumados al ser envueltos en la opacidad de la última. Ambas fuerzas, llámeseles del bien y del mal, del cosmos y del caos, de la noche y del día, se arrebatan a ese puñado de personajes a los que les es imposible mostrar los ricos paños de sus uniformes, la consistencia de sus armas, el lugar donde se encuentran e incluso el rostro que poseen, ya que la luz enceguecedora no respeta ni las calidades del vestuario, corroyendo la materia, violando las formas, abriéndolas, perdiendo lugar entre ellas al entregarlas al dominio de las sombras que quieren poseerlas.17
Desde la perspectiva de Couve, las pinturas de Rembrandt abordan uno de los problemas fundamentales del oficio de la pintura, esto es, la técnica del claroscu15 Gonzalo Millán: De Tiziano a Warhol. En: Diario El Mercurio (29.7.2005), p. 7. 16 Adolfo Couve: Escritos sobre arte. En: Obras Completas de Adolfo Couve. Santiago de Chile: Tajamar Editores, p. 742. 17 Adolfo Couve. Escritos sobre arte, p. 749–750.
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ro. Sin embargo, será Leonardo da Vinci el maestro que llevará al máximo virtuosismo esta habilidad: Leonardo añade el aspecto sicológico a la pintura florentina, eliminando el tradicional arabesco de las figuras, para sumirlas en el delicado e insinuante claroscuro, que denominó sfumato. Su dibujo se vuelve impreciso, el fondo penetra al motivo y el volumen es solucionado con una gradación paulatina, yendo desde la luz intensa, a través de una media tinta, hasta perderse en la sombra profunda […] Nadie ha podido jamás igualar el esfumado leonardesco, realizado de manera prodigiosa; una gradación infinitesimal, una variedad minúscula, que va logrando la redondez y las alteraciones lumínicas, sin jamás ensuciar el color ni estropear el proceso.18
Es interesante observar las coincidencias entre las reflexiones de Couve en cuanto a la importancia del claroscuro en la pintura y las ideas de Karl Jaspers, vertidas en su libro Leonardo como filósofo (1960): Hegel llamó al claroscuro magia luminosa de los colores en la cual los objetos se diluyen. Las sombras más profundas permanecen iluminadas y ascienden por invisibles puentes, hasta la más clara luminosidad; por ninguna parte se advierte dureza o un límite. Los objetos se disuelven en un juego de reflejos que transforman el haz de luz en otros haces y toman una apariencia tan espiritual que casi entran en el dominio de la música. Lo que Hegel describe con tales palabras es lo que Leonardo descubrió. Es como la cifra de aquello que convierte en transparente todos los objetos; y abre, con la limpia superficie de lo más fugaz, una dimensión que hubiese quedado oculta tras la maciza contextura de la imagen. Lo que Corregio prolongó y dejó correr como milagrosa sensualidad, lo que Rembrandt realizó como una metafísica diferente y única, tuvo su origen en Leonardo, que lo concibió como una manera de tornar visible lo invisible.19
De acuerdo a Couve, la pintura tiene la posibilidad de hacer visible lo invisible y de espiritualizar lo sensible. Y para que ello ocurre el artista necesita develar la oposición entre luz y oscuridad. Esto puede apreciarse en sus pinturas, por ejemplo, en la serie de naturalezas muertas en las que se advierte el contrapunto entre luz y sombras y en el que se traduce «un concepto de belleza muy propio, que se basa en la belleza del instante, de la luz, de lo evanescente.»20 Es relevante subrayar que no es la posibilidad referencial o temática de la pintura lo que le interesa a Couve, sino, como señala Etienne Souriau – teórico francés que el autor admiraba y recomendaba leer en sus cursos de Historia del arte –, el plano de la experiencia sensible, es decir: «el conjunto de cualidades 18 Ibid., p. 790. 19 Karl Jaspers: Leonardo como filósofo. Buenos Aires: Sur 1960, p. 19–20. 20 Marcelo Simonetti: Adolfo Couve: La vuelta del aristócrata. En: Diario El Mercurio (30.8.2002), p. 21.
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sensibles pertenecientes al orden de las sensaciones visuales del color».21 Elocuente y enriquecedor, en este sentido, son las palabras de Natalia Babarovic, alumna de Adolfo Couve y experta en su obra: A Couve le interesaba un comino el limón que pintaba. Lo que le interesaba era cómo esta superficie del limón, que tiene este color y esta textura, y que está puesto sobre este trapo gris, le da el sol de la una y cuarto de la tarde. Entonces, cuando uno mira ese limón, tiene la intuición de un instante de tiempo que pasa, un segundo en que la sombra cae así y no asá. Un instante que jamás volverá. Es la muerte del limón. Que todos nos volvemos ceniza.22
2.2 Luces, sombras, imágenes: de la pincelada al trazo escritural Gran parte de las consideraciones que esgrime Couve acerca del valor de la oposición entre luz y sombra en la pintura, son atingentes al desplazarlas al espacio literario. Es posible advertir que muchas veces la descripción de un objeto se genera gracias a recursos visuales como la luz, la sombra, el color y el dibujo. En La lección de pintura, por ejemplo, se describe que: «Al tiempo que el alba calcaba su rostro sobre la superficie del estero, rescatando de las sombras sus contornos, Elvira y su hijo se dirigían a la droguería».23 En la misma novela se muestra como el niño pintor, con el talento innato que posee, escoge para pintar aquellos espacios donde es posible encantarse ante el juego de luces, sombras y colores, que ante sus ojos se desarrolla: Todo allí se ajustaba al ritmo de su mano, que libre de inhibiciones, se deslizaba segura de sí misma. La quietud de la tarde, la intensidad que confiere a los ambientes la pobreza, tan justa ordenadora y coleccionista de objetos adecuados, eran un deleite para el artista que, a pesar de su corta edad, presentía que en los lugares asépticos como el interior de la droguería era imposible encontrar sombras sugerentes, colores profundos y composiciones caprichosas, como allí junto a las papas y las frutas, que se destacaban nítidas del hollín y la pátina de los muros.24
21 Etienne Souriau: La correspondencia de las artes. México: Fondo de Cultura Económica 1965, p. 66. 22 Marcelo Simonetti: Adolfo Couve: La vuelta del aristócrata, p. 20. 23 Adolfo Couve: La lección de pintura. En: Obras Completas de Couve, p. 279. 24 Adolfo Couve: La lección de pintura, p. 284.
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Así como la luz es responsable de la conformación, corporeidad y el volumen de los objetos, la oscuridad produce la sensación de que estos desaparecen ante la mirada de quien describe la escena, como puede apreciarse en El tren de cuerda: La bóveda infinita extendía ante sus ojos miríadas de estrellas. Los techos de las casas, los edificios importantes, la plaza, los árboles oscuros y el puente sobre el estero que se deslizaba a escondidas, habían perdido el volumen y así esa ciudad plana daba la impresión de una lámina para un cuento de hadas.25
En la medida que la oscuridad comienza a instalarse, va diluyéndose la consistencia de las cosas: «el niño se trasladaba a la salita, ahí, de bruces sobre la alfombra, hacía sus tareas hasta que las penumbras borroneaba el contorno de las cosas».26 En El parque, la ida de la luz y la llegada de las sombras, produce el desdibujamiento de los elementos que componen un parque, volviéndolo una superficie lisa y amorfa: «El amanecer remoza los lugares y, sin embargo, es la hora del ocaso la más bella. Cleopatra permanecía horas interminables ante el espectáculo del atardecer, y percibía la dimensión distinta que adquirían los árboles al perder su volumen con la ausencia de luz».27
2.3 Luminosidad, oscuridad y revelación de lo inasible En sus cavilaciones sobre la importancia de la luz y de la oscuridad en sus novelas, Couve consideraba que: «El tren de cuerda era la novela, donde los claroscuros iluminan y oscurecen las escenas».28 La opinión del autor es refrendada a partir de variados ejemplos distribuidos en el espesor textual, entre ellos, cuando se describe el interior oscuro de la casa donde vive el niño Anselmo: «En un principio el niño no vio nada, pero a medida que se habituaba a la oscuridad, fue distinguiéndolo todo»,29 mientras afuera la luz se explaya en la naturaleza que rodea la residencia, al igual que en el pequeño jardín: «Por ello, Rosarito mantenía en ese jardincillo trasero de la suya este arsenal de crecidas amapolas que transparentaban su color y su veneno al sol durante el día».30
25 26 27 28 29 30
Adolfo Couve: El tren de cuerda. En: Obras Completas de Adolfo Couve, p. 193. Adolfo Couve: El tren de cuerda, p. 183. Adolfo Couve: El parque. En: Obras Completas de Adolfo Couve, p. 251. Adolfo Couve: Dibujar con palabras, p. 7. Adolfo Couve: El tren de cuerda, p. 203. Ibid., p. 195.
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Simbólica y poética es la escena donde la oscuridad del interior de la casa se ve intervenida por la luminosidad de un elemento proveniente del exterior, en este caso un inesperado, pero bienvenido insecto: «La escena, a Dios gracias, se vio interrumpida por el insólito vuelo de un abejorro que, portando aún los rayos del sol en sus alas, arremetió contra Fidela y Pavel, separándolos».31 La luz y la oscuridad son dimensiones que están siempre íntimamente relacionadas; cuando una empieza a perder su predominio la otra comienza a avanzar con su luminosa presencia. Como puede distinguirse en El parque: «Los inquietos juegos de luz se fueron atenuando y una penumbra gradual invadió la habitación».32 Un último y paradigmático ejemplo que ilustra la importancia que tiene el contrapunto entre luz y oscuridad en el arte narrativo de Couve, es lo que ocurre en esta misma novela, cuando la luz de la tarde comienza a esfumarse: «El sol en el atardecer proyectaba, sobre la mesa y el muro de la pieza de vestir, movedizas manchas de luz y sombra que llamaron vivamente la atención del joven que se miraba en el locker. Este claroscuro variaba en intensidad con los movimientos del follaje».33 Para finalizar esta unidad dedicada a una de las grandes preocupaciones estéticas de Couve, esto es, la existencia de la luz y la oscuridad como entidades inscritas en la representación, es necesario, con el fin de iluminar el sentido profundo que subyace a esta oposición, convocar las siguientes palabras de Ignacio Valente: Lo primero que llama la atención es la morosidad que el autor desarrolla en la descripción de lugares y gestos. Pronto se cae en la cuenta de que esta demora descriptiva, a ratos excesiva en la revelación de los objetos y sus luces y sombras, responde al designio creador de iluminarlos con el tenue resplandor de una luz interior que los transfigura. Lugares y gestos, develados unos y otros por esa luz paciente, nos inician en el secreto de un puñado de vidas mínimas, traídas y llevadas por un destino inclemente.34
31 32 33 34
Ibid., p. 199. Adolfo Couve: El parque, p. 239. Ibid., p. 240. Ignacio Valente: El pintor que se hizo novelista. En: Diario El Mercurio (20.8.1989), p. 1.
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3 El realismo como estilo, fundamento y marco cultural El estudio de la obra de Adolfo Couve, tanto en su faceta pictórica, como literaria, exige atender al concepto de realismo y a la escuela realista a la cual el autor decía pertenecer. Tal propósito exige definir y delimitar los alcances de estos términos, puesto que el proyecto realista de Couve, aunque representativo de dicha sensibilidad artística, posee al mismo tiempo su propia especificidad. Según Couve, su programa de escritura correspondía íntimamente al modelo realista francés del siglo XIX: «Yo adherí a la escuela realista francesa, mi academia fue Stendhal, Balzac, Flaubert, un escritor tremendamente visual».35 La definición de Flaubert como un «artista tremendamente visual», es un indicador de las preferencias de Couve por autores cuya escritura genera un logrado efecto visual, como si el lector estuviese «viendo» el objeto referido. En sus reflexiones sobre el realismo literario, especialmente en la ponencia realizada en el Congreso internacional de escritores: Juntémonos en Chile (1992), Couve afirma que el período romántico en Europa se caracterizó por la desilusión que generó la derrota de la epopeya expansionista. Como resultado de ello, muchos escritores, debatiéndose entre el arribismo y la insatisfacción generalizada, crearon una literatura amorfa y carente de valor formal. En oposición a esta tendencia, otro grupo de autores, tales como Stendhal, Constant, Renan, Merimé y Michelet, «realizaron inconscientemente una literatura rigurosa, que fue apuntando a la escuela realista, donde este arte de la palabra encontraba los estrictos informadores que requería la crisis».36 En un nivel de elaboración artística mayor, Balzac actuará como un puente hacia la consumación realista impulsada finalmente por Flaubert, quien salvará a la literatura de caer en los peligros a los que la podía inducir la fotografía y posteriormente el cine. Con Flaubert la literatura vuelve finalmente a su esencia, al buscar la adecuación entre lenguaje y contenido, desterrando todo lenguaje coloquial y privilegiando la descripción por sobre la explicación. En la misma ponencia, Couve plantea que en el proyecto narrativo realista «el autor se mantiene al margen, no se emiten juicios, los personajes se moverán […] en la medida que el lenguaje en sus posibilidades también lo permita».37 Esta actitud enunciativa, en la que se observa un particular distanciamiento entre la figura del narrador y lo narrado y un ocultamiento de la subjetividad artística, ope35 Adolfo Couve: Dibujar con palabras, p. 6. 36 Adolfo Couve: El oficio del escritor en la sociedad contemporánea. En: Juntémonos en Chile: Congreso internacional de escritores. Santiago de Chile: Editorial Mosquito 1994, p. 140. 37 Adolfo Couve: El oficio del escritor en la sociedad contemporánea, p. 141.
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ra como una estrategia que se fundamenta, según Guillermo Machuca, crítico experto en la obra de Couve, en el principio de que «el narcisismo del yo debe desaparecer en beneficio tanto de la transparencia como de la opacidad del lenguaje».38 Respecto a este mismo punto, Couve declara: «Cuando tengo más distancia veo mejor […] me cuesta mucho escribir en el presente: la distancia es lo único que permite ver más o menos lo que sucedió».39 Los postulados de Couve acerca del modelo realista coinciden, en parte, con las ideas vertidas por Erich Auerbach en su clásico libro Mímesis: La representación de la realidad en la literatura occidental (1950), específicamente en su análisis de la obra de Stendhal, Balzac y Flaubert, a quienes considera los fundadores del realismo moderno. Auerbach estima que con Flaubert «el realismo se hace imparcial, impersonal y objetivo», se revela la absoluta confianza del autor «en la veracidad del lenguaje», y se demuestra la voluntad autorial de «obligar al lenguaje a entregarle la verdad sobre los objetos que caen bajo su observación».40 Dichos enunciados críticos son similares a los expuestos por Couve en el prólogo a su libro El cuarteto de la infancia (1996), cuando al comentar los ejes de su poética, confiesa que siempre tuvo como propósito el «alcanzar una prosa depurada, convincente, clara, distante, impersonal […], castigar el contenido y el lenguaje, intentar ese engranaje que da como resultado, más que un libro, un verdadero objeto».41 Es importante destacar que la cercanía y admiración que tiene Couve por la escritura de Flaubert no significa una asimilación calcada de su estilo literario. El autor chileno posee su propia forma de trabajar con el lenguaje, llevándolo a los límites de su capacidad expresiva, lo que implica, como señala él mismo, la necesitad de «castigar el contenido y el lenguaje». Con esta expresión Couve se refería, según afirma lúcidamente el filósofo y crítico de arte Federico Galende: A la dilación o el cese del curso de la narración, una forma de transportar su vieja devoción por la instantaneidad pictórica a un procedimiento literario que consistiría en fragmentar el tiempo hasta lograr que los hechos suelten toda su esencia y su disposición espacial. De ahí la palabra medida, la precisión, la limpieza, la dieta; en definitiva, la idea de la novela como ensayo artístico.42
38 Guillermo Machuca: La belleza es poca cosa. En: Adolfo Couve: Escritos sobre arte. Editado por Paz Balmaceda. Santiago de Chile: Ediciones Universidad Diego Portales 2005, p. 17. 39 Adolfo Couve: La vida se la he ofrendado al arte. En: Diario El Mercurio (20.8.1989), p. 3. 40 Erich Auerbach: Mimesis: La realidad en la literatura. México: Fondo de Cultura Económica 1950, p. 457–462. 41 Adolfo Couve: Prólogo a Cuarteto de la infancia. Buenos Aires: Seix Barral 1996, p. 8. 42 Federico Galende: La perplejidad del realista. En: Artishock. Revista de Arte Contemporáneo. (2.9.2019). https://artishockrevista.com/2019/09/02/perder-la-cabeza-ensayo-sobre-la-obra-deadolfo-couve/ (último acceso 15.5.2021).
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Un último aspecto donde puede comprobarse la coincidencia entre los planteamientos de Auerbach y las características del mundo novelesco de Couve, remite nuevamente a la obra de Flaubert, en la cual, según Auerbach «se pone de manifiesto algo así como una amenaza oculta: es una época en la que su sombría falta de perspectivas parece cargarla de materia explosiva».43 Esta «amenaza oculta» a la cual se refiere el filólogo y célebre crítico literario alemán, está presente en las novelas de Couve, bajo el sino de una amenaza soterrada y una sensación de catástrofe latente que contamina la representación. Como dice Adriana Valdés: «Existe en las narraciones de Couve un trasfondo misterioso de incomodidad: como si el desastre fuera inminente, siempre; como si los personajes fueran en cualquier momento a salir de las perspectivas y los marcos de referencia, como si detrás de cada bibelot acechara una posible monstruosidad».44
3.1 Un realismo de sello Couveano La autodefinición de Adolfo Couve como artista y escritor realista no ha estado ausente de cuestionamientos por parte de la crítica especializada, que ha intentado entender en qué sentido y dentro de qué márgenes el autor sería realmente un escritor realista. Por ejemplo, Leonidas Morales considera que si bien es cierto Couve es realista en ciertos aspectos artísticos, no lo es un uno de las características sustantivas que definen el realismo francés, como es la contextualización histórica del presente, que caracteriza las obras de los escritores realistas franceses. Toma como referencia el libro Mímesis de Erich Auerbach (1950), donde se afirma que las novelas de autores como Stendhal, Balzac y Flaubert están siempre permeadas por la realidad social del momento y por el presente histórico en las que fueron escritas. Esto, según Leonidas Morales, no ocurre en las novelas de Adolfo Couve: «El presente en Couve no puede ser sino fantasmagórico: es el presente de una historia detenida en el tiempo. O también: es el presente de su propia historia, o es una historia que coincide con su presente».45 Esta aseveración de Morales, además de informar de manera acertada de una característica relevante en lo que concierne a la representación de mundo en la obra de Couve, exige a continuación profundizar en las razones de por qué ocurre lo que señala el crítico literario.
43 Erich Auerbach: Mimesis, p. 462. 44 Adriana Valdés: Composición de lugar, p. 183–184. 45 Leonidas Morales: Adolfo Couve: el descabezado. Santiago de Chile: Editorial Cuarto Propio 2018, p. 297.
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3.2 Realismo, autonomía artística y trascendencia Adolfo Couve piensa que una obra de arte poderosa requiere de la «soledad» para su trascendencia, entendiendo por ello su desconexión programada con los determinantes sociales y procesos históricos contingentes. Solo de esta manera, como ocurre con las grandes creaciones artísticas, la obra podrá ser universal y trascender a su tiempo. La proclama del arte por el arte que el autor profesa, considera que una obra debe estar por encima de lo utilitario y que la importancia de la belleza radica en su inutilidad. Couve rechaza todo arte panfletario y didáctico y privilegia, en cambio, uno que, como el neoclásico, desarrolla un mundo autónomo y autosuficiente. Como afirma en el prólogo a Cuarteto de la infancia (1996): La desconfianza en la revolución y la pervivencia del Imperio requirieron de testimonios convincentes como el de David e Ingres, o sea una escuela, la neoclásica, quizás un tanto escenográfica pero cargada de poesía, ingenuidad y afán de organizar un mundo autónomo, un arte por el arte, no contaminado ni expuesto a situaciones que, por muy justas y justificables, debilitan tan dramática ensoñación: la de permanecer en el tiempo.46
Desde el punto de vista de las expectativas de lectura movilizadas en la década de los 70, llama la atención que en plena época dictatorial un autor chileno escribiese novelas cuyo diálogo con el contexto de producción y con lo que Bajtin llama «el mundo parlante», estuviese ausente.47 Su posición respecto al arte y la sociedad no parece aceptable en un contexto de dictadura y represión como el que se vivía en Chile en esos años.48 Según José Promis, en el período dictatorial gran parte de la literatura chilena tuvo un carácter contestatario y entró en abierta disputa con el discurso oficial. A pesar de ello, pueden observarse interactuando dos discursos novelescos opuestos: el de la «novela acomodada» y el de la «novela contestataria». Respecto a la primera, tanto la visión de mundo que se ofrece como las estrategias narrativas utilizadas no hacen más que confirmar la ideología del régimen militar. La novela contestataria, en cambio, tensiona el discurso
46 Adolfo Couve: Prólogo a Cuarteto de la infancia, p. 8. 47 Para Bajtin, el mundo creador del texto está compuesto por el autor, los lectores y – de manera contundente – por la realidad reflejada en la novela. Ver Mijail M. Bajtin: Problemas literarios y estéticos. La Habana: Editorial Arte y literatura 1986, p. 463. 48 Cabe destacar, sin embargo, que estas características de su narrativa y su posición ante el arte y la figura del artista no responde a una postura reaccionaria en el plano ideológico. Es conocida la adhesión de Couve al gobierno de la Unidad Popular y su intención de, una vez egresado de la escuela de Bellas Artes, integrar las filas del partido comunista. A pesar de no hacerlo, dado que sus amigos lo convencieron de que un aristócrata en el partido sería un sinsentido, se relacionó amistosamente con Allende, quien aceptaba su opción por el no compromiso partidista y por un arte libre de las contingencias inmediatas.
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oficial y deja al descubierto los antivalores predominantes. Promis coincide con quienes apuntan a las diferencias que se generaron entre los escritores que se quedaron en Chile y los que se fueron al exilio. Así como los del exterior privilegiaron la temática en torno a los años de la Unidad Popular y sus consecuencias, la novela del interior soslayó la presencia de la historia, trabajó argumentos ahistóricos y se concentró en episodios de la infancia o en historias incontaminadas por el mundo exterior.49 Similar es la posición de Antonio Skármeta, quien señala que «los escritores que quedaron dentro tenían que adecuar la voz a un lenguaje más metafórico, más encerrado, más secreto, más irrealista, más timorato, más pedantesco y más excéntrico.»50 Por su parte, Manuel Jofré plantea que «las pocas novelas que se publicaban entre el 73 y el 80 eran vistas como excesivamente autónomas, muy descontextualizadas, en cierto grado escapistas o imposibilitadas de aludir a la circunstancia nacional sin riesgo.»51 Esta última cita pareciera describir con bastante exactitud los soportes de representación de la narrativa de Couve, aunque no ilumina las razones de existencia de los mismos. El universo narrativo del autor no es susceptible de clasificar en las categorías que los críticos recién citados lúcidamente señalan. El hecho de que su narrativa no denuncie explícitamente lo que estaba sucediendo en Chile en tiempos de la dictadura, no significa que su obra pueda catalogarse como «novela acomodada» o como producto literario que refuerce los condicionantes ideológicos del régimen militar. Al interior del mapa cultural que se desarrollaba en el país a fines de los 70, la narrativa de Couve tensionaba el discurso de las ideas de la época, justamente en su imposibilidad de clasificación. La asimilación de los códigos del realismo francés y la concepción de mundo que de ellos emerge, es la forma con que su obra contribuye a la compleja escenificación del tiempo histórico. Como el mismo autor señala: Los que nos quedamos en Chile después del golpe tuvimos que hacer obras muy bien hechas y pensadas para que resistieran una situación que era mucho más fuerte que la literatura. Una situación extrema como la que nos tocó pesa y exige mucho en cuanto a la estrictez de la forma, porque al estar en un caos lo que se busca desesperadamente es la estructura.52
49 José Promis: La novela chilena del último siglo. Santiago de Chile: Editorial la Noria 1993, p. 217–221. 50 Michael J. Lazzara: Los años de silencio: Conversaciones con narradores que escribieron bajo dictadura. Santiago de Chile: Editorial Cuarto Propio 2002, p. 238. 51 Manuel Jofré: La novela chilena: 1965–1988. En: Chile: 1968–1988. Los ensayistas 22–25 (1987/ 1988), Georgia Series on Hispanic Thought, p. 18. 52 Adolfo Couve: Adolfo Couve. Un enamorado de la belleza. En: Diario El Mercurio (24.10.1993), p. 4.
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La producción literaria de Couve escenifica uno de los ángulos en que el espacio cultural de esos años se debatía entre contradicciones y disputas en el plano simbólico. Su defensa de la autonomía estética se traduce en el fortalecimiento del arte como un ámbito específico de valor. Couve se opone, por lo mismo, a las posiciones sociológicas marxistas que planteaban que el artista se debe a las circunstancias sociales y políticas de su época y que su obra es producto de las condiciones de producción de su momento de gestación. Tratar de entender el genotexto ahistórico de la narrativa de Couve requiere hacer dialogar los presupuestos estéticos del autor con algunas líneas de pensamiento acerca de la novela que privilegian su autonomía estética. Es el caso, especialmente, de la teoría de Ortega y Gasset respecto a la novela y la función de la literatura.53 Esta teoría sostiene que la obra literaria debe crear un mundo que permita al lector insertarse plenamente en la realidad que la obra va configurando. La calidad de una novela será medida, según este principio, por su capacidad de introducir al lector en el ámbito de la ficción. Con tal fin el autor deberá producir el aislamiento del lector de su vida cotidiana, aprisionándolo en el horizonte imaginario de la novela.54 La postura de Couve respecto al arte y la función del artista realista coincide igualmente con la filosofía de la escritura que profesa Georges Bataille. A diferencia de la posición de Sartre, Bataille considera que la literatura rechaza toda forma de utilidad, pues «es la expresión del hombre – de la parte esencial del hombre – y lo esencial en el hombre no es reductible a la utilidad».55 La función del escritor es revelar a la soledad de todos, la parte intangible que nada ni nadie podrá someter. El único compromiso del escritor es con esa libertad interior que ninguna fórmula puede definir: «A su esencia le corresponde un solo fin político: el escritor no puede sino comprometerse en la lucha por la libertad, anunciando esa parte libre de nosotros mismos que no pueden definir fórmulas, sino solamente la emoción y la poesía de obras desgarradoras».56 Pero, aclara Couve, el escritor realista debe poseer necesariamente algo en qué depositar su fe, una perspectiva ante el arte, un anhelo de perfección que encuentra en el realismo un posible referente de salvación. El pintor realista no copia la realidad, sino que la traduce con una actitud mística, absolutamente consciente de la muerte y de la necesidad de aferrarse a lo que ve:
53 José Ortega y Gasset: Meditaciones de El Quijote. Madrid: Revista de Occidente 1963. 54 José Ortega y Gasset: Meditaciones de El Quijote, p. 181. 55 Georges Bataille: La felicidad, el erotismo y la literatura: ensayos 1944–1961. Buenos Aires: Adriana Hidalgo editores 2002, p. 18. 56 Georges Bataille: La felicidad, el erotismo y la literatura, p. 18.
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El problema del realista es que es muy agnóstico, es muy escéptico y es muy amante de la vida al mismo tiempo. Entonces tiene que encontrar una fe […] una fe que sea una cosa sólida en qué apoyarse y por eso busca este huevo de oro, este arte por el arte, no porque sea anacrónico ni porque sea esteticista, sino porque necesita creer en algo […]. El realista se afirma en estas ecuaciones de perfección, de síntesis, de economía de medios, de la esencia de las cosas, para poder creer en algo y para poder rescatar del tiempo lo que sucede a las personas con el tiempo: el desgaste.57
Un ejemplo de «ecuación de perfección», en términos de Couve, es lo que consigue Augusto, el niño pintor superdotado de La lección de pintura, al concentrar en el cuadro por él realizado, la plenitud del ideario realista: «Lo que Aguiar tenía entre sus manos era una pequeña obra maestra, de una perfección técnica increíble. La limpia aplicación de los colores, el orden inteligente de su ejecución, las soluciones, la síntesis y economía de medios, eran dignas de un gran pintor».58 En esta misma novela, Couve proyecta en la figura del niño Augusto, tanto sus preferencias artísticas, como su rechazo a los estilos pictóricos vanguardistas que desarrollaban sus compañeros de generación: «Augusto, mientras tanto, que valiéndose de un paño apoyado en un tiento efectuaba un delicado esfumato para lograr el volumen, no dejaba de preocuparse por un chico […] que, depositando la tela en el suelo, chorreaba sobre ella pintura con un jarro, para luego expandirla por la superficie con un rodillo».59
4 El realismo y sus fundamentos constructivos Ya fuese en su faceta de pintor como en la de escritor, Adolfo Couve ponía especial énfasis en señalar que los dos grandes imperativos del artista realista eran la descripción y la búsqueda del tema universal. Se hace indispensable, por ello, explicar a continuación qué entendía el autor por ambos conceptos y cómo estos se concretizan en la representación de mundo en sus novelas. Couve consideraba la descripción una necesidad y una condición del arte realista. Era en la literatura donde podía realizarla con mayor plenitud:
57 Adolfo Couve: Los Grandes Artistas Viven la Eternidad Aquí. Entrevista von Cristián Warnken. En: La belleza del pensar. ARTV (13.11.2003). https://youtu.be/CQ96a3sHnXM (último acceso 15.5.2021). 58 Adolfo Couve: La lección de pintura, p. 281. 59 Ibid., p. 300.
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En el caso mío, por haber sido pintor yo no me equivoco en la descripción de las cosas, porque las he hecho con las manos, las he hecho con la pupila. Yo no tengo descripciones literarias. La exactitud de una descripción en la escuela realista implica también la distancia. Las novelas realistas son descritas, no son escritas, no participa el escritor explicando la novela. En todo el período realista la descripción es fundamental porque muestra y no explica. Por ejemplo, el caso de Ana Karenina, que es una pieza fundamental del realismo, Alexis Karenin se da cuenta que su esposa no lo quiere, no porque ella se lo dice, sino porque ella se comporta de una manera exagerada en las carreras de Vronski – cuando éste se cae y tiene ese tropiezo –. El príncipe la está mirando a ella, como ella reacciona, y ella está mirando cómo corre su amante. Y el lector se da cuenta en esa descripción que hay un triángulo amoroso y que su mujer ya no lo quiere.60
Desde la perspectiva de Couve, el ser pintor y trabajar con imágenes visuales le ayudó especialmente a evitar el prurito explicativo en el que caen muchos escritores y a alcanzar la precisión adecuada que requiere el arte de la descripción: «Los escritores que vienen de la experiencia de la imagen jamás intentamos explicar lo que escribimos y tenemos mucho más rigor en las descripciones».61 Haber agudizado la pupila como pintor lo ayudó a no explicar lo que se escribe, sino solo describir. La descripción es, en definitiva, una forma de oración, donde el artista-escritor realista construye su propio santuario hecho de palabras: ¡No hay nada más maravilloso que describir! Si describo la grandeza de Dios con el lenguaje adecuado, estoy orando, ésa es mi mística […] Yo conozco bien el oficio de la pintura… pero soy un pintor estancado, porque no me interesa progresar, me gusta la pintura en sí misma. En literatura, en cambio, – que me atrae más, pero me es más difícil –, pude avanzar. Pero nunca dejé de pintar y la pintura me ayudó en las descripciones. Mi frustración pictórica me sirvió en la vanguardia literaria.62
Los planteamientos de Couve respecto a la importancia de la descripción, coinciden nuevamente con los postulados de uno de sus autores preferidos, como es Ortega y Gasset. Para el filósofo la descripción, tanto en pintura como en literatura, es el mecanismo a través del cual se puede presentar el mundo (ya sea con palabras en la literatura o con imágenes visuales en la pintura) al lector o espectador, en su esencialidad: ¡Qué diferencia hay entre un chafarrinón y la buena pintura? En la buena pintura, el objeto que en ella se representa se halla […] en persona, con toda la plenitud de su ser como en ab-
60 Adolfo Couve: Los Grandes Artistas Viven la Eternidad Aquí. 61 Adolfo Couve: Dibujar con palabras, p. 6. 62 Adolfo Couve: Adolfo Couve. Un enamorado de la belleza, p. 4.
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soluta presencia. En el chafarrinón, por el contrario, el objeto no está presente, sino que hay de él en el lienzo o tabla solo algunos pobres e inesenciales alusiones.63
Ortega y Gasset postula que en una novela lo menos importante es la trama o la narración, sino la capacidad de que el lector «vea» los hechos, «vea» las figuras novelescas. Por ejemplo, al igual que un pintor, un narrador no debe explicar lo que una persona es, sino que permitir que el lector «vea» lo que ese personaje es: si oteamos la evolución de la novela desde sus comienzos hasta nuestros días, veremos que el género se ha ido desplazando de la pura narración que era sola abusiva, a la rigurosa presentación. En un principio, la novedad del tema pudo consentir que el lector gozase con la mera narración. […] Pero pronto dejan de atraer los temas por sí mismos, y entonces lo que complace no es tanto el destino o la aventura de los personajes, sino la presencia de éstos. Nos complace verlos directamente, penetrar en su interior, entenderlos, sentirnos inmersos en su mundo o atmósfera. De narrativo o indirecto se ha ido haciendo el género descriptivo o directo.64
La descripción será la vía privilegiada por el escritor realista para crear un objeto artístico, donde la economía verbal, la capacidad para crear imágenes visuales, la ausencia de explicación y la precisión del trazo narrativo serán las condiciones que permitirán que la obra alcance la perfección deseada y trascienda en el tiempo.
4.1 Tematización de lo universal y abstracción del sentir En cuanto a la búsqueda del tema universal, Couve sostiene que esa es la tarea fundamental del escritor realista, una misión incluso más imprescindible que la descripción. Es también lo más difícil de conseguir. En el éxito o la derrota de dicha exploración se juega, en último término, el triunfo o el fracaso del programa realista: Antes de la descripción está la búsqueda del tema universal. Encontrar un tema universal significa un tema que me acontece a mí y que te acontece a ti, una cosa que no la busca el lector por curiosidad.65 Las cosas por curiosidad se leen una sola vez. A los temas universa-
63 José Ortega y Gasset: Meditaciones de El Quijote, p. 146. 64 Ibid., p. 147. 65 «No lo que me sucedió a mí, sino lo que ocurriéndome a mí, pudo acontecerle a otro, todo esto excluyendo la personalidad de cada cual, el talento de cada uno, el punto de vista personal». Adolfo Couve: El oficio del escritor en la sociedad contemporánea, p. 142.
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les se recurre; por ejemplo, Madame Bovary es el arribismo: es un tema universal […] El tema universal es lo primero y después abordarlo con distancia, donde también entra la técnica del lenguaje y el contenido. Como se trata de una literatura de distancia, el lenguaje no se puede comer al contenido; y como el contenido es universal y no me pertenece totalmente a mí y es de todos, entonces el tema está castigado. Para conseguir eso (la búsqueda del tema universal), todos los realistas se ocultan, no tienen biografía; el realista no tiene anécdota, porque traduce la realidad.66
4.2 De lo universal a la provincia y viceversa. La búsqueda del tema universal, se conecta con otros rasgos que para Couve son distintivos del realismo y que en su articulación desembocan en otro de los temas fundamentales de la escuela realista, como es la provincia. El tema universal, la ecuación leguaje-contenido y el tema de la provincia encontrarán un equilibrio desde la aparición de Balzac, ya que «es la primera vez que el artista toma conciencia de que el tema tiene una relación directa con el lenguaje empleado. Así nace la literatura castigada; ya no se puede divagar, hay que ir a los temas cotidianos y bajar aún más todavía a los argumentos de provincias, escuela de lo universal».67 La opción por la provincia en las novelas de Balzac, Stendhal y Flaubert responde a lo que, según Erich Auerbach, era uno de los «signos característicos del realismo moderno».68 En consecuencia, son varias las novelas de Couve donde la provincia es el espacio en que trascurren las historias: Llay Llay en Alamiro y en La lección de Pintura, Cartagena en Balneario, en La comedia del arte y Cuando pienso en mi falta de cabeza, Viña del Mar y Llay Llay en El tren de Cuerda y en El picadero, etc. En síntesis, la descripción y la búsqueda del tema universal, con las correspondientes declinaciones temáticas que de ahí se generan, son para Couve los dos ejes o frentes estratégicos a partir de los cuales el escritor realista puede crear una obra de arte.
66 Adolfo Couve: Los Grandes Artistas Viven la Eternidad Aquí. 67 Adolfo Couve: El oficio del escritor en la sociedad contemporánea, p. 140. 68 Erich Auerbach: Mimesis, p. 457.
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5 El realismo y sus creaturas en tono menor La concepción de realismo de Couve encuentra un importante canal de expresión en la construcción de los personajes. Un rasgo que resalta en la caracterización de la mayoría de ellos es su fragilidad constitutiva, el anonimato de su devenir vital, y la falta de incidencia en el entramado social. La trivialidad, la sencillez y cierta melancolía generalizada son los atributos que singularizan sus improntas. En cierto sentido, puede decirse que se trata, independiente de su situación económica, de personajes marginales, portadores de un tipo de marginalidad que Ignacio Valente intenta explicar: Marginales ¿Marginales en relación a qué? Diría que, en relación a la vitalidad en acto, el espesor de la vida fuerte que se afirma en sí misma. A menudo tienen estos personajes un evanescente aire de ausencia, de distancia, de desajuste respecto al mundo de todos y aun con respecto a si mismos. Otro término aproximado sería ‹excentricidad›, en el sentido literal de la palabra: excéntrico, fuera de su centro propio, como parecen estar las creaturas de Couve […] En suma, se trata de personajes extraños, no en la acepción corriente del adjetivo – raros –, sino en cuanto extrañados o extranjeros del mundo, forasteros de la vida, y por eso mismo inquietantes para el sentido común.69
Por otro lado, esta condición de marginalidad de los personajes se liga, como ocurre en toda la narrativa de Couve, a una particular compasión y ternura por esos seres, de alguna manera perdedores, que pueblan sus mundos ficcionales. Entre ellos habita la auténtica belleza y se potencia la mirada realista: El realismo se conmueve con las personas anónimas, una espalda, los zapatos de una persona. A mí me gustan los perdedores, no me gusta el éxito, me gusta el dolor humano. El realismo es lo menos elitista que hay, por ese amor por lo cotidiano, por los personajes perdidos; eso me interesa a mí, encuentro que hay mucha intensidad en lo marginal. Todo eso colinda con la belleza.70
Un ejemplo de lo recién mencionado es lo que ocurre con el niño Augusto de La lección de pintura, cuyo talento natural se estimula preferentemente en espacios donde puede conectarse con la sencillez y la autenticidad: Augusto prefería trabajar fuera del alcance de Aguiar, y así solía encontrársele en los modestos boliches de su barrio, rodeado de campesinos, dibujando en un grasiento papel de envolver que apoyaba sobre la tapa de un barril […] La quietud de la tarde, la intensidad que
69 Ignacio Valente: Couve entero. En: Diario El Mercurio (14.6.2003), p. 3. 70 Adolfo Couve: Los Grandes Artistas Viven la Eternidad Aquí.
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confiere a los ambientes la pobreza, tan justa ordenadora y coleccionista de objetos adecuados, era un deleite para el artista.71
Sin embargo, es imprescindible destacar que en las novelas de Couve hay también personajes que pertenecen a los niveles altos de la sociedad, a la alta burguesía, incluso a la antigua aristocracia, pero igualmente todos ellos están signados de alguna forma por la marginalidad, entendida en los términos antes referidos. Son personajes que se encuentran en un momento, en que todo tiende a decaer en sus vidas y en el orden social que los sostiene. Son vidas sometidas a un proceso de decadencia de la que no pueden escapar, porque son portadores de la misma. A pesar de su status social, viven en un estado ilusorio que revela su escasa personalidad y cierta insignificancia existencial. La frágil humanidad de sus caracteres y proyectos vitales solo acentúa su excentricidad respecto al tiempo que están viviendo y a sí mismos.
6 La inasible belleza (realista) La búsqueda de la belleza, con toda la complejidad que ello significa, fue siempre una constante en las preocupaciones artísticas y filosóficas de Couve, una necesitad vital en la que se medía a sí mismo como artista plástico y narrador. En su rol de docente en Historia del arte y Estética en la Universidad de Chile, enseñaba a sus alumnos diversas posiciones acerca de la belleza y desarrollaba a la vez sus propias teorías. En una ponencia titulada: «La poesía nos va a salvar», leída en el ciclo: La creación literaria en el Chile de hoy (1997), Couve expone parte de su ideario estético en torno al concepto de belleza y posibilita visualizar al menos tres niveles de significación. El primero de ellos remite al concepto de belleza que él mismo defiende y experimenta como artista, un tipo de belleza que se contrapone a lo que se entiende generalmente por este concepto, es decir, como algo hermoso que genera placer estético: «La belleza no se me presentó como todos creemos que es: linda, reluciente, brillante. La belleza es marginal, es dura, es muy amarga, es maravillosa, por eso no se gasta. Si tuviéramos una belleza extraordinaria nos aburriría, la belleza es una cosa para siempre».72 La belleza no solo es una vía de gratificación para los sentidos, sino también una experiencia de displacer: «La belleza se da siempre por el lado de lo áspero, yo sé por dónde va. La belleza no va por lo lindo».73
71 Adolfo Couve: La lección de pintura, p. 284 72 Adolfo Couve: Escritos de arte. En: Obras Completas de Adolfo Couve, p. 825. 73 Adolfo Couve: Los Grandes Artistas Viven la Eternidad Aquí.
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Es relevante destacar que esta concepción de belleza que posee Couve, tuvo como influencia sustantiva las reflexiones teóricas de su amigo y colega de la Facultad de Arte de la Universidad de Chile, el filósofo y músico Luis Advis. En su libro Displacer y trascendencia en el arte (1979), Advis señala que las realidades placenteras de la experiencia estética siempre estuvieron vinculadas a un determinado enfoque de las artes plásticas. Éste se asociaba únicamente a la idea de arte bello, concepto que se refería a ciertos objetos de una estructuración armoniosa y equilibrada que redundaba siempre en una representación idealizada. Sin embargo, desde el punto de vista de Advis, la dimensión de displacer que también signa a la experiencia estética no se debe desconocer, ya que «un concepto amplio, cabal, de la relación estética no puede descuidar la consideración en este aspecto, aun cuando el hombre corriente a menudo entienda en forma práctica e irreflexiva que lo bello está unido solo al agrado o al placer, al goce».74 Un segundo nivel de significación donde la belleza puede manifestarse es en el proceso de búsqueda del tema universal, que es posible alcanzar únicamente si el escritor somete al lenguaje y al contenido a un régimen escritural donde ambas categorías operen al unísono y así se haga posible el emerger de la belleza: «El escritor realista, por lo general, castiga el contenido y el lenguaje, y si se castiga esas dos cosas, el resultado siempre es la suma de esos dos castigos y apunta a la belleza».75 Finalmente, un tercer nivel de significación donde se favorece el refulgir de la belleza es, según piensa Couve, en la existencia y tensión de opuestos de distintos tipos: «La belleza convencional se ampara en contrarios. Por ejemplo, lo inmóvil del frontis con la palmera viva que se asoma por detrás, establece un contrapunto de elementos de distinta naturaleza. Ahí se produce el cortocircuito de la belleza. Todos los artistas se nutren de esta dualidad».76 La conjunción de opuestos presentes en su obra promueve la inscripción de diversos núcleos temáticos como vida / muerte, luz / oscuridad, juventud / vejez y especialmente la oposición conformada por los términos: perecedero / imperecedero. Ejemplar al respecto es lo que sucede en El parque, donde la dualidad mencionada tiene su representación en los opuestos: naturaleza / arte. Así como la naturaleza y los elementos a ella asociados están destinados al irremediable paso del tiempo y la muerte, los objetos artísticos exhiben una forma de eternidad, aunque también sufran un proceso de desgaste:
74 Luis Advis: Displacer y trascendencia en al arte. Santiago de Chile: Editorial Universitaria 1979, p. 67. 75 Adolfo Couve: Escritos de arte, p. 819. 76 Adolfo Couve: Adolfo Couve. Un enamorado de la belleza, p. 5.
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Al término de las barandas, sobre labrados pintos, había estatuas de musas pulsando liras de mármol u ofrendando coronas de laureles esculpidos, que la intemperie borraba replegando sus formas, como defensa del tiempo, a modo de resistencia. Entonces, esos rostros que recién salidos del taller parecieron inmunes al deterioro, ahora mostraban de cerca la aspereza de la muerte. Desde lejos no se percibía su corrupción sutil. Y Cleopatra, al sentirse indefensa frente a esas estatuas, cinceladas para mirar desafiantes el transcurso de muchas generaciones, pensaba que no eran tan invulnerables como parecía, ya que podía desprenderse de lo alto la rama seca de alguna araucaria y diseminarla en pedazos, lejos de sus pedestales.77
Sin embargo, la invulnerabilidad de los objetos artísticos (tales como los bustos, frisos, barandas y los ornamentos de piedra, hierro y mármol que decoran los jardines del parque) está asegurada, pues el tiempo, que actúa como cómplice de ellos, les retribuye por un lado su deterioro y por otro los convierte en signos tangibles de belleza: La madre selva, perecedera e inconstante, acudía a cobijarse junto a los relieves de unos sarcófagos antiguos que había cerca del estanque, para resaltar la pretensión de eternidad oculta en ese grupo de figuras atrapadas en el mármol, acentuando así la imposibilidad de durar dos primaveras que tienen las hojas perecibles de esas plantas. Esos sarcófagos requerían asimismo de la acariciadora cercanía de las hojas del acanto para que el claroscuro, que administraba con sus vaivenes, diera vida a esa muchedumbre muerta.78
La belleza encarna en opuestos donde la naturaleza, de suyo temporal, y el arte, cuyo fin es la permanencia, palpitan en mutua convivencia: En todas estas consideraciones alternaba Cleopatra, quien en el fondo nunca había encontrado la belleza tan bien representada, como cuando en su soledad la descubrió en el entendimiento que había entre la materia esculpida y la hierba. Naturaleza transitoria y pretensión de durabilidad, hacía una ilusión de polos opuestos que excitaba su imaginación. Mundos tan contrapuestos como la rama que proyectaba un arco de sombras sobre la inscripción de una lápida, o el agua de la fuente que desdibujaba al caer las facciones de un centauro […] eran para ella señales de que allí se conjugaban los elementos que la hacía posible.79
Es en la dependencia y reciprocidad entre la naturaleza y el arte, oposición representada por la vegetación y la estatuaria del parque, donde parece insinuarse la
77 Adolfo Couve: El parque, p. 248–249. 78 Ibid., p. 249. 79 Adolfo Couve: Balneario. En: Obras Completas de Adolfo Couve, p. 250.
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inasible belleza: «Cleopatra Lebas tuvo la certeza de que en su parque albergaba la belleza».80
6.1 Realismo, belleza, decadencia: un triángulo nada fácil de sostener Otro ángulo desde el que es posible visualizar el emerger de la belleza, desde la perspectiva del realismo de Couve, es en la configuración de lo que el crítico literario Pedro Gandolfo ha definido como una estética del abandono y de la decadencia: «Uno de los rasgos más visibles de los relatos de Couve es su inclinación por el abandono, la corrupción y la decadencia como un elemento inseparable de la belleza».81 La condición de abandono que signa tanto a personajes como objetos y espacios se escenifica, por ejemplo, en casas abandonadas y en parques que han dejado de recibir la atención necesaria, mostrando una decadencia que les otorga una intensidad particular. Este tipo de escenario aparece por primera vez en El tren de cuerda: «[…] la soledad se extendió a la buganvilla, a los adobes, a las tejas de los árboles; kilómetros a la redonda, como una enfermedad contagiosa que dejó todo entregado a la melancolía».82 Asimismo, los árboles de la quinta de Madrazo, sus avenidas y construcciones, continúan sobreviviendo «gracias al olvido, que desvió la acción del tiempo».83 El narrador expone su propia hipótesis acerca del fenómeno descrito: «Cuando el hombre abandona un lugar, este al comienzo se resiente por la falta de aseo y reparaciones, pero, superada esta etapa, todo cobra otro orden y la naturaleza al sentirse libre se encarga de transformarlo».84 Para comprobar la veracidad de sus palabras, solo le basta describir lo que sus ojos ven a su alrededor: El parque que rodeaba la casa de puntiagudos era aparentemente una ruina. Las palmeras antes podadas y en sucesión casi simétricas, hermoseando la avenida que conducía a los escalones de la terraza, ahora servía de sostén a las enredaderas que habían trepado hasta sus cimas, desvirtuando sus formas, uniendo unas palmeras con otras, formando masas de una flora híbrida.85
80 81 82 83 84 85
Adolfo Couve: Balneario, p. 251. Pedro Gandolfo: Prólogo a Obras Completas de Adolfo Couve, p. 8. Adolfo Couve: El tren de cuerda, p. 213. Ibid. Ibid. Ibid.
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Esta sensibilidad se agudiza en El parque, puesto que el jardín, los balaustres, las estatuas, los ornamentos de piedra, hierro o mármol, deteriorados por el paso del tiempo, reciben de éste un nuevo sentido, al retribuirles su deterioro, «convirtiéndolos en signos de belleza».86 La estética de la decadencia y su vínculo con la belleza encuentra su máxima representación en Balneario (1993), novela en la que el foco narrativo se concentra en la ciudad de Cartagena: Cartagena, el balneario, esa playa sucia, abandonada todos los inviernos, ese escenario, esa apariencia, ese deterioro infinito, techos aguzados, aleros repletos de murciélagos, ventanas sin postigos. Balcones carcomidos. Escalas de servicio, clausuras, que se han venido al suelo, veletas oxidadas y atascadas, pájaros de fierro que porfían en la persistencia del viento […] Cartagena, el balneario, esa playa sucia […] perdida entre la muchedumbre como un despojo a la deriva.87
Cartagena, balneario aristocrático en decadencia, es descrito de manera realista como un lugar que en verano se vuelve populoso, lleno de ruido, de olor frituras y donde «el bullicio de la muchedumbre, las lonas a franjas de colores que desparraman sombras encendidas, el grito de los altoparlantes y la brisa, corren paralelos a la arena trajinada, oscura, vuelta al revés,» entre «quioscos improvisados y las basuras».88 Sin embargo, a pesar de todo ese panorama desquiciante, en el pequeño fragmento titulado: «La casa de la palmera», perteneciente a Balneario, el narrador subraya, por una parte, la presencia de opuestos que conforman la belleza y, por otra, la decadencia de la que es partícipe.89 Al describir una antigua construcción en la que «sus dibujos en relieve se han desprendido, así como las varadas de los balcones y una serie de pilastras que antaño había allí adosadas», advierte que: «La nota que da interés a aquel despojado rectángulo es una gigantesca palmera que asoma un cogollo por encima de los techos, produciéndose esa feliz confrontación de elementos opuestos que tanto reclama la belleza».90
86 Adolfo Couve: El parque, p. 249. 87 Adolfo Couve: Balneario, p. 445. 88 Ibid., p. 445–446. 89 Cartagena es para Couve «la ciudad maltratada, esas casas maravillosas del siglo pasado que nos las han cuidado y que los veraneantes de Santiago las convierten en pensiones […]. Este lugar es como mi segunda patria. No tengo claro porqué vivo aquí o si me voy a quedar para siempre. Hay silencio, tranquilidad y la violencia de Santiago me es ajena […]. Cartagena es un enredo entre un balneario antiquísimo y estas casas inglesas, francesas, traídas desde afuera». Adolfo Couve: Adolfo Couve. Un enamorado de la belleza, p. 4. 90 Adolfo Couve: Balneario, p. 541.
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6.2 Realismo, Cartagena y belle époque La ciudad de Cartagena, erigida, desde la mirada realista de Couve, como epicentro de la decadencia, del deterioro, pero también de la belleza, opera como el gozne que permite adentrase en otra dimensión de la poética de Couve, como es el tema del tiempo y su representación, desde una variable diferente a la desplegada hasta este momento. Lo que se intentará a continuación es develar en las huellas inscritas en la narrativa de Couve, un imaginario que moldea la percepción de la realidad descrita, un imaginario fraguado según parámetros característicos de lo que ha sido definido como la belle époque chilena. Al hablar de imaginario, se está pensando, en este caso, en los planteamientos de Le Golf, procesados y condensados por Jorge Belinsky en su libro: Lo imaginario: un estudio (2007): Para Le Golf, las representaciones son la traducción mental de una realidad percibida. Esa traducción implica siempre un proceso de abstracción que es, igualmente, un desarrollo creativo. De este modo, la representación de algo se transforma en la idea que tenemos acerca de eso algo. En cuanto a la imagen, forma parte de la representación, donde ocupa un lugar especial. Así, dentro del movimiento de traducción hay que distinguir entre la simple transposición de lo real en el espíritu y la parte poética, en el sentido etimológico de este término. El lugar especial de la imagen se enlaza con este último aspecto de la traducción de lo real. En tal sentido, lo imaginario participa de la representación y corresponde a esa parte creadora del espíritu.91
En esta definición de imaginario se articulan fluidamente conceptos («representación», «traducción», «lo real», «imagen») que son esenciales para el análisis del sustrato de imágenes y símbolos que conforman el imaginario de la belle époque chilena, presente en las novelas de Couve. Esto puede apreciarse en los diversos planos de sus narraciones, en las formas discursivas, en los escenarios desplegados, en la creación de atmósferas, en el vestuario de los personajes y en diversos signos que connotan una época: la de fines del siglo XIX y comienzos del XX, el mundo y el tiempo de la belle époque chilena. Y es justamente Cartagena, la ciudad-balneario, donde esta visión de mundo se condensa: Cartagena fue, desde las últimas décadas del siglo XIX hasta las primeras del XX, el balneario belle époque de la burguesía chilena que viajaba a Europa y regresaba con modelos y materiales para construir y decorar sus casas, para vestirse y exhibir el lujo, la riqueza. La Car-
91 Jorge Belinsky: Lo imaginario: un estudio. Buenos Aires: Ediciones Nueva Visión 2007, p. 82.
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tagena de Couve, la del presente de sus relatos, no es ya más que su propio recuerdo, el de un tiempo pasado devenido en puro vestigio.92
7 Realismo y belle époque en modalidad francesa El tiempo y el imaginario de la belle époque, procesado en la narrativa de Couve desde los criterios del realismo, apelan a un referente cultural plenamente demarcado, como es la Francia del siglo XX, su historia, su arte, su cultura, sus costumbres. En su libro La belle époque chilena (2010), el historiador Manuel Vicuña es pródigo en ejemplos en los que se enfatiza que para la oligarquía y la burguesía chilena, todo lo que venía de Francia, desde la moda a los estilos de vida privativo de las clases sociales, representaba las expectativas más legítimas de lo que se consideraba la civilización moderna: «A semejanza de tantos latinoamericanos de la época, los miembros de la oligarquía intentaron asimilar a cabalidad esta cultura a un tiempo aristocrática y burguesa, de raigambre generalmente parisina».93 Respecto al idioma, cuyo manejo constituía de suyo un capital cultural importante, Vicuña ofrece el siguiente ejemplo: «Siendo el francés el segundo idioma de muchos hombres y mujeres de la élite, hacia 1911 éste se hablaba con desenvoltura en el hall, en los pasillos y en los palcos del Teatro Municipal, transformado de este modo en vicario puesto de avanzada de la belle époque parisina».94 Por último, al referirse a la importancia que las élites le daban al aspecto económico, como signo de clase y relevancia social, el historiador plantea que: «En el siglo XIX, una vez consolidados el comercio de bienes suntuarios europeos e iniciada la acumulación de una riqueza privada sin precedentes, se vio acrecentada la relevancia del consumo conspicuo, en cuanto principio constitutivo y expresivo de status social».95 Además del manejo del francés y de la consolidación económica de los grupos sociales altos, hay muchos otros signos de status que revelan la consistencia del imaginario francés en la sociedad chilena de ese tiempo. Por ejemplo, en un artículo de Sebastián Shoennenbeck, en el cual analiza la importancia que poseen los conceptos de luz y sombra en los jardines de las novelas de Couve, se afirma que en el contexto social de esa época:
92 Leonidas Morales: Adolfo Couve: el descabezado. En: Revista Chilena de Literatura 96, 2 (2017), p. 295. https://revistaliteratura.uchile.cl/index.php/RCL/article/view/47632/57474 (último acceso 15.5.2021). 93 Manuel Vicuña: La belle époque chilena. Santiago: Editorial Catalonia 2010, p. 33. 94 Manuel Vicuña: La belle époque chilena, p. 39–40. 95 Ibid., p. 36.
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hombres de grandes fortunas mineras materializan sus nuevas posiciones en viviendas y áreas verdes privadas […] El afán extranjerizante de estos proyectos obliga a la contratación de paisajistas extranjeros. El francés Guillermo Renner diseña el parque de la Viña Santa Rita, el parque de Las Majadas de Pirque, el parque Cousiño Macul y el Parque O’Higgins de Santiago. En 1896, Renner arboriza por primera vez la Plaza de Armas de la capital. Contemporáneo a Renner, Georges Dubois traza el Parque Forestal y el parque de la hacienda La Punta, al norte de Rancagua.96
En concordancia con lo mencionado, lo que se advierte en la narrativa de Couve es un tipo de mirada que configura un modelo de jardín, según los parámetros estéticos, culturales y sociales franceses de fines del siglo XIX y comienzos del XX. Sin ir más lejos, en El picadero, la estilizada descripción de los paisajes y la densidad de referencias culturales, convierten al lugar en un entorno cosmopolita europeo de cuño más francés que chileno. Ejemplar, en este sentido, es el tipo de descripción que se realiza de los distintos espacios de Villaclé, hacienda donde se erige una bella y enorme residencia, rodeada de prados y bosques, que emula con lujo de detalles un château francés. Ahí vive Diana de Souza, mujer de la aristocracia chilena, a quien visita el narrador personaje durante muchos años, con el propósito inicial de hacerle clases de equitación y posteriormente por el vínculo amoroso que entre ellos se genera: Cuando me apeé en Villacler y el empleado me condujo a través de esa interminable columnata de piedra devastada por el viento, hasta los prados que en extensos desniveles invitaban a profundizar en el horizonte […] Por amplia y fastuosa que haya sido la residencia de Blanca Diana, nunca imaginé que demoraría diez años en terminar de conocerla […] En el primer tiempo, todo se redujo a los caballos y al arte de la equitación. Mi dueña ostentaba la más selecta colección de fina sangre […] La cancha como ella llamaba a todas estas construcciones, estaba situada lejos de la casa, tras un oscuro bosque de castaños alfombrado […] La busqué desde la cancha a los salones, pasando por las terrazas y la columnata inútil.97
Felipe Toro, al referirse a las novelas de Couve que se centran en el tema de la infancia, refuerza esta inscripción del imaginario de fin de siglo XIX francés en los espacios representados: De alguna manera, el paraíso perdido de la infancia se diagrama sobre el recuerdo de los paraísos artificiales que los patricios chilenos construyeron en sus tierras entre finales del siglo XIX y comienzos del XX; casas patronales, fantasías de la opulencia que encuentran su referente histórico en los parques diseñados por paisajistas extranjeros […] pero cuyo imagi-
96 Sebastián Shoennenbeck: De la luz a las sombras: los jardines de José Donoso y Adolfo Couve. En: Revista Universum 33, 1 (2018), p. 250. 97 Adolfo Couve: El picadero. En: Obras Completas de Adolfo Couve, p. 102–107.
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nario, aún después de desaparecidas o arruinadas esas edificaciones, todavía conserva su eficacia retórica. Se trata de escenarios transitivos, donde el paisaje nacional se funde con imágenes europeas.98
El picadero remite, como sucede con gran parte de las novelas de Couve, a un tiempo en el que los hábitos y los gustos de la élite chilena propendían a la levedad y los placeres hedonistas: «Eran tiempos frívolos que no exigían gran cosa de las disciplinas. Trocaban en juegos la música, incluso la guerra».99 Hay que destacar que a nivel del autor implícito no se sanciona esas formas de vida ni los devaneos europeizantes; solo se constata, desde una mirada distanciada, es decir realista, la presencia y operatividad de un marco cultural como fue la belle époque en clave chilena.
8 Conclusiones y alcances Al principio de esta unidad dedicada a estudiar la adscripción de Couve a la escuela realista y la modalidad de realismo que cultivó, se acentuó la índole y la especificidad que poseía dicho estilo en su trabajo narrativo. La variedad de ángulos temáticos que se abrieron en el intento por conocer dicho modelo literario, demuestra que el realismo de Couve no se agota en una definición unívoca o totalizante del mismo. Por tal razón, el crítico literario Pedro Gandolfo, en su prólogo a las Obras Completas del autor, sostiene que: «La escritura de Adolfo Couve plantea suficientes elementos simbólicos, oníricos y fantásticos como para alejarla de cualquier prototipo formateado de realismo y siempre, en la ironía estructural que la sostiene, deja la posibilidad de dar una nueva vuelta de tuerca en la lectura que hacemos de ella».100 Este realismo a lo Couve, con todas las particularidades que han sido visibilizadas en este trabajo, hacen difícil situar su obra, como se digo en un comienzo, al interior de alguna tendencia de la narrativa chilena, ya sea en lo pertinente a la visión de mundo, la poética implícita, las técnicas narrativas utilizadas, etc. Lo inactual de sus historias, los argumentos que discurren en línea recta, su esfuerzo por lograr una descripción perfecta y plástica de la imagen, la eliminación de lo accesorio, la búsqueda incesante del equilibrio entre forma y fondo y su preocupación por alcanzar la belleza a través de la escritura, hacen de su obra una ex98 Felipe Toro: Continuidad de los parques: lectura viñamarina de El picadero de Adolfo Couve». En: Revista Laboratorio 9 (2020), p. 2. 99 Adolfo Couve: El picadero. p. 100. 100 Pedro Gandolofo: Prólogo. En: Obras Completas de Adolfo Couve, p. 14.
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presión divergente de las propuestas narrativas actuales. La práctica de la escritura se encomienda a sí misma la labor de trascender la contingencia. La teoría del arte por el arte y el anclaje en el realismo, más allá de un eventual anacronismo antojadizo o una práctica esteticista, significan para Couve una forma de fe y una posibilidad cierta de creer en la perfección y en la posibilidad de alcanzar la belleza. Nadie mejor que él para traducir en palabras la magnitud y al mismo tiempo la humildad de su propuesta artística: Yo no propongo ninguna revolución. Primero, la experiencia del lenguaje es una fe, cuando se hace un párrafo bien hecho, una descripción bien hecha, es una cosa inamovible en la cual tú puedes creer. Si yo describo algo bien en donde ni aparezco más que como autor, puedo construir una fe, puedo creer en algo, eso es lo importante que tiene la literatura.101
101 Adolfo Couve: La poesía nos va a salvar. En: Obras Completas de Adolfo Couve, p. 824.
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Bilder des Übersetzens Wie Übersetzer allmählich sichtbar werden Weltliteratur ist ohne Übersetzen nicht lesbar, ja nicht einmal denkbar. Denn würden Übersetzungen literarischer Texte nicht zirkulieren, wäre Johann Wolfgang Goethes Idee vom «Ideen-Verkehr»1 zwischen den Nationen konzeptionell nicht zu formen: Es ist schon einige Zeit von einer allgemeinen Weltliteratur die Rede, und zwar nicht mit Unrecht: denn die sämmtlichen Nationen, in den fürchterlichsten Kriegen durcheinander geschüttelt, sodann wieder auf sich selbst einzeln zurückgeführt, hatten zu bemerken, daß sie manches Fremdes gewahr geworden, in sich aufgenommen, bisher unbekannte geistige Bedürfnisse hie und da empfunden. Daraus entstand das Gefühl nachbarlicher Verhältnisse, und anstatt dass man sich bisher zugeschlossen hatte, kam der Geist nach und nach zu dem Verlangen, auch in den mehr oder weniger freyen geistigen Handelsverkehr mit aufgenommen zu werden.2
Dass diese Art globaler Zirkulation von Lebenswissen und ästhetischer Gestaltung3 ohne das Zutun von Übersetzern4 unmöglich wäre, war Goethe durchaus bewusst: Und so ist jeder Übersetzer anzusehen, dass er sich als Vermittler dieses allgemein-geistigen Handels bemüht und den Wechseltausch zu befördern sich zum Geschäft macht. Denn was man auch von der Unzulänglichkeit des Übersetzens sagen mag, so ist und bleibt es doch eines der wichtigsten und würdigsten Geschäfte in dem allgemeinen Weltverkehr.5
1 Johann Wolfgang Goethe: Sämtliche Werke. hg. von Friedmar Apel u. a., Frankfurt am Main 1986–1999, hier I. Abteilung, Band 12, S. 671 (künftig abgekürzt nach dem Muster «FA II 12, 671»). 2 FA I 22, 870. 3 Auf den Zusammenhang zwischen Literaturübersetzung und Wissenszirkulation wies bereits früh Ottmar Ette hin: Mit Worten des Anderen. Die literarische Übersetzung als Herausforderung der Literaturwissenschaft. In: Claudia Armbruster /Karin Hopfe (Hg.): Horizont-Verschiebungen. Interkulturelles Verstehen und Heterogenität in der Romania. Festschrift für Karsten Garscha zum 60. Geburtstag. Tübingen: Gunter Narr Verlag 1998, S. 13–33, sowie: Wissen schafft Zukunft: Sieben Thesen zu Kulturwissenschaft und Lebenswissen. In: Andreas Gipper/ Susanne Klengel (Hg.): Kultur, Übersetzung, Lebenswelten. Beiträge zu aktuellen Paradigmen der Kulturwissenschaften. Würzburg: Königshausen & Neumann 2008, S. 301–330. 4 Männliche Berufsbezeichnungen meinen hier und im Folgenden immer auch die weiblichen Akteure. 5 FA I 22, 434.
https://doi.org/10.1515/9783110730340-007
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Insofern stimmt der häufig zitierte und José Saramago zugeschriebene Ausspruch, wonach Schriftsteller Nationalliteratur schreiben, es aber die Übersetzer sind, die Weltliteratur schreiben.6 Wenn die Idee einer Weltliteratur Geltung beanspruchen kann – wofür nicht nur die seit Jahrzehnten stetig steigenden Zahlen von Literaturübersetzungen ein Beleg sind, sondern auch literaturwissenschaftliche Forschung –,7 wenn also die Übersetzer «eines der wichtigsten und würdigsten Geschäfte» betreiben, das sie ermöglicht, stellt sich die Frage: Warum gibt es kaum Bilder von Übersetzern, warum sind sie weitgehend unsichtbar? Diese Frage stelle ich hier nicht allgemein und in dem Sinn, wie sie mit metaphorisierender Semantik seit einiger Zeit in der Übersetzungswissenschaft diskutiert wird.8 Nicht der Sichtbarkeit im Text selbst oder in sozialen oder ökonomischen Kontexten gilt hier mein Interesse, sondern ich möchte im Folgenden nach bildlicher Darstellung des Übersetzens und der Übersetzer fragen. Welche Büsten oder Bronzen, Stiche oder Gemälde und schließlich Fotografien zeigen uns diese Träger des «allgemeinen Weltverkehrs», welche finden eine Bildsprache für ihre Tätigkeit?
1 Kein Bild vom Übersetzen? Hinter verschlossener Tür arbeiten sich Übersetzerinnen Satz für Satz durch ein Werk, und dabei sind es allein die Gedanken, die sich bewegen, und die Feder auf dem Papier oder die Finger auf der Tastatur. Übersetzen ist ein langwieriges
6 «São os autores que fazem as literaturas nacionais, mas são os tradutores que fazem a literatura universal.» Der Satz findet sich in zahlreichen Seiten zum Übersetzen im Netz, immer unter Verweis auf den portugiesischen Nobelpreisträger, aber eine erste gedruckte Quelle konnte ich nicht finden. – Zum Konzept der Weltliteratur vgl. Peter Goßens: Weltliteratur. Modelle transnationaler Literaturwahrnehmung im 19. Jahrhundert. Stuttgart: Metzler 2011; Joseph Jurt: Goethes Konzept der ‹Weltliteratur›: Ein Programm für eine Wissenschaft der Literaturen der Welt? In: Patricia A. Gwozdz/ Markus Lenz (Hg.): Literaturen der Welt. Heidelberg, Winter, 2018, S. 61–77; Vom Leben der Literaturen der Welt. In: Gesine Müller (Hg.): Verlag Macht Weltliteratur. Lateinamerikanischdeutsche Kulturtransfers zwischen internationalem Literaturbetrieb und Übersetzungspolitik. Berlin: Verlag Walter Frey – edition tranvía 2014, S. 289–310. 7 Vgl. exemplarisch Gesine Müller: Wie wird Weltliteratur gemacht? Globale Zirkulationen lateinamerikanischer Literaturen. Berlin/Boston: De Gruyter 2020, sowie das von ihr geleitete ERC-Forschungsprojekt «Reading global» (https://readingglobal.phil-fak.uni-koeln.de/). 8 Vgl. Lawrence Venuti: The translator’s invisibility: a history of translation. London: Routledge 1995. Venutis Studie über «the translator’s invisibility» beschrieb das Übersetzen als eine nicht sichtbare Tätigkeit und reihte bereits vor über zwei Jahrzehnten die Übersetzer ein in die Liste all derer, die mehr Sichtbarkeit verdienten.
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und einsames Geschäft, dessen Bewegung nur selten eine räumliche ist. Folglich ist es unmittelbar einsichtig, dass die Tätigkeit selbst nicht gesehen und folglich auch nicht als solche wiedererkennbar sichtbar gemacht werden kann. Für die Tätigkeit des Übersetzens gibt es schlicht kein konkretes und unmittelbar verständliches Bild. Was in Bildmedien ein Problem ist: Wie soll die Betrachterin auf den ersten Blick erkennen, dass diese oder jene Person eine Übersetzerin beim Übersetzen sein könnte? Eine befreundete Übersetzerin hatte einmal ein Fernsehteam zu Gast, das sie für eine Sendung über Klassikerneuübersetzungen zu porträtieren hatte. Sie sollte auch bei der Arbeit zu sehen sein, doch der Redakteur war mit dem Bildausschnitt – junge Frau vor Notebook, daneben Teetasse und Wörterbuch – noch nicht zufrieden. «Schauen sie doch mal so, als würden sie nachdenken», kam die Anweisung. Ja, nachdenklich dreinschauen und die Tastatur klappern lassen, mehr ist vom Übersetzen auf den ersten Blick nicht zu sehen. Es ist eine Tätigkeit, die sich wie alle Geistesarbeit der Sichtbarkeit entzieht. Davon getrennt zu betrachten ist Unsichtbarkeit der Akteure, wobei die bildliche Tradition der Unsichtbarmachung mit der schriftlichen zusammenhängt: Ohne Nennung des Namens im übersetzten Werk, die bis in jüngste Zeit nicht verpflichtend war, bleibt das übersetzende Subjekt namenlos, folglich wird auch keine Abbildung von ihm überliefert. Dass Übersetzer in Büchern lange nicht genannt wurden, hängt auch mit den seit 1899 gültigen Erfassungsregeln für Bibliotheksneuerwerbungen gemäß den Preußischen Instruktionen zusammen; da die Nennung der Übersetzer dort nicht erforderlich war, bestand auch für die Verlage keine Veranlassung, sie zu nennen.9 Nicht nur in Bibliothekskatalogen fehlt es an textuellen Spuren, auch Biographien, Autobiographien, Vor- oder Nachworte, Werkstattberichte oder Korrespondenzen von Übersetzerinnen sind aus früheren Zeiten kaum vorhanden, und ebenso gibt es fast keine bildlichen Darstellungen, Porträts oder Werkstattbilder der Übersetzerinnen. Daraus ergibt sich eine bemerkenswerte Asymmetrie: Die Bibliotheken der Welt sind randvoll mit übersetzten Büchern, aber sowohl diese Tatsache selbst als auch die Namen derer, die über
9 Da bis in die 1980er Jahre weder der Übersetzer noch die Tatsache, dass ein Buch übersetzt ist, im Bibliothekskatalog obligatorisch zu vermerken war, ist es dem Nutzer über die öffentlich zugänglichen Recherchewerkzeuge nicht möglich, dort systematisch nach Übersetzungen zu recherchieren. Weshalb auch die kulturgeschichtliche Forschung zum Übersetzen vor beträchtlichen technischen Hürden steht. Vgl. hierzu Albrecht Buschmann: Dienstboten, Kuppler, Verräter. Warum Übersetzer moralisch im Zwielicht stehen und kulturgeschichtlich unsichtbar bleiben. In: Birgit Neumann (Hg.): Die Sichtbarkeit der Übersetzung – Zielsprache Deutsch. Tübingen: Narr 2021, S. 54–72.
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die Jahrhunderte diese Arbeit geleistet haben, bleiben verborgen. Die Welt war und ist voller Übersetzerinnen, aber es gibt keine Bilder und folglich kein Bild von ihnen. All das ist bei Kopfarbeitern kein überraschender Befund. Im Gegensatz zu anderen nützlichen Tätigkeiten arbeiten sie nun einmal hinter verschlossenen Türen. Tänzer hingegen sind sichtbar, denn sie agieren auf offener Bühne; Ärztinnen sind erkennbar, denn ihr Berufsstand trägt eine weltweit erkennbare Uniform (weißer Kittel, Stetoskop); Straßenfeger sind sichtbar, denn sie erledigen ihre haptisch begreifbare körperliche Arbeit im öffentlichen Raum. Geistesarbeiter haben in dieser Hinsicht ein Problem, ihnen fehlt die alltägliche Bühne, das branding ihres Standes, der für jeden unmittelbar einleuchtende Nutzen ihres Tuns. Doch stehen die Übersetzerinnen gleich vor einer doppelten Herausforderung: Weil die einzig mögliche Bildsprache für ihre Tätigkeit bereits von den Autorinnen besetzt ist. Der Kupferstich eines bärtigen Mönchs mit Federkiel, umgeben von aufgeschlagenen Folianten? Ein kluger Kopf hinter Monitor vor Bücherwand? Nur der Bildtext unter solchen Darstellungen vermag zu klären, ob hier jemand notiert, exzerpiert, dichtet, philosophiert, kommentiert oder übersetzt. Schon immer überblendete das Bild der Autorin das der Übersetzerin, die in unserer Schriftkultur – ausgerichtet auf das als Ursprung gedachte Original – eben nicht die tonangebende und bildbestimmende Rolle einnehmen. Dennoch finden sich, wie wir sehen, bereits frühe Darstellungen des Übersetzens, wobei die frühen Darstellungen eher das Dolmetschen zeigen, das erst seit dem 19. Jahrhundert mehr und mehr vom schriftlichen Übersetzen abgegrenzt wird.
2 Wenige Bilder vom Übersetzen Die erste bildliche Darstellung der Tätigkeit des Übersetzens ist mindestens 4000 Jahre alt. Auf einem Grabrelief für den Statthalter Horemhab im ägyptischen Memphis sind zwei Figuren zu sehen, die üblicherweise als Dolmetscher identifiziert werden. Sie stellen die Verbindung her zwischen dem Gouverneur (links) und einem Fremden (rechts liegend); dieses Dolmetscherrelief befindet sich heute im Reiksmuseum in Amsterdam und gilt als älteste Darstellung des Übersetzens. Auf den ersten Blick bemerkt man die unterschiedliche Positionierung und Körperhaltung der Akteure: Der Statthalter ist groß, in übergeordneter Position, die Übersetzerfiguren demgegenüber sind kleiner dargestellt und in gebeugter Haltung zu sehen, sogar noch kleiner als der Fremde rechts im Bild. Warum aber sind hier zwei menschliche Körper nötig, um den Vorgang des Übersetzens zu repräsentieren? Die Doppelung könnte aus der sprachlichen Situation
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und der Übersetzungspraxis der Zeit heraus erklärbar sein (zwei Übersetzer kommunizierten über eine Brückensprache), oder als bildliche Konkretisierung der beiden Funktionen des Dolmetschers als Hörender und Sprechender.10 Ebenfalls in politischem Umfeld, aber in gänzlich anderen Größenverhältnissen erscheint Anfang des 16. Jahrhunderts, im Zusammenhang mit der Eroberung des Azteken-Reiches, eine der wenigen Frauen in der Ahnengalerie der sichtbaren, weil abgebildeten Übersetzer: Doña Marina nannten sie die Spanier, bekannt ist sie unter dem aztekischen Namen Malinche oder Malintzin. In zahlreichen Codices und Drucken finden sich Abbildungen von ihr, daneben Beschreibungen ihrer Arbeit in Chroniken und Briefen, denn sie ist die Schlüsselfigur der schnellen Eroberung des Aztekenreiches, einem der überraschendsten militärischen Erfolge der neueren Geschichte. Dennoch war Malinche vor allem Objekt, nicht Subjekt der Geschichte: Bezeichnenderweise sind keine Selbstzeugnisse von ihr überliefert, und bereits kurz nach dem Abschluss der Conquista des heutigen Mexiko verlor sich ihre Spur. Weder Todesjahr noch -ort sind bekannt. Um die besondere Sichtbarkeit Malinches zu verstehen, muss man sich ihre Rolle bei der Eroberung des Maya-Reiches vergegenwärtigen. 1519 begann Hernán Cortés von Kuba aus seine Expedition. Auf der Halbinsel Yucatán nahm er den Schiffbrüchigen Jerónimo de Aguilar auf, den Überlebenden einer früheren Erkundung der mexikanischen Küste, der inzwischen die Sprache der Maya gelernt hatte. Wenig später bekam Cortés von Kaziken in Tabasco 20 Frauen zum Geschenk gemacht,11 darunter, wie Bernal Díaz del Castillo in seiner 1568 verfass-
10 Abbildungen finden sich im Netz schnell mit den Schlagworten «reiksmuseum horemheb translation». – Da sich erst seit dem 19. Jahrhundert die Berufsbilder zwischen mündlichem und schriftlichem Übersetzen ausdifferenzierten, steht das Fries von Horemhab am Anfang der Ahnentafel aller mit sprachlichem Transfer befassten Berufszweige. Die Tatsache, dass auf dem Relief zwei Figuren bei der Arbeit zu sehen sind, könnte den Grund haben, dass vermittels einer Brückensprache übersetzt wurde: Übersetzer A beherrscht die Sprachen 1 und 2, Übersetzer B beherrscht die Sprachen 2 und 3, und wir sehen, wie die beiden nun vermittels der Brückensprache (Sprache 2) kommunizieren. Zum Dolmetscherrelief vgl. Ingrid Kurz: Das Dolmetscher-Relief von Haremhab in Memphis. Ein Beitrag zur Geschichte des Dolmetschens im alten Ägypten. In: Babel 2/1986, S. 73–77. 11 Über die genauen Umstände dieser «Übergabe» wie überhaupt über den Lebensweg Malinches ist wenig Gesichertes bekannt. Gerade in der Genderforschung zu Malinche wird die Legende von dem freundlichen «Geschenk» in Zweifel gezogen (vgl. Margo Glantz: Malinche, die entäußerte Stimme. In: Barbara Dröscher/Carlos Rincón (Hg.): La Malinche. Übersetzung, Interkulturalität und Geschlecht. Berlin: Walter Frey – edition tranvía 2010, S. 61–78). Quellen aus der Zeit sind rar: Während Hernán Cortés in seinen Schriften zur Eroberung Malinche nur am Rande und nur einmal namentlich erwähnt, ist sie in den Chroniken von Francisco Cervantes de Salazar (1564) und vor allem Bernal Díaz del Castillo (1568) mehrfach hervorgehoben, aber eben nur in der Perspek-
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ten Chronik festhält, «una muy excelente mujer, que se dijo doña Marina».12 Jene Doña Marina, aztekisch Malintzin, dann Malinche genannte Frau wurde Cortés’ Geliebte, mit ihr hatte er einen Sohn namens Martín Cortés. Malinches Muttersprache war Nahuatl, die Sprache der Azteken, doch weil sie in ihrer Kindheit als Sklavin an einen Mayastamm verkauft worden war, sprach sie auch deren Sprache. Dank ihr konnte Cortés nun mit den Stämmen unter aztekischer Herrschaft kommunizieren, indem zunächst Jerónimo de Aguilar sein Spanisch in MayaSprache übersetzte und Malinche diese Worte in Nahuatl; so beschreibt Díaz del Castillo den Übersetzungsweg über die Brückensprache der Maya: «Doña Marina sabía la lengua de Guazacualco, que es la propia de México y sabía la de Tabasco: como Jerónimo de Aguilar, sabía la de Yucatán y Tabasco, que es toda una, entendíanse bien; y el de Aguilar lo declaraba en castellano a Cortés.»13 Offenbar war Malinche höchst sprachbegabt. Schnell lernte sie Spanisch, so dass bald der Umweg über die Maya-Sprache nicht mehr nötig war. In den folgenden Monaten wurde Malinche zur Schlüsselfigur beim Sieg über das Aztekenreich: Weil sie offensichtlich nicht nur dolmetschte, sondern auch beriet, warnte, analysierte und erklärte, weshalb Cortés «sie immer bei sich hatte».14 Ihr Einfluss ging laut Díaz del Castillo so weit, dass sie im Gespräch mit dem Aztekenherrscher Moctezuma sogar selbst die Initiative ergriff, die Gesprächsführung übernahm und Ratschläge erteilte.15 Für die Spanier war sie, das hebt die Chronik mehrfach hervor, deren «lengua», deren «Zunge», «Sprache», «Sprachrohr». Hernán Cortés selbst nannte sie 1519 in seinem zweiten Brief an den König «la lengua que yo tengo»,16 und als «seine Zunge» oder «seine Sprache» war sie offenbar derart präsent, dass ihr Name sogar an die Stelle dessen trat, dem sie ihre Zunge lieh. Díaz del Castillo berichtet, dass die Einheimischen den Befehlshaber der Spanier
tive des Kolonialisierenden; eine eigene Stimme hat sie dort nicht, ihre Rede wird fast durchgehend indirekt wiedergegeben. 12 Bernal Díaz del Castillo: Historia verdadera de la conquista de la Nueva España. Buenos Aires: Espasa-Calpe 1955, S. 78. 13 Díaz del Castillo: Historia verdadera, S. 109. 14 «[...] y como doña Marina en todas las guerras de la Nueva España y Tascala y Méjico fué tan excelente mujer y buena lengua [...] la traía siempre Cortés consigo.» (Díaz del Castillo Historia verdadera, S. 78f.). 15 «[...] como la doña Marina era muy entendida, le dijo: «Señor Montezuma: lo que yo os aconsejo es que vais luego con ellos a su aposento, sin ruido ninguno, que yo sé que os harán mucha honra, como gran señor que sois, y de otra manera aquí quedaréis muerto [...].» (Díaz del Castillo: Historia verdadera, S. 210). 16 Hernán Cortés: Cartas de relación de la conquista de México. Buenos Aires: Espasa-Calpe, 3 1957, S. 123.
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schließlich nicht mit seinem Namen, sondern mit «Malinche» angesprochen hätten: Die Übersetzerin des Befehlshabers trat sprachlich an seine Stelle.17 Wenn wir den Quellen glauben, war Malinche also für kurze Zeit eine von den Spaniern wie den Indigenen respektierte Person. Das ist höchst erstaunlich, denn als Indigene, als Frau und als Dolmetscherin vereint sie in sich gleich drei Eigenschaften, die in der Regel eine ethnische, genderpolitische und professionelle Marginalisierung nach sich ziehen. Wenig später allerdings wird auch sie unsichtbar: Mit dem Ende der Conquista verschwindet sie aus den Quellen, nach 1526 finden sich keine Hinweise mehr auf ihre Existenz. Offensichtlich wurde sie mit dem Abschluss der Eroberung als «lengua» nicht mehr gebraucht, mehr noch: Ihre zentrale Bedeutung für den erfolgreichen Feldzug in Erinnerung zu halten, hätte bedeutet, die soldatische Leistung der Conquistadoren zu relativieren. Doch nicht nur in den spanischen Texten über ihre Person ist Malinche und ihre Rolle zentral. Sichtbar und präsent ist Malinche auch in aztekischen Bildhandschriften. Dort sehen wir sie immer gut erkennbar an Cortés Seite dargestellt, groß, in hervorgehobener bildlicher Position, in der zentralen Achse oder im goldenen Schnitt.18 Ihre körperliche Größe ist auf den ersten Blick meist dominant, sowohl im Vergleich zu Cortés wie auch zu Moctezuma. Selbst den Akt des Übersetzens selbst versuchen die Künstler, bildlich einzufangen, wenn sie auf manchen Stichen rechts und links von ihr Zungen einfügen, die von ihr ausgehend in die Ohren von Cortés und seines Gegenübers zu fliegen scheinen. Sprache in Bewegung, fliegenden Zungen wie in den Darstellungen des Pfingstwunders: Hier wird deutlich, wie eine prägnante Bild-Sprache aussehen könnte, die den Weg erkennbar macht, den ein Zungenschlag vermittels Dolmetscherin ins Ohr eines fremdsprachigen Gegenübers findet. Malinche war weder Gelehrte noch Theologin oder Dichterin. Dennoch wurde sie die erste Übersetzerin, die allein aufgrund ihrer Tätigkeit prominent abgebildet wurde, deren Darstellungen nachfolgend (wenn auch lange «eingekap-
17 «[...] en todos los pueblos por donde pasamos, e en otros donde tenían noticia de nosotros, llamaban a Cortés Malinche [...]. Y la causa de haberle puesto aqueste nombre es como doña Marina, nuestra lengua, estaba siempre en su compañía [...]. (Díaz del Castillo: Historia verdadera, p. 151). Ähnlich auch an anderer Stelle: «… los caciques […] llamaban a Cortés el Capitán de Marina, y para mas breve le llamaron Malinche» (S. 164). 18 Vgl. https://faculty.tnstate.edu/tcorse/H4510/la-malinche-sahagun.jpg (letzter Zugriff 14.2. 2021). Zu den Bildhandschriften der Azteken vgl. Maria Herrera Sobek: In Search of La Malinche: Pictorical Representations of a Mytho-Historical Figure. In: Rolando Romero/ Amanda Nolacea Harris (Hg.): Feminism, Nation and Myth: La Malinche. Huston, Tex.: Arte Público Press, 2005, S. 112–134, sowie Carmen Wurm: Doña Marina, la Malinche. Eine historische Figur und ihre literarische Rezeption. Frankfurt a. M.: Vervuert 1996.
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selt»)19 einen herausgehobenen Platz in der kulturellen Überlieferung gewann und deren Name im 20. Jahrhundert zur Projektionsfläche höchst widersprüchlicher mexikanischer Identitätsentwürfe wurde. Für Horemhab wie für Cortés hatten der oder die Übersetzerin politisch relevante Aufgaben zu erfüllen. Aber allein der übergeordneten Bedeutung des Verwalters, Herrschers oder Kommandeurs haben die Übersetzenden es zu verdanken, dass ihr Abbild überliefert ist. Körperliche Co-Präsenz, weniger die geistige Aktivität selbst war die Voraussetzung dafür, dass die in der Situation anwesend dolmetschenden Akteure neben den politischen Amtsträgern abgebildet wurden. In beiden Fällen haben wir es allerdings nicht mit schriftlichem Übersetzen zu tun, das selbst im prominenten politischen Kontext nicht abbildbar zu sein scheint. Das gilt bis in die heutige Praxis diplomatischer Arbeit: Dolmetscherinnen sind im Hintergrund der Konsultationen zwischen Regierungschefs bisweilen sichtbar, nicht jedoch die Übersetzer, die die Gipfeldokumente übersetzend kommunizierbar und damit erst internationale Gipfel arbeitsfähig machen. Malinche wie ihre ägyptischen Vorfahren sowie all ihre nicht bildlich überlieferten Kolleginnen sind im Auftrag arbeitende Dienstleister, und ins Bild rücken sie nur dann, wenn sie ihre Arbeit ausnahmsweise auf einer Bühne der Weltgeschichte verrichten. Ähnlich begrenzt wie in der Politik ist die Bildgeschichte des Übersetzens in religiösen Kontexten, die in unseren mittelmeerischen Kulturen Buchreligionen sind, also auf dem je einen Buch sich gründen, das Gott den Juden, Christen und Muslimen verkündet hat. Anders als in den ersten Beispielen bewegen wir uns hier in der Sphäre heiliger Schriftlichkeit: Wer hier übersetzt, hat es mit Gottes Wort zu tun, das besonders gründlich bedacht sein will. An dieser Stelle wird klar, warum die Geburt der Philologie in unserer Kulturgeschichte untrennbar verbunden war mit der Frage nach dem «guten Übersetzen»:20 Weil der Umgang mit dem Heiligen Text theoretisch zur Reflexion über die Übersetzbarkeit selbst zwang und praktisch eine Sorgfalt einforderte, die ohne große Gelehrsamkeit in sprachlichen Belangen nicht zu haben war. So verdanken wir die frühesten Überlieferungen
19 Zum Begriff der «Einkapselung» im Verlauf kultureller Transformationen vgl. Lutz Bergemann/ Hartmut Böhm et al.: Transformation. Ein Konzept zur Erforschung des kulturellen Wandels. In: dies. (Hg.): Transformation. Ein Konzept zur Erforschung des kulturellen Wandels. München: Wilhelm Fink 2011, p. 40–56; zur Anwendung des Begriffs auf die tansarealen Beziehungen zwischen Europa und den Amerikas vgl. Albrecht Buschmann: Übersetzen über den Atlantik. Amerikanische Übersetzerszenen und ihre Transformationen. In: Christine Felbeck /Andre Klump u. a. (Hg.): America Romana – Perspektiven der Forschung II. Frankfurt a. M.: Peter Lang 2015, S. 137–152. 20 Zum Begriff des «guten Übersetzens» vgl. die Beiträge in dem Band Albrecht Buschmann (Hg.): Gutes Übersetzen. Neue Perspektiven für Theorie und Praxis des Literaturübersetzens. Berlin: de Gruyter 2015.
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von Grundsätzen guter übersetzerischer Praxis denjenigen, die sich am Alten und Neuen Testament abarbeiteten: zum Beispiel dem Kirchenvater Hieronymus oder dem Reformator Luther. Von Hieronymus, der Ende des 4. Jahrhunderts eine lateinische Fassung der Bibel erstellte (die sogenannten Vulgata), stammt die eben verwendete Kategorie der Heiligen Schriften, womit er jene Texte meint, in denen «auch die Wortfolge eine Mysterium ist»,21 die folglich nicht verändert werden dürfe. Bei allen anderen, nicht «heiligen» Texten hingegen empfiehlt Hieronymus, dem Diktum des Rhetorikers und Übersetzers Tullius Cicero folgend, «nicht ein Wort durch das andere, sondern einen Sinn durch einen anderen» auszudrücken.22 Luther verteidigte seine Vorgehensweise beim Übersetzen der Bibel in der Flugschrift Sendbrief vom Dolmetschen, in dem er – mit der sprichwörtlich gewordenen Wendung, man müsse den Leuten «auf das Maul sehen, wie sie reden» –23 erläutert, warum Übersetzen nicht nur intime Kenntnis des Ausgangstextes erfordert, sondern vor allem auch eine klare Haltung angesichts der Frage, welche Stimme er in der Zielsprache bekommen soll und welche Mittel dafür heranzuziehen sind.24 Angesichts ihrer übersetzerischen Leistungen mag es nicht erstaunen, dass Hieronymus wie auch Luther auf hunderten von Stichen und Gemälden zu finden sind: Hieronymus entweder mit den mittelalterlichen Insignien der Gelehrsamkeit am Arbeitstisch, umgeben von Folianten, oder als Bezwinger des Löwen während seiner Zeit als Eremit in der Wüste. Martin Luther sehen wir in der Tracht des Geistlichen, aber auch zusammen mit seinen Co-Übersetzern und Unterstützern wie Philipp Melanchton oder Matthäus Aurogallus, ohne die die vollständige Bibelübersetzung so schnell nicht hätte abgeschlossen werden können.
21 Hieronymus: «Brief an Pammachius», zit. nach Hans Joachim Störig (Hg.): Das Problem des Übersetzens, 2. Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1973, S. 1–13, S. 1. 22 Marcus Tullius Cicero: De optimo genere oratorum, hg. von August S. Wilkins, Oxford 1903 u. ö.; die hier zitierten Übersetzungen Ciceros folgt der Auslegung von Christiane Reitz / Andreas Fuchs: Vertere. Zu Theorie und Praxis des Übersetzens in der Antike. In: Buschmann: Gutes Übersetzen, S. 35–65, S. 41. 23 Martin Luther: An den christlichen Adel deutscher Nation. Von der Freiheit eines Christenmenschen. Sendbrief vom Dolmetschen, hg. von Ernst Kähler. Stuttgart: Reclam 2012, S. 151–173, S. 159. 24 Zur Figur Hieronymus’ vgl. zuletzt Heinrich Schlange-Schöningen: Hieronymus. Eine historische Biographie. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2018, insbesonders S. 224ff.; zur Bibelübersetzung als Herausforderung bei der Revision der Lutherbibel vgl. Melanie Lange/ Martin Rösel (Hg.): «Was Dolmetschen für Kunst und Arbeit sei». Die Lutherbibel und andere deutsche Bibelübersetzungen. Beiträge der Rostocker Konferenz 2013. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2014; zur Wirkung der Bibelübersetzung auf die Arbeit heutiger Literaturübersetzer vgl. Marie Luise Knott /Thomas Brovot u. a. (Hg.): Denn wir haben deutsch. Luthers Sprache aus dem Geist der Übersetzung. Berlin: Matthes & Seitz 2015.
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Dennoch begründen Hieronymus und Luther keine Ahnengalerie sichtbarer und als solcher erkennbarer Übersetzer. Das ergibt sich schon allein aus der Tatsache, dass wir sie auf den Abbildungen zwar bei der Arbeit sehen, ihre übersetzerische Tätigkeit aber nicht eindeutig als solche erkennbar wird. Porträtiert werden sie vor allem, weil sie wegen anderer Leistungen namhaft wurden: Der eine ist ein Kirchenvater, ein wichtiger Bischof, ein bedeutender Kirchenmanager bei Konzil von Trient (weshalb er auch später heilig gesprochen wurde), der andere brachte eine neue Religionsgemeinschaft in die Welt. Vor allem deshalb werden ihre Bildnisse über die Jahrhunderte immer wieder reproduziert. Diesen beiden und einem guten Dutzend anderen prominenten Theologen, Philologen oder Philosophen stehen ganze Hundertschaften von Übersetzern gegenüber, von denen kein einziges Porträt Teil der Kunst- oder Kulturgeschichte wurde. Dabei ist das lateinische Mittelalter und die christliche wie hebräische Religionsgeschichte undenkbar ohne die Übersetzer, die in den Klöstern und frühen Universitäten die hebräische, griechische und lateinische Überlieferung zuerst verständlich hielten und später in die aufkommenden Volkssprachen übersetzten. Jegliche Art von religiösem Disput und Streit zwischen den drei Buchreligionen – die ja nicht nur für Krieg und Verfolgung verantwortlich sind, sondern auch für die Herausbildung von Wissen über das Fremde, von Techniken und Werkzeugen zur Produktion von Wissen – wäre ohne Tausende anonymer Übersetzer nicht möglich gewesen. Angesichts dieser Dimension sind Hieronymus und Luther eher als Ausnahmen zu betrachten, die die Regel bestätigen, wonach Übersetzer ikonisch unsichtbar sind. Wie wichtig ein Psalmen- oder Kommentarübersetzer im jeweiligen historischen Augenblick auch gewesen sein mag, seinen Namen und sein Bild kennen wir nur, wenn er sich darüber hinaus andere Verdienste erworben hat. So verdichtet sich von der Spätantike bis in die frühe Neuzeit bereits eine Gleichung, in der das Übersetzen allein kein (hinreichender) Grund für Namhaftigkeit und Bildfähigkeit ist. Woran sich bis ins 20. Jahrhundert nichts Grundlegendes ändert, wenn man an Figuren wie Friedrich Schleiermacher, Wilhelm von Humboldt oder Walter Benjamin denkt: Alle drei übersetzen, entwickeln aus der praktischen Tätigkeit Grundlinien übersetzerischer Methodik, alle drei sind namhaft und auf vielen Stichen oder Fotos zu sehen – aber eben wahrgenommen als Philosoph, Literatur- oder Sprachwissenschaftler, als Theologe oder Bildungsreformer. Dass sie auch Übersetzer und Übersetzungstheoretiker waren, realisieren dabei die Wenigsten.25
25 Zur Unterscheidung zwischen Sichtbarkeit und Wahrnehmbarkeit im Kontext der Kulturgeschichte des Übersetzens vgl. Buschmann: Dienstboten.
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3 Mehr Bilder von Übersetzern Von Gelehrten, die auch übersetzen, kennt man den Namen und hat also ein Bild vor Augen, ebenso von Rednern (wie Cicero) oder Theologen (wie Hiernoymus oder Luther). So gut wie nie sehen wir im Verlauf der Geschichte Dolmetscher in Diensten der Politik als Individuen. Wer sich nicht in anderen Gewerken des Geistes als der Übersetzerei einen Namen gemacht hat, von dem gibt es keinen Namen und kein Gesicht. Und so waren Übersetzerinnen bis in die jüngste Vergangenheit unsichtbar. Das hat sich heutzutage immerhin ein wenig geändert. Wenn man sich durch Büchertische blättert, Literaturfestivals besucht oder die Kulturseiten einer überregionalen Zeitung verfolgt, kann man tatsächlich Bildern von Übersetzern begegnen. Schlägt man das Buch einer ausländischen Autorin auf, findet sich auf der dritten Seite unter Titel und Autor auch der Name der Übersetzerin, und im Fall namhafter Übersetzerinnen manchmal sogar eine Banderole um das Buch, auf der geschrieben steht: «übersetzt von...». Manche Verlage stellen auf die hintere Innenseite des Umschlags nicht nur eine Kurzbiographie der Übersetzerin, sondern auch ein Foto. Literaturfestivals werben mit den Auftritten ihrer großen Autoren und laden dazu auch die Übersetzerinnen aufs Podium, wo sie vor großem Publikum die Feinheiten ihrer Arbeit vermitteln können. In Verlagsprospekten wie auch Rezensionen finden sich in seltenen Fällen Fotos der Übersetzerinnen. Nach 4000 Jahren ohne Bild scheint also im 21. Jahrhundert ein wenig Bewegung in die bis dahin kaum wahrnehmbare Sichtbarkeit von Übersetzerinnen zu kommen.
Sergio Ugalde Quintana
La filología abierta Movimiento como modelo analítico en la obra de Ottmar Ette
1 La escritura del crítico «El crítico es un escritor».1 Este provocativo señalamiento de Rolando Barthes marca la existencia de un incitante espacio de confluencia entre la actividad inquisitiva, tradicionalmente asociada a los procedimientos críticos, y la labor creadora, vinculada al hecho literario. Con esta frase, Barthes resaltaba la dimensión lúdica que implica toda producción de conocimiento y, al mismo tiempo, evidenciaba el carácter de escritura (écriture) de la crítica. La frase fue comentada por Ottmar Ette en 1998, en su biografía intelectual de Roland Barthes, para destacar en la obra del crítico parisino el «espacio creativo entre literatura y ciencia»: «La expresión ‹El crítico es un escritor› – asegura Ette – puede ser entendida en un sentido terrorista, ella señala una evidencia, que no hay, y muestra, al mismo tiempo, un objetivo que se persigue. El crítico debe ser un escritor y, como tal, debe ser leído.»2 La dimensión creativa de la crítica fue asumida al pie de la letra por Ottmar Ette. Al menos eso se puede deducir de la estructura misma de la biografía intelectual que escribió sobre Roland Barthes. En ese texto, el romanista y comparatista de la Universidad de Potsdam no solo desplegó un conocimiento detallado sobre las discusiones del pensador francés, sino que ejercitó sus dotes de articulación creativa del conocimiento. Su libro muestra una escritura abierta, lúdica y lúcida. Redactada en fragmentos de no más de tres páginas cada uno, Ottmar Ette elaboró numerosos subcapítulos que funcionan como entidades independientes y, por lo tanto, como unidades textuales que pueden ser leídas de forma lineal, pero también intercalada, salteada o en espiral. De esta manera, la estructura del libro propone, bajo una forma significante, recorridos de lectura múltiples, individualizados y provocadores. El modelo para la elaboración de este texto académico fue la novela de Julio Cortázar: Rayuela. De esta manera, las propuestas discursivas de Roland Barthes (su trayectoria crítica, sus reflexiones teóricas, sus dimensiones polémicas) son 1 Roland Barthes: Ensayos críticos. Trad. Carlos Pujol. Barcelona: Seix Barral 1967, p. 21. 2 Ottmar Ette: Roland Barthes. Eine intellektuelle Biographie. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1998, p. 166. Las traducciones de citas originales al español, si no se menciona otra cosa, son del autor de este artículo. https://doi.org/10.1515/9783110730340-008
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representadas por Ette con movimientos textuales que posibilitan diversas lecturas. Así, inspirado en las formas de los juegos infantiles y en el poder lúdico de lo literario, Ette trae a cuenta, en esta biografía intelectual, que la literatura y el saber sobre la literatura no están separados. El texto científico también es un texto lúdico. La filología tiene todas las posibilidades de ser leída como escritura. El filólogo es, entonces, un escritor.
2 La historia de la escritura filológica En el año 2004 Ottmar Ette publicó el libro ÜberLebenswissen. Die Aufgabe der Philologie.3 Ahí reunió algunos trabajos sobre distintos personajes fundamentales para su trayectoria intelectual: Alexander von Humboldt, Hannah Arendt, Max Aub. Una parte importante del volumen, sin embargo, está dedicada al análisis de la romanística alemana en la primera mitad en el siglo XX. Esta historia de la filología romance se hace desde un punto de vista muy particular. Ette no sólo quiere desvelar los paradigmas conceptuales de cada uno de estos «grandes» representantes científicos, sino establecer la dimensión estético sensorial presente en la escritura crítica de cada uno de ellos. En otras palabras, busca definir el placer del texto implícito en las obras científicas. La filología, en este caso, es leída como creación. La epistemología crítica implícita en los textos académicos de estos filólogos es analizada en vínculo con su apuesta representacional y creativa. El «saber» va de la mano con el «sabor» de la escritura filológica. Así, Ette analiza las estrategias de la escritura de cuatro figuras fundamentales en la historia de la disciplina: Erich Auerbach, Hugo Friedrich, Werner Krauss y Erich Köhler. El balance sobre la disciplina que Ottmar Ette proponía en ese libro representaba el inicio de su revisión crítica de la romanística. La tarea de analizar la escritura de otros filólogos quedaba abierta. El lector, en ese sentido, podía imaginar futuros trabajos sobre Ernst Robert Curtius, Victor Klemperer, Karl Vossler o Leo Spitzer. Al menos eso se podía desprender de ese capítulo. Y así se confirmó doce años más tarde cuando, en el 2016, apareció un volumen sobre una figura que articuló una de las redes académicas más poderosas en la romanística de Alemania durante el siglo XX. Me refiero a Hans Robert Jauss. Ese año, Ette publicó el libro: El caso Jauss: caminos de la comprensión hacia un futuro de la filología.4 Con él dio continuidad a la revisión crítica de la disciplina filológica. Si en las aproximaciones a
3 Ottmar Ette: ÜberLebenswissen. Die Aufgabe der Philologie. Berlín: Kadmos 2004. 4 Ottmar Ette: Der Fall Jauss: Wege des Verstehens in eine Zukunft der Philologie. Berlín: Kadmos 2016.
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las obras de Auerbach, Krauss, Friedrich, Köhler, Ottmar Ette establecía un balance sobre las formas de escritura filológica para preguntarse sobre las posibilidades futuras de la disciplina, con la revisión del caso y de la caída de Jauss el universo recorrido era distinto. Hacer la revisión histórica implicaba preguntarse por las responsabilidades sociales y éticas de los estudios literarios. Las obras de Auerbach y de Krauss quedaron marcadas por la persecución y por la resistencia al nazismo. Por el contrario, la escritura filológica de Jauss muestra una estrategia de disimulo y de maquillaje; el objetivo era borrar su pasado nazi. La revisión de la obra jaussiana se vuelve entonces fundamental para preguntarse por un futuro de la filología. En el estilo aguerrido de sus textos, en las metáforas militares de sus reflexiones, en las formas autoritarias de su argumentación y en el ocultamiento criptográfico de su primera vida militar, la obra de Jauss se muestra como el contra ejemplo de lo que Ottmar Ette desea para el futuro de los estudios literarios.
3 Las estrategias del filólogo En el contexto de la revisión de la escritura filológica, la pregunta se vuelve obvia: ¿qué caracteriza la escritura académica de Ottmar Ette? Para ilustrar su forma de proceder, tomaré algunos de sus libros y me detendré en las formas y en las estrategias bajo las cuales presenta sus análisis. A partir de ahí, me gustaría esbozar algunos elementos de su particular visión filológica del mundo. Son varios los términos que Ottmar Ette ha acuñado y utilizado a lo largo de su trayectoria académica. Dentro de ellos se encuentran nociones como: fricción, polilógico, fractal, transárea, archipiélago, literatura en movimiento, SaberSobreVivir, saber de la convivencia, epistemología de la ampliación, etc.5 Me detendré sólo en algunos de esos términos. En la obra de Ette hay un constante uso de metáforas asociadas al movimiento. En sus ponencias, ensayos y libros se detiene y analiza las imágenes que tie-
5 Sobre el término «polilógico» se puede consultar: Ottmar Ette: Viellogische Philologie: Die Literaturen der Welt und das Beispiel einer transarealen peruanischen Literatur. Berlín: Verlag Walter Frey/edition tranvía 2013; sobre el concepto de «transárea» véase: Ottmar Ette: TransArea: Eine literarische Globalisierungsgeschichte. Berlín/Boston: Walter de Gruyter 2012; sobre la noción de «saber de la convivencia» puede consultarse: Ottmar Ette: Konvivenz: Literatur und Leben nach dem Paradies. Berlín: Kadmos 2012; sobre la idea de «epistemología de la ampliación» véase: Ottmar Ette: Weiter denken. Viellogisches denken/viellogisches Denken und die Wege zu einer Epistemologie der Erweiterung. En: Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte 40, 1–4 (2016), p. 331–355.
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nen que ver con el tránsito, el cambio o la transformación. Dentro de ese universo semántico, hay una especial predilección por las figuras del huracán, el torbellino y el torrente. Ya en su primer libro de 1991, que trata sobre la recepción del poeta y revolucionario cubano José Martí, Ette señalaba, de manera significativa, uno de los motes con los cuales se caracterizó el poder discursivo del autor de los Versos sencillos. Ette recuerda que el impactante poder oratorio de Martí, semejante al de un torbellino, le hizo ganarse el sobrenombre de «el Dr. Torrente»: «Martí parecía en sus discursos un torrente que se despeñaba».6 La imagen del discurso del poeta y ensayista cubano como un potente caudal que se desborda y no se detiene recuerda el propio discurso de Ette al organizar la historia de la recepción de Martí. El libro de Ottmar Ette, que sigue siendo la más completa historia de la recepción del poeta y prócer cubano, reúne una apabullante cantidad de materiales. Durante cinco años recopiló textos, comentarios, reseñas y alusiones que referían a esa figura central del modernismo hispanoamericano. Es tal la cantidad de documentos que la escritura filológica de Ottmar Ette semeja un torbellino de información. Esta característica formal de su texto lleva implícita una idea básica: la obra y la escritura de Martí no se pueden fijar ni funcionalizar. Los discursos oficiales, sin importar el sesgo ideológico o político (anarquistas, católicos, liberales, comunistas), han pretendido crear una imagen unívoca de Martí; todos han asegurado representar el verdadero ideario del prócer. Esta forma de lectura ha sido profundamente monolítica y sesgada. El filólogo, al trabajar con la historia de la recepción, muestra esos autoritarismos interpretativos y revela, por el contrario, la riqueza, la inestabilidad del sentido y la ambigüedad de la escritura martiana. Ette apuesta, entonces, a desvelar los dogmas de la recepción. Frente a la obsesión por fijar y adjudicar un sentido unívoco a la figura y a la obra de José Martí, Ette evidencia la potencia movilizadora de sentido que se encuentra en su escritura. «Las vehementes discusiones en torno a la obra ensayística, lírica, narrativa o dramática condujeron, pues, a lecturas monosémicas y dogmáticas, que excluían cualquier polisemia en los escritos de Martí».7 De ahí que la palabra clave, asociada a la obra, la estética, la escritura y la persona martianas, sea la de movimiento. Frente a una concepción estatuaria, Ottmar Ette reivindica una lectura polisémica del poeta. Hay en esta idea de «movimiento» un profundo sentido anti-autoritario. El objetivo es desmontar, a través de las labores de la filología, las fijezas discursivas. Ante una lectura que quiere ver en la obra de Martí un pensamiento unitario, acabado, sin fisuras, estable y monolítico, Ette aboga por una forma de leer
6 Ottmar Ette: José Martí. Apóstol, poeta y revolucionario: una historia de su recepción. Traducción de Luis Carlos Henao de Brigard. México: UNAM 1995, p. 37. 7 Ottmar Ette: José Martí, p. 406.
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las contradicciones, las grietas y la pluralidad. Por eso, al final del libro, cierra su recorrido con una apelación a la interpretación múltiple: Las controversias (de la historia de la recepción) no se centraron tanto en José Martí y sus escritos como en los intentos de interpretación y funcionalización. Por ello, no se buscaban contradicciones en el plano de los escritos de José Martí, sino que se proyectaban, -a partir justamente de los textos- en las interpretaciones, calificadas de «distorsionantes» de los grupos (ideológicamente) enemigos […]. El carácter «intocable» del revolucionario y poeta como consecuencia del desarrollo aquí bosquejado debe superarse una vez más hoy en día […]. No es posible omitir y seguir concibiendo las contradicciones como algo molesto, sino que deberían aprovecharse como puntos de partida de una nueva manera de ver. No puede seguir ocupando el primer plano la funcionalización de determinados pasajes arrancados del contexto, sino su funcionalidad dentro del texto correspondiente. A este respecto cobra enorme importancia un estudio de los contextos históricos, geográficos e intraliterarios: son éstos los que determinan el lugar de la escritura del novelista, político, revolucionario, periodista, poeta, ensayista, etc. A partir de esta nueva posición cabrá reconsiderar, pues, la actualidad del cubano, lejos de cualquier actualización. José Julián Martí y Pérez no puede continuar siendo un intocable de la literatura y la política latinoamericanas.8
El mismo universo discursivo, en torno a la idea de «movimiento», se puede leer en el libro Literatura en movimiento,9 publicado originalmente en el año 2001. Este volumen contiene una serie de trabajos sobre autores que van de Jorge Luis Borges a Max Aub; de Alejandro de Humboldt a Alfonso Reyes; de José Enrique Rodó a Maryse Condé. Justo al inicio del libro, Ette recuerda el momento en que tuvo que explicar a su hija la razón del título del volumen: Al preguntarme mi hija de diez años por el título de este libro y al oír que se trataba de una «literatura en movimiento» quedó, a la vez decepcionada y sorprendida. Una literatura no podía estar en movimiento, porque las letras permanecían en su lugar y no se movían – a diferencia de las imágenes en la película, en la televisión o en Internet –. Después de un silencio, sin embargo, agregó que por momentos sí había creído en la posibilidad de que las letras podían cambiar de lugar durante la noche y ya no encontrarse en su (lugar) a la mañana siguiente. Me preguntó si eso era lo que yo consideraba en movimiento.10
Este pasaje resulta significativo por dos razones: por la dimensión autobiográfica implícita en él y por el provocador juego icono-textual11 en el que las letras de la
8 Ibid., p. 408–409. 9 Ottmar Ette: Literatura en movimiento: Espacio y dinámica de una escritura transgresora de fronteras entre Europa y América.Traducción de Rosa María Sauter de Maihold. Madrid: CSIC 2008. 10 Ottmar Ette: Literatura en movimiento, p. 14. 11 Los numerosos juegos icono-textuales se pueden seguir, por ejemplo, en las portadas que el propio Ette diseña o sugiere para sus libros. Un rápido cotejo de algunas de ellas nos muestra la
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palabra «movimiento» aparece desordenadas, como si alguien las hubiera lanzado al azar, en el margen de la página. En específico, la dimensión autobiográfica puede encontrarse en varias obras de Ottmar Ette. Por ejemplo, en la biografía intelectual de Roland Barthes se mencionan, las condiciones de movimiento transatlántico y las conferencias en la Universidad Autónoma Metropolitana, en la Ciudad de México, a partir de las cuales se gestó el volumen;12 lo mismo sucede en Literatura en movimiento donde, al final del prólogo asegura: «este libro nació del movimiento […]. Se basa fundamentalmente en los cambios de lugar que traen consigo las conferencias, los congresos y las docencias en el extranjero. Por momentos me parece que se puede discutir mejor (y de manera más fructífera) en lugares que se encuentran fuera del horizonte de discusión cotidiano».13 Entre la dimensión autobiográfica del hogar, en el diálogo con la hija, y las condiciones de traslado y de movimiento en las cuales se concibieron los libros de Ette, se crea una imagen de una escritura y un pensamiento filológicos que se encuentra en constante tránsito, viaje y fluctuación. La noción de movimiento presente en varios libros de Ette no sólo es un elemento temático, sino una formalización y una modelación (figuración) de la escritura filológica. Al igual que en su biografía intelectual sobre Roland Barthes, la estructura del libro Literatura en movimiento se propone abierta y permite distintas y variadas rutas de lecturas. Al final de la introducción de este último libro, Ette asegura: Al lado de esta forma de lectura lineal, que abarca el libro en su conjunto o los capítulos por separado, los numerosos subtítulos quieren ofrecer también otras formas de lectura o guías de ruta. Sirven de orientación y ponen a disposición del lector, en el sentido de las figuras fundamentales de movimiento que se expondrán en el primer capítulo, no solamente procedimientos de lectura lineal, sino también circular, de saltos discontinuos, en formas de est-
importancia que tiene ese nivel iconográfico en la concepción global de su trabajo filológico. En la portada de Der Fall Jauss, se reproduce la emblemática obra de Goya «El sueño de la razón produce monstruos», intervenida por Ette para crear una especie de mise en abyme en el que el grabado de Goya se reproduce en una esquina, ad infinitum. Desde la imagen de la portada se transmite la conclusión del libro: Jauss es un monstruo de la razón. En las portadas de los tres libros que conforman la serie de SaberSobreVivir (ÜberLebenswissen. Die Aufgabe der Philologie, ZwischenWeltenSchreiben. Literaturen ohne festen Wohnsitz y ZusammenLebensWissen. List, Last und Lust literarischer Konvivenz im globalen Maßstab) la figura en espiral del ADN, principio rector de la vida en la estructuración bio-científica, diseña el juego entre los autores tratados y su relación con un SaberSobreVivir. 12 Ottmar Ette: Roland Barthes, p. 11. 13 Ottmar Ette: Literatura en movimiento, p. 21.
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rella u oscilatorios. De esta manera queremos que el movimiento no sea únicamente objeto y procedimiento de este libro, sino también de las formas de su apropiación.14
Otro ejemplo de un libro con una estructura abierta es el volumen Alexander von Humboldt und die Globalisierung.15 Ahí, el romanista y comparatista de la Universidad de Potsdam traza una biografía intelectual del sabio, escritor, científico y viajero prusiano. Ette enlaza las formas de vida y las formas de pensamiento de Alejandro de Humboldt; trata las obras y los pasajes más significativos y fundamentales de su trayectoria vital: desde la infancia y la adolescencia hasta la vejez. De esta manera, Humboldt – en tanto viajero y erudito – aparece como el pionero de una nueva concepción de la ciencia. Ette parte de la idea de que el viaje y el saber, la movilidad y el conocimiento no pueden separarse. El libro está dividido en dos grandes secciones; la primera: «El movimiento del saber: ciencia abierta y foro de las culturas» es la más extensa y cubre prácticamente la totalidad del libro; la segunda, «El arte del fracaso: el error en el sistema o la dicha de nunca llegar», es más bien una especie de conclusión sobre la actitud científica y textual de la obra humboldtiana. El primer eje está dividido en ocho subsecciones; Ette llama a cada una de esas partes: «figuras».16 Cada «figura» trata un momento de la vida y de la obra del sabio prusiano. La primera de ellas versa sobre el salto epistemológico que representó la obra de Alejandro de Humboldt; en la segunda figura, Ette destaca el viaje como principio fundamental en la obra de Humboldt; en la tercera, dibuja las complejas relaciones entre localidad y globalidad, nacionalismo y cosmopolitismo, en las cuales estaba inserto el proyecto del científico y escritor prusiano; en la cuarta, trata la fascinación y euforia que el mundo americano generó en el autor del Viaje equinoccial; en la quinta, Ette analiza el estilo y el sentido del libro: Vistas de las Cordilleras –en este apartado, Ette destaca la poética del fragmento y las dimensiones literarias del viaje; al mismo tiempo, muestra el complejo entramado de culturas del mundo que la obra de este viajero representó –; en la sexta figura, Ette se pregunta por el lector contemporáneo de la obra
14 Ottmar Ette: Literatura en movimiento, p. 20–21. 15 Ottmar Ette: Alexander von Humboldt und die Globalisierung. Frankfurt am Main: Insel Verlag 2009. 16 Es inevitable no pensar en las relaciones entre el término utilizado por Ette y la noción de «Figura» elaborado en la obra filológica de Erich Auerbach: «La figura es ese algo verdadero o histórico que representa y anuncia otro algo igualmente verdadero e histórico. La relación de reciprocidad entre ambos acontecimientos se deja reconocer por su coincidencia o semejanza. Con frecuencia es suficiente que aparezcan vagas semejanzas en la estructura de acontecimiento para que se pueda reconocer la figura». Erich Auerbach: Figura. Prólogo de José M. Cuesta Abad. Traducción de Yolanda García y Julio Pardos. Madrid: Trotta 1998, p. 44.
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de Humboldt y hace un repaso de las ediciones y traducciones accesibles de este autor; en la séptima, analiza el viaje de investigación a Rusia y a Siberia; en la octava figura, Ottmar Ette trata de las formas de la escritura y de las formas del conocimiento que, entre líneas, se leen en el libro Cosmos. Para el romanista de Potsdam no se pueden disociar las estrategias textuales asumidas por Humboldt de su proyecto de conocimiento. Escritura y saber son una misma cosa. De esta manera, con cada una de las facetas destacadas, Alejandro de Humboldt aparece en este libro de Ottmar Ette como un precursor de una nueva concepción de la ciencia: experimental, transdisciplinaria, intercultural, cosmopolita, transareal, relacionada a nivel mundial y orientada hacia el espacio público. Por todo esto, Ette muestra a un Humboldt dedicado a desprovincializar la ciencia. De esta manera, las estructuras plurales, nunca cerradas, marcan una práctica de lectura filológica de Ottmar Ette; en ella se muestra la urgente necesidad de no clausurar los sentidos de los textos, sino abrirlos a múltiples posibilidades. Derivado de las metáforas locomotivas, hay por lo tanto en la obra de Ette una epistemología y una escritura de lo diverso y de lo plural. Nada está fijo ahí; todo se moviliza. Esto se puede comprobar, por ejemplo, en Roland Barthes. Landschaften der Theorie.17 En este libro de 2013, Ottmar Ette pone en escena un pensamiento y una escritura polilógica, relacional y archipiélica. De los distintos textos que ahí analiza, me gustaría detenerme solo en uno. Se trata del ensayo barthesiano «En Grèce». En ese texto Ette ve una escritura sobre el archipiélago mediterráneo que se plasma formalmente como un archipiélago textual. Las nociones de Isla-isla mundo y el término de relacionalidad se vuelven omnipresentes. «En Grèce» construye en todo el sentido de la palabra un archipiélago de textos, configurado, por un lado, por mundos-isla (o sea, unidades cerradas en sí mismas, que obedecen cada una a sus diversas lógicas propias y particulares (Eigen-Logik)) y por otro, por mundos islas (por lo tanto, multiplicidades reunidas en grupos de islas y que obedecen así a lógicas relacionales) […]. No solo la figura del narrador viajero está en constante movimiento, sino también las mismas islas de «En Grèce»: cambian su lugar, a veces se encuentran en el centro, a veces en el borde del archipiélago y se entrelazan en configuraciones siempre nuevas, cuyas figuras pueden ser fijadas o aprehendidas en el entramado de las miradas. Todo está conectado con todo: un texto sobre un archipiélago como archipiélago, que – vinculado a una vivencia – deja surgir fractalmente, como una mise en abyme, un mundo completo de puntos de vista que se atraviesan recíprocamente más allá de cualquier perspectiva central.18
17 Ottmar Ette: Roland Barthes: Paisajes de la teoría. Traducción de Vicente Bernaschina Schürmann. Madrid: Del Centro Editores 2016. 18 Ottmar Ette: Roland Barthes: Paisajes, pp. 47, 51.
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Esta práctica textual fragmentaria, compuesta con unidades textuales que funcionan de manera independiente – como islas –, pero que también se relacionan entre sí conformando archipiélagos, implica una apuesta epistemológica en la que no se pone en marcha una sola lógica sino múltiples procederes racionales. Para Ette los textos de Barthes configuran un campo de vectores y fuerzas donde se manifiestan lógicas múltiples y plurales. De esta manera, el libro Roland Barthes. Paisajes de la teoría, asume una forma de la escritura que representa una forma de pensamiento pluri-relacional. Esta forma de representación ya no se contenta con «la organización ancestral de los horizontes». Los textos ahí analizados están imbuidos de muchas lógicas. Con ellas, la perspectiva única deja de tener un puesto central y se gana una mirada múltiple. Lo polilógico, bajo una perspectiva relacional, se establece como principio básico. Los textos de Barthes, así como el análisis que hace Ottmar Ette, son el testimonio de un procedimiento relacional que manifiesta una filología polilógica – con muchas lógicas discursivas – que no solo genera conocimiento sino también placer y juego. Así, esta forma de escritura aspira a ser lúcida y lúdica: pues lo lúcido es lo lúdico. Todos estos elementos que he señalado, el movimiento, el saber como juego, la literatura como saber polilógico, el discurso abierto, las lógicas relacionales, el pensamiento archipiélico; todo eso se encuentra detrás de la noción de la filología como un SaberSobreVivir. Entre otras razones porque la noción de vida, derivada del discurso de la literatura y de la filología, reúne para Ottmar Ette todos esos niveles.19 Me gustaría hacer un último señalamiento. Las estrategias de la escritura filológica de Ottmar Ette tienen como escenario un contexto específico de enunciación: el de una Europa en juego entre la integración regional, la internacionalización galopante y los nacionalismos atávicos; una Europa tensada por procesos migratorios, que busca cada vez más pensar de forma relacional. La respuesta de la filología – ante un mundo cerrado, monológico y unidireccional – es reflejar en la escritura y el pensamiento la necesidad de un planeta cada vez más abierto, polilógico y relacional. Pues, tal y como se ha señalado para el caso de Werner Krauss, los trabajos filológicos de Ottmar Ette son respuestas a los problemas fundamentales de su época.
19 Un bello resumen de su trayectoria vital e intelectual, que incluye algunos de estos términos, se puede ver en: Ottmar Ette: Romanistik als Lust: Kleines romanistisches ABC. En: Klaus Dieter Ertler (ed.): Romanistik als Passion. Sternstunden der neueren Fachgeschichte VII. Wien: LIT Verlag 2020, pp. 165–190.
Bilder des Urbanen
Dieter Ingenschay
Santiago Queere Bilder des urbanen Raumes in der chilenischen Narrativik der Gegenwart
1 Einleitung: Santiago literarisch Anlässlich der chilenischen Buchmesse 2017 diskutierten die Schriftsteller J. Calvo, M. de Loyola, D. Oses und L. Ojeda kontrovers über den santiaguinischen Stadtroman. Ojeda überraschte das Publikum mit der These, es gebe keinen Santiago-Roman («la novela de Santiago no existe») trotz der reichen Details, welche seine Kollegen vom Realismus bis zum Neuansatz der postdiktatorialen Stadtfiktion vor rund 25 Jahren zusammengetragen hatten. Dabei wiederholt Ojedas Formel zunächst ein Stereotyp, dem gemäß Chile eine Nation von Dichter*innen, nicht von Prosaschriftsteller*innen sei, und gleichzeitig ein zweites Vorurteil, dass nämlich die magische Kraft städtischer Bilder eher von Valparaíso ausgehe, dem Weltkulturerbe mit seiner beeindruckenden Lage und dem von Seeleuten und einem internationalen demi-monde bestimmten Ambiente.1 Ojedas These lässt sich als eine doppelte Missachtung verstehen: einerseits verschweigt er die vielen neuen Romane, die Stadt und Diktatur in Beziehung gesetzt haben, und andererseits verliert er kein Wort über C. Franz’ dem Kontext von Stadtliteratur und Identität gewidmeten Essayband La muralla enterrada, in welchem dieser anhand von mehr als 70 Romanen eine narrative Archäologie entwickelt, die von einem semiotischen Konzept ausgehend in ein nationales Projekt mündet: De esos signos leídos en los muros y los libros de Santiago, de esas «lecturas» nacen estos ensayos. Lecturas que también son deseo, sueño de un desciframiento mayor: leer a Chile. Leerlo desde su capital y desde su imaginación. Leer nuestro país en el cruce de dos de sus señas de identidad más potentes: la primordial huella física de nuestra existencia, nuestra metrópolis; y la principal marca metafísica que hemos dejado en el mundo de los símbolos, nuestra imaginación literaria, nuestras ficciones.2
1 Ximena Figueroa Flores, Felipe González Alfonso: La literatura de Valparaíso: entre la desterritorialización y el extrañamiento, Alpha (Osorno), Juli 2018, S. 49–67. 2 Carlos Franz: La muralla enterrada. Santiago, ciudad imaginaria. Santiago de Chile: Planeta 2001, S. 20. https://doi.org/10.1515/9783110730340-009
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Franz’ Paradox ist, dass er einerseits überzeugt ist, Chile habe (im Vergleich mit Frankreich oder England), keine erwähnenswerte Stadtliteratur hervorgebracht,3 aber dennoch eine Santiago-Literatur würdigen will, welche «aus Liebe»4 entstanden sei. So gipfelt dieser nationale Plan im Zitat einer Zeile der Nationalhymne, in der Chile als «copia feliz de Edén»5 besungen wird. Franz betrachtet weder den Stil noch die historischen Umstände der von ihm zusammengetragenen Stadtromane; die Kapitel organisiert er topographisch, mit der Absicht, «el alma de los barrios»,6 die Seele der klassischen sieben Bezirke aufzuzeigen. Ich verfolge hier ein bescheideneres Anliegen: Ich möchte zeigen, wie im Zeichen der liberaleren gesellschaftlichen Bedingungen der Postdiktatur eine bestimmte Gruppe der Stadt – nämlich gleichgeschlechtlich begehrende Männer – sich nicht nur andere städtische Räume erschlossen, sondern auch ihre Formen des sozialen Umgangs und der (virtuellen) Kommunikation restrukturiert hat. Städte haben keine sexuelle Orientierung. In Julie Abrahams Untersuchung über die Stadt und ihre schwul/lesbischen Bewohner*innen Metropolitan Lovers. The Homosexuality of Cities spielt der Anthropomorphismus des Untertitels auf die Eigenschaft des städtischen Raumes an, Infrastrukturen hervorzubringen, die der Verwirklichung des Begehrens von Personen mit nicht heteronormativer Orientierung dienen.7 Die Stadt prägt also spezifische Formen dessen, was wir mit Ottmar Ette als Zusammenlebenwissen bezeichnen können.
2 Vom schwulen Untergrund zur modernen Hauptstadt: Pedro Lemebel, Chronist des Übergangs Der Dichter, Chronist und Performer P. Lemebel (1952–2015) ist Teil des queeren Santiago. Nach seinem Tod 2015 wurde im Teatro Principal zu seinen Ehren eine Montage aus seinen Texten unter dem Titel La ciudad sin ti aufgeführt, um auf die zentrale Rolle hinzuweisen, die Santiago in Lemebels Werk einnimmt. Die Beziehung zwischen Lemebel und der chilenischen Hauptstadt lässt sich als eine metonymische bezeichnen. Santiago ist Handlungsort seines einzigen Romans Tengo
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Franz: La muralla enterrada, S. 21. Ebd., S. 24. Ebd., S. 22. Ebd., S. 26. Julie Abraham: Metropolitan Lovers. The Homosexuality of Cities, Univ. of Minn. Press 2009.
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miedo torero (2001) sowie der meisten seiner Chroniken (Lemebel 1995, 1998, 2000 und 2003).8 Es verwundert daher nicht, dass sich die Kritik der Frage nach dem urbanen Raum bei Lemebel gewidmet hat. Á. Mateo del Pino erkennt in seinen Chroniken una mirada que se adentra en los rincones más «oscuros» de la ciudad: las poblas, los barrios periféricos, los baños turcos, los cabarets, los salones de belleza, las canchas de futbol, las fondas, los cuarteles… Ese otro mundo que se esconde para no estropear la imagen de postal turística de la urbe, y que Pedro Lemebel se encarga de poner en primer plano, a veces de manera irónica y corrosiva, para ejercer su papel de cronista como agente provocador y subversivo.9
Natürlich ist die Stadt, die Lemebels Werk bestimmt, eine schwule Stadt. In seiner Erzählung Homoeróticas urbanas (in Loco afán) spricht er über sich selbst in der Rolle eines Balzac’schen flâneur unter schwulen Vorzeichen: De escrituras urbanas y grafías corpóreas que en su agitado desplazamiento discurren su manuscrito. La ciudad testifica estos recorridos en el apunte peatonal que altera las rutas con la pulsión dionisiaca del desvío. La ciudad redobla su imaginario civil en el culebreo alocado que hurga en rincones el deseo proscrito. La ciudad estática se duplica móvil en la voltereta cola del rito paseante que al homosexual aventurero convoca. […] La ciudad, si no existe, la inventa el bambolear homosexuado que en el flirteo del amor erecto amapola su vicio.10
Solche Anverwandlung des städtischen Raumes unter den Vorzeichen schwulen Begehrens bezeichnet J. Poblete als «nueva etnografía urbana».11 Was das bedeutet, lässt sich an den Chroniken aufzeigen, die sich den dunklen Vierteln widmen, dem städtischen «inframundo», allen voran der calle San Camilo, nur ein paar Blocks von der Universidad Católica entfernt, die durch die dort konzentrierte homosexuelle Prostitution als das Zentrum eines bestimmten, vor einem halben Jahrhundert allein dort möglichen schwulen Lebens galt. In La muerte de Madonna (in Loco afán, S. 37–45) taucht Lemebel in die Atmosphäre dieses Viertels ein, in dem auch die Trans*person «Madonna» lebt. Die Geschichte beginnt so: «Fue
8 Pedro Lemebel: Loco afán. Crónicas del sidario. Santiago: LOM 1996; La esquina es mi corazón. Crónica urbana. Santiago: Seix Barral 2004 (zuerst 1997); Tengo miedo torero. Santiago: Seix Barral 2001; Zanjón de Aguada. Santiago: Seix Barral 2003. 9 Ángeles Mateo del Pino: Los rostros de la marginalidad. Zanjón de Aguada de Pedro Lemebel. In: Revista Iberoamericana 72, 215/6, 2006, 607–617, hier S. 608. 10 Lemebel: Loco afán, S. 87. 11 Fernando Blanco, Juan Poblete (eds.): Desdén al Infortunio. Sujeto, narración y público en la narrativa de Pedro Lemebel. Santiago de Chile: Cuarto Propio 2010.
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la primera que se pegó el misterio en el barrio San Camilo. Por aquí, casi todas las travesties están infectadas, pero los clientes vienen igual, parece que más les gusta, por esto tiran sin condón.»12 Trotz ihres völlig zerstörten physischen Zustands identifiziert sich diese «Madonna», die so oft Opfer sexueller Gewalt geworden war und letztlich an AIDS stirbt, mit der nordamerikanischen Schlager-Ikone. Diese abjekte «Madonna» hatte mit einigen Freundinnen jener Performance beigewohnt, welche die «Yeguas del Apocalipsis» (bestehend aus Lemebel und Francisco Casas) unter dem Titel LO QUE EL SIDA SE LLEVÓ in der calle San Camilo aufgeführt hatten.13 In seiner Chronik nun fängt Lemebel die Atmosphäre ein, die dort während der Darbietung herrschte (und die in deutlichem Gegensatz zur Armut des Viertels steht): Todo el barrio deslumbrado por el fulgor de los flashes. Y toda la resistencia cultural de la dictadura, políticos, artistas, teóricos del arte […] sapeando la performance de «Las Yeguas del Apocalipsis» que regaron de estrellas el paseo comercial del sexo travesti. Así, el barrio pobre por una noche se soñó teatro chino y vereda tropical de set cinematográfico. Un Malibú de latas donde el universo de las divas se espejeaba en el cotidiano tercermundista. Calle de espejos rotos, donde el espejismo enmarcado por las estrellas del suelo, recogía la mascarada errante del puterío anal santiaguino.14
Mit dem Begriff des «cotidiano tercermundista» greift Lemebel auf ein in seinem Werk rekurrentes Element der Selbstbestimmung zurück. Lemebel, der sich nie mit der nordamerikanisierten Welt moderner Großstadtschwuler identifiziert hat, stellt seine Stadt als Ort der Dritten Welt dem Prototyp der nordamerikanischen City, New York, gegenüber. In seinen Rekursen auf das alte Santiago evoziert er die Stimmung der Jahre vor Pinochets Diktatur. Und er bemerkt auch, dass die neue postdiktatoriale Lebenswelt, die ihm zu schreiben und freier zu leben erlaubt, zugleich negative Begleiterscheinungen hat: den Neoliberalismus, der den Graben zwischen Arm und Reich vertieft. In Zanjón de la Aguada schildert Lemebel einige der traditionellen Viertel – die barrios Dieciocho oder Estación de Mapocho – als permissive Zonen innerhalb der Stadt. In deutlichem Kontrast zu diesen Stadtteilen schreibt Lemebel dann auch über die ultramodernen Straßenzüge im Nordosten, für die sich in allem Ernst der Name «Sanhattan» (aus Santiago und Manhattan) durchgesetzt hat. Lemebel macht sich lustig über
12 Lemebel: Loco afán, S. 37. 13 Zu Lemebel als Performance-Künstler siehe Dieter Ingenschay: La práctica del performance de Pedro Lemebel. In: Fernando Blanco (ed.): La Vida Imitada: Cuerpo, Palabra y Sonido en la obra de Pedro Lemebel. Madrid: Iberoamericana 2020, 203–216. 14 Lemebel: Loco afán, S. 40.
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[l]a clase VIP santiaguina, eternamente lateada en su Liliput neoyorquino, discutiendo si esta noche van a cenar comida árabe, mexicana, cubana o tailandesa. Comentando de reojo la presencia en la mesa del lado de un figurín de teleserie. Y más allá, en un rincón (haciéndose los civiles), tres políticos de derecha se chupan la placa, alabando el cebiche de pulpo, mientras planifican ingeniosas denuncias para que el gobierno de la Concertación se haga un nuevo harakiri dando disculpas. […] Casi en la esquina, un cuidador de autos bosteza profundamente, mirando con desgano la altura iluminada de los edificios, los salones, las suites y departamentos de lujo, que silenciosamente vacíos, plantean una pregunta sobre el despegue urbano de este Santiago apadrinado por el lavado de dinero y el narcotráfico. Un Sanhattan que más parece un reducto provinciano de este fin de mundo, un sureño rincón donde el arribismo rural se pasea desfachatado, mirando en las vitrinas su ridícula soberbia.15
Andere Autoren werden diese lächerlich hochmütigen Viertel ganz anders beurteilen, doch Lemebel hat für sie nur Spott und Verachtung übrig: «[L]o gay se suma al poder», stellt er in der Chronik Loco afán fest; und weiter: «Lo gay acuña su emancipación a la sombra del ‹capitalismo victorioso›».16 Geographisch, narrativ und ideologisch ist seine Stadt eine andere. Nur im traditionellen Santiago, nicht in den hegemonial und heteronormativ geprägten Zonen kann der «ciudad-ano» Lemebel die Realisierung seiner erotischen Bedürfnisse verhandeln und leben.
3 Junge Schwule und alte Bourgeoisie: La soberbia juventud von Pablo Simonetti Die öffentliche Präsenz Pablo Simonettis (*1961) ist nicht nur auf sein literarisches Werk (sieben Romane und viele Kurzgeschichten) zurückzuführen, sondern auch auf seine Rolle als Leiter der Stiftung Iguales, die für die Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen kämpft. Simonetti, ein Mensch mit internationalem Hintergrund, hat seine Heimatstadt als Schauplatz für die meisten seiner Schriften gewählt. In einer seiner ersten Erzählungen Santa Lucía (in Vidas vulnerables, 2005) taucht ein Mann auf, der mit Frau und Kind eine Wohnung in der Nähe des berühmten Cerro de Santa Lucía bezogen hat.17 Es wird dabei nicht ausdrücklich erwähnt, dass dieser Cerro («tan inocente de día», wie man schon vor Jahrzehnten vielsagend auf «Cerro de Santa Lucía» reimte) lange der Ort des schwulen crui-
15 Lemebel: Loco afán, S. 218f. 16 Lemebel: Loco afán, S. 127. 17 Pablo Simonetti: Santa Lucía. In: ders., Vidas vulnerables. Santiago: Planeta 2005, 55–72.
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sing gewesen ist. Der Protagonist, der auf dem Rückweg von einem Büro mit einem Mann am Eingang des Cerro-Parks intensive Blicke ausgetauscht hatte, verlässt sein Heim «um Luft zu schnappen»; ihn fasziniert die Freizügigkeit dieses Ortes: No sé cómo ni cuándo el cerro pasó de ser una amenaza a ejercer una extraña fascinación sobre mí. Tal ha sido su influjo que a veces lo imagino como un gigantesco pulmón sexual que respira al compás de las parejas que copulan entre los matorrales.18
Der Ausflug endet mit einem sexuellen Akt. Zurück bei seiner Familie bereitet ihm seine Frau, die sich über den Dreck an seinen Schuhen wundert, einen Tee zu.... – Der namenlose Protagonist scheint auf der Höhe seines sogenannten coming out zu sein. Ein Jahrzehnt später greift Simonetti dieses Thema in seinem Roman La soberbia juventud (2013) wieder auf.19 Sein Ich-Erzähler ist der Schriftsteller Tomás Vergara, der in einer Galerie den jungen Felipe kennenlernt, einen Mann von extremer Schönheit, der vor kurzem sein Studium der Architektur und Stadtplanung abgeschlossen hat. Auch auf Camilo, einen langjährigen Freund, der Tomás begleitet, übt der Felipe einen starken Reiz aus. Doch die vielversprechende Liebesbeziehung, die sich zwischen Camilo und Felipe anzubahnen scheint, entpuppt sich als schwierig und frustrierend, weil Felipe, Sohn ultrakonservativer Eltern, panische Angst vor seinem coming out hat, was besonders durch die Gruppe seiner Freunde, die der Oberschicht entstammen und dem Opus Dei nahe stehen, verhindert wird. Elvira, eine unkonventionelle Freundin des Erzählers und (alleinerziehende) Mutter eines Mädchens, stellt Felipe einem anderen reifen Mann vor, und die beiden werden ein Paar. Zu Elviras kleinem Mädchen entwickelt Felipe eine tiefe Freundschaft. In einem parallelen Handlungsstrang wird die Geschichte von Felipes Tante Alicia erzählt, einer reichen Kunstsammlerin, die im eleganten Stadtteil Las Flores in einem modernistischen Anwesen wohnt: La tía abuela de Felipe vivía en Camino Las Flores, donde se hallan las grandes casas del barrio Los Dominicos, parapetadas detrás de arboledas y muros de protección. La suya era de estilo modernista, diseñado por De Groote, con una notoria influencia de Barragán en el uso de estucos coloridos.20
18 Simonetti: Santa Lucía, S. 57. 19 Pablo Simonetti: La soberbia juventud. Barcelona: Alfaguara 2013. 20 Simonetti: La soberbia juventud, S. 84.
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Alicias Haus wird mit großem Detailreichtum beschrieben, doch finden sich auch Angaben zu geographischer Lage der Wohnungen anderer Personen. Camilo lebt in einem oberen Stockwerk eines 1937 errichteten Gebäudes an der avenida Isidora Goyenechea, in der Nähe von El Golf. Der Erzähler selbst, Tomás, hat aus seiner Bleibe im 9. Stock nahe Pedro de Valdívia einen Blick auf «las Torres Tajamar, el totémico celular de la Telefónica y el resto de los edificios de la parte baja del barrio de Providencia».21 Zugleich schaut er nach Osten: «Tomamos café en mi terraza del noveno piso, con toda la vista abierta al cerro de Santa Lucía, el San Cristóbal y la cordillera tempranamente nutrida de nieve…».22 Dass die Erwähnung des Cerro Santa Lucía hier auf den klassischen Ort homosexueller Kontaktaufnahme anspielt, kann man nur vermuten, aber Tomás selbst erklärt seine Motive für den Umzug in diese Zone; er suchte: «un nuevo lugar de pertenencia, uno en el que mi homosexualidad no despertaba desconfianzas, donde más bien constituía una virtud».23 Auch die wenig bürgerliche Elvira wohnt in einem netten Apartment in Providencia, mit «puertaventanas con palillaje que se abrían hacia el cerro Santa Lucía».24 Während sich hier die eher Vierzigjährigen niedergelassen haben, ziehen die jungen Reichen, Felipe und seine Freunde, die vorher genannten Viertel im Nordosten vor, am liebsten La Dehesa, eine Insel der Reichen (in der Pinochet selbst residierte). Zurück zum Erzählstrang. Als die an einem Tumor erkrankte Alicia ihren Tod kommen spürt, überträgt sie ihr enormes Vermögen Felipe (und nicht dessen Mutter, ihrer Schwester). Das Hauptmotiv ist dabei, dass sie die homosexuelle Neigung ihres Neffen erahnt, über die sie deshalb froh ist, weil sie die Enthüllung ihres geliebten verstorbenen Mannes, er habe eine Vorliebe für Männer, schätzte. Der plötzliche Reichtum zwingt Felipe dazu, sich von seiner bigotten Mutter und der Schar der sie umschwirrenden Priester zu emanzipieren. Als auch Elvira stirbt, stellt sich heraus, dass Felipes Partner der Vater ihrer Tochter ist, was dem homosexuellen Paar die Adoption des Waisenmädchens erlaubt. La soberbia juventud – in erster Linie ein coming out-Roman (als moderne Variante des Bildungsromans) – zeigt ein anderes Santiago. Er analysiert sehr eingehend das Leben begüterter Homosexueller im postdiktatorialen Chile mit vereinzelten soziopolitischen Überlegungen. Es handelt sich um einen Stadtroman, in dem die sozio-urbane Geographie auch dann auftaucht, wenn es sich nicht um typische Schwulenviertel handelt: Die Kunstgalerie, in der sich Tomás und Felipe treffen ist bezeichnender Weise «un edificio de concreto a la vista ubicado en una 21 22 23 24
Simonetti: La soberbia juventud, S. 57. Ebd., S. 64. Ebd., S. 83. Ebd., S. 112.
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de las bocacalles de Nueva Costanera».25 Simonettis Personen besuchen nicht die klassischen Orte des «schwulen Stadtplans», San Camilo oder Estación Mapocho, sie kennen die subkulturellen Zonen der Metropole und auch den neuen schwulen Kern der Stadt (calle del Bombero Núñez oder calle Dardignac im Osten Bellavistas) kaum noch, sondern bevorzugen hypermoderne Orte wie Sanhattan oder Las Condes, eben jene Viertel, die Lemebel verachtet. Der Schwulentreff alten Typs hat ausgedient. Man lernt sich eher in den Kulturzentren, im Patio Bellavista oder in Galerien kennen. Simonetti gelingt es, das lebendige Portrait des schicken, reichen, schwulen Santiago zu zeichnen.
4 Alberto Fuguet: die Literarisierung schwuler dating-Portale Fuguet (*1964) wurde international bekannt als Mitherausgeber der Anthologie McOndo (1994), die Schluss machen wollte mit der Exotisierung der lateinamerikanischen Literatur. Erst in seinen letzten beiden Erzählwerken hat sich Fuguet geoutet. Sein Roman Sudor (2016) löste aus zwei Gründen einen gewaltigen Skandal aus: zuerst wegen der expliziten gleichgeschlechtlichen Sexszenen, die er überdies in Interviews mit seinen eigenen Vorlieben verband, und ferner durch den respektlosen Umgang mit dem großen mexikanischen Autor Carlos Fuentes und seinem Sohn, dem Fotografen Carlos Fuentes Lemus.26 Vater und Sohn hatten während einer Südamerika-Tour 1998 den Band Retratos en el tiempo vorgestellt, der Fotos des Sohnes und Texte des Vaters enthielt. Dieses historische Ereignis verwandelt Fuguet in ein fiktives Handlungsgeschehen, das er im Oktober 2013 ansiedelt. Die Namen der Fuentes ändert Fuguet in Rafael Restrepo Caravajal und Rafael Restrepo Santos (oder Rafa Junior) um. Protagonist (und in weiten Teilen IchErzähler) des fiktionalen Texts ist der schwule Alfredo («Alf») Garzón, Mitarbeiter eines Literaturverlags, der von seinen Chefs beauftragt wird, den Sohn des berühmten Schriftstellers durch die einschlägige Szene der Stadt zu führen und ihm einen tollen Aufenthalt zu verschaffen. Der 41jährige ist zuerst wenig begeistert von dieser Aufgabe, bis der junge Mann mit dem «look retro y anti hípster» (379) ihn doch zu faszinieren beginnt. Mit (nicht immer subtiler) Ironie gegenüber dem Kulturbetrieb verteilt Fuguets Erzähler Hiebe gegen die Verlags-Schickeria, aber
25 Ebd., S. 13. 26 Alberto Fuguet: Sudor. Barcelona: Random House 2016. Im Folgenden wir die Seitenzahl direkt im Text angegeben.
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vor allem gegen den Vater Restrepo, der als ein kapriziöser egoistischer Frauenheld dargestellt wird, unfähig, die Beziehung zu seinem nicht minder exzentrischen Sohn auf die Reihe zu kriegen. Rafa Junior, 24, ist im Leben wie in seinen (gleichgeschlechtlichen) Sexpraktiken ein Spieler, Vertreter einer Generation, die im Roman als sub25 bezeichnet wird; ferner ist er Bluter, was bedeutet, dass sein Alltag voller Gefahren steckt. Er wird nach einem Disco-Besuch zu Tode kommen. Nun muss erwähnt werden, dass Carlos Fuentes’ Sohn tatsächlich Bluter war, während seine Homosexualität wohl eine Zugabe des Autors zu sein scheint… Ich möchte hier nicht diskutieren, ob das outing anderer Personen ethisch vertretbar ist, weil dieses hier ohnehin ein falsches outing wäre. Im Übrigen fällt es mir schwer, die Angriffe auf Carlos Fuentes mit künstlerischer Freiheit zu entschuldigen! Also zurück zum Thema der Stadt. Die städtische Geographie in Sudor ist weitgehend identisch mit derjenigen bei Simonetti; es tauchen dieselben Straßen, Parks und Gebäude auf (wie die Torres de Tajamar, wo der Erzähler in Sudor wohnt) (76). Von Beginn an wird die gesamte Stadt sexualisiert: Por fin lo metrosexual había dado paso a lo lumber-sexual y había mucho pelo, mucha barba, mucho aroma natural levemente picante en el aire y cerca de tu nariz (más axilas que en el cielo). Había hombres por todas partes –dispuestos, a la caza, entusiastas horny– y sobre todo chicos bonitos y seguros y algo tontos y muy milenios y con dientes que poco tenían que ver con aquellos con que los parieron y que circulaban y estaban al acecho, mojados por un sudor que dripeaba por sus caras y humedecía todos sus pelos escondidos o a la vista y oscurecía inexorablemente el algodón de sus poleras y camisas y dejaba partes de la ciudad…(22 f.)
Sexuelle Hauptzielgruppe des Protagonisten sind echte Männer («Me gustan los hombres, odio a los travestis» – ein aus der Feder Lemebels undenkbarer Satz!) (82), und man liest explizite Szenen mit virilen bärtigen Sexpartnern nach Art der Zeichnungen von Tom of Finland (268–277). Die Allgegenwart des Sex, die durch neue Kommunikationswege ermöglicht wird, bewirkt einen paradigmatischen Wechsel im Alltag der schwulen community: Miro la cantidad de chicos gays flirteando en la terraza, grupos de amigos, primeras citas. Capto a un par que no conozco personalmente, que sólo sigo por Instagram. Tal como sucede con los actores, se ven distintos en vivo que en sus fotos de fiestas, viajes, camas, terrazas. Un fotógrafo sub50 luce una camisa Brooks Brothers amarilla empapada puesto que es embajador de la marca. (250)
Zahlreiche Alternativen ersetzen die alten Treffpunkte des schwulen Santiago: Abro Facebook: fiestas, más fiestas. ¿No hay otra cosa? Fiestas de Halloween, […] fiestas ochenteras, animación de drag Queens, DJs israelís strippers. General Holley, toda la calle
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Bombero Núñez («raro que en Chile la calle más gay se llame Bombero, no?»), la Ex Oz, la Ex Fábrica, Chucre Manzur, La Nave en el Barrio Yungay (Young Gay, como le dicen), Palacio Morandé, la Bunker, Illuminati, la Soda, el Amanda, el Nómade, esa casona de Antonia López, el puto Club Burbujas…(388)
Das innovativste Element dabei ist die Kontaktaufnahme mittels Smartphone auf dem schwulen Internetportal Grindr, das Profile von willigen Männern in der Nähe aufzeigt. So entsteht beim Weg durch die Stadt eine sich fortlaufend aktualisierende städtische Landkarte: Sigue y sigue, aprieta y aprieta, la adrenalina comienza a fluir, se le despierto el deseo de cazar, una mezcla de ganas animales con un dejo de miedo y curiosidad y anticipación: quién estará al otro lado, cómo será, por qué me eligió a mí. Pronto se percata que hay 34 tipos que están a menos de 400 metros. (265)
Nebenbei liefert Fuguet seinen Leser*innen auch eine Spekulation bezüglich des literarischen Charakters der Mobilfunk-App: «Alfredo lo tiene claro: lo mejor de Grindr es la parte literaria: eso de imaginarse al personaje y cómo es el lenguaje lo que transforma un intercambio de información prosaica en flirteo…» (266). Diese Veränderungen haben die lateinamerikanischen Hauptstädte grundlegend verändert: Santiago erscheint dem Erzähler interessanter als New York, und Rafa vergleicht Mexiko mit dem Berlin der roaring twenties: «Es nuestro Berlín de pre guerra. … La metrópolis más puta del mundo. Una fiesta ambulante. … Me gusta pensar que soy el mecenas de la Colonia Roma» (381), eine (etwas erzwungene) Bezugnahme auf den klassischen Schwulenroman über Mexiko, El vampiro de la Colonia Roma (1979) von Luis Zapata. Fuguets Ansinnen, einen weiteren und anderen schwulen Stadtroman vorzulegen, ist spannend; befremdlich ist nur, dass er dies mit einer Herabsetzung Fuentes’ erkauft.
5 Veränderung der Stadt, der Gesellschaft, des Begehrens Der Santiago-Roman des 21. Jahrhunderts zeigt mit Evidenz, wie sich die erotische Stadt im schwulen Paradigma verändert: Lemebel ist der letzte Autor, der die Halbwelt, die bajos fondos, als Viertel der Armen beschrieben hat, doch zeichnen sich schon bei ihm die Gentrifizierung von Bellavista und das Anwachsen des globalen Neoliberalismus ab. Simonettis und Fuguets begüterte schwule Protagonisten fühlen sich wohl in einem Santiago des dritten Jahrtausends mit veränderten Deutungsschemata, gipfelnd in der virtuellen Verfügbarkeit von Partnern. Zwei
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Themen hatten den klassischen Santiago-Roman beherrscht: der Gegensatz von Arm und Reich sowie die geographische Lage der Stadt am Fuße der Anden. Der erste Aspekt ändert sich: Die globalisierte Schwulenkultur und mit ihr die Kraft des pink dollar wird positiv gesehen. Die Stadtgeographie dagegen hat Bestand: das Eintauchen in einzelne Viertel, der Blick vom Cerro auf die Stadt oder von dort auf die Anden. Jedenfalls hat die neue Selbstinszenierung der schwulen community dem ZusammenLebenswissen in Santiago neue Aspekte hinzugefügt – lebensweltliche wie literarische.
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Invisibility, conceptual art, and survival writing in Eduardo Lalo’s Simone Los hombres no pueden traducir claramente lo que hago si lo están viendo. Graffiti by Li Chao We read, but also we are read by, others. Interferences in these readings. Forcing someone to read himself as we read him (slavery). Forcing others to read us as we read ourselves (conquest). from The Notebooks of Simone Weil1
Eduardo Lalo’s second novel, Simone (2011), continues the quest to which all of his work – novels, photo-essays, theory, and poetry – is devoted. It is a search for alternatives to what Juan Duchesne Winter describes as “identitis,”2 a pathological obsession with Puerto Rican identity that systematically invisibilizes individuals and groups whose cultural practices do not fit its ideological parameters. In Simone, Lalo veers off in different directions than before. For one, he globalizes Puerto Ricans’ sense of isolation and insularity (a-isla-miento)3 by making one of his figures of the artist a Chinese-Puerto Rican woman. For another, Lalo’s Li Chao is not a writer but a visual artist whose conceptual drawings evoke the work of Sol LeWitt and Robert Rauschenberg, among others. Lalo’s novel seems to suggest that conceptualism may provide marginalized writers like himself with intellectual and artistic resources for surviving the incomprehension and indifference of their fellow citizens. I want to examine how the intersection of invisibility with conceptualism, played out in the novel as the relationship between Li Chao and Lalo’s nameless narrator, may translate into survival writing. Like all first-person narrators, Lalo’s is unreliable, especially when he tries to connect Li’s art with her
1 Simone Weil: The Notebooks of Simone Weil. Translated by Arthur Wills. New York: G. P. Putnam’s Sons, p. 43. 2 See Juan Duchesne Winter: Neonacionalismo y fatiga de identidad en Puerto Rico. In: Arbor Ciencia, Pensamiento y Cultura CLXXXIII, 724 (Marzo–Abril 2007), p. 265–274. 3 Juan Carlos Quintero-Herencia: Extranjeria, comunidad y escucha: Escenas contemporáneas de autoridad literaria puertorriqueña. In: Centro Journal XXII, 2 (Fall 2010), p. 163. See Melanie Pérez Ortiz: Afectos manufacturados y Simone de Eduardo Lalo. In: 80grados.net, (June 6, 2013). http:// www.80grados.net/afectos-manufacturados-y-simone-de-eduardo-lalo/. See also Ottmar Ette: ZwischenWeltenSchreiben: Literature ohne festen Wohnsitz. Berlin: Kadmos, 2005, chapter four. https://doi.org/10.1515/9783110730340-010
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life, something she vehemently resists. But it is precisely through his (mis)reading that this narrator is able to write the text we read. Set in San Juan de Puerto Rico, Lalo’s novel is many things: diary, chronicle, and scrapbook. The textual environment Lalo creates is hospitable to fragments drawn from a wide range of literary genres, including pastiche, satire, romance, melodrama, mystery, and autobiography. Perhaps the best way to describe Simone is as a text that dis-orients the discourses its narrator brings into the capacious literary fold of his autobiographical text as quotations from a host of actual and fictional sources. While Simone does not include other media, such as the photographs and graphics we encounter in Los pies de San Juan (2002) and donde (2005), it focuses on the interplay of different artistic modes to address the question of intellectual and emotional survival for an artist who lives in a major city on a Caribbean island culturally adrift at the margins of the margin, as much caught in a deadening limbo as the recurrent question of its statehood. Why even bother to write in a place where no none reads one’s work, the narrator muses at the outset, “sabiendo que esta actividad resulta incomprensible para mis vecinos” (19) [knowing that this activity is incomprehensible to my neighbors]?4 Although, in the years prior to the attention lavished on Simone, which won the Rómulo Gallegos Prize in Venezuela in 2013,5 Lalo found himself in a similarly exasperating position, one should not conflate the narrator’s mental state with that of the novel’s author, even though they resemble each other in certain respects: like Lalo, his narrator is a part-time academic and photographer. By imagining an intimate relationship between a Euro-descended (?) writer and a Chinese-born visual artist who is also a lesbian, Lalo experiments with the idea that Li’s practice of conceptual art may offer artistic and also political freedoms not easily available to a writer. Presumably uncontaminated by “the virus of origins and authenticity,” Li’s art is based on “the possibility of playing with and transforming the appearance of everything.”6 The narrator embraces such playful repurposing because it poses aesthetic and political challenges to a (post)modern urban environment that re-
4 Eduardo Lalo: Simone. Buenos Aires: Corregidor 2011, p. 76. All other references to this novel appear in textual parentheses. 5 Lalo was the first Puerto Rican writer to receive this prize. Taken Lalo’s place of birth as an identity marker, an interview from 2011 refers to him as “escritor cubano.” Alexandra Rodriguez Burgos: Entrevista a Eduardo Lalo: Un escritor de libertad ilimitada. In: Alexandra Rodriguez Burgos (ed.): Sobre escritura. 31 Autores discuten el oficio de escribir. Hato Rey, PR: Publicaciones Puertorriqueñas, Inc. 2011, p. 42. 6 Jean Baudrillard and Marc Guillaume: Radical Alterity. Translated by Ames Hodges. Los Angeles: Semiotext(e) 2008, p. 38. Baudrillard claims that this virus affects mainly Western societies (p. 68).
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duces its residents to anesthetized consumers tethered to USAmerican neocolonial capitalism.7 Here is where narrator and author most significantly part ways: Because Lalo’s narrator is a writer, he can metaphorically play with the idea of conceptualism, but he cannot embrace it beyond ekphrasis. Lalo himself can explore the possibilities of word-art beyond mimesis because he chooses not to be as constrained by the written word as his narrator is. The following example from Necropolis (2014) comes closest to showing what Li Chao’s word-art might actually look like.
Todo puede ser un dibujo, es decir cualquier aproximación al papel es un dibujo toda acción, toda acción, toda acción sobre el papel es un dibujo y un dibujo es un texto: una posibilidad de la página.
Figure 1: Eduardo Lalo: Necrópolis. Buenos Aires: Corregidor 2014, p. 83, 137–138. In the book, the words of the poem, which are partially obscured in the drawing, appear (as a poem) in an endnote rather than next to the drawing as it does here.
7 About representations of the city in Lalo’s work, see Carolina Sancholuz: La cuidad interpelada: percepciones de San Juna de Puerto Rico en Eduardo Lalo. In: Revista Iberoamericana LXXXIII, 261 (Octubre–Diciembre 2017), p. 937–950.
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One can easily imagine this ImageXText8 as a piece of graffiti on the wall of a building in San Juan, which implies that other surfaces can also become “pages” – for instance, the walls inside prison cells Lalo photographs and includes in El deseo del lápiz (2010). Lalo’s narrator in fact imagines the entire city as a canvas covered with his own footprints: He pensado a propósito de ciertas calles y aceras que si las suelas de mis zapatos tuvieran pintura quizá para esta época mis pisadas habrían cubierto por completo su superficie. La idea es absurda, como son absurdos tantos pensamientos reales. Así, con mis zapatos brochas, con estos zapatos-marcas expreso la ciudad autobiográfica, la ciudad cuyo cuerpo mi cuerpo ha cubierto (76).9
Lalo is of course well aware of the difference between what he can accomplish in an ImageXText and in a novel, where the “doble juego” [double play] of writing and image is always, by necessity, a figuration, and only that. Any image in a novel is a linguistic representation that we—and, in this case, the narrator—can imagine but not actually see.10 Even though one might argue that the fragmented text Lalo’s narrator produces is not necessarily a novel, the fact remains that even a text as heteroglossically voracious as Simone is still a text, not an image. The difference is plain when, at the end of Simone, the narrator describes himself obsessively scribbling on the streets and sidewalks of San Juan de Puerto Rico the last line of a poem he wrote to encapsulate his anguish at Li’s disappearance from his life: Esa noche salí a la calle y con un grueso pastel de oleo escribí: “Esa absurda ausencia de tu cuerpo.” En los muros y acercas, durante horas, dejé grabado el desenlace. Era una forma de duelo para un dolor que no cesaba. La ciudad era lo que quedaba, el territorio, al que pese a todo, continuaba perteneciendo […]. No podría irme nunca de la ciudad que había recorrido así, sin pudor, convertida en una página. (201–02)11
8 The term is W.J.T Mitchell’s from his Image Science: Iconology, Visual Culture, and Media Aesthetics. Chicago: University of Chicago Press 2015. The X signifies possible relations between image and text. 9 [“I have been thinking about certain streets and sidewalks: if the soles of my shoes were paint brushes, my footsteps might have completely covered their surfaces. Absurd, as absurd as so many true ideas. And so, with my foot-brushes, with these shoe-markers, I express the autobiographical city, the city whose body my own body has covered.” Eduardo Lalo: Simone: A Novel. Translated by David Frye. Chicago: University of Chicago Press 2015, p. 49]. Frye’s English-language version of longer passages appear in the footnotes in brackets. Shorter unmarked translations in the text are my own. 10 Elsa Nova, “Prólogo.” In: Eduardo Lalo: Simone, p. 15. 11 [“That night I went outside and in thick wax crayon wrote ‘This absurd absence of your body’ all over walls and sidewalks. For hours and hours, I scrawled the conclusion — a kind of mour-
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The English version of this passage additionally identifies the “page” into which the narrator transforms the streets as “a page for me to write on” (my italics), disregarding broader significances of this noun, including the possibility of writing as a word-image that Lalo’s narrator pursues in his effort to compensate for Li Chao’s loss. The final scene in Simone resonates with the first anonymous message the narrator receives from Li. Because the role Li’s notes play in the novel is tantamount to that of a protagonist whose actions set the plot in motion, it is worth lingering over her initial missive. Part of the text of Li’s first message are the quoted words of a piece of graffiti written in large chalk letters onto the pavement just outside the faculty building at the University of Río Piedras, where the narrator teaches: “‘¿Hasta qué punto podemos construir una sociedad basada en la mentira and el olvido?’” [Up to what point can we build a society based on lies and forgetting?] (35). The message appears on a small piece of wrinkled paper slipped through the space at the bottom of the narrator’s office door. Like other quotations in Simone, it is inserted into the narrative as if it were an object trouvé pasted into a scrapbook. lunes 8:1? Soy Lina, la muchacha rubita, blanquita, de pelo corto y ojos azules que escribió en la calle “¿Hasta qué punto podemos construir una sociedad basada en la mentira and el olvido?” Vine a buscarlo pero no quiero encontrarlo. Quiero que me lea. Vuelvo el miércoles a las 12:XX más o menos. Espero poder verlo sin que tengamos que conversar. Prefiero que me lea y leerlo a usted. Agradezco su atención y sinceridad. Att. Simone (35; my italics)12
The lack of correspondence between the name at the beginning and the signature points to the complications of authorship in which the very act of quoting is also already implicated. It also points to the fact that Li Chao assumes not one identity but many. In the guise of Lina, she takes credit for the piece of graffiti; as Simone, she authorizes her note with a name from a book she once read and liked, “la tra-
ning for an unending loss. What was left was the city, the turf where I still belonged, despite all. […] I’d never be able to leave the city after walking its streets like this, without shame, turning them into a page for me to write on;” p. 159]. 12 [“Monday 8:1? I am Lina, the blond, pale-skinned, short-haired, blue-eyed girl, who wrote on the street: ‘To what degree can we build a society based on lies and forgetting?’ I came looking for you, but I don’t want to find you. I want you to read me. I’ll be back on Wednesday at about 12:XX. I hope to be able to see you without our needing to talk. I prefer for you to read me and for me to read you. Thank you for your attention and sincerity. Yours, Simone;” p. 15].
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ducción de la biografía de Simone Weil escrita por Gabrielle Fiori” (82).13 If being “spectral” means “having several faces and using only one [at a time] as a communication interface,” one might say that Li is a spectral character who creates a series of personae or avatars for herself. In her own (quoted) words, “Li Chao no existe. Una china entre mil trescientos millones de chinos” [Li Chao does not exist. Just one Chinese women from among 1,300,000 Chinese] (103). As a result, “Li Chao,” a name one might consider an “identified subject,” is overtaken and dispersed by “a plurality of positions, functions, and interferences”.14 The multiple distancing that this dispersal facilitates underwrites Li’s preference for mediated, even hyper-mediated, contact over direct, face-to-face meetings in which phenotypical markers color how one perceives another person. “A mí casi nadie me ve,” she explains, “o si me ven, ven a una china” [Hardly anybody sees me (…) or if they do, they see a Chinese woman] (97). By insisting that she be “read” rather than seen, which may be an odd request for a visual artist to make, Li separates her personhood from her art. Art, to her, is not autobiographical. Nor is there any unmediated communication, she implies, only a choice among different forms of mediation, none of which grant full access to a person. By controlling how she communicates with the narrator, she makes him an initially unwitting part of a performance that crosses the art/life boundary in the same way that the anonymous note she slips under his office door crosses the threshold that separates public from the (semi)private spaces: “la persecución que Li había realizado a través de sus mensajes, constituía una suerte de conceptualismo con que mérito añadido haber borrado la frontera entre arte y vida, que había sido, después de todo, el deseo de tantas vanguardias” (113).15 A significant part of Li’s performance art is a reversal of the direction of the typical gendered gaze. Choosing to remain invisible, Li is the one who observes the narrator, making him increasingly apprehensive at being seen: “No temo nada, pero pienso que puedo detectar los ojos que me espían” [I am not afraid of anything, but I think I can sense eyes spying on me] (40). There are a number of seemingly random textual clues in the novel that point to Li Chao well before she appears as a character: the overheard reference to “homosexuals” (26); casual mentions of Chinese restaurants (27); and a Chinese man
13 The book is Simone Weil: Una mujer absoluta (2006), a translation of Gabriella Fiori’s Simone Weil: An Intellectual Biography (1987). The intersection of Weil’s ideas with the novel named after her is a topic for separate essay. 14 Jean Baudrillard and Marc Guillaume: Radical Alterity, p. 38–40. 15 [The chase Li set in motion through her messages already constituted a sort of conceptualism, with the added merit of having erased the border between art and life, which after all had been the desire of so many vanguard artists;” p. 81].
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at Borders flicking through novels (30). Given the existence of such hints, it may not be altogether surprising that the titular figure of “Simone” turns out to be nothing like Simone Weil, at least not in term of cultural provenance, but “[u]na enigmática e inaudita chino-puertorriqueña” [a mysterious and strange ChinesePuerto Rican woman]. Because Li is also a lesbian, she is doubly, even triply, invisible on the island. First-generation immigrant, semi-indentured restaurant worker, part-time student of comparative literature, and visual artist all wrapped in one, Li is a word-painter for whom culture is neither about privilege nor about entertainment. Instead, it is “una arma de sobrevivencia” [a weapon for survival] she deploys against the atmosphere of indifference that surrounds her in the Chinese family restaurant in which she has to work to pay off the expenses of her passage (100). That she works without any artistic pretentions and with ordinary materials is what makes her a true artist in the narrator’s eyes (114). Even though she uses words, Li Chao is not a writer. “No se puede escribir si uno no tiene palabras,” she explains when the narrator encourages her to become a writer, “si las palabras siempre han sido de otros” [One cannot write if one has no words, if the words have always been those of others] (98). Her wordlessness extends beyond Spanish to Chinese, which she never learned to write. More important than the lack of a language, however, is “la imposibilidad que tienen los demás de imaginarme” [that others find it impossible to imagine me] (98). When the narrator tries to connect to her by pointing to the isolation he laments at the novel’s beginning – “A mí casi nadie lee” [Almost no one reads me] – Li is quick to retort that “being Chinese in Puerto Rico” spells a much more extreme form of marginality than being a writer without an audience. Her reply suggests that living at the margins of Puerto Rican society may not be adequate common ground. Like her drawings and her staged chase, Li’s statement opens onto the larger problem of what or whom many Puerto Ricans are able, and willing, to see and imagine. It is important in this context that Li refuses to sign her artwork, including those images that become public art: the thirty-some “dibujos de manchas” [splash drawings] she and the narrator surreptitiously affix to the doors of condominiums on the Avenida Baldorioty de Castro, a major traffic artery in San Juan. Public art, for her, is by definition “arte anónimo,” and anonymity, the refusal to identify oneself and to be identified in turn, plays a key role in Simone. Arguing that “la ejecución misma estaba la autoría” [the very act of making constituted authorship] (114), Li refuses to position herself as a singular point of origin for her art, a deliberate absencing of an authorial figure that allows meaning to disperse. This effect goes well beyond Li’s own artistic practice. The novel’s narrator remains nameless throughout, his writing as unidentified and unidentifiable as Li’s artwork, though not by his choice. While Li, like Lalo himself, creates several avatars for herself, the narrator is stuck with his “I,” a solitary space he populates
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with the words of others that are part of his text. Li, who is also one of Lalo’s personae, disables the conventions that ordinarily underwrite communication to indicate that becoming visible does not solve the problem of social and political invisibility. Her anonymity is a form of willed invisibility through which she rejects “all former codes that were based on identity, identification.”16 Her relationship with the narrator is predicated on such erasures, something the narrator admires as much as it troubles him. The scenes in which the couple displays anonymous images in public spaces function as a meta-commentary on Li’s artistic practice and on their “working” relationship. The point of the street art projects on which Li and the narrator collaborate is to render their shared condition of invisibility perceptible, which is not the same as making an invisible object or a person visible. A prominent example in the novel is the series of close-up photographs of unidentified Chinese men, enlarged copies of which Li and the narrator put up throughout the city. For most of the onlookers, the images represent “candidatos desconocidos a las elecciones” [unfamiliar candidates for the elections], and “[n]adie, salvo un par de escritores, supuso que podía ser una obra de arte” [no one, except for a couple of writers, guessed that this might be a work of art] (115). These images signify differently when they are neither framed as family portraits or snapshots, as in a photo album, nor coded as “art” in a gallery or museum exhibit. Displaying the images publicly without signature or message – “ningún mensaje los acompañaba” (114) – reframes them as “street art,” an uncertain, ephemeral genre that not only lacks the conventional value of artwork but challenges it. Among the pieces of graffiti Li draws, the narrator singles out the one I have used as my first epigraph as “la definición más precisa de nuestro empeño” [the most precise definition of our shared effort]: “‘Los hombres no pueden traducir claramente lo que hago si lo están viendo.’” [Men cannot translate clearly what I do even when they see me do it] (115). The narrator’s assertion makes sense only if one downplays the significance of the gendered subject “hombres.” If not, the narrator’s claim becomes ironic, for he is also one of the “men” unable to “translate clearly” what Li does. But what does it mean to translate her actions and her work clearly? Is such a translation even possible, not just for the narrator but for anyone? My second epigraph from The Notebooks of Simone Weil suggests that it is not possible because of “interferences” that affect any reading and create formidable obstacles, in this case to the smooth transmedial transfer of a sign from a semiotic system to a linguistic one. Li herself constructs such impediments by insisting on strict rules of engagement in her social and sexual contact with the
16 Jean Baudrillard and Marc Guillaume: Radical Alterity, p. 31.
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narrator (no penetration) and in her artwork. Having suffered from submitting to authority for most of her life [“plegarme a la autoridad” (200)], Li not only wants to be “read;” she wants to be read on her own terms. But she also realizes the pitfalls of her move from enslavement to conquest (to use Weil’s terms). In her final message to the narrator, Li admits that the limits she imposes on others, although they grant her a certain amount of freedom, are “un intento infructuoso de huir de un poder que era para mí demasiado real” [a fruitless attempt to escape from a power that was all too real for me]—“fruitless” because “[n]o he sabido vivir entre iguales” [I have not known how to live among equals] (201). But at the very limits Li defines appear “incertidumbres y zonas de sombra” [uncertainties and shadowed areas] (110) that complicate how others read her and her art in ways she that elude her control. It is in these unclear spaces that the narrator’s writings about Li can take root. The fact that he cannot translate Li’s work “clearly” in his writing does not mean that he cannot resort to ekphrastic language to bring visuality into his own writing. At moments where the narrator most resists Li’s control, his own doubts and uncertainties register as interferences that manifest as misreadings. The first ekphrastic scene in the novel is a case in point. The narrator describes Li’s drawing, a long sheet covered from top to bottom “con una línea laberíntica, que creaba una masa negra que parecía viva, como si pudiera vibrar a un milímetro de la superficie” [with a labyrinthine line, creating a black mass that looked alive, as if it might be vibrating a millimeter above the surface”] (103). Like Robert Rauschenberg’s Erased de Kooning Drawing (1953), Li’s drawing does not communicate external content; instead, it communicates the process of its own making, up to a point. But unlike Rauschenberg’s famous image, Li’s drawing, rather than making someone else’s work disappear, makes itself (and herself) disappear through excessive layers of repeated pen strokes that build up to a three-dimensional, opaque solidity:17 el dibujo de Li desaparecía por un exceso que parecía penetrar en el papel y a la vez flotar sobre él. Era una serie casi infinita de trazos que no se sabía dónde ni cuándo terminaban. No le interesaba averiguarlo, le bastaba con que continuara vivo, liquidando sus huellas, haciendo con la línea más fina la mancha más densa, el muro más infranqueable. (112–113)
The drawing itself disappears in the process of acquiring vitality, of becoming “un cuerpo sólido y pulsante” [a solid throbbing body] that, like Li herself, is unidentifiable. Hovering as it does between the two-dimensionality of writing and the three-dimensionality of sculpture, this image, if we can still call it that, needs to
17 In Los países invisibles, Lalo theorizes invisibility as excess. Eduardo Lalo: Los países invisibles. San Juan: Editorial Tal Cual 2008, p. 77.
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be unidentifiable, uncategorizable, to be alive. The narrator translates this refusal to be identified into the figure of a “most insurmountable wall,” a metaphor that implies something hidden from view, a message “que Li se había propuesto que no leyera” [that Li had decided should be unreadable]. The drawings he finds after Li herself disappears from his life, created in secret during the time she lives with him, seem to confirm his suspicion. Eran una variante de las acostumbradas manchas densas, hechas aparentemente con el mismo empecinamiento de la línea, pero en este caso, dejando más zonas blancas. A primera vista, me parecieron un entramado semejante a un panal de abejas, pero al observarlas con más detenimiento, me di cuenta que estaban formadas por una superposición de frases escritas. En ellas se encontraba algo: una palabra, una oración o un párrafo entero, que había sido escrito sistemáticamente, una y otra vez, hasta hacerlo ininteligible. (163)18
From comparing Li’s artwork to Rauschenberg’s visual erasures the narrator derives the logic that for something to be erased, it has to have existed in the first place. Because the narrator has trouble accepting that Li herself disappears in her artwork and that that disappearance is what she chooses, he has to find a substitute, something or someone else who is being erased. To resist Li’s refusal to have her art represent her life, he focuses on two of her drawings in which certain words are still partially legible: the names of Bai, Li’s cousin and rapist, and that of Carmen Lindo, the previous lover to whom Li returns: “Había escrito un número incalculable de veces el nombre de Bai, intentando borrarlo, tacharlo, aplastarlo hasta hacerlo una mancha sólida. El resultado era un rectángulo de líneas negras, que parecía una lápida y era su intento de destruir el pasado” (163).19 To assume that a rape victim tries to erase her past may be plausible enough, but the idea of erasing the past falters when applied to Carmen, an academic who is the object of the narrator’s unaffected scorn throughout the novel. The narrator’s interpretation that “Li había escrito Carmen hasta anular el nombre” [Li had written “Carmen” until she had canceled out the name] (163) to ward off the possibility of her return to Li’s life is wishful thinking that glosses over the fact that, by this point in the novel, Li has already returned to Carmen. She leaves San Juan with
18 [“They were a variation on the usual dense blotches, seemingly made with the same stubbornly insistent line, but in this case leaving more blank spaces. At first sight, they looked like netting or honeycombs, but on closer inspection, I realized that they were formed by superimposing written phrases. Something was there in them: a word, a sentence, or an entire paragraph that had been written systematically over and over again until it became unintelligible;” p. 124). 19 [“She had written Bai’s name countless times, trying to erase it, cross it out, crush it into a solid blotch. The result was a rectangle of black lines that looked like a tombstone, her attempt to destroy the past;” p. 124].
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her to become one more Puerto Rican exile living in the US. Hers is but one of many absent bodies. Ironically, Li Chao’s absence leaves the narrator free to incorporate her words and her work as he makes his text “un collage de citas, fragmentos, ecos de otras obras” (53), in Li’s paraphrase of Walter Benjamin. That his ekphrastic prose is as highly mediated as Li’s own drawings does not, however, mean that he somehow now writes the way Li draws. Even when he imitates Li’s excessive pen strokes as he draws graffiti at the end of the novel, he does not turn into a visual artist. Nor does he need to. If the encounter with Li and her conceptual drawings yields any survival knowledge20 for the narrator, it is that, for any marginalized artist, creative freedom and intellectual survival require a particular understanding and a strategic use of one’s invisibility, irrespective of the choice of artistic medium. “[S]er invisible no es necesariamente una condena” [being invisible is not necessarily a prison sentence], Lalo writes in Los países invisibles, because “fuera del mundo es también una forma de vivir en el mundo” [being apart from the world is also a form of living in the world].21 Perhaps most importantly, being invisible need not spell a lack of agency.
20 The German term is Ottmar Ette’s. See his ÜberLebenswissen: Die Aufgabe der Philologie. Berlin: Kadmos 2004. 21 Eduardo Lalo: Los países invisibles, p. 64.
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Redes y ecosistemas transareales El caso de Medellín En 2006, Ottmar Ette fortaleció lo transcultural con el término TransArea, que trasciende el concepto cultural de fronteras, tanto territoriales o geográficas como disciplinares (Area Studies). Las regiones son concebidas a partir de o dentro de sus dinámicas, procesos, cambios en redes globales de informaciones, correspondencias, enredos entre diferentes culturas: «entangled histories of the crossing and re-crossing of cultures».1 Los parámetros nacionales muestran cada vez más su ineficiencia para resolver los grandes problemas globales (cf. ONU) y, por lo tanto, deben superarse. Las alianzas internacionales harían bien en prestar más atención a las redes urbanas, porque las ciudades son más dinámicas e independientes en cuanto a estructuras y asimetrías internacionales de poder. En este artículo, trataremos un caso sobresaliente, casi un enclave de América Latina, la ciudad de Medellín, que podría incluirse en una red global, si bien no sólo de ciudades inteligentes. Los conceptos de redes y ecosistemas actualmente en boga, también gracias a la digitalización, deben precisarse, pues proporcionan, a su vez, el sustrato de un futuro proyecto innovador, el Pop-up Institute, del que formará parte Medellín y que mostrará estructuras genuinamente transculturales y transdisciplinares. Lo transnacional y lo transcultural se nutren del concepto de red, subrayando lo fluido, complejo, fluctuante o polifacético y no conciben la cultura como un sistema homogéneo, estable, monolítico, dominante, determinista, esencialista. Podríamos incluso afirmar que la cultura es siempre transcultural. Por ello, busca más la cohesión de partes diversas que su coherencia (cf. la metáfora del crisol). En este ensayo, quisiéramos indagar en varios conceptos innovadores, que comparten como rasgo común estructuras reticulares.
1 Redes En la tipología de redes, sobresalen tres modos influyentes (por ejemplo, en la cultura organizacional) ilustrados por Paul Baran en 1964.
1 Ottmar Ette: Caribbean(s) on the Move – Archipiélagos literarios del Caribe: A TransArea Symposium. Frankfurt a. M.: Peter Lang 2008, p. 7.
https://doi.org/10.1515/9783110730340-011
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1)
Red centralizada: en forma de estrella con un punto medio que debe cargar y conectarse con todos los nodos: numerosos contactos con el exterior, no interconectados. Se trata de una red de alta centralidad y baja densidad, que puede crecer a voluntad. 2) Red descentralizada: nodos parcialmente interconectados, menos contactos con el exterior. Tipo de centralidad media-alta y densidad media. Una combinación de red central y distribuida. El ejemplo transcultural de la diáspora correspondería a este tipo. 3) Red distribuida: No existe punto central. Y cada nodo puede ser conectado con otro nodo. Aún menos contactos directos con el exterior, pero muy conectados entre sí y con otros puntos. Red de baja centralidad y alta densidad.
Imágen 1: Paul Baran: On Distributed Communications. An Introduction to Distributed Communications Networks. Santa Monica: The Rand Corporation 1964, p. 2. https://www.rand. org/content/dam/rand/pubs/research_memoranda/2006/RM3420.pdf (último acceso 30.4.2021).
La ciencia computacional y la digitalización, el WWW, el blockchain han fomentado de forma sustancial el pensamiento en red. Pero sigue vigente el modelo de Paul Baran et al.,2 que ha sentado las bases de la tipología de redes para situaciones digitales del presente.
2 Cabría mencionar que la estructura de la red como catalizadora de vínculos y lazos, también de convivencia, en el modelo del estudio RAND lo concibióêron Baran et al. originalmente por encargo de la US Air Force como tecnología de defensa.
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He aquí tres clásicos de la era digital de los estudios culturales, que han apoyado su concepto de cultura en redes: Clifford Geertz, Stephen Greenblatt y Hartmut Böhme. El ensayo básico de Hartmut Böhme de 2004 indagaba en la noción de red, desde el punto de vista de la teoría y la historia culturales. En construcciones abstractas, simbólicas y objetos concretos, materiales, unilineares y multilineares, naturales y artificiales, le es inherente una ambivalencia estructural intrínseca entre el orden y el caos a la omnipresente red. En el siglo XX y, más aún con la aparición del Internet, se ha vuelto metáfora dominante (tejidos, redes, rizomas) y modelo epistemológico de las sociedades actuales.3 Representa la imprevisibilidad, la contingencia, la flexibilidad, «una inquietud oscilante»4 en suma. El principio de la red requiere procesos transculturales y viceversa, de modo que sigue la propuesta transdisciplinar del presente tomo cuando se propone combinar imágenes de los estudios de convivencia cultural con las ciencias de la vida. Hay numerosas metáforas que ilustran tales procesos de negociación constante y nunca acabada sobre factores culturales procedentes principalmente de las ciencias naturales. El rizoma (Deleuze/Guattari, 1974), el mangle (Édouard Glissant y Patrick Chamoiseau para el Caribe), como analogías biológicas; de la matemática y la física, el fractal (Benoit Mandelbrot; Eglash 1999) y la cinta de Moebius; de las ciencias geológicas y marinas, el archipiélago (Ottmar Ette), entre varios más, han ayudado a perfilar visualmente la transculturalidad.5 El factor común a todas estas estructuras de red es que van en contra de modelos de orden jerárquico y territorial. La cobertura global une a TransArea y a los Scapes (quitándole la parte territorial al paisaje, en inglés land-scape) de Arjun Appadurai (1996). El aspecto de la lucha contra dicotomías del tipo centro-periferia, objeto-sujeto, naturaleza-sociedad, interno-externo, niveles micro-macro la comparte asimismo la teoría social participativa del actor-red de Bruno Latour, que mira el mundo como red dinámica de relaciones entre entidades heterogéneas. La cultura obedece a la lógica de la red, según Clifford Geertz, en El antropólogo como autor de 1989;6 en un haz «de actos simbólicos», además, «el sentido de los símbolos únicamente puede ser comprendido dentro de la red de significa-
3 Hartmut Böhme: Netzwerke: Zur Theorie und Geschichte einer Konstruktion. In: Jürgen Barkhoff/Hartmut Böhme et al. (eds.): Netzwerke. Kulturtechnik der Moderne. Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2004, p. 14. 4 Hartmut Böhme. Netzwerke, p. 20. 5 Yvette Sánchez: Formen der Symbiose in Literatur und Kunst der «US Latinos». In: Ottmar Ette (ed.): Wissensformen und Wissensnormen des Zusammenlebens. Berlin, Boston: Walter de Gruyter 2012, p. 173–191. 6 Clifford Geertz: El antropólogo como autor. Barcelona: Paidós 1989.
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ciones construidas en el imaginario social del grupo.»7 Los miembros de una sociedad están enredados en un tejido de significados, también creados por ellos mismos. La metáfora en boga en la era digital muestra la estructura reticular de la cultura, la textura de significados, en la que los seres humanos se enzarzan.8 De manera emparentada, Stephen Greenblatt define la cultura como «red dinámica de negociaciones»,9 que sirve a la circulación de bienes materiales y pensamientos.10 No sólo los estudios culturales, también los sociales dependen del concepto de la red con varios cambios paradigmáticos en el pasado reciente. Las redes, unidades autónomas interconectadas, que forman un sistema dinámico, se fijan en nuevos valores y calidades en grupos y organizaciones: reducción de asimetrías de poder, capacidad de cooperación y comunicación, movilidad, espíritu de equipo, tolerancia, innovación, sostenibilidad, resiliencia, es decir valores de relación, enfoque en la creatividad, en las ideas. Volveremos más adelante a esta orientación experimentadora.
2 Ecosistemas En los últimos años, la cultura organizacional ha tomado prestado un término de las ciencias naturales: el ecosistema y su dinámica. Definiremos la noción actualmente en boga, de la que se suele abusar (sobre todo, en el ámbito de los negocios). Tras revisar varios artículos fundacionales, constatamos que dicha forma organizacional innovadora requiere de la cooperación coordinada de actores complementarios independientes, con un valor compartido para todas y cada una de las partes. En el centro de interés se colocan las necesidades específicas y la participación de clientes o usuarios y no la oferta o el producto.11 Dicho tipo de organización obedece al principio de la red, no de la jerarquía.12 En muchos casos, se hace uso de una plataforma digital (aplicaciones, por
7 Citado por Jaume Vallverdú i Vallverdú: Los Sin Tierra: Mística y resistencia en el MST de Brasil. Tarragona: publicaciones urv 2012, p. 98. 8 Florian Steger (ed.): Kultur: Ein Netz von Bedeutungen. Analysen zur symbolischen Kulturanthropologie. Würzburg: Königshausen & Neumann 2002. 9 Stephen Greenblatt: Cultural mobility: A manifiesto. Cambridge: Cambridge University Press 2010, p. 47. 10 Olga Hinojosa Picón: Ficción histórica y realidad literaria. Bern: Peter Lang 2010, p. 47. 11 Günter Müller-Stewens/Joachim Stonig: Unternehmens-Ökonomie und Plattformen: Auf dem Weg zu einem geteilten Verständnis. In: Die Unternehmung 73, 4 (2019), p. 374–380. 12 Michael J. Jacobides et al.: Towards a theory of ecosystems. In: Strategic Management 39 (2018), p. 2255–2276.
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ejemplo, en casos como Airbnb o Uber), para conectar en red a los actores. Mientras que una alianza necesita de contratos de todos los participantes, el ecosistema, no. Asume el trabajo de coordinación el así llamado «orquestador». Puesto que dicha metáfora aún connota dirección, preferiría hablar, dentro del mismo campo semántico, de un resonador o una resonadora, que entra en resonancia con los participantes o «complementarios». Opino que la idea del orquestador no casa con una red no jerárquica. Hay tres componentes centrales que constituyen el ecosistema: la modularidad, la complementariedad y los efectos de red.13 El término biológico (en uso desde los años 30) alude a una comunidad de organismos (plantas, animales, bacterias, hongos, etc.) independientes y, a la vez, interdependientes, por parasitismo o simbiosis, por ejemplo, ya que interactúan y conviven en un mismo biotopo aprovechando «flujos de materia y energía que los atraviesan».14
3 El Instituto Pop-up Como ejemplo de un ecosistema en las ciencias sociales y fuera del mundo de los negocios, nos gustaría comentar un novísimo proyecto, el así llamado Instituto Pop-up (por su carácter temporal). Se trata de un ecosistema modélico que se propone resolver problemas globales, en primer lugar, el flujo humano, la migración, que las entidades nacionales no logran abordar satisfactoriamente. Por ello el Instituto Pop-up se ha decidido por una red urbana global de seis ciudades muy diversas: Singapur, Chicago, Nairobi, Ginebra, Medellín y Beirut. En el presente ensayo, nos centraremos en el modelo de, según Newsweek,15 la ciudad más inteligente del mundo, Medellín. Otros actores independientes del ecosistema apoyarán los propósitos de la red urbana: artistas, academia (investigadores universitarios y laboratorios de reflexión) y la sociedad civil, por su relativa independencia del dominio del estado
13 Christoph Lechner/Maximilian Jakob Dexheimer: Ökosysteme. Eine neue Strategie im digitalen Zeitalter? In: OrganisationsEntwicklung 3 (2019), p. 38–43. 14 Arthur George Tansley: The use and abuse of vegetational terms and concepts. In: Ecology 16 (1935), p. 284–307. Comisión Nacional para el Conocimiento y Uso de la Biodiversidad: ¿Qué es un ecosistema?. In: Biodiversidad Mexicana. https://www.biodiversidad.gob.mx/ecosistemas/quees (último acceso 30.4.2021). 15 David H. Freedman: How Medellín, Colombia, became the world’s smartest city. In: Newsweek (18.11.2019). https://www.newsweek.com/2019/11/22/medellin-colombia-worlds-smartest-city-14 71521.html (último acceso 30.4.2021).
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nacional. Además del control del flujo humano migratorio, otros temas candentes abordados por la iniciativa podrían ser: el cambio climático, la(s) pandemia(s), Las Vidas Negras Importan (BLM). En combinación con dichos temas, el Pop-up Institute quiere enfocar el manejo, la seguridad y protección de datos, las prácticas de vigilancia, el rastreo de datos o patrones de control, entre otros. La iniciativa reunirá una amplia gama de disciplinas (diseño y planificación urbana, seguridad, cibernética, salud pública, arte) con la ambición de poner a prueba y recomendar nuevas capacidades, modelos de gobernanza y prácticas que las ciudades deben desarrollar para administrar de manera segura y responsable los derechos y el bienestar de sus ciudadanos. Cuando se disuelva el Popup, debería haber nacido un movimiento político, principalmente urbano (incluyendo las autoridades municipales, la alcaldía) para asumir la tarea a largo plazo.16 En comunicación personal, el resonador (que no es orquestador) del ecosistema, Yves Daccord, afirma que, «en la era de la pandemia y vigilancia digital, ya es hora de construir un nuevo contrato social y reflexionar sobre lo que nos une a todos.» Tres autores, entre ellos el mencionado «resonador» principal, hemos empezado a redactar un artículo sobre el Pop-up con más detalles sobre los avances del proyecto, algo desacelerado a causa del COVID-19.
4 Medellín Mientras que las otras cinco muy diversas ciudades de la red del Pop-up se incluyen por diferentes criterios, Medellín representa las ciudades inteligentes. Con su asombrosa transformación (premiada, por lo demás, en serie) de las pasadas dos décadas, podría muy bien figurar como modelo para el resto de América Latina y el Sur Global. En apenas 15 años, pasó de ser la ciudad más peligrosa del mundo, dirigida por cárteles narcotraficantes y marcada por el violento conflicto entre guerrilla, paramilitares y estado, a convertirse en centro de innovación e inclusión. La violencia suele medirse atendiendo a la tasa de homicidios por cada 100.000 habitantes por año. La curva de crecimiento desde 1979 (tasa 44) era tan empinada como lo fue la bajada a partir de 1991, el año más terrible de la Violencia (tasa 388, 6.658 homicidios), hasta llegar a 47 en 2008. Durante el periodo medido, 1979–2008, hubo 81.166 homicidios en Medellín.17 En los pasados años, la tasa se ha mostrado estable entre 21 y 24 (2015: 20,4 y 2019: 23,8 o 592 homicidios);
16 Edgelands Institute, https://edgelandsinstitute.org/ (último acceso 30.4.2021). 17 Héctor Iván García et al.: Treinta años de homicidios en Medellín, Colombia, 1979–2008. In: Cad. Saúde Pública 28, 9 (2012), p. 1699–1712.
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la tasa meta para el 2030 fue definida en 10,3.18 El número de habitantes actual es de 2,5 millones, a principios de los 90, vivían 1,6 millones de personas en la ciudad. En su magnífico trabajo, la alcaldía ha practicado la inclusión social y ha puesto en marcha muchos proyectos ecológicos innovadores. Aún quedan problemas por resolver, por ejemplo, en el ámbito de la calidad del aire o del narcotráfico, de la desigualdad (más visible aún por el COVID-19, como muestran las protestas de 2021), pero la mejora ha sido admirable y rápida, aunque el cambio de reputación internacional (hetero-imagen) es más lenta. El estigma del peligroso narcotráfico, pero también el nuevo fenómeno del turismo narco sensacionalista siguen en pie y, no en último lugar a causa de las populares series de Netflix Narcos o Pablo Escobar, que perpetúan los estereotipos y siguen glorificando, aunque de manera ambivalente, al capo de la droga. De modo que los fans de la serie Netflix consumen narcotours en Medellín, siguiendo las huellas reales de Escobar. Aunque la cocaína no ha desaparecido y se consigue a precios muy bajos, las autoridades de Medellín intentan defenderse de dicha imagen y del narcoturismo. En un acto simbólico impactante, oscilando como suele ser habitual en procesos de transición, entre callar o mantener el tabú y permitir memoriales, las casas de Escobar fueron reducidas a escombros y cenizas. Recién en 2019, se derribó la casa Mónaco, lugar de peregrinación de los turistas. Sobre los escombros del inmueble se ha construido un espacio de memoria para las víctimas del cártel de Escobar, el así llamado «Parque Inflexión».19 La primera iniciativa de la sociedad civil de Medellín nació en 1993. Dentro de su política participativa, los cinco alcaldes de diferentes partidos políticos de los últimos 20 años siempre cooperaron con las comunidades e invirtieron más de la mitad del presupuesto en desarrollo y servicios para su ciudad con admirables logros en muy diversos sectores. La movilidad social, es decir, la salida de los ciudadanos de los estratos más bajos de pobreza,20 hizo que recibieran acceso a servicios básicos, por ejemplo, sanitarios y de electricidad, transporte, salud, seguri-
18 Melissa Álvarez Correa: Los temas en los que «se rajó» Medellín en Informe de Calidad de Vida. In: El Tiempo (7.8.2020). https://www.eltiempo.com/colombia/medellin/cifras-de-homicidios-y-resultados-del-informe-medellin-como-vamos-526780 (último acceso 30.4.2021). 19 David Alejandro Mercado: Así luce el parque que construyeron en antiguo fortín de Pablo Escobar. In: El Tiempo (20.12.2019). https://www.eltiempo.com/colombia/medellin/parque-conmemorativo-construido-sobre-las-ruinas-del-edificio-monaco-de-pablo-escobar-445292 (último acceso 30.4.2021). 20 El Medellín Cómo Vamos registra para 2019 un 24.4 %, cf. https://www.medellincomovamos. org/sectores/pobreza-desigualdad-y-demografia (último acceso 30.4.2021). La cifra en 2014 fue idéntica. Por supuesto que, durante el año 2020 por COVID-19, esta cifra subió. Además, las víctimas de la pandemia proceden en su mayoría de los estratos sociales más bajos, 1 y 2: un 69 % de
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dad, educación, zonas verdes, tecnología innovadora (acceso amplio a la TI). Entre las iniciativas urbanísticas, se hallan la formación escolar y cultural (con la emblemática Biblioteca España en la Comuna 13) o el transporte público para los habitantes de los barrios pobres mediante el metro, cuya construcción se comenzó en el año 2000 (con el alcalde Luis Pérez), y cuya línea se conectó con las góndolas que dan acceso a las colinas de las Comunas. La alcaldía y la empresa privada han dado muchos impulsos de promoción tecnológica, de innovación empresarial y gestión de redes. La participación ciudadana dentro del urbanismo social fue impulsada por los primeros dos alcaldes, Luis Pérez Gutiérrez y Sergio Fajardo; los siguientes tres no podían sino seguir en la misma línea por las precedentes historias de éxito. Sergio Fajardo reformó el sistema escolar de la ciudad de manera masiva proporcionando formación adicional a 20.000 maestros.21 Lanzó nuevos centros de salud para niños y fomentó la vida cultural, por ejemplo, con museos de ciencias naturales (financiados por el sector privado) e hizo construir 40 parques. Los proyectos insignia de su sucesor, Alonso Salazar Jaramillo, fueron la economía digital con el distrito de innovación y estructura reticular de RutaN (con magníficas consecuencias para empresas emergentes y empresas de alta tecnología)22 y las escaleras rodantes a la Comuna 13, la seguridad vial mediante la instalación de 800 cámaras de control radar (y sistema de multas) para reducir la peligrosidad del tráfico. Es sintomático como declaración de la política inclusiva que se construyeran los edificios de RutaN en un barrio de clase media, media-baja, y no en un sofisticado entorno de negocios. El sucesor, Aníbal Gaviria Correa, se centró en iniciativas de digitalización, instalando aplicaciones de alerta de inundaciones en zonas vulnerables y, sobre todo, creó una ofensiva en el campo de la Tecnología Informática, al facilitar el acceso a Internet y ordenadores. Instaló 150 zonas públicas de Wi-Fi y 500 locales con computadoras de uso gratis, así como 48 centros de educación ofreciendo clases sin coste. Dos tercios de los ciudadanos de inferiores ingresos poseen un teléfono inteligente. Asimismo, alentó a empresas, antes de la pandemia, a fomentar el trabajo remoto en casa, para eliminar desplazamientos y aliviar así el tráfico en mayor medida. El siguiente alcalde, Federico Gutiérrez Zuluaga, entró en oficio en 2016. Estableció programas en línea, especialmente para mujeres encintas y jóvenes madres y otros servicios de salud, emergencias y citas en clínicas y hospitales. Const-
muertos. Cf. Richard Aguirre Fernández: 69 % de muertos por covid son de estratos 1 y 2. In: El Colombiano (15.9.2020). (último acceso 30.4.2021). En 2002 aún fueron casi el doble. 21 David H. Freedman: How Medellín became smartest city. 22 «170 companies from 25 countries have set up operations in Medellín, generating nearly 4,000 new jobs in just the past three years», ibid.
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ruyó durante su mandato nuevos centros deportivos haciendo partícipes a los jóvenes. Para luchar contra el grave problema de la contaminación del aire, se compraron 64 buses eléctricos; se instaló un servicio gratis de bicicletas públicas, así como nuevas vías para ciclistas. Digitalizó el intercambio entre la administración pública y los ciudadanos mediante plataformas participativas, que fomentan la inclusión. Sin duda, el nuevo alcalde, Daniel Quintero Calle, antiguo diputado de economía digital, llevará adelante la ciudad inteligente. A pesar de los indudables logros descritos, queda mucho por hacer en el proceso de transformación de Medellín en cuanto a pobreza, contaminación, educación, infraestructura e iniciativas de alta tecnología dirigidas especialmente a ciudadanos vulnerables. Pero las estadísticas dan mucha esperanza en comparación con otras regiones de América Latina.23 Las medidas participativas facilitaron la cooperación entre la administración pública y los ciudadanos. Desde entonces, los Talleres de imaginarios, aludiendo al imaginario colectivo, han fomentado este ecosistema de diferentes actores: «autoridades de la administración», «trabajadores sociales, artistas y habitantes».24 Este modelo de red o ecosistema en la planificación y realización de proyectos urbanísticos ofrece una razón más para incluir el caso de Medellín en el ecosistema muy parecido, del Instituto Pop-up. El antropólogo y geógrafo ginebrino, Patrick Naef, ha investigado el «milagro de Medellín» y relativiza el éxito desde el punto de vista actual. Varios de los proyectos han perdido algo de su brillo. La participación y el beneficio para los ciudadanos de las zonas vulnerables han disminuido hasta cierto grado, por lo que Patrick Naef pone en duda el urbanismo sostenible. Así, las obras de la Biblioteca de España (inaugurada en 2007 por el alcalde Fajardo y el Rey de España, quien ofreció el mobiliario) se ejecutaron con demasiada rapidez, por lo que las fachadas y el edificio «megalómano»25 necesitan ahora una costosa renovación, que queda pendiente y sin financiarse. Los ciudadanos consultados por Naef cuestionan otras «vitrinas» del urbanismo social, como el turismo extranjero a la Comuna 13 o las famosas escaleras eléctricas al aire libre (manejadas con energía solar) en zona informal con obras de arte urbano rodeándolas que, aunque han atraído turistas extranjeros, también hicieron que aumentara el mercado de la
23 Ibid. 24 Patrick Naef/Arthur Modoianu: Medellín après le miracle: le droit à la ville créative. In: Fiorenza Gamba et al.: Villes et créativité. Ginebra/Zúrich: seismo [en prensa]. Patrick Naef/Arthur Modoianu: Urbanismo Social en Medellín: Quince años después el «milagro». In: Lluvia de Orión (22.10.2020). https://lluviadeorion.com/2020/10/urbanismo-social-anos-despues-el-milagro/ (último acceso 30.4.2021). 25 Patrick Naef/Arthur Modoianu: Medellín après le miracle.
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droga. La Comuna 13 se enfrenta hoy a los problemas de siempre: alta tasa de homicidios, desplazamientos forzados, falta de acceso a los recursos básicos. Los habitantes de la zona apenas usan las escaleras rodantes, en cambio, atraen a numerosos turistas (lo que lleva al fenómeno del overtourism).26 Aunque el aprovechamiento es limitado, no cabría desestimar la oportunidad para los habitantes de vender sus productos a los visitantes de fuera. En sus inicios, el turismo comunitario trajo consigo el establecimiento de «tiendas de recuerdos, cafés y museos informales y ahora producen demostraciones de rap y breakdance en la parte alta del viaducto.»27 Vemos, una vez más, toda la ambivalencia del impacto del turismo en la población local. Varios investigadores han resaltado el efecto de orgullo de los pobladores de la Comuna por la atracción turística, algo que no debe subestimarse y que va más allá del medio de transporte físico, pues genera un sentimiento de inclusión.28 Los reproches concernientes a la falta de sostenibilidad y la ausencia de transformaciones a largo plazo de esas ideas e impulsos innovadores del urbanismo, que atraen la atención internacional es una preocupación, con la que también el Instituto Pop-up tendrá que enfrentarse. El propio nombre declara la condición temporal, pasajera del proyecto. Es decir que los impulsos y las ideas se valoran más que la continuidad asegurada y la prolongación del día a día. Crear un espacio de diálogo, de reflexión, de debate, de experimentación, tipo laboratorio de ideas, think tank, sin ideología e independiente, ayuda a preparar propuestas de actuación concreta, como el Pop-up. Mientras que las autoridades municipales y el sector privado de Medellín se ufanan de vivir el valor de la resiliencia, de formar parte de la Red global, lanzada por la Fundación Rockefeller, de las «100 ciudades más resilientes»,29 las comunidades afirman, según el estudio de Patrick Naef, que se trata de mero «citybranding», no compartido por los ciudadanos de las comunas. La intención críti-
26 Ibid. 27 Ibid. 28 Ayina Anyachebelu: Reducing Social Exclusion in Disadvantaged Urban Areas through Transportation (2019). In: Social Impact Research Experience (SIRE) 67 (2019), p. 16, https://repository.upenn.edu/sire/67 (último acceso 30.4.2021). Françoise Coupé, Peter Brand et al.: Medellín: Institutional Context and Urban Paradigm Change. In: Julio Dávila (ed.): Urban Mobility and Poverty: Lessons from Medellin and Soacha, Colombia. Medellín: Development and Planning Unit, UCL and Universidad Nacional de Colombia 2013, p. 56–67, p. 60. Letty Reimerink: Planners and the Pride Factor: The Case of the Electric Escalator in Medellín. In: Bulletin of Latin American Research (9.7.2017), p. 193, 195. https://doi.org/10.1111/blar.12665 (último acceso 30.4.2021). 29 Patrick Naef: Resilience as a City Brand: The Cases of the Comuna 13 and Moravia in Medellín, Colombia. In: Sustainability 12 (2020), p. 1–21. https://doi.org/10.3390/su12208469 (último acceso 30.4.2021).
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ca del investigador es comprensible, pero tampoco debería minimizar los logros en diferentes ámbitos y, concretamente, las ventajas de tal Red de Ciudades Resilientes. La Fundación Rockefeller puso a Medellín en un lugar muy prominente en el ámbito de la violencia. No sólo suministró la importante red para impulsar a los miembros a conectarse e intercambiar experiencias y para recibir consejos técnicos. También ofreció a las ciudades miembro una beca para contratar a un Oficial de Resiliencia. Su tarea era coordinar toda acción municipal e implementar una estrategia de resiliencia. Este hecho adquiere más relevancia aún en el marco de los nefastos efectos de la pandemia (por ejemplo, respecto a la desigualdad). Indudablemente, la red favorece tal proceso. El mismo dilema entre el gran valor de las ideas brillantes vs. su realización sostenible se nota en el informe del artículo de Patrick Naef sobre el proyecto de los jardines de plantas en la escombrera gigantesca en el Morro de Moravia, un barrio pobre similar a la comuna 13. El grave problema de los vertederos informales en toda América Latina, donde miembros de la comuna recolectan y reciclan basura, se resolvió en Medellín de la siguiente manera: se removieron los residuos del gigantesco basurero de Moravia y, en su lugar, se cultivaron plantas, con la idea de que los recicladores pudieran venderlas en el mercado. El substrato era altamente venenoso, por lo que no se podían plantar huertos, pero plantas sí. Este inmenso jardín planificado por la alcaldía ofrece un beneficio estético y posee el efecto secundario de atraer a turistas. La idea pionera es única y, una vez más, podría servir de modelo para otras ciudades del continente.
Imágen 2: Foto aérea del barrio Moravia de Medellín. Fuente: Taller Internacional de Urbanismo 2019 Medellín – Colombia. Bitácora del Sistema de Infraestructura Verde, Facultad de Arquitectura y Urbanismo. Universidad de Chile. http://infraestructuraverdesantiago.cl/2019/ 10/07/taller-internacional-de-urbanismo-2019-medellin-colombia/ (último acceso 30.4.2021).
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El estatus de ciudad inteligente lo ha adquirido Medellín por sus proyectos de digitalización y emprendimiento creativo. El acceso a la gran red a través de las TIC para amplios sectores de la sociedad en todos sus estratos es ejemplar.30 Para llevar adelante el proceso transformador, cualquier red regional, nacional o internacional, por ejemplo, del Banco Mundial, del Banco de Desarrollo Internacional (IMD), la Oficina de las Naciones Unidas para Reducción de Riesgo de Desastres (UNDRR) y, cómo no, de la red urbana del Instituto Pop-up serán de provecho para Medellín. Un sólido sustrato para hacerse miembro o complementario de tales redes y ecosistemas servirá para contrarrestar el negativo estigma internacional, manteniendo siempre, por supuesto, cierta distancia crítica y los reparos necesarios hacia, por ejemplo, los retos de la corrupción o el frágil proceso de paz. Y entonces, no será mera casualidad que la etimología romana del topónimo Metellinum como emplazamiento del metellus (vocablo latino para designar a un «mercenario» o «servidor contratado») nos conduzca a su forma femenina, metellina, que da nombre a varias especies de arañas, las tejedoras de redes por antonomasia.
30 Landscape Interface Studio: Moravia Florece Para la Vida, Medellín, Colombia. In: Landscape Interface Studio [bitácora de la Kingston School of Art, Kingston University, London] (20.3.2017). https://landscapeiskingston.wordpress.com/2017/03/20/moravia-florece-para-la-vida-medellincolombia/ (último acceso 30.4.2021).
Anne Kraume
«Desorden, angostura, enredijo y tortuosidad de calles» Urbaner Raum und Zeitlichkeit in fray Servando Teresa de Miers Memorias
1 Paris Der aus seiner Heimat verbannte, seit Jahren rastlos durch Europa reisende neuspanische Dominikaner weiß sich zu helfen. In Paris zum Beispiel, so wird er es Jahre später in seinen Erinnerungen berichten, in Paris gibt es Lesekabinette und Bibliotheken, in denen die Nutzer gegen eine geringe Gebühr nicht nur Zugang zu allen Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt und zu allen aktuellen Periodika bekommen, sondern in denen sie sich auch vor dem unbarmherzigen europäischen Klima in Sicherheit bringen können, wenn sie wie der Autobiograph während seines Pariser Aufenthalts exiliert und ohne festen Wohnsitz sind: En París hay la Biblioteca Real, o la del cardenal Richelieu, cuyos libros se cuentan a millones, y le dan a uno a leer todos los que pide las dos horas que está abierta por la mañana. Es muy buena la del Instituto, y hay otras, como la del Colegio Mazarin, etc. Hay también gabinetes de lectura, muy compuestitos y abrigados contra el frío, donde por una friolera, no sólo lee uno todos los periódicos, sino cuanto sale de nuevo. Pide también libros portátiles, esto es, de poco volumen. Y si no es asistente de costumbre, con cuatro sueldos al día asisten allí por la mañana, por la tarde y por la noche, en su mesita, con su fuego y su tintero.1
Libros, periódicos, mesita, fuego, tintero: Die Requisiten, die dem Erzähler hier dazu dienen, die Pariser Bibliotheken und Lesekabinette nicht nur als Studierstuben, sondern mehr noch als Zufluchtsorte kenntlich zu machen, lassen bereits erste Rückschlüsse auf denjenigen zu, der hier erzählt. Auch wenn die Passage auf den ersten Blick ganz ohne ein eindeutig als solches kenntlich gemachtes autobiographisches Ich auskommt, kommt ein solches Ich bei genauerem Hinsehen doch hinter dem neutraleren «man» zum Vorschein, das hier als Nutzer der beschriebenen Bibliotheken in Erscheinung tritt («le dan a uno a leer» oder «no sólo
1 Fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado. Las Memorias de fray Servando Teresa de Mier, edición cotejada y revisada, introducción y notas de Benjamín Palacios Hernández, t. II. Monterrey: Universidad Autónoma de Nuevo León 2009, S. 124–125. https://doi.org/10.1515/9783110730340-012
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lee uno»): Derjenige, der hier von einem Aufenthalt in Paris im Jahr 1801 erzählt, ist ganz offensichtlich ein passionierter Leser, womöglich ein Intellektueller, vielleicht sogar selbst ein Schriftsteller, und er setzt mit seiner Beschreibung der gut ausgestatteten Lesekabinette in Paris eine Engführung von Lesen und Leben ins Werk, die keinerlei Zweifel an der im Wortsinn vitalen Funktion der Lektüre aufkommen lässt. Fray Servando Teresa de Mier, der Verfasser dieses autobiographischen Textes, wurde 1763 in Monterrey in der neuspanischen Provinz Nuevo Reino de León geboren und war im Alter von 16 Jahren in den Dominikanerorden in MexikoStadt eingetreten. Er hatte an der Real y Pontificia Universidad de México Theologie studiert, war 1786 zum Priester geweiht worden, hatte im Jahr 1790 promoviert und sich in der Folge rasch einen Namen als begabter Prediger gemacht.2 Aus diesem Grund war er am 12. Dezember 1794 eingeladen worden, die Predigt in dem feierlichen Festgottesdienst zu Ehren der Jungfrau von Guadalupe zu halten, deren Feiertag an diesem Tag begangen wurde. In Anwesenheit des spanischen Vizekönigs von Neuspanien, Miguel de la Grúa Talamanca y Branciforte, und des ebenfalls spanischen Erzbischofs von Mexiko-Stadt, Alonso Nuñez de Haro, hatte der junge Priester bei dieser Gelegenheit eine vollkommen neue Interpretation der synkretistischen Tradition dieser Marienfigur lanciert – eine Interpretation, die seinen Zuhörerinnen und Zuhörern und namentlich den Vertretern der spanischen Kolonialverwaltung und der Kirche in politischer ebenso wie in religiöser Hinsicht skandalös erscheinen musste. So setzt sich fray Servando in seiner Predigt äußerst kritisch mit der für das neuspanische Selbstbewusstsein zentralen Tradition jener Erscheinungen der Jungfrau Maria auseinander, die der Überlieferung nach nur wenige Jahre nach der Conquista auf der Anhöhe von Tepeyac im Norden von Mexiko-Stadt stattgefunden haben sollten.3 Sein Heimatland sei schon im 1. Jahrhundert nach Christus durch den Heiligen Thomas christianisiert worden, deshalb datiere auch das von den Anhängern der guadalupanischen Tradition verehrte Bild der Jungfrau aus dieser Zeit und nicht etwa aus der Zeit der angeblichen Marienerscheinungen im frühen 16. Jahrhundert – das ist die Kernaussage von jener Predigt, die fray Servando selbst später durchaus ironisch «mi ruidoso sermón» nennen sollte.4
2 Vgl. Christopher Domínguez Michael: Vida de fray Servando. México D.F.: Ediciones Era 2004, S. 75–77. 3 Vgl. zu der für Neuspanien essentiellen Überlieferung von den Marienerscheinungen und zu deren kulturgeschichtlicher Bedeutung für die Kolonialzeit das längst kanonische Werk von Jacques Lafaye: Quetzalcóatl y Guadalupe. La formación de la conciencia nacional en México. Prefacio de Octavio Paz. México D.F.: Fondo de Cultura Económica 2006 [1977]. 4 Fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. I, S. 293.
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Dabei ist die der Predigt zugrundeliegende Vorstellung einer prähispanischen Christianisierung Mexikos keineswegs neu. Bereits wenige Jahrzehnte nach der Conquista hatte fray Servandos Ordensbruder fray Diego Durán in seiner Historia de las Indias de Nueva España e islas de Tierra Firme (1567–80) die Vorstellung entwickelt, dass die indigenen Bewohner Mexikos die Nachfahren eines der «verlorenen zehn Stämme Israels» seien, die dann von einem christlichen Apostel (eben mutmaßlich dem heiligen Thomas) missioniert worden seien.5 In der Folge wurde dieser frühe christliche Missionar immer wieder mit der Figur des aztekischen Priestergottes Quetzalcóatl identifiziert,6 bis die Theorie von der frühen Christianisierung Mexikos schließlich in dem Carlos de Sigüenza y Góngora zugeschriebenen Werk El Fénix de Occidente. Santo Tomás descubierto con el nombre de Quetzalcóatl (1675) eine späte, dafür aber nur umso ausdrücklichere Grundlegung erfuhr.7 Was nun fray Servando Teresa de Mier vor diesem Hintergrund gut hundert Jahre später in seiner Predigt unternimmt, das ist eine radikale Neuinterpretation der Geschichte seines Heimatlandes, und zwar keineswegs nur der prähispanischen Frühgeschichte, sondern vor allem der jüngeren Vergangenheit unter spanischer Herrschaft. Dadurch, dass der Prediger die Missionierung Mexikos kurzer Hand vorverlegt in die Zeit der Apostelgeschichte, erweitert er den Geschichtsraum Mexikos auf der Ebene der Heilsgeschichte und unterminiert damit den Legitimationsdiskurs, mit dem die Spanier seit Jahrhunderten die Notwendigkeit der Conquista und der Kolonisierung begründet hat-
5 Vgl. Diego Durán: Historia de las Indias de Nueva España e Islas de Tierra Firme. La publica con un atlas de estampas, notas e ilustraciones José F. Ramírez. México: Andrade y F. Escalante 1867– 1880, t. I, S. 2. Durán schreibt hier über die indigenen Bewohner Mexikos: «[E]llos mesmos ignoran su origen y principio, dado caso que siempre confiesen aver venido de tierras estrañas, y así lo he hallado pintado en sus antiguas pinturas, donde señalan grandes trabajos de hambre, sed y desnudez, con otras innumerables aflicciones que en él pasaron, hasta llegar á esta tierra y poblalla, con lo cual confirmo mi opinion y sospecha de que estos naturales sean de aquellas diez tribus de Israel, que Salmanasar, Rey de los Asirios, cautivó y trasmigró de Asiria […].» 6 Vgl. Christopher Domínguez Michael: Vida de Fray Servando, S. 29–30. 7 Vgl. Stefano Tedeschi: El largo viaje de los mitos: Mitos clásicos y mitos prehispánicos en las literaturas latinoamericanas. Rom: Sapienza Università Editrice 2020, S. 31. Tedeschi betont vor allem den identitätsstiftenden Charakter, den der Mythos für die neuspanischen Kreolen gehabt hat: «Sigüenza identifica la figura del dios azteca Quetzalcóatl con la del cristiano apóstol Santo Tomás […]. Aquí el santo aparece como Fénix para significar con ella la máxima ponderación a su grandeza espiritual. El apóstol nace, pues, de la pira en que se incendia el dios indio. La identidad mexicana renace del mismo fuego.» Vgl. zu der Rezeption der Thomaslegende unter den kreolischen Schriftstellern der Kolonialzeit auch Stephan Leopold: «The Empire Writes Back: Fray Servando Teresa de Mier, Memorias». In: Frank Leinen (Hg.): México 2010. Kultur in Bewegung – Mythen auf dem Prüfstand. Düsseldorf: Düsseldorf University Press 2012, S. 107–131, hier S. 113–114.
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ten.8 Das Mexiko aus fray Servandos guadalupanischer Predigt jedenfalls hat nicht von den Spaniern erobert werden müssen zum Zwecke seiner Christianisierung, denn es war ja seit jeher schon christlich gewesen.9 Angesichts der revolutionären Sprengkraft dieser Thesen ist es nicht erstaunlich, dass der spanische Erzbischof mit harter Hand reagiert und fray Servando Teresa de Mier in einem kirchenrechtlichen Prozess zu zehn Jahren Haft in einem Kloster in Spanien verurteilen lässt. Wenn aber der auf diese Art und Weise ins Licht der Öffentlichkeit getretene Prediger später in seinen Erinnerungen über einen längeren Aufenthalt in Paris im Jahr 1801 berichten kann, dann ist das darauf zurückzuführen, dass er sich der ihm auferlegten Haft immer wieder durch Flucht entzieht und stattdessen über 22 Jahre hinweg quer durch Europa reist. Von Spanien gelangt er so über die Pyrenäen nach Frankreich, von dort aus nach Italien und zurück nach Spanien. Nach einem längeren Aufenthalt in Portugal nimmt er 1808 als Feldkaplan am spanischen Befreiungskampf gegen Napoleon und schließlich 1811 als Beobachter an den Debatten der Cortes, der Verfassunggebenden Versammlung, in Cádiz teil, ehe er noch in demselben Jahr nach London übersiedelt, wo er 1813 ein umfangreiches Werk über den 1810 ausgebrochenen und noch lange nicht zum Abschluss gekommenen Unabhängigkeitskampf in seinem Heimatland publiziert: die Historia de la Revolución de Nueva España, antiguamente Anáhuac.10 1817 kehrt er nach Neuspanien zurück und wird im Gefängnis der Inquisition in Mexiko-Stadt erneut in Haft genommen. In den Jahren bis zu seiner Freilassung 1820 entstehen dort mit der Apología del Dor. Dn. Servando Teresa de Jesús de Mier Noriega Guerra etc. sobre el sermón que predicó en el Santuario de Tepeyac el 12 de Diciembre de 1794, con noticia de todo lo ocurrido en la atroz persecución que con ese pretexto le suscitó el M. R. Dor. Dn. Alonso Nuñez de Haro, Arzobispo entonces de México und der Relación de lo que sucedió en Europa al Dr. D. Servando Teresa de Mier, después de que fue trasladado allá por resultas de lo actuado contra él en México, desde julio de 1795 hasta octubre de 1805 dann die beiden autobiographischen Texte, die Alfonso Reyes hundert Jahre später in ei-
8 Vgl. zu dieser Erweiterung des Geschichtsraums von fray Servandos Heimat Ottmar Ette: Tres fines de siglo. (Teil I) Kulturelle Räume Hispanoamerikas zwischen Homogenität und Heterogenität. In: Iberoromania 49 (1999), S. 97–122, hier S. 197. 9 Stephan Leopold spricht davon, dass fray Servando «die heilsgeschichtliche Asymmetrie zwischen Alter und Neuer Welt» dekonstruiert habe, «um die traditionelle Vorstellung einer Konsekutivität durch Simultaneität zu ersetzen.» (Stephan Leopold: The Empire Writes Back: Fray Servando Teresa de Mier, Memorias, S. 115). 10 Vgl. fray Servando Teresa de Mier: Historia de la Revolución de Nueva España, antiguamente Anáhuac ó Verdadero origen y causas de ella con la relación de sus progresos hasta el presente año de 1813, edición, introducción y notas por André Saint-Lu y Marie-Cécile Bénassy-Berling. Paris: Publications de la Sorbonne 1990.
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nem Band der Biblioteca Ayacucho der Editorial América in Madrid unter dem Titel Memorias zusammenfassen würde.11 Es ist der zweite Teil dieser Memorias, die sogenannte Relación, welche die Erzählungen über die europäischen Erfahrungen des nach den langen Jahren des Exils und des Unterwegsseins endlich in sein Heimatland zurückgekehrten Dominikaners bündelt (wie es der Titel dieser Erzählung ja schon ankündigt). Dabei widmet der Autobiograph seinen Erlebnissen in dem postrevolutionären Paris des Jahres 1801 ein eigenes Kapitel: «Hago capítulo aparte de mi estancia en París, para contar en él muchas cosas dignas de saberse»,12 so leitet fray Servando seinen Bericht aus der französischen Hauptstadt ein. Und tatsächlich: So, wie es sich in der eingangs zitierten Passage über die Bibliotheken und Lesekabinette schon angedeutet hatte, skizziert der Autor in dem entsprechenden Kapitel ein facettenreiches Bild von Paris als dem kulturellen Zentrum Europas schlechthin. Dabei verzichtet er bewusst darauf, die Stadt in der architektonischen Anlage ihrer bemerkenswertesten Bauwerke oder in ihrer sozialen Zusammensetzung zu beschreiben. Das sei nicht sein Anliegen, bemerkt er ganz ausdrücklich in seinen Memorias: «Se extrañará que deje a París sin decir nada de la ciudad en general, de su población, ni de la Francia. Esto pertenece a la estadística o la geografía, y hay libros donde estudiarla.»13 Stattdessen konzentriert sich fray Servandos autobiographischer Bericht vor allem auf drei Bereiche des Lebens in der französischen Hauptstadt wenige Jahre nach der Revolution von 1789, nämlich auf die Religion, die Politik und schließlich die Kultur in einem weiten Sinne. Diese drei Bereiche überlappen sich teilweise und zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie ausnahmslos dazu angetan sind, Paris als einen Ort kenntlich zu machen, an dem gegen alle Wahrscheinlichkeit die Versöhnung von Tradition und Fortschritt in exemplarischer Art und Weise gelingt. So berichtet der Dominikaner zunächst ausführlich darüber, dass und auf welche Art und Weise die französischen Gläubigen trotz aller bilderstürmerischen Tendenzen der Revolution weiter an den überkommenen «devotos ritos y santas antigüedades de la Iglesia primitiva» festhielten.14 Ein Gegengewicht zu dieser traditionellen Seite des Lebens stellen die politischen Ereignisse und Entwicklungen dar, deren Zeuge fray Servando während seines Aufenthalts in Paris hat werden können und die in seiner Darstellung durchaus dazu angetan sind,
11 Vgl. fray Servando Teresa de Mier: Memorias de Fray Servando Teresa de Mier, del convento de Santo Domingo, de México, diputado del primer Congreso Constituyente de la República Mexicana, prólogo de don Alfonso Reyes. Madrid: Editorial América 1917. 12 Fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 91. 13 Fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 123. 14 Ebd., S. 105.
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den Beginn einer neuen Ära zu symbolisieren. Zu diesen Entwicklungen zählen insbesondere die Diskussionen über den dann allerdings erst 1804 verabschiedeten Code Napoléon sowie das von seinem Freund, dem Bischof von Blois Henri Grégoire, einberufene Konzil der konstitutionellen Kirche im Sommer 1801. Die Freundschaft zu Grégoire ist für fray Servando Teresa de Mier darüber hinaus Anlass, ein weiteres Mal auf seine folgenreiche Predigt zurückzukommen und zu unterstreichen, dass auch der angesehene französische Bischof und Politiker seine Überzeugung von einer präkolumbinischen Christianisierung Amerikas teile – ebenso wie im übrigen Alexander von Humboldt, von dem der Autobiograph behauptet, auch dieser habe ihm die Richtigkeit seiner Annahmen ausdrücklich bestätigt: «Yo creía que era invención de los frailes, y así lo dije en mi estadística; pero después que he visto la curiosa disertación de usted veo que no es así.»15 Der Austausch und der Dialog mit den herausragenden Vertretern des kulturellen Lebens in der französischen Hauptstadt spielen auf diese Weise eine zentrale Rolle in fray Servandos Bericht über die Monate, die er dort in Paris verbracht hat;16 und angesichts der großen Bedeutung, die der Autobiograph diesem fortgesetzten Austausch mit den Geistesgrößen seiner Zeit beimisst, ist es nicht erstaunlich, dass sein Bericht auch sonst ausdrücklich auf die Betonung des kulturellen Reichtums der cité de la lumière setzt. So erwähnt er außer den Bibliotheken und Lesekabinetten beispielsweise auch die mehr als 30 Theater der Stadt und deren Cafés, in denen man nicht nur die französischen, sondern auch alle vorstellbaren ausländischen Zeitungen lesen könne und in denen es darüber hinaus regelmäßig zu kleinen Konzerten oder zur Aufführung der einen oder anderen «piececita» komme.17 Fray Servandos Pariser Beschreibungen kulminieren
15 Ebd.,, S. 111–112. Die Begegnung mit Alexander von Humboldt müsste, wenn sie denn tatsächlich erfolgt sein sollte, bei einem zweiten Besuch fray Servandos in Paris im Jahr 1814 stattgefunden haben – denn 1801 befand sich der preußische Forschungsreisende bekanntlich auf seiner großen Amerikareise. Es ist allerdings keineswegs erwiesen, ob der neuspanische Dominikaner den Verfasser des Essai politique sur le royaume de la Nouvelle-Espagne tatsächlich persönlich kennengelernt hat, oder ob er die hier erwähnte Begegnung nicht vielmehr erfunden hat, um seine umstrittene Theorie erneut zu untermauern (vgl. Christopher Domínguez Michael: Vida de Fray Servando, S. 206–207). 16 Unter anderem behauptet er in der «Relación» auch, er habe in Paris gemeinsam mit Simón Rodríguez, dem Freund und Lehrer Simón Bolívars, Chateaubriands Atala ins Spanische übersetzt und sei auf diese Weise mit dem französischen Schriftsteller selbst in Kontakt gekommen. Zumindest die Behauptung von der Übersetzung ist allerdings inzwischen von der Forschung widerlegt worden (vgl. fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 94–96. Vgl. zu der Frage nach der Übersetzung Christopher Domínguez Michael: Vida de Fray Servando, S. 174– 178). 17 Fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 122.
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schließlich in einer längeren Passage, die den Stadtpalast des Hauses Orléans, das Palais Royal im 1. Arrondissement, als Mittelpunkt des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens der französischen Hauptstadt beschreibt und die dadurch einmal mehr sein Interesse an deren Rolle als dem Zentrum modernen und aufgeklärten Denkens in Europa schlechthin unter Beweis stellt: Es cosa muy notable en París, porque es el lugar de la concurrencia general, lo que se llama Palais Royal, formado en el antiguo jardín del palacio del duque de Orleans. Es un cuadro de galerías, con habitaciones encima de soberbia fachada, y en medio árboles, formando un paseo y jardincito de flores; es tan grande, que para darle vuelta se necesita cerca de un cuarto de hora, y tiene dos atravesaños con tiendas de moda a uno y otro lado. En sus columnas se ponen todos los avisos de obras, novedades, etc., y en sus tiendas […] se vende lo más pulido en todo género, aun de libros. No hay persona en París que no se vea alguna vez por allí […]. Sin salir jamás del circuito de Palais Royal se puede tener todo lo necesario a la vida, al lujo y a la diversión. Había allí once cocinas, catorce cafés, dos teatros grandes y tres pequeños, etc., y hasta secretas con su bureau o mesa de cambio de monedas, y gente de peluca que ministraban servilletas para limpiarse, y agua de lavande o alhucema para salir con el trasero oloroso.18
Auch wenn kein Zweifel an der leicht ironischen Distanz bestehen kann, mit welcher der Autobiograph die französischen Sitten und Gebräuche in diesem Abschnitt beschreibt, ist doch unverkennbar, dass er sich an die Franzosen und ihre hier etwas klischeehaft dargestellten zivilisatorischen Errungenschaften mit großem Wohlwollen erinnert. Diese grundsätzliche Sympathie und die ihr zugrunde liegende unausgesprochene Übereinstimmung des Erzählers mit den Parisern und ihrer Lebensart fallen nun besonders dann auf, wenn man die Erzählungen aus der französischen Hauptstadt mit denjenigen Kapiteln aus den Memorias vergleicht, welche fray Servandos Erinnerungen an spanische Städte wie Barcelona oder insbesondere Madrid zusammentragen.
2 Madrid «Nada de eso hay […] en España»,19 mit dieser lakonischen Feststellung schließt fray Servando Teresa de Mier seine ausführliche Beschreibung der Pariser Bibliotheken und Lesekabinette ab und setzt damit bereits den Ton für seinen sich zwei Kapitel später anschließenden Bericht aus dem spanischen «Mutterland». Dort, so die im Verlauf der Memorias immer wieder aufs Neue vorgebrachte Klage des
18 Ebd., S. 120–121. 19 Fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 125.
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Autobiographen, dort sei ohnehin die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung des Lesens und Schreibens nicht mächtig, so dass man in den spanischen Städten vergeblich Ausschau halten würde nach Bibliotheken oder vergleichbaren kulturellen Einrichtungen.20 Keine Kultur, keine Bildung, keine Lebensart, keine Umgangsformen, so könnte man fray Servandos Beschreibungen von Spanien und seinen Bewohnerinnen und Bewohnern knapp zusammenfassen, und vor dem Hintergrund dieses vernichtenden Urteils über ein ganzes Land kann selbstverständlich auch dessen Hauptstadt keine Gnade vor den Augen des unerbittlichen Reisenden finden:21 Nos vamos acercando a Madrid, y como en otros países se anuncia la cercanía de la capital por quintas, casas de recreo o lugarcitos más pulidos, a Madrid por todas partes rodean lugarejos infelicísimos en ruinas, todos de tierra, y de la gente más miserable: no se ve un árbol en contorno; el terreno árido embiste hasta que llega uno a sus puertas. La primera vez que yo entré fue por la puerta de Fuencarral, y como en otras ciudades se divisan columnas de mármol, yo vi dos muy elevadas y pregunté qué eran. Estiércol para hacer pan.22
In der Forschung ist häufig darauf hingewiesen worden, dass sich fray Servandos Erzählungen aus Spanien nicht nur durch eine ausgeprägte Tendenz zum Skatologischen, sondern auch durch eine gewisse Vorliebe für die Betonung der angeblichen sexuellen Devianzen der Spanierinnen und Spanier auszeichnen,23 und
20 Vgl. etwa fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 124 und S. 253. Hier gesteht fray Servando immerhin zu, dass man in Madrid hin und wieder auf eine Art von intellektuellem Leben treffen könne – allerdings mit großen Einschränkungen: «Allí los dominicos de Santo Tomás enseñan su jergón escolástico; los escolapios bellas letras y algunas cosas en el colegio Real de San Isidro, que paga el rey; pero no hay actos literarios ni en los conventos. Estos suelen no tener ni librería, y si tienen algunos libros, están llenos de polvo, y se atasca uno si entra en la pieza, como a mí me sucedió en el gran convento de San Francisco, de Madrid» (S. 253). 21 Und das umso weniger, wenn man bedenkt, dass fray Servando seine eigene Auseinandersetzung mit der spanischen Obrigkeit in den Memorias immer als den aussichtslosen Widerstand eines belesenen und gebildeten Intellektuellen gegen die niederschmetternde Ignoranz seiner Umwelt darstellt (vgl. dazu etwa sein apodiktisches Urteil über den spanischen Erzbischof von Mexiko-Stadt, seinen Hauptgegner in der Auseinandersetzung um die Predigt: «Delante de un obispo que no solía predicar sino cuando más un sermón cada doce años, no podía un americano brillante predicar algo que no cuadre enteramente con sus ideas, sin que al momento tratase de echarle la zancadilla para perderlo, como hizo conmigo […] a costa de mil escándalos.» (fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. I, S. 316–317)). 22 Fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 231. 23 Vgl. etwa Robert Folger: «‹Mi historia… una novela, y seguramente fingida›: estereotipos (post)coloniales y alegoría nacional en las Memorias de Fray Servando», in: Ders./Stephan Leopold (Hg.): Escribiendo la Independencia. Perspectivas postcoloniales sobre la literatura hispanoamericana del siglo XIX, Frankfurt am Main/Madrid: Iberoamericana Vervuert 2010, S. 21–44.
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tatsächlich greifen namentlich seine Beschreibungen des Lebens in Madrid oft genug auf die entsprechenden unmissverständlichen Hinweise zurück. Im Unterschied zu dem womöglich übertriebenen, aber doch ohne jeden Zweifel kultivierten Raffinement der Pariser mit ihrer Vorliebe für die «traseros olorosos» äußert sich der profunde Mangel an Zivilisation und Lebensart in der spanischen Hauptstadt seiner Meinung nach nicht nur darin, dass die meisten Menschen dort leben wie auf dem Dorf,24 sondern vor allem in der Ausdrucksweise der unkultivierten Einwohnerinnen und Einwohner dieses zufällig zur Hauptstadt eines Weltreichs gewordenen Weilers: El lenguaje del pueblo madrileño anuncia lo que es, un pueblo el más gótico de España. Una calle se llama de Arranca-culos, otra de Tentetieso, una de Majaderitos Anchos, otra de Majaderitos Angostos. Uno vende leche y grita: ‹¿Quién me compra esta leche o esta mierda?› Las mujeres le gritan: ‹Una docena de huevos, ¿quién me saca la huevera?›25
Man hat die Zuspitzungen und Übertreibungen in fray Servandos Erzählungen aus Madrid im Besonderen und Spanien im Allgemeinen häufig in dem Sinne interpretiert, dass sich der neuspanische Kreole in seiner Relación eines gewissermaßen «ethnologischen Blicks» befleißige und dass er seinen Text dadurch bewusst als eine Art «umgekehrte Chronik» gestalte, und tatsächlich: Fray Servando Teresa de Mier schreibt als Amerikaner über Spanien wie die spanischen Conquistadoren des 15. und 16. Jahrhunderts über Amerika, nur unter umgekehrten Vorzeichen.26 Der Blick auf die Zeit der Eroberung Amerikas durch die Spanier in diesem Zusammenhang gewinnt nun in der Tat insofern besondere Relevanz, als sich fray Servando mit seinen Memorias und besonders mit deren zweitem Teil ausdrücklich in eine Debatte einklinkt, welche die Gemüter zwischen Europa und Amerika schon seit der Frühen Neuzeit erhitzt hatte: in die Debatte um den Ursprung der Syphilis nämlich. Diese jahrhunderte alte Debatte hatte sich in den Jahren um die Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert und damit im unmittelbaren Vorfeld der hispanoamerikanischen Unabhängigkeitskämpfe noch einmal zugespitzt. Besonders in dieser Zeit vertraten aufgeklärte europäische Wissenschaftler wie der niederländische Kanoniker Cornelius de Pauw die Auffassung, die Ge-
24 «En los barrios se vive como en un lugar de aldea» (fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 233). 25 Fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 232. 26 Vgl. Víctor Barrera Enderle: La fuga como arte escritural: El grafocentrismo en las Memorias de fray Servando Teresa de Mier. In: Ders.: Ensayos sobre literatura y cultura americanas, Santiago de Chile: LOM Ediciones 2002, S. 7–41, hier S. 23. Barrera Enderle spricht wörtlich davon, die Memorias seien eine «crónica inversa».
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schlechtskrankheit sei von den zurückkehrenden Besatzungen der Schiffe von Cristóbal Colón in Europa eingeschleppt worden und stamme daher ursprünglich aus Amerika. De Pauw zögert vor diesem Hintergrund nicht, die Syphilis zu einem zentralen Argument in seiner Auseinandersetzung mit der Frage nach der Stellung Amerikas in der Welt zu machen. In seinen 1768 in Berlin veröffentlichten Recherches philosophiques sur les Américains führt er nicht nur eine Reihe von vermeintlichen Belegen für die Hypothese vom amerikanischen Ursprung der Syphilis an (unter anderem, dass die bloße Anzahl von in Amerika gebräuchlichen Heilmitteln gegen die Seuche den amerikanischen Ursprung der Seuche beweise),27 sondern er behauptet auch, die Krankheit sei zum Zeitpunkt der Entdeckung Amerikas dort so verbreitet gewesen, dass man sich jederzeit auch ohne jeden Körperkontakt habe anstecken können: «Du temps de Christophe Colomb, il suffisoit d’y séjourner quelque temps, pour gagner la goutte sereine & le mal vénérien sans contact, les germes en étant comme répandus dans l’Atmosphère, par l’expiration des habitants.»28 Gegen diese in ihren Augen herabwürdigende Darstellung Amerikas beziehen am Ende des 18. Jahrhunderts zunächst einige der in Europa exilierten Jesuiten aus Hispanoamerika wie beispielsweise der aus Neuspanien stammende Francisco Javier Clavijero Stellung, der sich in seiner 1781/81 veröffentlichten Storia antica del Messico ausführlich mit der Frage nach dem Ursprung der Geschlechtskrankheit beschäftigt. Wenn in der Folge auch Schriftsteller und Intellektuelle wie fray Servando Teresa de Mier das Wort ergreifen in dem Streit um die Syphilis, dann vor allem aus dem Grund, weil dieser Streit damals zu Beginn des 19. Jahrhunderts längst zu einem der zentralen Dreh- und Angelpunkte in der in diesen Jahren der hispanoamerikanischen Unabhängigkeitskriege mit besonderer Vehemenz geführten Diskussion um die Stellung Amerikas in der Welt geworden war.29 Tatsächlich schreckt fray Servando weder in seiner Historia de la Revolución de Nueva España noch in seinen Memorias vor polemischen Interventionen in diesem Zusammenhang zurück.30 So setzt er vor allem in der Relación bewusst
27 «Ce qui prouve sans réplique, que la peste vénérienne est née en Amérique, c’est la quantité de remedes auxquels les peuples de ces contrées avoient eu recours pour en retarder les progrès extrêmes» (Cornelius de Pauw: Recherches philosophiques sur les Américains, ou Mémoires intéressants pour servir à l’Histoire de l’Espèce humaine, t. I. Berlin: Chez George Jacques Decker, imp. du Roi 1768, S. 22). 28 Cornelius de Pauw: Recherches philosophiques sur les Américains, t. I, S. 24. 29 Vgl. zu dieser Debatte die kanonische Studie von Antonello Gerbi: La disputa del Nuevo Mundo: historia de una polémica, 1750–1900, traducción de Antonio Alatorre. México: Fondo de Cultura Económica 21982. 30 In der Historia de la Revolución schreibt fray Servando beispielsweise über den Ursprung der Syphilis: «Todavía insisten los españoles, después de tantos bienes, en que la América no les ha
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auf die mehr oder weniger explizite Unterstellung, die in seinen Augen degenerierten Sitten und Gebräuche in der spanischen Hauptstadt führten nahezu unweigerlich zu einer unkontrollierten Ausbreitung der Geschlechtskrankheit: Me figuré que aquél era un pueblo de potrosos, y no lo es sino de una raza degenerada, que hombres y mujeres hijos de Madrid parecen enanos, y me llevé grandes chascos jugueteando a veces con alguna niñita que yo creía ser de ocho o nueve años, y salíamos con que tenía sus dieciséis. En general se dice de los hijos de Madrid que son cabezones, chiquititos, farfullones, culoncitos, fundadores de rosarios y herederos de presidios. Y luego la marca al cuello del Hospital de Antón Martín, que es el del gálico, porque éste se anuncia en Madrid por los pescuezos.31
Diese Passage mit ihrem Rückgriff auf Stilmittel wie die Klimax (vom Leistenbruch über die Kleinwüchsigkeit bis hin zur Syphilis), die Häufung (dies und das und dann auch noch das), die Übertreibung (das sechzehnjährige Mädchen, das nicht größer ist als ein Kind) oder die Ironie (der Rückzug auf das allgemeine Urteil über die Madrilenen) ist durchaus typisch für die Art und Weise, wie der Dominikaner in seiner Relación über Madrid schreibt. Die rhetorischen Mittel, auf die er zurückgreift, entfalten dabei eine umso unmittelbarere Wirkung, als sie in einen Kontext eingebettet sind, in dem der Autobiograph immer wieder deutlich macht, dass sich sein Wissen aus der persönlichen Anschauung speist: Ich war da; ich habe all das, was ich beschreibe, mit meinen eigenen Augen gesehen; ich kann es bezeugen und stehe für die Wahrheit meiner Darstellung ein – das ist die Logik, die der Erzählung zugrunde liegt.32 Zur Glaubwürdigkeit seiner Schilderungen trägt aber insbesondere auch die genaue Ortskenntnis des autobiographischen Ichs bei; eine Ortskenntnis, die sich vor allem in dem Hinweis auf das Hos-
acarreado sino males. Decid más bien que vosotros nos los habéis llevado, y tan desoladores como las viruelas, el sarampión o el gálico, que los alemanes llaman sarna española. Porque os dimos el palo santo o guayacán, la zarzaparrilla y el salzafraz para curarla, tuvisteis la ingratitud de achacárnosla; pero hoy está demostrado que os debemos también este funesto regalo» (fray Servando Teresa de Mier: Historia de la Revolución de Nueva España, S. 598). Vgl. dazu und zu einem Vergleich zwischen Clavijero und fray Servando im Zusammenhang mit der Frage nach der Syphilis auch Anne Kraume: Bibliotecas viajeras. Wissenstransfer zwischen Europa und Amerika bei Francisco Javier Clavijero und fray Servando Teresa de Mier. In: Vicente Bernaschina/Tobias Kraft/Anne Kraume (Hg.): Globalisierung in Zeiten der Aufklärung. Texte und Kontexte zur »Berliner Debatte« um die Neue Welt (17./18. Jh.). Frankfurt am Main u. a.: Peter Lang 2015, S. 221–239. 31 Fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 231–232. 32 Vgl. zu der Art und Weise, wie fray Servando diese Augenzeugenschaft betont, etwa fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 117 und S. 242. Hier hebt der Autor seine Gegenwart in entscheidenden Momenten der Geschichte und an entscheidenden Orten hervor, indem er ausdrücklich unterstreicht: «También estaba yo allí […]» (S. 117).
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pital de Antón Martín manifestiert, mit dem die zitierte Passage endet. Dieses Krankenhaus (das Hospital de San Juan de Dios, wie es eigentlich hieß) war 1552 von dem Ordensmann Antón Martín gegründet worden und hatte sich auf die Pflege von unheilbar Kranken und eben insbesondere Syphilitikern spezialisiert.33 Wenn fray Servando nun mit dem Hinweis auf dieses Krankenhaus metonymisch auf die dort behandelte Geschlechtskrankheit anspielt, dann zeigt er damit, dass er sich in Madrid gut genug auskannte, um von diesem Krankenhaus und seiner Spezialisierung Kenntnis zu haben.34 Wenn er mit seinem Hinweis darauf aber die Madrilenen insgesamt oder zumindest einen großen Teil von ihnen als Syphilitiker stigmatisiert, dann bezieht er damit eben auch Stellung in der just in jenen Jahren mit so großer Leidenschaft geführten Debatte nach dem Ursprung der Infektionskrankheit. Die Syphilis wird so zu einer bloßen Chiffre für den Mangel an Kultur und die Degeneration der Bewohnerinnen und Bewohner Madrids: Es geht fray Servando hier anders als in seiner Historia de la Revolución nicht darum, Wissen zu demonstrieren und es zu diskutieren, sondern einzig und allein darum, die Blickrichtung der spanischen Eroberer und Kolonialherren ein für alle Mal umzukehren und deren Nachfahren durch die bloße (und zudem an dieser Stelle rhetorisch bewusst spielerisch gehaltene) Anspielung auf die Geschlechtskrankheit zu diskreditieren.
3 Raum und Zeit Zugleich lässt der Autobiograph aber keinen Zweifel daran aufkommen, dass er die Ortskenntnis, die ihn zu dieser Anspielung auf das Krankenhaus für die Syphilitiker befähigt, nur unter erschwerten Bedingungen hat erlangen können. Während der Fremde nämlich in allen großen europäischen Städten auf Stadtpläne zurückgreifen könne, um sich zu orientieren, müsse man in Spanien vergeblich auf eine vergleichbare Hilfestellung hoffen – dort existiere nichts dergleichen,
33 Vgl. Continuación del discurso sobre la reunión de Hospitales en esta Corte. In: Diario curioso, erudito, económico y comercial, t. III. Madrid: Imprenta de Manuel González 1787, S. 246. Hier heißt es in einer Liste von Krankenhäusern über das in Frage stehende Haus: «El de Anton Martin para enfermos del mal gálico.» 34 So konstatiert der Literaturwissenschaftler Juan Carlos González Espitia: «The name of the hospital became a metonym for gálico and mentioning that someone was in the Antón Martín tacitly meant that the person had acquired bubas» (Juan Carlos González Espitia: Sifilografía. A History of the Writerly Pox in the Eighteenth-Century Hispanic World. Charlottesville: University of Virginia Press 2019, S. 89).
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denn dort könne ja ohnehin niemand lesen.35 Dieses Fehlen von jeglicher Orientierungshilfe wiederum wiegt nun deshalb besonders schwer, weil es für den amerikanischen Reisenden in fray Servandos Darstellung ohnehin nahezu unmöglich ist, sich in den alten europäischen Städten zurechtzufinden. So ist die bauliche Gestaltung von Städten wie Madrid und Barcelona, aber auch Siena, Florenz oder Genua in den Augen des kritischen Kreolen einzig und allein dazu angetan, einen Eindruck von profunder Unordnung und mangelnder Organisation zu hinterlassen bei demjenigen, der sie bereist. Immer wieder konstatiert Mier in seiner Relación so den Mangel an geraden Linien und rechten Winkeln, der die von ihm besuchten europäischen Städte kennzeichne, und immer wieder vergleicht er das, was er für deren grundsätzlich chaotische Anlage hält, mit den klaren und geordneten Strukturen der (hispano-)amerikanischen Städte: Del plano de las ciudades nada hay en Europa que se pueda comparar a las ciudades de nuestra América ni de los Estados Unidos. Todas aquéllas parecen que fueron fundadas por un pueblo enemigo de las líneas rectas. Todas son calles y callejuelas tuertas, enredijos sin orden y sin apariencia. […] En España sólo se ha introducido alguna regularidad y hermosura en los puertos que comercian en América, por su ejemplo, como Cádiz, Puerto de Santa María, Bilbao, Barceloneta.36
Gerade die spanischen Städte, die sich nicht von dem amerikanischen Vorbild haben inspirieren lassen, rufen in diesem Zusammenhang nun die Irritation des Reisenden hervor, und wenn er seine Kritik in diesem Kontext immer wieder einleitet mit der Formel «ya se supone», dann liegt die Schlussfolgerung nahe, dass er mit dieser Formel ausdrücklich den Schulterschluss mit seinen Leserinnen und Lesern sucht. So konstatiert er beispielsweise über Barcelona: [E]s una de las mejores ciudades de España; pero ya se supone que debe componerse de un enredijo de calles [...]»;
und über Madrid schreibt er: «Hablando de lo que es la villa de Madrid, ya se supone el desorden, angostura, enredijo y tortuosidad de calles, sin banqueta ninguna, ni la hay en parte alguna de España […].37
35 «En fin: en cada reino venden libritos de los caminos, sus distancias, lugares y cosas dignas de ver en cada uno. En las grandes ciudades venden el plano de ellas en forma de librito, para dirigirse el forastero, con la noticia de cuanto contienen. Sólo en España no hay nada de todo esto. Y sería inútil, porque sólo el cura y el sacristán saben leer en los pueblos. Camina uno como bárbaro por país de bárbaros […]» (fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, S. 124). 36 Fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, S. 124. 37 Ebd., S. 205 und S. 251 (ähnlich äußert er sich auch über Zaragoza, vgl. S. 228).
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Das hier vom Erzähler der Relación implizit vorausgesetzte Einvernehmen mit seiner Leserschaft gewinnt vor allem angesichts der Tatsache besondere Bedeutung, dass sich fray Servando mit seinen autobiographischen Erzählungen aus Europa ganz ausdrücklich an seine amerikanischen «Landsleute» zu richten bestrebt ist: «Como entonces fue cuando yo abrí los ojos para conocer la práctica de nuestro gobierno, [...] será bien que yo se los abra a mis paisanos»,38 so erklärt er die Zielsetzung seiner Memorias, und auch sein Insistieren auf der wenig rationalen Anlage der spanischen Städte ist deshalb selbstverständlich vor diesem Hintergrund zu interpretieren: Auch über deren mittelalterliches Straßengewirr muss die Leserschaft der Memorias informiert werden, denn nur wenn auch solche vermeintlich nebensächlichen Details offen zu Tage treten, ist das Bild vollständig, das der Autor mit seinen Erinnerungen zeichnet. Dabei sind nun die «paisanos», an die er sich wendet, keineswegs seine neuspanischen Landsleute im Wortsinn. Gemeint sind vielmehr alle Kreolen in Amerika im Unterschied zu eben den Spaniern, über deren vermeintliche Degeneration, deren ineffiziente Bürokratie und deren Korruptheit die Relación so ausführlich erzählt.39 Vor diesem Hintergrund fällt aber besonders der Gegensatz ins Auge, mittels dessen fray Servando die der Konzeption der Memorias insgesamt zugrundeliegende grundsätzliche Konkurrenz zwischen Spaniern und Kreolen in seiner Erzählung in geographische Begriffe übersetzt: «Allá», dort jenseits des Atlantiks also, da drüben – das ist Spanien, das zum Zeitpunkt der Niederschrift seiner Erinnerungen zwar schon wieder in die Ferne gerückt ist, das dem schreibenden Ich aber noch deutlich genug vor Augen steht. «Acá» dagegen, das ist das Hier und Jetzt einer unmittelbaren Gegenwart Mexikos und Amerikas, das ausdrücklich als positiver Gegenpol zu dem moralisch ebenso wie kulturell zurückgebliebenen Spanien präsentiert wird.40 Die Memorias situieren sich bewusst in dem Spannungsfeld zwischen dem «Hier» und dem «Dort», das sich durch diese Art der Beschreibung öffnet, und sie tun dies umso bewusster, als ihr Autor für sich in Anspruch nimmt, anders als die meisten Zeitgenossen in der Lage zu sein, tatsächlich zwischen Amerika und Europa zu vergleichen: En lo demás no se puede decir la verdad de España sin ofender a los españoles. Como ellos no viajan para poder hacer la comparación, y los que vienen para América vienen de niños,
38 Fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 33. 39 Vgl. zu dieser Verwendung des Wortes «paisanos» auch Ottmar Ette: Transatlantic Perceptions: A Contrastive Reading of the Travels of Alexander von Humboldt and fray Servando Teresa de Mier. In: Dispositio XVII, Nos. 42–43 (1992), S. 165–197, hier S. 181. 40 Auf eine vergleichbare Art und Weise, aber in umgekehrter Blickrichtung verwendet fray Servando diese Deiktika auch in seiner in Europa verfassten und über amerikanische Ereignisse berichtenden Historia de la Revolución de Nueva España, antiguamente Anáhuac.
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sin haber visto a su patria con ojos racionales, España es lo mejor del mundo […] aunque la mayor parte está sin cultivo y las tres partes del terreno son infecundas.41
Das Schlüsselwort dieser Passage ist zweifellos «comparación», der Vergleich, zu dem die Spanier nicht in der Lage seien. Mit diesem Hinweis nennt der Autobiograph die Methode beim Namen, derer er sich in seiner Relación bedient. Er ist im Unterschied zu den Spaniern in der Lage zu vergleichen, weil er gereist ist und weil er sowohl Amerika als auch Europa aus eigener Anschauung kennt. Es ist insofern nur folgerichtig, dass viele der Erzählungen in der Relación und eben namentlich die Erzählungen aus den spanischen Städten mit ihren verwinkelten Gassen und engen Straßen ganz ausdrücklich als Vergleiche zwischen dem «Hier» und dem «Dort» aufgebaut sind: «Allá las iglesias no son templos magníficos y elevados, como por acá, sino una capilla», schreibt fray Servando beispielsweise, und selbst die berühmte Giralda in Sevilla sei weniger hoch sei als der Turm der Dominikanerkirche in Mexiko.42 Der Vergleich zwischen der Alten und der Neuen Welt erweist sich so als eine der wesentlichen Vorgehensweisen von fray Servando Teresa de Miers Memorias, und auch wenn seine Erzählung dadurch natürlich zunächst vor allem auf einer räumlichen Ebene strukturiert wird, hat der vergleichende Blick doch auch weitreichende Konsequenzen auf der Ebene der dieser Erzählung unausgesprochen zugrundeliegenden Zeitstruktur. Ohne, dass der Erzähler der Memorias das explizit machen würde, transportiert nämlich das Bild, das er von den europäischen Städten im Vergleich zu den amerikanischen zeichnet, ex negativo eine ideale Vorstellung von Fortschritt und von Zukunft – eine Vorstellung nämlich, der europäische Städte wie Madrid oder Barcelona schon lange nicht mehr entsprechen können. In all den Passagen, in denen der Erzähler der Relación vor den Augen seiner amerikanischen Leserinnen und Leser das unübersichtliche Straßengewirr in einer der alten europäischen Städte entstehen lässt, erscheint Amerika und seine Städte (das «acá», das dieser Erzähler immer wieder direkt anspricht) als der geordnete Raum der Zukunft, dessen unmittelbar nachvollziehbare Struktur dem Chaos und der Unordnung der alten Städte in Europa (dem «allá» aus den der Erzählung zugrundeliegenden Vergleichen) bei Weitem überlegen sind.43 Dem Gedanken folgend, den der Historiker Karl Schlögel im Rückgriff auf den Geographen Friedrich Ratzel formuliert hat, könnte man deshalb auch mit Blick auf fray
41 Fray Servando Teresa de Mier: Días del Futuro Pasado, t. II, S. 206. 42 Ebd., S. 252. 43 Vgl. zur Ordnung der lateinamerikanischen Städte auch Angel Rama: «La ciudad ordenada», in: Ders.: La ciudad letrada. Hanover: Ediciones del Norte 1984, S. 1–22.
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Servandos Relación feststellen, dass im Raume die Zeit lesbar wird,44 und der Vergleich zwischen den alten europäischen und den amerikanischen Städten zeigt, dass die Zeit Europas für den reisenden Dominikaner ganz offensichtlich langsam, aber sicher abgelaufen war.45 Was in Paris noch zu gelingen schien, die Versöhnung von Tradition und Fortschritt nämlich, das scheitert seiner Darstellung zufolge in den urbanen Zentren Spaniens: Hier findet der Fortschritt nur noch dort seinen Platz, wo sich das «Mutterland» an seinen überseeischen Provinzen orientiert; an den Stellen dagegen, an denen es selbstgenügsam verharrt und stehenbleibt, ist auch kein Raum für künftige Entwicklungen. Diese den Memorias implizit zugrundeliegende Orientierung an einer Zukunft jenseits der alten kolonialen Abhängigkeiten findet ihre explizite Formulierung in einem programmatischen Text, der nur kurze Zeit nach diesen Erinnerungen und nach der Freilassung ihres Verfassers aus dem Gefängnis der Inquisition entstanden ist. Die sogenannte Memoria político-instructiva wurde 1821 in Philadelphia in den Vereinigten Staaten veröffentlicht und ist in den Worten des fray-ServandoBiographen Christopher Domínguez Michael ein Text, der mit seinem klaren Plädoyer für ein unabhängiges republikanisches Mexiko eine Art Grundpfeiler der dortigen republikanischen Tradition darstellt.46 In diesem kämpferischen Text entwirft fray Servando Teresa de Mier nun ausdrücklich das Bild eines der Zukunft zugewandten Amerika, das die überkommene Regierungsform der Monarchie als Ballast abzuwerfen und das dadurch das alte Europa endgültig hinter sich zu lassen im Stande sein sollte: ¡Ah hermanos míos! […] Escarmentados ya tres siglos de reyes, ¿porque no ensayar la experiencia de una república? ¿Porque comenzar como los pueblos decrépitos y corrompidos del luxo, la ambicion, la inmoralidad y el libertinaje, por daros un amo, que mal que os pese, ya no podréis dejar, á título de una rueda de metal que lleva en la cabeza? […] Dejemos a los pueblos de Europa averiados con sus habitudes y carcomidos con la misma broma de su vejez,
44 Vgl. Karl Schlögel: Im Raume lesen wir die Zeit: Über Zivilisationsgeschichte und Geopolitik. München: Hanser 2003, S. 10. 45 Vgl. auch dazu Karl Schlögel: Im Raume lesen wir die Zeit, S. 177–188. Schlögel beschäftigt sich in diesem Kapitel mit der auf die von Thomas Jefferson 1783 gezeichnete Karte, auf der die Ordnung des Territoriums der Vereinigten Staaten von Amerika beruht. Mit Blick auf die Städte schreibt er: «Städte, Gemeinden sind so eingerichtet, daß man sich in ihnen überall zurechtfindet. Sie funktionieren überall nach demselben Prinzip, so wie es überall die Main Street, das Gericht, die Post, das Gefängnis, das wichtigste Hotel am Platz gibt. Was auf den ersten Blick wie Uniformität aussieht, ist in Wahrheit die Erzeugung eines homogenen Raumes, in dem die Differenz blüht und in dem alle Fortbewegung leicht, einfach und schnell ist. Man ist immer schon informiert und orientiert und bewegt sich wie selbstverständlich im Grundriß der Stadt, sei es Boston, New York oder Des Moines» (S. 188). 46 Vgl. Christopher Domínguez Michael: Vida de fray Servando, S. 599.
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debatiéndose con sus monarcas, que los están bañando en sangre para quitarles ó impedirles las constituciones y representaciones, con que forcejean á contener su arbitrariedad.47
Gegen Ende seines Lebens und nach seiner Rückkehr aus Europa scheint Mier mit dieser neuerlichen Gegenüberstellung eines der Zukunft zugewandten Amerika auf der einen und eines in den alten Strukturen verhafteten und dadurch unbeweglichen Europa auf der anderen Seite die Konsequenz aus jener Erkenntnis einer fundamentalen «Gleichzeitigkeit der Ungleichzeitigen» zu ziehen, die dem Historiker Reinhart Koselleck zufolge eine der wesentlichen Erfahrungen der Zeit um 1800 darstellt.48 Tatsächlich liegt der von Koselleck auf diese Weise akzentuierten Denkfigur zunächst die durch die europäischen Entdeckungen und Eroberungen in der Frühen Neuzeit erlebte Erfahrung der «Andersartigkeit der außereuropäischen Kulturen» zugrunde, die von den Europäern «im Bewusstsein der eigenen (technologischen, militärischen, kognitiven) Superiorität [immer wieder] temporal, als Differenz im Entwicklungsstand ausgelegt wurde.»49 Dagegen dreht fray Servandos Zuspitzung die Perspektive nun um: Bei ihm ist es Amerika, dem seine grundsätzliche Orientierung auf die Zukunft hin dabei hilft, die verkrusteten Strukturen des alten Europa hinter sich zu lassen und damit den Raum für eine ebenfalls zukunftszugewandte und dadurch positive Entwicklung der Geschichte zu bieten. Seine kurz zuvor entstandenen Darstellungen der spanischen Städte mit ihrem mittelalterlichen Straßengewirr und ihrem Mangel an rechten Winkeln und dadurch auch an weiteren Perspektiven lassen sich in diesem Kontext als eine mit literarischen Mitteln ins Werk gesetzte Reflexion über die Frage interpretieren, wie sich gerade in der Sattelzeit an der Schwelle zum 19. Jahrhundert Raum und politisches Bewusstsein korrelieren und eben nicht zuletzt auch literarisch fruchtbar machen lassen.50
47 Fray Servando Teresa de Mier: Memoria político-instructiva, enviada desde Filadelfia en agosto de 1821 á los gefes independientes del Anáhuac, llamado por los españoles Nueva-España. Filadelfia: Juan F. Hurtel 1821, S. 72–73. 48 Vgl. Elke Uhl: «Ungleichzeitigkeit», in: Joachim Ritter/Karlfried Gründer/Gottfried Gabriel (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 11. Basel: Schwabe Verlag 2002, S. 166–168. 49 Falko Schmieder: Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Zur Kritik und Aktualität einer Denkfigur. In: Zeitschrift für kritische Sozialtheorie und Philosophie 4, 1–2 (2017), S. 325–363, hier S. 329. 50 Vgl. zu diesem Begriff der Sattelzeit Reinhart Koselleck: Einleitung. In: Otto Brunner/Werner Conze/Ders. (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Band 1, Stuttgart: Klett-Cotta 1979, S. XIII–XXVII, hier S. XV. Vgl. zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Unschärfe dieses Begriffs Daniel Fulda: Sattelzeit. Karriere und Problematik eines kulturwissenschaftlichen Zentralbegriffs. In: Elisabeth Décultot/Ders. (Hg.): Sattelzeit. Historiographiegeschichtliche Revisionen. Berlin: Oldenbourg Verlag 2016, S. 1–18.
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Vitesse et vision. La perception des temporalités et de l’accélération du rythme temporel De Baudelaire á Marinetti L’accélération du rythme de vie – due aux nouveaux types de production et de locomotion – est un fait évident qui se perçoit notamment depuis le début du XIXe siècle. Avec cette accélération vont de pair de nouveaux types de structuration et de perception du temps. Comment la littérature ne rendrait-elle pas compte de ce double processus, étant elle-même prioritairement un art du temps. Elle s’articule comme une succession diachronique de signes ; elle ne peut être perçue qu’à travers le laps de temps qu’exige la lecture, qui reprend le chemin linéaire tracé par l’écriture. Dans ses formes classiques – de type épique ou dramatique –, non seulement la littérature s’écrit et se perçoit dans le temps ; elle représente aussi une action, une histoire, un mouvement se déroulant dans une durée temporelle.1
1 Cette double temporalité a été saisie par des narratologues allemands à travers les termes erzählte Zeit (temps de l’histoire) et Erzählzeit (temps du récit). Voir à ce sujet Günther Müller: Erzählzeit und erzählte Zeit. In: Elena Müller (éd.): Morphologische Poetik. Tübingen : Niemeyer 1974, pp. 269–286. Tout en remarquant que le livre est un peu plus « tenu qu’on le dit souvent aujourd’hui par la fameuse linéarité du signifiant linguistique », Gérard Genette souligne que le temps du récit est en quelque sorte une fiction ; car le récit existe dans l’espace et comme espace. « Le temps qu’il faut pour le ‘consommer’ est celui qu’il faut pour le parcourir ou le traverser, comme une route ou un champ. Le texte narratif, comme tout autre texte, n’a pas d’autre temporalité que celle qu’il emprunte, métonymiquement, à sa propre lecture » (Gérard Genette: Figures III. Paris : Seuil 1972, p. 7). Un récit ne comporte cependant pas que des représentations d’actions et d’événements relevant de la temporalité, il comporte aussi l’évocation d’objets, de lieux, de personnages par le moyen de la description. Par la représentation d’objets ou d’êtres situés dans l’espace, le temps de l’histoire semble s’arrêter alors que le temps du récit ne peut que se poursuivre. La littérature a toujours essayé, se réclamant du mot d’Horace ut pictura poesis, de représenter aussi l’espace, et la peinture a tenté à son tour de saisir non seulement l’espace, mais également la temporalité. Il y a eu ainsi dès l’Antiquité une rivalité entre les aux arts, ce que nous avons essayé d’analyser dans notre monographie : Joseph Jurt : Les Arts rivaux. Littérature et arts visuels d’Homère à Huysmans. Paris : Classiques Garnier 2018 (Coll. Perspectives comparatistes, 75 ; Série « Littérature et arts visuels », 1). https://doi.org/10.1515/9783110730340-013
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I Passons donc à une célèbre description de Flaubert où le temps du récit semble s’arrêter, la vue de Rouen dans Madame Bovary. Flaubert y embrasse par le regard d’Emma le panorama de la ville de Rouen où celle-ci se rend chaque jeudi par le moyen de la diligence : « Les cheminées des usines poussaient d’immenses panaches bruns qui s’envolaient par le bout. On entendait le ronflement des fonderies avec le carillon clair des églises qui se dressaient dans la brume ».2 Jean Starobinski a vu à juste titre dans ce passage une parfaite représentation de la perception moderne de la temporalité.3 La modernité ne consiste pas seulement dans l’évocation de la fumée et du bruit de l’usine, mais dans la présence simultanée de la cheminée et du clocher de l’église qui se dégagent tous les deux de leur contexte par leur verticalité et s’opposent en même temps par les qualités qui leur sont attribuées : « le panache brun » et « le carillon clair ». Les deux monuments verticaux représentent, comme le remarque Starobinski, deux types de temporalité : d’une part le processus de l’exploitation de la transformation des ressources selon une temporalité où l’homme dirige ce processus physique à son profit. Le clocher de l’église rappelle cependant les heures canoniques qui structurent le temps en rappelant les moments importants de l’Histoire du salut. J’y verrais pour ma part une troisième temporalité suggérée dans le texte de Flaubert par « les arbres du boulevard » qui suivent immédiatement l’évocation du carillon. Il s’agit là du temps naturel ou cosmique. Le passage rappelle donc trois conceptions du temps qui se sont succédées et superposées au cours de l’évolution historique : le temps cosmique, le temps liturgique et le temps des horloges de la production industrielle. L’Antiquité a conçu en effet le Temps comme une entité cosmique en l’identifiant au mouvement des corps célestes. Il n’y a aucun doute qu’on est alors dans un univers cyclique.4 Pour l’Antiquité, qui a tant valorisé l’importance de l’OTIUM, le Temps est surtout une entité qualitative.5 Le temps chrétien, tout en étant une valeur qualitative, se conçoit comme rectiligne, irréversible et progressif, étant ordonné autour d’un point central, l’unicité de la mort salvatrice du Christ : « Semel enim Christus mortuus est pro peccatis nostris » (Prima Pétri, III, 18). Le temps liturgique est donc, comme le rappelle Po-
2 Gustave Flaubert : Madame Bovary. Paris : Garnier 1964, p. 244. 3 Jean Starobinski : Les cheminées et les clochers. In : Magazine littéraire, n° 280 (septembre 1990), pp. 26–27. 4 Voir Krzysztof Pomian : L’ordre du temps. Paris: Gallimard 1984, pp. 233–243. 5 Voir Franz Georg Maier: Uhr und Kultur in der Spätantike. In: NZZ, n° 299, 25/26 (décembre 1991), p. 29.
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mian, linéaire et orienté de la naissance ici-bas en passant par la mort charnelle vers la vie éternelle au-delà ; le temps est également orienté par la naissance du Christ, qui sert de date initiale au compte des années.6 Mais selon Franz Georg Maier, des éléments quantitatifs – la chronométrie – se sont introduits dès les premiers siècles de l’ère chrétienne, notamment dans les communautés occidentales des moines. La contemplation suivant l’exhortation paulinienne de « la prière sans fin » (1 Thess. 5, 17) correspond encore à la liberté à l’égard du temps propre à l’Antiquité ; d’autre part, le monachisme chrétien fit introduire la mesure du temps divisé en heures « canoniques », inégales, mais relativement fixes, marquées par des services religieux. Au septième siècle, on conçoit ainsi avec la cloche (et le clocher) un nouvel instrument de mesure du temps. Cassiodore (490–580) avait déjà considéré la chronométrie – l’ordre du temps instauré par l’homme – comme un indice de culture par rapport au temps biologique de la nature : « Ordo vitae confusus agitur, si talis discretio sub veritate nescitur. Beluarum quippe ritus est ex ventris esuriae horas sentire » [L’ordre de la vie est confuse, si une telle distinction n’est pas connue. C’est propre aux animaux de sentir les heures seulement à travers la faim de leur ventre].7 Le temps mesuré par l’homme apparaît comme un progrès par rapport au temps naturel. Le rythme régulier des heures de prière, sept fois par jour,8 est assuré dans les couvents par le biais d’instruments chronométriques tel le cadran comme instrument de discipline. Max Weber a ainsi vu dans les moines les premiers hommes et femmes agençant leur temps d’une manière rationnelle et méthodique. Il n’y a aucun doute que le chronométrage de la journée a joué un rôle central dans les couvents occidentaux et ce n’est pas un hasard si la règle cistercienne du Xlle siècle contient des indications strictes concernant le maintien des horloges et des cloches. Selon Franz Georg Maier, il s’est alors mis en marche dans la partie occidentale de l’Imperium Romanum un processus historique informé par la volonté et la raison qui différait radicalement de l’évolution à Byzance et dans l’Orient.9 Si la journée monacale a été structurée par un rythme régulier des heures, elle s’insérait cependant dans l’année liturgique10 – et des années comptées à partir de la naissance du Christ –, qui avait une dimension nettement qualitative. II y a cependant un autre type de temps collectif qui relève également du qualitatif :
6 Krzysztof Pomian : L’ordre du temps, p. 224. 7 Cité par Franz Georg Maier: Uhr und Kultur in der Spätantike. 8 Instaurée sur la base du psaume 118, 164 : Septies in die laudem tibi dixi. 9 Franz Georg Maier: Uhr und Kultur in der Spätantike. 10 L’année liturgique et les heures monastiques avaient ainsi également une dimension circulaire ; voir à ce sujet Jean-Claude Schmitt : Les rythmes du Moyen Age. Paris : Gallimard 2016 (Bibliothèque illustrée des histoires), notamment pp. 253–269 : Le creuset monastique.
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c’est le temps structuré par le calendrier politique, qui comporte également des éléments cycliques avec le début et la fin des années scolaires ou budgétaires et les fêtes nationales. Le temps politique linéaire et orienté s’ordonne autour de dates fondatrices. Des régimes se concevant comme des ruptures totales ont tenté de fonder un nouveau type de chronologie soulignant le commencement total et refusant les autres temps : ainsi la Révolution française avec son nouveau calendrier, le temps des bolcheviks pendant la Révolution d’Octobre, et Mussolini avec son « Era Fascista ».11 Il y a enfin un quatrième type de temps qualitatif, qui est le temps psychologique. C’est une expérience de chacun que ressentir un intervalle vide comme long, où le temps passe lentement, alors que les intervalles où se déroulent plusieurs événements nous semblent courts et passer vite.12 La conscience du passé, qui est surtout un passé familial, diffère également d’un individu à l’autre, ainsi que l’extension des projets d’avenir qui varie selon les catégories sociales et les classes d’âge.13 Le temps des horloges et le temps scientifique ne relève cependant pas du registre qualitatif mais quantitatif, se fondant sur la parfaite identité de chaque unité temporelle. Le temps des horloges s’impose avec la large diffusion de la monnaie vers la fin du Moyen Age, qui convertit elle aussi le qualitatif en quantitatif tout en mimant l’immédiateté. Le temps se convertira non seulement en une unité mesurable, il aura aussi son prix. La durée raccourcie de la transmission des lettres se payera ainsi plus cher dans l’Italie du XVIe siècle. Le temps sera également un facteur qui se monnaie pour les banquiers, du fait de l’utilisation des dépôts des clients, ainsi que pour les entrepreneurs, qui prennent la défense de la long-
11 Voir Krzysztof Pomian, L’ordre du temps, p. lll. Le calendrier révolutionnaire devait notamment annuler le calendrier liturgique. « En effet, dans le nouveau calendrier, le temps, rationnel et transparent, était aussi investi d’une mission spécifique, c’était un temps déchristianisateur. Le calendrier républicain devait combattre et, en fin de compte, faire tomber dans l’oubli l’héritage néfaste du calendrier grégorien […]. Il annulait, voire interdisait, l’organisation traditionnelle de l’année marquée par le cycle des grandes fêtes et les moments forts qui y étaient attachés : Noël, Carnaval, Carême, Pâques, Saint-Jean etc. » Bronislaw Baczko : Mythes et représentations de la Révolution française. In : Renzo Zorzi (éd.) : L’Eredità dell’ Ottantanove e l’Italia. Firenze : Olschki 1992, pp. 46–47. 12 Le paradoxe du temps subjectif consiste en ce que les moments accélérés s’étendent dans la mémoire qui reconstruit tous les détails. Des phases où peu de choses se sont passées se contractent dans la mémoire. Voir également à ce sujet Joseph Jurt: Lebenszeit – Literaturzeit. In : Albrecht Buschmann/Julian Drews/Tobias Kraft/Anne Kraume/Markus Messling/Gesine Müller (éds.): Literatur leben. Festschrift für Ottmar Ette. Frankfurt/Madrid : Vervuert/Iberoamericana 2016, pp. 55–62. 13 Krzysztof Pomian: L’ordre du temps, pp. 220–221.
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ueur la plus profitable de la journée de travail.14 Le temps quantitatif s’est imposé notamment dans le milieu urbain du côté des marchands, des donneurs d’ouvrage, mais aussi dans le domaine des gouvernants, qui entendaient étatiser le temps des autres. Charles V a ainsi décrété en 1370 que toutes les horloges de Paris seraient réglées sur celle de son Palais de la Cité. La maîtrise du temps des horloges devient un signe efficace de gouvernement et de pouvoir. L’horloge entrera par ailleurs également à cette époque, avec Froissart, dans la littérature.
II Après ce retour en arrière qui nous a servi à définir les grands types de temporalité, revenons à la cheminée et au clocher de Flaubert. Ces édifices indiquant deux types de temporalité se retrouvent presqu’à la même époque chez Baudelaire dans les Fleurs du Mal ; par ailleurs, immédiatement après le poème intitulé « L’Horloge », qui évoque la fuite inexorable du temps qui implique comme conséquence la mort : Souviens-toi que le Temps est un joueur avide Qui gagne sans tricher, à tout coup ! C’est la loi. Le jour décroît ; la nuit augmente ;souviens-toi ! Le gouffre a toujours soif ; la clepsydre se vide.15
Baudelaire évoquera dans le poème intitulé « Paysage » la ville de Paris : Je veux, pour composer chastement mes églogues, Coucher auprès du ciel, comme les astrologues, Et, voisin des clochers, écouter en rêvant Leurs hymnes solennels emportés par le vent. Les deux mains au menton, du haut de ma mansarde, Je verrai l’atelier qui chante et qui bavarde Les tuyaux, les clochers, ces mâts de la cité. Et les grands ciels qui font rêver d’éternité.16
Dans ce poème, on peut relever – et là réside sa modernité – la coexistence d’au moins trois temporalités. Il y a avec le ciel scruté par les astrologues, le temps so-
14 Ibidem, pp. 259–260. 15 Charles Baudelaire : Œuvres complètes, t. l. Paris : Gallimard 1975, p. 81 (Bibliothèque de la Pléiade). La clepsydre, un instrument hydraulique, servait aussi dans les couvents pour mesurer le temps. 16 Ibid., p. 82. Nous nous sommes inspiré pour ce qui suit de l’étude de Jean Starobinski.
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laire. Le temps religieux est suggéré par « les clochers » et les « hymnes solennels » – signe acoustique qui est accompagné immédiatement par celui du temps profane de « l’atelier qui chante et qui bavarde ». Cette coexistence est encore soulignée quand le poète juxtapose dans le même vers « les tuyaux, les clochers, ces mâts de la cité », recomposant ainsi les armes de la ville de Paris, tout en suggérant le contrepoint de toute temporalité – l’éternité : « Et les grands ciels […] font rêver d’éternité. » La coexistence des deux indices temporels se retrouve par ailleurs dans le « Salon de 1859 », où Baudelaire mentionne « les clochers montrant du doigt le ciel » et « les obélisques de l’industrie vomissant contre le firmament leurs coalition de fumée. »17 Le poète cependant n’appartient ni au monde du travail ni à celui de la religion ; il se voit comme observateur sur une place surélevée analogue au poste d’observation d’Emma dans Madame Bovary. Celle-ci s’apprêtait à descendre dans la ville, alors que le poète reste à sa place, regardant depuis sa mansarde Paris, constatant la massification de l’ère moderne où se noie l’individu. Le poète se crée alors un autre monde, un autre temps subjectif qui n’est pas celui des ateliers ni celui des heures canoniques de l’Eglise : L’Emeute, tempêtant vainement à ma vitre. Ne fera pas lever mon front de mon pupitre ; Car je serai plongé dans cette volupté D’évoquer le Printemps avec ma volonté, De tirer un soleil de mon cœur […].18
Loin d’être un simple glorificateur du progrès, Baudelaire saisit à travers la superposition de deux temporalités le caractère hybride et ambivalent de la Modernité. « La modernité, c’est le transitoire, le fugitif, le contingent, la moitié de l’art, dont l’autre moitié est l’éternel et l’immuable », écrira-t-il dans une page du « Peintre de la vie moderne ».19 Baudelaire ne s’en tient pas à une définition purement quantitative de la modernité dans un sens chronologique : il l’investit d’une valeur qualitative en définissant la modernité dans un sens actif comme un procédé qui consiste à « dégager de la mode ce qu’elle peut contenir de poétique dans l’historique, de tirer l’éternel du transitoire. »20
17 Charles Baudelaire : Œuvres complètes, t. II. Paris : Gallimard 1990, p. 666 (Bibliothèque de la Pléiade, 7). 18 « Paysage ». In : Charles Baudelaire : Œuvres complètes, t. l, p. 82. 19 Charles Baudelaire : Œuvres complètes, t. II, p. 695. 20 Ibid., p. 694. Voir à ce sujet Gérald Froidevaux : Baudelaire – Représentation et modernité. Paris : José Corti 1989, pp. 30–31. Aux yeux de Walter Benjamin, Baudelaire est le premier à faire l’expérience poétique du Paris actuel brutalement transformé par Haussmann. A l’inverse des
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III Alors que les tenants de l’Art pour l’Art – notamment le groupe du Parnasse, hostile à la modernité – s’enfuyaient dans le passé de l’Antiquité, Baudelaire se confrontait à elle en saisissant toute son ambivalence.21 Cette ambivalence a été créée par la coprésence d’un temps cyclique et d’un temps linéaire. Nos sociétés ont été pendant des siècles des sociétés agraires, dominées par une conception cyclique du temps, par le rythme constant des saisons de l’année et les travaux que celles-ci impliquaient. Dans les régions catholiques, l’année a été de plus structurée par le cycle des fêtes religieuses. Un sentiment de l’ « éternel retour du même » prévalait.22 Mais dès le siècle des Lumières, l’idée de progrès s’est fait jour, et avec elle celle de croissance, de la possibilité d’une amélioration, d’un dépassement du passé, bref une conception linéaire du temps. Cette idée avait déjà été formulée par Charles Perrault dans son Parallèle des Anciens et des Modernes (1688–1697) qui insistait sur les progrès évidents dans le domaine des sciences et l’évolution des procédés techniques dans les Arts.23 L’idée de progrès dominera tout le Siècle des Lumières et trouvera une densité particulière chez Condorcet.24 C’est notamment le sociologue allemand Hartmut Rosa qui a
poètes d’inspiration socialiste qui ont foi dans les prodiges de la civilisation, l’emportent chez lui le désenchantement et une peur de l’avènement d’une ville devenue étrangère à ses habitants. Dans les Journaux intimes, il évoque la ville moderne saisie d’un rythme fou (d’après Jean-Claude Schmitt : Les rythmes du Moyen Age, pp. 37–39). 21 Voir à ce sujet Michael Einfalt : Zur Autonomie der Poesie. Literarische Debatten und Dichterstrategien in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Tübingen : Niemeyer 1992 (« mimesis », 12). 22 Il faudrait cependant se garder de l’idée que les sociétés traditionnelles vivaient dans un présent ponctuel, insoucieuses de l’avenir. Pierre Bourdieu a pu ainsi constater que les paysans dans la société traditionnelle en Algérie connaissaient la prévoyance en répartissant une bonne récolte sur plusieurs années ; cette prévoyance visait un « à venir » concret rattaché à un présent alors que la prévision rationnelle et calculatrice de la société capitaliste visait un futur lointain et abstrait. Voir Pierre Bourdieu : La société traditionnelle : Attitude à l’égard du temps et conduite économique. In : Sociologie du travail, 5e année, n° 1 (janvier-mars 1963), pp. 24–44. 23 Voir Joseph Jurt : Les Arts rivaux, pp. 127–155 : « Littérature et Peinture dans la Querelle des Anciens et des Modernes ». 24 Voir Joseph Jurt : Condorcet : l’idée du progrès et l’opposition à l’esclavage. In : Pierre Crépel/ Christian Gilain (éds.) : Condorcet, mathématicien, économiste, philosophe, homme politique. Paris : Minerve 1989, pp. 385–395. Des recherches historiques ont pu monter que dès le XVIIIe, puis notamment au cours du XIXe siècle, ne dominait pas exclusivement dans les sociétés rurales un temps circulaire répétitif, mais que des éléments d’un temps linéaire (notamment à travers le marché) s’y étaient introduits. Voir Gilles della Vedova : Le développement rural en montagne : entre temps circulaire et temps linéaire (XIXe-XXe siècles). In : Organisation et mesure du temps dans les campagnes européennes de l’époque moderne au XXe siècle. Textes réunis par Sandro Guzzi-Heeb et Pierre Dupuis. Sion : Vallesia 2019, pp. 49–64 ; Sandro Guzzi-Heeb : Temps du progrès et temps
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démontré que le « rythme de la vie » s’est de plus en plus accéléré dans le monde occidental depuis le milieu du XVIIIe siècle grâce aux inventions technologiques (la machine à vapeur et plus tard les chemins de fer remplaçant les diligences tirées par des chevaux), accélération ayant aussi un impact sur la conscience subjective du temps devenant, paradoxalement, une denrée de plus en plus rare.25 Sous le Second Empire, il y avait parmi les contemporains de Baudelaire des poètes partisans enthousiastes de la Modernité, qui étaient surtout fascinés par le phénomène de l’accélération, de la vitesse. Au moment de l’Exposition universelle de 1855, un observateur découvre ainsi dans la modernité industrielle un nouveau sujet digne de la poésie, digne de remplacer la poésie de la nature : « S’il a fallu l’imagination de Dante pour chanter les horreurs de l’Enfer, il faudrait un poète d’égale force pour décrire le spectacle féerique […] que leur donne la présence de l’exposition universelle […] Mais que les poètes modernes se hâtent de chanter les imposantes réalités de notre mécanique […] ! Si vous voulez traiter des sujets chers à Virgile, laissez Vulcain de côté et chantez les mines du Creusot. Croyez-le bien, les Cyclopes n’étaient que de fort petits garçons comparés aux ouvriers fondeurs de cet établissement […] ».26 Si quelques-uns attribuent à la poésie la fonction de donner une dimension morale au progrès industriel, d’autres voient dans la modernité industrielle un nouveau type de poésie, et cette poésie résiderait notamment dans l’accélération de la production : « Si le prosaïsme est quelque part », écrit Felix Belly, « ce n’est pas dans le mouvement rapide du siècle, mais bien dans l’immobilité systématique de ceux qui devraient le suivre. »27 L’accélération est alors vue non seulement comme un processus quantitatif, mais aussi comme une amélioration qualitative. « Bientôt la misère humaine touchera à sa fin, grâce aux prodigieux développements de l’industrie », écrira en 1852 Louis de Cormenin, pour continuer ensuite : « Nous avons supprimé le temps et les distances ; le globe, si large jadis, se rétrécit sous nos pas, les montagnes s’abaissent, les continents se rapprochent, les murs se diminuent. »28
de tradition. Structures spatio-temporelles dans les Alpes suisses (fin du XVIIIe siècle et début du XIXe siècle). In : ibid., pp. 227–249. 25 Hartmut Rosa: Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne. Francfort : Suhrkamp 2005 ; en français : Accélération. Une critique sociale du temps. Paris : La Découverte 2010 ; voir aussi Juri Auderset/Philipp Müller/Andreas Behr : Accélération et temporalités plurielles. In : Traverse. Revue d’histoire, 3 (2016), pp. 15–23. 26 Gustave Claudin : L’exposition à vol d’oiseaux, suivi d’une lettre de Maxime Du Camp. Paris 1855, cité d’après Michael Einfalt : Zur Autonomie der Poesie, pp. 170–171. 27 Felix Belly : La poésie de l’Exposition In : Revue contemporaine, t. XXIII (15 décembre 1855), p. 167, cité d’après Michael Einfalt : Zur Autonomie der Poesie, p. 176. 28 Louis de Cormenin : Les féeries de la science. In: Revue de Paris (8 mai 1852), cité d’après Michael Einfalt : Zur Autonomie der Poesie, p. 177.
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A travers ce processus de l’accélération, l’homme dépasse les limites qui lui étaient auparavant imposées et ce processus est considéré par de Cormenin comme poétique en lui-même : « Malgré ce qu’en croient et ce qu’en disent les poètes, le monde moderne a un aspect essentiellement poétique ; il sera pittoresque plus tard ».29 Aux yeux du même interprète, l’accélération de la transmission des informations contribuera également à une démocratisation du savoir : « La pensée, qui ne frappait qu’aux portes des riches, des érudits, des curieux, s’insinuera jusqu’aux chaumières, jusqu’aux ateliers […]. Comme la modicité du prix l’accélère. Un fil de fer […] relie en quatre minutes Londres à Paris et prend la rapidité pour interprète. »30 La réduction des distances grâce au réseau ferroviaire n’a pas cessé de frapper les chroniqueurs de l’époque. A un Alexis de Valon apparaît le voyage de Paris à l’Exposition universelle de Londres en 1851 telle une promenade : « Il y a cinq ans, Paris était plus loin de Fontainebleau qu’il ne l’est de Londres à présent. »31 La fascination que suscite la nouvelle expérience de la vitesse et de l’accélération du rythme de vie est si grande que la Terre n’est plus imaginée à travers des métaphores connotant la stabilité mais la dynamique. Achille Kauffmann la présente ainsi comme un navire se dirigeant vers le progrès et offrant à l’homme une extension énorme de ses possibilités : « Le navire terrestre a passé sous le colosse rhodien, la minute a remplacé l’heure ancienne, la rapidité du mouvement a prolongé la durée de la vie. »32 Louis de Cormenin et Achille Kauffmann avaient exprimé leur éloge de la « poésie de l’industrie » dans la Revue de Paris, dont le directeur était Maxime Du Camp qui, avec ses Chants Modernes publiés en 1855, se faisait le héraut inconditionnel du progrès industriel s’opposant explicitement aux Poèmes antiques de Leconte de Lisle publiés trois ans auparavant. Dans sa préface, Du Camp reproche aux poètes de son époque de rester indifférents à l’égard des inventions techniques de la modernité : « On découvre vapeur, nous chantons Vénus, fille de l’onde amère, on découvre l’électricité, nous chantons Bacchus, ami de la grappe vermeille. C’est absurde ! »33
29 Ibid. 30 Ibid., p. 112. 31 Alexis de Valon : Le Tour du monde à l’exposition de Londres. In : Revue des deux mondes, XXI (1851); cité d’après Michael Einfalt : Zur Autonomie der Poesie, p. 178. 32 Achille Kaufmann : La Poésie de l’industrie. In : Revue de Paris (juillet 1853), p. 316 ; cité d’après Michael Einfalt : Zur Autonomie der Poesie, p. 179. 33 Cité d’après Claude Pichois : Littérature et Progrès. Vitesse et vision du monde. Neuchâtel : La Baconnière 1975, p. 39.
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Et Du Camp devait dans le poème le plus long du recueil vanter en effet la vapeur et ses frères et sœurs le Chloroforme, l’Electricité, le Gaz, la Photographie34 et la Locomotive les dieux nouveaux qui auraient remplacé ceux de l’Antiquité. A travers la locomotive, il vante aussi la rapidité et le mouvement irrésistible : Lorsque je cours, rien ne m’arrête, Que ce soit calme ou bien tempête, Que le ciel crève sur ma tête, ou bien qu’il soit tranquille et bleu; Je vais toujours, rien ne m’étonne.35
Au mouvement de la vapeur le poète attribue les qualités divines de l’immortalité : Car je suis la vapeur immense ! Je tiens l’avenir désormais; Avec le siècle je commence Et je ne finirai jamais !36
Inutile d’ajouter que Maxime Du Camp n’a guère créé avec ces vers peu convaincants une nouvelle poésie moderne. Les inventions de la modernité n’y apparaissent pas, ainsi que le remarque à juste titre Michael Einfalt, comme une alternative qualitative des dieux de l’Antiquité, mais comme leurs successeurs.37 La prétendue modernité s’affirme seulement par les contenus et non par une nouvelle forme traduisant un nouveau rythme de vie.38
34 Lors de son voyage en Orient, Flaubert a accompagné Maxime du Camp, un pionnier de la photographie et dont l’album avec 125 photos réalisées pendant ce voyage eut un grand succès. C’est le premier livre important illustré par des photographies, et il est considéré aujourd’hui comme une sorte d’incunable (Egypte, Nubie, Palestine et Syrie, dessins photographiques recueillis pendant les années 1849, 1850 et 1851, accompagnés d’un texte explicatif et précédés d’une introduction par Maxime Du Camp. Paris : Gide et Baudry 1852). Si Maxime Du Camp postule dans un poème des Chants modernes (1855) la plus grande exactitude de la photographie par rapport au dessin, Flaubert, lui, vante le colorisme en mouvement que seule la technique descriptive de la littérature saurait rendre. Si Flaubert était comme Baudelaire sceptique à l’égard du nouveau médium, il reconnaît pourtant que la photographie peut créer une nouvelle forme de la perception. (Voir Joseph Jurt : L’intermédialité chez Flaubert. In : Site Flaubert (janvier 2011) : http://flaubert.univ-rouen.fr/article.php?id=14). 35 Cité d’après Claude Pichois : Littérature et Progrès, p. 39. 36 Ibid. 37 Michael Einfalt : Zur Autonomie der Poesie, pp. 210–211. 38 Voir aussi Jean-Pierre Bertrand : La poésie à vapeur : Les Chants modernes de Maxime du Camp [2007]. In : Fabula / Les colloques, Le poème fait signe, URL : http://www.fabula.org/colloques/document394.php, page consultée le 04 octobre 2020.
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IV Avant Maxime Du Camp, il y avait eu d’autres artistes qui avaient saisi d’une manière plus concrète et plus originale ce phénomène de l’accélération, dû à un nouveau type de locomotion mécanique grâce à l’invention du chemin de fer, celui-ci étant caractérisé par le contraste entre la position immobile du voyageur et la rapidité des images du paysage qui se défilent devant la fenêtre du train alors qu’il avait encore ressenti le paysage qui se défilent devant la fenêtre du train, une rapidité qui contrastait fort avec le mouvement de la locomotion de la diligence. Théophile Gautier a décrit cette accélération comme un changement radical de la perception qui conduisait à détruire les images stables de l’espace. Il décrivit ainsi ses impressions de voyageur éprouvées en 1836 lorsque les trains atteignaient à peine la vitesse de trente kilomètres par heure : « Les arbres fuyaient à droite et à gauche comme une armée en déroute ; les clochers disparaissaient et s’envolaient à l’horizon ; la terre grise, tigrée de taches blanches, avait l’air d’une immense queue de pintade ; les étoiles de la marguerite, les fleurs d’or du paysage ; les nuages et les vents semblaient haleter pour nous suivre. »39 L’impression de Victor Hugo, telle qu’il l’a consignée en 1837, est similaire, encore que sa fascination pour le phénomène de la rapidité soit plus grande encore : « C’est un mouvement magnifique et qu’il faut avoir senti pour s’en rendre compte. La rapidité est inouïe. Les fleurs du chemin ne sont plus des fleurs, ce sont des taches ou plutôt des raies rouges et blanches ; plus de points, tout devient raie ; les blés sont de grandes chevelures jaunes, les luzernes sont de longues tresses vertes ; les villes, les clochers et les arbres dansent et se mêlent follement à l’horizon ; de temps en temps, une ombre, une forme, un spectre debout paraît et disparaît comme l’éclair à côté de la portière. »40 Lors de l’ouverture de la ligne ferroviaire Paris-Orléans en 1843, le poète allemand Heinrich Heine soulignera toute la portée de ce nouveau type de locomotion : « Même les catégories élémentaires du temps et de l’espace commencent à vaciller. Par les chemins de fer l’espace est anéanti ; il ne nous reste que le temps ; si nous avions assez d’argent pour tuer aussi convenablement le temps. »41 L’expérience de l’accélération temporelle a tellement fasciné les esprits qu’on a même essayé de la traduire dans ce qu’on considère comme l’art spécifiquement spatial, la peinture. On pense ainsi à un tableau de Turner 1844 intitulé Pluie, vapeur et vitesse, où le peintre transpose la vitesse d’un train en brouillant les con39 Cité d’après Claude Pichois : Littérature et Progrès, p. 26. 40 Victor Hugo : Voyage en Belgique. In : Voyages. Paris : Hachette 1950, p. 32. 41 Cité d’après Dirk Hoeges : Alles veloziferisch. Die Eisenbahn – vom schönen Ungeheuer zur Ästhetik der Geschwindigkeit. Rheinbad-Merzbach: CMZ, 1983, p. 18.
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tours nets des objets ; il a ainsi introduit, comme le remarque à juste titre Oskar Bätschmann, la perspective temporelle en réduisant la perspective spatiale – procédé qui avait été entrevu par Heine.42 Un procédé similaire se trouve dans la lithographie d’Edouard Manet de 1865 Les Courses à Longchamp, où le temps a en quelque sorte remplacé l’espace, qui n’est plus qu’un espace à parcourir. C’est à la veille de la Première Guerre mondiale que la fascination de la vitesse semble avoir atteint un sommet, notamment avec l’expansion de l’automobilisme. S’il y avait en France en 1900 2000 autos, on en comptera en 1913 à peu près 100 000. Le record de vitesse est dès 1905 de 175 kilomètres par heure. Et la revue L’Auto organise alors le premier Tour de France. « Je suis rapidité’ » chante « la déesse automobile » dans un poème de Luc Durtain de 1908. Octave Mirbeau écrira la même année une épopée automobile, La 628-E8, où il vante le pouvoir de la vitesse : « [Le] cerveau [de l’homme] est une piste sans fin où pensées, images, sensations ronflent et roulent à raison de cent kilomètres à l’heure. Cent kilomètres, c’est l’étalon de son activité. Il passe en trombe, sent en trombe, aime en trombe, vit en trombe. La vie de partout se précipite, se bouscule, animée d’un mouvement fou, d’un mouvement de charge de cavalerie, et disparaît cinématographiquement, comme les arbres, les haies, les murs, les silhouettes qui bordent la route […]. Tout autour de lui, et en lui, saute, danse, galope, est en mouvement, en mouvement inverse de son propre mouvement. »43 La fascination de l’accélération trouvera son apogée dans le manifeste futuriste de Marinetti de 1909 : « Nous déclarons que la splendeur du monde s’est enrichie d’une beauté de la vitesse. Une automobile de course avec son coffre orné de gros tuyaux tels des serpents à l’haleine explosive… une automobile rugissante, qui a l’air de courir sur de la mitraille, est plus belle que la ‘Victoire de Samothrace’. »44 *
42 Oskar Bätschmann: Entfernung der Natur. Landschaftsmalerei 1750–1920. Cologne : Dumont 1989, pp. 111–113. 43 Cité d’après Pär Bergmann : Modernolatria et « Simultanéité ». Uppsala : Svenska Bokförlaget 1962, pp. 18–19. 44 Cité d’après Claude Pichois : Littérature et Progrès, p. 85. Alors que le modernisme de Maxime Du Camp n’avait obtenu aucune légitimité dans les années 1850 – son projet n’étant moderne que dans les contenus mais pas dans la forme (lourdeur du vers classico-romantique, didactisme saint-simonien) –, Apollinaire et les futuristes réussissent à chanter l’auto, l’avion, les canons et autres inventions. Cet esprit nouveau « n’est pas qu’affaire de thèmes : il relève d’une vision du monde en rupture avec le passé. Il n’est pas non plus l’apanage de l’artiste ou du poète : il se revendique comme une disposition de l’homme dans son regard sur le monde qui l’entoure. Le Manifeste du Futurisme de Marinetti […] ne dit rien d’autre. » Jean-Pierre Bertrand : La poésie à vapeur : Les Chants modernes de Maxime du Camp ».
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De nos jours, on ne trouverait guère dans la littérature de tels éloges de la vitesse. Tout au contraire, un Peter Handke évoque la découverte de la lenteur comme une illumination et l’écrivain berlinois Sten Nadolny a consacré tout un roman à « La découverte de la lenteur ». Le sociologue Hartmut Rosa, qui a retracé le processus de l’accélération depuis le XVIIIe siècle, critique le rythme fou de ce processus et réfléchit sur l’arrêt subit de ce processus dû à la crise sanitaire actuelle.45 La question du temps est toujours liée à celle du pouvoir. C’est à tour de rôle un pouvoir ecclésiastique, politique et économique qui a défini et contrôlé le temps social pour en déterminer les rythmes. Bruno Remaury mentionne à titre d’exemple, dans une œuvre littéraire récente, la mise en place par Louis Renault, après sa rencontre avec Henry Ford et Frederick Taylor en 1911, du travail à la chaîne dans son usine. Le temps de l’ouvrier se défait en une série de gestes semblables à des micro-événements dans un présent répété. La moindre baisse de rythme fait perdre de l’argent à l’ouvrier.46 Cette histoire de l’imposition du rythme temporel par les autres commence très tôt. Roland Barthes parle dans l’un de ses derniers cours au Collège de France, publié sous le titre Comment vivre ensemble, d’ « hétérorythmie », imposée dès le IVe siècle par le régime monastique, à savoir la Règle de saint Benoît. Ce régime mit, selon lui, un terme à l’ « idiorythmie », un rythme personnel garantissant à chacun de vivre son propre rythme au sein d’un « petit groupe », modèle réalisé par l’ermitage des anachorètes du désert aux premiers siècles du christianisme.47 Déterminer soi-même le rythme temporel, une utopie ? Réalisable – peut-être – à la retraite ?
45 Hartmut Rosa : Rendre le monde indisponible. Paris : La Découverte, 2020 ; Temporär ? Entschleunigung der Gesellschaft, entretien avec Hartmut Rosa. In : WDR 5. Das philosophische Radio (26 juin 2020). 46 Bruno Remaury : Rien pour demain. Paris : Editions Corti, 2020, pp. 43–50 ; voir également à ce sujet Sébastien Omont : Le siècle de la vitesse. In : En attendant Nadeau. Journal de la littérature des idées et des arts (22 septembre 2020). https://www.en-attendant-nadeau.fr/2020/09/22/siecle-vitesse-remaury/; consulté le 30 septembre 2020. 47 D’après Jean-Claude Schmitt : Les rythmes du Moyen Age, pp. 31–32.
Bilder der Reise
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Voyages de Barthes en Grèce Si l’on en croit les différents témoignages, Barthes a séjourné deux fois en Grèce, à deux moments très différents de sa vie. En 1938, il participe au voyage organisé par le Groupe du Théâtre Antique de la Sorbonne, dont il est un des membres fondateurs. Cette découverte donnera lieu à un compte rendu, littérairement très écrit, publié en 1944 dans Existences, la revue des étudiants du sanatorium de SaintHilaire-le-Touvet où Barthes passe la majeure partie de la guerre. Modestement intitulé « En Grèce » (et non « La Grèce »),1 cet article répond à une composition discontinue, énumérant, sans ordre clairement perceptible, une série de courts développements au titre évocateur : « Îles », « Athènes », « Musées, statues », « Salamine », « Acrocôlia », « Égine », « Fleurs », « Mycènes, Argos, Tyrinthe », « Santorin (c’est une île volcanique », « Délos ». Quelques quarante ans plus tard, du 7 au 18 juin 1978, à l’âge de 63 ans, Barthes séjourne à nouveau dans le pays, principalement à Athènes. Ce second voyage ne donnera lieu à aucune publication, mais des traces écrites demeurent malgré tout. Dans le Fichier conservé à la Bibliothèque nationale de France, une vingtaine de fiches correspondent aux notes prises par Barthes à l’occasion de ses rencontres et découvertes dans le pays. Peu élaborées (par rapport à l’article de 1944), ces notes semi-rédigées, mais parfaitement lisibles, constituent un document passionnant sur l’imaginaire de la Grèce, le temps qui passe, le processus créateur. Le lecteur indiscret entre dans les coulisses de l’œuvre, perçoit le moment charnière où les choses deviennent mots sous le regard d’un voyageur-écrivain qui vit, ressent, réfléchit à l’articulation du monde et de la littérature.
Noms de pays : le pays et le nom Chacun connaît la Grèce avant même d’y être allé. Depuis l’Antiquité, toute la culture occidentale écrit la Grèce, qu’il s’agisse des philosophes, des trois tragiques, de leur lecture et relectures au cours des siècles, à l’école ou ailleurs. Barthes, qui a lu Racine ou Chateaubriand, écrit lui-même la Grèce dans son premier texte,
1 L’ensemble de références renvoient à l’édition des Œuvres complètes (5 tomes) établie par Éric Marty, en 2002, pour les éditions du Seuil. L’article « En Grèce » figure dans le tome I. Les références de pages seront données entre parenthèses après la citation. Les références à d’autres ouvrages de Barthes seront données après la citation selon le code suivant : OC, tomaison en chiffre romain, page en chiffre arabe. https://doi.org/10.1515/9783110730340-014
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« En marge du Criton »,2 dans son Diplôme d’études supérieures (« Évocations et incantations dans la tragédie grecque »), soutenu en 1941 à la Sorbonne, sous la direction du grand helléniste Paul Mazon. En 1937, Barthes découvre un pays qu’il connaît déjà par la littérature et par ses études de lettres classiques. « En Grèce » met donc en scène le contraste entre ce qu’on attend et ce qu’on découvre, entre le pays rêvé et le pays réel que l’on visite dans un voyage organisé. Tout est d’abord affaire d’échelle et de proportion. Dès le premier fragment, « Îles », l’accommodation de l’œil s’impose : « Je retiens que tout me parut très petit : à Délos nous crûmes aborder un rocher liminaire, c’était l’île elle-même. Certaines de ces îles sont de simples rochers » (p. 68). Il en va de même à Mycènes, Argos ou Tyrinthe : « Ce sont trois monticules de rocailles dans une plaine pierreuse » (p. 72). La découverte d’une grande ville comme Athènes réserve d’autres surprises : « En été les rues sont si chaudes, si sèches, qu’elles sentent mauvais : le lait tourné, la viande gâtée » (p. 68). La déception s’étend aux habitants d’Égine, bien loin de la légendaire beauté des éphèbes : « Depuis des jours, nous cherchons quelqu’un de beau qui nous rappelle la splendeur des anciens Grecs ; maintenant c’est tout le contraire de ce qu’ils étaient ; beaucoup sont de petits hommes noirauds, aux traits aplatis, à la peau vieille, au regard huileux, aux dents mauvaises » (p. 71). Quand on voyage pour le dépaysement, la comparaison avec la France sert à rabaisser le pays qu’on découvre. Ainsi, le « musée de l’Acropole est petit, provincial […] on croit entrer dans l’atelier d’un sculpteur, à Montrouge ou à Fontenay » (p. 69). Mais la comparaison avec le pays d’origine, très présente dans L’Empire des signes, ne se limite pas à un sentiment, même amusé, de déception. Elle est tantôt neutre, opposant l’évidence stratégique de la bataille de Salamine à la boue d’Azincourt ou à la « plaine sans dessin de Waterloo » (p. 70) ; elle est tantôt au bénéfice de la Grèce où « l’art de raser avec douceur est naturel au moindre garçon, qui le fait mieux qu’à Paris » (p. 68). Dépassant la simple alternance entre réduction et emphase, Barthes utilise plusieurs fois le même procédé qui consiste à commencer par une critique avant de retourner la situation en heureuse surprise. Ainsi, à Salamine, si le « rafiot » rappelle la navette entre Dinard et Saint-Malo, le débarquement ménage un petit coup de théâtre : « en arrivant, on peut prendre, sous la tente, un café ; il laisse dans la tasse minuscule une boue dense et parfumée qui craque sous la dent et qu’on lave d’un grand verre d’eau glacée, en sorte que ce défaut devient un délice » (p. 70).
2 Dans « En marge du Criton », écrit en 1933, Barthes s’amuse à modifier la fin du dialogue de Platon : Socrate se laisse convaincre de vivre à la vue d’un plat de figues et s’enfuit d’Athènes avec ses disciples. Le texte est recueilli dans le tome IV des Œuvres complètes.
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Au-delà de ce qui pourrait passer pour un simple jeu avec les espérances de la lecture, avec les bonnes et les mauvaises surprises, le jeune Barthes propose une véritable réflexion sur la Grèce ou plutôt sur l’imaginaire de la Grèce dans la France contemporaine. Sa position est claire : la culture occidentale considère l’atticisme comme l’idéal de la culture antique, au risque de réduire la richesse de l’héritage et d’en aseptiser la matérialité. Pour commencer, Barthes rend la Grèce à son historicité, insistant à la fois sur la diversité de ses composantes et sur leur évolution dans le temps. En 1978, Barthes dans ses fiches se montrera encore très sensible aux « strates ethnosociographiques », au palimpseste que présente un pays écartelé entre Orient et Occident, entre le monde byzantin et la présence turque. Il s’agit ainsi pour lui de substituer à un classicisme irénique la réalité d’un monde composite et violent (« la terre est si violente », p. 72) – qu’il s’agisse des paysages écrasés de soleil, des grandes tragédies, ou des « Acrôcolia », ces abats dont le spectacle dans les boucheries suscitent réserve ou dégoût. À l’opposé de l’univers éthéré construit par l’imaginaire scolaire, Barthes prône l’aventure dans un monde où tout peut arriver : « La voûte du ciel, la vague qui bat doucement cette terre où l’on foule enfin des lieux que l’on croyait jusqu’alors purement éthérés, le parfum d’exotisme qu’y jette une nuit d’été traversée de musiques et de visages, tout exalte, tout compose le cadre d’une aventure » (pp. 68– 69). La comparaison entre la statue de marbre blanc travaillée par l’histoire et sa version originelle entièrement coloriée concrétise l’opposition entre une Grèce archaïque et un imaginaire passe-partout. Dans l’article de 1944, comme dans le Diplôme d’Études supérieures, et sans doute sous l’influence de Paul Mazon, Barthes contribue à révolutionner la vision édulcorée du « miracle grec ».
Un hédonisme méditerranéen Pour le voyageur qui cherche l’aventure, la Grèce fait écho à toutes les cultures qui bordent le bassin méditerranéen. En replaçant le pays dans un Orient qui oscille entre imaginaire et réalité, Barthes met en dialogue l’ensemble des pays qu’il a visités. En 1937, il ne connaît ni le Maghreb, ni le Machrek (son séjour en Égypte date de 1949) ; mais lors de son voyage en Grèce, en 1978, il a développé avec le Maroc et la Tunisie des relations régulières. Lassé des événements de 68, Barthes accepte en 1969 un poste à l’université de Rabat et réside une année dans le pays qu’il fréquentera à nouveau comme touriste. De novembre 1977 à juin 1978, il effectue trois séjours au Maroc et un en Tunisie, invité par son vieil ami Philippe Rebeyrol, dans la magnifique résidence de l’ambassadeur de France à La Marsa. Le « Grand Fichier » conserve les traces de ces différents passages : un ensemble d’une vingtaine de fiches renvoient au séjour de Barthes à Rabat ou Mehioula.
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En 1937, comme par intuition, Barthes décrivait déjà un univers géographique et culturel unifié par de nombreuses correspondances : « Le coiffeur, le cireur, le maître de bains sont trois produits fréquents des pays méditerranées » (p. 68). Cette Méditerranée, plus ou moins rêvée, se signale par un mélange savant d’hédonisme et de mélancolie. Lieu du soleil, de la lumière, du bonheur et de la renaissance, la Méditerranée de Barthes s’inscrit dans le sillage de Gide (Les Nourritures terrestres, L’Immoraliste, Si le grain ne meurt) pour raconter une fois encore l’émancipation morale et sexuelle d’un jeune homme, de culture protestante, ouvert à toutes les aventures que propose cet Orient aux portes de l’Occident. Il faut également compter sur l’influence de Camus qui fait ainsi entrer l’Algérie dans le jeu des correspondances. La description de Délos, dans le texte de 1944, justifie pleinement un tel rapprochement : Cette succession ordonnée de lumière et d’horizons plus solides me symbolise les noces de la terre et de l’eau, nulle part plus somptueuse qu’ici ; l’île est le centre d’un embrasement solaire ; le soleil insiste, il épaissit le sang ; il entre par les yeux, par les oreilles, on l’entend, c’est un silence térébrant ; puis il se dilue, allège, aspire ; il attache à chaque vague une épée de flammes. (p. 75)
Dans le même numéro d’Existences (ce n’est pas un hasard), Barthes publie une « Réflexion sur le style de L’Étranger », roman qu’il a lu dès sa parution et qu’il admire beaucoup. Le dialogue entre les deux auteurs et entre les deux articles (sur la Grèce et sur Camus) frappe par son évidence : la présence du mot « noce » rappelle le livre où Camus célèbre les bonheurs de Tipaza (Noces, 1939) ; la rencontre heureuse de la terre et de l’eau (sans oublier le ciel) correspond à l’harmonie du paysage camusien qui rapproche les mondes sans les confondre ; l’« épée de flammes », enfin, rappelle les métaphores qui clôturent la scène du meurtre sur la plage écrasée de soleil.3 Très conscient de la tradition dans laquelle il s’inscrit, Barthes imprime sa marque personnelle en associant l’hédonisme du voyage aux éléments les plus ordinaires, voire les plus anodins, de la vie quotidienne. Comme on l’a vu précédemment, le goût du café, la beauté des fleurs, la consistance du marc qui craque sous la dent, donnent lieu à des notations ténues, loin du grand lyrisme camusien ou des Nourritures terrestres. Dans l’article de 1944, comme dans les fiches de 1978, Barthes vante les vertus d’une ivresse légère qui permet au sujet de décoller du monde sans perdre la maîtrise de soi et le contact avec la réalité. Quand il évoque, dans deux fiches écrites au Maroc, l’ivresse heureuse produite par le vin de
3 Dans « L’Étranger, roman solaire », paru en 1954, Barthes propose une description qui rappelle fortement le passage consacré à Délos dans « En Grèce ».
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Boulaouane (« Vinum laetificat », ajoute-t-il en commentaire), Barthes se souvient-il de l’usage qu’il décrivait en 1944 dans le fragment « Acrocôlia » ? Les Grecs ont l’habitude de couper leur vin avec de l’eau : C’est la preuve d’une sobriété ingénieuse, entretenue non par vertu, mais pour donner un envol plus léger au lâcher des ivresses, des extases, des passions. Une ivresse obtenue avec peu de vin est d’une qualité tout autre qu’une ivresse massive ; s’enivrer à peu de frais était tout un art qui conduisait à des états d’une exquise singularité, presque divins ; les Orientaux – partout si proches des Grecs – pratiquaient la même ascèse ; il y a là-dessus des vers d’un poète persan. (p. 71)
Ces notations apparemment anodines en disent long sur la prédilection de Barthes pour une conscience qui reste lucide jusque dans la dérive, sur sa méfiance pour les drogues qui altèrent le jugement, et même sur sa préférence pour le fantasme contre le rêve. La présence des hommes jeunes établit une autre grande différence avec l’auteur de Noces et même avec le désir gidien, plus ironique ou plus médiatisé. Le texte de 1944 reste très allusif, même s’il n’est pas difficile (rétrospectivement au moins) d’en déchiffrer les non-dits. La description des statues (« les statues actuelles, sortes d’anges de la volupté, dont le nu garde quelque chose de janséniste »), l’apparition du beau berger qui rappelle les photographies de Wilhelm von Gloeden4 (« il avait des mèches blondes, des yeux bleus, un profil pur et un air de vénusté répandu sur tout lui »), le passage des noms masculins créent un érotisme savamment contrôlé. En 1978, dans les fiches destinées à son seul usage, Barthes se montre plus direct, plus cru, quand il s’agit de décrire la beauté sexuelle des statues. Mais d’un texte à l’autre, d’une époque à l’autre, on relève la même dialectique des mots et des corps, le même dialogue de la culture et de l’aventure. Ainsi, en 1944, l’apparition du berger de seize ans appelle-t-elle le commentaire suivant : « c’était Charmide, c’était Lysis, Clinias ou Antolycos » ; ainsi, en 1978, Barthes s’émerveille des prénoms grecs qu’il donne dans une traduction française : Diamant, Esprit, Toussaint, Liberté, Paris, Adoni… Toujours en 1978, la rencontre avec un certain Lefteris embrase chez Barthes un imaginaire littéraire, archéo-hellénique, platonicien, dont il souligne à la fois la familiarité et l’exotisme. Décidemment, la Méditerranée, espace à la fois géographique et culturel, ne sépare jamais le lecteur qui voyage et le voyageur qui a lu. Deux fiches de 1978 semblent occuper une place singulière dans cet univers très marqué par l’homosexualité. Entrant par hasard dans deux églises, Barthes découvre un mariage, puis un baptême, cérémonies orthodoxes qui lui procurent
4 Voir de Roland Barthes, « Wilhelm von Gloeden », OCV, 682–683.
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une grande émotion. Comment interpréter cette réaction positive suscitée par des sacrements qui renvoient nettement à l’hétérosexualité et à la famille ? Faut-il y voir une forme de nostalgie, une fascination à peine dissimulée pour la conjugalité et la filiation ? Une telle interprétation, toujours possible, ne paraît cependant guère convaincante. Il convient d’abord de le noter : dans un cas comme dans l’autre, le jugement de Barthes se montre sans indulgence. Les jeunes mariés (un couple conforme au magazine sentimental Nous deux), les personnages du baptême frappent par leur laideur et leur trivialité. Quant à la dimension religieuse ou sacré des cérémonies grecques, Barthes les exclut totalement et fait de cette exclusion même tout l’intérêt du spectacle. En effet, ce qui importe pour lui, c’est une réflexion sur la structure et sur le rituel. L’émotion provient d’une double prise de conscience. D’abord, la sociabilité, quelle qu’elle soit, protège le sujet de la solitude et de la déréliction. Ensuite, le code ou la règle crée un véritable repos, pour peu que le rituel soit « pur », libéré de toutes aspirations à la transcendance, religieuse ou philosophique. Ce mariage et ce baptême, sans la foi, sans la conjugalité, impressionnent Barthes par la rigueur d’un cérémonial qui n’a pas d’autre fin que lui-même, qui enchaîne avec simplicité des gestes prévisibles, mais dépourvus d’intériorité, de pathétique et de componction. Loin de la solitude de l’homosexuel en mal de sociabilité (il est toujours possible de se rattacher à une communauté d’élection) ou de postérité (le désir de filiation n’est pas une loi universelle et la création tient souvent lieu de procréation), ces cérémonies montrent combien pour Barthes la règle est loin de se confondre avec l’abus, combien le rite est nécessaire quand l’institution est haïssable. Il n’empêche : si l’article de 1944 témoigne clairement du plaisir de l’aventure, les fiches de 1978 révèlent un malaise qui trouble l’hédonisme par une forme de « cafard » (c’est le mot de Barthes). Un contexte de crise semble donner sens à ces déplacements qui se pensent comme des échappées et des dépaysements. En 1937, l’Europe est prise dans les turbulences politiques qui conduiront au second conflit mondial. Très conscient des dangers politiques, le jeune Barthes adhère au DRAF (Défense Républicaine Anti-Fasciste), en 1934, et c’est en pleine guerre, frappé par la maladie, qu’il écrit « En Grèce », réactivant un souvenir heureux en ces temps de malheur. Mais des malheurs du temps, l’article de 1944 ne porte nulle trace, sinon par contraste, comme un îlot de bonheur sur la montagne magique. En 1978 et en 1979, l’atmosphère s’est assombrie : les arrogances de 68, le décès de la mère, le projet incertain d’écrire un roman, créent une atmosphère de mélancolie qui cherche à se dissiper grâce au soleil et aux jeunes hommes de la Méditerranée. Quand en 1937 (ou 38), Barthes jouait du contraste entre la Grèce imaginaire et le spectacle réel du pays, les notes de 1978 multiplient les notations ambivalentes, écartelées entre le relevé de petits coins de paradis et le malaise que suscite la laideur ambiante. Ni la Grèce, ni le Maroc ne sont capables de renverser le courant,
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de proposer, comme le Japon, une utopie littéraire contre les déceptions du monde occidental. Les fiches de 1978 multiplient les notations contrastées, le beau voisinant avec le laid, la rencontre heureuse avec le règne des fâcheux. Assis à son bureau, Barthes partage le paysage en deux parties, l’une idyllique, presque paradisiaque, l’autre marquée par la déshérence d’un terrain vague ; même opposition dans les toilettes d’un restaurant qui frappent par leur délabrement et leur saleté, mais dont la lucarne ouvre sur un décor de rêve. Comme en fait état une fiche de 1978, Barthes pense un moment prendre sa retraite à Mahioula, tant le cadre lui paraît beau et apaisant. Mais le projet, à peine formulé, tourne court. Il faudrait que Barthes ne se sente pas de passage, qu’il puisse avoir un sentiment de propriété, qu’il ait la certitude d’être chez lui. Or, le voyageur, en Grèce ou ailleurs, n’est jamais chez lui : il finit toujours par rentrer à Paris.
Du monde à l’écriture Reste alors la littérature. La dernière année de sa vie, Barthes met en chantier le roman longtemps fantasmé. Aurait-il réalisé son projet ? On ne le saura jamais : un accident de la route et une maladie nosocomiale ont suspendu à jamais la réponse. Quoi qu’il en soit, le Fichier montre clairement que Barthes a travaillé jusqu’au bout au renouvellement de son écriture, hésitant entre une histoire de la littérature ou une forme plus explicitement romanesque (Vita Nova). C’est au Maroc que se produit la conversion du 15 avril 1978, mentionnée dans les esquisses de Vita Nova : Barthes décide comme une évidence de consacrer sa vie à la création littéraire. L’aventure recherchée en Grèce correspond ainsi également à une aventure littéraire, le séjour méditerranéen se transformant en un vaste atelier d’écriture. Cette attitude, exemplifiée dans les fiches de 1978, n’a rien de bien nouveau. Le premier voyage en Grèce, évoqué en 1944, doit déjà se lire à la fois comme une œuvre achevée et comme un banc d’essai pour un jeune homme qui explore les richesses du beau style. Il est fascinant de lire cet article dans son contexte historique, de pointer les élégances d’expression propres à une époque et à une formation ; il est tout aussi troublant de le replacer dans le contexte de l’œuvre à venir et de découvrir que certains traits stylistiques, certains choix poétiques vont devenir récurrents. À commencer pour le goût du mot rare, voire un peu précieux. La « vénusté » (p. 71) du berger, le silence « térébrant » (p. 73) de Délos, la couleur « alliciante » (p. 70) des statues, témoignent d’un souci d’écriture qu’on jugera sans doute un peu naïf. Mais, si Barthes renoncera rapidement aux raretés du dictionnaire, on se souvient que le mot « vénusté » l’accompagnera toute sa vie (à propos
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de la Zambinella dans S/Z, par exemple), que la même gourmandise d’écriture inspire le choix ou la création de tant de mots rares comme « studium » et « punctum », « obvie » et « obtus ». En lisant que « des rondelles de colonnes expriment leur blancheur au soleil » (p. 69), on s’amusera sans doute de l’antithèse un peu facile qui associe une expression familière (« rondelles de colonnes ») à une formulation presque chantournée (« expriment leur blancheur ») ; mais on se souviendra également du goût de Barthes pour le verbe « exprimer », qui renvoie moins à la mimésis ou à l’énonciation qu’à un fruit que l’on presse. En 1944, comme dans les décennies qui suivront, ce verbe signale autant le souci d’une certaine préciosité que la volonté de dire le monde dans sa matérialité, d’établir en personnifiant légèrement le citron ou la colonne une sorte de connivence sans illusion entre l’homme et le monde, entre le spectateur hédoniste et la sensualité des choses, en souvenir, peut-être, de « la tendre indifférence des choses » dont Meursault prend conscience à la fin de L’Étranger. Le même commentaire s’impose à propos du « voyageur torréfié » (p. 69) qui profite de la fraîcheur des musées. Par l’emploi inattendu de l’adjectif « torréfié », c’est une référence implicite au café méditerranéen que connote le texte, associant une fois encore l’homme à la nature, le sujet et son décor, en accord avec cette phénoménologie sensible qui traverse toute l’œuvre, de la critique thématique du Michelet jusqu’à La Chambre claire. Au-delà du simple choix des mots, l’article de 1944 manifeste le goût de Barthes pour leur agencement, pour la quête de la bonne formule et de la phrase juste. Relisant l’ensemble de ses livres afin d’écrire Roland Barthes par Roland Barthes, Barthes se vante, dans son Fichier de n’avoir jamais écrit de phrase nominale. Cette affirmation péremptoire est fausse, comme le début du fragment « Égine » le montre avec évidence : « Bois de pins très bas. Douce montée vers le temps, air pur et mouillé de l’aube, aurore sur les ruines blanches d’Aphala on aperçoit la côte claire de l’Attique » (p. 71). Mais, malgré son excès de généralisation, ce jugement de valeur témoigne avec évidence de l’importance que revêt la syntaxe dans toute l’œuvre de Barthes. Bon élève des écoles françaises (on y apprenait : sujet-verbecomplément !), marqué par la linguistique saussurienne, Barthes « idolâtre la phrase ».5 Il s’inscrit en cela dans le sillage de Flaubert qui voulait donner à chaque phrase le degré d’évidence et de nécessité qui n’appartient qu’au vers. Comment et pourquoi achever une phrase ? Tout l’enjeu de la création tient dans cette question pour une lignée d’écrivains dont Barthes est l’héritier. La réponse passe par l’examen de modèles qui appartiennent à la rhétorique et à la prosodie. La prolifération des constructions binaires ou ternaires dans l’article de 1944 témoigne de cette volonté de créer une sorte de suffisance syntaxi-
5 « Délibération », 1979, OCV, p. 670.
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que qui donne au lecteur le sentiment que la phrase a atteint sa plénitude, sans qu’il soit nécessaire de lui ôter ou de lui ajouter le moindre mot. Le modèle de l’alexandrin hante pareillement la prose française, avec pour injonction contradictoire de s’inspirer de sa puissance formulaire sans jamais recourir au vers blanc. L’article de 1944, si marqué par l’écriture artiste, ne manque pas lui aussi de compter avec le mètre favori de la poésie française. L’incipit de « Musées, statues » joue à sa manière avec les syllabes et les accents. En effet, la première phrase, dans sa volonté formulaire, comporte douze syllabes, comme un alexandrin : « Les musées sont frais au voyageur torréfié » (p. 69). Mais s’agit-il bien d’un alexandrin ? On parlera plutôt d’un dodécasyllabe, tant l’accentuation correspond peu au modèle canonique, qui place les deux accents principaux à la fin de chaque hémistiche, c’est-à-dire toutes les six syllabes. Il paraît bien difficile d’accentuer le « au », ce qui donne à la phrase une allure de mètre inachevé, de fantôme d’alexandrin. D’une manière très différente, ce même fantôme semble hanter le premier fragment « Îles » : Certaines de ces îles sont de simples rochers ; d’autres profilent des horizons brumeux dans des matins très clairs ; d’autres sont couvertes de bois de pins, d’autres enfin, sur leur terre violente, exposent les grands ossements blancs des villes évaporées. (p. 68)
Si l’on suit le déroulement de la phrase avec l’alexandrin dans l’oreille, on ne s’empêchera pas d’entendre un vers quasi parfait, pour peu qu’on l’on ne prononce pas le E muet de « îles » (« Certaines de ces îl(es) sont de simples rochers ») La phrase suivante semble s’émanciper de la versification (« d’autres profilent des horizons brumeux dans des matins très clairs ») ; mais il suffit de distinguer la protase et l’apodose, d’isoler les deux compléments d’objet et de temps (« des horizons brumeux dans des matins très clairs ») pour voir émerger un alexandrin parfait. Il en va de même avec la dernière partie de la phrase, résolument prosaïque (« d’autres sont couvertes de bois de pins, d’autres enfin, sur leur terre violente, exposent les grands ossements blancs des villes évaporées », p. 68). Ne suffitil pas encore d’isoler le complément d’objet du verbe « exposer », d’élider une nouvelle fois le E muet de « villes » pour entendre le vers fétiche de la poésie française ? Le fragment se termine par une formule théâtrale qui associe l’effet de chute, l’usage d’une métaphore pittoresque et la musique de l’alexandrin en sourdine : « les grands ossements blancs des vill(e)s évaporées ». Reste à envisager un dernier exercice, qui, bien au-delà de la phrase, concerne la composition du texte. Dans « Par où commencer? »,6 Barthes recommande
6 Dans « Par où commencer ? », paru dans le premier numéro de la revue Poétique, en 1972, Barthes compare le début et la fin de L’Île mystérieuse de Jules Verne. L’article est recueilli dans le to-
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de commencer l’analyse d’un ouvrage en en comparant le début et la fin, l’incipit et l’excipit. Si l’on applique cette consigne à l’article de 1944, force est de constater que le premier fragment contraste fortement avec le dernier. En effet, tout commence avec l’évocation des îles grecques, comme éparpillées sur la Méditerranée : « En Grèce, il y a tant d’îles qu’on ne sait si chacune est le centre ou le bord d’un archipel » (p. 68). Cette disposition souple et imprévisible semble anticiper un passage célèbre de Roland Barthes par Roland Barthes (« Le cercle des fragments »)7 et même la pensée archipélique d’Édouard Glissant, que Barthes ne connaissait pas. L’incipit d’« En Grèce » se lit surtout comme une métaphore du texte lui-même, qui se présente comme une suite de fragments autonomes, unifiés par la sensibilité du voyageur-écrivain. Mais on oublie souvent d’opposer le début à la fin de l’article, de confronter cette évocation d’un monde décentré, horizontal et pluriel à la longue description de « Délos » qui, au sens propre comme au sens figuré, change complètement la perspective : me voici arrêté, presque au sommet du Cynthe, sur la mosaïque d’une villa romaine ; les regards s’élèvent, l’île s’agrandit ; on la voit devenir le centre d’un cirque de Cyclades qui se dénombrent autour d’elles comme des liens bleus : Naxos, Paros, Andros, Tinos. Cette succession ordonnée de lumière et d’horizons plus solides me symbolise les noces de la terre et de l’eau, nulle part plus somptueuse qu’ici ; l’île est le centre d’un embrasement solaire ; le soleil insiste, il épaissit le sang ; il entre par les yeux, par les oreilles, on l’entend, c’est un silence térébrant ; puis il se dilue, allège, aspire ; il attache à chaque vague une épée de flammes. (p. 75)
Cette opposition, présente dès 1944, entre l’archipel et le panorama, ne renvoie-telle pas à deux aspirations à la fois contradictoires et complémentaires de toute l’œuvre de Barthes ? D’un côté, le goût pour les fragments, pour les constructions émancipées de la rhétorique et du récit ; de l’autre, une passion récurrente pour la vision d’en-haut, qui donne au spectateur un sentiment d’euphorie, de puissance (et parfois de malaise). Au sens propre, correspond le texte sur la Tour Eiffel ;8 au sens figuré, le panorama renvoie à Michelet qui surplombe l’histoire pour en rendre à la fois la présence et l’intelligibilité ; et, de façon générale, à l’attitude de l’intellectuel qui se détache du monde, prend de la hauteur pour en dire le sens et les mythologies. Toute la pensée de Barthes oscille entre la participation et le dé-
me IV des Œuvres complètes. C’est à ce roman de Jules Verne que Barthes consacre un cours à l’université de Rabat en 1970. 7 « Écrire par fragments : les fragments sont alors des pierres sur le pourtour du cercle : je m’étale en rond : tout mon petit univers en miettes : au centre, quoi ? » (OCIV, p. 670). 8 La Tour Eiffel, texte de Roland Barthes, photographies d’André Martin, paraît en 1964 chez Delpire éditeur ; le texte est repris dans le tome II des Œuvres complètes. Barthes évoque en particulier le dialogue symbolique entre la Tour et la cathédrale Notre-Dame.
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tachement, le surplomb et l’immersion. Et toute son écriture tente d’articuler le discontinu et le continu qui sont indispensables à la création d’une œuvre cohérente, libre et lisible. Les deux derniers livres de Barthes illustrent à l’envi cette double aspiration, exemplifiée par les îles grecques, pour l’architecture et pour les ruines. Quand Fragments d’un discours amoureux refuse de hiérarchiser les figures qui le composent et privilégie l’ordre alphabétique, La Chambre claire prend le parti d’une structuration linéaire, qui suit les différentes étapes d’une quête herméneutique. Cette obsession de trouver un équilibre entre continu et discontinu inspire également les fiches écrites en Grèce et au Maroc en 1978. Hanté par le désir du roman, Barthes se retourne une fois encore vers Proust qui fait de sa vie le matériau repensé de son œuvre. Mais il importe de marquer une grande différence avec l’auteur de La Recherche ; quand Proust (inspirateur de la quête de La Chambre claire) préserve la chronologie biographique, une fiche écrite au Maroc propose au contraire de « désyntagmiser » la vie, c’est-à-dire d’éparpiller dans l’œuvre une série de biographèmes, de notations glanées ici ou là et librement ré-agencées. Plus qu’à des questions de composition, les fiches révèlent un autre aspect de la création barthésienne, en mettant en scène, cette fois-ci, ni le beau style, ni la phrase dans sa rivalité avec le vers, ni les questions de composition, mais ce moment où la réalité devient mot. Les fiches témoignent de ce passage si difficile à matérialiser qui permet à chaque sujet, à chaque conscience de lancer la première étape du long processus qui transformera une expérience singulière en un texte destiné aux lecteurs. Il s’agissait tout à l’heure de trouver la forme juste, c’est-àdire la phrase qui donne le sentiment qu’il n’y a rien à ajouter; cette fois-ci, la justesse correspond à la manière dont le voyageur-écrivain concilie mimésis et sémiosis, le souci de dire la sensation et d’en transmettre l’intelligibilité. Au Maroc, comme en Grèce, Barthes s’est montré très attentif à la « vénusté » des jeunes gens qu’il rencontrait et tout particulièrement de leurs yeux. Barthes note son attirance pour la forme des prunelles d’un jeune Marocain qui lui rappelle un ami laissé à Paris. De belles fiches mettent en scène l’effort de l’écrivain pour dire la beauté du jeune Ahmed, tâtonnant autour de la réalité par un déploiement d’adjectifs et de métaphores, cherchant l’adjectif juste qui rendra compte de la spécificité du spectacle qui se présente au voyageur. La volonté obsessionnelle de dire les yeux d’Ahmed revient dans une seconde fiche, sans plus grand succès. De cet effort créateur, un passage de Roland Barthes par Roland Barthes donne clairement l’idée : « Je cherche peu à peu à rendre sa voix. J’essaye une approche adjective : agile, fragile, juvénile, un peu brisée ? Non, ce n’est pas exactement cela ; plutôt : sur-cultivée, ayant un arrière-goût anglais » (OCIV, p. 646). Si l’écrivain ne réussit pas toujours à dire, n’a-t-il pas plusieurs ruses dans son sac ? Ronsard, par
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exemple, pour rendre la douceur de la femme aimée, avait, comme le rappelle une note de Fragments d’un discours amoureux, trouvé la solution magnifique de sortir de la tautologie par un excès de tautologie : « Quand je fus pris au doux commencement/D’une douceur si doucettement douce » (OCIV, p. 243). Face aux yeux d’Ahmed, l’écrivain-voyageur s’en sortira lui aussi grâce à une solution de fortune qui dira malgré tout quelque chose de la singularité du jeune homme : « Je renonce. Un jour, le bon adjectif me viendra. Ou il sera : celui dont je ne puis décrire les yeux ». La Grèce comme le Maroc sont des terres d’« aventure »: aventure des rencontres, aventure de la vie, aventure de la littérature. D’une certaine manière, au-delà d’une description et d’une réflexion sur la Méditerranée, la Grèce se confond avec tous les lieux du monde qui stimulent l’écriture de Barthes, qui suscitent le pathos et provoquent ses mouvements d’humeur. Quand on s’intéresse au processus créateur, à la volonté de se situer au plus près des choses et des mots, on peine à définir une spécificité de la Grèce comme du Maroc. Quand il voyage ou quand il lit, Barthes fait semblant de s’oublier ; c’est toujours lui, c’est toujours sa subjectivité qu’il met au centre de toutes les opérations. Un premier mouvement l’amène à sortir de chez lui, à errer dans les rues de Paris, à répondre à différentes commandes pour écrire, quitte à travailler sur des auteurs (Racine) qu’il n’aime pas. Dans un second mouvement, il réduit la distance qui le sépare du spectacle et de l’objet, il s’approprie lentement ce qu’il a sous les yeux. En Grèce ou au Maroc, comme à Paris, Barthes est en quête du détail que le point, de la réalité qui lui parle, du beau visage qui l’attire, de la peine qui suscite sa compassion. En Grèce ou au Maroc, Barthes se comporte en écrivain qui poursuit le même cheminement créateur, conscient de la double nécessité de construire son œuvre et d’éviter de s’enfermer dans la répétition. Est-ce à dire que la Grèce et le Maroc – et même Paris – sont interchangeables ? qu’il ne s’agit que de lieux de circonstances, le même regard produisant le même effet quel que soit le spectacle ? La réponse ne peut être qu’ambiguë. Barthes voyage toujours avec lui-même, ici ou ailleurs. Mais la Grèce lui offre, malgré tout, une forme de singularité qui correspond à une forme de comble, voire de paroxysme. D’une certaine manière, parce qu’elle est une terre de haute culture et qu’elle confronte plus qu’un autre pays le voyageur à la puissance des imaginaires, parce qu’elle correspond à art de vivre prisé par Barthes, Gide ou Camus (évidence de la mer et du soleil, simplicité goûteuse des mets, facilité des rencontres), la Grèce (et le Maroc dans une certaine mesure) s’apparente à l’Arcadie. Mais une Arcadie sans naïveté, qui séduit sans faire oublier la présence de la mort et de la mélancolie. En Grèce comme au Maroc, Barthes trouve à satisfaire plus qu’ailleurs les plaisirs qui correspondent à ses goûts et à sa culture. Et plus qu’ailleurs aussi prend-il conscience de la vanité des choses de ce monde. « Et in Arcadia ego » : toute l’ambiguïté de cette phrase figu-
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rant sur un célèbre tableau de Poussin (« Moi aussi, j’ai vécu en Arcadie » ou « Même en Arcadie, moi, la mort, j’existe ») ne symbolise-t-elle pas le désir et l’illusion des paradis terrestres ?
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« Nous sommes baignés dans un monde muet » La poésie de Francis Ponge, mi-lieu entre Orient et Occident ? Faut-il que le monde soit la résultante de notre mouvement ? Un monde « en marche », modelé et modifié par notre désir d’aller ailleurs et de parcourir jusqu’à l’épuisement les possibles qu’il ouvre, peut-il être plus que le résultat irreprésentable d’une volonté à l’origine de sa transformation illimitée ? Et faut-il que la littérature soit la trace et le dépôt, voire même la gloire de cette ontologie de « l’être en mouvement » ? En ce moment inédit de l’histoire de la modernité occidentale arrêtée en pleine frénésie de mouvement, quand la circulation virale condamne mondialement les sociétés à freiner les déplacements, la question de ce que peut être l’image spontanée du monde en mouvement comme image de la pensée devient cruciale. Si les frustrations et les colères engendrées par l’impact immédiat que peuvent avoir les entraves à la liberté de circulation sur la survie économique des assignés à résidence condamnés à la faillite ou au déclassement sont pleinement compréhensibles, il en va autrement de l’impact non moins essentiel que cet arrêt du mouvement peut avoir sur la perception de la souveraineté individuelle en tant que liberté de mouvement et sur la perception du monde comme image-mouvement de la volonté. À l’ivresse de vitesse démultipliée par l’innovation techno-scientifique, le temps mort des mesures contraignantes (confinement, « couvre-feu », lockdown, shutdown, Nachtsperre, etc.) oppose une contre-image sidérante. Le nomade volontaire – et non contraint1 – s’effraie de ce vide imposé dans l’urgence, qui échappe au jeu des relations dialectiques rythmant et façonnant le quotidien de la vie dans le capitalisme avancé – repos/travail, stress/détente, suroccupation/délassement. Quand « l’individuo-globalisme »2 s’approprie les restes de pratiques
1 Paul Virilio distinguait entre un nomadisme choisi (celui que la techno-science nous offre : le sédentaire est partout chez soi) et un nomadisme contraint (celui des masses de réfugiés fuyant un monde ravagé : ce nomade n’est nulle part chez lui). Ce renversement définit mondialement le partage entre « riches » et « pauvres », dominants et dominés. Au libre déplacement des biens et des personnes s’oppose la fuite contrainte des masses migrantes. Cf. Paul Virilio/ Raymond Depardon et al. : Ailleurs commence ici. Arles : Actes Sud, Paris : Fondation Cartier pour l’art contemporain 2000. 2 Raphaël Liogier propose la notion suggestive d’individuo-globalisme pour définir l’attitude qui s’approprie toute forme d’altérité culturelle au profit d’une perspective strictement individualiste https://doi.org/10.1515/9783110730340-015
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fondamentales asiatiques comme le zen ou le yoga, c’est toujours dans un but de réparation de soi. Ce n’est pas pour mettre un arrêt au mouvement, c’est pour en réparer les dommages. Il en est tout autrement quand, du tao au zen en passant par bien d’autres pratiques culturelles et au cœur même de l’écriture, le vide ne s’oppose pas à la productivité dont le mouvement est la condition primordiale et dont l’horizon sans limites n’a alors brusquement plus face à lui de contraire dialectique. A la disposition de conquête qui définit l’Occident comme être en devenir dans un monde en mouvement lui renvoyant l’image de son propre devenir3 s’opposent toutes les pratiques et les pensées qui, d’Occident comme d’Orient, pensent l’humain comme être dans le monde. Augustin Berque, déplaçant les préoccupations de son père Jacques Berque vers d’autres Orients – Chine et Japon – a voué des décennies de travaux à cette question. Sans prétendre vouloir réduire l’extrême richesse de sa pensée à quelques formules, j’en retiendrai ceci pour mon propos : par une démarche qui croise, comme il le dit lui-même, « ce que Heidegger a vu comme un combat (Streit) du monde et de la terre »4 Berque définit ce qu’il nomme « le poème du monde » comme un entrelacs entre une pensée du lieu, culturellement et géographiquement donnée, et un projet d’universalisation émergeant du cœur même de chaque lieu singulier. Cet entrelacs des mots singuliers d’une culture, d’une habitation singulière du monde et d’un horizon universel, Augustin Berque l’appelle « écoumène » :
dans le système religieux mondial. Cf. Raphaël Liogier : La guerre des civilisations n’aura pas lieu. Coexistence et violence au XXIe siècle. Paris : CNRS Editions 2018, pp. 93–108. 3 C’est bien ce que s’attache à exposer la typologie romanesque bakhtinienne centrée sur le personnage, ou plus précisément sur ce que Bakhtine appelle « l’image du héros », située entre les deux pôles dialectiques – unité statique (quand le héros n’est qu’un point mobile dans l’espace) et unité dynamique (quand le héros devient, comme c’est le cas avec le Bildungsroman, une unité dynamique et une grandeur variable). Rien n’exprime mieux cette relation du mouvement de l’histoire à l’image du monde et du Soi que le parcours romanesque de la formation du personnage dans le mouvement qui le porte à rencontrer le monde – rencontre qui a lieu, précise Bakhtine, « dans le temps historique réel, nécessaire, avec son futur » (Michail M. Bakhtine : Esthétique de la création verbale. Paris : Gallimard 1984, p. 229). S’il admire la capacité de l’esthétique goethéenne à créer une plénitude temporelle sensible et visible, il n’admire pas moins sa conception d’un continuum évolutif historique qu’il place au centre de sa poétologie du roman d’apprentissage (cf. ibid., pp. 225–261). Or l’arrière-fonds de cette dialectique du devenir des formes romanesques est l’horizon d’une unité de la culture, dont la limite eurocentrée ne fait chez lui l’objet d’un repentir tardif que peu avant sa mort. En quelques phrases des cahiers de 1970–1971 il déplore combien l’oubli de l’Orient condamne une science eurocentrée à réduire « le monde infini de la littérature » à « un monde tout petit » (ibid., p. 360). 4 Augustin Berque : Basho, chôra, Tjukurrpa, ou le poème du monde. In : L’espace géographique, vol. 26, n°4 (1997), pp. 289–295, ici p. 293.
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Chaque personne y a sa part, si petite soit-elle, à la fois parce qu’elle y a lieu (et qu’en ce sens, l’écoumène engloutit la personne) et parce qu’elle contribue à créer ce lieu (et qu’en ce sens, la personne émerge de l’écoumène), la résultante de ce double mouvement, c’est-à-dire le poème du monde, tendant historiquement vers plus d’émergence que d’engloutissement.5
Ce qui a conduit Augustin Berque à combiner et repenser la géographie, la philosophie de Heidegger, la « mésologie » (la « Umwelt-Lehre » de von Uexküll) ce sont surtout les multiples impulsions qu’il a reçues, comme sinologue et japonologue, de la pensée chinoise et japonaise et, dans le cas du Japon, tout particulièrement de Watsuji Tetsurô.6 Mais une chose est de penser la relation insécable entre milieu, espace et culture comme « poème du monde », une autre de la penser dans et par le travail des mots comme justement le fait la poésie. Or sur ce point l’œuvre de Francis Ponge me semble tout indiquée pour répondre à l’impensé d’un « monde en mouvement » par une pratique visant à vider le monde de sa fiction par le poème. Alors que la notion d’eco-literature devient mondialement un sésame du recrutement universitaire, cette œuvre majeure bien trop oubliée se singularise fortement par sa manière de soulever la question d’un être au milieu du monde qui soit en même temps un être au milieu des mots : « Nous sommes « baignés dans le monde muet […] – qui est notre milieu naturel, notre seule, notre véritable patrie ; qui nous environne, nous traverse, nous alimente; dont nous faisons partie, dont nous ne sommes qu’un nœud – qu’un des nœuds » écrit Ponge dans Pour un Malherbe.7 Comparé à de nombreuses traditions orientales,8 il y a sans doute une originalité propre à la manière occidentale de dire le lieu par la parole poétique. C’est 5 Ibid. 6 Cf. Watsuji Tetsurô : Fudô. Le milieu humain. Commentaires et introduction par Augustin Berque, Paris : CNRS Editions 2011. Chez Watsuji Testsurō, Nishida Kitarō et l’école de Kyotō la pensée japonaise se reformule à partir du dialogue avec la philosophie occidentale, notamment de la phénoménologie et la problématique heideggerienne de l’être au monde. Reprenant à son compte cette appropriation japonaise de la pensée européenne, Augustin Berque en dégage une vision universelle afin de libérer la relation au monde de la réduction techno-scientifique de l’espace et de son aménagement technocratique. Pour une synthèse très complète de sa pensée voir Augustin Berque : Ecoumène. Introduction à l’étude des milieux humains. Paris : Belin 2009. Récemment, Berque souligne l’importance de la pensée du primatologue Imanishi Kinji et de sa conception de la « subjectivation de l’environnement » et de « l’environnementalisation du sujet » (« kankyô no shutaika, shutai no kankyôka »). Cf. Augustin Berque : Milieu, contingence et sens dans la nature. Texte écrit pour la Journée d’Etude Le milieu. Clermont-Ferrand : MSH (16.01.2020), non publié. 7 Francis Ponge : Œuvres complètes. Tome 1. Paris : Gallimard, Bibl. de la Pléiade 2001 (désormais F. Ponge, I), p. 1020. 8 Il suffit de penser au lien entre esthétique chinoise et « pensée du milieu » ou Tao, ou au lien tout aussi étroit entre bouddhisme zen et tradition poétique japonaise.
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une blessure, une inadéquation, très précisément ce que Hegel caractérise dans la Phénoménologie de l’esprit comme déchirement de l’esprit – « Zerrissenheit des Geistes » – dont Hölderlin est la figure tutélaire, à la fois jumelle et renversée. Mais la parole poétique peut-elle dire le regard ? Peut-elle travailler la contradiction entre le pouvoir sans limite de la parole poétique et le silence du monde ? Peut-elle seulement répondre à cette contradiction en l’absence de tout concept et par le seul biais de l’expérimentation poétique ? C’est justement cette question qui est au cœur de la pratique poétique pongienne, que lui-même résume en une formulation là encore en apparence (mais en apparence seulement) heideggerienne, à savoir « le regard-de-telle sorte qu’on-le-parle ».9 Alors que Ponge lui-même commence toujours par un vidage des concepts (« Je ne veux mettre dans la table que ce qui me vient naturellement d’elle, en chasser l’idée »,10 ou encore : « Il faut beaucoup de mots, agencés d’une certaine façon, pour détruire un concept »),11 la déchirure jamais comblée entre parole poétique et monde muet légitime pleinement la lecture croisée que fait Henri Maldiney de Ponge et Hegel, essentiellement à partir de la Phénoménologie de l’Esprit, dans un admirable texte, Le legs des choses dans l’œuvre de Francis Ponge.12 Dans ce petit livre lumineux Henry Maldiney aborde la question en rappelant que pour Hegel l’esprit, une fois affranchi des dures oppositions du monde éthique contrôlant la « conscience honnête » (« das ehrliche Bewusstsein »), peut se jouer de tout, y compris de soi. De par cette liberté infinie l’ontologie devient alors logologie et tout alors est indissociablement langue et discours. Cette thématique du discours infini de l’esprit qui hante la pensée allemande, pour le moins des fragments de l’Athenäum à Fichte et Hegel, partagée entre la liberté de l’esprit et un ab-solu poétique irrattrapable pour l’esprit souverain,13 se
9 La formule en extension, qui apparaît dans un texte intitulé Les façons du regard est celle-ci : « Il est une occupation à chaque instant en réserve en l’homme : c’est le regard-de-telle sorte qu’on-le-parle, la remarque de ce qui l’entoure et de son propre état au milieu de ce qui l’entoure. Il reconnaîtra aussitôt l’importance de chaque chose, et la muette supplication, les muettes instances qu’elles font qu’on les parle, à leur valeur, et pour elles-mêmes, – en dehors de toute valeur habituelle de signification, – sans choix et pourtant avec mesure, mais quelle mesure : la leur propre » (F. Ponge, I, 173). 10 Francis Ponge : Œuvres complètes, tome 2. Paris : Gallimard, Bibl. de la Pléiade, 2009 (désormais F. Ponge, II). p. 921. 11 F. Ponge, II, p. 920. 12 Henri Maldiney : Le legs des choses dans l’œuvre de Francis Ponge. Paris : Les éditions du Cerf, 1974, rééd. 2012. 13 Novalis en déploie la formule dans son admirable Monolog, dont la fin libératoire est justement la question du poème comme saut dans le non-savoir, et par là-même la preuve que ce qu’il est en train de dire sur le monologue de l’esprit se déployant dans et par la langue est, parce que
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comprend dans un contexte où Blanchot publie L’entretien infini et où Foucault peut parler à propos de Sade du Langage à l’infini. Il s’agit d’interroger le formalisme triomphant, quand celui qui écrit n’est plus que la conscience de soi de l’écrivain, de mettre en doute le règne du signe, quand la littérature, dit Maldiney (nous sommes en 1974) « ressemble plus à la langue qu’au discours ». C’est dans un tel contexte que Maldiney dit de Ponge que son œuvre cherche « l’avènement », c’est à-dire ce moment où « le monde devient monde » et où « la présence advient soi ». Maldiney veut arracher Ponge, qui contribue avec La figue (sèche) à Tel Quel dès le premier numéro, à une sémiotique facile en interrogeant la capacité de son écriture à faire que le monde devienne monde et que la présence advienne soi car « il n’y a de discours authentique que là où il n’y a pas d’univers du Discours, mais un Monde dont la signifiance s’articule dans la parole ». Maldiney nous engage donc à prendre en compte les deux mouvements contradictoires qui habitent son œuvre – « le parti pris des choses » et « la rage de l’expression ». Hegel et Ponge, nous dit Maldiney, posent en fait la même question : « Comment faire accéder les choses à la conscience ? ». Il prend à témoin Ponge écrivant dans Le carnet du bois de pin (dans La rage de l’expression) : « Bois de pins, sortez de la mort, de la non-remarque, de la non-conscience »14 et un peu plus loin « Surgissez bois de pin, surgissez dans la parole. L’on ne vous connaît pas. – Donnez votre formule. – Ce n’est pas pour rien que vous avez été remarqués par F. Ponge ».15 Point de départ ironique qui ouvre un espace poétique tout à fait original et qui n’appartient qu’à lui. Il ne s’agit nullement ici de substituer à la réalité des choses la toute puissance de la parole. L’ironie n’est justement pas ici la marque de l’esprit foncièrement libre, capable de se moquer de tout et de lui-même, il est le moment d’un travail exhibé comme tel. Le poème est son atelier – ses propres doutes, ses pannes, ses erreurs, le désespoir qu’il peut y avoir à ne pas arriver à trouver le médium et la méthode qui permettent de faire accéder les choses muettes à la conscience, et en même temps la notation de cette recherche comme moment du poème. Il faut donc sans cesse effacer, il n’y a que de faux mouvements de l’esprit. Mais il faut aussi laisser surgir le poème disant vrai, c’est-à-dire capable de donner la juste formule. En voici un exemple, au beau milieu du Carnet du bois de pin :
ce n’est qu’un discours, encore absolument non-poétique. Kleist, de son côté, dans Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden, exposera le paradoxe d’une avance de la pensée sur son intention dans le temps de son déploiement, donnant à l’impensé une avance de principe sur l’intention. 14 F. Ponge, I, p. 384. 15 F. Ponge, I, p. 385.
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13 août 1940 – Après-midi Il se forme, grandit et épaissit incessamment sur le même type, en de nombreux endroits du monde, des bâtiments plus ou moins vastes dont je vais essayer de décrire un modèle : Ils composent un rez-de-chaussée très haut de plafond (quoi que ce dernier terme soit impropre), et au-dessus une infinité d’étages, ou plutôt une charpente compliquée à l’extrême qui constitue étages supérieurs, plafond et toiture. Pas plus de mur que de toit à proprement parler : ils tiennent plutôt de la halle ou du préau. Une infinité de colonnes supportent cette absence de toiture. 17 août 1940 En ce qui concerne le bois de pin, je viens de relire mes notes. Peu de choses méritent d’être retenues. – Ce qui importe chez moi, c’est le sérieux avec lequel j’approche de l’objet, et d’autre part la très grande justesse de l’expression. Mais il faut que je me débarrasse à dire des choses plates et conventionnelles. Ce n’est pas vraiment la peine d’écrire si c’est pour cela.16
Le poème en gestation est détruit par l’introduction si prosaïque du jugement dans le poème. Il aurait fallu pour éviter la discontinuité ne pas mélanger la notation du retour critique sur l’acte poétique, épurer pour atteindre l’autonomie parfaite, soustraire jusqu’au moment parfait de suspension et d’assimilation des choses et de la parole comme le fait le haiku, et comme d’ailleurs souvent c’est le cas avec Ponge, si spontanément japonais, comme par exemple dans Souvenirs d’Avignon : « Une nuit d’éclair blanc sur les fenêtres. Dans tout le parc les graviers sonnent. Le tintamarre du portail pour aller porter une lettre. On ne voit pas beaucoup de personnes. »17 Cette poésie garde tout de l’indétermination libre de la pensée, mais elle parle de ce monde muet ouvert devant soi qui pour ainsi dire nous regarde, et qu’il faut écrire à partir du regard que nous avons sur lui. Ou plutôt qu’il faut écrire comme un regard doué de parole. C’est pourquoi le dire poétique du monde muet s’approche de si près du haiku, alors que parfois il s’en éloigne au maximum, comme par un étirement nécessaire de la pensée, mais de la pensée en dette envers ce qui lui fait face. Comme par exemple quand surgit inopinément dans Pour Un Malherbe ce poème à la Joie devant un bouquet de haricots : « O, la joie ! La joie par exemple de ce bouquet de haricots mis à sécher dans le hangar où je travaille. » A la fin de L’œillet Ponge conclut et sépare la conclusion du texte en la mettant en italiques : « Ainsi, voici le ton trouvé, où l’indifférence est atteinte ». Tout à partir de là « coulera de source … une autre fois. Et puis je puis aussi bien me taire ».18 Ici, rien qui ressemble à l’atelier poétique exhibé. C’est le poème définitif, celui que nous connaissons par son recueil le plus célèbre, Le parti pris des choses
16 F. Ponge, I, p. 384. 17 F. Ponge, II, p. 315. 18 F. Ponge, I, p. 365.
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justement. Poème définitif parce qu’il arrive, au terme d’un long travail de réduction, à atteindre ce point d’équilibre où la parole peut dire son entour avec justesse, mais comme de manière haptique, quand en une même phrase, une même formulation elle crée le point de jonction et de fusion entre les mots et les choses et la formule poétique de ce point de jonction. Ce n’est pas une formule exacte séparée, la formule sans la chose, comme lorsque la définition se protège du risque qui guette la description de déborder son objet de tous les côtés. Ce n’est pas non plus une description vouée à la glorification du pouvoir de la langue poétique (ce qui est le propre du Ding-Gedicht). C’est la juste formule de la rencontre avec le poème et son monde (Maldiney dit à juste titre « le moment où le monde devient monde »). Pour en donner un exemple dans Rhétorique résolue de l’œillet, qui sera justement conclu par la formule « Ainsi, le juste ton est trouvé, où l’indifférence est atteinte » (quoi de plus japonais que cette pensée ?) Ponge écrit : Cette plante d’abord ne diffère pas beaucoup du chiendent. Elle s’agrippe au sol qui paraît en cet endroit à la fois tôlé et sensible comme une gencive que percent des canines pointues. Si l’on cherche à extraire la petite touffe on n’y parvient pas sans difficulté, car l’on s’aperçoit qu’il y avait là-dessous une sorte de longue racine soulignant horizontalement la surface du sol, une longue volonté de résistance très tenace, relativement très considérable. Il s’agit d’une espèce de corde fort résistante et qui déroute l’extracteur, le force à changer la direction de son effort. C’est quelque chose qui ressemble fort à la phrase par laquelle j’essaie « actuellement » de l’exprimer, quelque chose qui se déroule moins qu’elle ne s’arrache, qui tient au sol par mille radicules adventices – et dont il est probable qu’elle cassera net (sous mon effort) avant que j’aie pu en extraire le principe. Connaissant ce danger, je le risque vicieusement, sans vergogne, à différentes reprises. Assez là-dessus n’est-ce pas ? Lâchons la racine de notre œillet.19
On voit l’acteur sur la scène de son action, il est même la scène de son action jusqu’au moment où par un effet de distanciation il s’en retire. L’acteur, c’est-à-dire quoi ou qui ? Ponge qui écrit ? Le langage qui se dit ? L’œillet qui donne le ton ? Ce n’est pas la même voix (ni le même Soi) qui dit au début « Cette plante d’abord ne diffère pas beaucoup du chiendent » (voix de la description scientifique : l’objet est un objet) puis ensuite « Elle s’agrippe au sol qui paraît en cet endroit à la fois tôlé et sensible comme une gencive que percent des canines pointues » (voix identifiable comme voix poétique identifiant celui qui écrit comme poète) – et qui ajoute « Si l’on cherche à extraire la petite touffe on n’y parvient pas sans difficulté, car l’on s’aperçoit qu’il y avait là-dessous une sorte de longue racine soulignant horizontalement la surface du sol, une longue volonté de résistance très te-
19 F. Ponge, I, p. 364.
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nace etc. », voix très particulière, clairement identifiable comme cette capacité qu’a Ponge de neutraliser le général et le particulier, l’abstrait et le sensible, non pour atteindre une sorte d’indécision neutre entre pensée abstraite et parole sensible, mais pour forcer le général (car c’est de tout œillet qu’il s’agit) à devenir singulier, car le résultat poétique atteint ne peut l’être que par une longue observation participante, jusqu’à être comme dans la chose, à se confondre avec ses qualités, comme si l’œil arrivait à écrire. Ce que fait la main et ce que fait le regard qui en suit le mouvement est très exactement ce que fait et dit la phrase : « Si l’on cherche à extraire la petite touffe on n’y parvient pas sans difficulté, car l’on s’aperçoit qu’il y avait là-dessous une sorte de longue racine soulignant horizontalement la surface du sol, une longue volonté de résistance très tenace, relativement très considérable », etc. Il faut autant de temps pour lire cette phrase qu’il en faut à la main pour tester la résistance et la fragilité de la tige et de la racine. Mais maintenant que l’on est comme au terme de la rencontre entre le poème et la chose, si bien que l’œillet est bien cet œillet – à la fois tout œillet et celui que le poème choisit d’approcher comme s’il était le seul parmi tous – quand donc la dialectique de l’universel et du singulier, de la qualification et du montrer un icilà atteint ce moment d’équilibre, le poème se retire de cette rencontre pour en livrer la poétique. C’est le moment de l’ironie, de l’indifférence libre de l’esprit, et beaucoup plus en même temps. C’est l’indissociabilité de l’arrachement du monde au silence et de l’effort poétique car, comme le dit la fin de ce passage, les mots sont infiniment plus fragiles qu’on ne le pense, ils tiennent eux aussi au sol du langage « par mille racines adventices ». Le poète doit avoir le doigté du cueilleur ou du jardinier. Le poétique c’est le doigté, c’est aussi la conscience que les mots cassent vite et qu’ils sont entés au terreau de la langue comme par de très fines radicelles. On peut dire la vérité du mimosa. Elle existe. Mais il faut l’extraire, et même en extraire le principe. Mais ce n’est pas un processus d’épuration catégoriel. Elle ne se gagnera pas (ne se dira pas) autrement que par le doigté de la phrase. C’est bien ce qu’exprime la conclusion du texte : « Ainsi voici le ton trouvé, où l’indifférence est atteinte ». Cette indifférence est paradoxalement l’arrêt d’une attention que l’on pourrait dire sacrée, mais il s’agit d’un sacré entièrement immanent à la langue, à la sensation et à la sensibilité. Entre le monde muet et le risque stérile de la liberté poétique, Ponge choisit le respect : « L’objet est toujours plus important, plus intéressant, plus capable (plein de droits) : il n’a aucun devoir vis-à-vis de moi, c’est moi qui ai tous les égards envers lui ».20
20 F. Ponge, I, p. 337.
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Dans un texte inclus dans L’art, l’éclair de l’Être,21 intitulé « Une phénoménologie à l’impossible : la poésie » (non pas de l’impossible, mais à l’impossible), où Maldiney rencontre la relation Orient/Occident, en l’occurrence à partir de la pensée chinoise, on retrouve la question du chassé-croisé entre phénoménologie et poésie. Partant de la célèbre formule heideggerienne de Aus der Erfahrung des Denkens, à savoir : « La poésie qui pense est la topologie de l’être… à celui-ci elle dit le lieu où il se déploie ».22 Maldiney rappelle que le mot poétique et le concept sont « deux prétendants parallèles à l’ontologie ». La parole poétique ne vise pas la vérité du dire de l’être et la monstration du phénomène dans le dire philosophique, elle est une force en négatif. Il n’y a pas une puissance du concept et une impuissance du mot poétique, mais au contraire pour le mot poétique une impuissance à conquérir. C’est à cette charnière que la poésie rejoint la visée phénoménologique et s’en sépare. Elle la rejoint parce que sa visée est de montrer ce qui ne se montre pas, mais elle s’en sépare parce qu’elle relève d’une autre qualité de puissance.23 Que Ponge ne dise pas en termes philosophiques cette filiation séparée, quoi de plus logique. Dans La Table il écrit : « Il faut beaucoup de mots pour détruire un seul mot (ou plutôt pour faire de ce mot non plus un concept, mais un conceptacle »). De la table il faut chasser l’idée, il faut ne mettre « que ce qui me vient naturellement d’elle ».24 Plus directement : « Il faut beaucoup de mots, agencés d’une certaine façon, pour détruire un concept ». Ou, à propos du peintre Olivier Debré « L’artiste cesse de regarder, il tire au but. L’objet certes accuse le coup. La vérité se renvole, indemne. La métamorphose a eu lieu ».25
21 Henry Maldiney : L’art, l’éclair de l’être. Paris : Editions Comp’Act 1993, rééd. Paris : Editions du Cerf 2012. 22 « Aber das denkende Dichten ist in der Wahrheit die Topologie des Seyns. Sie sagt diesem die Ortschaft seines Wesens ». Martin Heidegger : Aus der Erfahrung des Denkens. Pfullingen : Neske 1947, p. 23. 23 Maldiney précise : « une lucidité puissancielle, lucidité non de savoir mais de puissance, qui lui révèle sa limite et le sens de sa limite » (ibid., p. 38). Face au « monde muet » (ou plutôt en son milieu) la poésie de Ponge est donc bien plus proche, malgré l’absolue différence qui sépare le mot du « Begriff », de la dialectique phénoménologique hégelienne que de Camus, lequel – malentendu complet – identifie ce silence du monde à l’absurdité quand il écrit à Ponge le 27 janvier 1943 : « Je pense que le Parti pris est une œuvre absurde à l’état pur, je veux dire celle qui naît, conclusion autant qu’illustration, à l’extrémité d’une philosophie de la non-signification du monde. » Albert Camus : « Lettre au sujet du Parti pris ». In : Nouvelle Revue Française, 4e année, n° 45 (1er septembre 1956) : « Hommage à Francis Ponge », p. 386. 24 F. Ponge, II, p. 921. 25 F. Ponge, II, p. 658.
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Le poète est « l’ambassadeur du monde muet » et le rôle de la poésie de « nourrir l’esprit de l’homme en l’abouchant au cosmos ». Pour cela, il suffit d’abaisser notre prétention à dominer la nature et d’élever notre prétention à en faire physiquement partie pour que la réconciliation ait lieu. Quand l’homme sera fier non seulement d’être le lieu où s’élaborent les idées et les sentiments mais aussi bien le nœud où ils se détruisent et se confondent, il sera alors prêt d’être sauvé. L’espoir est donc dans une poésie par laquelle le monde envahisse à ce point l’esprit de l’homme qu’il en perde à peu près la parole, puis réinvente un jargon […] Comme tels, ils balbutient, ils murmurent, ils s’enfoncent dans la nuit du logos, – jusqu’à ce qu’enfin ils se retrouvent au niveau des RACINES, où se confondent les choses et les formulations».26
* Ce nœud, cette con-fusion des choses et des formulations, c’est aussi le fait que le monde, comme le dit Maldiney dans « Une phénoménologie à l’impossible : la poésie », est la nature originaire du dit poétique dont les mots, dans le monde, « nomment au monde » ce qu’ils « font sortir du rien » : Il y a un être au monde des noms. Mais il faut pour l’entendre ne pas confondre la nomination avec la désignation. Les noms ne désignent pas quelque chose logé dans le monde, un objet. Ils nomment au monde ce qu’ils font sortir du Rien.27
A l’opposé de la poétologie bakhtinienne hiérarchisant les formes romanesques en fonction de leur capacité à assimiler le mouvement de l’histoire, l’horizon poétique, comme l’écrit Maldiney, « n’est pas l’horizon d’un projet, mais l’ouverture – rendue possible par l’appel – de ce qui de soi […] n’est pas tourné vers nous : le vide, le rien, le monde muet ». La parole poétique « appelle au vide » comme pour la peinture chinoise il faut qu’il y ait du vide dans le plein. Le lieu est alors non pas « le monde » face au poète, mais « ce qui appelle le vide à susciter un lieu ».28 Rien d’étonnant si c’est dans la pensée chinoise, dans « le grand vide médian » que le plus profond de la poésie occidentale29 rencontre, proprement un « MILIEU entre Orient et Occident ».
26 F. Ponge, II, pp. 650–651. 27 Henri Maldiney : L’art, l’éclair de l’être, pp. 61–62. 28 Ibid., p. 62. 29 Dans ce texte, ce n’est pas Ponge mais André du Bouchet et Hölderlin qui permettent à Maldiney de faire un lien entre vide médian et Rien poétique. Mais en Islam aussi (chez Hallaj, Ibn ‘Arabî, Farid Eddine Attar, Rumî et tant d’autres, ou dans la poésie moderne qui en est l’héritière comme chez Salah Stétié ou Adonis), au cœur du caché (« bâtin ») le lieu de présence divine est un « non lieu » (« lâ makan » en arabe, « nâkodja » en persan).
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Ce ne sont là que quelques exemples, quelques points de jonction. Mais ils suffisent à indiquer combien de tels MI-LIEUX entre Orient et Occident peuvent offrir de points de résistance, de contre-images et de lignes de fuite internes aux mondes sans visage que les puissances techno-scientifiques de la volonté subjective transformatrice déploient à chaque instant. Dans cette gigantesque lutte des contraires, nul ne sait ce qu’il adviendra de notre rencontre avec le monde et de ses métamorphoses dans le temps historique réel, nécessaire, avec son futur – pour le redire (et en même temps le dédire) avec les mots même de Bakhtine.
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Mouvement(s) exotique(s) et ekphrasis Sur le primitivisme des avant-gardes Ottmar Ette n’a cessé d’explorer les rapports littéraires à l’étranger et à l’altérité, rencontrant parfois le courant littéraire et artistique qu’on nomme exotisme. À propos de la description par Alexander von Humboldt de son arrivée à La Havane,1 il a notamment relevé l’ambivalence des « fabuleuses métamorphoses des tropiques » : Comme dans un pays de cocagne produisant des impressions exotiques, l’Européen se croit comblé, oubliant le danger qui le guette. Imperceptiblement – on se rappellera le discours européen de la « sauvagerie » analysé par Hayden White –, la plénitude peut devenir un piège qui se referme : les tropiques sont à la fois « rêve » et « abîme », paradis et enfer. L’espace mobile circumplanétaire situé entre les lignes des tropiques voit converger les forces qui meuvent le monde.2
L’exotisme littéraire, qui transforme les terres lointaines en autant de pays de cocagne, a été souvent étudié par la critique. En revanche, il est une forme d’exotisme un peu oubliée alors qu’elle est une inspiration occidentale majeure : un exotisme qui s’engendre au carrefour du littéraire et d’autres champs esthétiques, notamment la peinture, et que l’on peut présenter comme un exotisme de l’ekphrasis. C’est ce type exotique que nous voudrions rapidement aborder et décrire. La critique européenne, qui condamne habituellement l’exotisme en raison du sens étroit qu’elle attache au mot, ne retient pas dans sa recension dédaigneuse des formes exotiques ces grands mouvements, assez peu nombreux dans l’histoire de l’art, par lesquels s’opère et se signale un changement de goût, où « l’œil » d’une génération se transforme sous l’influence d’œuvres surgies un peu au hasard de civilisations jusqu’alors englouties sous les confusions du cliché ou
1 Le texte est le suivant : « Dans un mélange d’impressions si douces, l’Européen oublie le danger qui le menace au sein des cités populeuses des Antilles ; il cherche à saisir les éléments divers d’un vaste paysage, à contempler ces châteaux forts […], ces palmiers qui s’élèvent à une hauteur prodigieuse, cette ville à demi cachée par une forêt de mâts et la voilure des vaisseaux » (Alexander von Humboldt : Relation historique du Voyage aux Régions équinoxiales du Nouveau Continent [1824–1825, Paris], éd. Hanno Beck. Stuttgart : Brockhaus 1970, t. 3, p. 348). 2 Ottmar Ette : TransArea. Une histoire littéraire de la mondialisation [TransArea. Eine literarische Globalisierungsgeschichte, 2012], trad. Chloé Chaudet. Paris : Classiques Garnier 2019, pp. 130‒ 131. https://doi.org/10.1515/9783110730340-016
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les profondeurs d’une terra incognita. Ces dynamismes esthétiques sont une partie essentielle de l’exotisme entendu comme fait littéraire et culturel. Le japonisme, l’intérêt renaissant pour l’art byzantin, les survivances de la chinoiserie du tournant du XIX e siècle, et tout particulièrement le primitivisme, sur lequel nous nous focaliserons, constituent autant d’aspects d’un exotisme européen qui a changé la face de l’esthétique contemporaine.
1 Exotisme et ekphrasis Le mode le plus simple de cette assimilation de l’art étranger est l’introduction d’éléments venus d’une autre tradition dans une œuvre. Le portrait Madame Monet en costume japonais (1875) par Claude Monet, le fameux service de table en grès peint par Felix Bracquemond (1866–1875) d’après des copies tirées de la Manga de Hokusaï ou les livres qu’Edmond de Goncourt consacre à Utamaro (1891) et à Hokusaï (1896) relèvent de cette technique. Les procédés de cet exotisme sont variables : description, représentation, collage, choix d’une forme ou d’une structure de présentation venant renouveler le traitement d’un sujet. Pourtant, cette incorporation a ses spécificités. Elle détermine un aspect particulier de l’exotisme : le geste de captation d’une œuvre d’art à des fins de renouveau ou de réflexion sur l’esthétique. Cet exotisme se compose ainsi de l’ensemble des œuvres, littéraires ou artistiques, qui incorporent une œuvre appartenant aux traditions esthétiques d’une autre culture. Sous la diversité des effets ‒ copie pure et simple, distance un peu ironique à l’égard de ce qui est perçu comme une mode intéressante,3 souci de justifier son art grâce à une esthétique à la fois différente et proche4 ‒ est toujours attestée une méditation de l’artiste sur sa création menée à la lumière d’une autre tradition, d’une autre sensibilité, souvent aussi d’une autre époque. La découverte de l’art « primitif » par les artistes au tournant du XIXe siècle, de Paul Gauguin à Pablo Picasso, a facilité sinon entraîné une évolution décisive de l’art moderne. Le japonisme, un peu antérieur, autorise une évolution comparable puisque c’est de là que naît un certain rapport à l’abstraction, indiquant le chemin vers l’art moderne du XXe siècle. À son aboutissement, l’influence de cet exotisme autorise une transformation du style de l’artiste en raison de l’intériorisation des traditions esthétiques étran3 Nous pensons ici à Madame Monet en costume japonais de Claude Monet (1875) à la Lily Grenier en kimono (vers 1888) de Toulouse-Lautrec. 4 Nous pensons ici aux livres d’Edmond de Goncourt, ou encore à l’influence de la gravure japonaise sur les artistes expressionnistes de Die Brücke.
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gères. En termes rhétoriques, cette incorporation répond à ce que les rhétoriciens grecs puis latins nommaient l’ekphrasis : la description littéraire (intégrée ou non à un récit) d’une œuvre d’art réelle ou imaginaire ‒ peinture, tapisserie, architecture, bas-relief, coupe ciselée, etc. ‒ dans une fiction. Il s’agit de « la partie d’un texte qui décrit artistiquement un objet déjà constitué comme une œuvre d’art »,5 où se dessine, par un effet moderne de mise en abyme, une réflexion de l’artiste sur son art. L’ekphrasis est en l’occurrence d’un type particulier puisqu’elle décrit une œuvre appartenant à une tradition étrangère. Il s’agit donc d’une ekphrasis exotique définie comme la description littéraire d’une œuvre d’art (réelle ou imaginaire) appartenant aux traditions esthétiques d’une autre culture. Peut-être est-il dans la vocation de l’ekphrasis exotique d’être en quelque sorte assimilée dans un texte jusqu’à le saturer de tous les aspects de sa nouveauté, si bien que sa forme première, purement descriptive, s’évanouit souvent dans une œuvre globalement modifiée par l’influence étrangère. Il paraît d’autant plus nécessaire d’identifier cet exotisme ekphrastique qu’au XXe siècle, il a atteint un développement jusqu’alors inouï en raison de la généralisation des échanges entre les traditions esthétiques. Producteur de formes diffuses, fragmentaires, parcellaires mais aussi novatrices, il correspond à deux tendances propres à l’artiste contemporain : le métissage, entendu comme situation au carrefour de toutes les traditions esthétiques, et la réflexivité, caractéristique d’un artiste toujours plus soucieux de s’interroger sur les présupposés de sa création et sur son statut dans la société. À cet égard, le primitivisme des avant-gardes constitue un exemple remarquable.
2 Le primitivisme Il y a chez les avant-gardes une mystique de la terre vierge dont certains pays lointains constituent la métaphore privilégiée. Antipodes géographiques et spirituels, ces terres dévoilent la pure sauvagerie étouffée chez l’homme « civilisé ». Le mouvement est partout identique : retour aux sources de la vie spirituelle et créatrice, rétablissement des contacts originels avec la réalité et la vie, conception de l’enfant et de l’adolescent comme « primitifs » de la sensibilité et de l’imagination.6 La Carte du monde idéale (1929) des surréalistes fixe ainsi un voyage de l’esprit où
5 Philippe Hamon : La Description littéraire. De l’Antiquité à Roland Barthes : une anthologie. Paris : Macula 1991, p. 8. 6 Sur le lexique de ce primitivisme, voir Joachim Schultz : Wild, Irre und Rein. Wörterbuch zum Primitivismus der literarischen Avantgarden zwischen 1900 und 1940. Giessen : Anabas-Verlag 1995.
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se mêlent Pacifique, îles Hawaï, Asie, Chine, autrement dit les pays « primitifs » ou bien ceux qui permettent encore à la poésie d’exister dans la vie des hommes.7 Le primitivisme fascine d’abord les avant-gardes pour sa force d’affranchissement à l’égard de l’Occident. Selon elles, la civilisation n’est rien d’autre que ce qui réfrène l’imagination et demeure incapable de s’accorder à ses libres forces. Trois grands courants correspondent à cet appel à la libération intérieure : l’intérêt pour « l’art nègre », le goût du mythe, et ce « primitivisme intégral » qu’est le surréalisme, selon une formule de Picasso.8 André Breton l’a rappelé : « l’écrivain et l’artiste, dans le dernier tiers du XIXe siècle, subissent électivement l’influence de l’art japonais alors que le début du XXe siècle les trouve tournés vers l’interrogation de l’art africain ».9 L’intérêt pour l’Afrique s’était éveillé en Europe dès les années 1860 grâce aux explorateurs. À l’époque du Congrès de Berlin, les ethnologues rapportaient de plus en plus de spécimens d’un art qui intriguait. Bientôt, cette production esthétique allait prendre une importance notoire, s’étendant à toute l’Europe à partir de la France. La première exposition sinon exclusivement consacrée à « l’art nègre », du moins désignant explicitement la sculpture africaine comme telle se tient dans les locaux des Galeries Levesque de mai à juin 1913.10 C’est le départ en Europe d’une mode nègre qui a commencé avec l’introduction dans la société parisienne du goût pour les formes brutes et les couleurs qui avaient d’abord séduit les artistes,11 mais qui n’est pas cantonnée au milieu des créateurs. Si les fétiches africains s’entassent dans les ateliers de Picasso, Braque ou Archipenko, la « mode nègre » est aussi celle du jazz des Noirs américains, évoqué par Morand dans Magie noire, chronique du XXe siècle (1928), et jusqu’à la Revue Nègre du théâtre des Champs Élysées (1925) ou à Joséphine Baker aux Folies Bergères, marques d’un primitivisme bon marché.
7 André Breton : Entretiens. Paris : Gallimard 1969, pp. 280‒281. 8 Pablo Picasso : « Le surréalisme et la peinture ». In : La Révolution surréaliste, n°14 (juillet 1925), pp. 26‒30, p. 27. 9 André Breton : La Clé des champs. Paris : Pauvert 1967, p. 267. 10 Nous renvoyons à Jean Laude : La Peinture française et « l’Art nègre » (1905–1914). Paris : Klincksieck 1968. 11 On sait l’intérêt de Guillaume Apollinaire pour « l’art primitif » (les fétiches d’Océanie et de Guinée sont mentionnés dans le poème « Zone », en 1912). Dans les années 1920, livres et articles sur les « arts primitifs » se multiplient : Henri Clouzot et André Level : L’Art nègre et l’Art océanien. Paris : Devambez 1919 ; « Opinions sur l’art nègre » (rédigées par Jean Cocteau, Juan Gris, Jacques Lichpitz, Pablo Picasso...) dans la revue Action en 1920, photographies d’objets « primitifs » dans les revues d’art de la fin des années 1920 et des années 1930 (Documents, Cahiers d’art, La Révolution surréaliste, Minotaure).
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Le mouvement Dada a été le premier courant littéraire à s’intéresser à « l’art nègre ». Du début de la Première Guerre mondiale jusqu’aux années 1920, les activités de Dada-New York et surtout de Dada-Zürich élargissent le champ de la littérature et des arts visuels. Marqué par le carnage de la guerre, Dada était mu par une volonté de révolte dirigée non pas contre telle ou telle convention artistique mais contre l’art lui-même. Admettant la coexistence, juxtaposition ou simultanéité de tous les contraires, sans rechercher la synthèse ‒ comme le fera le surréalisme ‒, Dada était conduit vers « l’art primitif » et les domaines qui lui sont ordinairement associés, « l’art naïf » et la création enfantine. Jean Arp l’a reconnu : « Nous cherchions un art élémentaire qui devait, pensions-nous, sauver les hommes de la folie furieuse de ces temps ».12 Tristan Tzara fut le plus intéressé par cet art : il semble qu’il fût le seul membre du groupe de Zürich à posséder des sculptures africaines.13 En 1917, il publia une étude sur les arts africain et océanien, suivie en 1929 d’articles sur les esthétiques océanienne et pré-colombienne.14 Sa « Note 6 sur l’art nègre »15 souligne brièvement la nécessité d’une vision synthétique de l’art, allant au-delà de la simple représentation superficielle et de l’imitation servile des formes naturelles pour exprimer leurs qualités intrinsèques. Tzara développe l’idée que l’art tribal vaut comme exemple primordial de la créativité humaine. À ce stade remarquable, l’art reflète les relations cachées entre les éléments naturels. Ce rêve de débordement des censures civilisées mènera Tzara à produire des adaptations de chants océaniens pour la revue Dada, des spécimens d’art « primitif » qui servirent de modèle à ce qu’on a pu appeler le langage « pseudo-africain » de Dada. Au-delà d’un thème dont on identifie assez mal les traces linguistiques,16 il s’agissait avec ces Verse ohne Worte,17 de parvenir à une poésie primordiale dans le vertige d’un retour vers l’authenticité d’une « parole première ».
12 Jean Arp : Jours effeuillés. Paris : Gallimard 1966, p. 306. 13 Voir Evan Maurer : Dada et surréalisme. In : William Rubin (éd. et dir.), Le Primitivisme dans l’art du XX e siècle. Les artistes modernes devant l’art tribal, catalogue de l’exposition. New York : MoMA 1984 ; éd. française remaniée sous la direction de Jean-Louis Paudrat. Paris : Flammarion 1987, pp. 535–593, p. 540 ; Jean-Gérard Lapacherie : Peut-on parler de primitivisme dans la typographie Dada ?. In : Les Mots la vie, n°8 (1994), pp. 39‒52. 14 Voir Tristan Tzara : Découverte des arts dits primitifs, préface et éd. de Marc Dachy. Paris : Hazan 2006. – L’ouvrage rassemble six textes consacrés par Tzara aux arts premiers à partir de 1916. 15 Tristan Tzara : Note 6 sur l’art nègre. In : SIC. Sons Idées Couleurs, Formes, n°21–22 (septembre-octobre 1917), p. 2. 16 On pensera par exemple au célèbre et incompréhensible poème de Hugo Ball, « Karawane » (1916). 17 L’expression est de Hugo Ball, in: Peter Schiferli (éd.) : Das war Dada. Dichtungen und Dokumente. Munich : DTV 1963, p. 31.
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Le surréalisme s’est également montré attentif au primitivisme. Breton et Éluard possédaient des collections d’œuvres « primitives » où se marquait du reste une préférence pour l’art océanien, amérindien et eskimo plutôt qu’africain.18 Les œuvres « primitives » étaient par ailleurs présentes dans les diverses expositions organisées par le groupe.19
3 Mythe et exotisme Par leur capacité à évoquer des images mentales et, à travers elles, des émotions, ces créations, venues de sociétés où l’art était étroitement associé à la magie, détenaient aux yeux des surréalistes un pouvoir de merveilleux.20 Lié à cette fascination, le mythe a lui aussi captivé les surréalistes. De nombreux exemples littéraires l’attestent mais typique à cet égard est l’œuvre du peintre André Masson, singulièrement le tableau La Légende du maïs, dans sa version de 1943.21 Ce tableau illustre une légende iroquoise sur la relation mythique entre la déesse du maïs et le soleil, tirée du Rameau d’or de James Frazer.22 L’œuvre de Frazer joue
18 Cette préférence se reflète dans le nombre d’objets de chaque pays répertorié dans le catalogue de leurs deux collections réunies (des difficultés financières les avaient contraints à les mettre en vente à l’Hôtel Drouot en juillet 1931) : sur 313 pièces, 30 provenaient d’Afrique, 134 d’Océanie, 127 des Amériques, 15 de Malaisie et 7 de régions diverses (voir Evan Maurer : Dada et surréalisme, p. 546). Un exemple de cet intérêt est le numéro 2 de la revue d’inspiration surréaliste Minotaure (paru en juin 1933) consacré à la mission Dakar-Djibouti, présentant artisanat et rites africains ; voir sur ce point Antoinette Weber-Caflish : Minotaure regarde l’Afrique. In : Revue de Littérature Comparée, vol. 66, n° 3 (juillet-septembre 1992), pp. 327–333. 19 L’exposition de la Galerie surréaliste, ouverte le 16 mars 1926, réunissait des œuvres de Man Ray et une sélection d’objets océaniens des collections de Louis Aragon, André Breton, Paul Éluard... L’Exposition surréaliste d’objets (22–29 mai 1936) contenait une vaste sélection d’objets provenant des cultures océaniennes et amérindiennes. L’International Surrealist Exhibition (Londres, 1936) reprenait la même disposition sur une plus vaste échelle. 20 Comme l’explique Clifford Browder, « [d]ans la mesure où elles avaient échappé à la ‘contamination’ du christianisme, les sociétés primitives offraient, pour Breton, le spectacle de l’homme en harmonie avec la nature, exprimant sans inhibition les désirs exubérants que réprime la culture occidentale. […] C’est en exerçant cette audacieuse imagination et cette crédulité systématique qui sont communes à l’enfant et au sauvage qu’on retrouverait le paradis perdu du ‘surréel’ » (cité in Evan Maurer : Dada et surréalisme, p. 547). 21 André Masson : La Légende du maïs, 1943, huile et sable sur bois, 48,5 × 65 cm, collection privée. 22 Pour une édition récente de cette célèbre étude comparative de la religion et de la mythologie, voir James George Frazer : Le Rameau d’or [The Golden Bough, A Study in Magic and Religion, 1890–1915 pour les 3 éd. initiales], trad. Pierre Sayn, éd. Nicole Belmont et Michel Izard. Paris : Robert Laffont 1981–1984, 4 vols.
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ici non seulement comme référence mais aussi comme modèle de création par l’établissement des correspondances mythiques. Dans ce cadre, l’exploration exotique favorise le vacillement des repères géographiques familiers et rend disponible au surréel. Les images exotiques pourraient ainsi relever d’« un usage surréaliste du langage »,23 qu’il soit iconographique ou littéraire : l’exotisme n’est pas alors un élément dominant, il intervient dans les arts plastiques et l’écriture sous des aspects fulgurants ou harmonieux – comme dans L’Amour fou (1937) ou Martinique Charmeuse de serpents (1948) d’André Breton – sans jamais devenir principe ordonnateur.24 Exaltation du lointain, des terres inconnues, l’exotisme apparaît en des images édéniques ou terribles dont la puissance a valeur d’affranchissement pour l’imaginaire. Il réside surtout dans l’adhésion aux valeurs supposées des cultures primitives, plus proches de la surréalité dans la mesure où elles vivaient en harmonie avec la nature, ne dissociaient pas art et magie, et où la pensée était affranchie de la logique propre à l’Occident. L’exotisme demeure un primitivisme partiel de ce « primitivisme intégral » auquel s’est identifiée l’aventure surréaliste. Il s’agit donc bien là de ce que nous avons qualifié d’exotisme ekphrastique. Dans l’ekphrasis, ce morceau détachable, peut s’ébaucher une réflexion de l’écrivain sur son art. Par la description d’un art où l’artiste est censé être sorcier ou magicien, où la société est ordonnée selon des mythes la reliant de facto au sacré, le primitivisme exprime et signale la méditation, aux inflexions révolutionnaires, des avant-gardes sur l’art et sa fonction sociale. L’art primitif assume le rôle d’un modèle originel conciliant création, vie, société et religion. Il suggère les images d’une possible libération et l’une de ces forces désespérément captées par l’artiste moderne afin de se porter aux limites où tout commence.
4 Un exotisme artistique généralisé ? L’une des tendances esthétiques du XXe siècle européen est la découverte de productions artistiques différentes, comprises selon d’autres structures. C’est désormais comme agents esthétiques que les mondes lointains interviennent. Au long
23 Evan Maurer : Dada et surréalisme, p. 48. 24 Antonin Artaud, qui découvre à Marseille en 1922, les danses cambodgiennes, et à Paris en 1931, celles de Bali, élabore ainsi sa conception d’un « théâtre de la cruauté », le mot « cruauté » étant pris « dans le sens gnostique de tourbillon qui dévore les ténèbres ». Le spectacle exotique joue comme un déclencheur, engageant la recherche de l’émotion primaire de l’exorcisme. (Voir Antonin Artaud : Le Théâtre et son double. In : Œuvres complètes, tome IV. Paris : Gallimard 1964, pp. 98‒99).
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du siècle, les créations « primitives », en écho avec les créations japonaises ainsi que toutes les codifications naguère simplement décoratives, cessent d’être des attributs bizarres pour devenir de nouvelles normes artistiques modifiant puissamment l’art européen, après le congé donné aux canons traditionnels du Beau. L’ouverture inédite sur les esthétiques, les traditions, les formes et les thèmes non occidentaux a pour emblème le Musée Imaginaire de Malraux, ce musée « de toutes les époques, de toute la terre ».25 Cette faculté de sympathie pour toutes les créations artistiques favorise une conscience plus forte de son activité chez l’artiste occidental, comme le souligne Picasso, dans un dialogue que rapporte (ou imagine) Malraux : « Comprendre l’art nègre avec les statuettes de Minorque, comment déjà ? ibéro-phéniciennes ? et La Dame d’Elche, et les idoles des Cyclades [...] et les préhistoriques, c’est une autre chose, non? »26 – une tout autre chose en effet, qui élargit le champ d’exercice de l’art occidental. Le XXe siècle est celui des emprunts et des fusions des traditions culturelles, la généralisation de ce que nous appelons l’exotisme ekphrastique. Dans ce contexte, l’influence la plus puissante semble bien provenir des civilisations « primitives ». Dès le tournant du XXe siècle, les artistes ont cultivé une fascination pour l’étrangeté de ces œuvres au regard de nos traditions séculaires. René Huyghe a décrit cette […] sorte de hâte, voire d’enthousiasme, à se dépouiller de l’acquis patiemment transmis et grossi, pour se retrouver vierge et dépouillé de ce qui était son héritage, sa fierté hier, son fardeau aujourd’hui. Il y a un vertige de l’élémentaire qui, chez un Buffet, fait figure de vocation ascétique de la pauvreté, mais qui tourne chez un Dubuffet, à l’irrésistible attrait des matières misérables, sordides et des élaborations infantiles.27
Cet ailleurs esthétique a joué un rôle libérateur pour l’art européen. Suggérant que les formes créées jusque-là en Europe étaient lassantes, monotones voire coercitives, les primitivismes incitent à la destruction des cadres longuement élaborés. La lutte contre l’académisme est le versant positif de cette dynamique, mais il est difficile de ne pas reconnaître dans la tentation corrélative de succomber à l’informe et au désordonné le signe d’une crise profonde de l’Occident. Le retour à l’élémentaire, l’attirance exercée par l’inconscient, les terreurs sourdes ‒ déjà exprimées par l’énigmatique tableau Le Colosse ou la Panique de Goya (1809) –, la place nouvelle de la bestialité dans l’art – du taureau du Guernica de Picasso (1937) à la revue Minotaure (1933–1938) –, ne laissent pas d’être ambigus :
25 André Malraux : Antimémoires. Paris : Gallimard 1972 (Folio), p. 587. 26 André Malraux : La Corde et les Souris. Paris : Gallimard 1976 (Folio), p. 425. 27 René Huyghe : L’Art et l’Âme. Paris : Flammarion 1960, p. 473.
Mouvement(s) exotique(s) et ekphrasis
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Cette régression vers l’élémentaire n’est qu’un aspect plus concret de l’attirance qu’exerce l’inconscient, ses ténèbres organiques chargées des forces pures de l’instinct, sur les dernières générations, à partir du freudisme comme du surréalisme. Régression ? Il est encore trop tôt pour dire s’il faut voir là les signes de l’abandon, de la capitulation d’une culture épuisée par son propre raffinement et son mandarinisme intellectuel, ou peut-être ceux d’un dépouillement permettant de s’adapter à tout prix à une existence qui, sous les coups de la science et de la technique, exige une totale refonte de nos modes de penser.28
Encore aujourd’hui, il reste impossible d’avancer une hypothèse tant celle-ci serait liée à une évaluation prématurée de l’art contemporain. L’abondance des rencontres entre art occidental et formes venues d’autres horizons rend toute vue générale périlleuse mais elle introduit une question : l’exotisme artistique est-il encore capable d’assumer le rôle de révélateur et d’élément subversif qu’il a pu jouer dans les évolutions esthétiques européennes de la première moitié du siècle ? La réponse se trouve déjà dans le singulier déclin des idées de progrès et de tabula rasa en art. Dans la seconde partie du XXe siècle, l’exotisme ekphrastique participe déjà d’un usage plaisamment anecdotique plus que d’une volonté de réforme de l’art ; il livre à l’auteur quelques éléments nouveaux et bienvenus dans leur aspect inattendu. Tel est le cas du Japon de L’Empire des signes (1970) de Roland Barthes, qui permet à l’écrivain-sémiologue de caresser l’idée d’un « système symbolique inouï, entièrement dépris du nôtre », exempt par-là de cet empoissement du sens si typique de l’Occident.29 Ce type exotique a également servi Le Miroir des limbes (1976) d’André Malraux. Dans cette étrange autobiographie, l’évocation, la description ou l’analyse d’œuvres issues de toutes les cultures du monde se mêlent aux différents moments de l’existence de Malraux et dessinent les éléments d’un destin dans un style refusant les conventions du genre des mémoires. La vaste fresque universalisante des Antimémoires et de La Corde et les Souris constitue ainsi le Musée Imaginaire personnel de Malraux, la somme des œuvres où apparaissent les questions que son existence pose au monde.30 Le Musée Imaginaire, devenu l’un des éléments familiers de notre modernité artistique, réduit singulièrement la portée déstabilisante d’un art étranger. Il est difficile d’imaginer aujourd’hui une révolution esthétique naissant de la (re)découverte d’un art exotique, comme ce fut le cas pour le japonisme et le primitivisme. Trop d’exotisme tue l’exotisme et plutôt que de recourir à un art étranger comme pivot d’une révolution artistique, il semble désormais s’agir, plus mode-
28 Ibid., pp. 473‒474. 29 Roland Barthes : L’Empire des signes. Lausanne : Skira 1970, p. 7. – Voir également l’usage « ekphrastique » qu’il fait du haïku (ibid., pp. 108–111). 30 C’est ainsi que Malraux présente la figure de l’auteur : celle qui « s’accorde aux questions que la mort pose à la signification du monde » (André Malraux : Antimémoires, p. 14).
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stement, d’utiliser les dernières vertus d’étrangeté, de mise à distance qui lui sont encore reconnues pour faire résonner quelques échos originaux. L’art occidental du XXI e siècle serait-il celui d’un exotisme en mode mineur ?
Ren Haiyan
From the Spectacle to Innocence Play in Friday
1 Friday The desert island is a fictive product of imagination. The desert island is a myth. Robinson Crusoe is a myth of the enlightenment delivered by Daniel Defoe’s desert island. Over two hundred years later, French writer Michel Tournier re-visioned this myth in his debut novel, Friday, or the Limbo in the Pacific out of the aspiration to create a new myth. Labeling himself as a “philosophy smuggler,”1 “a philosopher who happened to write fiction,”2 he probes different forms of human existence with “force and life”.3 While Defoe’s story represents the linear progress of human civilization on the island, Tournier, however, divides the island life into two distinct stages by employing an explosion as the reset button, that is the stage of spectacle construction and the stage of return to innocence. Through this change, he problematizes and critiques the replication of Western civilization on the desert island as the construction of a panoramic spectacle and releases the possibility for play. Spectacle is a concept put forward by Guy Debord in The Society of the Spectacle, which was published in the same year that Friday came out.4 Debord argues that the development of capitalism reduces the society into a series of spectacles, in which visual images have become the producer instead of the product of reality. In similar scenes in the first stage of the island life, the domination of the visual together with the dissolution of reality drags Robinson into the limbo. Tournier’s critique of the spectacle transforms the island from a showcase of rationality, a touchstone for the improvement of judgement5 in Defoe’s text to a play-ground for examining human life from multifarious dimensions. This change of plot fulfills the
1 Michel Tournier: Talking Shop: Michel Tournier in Interview with Michael Worton. In: Michael Worton (ed.): Michel Tournier. New York: Longman 1995, p. 192. 2 Christopher Anderson: Michel Tournier’s Children: Myth, Intertext, Initiation. New York: Peter Lang 1998, p. 12. 3 Gilles Deleuze: The Logic of Sense. Ed. Constantin V. Boundas. Trans. Mark Lester and Charles Stivale. New York: Columbia University Press 1990, p. 305. 4 Cf. 居伊·德波,《景观社会》,王昭凤译,南京:南京大学出版社 2006 年。 5 让-雅克·卢梭,《爱弥儿》,李平沤译,北京:商务印书馆2015年,第 269–270 页。 https://doi.org/10.1515/9783110730340-017
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fundamental value of the story of Robinson Crusoe as a test ground, a playfield, and a lab to experiment with humans. Gilles Deleuze, perceiving in these plays an affirmation of the importance of Other to human existence, approaches the novel within the Western conceptual framework of the subject and the other. He asserts that in a world without others, perversion is inevitable. Even Robinson’s stunning health in the second half of the novel is a manifestation of “perverse structure”.6 Insightful as Deleuze’s proposition is, this observation downplays the possibilities that Tournier’s play releases. The author’s weaving of the Greek elements into the text together with the constant subversion of common sense in the novel uncovers an underlining desire to move beyond certain established boundaries in epistemology. Robinson’s entrance into the City of the Sun for instance demonstrates an alternative perception of life beyond binarism, which in many ways is reminiscent of Chinese philosophical ideals, Daoism in particular. In light of the playful spirit of the novel, this paper therefore incorporates eastern thoughts in the interpretation of this western story, with the hope to shed some light on the issue of visual spectacle from an eastern perspective and if possible to generate further play from the reader. Chinese philosophy of life is conditioned by two equally important dimensions, zichu and gongchu. According to Shuowen Jiezi, the earliest Chinese dictionary that was written in the 2nd century AD in the Eastern Han Dynasty, chu derives from the action of leaning on a piece of furniture and rest.7 Implied in this action is direction and relation. The Chinese character zi, self, is derived from the image of the nose,8 presumably related to the ancient practice of pointing the index finger at the tip of the nose to indicate the self while gong means together. Thus zichu means deciding the relation with oneself, the settlement of one’s self, highlighting an inward quest. Gongchu, in contract, is concerned with external relationship, focusing on coexistence, the dynamic interaction with things and people in particular. Intrinsic to this concept is the idea of structural relation. Zichu and gongchu are not exclusive concepts. Instead, as different dimensions of life, they inform each other and supplement each other. Examined in this new paradigm, Friday may be considered an experiment on different modes of life, prioritizing either zichu or gongchu.
6 Gilles Deleuze: The Logic of Sense, p. 319. 7 汤可敬译注,《说文解字》(五),北京:中华书局2018年,第3070页。 8 汤可敬译注,《说文解字》(二),第715页。
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2 Gongchu and the Finite Play The first round of play is a comprehensive re-enactment and parody of the mythical hero’s replication of the structure of the civilized world. Robinson engages in similar activities, whose scale and thoroughness, covering both the economic base and the superstructure, surpass that of the mythical hero’s. This is the life that prioritizes gongchu over zichu since it is an outward bound solution. Unlike the mythical hero, Tournier’s Robinson could never find peace in this solution. Tournier’s island is fundamentally different from Defoe’s island. Defoe’s island, deserted as it may seem to be, remains within the spatial-temporal coordinate of the western world. The dominating logic behind the island is the same as that of the civilized world. The subtle details in the novel point to historical reality, bridging the deserted island with English society like building blocks. As is represented in the novel, other than making several marks, Crusoe makes little attempt to reconstruct the modern conception of time. In this case, replication is a solution for Robinson Crusoe. The fact that daily utensils are endowed with particular significance confirms this judgement. For twice, the narrator describes table-making in detail, listing it as “necessary things as [he finds he] most wanted.”9 It is in this context that Robinson’s ecstasy at retrieving the knife and fork from the wrecked ship appears less discordant with the desert island. The desert ship functions as the link between the desert island and the civilized word. The fictional world of Friday starts with the shipwreck of Virginia and ends with Robinson’s refusal to return to England. It stands outside of the current of human civilization, with its dominating logic widely different from that of civilized society. It is an experiment in the true sense. Viewed in this light, Robinson’s series of efforts at rebuilding and restoring social structure are more than a gesture of refusal to accept the radical rupture that comes with desertion. It is a problematic attempt at re-locating an individual into a world of relations, an attempt at gongchu. Pivotal to this re-location is the replication of modern conception of time. Robinson invents a water clock, a primitive mechanical timekeeping instrument that symoblizes the imposition of modern logic over the island. With the ticking sound, time is believed to have been transformed from an abstract entity into something that could be produced and monitored. Time starts to have “a history”10 and naturally suggests connection and relation. Considering the clock as an indis-
9 Daniel Defoe: Robinson Crusoe. Ed. Michael Shinagel. New York: Norton 1994, p. 50. 10 Zygmunt Bauman: Liquid Modernity. Cambridge: Polity 2006, p. 110.
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pensable second nature in life, Robinson is convinced of the illusory connection between the island and the civilized world. Different from the ship in Robinson Crusoe that functions as the link between the island and the civilized world, Robinson’s ship crystalizes his outbound relation-building efforts. Instead of salvaging everyday utensils in the shipwrecked ship, Robinson builds a ship after Noah’s Ark. As is implied in the name of the ship, this is meant to be an act of redemption. Since Noah’s Ark is a miniature cosmos, the intention to be relocated in a web of relations is obvious. Yet the ship is built in a place where it is impossible to launch. The valuelessness of the ship reveals that it is a replica without aura. This ship is the epitome of Robinson’s whole replication: the creation of an illusory world where imagination prevailed over essence. Robinson creates a breathtaking visual spectacle11 of modern society, a simulacrum, and a paradoxical visual illusion. In this world of spectacle, Robinson seeks the essentials of life from the external world by following the logic of production-possession in the spirit of capitalism. As a result, production becomes a mechanical act of “production for production’s sake,” which leads to production without consumption. The displacement and distortion between motivation and value are obvious. Museums on the island are the product of such displacement. Initially, Robinson built houses to live in to “recouvrer pleinement son humanité.”12 Yet he refused to move in and turned them into museums of anthropology and metrology. A set of “les armes de la panoplie de la raison,”13weapons of reason were placed on the display rack, each asserting the quantifiable rational power. These became the hopes that Robinson entertained to sustain humanity. Generally speaking, museum collects, stores, and displays fragments of human civilization through highly visualized means. As a “discursive model”14 for social construction, its essential functions entail didacticism and discipline. On a desert island where the basic needs of life are hardly provided, the building of museums is suspicious. His reverent gaze at the achievements of human civilization displayed in the museum could not exempt Robinson from the fragmentation of the self. Museum is a metaphor for Robinson’s problematic replication, a simulacrum devoid of aura. Even the island may be considered a private museum in which Robinson painstakingly reproduces material evidences of his memories of the traces of western civilization. These constructed scenarios of modern life are the result of
11 Cf. 居伊·德波,《景观社会》,王昭凤译,南京:南京大学出版社2006年。 12 Michel Tournier: Vendredi ou les limbes du Pacifique. Paris: Gallimard 1972, p. 65. 13 Michel Tournier: Vendredi, p. 70. 14 西恩·赫迪斯,《物质文化和文化身份的系谱》,载孟悦、罗钢主编《物质文化读本》,北 京:北京大学出版社2008年,第230页。
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an attempt to replace the island’s original natural world with a representational visual world, thus creating the illusory presence of structural relations. Robinson’s refusal to accept desertion pulled him to drag the island into his play of restoring relations, a play of gongchu. Yet he cannot find meaning or value in his actions. His life is reduced to a ritualistic performance to accommodate the spectacle. Whether being idle or hard at work, Robinson is always restless, constantly feeling out of place and unable to find inner peace. The various hallucinations and illusions he had suggests that he was at the brink of mental breakdown. The heaviness of the spectacle and the lightness of the hallucinatory images simultaneously contrast and refer to each other. Together they represent self-doubt, a crisis of zichu amid the tension between the spectacle and authentic life. Tournier resorts to sexuality, an issue that is absent in Defoe’s original text, to highlight this crisis. His allusion to incest as well as consideration of the Mandrake plants as heirs to the island, are acts of perversion. Perversion is how Deleuze defined Robinson’s replication. He asserts that the pervert is “someone who introduces desire into an entirely different system and makes it play, within this system, the role of an internal limit, a virtual center or zero point.”15Indeed, in Robinson’s replication, the basic instinct for survival is distorted into a desire for structural relation. The latter, represented and reinforced by the spectacle, is being challenged by the oppressed instincts from time to time. Hence, in his obsession for spectacle, Robinson simultaneously suffers from the longing for a life that could fulfil his basic desires. The more elaborate the replication is, the greater his deep-seated disgust and rejection. It seems that the spectacle, having failed to solve the problem of desertion, enslaves Robinson. This play of the replication of structural relation is at a dead end. Since it exacerbates the fragmentation of self without generating anything new, this attempt to impose a structurally new framework on the island is after all an untimely finite play16 that is bound to fail. To free Robinson from this life of the spectacle, a life in which illusion is more essential than reality, a new strategy of play is required.
15 Gilles Deleuze: The Logic of Sense, p. 304. 16 Cf. James P. Carse: Finite and Infinite Games: A Vision of Life as Play and Possibility. New York: Free Press1986.
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3 Zichu and the Infinite Play In Daoist metaphysics, the positivity of zichu is characterized by quietness achieved through acceptance and sometimes compromise, which have the prospect of leading to the transcendence of everyday life. This idea corresponds to the second round of play in Friday. As the watershed of the novel, the explosion that Friday unintentionally caused ends the finite play of illusion in a radical way. Adopting the strategy of prioritizing the issue of zichu, Robinson starts an inward journey in a setting that resembles a Chinese ink painting.17 Through this exploration Robinson undergoes the metamorphosis from breakdown to breakthrough. Consequently, this island fulfills the value of “the mythical recreation of the world from the desert island.”18 To bring about this change, however, requires some imagination, some faith, and what Samuel Taylor Coleridge terms “a willing suspension of disbelief.” As Vargas Llosa puts it, fiction is the lie that conceals profound truths and it has the magic to create with imagination and words the life that never was19 and also, I would like to add, the life dreamed about. Friday, whom Tournier described as “Defoe’s most ingenious embellishment of historical fact,”20 is the key in the new play. Though he could hardly be named a “true role model,”21 as some critic argued, Friday goes beyond the stereotypical image of the “noble savage.” Under his guidance, Robinson “sheds his Western skin and finds enlightenment in the worldview of Friday,”22 transiting from “play in the world” to “play of the world.”23 Like the arrow Friday made that never fell, this play characterized by boundary breaking is no longer dominated by meaning or finality. Its aim is infinity. It may not be accurate to assert that Robinson’s play is completely distanced from the structure of the West, but having accepted the island’s isolation, he di-
17 Michel Tournier: Vendredi, p. 187. 18 Gilles Deleuze: Desert Island and Other Texts, 1953–1974. Los Angeles: Semiotext(e) 2004, p. 12. 19 马里奥·巴尔加斯·略萨:《给青年小说家的信》,赵德明译,上海:上海文艺出版社2015年, 第8页。 20 Michel Tournier: The Wind Spirit: An Autobiography. Trans. Arthur Goldhammer. Boston: Beacon 1988, p. 181. 21 F. J. Fornasiero: The Education of Robinson Crusoe: A Study of Vendredi ou La Vie Sauvage by Michel Tournier. N.p.: Macquarie University 1990, p. 8. 22 William Grimes: Michel Tournier, French Novelist Who Fused Myth and Philosophy, Dies at 91. In: New York Times (20.1.2016). https://www.nytimes.com/2016/01/21/books/michel-tournier-french-novelist-who-fused-myth-and-philosophy-dies-at-91.html (last access: 12.11.2020). 23 Jacque Derrida: The Ear of the Other: Otobiography, Transference, Translation. Ed. Christie V. McDonald. Trans. Peggy Kamuf. New York: Schocken 1985, p. 69.
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verted the attention inward to being. This change transformed the island into a veritable island of hope, Speranza as Robinson named it. In the spectacle period, Robinson was afraid of the sun and found shelter either under the parasol or a hole in the heart of the island. As a contrast, sunrise now takes on ritualistic significance. He rose at sunrise and set at sunset, keeping up with the rhythm of cosmos. The embracing of the sun, a gesture of the abandonment of the underground darkness from which Robinson used to seek relief and solace, becomes a metaphor for unlearning, for the release of pervert desires, and for self-acceptance and inner harmony. The play has become a play of light. That Robinson became the son of the sun denotes a change of paradigm: the dichotomy between nature and man was being transcended and Robinson the man was included as part of nature. Instead of anthropomorphizing nature, he considered his body a “bouquet de fleurs charnelles”24 blossoming in the island. Indeed, corporeal body is the media for the representation of the metamorphosis Robinson underwent. This strong and faithful companion25 of his, no longer considered repulsive, became more youthful and statue like by day. Like a flower in full bloom, he regained the ability to laugh, which Tournier perceives to be a preservation of “life’s spontaneity as well as the flexibility to adapt to new situations”26 that is “the sign of man’s approach to the absolute.”27 The premise for Robinson’s metamorphosis is emptiness of the mind. In many senses, it is an equivalent to possibility as well as uncertainty. It was attained through unlearning the preoccupations and prejudices by observing Friday. Robinson became an empty vessel ready to embrace whatever being poured into him. Following the logic of the island with humbleness, he discovered a bright new world in which the perception of time was changed. The linear progressive sense of time prescribed by the mechanical water clock was replaced by a circular a priori time illustrated with the image of a snake biting its own tail. The distinction between past, present, and future vanished. Time was no longer a vehicle of history or expectation. Another notable change is that the identity of Robinson became fluid. Equally fluid or flexible is the cognition of the cosmos, for instance, the recognition that difference in branch and root of a plant is imposed by man. This melting down of the boundaries and distinctions exposed the artificiality in what is considered everyday logic, thus reveals the absurdity in substituting what is man-made for what is natural.
24 Michel Tournier: Vendredi, p. 204. 25 Ibid., p. 192. 26 Michel Tournier: The Mirror of Ideas. Trans. Jonathan F. Krell. Lincoln: University of Nebraska Press 1998, p. 10–11. 27 Michel Tournier: The Wind Spirit, p. 125.
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This insight of artificiality corresponds to the Chinese understanding of manmade, wei. Etymologically speaking, wei is a combination of the characters meaning man and make. Although the early generation of philosopher Xunzi used to use this word in a positive or at least neutral sense,28 wei is later associated with negative implications such as hypocrisy or man-made obscurity. Shuowen Jiezi defines wei as deception.29 If wei stands for the negativity of the man-made, this new play is a play of quwei-cunzhen, getting rid of the artificial and approaching the transcendental Dao also known as zhen, the opposite of wei. Daoism believes the new born’s innocence is the closest to Dao. To restore innocence, one has to unlearn the acquired through contemplation. This is exactly what Robinson did, learning to unlearn. It stimulates the realization that the obsession to regard the island as desolate prevented him from appreciating its abundance and diversity. Gaining another pair of eyes to see the world as it was, the enlightened Robinson was immersed in the majestic mystery30 of nature, full of appreciation and admiration. He started to attend the details in everyday life with a sharpened sensitivity. Thus his life is aestheticized.31 Having accepted the uncertainties and unpredictabilities brought about by desertion and being at peace with himself, Robinson observed the island and Friday with “une attention contemplative.”32 Unlike the mythical hero, Tournier’s Robinson is highly self-reflexive. The tenth chapter of the novel is entirely made up of his contemplation in the form of log-book. In those moments of self-examination, he realized that as the Latin version of the name Venerio Dies, Venus Day, indicated, the innocence as represented by Friday was beauty per se. The way of the cosmos would only emerge when one is quiet while an active life encompasses the negative connotation of “un-quiet”.33 Robinson’s inaction and quietness are in line with the Daoist way of being, letting nature take its course, and transcending the worldly existence through serenity. Robinson returned to a life of uselessness, without the anxiety and restless in the spectacle stage though. As Zhuangzi34 argued, the use of the useless is the way to be of ultimate use.
28 Xunzi (a. 313–239 BC) proposed that human nature is evil though humans have the capacity to be good. The goodness manifested in men is the efforts of wei, man-made efforts or artifice. 29 汤可敬译注,《说文解字》(三),第1644页。 30 Michel Tournier: Vendredi, p. 209. 31 There is a deep-rooted tradition of orienting aesthetics towards everyday life in China, emphasizing the ubiquitous presence of beauty in life. This idea of living aesthetics is informed by various classical philosophical schools such as Daoism. 32 Michel Tournier: Vendredi, p. 220. 33 Hannah Arendt: The Human Condition. Chicago: University of Chicago Press 1958, p. 15. 34 Zhuangzi (a. 369–286BC) is a Daoist philosopher.
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From abandoning the obsession for meaning and man-made order to a state of emptiness, from unlearning to quietness and uselessness, the play of the desert island is changed from a finite play in life to an infinite play of life. Infinity in Friday is represented by the circle of time. Coincidentally, the symbol for the highest form of perfection in Chinese philosophy and aesthetics is also circle due to its lack of defects. Robinson, who had achieved “the sublimest humanity”35 by remaining a circled time, found himself on the right track to infinity. This means this inward journey based upon zichu has the crisis of gongchu solved as well. Subversive as this new play may seem to be, it is nevertheless an unfinished exploration. From the spectacle to a life of innocence, there seems to be an arrow pointing directly towards a solution that distinguishes between the dark and light periods, but the ending of Friday is rather elusive. Tournier leaves the novel openended, which is a hint that the light in the new play is uncertain. The arrival of the Whitebird cast the shadow of civilization over the island once again. More importantly, it demonstrated the flimsiness and fragility of innocence and perfection. Enticed by modern mechanics, Friday left the island without prior notice. Robinson was again on the verge of limbo. The arrival of Thursday, the child who escaped the humiliation on the ship, gave him new hope. While Friday’s departure discloses the difficulty of maintaining innocence, the substitution of Friday by Thursday confirms that this new play is an infinite play whose ultimate purpose is to “[continue] the play.”36 This infinity coincides with Tournier’s conception of myth. For him, a myth not constantly repeated is a dead myth, “an allegory.”37 Ambitious as he is, Friday is his first step to create a myth of his own. It is still debatable if Friday as a re-vision fully achieves the aspiration of the reevaluation of values as required by a new myth. But Tournier’s play of the myth is a valuable attempt at escaping from Eurocentric perspective. It is an invitation to reflect upon the possibilities of life as presented by the Robinson hypothesis. From the externally defined parodical construction of the spectacle that attempts to endow meaning and weight to life from the dimension of gongchu to the internally defined self-sufficient life based on zichu that manifests itself in the elimination of boundaries and the aestheticization of existence, Tournier’s play turns the closed structure of the original myth into an infinite play field and invites the reader to join for further play.
35 Friedrich Schiller: On the Aesthetic Education of Man: In a Series of Letters. Trans. Elizabeth M. Wilkinson and L. A. Willoughby. Oxford: Oxford University Press 1982, p. 189. 36 James P. Carse: Finite and Infinite Games: A Vision of Life as Play and Possibility. New York: Free Press 1986, p. 3. 37 Michel Tournier: The Wind Spirit, p. 160.
Bergur Rønne Moberg
The Barbarian and the New Geography Accelerated Development and Contemporaneity in Faroese literature The Faroese writer William Heinesen connects the notion of the barbarian to the Faroese and to himself as a Faroese writer, since he with a glint in the eye did not consider himself as a true culturally informed man [...] We in the Faroe Islands are barbarians, a people whose Middle Ages ebbed out no later than around 1856 [where the Faroe Islands got free trade, brm]. During the last 100 years, we have had a lot of trouble to catch up with the time lag. Yet, today, we differ from our contemporary cultural fellows on essential points [...] Admittedly, we northern barbarians understand universal nihilism and pessimism, but it is completely impossible for us to join this general pessimism.1
In Heinesen’s writings, the barbarian and related figures become symbolic figures of the energy and optimism in the rising modern Faroese culture. In an interview with the Danish newspaper Politiken,2 Heinesen points out that the Faroese during the 20th century made a great effort to catch up with the fastening development in order to be abreast of European literature. In the first half of the 20th century Heinesen mostly considered Faroese culture as a “Halvkultur (…) halvfærdigt” [Half culture, half finished].3 However, the Faroese managed to develop into a more dynamic literary culture compared with our neighbors in the Shetland Islands and the Orkneys, where the old norn, in contrast to Faroese, did not survive, leading Heinesen to speak of “the slippery slope that made Shetland Islands and the Orkneys so strangely faceless and lifeless”.4 The literature became an essential part of the struggle for Faroese language and culture. In the 1890s, the first Faroese poetry collections consisting of national songs were published. Some decades before and after 1900, Faroese literature was more or less a subsection of the nation building process. Since European phenomena and trends reach the Westnordic North Atlantic region lately, there has been a prevailing sense of a time lag in Faroese culture.
1 William Heinesen: Barbarer, der forstår. Berlingske Tidende 5.3. 1966, (transl. brm.). 2 Heinesen: Barbarer, der forstår. 3 William Heinesen: Færøske folkekarakterer. Nogle tanker og strejftog. Tórshavn: The Family Archive, unpubl. 1942, p. 91 (transl. brm.). 4 Heinesen: Færøske folkekarakterer, p. 107 (transl. brm.). https://doi.org/10.1515/9783110730340-018
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Today, however, the Faroe Islands have developed into a modern northern European country and Faroese literature has in its own accelerated way reproduced most stages in the evolution of European literature. Due to the major project of catching up with the continental development you can – regarding another Faroese writer, Jørgen-Frantz Jacobsen – experience “Europas udvikling i 400 år i voldsom forkortning” [Europe’s development over the last 400 years in a much shorter timeframe].5 Faroese culture and other young nations have suddenly been forced to spin their web quickly, owing to modernity’s massive influence. The vehicle for this ambitious project has been a well developed thought on contemporaneity and accelerated development comprising an answering position to European culture. The simultaneity of past and present, modern and other-worldly, isolation and openness, local anchoring and universalism forms the high point of modern Faroese literature. The time lag itself inspired some of the most prominent parts of Faroese literature manifested as a deeply reflected idea of contemporaneity and a will to synchronize Faroese literature in relation to European literature. The question of contemporaneity will be the key point of this approach to the Faroese case of accelerated development. We will take a look at Faroese literature and culture in the light of the issues of time lag, accelerated development, and simultaneity. The essence of the article is devoted to Heinesen’s imagination of delay and simultaneity, used as a counterweight to the felt and experienced remoteness, smallness and belatedness in Faroese culture. Heinesen is very explicit about his notions of contemporaneity. As he notes in a letter: “I en vis høj forstand er hele historiens forløb ‘samtidigt’” [In a certain high sense the whole course of history is “simultaneous”].6 The idea of contemporaneity will be examined in connection with a big family of barbarian characters inside and outside of his fictional writing. These figures comprise an effect of exoticism understood as a way of looking at the Faroe Islands from the outside in terms of the old continental/colonial view upon islands and the world outside the West in general while at the same time looking at the Faroe Islands from the inside as a way of self-exotifying and destination building.7
5 Otto Gelsted: William Heinesen. In: Ole Restrup (ed.): Danske Digtere i det 20. Aarhundrede. København: Gads Forlag 1955, p. 271–282, p. 271 (transl. brm.). 6 William Heinesen: Kære Ebba. Letter to the Faroese writer Ebba Hentze. The Royal Library, Copenhagen. 18 January 1957. Archival signature: UT 846. Heinesen. 7 Bergur Rønne Moberg: Fra “nation building” til “destination building”. Eksotiseringer og selveksotiseringer i en ny destinationskultur med særligt henblik på William Heinesen og færøsk kulturturisme. In: Bergur Rønne Moberg (ed.): Radierende felter. Prosaens litterære laboratorium. København: Multivers 2021, pp. 200–248.
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Accelerated development, delay and simultaneity The approach to Heinesen’s barbarian will be explained using G. D. Gachev, a not very well known Bulgarian literary scholar in the German and the English speaking world. Gachev’s perspective of accelerated development in his book Yскоренное развитие литературы (Uskorennoe razvitie literatury) can explain the aesthetic and cultural developments of the Faroe Islands with particular reference to delay and simultaneity. Due to delay of influence, minor cultures as the Bulgarian and ultraminor8 cultures as the Faroese need to respond with an accelerated development explained as “‘transplanting’ in a compressed form, the cultural experiences of other, at the time more advanced countries […] to their national soil.”9 In simultaneity “archaicness coexist with newness”10 and “a certain fusion comes about, a synthesis of the earlier national tradition and the contemporary state of the world.”11 According to Gachev, the accelerating development within literature reflects a greater context of a “societal and spiritual development”.12 This is even more the case in such tiny small literary culture as the Faroese constantly reflecting the oral tradition, “the whole written culture”13 and a “larger social and cultural experience”.14 The Faroese relation to the most advanced European cultures is fundamentally the same as in the Bulgarian case as they started reproducing the stages of West European development in its efforts to catch up with the more advanced culture […] It is “accelerated” and “condensed”, that is, society covers in less time what has been taken longer with others. Furthermore, cultural phenomena and traits that were consecutive in the West are “contemporaneous” and overlapping here, and there is a time lag from what is current in the West […] Finally, in a belated accelerated development, processes in the realm of the mind and ideology overtake the processes in the so-
8 Bergur Rønne Moberg/David Damrosch: Introduction: Defining the Ultraminor. Journal of World Literature, 2:2. Bergur Rønne Moberg/David Damrosch (eds.). Boston: Brill 2017, p. 133–37. 9 G.D. Gachev: Michel De Dobbeleer/Ben Dhooge. Gachev in English: A Commented Translation of Georgii Gachev’s Introduction to the Original Edition of His Accelerated Development (1964). In: Ben Dhooge/Michel De Dobbeleer (eds.), Accelerated Development? Socio-Political Landslides, Cultural Ruptures and Literary History in Eastern Europe. Leiden: Brill [book proposal accepted], p. 8. 10 Ibid., p. 4. 11 Ibid., p. 4. 12 Ibid., p. 14. 13 Ibid., p. 14. 14 Ibid., p. 6.
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cial-economic and political spheres; it thus becomes possible for literature to move to the center of public life.15
The development of the ultraminor Faroese literature and culture has been strongly influenced by politics, in particular by the struggle for still more political autonomy. In a more general sense, Faroese literature more than any other art form has contributed in developing Faroe Islands as place and nation.
Heinesen’s Barbarians In most of his writings, Heinesen – with a glint in the eye – constantly refers to himself, his literary characters and the Faroese in general as barbarians in different disguises: lost musicians, obscurants, amateurs, dilettants, fools, blockheads, dreamers, fabulants, frontiers, and all kinds of eccentric characters compared with standardized behavior within the bourgeoisie and in modern life.16 These barbarian-family represents the otherness of Heinesen himself, of his work, of the Faroe Islands, and finally they are also eagerly reflected in Heinesen’s reception in Denmark. Heinesen’s friend and publisher Erik Vagn Jensen chose this heading for one of his articles on the great writer from the high North: “Og han tror på trolde” [And he believes in trolls, transl. brm.].17 The barbarian became the major brand for Heinesen and this figure is a good example of what Gachev points out about archaicness coexisting with newness. Inspired by the original Greek meaning of the barbarian as the foreign and uncivilized, Heinesen uses the barbarian-figure to establish a north-south axis with the South as the civilized center and the Faroe Islands as part of Europe’s northern barbaric periphery. However, this is done in a playful way with a significant double consciousness filling the barbarian with a positive content. In Heinesen’s reception the Greek perception of the barbarian is turned upside down as he engages this figure in a positive term as an alternative to the 20th century European barbarism temporarily collapsing the center in two laps in World War 1 and 2. A negative irrationalism combining rationality and the demonic faces a positive irrationalism combining a premodern world with developmental optimism.
15 Rouman Daskalov: The Making of a Nation in the Balkans: Historiography of the Bulgarian Revival. Budapest: Central European University Press.Daskalov 2004, p. 41–42. 16 Heinesen: Barbarer, der forstår; William Heinesen: Fra billedmagerens værksted. Tegninger, maleri og farveklip. Bókagarður. Tórshavn: Emil Thomsen 1980, p. 15f. 17 E.V. Jensen: Og han tror på trolde. In: Berlingske Tidende. 15. januar 1990.
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In the following, I will take a closer look at the accelerated development as it appears in different places in Heinesen’s writing. All works by Heinesen fit the argument of accelerated development. Heinesen was also a visual artist, but regarding this art form, he considered himself truly as an amateur and therefore he is referred to as a “billedmager” [image maker, transl. brm.].18 The visual art itself also contains a point here, as there is a sliding transition between people and trolls in many of Heinesen’s pastels and political drawings. The barbaric and the underworld are never far away in his art representing a new and distinct geography. Heinesen is branding himself on the barbaric theme referring to himself and the Faroese as a “færøsk barbar” [a Faroese barbarian, transl. brm.].19 According to Heinesen, the Faroese barbarian is one who has not been used to magnificent cathedrals, because culturally he considers himself and the Faroese as “opkomlinge” [nouveau riches, transl. brm.].20 Due to the accelerated development, this noveau riches find himself in a new context of contemporaneity, where he, in words by “suddenly at one and the same time absorb everything, the struggle, the activism, the anchorage, the clarity, the self-criticism, the absolute love, the shape of the landscape, the nudity of the cities, the exceedances and the endurance”.21 During most of the 20th century, the Faroe Islands by and large had a weak public sphere, low degree of specialization within e.g. cultural institutions. The mass influence is a considerable challenge for the deprived Faroese culture.22 In these self-descriptions, there is a feeling and experience of lack of capacity and of isolation. The idea of North has a history of more than 2000 years, and when Faroese writers relate to the imagination of the North and make it productive in a new literary geography, it is a recognition of 1) that the Faroe Islands’ felt and experienced location high in North is a product of deep historical relationships with the continent and of 2) “the impossibility of a position that is not already a relation-
18 Heinesen: Fra billedmagerens værksted. 19 William Heinesen: Kære Edith og Hans Kirk. Thorshavn 12 March. William Heinesen’s papirer. Det kgl. Bibliotek. capsule, 1950. 20 Hemming Hartmann-Petersen: Samtale med William Heinesen. København: Tranehuse 1975, p. 11. 21 Édouard Glissant: Historie og litteratur. In: Mads Rosendahl Thomsen/Svend Erik Larsen (eds.): Litteraturhistoriografi. Transl. to Danish by Svend Erik Larsen/Rolf Reitan. Aarhus: Aarhus Universitetsforlag 2005, 169–195, p. 186 (transl. into English brm.). 22 Bergur Rønne Moberg: The Ultraminor to Be or Not to Be. Deprivation and Compensation Strategies in Faroese Literature. Journal of World Literature, nr. 2. Brill 2017, p. 196–216.
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ship.”23 The relationship has come about as a North-South axis, which in a European context originates from ancient Greece: The dualism of North and South is one of the most long-standing distinctions in European cultural history. The perception of a region as “northern” or “southern” has played a significant role in the development of cultural identities […] In Greek mythology, the land of the Hyperboreans indicated the mysterious land far beyond the North wind Boreas, vaguely located in the Northern Atlantic Ocean.24
This vaguely located imagination of the North includes the Faroes originally located beyond wellknown horizons high in the North. Even before the Faroe Islands became populated and had separated themselves as a concrete geography through discovery, it was covered by the idea of the North. Precisely references to the Faroes and the Faroese as Ultima Thule and hyperboreans are popular in Faroese literature as a way of answering the objectifications of the northern region. From the very beginning of his career, Heinesen grabs the ancient Greek idea of the North with a Faroese response and later, after his breakthrough as a novelist, the barbarian became a similar staging of himself as a writer from high in the North. His first collection of poem is called Arktiske Elegier og andre Digte (1921, Arctic Elegies and other Poems), thus linking the Faroe Islands and this Northern region with the elegy as a well-known antique genre. In a commentary on the title of this debut collection, Heinesen writes in 1984: “… den lånte stemningerne fra mine mørke øer i Nordhavet en – tiltrængt – reflex af den græske antiks glorrige morgenlys” [… it lent the moods of my dark islands in the North Sea – a needed reflex of the glorious morning light of Greek antiquity!].25 The reflex is needed because it is necessary for the Faroe Islands to develop its own voice and identity. Equally important is that this voice reflects the antique morning light reflecting Greece as the cradle of European culture and The Faroe Islands as a subset of this great beginning. Heinesen connects the beginning of European culture with the beginning of modern Faroese culture, thereby incorporating the Faroe Islands into the literary European republic. He finds a mourning tone for his imagination of the North in a Greek genre like the elegy, thus encircling the Faroe Islands and ancient Greece fundamentally as a part of the same culture. Heinesen finds the same dynamics of Faroese literature and culture in much older cultures; in another context he explicitly compares the Faroese case with
23 Doreen Massey: For Space. Sage: London 2005, p. 68, quote by P. Kamuf. 24 A. Arndt: North/South. In: Manfred Beller/Joseph Leersen (eds.): Imagology. The Cultural Construction and Literary Representation of National Characters. Rodopi: Amsterdam, p. 387. 25 William Heinesen: William Heinesens Samlede Digte. København: Rolv Forlag 1984, p. 13 [transl. brm.].
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ancient Greek city-states and early Hebrew literature and culture. As he points out, these cultures are managed by dynamics and even “other laws” concerning “cultural development”26 than those in larger cultures, while at the same time they cause a strong impact on larger cultures. Even if the impact of modern Faroese literature and culture can in no way be compared with the great influence of these literary cultures, the dynamics of literatures and cultures of a similar size as the Faroese are, according to Heinesen, worth the comparison. With this established North-South axis, Heinesen encircles a geographical space between North and South of the continent while at the same time encompassing more than 2000 years of intellectual history. On this point there was something to catch up with for Faroese authors in terms of an accelerated development and condensation of European influence. With its many references, reinterpretations and inversions of Greek mythology, and Plato,27 Heinesen develops his own version of the classical conflict between the ancient and the modern,28 although he turns this conflict into a dialogue and inspiration in order to expand the imagined Faroese geography. The Faroese link to the ancient world takes place with long delay, but becomes naturally included in Heinesen’s arc between mythology and modernity. The alluded North is framing Faroese culture as a deeply geographic based thought and idea: “Europe is both a region and an idea”. The same can be said of the North. The North is both a geographical region and an imaginative concept that varies, transforms, and coheres diachronically and synchronically according to the perspective adopted. Thus, North is a cardinal direction, but more importantly it is an overriding metaphor, a kind of culturally defined and maintained structuring principle that helps – literally like the compass itself – to orient ourselves in the world.29
While orienting towards the European South, Heinesen uses the North as a brand and an imaginative investment, because its embeddedness in European history anchors the Faroe Islands in a macro-historical context expanding the radius for
26 Klaus Larsen: William Heinesen 85 år. En varm og ægte menneskeven. In: Land og Folk 15. januar, 1985 [transl. brm.]. 27 Bergur Rønne Moberg: The Don Juan-motif in William Heinesen’s Writing. In: Scandinavica, 2005, pp. 55–63; Bergur Rønne Moberg. Op af historiens grøft. En analyse af Orfeus-motivet i De fortabte Spillemænd af William Heinesen. In: Edda vol. 1, 2007, p. 39–58. 28 Cf. M. Calinescu: Five Faces of Modernity. Modernism, Avant-Garde, Decadence, Kitsch, Postmodernism. Durham: Duke University Press 2006, pp. 13–35. 29 D. Jørgensen, Virgina Langum: Envisioning North from a Premodern Perspective. Visions of the North in Premodern Europe. Belgium: Brepols 2018 pp. 1–9, p. 1. [quote by Robert Bartlett].
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an ultraminor culture as the Faroese. Like small islands and remote geographical units, ultraminor literary geographies as the Faroese somehow call for great imaginations gathering importance by imaginative compensations for their extra small size.30 The idea and effect of accelerated development and condensation work as imaginative compensations in the ultraminor literature of the Faroe Islands.
Conclusion The focus has been given on accelerated development, delay, and simultaneity in William Heinesen’s writing as seen through Gachev’s notions of these concept. The article has highlighted accelerated development and contemporaneity through Heinesen’s idea of the barbaric and the North representing a dynamic idea of the Faroe Islands’ position in Europe. The barbaric is investigated as an expression of what and how Heinesen thinks of accelerated development and contemporaneity in a new geography as the Faroese. Based on his fictional and non-fictional works, the article concludes that the simultaneous reception of historical periods, currents etc. is Heinesen’s way of developing Faroese literature in order to position it on equal footing with European literature. Simultaneity lends itself as a proper strategy for the alternative literary development of Faroese literature expanding small time units and narrow understandings of isms and currents in order to take into account the Faroese presence-making and place-making encompassing the archaic and the modern. The wide apparatus of observing and receiving European culture in Heinesen’s works adds to his poetics a deep cultural and historical touch. As a historical – continental-colonial – gaze upon the Faroe Islands, the barbarian-figure comprises a double spatio-temporal remoteness situating the Faroe Islands isolated high in the North and back in time. Heinesen renegotiates these remotenesses using self-exoticizing strategies understood as an answering position from an island culture. Self-exoticism includes a mixing of the gaze from the outside and gaze from the inside. This way, Heinesen’s Faroes become a condensed and accelerated time-space. More specifically Heinesen’s reaction upon accelerated development is explained as a result of Faroese literature as an ultraminor literature. Based on his Faroese prerequisites, he investigates the Faroese space as an ultraminor, non-metropolitan and insular size.
30 Bergur Rønne Moberg: The Ultraminor to Be or Not to Be.
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The effort to catch up with and coincide with European reality in Heinesen’s works leads to a development within Faroese literature towards a sharp alternative view of European tradition and contemporary including correctives to all kinds of artistic, cultural and intellectual European currents – and in the end to the developmental understanding itself. Heinesen occupies a more or less antipode position to continental development working as an antidote to certain currents in the 20th century. With its anti-reductional approach to life, Heinesen’s dealing with accelerated development predicted a critique of e.g. existentialism, current humanism and psychoanalysis and hence many of the hangovers among intellectuals appearing later in the 20th century.31 He was aware of the limitations looking at literary history as a progressive arrow of time and as a thin linearity focusing mostly on rapid shifts in style, isms, periods and not on long-term scale and encompassing time units. Using the simultaneity as a literary means, Heinesen contrasts long- and short-term horizons in their reception of European influence. Due to his strong urge to totalize and re-interprete the tradition, his writings became spatious absorbing lots of opposing experiences, logics and discourses somewhere on the arc between the modern and the archaic. Due to the delay of the ultraminor and remote Faroese time-space, there is an unwillingness to commit to linear time unambiguously anchoring history as a road map for development. Heinesen’s imagination of his geographical background of far out questions fundamental categories like time and space that have been referred to within intellectual history as “global absolutes” and “giants of modernity.”32 Heinesen’s and Faroe Islands’ road into European time and space constitutes a privileged approach to European history as seen from the distance of an ultraminor and remote culture. A challenging integration of time and space takes place in Heinesen’s writings. Regarding his position between the archaic and the modern, the accelerated development within Heinesen’s writings originally is formed as an encounter between the Enlightenment and Romanticism. In this and many other respects, he is a typical European writer, since the era after Romanticism to some degree has been a constant interaction between the currents respectively inspired more or less by the Enlightenment era and Romanticism. The Enlightenment era cultivates reason and progress, while Romanticism cultivated the mysterious, exotic, poetic and historical. To put it simply: Just because it’s old, it’s not going to last (Enlightenment era); although old, it continues (Romanticism). In their relation to the Eu31 Bergur Rønne Moberg: Resten i Vesten. Verdenslitteratur i modernismens margin. København: Forlaget Spring 2014. 32 Edward S. Casey: The Fate of Place – A Philosophical History. Berkeley: University of California Press 1998, p. 334.
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ropean tradition, Heinesen deals with accelerated development and simultaneities operating in the endless productive paradoxes between these two positions of break and continuity. There is constantly an inner tension in that he relates to history in a long-term historical perspective. Within Max Weber’s sociology, modernity represents “et brud med fortiden” [a break with the past, transl. brm.],33 and “det eksotiske (…) et brud med moderniteten.” [the exotic (…) a break with modernity, transl. brm.].34 Due to the strong sense of simultaneity, Heinesen find himself somewhere inbetween this sociological approach to modernity and exoticism by self-exoticizing his new geography adopting the romanticizing gaze from the outside as a kind of domestic otherness. Owing to modernity’s massive influence, Faroese literature as seen through Heinesen demonstrates that a young nation, an ultraminor and insulated culture have been exposed to handle large time units in order to develop and explore the new Faroese geography and its accelerations and condensations. In the spirit of Gachev, the accelerated development of ultraminor Faroese literature in many ways have been an incomplete development with less mature stages due to the close connection to the political context in the rather collectively based Faroese culture and to the lack of capacity in this ultraminor culture in general. However, the same does not go for the hybridity of Heinesen reflecting a modern imagined geography and a fully developed cosmopolitan Faroese identity being abreast of European ideas and their reflexions of space, time etc. Heinesen’s development is not abridged, but bridging all kinds of traditions as an answer from an ultraminor European culture to main currents in Western thought.
33 Ole Høiris: Antropologiens idéhistorie. 2500 års konstruktion af os selv og de fremmede. Aarhus: Aarhus Universitetsforlag Høiris 2010, p. 505. 34 Høiris: Antropologiens idéhistorie, p. 505.
Gerson Neumann
Brasilianische Lebensbilder Friedrich Gerstäckers Reisen nach Brasilien und seine Fiktion
1 Der Autor Friedrich Gerstäcker Friedrich Wilhelm Christian Gerstäcker ist ein bekannter deutsche «Reisender, fruchtbarer Schilderer und Erzähler»1 des 19. Jahrhunderts. Er wird am 10. Mai 1816 in Hamburg geboren. Seine Eltern sind beide Künstler. Sein Vater ist ein bekannter Operntenor und seine Mutter eine Opernsängerin. Als Kind ist Friedrich Gerstäcker andauernd des Berufes der Eltern wegen unterwegs. Früh liest er die Bücher, die ihn fürs Leben als Reisender, Auswanderer, Abenteuerlustiger und Abenteuerromanschriftsteller prägen werden. Das berichtet er selbst als alter Mann in den Kleine[n] Erzählungen und Nachgelassene[n] Schriften: Was mich so in die Welt hinausgetrieben? – Will ich aufrichtig sein, so war der, der den ersten Anstoß dazu gab, ein alter Bekannter von uns Allen, und zwar niemand anders als Robinson Crusoe. Mit meinem achten Jahr schon fasste ich den Entschluß, ebenfalls eine unbewohnte Insel aufzusuchen.2
1 Vgl. Allgemeine Deutsche Biographie, 9. Band, Berlin 1968, 59–60; Neue Deutsche Biographie, 6. Band, Berlin 1964, 323–324; Deutsche Biographische Enzyklopädie, 3. Band, München 1996, S. 657; Oswald Tiedemann: Friedrich Gerstäcker – Leben und Werk. Bibliographischer Anhang von Arnim Stöckhert. 2., korrigierte und ergänzte Auflage. Braunschweig: A. Kraff 1977. Anton Zangerl: Friedrich Gerstäcker (1816–1872). Romane und Erzählungen – Struktur und Gehalt. In: R. Tarot (Hg.): Narratio. Arbeiten zur Geschichte und Theorie der Erzählkunst. Bd. 15. Bern: Peter Lang 1999; Erich Seyfarth: Friedrich Gerstäcker. Ein Beitrag zur Geschichte des exotischen Romans in Deutschland. Freiburg i. B.: Paracelsus-Verlag 1930; Ludwig Quantz: Zur Geschichte des völkerkundlichen Romans: Friedrich Gerstäcker. In: Hans Plischke (Hg.): Göttinger Völkerkundliche Studien. Leipzig: In Kommission bei Otto Harrassowitz 1939, S. 45–76. 2 Friedrich Gerstäcker: Kleine Erzählungen und Nachgelassene Schriften, Bd. 1. Jena: Costenoble 1879, S. 1. Hinweis: Das Werk des Autors Friedrich Gerstäcker ist ein wichtiger Teil in der Dissertation des Autors dieses Textes. Nach der Dissertation wurden Gerstäckers wichtigste Veröffentlichungen zu Brasilien ins Portugiesische übersetzt und veröffentlicht. Zur Dissertation siehe: Gerson R. Neumann: «Brasilien ist nicht weit von hier!» Die Thematik der deutschen Auswanderung nach Brasilien in der deutschen Literatur im 19. Jahrhundert (1800–1871). Frankfurt am Main/Berlin: Peter Lang 2005. https://doi.org/10.1515/9783110730340-019
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Sicherlich gehören zudem zu seinen gelesenen Autoren Bekannte wie Cooper, Defoe oder Sealsfield, die die Zeit der Abenteuerliteratur im 19. Jahrhundert beeinflusst haben. Der letzte entfloh 1823 «aus dem Prager Kreutzherrnstift nach Amerika [...] und [wird] nach bestandenen Abenteuern, Geschichten von Indianern und Siedlern der Neuen Welt»3 veröffentlichen. Jahrzehnte später wird Gerstäcker besonders Sealsfields Wege in Nordamerika nachgehen. Bis 1830 besucht Gerstäcker in Braunschweig das Katharineum und später, in Leipzig, bis 1833 die Nikolaischule. Er lernt widerwillig den Kaufmannsberuf in Kassel, aber von 1835 bis 1837 widmet er sich in Döben bei Grimma der Landwirtschaft, um mehr Kenntnisse für seine zukünftige Auswanderung zu haben. Kurz danach unternimmt er im März 1837 als Auswanderer seine erste Überseereise in die Vereinigten Staaten, wo er seinen Lebensunterhalt u. a. als Koch, Holzfäller, Silberschmied, Matrose, Schokoladenhersteller und Hotelier verdient. Er gibt sein Ziel als deutscher Einwanderer in den USA auf und unternimmt verschiedene abenteuerliche Reisen. In seinen Wanderungen von der Grenze Kanadas bis nach Texas lernt er Land und Leute gründlich kennen. Im Jahr 1843 reist er zurück nach Deutschland, wo er als freier Schriftsteller in wahrheitsgetreuen Berichten, zum Teil auch für Auswanderer, und in wirklichkeitsnahen Romanen seine Erfahrungen niederzulegen beginnt. Mit seinen Tagebuchaufzeichnungen der Überseereise, die er seiner Mutter schickt, erzielt er seinen ersten literarischen Erfolg.4 Mit dem in drei Bänden veröffentlichten Roman Die Regulatoren in Arkansas (1846) macht Gerstäcker sein literarisches Talent bekannt. Zwei Jahre danach (1848) erscheint das Buch Die Flusspiraten des Mississippi, ebenfalls in drei Bänden. Die beiden Romane sind Gerstäckers Debüt in der Gattung Abenteuerroman und bleiben seine bis heute bekanntesten Werke. Seine ersten Werke werden schon kurz danach ins Englische, Französische, Holländische und Russische übersetzt. Auch als Dramatiker und Lyriker versucht er sich ebenfalls, jedoch ohne den erwünschten Erfolg. Außerdem ist er als Übersetzer tätig.5 Und «1848 schließt sich der politisch interessierte und patriotische
3 I. Strohschoen: Gerstäcker in Rio Grande do Sul. In: Serra-Post Kalender. 1965, S. 97. Vgl. Zangerl: Friedrich Gerstäcker, S. 13; Seyfarth: Friedrich Gerstäcker. Ein Beitrag zur Geschichte des exotischen Romans in Deutschland, S. 26; Tiedemann: Friedrich Gerstäcker – Leben und Werk, S. 10. 4 Siehe Friedrich Gerstäcker: Reise von Leipzig nach New York. Brieftagebuch einer Überfahrt im Zwischendeck (1837), hrsg. anlässlich der Sonderausstellung Auswanderung Bremen – USA – Uwe Schnall (Red.). Bremerhaven: Werbedruck Bremen 1976, S. 6–44. 5 Siehe u. a. Hermann Melville: Omoo der Abenteuer im stillen Ocean, aus dem Eng. von Friedrich Gerstäcker, 2 Teile, Leipzig: Verlag von Gustav Mayer 1847 oder W. G. Simms: Wigwam und Hütte. Erzählungen aus dem Western Amerika’s, aus dem Englischen von Friedrich Gerstäcker. Dresden/ Leipzig: in der Arnoldischen Buchhandlung 1846. Quantz erwähnt auch Gerstäckers Tätigkeit im Bereich der Übersetzung. Siehe Quantz: Zur Geschichte des völkerkundlichen Romans, S. 67.
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Schriftsteller während kurzer Zeit der Bewegung ‹Junges Deutschland› an.»6 Diese Bewegung fordert eine politische Liberalisierung. Die Freiheit der überseeischen Länder, besonders der USA, locken viele Europamüde in die Neue Welt. Zu dieser Zeit findet die deutsche Auswanderung in die USA ihren Höhepunkt. Thomas Oswald, Gerstäckers Biograph, beschreibt sehr treffend dazu im Buch Friedrich Gerstäcker – Leben und Werk: Gerstäckers Reiseberichte waren für die auswanderungswilligen Deutschen wesentliche Orientierungshilfe. Zahlreiche unserer Landsleute waren zu jener Zeit unzufrieden, ja verzweifelt. Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zustände im uneinigen Deutschland trieben viele über den Ozean in das «Land der unbegrenzten Möglichkeiten». Die ständigen Kriege, Revolutionen, Wirtschaftskrisen, Hungersnöte durch schlechte Ernten und dergleichen mehr förderten die Auswanderungslust in Deutschland.7
Gerstäckers aktive Beteiligung an der politischen Bewegung ist aber nicht sehr groß. Sein Beruf als Schriftsteller macht weitere Reisen nötig. Kurz nach dem Revolutionsjahr, von 1849 bis 1852, unternimmt er mit Unterstützung des damaligen Reichsministeriums eine Reise durch Südamerika, Kalifornien, die Inseln Hawaii und Tahiti, Australien und kehrt über Java zurück nach Deutschland. Friedrich Gerstäcker hat zwei Aufgaben auf seiner Reise: «Einerseits ist er damit betraut, für die Cotta’sche Buchhandlung Reiseberichte zu verfassen, andererseits soll er sich als Gesandter (und Lohnempfänger) des neuen Reichsministeriums um die Belange der Aussiedler aus Deutschland in den Neuen Welt kümmern.»8 Er tritt ab dann immer mehr für die Probleme der Auswanderer ein. Die Auswanderungsbewegung wird Gerstäckers Leben und Schaffen beeinflussen und «seine persönlichen Erfahrungen über die Auswanderung machte Gerstäcker seinen Lesern, die zu einem großen Teil aus diesen Kreisen kamen, in einigen besonders hierfür zugeschnittenen Werken zugänglich.»9 Im Jahr 1860 tritt er seine dritte Reise an. Für diese hat er aber dann ein besonderes Ziel: Gerstäcker will deutsche Kolonien in Südamerika besuchen und die Auswanderungsmöglichkeiten dorthin untersuchen und darüber berichten. Zangler schreibt, dass Gerstäcker außerdem, u. a. abklären soll, «welche Güter sich lohnend nach Europa ausführen lassen.»10 Während seiner Reise bekommt er gute Möglichkeiten, über die Zukunft der deutschen Auswanderung in Südamerika
6 Zangerl: Friedrich Gerstäcker, S. 15; Oswald: Friedrich Gerstäcker – Leben und Werk, S. 27; Quantz: Zur Geschichte des völkerkundlichen Romans, S. 52. 7 Tiedemann: Friedrich Gerstäcker – Leben und Werk, S. 158. 8 Zangerl: Friedrich Gerstäcker, S. 15. 9 Quantz: Zur Geschichte des völkerkundlichen Romans, S. 51. 10 Zangerl: Friedrich Gerstäcker, S. 17.
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zu sprechen. Eine dieser Möglichkeiten bekommt er in Rio de Janeiro, wo er den Kaiser Dom Pedro trifft und im Saale der Kaiserliche Militärakademie eine Vorlesung über die Deutschen im Ausland – in Brasilien, aber auch in ganz Südamerika – hält. Dieser Vortrag wird in Brasilien auf Deutsch, im Jahr 1861, vom Druck Lorenz Winter veröffentlicht und bleibt lange in Deutschland unveröffentlicht.11 1861 kehrt er zurück nach Deutschland und veröffentlicht den Roman Die Colonie. Brasilianisches Lebensbild12 (1862) im Verlag Costenoble, dem innerhalb der vorliegenden Arbeit eine besondere Aufmerksamkeit zuteil wird. Außerdem hat Gerstäcker nach dieser Reise wichtige Artikel über den brasilianischen Einwanderungskontext in verschiedenen deutschen Zeitschriften, besonders in der Gartenlaube sowie das wichtige Werk Achtzehn Monate in Südamerika (1862), in drei Bänden, veröffentlicht.13 Die in Brasilien praktizierten Halbpachtverträge, die eine negative Erfahrung für die deutsche Auswanderung in dieses Land bringen, fordern von Gerstäcker ein warnendes Werk für die Auswanderungslustigen bezüglich dieser Art von Verträgen. Er veröffentlicht 1869 eine wichtige Erzählung unter dem Titel Die Parcerie-Verträge14 im Verlag von Ernst Keil.15 Schon im darauffolgenden Jahr, 1862, reist er als Begleiter des Herzogs Ernst von Coburg-Gotha auf einer Jagdtour nach Ägypten und Abessinien. 1867 und 1868 unternimmt er seine fünfte und letzte Reise in die USA, Mexiko, Ecuador, Venezuela und Westindien. Daraus entsteht das dreiteilige Buch Neue Reise durch die Vereinigten Staaten, Mexico, Ecuador, Westindien und Venezuela im Jahre 1869 in Jena bei Hermann Costenoble. In der AAZ, Nr. 49 des gleichen Jahres schreibt ein Rezensent folgendes über den Autor: «Friedrich Gerstäcker ist einestheils so 11 Friedrich Gerstäcker: Die Deutschen im Ausland. Vorlesung gehalten von Freidrich Gerstäcker im Saale der Kaiserlichen Militär-Academie zu Rio de Janeiro, den 21. September 1861. Rio de Janeiro: Lorenz Winter 1861. 12 Zuerst erschien der Roman in der Kölner Zeitung. Siehe Tiedemann: Friedrich Gerstäcker – Leben und Werk, S. 112. 13 Friedrich Gerstäcker: Deutsche Colonisation in Brasilien. In: Die Gartenlaube. Leipzig: Ernst Keil 1862, Nr. 29 S. 454–456; vgl. Friedrich Gerstäcker: Wohlgemeinte Warnung für Auswanderer. In: Die Gartenlaube, Nr. 29, Leipzig: Ernst Keil 1862, S. 479–480. 14 Diese Erzählung erschien zuerst der Elberfelder Zeitung. Tiedemann: Friedrich Gerstäcker – Leben und Werk S. 178. 15 Die Erzählung wurde 2020 unter dem Titel Advertência e instrução aos emigrantes alemães para o Brasil – Um contrato de parceria e Os alemães no exterior – palestra im Verlag Oikos, übersetzt von Gerson Roberto Neumann; Eduardo P. L. Carvalho Im selben Band wurde auch die Übersetzung des oben erwähnten Vortrages unter dem Titel Os alemães no exterior veröffentlicht. Siehe Gerson Roberto Neumann/Eduardo P. L. Carvalho/Marcelo T. Rodriguez/Paula C. Santos: Advertência e instrução aos emigrantes alemães para o Brasil – Um contrato de parceria e Os alemães no exterior – palestra. São Leopoldo: Oikos 2020.
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allgemein bekannt, andertheils eine so ausgeprägte Natur, dass wir uns der Charakteristik seines Auffassungs- und Darstellungsweise füglich entschlagen können. Jedem unserer Leser ist der Schriftsteller Gerstäcker bekannt.»16 Ab 1869 lebt Gerstäcker in Braunschweig, wo er am 31. Mai 1872 stirbt.
2 Die Colonie. Brasilianische Lebensbilder, von Friedrich Gerstäcker Die Colonie. Brasilianisches Lebensbild umfasst 508 Seiten und ist Zangerl zufolge in nur elf Wochen geschrieben worden.17 Gerstäcker ist ein Vielschreiber der im 19. Jahrhundert mit Schreiben seinen Unterhalt verdient. Aus 34 Kapiteln besteht Gerstäckers Die Colonie. Brasilianisches Lebensbild. Im Buch über das brasilianische Leben auf einer deutschen Einwanderersiedlung benutzt der Autor achtmal Fußnoten, um Einzelheiten zu erläutern. Bemerkenswert ist, dass auf Die Colonie. Brasilianisches Lebensbild ein Roman im Anschluss folgt, mit dem Titel Eine Mutter, in drei Bänden (508 Seiten), in Jena bei Costenoble im Jahr 1869 veröffentlicht wird. In diesem Roman befinden sich die Hauptfiguren dann in Deutschland, wo sie ein Leben ohne größere Verbindungen zum südamerikanischen Land weiterleben. Die Colonie Santa Clara in Brasilien, die sie nach den großen politischen Ereignissen verlassen haben, wird in der Erinnerung wieder lebendig. In dem Roman Die Colonie gibt es kein Vorwort. Bernhard Jacobstroer schreibt in seinem Buch Die Romantechnik bei Friedrich Gerstäcker, «er [der Autor] wollte dadurch das bestrebende Stück sofort als eine historische, wahrheitsgetreue Darstellung kennzeichnen»18 Laut Jacobstroer soll Gerstäcker gerade in Romanen wie diesem (so sei es ebenfalls in den Romanen Eine Mutter, In Mexico, Unter dem Äquator) ohne ein Vorwort beginnen, um die Wirklichkeitsnähe zu betonen. Meiner Meinung nach ist es aber genau das Gegenteil, denn immer, wenn Gerstäcker ein informierendes Buch über die Thematik der Auswanderung in Fiktion schreibt, erklärt er dem Leser in einem oft langen Vorwort, worum es genau im Buch geht. Im Roman Die Colonie. Brasilianisches Lebensbild nähern sich zwei Reiter der schon von weiten schön aussehenden Kolonie Santa Clara, im Bundesstaat Santa Catarina, im Süden Brasiliens. Günther von Schwartzau ist Ingenieur-Offizier und 16 AAZ, 1868, Nr. 49, S. 203–204. 17 Zangerl: Friedrich Gerstäcker, S. 218. 18 Bernhard Jacobstroer: Die Romantechnik bei Friedrich Gerstäcker. Diss. Greifswald. Greifswald: Druck von Julius Abel 1914, S. 53.
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kommt, vom Präsidenten der Provinz beordert, zum Zwecke der Landvermessung weiterer Einwanderungskolonien. Der zweite Fremde ist Bernard Könnern, ein Maler. Er ist schon in Nordamerika umhergereist und will eine deutsche Kolonie in Brasilien kennenlernen und sich dem Koloniedirektor vorstellen, denn dieser soll ein guter Freund seines Bruders sein. Könnern will als Maler ebenfalls in Brasilien umherreisen und Materialien für seine Mappe sammeln und im südamerikanischen Land jagen. Direktor Sarno ist sehr beschäftigt, als die beiden Herren ankommen. Die Kolonie kann keine neuen Einwanderer mehr unterbringen, weil das Einwanderungshaus schon überfüllt ist. Er selbst hat sogar schon einige Familien in seinem Haus. Als der Direktor erfährt, dass er vor dem nächsten Landvermesser steht, empfängt er ihn nicht sehr freundlich, denn die vorherigen haben mehr gehindert als eine vernünftige Arbeit geleistet. Hocherfreut ist der Direktor aber, als er von Könnern erfährt, er sei der Bruder seines besten Freundes. Ihn in der Kolonie zu Gast haben zu können, bringt Direktor Sarno dazu, beide feierlich willkommen zu heißen. Die Kolonie Santa Clara ist eine kleine Niederlassung, in der bisher gute Erfahrungen mit deutschen Einwanderern in Brasilien gemacht wurden. Zwei unterschiedliche Gruppen, mit verschiedenen politischen Interessen, bilden die Bevölkerung: zum einen die Bauern, welche die größte Gruppe bilden, zum anderen ausgewanderte deutsche Aristokraten. Die letzte Gruppe bereitet Direktor Sarno oft Schwierigkeiten, denn die Grafen, Baronen und andere Noblen wollen in der Kolonie ihr Leben so weiterführen wie im verlassenen Vaterlande, nämlich ohne größere Anstrengungen. Da Sarno weiß, dass das Wachsen der kleinen Siedlung besonders von der Arbeit der Bauern abhängt, bevorzugt er meistens die Bedürfnisse dieser Gruppe. Die Aristokraten geben sich aber nicht von der Leitung des Direktors geschlagen und organisieren heimlich einen Beschwerdebrief mit Unterschriften und schicken ihn nach Santa Catarina, wo eine Präsidentin im Amt ihres erkrankten Mannes sitzt. Sie ist mit anderen ranghohen deutschen Einwanderern befreundet, die ihren Einfluss auf sie ausüben. So werden in der Hauptstadt, Florianópolis, die nötigen Formalitäten für die Ablösung des Direktors vorbereitet. Der Kopf dieser Gegenoffensive in Santa Clara ist die Gräfin Baulen. Sie lebt schon eine Weile in Brasilien, aber das Leben gefällt ihr nicht, denn immer wieder hat sie finanzielle Schwierigkeiten und kann oft ihre Miete nicht bezahlen. Ihr Leben als Gräfin führt sie trotzdem in Brasilien weiter. Die beiden Kinder, Oskar und Helene, leben in den Tag hinein. Die Gräfin versucht auf verschiedenen Wegen an Geld zu kommen. Bei ihr wohnt ein gewisser Jeremias, ein Faktotum in Santa Clara. Eines Tages bringt er einen Neuling in die Stadt – einen gewissen Herrn von Pulteleben – und beherbergt ihn in seinem Zimmer, ohne die Erlaubnis der Gräfin
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oder ihres Sohnes zu haben. Bei Jeremias geht es darum, nur sein eigenes Geld zu verdienen. Jeremias pflegt die Pferde für Oskar, und deshalb darf er in dem jetzt vermieteten Zimmer übernachten. Die Gräfin hat also in Herrn von Pulteleben eine neue Geldquelle im Hause, und das passt ihr sehr, denn sie hat einen Plan: Sie will eine Zigarrenfabrik in Santa Clara aufbauen. Die Idee hat sie, aber nicht die finanziellen Mittel. Ihr bester Freund, Baron Jeorgy, ist vom Geschäftsangebot schon abgesprungen, denn er hat gleich gewusst, dass es nur um sein gutes Geld ging, und dass sie sich nicht wirklich anstrengen würde. Der Baron selbst ist schon von der brasilianischen Realität enttäuscht. Er hatte ein Stück Land etwas außerhalb der Kolonie gekauft und wollte dort wie ein brasilianischer Pflanzer arbeiten. Er hatte aber keinen Erfolg und musste das verwilderten Land verkaufen, bevor er sein mitgebrachtes Geld komplett verlor. Nun wohnt der junge Herr von Pulteleben bei der Gräfin und lässt sich zu ihrem Geschäft überreden. Er hat aber Interesse an ihrer Tochter Helene, ein sehr schönes – wenn auch nicht das schönste – Mädchen in Santa Clara. Die Gräfin schafft es, dass es wirklich zur Verlobung kommt, obwohl Helene gar kein Interesse an Herrn von Pulteleben hat. Für die Gräfin Baulen ist der lange Aufenthalt des jungen Herren aber schon ein großer Gewinn, denn seit langem übernimmt der junge Mann die Kosten des Hauses. Außerdem hat er auch eine Menge Geld in die Fabrik investiert, die bald schon die ersten Zigarren produziert, aber lange noch kein reales Einkommen bringt. Die Verlobung der jungen Leuten jedoch dauert nicht lange an: nur eine Nacht. Denn noch am gleichen Abend nach dem Fest enthält Helene einen Brief von ihrer Mutter. Aber aus Irrtum verwechselt die Gräfin die Umschläge. Durch den falschen Brief erfährt das Mädchen, dass die Gräfin nicht ihre Mutter ist. Die Gräfin lebt in Brasilien mit den Geldern, die sie von Helenes richtiger Mutter bekommt, weil die Gräfin Baulen sich bereit erklärt hat, mit dem unehelichen Kind auszuwandern. Nach dem Ende der Verbindung zwischen Helene und von Pulteleben tritt er aus dem Zigarrengeschäft und verlässt das Haus. Helene wohnt auch nicht mehr bei der Gräfin. Die Gräfin hat noch ein Geheimnis: sie benutzt einen Titel, den sie sich selbst zugelegt hat, seit sie in Brasilien lebt. Das hat aber nur Helene durch ihren späteren Verlobten, Felix Randolph, Graf von Rottack, erfahren, bevor die beiden sich auf die Reise nach Deutschland begeben. Von Schwartzaus Arbeit soll am nächsten Tag nach seiner Ankunft in Santa Clara früh beginnen, denn viele Einwanderer warten schon lange auf ihr Stück Land und ein neues Schiff mit neuen Einwanderern soll auf den Weg zur Kolonie sein, und für die gibt es keine Unterkunft. Könnern will sich eine Weile in der Kolonie aufhalten. Am nächsten Tag möchte er deshalb auch mit Sarno und mit von Schwartzau zum Vermessungsplatz mitreiten. Während beide sich mit den Messarbeiten beschäftigen, lernt Könnern dort zufällig ein Mädchen kennen. Elise Meier wohnt bei ihren Eltern au-
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ßerhalb der Kolonie Santa Clara, und deshalb ist die Familie dort fast unbekannt und wird von den anderen Einwohnern als zurückgezogen betrachtet. Seitdem Könnern das Mädchen gesehen hat, fühlt er sich von Elise angezogen. In dem fast wie eine Festung eingerichteten Haus der Familie Meier lebt aber ein Geheimnis, und das ist auch der Grund, weshalb die Familie eine isolierte Lebensform bevorzugt. Das Haus ist wie in einer Oase von Bäumen und Pflanzen umgekreist, so dass es kaum zu bemerken ist. Der Vater hat es so eingerichtet, dass man alle äußere Bewegungen von drinnen beobachten kann. Elise ist als kleines Kind nach Brasilien gekommen und weiß nichts von den dunklen Schatten, die über ihren Eltern liegen: Elises Vater war Kassierer einer Bank in Deutschland, die Bankrott ging, weil er eines Tages mit der Kasse verschwand. Es wurde viel getan, um ihn dingfest zu machen, aber alle Versuche misslangen: Man konnte ihn nicht finden. Jetzt, nach vielen Jahren, als Günther von Schwartzau zufällig mit Könnern Meiers Haus betritt, erkennen sich beide Männer. Auch Schwartzau hatte damals Geld verloren. Das Chaos bricht in der mysteriösen Familie aus. Der Vater erzählt Elise endlich alles, gegen den Willen der Mutter. Diese verschwindet am gleichen Abend und wird nie wieder gefunden. Sie soll sich in den Strom gestürzt haben. Jetzt will Elises Vater alles gutmachen, und das soll von Schwartzau vermitteln. Der alte Mann gibt alles ab, was er hat, und will mit der Tochter die Kolonie verlassen. Für Könnern ist es unfassbar, aber er muss in diesem Moment die Entscheidung des Mädchens akzeptieren. Könnern will trotzdem auf der Spur der beiden bleiben, denn er weiß, dass der alte Mann und Elise ohne jede finanzielle Unterstützung nicht weit kommen können. Was er nicht wollte, passiert aber: Er verliert die Spur der beiden Wanderer. Zu dieser Zeit muss Direktor Sarno seine Stelle dem Neuen übergeben. Er und Herr von Schwartzau, der mit seiner Arbeit in der Kolonie fertig ist, begeben sich auf die Reise nach Rio de Janeiro. Dort will Schwartzau als Beamter der brasilianischen Regierung über die letzten Ereignisse in der Kolonie berichten, besonders was die Politik der Präsidentin des Staates Santa Catarina in Bezug auf die Einwanderung in der Kolonie Santa Clara betrifft. Der neue Direktor, Ferdinand von Reitschen, hat sich inzwischen schon eingerichtet. Der Direktor hat sich von einer Truppe brasilianischer Soldaten in die Kolonie begleiten lassen, denn nach Informationen aus der eigenen Kolonie solle es eine Gefahr von Indianern an der Grenze Santa Claras geben. Schon lange seien aber keine Indianer dort gesehen worden und Soldaten waren in deutschen Kolonien nie willkommen. Das ist die erste Aufregung, die der neue Direktor verursacht. Die Aristokratie hat aber jetzt einen der Ihren als Führer in Santa Clara. Außerdem hat er nun die polizeiliche Macht, denn vor einigen Wochen hatte der Delegado (der Polizeikommissar) die Kolonie heimlich mit der Frau des Schuhmachers verlassen. Er soll sich in Florianópolis haben trauen lassen und jetzt dort, sogar unter Schutz der Präsidentin, leben. Da die pro-
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testantische Ehe in Brasilien offiziell nicht gültig ist, kann der brasilianische Delegado sich in der katholischen Kirche in der Bundeslandhauptstadt mit der deutschen Frau des Schuhmachers trauen lassen. Das bringt weiter große Unzufriedenheit in die Gemeinde. Den Höhepunkt der Antipathie erreicht der neue Direktor als er einen ehrlichen Bauern namens Koehler ins Gefängnis steckt, da er im Verdacht stehen soll, den Schneider Justus ermordet zu haben. Dies aber nur, weil Koehler als letzter mit dem Schneider zusammen war und besonders weil er, der Direktor, vor einigen Tagen von Koehler beleidigt wurde. Einige Wochen muss der Bauer im Gefängnis bleiben, bis Könnern und der Graf von Rottack den richtigen Mörder festnehmen. Bur hatte den Schneider getötet, als beide Jeremias im Walde einen versteckten Geldsack rauben wollten. Um den ganzen Fund für sich zu behalten, hat Bur seinen Begleiter mit einem Stein am Kopf geschlagen. Beim Verlassen des dunklen Waldes ist Bur auf jemanden gestoßen und deshalb hat er das Geld schnell in einen Busch geworfen. Zufällig war es Jeremias, der mit großer Freude seinen Geldsack wiedergefunden hatte. Der Mörder Bur verlässt die Kolonie so schnell er kann. Tage danach ist der Tote gefunden und der unschuldige Bauer festgenommen worden. Da die meisten wussten, dass er nicht der Täter sein könnte, wächst der Unmut über den neuen Direktor. Jeremias hatte schon mit Könnern über den Fall geredet und war sich fast sicher, dass Bur der Mörder sei. Da vom Direktor nichts kommen würde, begeben Könnern und Graf von Rottack sich auf die Suche nach Bur. Nach einigen Tagen kommen sie mit Bur zurück. Zu Könners Freude erfährt er auf dem Landstück, auf dem sie Bur gefangen haben, Neuigkeiten über Elise und ihren Vater. Der Vater kann nicht mehr weiter, da er sehr krank ist und stirbt im Beisein von Könnern und Elise. In Santa Clara herrscht große Unruhe. Obwohl Bur gefangen ist, will der Direktor nicht am gleichen Tag den unschuldigen Koehler freilassen, weil es schon nach seiner offiziellen Arbeitszeit ist. Graf von Rottack macht großen Druck und droht an, das Direktorhaus mit der versammelten Menge der Bauern zu stürmen, falls er den Unschuldigen nicht an diesem Tag noch freilässt. Herr von Reitschen gibt nach. Am nächsten Tag kommt ein Schiff aus Rio und mit ihm viele neue Ereignisse. Der alte Direktor kommt aus der brasilianischen Hauptstadt zurück und soll wieder sein Amt übernehmen. In Rio hatte die Regierung erfahren, dass ihm zu Unrecht seine Stelle genommen wurde. So muss von Reitschen die Kolonie verlassen und sich in Rio für seine Tätigkeiten verantworten. Der Präsident des Bundesstaates wird wegen seiner Krankheit pensioniert und so hat seine Frau auch keinen Platz mehr in der Bundeshauptstadt. Bur muss ins Gefängnis. Auch die Soldaten müssen die Kolonie verlassen, denn die Geschichte mit der Indianerattacke war in der Tat eine unklare Sache. Könnern und Elise sowie Graf von Rottack und Helene verlassen Santa Clara mit dem Schiff, das den Direktor Sarno zur Freude der meisten Bewohner der Kolonie zurückgebracht hatte.
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Nach dieser kurzen und schnellen Darstellung der Ereignisse in der Kolonie Santa Clara kann man den Schluss ziehen, dass es sich doch lohnt nach Brasilien auszuwandern. Besser ist es in Süd-Brasilien. Man soll aber auf einige wichtige Sachen achten, damit man keine böse Überraschungen erlebt. Auswandern soll nur, wer wirklich arbeiten will und kann, denn ohne hart zu arbeiten, kommt keiner in Brasilien, oder auf irgendeiner Kolonie, vorwärts. Deshalb attackiert Gerstäcker besonders die Auswanderung der deutschen Aristokratie in die deutschen, ländlichen Kolonien. Wenn sie auswandern wollen, dann sollen sie in die städtischen Zentren ziehen. Am Ende besiegen die Guten die Bösen, und ein Happy End gehört dazu. Könnern, der Maler, der ja beruflich eigentlich nichts in der Kolonie weiter zu tun hat, reist mit seiner frisch Verlobten zurück nach Deutschland. Direktor Sarno darf wieder zurück zu seiner Stelle, die er durch die böse Verschwörung einer Aristokratengruppe verloren hatte. Günther von Schwartzau verbleibt noch eine Weile in der Kolonie Santa Clara, da sein Leben in Deutschland nach dem Tod seiner wartenden Braut keinen Sinn mehr hat.
Antonio Andrade
Poéticas e imágenes nómadas Viajes translingües en la literatura brasileña
1 Una memoria en desajuste En este texto, mi propuesta es examinar la función estético-crítica de la cuestión del viaje en producciones translingües pertenecientes a distintos periodos de la literatura brasileña. Mi objetivo es reflexionar sobre los cruces entre diferentes materialidades lingüísticas y formas de construcción de lo visual presentes en textos que se configuran como modos de peregrinación transfronterizos. Trataré de desarrollar así una lectura comparativa de las siguientes obras: O Guesa de Sousândrade, epopeya transamericana del romanticismo; Galáxias de Haroldo de Campos, libro-viaje del concretismo; El astronauta paraguayo de Douglas Diegues, transepopeya en portuñol salvaje; y Nada está fora do lugar de Josely Vianna Baptista, videopoema basado en el tema de las migraciones guaraníes. Para iniciar esta reflexión, me gustaría recuperar una observación de Roberto Schwarz sobre la contradicción que estaría en la base de la formación nacional brasileña: la correlación entre el sistema de la esclavitud – cuya abolición en el país se dio sólo en 1888 – y la ideología liberal. El ensayo en el que Schwarz defiende esa posición se llama, paradigmáticamente, «As ideias fora do lugar».1 En contraste con la perspectiva de ese crítico, conocido experto en la obra de Machado de Assis, es posible argumentar que el liberalismo económico involucrado en la expansión del capitalismo sacaba ganancias tanto de la explotación del trabajo esclavo como del trabajo libre. La obtención del lucro tiene en ello su fundamento básico. Aun así, es importante constatar que la percepción de ese desfase gana distintas performatividades en el campo literario brasileño y funciona como contradicción constitutiva del discurso, atravesando decisivamente los sentidos de libertad y ciudadanía en nuestra memoria colectiva. Además, hay que matizar tal observación crítica y poner en cuestión la noción de un supuesto «origen» foráneo (y por ello, «fuera de lugar») de los constructos ideológicos del capitalismo, fomentados también por grupos dominantes de las naciones latinoamericanas. En este sentido, me gustaría reorientar esa mirada sobre el desajuste, debido a la manera reductora como concibe la idea de
1 Roberto Schwartz: Ao vencedor as batatas. São Paulo: Duas Cidades 1992, p. 11–31. https://doi.org/10.1515/9783110730340-020
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que discursividades predominantes en el contexto internacional (sobre todo, europeo y norteamericano) serían «extranjeras» y no adecuadas a la dinámica sociocultural nacional. Propongo, más bien, una mirada hacia la difícil relación que intelectuales y escritores brasileños establecieron con los discursos unificadores de la idea de nación. Éstos se emparentaron a la glotopolítica de carácter monolingüe que impulsó en nuestro territorio la homogeneización lingüística y la imposición del portugués como lengua oficial, condenándoles al proceso de silenciamiento centenares de lenguas amerindias, más allá de las lenguas africanas, las lenguas de comunidades de inmigrantes, las lenguas generales y las lenguas de frontera. De ese modo, propongo volcar la atención hacia las prácticas translingües, transnacionales y transregionales que se vienen desarrollando en la literatura brasileña a lo largo de toda su historia, aunque sólo en los últimos años esos gestos de hibridación hayan ganado un poco más de visibilidad crítica. En diálogo con el pensamiento de Ottmar Ette, intento contribuir a la expansión de una perspectiva analítica respecto a los modos de simulación de escrituras sin residencia fija, a través de textualidades que se insertan (con el fin de promover, a la vez, innúmeras reterritorializaciones lingüístico-discursivas) en la tradición de la literatura de viaje. Al examinar ese proceso de composición literaria, Ette lo relaciona a la noción de un saber en movimiento, al decir que «Não se deve entender tal característica de transregionalidade como conceito estático, senão de movimento: não se trata de uma relação entre entidades fixas com fronteiras fixas, mas dos caminhos sempre novos sobre os quais regiões se cruzam e se ligam a outras, a par de todas as não-sincronicidades».2
2 La errancia del Guesa Es importante señalar que la observación de Ottmar Ette, citada arriba, se vuelve aún más pertinente en medio de un contexto cultural, no necesariamente arrestado a un paradigma invariable de lectura, sino que, antes bien, sometido a un patrón inmovilizador de escritura que indujo, históricamente, a una fuerte relación entre literatura, lengua y territorio nacional en la formación de su sistema literario. No en vano, Antonio Candido, no obstante lo considerara al poète maudit Joaquim de Sousa Andrade (1833–1902) – conocido como Sousândrade – una expresión romántica menor, apunta el rasgo diferencial de la «movilidad en el espacio»
2 Ottmar Ette: EscreverEntreMundos: literaturas sem morada fixa. Trad.: Rosani Umbach, Dionei Mathias, Teruco Spengler. Curitiba: Ed. UFPR 2018, p. 82.
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en su obra.3 Tal movilidad, según demuestra Haroldo de Campos, uno de los responsables por el proceso de revisión del canon decimonónico y la puesta en escena de la poética sousandradina en la historiografía literaria brasileña, tiene que ver con la propia experiencia biográfico del autor. Sin embargo, Campos, al darle una vuelta de tuerca a esa vinculación crítico-historiográfica entre literatura y vida, reflexiona sobre la confluencia entre O Guesa (escrito y editado entre 1858 y 1888) con los escritos del gran naturalista alemán Alexander von Humboldt, evidenciando así una compleja trama entre experiencia biográfica, vivencia políglota y diálogo intertextual en el ámbito de la escritura de viaje.4 El libro de Sousândrade empieza con un epígrafe de Vues des Cordillères et Monumens des Peuples Indigènes de l’Amérique de Humboldt, de donde entresaca la figura del Guesa, mito sacrificial de los indios muiscas (chibchas) de Colombia. Hay varias coincidencias entre la trayectoria viajera transamericana de Humboldt (en la compañía del botánico francés Aimé Bonpland) y la de Sousândrade (y de su personaje errante): múltiples traslados entre los Andes y la región amazónica, o desde distintos países latinoamericanos hacia los Estados Unidos, subrayan tanto la moviente curiosidad artístico-científica del prusiano como la incorporación del tránsito a la voz lírica en la dicción del brasileño, como bien lo ha señalado Flora Süssekind.5 Por un lado, la obra de Alexander von Humboldt representaba una fuente de referencia o motivación a los viajeros que estuvieron en Brasil, tales como Debret, Saint-Hilaire, Alcide d’Orbigny, Maximilian zu Wied-Neuwied, Spix y Martius, Langsdorff, Rugendas, Denis, Wilkes, Jenkins, Maria Graham etc., cuyos libros, como se sabe, poseían fuerte repercusión entre los medios intelectuales nacionales.6 Por otro lado, es importante discutir las diferentes formas de apropiación de este legado. La élite letrada brasileña desconocía (y sigue desconociendo) en gran parte el interior del país y recibió su información en el siglo XIX a través de la lectura de los relatos de viaje hechos por extranjeros. Los miembros de esta élite empeñada en forjar un ethos del discurso letrado brasilero filtraron de los escritos de esos viajeros internacionales, de manera pragmática, datos y observaciones sobre la naturaleza selvática del Brasil y enriquecieron sus apuntes con observaciones sobre tribus y ritos autóctonos de «color local», afirmando así un proyecto romántico de afirmación exótica de la identidad nacional. Mientras tanto, en Sousândra-
3 Antonio Candido: Formação da literatura brasileira: momentos decisivos. Vol. 2. São Paulo: Martins 1959. 4 Haroldo de Campos: A peregrinação transamericana do Guesa de Sousândrade. In: Revista USP 50 (2001), p. 221–231. 5 Flora Süssekind: O Brasil não é longe daqui: o narrador, a viagem. São Paulo: Companhia das Letras 1990, p. 108. 6 Flora Süssekind: O Brasil não é longe daqui, p. 75.
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de se verifica un diálogo ora exaltador, ora paródico – en términos de una anticipación premoderna – con las referencias cosmopolitas, lo que conlleva, en primer lugar, un proceso de distanciamiento en relación a los modelos letrados nacionales y, asimismo, un distinto gesto, para aquel entonces, de reelaboración de la tradición eurocéntrica. Véase, a título de ejemplo, que en el Canto XII de O Guesa la blancura de la Cordillera se ve comparada, de forma solemne, a las canas de Humboldt: «Céus! os Andes qual nossa alma celeste, / Mais caia o sol, mais erguem-se e resplendem! / Solitária é a glória em fronte adusta, / Cãs d’Humboldt: é bela a luz etérea, / A alma brandida das soidões augustas».7 Ya en el Canto II, titulado «O Tatuturema» – considerado por Augusto y Haroldo de Campos uno de los «momentos de infierno» del poema, a partir del parangón con la poesía dantesca8 – se hace mención irónica y teatralizada (que recuerda aún los autos del dramaturgo portugués Gil Vicente) al «Padre Humboldt». Él se figura ahí borracho tras haber tomado el urari (o curare), un preparado de yerbas con efectos relajantes hecho por los indígenas amazónicos: «– Pai Humboldt o bebia / Com piedoso sorrir; / = Mas, se ervada taquara / Dispara, / Cai tremendo o tapi … i … ir! (Risadas)».9 Como se puede notar en el fragmento del Canto XII arriba, la tendencia a la figuración imagética sublimatoria de la naturaleza se encuentra presente en la mayoría de las partes de O Guesa. Sin embargo, coincido con la observación de Luiz Costa Lima de que en los pasajes infernales – el Canto II, «O Tatuturema» (citado también anteriormente), y el Canto X, «O Inferno de Wall Street» – Sousândrade consigue alcanzar, por medio de la inmersión en la idea de caos, una configuración visual de lo externo alejada del movimiento de exotización del paisaje, característico de la estética romántica.10 Aún es interesante señalar que, no al azar, estos son también los momentos de la obra en los que se intensifica la frecuencia de los atravesamientos (a veces, casi recíprocos) de diferentes idiomas en el texto – señálese principalmente la gran interpolación de palabras, expresiones y frases en inglés en «Inferno de Wall Street» –, lo que demuestra que existe ahí una productiva relación entre el aprovechamiento estético del translingüismo y un propósito de deconstrucción (reforzado por la inversión en el género nonsense) de los modos de representación poético-visuales en boga. Cito, por poner un
7 Joaquim de Sousa Andrade: O Guesa. In: Augusto de Campos/Haroldo de Campos (eds.): Re Visão de Sousândrade. 3ª ed. São Paulo: Perspectiva 2002 (Signos, 34), p. 542. 8 Augusto de Campos/Haroldo de Campos: Sousândrade: o terremoto clandestino. In: Re Visão de Sousândrade, p. 59. 9 Joaquim de Sousa Andrade: O Guesa, p. 307. 10 Luiz Costa Lima: O campo visual de uma experiência antecipadora. In: Re Visão de Sousândrade, p. 496.
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ejemplo, una estrofa del Canto X: «(Fogueiros da fornalha reduzindo o pecado original a fórmulas algébricas e à «Nova Fé» (‹moral rápido trânsito›) o ‹IN GOD WE TRUST› dos cinco cents:) // – Indústria, ouro, prática vida, / Go ahead! oh, qual coração!... / A este ar, vai vital / A espiral, / Brisa ou flato ou Bull-furacão!».11 La obra de Sousândrade utiliza, en muchos momentos, las relaciones translingüísticas con el fin de evidenciar sus visiones críticas ambivalentes. Por un lado, se dirigen a las condiciones internas relacionadas al duradero monarquismo y el insistente esclavismo del periodo del Imperio en Brasil – de lo que provienen los elogios del poeta originario del Maranhão que vivió varios años en Nueva York al modelo republicano norteamericano y también a las repúblicas de la América española (contra las cuales incluso el gobierno imperial brasileño guerreó diversas veces). Por otro lado, se dirigen a la usura que hace mover, desde temprano, los engranajes del capitalismo financiero y a la imbricación de rasgos autoritarios en el régimen republicano, lo que se ironiza, por ejemplo, en trozos de O Guesa que recrean, de manera burlona, el exitoso viaje de Don Pedro II a los EE.UU. en 1876: «Agora o Brasil é república; / O trono no Hevilius caiu… / But we picked it up! / – Em farrapo / ‹Bandeira Estrelada› se viu».12
3 Resignificaciones del viaje Como se puede ver, la poética de Sousândrade invirtió decisivamente en otro modo de reelaboración del legado de los viajeros europeos, además de haber fundido su propia experiencia de lectura, plurilingüe y pluricultural, a su experiencia de vida, también como viajero y migrante. El silenciamiento de su obra en la historiografía literaria brasileña se debe justamente a la osadía de este gesto de disidencia con respecto a la formación discursiva predominante en el proceso de construcción de la identidad nacional, basada, como ha señalado Costa Lima, en una suerte de expresión «consumidora» de lo real.13 A partir de la tradición de la narrativa de viaje, esta expresión selecciona imágenes pintorescas, proyectándolas en una atmósfera intimista y moldeada al proyecto «civilizador» para la consumición de la incipiente clase letrada de la ex colonia lusitana. La resistencia a ese dispositivo de control del imaginario se despliega en los modos de construcción de las imágenes metafóricas que asoman al tejido de lo literario. En Sousândrade, tal efecto se logra ya fuera por medio de la profunda
11 Joaquim de Sousa Andrade: O Guesa, p. 366. 12 Ibid., p. 354. 13 Luiz Costa Lima: O campo visual de uma experiência antecipadora, p. 502.
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atomización de la dimensión épico-narrativa o a través de la adopción de un «estilo sintético-ideográmico»,14 que resulta en la yuxtaposición de léxicos y estructuras morfosintácticas pertenecientes a distintos idiomas. Esto se da hasta tal punto que, en un mismo canto de su largo poema, cada estrofa representa la superposición de distintos sucesos, elementos geográficos o episodios históricos sin una progresión lineal. Se ve, de ese modo, que la ruptura de los géneros corresponde al rechazo de la ilusión de pureza y homogeneidad del idioma (performatizada por el histórico de coerciones lingüístico-normativas), y que ambas estrategias de disrupción colindan en un proceso de contraposición al discurso hegemónico sobre la brasilidad. En mi opinión, esos factores determinaron el interés de los escritores del concretismo – uno de los movimientos literarios brasileños más importantes, tras el modernismo del 22 – en su gran empeño de relectura histórico-crítica, a mediados de los años 1960, de la obra del olvidado Joaquim de Sousa Andrade. Tal interés puede interpretarse como índice de la adhesión concretista a un proceso discursivo semejante, de suerte que en el bello libro Galáxias de Haroldo de Campos, que reúne textos escritos entre 1963 y 1976, aunque se haya editado integralmente por primera vez en 1984, se llega a decir, en la galaxia titulada «e começo aqui», lo siguiente: «re começo / rés começo raso começo que a unha-de-fome da estória não me come / não me consome não me doma não me redoma».15 En tal fragmento, es interesante pensar en la potencia crítica de la negación haroldiana justo a la posibilidad siempre inminente de que ciertas narrativas nos consuman, moldeándonos y estrechando nuestra visión de mundo, haciendo nuestros cuerpos y mentes, como diría Foucault, dóciles y útiles.16 Tales narrativas configuran mecanismos de inscripción del sujeto en lo simbólico, movilizando por medio de la lengua signos identitarios nacionales y biopolíticas atravesadas por valores socioculturales y preceptos morales distintos en cada contexto. La voz poética ahí, desde su actitud de alternancia subrepticia entre segmentos idiomáticos diversos, trata de evidenciar cruces globales entre determinadas formas de coerción. Ésto se percibe en la galaxia «reza calla y trabaja», en la que Campos, desde el Brasil del año anterior a la instalación del golpe militar de 1964, describe la ciudad de Granada, durante el franquismo, subrayando varios indicios de cómo la represión violenta, la castración religiosa, el miedo y la censura se inscriben en los cuerpos de la clase trabajadora: «reza calla y trabaja em um muro de granada […] / uma mulher cuidando de uma criança por trás 14 Augusto de Campos/Haroldo de Campos: Sousândrade: o terremoto clandestino, p. 85. 15 Haroldo de Campos: Galáxias. 2ª ed. São Paulo: Ed. 34 2004, s. pag. 16 Michel Foucault: Vigiar e punir: nascimento da prisão. Trad.: Raquel Ramalhete. Petrópolis: Vozes 1987.
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de uma porta baixa y reza / y trabaja y calla não sabia de nada y trabaja não podia informar sobre nada y reza».17 Las galaxias de Haroldo de Campos corroboran, de esa forma, el proceso de deshacimiento de las fronteras entre lo nacional y lo extranjero, permitiéndonos reflexionar sobre el modo como los discursos que sostienen la hegemonía atraviesan diferentes condiciones de producción y recepción. Véase, como ejemplo, el juego neológico de composición léxica (que se puede leer como un intento de transcodificación del funcionamiento morfológico del alemán) y la paronomasia entre los significantes «moscas» y «foscas», en la galaxia «no jornalário», en donde se critica el rol de la prensa y los mass media en la producción de efectos de naturalización, allanamiento o vaciamiento del sentido acerca de los acontecimientos y problemas cotidianos: «no horáriodiáriosemanáriomensárioanuário jornalário / moscas pousam moscas iguais e foscas feito moscas iguais e foscas feito foscas iguais e moscas».18 Ya en la galaxia «augenblick», Campos demuestra un productivo proceso de temporalización de la imagen poético-pictórica por medio del procedimiento de écfrasis en diálogo con la obra del pintor renacentista germánico Lucas Cranach sobre la figura de Lucrecia (la legendaria dama romana que se quita la vida tras haber sido violada) y por el movimiento de correspondencia entre vocablos alemanes con distintos sentidos, aunque constituidos por el término Augen (ojos). Esto implica la posibilidad de desplazamiento tanto del sentido como de las formas visuales, a través del entendimiento de lo estético como viaje, esto es, en cuanto exploración de la alteridad y empatía con el (dolor del) otro: «augenblick oder augenlicht oder augenbild ou um punhal se enterrando / prestes na lucrezia de lucas cranach staatsgalerie stuttgart quem a poderia / ver de outra forma quandonunca sob o véu vislumbre a gaza gázea o luftsôpro / do manto em tênues vibrissas de ar».19 Esa obra posvanguardista del concretismo, compuesta como una reunión de hojas sueltas, reniega de manera doble, en la galaxia titulada «isto não é um livro», la inmediatez de su identificación al soporte libro, y más específicamente al género relato de viaje. Al empezar ese texto con la sentencia «isto não é um livro de viagem»,20 Campos moviliza intertextualmente la referencia a los ready-made de Duchamp, lo que al mismo tiempo – como una clase de pastiche que tuerce lo original – pone en escena la remisión a la tradición de los escritos de viaje, desde los cuales se han nutrido distintos linajes literarios, y le permite configurar una 17 18 19 20
Haroldo de Campos: Galáxias. Ibid. Ibid. Ibid.
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mirada en movimiento que desautomatiza la relación entre las palabras y las cosas, traspasando así la idea de mímesis de la experiencia viajera, con vistas a realzar el aspecto diferencial de su labor: el de proporcionar un viaje en/por el lenguaje. Al recuperar polifónicamente lazos de los discursos dominantes, que sobrevienen a la par de los atravesamientos lingüísticos presentes en el texto, el autor nos ayuda a deshacerlos, redefinirlos y resignificarlos, como una apuesta por una poética nómada y suplementaria, capaz de escudriñar los modos de organización del discurso a fin de deconstruir su lógica. Cítese, a propósito, un fragmento de la galaxia «lass sie quatschen»: «mas um livro pode ser uma fahrkarte / bilhete de viagem para uma aoléuviagem áleaviagem e tudo que se diz / importa e nada que se diz importa».21
4 Otros paisajes transfronterizos Los boletos de viaje que las poéticas transfronterizas les enderezan a los poetas actuales al parecer poseen puntos de llegada y formas de interpelación distintos. El legado lírico de la errancia, atribuido a Sousândrade, redescubierto y visibilizado con status de ícono en nuestra historia literaria en la segunda mitad del siglo XX por el trabajo crítico de Haroldo de Campos y otros concretistas, se viene reelaborando, por su propia naturaleza heteróclita e irregular, en vertientes disímiles, aunque emparentadas por sus modos de configuración de gestos de resistencia estético-políticos. El escenario de la poesía brasileña reciente se caracteriza por una vastedad de inflexiones, entre las que se destacan dos en particular: (a) la reivindicación de otros circuitos lingüístico-culturales – vinculados, sobre todo, al portuñol como lengua de contacto y a la vez dispositivo paródico ligado a lo macarrónico – y (b) dicciones que optan por la adhesión a una visión cosmológica holística, marcada por la idea de expedición hacia adentro. Obsérvense, primeramente, algunos ejemplos de la escritura de Douglas Diegues, en El astronauta paraguayo, editado de modo artesanal por la cooperativa editorial argentina Eloísa Cartonera en 2012. En este libro la figura del viajero errante (como el Guesa), que hace grandiosos recorridos transcontinentales principalmente en buque, se ve transportada a la imaginación mediática juvenil, prevalente en los 70 y 80, marcada por la cuestión del viaje al espacio. Sin embargo, en el texto de Diegues, en lugar de una representación encajada en el género ciencia ficción, se elige focalizar, de manera jocosa, ora la zona fronteriza (ejemplo: «EL ASTRONAUTA PARAGUAYO DELIRA DI SAUDADES VOLANDO
21 Ibid.
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SOBRE LA TRIPLEFRONTERA»),22 ora posibilidades pequeñoburguesas de tránsito interregional, nacional e internacional (otro ejemplo: «EL ASTRONAUTA PARAGUAYO PASSA BATIDO POR LOS CIELOS DE PARIS, SAM PAULO, LAGOA SANTA, CURITIBA, PONTA PORÃ, BERLIN, KAÁKUPÊ, MADRID, ÑU GUAZÚ, ROMA, SAN BER, KUREPILÂNDIA Y PEDRO JUAN ALMODÓVAR CABALLERO»).23 De ese modo, el viaje translingüe propuesto por Diegues – autor nacido en Brasil y criado en la frontera con el Paraguay – hace frente a los contornos de la noción de brasilidad, ya fuera porque le traspone a su escritura el fenómeno lingüístico del portuñol o por identificar a su personaje (alter ego) como un «paraguayo», en detrimento incluso del posible uso del término «brasiguayo», utilizado para nombrar a los habitantes de esa frontera. Además, simultáneamente a este gesto de reinscripción identitaria, se verifica en El astronauta paraguayo un intento de contrarrestar tanto los discursos relacionados al consumismo neoliberal como los que desean encapsular las culturas populares y periféricas latinoamericanas en un lugar folklórico: «El portunhol selvagem es la cumbia o la aburrida kachaka. […] El portunhol selvagem non es moderno nim atrasado. El portunhol selvagem enkurupiza hasta las catchorras funkeras. El portunhol selvagem non tem nada a ver com el ambiente folclórico. […] El portunhol selvagem non es Apple ou Bill Gates. El portunhol selvagem es free y es pago y es vendido y non se vende».24 Pasemos ahora a un otro tipo de práctica translingüe, que se realiza, por ejemplo, en la obra de Josely Vianna Baptista. En el videopoema Nada está fora do lugar, hecho para la Fiesta Literaria Internacional de Paraty (Flip 2017), la autora, en trabajo colaborativo con un equipo de artistas y expertos, propone – a partir de la relación multisemiótica entre poesía, música, cine, fotografía y dibujo – una reflexión que parte de la investigación etnolingüística sobre las formas de interacción de los mbyá-guaraní con la naturaleza y la cultura. El objetivo es sensibilizar a los lectores/espectadores hablantes de distintas lenguas (la oralización y la proyección de los textos en el video ocurren alternadamente en portugués, inglés, castellano y guaraní) para la importancia de pensar la relación entre literatura y vida bajo una perspectiva holística capaz de abarcar la compleja interconexión entre los elementos naturales, animales y humanos. En este sentido, en el video se repiten y se trasponen a otros idiomas los versos: «sou o que me soa / sou o que me sua / sou o que me soa / essa e outra pessoa».25
22 Douglas Diegues: El astronauta paraguayo. Buenos Aires: Eloísa Cartonera 2012, p. 17. 23 Douglas Diegues: El astronauta paraguayo, p. 7. 24 Ibid., p. 25. 25 Josely Vianna Baptista: Nada está fora do lugar. Paraty: Flip 2017 (Fruto estranho). https:// youtu.be/_lVc8iKhXSk (último acceso 3.9.2020).
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El juego que contiene el título del videopoema, el cual aparece en la pantalla en portugués y en guaraní («nada está fora do lugar / mbaeve ndaipori oivaiva»), remite a la discusión sobre las «ideas fuera de lugar», presente en Schwarz. Vianna Baptista, con ello, marca su posición en ese debate, demostrando que los procesos históricos vinculados a la explotación de las selvas y al genocidio de los pueblos originarios, desde la colonia hasta los días de hoy, han producido sí impactos indelebles sobre los modos de reorganización constantes de las sociedades indígenas. Esta cuestión gana énfasis en el video por la reiteración multilingüe de los versos: «o ouro / o outro / os trapos roídos / pelos ratos». Además, la obra termina, de manera paradigmática, con la indagación: «você vê? / nenhum gesto sem passado / nenhum rosto sem o outro». En Nada está fora do lugar, la poeta y traductora selecciona y produce un montaje de textos inspirados por las migraciones guaraníes en busca de la «tierra sin mal», mito registrado por primera vez por el etnólogo de origen alemán Curt Nimuendajú. Vianna Baptista parece aprovechar en sus poemas la dualidad de las interpretaciones antropológicas del mito y del nomadismo guaraní por diferentes países y regiones del continente sudamericano. Su visión apuesta en la simultaneidad de las posibles motivaciones profético-religiosas y de las causas sociales ligadas a la esclavización de los indios (que eran llamados «negros de la tierra»), al impositivo proceso de catequización jesuítico, a la toma de tierras y a la deforestación de sus territorios tradicionales. No en vano, las escenas elegidas para componer el video ponen lado a lado imágenes de bosques verdes y áreas quemadas, aves migratorias y pies descalzos de indios en marcha. En paralelo a la confección de este archivo visual, versos como «rios e abismos / não demarcam fronteiras / são caminhos» indician la potencia poética que la idea de peregrinación transfronteriza alcanza en la obra de Vianna Baptista, así como en las de Sousândrade, Campos y Diegues. En todos esos autores el impulso en dirección a otros paisajes y territorios configura formas de reflexión sobre la dimensión constitutiva de la alteridad, tanto en el ámbito de la subjetividad como en la cultura. En todos ellos, el aprovechamiento estético de la práctica translingüe y transcultural colabora, en mi opinión, con la deconstrucción de las narrativas responsables por el proceso de homogeneización excluyente de la identidad nacional, bien como de los discursos que materializan formas de colonización del imaginario, desnaturalizando así mecanismos globales de explotación. Cada una de las obras analizadas acá focalizan distintos modos de supervivencia y resistencia ante las condiciones desiguales del capitalismo, a través de estimulantes trabajos poéticos que se hacen en el entremedio de las lenguas y de los lenguajes.
Caroline Schaumann
Von der topographischen Karte zum 360˚ Panoramablick Die Berg-Bilder des Horace-Bénédict de Saussure Am 3. August 1787, fünfzehn Jahre bevor Alexander von Humboldt (1769–1859) versuchte, den Chimborazo (6,263m) zu erklimmen, stand der Naturforscher Horace-Bénédict de Saussure (1740–1799) auf der Spitze des Mont Blanc (4,808m) als fünfter Mensch, der den Berg bestiegen hat. An diesem Tag verwirklichte Saussure seinen Traum, auf den er mehr als zwei Jahrzehnte hingearbeitet hatte. Endlich wurden die finanziellen Opfer und die wissenschaftliche Forschungsarbeit, die er in dieses Projekt gesteckt hatte, belohnt. Saussure verweilte viereinhalb Stunden auf dem Gipfel des Mont Blanc und führte seine Messungen durch, nach Luft ringend und von Schwindel geplagt. Er bestimmte den Siedepunkt des Wassers, die Temperatur des Schnees, die Feuchte und die Elektrizität der Luft, die Farbe des Himmels und seinen Puls sowie den seiner Begleiter. Sie tranken etwas Wein und aßen eine Kleinigkeit, um Geruch und Geschmack als durch die Höhe nicht verändert festzustellen. Sie feuerten einen Pistolenschuss ab, um zu prüfen, ob dieser in der Höhe unverändert klang. Sie füllten Flaschen mit Schnee und Luft vom Gipfel. Dennoch war Saussure enttäuscht, dass die Gruppe aufbrechen musste, bevor alle Messungen abgeschlossen waren. Was er sich als erkenntnisbringende Gipfelbesteigung vorgestellt hatte – Saussure hatte die Besteigung des Mont Blanc für dringend wissenschaftlich geboten mit den Worten erklärt «Les Mont Blanc est une des montagnes de l’Europe dont la connoissance paroîtroit devoir répandre le plus de jour fur la Théorie de la Terre»1 – gestaltete sich als gemischte epistemologische Erfahrung. Während Saussures Mont Blanc Besteigung in der Forschung zur Genüge gewürdigt und erörtert wurde, beleuchtet mein Beitrag die Wechselwirkung von visuellem Schauspiel, bewegter Körpererfahrung und naturwissenschaftlicher Forschung sowohl nach Saussures Schilderungen als auch nach acht Abbildungen
1 Horace Bénedict de Saussure: Voyages dans les Alpes, précédés d’un essai sur l’histoire naturelle des environs de Genève, tome 2. Neuchâtel: Chez Louis Fauche-Borel 1780, S. 131. Hinweis: Die Anregung zu diesem Projekt verdanke ich Ottmar Ette und seinen Arbeiten zu Alexander von Humboldt und Wissenschaft in Bewegung, dem ich an dieser Stelle herzlich für Inspiration, Unterstützung und Rat danken möchte. https://doi.org/10.1515/9783110730340-021
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aus dem ersten Band der Voyages dans les Alpes. Dabei konzentriere ich mich vor allem auf die Besteigung des Mont Buet (3,096m), den Saussure über ein Jahrzehnt früher, nämlich 1776 und 1778, zweimal bestiegen hat. Die Mont Buet Besteigung, die den Höhepunkt und den Abschluss des ersten Bandes von Voyages dans les Alpes bildet, antizipiert in vieler Sicht die spätere Mont Blanc Erfahrung. Zum einen erlaubten die Barometermessungen auf dem Mont Buet Saussure, die Höhe des Mont Blanc festzustellen und damit dessen Status als höchster Berg der Alpen zu bestätigen entgegen früheren Behauptungen, nach denen das Schreckhorn höher sei. Zum anderen nahm vor allem der zweite Aufstieg zum Mont Buet viele der Herausforderungen und einige der Missgeschicke voraus, die Saussure auf dem Mont Blanc erwarteten. Als Saussure, seine Begleiter, der Naturforscher Marc-Auguste Pictet (1752–1825) und Mathematiker Jean Trembley (1749–1811), sowie die Bergführer nach sechseinhalb Stunden Fußmarsch den Gipfel des Buet erreichten, kämpften sie alle mit Schwindel, Erschöpfung und Atemnot und sahen sich des «beau spectacle»,2 das sie erhofft hatten, aufgrund der Wolken beraubt. Doch trotz der enttäuschenden Aussicht vermittelte die Besteigung wertvolle Einsichten. Nach Saussure regen exponierte Positionen auf dem Berggipfel dazu an, Entstehung, Alter und Entwicklung der Berge zu erforschen. So sinnierte er auf dem Gipfel des Buet: «si l’on recherche l’origine de ces éléments [montagnes], si l’on considère les révolutions qu’ils ont subies, celles qui les attendent, quel océan de pensées!»3 Auf dem Mont Buet entwarf Saussure außerdem eine originelle und überraschende Zeichnung, die eine 360-Grad Perspektive liefert und die Ergebnisse beider Besteigungen umfasst. In dieser innovativen Abbildung versucht Saussure über die zweidimensionale Sicht der üblichen Wiedergabe hinauszugehen, um sowohl die genossene Bergaussicht als auch eine imaginäre Vogelperspektive bildlich darzustellen, wobei die Skizze reale und imaginäre Bewegungen miteinschließt. Saussures Voyages dans les Alpes: précédés d’un essai sur l’histoire naturelle des environs de Genève wurde ursprünglich in vier, später in acht Bänden zwischen 1779 und 1796 veröffentlicht. Das Werk beinhaltet die Ergebnisse aus mehr als dreißig Jahren geologischer Studien und alpiner Forschung. Mit dem Titel Voyages setzt sich Saussure von seinen Schweizer Vorgängern ab, deren Buchtitel von Descriptio Montis Fracti, sive Montis Pilati ut vulgo nominant (Conrad Gessner, 1555) über De Alpibus Comentarius (Josias Simler, 1574) bis zu Beschreibung der Natur-Geschichten des Schweitzerlandes (Johann Jakob Scheuchzer, 1706–1708) reichen. Im Gegensatz zu einer statischen «Beschreibung» oder «Kommentie-
2 Saussure: Voyages, Tome 2, S. 316. 3 Ibid., S. 342.
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rung» impliziert «Reisen» Dynamik und Bewegung. Saussures Voyages orientieren sich damit an Pierre Bouguers Le figure de la terre: avec une relation abregée de ce voyage, qui contient la description du pays dans lequel le opérations ont été faites (1749), an Charles Marie de La Condamines Relation abrégée d’un voyage fait dans l’intérieur del’Amérique méridionale (1759) und an Georg Forsters A Voyage Round the World (1776/1777) und liefern Anregungen für Alexander von Humboldts Reiseberichte und für die einer Generation britischer Reisender in den Alpen. Zum größten Teil konzentrieren sich die Voyages auf Saussures Besuche der Mont Blanc Region in den 1770er und 1780er Jahren. Nach der französischen Veröffentlichung des ersten Bandes bot Saussures Berner Freund, der Pastor Jacob Samuel Wyttenbach (1748–1830), ihm an, das Buch ins Deutsche übersetzen zu lassen. Wyttenbach, ebenfalls ein begeisterter Wanderer, der bereits selbst einen Wanderführer verfasst hatte, betreute die deutsche Übersetzung der ersten beiden Bände der Voyages, die wohl überwiegend durch eine weibliche Geologin erfolgte. Er gab diese beiden Bände, einschließlich einiger zusätzlicher Anmerkungen, in vier Bänden als Reisen durch die Alpen zwischen 1781 und 1788 heraus.4 Gegen Ende des vierten Bandes fügte Wyttenbach einen kurzen Bericht der ersten Besteigung des Mont Blanc im Jahre 1786 und der Besteigung durch Saussure im folgenden Jahr ein, die gerade stattgefunden hatte. Obwohl Saussure als Vater des Alpinismus gilt und ihm zugeschrieben wird, das Interesse an den Alpen geweckt zu haben, wurden seine Werke weder ins Englische noch die letzten beiden Bände mit der ausgearbeiteten Beschreibung der Mont Blanc Unternehmung im vierten Band ins Deutsche übersetzt. Das hindert die breite Rezeption und detaillierte Kenntnis seiner Texte. Noch heute bestehen weitverbreitete Unsicherheiten über viele Einzelheiten der späteren Bergtouren Saussures,5 wie dies auch für Humboldts Schriften (besonders in der anglo-amerikanischen Rezeption) zutrifft. Dieser Mangel an Informationen ist umso bedauerlicher, als Saussure auf dem Gebiet der Geologie und Bergforschung für Humboldt
4 Wie Wyttenbach selbst in der Vorrede des Uebersetzers zugesteht: «Da mir aber unerwartete Geschäfte auffielen, so war ich genöthigt, diesen ersten Theil durch einen meiner Freunde übersetzen zu lassen, der mir erlaubte, das Nöthige an seiner Arbeit zu verbessern.» Horatius Benedictus von Saussure: Reisen durch die Alpen, nebst einem Versuche über die Naturgeschichte der Gegenden von Genf. Übersetzt und mit Anmerkungen bereichert von Jacob Samuel Wyttenbach. Erster Theil. Leipzig: Johann Friedrich Junius 1781, S. iv. 5 Selbst lang anerkannte Forscher, wie Hans Haeberli, der Präsident der Albrecht-von-HallerStiftung, verwechseln manche Details von Saussures Bergtouren, da zum Beispiel Haeberli behauptet, Saussure habe die zweite Mont Blanc Besteigung unternommen. Siehe Hans Haeberli: Vorwort. The Correspondence between Albrecht von Haller and Horace-Bénédict de Saussure, ed. Otto Sonntag. Bern: Hans Huber 1990, S. 8.
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und andere Naturforscher von ausschlaggebender Bedeutung war. So betont der Saussure Biograf Douglas Freshfield: «De Saussure was the true author of our modern passion for Alpine scenery, as well as the first systematic Alpine explorer».6 Saussures Zeitgenossen sahen dies ähnlich: Humboldt nannte Saussure einen großen Meister, dessen Fußstapfen er zu folgen habe,7 Johann Wolfgang von Goethe erbat Saussure in Genf zu treffen, um Ratschläge für seine geplante Alpenreise 1779 einzuholen. Entsprechend dem Buchtitel nimmt Voyages seine Leser mit auf eine Wanderung und lädt sie ein, dem Autor zu Fuß oder per Maultier zu folgen. So wendet sich der Text nicht an Leser, sondern an Reisende, und «Wandern» bezieht sich sowohl auf den Autor als auch auf den vermeintlich Reisenden, wie zum Beispiel in der Zeile «le Voyageur étonné n’avance qu’avec une espèce de crainte».8 Wie ein moderner Reiseführer bevorzugt Saussure die Wortwahl «wir» oder «einer» statt «ich» und «Sie», um seine Sachkenntnis dem mutmaßlichen Wanderer anzubieten, und anstatt nur auf Aussichten und Attraktionen hinzuweisen, nimmt er seine Leser mit auf eine anstrengende Bergtour: «Après avoir gravi pendant une petite demi-heure la montagne de Chéde, on peut se reposer agréablement auprès d’un joli réservoir, qu’on diroit avoir été creusé par la Nature, pour retenir les eaux d’un ruisseau qui tombe de la montagne.»9 Zuweilen wandelt sich dann traditionelles Wandern in mühsames Kraxeln, eine allumfassende körperliche Aktivität: «on suit une espèce de sillon creusé dans le roc par la nature; quelques pointes de roc auxquelles on se cramponne, en montant avec les mains, autant & plus qu’avec les pieds.»10 Doch der Lohn solcher Anstrengungen, die Saussure schon aus Kindheitstagen kannte, sind nicht nur erhebende Ausblicke, sondern auch geologische Einblicke: «L’admirable régularité des couches de cette cime élevée mérite l’attention des amateurs de la géologie, & la vue qu’elle présente dédommageroit seule de la peine d’y monter».11 Außerdem bietet Saussure zahlreiche praktische Reiseratschläge, eine Praxis, die später oft nachgeahmt wurde. So nennen die Voyages Namen von Bergführern und Gaststättenbesitzern und machen Angaben zu Übernachtungsmöglichkeiten und Pässen, die mit Maultieren überwunden werden können.
6 Douglas Freshfield: The Life of Horace Bénédict de Saussure. London: Edward Arnold 1920, S. 23. 7 «J’aime de marcher sur les traces d’un grand homme,» Letter to Marc-Auguste Pictet, January 1798, zitiert in Freshfield: The Life, S. 440. 8 Saussure: Voyages, Tome 2, S. 167. 9 Ibid., S. 209. 10 Saussure: Voyages, Tome 3, S. 40. 11 Ibid., S. 74.
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Abb. 1: Carte du Lac de Genève et des montagnes adjacentes et Carte particulière des Glaciers du Faucigny et des environs du Mont Blanc. Saussure: Voyages dans les Alpes, Tome 1. Viatimages / Bibliothèque de Genève, Fb 280
Ähnlich wie die Beschreibungen zeugen auch die Abbildungen in Voyages von Bewegung und versuchen, diese zunehmend nachzuahmen und zu vermitteln. Generell verwenden die Bände eher spärliche Illustrationen (insgesamt 31 Abbildungen in den vier Bänden der Voyages), vermutlich wegen der entstehenden Kosten für die Kupferplatten, obwohl dies zuweilen Saussure später zum Vorwurf gemacht wurde. Dem ersten Band ist eine Landkarte des Genfer Sees und Umgebung nebst einer Detailkarte des Mont Blanc Massivs und der umliegenden Berge (einschließlich des Mont Buet) vorangestellt mit einer Tabelle der Höhenangaben von Bergen und Pässen (Abb. 1). Im Discours préliminaire erklärt Saussure, dass er ursprünglich eine neue Landkarte stechen lassen wollte, die auf Zeichnungen von Pictet und des Genfer Astronomen Jacques-André Mallet (1740–1790) beruhte, doch da diese nicht fertig gestellt wurde, habe er einen Ausschnitt der vorhandenen Landkarte Borgonios gewählt und Pictets Spezialkarte der Mont Blanc Region beigefügt. Dem entsprechend widmet sich auch der Text zunächst dem Genfer See und beschreibt in den ersten zwanzig Kapiteln Gesteine, Felsarten, Hügel und Berge der Umgebung, bevor in einer neuen Kapitelfolge von eins bis vierundfünfzig Reiseberichte mit verschiedenen Touren unter Voyage autour du Mont Blanc beschrieben werden. Die zweite Tafel des ersten Bandes zeigt einen Kupferstich (von Christian Gottlieb Geissler [1729–1814]) mit sechs versteinerten Muscheln in Originalgröße in § 244 «Pétrifications du Mont Saleve» (Abb. 2). Saussure erhielt diese Muscheln von dem Schweizer Naturforscher Jean André Deluc (1727–1817), der sie aus dem Kalk-
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Abb. 2: Coquilles bivalves du Mont Saleve. Saussure: Voyages dans les Alpes, Tome 1, S. 192. Viatimages / Bibliothèque de Genève, Fb 280
stein des Berges herausgemeißelt hatte, und fügte in Voyages Delucs Beschreibung der Fossilien ein. Die dritte Tafel, ebenfalls ein Kupferstich Geisslers, enthüllt in mehreren Abbildungen verschiedene Ansichten eisenhaltiger (rotbrauner) Linsensteine (auch Pfennigsteine oder Hexengeld genannt) (Abb. 3). Mithilfe einer chemischen Analyse dieser Fossilien widerlegt Saussure die Auffassung, die Steine seien organischer Natur und stammten von Menschen, Tieren oder Pflanzenkörpern. So führt er in seinem längeren wissenschaftlichen 15. Kapitel über Linsensteine Aberglauben und gängige Legenden ad absurdum. In eine neue Richtung weist die vierte Figur der Tafel, die ein neuartiges Fußeisen vorstellt, das Saussure in § 558 des Kapitels erläutert. Er bemängelt, dass die bisherigen Fußeisen der Gämsenjäger nur an den Seiten Haken haben und deswegen zu unbequem seien, und entwickelt stattdessen einen eisernen Rahmen mit Haken, der den vorderen Teil des Fußes einschließt und mithilfe von vier ledernen Riemen und zwei Schnallen beliebig verstellbar ist. Mit der Behauptung, «Depuis sept ou huit ans que je sais usage de ces crampons, je les ai toujours trouvé très-sûrs & très-commodes»12 und
12 Saussure: Voyages, Tome 2, S. 305.
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Abb. 3: Pierres lenticulaires et crampon. Saussure: Voyages dans les Alpes, Tome 1, S. 348. Viatimages / Bibliothèque de Genève, Fb 280
einer Erläuterung der Höhenluft, wobei Saussure auf Pierre Bouguers Erfahrungen in den andischen Kordilleren zurückgreift und Gewicht, Wirkung und Effekte des verminderten Luftdrucks in der Höhe untersucht, leitet Saussure auf die Reiseberichte mit der erfolgreichen Buet Besteigung im 10. Kapitel De Valorsine au sommet du Buet über. Die folgenden fünf Kupfertafeln des ersten Bandes bilden Ansichten und Aussichten der Berge ab, wobei auch hier die Mont Blanc Region eindeutig dominiert. In den Bergen, die Saussure als Labor der Natur verstand (laboratoire de la nature), werden der Ort und das Objekt wissenschaftlicher Forschung zu einer Einheit. Während Naturforscher Gesteine, Pflanzen, Tiere, aber auch die Zusammensetzung der Atmosphäre, Luftdruck und Höhenkrankheit untersuchten, begaben sie sich in die entsprechende Umgebung, was Flexibilität, Adaption, und Bewältigungsstrategien erforderte. Ihre Arbeit war von äußeren Bedingungen wie Wetter, Terrain, Ernährung, Fitness und Begleitung abhängig, und machte den Forschern die körperliche Dimension ihrer Forschung bewusst. Die Tafeln IV bis VIII verzeichnen hier eine Bewegung, die die spätere Mont Blanc Besteigung andeutet, aber gleichzeitig noch offen lässt. Jede dieser Tafeln zeigt einen Kupferstich, der auf einer Zeichnung von Marc-Théodore Bourrit
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(1739–1819) beruht. Bourrit war mit der Landschaft bestens vertraut. Er bestieg den Mont Buet erstmals im Jahre 1775 und unternahm mehrere Versuche zur Besteigung des Mont Blanc 1784 und 1785. Seine eigenen Werke zu Landschaft, Gletschern, Pässen und Tälern der Alpen enthalten ebenfalls Kupferstiche seiner Zeichnungen und Information, auf die Saussure im Discours préliminaire hinweist. Die vierte Kupfertafel der Voyages stellt den Wasserfall von Arpenaz (Cascade de l’Arpenaz) bei Sallanches dar, den Ausgangspunkt für Reisen zum Mont Blanc Massiv, das auf der Karte von Tafel I dargestellt ist. Saussure gibt an, dass die Zeichnung «sous mes yeux» angefertigt wurde, bemängelt aber zugleich eine optische Täuschung, da ein höherer Berg im Hintergrund durch einen im Vordergrund gezeigten Felsen verdeckt wird und auf der Tafel nicht sichtbar ist. Dieser Mangel führt zu folgender Einsicht: «Ces grands objets doivent être vus de loin & sous différentes faces, pour que l’on puisse saisir l’ensemble de leurs formes».13 Die Abbildung einer einzelnen Aussicht kann der Bewegung des Betrachters nicht gerecht werden, und während Saussure hier diese Einschränkung bemerkt, versucht er, in den folgenden Tafeln die Bewegung des Reisenden in die Abbildung einzubeziehen. Tafel V nimmt dies zum Ausgangspunkt, indem gleich drei Bewegungen verdeutlicht werden, nämlich die des Betrachters, die der Reisenden und die einer Lawine. Die Tafel stellt die Aiguille des Grands Charmoz dar, die sich über dem Gletscherfeld Montanvert nahe der Ortschaft Chamonix erhebt (Abb. 4). Durch in die Zeichnung eingefügte Buchstaben markiert Saussure verschiedene Stellen im Gesteinsgrat und bittet Leser in § 567, der die Tafel erläutert, mit den Augen den Buchstaben entlang des Grates zu folgen, um die Unterschiede der Spitzen, Einschnitte und Winkel zu erkennen. Des Weiteren vermittelt die Zeichnung neue Bewegungen. Zum einen enthüllt das Bild unten links zwei winzige Gestalten, die sich auf dem Gletscherfeld fortbewegen, zum anderen zeugt die Abbildung weiter rechts oben von einer noch viel größeren Dynamik, da Schneemassen durch eine Lawine in Bewegung gekommen sind. Die zweiseitig ausklappbaren Tafeln VI und VII greifen Saussures frühere Erkenntnis über die Notwendigkeit verschiedener Standorte und Perspektiven auf, um verschiedene Gesteine der Alpen (Granit und Schieferstein) zu analysieren und gegenüberzustellen. Die Tafeln stellen zwei Gipfel – die Aiguille du Midi und die Aiguille de Bellaval – dar, die ebenfalls auf der achten Tafel zu sehen sind, allerdings von zwei jeweils verschiedenen Ausgangspunkten aus, die wiederum von der Bewegung des Betrachters zeugen. Zudem erklärt Saussure: «nous passe-
13 Saussure: Voyages, Tome 2, S. 187.
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Abb. 4: Tafel V: Vue de l’aiguille des Charmoz au dessous de Montanvert dans la Vallée de Chamouni. Saussure: Voyages dans les Alpes, Tome 1, S. 500. Viatimages / Bibliothèque de Genève, Fb 280
rons au pied de cette montagne, & je la décrirai dans les volumes suivans»,14 und in der Tat kann man am Fuße des Berges auf Tafel VII die Gestalt einer Figur ausmachen. Die Tafel selbst nutzt wiederum eingefügte Buchstaben (von a bis h), um verschiedene Schichten von glimmerndem Quarzfelsen und eingelagerten Schieferstein zu verdeutlichen. Tafel VIII, die Saussure und Pictet auf dem Gipfel des Mont Buet zeigt, bildet zusammen mit der detaillierten Beschreibung «Observations faites sur la cime du Buet» den Höhepunkt des ersten Bandes der Voyages (Abb. 5). Die Beschreibung der achten Tafel setzt sich über mehrere Unterkapitel fort und rahmt damit die Erklärung der Kupfertafeln V bis VII ein. Saussure führt die Abbildung in § 566 «Vue du Mont Blanc & des hautes cimes liées avec lui» ein, und wertet die Mont Buet Besteigung als eine Vorstufe der erhofften Mont Blanc Besteigung. Erst vom Mont Buet aus könne der Mont Blanc nach und nach insgesamt wahrgenommen werden, was sich vom Fuße des Berges aus verbiete. Die Bewegung des Bergsteigens ist also in die Zeichnung mit eingeschrieben, da sie neue Blicksichten verspricht. Auch hier nimmt Saussure ins Bild eingefügte Buchstaben zu Hilfe, um im Text
14 Saussure: Voyages, Tome 2, S. 337.
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Abb. 5: Vue circulaire des Montagnes qu’on découvre du sommet du Glacier de Buet. Saussure: Voyages dans les Alpes, Tome 1, S. 511. Viatimages / Bibliothèque de Genève, Fb 280
die darunter liegenden Gipfel zu erläutern. Allerdings merkt in der deutschen Fassung der Übersetzer (oder die Übersetzerin) kritisch an: «Entweder der Ungeschicklichkeit oder der Trägheit des Kupferstechers müssen wir es zuschreiben, dass diese Kupfertafel die Gegenstände verkehrt vorstellt, und dasjenige hier auf der rechten Seite ist, was auf der linken stehen sollte. W.»15 Im Unterschied zu den vorherigen Tafeln von Christian Gottlieb Geissler ist die Urheberschaft des Kupferstichs unbekannt. Nach Saussure sucht die Tafel einen Überblick über alle vom Gipfel des Buet aus sichtbaren Berge zu geben: «Cette Planche a été destinée à donner une idée de la vue des montagnes que l’on découvre de la cime du Buet».16 Anstatt eine Perspektive oder Aussicht auszuwählen, entscheidet sich Saussure für eine Rundsicht, die die Gesamtheit der umgebenden Bergwelt wiedergibt und sowohl allumfassende Bandbreite als auch detaillierte Information anbietet.
15 Wyttenbach in Saussure: Reisen durch die Alpen, Erster Theil, S. 274. 16 Saussure: Voyages, Tome 2, S. 326.
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Er erreicht diese Perspektive, indem er das Blatt Papier um 360° drehte, während er die verschiedenen, von der Bergspitze sichtbaren Gipfel skizzierte. Somit spiegelt der Akt des Zeichnens auch den Akt des Sehens wieder, indem ein Betrachter auf einem Gipfel sich langsam umdreht, um die gesamte Aussicht in allen Himmelsrichtungen und in der Panoramaperspektive wahrzunehmen. Die Tafel zeugt damit von der Bewegung des Aufstiegs und des Wendens bei der Aussicht vom Gipfel, und bietet in einer zweidimensionalen Zeichnung eine Perspektive in alle Richtungen an, die überhaupt nur aus der Bewegung erfasst werden kann. Dies erfordert nach Saussure besondere Anstrengung sowohl von Seiten des Zeichners als auch des Lesers: Il faut dans le Dessinateur un singulier effort d’attention, & une application difficile des regles de la perspective, pour projetter sur des plans verticaux & sur des lignes droites, des objets qu’il voit réellement sur les circonférences & dans l’intérieur d’un nombre de cercles dont son œil est le centre. Et il faut les mêmes efforts de la part du Lecteur, pour faire l’inverse du travail du Peintre, en se figurant sur des circonférences de cercle, ce que le dessin lui présente en ligne droite.17
Mithilfe von eingefügten Buchstaben im Kreise der Ansicht macht Saussure wieder Angaben zu den jeweiligen geographischen Punkten. In den folgenden Unterkapiteln sowie in einem Register am Ende des Hauptkapitels werden Lage, Gestein und andere Besonderheiten anhand der Punkte erklärt. Doch räumt Saussure ein, dass auch diese Darstellung nicht ganz gelungen ist, da nicht alle Berge maßstabgerecht verzeichnet sind und Bourrit in seiner Zeichnung manche Berge zu hoch darstellte. Allerdings unterscheidet sich der Blickwinkel des Lesers wesentlich von dem des Zeichners und Bergsteigers, da ersterer die Vogelperspektive in der Luft über den Bergen einnimmt, d. h. einen fingierten Standort, von dem aus zwei winzige Figuren auf der Spitze des Berges im Mittelpunkt der Zeichnung sichtbar sind. Mit diesem ungewöhnlichen, omnidirektionalen und kreisförmigen Panorama vermittelt Saussure den umfassenden Rundblick vom Gipfel und noch darüber hinausgehend die angenommene Sicht aus den Lüften, beides Perspektiven, die Bewegung einschließen und voraussetzen. Wie später Humboldt sucht Saussure nach neuen Darstellungsmöglichkeiten, um eindrucksvollen Erfahrungen gerecht zu werden und gleichzeitig wissenschaftliche Informationen zu vermitteln. So erfinden beide neue visuelle Repräsentationsformen, die Perspektiven und In
17 Saussure: Voyages, Tome 2, S. 327.
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formationen wiedergeben, die dem menschlichen Auge verschlossen sind. In Bezug auf Humboldts bahnbrechende Illustrationen stellt Ottmar Ette fest: «In seinem Naturgemälde der Pflanzen (1807), zweifellos eine der berühmtesten Wissenschaftsgraphiken des 19. Jahrhunderts, steht alles miteinander in Wechselwirkung und ist in unablässiger Bewegung.»18 Während Humboldt einen Querschnitt des Chimborazos mit Informationen u. A. zur Vegetation, Höhe, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Ackerbau versah, wählt Saussure eine kreisförmige Vogelperspektive von einem fiktiven Beobachtungspunkt aus, um die umfassende Information über die Umgebung des Berges zu enthüllen. Peter Hansen zufolge markiert diese allumfassende Perspektive, die im allgemeinen Gott vorbehalten ist, hier die Gipfelposition des unabhängigen Individuums: «Hovering above the summit, the God’s-eye view of Saussure and Bourrit’s circular view embodied the sovereign summit position of the natural philosopher who ‹seems to dominate above our Globe›».19 Doch statt eine Hierarchie vertikal zu verdeutlichen, verweist das kreisförmige Panorama aus heutiger Sicht eher auf den Erdball mit der Menschheit als Teil desselben. Bemerkenswerterweise greift in der deutschen Fassung Wyttenbach (oder der tatsächliche Übersetzer/ die Übersetzerin) in den Text mit einer eingefügten Fußnote ein, die auf eine weitere ähnliche Illustration eines Bergpanoramas verweist. Dabei bezieht er oder sie sich auf die detaillierte «Beschreibung des Brockenbergs», die 1779 in den Beschäftigungen der Berlinischen Gesellschaft Naturforschender Freunde von Johann Esaias Silberschlag (1721–1791) veröffentlicht wurde (Abb. 6). Hier bietet Silberschlag eine Zeichnung an, die die vom Gipfel aus sichtbaren Berge ebenfalls aus der Vogelperspektive darstellt, noch umfassender und weitreichender als Saussure. Silberschlag führt dazu aus: «Es liefere die IX. Tab. diesen prächtigen Anblick der Erdkugel, bey welchen man es sich nicht wird befremden lassen, wenn Berge in den Gesichtskreys eintreten, die viel weiter entfernt sind, als 17 Meilen, indem die hervorragende Höhe ihren Gipfel noch sichtbar machet, obgleich ihr Grund längst verschwunden ist».20
18 Ottmar Ette (Hg.): Alexander von Humboldt-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart: Metzler 2018, S. 3 19 Peter H. Hansen: The Summits of Modern Man: Mountaineering after the Enlightenment. Cambridge: Harvard UP 2013, S. 59. 20 Johann Esaias Silberschlag: Physikalisch-mathematische Beschreibung des Brockenberges. Beschäftigungen der Berlinischen Gesellschaft Naturforschender Freunde. Vierter Band mit Kupfern. Berlin: Joachim Pauli 1779, S. 332–407, hier S. 405.
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Abb. 6: Johann Esaias Silberschlag: Beschreibung des Brockenberges. Tafel IX. S. 695.
Heutzutage ist uns eine ähnliche Perspektive bekannt aus 360˚ Panorama Fotographien, Weltkarten der Erde und vor allem dem berühmten Foto Blue Marble, das am 7. Dezember 1972 aus einer Distanz von 29,000 Kilometern von der Apollo 17 Besatzung auf ihrem Weg zum Mond gemacht wurde (Abb. 7). Treffenderweise signalisiert die Fotografie – eines der meist reproduzierten Bilder unserer Zeit – sowohl die rasante Bewegung unseres modernen Zeitalters als auch die Einzigartigkeit und Verletzbarkeit unseres Planeten, und wurde damit zu einem Symbol des Umweltschutzes. Damit setzt das Bild die naturwissenschaftlichen und ethischen Anliegen Saussures fort.
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Abb. 7: The Blue Marble, aufgenommen von Apollo 17 am 7. Dezember 1972. NASA.
Hans-Peter Wagner
LOST The American Television Series in the Context of Literature and Postmodernist Literary Theory
1 What LOST Is About What a breathtaking beginning of the first of two pilot episodes – worth every penny of the 12–14 million dollars the American TV channel ABC spent on just the opening of its critically acclaimed series LOST (2004–2010). From a cinematic point of view, the initial 9 minutes of episode 1 are extraordinary; in fact, at the start of LOST in 2004, they were highly innovative for a serial show. In his detailed formal analysis of S1E11 of LOST, Mittell explains how formal choices convey meanings and emotional responses to viewers while setting the tone for an entire series: The first shot […] is an extreme closeup of a closed eye, which opens with a startling sound effect and an exaggerated iris dilation. Although it lasts only five seconds, the shot immediately signals that something unusual is happening, both in the story-world and in how it is being conveyed to us. The image and the sound are both non-naturalistic and create an eerie sense of mystery […] We then see shots of Jack Shepard (played by Matthew Fox) alternating with his visual view of the jungle and a dog wandering up to him […] Musical cues and nondiegetic sounds contrast loud pulses with quiet drones, ratcheting up the sense of anxiety and unease. Jack emerges from the jungle and on to the beach into a closeup; the camera pans in a counterclockwise circle along the beautiful beach, seemingly following his point of view, but Jack appears within the frame much earlier in the circle than we expect, jarring us out of his perspective and furthering the show’s unsettling visual style […] The next sequence revealing the wreckage is both harrowing in its raw emotional intensity, with corpses and people crushed by falling debris and sucked into plane engines, and spectacular in its high-budget special effects atypical of television. We discover the fate of Flight 815 along with Jack, witnessing the crash wreckage on the beach […] During this sequence, we learn Jack’s name and that he is a doctor, and we follow along as he saves numerous lives and takes command of the situation. We also glimpse almost all of LOST’s thirteen other main characters featured in the season.2
1 References to LOST are by season and episode; thus the first episode of season 1 is S1E1. 2 Jason Mittell: Television and American Culture. Oxford: Oxford UP 2010, p. 259–261. https://doi.org/10.1515/9783110730340-022
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What is LOST all about and what made it such a huge success with the wider television audience and academic critics alike? Many of the latter ranked it as a prime example of so-called “quality TV series”3 on the same level as such ground-breaking classics as Twin Peaks (1990–1991; 2017) The Sopranos (1999–2007), The Wire (2002–2008), Breaking Bad (2008–2013) and Mad Men (2007–2015), shows that have established a new, aesthetically demanding dramatic art form in what has been called the post-Television era.4 Damon Lindelof, one of the creators and showrunners of LOST, simply described it as a “show about lost people on a lost island”,5 while Jason Mittell saw it as an innovative serialized program that became a global hit (and) mixes genres to offer elements of mystery, science fiction, romance, and espionage through an unusual narrative style of flashbacks and time travel, as well as experiments in transmedia storytelling. The series typifies how shows that would have been restricted to a cult audience in the network era can become mainstream through digital convergence.6
But if LOST is a unique TV series it is because especially genre-wise it is more hybrid than Mittell implies. A genre-bending and highly allusive postmodernist Robinsonade,7 it mingles the elements mentioned by Mittell above with those of the
3 Quality series is a highly problematic term still much debated among specialists. Since it implies (personal) aesthetic judgments, I prefer to avoid it (like a number of experts in TV Studies, such as Mittell). For an extensive discussion of the term and the problems involved, see Jason Mittell: Complex TV: The Poetics of Contemporary Television Storytelling. NY: New York UP 2015, p. 210–216; Jonas Nesselhauf et al. (eds.): Das andere Fernsehen?! Eine Bestandsaufnahme des “Quality Television”. Bielefeld: Transkript 2016; Stefan Borsos, Nach dem “Quality TV”: Anatomie und Kritik eines Diskurses. In: Medienwissenschaft 1 (2017), p. 8–25; and my article, LOST: The Ultimate TV Series?. In: Monika Reif et al. (eds.): Essays in Honour of Martin Pütz. Frankfurt am Main: Lang 2021 (forthcoming). 4 For detailed discussions of the formal and aesthetic aspects that make LOST an outstanding television series, see Sarah Hatchuel: Lost: Fiction vitale. Paris: Presses universitaires de France 2013; and my survey of the development of American television series as a new form of dramatic art: Hans-Peter Wagner: A History of British, Irish and American Literature. Third revised and enlarged edition. Trier: WVT 2021 (chapter IV.3 in the section on American Literature). 5 Quoted in Verena Schmöller/Marion Kühn (eds.): Durch das Labyrinth von LOST: Die US Fernsehserie aus kultur- und medienwissenschaftlicher Perspektive. Second edition. Marburg: Schüren 2012, p. 8. 6 Jason Mittell: Television, p. 49. 7 For a study of LOST in the context of the Robinsonade, see especially Ada Bieber et al. (eds.): Angeschwemmt – Fortgeschrieben. Robinsonaden im 20. und beginnenden 21. Jahrhundert. Würzburg: Königshausen und Neumann 2009.
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thriller, family drama, soap opera, reality show and action series.8 Entirely filmed on the Hawaiian island of Oahu, LOST relates the aftermath of a plane crash on an island in the South Seas while immediately confusing viewers as to its genre9 (is it a reality show like Survivor10 or a mixture of sitcom and Robinsonade like Gilligan’s Island?)11. Simultaneously, it also powerfully lures its audience into the story with outstanding cinematography catching the horror of the crash as much as the beauty of the island, and with an ensemble cast of fascinating and mysterious characters. This lure increases with two important aspects of the series – on the one hand, the inter-serial competition with other TV shows (both previous and contemporary) and, on the other hand, the aim of each episode to be somehow more interesting than what has come before in the series. This has important aesthetic and narrative consequences. For how could the episodes following the sensational pilot opening be any better or more attractive? Discussing the issue of intra-serial outbidding (Überbietung), Jahn-Sudmann and Frank Kelleter explained how this was achieved in LOST: Als Network-Produktion war es LOST kaum möglich, derartige Aufwendungen im Folgenden noch zu steigern. Stattdessen verschoben sich intraserielle Überbietungsmomente im weiteren Verlauf auf den Umgang der Serie mit Zeitlichkeit als Thema und Erzählverfahren. Während in den ersten Staffeln regelmässig Rückblenden eingesetzt wurden […] tauchen in späteren Staffeln neben Flash Forwards auch Zeitreisen, Zeitschleifen und parallele Zeitlinien
8 To a certain extent, the hybrid nature of LOST in terms of genre is certainly due to the fact that the concept of genre as such has come under attack in the arts, beginning with painting. Most innovative postmodernist television series (perhaps starting with Twin Peaks, 1990–1991 and 2017) are hybrid precisely because they want to overcome rigid artistic conventions by deconstructing the notion of genre. For a discussion of this process (with an emphasis on visual art), see Jan von Brevern: Kunst ohne Gattung. In: Merkur 74 (2020), p. 47–57. 9 On the genre-bending aspects of LOST and its integration of science fiction and mystery see Angela Ndalianis: Chasing the White Rabbit to Find a Polar Bear: LOST in Television. In: Roberta Pearson (ed.): Reading LOST: Perspectives on a Hit Television Series. London: Tauris 2009, p. 181–197; David Lavery: The Island’s Greatest Mystery: Is LOST Science Fiction?. In: J. P. Telotte (ed.): The Essential Science Fiction Television Reader. Lexington, Kentucky: The UP of Kentucky 2008, p. 283–298; and Gunther Eschke/Rudolf Bohne: Bleiben Sie dran! Dramaturgie von TV-Serien. Konstanz: UVK 2010. 10 Mittell characterizes this “gamedoc” broadcast by CBS (2000–present) thus: “The first massive reality hit in the United States, Survivor combines wilderness adventure with interpersonal drama to create a long-running series that defined the gamedoc format in America.” (Mittell: Television, p. 90). 11 It was broadcast for three seasons on CBS (1964–1967) and followed the comic adventures of seven castaways trying to survive on an island.
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(Flash Sideways) auf. Der steigerungsorientierte, mithin serielle Einsatz solcher Erzähltechniken wird bereits zu Beginn der zweiten Staffel deutlich.12
It is no doubt this experimenting with time and narration that has made LOST such an attractive series. Another aspect is equally crucial in this context. It concerns the remarkable narrative complexity13 of the show and the deliberately slow unveiling of the personal histories of a group of survivors. The basic principle of this unique manner of telling a serial story with multiple plots and sub-plots is the withholding of information. This maintains suspense, sometimes over entire seasons of the show, and is part of its attraction: you never quite know the whole truth about the action or characters; this truth is only gradually revealed in flashbacks and flashforwards simultaneously introducing three different time levels. In the first three seasons, this is achieved with mostly surprising, and sometimes shocking, flashbacks until, in the fourth season, alternative worlds and time travel are introduced. Seasons 1–3 are mostly realistic, with only a few visual or sound allusions to the supernatural mysteries of the nameless and apparently uninhabited island. Focusing on the new insular lives of the survivors of the crash of Oceanic Airline’s Flight 815, the series shows how they organize their daily routine and recognize a small group as their leaders. This includes Jack Shepard, a surgeon bearing the telling name of a born and compulsive fixer, the ex-convict Kate Austen (Evangeline Lilly), the formerly paralyzed John Locke (Terry O’Quinn), the con man James ‘Sawyer’ Ford (Josh Holloway), the kind if psychologically disturbed millionaire Hugo (‘Hurley’) Reyes (Jorge Garcia), and the Iraqi soldier Sayid Jarrah (Naveen Andrews), to name just the most important figures at the outset of the show. Several love interests develop and are kept up in long plot arcs either for the whole series or over several seasons – the major one, for instance, between Kate, Jack and James; another one between the English rock musician Charlie (Dominic Monaghan) and the pregnant Australian Claire (Emilie de Ravin); a third between James Sawyer and Juliet Burke, a doctor (Elizabeth Mitchell); and a fourth between the Scot Desmond Hume (Henry Ian Cusick) and Penny Widmore (Sonya Walger), the daughter of the vengeful former boss of the Others on the island. In flashbacks and flashforwards, LOST also unveils the stories of some couples and
12 Andreas Jahn-Sudmann/Frank Kelleter: Die Dynamik serieller Überbietung: Amerikanische Fernsehserien und das Konzept des Quality-TV. In: Frank Kelleter (ed.): Populäre Serialität: Narration – Evolution – Distinktion. Zum seriellen Erzählen seit dem 19. Jahrhundert. Bielefeld: Transkript 2012, p. 212. 13 On this aspect of LOST, see Kathrin Rothemund: Komplexe Welten: Narrative Strategien in USamerikanischen Fernsehserien. Berlin: Bertz + Fischer 2012, chapters 5–8.
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siblings – Asian (e.g. Sun and Jin Kwong), American and European – and the surprising histories of mysterious characters like the American John Locke, the African Mr Eko (Adwale Akinnuoye-Agbaje), and the Frenchwoman Danielle Rousseau (Mira Furlan). Gradually, it becomes clear that the island is not uninhabited – there are aggressive polar bears, a lethal smoke monster, the Others, humans who remain invisible for a while and abduct the pregnant Claire. The plot develops more complex dimensions with the finding of a mysterious hatch leading to a subterranean system of scientific research stations and the discovery of the Dharma Initiative, an organization that, many years ago, conducted research on the island. Contact with the Others and their ruthless leader Ben Linus (Michael Emerson) is established; some of the stranded are kidnapped and an electromagnetic explosion occurs in the hatch. At the end of Season 3, a host of scientists arrive, accompanied by mercenaries, and the islanders eventually agree to be saved. Things get more complex in the last three seasons when magic realism in the form of supernatural events and parallel universes as well as time travel enrich the story by way of flash-sideways. The point here is to show how the lives of the Oceanic Six (the name of the group returning to America) might have developed. Simultaneously, however, life on the island continues in ever more complicated plot patterns. For quite a few episodes, Ben Linus is at the centre of attention. He takes the survivors to a different location and, at some point, even manages to move the island geographically. To make matters even more intricate on the time level, the origin of the island is also disclosed in the story of twin brothers (Jacob and the Man in Black, i.e. the smoke monster). Restoring the allegedly sacred light/fire at the centre of the island, Jack Shepard eventually saves it and his fellow survivors (if not the whole world) from extinction – but at a cost that shall not be disclosed here since I do not want to be a spoilsport for readers not yet familiar with the series. This also applies to the ending of LOST, after 120 epsiodes, which has been much debated by fans on the internet as well as by academic critics.14 LOST had an immediate popular and critical success. The first episode was watched by 16 million viewers in the USA. As a TV show, it received six Emmy Awards and a Golden Globe in 2005 and was subsequently sold to more than 200 countries around the world.15 The enormous success of Lost was of course also due to the clever manner in which the showrunners encouraged cross-over multimedia experiences with video games, the internet and print publishing. Like
14 For a list of the most important critical studies of LOST up to 2010, see the survey in Schmöller/Kühn (eds.): Durch das Labyrinth von Lost, p. 230–231. 15 See Sarah Hatchuel: Lost: Fiction vitale, p. 8.
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the producers of Twin Peaks in the 1990s, the Lost franchise released a novel, Bad Twin (2006), supposedly written by a casualty of the crash of Oceanic Flight 815.16 In 2006, an alternate reality game, The Lost Experience, was launched (purportedly to explore the enigmas of the series) that spread into multi-media platforms providing information about unsolved mysteries of the series. Between 2009 and 2013, an interactive multimedia experience entitled Lost University was launched at Comic-Con. On its website (lostuniversity.org), it promoted a fictitious university where fans could enroll in courses related to the content of Lost.17 In addition, ABC established an internet site, Lostpedia, where viewers might find answers to any questions about the show.18 This entire process represents the dissolution of boundaries between diegetic space and the space of consumers, allowing narrative, promotion and advertising to overlap.
2 The Rhizomatic Richness of LOST From beginning to end, LOST is replete with allusions to mythology, philosophy, religion, literature, music, science and verbal and visual products of popular and elite culture. What distinguishes the series is that these references are far from obtrusive and can be read in several ways precisely because they are both realistic and metaphorical. They offer pathways (and dead-end streets) to the viewer that s/he may or may not follow while exploring a maze that is as intricate as it is entertaining. It is this essentially postmodernist aspect which substantially contributes to the attraction of the show. In the words of Marion Kühn and Verena Schmöller, LOST entpuppt sich – im übertragenen Sinne – als Labyrinth, durch das der Betrachter genau wie die Figuren tappt und nach jeder Wegbiegung neue Gänge und Querverbindungen
16 According to Lostpedia, Bad Twin was “released as a real life semi-canonical tie-in novel … Authorship is credited to the fictional Gary Troup; the actual ghostwriter was revealed to be Laurence Shames”. 17 Accessible to those in possession of the Season 5 Blue-ray set, Lost University openly admitted its connection to the show. The teaching staff included guest speakers from the cast and showrunners of the series as well as experts used on Lost for classes on topics such as hieroglyphs. 18 See www.lostpedia.com. This website provides a treasure trove of information about almost every aspect of the show, including its TV and filmic backgrounds, narrative techniques, cultural and literary references, characters, episode summaries and critical discussions of the major themes of the series. Marion Kühn and Verena Schmöller argue that ” (Das) … ausufernde interaktive Nachschlagekompendium Lostpedia ... ist inzwischen fast genauso unergründlich wie die Serie selbst” (Orientation: Durch das Labyrinth von LOST, p. 12).
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entdeckt, die ihm scheinbar einen Hinweis auf die Gesamtzusammensetzung des Insel-Irrgartens liefern. “The End” (LOST 6.17) gibt letztendlich zwar einen Ausweg vor, doch bleiben gleichzeitig viele Ecken und Wege im Dunkeln.19
As I hope to show in section 3 of this article, classic literary and popular texts, from the Odyssee to the works of Stephen King, have left their mark on LOST. In quite a few cases, the dramatic scenes of the series engage with a whole gamut of allusions to literature; some of them prove of essential importance for the viewer looking for guidelines toward an understanding of the series. LOST is not only highly intertextual (almost 100 books are referenced in the series, and sometimes even discussed by the characters), it also plays a similar game with the viewer on the intermedial level,20 i.e. by alluding to previous movies and TV programmes which can thus be related to the show, often in ironic ways. These intermedial allusions are to Robert Zemecki’s survival drama film Cast Away (2000); the reality show Survivor, and series such as The X-Files (Fox, 1993–2002).21 Some of the characters in Lost also refer directly to (fictional) figures from popular culture as represented in movies and series: Indiana Jones, the science fiction series Star Trek (1966–1969) and the spin-offs it spawned, and Star Wars. Had I world enough and time, I could demonstrate how LOST integrates these movies and TV series and to what extent they affect plot, narration and characterization. But my concern in this article is LOST’s relation to literature and li-
19 Marion Kühn/Verena Schmöller: Orientation. In: Durch das Labyrinth von LOST, p. 14. 20 Considering the classic distinction in literary theory between intertextuality (a text directly or indirectly referring to other texts) and intermediality (i.e. the presence in an artefact of at least two different media), the allusions to literature in LOST should be discussed as intermedial allusions. All the more since many of the literary works shown in the series and/or discussed by the characters have been adapted for radio, film, television or the stage (e.g. Carroll’s Alice in Wonderland; Steinbeck’s Of Mice and Men; and Heller’s Catch-22). See the articles on the specific terms by Werner Wolf: Intermedialität. In: Ansgar Nünning (ed.): Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 5th edition. Stuttgart: Metzler 2013, p. 344–346; and Richard Aczel: Intertextualität und Intertextualitätstheorien. In: Ansgar Nünning (ed.): Lexikon Literartur- und Kulturtheorie, p. 349–351. In LOST, however, some of the scenes involving literature could also be termed intertextual, especially when one literary allusion refers to another one as in a mise-en-abyme. Therefore, I shall occasionally use the term intertextual in discussions of the allusive play with fiction in LOST. 21 Mittell describes The X-Files as an “innovative series” focusing “on a pair of FBI agents investigating paranormal mysteries, with a long-term conspiracy arc involving aliens and government cover-ups. The show became a surprise hit … generating a cult fanbase, spawning two feature films, and influencing many future programs to explore innovative techniques of television storytelling.” (Mittell: Television, p. 231).
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terary theory rather than the influence of other media.22 Let me just mention one example of the way in which the series integrates literary works from popular culture. Among the writers on the LOST team, Brian K. Vaughan is known mainly for his comic books, and the showrunners Lindelof and Abrams have commented on their penchant for graphic novels and comics. No wonder, then, that from the very first scene onward the series refers to the world of comics by way of its narrative technique (cuts and flashes to the past and the future) and construction of characters. Thus, immediately after the crash of the plane, little Walt (the owner of the dog Jack Shepard sees upon waking up in the jungle) finds a comic book in the wreckage featuring two superheroes, Green Lantern and the Flash – characters the viewer is invited to connect with the events of the show.23 As a series offering the viewer a variety of pathways as the story unfolds into ever more fascinating lines of development, LOST is also a perfect example of the rhizome. Gilles Deleuze borrowed this term from plant biology to describe both the way a fictional text engenders endless networks of meanings by way of allusions and the readers’ attempts to map these networks of references.24 One could continue the exploration of Lost as the ultimate filmic rhizome by analyzing how it handles some of its major themes touching on philosophical,25 scientific,26 theological and ethical questions:27 concepts of time; family relations
22 For a brief discussion of these intermedial issues in LOST, see Sarah Hatchuel: LOST: Fiction vitale, p. 22–24. For detailed analyses of the ways in which other media and genres relate to LOST, see the critical essays collected in Benjamin Beil et al. (eds.): Lost in Media. Münster: Lit Verlag 2017. 23 On the impact of the popular world of comics on LOST, see Dietmar Dath: LOST. Berlin: Diaphanes, 2012 p. 33. 24 From the reader’s or viewer’s perspective, the rhizome is a kind of mapping performed during the reception process, a cartography of sorts in which the recipient establishes meaning by tracing allusions leading in endless directions. See the entry on “rhizome” in Ian Buchanan (ed.), Oxford Dictionary of Critical Theory. Oxford: Oxford UP, 2010; and Gilles Deleuze/Félix Guattari: Rhizom. Berlin: Merve, 1977, originally published in French in 1976. 25 See Sharon Kaye (ed.): The Ultimate LOST and Philosophy. London: Wiley 2011. 26 A discussion of the intermedial play in LOST with science, especially mathematics and physics, would require the space of at least a monograph. Suffice it to say here that major scientific theories (such as Einstein’s special theory of relativity, quantum mechanics, many-worlds interpretations in relation to inter-universe wormholes, and string theories) are treated in a similarly ambiguous and often satirical fashion as the allusions to literature. Particular theories are referenced through the names of characters: Eloise Hawking, former leader of the Others, brings into play the theoretical physicist Stephen Hawking (1942–2018) and his work on cosmology and quantum gravity; the name of her son, Daniel Faraday, alludes to the work on electricity and magnetism of English physicist Michael Faraday (1791–1867); and the communications officer George Minkowski recalls the work on space-time of German mathematician Hermann Minkowski (1864–
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(especially failed father-son rapports); the meaning of human existence; and the purpose of social interaction. Suffice it to say that even on this semantic level the series is both serious (e.g. in relying on theories of quantum physics as developed by Hugh Everett III and Stephen Hawking) and ludic (through allusions to science fiction works from H. P. Lovecraft28 and Philip K. Dick to Kurt Vonnegut and Stephen King).29 The artistic value of the series is vastly enhanced by its music. Unlike similar series, LOST uses pop songs rather sparingly. One such exception is Ben Harper’s I Shall Not Walk Alone, played toward the end of S1E8, a pop song with a serious, moral message quite at odds with what happens in this episode. Concerned with the “art of the con, and the different confidence men (and women) who practice it”,30 the episode titled Confidence Man makes a knowing nod at Herman Melville’s novel The Confidence-Man: His Masquerade (1857) – of which more below – while focusing mainly on the life of con man James Sawyer, although many of the other characters are also shown to be liars and deceivers (e.g. Kate, John Locke, Sayid, Sun and Jin, and even the kindhearted Charlie and Claire). So Ben Harper’s final spiritual ode I Shall Not Walk Alone jars heavily with the trickery and deception that dominates this episode. Jane Campbell summarizes the exegetic problem facing the viewer at the end of Confidence Man:
1909). There are additional tongue-in-cheek allusions to psychology (Richard Alpert’s name clearly riffs on the work on altered consciousness of American psychologist Richard Alpert, b. 1931, who collaborated with Timothy Leary on the effect of drugs), archeology (Charlotte Staples Lewis is supposed to remind us of the bizarre Christian apologist Clive Staples Lewis, 1898–1963), and biochemistry (the character of Ben Linus can be constructed in relation to both Swedish naturalist Carl Linnaeus, 1707–1778, and American biochemical engineer Linus Pauling, 1901–1994). For more information on the scientific background of LOST, see Scott F. Parker: Who are Locke, Hume, and Rousseau? The Losties’ Guide to Philosophers. In: Sharon Kaye (ed.): The Ultimate LOST and Philosophy, p. 321–342; and Jaime Trosper: The Physics of LOST. https://futurism.com/ the-physics-of-lost. 19 April 2013. Accessed 13 Nov 2020. Trosper analyzes the seriousness of Ben’s moving of the island in space and time in terms of theories in physics. 27 For a longer analysis of Lost in terms of the rhizome inviting multiple pathways of interpretation, see my article Lost: The Ultimate TV Show?. In: Monika Reif et al. (eds.): Essays in Honour of Martin Pütz. Frankfurt: Lang 2021, forthcoming. 28 On the importance of the fiction of H.P. Lovecraft for pop culture and élite literature, see Eva Geulen: H.P. Lovecraft: Seine Welten und ihre Fans. Merkur 73 (2019), p. 57–65. A critical, complete edition of his works was published in 2014: Leslie Klinge (ed.): The New Annotated Lovecraft. NY: Norton, 2014. 29 See especially Dick’s Valis (1981) and, in respect to time travel and its intra-diegetic discussion, Vonnegut’s Slaughterhouse-Five (1969). 30 Jane Campbell: LOST Exegesis (Confidence Man). www.eruditorumpress.com/blog/lost-exegesis-confidence-man. 2016.
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The song is certainly forthright and lacking in duplicity. Which is rather surprising […] For it’s not just the fact that something so earnest and trusting ends a tale devoted to falsity and deception […] There is no reason in the story for this song to play […] it can’t be handwaved away in the name of characterization. The question, then, is whether to trust it or not […] the montage turns from sincerity to irony, which imbues the sequence with ambiguity. It’s so subtle, we might not even notice that the song has been subverted.31
If this is so it is because LOST is a quintessential postmodernist series that undermines viewer expectations and the search for meaning by providing semantic ambiguity. S1E8 lends itself to several readings when we decode the pop song in and against its visual setting. For instance, one might read it as a typical, postmodernist debunking of the moralistic, phony ethics propagated in popular culture; or we might see it in more earnest terms as an alternative to, and escape from, the corrupt world and characters paraded in this episode. In any case, musical and visual representation at the end of Confidence Man together invite the viewer to construct his own interpretation. It is yet another example of the experimental, artistic nature of LOST, which asks for viewer participation and the solution of problems rather than offering the banal certainties of soap operas. Composed, orchestrated and produced by Michael Giacchino, LOST’s major musical score was performed by the Hollywood Studio Orchestra. Giacchino’s marvelous achievement can be seen in the fact that he found musical equivalents for the show’s remarkable rhizomatic nature with his thematic allusions to a great variety of composers. This musical potpourri includes the classics – Mozart and Beethoven – late Romantics like Anton Bruckner (1824–1896), the mechanical scores of early modernists like George Antheil (1900–1959), and postmodernist avant-garde pieces by Pierre Boulez (1925–2016) and Terry Riley (b.1935).32
31 Jane Campbell: LOST Exegesis (Confidence Man). 32 One of the few critics pointing out the musically allusive nature of the show is Dietmar Dath; see his Lost, 15–16. In addition to Dath’s playful short monograph on Lost, detailed analyses can be found in Roberta Pearson: Lost in Transition: From Post-Network to Post-Television. In: Janet McCabe/Kim Akass (eds.): Quality TV: Contemporary American Television and Beyond. London: Tauris 2007, p. 239–256; Roberta Pearson (ed.): Reading Lost. London: Tauris 2009; and Randy Laist (ed.): Looking for Lost; S. Kaye (ed.): The Ultimate Lost and Philosophy; Sarah Clarke Stuart: Literary Lost; and Schmöller/Kühn (eds.): Durch das Labyrinth von Lost. Also see Sarah Hatchuel: Lost: Fiction vitale.
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3 The Literary Network of LOST Part of the attraction and intricacy of Lost is created by its excessively dense network of intertextual and intermedial allusions extending and commenting on the action and enriching motifs and complicating meanings. As Randy Laist has noted, LOST refers to literature and books in almost every episode on diegetic as well as meta-diegetic levels. Its plot is steeped in allusions to Robinson Crusoe, Gulliver’s Travels, and Lord of the Flies, also to narratives concerned with parallel worlds, such as Alice’s Adventures in Wonderland, The Wizard of Oz,33 and – most interesting and intriguing – Jorge Luis Borges’s tale The Garden of Forking Paths, a striking blueprint for the complicated structure, rhizomatic plot and the various themes of the series.34 Given the narrative, thematic and structural complexity of Borges’s tale, it seems strange that it has hardly been considered in critical discussions of the literary, intertextual and intermedial backgrounds of LOST. After all, Borges is one of the creators of magic realism or fantastic realism which has left such a remarkable impact on the series. His El Jardín de senderos que se bifurcan was first published in 1941 and then included in the collection of 17 tales titled Ficciones (1944). Situated in the world of espionage during World War I, the tale features themes and a structure closely related to the idea of the labyrinth (and the maze and the rhizome). Tellingly, a selection of Ficciones was published in Paris in 1953 under the title Labyrinths, which established the Argentinian writer’s international reputation. Both cyclical and labyrinthine in form, The Garden of Forking Paths is often dreamlike in its endlessly reflected facets of reality. What must have made the tale interesting for the writers of LOST is not only its ironic handling of philosophy and arcane (Chinese) knowledge but especially its metafictional nature and emphasis on the reader’s role in creating meaning. From the obvious allusion to the white rabbit in Alice in Wonderland in the pilot scene (Walt’s dog passing the prostate Jack who, like Alice, might be dreaming the entire story) and again in the title of S1E5, to the names of some characters (John Locke, Desmond Hume, Daniel Faraday, James Sawyer) and the many books read by Sawyer and others in the course of the events, LOST integrates fiction and other reading matter to further complicate its story. The unobtrusive allusions
33 First published in 1900 by Lyman Frank Baum under the title The Wonderful Wizard of Oz, this illustrated children’s novel has seen many reprints, most of them under the title The Wizard of Oz. LOST was perhaps also influenced by the American musical fantasy film (1939) based on the novel and with the same title. 34 See the introduction in Randy Laist (ed.): Looking for LOST, p. 1. For a brief discussion of the tale, see Gerhard Wild: Ficciones. In: Walter Jens (ed.): Kindlers Neues Literatur Lexikon. Vol. 2. Munich: Kindler 1989, p. 941–943, especially p. 942.
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to books – literary, philosophical, scientific, religious – urge the viewer to establish rhizomatic connections between what is shown and what is additionally suggested through the references to literature. Some of the character names are aligned with real authors, which augments the pleasure of the viewer looking for possible meanings. Take the example of Desmond Hume, a Scot keeping watch in the hatch and later plagued by this capacity to foresee future events, including the deaths of his friends. His name and role in the series allude to the skepticism of the moral philosopher David Hume (1711–1776), who doubted miracles as well as free will. But Desmond Hume can also be connected (in mostly ironic ways) to the hero of the Odyssee: like Ulysses, he must travel round the (known and unknown) world in a sailing boat and go through a series of dangerous adventures, including a stint as castaway and guardian of a hatch on the island, while his wife Penelope (Desmond’s wife is called Penny Widmore) patiently awaits his return. Unlike Ulysses’ wife, Desmond’s Penelope eventually goes looking for her husband – a postmodern nod at women’s emancipation.35 Literature in the widest sense is actually part of the diegesis of LOST. Not only are characters like Sawyer, Locke and Ben Linus shown reading all kinds of fiction, they also discuss the meaning of their reading material. More importantly, in the opening episode of Season 3, whose title aptly references Charles Dickens with A Tale of Two Cities, Juliet Burke (like Locke, another name alluding to a philosopher) hosts a book club, an informal group of Others, heatedly discussing Stephen King’s horror novel Carrie (1974). This intertextual dimension is yet another ludic feature the series borrows from postmodernist literature, thus rendering both reception and meaning more complex and rewarding. In this context and in sync with the popular nature of the show, LOST deliberately juxtaposes the highbrow with the lowbrow, fiction with fantasy, as more than 90 books are referenced during the six seasons of the show.36 In relation to the plot, characters or themes, classic literary works, from the Odyssee to James Joyce’s Ulysses, figure as importantly as more popular books on major themes of the show: time travel (Stephen Hawking’s A Brief History of Time), alternative realities (Alice in Wonderland; The Chronicles of Narnia)37 and the absurdities of life (Joseph Heller’s Catch-22) are ironically mirrored through the books briefly appearing in view; in some cases
35 On the Ulysses myth and others in the series see also Birgit Aka: Tabula Rasa: Das (ver) wünschte Inseldasein in Lost. In: Schmöller/Kühn (eds.): Durch das Labyrinth von LOST, p. 135– 138. 36 See the appendix, List of Literary Allusions, in Sarah Clarke Stuart: Literary Lost: Viewing Television Through the Lens of Literature. NY: Continuum 2011, p. 149–151. 37 This is a series of seven illustrated fantasy novels by C.S. Lewis (1898–1963) which have had an enormous success since their first publication between 1950–1956. They were adapted for film,
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the intertextual relation is suggested in the very titles of the episodes: e.g. S1E08 (Melville’s Confidence-Man), S1E23–25 (the Bible’s Exodus), S3E01 (Dickens’s A Tale of Two Cities), S3E22–23 (Carroll’s Through the Looking Glass), and S4E09 (H.G. Wells’s The Shape of Things to Come). This intermedial dimension of the show is handled in a way that is as intricate and expert as the construction of the plot. Since it contributes to LOST’s complex artistic dimensions, it deserves closer attention. A handful of texts referenced in Lost prove of great relevance for the entire construction and meaning of the series. Showrunners Lindelof and Cuse have repeatedly referred to Philip K. Dick’s Valis (1981), a prime example of philosophically oriented SF, and Stephen King’s The Stand (1978), a post-apocalyptic horror novel with intricate character development, as blueprints for the first seasons of LOST. Equally important is the Bible, which comes to mind when we think of Jacob and the Man in Black, light versus dark, and some characters (such as Richard or Charlie) believing they are in purgatory or hell. Other books regularly alluded to throughout the series include Richard Adams’s survival and adventure novel Watership Down (1972) and Carroll’s Alice in Wonderland (1865) and Through the Looking Glass (1871). Any reader familiar with Shakespeare’s late romance The Tempest (LOST alludes to the play only indirectly through the name of one of Dharma’s weather stations) will discover obvious parallels – and contradictions – between what happens on Prospero’s and Ben’s (or Jacob’s) islands. In a role riffing on two characters in Shakespeare’s The Tempest, Ben Linus is cast as an evil Prospero and a hateful Caliban.38 In addition, Fyodor Dostoyevsky’s serially published novel The Brothers Karamazov (1879–1880) was of great importance for the psychological depths of the major male characters in the show (Jack, Locke, Sawyer). Initially the most repellent character of the show, the reclusive rebel James Sawyer proves the most unlikely bookworm: we see him reading a great many books salvaged from the wreck of the plane, including Shakespeare’s Julius Caesar, Steinbeck’s Of Mice and Men (1937),39 Walker Percy’s Lancelot (1977) and Ayn Rand’s The Fountainhead (1943). The creators of LOST have admitted that they
television, radio and the theatre. See The Complete Narnia Chronicles. London: HarperCollins 1998. 38 A discussion of the way The Tempest relates to LOST can be found in Ryan Howe: New Space, New Time, and Newly Told Tales: LOST and The Tempest. In: Randy Laist (ed.): Looking for LOST, p. 59–74. 39 For an insightful discussion of Steinbeck’s novel in relation to the character Sawyer in LOST, see Marion Kühn: White Rabbit: Zur Funktionalisierung fiktionaler Literatur in LOST. In: Verena Schmöller/Marion Kühn (eds.): Durch das Labyrinth von LOST, p. 161–163 and 168–172.
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found inspiration in the making of their show in books rather than in movies or TV series. Since this extremely rich literary background of LOST has been explored in great detail,40 a summary will suffice here. What emerges after a close analysis of the literature referenced in LOST is that in addition to the maze already created by plot and characters the series establishes a labyrinthine library whose books both obfuscate and enrich meaning. Here again, the idea of the rhizome seems more appropriate, for the viewer of the series is, literally speaking, sent down the garden path on quite a few occasions; simultaneously, however, the allusions also open up new possibilities of interpretation. This engendering of endless and sometimes contradictory meaning is what the best of postmodernist literature had done before the millennium, and this is what LOST does with its rhizomatic universes, parallel worlds and hidden mysteries rendering it a serial work of art. In what follows, I shall discuss just one example of the numerous literary allusions in LOST to demonstrate how subtly intertextuality is handled and how literature contributes to the meaning and complexity of the series. My focus here is on the intertextual play with Herman Melville’s The Confidence-Man: His Masquerade in S1E8. The allusion to this extraordinary novel does not occur on a diegetic level in the episode itself but, almost surreptitiously, through its title (Confidence Man), which thus appeals to the viewer to consider Melville’s text in any construction of meaning. Published in 1857 and the last to appear in his lifetime,41 Melville’s novel is a complex treatment of the dialectic between trust and sincerity on the one hand, and manipulation and violation of trust on the other – which is also the central theme of episode S1E8. The reference to Melville’s demanding text thus adds both to the mystery of LOST as a series and to its playful, postmodernist aspect. Louise Barnett has argued convincingly that The Confidence-Man is sui generis, a text so puzzling that even the most basic judgments of value and classification have been ongoing critical issues. In the perspective of the twentieth century the work now seems to be strikingly contemporary, perhaps the first postmodernist novel.42
40 See especially Sarah Clarke Stuart: Literary LOST: Viewing Television Through the Lens of Literature. NY: Continuum 2001; and Marion Kühn: White Rabbit. In: Schmöller/Kühn: Durch das Labyrinth von LOST, p. 150–175. 41 See the standard edition of the novel: The Confidence-Man: His Masquerade. Ed. by Harrison Hayford et al. Evanston, IL: Northwestern UP 1984. 42 Louise Barnett: Authority and Speech: Language, Society, and Self in the American Novel. Athens: University of Georgia Press 1995, p. 87.
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The meta-diegetic allusion to Melville’s novel suggests comparisons and connections with LOST on several levels: thematically, ideologically, and epistemologically. It is concerned with an isolated group of people (LOST’s characters are on an island, those of the novel on a Mississippi river steamer ironically named Fidèle, which means sincere or true). The action of The Confidence-Man takes place on this boat heading from St. Louis to New Orleans and involves a large number of characters, many of whom are different manifestations of a single figure, the confidence-man. He makes his initial appearance as a deaf-mute on the riverboat landing in St. Louis. Holding up a chalkboard sign advertising the virtues of charity, he is derided by the crowd, but in his later appearances he proves to be more persuasive. For example, in the guise of a herb doctor he succeeds in persuading a distrusting miser to buy his worthless tonic; in other disguises he sells phoney stock to passengers, petitions for a loan to alleviate alleged hardship, and solicits contributions to Indian missions. In some of his appearances, however, he merely encourages the more disaffected and cynical passengers to keep faith and to trust in the goodness of others. Throughout the second half of the novel the confidence-man is in the costume of a friendly “cosmopolitan”, Frank Goodman, who engages in philosophical conversations with other passengers, occasionally digressing to tell long stories related to the central themes of the book, especially to that of trust in personal relationships. The narrative ends with a discussion between him and an old man about the status of the apocryphal scriptures, thus fusing the book’s thematic concern with trust with the literary issue of narrative as a bearer of meaning.43
With this in mind, we can turn to episode S1E8 of LOST. The most obvious conclusion is, of course, to consider James Sawyer as an avatar of Melville’s confidenceman for Sawyer’s career as a con man takes up a large part of the plot. However, as Jane Campbell has explained, almost all other characters in the episode are also liars or deceivers of some kind.44 The point of the literary allusion, I think, is, however, less to look for correspondences on the level of characters (even though, as Jane Campbell shows, they can be found). More important and intriguing is what Melville’s novel and the series have to say about the nature and possibilities of representation, and especially about language. In the novel, “the most learned characters replete with literary references are the most artful con-men in the book”,45 and this might indeed suggest, as Campbell argues, that LOST itself is a form of confidence game. Melville’s text represents
43 The Confidence-Man: His Masquerade. Summary and discussion in Dominic Head (ed.): The Cambridge Guide to Literature in English. Third edition. Cambridge: Cambridge UP 2006, p. 234. 44 Jane Campbell’s discussion of con men (and women) in the episode includes Kate, Charlie, Claire, Sun and her husband Jin, Shannon, and even the Christ-like hero Jack. See LOST Exegesis (Confidence Man). www.eruditorumpress.com/blog/lost-exegesis-confidence-man. 2016. 45 Ibid., p. 4.
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a world of deception and ambiguity whose reality can be imaginatively rendered but not interpreted. Difficult and unpalatable as the text is, it does not sever the connection between art and life; Melville is still a truthteller, but the bitter truth of The Confidence-Man is that conventions of discourse are exploited by deceptive speakers and truth is unknowable.46
For the episode of LOST this means that epistemologically and exegetically we should be wary of accepting the ending (with Harper’s quasi-religious ode) on its alleged moral note. What the reference to Melville’s pessimistic novel means for any interpretation of LOST’s episode S1E8 is that we should consider how popular discourse (or music) reacts to falsity and deceit – by turning to religion (and emotion) it evades the real, bitter, issues, making us believe that everything is fine when as a matter of fact, as Campbell argues, “that’s exactly how we are conned.”47 The subtle allusion on the extra-diegetic level of LOST to The ConfidenceMan thus provides both a guideline and a corrective for our understanding of episode S1E8; it helps us not to be misled and to doubt visual and musical representation in LOST as much as Melville doubted the forms of verbal representation of early capitalist America. In her detailed analysis of the multiple functions of literary references in LOST, Marion Kühn concludes: Die Bücher in LOST sind somit weder als Fährte von Krümeln konzipiert, die den Ausweg aus dem Labyrinth von LOST weisen, noch als falsche Pisten, die einer Orientierung entgegenwirken, indem sie die möglichen Fährten immer weiter verästeln. Vielmehr geht es darum, auf spielerische Weise Probleme zu reflektieren und Verbindungen herzustellen, denn, wie gezeigt, ermöglichen die literarischen Werke in LOST einen Blick von außen, der zahlreiche Querverbindungen, Sackgassen und verborgene Trampelpfade dieses komplexen Filmlabyrinths beleuchtet.48
4 LOST as a Postmodernist Series It speaks for the aesthetic quality and the cultural appeal of LOST that the series has spawned an enormous amount of critical response:
46 Louise Barnett: Authority and Speech, p. 96. 47 Jane Campbell: LOST Exegesis, p. 5. 48 Kühn: White Rabbit. In: Schmöller/Kühn (eds.): Durch das Labyrinth von LOST, p. 174. From the very beginning, LOST engages the viewer with invitations to compare the plot of the series with literary works. Jack’s awakening in the jungle in S1E1, for instance, could be explored in connection with the lost narrator in the forest at the opening of Dante’s Divine Comedy.
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Although the final episodes were broadcast in 2010 and transmedial extensions such as the virtual LOST-University have closed down and no longer offer degrees and courses on the “Advanced Physics of Time Travel”, the television series LOST has inspired and continues to inspire a myriad of scholarly and non-scholarly publications, participating in a LOST-hagiography.49
Given this plethora of academic studies, it seems odd therefore that the series has been less considered in the context of literary postmodernism and the critical frame of poststructuralism.50 For LOST is the quintessential postmodernist series responding to the formal, narrative, and epistemological experiments in fiction as practiced by the representatives of magic realism (e.g. Gabriel García Márquez, Jorge Luis Borges, Salman Rushdie, and Haruki Murakami)51 and British52 and American experimental novelists.53 During their college education, the major showrunners of LOST were made familiar not only with the champions of postmodernist fiction but also with the major critical theories that inspired the movement – both Damon Lindelof and J.J. Abrams, for instance, admitted that fiction had a major impact on their writing for the series. It is perhaps helpful to distin-
49 Benjamin Beil et al (eds.): LOST in Media. Münster: LIT Verlag 2017, p. 7. 50 See, however, Giancarlo Lombardi’s fine essay (discussed below) on LOST analyzed in the light of Derrida’s pharmakon, Foucault’s panopticon, and Lacan’s nom du père; and Michelle Lang’s article on the aspects the series shares with experimental postmodern literature: LOST: Poststructural Metanarrative or Postmodern Bildungsroman? In: Lost Online Studies 2.1 (2008). http://loststudies.com/2.1/poststructural_metanarrative.html 51 On British fiction in the magic realism movement, see Anne C. Hegerfeldt: Lies That Tell the Truth: Magic Realism Through Contemporary Fiction from Britain. NY: Rodopi 2005. 52 See, for instance, the novels of John Fowles, B.S. Johnson, Angela Carter, Christine Brooke-Rose, Peter Ackroyd, Julian Barnes, Martin Amis and Gabriel Josipovici, discussed in the second edition of my A History of British, Irish and American Literature, p. 216–223. For critical studies of British experimental fiction see Alison Lee: Realism and Power: Postmodern British Fiction. London: Routledge 1990; and Dominic Head: Modern British Fiction, 1950–2000. Cambridge: Cambridge UP 2002. Recent analyses of classic British postmodernist texts by John Fowles (The French Lieutenant’s Woman), B.S. Johnson (The Unfortunates), Angela Carter (Nights at the Circus), Salman Rushdie (The Satanic Verses), and Jeannette Winterson (Sexing the Cherry) can be found in Christoph Reinfandt (ed.): Handbook of the English Novel of the Twentieth and Twenty-First Centuries. Berlin/Boston: De Gruyter 2017. 53 Major American postmodernist novelists are Walter Abish, John Barth, William H. Gass, William Gaddiss, Robert Coover, Thomas Pynchon, Don DeLillo, Kurt Vonnegut, John Hawkes and David Foster Wallace. For a brief discussion of these and other experimental American novelists in the postmodern period, see my History of British, Irish and American Literature. Second edition, especially p. 426 and p. 427–439. For the latest critical discussion of American postmodernist fiction see Hanjo Berressem: Postmodernism. In: Timo Müller (ed.): Handbook of the American Novel of the Twentieth and Twenty-First Centuries. Berlin/Boston: De Gruyter 2017, p. 35–51.
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guish the term postmodern (referring to the historical period) from its false friend postmodernist (as a term for the experimental fiction of the period): As a movement or current in literature (the term is also used in art and architecture) and the arts, postmodernism is not easy to define and is still debated among critics as to its beginnings (the 1960s) and ending (presumably we still live in it). In the second half of the 1960s, critics began to use the term to characterize the radically experimental post-World War fiction of Samuel Beckett, Jorge Luis Borges, John Barth and Thomas Pynchon. Postmodernism, then, can be used at least in two ways – firstly, to give a label to the period after 1968 (which would then encompass all forms of fiction, both innovative and traditional), and secondly, to describe the highly experimental literature produced by the British and American novelists listed above.54
Postmodernist fiction emerged under the influence of Modernist ideas (propagated by Joyce and Beckett), Continental existentialism, structuralism and poststructuralism, especially in the wake of critical works by theoreticians like Roland Barthes, Julia Kristeva, Jacques Lacan, Jean-François Lyotard, Jean Baudrillard and Jacques Derrida.55 The hallmarks of postmodernist fiction are the following: – an attack on “elitist” art and literature (of high Modernism) by levelling the allegedly high and low in culture; – the deliberate ignoring between highbrow and lowbrow in art and literature (as a consequence of the Beat Movement, pop and rock music); – the destruction of traditional forms of narration; narration itself becomes a focus of attention and an object of analysis in what is often termed metafiction; – a consciously high use of intertextuality and intermediality […] that demonstrates how texts and images circulate in art and fiction. The favourite forms in this context are parody, pastiche, collage, and quotation. Postmodernist fiction abandons the idea of originality – it prefers the ironical quotation; – the tragi-comic exemplification of the belief that human beings and art cannot escape the snares of the (post)capitalist – and, today, globalized capitalist – contexts.56 Most of these characteristic aspects can also be found in LOST. With aspects borrowed from the postmodern Bildungsroman and delivered in the form of a postmodernist metanarrative, the series virtually invites comparisons with experimenta-
54 Hans-Peter Wagner: A History of British, Irish and American Literature. Second edition, p. 217. 55 For specific influential works in theory, see Wagner: A History of British, Irish and American Literature. Second edition, p. 217 Fn. 52. 56 Ibid., p. 218.
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list fiction.57 Comparing the series to experimental literature and influential TV shows preceding the series, Randy Laist has argued that the narrative style of LOST has more in common with Pynchon and de Lillo than with Law and Order or Two and a Half Men. LOST is not a television show that aspires to read like a novel, but one that tries to read like a self-consciously literary novel.58
Indeed, there are striking parallels between the way Thomas Pynchon, for instance, handles the appearance and disappearance of numerous characters in his early and more recent novels – the roughly 400 odd figures of Gravity’s Rainbow (1973) come to mind as well as the sizable cast of characters (more than 100), including anarchists, balloonists, gamblers, corporate tycoons, drug enthusiasts, innocents and decadents, mathematicians, mad scientists, shamans, psychics, spies, detectives and hired guns, peopling Against the Day (2006).59 If readers sometimes give up on Pynchon, it is because he produces what has been called “a literature of replenishment”,60 novels whose sheer abundance of heroes and heroines as well as complicated plot lines can be trying61 – as can be the ever increasing group of castaways in LOST. I will just mention two of these whose disappearance in the series had rather banal reasons. Played by the British-Nigerian actor Adewale Akinnuoye-Akbaje, Eko,62 also known as Mr. Eko (referred to as Father Tunde, although this may be an alias), first turns up in the episode Adrift (S2E2) of LOST, and then develops into a fascinating figure. Plagued with nightmares, he is one of the tail-section survivors of Oceanic Flight 815; flashbacks gradually const-
57 See Michelle Lang: LOST: Poststructural Metanarrative or Postmodern Bildungsroman?. Lost Online Studies 2.1 (2008). http://loststudies.com/2.1/poststructural_metanarrative.html. 58 Randy Laist (ed.): Looking for Lost, p. 2 59 For a detailed study of Gravity’s Rainbow, see Steven C. Weisenburger: A Gravity’s Rainbow Companion. Second edition. Athens: The U of George P 2006. Against the Day has been analysed by Bernard Duyfhuizen in Inger H. Dalsgaard et al. (eds.): The Cambridge Companion to Thomas Pynchon. Cambridge: Cambridge UP 2012, p.71–82. 60 With this term, novelist John Barth tried to characterize his writing and that of fellow experimentalist authors while justifying his leaning on Nabokov and Jorge Luis Borges. See his The Literature of Replenishment in his non-fiction collection The Friday Book: Essays and Other Non-Fiction. London: The John Hopkins UP 1984, p.192–206. 61 On the experimental aspects characterizing Pynchon’s fiction, see Brian McHale, Pynchon’s Postmodernism. In: Inger H. Dalsgaard et al. (eds.): The Cambridge Companion to Thomas Pynchon. Cambridge: Cambridge UP 2012, p. 97–111. 62 Very detailed information about this character can be found in Lostpedia, on which I have drawn here. On the handling in LOST of Western stereotypes of Africans, see Celeste-Marie Bernier: “A Fabricated Africanist Persona”: Race, Representation and Narrative Experimentation in LOST. In: Roberta Pearson (ed.): Reading LOST: Perspectives on a Hit Television Series. London: Taurus 2009, p. 241–259.
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ruct his previous life as notorious warlord and drug smuggler in Nigeria. Eko turns into a good person on the island, playing an important part among the group of leaders (Jack, Sawyer, Kate, Locke, Sayid) until he is suddenly killed in episode S3E6 (I Do). The showrunners admitted that they were planning with him until the finale but had to “write him out” as it were because of disputes over pay. A similar case is that of the policewoman Ana Lucia Cortez (played by Michelle Rodriguez). She first turns up as the leader of the tail-section survivors in the finale of season 1 and stays on for one season until she too is killed off by the script in season 2. Since Rodriguez had been indicted for drug abuse shortly before her “death” in the series, there was speculation about the showrunners reacting to this event, but the actress maintained she had signed on for just one season. The playful and ironic handling of myth in postmodernist literature can also be compared to the mythopoetics of LOST. Arguing that the series plays explicitly with a variety of myths without aiming at a unification, Gerold Sedlmayr has pointed out the welter of sources in this context: Ägyptische, griechische, christliche und andere mythische Traditionen fließen scheinbar willkürlich in die Erzählung ein. Mythische Paradigmen wie der Fruchtbarkeitsmythos, der Erlösermythos oder der Kampfmythos werden zwar nicht gänzlich arbiträr, aber doch recht “freigiebig” in die Handlung eingeflochten. Was angestrebt wird, ist zwar die Einheit des Mythos im aristotelischen Sinne – als eine Geschichte mit Anfang, Mitte und Ende – nicht aber im Sinne eines geschlossenen mythischen “Systems”, das gar transzendentale Gültigkeit beanspruchen möchte.63
The handling of myth in LOST is of course also part of the postmodernist attack on highbrow literature and culture; this is done by juxtaposing élite subjects with popular or new forms of presentation, the result being parody or travesty. For despite the numerous highbrow themes adopted in the series, it is “clearly lodged within the realm of popular culture, with pulpy genre moments drawn more from science-fiction and adventure tales than art cinema.”64 LOST is, after all, entertainment, a television series for a large public. LOST plays with most of the well-known myths concerning utopias and dystopias, many of them situated on islands – from Thomas More’s Utopia65 down to
63 Gerold Sedlmayr: What They Died For: Die Mythopoetik von LOST. In: Schmöller/Kühn (eds.): Durch das Labyrinth von LOST, p. 216. 64 Jason Mittell: LOST in a Great Story: Evaluation in Narrative Television (and Television Studies). In: Roberta Pearson (ed.): Reading LOST, p. 133. 65 Utopia was published in Latin in 1516, then in English in 1551. For examples of the literary and mythological tradition of utopias before More, see the appendix in Thomas More: Utopia. Ed. George M. Logan. Third edition. London: Norton 2011.p. 101–125.
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William Golding’s Lord of the Flies. In fact, in its island setting LOST parades several (past, present and future) concepts of utopian societies, most of them failed enterprises: the Dharma Initiative, Rousseau’s group of explorers, the two groups of the survivors of Oceanic Flight 815, and the Others. Utopian and dystopian social forms of living are also discussed by the characters in the diegesis of the series. The intricate and initially confusing plots and counterplots, including conspiracies, one often finds in the works of Thomas Pynchon66 are mirrored to some extent in the complex plot of LOST, with the time-travel element borrowed from Kurt Vonnegut’s experimental science fiction, especially Slaughterhouse-Five (1969 ).67 And so is the fashionable postmodernist questioning of traditional plot patterns as demonstrated, for instance, in John Fowles’s The French Lieutenant’s Woman (1969), which offers alternative endings as we find them in LOST.68 Like postmodernist fiction, LOST is excessively ludic, highly intertextual and intermedial. As in the fiction of Pynchon or Stephen King (whose horror novels had a direct influence on the plot of LOST), the ludic element affects plotting and characterizing to such an extent as to foreground their very constructed nature, thus developing a dimension of self-reflexivity. Much as British and American experimental fiction responded to the poststructuralist critical theories emerging in the 1960s and 1970s – from Barthes’s and Kristeva’s writings on intertextuality and Lacan’s radically new take on psychoanalysis to Foucault’s exploration of language, power and ideology and Derrida’s deconstruction – LOST clearly reacted to both poststructuralism in theory as well as its manifestations in literature, architecture and art. LOST thus deals extensively if ironically with Foucault’s discussion of Jeremy Bentham’s concept of the panopticon, i.e. initially external social control through surveillance which eventually even functions on an internalized level without the controlling ins-
66 Consider, for instance, the secret codes and the representation of paranoia in his early The Crying of Lot 49 (1966), the complicated allegories and the espionage background of V. (1963), the conspiracy thriller Vineland (1990), also set in a kind of utopian community, and the background of internet surveillance and undercover agents parodied in the black comedy of Inherent Vice (2009) and Bleeding Edge (2013). 67 Marion Kühn points out that in S4E8 Michael Dawson watches a show on TV while he is trying to kill himself. In this show, the name of the author of Slaughterhouse-Five is asked for. In a kind of mise-en-abyme, the intermedial allusion to Vonnegut’s science-fiction novel in LOST thus foregrounds the structuring of time and the time travels occurring in the series. See Kühn: White Rabbit, p. 158–159. 68 For a recent discussion of Fowles’s experimental novel, see Brooke Lenz: John Fowles: The French Lieutenant’s Woman. In: Christoph Reinfandt (ed.): Handbook of the English Novel of the Twentieth and Twenty-First Centuries. Berlin/Boston: De Gruyter, 2017, p. 303–322.
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tance of the warden.69 Significantly, in the last episode of season 4 Locke becomes Jeremy Bentham (the inventor of the panopticon), and hence (as his new name suggests) the personification of constant surveillance in modern society. The island in LOST is distinguished not only by its fascinating wilderness but especially by the omnipresence of cameras and other devices of surveillance, both above and below ground. During their imprisonment by Ben in season 2, for instance, Kate, Jack and Sawyer are constantly controlled by cameras. One of the most fascinating episodes that finally evokes and illustrates the panoptical structure of LOST is S6E5. At the end of the episode, we see a lighthouse where Jack is summoned by Jacob so that he may perceive what role the future guardian will be asked to play. At the top of the mysterious structure, whose presence was hidden from sight until then […] Jack sees a surveillance instrument which works similarly to Jeremy Bentham’s panoptical tower: the guardian gains insight through a set of mirrors placed against one another, just like the facing windows located in the cells of Bentham’s inmates. What Jack sees in the mirrors as he reorients the wheel that holds them together is his childhood home […] It is then that he realizes the extent of Jacob’s surveillance and, suddenly angered, smashes the mirrors.70
This incident demonstrates once again the extraordinary ambiguity and the rich aesthetic and philosophical background of the show. Like Dante’s Divine Comedy and postmodernist experimental fiction such as Umberto Eco’s The Name of the Rose (1983),71 it can be read at several levels. In a process of gradual abstraction, as the viewers move from a merely realistic understanding to the metaphorical and epistemological implications of the nature and function of the lighthouse, they may reach a more satisfying understanding. Indeed, as Lombardi has argued, the role of the lighthouse can also be understood on a macro-structural level as a commentary on the entire narrative process of the show: If we follow the metaphor of the moving flashes of light sent by the lighthouse, which through its mirrors reflects images of the lives of an individual character, we might come to identify each individual episode of the show as portraying the images reflected by a single
69 In his fine essay on the way poststructuralist theory (Foucault, Lacan and Derrida) affects LOST thematically and structurally, Giancarlo Lombardi discusses the representation of social control in the series (Bentham’s idea of the panopticon) as seen by Foucault. See LOST in Theory, especially p. 92–95 (Panopticon: Jacob is Watching You). In what follows, I have drawn on Lombardi’s article. 70 Ibid., p. 95. 71 The Italian original appeared in 1980. See also the 1986 movie, starring the late Sean Connery, based on this experimental novel.
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individual flash of the lighthouse. When Jack smashes the mirrors, there is no doubt that LOST’s narrative is soon to come to an end.72
LOST thus playfully integrates the Foucauldian notion of Bentham’s panopticon visually, thematically and structurally. The same can be said of Derrida’s deconstructionist concept of the pharmakon.73 It is most obvious in the opening episode of season 6 when, in the newly discovered underground temple, Sayid is immersed in healing water. This first seems to kill him; however, when he wakes up, he is a changed man. At first glance, this strikes one as a rather infantile narrative-visual treatment of Derrida’s notion of the pharmakon, an “oxymoronic juxtaposition of remedy and poison, paired with the double binding nature of all gifts”.74 Yet images evoking the (partly contradictory and related) meanings Derrida connects with the term pharmakon (remedy, poison, scapegoat and magician) appear in the opening episodes of the last season of LOST. Equally important is Derrida’s discussion of the term gift (present in English, and poison in German) in Given Time. As Lombardi has explained, Gifts often acquire poisonous overtones in LOST, as witnesses by the past history of many core characters of the show (Hurley, Jin, Charlie, Juliet) […] On a much larger scale, the very gift of life is poisonous on the island […] where all pregnant women mysteriously die before reaching the third trimester of pregnancy.75
There is similar deconstruction at work with the notion of gift when the show deals with the very core of the mythology of the island: the gift a mother makes to her two children (Jacob and his brother) is a wooden box containing a white and a black pebble. The children establish their own rules for a game they play with these stones:
72 Ibid., p. 95. 73 Lombardi discusses its treatment in LOST in the section The Pharmakon: The Poisonous Power of Medicines and Other Gifts in his LOST in Theory, p. 95–99. 74 Ibid., p. 96. Lombardi explains that in “Plato’s Pharmacy”, an essay on Plato’s Phaedrus, “Derrida discusses the splicing inherent to Plato’s use of the Greek term pharmakon which, defining writing in its binary relation to logos, evokes the two opposite meanings of the word: remedy and poison. In asking us to take both meanings into consideration, Derrida brings into play two other terms etymologically adjacent: pharmakos (scapegoat) and pharmakeus (magician).” See p. 97. Derrida’s discussion of the pharmakon can be found in Plato’s Pharmacy. Disseminations. Chicago: University of Chicago Press 1981, p. 61–171. 75 Ibid, p. 98.
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This should be read as a mise-en-abyme of the entire process of myth-production accomplished by the authors of LOST […] Although biblical and classical references are obvious, the foundational myths of LOST are unique and original.76
In sync with Derrida’s deconstruction, the mother’s gift has a second, deadly, side to it: “the very giver of the gift eventually suffers the consequences of the rivalry she has fueled: she is killed by the bearer of the dark pebble.”77 In connection with the story of the mythic founding twins on the island (Jacob and his brother, Man in Black), Lombardi has also shown convincingly how the authors of LOST tried to riff on Lacan’s rethinking of family relations. We must remember that the twins’ real mother is killed by their surrogate mother who, in turn, is killed by Jacob’s brother. Thus “the murder of the Symbolic Mother acts as a ‘myth of origin’ and, as such, it prepares the ground for the advent of a patriarchal society”,78 with Jacob becoming a Symbolic Father for the candidates he has in view as his successors. LOST is thus a show replete with references to poststructuralist theories that, together, help weave its marvelous if complicated tissue of intermediality, a tissue providing ample ironic and subversive ambiguity for the viewer to decode. In view of its abundance of literary and other allusions, both explicit and implicit, LOST has been compared to a “densely woven tapestry of interconnecting strands”79 and thus to the idea of literary texts as mosaics or tissues.80 It is also a labyrinth intentionally designed by the showrunners to make viewers wonder about its genre, plot developments, the true nature of its characters, and its themes and meanings. It is the viewer’s attempt to traverse the labyrinth and – while mapping a rhizomatic field of relations – to make sense of what happens in LOST which leads to ludic complexity, making it a unique and most fascinating show. Be it as maze, labyrinth or rhizome, LOST offers intricate narrative strands defying transparency and logic cohesion. The viewer can easily get lost in this innovative
76 Ibid. 77 Ibid. 78 Ibid., p. 100. See the entire section (“Enter Lacan: Of Phalluses, Fathers, and Names”) in Lombardi’s insightful article, p. 99–103. Lombardi maintains that “LOST portrays a universe that is heavily male-centred” but goes perhaps too far when claiming that the “phallic women […] Kate, Juliet, and Sun are never truly placed at the core of the narrative” (p. 100). 79 Randy Laist (ed.): Looking for LOST: Critical Essays on the Enigmatic Series. Jefferson, NC: McFarland 2011, p. 2. 80 These are concepts developed by poststructuralist French critics Julia Kristeva and Roland Barthes in their publications on intertextuality; Kristeva also refers to the idea of the text as labyrinth. See especially her Sèmeiotikè. Recherches pour une sémanalyse. Paris: Seuil 1969; and Barthes: S/Z. Paris: Seuil 1970.
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serial narrating process, but if s/he does so the result is enormous pleasure rather than frustration. This aspect, which LOST shares with the postmodernist novel and pioneering series such as David Lynch’s Twin Peaks, is precisely what makes the show both attractive and artistic.
Verzeichnis der Autor*innen Andrade, Antonio, Professor of Neo-Latin Languages and Literatures, Federal University of Rio de Janeiro (UFRJ)/Research Fellow of the National Council for Scientific and Technological Development (CNPq/Brazil) Asholt, Wolfgang, Honorarprofessor am Institut für Romanistik der HU Berlin Buschmann, Albrecht, Professor für spanische und französische Literatur- und Kulturwissenschaft, Universität Rostock Chaudet, Chloé, Maître de conférences für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Université Clermont Auvergne Coste, Claude, Professeur de littérature française et francophone, CY Cergy Paris Université Dubost, Jean-Pierre, emeritierter Professor für Allgemeine und Vergleichende Literatur, Université Clermont Auvergne Gwozdz, Patricia Aneta, Wissenschaftliche Mitarbeiterin für französisch- und spanischsprachige Literaturen am Institut für Romanistik, Universität Potsdam Ingenschay, Dieter, Professor (im Ruhestand) für Romanische Literaturwissenschaft (Spanischsprachige Literaturen) an der Humboldt-Universität Berlin Jurt, Joseph, em. Professor für Französische Literaturwissenschaft, Universität Freiburg i. Br. Kraft, Tobias, Arbeitsstellenleiter des Akademienvorhabens „Alexander von Humboldt auf Reisen – Wissenschaft aus der Bewegung“, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften Kraume, Anne, Professorin für Romanische Literaturen mit Schwerpunkt iberoamerikanische Literatur, Universität Konstanz Kutzinski, Vera M., The Martha Rovers Ingram Professor of English and Comparative Literature, Vanderbilt University, USA Lenz, Markus Alexander, Wissenschaftlicher Mitarbeiter für französisch- und spanischsprachige Literaturen am Institut für Romanistik, Universität Potsdam Messling, Markus, Professor für Romanische Kulturwissenschaft und Interkulturelle Kommunikation, Universität des Saarlandes Moberg, Bergur Rønne, Associate Professor in Faroese Literature and Culture, University of Copenhagen
https://doi.org/10.1515/9783110730340-023
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Verzeichnis der Autor*innen
Montes Capó, Cristian Ángel Alfonso, Prof. Asociado(O), Literatura, Facultad de Filosofía y Humanidades, Universidad de Chile Moura, Jean Marc, Professor für Komparatistik und Frankophone Literaturen, Universität Paris Ouest-Nanterre Müller, Gesine, Professorin für Romanische Philologie, Universität zu Köln Neumann, Gerson R., Professor für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft, Universidade Federal do Rio Grande do Sul – UFRGS Ren Haiyan, Associate Professor am English Department der Hunan Normal University in Changsha/China Sánchez, Yvette, Professorin für Spanische Sprache und Literatur, Universität St. Gallen Schaumann, Caroline, Professor für German Studies, Emory University Ugalde Quintana, Sergio, Profesor-Investigador, Centro de Estudios Lingüísticos y Literarios de El Colegio de México Wagner, Hans-Peter, Professor emeritus für Englische und Amerikanische Literaturwissenschaft, Universität Koblenz-Landau (Campus Landau)
Personenregister Abraham, Julie 124 Abrams, Jeffrey Jacob „J. J.“ 290, 299 Adams, Richard 295 Advis, Luis 89 Aguilar, Jerónimo de 103, 104 Akinnuoye-Agbaje, Adwale 287, 301 Alloa, Emmanuel 59 Andrews, Naveen 286 Antheil, George 292 Appadurai, Arjun 149 Archipenko, Alexander 222 Arendt, Hannah 112 Aristoteles 26 Arp, Hans 223 Assis, Machado de 259 Aub, Max 112, 115 Auerbach, Erich 6, 49–51, 78, 79, 86, 112, 113 Augustinus 55 Aurogallus, Matthäus 107 Babarovic, Natalia 74 Bachtin, Michail 80, 217 Bätschmann, Oskar 188 Baker, Josephine 222 Balzac, Honoré de 77–79, 86 Baran, Paul 147, 148 Barnett, Louise 296 Barth, John 300 Barthes, Roland 4–6, 8, 30, 35–48, 111, 116, 118, 119, 189, 193–204, 227, 300, 303 Bataille, Georges 82 Baudelaire, Charles 8, 177, 181–184 Baudrillard, Jean 300 Beckett, Samuel 300 Beethoven, Ludwig van 292 Belinsky, Jorge 93 Belly, Felix 184 Benedikt von Nursia 189 Benjamin, Walter 108, 145 Bentham, Jeremy 303–305 Berque, Augustin 208, 209 Berque, Jacques 208 Bhaduri, Bhuvaneswari 48
https://doi.org/10.1515/9783110730340-024
Blanchot, Maurice 211 Boccioni, Umberto 18 Böhme, Hartmut 149 Bonpland, Aimé 261 Borges, Jorge Luis 10, 115, 293, 299, 300 Borgonio, Giovanni Tommaso 273 Bouguer, Pierre 271, 275 Boulez, Pierre 292 Bourrit, Marc-Théodore 275, 276, 279 Bracquemond, Felix 220 Braque, Georges 222 Breton, André 23, 222, 224, 225 Bruckner, Anton 292 Buffet, Bernard 226 Caillois, Roger 33 Calvo, Javier 123 Campaña, Claudia 69, 70 Campbell, Jane 291, 297, 298 Campos, Augusto de 262 Campos, Heraldo de 10, 259, 261, 262, 264– 266, 268 Camus, Albert 196, 204 Candido, Antonio 260 Carroll, Lewis 295 Casas, Francisco 126 Cassiodor 179 Cendrars, Blaise 16, 17, 21 Chamoiseau, Patrick 149 Chateaubriand, François-René de 193 Cicero 107, 109 Clavijero, Francisco Javier 168 Cocteau, Jean 23 Coleridge, Samuel Taylor 234 Condé, Maryse 115 Condorcet, Marie Jean Antoine Nicolas de 183 Constant, Benjamin 77 Cooper, James Fenimore 250 Cormenin, Louis de 184, 185 Cortázar, Julio 111 Cortés, Hernán 103–106 Cortés, Martín 104 Costa Lima, Luis 262, 263
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Personenregister
Costenoble, Hermann 252, 253 Couve, Adolfo 5, 67–89, 91, 93–97 Cranach, Lucas 265 Cruz, Francisco 68 Curtius, Ernst Robert 15, 112 Cuse, Carlton 295 Cusick, Henry Ian 286 Daccord, Yves 152 Dante Alighieri 72, 184, 262, 304 David, Jacques-Louis 80 Debord, Guy 229 Debré, Olivier 215 Debret, Jean-Baptiste 261 Defoe, Daniel 9, 229, 231, 234, 250 Delaunay, Sonia 16 Deleuze, Gilles 48, 149, 230, 233, 290 Del Pino, Ángeles Mateo 125 Delteil, Joseph 16, 17 Deluc, Jean André 273, 274 Denis, Ferdinand 261 De Pauw, Cornelius 167, 168 De Ravin, Emilie 286 Derrida, Jacques 38, 48, 300, 303, 305, 306 Díaz del Castillo, Bernal 103, 104 Dick, Philip K. 291, 295 Dickens, Charles 294, 295 Diegues, Douglas 10, 259, 266–268 Dix, Otto 23 Domínguez Michael, Christopher 174 D’Orbigny, Alcide 261 Dostojewski, Fjodor Michailowitsch 295 Dubois, Georges 95 Dubuffet, Jean 226 Du Camp, Maxime 8, 185–187 Duchamp, Marcel 265 Dürer, Albrecht 72 Durán, Diego 161 Durtain, Luc 188 Eco, Umberto 304 Eggeling, Viking 18 Eglash, Ron 149 Einfalt, Michael 186 Einstein, Carl 15, 24 Éluard, Paul 224
Emerson, Michael 287 Engelhardt, Georg Vitus 52 Ensor, James 15, 23 Epstein, Jean 22 Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha 252 Escobar, Pablo 153 Ette, Ottmar 1, 3, 4, 6, 25, 26, 30, 35, 111– 119, 147, 149, 219, 260, 280 Everett III, Hugh 291 Fajardo, Sergio 154, 155 Feininger, Lyonel 19, 20, 23 Fichte, Johann Gottlieb 210 Fiori, Gabrielle 140 Flaubert, Gustave 77–79, 86, 178, 181 Ford, Henry 189 Forster, Georg 271 Foucault, Michel 34, 44, 45, 48, 211, 264, 303, 305 Fowles, John 303 Fox, Matthew 283 Franz, Carlos 123, 124 Frazer, James 224 Freshfield, Douglas 272 Freud, Sigmund 227 Friedrich, Hugo 6, 112, 113 Froissart, Jean 181 Fuentes, Carlos 130–132 Fuentes Lemus, Carlos 130 Fuguet, Alberto 130, 132 Furlan, Mira 287 Gachev, Georgiĭ Dmitrievich 241, 242, 248 Galende, Federico 78 Gance, Abel 22 Gandolfo, Pedro 91, 96 Garcia, Jorge 286 García Márquez, Gabriel 299 Gates, Bill 267 Gauguin, Paul 220 Gautier, Théophile 25, 26, 187 Gaviria Correa, Aníbal 154 Geertz, Clifford 149 Geissler, Christian Gottlieb 273, 278 Gély, Claude 28 Georgel, Pierre 27 Gerstäcker, Friedrich 10, 249–253
Personenregister
Gessner, Conrad 270 Giacchino, Michael 292 Gide, André 196, 204 Glissant, Édouard 149, 202 Gloeden, Wilhelm von 197 Goethe, Johann Wolfgang 99, 272 Golding, William 303 Goncourt, Edmond de 220 Goya, Francisco de 226 Graham, Maria 261 Greenblatt, Stephen 149, 150 Grégoire, Henri 164 Grosz, George 18 Guattari, Félix 149 Gutiérrez Zuluaga, Federico 154 Habermas, Jürgen 42, 47 Häring, Hugo 23 Handke, Peter 189 Hansen, Peter 280 Harper, Ben 291 Hawking, Stephen 291, 294 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 73, 210, 211 Heidegger, Martin 208–210, 215 Heine, Heinrich 187 Heinesen, William 9, 239–248 Heller, Joseph 294 Hieronymus 6, 107–109 Hölderlin, Friedrich 210 Hokusai 220 Holloway, Josh 286 Horemhab 102, 106 Hugo, Victor 5, 25–34, 187 Humboldt, Alexander von 3, 6, 25, 26, 112, 115, 117, 118, 164, 219, 261, 262, 269, 271, 272, 279 Humboldt, Wilhelm von 108 Hume, David 294 Huyghe, René 226 Ingres, Jean-Auguste-Dominique 80 Jacobsen, Jørgen-Frantz 240 Jacobstroer, Bernhard 253 Jahn-Sudmann, Andreas 285 Jaspers, Karl 73 Jauss, Hans Robert 112, 113
Jenkins, Anna Eliza 261 Jensen, Erik Vagn 242 Jesus von Nazareth 50, 51, 178, 179 Jofré, Manuel 81 Joyce, James 294, 300 Kandinsky, Wassily 19 Karl V. von Frankreich 181 Kasack, Hermann 15, 21–23 Kauffmann, Achille 185 Kelleter, Frank 285 Kiepenheuer, Gustav 15 King, Stephen 289, 291, 294, 295, 303 Kisling, Moise 20, 21 Klee, Paul 19 Klemperer, Victor 112 Köhler, Erich 6, 112, 113 Kolumbus, Christoph 1, 168 Koselleck, Reinhart 175 Krauss, Werner 6, 112, 113, 119 Kristeva, Julia 300, 303 Kühn, Marion 288, 298 Lacan, Jacques 300, 303, 306 La Cosa, Juan de 1 La Grúa Talamanca y Branciforte, Miguel de 160 Laist, Randy 293, 301 Lalo, Eduardo 7, 135–139, 141, 142 Langsdorff, Georg Heinrich von 261 Latour, Bruno 149 La Tour, Georges de 72 Le Corbusier 19, 20–22 Legendre, Pierre 52 Léger, Fernand 15, 21–24 Lemebel, Pedro 7, 124–126, 131, 132 Leonardo da Vinci 53, 54, 72, 73 LeWitt, Sol 135 L’Herbier, Marcel 22 Lindelof, Damon 284, 290, 295, 299 Lissitzky, El 17–19, 24 Lilly, Evangeline 286 Locke, John 294 Lombardi, Giancarlo 304–306 Lovecraft, Howard Phillips 291 Loyola, Miguel de 123 Luther, Martin 6, 107–109
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Personenregister
Lynch, David 307 Lyotard, Jean-François 300 Machuca, Guillermo 78 Maier, Franz Georg 179 Maldiney, Henri 210, 211, 213, 215, 216 Malewitsch, Kasimir 18 Malherbe, François de 209, 212 Malinche 6, 103–106 Mallet, Jacques-André 273 Malraux, André 226, 227 Mandelbrot, Benoît 149 Manet, Edouard 188 Mann, Thomas 44 Marcion 50, 51 Maré, Rolf de 22 Marinetti, Filippo Tommaso 177, 188 Martí, José 3, 6, 114 Martín, Antón 169, 170 Martius, Carl Friedrich Philipp von 261 Masaccio 72 Masson, André 33, 224 Mazon, Paul 194, 195 Meidner, Ludwig 20 Melanchton, Philipp 107 Mellado, Justo Pastor 70 Melville, Herman 10, 291, 295–298 Mérimée, Prosper 77 Michaux, Henri 5, 49, 56–61 Michelet, Jules 44, 77, 200, 202 Mier, Servando Teresa de 8, 159–168, 170–175 Millán, Gonzalo 72 Milton, John 72 Mirbeau, Octave 188 Mitchell, Elizabeth 286 Mittell, Jason 283, 284 Moctezuma II. 104, 105 Monaghan, Dominic 286 Monet, Claude 220 Morales, Leonidas 68, 79 Morand, Paul 222 Morus, Thomas 302 Mozart, Wolfgang Amadeus 292 Mueller, Otto 18, 19 Murakami, Haruki 299 Mussolini, Benito 180
Nadolny, Sten 189 Naef, Patrick 155–157 Napoleon I. 162 Nimuendajú, Curt 268 Nuñez de Haro, Alonso 160, 162 Ojeda, Alonso de 1 Ojeda, Luis 123 O’Quinn, Terry 286 Ortega y Gasset, José 82, 84, 85 Oses, Darío 123 Oswald, Thomas 251 Oud, J.J.P. 19, 24 Ozenfant, Amédée 19, 20, 22 Peiper, Tadeusz 21 Percy, Walter 295 Pérez Gutiérrez, Luis 154 Pérez Villalón, Fernando 69 Perrault, Charles 183 Peter II. von Brasilien 252, 263 Picasso, Pablo 18, 20, 220, 222, 226 Pictet, Marc-Auguste 270, 273, 277 Pinochet, Augusto 126, 129 Plato 197, 245 Poblete, Juan 125 Ponge, Francis 9, 207, 209–215 Poussin, Nicolas 205 Promis, José 80, 81 Proust, Marcel 203 Pynchon, Thomas 300, 301, 303 Quintero Calle, Daniel 155 Racine, Jean 193 Rand, Ayn 295 Ratzel, Friedrich 173 Rauschenberg, Robert 135, 143, 144 Rebeyrol, Philippe 195 Remaury, Bruno 189 Rembrandt van Rijn 72, 73 Renan, Ernest 77 Renault, Louis 189 Renner, Guillermo 95 Reverdy, Pierre 23 Reyes, Alfonso 115, 162 Richelieu, Armand-Jean du Plessis de 159
Personenregister
Richter, Hans 18 Riley, Terry 292 Rodó, José Enrique 115 Rodriguez, Michelle 302 Ronsard, Pierre de 203 Rosa, Hartmut 183, 189 Rugendas, Moritz 261 Rushdie, Salman 299 Sade, Donatien Alphonse François de 211 Saint-Exupéry, Antoine de 35 Saint-Hilaire, Étienne Geoffroy 261 Salazar Jaramillo, Alonso 154 Saramago, José 100 Saussure, Ferdinand de 200 Saussure, Horace-Bénédict de 10, 269– 280 Scheuchzer, Johann Jakob 270 Schleiermacher, Friedrich 108 Schlögel, Karl 173 Schmöller, Verena 288 Schwarz, Roberto 259, 268 Sealsfield, Charles 250 Sedlmayr, Gerold 302 Severini, Gino 18 Shakespeare, William 295 Shoennenbeck, Sebastián 94 Siebert, Kurt G. E. 15 Sigüenza y Góngora, Carlos de 161 Silberschlag, Johann Esaias 280, 281 Simler, Josias 270 Simonetti, Pablo 127, 128, 130–132 Skármeta, Antonio 81 Souriau, Etienne 73 Sousa Andrade, Joaquim de 10, 259–264, 268 Spitzer, Leo 112 Spivak, Gayatri Chakravorty 48 Spix, Johann Baptist von 261 Starobinski, Jean 178 Steinbeck, John 295 Stendhal 77–79, 86 Süssekind, Flora 261 Tatlin, Wladimir 18 Taylor, Frederick 189
Tertullian 5, 49–53, 63 Tizian 72 Todorov, Tzvetan 43 Togores, Josep de 23 Tom of Finland 131 Toro, Felipe 95 Tournier, Michel 229, 231, 233–237 Trembley, Jean 270 Turner, William 72, 187 Tzara, Tristan 223 Uexküll, Jakob Johann von 209 Utamaro 220 Utrillo, Maurice 24 Valdés, Adriana 67, 68, 79 Valente, Ignacio 67 Valéry, Paul 5, 49, 53, 54, 56, 63 Valon, Alexis de 185 Vargas Llosa, Mario 234 Vaughan, Brian K. 290 Veil, Jacques 40 Vergil 184 Vianna Baptista, Josely 10, 259, 267, 268 Vicuña, Manuel 94 Vonnegut, Kurt 291, 303 Vossler, Karl 112 Walckenaer, Charles-Athanase de 1 Walger, Sonya 286 Watsuji, Tetsurô 209 Weber, Max 179, 248 Weil, Simone 135, 140–142 Wells, H. G. 295 Westheim, Paul 15 White, Hayden 219 Wied-Neuwied, Maximilian zu 261 Wilkes, Charles 261 Winter, Lorenz 252 Wyttenbach, Jacob Samuel 271, 280 Xunzi 236 Zapata, Luis 132 Zemeckis, Robert 289 Zhuangzi 236 Zürn, Unica 5, 49, 62–64
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