Best of Birkenbihl. Alles was man über das Denken und Lernen wissen muss 9783747401095, 9783961214570, 9783961214587

Die Birkenbihl-Methoden unterstützen seit Jahrzehnten Kinder und Erwachsene in ihrem Denken und Lernen und helfen das Wi

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German Pages [320] Year 2020

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Table of contents :
Titel
Impressum
Inhalt
Vorwort
Kommunikation für Könner
Grundregeln der Kommunikation
Die menschlichen Bedürfnisse
Motivation
Abwehrmanöver
Feedback
Die ZWEI-nigung
Sprache als Instrument des Denkens
Rhetorik – Was ist das eigentlich?
Die häufigsten Fragen
Basisübungen
Fragetechnik schnell trainiert
Trainings-Aufgabe Typ 1: Geschlossene Fragen stellen
Vor- und Nachteile geschlossener bzw. offener Fragen
Trainings-Aufgabe Typ 2: Offene Fragen stellen
Offene oder geschlossene Fragen?
Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg
Etwas Theorie vorab
Das Wissens-Netz
15 mm contra 11 km – das innere Archiv
Denk-Tools vergrößern unser Repertoire
ANALOGRAFFITI
KaGa (Kreative Analografie, Grafische Assoziationen)
KaWa (Kreative Analografie, Wort-Assoziationen)
LISTEN-Denken
Assoziatives Denken
Listen erstellen
Das Wissens-ABC
COUVERT-TECHNIK
KREATIVITÄT (assoziativ & bisoziativ)
Wie denken wir assoziativ?
Wie können wir denken, was wir nicht denken?
Wie erhöhen wir unsere Kreativität?
LULL’sche Leitern
ABC-Kreativ
Intelligente Kopf-Spiele
ASSOZIATIV-Spiele
KRYPTOGRAMME: Ver-FREMD-en von Vertrautem
LÜCKENTEXT-Spiele
Wissens-Spiele (insbesondere Wissens-Quiz-Spiele)
ZITATE-VERGLEICHS-Spiel
Gehirn-gerechtes Lernen
Die Doppel-Checkliste
Neuro-Mechanismen
Nicht-Lern-Lern-Strategien (NLLS)
Fremdsprachen lernen mit der Birkenbihl-Methode
Das „alte“ Sprachenlernen
Haupt-Unterschiede: BIRKNEBIHL vs. Traditionelles Vorgehen
Die Birkenbihl-Methode: 4 Lernschritte
Literaturliste
Stichwortverzeichnis
Über die Autorin
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 9783747401095, 9783961214570, 9783961214587

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VE ER RA A F. F. B B II R V RK KE EN NB B II H HLL

BEST OF

BIRKENBIHL Alles, was man über das Denken Alles, was man über das Denken und Lernen wissen muss und Lernen wissen muss

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar. Für Fragen und Anregungen [email protected] Originalausgabe 3. Auflage 2020 © 2020 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH Nymphenburger Straße 86 D-80636 München Tel.: 089 651285-0 Fax: 089 652096 Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Redaktion: Andreas Ehrlich Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch Umschlagabbildung: Shutterstock/Drawlab 19, Shutterstock/Pand P Studio, Shutterstock/topform, Shutterstock/Visual Generation Satz und Layout: Helmut Schaffer, Hofheim a. Ts. Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany ISBN Print 978-3-7474-0109-5 ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-457-0 ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-458-7 Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Kommunikation für Könner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Grundregeln der Kommunikation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Die menschlichen Bedürfnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Motivation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Abwehrmanöver. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Feedback . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Die ZWEI-nigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Sprache als Instrument des Denkens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Rhetorik – Was ist das eigentlich?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Die häufigsten Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Basisübungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

Fragetechnik schnell trainiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Trainings-Aufgabe Typ 1: Geschlossene Fragen stellen. . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Vor- und Nachteile geschlossener bzw. offener Fragen. . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Trainings-Aufgabe Typ 2: Offene Fragen stellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Offene oder geschlossene Fragen?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 Etwas Theorie vorab. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Das Wissens-Netz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

15 mm contra 11 km – das innere Archiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Denk-Tools vergrößern unser Repertoire. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

ANALOGRAFFITI. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 KaGa (Kreative Analografie, Grafische Assoziationen). . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 KaWa (Kreative Analografie, Wort-Assoziationen). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

LISTEN-Denken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Assoziatives Denken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Listen erstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Das Wissens-ABC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 COUVERT-TECHNIK. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

KREATIVITÄT (assoziativ & bisoziativ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Wie denken wir assoziativ?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Wie können wir denken, was wir nicht denken? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Wie erhöhen wir unsere Kreativität?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 LULL’sche Leitern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 ABC-Kreativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Intelligente Kopf-Spiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 ASSOZIATIV-Spiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 KRYPTOGRAMME: Ver-FREMD-en von Vertrautem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 LÜCKENTEXT-Spiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Wissens-Spiele (insbesondere Wissens-Quiz-Spiele). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 ZITATE-VERGLEICHS-Spiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

Gehirn-gerechtes Lernen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Die Doppel-Checkliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 Neuro-Mechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 Nicht-Lern-Lern-Strategien (NLLS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270

Fremdsprachen lernen mit der Birkenbihl-Methode. . . . . . . . . . 283 Das „alte“ Sprachenlernen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Haupt-Unterschiede: BIRKNEBIHL vs. Traditionelles Vorgehen . . . . . . . . . . 290 Die Birkenbihl-Methode: 4 Lernschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

Literaturliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Über die Autorin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

Vorwort 9

Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, die im Jahr 2011 verstorbene Quer- und Vordenkerin Vera F. Birkenbihl beschäftigte sich Zeit ihres Lebens mit einer Vielzahl von Themen, die sie nicht nur auf ihre unnachahmliche Weise ihrem begeisterten Seminar- und Vortragspublikum näher­ gebracht, sondern auch in Wort, Bild und/oder Ton festgehalten hat. So umfasst ihr Werk, das sie hinterlässt, über 100 Titel – viele davon noch heute Bestseller. Diese beeindruckende Zahl ist auch der Grund für dieses Buch. Best of Birkenbihl enthält die wichtigsten Denkansätze, -methoden und -werkzeuge der Autorin aus deren Kernbereichen DENKEN, LEHREN und LERNEN, die Sie vom Gehirn-Besitzer zum Gehirn-Benutzer werden lassen (sofern Sie sich darauf einlassen und sie selbst ausprobieren). Es bietet Ihnen damit sowohl als „eingefleischtem“ als auch neuem Birkenbihl-Leser einen hilfreichen Überblick sowie – insbesondere wenn Sie zu Letzteren zählen – einen schnellen Einstieg in das jeweilige Thema. Bei der Fülle des für dieses Buch zur Verfügung stehenden Materials musste trotz eines Umfangs von über 300 Seiten eine Auswahl getroffen werden, sowohl was die thematische Breite als auch Tiefe angeht. Obwohl dabei mit größtmöglicher Sorgfalt und Umsicht vorgegangen wurde, wird der eine oder andere vielleicht doch etwas vermissen.

10 Vorwort

Da dies aus den vorgenannten Gründen nahezu unvermeidlich ist, enthält dieses Buch statt eines „normalen“ Literaturverzeichnisses eine Aufstellung der lieferbaren Buchtitel von Vera. F. Birkenbihl. Diese hilft Ihnen, das hier Gelesene nach Wunsch zu vertiefen und gegebenenfalls weitere Themen zu erschließen. Entsprechend wünschen wir Ihnen – ganz im Sinne von Vera F. Birkenbihl – viel Ent-DECKER-freude, spannende Einsichten und viele neue Ideen.

Grundregeln der Kommunikation  11

Kommunikation für Könner Kommunikation ist wesentlich für jeden, der mit Menschen zu tun hat; ob geschäftlich oder privat. Und egal, ob es Ihnen darum geht, Ihre Mitmenschen besser zu verstehen und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen erfolgreicher zu gestalten, selbst­ bewusst eine Präsentation beziehungsweise Rede zu halten oder in einer Diskussion, einem Vorstellungsgespräch oder einer Verhandlung Ihre Gesprächspartner für sich und Ihre Ideen einzunehmen – die folgenden Regeln, Tipps und Übungen helfen Ihnen dabei. Denn die gute Nachricht ist: erfolgreich zu kommunizieren ist erlernbar!

Jeder kann erfolgreich kommuni­ zieren!

Grundregeln der Kommunikation Sie haben sicher schon oft erlebt, dass man einem Gesprächs­ partner etwas sagt oder ihm eine Frage stellt, und der andere reagiert völlig unerwartet, was einen dann verärgert. Folgende Situation passiert sinngemäß Tausende von Malen täglich: Ein Ehepaar möchte ins Kino gehen; sie sind schon ein wenig spät dran. Er zieht sich gerade das Jackett an, während sie ihre Frisur noch einmal überprüft. Nun fragt er: „Liebling, weißt du eigent­ lich, wie spät es ist?“ Sie blickt flüchtig auf ihre Armbanduhr und antwortet … Was aber sagt sie zu ihm? Können Sie das voraussagen? Nein. Weil Sie weder die Frau noch die näheren Umstände kennen. Der Ehemann aber kennt seine Frau. Trotzdem kann es sein, dass ihre Antwort ihn zu einer verärgerten Entgegnung reizt. Dann nämlich, wenn sie eine der folgenden Antworten gibt: „Herrje, schon fünf vor sechs. Beeile dich doch!“

Kommt Ihnen das bekannt vor?

12  Kommunikation für Könner

„Was, so spät schon? Und du trödelst immer noch so rum!“ „Ja, ja; ich weiß schon. Immer bin ich schuld, wenn wir zu spät kommen!“ „Reg dich ab, wir schaffen es schon noch. Auf die Werbung bin ich eh nicht scharf.“

Warum reagiert unser Ge­ sprächs­ partner so?

„Warum beschuldigst du mich immer gleich? Du bist ja auch noch nicht fertig!“ „Drängle doch nicht so! Das letzte Mal habe ich ewig auf dich warten müssen, weil du die Autoschlüssel nicht gefunden hast!“ „Was soll denn die Frage schon wieder? Einmal möchte ich es erleben, dass du klar ausdrückst, was du eigentlich sagen willst! Ich beeile mich ja schon …!“ Wir können uns gut vorstellen, dass er seinerseits nun mit einem „Ich habe dich doch gar nicht beschuldigt!“ oder ähnlich reagiert. Weiterhin können wir schon ahnen, worüber die beiden auf dem Weg zum Kino reden werden.

Komisch?

Die Fragen, die es zu beantworten gilt, lauten: Warum reagiert der Mensch manchmal so „komisch“? Warum reagieren manche Menschen sehr häufig eigenartig, während dies bei anderen nur ab und zu passiert? Warum reagieren manche Menschen so oft mit belehrenden Worten, andere mit Anklagen, wieder andere mit Rechtfertigungen, während der letzte häufig sachlich antwortet? Würde es uns im täglichen Leben nicht außerordentlich helfen, derartige Fragen „besser“ beantworten zu können, damit wir „besser“ reagieren können? Wenn Sie zustimmen, dann wissen Sie auch: Wir könnten oft viel dazu beitragen, eine Kommunikation zu „retten“ oder doch zumindest zu verbessern, statt sie zu

Grundregeln der Kommunikation  13

einem Streit „auswachsen“ zu lassen, an deren Ende beide (be­ ziehungsweise alle beteiligten) Parteien verärgert sein werden, oder? Dabei ist die „Position“, die Sie und Ihr(e) GesprächspartnerIn einnehmen, vollkommen egal: Ob Sie ein Kunde sind, der sich eben nicht über eine(n) VerkäuferIn oder über den Service im Restaurant ärgert, weil er den „Mechanismus dahinter“ erkannt hat, oder ob Sie in der Rolle des Verkäufers (der Bedienung) Ihre Kunden besser motivieren wollen – immer hilft ein Verständnis dessen, was da „abläuft“. Ob Sie als Chef Ihre Mitarbeiter begeistern oder als Elternteil Ihre Kinder zur Mitarbeit im Hause anleiten wollen – mit mehr „Know-how“ geht es leichter! Ob Sie als Pfarrer oder Sozial­ arbeiter Ihre seelsorgerische Arbeit erfolgreicher gestalten wollen oder ob Sie besser mit dem Partner, mit Freunden, Kollegen oder Nachbarn auskommen möchten – je besser Sie die Situation „er­ fassen“, desto reibungsloser können Sie kommunizieren!

V E R S T Ä N D N I S

Die folgenden Gedanken werden Ihnen dabei helfen. Sind Sie bereit, sich darauf einzulassen?

Die menschlichen Bedürfnisse Optimal kommunizieren heißt: Die Bedürfnisse des anderen nicht missachten. Es muss wohl kaum bewiesen werden, dass uns ein Gesprächspartner, der unsere Bedürfnisse anspricht, lieber ist, als einer, dem es nur gilt, seine Bedürfnisse zu befriedigen. Beobachten Sie Ihre eigene Reaktion auf Situation 1 und 2: Situation 1: Sylvia: Du hör mal, Bert, was mir heute passiert ist! Also, ich gehe da ins Büro meines Chefs, und da sagt er mir doch … Aber du hörst mir ja gar nicht zu!

WICHTIG: Bedürfnisse beachten!

14  Kommunikation für Könner

Situation 2: Sylvia: Du, Bert, ich hätte da gerne mal deine Meinung in einer Sache. Hast du’n Moment Zeit? Von welcher Situation fühlen Sie sich mehr angesprochen? …… Situation 1 …… Situation 2 Natürlich reagiert Bert „besser“ in Situation 2, denn hier hat Sylvia: 1. seine (Berts) Bedürfnisse angesprochen. Denn: Wenn seine Meinung gefragt ist, so bedeutet die indirekte Nachricht ja: „Du bist wichtig“, da uns die Meinung von Leuten, die wir für unwesentlich halten, nicht sonderlich interessiert. Damit spricht sie Berts Bedürfnis nach Anerkennung an. 2. gefragt, ob er einen Moment Zeit hätte. Dies bedeutet, dass er selbst die Entscheidung treffen konnte, ihr zuzuhören. Damit verhindert sie, dass er sich „überrannt“ fühlt. Sie sehen also, wie dieselbe Nachricht einmal in Form von guter, dann in Form von schlechter Kommunikation weitergegeben werden kann. Um die Bedürfnisse des anderen beachten zu können, muss ich sie natürlich kennen. Und um sie zu kennen, muss ich mich mit ihnen auseinandersetzen!

Übung Erstellen Sie eine Liste menschlicher Bedürfnisse. Denken Sie dabei nicht nur an Ihre eigenen, sondern auch an die anderer. Wenn Sie z. B. ein Mensch sind, der dem Status wenig Gewicht

Grundregeln der Kommunikation  15

beimisst, so wissen Sie doch, dass manche Leute ein sehr starkes Geltungsbedürfnis besitzen. Denken Sie auch an Grundbedürfnisse (Nahrung, Schlaf etc.) sowie an die sogenannten „höheren Bedürfnisse“ des Menschen; an das Bedürfnis, gute Musik zu hören oder ein gutes Buch zu lesen. (Erst wenn Sie auf mehr als 15 Bedürfnisse gekommen sind, sehen Sie sich die untenstehende Liste an.)

Welche Be­ dürfnisse fallen Ihnen ein?

Meine Aufstellung: 1

11

2

12

3

13

4

14

5

15

6

16

7

17

8

18

9

19

10

20

Die folgende Liste wurde von einem Seminarteilnehmer inner­ halb von ca. 10 Minuten erstellt. Sie ist natürlich noch lange nicht vollständig: schlafen, trinken, gute Musik hören, atmen, lesen, laufen, spielen, lernen, tanzen, Liebe erhalten, Liebe geben, verdauen, arbeiten, sich sicher fühlen, kommunizieren, Hobbys, Freizeitbeschäftigung, Verantwortung, Status, Wärme, Freude, Sex, Geltung, persönlicher Besitz, Zeit, um alleine zu sein, sich verstanden fühlen, Anerkennung, Informationen besitzen. (Mit freundlicher Genehmigung von LUDWIG HEGGENSTALLER)

Erst weiterlesen, wenn Sie 15 Be­ dürfnisse gefunden haben.

Die Liste von einem meiner Seminar­ teilnehmer

16  Kommunikation für Könner

D I L E M M A

Nun ergibt sich folgendes Dilemma: Auf der einen Seite wollen wir den „Bedürfnis-Katalog“ im Kopf haben, um die Bedürfnisse des anderen schnell zu erkennen, damit wir sie berücksichtigen können. Auf der anderen Seite hätten wir ja gar keine Zeit mehr für die eigentliche Kommunikation, wenn wir jedesmal so eine lange Liste der Bedürfnisse überprüfen sollten. Um zu wissen, welche Bedürfnisse des anderen wir berücksichtigen sollten, müssen wir versuchen, alle Bedürfnisse einigen wenigen Kate­ gorien zuzuordnen, sodass das Erkennen der Bedürfnis-Kategorie des anderen schnell und leicht vonstatten geht. Denn: Nur was im Prinzip einfach ist, kann automatisch werden. Und nur wenn das Erkennen und Eingehen auf Bedürfnisse anderer automatisch (das heißt zur „zweiten Natur“) wird, werden Sie bei wesentlichen Gesprächen gut kommunizieren!

Der Bedürfnis-Turm Siehe Seite 17 oben

MERKE

Anhand dieses Denk-Modells erkennen wir zweierlei: 1. Alle menschlichen Bedürfnisse lassen sich in fünf Stufen gliedern. Jede Stufe beschreibt eine Kategorie von Bedürf­ nissen, deren Nicht-Befriedigung jedoch immer ein Defizit herbeiführt. 2. Die „oberen“ Stufen können nur so lange realisiert werden, wie die Basis weiterbesteht. Werden einem Menschen die „unteren“ Stufen weggezogen, so interessieren ihn die Bedürfnisse der oberen Stufe erst wieder, wenn er das Fundament neu errichtet hat.

Grundregeln der Kommunikation  17

Der Bedürfnis-Turm: Selbst-Verwirklichung

sog. „höhere Ziele“ des Menschen

3

Ich-Bedürfnisse Status Macht Geltung Anerkennung Soziale Bed. Zugehörigkeit (v. einer Gruppe akzept. werden)

psychologisches Überleben

2

2

Sicherheit + Geborgenheit

1

1

Grundbedürfnisse

5

5

4

4

3

physiologisches Überleben

Um zu sehen, wie sehr wir von der Basis der unteren Stufen ab­ hängen, folgendes Beispiel: Herr Dr. Ford, Wissenschaftler, hält sich überwiegend in den „oberen“ Stufen auf: Er hat die sichere Basis erarbeitet, sodass er sich heute überwiegend um die Ab­ sicherung seiner Ich-Bedürfnisse kümmert. Außerdem arbeitet er an seiner Selbst-Verwirklichung (s. u.). Nun fliegt Dr. Ford zu einem Kongress und erlebt eine Notlandung. Sofort wandert sein Interesse von der These, die er während des Fluges gelesen hat, zu den Stufen 1 und 2. Seine erste Frage, nachdem geklärt ist, dass alle überlebten: Wie viel Nahrungsmittel haben wir? Seine zweite Frage: Wie steht es mit Wasser? Nachdem geklärt ist, dass die Nahrungsmittel reichen, da sowohl Vorräte vorhanden als auch kleines Wild erlegt werden kann, stellt man fest, dass das Wasser aus einem Bach trinkbar ist. Nun wendet Dr. Ford sich den Sicherheitsbedürfnissen zu: Wie können wir uns vor Sonne und Regen schützen? Man errichtet also ein „Dach“ aus den Rettungsbooten, die im Flugzeug sind. Danach wird die dritte Stufe interessant: Dr. Ford stellt fest, dass einige Mitreisende Intellektuelle sind, zu denen er sich mehr „hingezogen“ fühlt als zu den anderen.

Der „Turm“ ist eine Weiterentwicklung von A. H. MASLOW: Hierarchy of the Prepotency of Human Needs, USA.

B E I S P I E L

18  Kommunikation für Könner

B E I S P I E L

Jetzt bilden sich also kleine Cliquen, womit die Zugehörigkeits­ bedürfnisse (auch soziale Bedürfnisse genannt) befriedigt werden. Und nun vertreibt sich Dr. Ford einen Teil seiner Zeit mit seiner These, weil erst jetzt die Bedürfnisse der 4. Stufe wieder inte­res­ sant geworden sind. Wollen wir also jede Bedürfnisstufe kurz beleuchten und sofort den Bezug zur Praxis herstellen: Die 1. Stufe

Bedürfnisse der 1. Stufe

Denken Sie einmal an den entwicklungsgeschichtlichen Beginn der Menschheit: Zuerst war der Mensch vornehmlich damit be­ schäftigt, die Bedürfnisse der 1. Stufe zu erfüllen. Er verbrachte seine Tage damit, Nahrung zu beschaffen, seine Nächte verbrachte er mit Schlafen. (Zur 1. Stufe gehören natürlich auch: atmen, ver­ dauen, Nahrung ausscheiden etc.) Damit war er voll ausgelastet, sodass er gar keine Energien frei hatte, mehr anstreben zu wollen.

MERKE

Für die tägliche Praxis bedeutet dies: Solange jemand dieses Fundament noch nicht erarbeitet hat, interessieren ihn die Bedürfnisse der nächsten Stufen nicht. Deswegen sollte man einen gerade erschöpften Menschen, einen müden, hungrigen Partner oder Freund oder Gast bzw. jemanden, der Kopf- oder Magenschmerzen hat, nicht gerade jetzt zur Kommunikation zwingen wollen. Erst wenn das Fundament abgesichert ist (nach dem Essen oder einer Ruhepause), hat er wieder Energien für die Kommunikation übrig.

Grundregeln der Kommunikation  19

Die 2. Stufe Langsam, aber sicher verbesserten sich die Jagdbedingungen des Menschen; man entwickelte Waffen und jagte in Gruppen. Der Mensch hatte also mehr Zeit zur Verfügung und konnte sich um die 2. Stufe kümmern: Er befestigte seine Höhlen und baute Burgen. Heute kaufen wir Eigentumswohnungen und schließen Lebensversicherungen ab, um dieses Bedürfnis zu befriedigen. (Hierbei geht es um das Gefühl der „inneren Sicherheit“, das heißt um das Gefühl des Sich-sicher-Fühlens. Der eine erreicht dies durch finanzielle Absicherung, der andere durch Heirat, ein dritter durch eine Beamtenposition. Ein Defizit an „innerer Sicherheit“ führt zu Kompensationsversuchen in der 4. Stufe.) Für die tägliche Praxis bedeutet dies: Jemand, dessen Sicherheit bedroht ist, wird sich nur um die Sicherheits­ bedürfnisse kümmern! Erst wenn die Stufe 2 wieder ab­ gesichert ist, kann er sich wieder auf die Bedürfnisse der höheren Stufen konzentrieren.

Bedürfnisse der 2. Stufe

MERKE

Wenn sich also ein Mensch um seine Sicherheit sorgt, weil er • seinen Arbeitsplatz, • seine Unterkunft, • sein Einkommen, • seine Ersparnisse gefährdet sieht, können Sie mit dieser Person erst dann über andere Dinge reden, wenn die 2. Stufe abgesichert ist oder zu sein scheint. Deswegen sind Bürger, die sich um ihre persönliche Sicherheit sorgen, den rationalen Argumenten einer Partei so wenig zu­

Besorgte Menschen sind rational nicht er­ reichbar

20  Kommunikation für Könner

gänglich. Für sie gilt dann nur die eine Frage: „Werden diese Politiker meine Sicherheit garantieren können?“ (Vergleichen Sie die Parole: Keine Experimente! Experimente könnten ja die bestehende Sicherheit gefährden!) Die Stufen 1 und 2 gewährleisten unser physisches Überleben.

Somit gewährleisten die ersten beiden Stufen das physische Überleben. Solange dieses Bedürfnis-Fundament besteht, ist ein einfacher Organismus vor dem Tod sicherer. Nun ist der Mensch jedoch kein einfacher Organismus mehr. Je komplizierter ein Lebe­ wesen, desto differenzierter ist sein Nervensystem. Und je weiter entwickelt das Nervensystem ist, desto mehr Bedürfnisse muss das Lebewesen erfüllen, um sich wohl zu fühlen. Die 3. Stufe

Bedürfnisse der 3. Stufe

Nachdem das Nahrungsproblem gelöst war (bessere Jagd­ bedingungen und Ackerbau) und der Mensch sich abgesichert hatte, begann er, sich in Stufe 3 zu begeben: Plötzlich war Mensch nicht mehr gleich Mensch. Plötzlich bevorzugte er einige bestimmte Menschen: Er organisierte sich in Familien, Sippen, Stämmen und Völkerschaften. Er wollte einer Gruppe angehören und sich damit von Nichtmitgliedern dieser Gruppe absondern. Wir nennen dies das soziale Bedürfnis. Heute äußert sich die Befriedigung über Zugehörigkeit in: meine Familie, meine Firma, meine Freunde, mein Club, mein Land, meine Glaubensbrüder etc.

MERKE

Für die tägliche Praxis bedeutet dies: Wann immer uns jemand mit Stolz, Freude oder Genugtuung darüber be­ richtet, der einen oder anderen Gruppe anzugehören, fühlt er sich sicher und gut.

Grundregeln der Kommunikation  21

Denn die Befriedigung der Bedürfnisse bewirkt, dass wir uns OK fühlen, weil unser Selbstwertgefühl erhalten bleibt. Wenn Sie jedoch Zweifel an der Güte seiner Gruppe äußern, gefährden Sie seine Sicherheit in der 3. Stufe. Je schwerer Ihr Angriff auf seine Gruppe ist, desto weniger ist der andere in der Lage, gut zu kommunizieren. Jetzt gilt wieder die Regel: Vorrangig ist die Absicherung der gefährdeten Bedürfnis-Befriedigung! Bis hierher ist die ganze Entwicklung noch „einfach“ zu nennen: Jedes primitive Naturvolk hat zumindest die 3. Stufe erreicht. Aber manche Gruppen haben sich weiterentwickelt und haben somit die Bedürfnisse der 4. Stufe erschlossen. Wieder sehen wir: Je weiter entwickelt ein Organismus (oder eine Gruppe von Lebe­ wesen) ist, desto differenzierter werden auch die Bedürfnisse.

Siehe auch Seite 20.

Die 4. Stufe Ein Naturforscher und Soziologe berichtete über seine Reisen im australischen Buschland: Bei dem einen Zwergvolk, sagte er, gäbe es das Wort Ich überhaupt nicht. Man stellt sich vor, indem man sagt: „Wir von dem Stamme der Unter-jenen-Bäumen-Lebenden.“ In diesem Volk, bemerkte er, gäbe es keinerlei Statusunterschiede. Alle sind „gleich“, das heißt, dieses Volk lebt auf den Stufen 1 bis 3. Es hat die 4. Stufe noch nicht entdeckt, im Gegensatz zu einem anderen Zwergvolk, das er beschreibt: Der Häuptling trägt einen bemalten Ast als Zeichen seiner Würde. Allerdings muss er diesen Ast jeden „Mond“ einmal verteidigen. Wer immer ihn im Zweikampf erbeutet, ist so lange Häuptling, bis man ihm den „Statusstab“ wieder abnimmt. Das heißt: Erstens: Häuptling ist immer nur der derzeitig stärkste Mann im Dorf. Zweitens: Status ist mit körperlicher Kraft verbunden.

Bedürfnisse der 4. Stufe

Der Ast bringt seinen sozialen Status zum Aus­ druck = STATUS­ SYMBOL

22  Kommunikation für Könner

Wie Sie wissen, kann bei uns, die wir die Bedürfnisse der 4. Stufe wesentlich weiterentwickelt haben, ein Titel, Geld oder die Tat­ sache, dass niemand uns unterbricht, wenn wir sprechen, zum Statussymbol werden.

ICHBedürfnisse

Also nennen wir diese Bedürfnis-Gruppe die Ich-Bedürfnisse, denn ihre Befriedigung trägt dazu bei, unser Ich zu befestigen, sei es durch Status, Macht oder Geltung – immer handelt es sich darum, dass unsere Mitmenschen uns Anerkennung zeigen. Da die 3. und 4. Stufe mit einer psychologischen Sicherheit ver­ bunden sind und da auch diese Bedürfnisse lebensnotwendig ge­ worden sind, sprechen wir hier vom psychologischen Überleben (zu dem insbesondere die Anerkennung gehört).

MERKE

Für die tägliche Praxis bedeutet dies: Je mehr Aner­ken­ nung ich dem anderen zeigen kann, desto sicherer fühlt er sich (weil ja die Bedürfnisse der 4. Stufe befriedigt werden). Je sicherer er sich fühlt, desto mehr Energien hat er frei, um gut zu kommunizieren! Je besser er mit mir kommuniziert, desto erfolgreicher verläuft das Gespräch für beide. Die 5. Stufe:

Bedürfnisse der 5. Stufe

Da die unteren vier Stufen das physiologische und psychologische Überleben absichern sollen, erhebt sich nunmehr die Frage: Was ist dann die 5. Stufe? Um welche Art von Bedürfnis handelt es sich hierbei? Es handelt sich um Selbstverwirklichung. Was meinen wir damit? Früher hatte man nur ein unvollständiges Bild des „Menschenziels“. Man nahm an, dass der Mensch den Göttern (oder dem einen Gott) gefallen solle. Dass er, wenn er die ersten 4 Stufen be­

Grundregeln der Kommunikation  23

friedigen könne, „menschlich“ genug sei. Man spekulierte wenig darüber hinaus. Einzelne Menschen, die schon 5-Stufen-Bedürf­ nisse zeigten, erachtete man als außerhalb der Norm liegend, das heißt als nicht wesentlich für das Erarbeiten eines Menschen­ bildes. Dies hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert. Immer wieder hören wir heute, der Mensch habe ein Recht auf Selbstverwirklichung. Er könne psychologisch erfolgreich werden. Die Basisarbeit, die zu einem Profil des psychologisch erfolgreichen Menschen führte, wurde von einigen wesentlichen Medizinern, Psychologen und Soziologen geleistet.

Das Recht auf Selbst­ verwirk­ lichung

Hingewiesen sei hier wieder auf Prof. A. H. MASLOW. Er stellte fest, dass ein Defizit in den Stufen 2 und 3 (Sicherheit, Zugehörigkeit), die er zusammen mit Liebe bezeichnete, zu überhöhten Anforderungen in Stufe 4 (Anerkennung) führt. Er sagt z. B., dass ein Angeber es wirklich nötig hat, weil es ihm an Liebe (die innere Sicherheit vermittelt) fehlt. Dr. Eric BERNE, der Begründer der Transaktionalen Analyse, erarbeitete die Kriterien eines psychologisch erfolgreichen Menschen (Winner), die sich weitgehend mit MASLOWS Erkennt­ nissen über den 5.-Stufe-Menschen decken. Beide stellten fest, dass erst nachdem das Überleben schlechthin abgesichert ist, der Mensch fähig wird, sich seinem wirklichen Sein zuzuwenden. Das heißt, dass der Mensch erst nach Befriedigung der ersten vier Stufen an die Selbstverwirklichung denken kann.

BERNE, Eric: Trans­ actional Analysis in Psychotherapy. (A Systematic Indi­ vidual and Social Psychiatry). New York, 1978 Reissue ed.

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MERKE

Für die tägliche Praxis bedeutet dies: Je mehr Sie sich bereits selbst verwirklicht haben, desto mehr Aussichten haben Sie, erfolgreich zu kommunizieren. Je mehr der Ge­ sprächspartner sich selbst verwirklicht hat, desto leichter ist es, mit ihm erfolgreich zu kommunizieren. Aber je mehr der andere darauf abzielt, die Bedürfnisse der 1. bis 4. Stufe zu befriedigen, desto leichter ist es für Sie, KommunikationsHilfen anzuwenden und gut mit ihm zu kommunizieren. Diese Regeln können Sie jedoch nur anwenden, wenn Sie erkennen, wo der andere steht, und wenn Sie auf seine Bedürfnisse eingehen! Die „positiven Denker“ Amerikas weisen schon seit Jahrzehnten darauf hin, dass ein Eingehen auf die Bedürfnisse anderer letzten Endes uns den Nutzen bringt. Das heißt, dass man aufgrund egoistischer Einstellung altruistisch werden soll.

MERKE

Je mehr Sie auf die Bedürfnisse Ihres Gesprächspartners eingehen, desto mehr wird er (automatisch) Ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen. Allerdings vergessen wir diese einfache Weisheit im Gespräch mit unseren Familienangehörigen, Freunden, Kollegen, Chefs oder Kunden viel zu häufig und sprechen nur über unsere eigenen Bedürfnisse …

Motivation Optimal kommunizieren heißt: den anderen richtig motivieren. Ein Motiv ist etwas, das den Organismus dazu treibt, sich durch das, was er tut, einem Ziel näher zu bringen. Dieses „Etwas“ wird oft als eine „innere Spannung“ beziehungsweise ein „innerer

Grundregeln der Kommunikation  25

Drang“ (Drive) beschrieben. FREUD sprach vom Triebdruck, da er alle Bedürfnisse in Triebe und Antriebe einteilte. Triebe aber sind mit Energien besetzt, um sich durchsetzen zu können. Ein Motiv kann bewusst oder unbewusst sein, das heißt, der Handelnde kann bewusst auf sein Ziel zusteuern. Er kann aber auch nicht wissen, was ihn veranlasst hat, so oder so zu handeln. (Dieses „was“ wäre dann ein unbewusstes Motiv.) Jedes Motiv entspringt einem Bedürfnis (siehe Seite 13 ff.), jedes Bedürfnis hat die Bedürfnis-Befriedigung zum Ziel. Jedes Verhalten, das dieses Motiv veranlasst hat, zielt also darauf ab, den Organismus zu seinem Ziel zu bringen.

BEWUSST oder UN­ BEWUSST

Ohne ein Motiv also kein Verhalten. Ohne unbefriedigte Bedürf­ nisse kein Motiv. Denn: Jemanden motivieren heißt, jemanden dazu bewegen, ein von mir gewünschtes Verhalten an den Tag zu legen. Sylvia wollte, dass Bernd ihr zuhört. Wenn sie ihn nicht motiviert, wird sein Verhalten darauf zielen, ein spezielles Bedürfnis zu be­ friedigen (z. B. sich ausruhen nach der Arbeit). Motiviert sie ihn aber, so veranlasst sie ihn, sein Verhalten darauf auszurichten, ein anderes seiner Bedürfnisse zu befriedigen (z. B. sein Bedürfnis nach Anerkennung, Stufe 4). Wenn wir also das Verhalten, das der andere ohne die Motivation des Gesprächspartners gezeigt hätte, sein altes Verhalten nennen und das durch die Motivation entstandene sein neues Verhalten, dann ergibt sich folgende Definition von „Motivation“:

Siehe das Ein­ gangs-Beispiel auf Seite 13 f.

26  Kommunikation für Könner

MERKE

Jemanden motivieren heißt: Jemanden veranlassen, ein altes Verhaltensmuster zugunsten eines neuen aufzugeben. Wenn uns einmal klar ist, dass Motivation eine Verhaltensveränderung bedeutet, so müssen wir folgende Schlussfolgerung in die Kalkulation miteinbeziehen:

VERHALTEN: momentan oder regel­ mäßig?

Nicht über Nacht!

1. Nur momentanes Verhalten kann sofort beeinflusst werden. (Sylvia wollte, dass Bernd ihr jetzt, im Moment, zuhört.) 2. Jedes regelmäßige Verhalten ist durch Lernprozesse ent­ standen. (Karl hat in seiner alten Firma gelernt, dass es doch keinen Sinn hat, sauber zu arbeiten, da niemand es anerkennt, wenn man sich Mühe gibt.) 3. Jede Änderung von regelmäßigem Verhalten bedarf eines neuen Lernprozesses. 4. Jeder Lernprozess braucht Zeit. Sollten Sie zu den Chefs gehören, die erwarten, dass ein Mit­ arbeiter sein altes (und lange eingeübtes Verhalten) über Nacht aufgibt, dann sollten Sie folgendes Experiment machen:

Experiment Nehmen Sie sich irgendeine Verhaltensänderung vor, z. B. ab morgen früh immer den Schuh zuerst anzuziehen, den Sie bis jetzt als zweiten angezogen hatten. Oder: Wenn Sie bis jetzt das Telefon in der linken Hand hielten, die Nummer aber mit der rechten gewählt hatten, wechseln Sie die Hände, also links wählen und mit der rechten Hand den Hörer halten. Hierbei geht es um folgendes: Egal, wie sehr Sie sich vornehmen mögen, den Fehler, das heißt das alte Verhalten nicht mehr zu

Grundregeln der Kommunikation  27

begehen, Sie werden Wochen brauchen, bis Sie das neue Verhalten ohne „peinliche“ Zwischenfälle (Rückfälle ins alte Verhalten) regelmäßig einsetzen können. Dieser Lernprozess kann durch Anerkennung der neuen Leistung (Lob von Mitmenschen) verkürzt werden. Trotzdem ist es nie über Nacht möglich, da jeder Lernprozess Zeit benötigt. Wie ge­ sagt: Dies ist ein Experiment. Wenn Sie an der Aussage zweifeln, probieren Sie es aus.

Lob verkürzt den Lern­ prozess!

Verhalten überdenken, es rational beurteilen und es dann in die tägliche Praxis übertragen – sind nämlich zwei verschiedene Prozesse. Jedes neue Verhalten will gelernt und geübt sein. Dies gilt ganz besonders auch für die Kommunikation. Wenn wir also bereit sind zu berücksichtigen, dass eine Ver­ haltensveränderung eine gewisse Zeit dauern darf, erhebt sich natürlich eine Frage nach dem Wie. Wie motiviere ich jemanden?

WIE?

Ich motiviere jemanden, indem Ich eines seiner unbefriedigten Bedürfnisse anspreche und ihm zeige, durch welches Verhalten er dieses befriedigen kann. Ein Beispiel: Wenn Sie sehr hungrig sind, kann ich Sie anhand des Bedürfnisses leicht motivieren. Ich verspreche Ihnen einen saftigen Schweinebraten mit Semmel­ knödel und Salat, wenn Sie mir einen bestimmten Gefallen tun. Wie Sie sehen, sagte ich nicht „irgendetwas zum Essen“, sondern ich malte Ihnen ein „Bild“ des Zieles (das heißt der Bedürfnis-Be­ friedigung). Denn die Regel lautet: Je besser der andere sich die Zielsituation vorstellen kann, desto motivierter wird er.

MERKE

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Dies erkannte vor vielen Jahren bereits Elmer WHEELER, Amerikas Verkaufs-Kanone Nr. 1, als er in einem Lehrbuch über Verkaufs­ techniken schrieb:

Don‘t sell the steak – sell the sizzle! „Sizzle“ = das zischende Geräusch beim Steakbraten verbunden mit dem angenehmen Geruch, der einem schon das „Wasser im Munde zusammenlaufen“ lässt, das heißt der Aspekt, der in einem den Wunsch wachruft, ein Steak zu essen. Eine freie Übersetzung wäre demnach: Verkaufe nicht das Steak – verkaufe den Geruch.

Machen Sie es wie die Werbung ...

Wenn Sie die gängigsten Werbeslogans kritisch betrachten, werden Sie feststellen, dass die meisten von ihnen „the sizzle“ verkaufen, nicht das Produkt selbst. Eine Zigarettenmarke z. B. verkauft das Gefühl, Teil der „großen weiten Welt“ zu werden. Ein Waschmittel verkauft die Hoffnung, dass der Ehemann sich lobend aussprechen würde, wenn auch ihm ein Mikrofon vor die Nase gehalten werden würde. Also motiviere ich jemanden, indem ich ihm helfe, seine Be­ dürfnisse zu befriedigen. Deshalb haben wir uns ja bereits mit den Bedürfnissen auseinandergesetzt. Für die tägliche Praxis bedeutet dies:

MERKE

Schritt eins: Die Bedürfnisse des anderen erkennen. Schritt zwei: Die Bedürfnis-Befriedigung als Ziel definieren. Schritt drei: Das Verhalten suggerieren, das ihn an das Ziel bringt – beziehungsweise das Ziel so präzise beschreiben (verkaufen), dass er von alleine das Verhalten zeigt, das ihn an das Ziel bringt.

Grundregeln der Kommunikation  29

Ein klassisches Beispiel: Situation (Quelle: 1. Buch Mose, Kap. 25, Verse 29-34) 29. Und Jakob kochte ein Gericht. Da kam Esau vom Feld und war müde 30. Und Esau sprach: Lass mich essen das rote Gericht, denn ich bin müde. 31. Aber Jakob sprach: Verkaufe mir heute deine Erstgeburt. 32. Esau antwortet: Siehe, ich muss doch sterben, was soll mir da die Erstgeburt.

Analyse (aufgrund der bisherigen Erkenntnisse) Beide befanden sich überwiegend in den oberen Stufen, aber die Müdigkeit …

und der Hunger Esaus hatten sein Fundament bedroht, sodass eine Wiederbesfestigung der Stufe 1 für ihn immer dringlicher wurde, was die oberen Stufen immer mehr abschwächte. Die „Erstgeburt“ bedeutete: den Segen des Vaters. Dieser wiederum bedeutete Status und Macht (also Stufe 4). Esau sprach zu sich selbst. Er begründete vor sich selbst sein plötzliches Aufgeben der 4.-Stufe-Bedürfnisse, die bis zu dieser „Notlage“ (die seine Stufe 1 gefährdete) genauso vorrangig für ihn waren, wie für seinen Bruder (also: Bedürfnis-Stufe 1 verdrängt 4). 33. Jakob sprach: So Das heißt, Esau verkaufte Jakob die Vorteile schwör mir zuvor. Und der Erstgeburt und verzichtete somit auf seine er schwor ihm und eigene Bedürfnisbefriedigung der 4. Stufe, verkaufte so Jakob um ein Bedürfnis der Stufe 1 jetzt wieder seine Erstgeburt. abzusichern. 34. Da gab ihm Nachdem er wieder satt war, reute ihn das Jakob Brot und das Aufgeben des 4.-Stufe-Zieles, denn: Sowie die Linsengericht, und Basis abgesichert war, forderte Stufe 4 wieder er aß und trank und ihr „Recht“. Deshalb musste er ja auch in stand auf und ging hungrigem Zustand schwören. davon …

E i n B e i s p i e l a u s d e r B i b e l

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Motivation vs. Manipulation

Warum habe ich gerade dieses Beispiel gewählt, in dem es sich doch ganz offensichtlich nicht nur um Motivation, sondern sogar um Manipulation (um nicht zu sagen: Erpressung) handelt? Weil ich der Meinung bin, dass viele Arten der Manipulation heute unter dem Schlagwort „Motivation“ laufen. Und weil ich hoffe, Ihnen anhand des Beispiels ganz klar zu zeigen, dass das Opfer einer solchen Motivation es dem Manipulator später übelnehmen wird. Der Manipulierte fühlt sich nämlich hinterher (mit Recht) betrogen. Denn: Bei Manipulation werden nur die Bedürfnisse des Manipulierenden befriedigt, während die Bedürfnisse des Manipulierten außer acht gelassen werden. Am Ende ist nur der Manipulierende zufrieden. Daraus ergibt sich folgende Goldene Regel:

MERKE

Das Kriterium optimaler Motivation ist, dass beide Parteien hinterher zufrieden sind (da die Bedürfnisse beider be­ friedigt wurden).

Abwehrmanöver GEFAHR: real oder vermeintlich

Optimal kommunizieren heißt: auf Abwehrmanöver des anderen nicht mit Abwehr seinerseits zu reagieren. Ein Abwehrmanöver soll „etwas“ abwehren. Dieses „Etwas“ ist eine Gefahr für den Organismus. Die Gefahr kann real oder vermeintlich sein; das heißt, der andere kann wissen, dass man ihn angreift, er kann aber auch nur meinen, dass man ihn angreift.

Grundregeln der Kommunikation  31

Situation 1: Realer Angriff Sie wissen vermutlich, dass gläubige Muslime aus religiösen Gründen kein Schweinfleisch essen. Wenn man zu einem solchen nun sagt: „Du willst doch wohl nicht im Ernst behaupten, dass du überhaupt kein Schweinefleisch anrührst?! Weil du Muslim bist, noch dazu. Wenn es gesundheitliche Gründe wären, dann wäre es ja noch zu verstehen …“ – so bedeuten diese und ähnliche Bemerkungen einen Angriff. Einen Angriff auf sein Selbstwertgefühl nämlich, das heißt eine Gefahr für ihn. Der andere drückt ja indirekt aus: Mein Gewissen ist besser als deines; das heißt, ich bin besser als du! Also wird der Betreffende mit Abwehr reagieren. Er sagt beispielsweise: „Wenn Sie sich an solche Regeln halten würden, dann wären Sie wesent­ lich besser dran!“ Diese indirekte Nachricht lautet nun natürlich: „Ich bin besser als du, der du meine Regeln nicht anerkennst!“

Ich bin besser als Du!

Situation 2: Vermeintlicher Angriff Wenn aber ein Ehemann zu seiner Frau sagt: „Hast du vielleicht meine Manschettenknöpfe gesehen?“ und sie reagiert mit einem: „Warum beschuldigst du immer mich, wenn du dein Zeug nicht finden kannst?“ – so sehen wir, dass sie meinte, einen Angriff (eine Gefahr für ihr Selbstwertgefühl) herauszuhören. Das bedeutet: Wesentlich ist nicht, ob der andere angegriffen wird, sondern lediglich, ob er sich angegriffen fühlt! Was passiert in der Praxis meist, wenn ein Gesprächspartner so reagiert, als hätte man ihn angegriffen? Das heißt, wenn ein Ge­ sprächspartner auf einen realen oder vermeintlichen Angriff mit einem Abwehrmanöver reagiert? Der andere Gesprächspartner reagiert seinerseits mit Abwehr. Daraus lässt sich folgende Regel

Ausschlag­ gebend ist, was Ihr Gegenüber fühlt

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ableiten: Ein Abwehrmanöver wird meistens mit weiteren Abwehrmanövern beantwortet. Solange die Kommunikation weitere Abwehr enthält, ist sie nicht optimal. Statt das Selbstwertgefühl des anderen zu erhalten, zu verteidigen oder aufzubauen, wird es angegriffen. Mit dem Resultat, dass der andere genauso versucht, mein Selbstwert­ gefühl anzugreifen. Also wird die Kommunikation zu einem Wortgefecht, bei dem es immer darum geht, zu siegen.

MERKE

In einer optimalen Kommunikation haben alle Beteilig­ ten einen Gewinn. In einer von Abwehr gezeichneten Kommunikation jedoch gibt es nur Verlierer und ScheinSieger. Warum Schein-Sieger? Erinnern Sie sich an eine Kommunikation der letzten Tage oder Woche(n):

Übung Finden Sie eine Kommunikation, in der Sie das Gefühl hatten, ein „Gefecht“ gewonnen zu haben. Erinnern Sie sich: • Wie fühlten Sie sich eine Stunde nach dieser Unterhaltung? • Wie fühlte sich Ihr Gesprächspartner? • Wie fühlten Sie sich, als Sie mit dieser Person wieder zusammentrafen? Sehen Sie jetzt, warum wir von einem Schein-Sieg sprechen? Kommunikationsgefechte, die mit Scheinsiegen enden, werden bei der nächsten Gelegenheit fortgesetzt! Das heißt, immer wieder müssen Sie beweisen, dass Sie der Größere (Bessere) sind!

Grundregeln der Kommunikation  33

Doch solange man anderen beweisen muss, wie stark, gut, ge­ scheit, mächtig, groß man ist, ist man schwach, schlecht, nicht gescheit. Der wirklich Große muss seine Größe nicht als Druckmittel einsetzen. Er besitzt sie. Und, weil er sie wirklich besitzt, muss er sie nicht mehr aufs neue erkämpfen. Jedes Abwehrmanöver besagt letzten Endes, dass der sich Weh­ rende sich (momentan) zu klein (schwach usw.) vorkommt. Denn: Wenn er sich gleich oder besser fühlen würde, bräuchte er keinerlei Abwehrmanöver, da eine Abwehr erst dann vor­ kommt, wenn man sich bedroht fühlt.

Wahre Größe braucht keine Abwehr­ manöver

Stärke, die man unter Beweis stellen muss, besitzt man nicht! Da die meisten Menschen in ihrem Selbstwertgefühl aber nicht allzu sicher sind, ist die Gefahr sehr groß, dass einer von zwei (oder mehr) Gesprächspartnern sich und dem (den) anderen beweisen möchte, wie groß er ist, oder dass er direkte Angriffe startet, weil die Größe des (der) anderen ihn herausfordert. Deshalb können wir unsere Kommunikation unerhört verbessern, wenn wir die Anti-Ab­ wehrmanöver-Technik beherrschen. Denn damit unterbrechen wir die Kette von Ich-bin-besser-als-du-Manövern, die ja nur dazu dienen, ein gefährdetes Selbstwertgefühl neu abzusichern.

Unter­ brechen Sie die Kette!

Wenn uns dieser Satz einleuchtet, verstehen wir, dass derjenige, der sich nicht zu Abwehr-Manövern hinreissen lässt, der Erfolgreiche ist. Außerdem gilt hier wieder der Grundsatz: Jemand, der seine Größe nicht (neu) erkämpfen muss, wirkt größer (sicherer in seinem Selbstwertgefühl) als jemand, der durch Abwehrmanöver zu beweisen versucht, was er (angeblich) hat.

MERKE

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Aus diesem Tatbestand leitet sich nun die folgende Anti-Abwehr­ manöver-Technik ab: 1. Wenn der andere in mir ein „Ich-bin-nicht-OK-Gefühl“ aus­ gelöst hat, dann bedeutet das nicht, dass ich wirklich nicht OK bin, sondern, dass ich mich momentan unterlegen fühle.

AntiAbwehr­ manöverTechnik

2. Wenn ich nun zu Abwehrmanövern greife, fülle ich die Kom­ mu­nikation mit Ballast und fordere mein Gegenüber heraus, seinerseits mit Abwehr zu reagieren. 3. Wenn ich dies klar erkennen kann, liegt es an mir, die Kom­ mu­nikation zu verbessern. Der Klügere (das heißt, der die Situation und den anderen durchschaut hat) gibt nach. 4. Wenn wir es schaffen, nicht mit Abwehr zu reagieren, er­ wecken wir den Eindruck, so groß (stark, OK) zu sein, dass wir unsere Größe nicht mehr beweisen müssen. Zur Verdeutlichung: Denken Sie an ein paar „Schreier“, die Sie sicher kennen. Bewirken diese Leute letztlich nicht genau das Gegenteil von dem, was sie anstreben? Hält man sie wirklich für so stark, wie sie sich geben? Und nun denken Sie an Menschen, die Sie sehr bewundern. Wirklich „große“, selbstsichere Leute. Haben diese Menschen ihre Stärke durch Aufblasen beziehungsweise Angriffstechniken irgendeiner Art beweisen müssen? Sicherlich nicht! Für die tägliche Praxis bedeutet das:

MERKE

Lernen Sie, Abwehr schnell und sicher zu erkennen und umgehen Sie deren kommunikations-tödliche Wirkung, indem Sie den Teufelskreis durchbrechen und Ihrerseits gerade nicht mit Abwehrmanövern reagieren.

Grundregeln der Kommunikation  35

Feedback Optimal kommunizieren heißt Rückkoppelung vornehmen. Um die Gewähr zu haben, dass wir uns wirklich auf unseren Mit­ menschen einstellen, müssen wir uns der Feedback-Technik be­ dienen. „Feedback“ ist ein Terminus, den wir aus dem Englischen übernommen haben und der auch bei uns (besonders in der EDV und Kybernetik) Anwendung findet: Feedback heißt Rück­ koppelung. Ein Beispiel:

Feedback ist wichtig!

Herr Meier: Haben Sie den Bericht schon fertig, Frau Müller? Frau Müller: Wie soll ich ihn denn fertighaben, wenn der Karsten immer noch im Grundbuchamt ist?! Herr Meier: Ich meine doch nicht den Baubericht, ich meine doch den fürs Finanzamt! Frau Müller: Der ist schon lange fertig. Hätte Frau Müller eine Rückkoppelung vorgenommen, dann wäre diese Kommunikation glatter verlaufen: Herr Meier: Haben Sie den Bericht schon fertig, Frau Müller? Frau Müller: Meinen Sie den Baubericht? Herr Meier: Nein, nein, den fürs Finanzamt! Frau Müller: Jawohl, der ist fertig. Herr Meier: Prima, bringen Sie ihn bitte rein! Die Fragestellung, die sich nun ergibt, ist folgende: Wer ist verantwortlich für die Rückkoppelung? Antwort: Eigentlich ist der Sprecher verantwortlich; wenn er es aber nicht tut, dann sollte der andere rückkoppeln. Nennen wir den Sprecher den Sender (S), den

Wer ist ver­ antwortlich?

36  Kommunikation für Könner

anderen den Empfänger (E). Eine wesentliche Grundregel in der Kommunikation lautet:

GRUND­ REGEL

Wenn der S dem E etwas erklärt, und der E versteht ihn nicht, nur teilweise oder falsch – so liegt die Verantwortung eigentlich beim S.

Übung Testen Sie sich: Wem geben Sie die Schuld, wenn jemand eine Ihrer Fragen oder Bemerkungen oder Anweisungen nicht verstanden hat? Für Ihre tägliche Praxis bedeutet das: • Ein guter Vater sorgt für Feedback, wenn er seinen Sohn um etwas gebeten hat. • Ein guter Chef sorgt für Feedback, wenn er eine Anweisung gegeben hat. • Ein guter Angestellter sorgt für Feedback, wenn sein Chef eine Anweisung gegeben hat, aber das Feedback vergaß. • Ein guter Verkäufer sorgt für Feedback, ehe der Kunde den Vertrag unterschreibt, sodass dieser später nicht behaupten kann, er hätte etwas anderes gewollt. Und nun überdenken Sie Ihre persönliche Kommunikations­ praxis: zu Hause, am Arbeitsplatz, mit Freunden. Neigen Sie im allgemeinen dazu, Rückkoppelungen herzustellen? …… Ja …… Nein Wenn Ihre Antwort Ja lautet, können Sie die positive Wirkung von Feedback-Technik sicherlich bestätigen. Lautet Ihre Antwort Nein, dann fragen Sie sich bitte: „Würden meine Kommunikationen

Grundregeln der Kommunikation  37

nicht wesentlich erfolgreicher verlaufen, wenn ich mich daran gewöhnen könnte, Feedback-Technik einzusetzen?“

Wie gibt man Feedback? Zunächst einmal müssen wir uns darüber klar sein, dass es zwei Ausgangssituationen für Feedback gibt. 1. S will sich vergewissern, dass E ihn verstanden hat. 2. E will sich vergewissern, dass er den S verstanden hat.

Zwei Ausgangs­ situationen

Weiterhin ist noch zu beachten, dass ein Gesprächspartner, der am Ende immer wieder zu verstehen gibt, dass er „bei der Sache ist“, sich der Rückkoppelungstechniken bedient. Zu diesen FeedbackTechniken, welche die Kommunikation erfolgreich gestalten, gehören u.a.: • Paraphrasieren: Das Wort kommt aus dem Englischen – to paraphrase heißt, die Nachricht eines anderen mit eigenen Worten wiedergeben. Es unterscheidet sich vom Zitat insofern, als wir nicht wörtlich zitieren. • Fragen stellen (siehe Seite 105 ff.) • Aktives Zuhören: Durch die Art und Weise, wie wir zuhören, können wir Annahme beziehungsweise Nichtannahme aus­ drücken. Besonders erwähnt sei hier Thomas GORDON (s. Literaturverzeichnis). Er geht nämlich von der Annahme aus, dass die Kommunikation nur dann erfolgreich verlaufen kann, wenn der jeweilige E dem S zeigt, dass er diesen akzeptiert. Das heißt, wenn er eine Du-bist-OK-Nachricht aussendet. Vergessen Sie dabei nie: Wahr ist nicht, was A gesagt hat. Wahr ist immer, was B gehört hat (für B jedenfalls)!

FeedbackTechniken

38  Kommunikation für Könner

Die ZWEI-nigung Im Englischen kann man, wenn eine Einigung nicht möglich er­ scheint, eine sehr elegante Variante wählen, indem man sagt: „Let‘s agree to differ.“

Zwei Meinungen gleich­ berechtigt neben­ einander

Diese Fähigkeit, sich darauf zu einigen, dass es in diesem Punkt nicht unbedingt eine Einigung im Detail geben muss, ist gerade bei Diskussionen nach Reden oder in Trainings-Situationen (von normalen Gesprächen und Verhandlungen ganz zu schweigen) sehr, sehr hilfreich und sollte meines Erachtens kultiviert werden. Deshalb habe ich das Konzept der ZWEI-nigung entwickelt, welches ich Ihnen für die alltägliche Praxis – beruflich wie privat – ans Herz legen möchte! (ZWEI-nigung analo der EIN-igung; hier stehen zwei Meinungen gleichberechtigt nebeneinander.) Es ist unglaublich, was dieses Konzept der ZWEI-nigung im Alltag bewirken kann. Man kann plötzlich weit flexibler reagieren, wenn man innerlich auf die Möglichkeit vorbereitet ist, dass man sich ZWEI-nigen will (selbst wenn man dem Partner gegenüber diesen Begriff nie erwähnt)!

Wann ist eine ­ZWEI-nigung möglich?

Die schwierigste Frage, die sich zunächst stellt, ist die, in welchen Bereichen man sich ZWEI-nigen kann. Denn wenn ich behaupte: „Hier steht ein Tisch“, und Sie widersprechen – sollen wir uns dann ZWEI-nigen? Wie sieht es jedoch aus, wenn ich behaupte, jeder Mensch habe das Recht auf Müßiggang (insbesondere wenn er sich diesen finanziell auch leisten kann), während Sie vielleicht vor „faulen Menschen“ einen Horror haben? Muss man sich hier wirklich einigen? Oder darüber, ob diese Krawatte „schick“ ist oder der Spinat „furchtbar“ schmeckt? Alle Fragen des persönlichen (auch des sogenannten „guten“) Geschmacks, alle Meinungen, philosophischen Aspekte usw.

Grundregeln der Kommunikation  39

betreffen Bereiche, in denen wir anderen zugestehen sollten, anders zu denken (zu urteilen) als wir, oder? Zumindest, wenn wir uns als flexible Denker sehen wollen! Interessanterweise stimmen viele Teilnehmer diesen Gedanken zwar in der Theorie zu, fünf Minuten später streiten sie jedoch wieder heftigst; natürlich über Fragen des Geschmacks, der persönlichen Meinung usw. Also, es gehört mehr dazu, als mit dem Kopf zu nicken, ehe man wirklich fähig wird, sich auch in wichtigen Punkten zu ZWEI-nigen.

Über Geschmack lässt sich trefflich streiten

Dabei wird man jedoch automatisch auch ein „philosophischer Mensch“, weil man gezwungen ist, über sein Wertsystem und die eigenen Parameter (nach denen man die Aussagen/Handlungen anderer nämlich be- bzw. verurteilt) zu überprüfen. Dies ist eine gute Voraussetzung für jemanden, der sich rhetorisch verbessern will, oder für jemanden, der andere Menschen beeinflussen möchte! Übrigens: Falls Ihnen meine letzten Aussagen nicht zusagen sollten, könnten Sie gleich einmal eine Mini-Übung zur ZWEI-nigung durchlaufen, ehe Sie „entschieden abwehren“ … Ihre Fähigkeit zur „ZWEI-nigung“ wird Ihre innere Haltung sich selbst und der Welt gegenüber maßgeblich mitprägen. Ihre innere Haltung wird sich erstens ohne Worte mitteilen, und sie wird zweitens das Klima bestimmen, in dem Sie leben!

Eine Frage der inneren Haltung

Die Fähigkeit, sich zu ZWEI-nigen, schafft die innere Beweglich­ keit, Ihre Gedanken zwar anzubieten, sie anderen aber nicht aufzwingen zu wollen. Somit können Sie total überzeugt sein und andere überzeugen, aber Sie bleiben gleichzeitig flexibel genug, um neue Informationen zu berücksichtigen, die Sie möglicher­ weise veranlassen können, Ihre bisherige Meinung aufzugeben.

Sie bleiben flexibel

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Sprache als Instrument des Denkens Machen Sie sich Sprache bewusst

Je klarer die Bilder, die Sie (bald) vor Ihrem geistigen Auge sehen (werden), desto interessanter wird es, einmal bewusst über die Sprache nachzudenken, die Sie täglich hören, lesen und aktiv einsetzen. Hier aus Platzgründen nur erste kleine Anregungen … Sie wissen doch, was ich meine? Obwohl wir in der Regel davon ausgehen, wir hätten „alles“ gesagt (also 100 % einer Information gesendet), ist dies natürlich nicht möglich. Der Satz: „Mein neues Wohnmobil hat einen Computerarbeitsplatz“ setzt voraus, dass Sie wissen, was ein „Wohnmobil“, was ein „Computer“ etc. ist. (Bei abstrakten Begriffen besteht die große Gefahr, dass Sie eine andere Vorstellung mit Begriffen wie „Tugend“, „Gerechtigkeit“ etc. verbinden.) Aber selbst wenn es sich um eine höchst einfache Situation handelt, kann es sein, dass wir nur 10 bis 20 % der Botschaft senden, ohne dies überhaupt zu merken. Denn:

MERKE

Das Schnitzel?

Je vertrauter der Empfänger mit der Situation ist, desto mehr Information kann (wird) er ergänzen, ohne dass er dies überhaupt merkt! So sitzen Sie z. B. zu fünft in einem Restaurant und warten bei an­ genehmer Unterhaltung aufs Essen. Der Ober kommt. „Schwein?“ Einer von Ihnen sagt prompt: „Das bin ich.“ (Ist er das wirklich?) Dann fragt der Ober: „Wiener Schnitzel?“, und Sie sagen: „Das hatte ich.“ Natürlich hatten Sie es noch nicht; Sie sollen es ja gerade erst bekommen! Gemeint war natürlich: „Das hatte ich bestellt“, nicht wahr? Bitte halten Sie dies jetzt nicht für albern oder besonders kleinlich. Denn das Schlüsselwort war ja, dass der Gesprächspartner mit der Situation „vertraut“ sein muss. Das ist im Restaurant natürlich

Grundregeln der Kommunikation  41

gegeben. Aber wenn Sie firmeninterne Kürzel verwenden (von Fachausdrücken Ihrer Branche oder Ihres Spezialgebietes ganz abzusehen), glauben Sie, das sei gehirn-gerecht oder dass sich der Kunde bei Ihrer Stümmel-Botschaft ein klares Bild machen kann, wenn er für diese Digital-Informationen eben noch kein Bild in der rechten Hirnhälfte abrufen kann?

Die „wort-wörtlich“ Bedeutung Wenn Sie sich einmal bewusst den Wörtern zuwenden, die wir verwenden, und versuchen, das „Bild“ zu sehen, das viele Wörter quasi eingebaut haben, dann erreichen Sie damit zweierlei: 1. Sie üben sich im Bilder-Machen (sowieso Teil Ihres Trainings), und 2. Sie lernen, wesentlich gehirngerechtere Worte zu verwenden, wenn Sie keine Möglichkeit haben, Bilder oder Charts einzusetzen.

Beschreiben Worte wirklich die Realität? Lassen Sie uns jetzt einen Moment darüber nachdenken, in­ wieweit unsere Wirklichkeit erster Ordnung von der Sprache beeinflusst, ja sogar geschaffen werden kann. Benjamin Lee WHORF zeigt in seinem hervorragenden Buch Denken, Sprache, Wirklichkeit ein interessantes Beispiel: Es war in einer großen Lagerhalle zu einem Brand gekommen, weil ein Arbeiter achtlos einen brennenden Zigarettenstummel in eine leere Tonne geworfen hatte. Wie die Analyse der Brandursachen im Nachhinein ergab, hat es sich dabei um leere Benzinfässer gehandelt. Aha!, denken Sie nun, klarer Fall: Ein leeres Benzinfass ist sogar noch gefährlicher, als ein volles … Aber der Arbeiter hatte nicht daran gedacht. Warum? Weil sich für ihn leer mit der

WHORF, Benjamin Lee: Sprache, Denken, Wirklichkeit. Rowohlt, Reinbek, 22. Aufl. 1999

42  Kommunikation für Könner

Vor-Stellung „Abwesenheit von Inhalt“ verbunden hatte. Daher konnte er momentan überhaupt nicht bedenken, dass ein leeres Benzinfass durch die Anwesenheit von höchst gefährlichen Gasen „gefüllt“ ist! SCHNEIDER, Wolf: Wörter machen Leute. Rowohlt, ­Reinbek, 1996

Das Konzept „Gerech­ tigkeit“

Und Wolf SCHNEIDER weist in seinem ausgezeichneten Buch Wörter machen Leute darauf hin, dass unsere Sprache die Wirk­ lichkeit nicht nur beschreibt, sondern dass sie vielmehr Konzepte schafft, die wir dann gerne mit der Realität verwechseln. So führt er als Beispiel an: „Glauben Sie, dass die Natur Unkraut und Ungeziefer geschaffen hat?“ Wenn wir einen Schritt weitergehen, könnten wir uns einmal fragen, ob so etwas wie „Gerechtigkeit“ überhaupt von Mutter Natur oder Gott „vorgesehen“ war? Wenn wir begreifen, dass dies ein von Menschen geschaffenes Ideal ist, dann sind wir vielleicht nicht mehr so enttäuscht, wenn eine Situation uns mal „ungerecht“ vorkommt. Dies könnte zu größerem Gleichmut (bitte nicht mit Gleichgültigkeit verwechseln!) führen, der uns auch Negatives gelassener (und mit weniger Stress) erleben „machen“ könnte … Die neuen Gedanken waren einige wenige „Kostproben“. Deshalb darf ich noch einmal auf die Idee vom Supermarkt verweisen: Wenn jeder sich etwas herauspicken kann, das er kaufen möchte, dann war es die Mühe wert: für mich das Schreiben, für Sie das Lesen …

Rhetorik – Was ist das eigentlich? Wann immer wir sprechen, Fragen stellen, antworten, argumentieren, diskutieren, streiten, schimpfen, aber auch wenn wir ein Lob oder ein Kompliment „verabreichen“, sogar wenn wir

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  43

unsterbliche Liebe schwören – immer wenn wir etwas sagen – egal wo, was und zu wem, betätigen wir uns „rhetorisch“. Der Begriff Rhetorik kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Redekunst“, aber wir denken oft nicht daran, dass auch das Meckern oder ein Liebesgeflüster genaugenommen rhetorische Leistungen darstellen. Gerade Kritik kann brillant formuliert werden. So sagte George Bernhard SHAW über die Denkfaulheit seiner Landsleute z. B.: „Die meisten Leute denken zwei- bis dreimal pro Jahr. Ich aber habe Weltruhm erlangt, weil ich zwei- bis dreimal pro Woche denke.“ Die berühmte Fehde zwischen ihm und Winston CHURCHILL wird durch eine Reihe von Storys illustriert, z. B.: SHAW sandte zwei Theaterkarten für die Premiere seines neuen Stückes an CHURCHILL. Dazu schrieb er: „Hier sind zwei Karten, falls Sie einen Freund finden, der Sie begleitet.“ Darauf CHURCHILL: „Kann es leider heute nicht schaffen, aber ich gehe gern demnächst, falls das Stück mehr als eine Aufführung erlebt.“ Wir sehen, Rhetorik betrifft nicht nur die große Rede (Vortrag), sondern auch viele „kleine Reden“: Ob Sie ein wichtiges Gespräch mit Ihrem derzeitigen Lebens-(abschnitts-)Partner führen wollen, mit der Lehrkraft Ihrer Tochter konferieren oder in einer Ver­ handlung einem oder einer Gruppe von Kunden Ihre Ideen und Vorschläge vortragen (= nach vorne tragen) wollen: Sie sind jedesmal rhetorisch „zugange“. Vielleicht wollen Sie Ihre rhetorischen Fähigkeiten aber auch verbessern, weil Sie begriffen haben, dass unsere sprachlichen Fähigkeiten immer auch unsere Wahrnehmungs- und Denkfähigkeiten verbessern. Es ist eine der großen Schwächen unseres Schul-Systems, dass die meisten Menschen dort rhe­

Genaugenommen trägt auch schrift­ liches Formulieren seinen Teil zu unse­ rem rhetorischen REPERTOIRE bei. Zum einen, da wir ja auch hier nur Worte und Ideen verwenden können, die sich in unserem Kopf „befinden“, und zum anderen, da ja (leider) viele Reden geschrieben (und später abgelesen) werden.

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torisch genau so wenig unterwiesen und trainiert werden wie in der Fähigkeit, Fragen zu stellen (siehe auch Seite 105). Hier machen uns andere Länder einiges vor, wenn wir lernen wollten: Die Angelsachsen, Franzosen und auch die skandinavischen Länder gehen hier mit besseren Beispielen voran. In den angel­ sächsisch geprägten Ländern beginnt das „Reden halten“ bereits in der ersten Klasse, indem die Kinder etwas in die Schule mit­ bringen, worüber sie ihren Klassenkameradlnnen (und der Lehr­ kraft) berichten wollen (show and tell). Dort demonstrieren auch Rede-Wettbewerbe in Schulen und im Land die hohe Bedeutung rhetorischer Fähigkeiten. Wer rhetorisch gute Noten bekommt, hat eine weitaus bessere Aussicht auf einen (differenzierten) Job als jemand, der in anderen Schulfächern Primus war, denn da Rhetorik immer auch das Denken schult, sind Rhetorik-Erfolge oft ein besserer Indikator für „Tauglichkeit“ als eine Eins in Chemie und Physik.

Unter www. rhetorik-seminaronline.com/toast­ masters-deutschland finden Sie eine Sammlung aller Toastmasters Clubs in Deutschland.

Ich meine, wenn alle Menschen bewusster registrieren würden, was „rhetorisch abläuft“ (bei sich und anderen), dann würde das automatisch dazu führen, dass man Lust bekommt, sich rhetorisch zu verbessern. Und dies kann durchaus spielerisch geschehen. Gründen Sie einfach einen kleinen Rhetorik-Club in Ihrer Gegend, treffen Sie sich ein­ mal pro Woche (Monat) und „schwingen“ Sie regelmäßig Reden – egal ob große oder kleine. Wer keinen eigenen Club gründen will oder erst Gleichgesinnte finden muss, findet sie z. B. bei TOASTMASTERS®, eine Rede-ClubIdee aus den USA, die endlich auch den Weg nach Deutschland gefunden hat. Hier kann man preiswert TeilnehmerIn werden und regional trainieren. Die Idee gründet sich auf die Annahme, dass Redefähigkeit vom Reden kommt (nicht von teuren Rede-

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Trainern), und deshalb griff man hier beherzt (vor vielen Jahr­ zehnten) zur großartigen Selbsthilfe. Wenn wir uns einig sind, dass es lohnenswert ist, sich mit Rhetorik ein wenig näher zu befassen (andernfalls verlassen Sie dieses Modul, es droht Gefahr: Sie könnten auf neue Ideen kommen!), dann erhebt sich die Frage: Was bietet Ihnen das RhetorikKapitel in diesem Buch? Nun, es bietet Ihnen eine Reihe von Tipps und Ideen, die meinen SeminarteilnehmerInnen immer besonders weitergeholfen haben (alphabetisch sortiert) sowie im Anschluss daran einige hilfreiche Trainingsaufgaben. Insofern ist es vergleichbar mit einem „Super-Markt“: Sie „schlendern“ durch den „Laden“, Sie sichten, was Ihnen alles angeboten wird, und Sie entscheiden, was für Sie persönlich besonders wichtig ist.

Vielleicht sogar mit meinen eigenen Rhetorik-Titeln, siehe auch Übersicht Seite 306.

Um dem Text das Meistmögliche zu „entnehmen“, möchte ich Ihnen vorschlagen, folgendes bereitzulegen: • Schreibzeug für Notizen sowie • Filzmarker in verschiedenen Farben und • Büroklammern. Immer wenn Sie auf einen Gedanken stoßen, den Sie später mit Sicherheit wieder aufgreifen wollen, markieren Sie den Text und befestigen oben an der Seite eine Büroklammer. So können Sie Ihren „Rundgang“ durch den „Super-Markt“ in aller Ruhe beenden, ehe Sie die Produkte, die Sie „kaufen“ wollen, nach Hause tragen. Wenn Sie nicht nur „passiv“ lesen, sondern auch aktiv mitarbeiten wollen, benötigen Sie noch zwei Dinge: 1. Eine Möglichkeit, Ihre Stimme aufzuzeichnen und anzuhören. Im Zweifelsfall reicht ein Billig-Gerät, Sie brauchen keine Hi-Fi-Qualität!

Bitte bereit­halten

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2. Einen Timer (bzw. eine Stoppuhr), wobei inzwischen jedes Smartphone diese Funktion integriert hat. Haben Sie alles parat? Dann fangen wir an …

Die häufigsten Fragen

FAQ

Im Folgenden beantworte ich eine Reihe häufiger Fragen meiner SeminarteilnehmerInnen beziehungsweise KundInnen. Die Antworten sind alphabetisch sortiert. Sie können also vorn beginnen und alles lesen, aber Sie können auch gezielt die­ jenigen Textstellen heraussuchen, die Sie (derzeit) besonders interessieren.

Aktivierung des Publikums Es ist extrem leicht, die Menschen, die Ihnen zuhören sollen, aktiv einzubeziehen. Es folgen vier spezifische Vorschläge: 1. Eine Quizfrage (oder mehrere Quizfragen) Sie können zu jedem Thema und zu jeder Frage (die Sie z. B. in einem Meeting erörtern wollen) eine Quizfrage (oder mehrere Quizfragen) formulieren, um das Denken anzuregen. Jede Quizfrage kann als rhetorische Frage formuliert werden, oder aber Sie laden die Zuhörer ein, zu aktiven Teilnehmern zu werden, indem Sie sie bitten, über diese Frage/n kurz mit den Sitznachbarn zu diskutieren (60 bis 90 Sekunden reichen völlig!). Sofort erhebt sich ein engagiertes Stimmen-gemurmel. Nach Ablauf der Zeit (Sie haben natürlich eine Stoppuhr dabei) läuten Sie eine Glocke und sagen einige unwichtige Worte (z. B.: „Also, dann können wir ja weitermachen …“), womit Sie signalisieren, dass es jetzt weitergeht.

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Ich benutze diese Möglichkeit (mit und ohne Diskussion) seit über einem Vierteljahrhundert! Sie funktioniert phänomenal, mit wenigen Gesprächsteilnehmern wie mit tausend Zuhörern. Fallbeispiel „Trockene Zahlen“: Angenommen, meine Botschaft befasst sich mit Zahlenmaterial zu der Summe, die jedes Jahr für Rüstung ausgegeben wird. Wenn ich Ihnen diese Zahl nur mitteile, dann habe ich mehr oder weniger Glück, ob Sie diese Zahl a) wirklich bewusst hören und b) ob Sie sich die Zahl auch merken werden. Frage ich Sie hingegen vorher, wie hoch Sie die Summe schätzen, dann beginnen Sie, sich für die Fragestellung zu interessieren. Demzufolge „fallen“ meine Informationen hinterher „auf frucht­ baren Boden“. Also ist es keine Frage des „Glücks“ mehr, ob ich diese Zahl in Ihrem Bewusstsein „plazieren“ kann. Wenn wir die Zahl hinterher noch gehirn-gerecht aufbereiten, z. B. durch den Vergleich mit den Geldern, die wir für Bildung (oder für Kindergärten, Altenpflege usw.) ausgeben, dann wird die Botschaft bei unseren Hörern einen nachhaltigen Ein-Druck hinterlassen (sprich: sie sind beeindruckt).

„Trockene Theorie“?

Zum Bei­ spiel durch Vergleiche (Analogien)

2. Die rhetorische Frage Die rhetorische Frage ist eine Frage, die ein Redner (griechisch: Rhetor) stellt, auf die er jedoch keine Antwort erwartet. Dies ist ein hervorragendes „Stilmittel“ eines guten Redners (auch für Einzelgespräche, Meetings und Konferenzen geeignet). Die rhetorische Frage ähnelt der Quizfrage, nur mit dem Unterschied, dass Sie nach einer kleinen Pause gleich weitersprechen.

Interesse wecken

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3. Der heutige Tag

AUF­ HÄNGER

Dank des Internets ist es mittlerweile ein Leichtes, herauszufinden, was heute vor zehn (oder 100) Jahren passiert ist. Dies könnte ein „Aufhänger“ für eine Quizfrage (siehe Seite 234 ff.) sein, z. B.: „Wissen Sie, was genau heute vor (Anzahl) Jahren (in dieser Stadt/ in diesem Land/in Amerika usw.) passiert ist?“ Dann machen Sie eine kleine Kunstpause und beginnen mit dieser Begebenheit … 4. Die konkrete Zielgruppe

Jeder Zu­ hörer fragt sich immer: „Was BRINGT MIR das?“

Ein Eingehen auf die Anwesenden ist immer interessant. Jede/r fühlt sich „persönlich“ angesprochen. Also kann eine „mensch­ liche“ Bemerkung oder Frage jedem persönlich betreffen. Wenn Sie hingegen eine „homogene“ Gruppe vor sich haben (z. B. lauter Menschen desselben Berufsstandes, derselben Gemeinde, der­ selben Firma usw.), dann gibt es zwei besondere Möglichkeiten: a) Sie selbst sind Teil dieser Gruppe.

WIR-Gefühl

DU-Bot­ schaften

Sind es z. B. Ingenieure (SachbearbeiterInnen, Grundschullehrer­ Innen usw.) und sind Sie selber IngenieurIn, dann können Sie diese Tatsache als gemeinsame (emotionale) Plattform nutzen: „Wir Ingenieure (oder was auch immer) stehen vor einem faszinierenden Problem …“ Jede/r fragt sich, was an einem Problem „faszinierend“ sein könnte, welches Problem genau Sie meinen (oder ähnlich). Im Klartext: Jede/r Zuhörer/in denkt sofort aktiv mit! b) Sie sind selbst nicht Teil dieser Gruppe. Dann formulieren Sie den „Aufreisser“ dementsprechend: • Geben Sie der Gruppe eine Anerkennung, z. B.: „Was ich an Ingenieuren immer bewundert habe, ist ihre Fähigkeit …“

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• „Verbünden“ Sie sich mit dem Publikum, z. B.: „Es spricht für Sie und für mich, dass wir uns bei diesem Super-Sonnen­ schein in diesen fensterlosen Raum begeben haben, weil wir annehmen, die Sache sei wichtig …“ • Schockieren Sie Ihr Publikum, z. B.: „Man hat mich vor Ihnen gewarnt, von wegen, Sie seien entsetzlich sachlich und würden meine eher lockere Vortragsweise ablehnen. Aber ich glaube nicht, dass Sie als Ingenieure weniger fähig sein sollten zu schmunzeln als andere Menschen!“ Wetten, dass einige jetzt ernst (!) mit dem Kopf nicken, während andere bereits zu lächeln beginnen?

Angriffe Nehmen wir an, Sie werden in einer firmeninternen Sitzung von einem Kollegen als Person angegriffen, und zwar höchst unfair. Leider gibt es für solche Fälle kein Universalvorgehen, aber zu­ mindest einige Tipps: • Werfen Sie den Angriff auf seine Person zurück, indem Sie z. B. sagen: „Also dass gerade Sie so unfair argumentieren!“ Oder: „Naja, wir haben ja vernommen, wer das sagt“, oder ähnlich. Wenn dies nicht sinnvoll erscheint, können Sie • die absurde Zustimmung wählen. Das ist ein dialektischer Trick, der unerhört effektiv sein kann. Angenommen, man hat unfairerweise behauptet, Sie seien sehr aggressiv, dann sagen Sie ganz ruhig: „Jawohl – im Übrigen fresse ich regel­ mäßig kleine Kinder.“ Durch diese absurde Scheinzustimmung entkräften Sie seinen Angriff, ohne sich in irgendeiner Weise zu rechtfertigen.

T I P P

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Scharfes Geschütz

Wollen Sie Ihren Gegenüber schlagen?

Manchmal nützen die vorangegangenen Tipps nichts, weil Ihr Gesprächspartner absolut nicht bereit ist, einigermaßen rational weiter zu diskutieren. Wenn er nämlich aus dem (aggressiven) „Reptiliengehirn“ heraus gegen Sie kämpft, dann kann es sein, dass Sie ein „schärferes Geschütz“ benötigen. Aber bitte nur, wenn Sie sich absolut hilflos fühlen und keine andere Strategie mehr „fahren“ können. Dann sagen Sie einfach: „Das ist Ihr (dein) Problem.“ Es ist unglaublich, was dieser dialektische Trick bewirkt. Außerdem könnten Sie einmal darüber nachdenken, wie Sie selbst normalerweise mit Menschen umgehen, die Ihnen widersprechen, sei es im Gespräch oder als Zwischenruf oder Diskussionsbeitrag bei einer Rede. Im Deutschen neigen wir dazu, uns entweder zu einigen oder, wenn das nicht geht, zu entzweien. Nun hängt es vom Grad Ihrer Aggressivität ab, wie – schlagfertig – im Sinne von schlagen – Sie dann in der Regel reagieren. Schlagfertige Repliken sind zwar oft amüsant für andere Gruppenmitglieder, verletzen aber den Beteiligten und sollten nicht die Standard-Antwort eines effizienten Redners oder Ver­ handlungspartners sein. Interessanterweise erhalten gerade die „Schlagfertigen“ oft Angriffe.

Eine Sache der inneren Einstellung

Ihre innere Einstellung zu Ihrem Publikum bestimmt nämlich die Art von Diskussionsbeiträgen, die Sie erhalten werden. Es bekommen die sturen, die rechthaberischen Redner (oder Ver­ handlungspartner) oft aggressive Gegenreden, weil sich bei ihnen auch eher der Rechthaber im Publikum aufgerufen fühlt, eine Aussage in Frage zu stellen. Bei einem flexiblen Denker hin­ gegen reagieren die anderen eher kritisch im Sinne von kritisch interessiert! Hier kann es zu faszinierenden Dialogen zwischen Ihnen und Ihrem Publikum oder Gesprächspartnern kommen. Dies sind Dialoge, welche Sie beide genießen können. Dies ist übrigens

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keine Theorie. Ich selbst war vor 20 Jahren der aggressive Redner, während ich heute wirklich oft faszinierende Diskussionen nach meinen Vorträgen erleben darf.

Argumente Drei oder vier Argumente stellen im Normalfall den Hauptteil Ihrer Rede dar. Auch wenn Sie weit mehr, also vielleicht neun oder zwölf Argumente hätten, sollten Sie maximal vier für den Hauptteil nehmen und die anderen im Hinterkopf bewahren, um sie bei der Diskussion später einzubringen – nach dem Motto, dass man sein Pulver nicht sofort verschießen soll!

Hauptteil Ihrer REDE oder geplante AUSSAGEN

Bei dieser Angabe gehe ich von den Bedingungen einer typischen Mini-Rede aus. Sollten Sie hingegen ein langes Referat oder ein Seminar planen, könnten Sie vielleicht 20 Einzelargumente haben, die Sie über den ganzen Tag verteilen. Für die Regel „Nie alle Argumente bringen“ gibt es zwei Gründe. Ein Grund ist der, dass ein guter Redner zu seinem Thema immer weit mehr wissen muss, als er heute „bringen“ kann. Ein weiterer Grund, warum Sie in einer Rede (oder Verhandlungssituation) nicht zwölf Argumente aneinanderhängen sollten, hat mit der Gedächtnisleistung Ihrer Zuhörer zu tun. Da die meisten Menschen im Gebrauch ihres Gehirns nicht be­ sonders trainiert sind, müssen wir davon ausgehen, dass sie nur drei bis vier Informationen gleichzeitig behalten werden. Bieten Sie zu viele Gedanken hintereinander an, dann sind die Zuhörer zwar möglicherweise von Ihrer Rede enorm beeindruckt, wissen aber hinterher fast nichts mehr. So versuchen Verkäufer oft, einem Kunden gleich acht Vorteile auf einmal vorzustellen, anstatt durch Fragetechnik herauszufinden,

Falls Sie viele Argumente haben, verwenden Sie maximal vier für den Hauptteil und behalten die anderen im Hinterkopf.

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welche drei Vorteile diesen Kunden wirklich überzeugen könnten. Bringen Sie deshalb lieber weniger Gründe oder Hauptpunkte, diese aber anschaulich, also gehirn-gerecht. Dann werden Sie Ihre Informationen tatsächlich im Gedächtnis dieser Menschen plazieren können, auch wenn Ihre Gesprächspartner nur Gehirn-Besitzer und keine effizienten Gehirn-Benutzer sind.

Atem Durch rechtzeitiges Atmen geht Ihnen die Luft nie aus

Droht Ihnen während Ihres Vortrags öfter mal die Luft auszugehen? Das ist eines der Hauptübel, unter denen viele Redner leiden. Hier wäre es lohnenswert zu üben. Es gilt die Regel, dass Sie nicht erst Luft holen, wenn nichts mehr da ist, sondern dass Sie kleine Pausen benutzen, um rechtzeitig zu atmen. Außerdem braucht jede Rede Spannungs- bzw. Wirkungspausen. Wer hindert Sie daran, eine Pause, die rhetorisch sinnvoll ist, gleichzeitig zum Atmen zu benutzen? Falls Sie ernsthafte Luftprobleme haben, sollten Sie möglicher­ weise ein gezieltes Atem-Training in Betracht ziehen.

Aussprache

WICHTIG

Die meisten Menschen haben bei manchen BuchstabenKombinationen kleinere Schwächen, die beim normalen Reden im Alltag nie erfasst werden. Es gibt einen grundlegenden Tipp, wie Ihre Aussprache gut verständlich wird: Achten Sie auf die Konsonanten! Wenn harte Buchstaben weich bzw. weiche Konsonanten hart aus­ gesprochen werden, dann stört das die Hörer erheblich, während Vokalverschiebungen eher als regionale Färbung empfunden werden.

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Bei einer besonders unsauberen Aussprache (insbesondere, wenn der Betroffene zu faul ist, seine Gesichtsmuskeln zu benutzen) hilft diese Übungsvariante: Setzen Sie sich ca. zwei Meter vom Mikrofon Ihres Aufnahmegeräts weg und lesen Sie leise einen Text vor. Ihr Flüstern sollte dabei gerade so laut sein, dass das Mikrofon Ihre Stimme noch aufnimmt. Wenn man so eine Flüster­ aufnahme hinterher versteht, dann ist die Aussprache okay. Denn beim Flüstern muss man besonders deutlich sprechen, damit es verstanden werden kann! Diese Flüsterübung kann man auch beim Autofahren ab und zu einmal durchführen. Wenn Sie sich trotz Motor und Fahrtwind­ geräuschen immer noch gut verstehen können, dann sind Sie auf dem richtigen Weg. Genaugenommen handeln Sie damit genau so wie der gute alte Demosthenes! Der stand nämlich am Meer und schrie gegen die Brandung an, um seine leise, undeutliche Aussprache zu ver­ bessern. Wenn das Problem die Lautstärke ist, dann können solche Übungen sinnvoll sein. Wenn es jedoch nur um die Aussprache geht, dann rate ich zur Flüsterübung. Diese ist phänomenal, weil Sie die Muskeln im

Üben Sie auch unterwegs

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Flüsterübung

Gesicht wirklich bewegen müssen. Probieren Sie es einmal vor dem Spiegel aus. Sie werden erstaunt sein. Sprechen Sie zu­ nächst – ganz normal – einen Satz, und anschließend denselben Satz flüsternd und überdeutlich, dann werden Sie sehen, was passiert. Abgesehen davon spüren Sie es auch!

REUSCH, Fritz: Der kleine Hey – Die Kunst des Sprechens. Schott Verlag, Mainz 1997

Übrigens gibt es ein Training, das fast alle Schauspieler oder ProfiSprecher irgendwann einmal durchlaufen. Besorgen Sie sich im Buchhandel den sogenannten kleinen HEY, der hervorragende Sprechübungen zum Ablesen enthält.

Denk-Blockaden

Warten Sie nicht auf Inspiration, handeln Sie!

Stellen Sie sich vor, Sie wollen ein Redemanuskript schreiben und es fällt Ihnen absolut nichts ein. In diesem Fall warten viele Leute darauf, dass die Muse sie küsst – und das kann Tage oder Wochen dauern (oder auch nie passieren). Geniale Leute gehen anders vor, sie handeln. Das heisst, wenn Sie eine Schreib-Blockade haben, dann müssen Sie paradoxerweise schreiben. Nur liegt das Geheimnis darin, mit einem anderen Thema (als dem, das Sie blockiert) zu beginnen oder aber darüber nachzudenken, warum Ihnen nichts einfällt, also über die Denk-Blockade selbst zu schreiben. Dieser Trick, etwas anderes zu schreiben, wurde von einer amerikanischen Autorin zu einer Technik weiterentwickelt, die mir sehr imponiert und seit Jahrzehnten exzellente Dienste leistet. Leider weiss ich ihren Namen nicht. Es handelt sich um den Bei­ trag einer Leserin in einer Fachzeitschrift für Autoren, die ich seit 1969 lese („Writer’s Digest“); dort erschien ihr Name in Form eines Kürzels (Mary S. aus Wichita).

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Hier ist ihr Vorschlag: Schreiben Sie einen Dialog. Dabei könnte Ihr Bleistift mit dem Papier reden, auf das er schreibt; oder Ihr Füller mit Ihrer Kaffeetasse bzw. Ihre Finger (auf der PC-Tastatur) mit dem Bildschirm, auf den Sie starren. Die beiden „unterhalten sich“ über das Thema, das Sie gerade beschäftigt. Nehmen wir an, Sie müssen einen medizinischen Vortrag halten, den Sie schon mehrmals auf die lange Bank geschoben haben und nun droht der Termin – Sie müssen heute anfangen, trotz Blockade. Dann könnte Ihr Dialog z. B. so aussehen: Bleistift: Hach, mir fällt heute aber auch gaaaaaaaaaaar nichts ein. Kaffeetasse:

Worüber sollst du denn referieren?

Bleistift:

Über Peyton ROUS.

Kaffeetasse:

Und wer soll das sein?

Bleistift:

Der Entdecker onkogener Viren.

Kaffeetasse:

Häh? Was is’n das?

Bleistift:

Viren, die Krebs auslösen.

Kaffeetasse: Ha, ha, weiss doch jeder, dass es keine Krebs­ viren gibt. Bleistift: Ja, das dachten damals alle, aber ROUS be­ kam später den Nobelpreis für seine bahn­ brechende Arbeit … Und schon sind Sie mitten im Thema. Sie können es gar nicht verhindern. Der Grund, warum diese geniale Technik so gut funktioniert, ist einfach nachzuvollziehen: Indem Sie über Ihr

Hach, mir fällt heute aber auch gaaaaaaaaaaar nichts ein.

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Sofort beginnen die Gedanken zu fließen

Thema in einer Art nachdenken, als müssten Sie es jemandem erklären, der null Ahnung hat, beginnen Sie einzelne WissensAspekte zu aktivieren, die wiederum mit vielen weiteren Ideen, Gedanken und Informationen ver-BUND-en sind. Und so beginnen Ihre Gedanken innerhalb kürzester Zeit zu fließen.

Dialektik Wir neigen oft dazu, „mit der Tür ins Haus“ zu fallen. Wie reagieren Sie, wenn Sie sich überrumpelt fühlen? Mit Abwehr?

Überzeugen

Um überzeugend reden oder argumentieren zu können, bedarf es sprachlicher Technik, auch Dialektik genannt. Ursprünglich bedeutete das Wort „diálogos“ (griechisch) die „Unterredung“; heute denken wir dabei eher an „Tricks“, andere zu überzeugen. Wir setzen dabei stets stillschweigend die Ablehnung unseres Standpunktes voraus. 1. Fragen Sie sich: Muss ich immer sofort „Kontra“ geben?

Geben Sie öfter mal nach!

Wenn jemand eine Meinung äußert, die uns nicht gefällt, ist unsere erste spontane Reaktion leider allzu oft Ablehnung. („Das sehen Sie zu eng!“) Dabei handelt es sich häufig um Aspekte, zu denen jeder ruhig eine andere Meinung haben kann. Wenn Sie öfter mal nachgeben, haben Sie, wenn es Ihnen wirklich wichtig ist, eine weit bessere Chance zu überzeugen als jemand, der seinen Kopf immer durchsetzen will.

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2. Unterscheiden Sie zwischen Fakten und Personen Drücken Sie, noch ehe Sie die Meinung des anderen anzweifeln, Respekt für ihn als Person aus. Sagen Sie beispielsweise: „Sie wissen, dass ich Sie persönlich sehr schätze, aber in dieser Sache kann ich Ihnen leider nicht zustimmen, weil …“

O.K.-Signale

3. Präsentieren Sie Beispiele Beispiele regen die Vorstellung an; nun „sieht“ der andere im wahrsten Sinne, was Sie meinen. Das ist an-schau-lich und über­ zeugt. Warnung: Ihr Beispiel soll Ihre Aussage ver-deutlichen (das ist, wie wenn Sie mit dem Finger auf etwas Vorhandenes deuten würden); aber denken Sie auch daran: Ein isoliertes Beispiel ist kein Beweis. (Es kann sogar die berühmte Ausnahme sein.)

Beispiele überzeugen

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4. Fragen statt sagen

Wer fragt, führt

Wenn uns jemand eine stimulierende Frage stellt, die unser Denken in neue Bahnen führt, sind wir selbst die Entdecker und für diese Gedanken daher weit aufgeschlossener als bei apodiktischen Aussagen. Wer fragt, führt. Somit haben Sie die Situation im Griff – inhaltlich wie strategisch. 5. Betonen Sie Gemeinsamkeiten

Bei Meinungs­ verschieden­ heiten ...

Gerade bei Meinungsverschiedenheiten besteht die Gefahr, dass jeder sich auf seinen Standpunkt versteift. Fragen Sie sich, ob es Gemeinsamkeiten gibt; wenn ja, bringen Sie diese bewusst ins Gespräch! Beispiele: • „Sind wir uns einig, dass …?“ Oder: • „Da wir beide den neuen Partner noch nicht persönlich kennen, könnten wir vielleicht in Erwägung ziehen …?“ • „Wir wollen doch beide, dass … und gerade deshalb schlage ich vor …“ Solche Signale helfen dem anderen, das Gesicht zu wahren, weil er nun wegen des höheren Ziels der Gemeinsamkeit leichter nachgeben kann. 6. Klären Sie die Begriffe

WATZLAWICK, Paul: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Piper Verlag, München 2005

Man kann bildsauber aneinander vorbeireden, wenn jeder unter demselben Wort etwas anderes versteht. Ein Beispiel: In seinem faszinierenden Buch Wie wirklich ist die Wirklichkeit? beschreibt Paul WATZLAWICK ein amerikanisches Ehepaar, das jahrelang wüste Auseinandersetzungen über einen Vorfall in den Flitter­ wochen erlebte, weil die beiden den Begriff nie geklärt hatten. Für ihn bedeutete „Flitterwochen“: „Nur wir zwei unter völligem

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Ausschluss der Welt.“ Für sie hingegen waren „Flitterwochen“ die „erste Zeit als verheiratete Frau“, in der sie Gelegenheit hatte, ihre neue soziale Rolle zu lernen (beispielsweise, indem sie in der Hotelbar mit einer anderen Ehefrau am Nachbartisch sprach, woraufhin er total sauer wurde).

Flitter­ wochen

Eben weil man sich so schön „mist“-verstehen kann, meinte VOLTAIRE ja auch: „Wenn du mit mir reden willst, definiere deine Termini.“

7. Zitieren Sie Fachleute Wenn Sie fundierte Fachkenntnisse haben: Behaupten Sie nicht einfach, was Sie wissen, sondern zitieren Sie Autoritäten, und zwar solche, die Ihr Gegner anerkennt. Damit er Ihre Information nicht als Belehrung empfindet, erwähnen Sie „mildernde Um-

Fachwissen

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stände“ wie etwa: „Die Studie ist gerade erst erschienen.“ Oder: „Ich weiß, bis vor kurzem entsprach die offizielle Schulmeinung Ihrem Standpunkt“ u. Ä.

Erwartungshaltung der HörerInnen Werden Er­ wartungen nicht er­ füllt, kommt es zur EntTäuschung

Unbewusste Erwartungen

„Falsche“ Sprache

Haben Sie das Wort „Enttäuschung“ schon einmal wörtlich ge­ nommen? Es bedeutet, dass eine Täuschung endet! Nun beruhen Ent-Täuschungen immer auf Erwartungen, die man hatte. Des­ halb muss eine professionelle Vorbereitung diese berücksichtigen. In Ihren Zuhörern können zwei Arten von Erwartungshaltungen entstehen, welche von Ihnen „enttäuscht“ werden könnten, näm­ lich bewusste und unbewusste. Bewusste Erwartungen sind in Vorgesprächen mit dem Veranstalter zu klären (bzw. ergeben sich aus Ihrem Vorwissen, z. B. bei einem Meeting in der Firma). Wichtiger sind die unbewussten Erwartungen! Um meinen Seminarteilnehmern dies klarzumachen, spreche ich manchmal – mitten im Vortrag – in einer anderen Sprache weiter (ca. 90 Sekunden lang). Zunächst glauben die HörerInnen an „akustische“ Probleme, dann dämmert es ihnen, dass es sich um eine andere Sprache handelt, welche sie nun entweder verstehen oder nicht. Diejenigen, die verstehen, beginnen jetzt zu grinsen und wieder mitzudenken (denn ich fahre inhaltlich da fort, wo ich „umgestellt“ hatte), die anderen zeigen jetzt in wachsendem Maße Signale der Verwirrung, der Frustration, anfängliche Ent­ täuschung. An diesem Punkt spreche ich wieder in der Sprache weiter, in der ich heute referiere, und sage: Dies, meine Damen und Herren, war ein Beispiel für eine un­ bewusste Erwartungshaltung, die Sie hatten. Natürlich standen Sie vorhin in der Kaffeepause nicht im Foyer und haben gesagt:

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„Hoffentlich wird die Birkenbihl heute englisch (bzw. die Sprache des heutigen Tages) sprechen!“ Natürlich nicht. Sie erwarteten dies, vollautomatisch und unbewusst. Es ist unwahrscheinlich, dass Sie die sprachliche Erwartungs­ haltung Ihrer Zuhörer enttäuschen (außer, wenn Sie z. B. zu schnell sprechen und man Ihnen nicht folgen kann). Aber folgende unbewusste Erwartungen sollten Sie immer berücksichtigen: • Man an soll mein Selbstwertgefühl nicht angreifen. • Man soll mich nicht langweilen. • Man soll mich aktiv einbeziehen, ich will mitdenken, nicht passiv „berieselt“ werden. • Man soll meine Fragen und/oder Einwände ernst nehmen, wenn ich welche äußern will.

So hört man Ihnen GERN zu

Wenn Sie diese vier unbewussten Erwartungen befriedigen, wird man Sie als Mensch respektieren (mögen!) und sich demzufolge auch bereitwillig mit Ihren Botschaften auseinandersetzen.

Gliederung Hier möchte ich Ihnen einen kurzen Überblick über die wichtigsten/ gebräuchlichsten Möglichkeiten geben, Ihre Rede zu strukturieren: • Das Standard-Schema besteht aus Einleitung, Hauptteil und Schluss. • Bei AIDA (A = attention = Aufmerksamkeit, I = interest = Interesse, D = desire = dringender Wunsch, A = action = Aktion, Handlung), einem amerikanischen Schema (nach LEWIS), sollen die Zuhörer zum Handeln motiviert werden; man spricht deshalb auch von einer Motivationsrede.

Standard

AIDA

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AITA

KaGa und KaWa

Schnell­ schuss

Laudatio

• Eine Fortentwicklung ist das Birkenbihl-Schema AITA (A = Aufmerksamkeit, I = Interesse, T = Theorie, A = Aha-Erlebnis), das sich für Informations-Reden eignet. • Mithilfe eines KaGa.s finden Sie völlig neue Gedanken für den Aufbau Ihrer Rede und gewinnen häufig Illustrationen, die Sie im Vortrag einsetzen können. Mehr Details bietet das KaWa, bei dem Sie das Thema Ihrer Rede als Schlüsselwort betrachten und es in seine Wort-Bestandteile oder in seine Buchstaben zerlegen. Die originellen Assoziationen, die dabei entstehen, bilden das Gerüst Ihrer Rede. • Wenn Sie unerwartet und unvorbereitet einen rhetorischen Schnell­schuss abgeben müssen, kann es Ihnen helfen, wenn Sie sich Ihrem Thema mit folgenden Fragen nähern: „Was war?“ (Vergangenheit), „Was ist?“ (Gegenwart) und „Was soll werden?“ (Zukunft). Eine Sonderaufgabe ist die Lob-Rede auf einen Menschen, die sogenannte Laudatio. Das hier vorgestellte Schema nach Michael BIRKENBIHL orientiert sich an den Aufgaben, die laut Alfred ADLER jeder Mensch im Leben zu erfüllen hat: 1. Er muss sich in der Arbeitswelt zurechtfinden. 2. Er muss das Problem „Liebe“ bewältigen, d. h. befriedigende Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen können.

4 Lebens­ aufgaben

3. Er muss sich in der gesellschaftlichen Gemeinschaft zurecht­ finden und für diese Gemeinschaft auch etwas tun. 4. Wenn er die ersten drei Aufgaben einigermaßen ausgewogen bewältigen kann, dann wird er zum Lebenskünstler. Aus diesen Gedanken lässt sich für jeden Menschen eine Laudatio halten, wobei Michael BIRKENBIHL darauf verweist, dass man in

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  63

der Rede diejenigen Aspekte hervorhebt, die in diesem Fall be­ sonders gut passen. Angenommen, Sie sollen eine Laudatio auf einen ausscheidenden Firmenchef halten, der die Aufgaben 2 und 3 nicht besonders gut bewältigt hat, dann konzentrieren Sie Ihre Rede auf die beruflichen Leistungen des Mannes (Punkt 1). Oder umgekehrt: Wenn jemand vielleicht weniger professionell in seiner Leistung war, aber immer gute Beziehungen zu anderen gepflegt hat, dann heben Sie diesen Aspekt besonders hervor.

Heben Sie gut ge­ meisterte Aspekte hervor

Also: Je ausgewogener der Mensch, über den Sie reden sollen, desto mehr der ADLER’schen Lebensaufgaben können Sie in die Rede packen.

Insel-Modell Ich kann im Rahmen des vorliegenden Buches nur einen kurzen Überblick über mein Insel-Modell geben; wir können uns jeden Menschen als in einer metaphorischen Insel lebend vorstellen. Die Idee kam mir vor mehr als drei Jahrzehnten, als ich einen Pop-Song hörte („No man‘s an island“ = Niemand ist eine Insel) und dachte: Doch. Eigentlich „ist“ jeder „in“ einer Insel, die auf den unend­ lichen Weiten der „Menschheit“ dahinschwimmt. Manche Inseln haben Überschneidungen, andere nicht. Viele sind ziemlich allein und einsam mit ihrer Insel … Später habe ich die Metapher stark ausgebaut (Brückenbau zu anderen Inseln, Zugbrücken-Effekt usw.), aber hier reicht die grundsätzliche Idee.

KURZ­ FASSUNG

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Kommt es zu einer Übereinstimmung (haben wir also über­ schneidende Inseln), dann ist dies zunächst einmal Glück. Haben wir hingegen Pech, dann sind unsere Inseln (zumindest zu Beginn einer Kommunikation) „weit voneinander entfernt“.

Stellen Sie sich auf Ihr Gegenüber ein, mit dem Sie kommunizieren wollen

Haben wir Glück, dann fühlen wir uns gegenseitig angesprochen. Andernfalls erhebt sich die Frage, ob wir die Brücke zur Insel des Gegenübers (bzw. zu unserem Publikum) „bauen“ können. Dies aber geht nur, wenn wir uns für die Betroffenen interessieren. Einer der ältesten Ratschläge für gute Kommunikation lautet, sich auf den Menschen einzustellen, den man motivieren möchte, sich für einen selbst zu interessieren. Ob Sie jemandem etwas erzählen wollen (dem Sie zuvor nicht zugehört haben), oder ob Sie jemanden um einen Gefallen bitten, ohne sich auf ihn ein­ zustellen – wir erleben es tagtäglich: Man sieht allzu oft nur sich, nur die eigene „Insel“, in deren Zentrum man lebt. Andere Menschen tauchen am Rand der eigenen Insel auf, irgendwo da

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draußen, aber alles was zählt, ist man selbst. Nun, das ist zwar leider normal (nicht seelisch-geistig gesund, nur normal, d. h. „der Norm entsprechend“), aber es führt eben leider nicht zu kommunikativen Erfolgen.

Je größer die eigene Insel, desto mehr Überschneidungen werden wir mit Inseln anderer erleben, selbst wenn deren Inseln klitzeklein bleiben (hilfreich im Gespräch mit mancher Führungskraft oder auch mit KundInnen). Wohl kaum jemandem ist klar, wie sehr Lernen für bessere Kommunikation sorgt! Aus der Schule wissen wir dies eher nicht. Aber: Menschen mit vergleichbaren Insel-Inhalten, können einander leicht(er) verstehen. Eigentlich wissen wir dies! So sprechen Fachleute (z. B. Physiker untereinander oder Dirigenten mit ihrem Orchester) eine Art von Stenogramm-Stil, eben weil sie dieselben Inhalte in ihren Inseln „herumtragen“. Spricht aber ein Fachmann (z. B. ein PC-Berater mit einem armen Laien, der seinen ersten PC kaufen will oder

MERKE

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muss), dann muss er eine Brücke zu dem Laien bauen, statt ihn mit seinem Fach-Chinesisch zu „erschlagen“. Stellen wir uns jeden Menschen in seiner Insel vor: Manche le­ben in (nicht auf, weil wir die Insel nie verlassen können) einem klitzekleinen „Standpunkt“, andere arbeiten systema­tisch an der Er-WEITerung ihrer Insel (durch Pfeile symbo­ lisiert), sodass die ständig wachsenden Insel-Grenzen (wie Baumringe) das seelische Altern als Reife­prozess symbo­ lisieren. Merke: Je größer die eigene Insel, desto leichter finden wir Über­ schnei­dungen mit Inseln anderer, auch wenn deren Inseln klitzeklein geblieben sind.

Mit jeder Tatsache, die unseren Insel-Inhalt mit dem anderer Menschen „ver-GLEICH-barer“ macht, erleichtert sich die Kommunikation mit jenen, die dies auch wissen. Mit jedem Themenkreis, mit dem wir uns befassen, schaffen wir weitere ver-GLEICH-bare Insel-Inhalte mit allen, die sich auch damit befasst haben. Mit jeder Fremdsprache lernen wir gleichzeitig eine Menge über Kultur und Mentalität der Menschen, deren Sprache es ist.

Neben den Inhalten im Sinne von Wissen, Kenntnissen, Meinungen etc. gibt es auch eine andere Art von Überschneidung. Der Volks­ mund spricht davon, ob wir „auf einer Welle liegen“. Dies kann

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sowohl grundsätzlich der Fall sein (es gibt Leute, da „stimmt ein­ fach die Chemie“, um eine weitere Metapher zu verwenden), aber das Phänomen kann auch im Hier und Jetzt gesehen werden. Wenn Sie gerade sehr „aufgekratzt“ (oder, wie die Schweizer sagen, „aufgestellt“) sind, wenn Sie sich energiegeladen und munter fühlen und Sie senden eine Botschaft an jemanden, der/die gerade müde ist, dann liegen Ihre Botschaft und der Empfang derselben eben nicht „auf einer Welle“, dann erhalten Sie „Wellen-Salat“.

Die Sache mit den Wellen ...

Nun hängt es davon ab, ob wir im Zweifelsfall eher aggressiv reagieren, wenn uns eine „falsche Welle“ zu unterspülen droht, oder ob wir still und leise eher die Flucht ergreifen. Das können wir in der normalen Rede beobachten, aber auch im Schriftverkehr. Das Prinzip des (mangelnden) Brückenbaus möchte ich anhand von zwei kleinen Fallbeispielen aus der WANDZEITUNG meiner Website demonstrieren. Hier können wir nämlich direkt mitver­ folgen, wie gewisse E-Mails damals auf mich wirkten, wenn ich sie nachts oft zwischen drei und fünf Uhr früh eine nach der anderen lesen und beantworten will (manchmal auch beantworten „muss“). Vielen Leuten ist nicht klar, dass es sich hier um einen kostenlosen Service handelt, den ich vollkommen „nebenbei“ manage, der mich ca. 100 Minuten pro Tag kostet und von meiner eigentlichen Arbeit abhält, was ich unter Zeitdruck unangenehm empfinden kann. Zum Beispiel, wenn ich von einer SeminarReise zurückkomme und die Riesenanzahl von Mails gleichzeitig erblicke. Außerdem kann es in einer Buch-Schreibphase (wie jetzt) durchaus vorkommen, dass ich 12 Stunden am Stück auf meinen Schreib-Computer (unten im Büro) gestarrt habe und dann, wenn ich hinaufkomme, wieder auf einen Bildschirm (des portablen Steh-Computers, auf dem die Wandzeitungs-Beiträge beantwortet werden).

Leider existiert diese nicht mehr, aber Sie finden ca. 85 % der Wandzeitungsfragen und Antworten in dem Buch Best of www.birkenbihl.de, das Sie antiquarisch erwerben können.

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Dann bin ich vielleicht auch ein wenig müde und nicht vollauto­ matisch sooooo bereit, mich auf andere einzustellen. Das heißt, dann reagiere ich relativ unverblümt auf Leute, die in ihrer Insel hängen, ohne eine Brücke zu meiner zu bauen, wie der Typ im ersten Beispiel. In diesem Zusam­ menhang könnte Sie auch mein Video-Vortrag Männer/Frauen – mehr als der kleine Unterschied interessieren.

Es ist übrigens kein Zufall, dass mehr Negativ-Beispiele von Män­nern und mehr Positiv-Beispiele von Frauen stammen, rein statistisch gesehen kommunizieren Frauen öfter „eleganter“ als Männer. Fall 1: Eine Bewerbung, die keine Brücke baut Betreff: Bewerbung um Fachübersetzungen Sehr geehrte Damen und Herren, V F. B: Tja, auf einer Birkenbihl-Insider-Seite sollte man sich nicht anonym an „Damen und Herren“ wenden, meinen Sie nicht? mit dieser Mail möchte ich Ihnen Fachübersetzungen und Dienste drumherum, beides auf modernster technischer Grundlage, anbieten. V F. B: Dies ist keine Mail, sondern Sie missbrauchen eine öffentliche Diskussion in einem Diskussions-FORUM, nämlich unserer WANDZEITUNG, in der solche Sachen weiß Gott nichts zu suchen haben! Ein kurzer Blick auf einige andere Beiträge hätte Ihnen das gezeigt! Eine etwas tiefere Auseinandersetzung hätte Ihnen auch gezeigt, dass unsere Insider durchaus die Möglichkeiten haben, sich anderen Insidern „anzubieten“, aber nicht in der Wandzeitung!!!

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Seit 1978 arbeite ich als Bauingenieur und Architekt und bereits 1970, in meinem ersten Lehrjahr, begann ich mit gewerblichen Übersetzungen aus verschiedenen Sprachen ins Deutsche. In den ersten Jahren waren es hauptsächlich baufachliche Themen, doch später dann auch unterschied­ lichste andere Inhalte aus Wirtschaft und Wissenschaft, vom Briefverkehr über Technische und Vertragsdokumente bis hin zu umfangreicheren Monografien. vfb: Sorry. Aber ich habe den REST Ihrer ziemlich langen Mail (ca. 9 lange Absätze) gelöscht; Sie sprechen nur von sich – ohne Rücksicht darauf, wer Ihr Adressat ist … Wenn Sie wirklich Arbeit bzw. Aufträge suchen, möchte ich Sie einladen, meinen Beitrag zu ARBEITSLOSIGKEIT in der TEXT-Schublade (auf der Website) zu lesen. Es sind BEWERBUNGEN wie Ihre, die selten erfolgreich sind. Ich kenne Leute, die damit angeben, wie viele Bewerbungen sie rausgeschickt haben, und sich dann gegenseitig übertrumpfen, aufzuzählen, wie fies potenzielle Auftraggeber oder Arbeitnehmer wären, die oft gar nicht antworten. In Ihrem Fall kommt noch hinzu, dass Sie ein Diskussions-Forum missbrauchen, das ist auch nicht gerade die feine Art, die Ihnen Sympathie zuträgt: Zwar kann man Websites nutzen, aber das absolute Minimum sollte m.E. sein: 1. Auf einer Website einer einzelnen Person (hier: birkenbihlInsider) diese Person namentlich anzusprechen (statt mit „Damen und Herren“, als seien wir eine Organisation von Fremden). Selbst bei einer Firma kann man vorab telefonisch recherchieren, wer der entsprechende Ansprechpartner für unsere Anfrage ist. 2. Eine Website, in der Sie Ihren Wunsch (dass man sich für Sie interessiert) platzieren wollen, zumindest ein wenig zu studieren. Das gilt für alle Websites, nicht nur unsere. Es

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gehört zur „netiquette“! Dann hätten Sie in unserem Fall ge­ lernt, wie und wo unsere Insider sich und andere suchen und finden, d. h., Sie hätten ANSCHLIESSEND Ihre Daten durchaus platzieren können (und dürfen), aber zuerst hätten Sie uns motivieren müssen, Ihnen das Passwort für die Insider-Foren zu verraten.

Den erwähnten Beitrag (über Arbeits­ losigkeit) findet man in meinem Werk Das Birkenbihl-AlphaBuch (das leider nur noch antiquarisch erhältlich ist). Dort verrate ich auf 15 Seiten meine Geheimstrategie (bis zu jenem Zeitpunkt nur Seminarteilnehmer­ Innen vorbehalten), wie Sie die Chancen auf einen DIFFEREN­ ZIERTEN Job dra­ matisch erhöhen können.

3. Man sollte doch zumindest fragen, ob irgendwer in unserem Büro überhaupt einen Übersetzer BENÖTIGT. Vielleicht ar­bei­ ten wir ja auch seit Jahren mit einem kleinen Team von Leuten zusammen, denen wir nichts wegnehmen wollen (was Sie im umgekehrten Fall auch hoffen, wenn Sie Partner finden, oder?) Vielleicht übersetzen wir so gut wie nie?? Vielleicht machen wir es selbst?? Tatsache ist, Sie wissen es nicht. Weil Sie sich nicht für uns interessieren – Sie wollen nur, dass wir uns für Sie interessieren. Warum? Weil Sie Arbeit suchen: Sie – nicht wir! Sie sehen: Blinde Bewerbungen herumzuschicken ist nicht sehr zu­ kunftsträchtig. In meinem Artikel, den wir extra in die Text-Schub­ lade gesetzt haben, damit kein Arbeitsloser sagen muss, er hätte das Geld für das entsprechende Taschenbuch nicht (siehe Rand), finden Sie eine Menge Info. Die hätten Sie aber auch ganz alleine gefunden, wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, die Leute ein wenig kennenzulernen, von denen Sie hoffen, dass diese sich für Sie interessieren. Das geht aber schlecht, wenn wir das Gefühl erhalten, dass Sie Ihre sogenannte E-Mail einfach blind in irgendwelche Websites im Internet REINKNALLEN, ohne Rücksicht darauf, wer dort „wohnt“. So werden Sie nicht (viel) Goodwill erzeugen … Sorry.

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Jedes Mal, wenn Sie möchten, dass jemand sich für Sie interessiert, müssen Sie sich quasi bei ihm „bewerben“. Des­ halb ist dieses Beispiel eine wunderbare Metapher für den Prozess der Annäherung an Menschen, die für uns nützlich sein könnten.

MERKE

Fall 2: Das Gegenstück … eine Brücke wird gebaut Die Schreiberin der folgenden Mail baut zuerst eine Brücke zu mir, also interessiere ich mich auch für sie. Liebe Frau Birkenbihl, Nach der Lektüre meines ersten Buches von Ihnen (Das neue „Stroh im Kopf?“) war ich hin und weg. Inzwischen ist bei mir eine richtige Birkenbihl-Manie ausgebrochen. Für mich ist zum Beispiel Ihre Kläranlage des Geistes (im Alpha-Buch) eine ganz tolle Sache. Inzwischen experimentiere ich mit meinem ersten KaWa-Couvert aus dem Analograffiti-Buch (Thema Stress) und habe gestern mit viel Begeisterung auch die Idee von den Info-Flips übernommen. Auch die Idee mit den Kassetten oder CDs finde ich toll. Die Zeit im Fitness­ center habe ich schon immer gerne für Hörbücher benützt. Mit Ihren Vortrags-Kassetten kann ich da natürlich noch einiges vertiefen. Ich sehe immer zuerst die Videos (immer ein Hochgenuss) und höre dann die Audio-Tracks mehrmals, im Auto, beim Joggen etc. Tja, dass ich jetzt für Fragen AUFGESCHLOSSEN bin, ist sicher genauso leicht nachzuvollziehen wie im ersten Fall meine entschlossene Verschlossenheit.

Hier baut die Schreiberin zunächst eine Brücke zu meiner Insel

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Fazit: Wenn sich andere für uns interessieren, also eine Brücke zu unserer Insel bauen, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass wir Lust haben, über diese Brücke zu ihnen zu „gehen“ und uns mit ihnen befassen wollen.

MERKE

Und umgekehrt: Wenn wir möchten, dass andere sich für uns interessieren, dann sollten wir die Brücke bauen. So „banal“ es klingen mag, so „normal“ ist leider das Gegenteil.

Kritik

Rhetorische Doppelfrage

Wie öffnet man das Publikum für Kritik (z. B. um Verbesserungsvorschläge anzubieten)? Ganz besonders wirkungsvoll ist die Kombination einer rhetorischen Doppelfrage, wobei Ihre erste Frage die zweite „vorbereitet“ (was jedoch niemand weiß, wenn Sie die erste stellen!). Diese Technik ist für normale Gespräche genauso gut geeignet wie für eine Konferenz oder für die „große“ Rede vor „großem“ Publikum. Nehmen wir an, Sie wollen einer Gruppe von (Zahn-)Ärzten auf die Finger klopfen, weil diese ihre Patienten unnötig lange warten lassen. Sie möchten z. B. vorschlagen, wie in den USA Nummern zu

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verteilen und es denjenigen PatientInnen, bei denen es garantiert zu mehr als 40 Minuten Wartezeit kommen wird, freizustellen, noch einmal wegzugehen (z. B. im Nachbar-Café zu sitzen). Nun wissen Sie aber aus bitterer Erfahrung, dass das „Patientengut“ das ist, womit der normale (Zahn-)Arzt zwar seinen Lebensunter­ halt verdient, aber die wenigsten (Zahn-)Ärzte sehen diesen Patienten als Mitmenschen oder sich selbst gar als „Dienstleister“.

Wie können Sie derartige Gedanken „rüberbringen“, ohne die Leute anzugreifen? Hier bietet sich die rhetorische Doppelfragen-Kombination an. Frage Nr. 1 könnte z. B. lauten: • Wie gern warten Sie auf etwas oder jemanden? • Wie fühlen Sie sich, wenn jemand Sie unnötig warten lässt?

Frage Nummer 1

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• Was empfinden Sie gegenüber Menschen, die Sie unnötig warten lassen, insbesondere, wenn Sie einen festen Termin hatten? • Wie finden Sie es, wenn andere Menschen Ihre wertvolle Zeit stehlen, indem sie Sie unnötig warten lassen? • Haben Sie eine intelligente Strategie für unnötige Wartezeiten entwickelt, sodass Sie diese sinnvoll nutzen können, auch wenn Sie ständig mit einer Durchsage (z. B. am Flughafen) rechnen müssen?

Frage Nummer 2

Sie bereitet das Publikum für die zweite Frage vor, die z. B. folgen­ dermaßen lauten könnte: • Haben Sie sich jemals gefragt, wie sich Ihre Patienten fühlen, wenn sie – trotz klarer Terminabsprache – stundenlang warten müssen? • Sicher sind Sie auch manchmal als Patient bei einem Kollegen, als Kollege müssen Sie jedoch wahrscheinlich nicht lange warten. Aber angenommen, Sie würden wie jeder normale Patient behandelt, gefiele Ihnen die lange Wartezeit? • Würden Sie die lange Warterei Ihrer Patienten abstellen wol­ len, wenn Sie könnten?

Fragen öffnen den Geist Ihrer HörerInnen

Sie sehen: Wenn sich Ihre ZuhörerInnen erst einmal mit den „Opfern“ ihres Verhaltens identifiziert haben, ist es weit leichter, ihnen (mit einigen weiteren hinführenden Fragen) vorsichtig klarzumachen, was ihr Verhalten für die Betroffenen bedeutet. Jetzt, nachdem die Problemstellung klar im Raum steht, sind Ihre HörerInnen auch an Lösungsvorschlägen interessiert …

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Lampenfieber Sie wissen vielleicht, dass gerade die besten Schauspieler uns immer wieder bestätigen, auch in der hundertsten Vorstellung noch unter Lampenfieber zu leiden – kurz vor der Vorstellung. Aber nach den ersten Minuten verschwindet diese Art der Nervosi­ tät und weicht einer professionellen Leistung, die natürlich nur erbringen kann, wer gut vorbereitet war. Wir können zwar nicht behaupten, dass ein Redner, der etwas weiß, nie nervös sein wird. Aber wir können sehr wohl den Um­ kehrschluss ziehen. Je weniger ein Redner weiß, desto nervöser wird er zwangsläufig sein. Und zwar in besonderem Maß, je mehr ihm bewusst wird, dass er nichts weiß. Im Optimalfall sprechen Sie nur zu Themen, zu denen Sie bereits eine Wissensplattform (siehe Seite 93 ff.) erarbeitet haben. Ent­ weder sind Sie mit dem Thema bereits sowieso vertraut, im Sinne der allgemeinen Vorbereitung, oder Sie planen Ihren Vortrag bzw. Ihre geplanten Aussagen sorgfältig, im Sinne der speziellen Vorbereitung. Ihre Anfangs-Nervosität können Sie am besten bewältigen, wenn Sie insbesondere dem Beginn Ihrer Rede viel Beachtung ge­ schenkt haben. Ich habe für schwierige Referate manchmal einen ganzen Nachmittag in die Entwicklung eines guten Einstiegs investiert. Denn: Ob Sie Ihr Publikum gewinnen werden, das ent­ scheidet sich innerhalb der ersten ein bis zwei Minuten. Besonders schwierige Referate sind zunächst einmal „PilotProgramme“. Das heißt, jeder Vortrag oder Seminarabschnitt, den ich zum ersten Mal durchführe, ist quasi ein Experiment. Je wichtiger die wirkliche Zielgruppe, desto sinnvoller ist ein Pilot

Die Vor­ bereitung ist ent­ scheidend

Wissens­ plattform

Schenken Sie dem Anfang der Rede be­ sondere Aufmerk­ samkeit

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Vorher testen!

(Test) mit einer „Pilotgruppe“ vorher. So entwickle ich z. B. neue Seminarinhalte mit der Volkshochschule, ehe ich diese auf dem „freien Markt“ anbiete. Auch eine Gruppe von Freunden kann eine gute Pilotgruppe darstellen.

Natürliche Nervo­sität vs. bgründete Angst

Ich möchte zu den beiden Aspekten der Vorbereitung noch sagen: Zahlreiche Menschen lassen sich darauf ein, zu einer Sache zu sprechen, für die sie zu wenig qualifiziert sind, weil sie hierzu noch zu wenig spezielle Vorbereitungsarbeit geleistet haben. Dies er­ gibt dann keine natürliche Nervosität, welche sogar sehr hilfreich sein kann, weil sie Spannung erzeugt, sondern dies führt zu einer Art von Lampenfieber, die ich als begründete Angst bezeichne. Das ist ähnlich wie Prüfungsangst – sie ist um so gefährlicher, je weniger der Betroffene vorher gelernt hat –, im Gegensatz zu einer gewissen Nervosität, welche uns hellwach macht. Ein wenig Lampenfieber ist hervorragend. Es erzeugt nämlich Spannung. Somit kann auch die Rede spannend werden. Jemand, der absolut keine Nervosität verspürt, wird sein Publikum weder packen noch überzeugen können! Wie erklärt sich das?

Ob Sie Ihr Publikum gewinnen werden, entscheidet sich innerhalb der ersten ein bis zwei Minuten.

Überlegen Sie bitte mit: Ich bleibe nur dann völlig kalt, wenn mir die Reaktion meiner Hörer vollkommen egal ist. Dann bin ich natürlich auch nicht nervös. Dies aber bedeutet eine Missachtung meines Publikums, und dies wiederum bedeutet, dass wir auf der Beziehungs-Ebene keine positive Beziehung etablieren können. Also ist ein wenig Nervosität der Beweis, dass Sie Ihre Hörer wirk­ lich informieren, begeistern oder motivieren wollen.

Mental-Training Es gilt die Regel, dass Sie eine Aussage umso souveräner und sicherer bringen werden, je öfter Sie diese Aussage in der Ver­ gangenheit bereits gemacht haben. Hier gibt es drei Möglichkeiten:

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• Sie haben diese Aussage im täglichen Leben (also live) bereits mehrmals tatsächlich ausgesprochen. • Sie haben die Aussage im Verlaufe Ihres Trainings bereits mehrmals ausgesprochen, und • Sie haben diese Aussage im Zuge Ihres Mental-Trainings bereits mehrmals aktiv durchgedacht.

Der Unterschied zwischen einem Nachdenken über ein Sprich­ wort oder Thema und einem mentalen Vortrag besteht darin, dass Sie sich beim Mental-Training die Aktion mit allen Details vorstellen. Sie „denken“ den Text Ihrer Rede (oder Ihres Beitrags), d. h. Sie „sprechen“ ihn mit allen notwendigen Kehlkopf- und Zungenbewegungen, aber ohne einen Ton von sich zu geben. Dabei überlegen Sie, welche Wörter Sie hervorheben wollen. Für Ihr Unterbewusstsein „sprechen“ Sie, daher geht der „Ausbau“ der „Datenautobahn im Hirn“ auch bei dieser intensiven Art des Mental-Sprech-Denkens weiter.

Vergleich zwischen Nach­ denken und mentalem Handeln

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Sie sollten beim Mental-Training sehr sorgfältig vorgehen. Es hat nur dann einen Sinn, wenn es voll konzentriert und aufmerksam durchlaufen wird. (Wenn Sie die Basisübung Vorlesen von Seite 98 ff. durchführen, bildet das Mental-Training den dritten Schritt.)

Denken Sie an Pausen!

Bitte überlegen Sie während des Mental-Trainings auch, wo man vielleicht eine kleine Pause machen könnte. Es gibt im Vortrag zwei Arten von Pausen: Erstens eine Pause, welche Spannung erzeugt. Sie liegt vor dem betonten Wort. Zweitens eine Pause, welche die Wirkung eines soeben ausgesprochenen Wortes oder Satzes erhöht. Diese Wirkungspause folgt demnach der Botschaft, die sie besonders hervorheben soll.

SprechDenken trainieren

Sportler tun es!

Sie können jeden Spaziergang, den Sie allein machen, zum ge­ zielten mentalen Sprech-Denken nutzen. Dasselbe gilt für Reise­ zeiten oder ein langes, entspannendes Bad o. Ä. Wesentlich ist: Wenn Sie regelmäßig sprech-denken (vgl. Basisübung SprechDenken, Seite 101 ff.), dann werden später solche Gedanken­ übungen von der Erinnerung an das Sprechen begleitet sein. Also mit fast unmerklichen Kehlkopf- und Zungenbewegungen einhergehen. Nun entspricht diese Art des mentalen Trainings genau dem, was Sportler tun, wenn sie z. B. in Gedanken einen Skihang hinunter­ fahren oder mental ihren Drive mit dem Golfschläger üben. So­ lange man die Tätigkeit zwischendurch immer wieder einmal wirklich ausführt, wirkt dieses Mental-Training wie eine weitere ausgeführte (echte) Übung und unterstützt den Trainingsprozess in phänomenaler Weise. Echtes und mentales Training haben die gleiche Wirkung

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  79

Zum Mental-Training gehört auch, dass Sie Ihr Publikum vor Ihrem geistigen Auge sehen, wenn Sie statt reinem Sprech-Denken später ganze Reden oder Teile davon im Sinne eines MentalTrainings durchlaufen wollen. Da müssen Sie sich auf der Bühne oder in dem Besprechungszimmer sehen, in dem die geplante Rede bzw. Ihr Statement in einer Konferenz zum ersten (bzw. nächsten) Mal tatsächlich stattfinden soll.

Mit Publikum ...

Stegreif-Rede Denken Sie an ein Thema, mit dem Sie sich in der Vergangenheit befasst haben. Frage: Könnten Sie aus dem Stegreif eine MiniRede von ca. einer Minute dazu halten?

Üben Sie für den „Ernstfall“

…… Klar! …… Ich bezweifle es. …… Auf keinen Fall! Testen Sie Ihre Fähigkeit für Stegreif-Reden regelmäßig. Trainieren Sie diesen wichtigen Aspekt rhetorischer Meisterschaft.

Steine im Fluss Stellen Sie sich vor, Sie wollen einen Fluss überqueren. Sie wissen, wo (knapp unter der Wasseroberfläche) einige Steine liegen – aber für einen Betrachter scheinen Sie „über Wasser gehen“ zu können. „Steine im Fluss“ sind Wissens-Module in Ihrem Vortrag. Dabei handelt es sich um Informations-Einheiten, die Ihnen Sicherheit bieten, denn Sie wissen genau, wo Ihre jeweiligen Steine liegen. Daher geben sie Ihnen jederzeit sicheren „Halt“, wenn Sie den Fluss überqueren wollen.

„Steine im Fluss“ sind WissensModule

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Zwischen den Steinen in Ihrem Redefluss ist natürlich Wasser. Wenn Sie frei sprechen (und Sie geraten „ins Schwimmen“), dann können Sie jederzeit auf einen dieser Steine hüpfen, und Sie haben wieder die Sicherheit, die Sie brauchen. Wie werden Steine zu Teilen meiner Rede?

Vorbereitung

Ich bereite meine „Steine im Fluss“ auf folgende Art und Weise vor: Wenn ich neue Konzepte entwickle, dann notiere ich meine ersten und zweiten Stichworte und Grundgedanken. Ich lege mir interessante Zitate zurecht, die ich vielleicht zitieren oder para­ phrasieren möchte. Dann aktiviere ich ein Kassettengerät und spreche die erste Rohversion auf Band. Ich spreche immer frei, und ich rate Ihnen dringend, keinen Vortrag schriftlich „auszuformulieren“ und dann abzulesen. Das dürfen allenfalls Top-Führungskräfte, die einmal im Jahr auf der Hauptversammlung ihrer Händler „eine Rede halten“ müssen, obwohl ihnen diese Aufgabe absolut nicht liegt!

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Nun höre ich mir diese erste Variante mehrmals an: beim Auto­ fahren (fast nebenbei!), beim Gassigehen, in der Küche usw. Wenn Sie später Ihre eigene Rohversion anhören, stellen Sie sich z. B. folgende Fragen: • Was ist mir besonders gut gelungen? Wo ist eine Formulierung geglückt? Wo ist mir spontan ein schönes Fallbeispiel ein­ gefallen? • Was gefällt mir (noch) nicht? Das fällt Ihnen spätestens beim zweiten Anhören auf. Beim ersten Mal sind Sie von Ihrer eigenen Brillanz noch relativ gefangen. Vor allem am An­ fang, wenn Sie die Übung die ersten Male machen. Deshalb suchen Sie jetzt, beim kritischen wiederholten Abhören, die Schwachstellen. Erst wenn Sie diese Fragen gut beantworten können, ist der Zeit­ punkt gekommen, die zweite Rohversion aufzunehmen. Das, was Ihnen gut gefallen hat, werden Sie beim zweiten Durchgang (fast automatisch) wieder „bringen“, eben weil es Ihnen bei mehr­ maligem Hören jedesmal gefallen hat. An den Stellen, an denen Sie noch schwach waren, arbeiten Sie jetzt weiter. Sie können jederzeit zurückspulen und Teile neu sprechen oder pausieren, während Sie nach Worten suchen. Das ist sehr einfach. Wenn mir die eine oder andere Passage auf einer Rohversion be­ sonders gut gelungen ist, dann überspiele ich diesen Teil (Kassette zu Kassette direkt) auf die nächste Rohversion, damit ich diese Stelle noch weitere Male hören kann. Bald kann ich diesen Zufallserfolg bewusst nachvollziehen!

Was ist mir besonders gut gelungen? Was gefällt mir (noch) nicht?

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Was den Inhalt Ihrer Gedanken angeht, so gilt: Was Sie selbst beim vierten oder fünften Abhören fühlen, das empfinden Ihre Hörer in der Regel beim ersten Hören!

Qualitäts­ kontrolle

Training VOR dem Auftritt

Darum können Sie jetzt feststellen: • Welche Textstellen langweilen Sie selbst? • Welche Textstellen erscheinen Ihnen jetzt unpassend (falsch, albern usw.)? • Bei welchen Textstellen empfinden Sie selbst jetzt, nach mehr­ maligem Hören, einen gewissen Stolz? (Das sind, wenn Sie selbstkritisch sind, tatsächlich die starken Stellen Ihrer Rede!) Ich mache für manche Vorträge einige (!) solcher Rohversionen! Oft investiere ich vier bis fünf Tage in ein 45-Minuten-Referat für einen Kongressbeitrag (insbesondere wenn ich neue Gedanken vortragen werde). Damit meine ich vier bis fünf Arbeitstage, d. h. ich fange einige Wochen vorher an, denn ich will ja alle Rohversions-Kassetten mehrmals hören. Wenn ich Wochen vorher mit der ersten Rohversion anfange und mir diese auf den nächsten zwei, drei Reisen unterwegs im Auto anhöre, dann erstelle ich (zu Hause oder unterwegs) die zweite Rohversion, die ich dann auf der nächsten Reise höre usw. Oft entstehen sechs bis sieben Rohversionen (in Ausnahmefällen sogar mehr). Rechnen Sie mit: Sie hören jede Rohfassung zwei- bis dreimal! Wenn Sie später vor Ihrem Publikum stehen, dann gehen Sie das Material zum 20. bis 25. Mal durch. So merkt kein Mensch, dass diese Gedanken vor einigen Wochen für Sie noch neu waren. Genaugenommen ist das Thema mit dieser Technik für Sie nicht mehr (sooo) neu. Ich finde es nämlich unfair, erste Übungen vor Publikum zu machen!

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  83

Zusatztipp für Profis Wenn es um Aspekte geht, die Ihnen zunächst besonders schwer­ fallen, dann suchen Sie sich einige Gesprächspartner, die Sie spontan anrufen können. Sagen Sie ihnen, Sie seien mit den Vorbereitungen für einen Vortrag beschäftigt, und fragen Sie, ob der andere JETZT (oder sehr bald) Zeit für Sie hat.

Wenn Sie dann solche Telefonate ebenfalls mitschneiden (natür­ lich fragen Sie Ihren Gesprächspartner, ob Sie aufzeichnen dürfen), wird eine Rohversion daraus, die Fragen oder Einwände Ihres Partners beinhaltet. Das kann sehr hilfreich sein. Wichtig ist, dass Sie dies nur mit ausgewählten Menschen machen, mit denen Sie vorher abgeklärt haben, ob sie Ihnen manchmal als „Versuchskaninchen“ helfen wollen. Die Hilfe­ stellung dieser Menschen während dieses Telefonats besteht darin, a) Ihnen zuzuhören und b) aktiv mitzudenken!

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Diese Menschen dürfen Ihnen jetzt nämlich nicht jede erste Assoziation erzählen, die ihnen beim Hören einfällt! Sie stellen Fragen oder äußern Einwände, wenn sie etwas nicht verstehen oder absolut nicht akzeptieren können. Diese Menschen geben Ihnen die Gelegenheit, eine gute Rohversion zu produzieren, bei der die Tatsache, dass Sie Ihre Gedanken einem lebendigen Menschen vortragen (nicht nur dem Aufnahmegerät) Ihren Vor­ trag dramatisch verbessern kann.

Vortrag verbessern

Und weil dieser Mensch Fragen stellt oder Einwände vorbringen darf, solange er nicht in persönliche Reflexionen („Ich hatte neulich auch so eine Sache“) verfällt, erhalten Sie ein Gefühl dafür, ob Teile des Vortrages vielleicht noch unklarer sind, als Sie dachten (oder umgekehrt!). Natürlich kann so ein Meeting face-to-face stattfinden, aber wenn man weit auseinander wohnt … Außerdem arbeiten manche Menschen am Telefon weit konzentrierter als „in Person“. Je mehr „Steine im Fluss“, umso besser Wenn Sie regelmäßig so vorgehen, schaffen Sie im Lauf der Zeit viele „Steine im Fluss“. Somit werden Sie immer sicherer und souveräner, denn es gibt mehr und mehr „Steine“, auf die Sie jederzeit springen können.

Möglichst viele „Steine im Fluss“

Wer nur fünf „Steine im Fluss“ hat, dem fällt es noch relativ schwer, bei einer Unsicherheit zum Thema XY eine passende Assoziation zu einem der fünf Steine zu bilden, um auf diesen Stein zu hüpfen. Haben Sie hingegen 15 „Steine im Fluss“, dann fällt dies schon leichter, und bei 55 Steinen gibt es kaum ein Thema, bei dem Sie – falls Sie „ins Schwimmen“ geraten – nicht lässig auf einen Ihrer Steine springen können! Wir alle kennen

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  85

den alten Trick: Schreiben lernt man nur durch Schreiben. Analog gilt natürlich auch: Reden lernt man nur durch Reden! Warum benehmen wir uns dann oft so, als könne man am Schreibtisch sitzend mit Papier und Stift (oder Computer) eine hervorragende Rede vorbereiten? Wir wissen, dass es nicht geht.

Reden lernt man nur durch Reden!

Wenn Sie ein(ig)e Rohversion(en) durchlaufen haben, dann haben Sie die Sicherheit, die Sie brauchen, wenn Sie diese Gedanken zum ersten Mal öffentlich vortragen wollen. Noch ein Profi-Tipp Schneiden Sie Ihre eigenen Veranstaltungen ab und zu mit! Der Ton reicht vollkommen. Erklären Sie den Teilnehmern, dass Sie an sich arbeiten und dass Sie das zur Eigenkontrolle machen wollen. Betonen Sie, dass Sie eigene Schwachstellen nur finden können, wenn Sie Ihren Vortrag im nachhinein hören können. Fragen Sie, ob die Gruppe etwas dagegen hat. Die Gruppe hat in der Regel nicht nur gar nichts dagegen, die Teilnehmer finden das sogar toll, dass auch ein(e) Vortragende(r) oder ein(e) TrainerIn an sich arbeitet. Ein besseres Signal können Sie gar nicht senden. Wenn Sie solche Mitschnitte haben und sie z. B. auf Reisen im Auto hören, dann sammeln Sie auch emotionale Reaktionen. Zum Beispiel stellen Sie beim Abhören fest, dass Sie an bestimmten Stellen Gelächter, Applaus oder andere Anzeichen von Betroffen­ heit „geerntet“ haben. Testen Sie in Vorträgen der nächsten Tage und Wochen, ob Sie beim nächsten Mal eine ähnliche Reaktion auslösen. So sammeln Sie einige Rede-Elemente mit vorhersagbaren emotionalen Reaktionen! Auf diese Weise entwickeln Sie im Laufe der Zeit unterschiedliche „Steine im Fluss“: „funny stones“, „serious stones“ usw. Diese

Mitschnitte öfter hören

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können Sie später jederzeit gezielt „anspringen“, je nachdem, ob Sie gerade einen ernsthaften oder einen eher leichteren Touch benötigen.

Stichpunkte Soll man sein Referat Wort für Wort ausformulieren, oder soll man – nur von Stichpunkten ausgehend – die Rede durch SprechDenken frei entwickeln?

Vor­ bereitung: Stichwörter oder ganze Sätze?

Im Gegensatz zu vielen Rhetorik-Trainern bin ich nicht der Meinung, jeder Redner müsse unbedingt von Stichpunkten aus­ gehen. Wohlgemerkt, wir sprechen jetzt von der Vorbereitung und noch nicht vom Halten des Referates selbst. Denn obwohl es beim Vortrag besser ist, mit einigen Stich-Punkten auszukommen, gilt beim Kreieren der Rede: Es gibt Menschen, die können weit effizienter mit Sprache umgehen, wenn sie ganze Sätze schreiben. Und es gibt solche, die sprechend besser formulieren. Daher kann ein erstes Ausformulieren für Sie tatsächlich der bessere Weg sein.

Ich wieder­ hole: Reden lernt man nur durch Reden!

Allerdings gilt natürlich: „Reden lernt man nur durch Reden.“ Wenn Sie vorher schreiben, müssen Sie danach oft genug üben zu reden, sonst besteht akute Gefahr, dass Sie einen „Schreibstil“ sprechen. Benutzen Sie einige gut gelungene FORMULIERUNGEN aus Ihrem Manuskript, nicht jedoch den gesamten Text Wort für Wort – wenn es eine lebendige Rede werden soll, die Ihre Hörer­ Innen an-SPRICHT. Falls Sie lieber sprechend formulieren, sollten Sie gleich im Sinne der Basisübung Sprech-Denken (siehe Seite 101 ff.) eine Aufzeichnung anfertigen. Manche Menschen, die schriftlich weit besser formulieren, haben Angst, dass eine ausformulierte Rede „unmöglich“ sei: erstens, weil sie später auswendig gelernt (steif) wirken könnte, und

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  87

zweitens, weil man schreibend eher eine sogenannte „Schreibe“ formuliert, im Gegensatz zur „Spreche“. Nun, hierzu möchte ich anmerken: • Vergleichen Sie einmal einen Profi-Schauspieler (der sich in eine Rolle „eingelebt“ hat) mit einem Anfänger: Beim Profi wirkt nichts „angelernt“ – obwohl er sogar einen Text vor­ trägt, den er sich nicht einmal selbst ausgedacht hatte! Meines Erachtens wird die Furcht, irgendetwas könnte „angelernt“ wirken, gern als Vorwand, nicht zu trainieren, gebraucht! • Das oben beschriebene Vorgehen hilft, wenn Sie lieber schreibend beginnen.

Tell the people …? Es gibt eine amerikanische Super-Erfolgs-Formel, die angeblich für jede Rede passt. Sie ist ganz einfach: „Tell the people what you are going to tell them, then tell them, then tell them what you told them!“ („Sag den Leuten, was du ihnen sagen wirst, dann sag es ihnen, und dann sag ihnen, was du ihnen gesagt hast!“)

Diese Formulierung mag überspitzt sein, aber im Zweifelsfalle ist es immer besser, Ihre Zuhörer wissen genau, worüber Sie reden werden. Was nützt es, wenn Sie (vielleicht sogar brillante) Einzel­

Sie wirken trotzdem authentisch

88  Kommunikation für Könner

gedanken aneinanderreihen, aber hinterher weiß keiner so recht, was das Ganze eigentlich sollte? Ein Beispiel:

B E I S P I E L

Zwei Leute unterhalten sich über eine Rede, die gestern abend gehalten worden war. Der eine hatte sie gehört, der andere nicht. Sagt der, der sie nicht gehört hat: „Wie lange hat die Rede denn gedauert?“ Der andere: „Über eine Stunde.“ Der erste: „War es interessant?“ Antwort: „Oh ja, absolut faszinierend.“ Der erste: „Und worüber hat der Redner gesprochen?“ Darauf der andere: „Tja, das war dem Referat leider nicht zu ent­ nehmen!“

Thinking on your feet Achten Sie auf Ihre Körper­ haltung

Diese Redewendung beschreibt einen hochinteressanten Aspekt der Körpersprache, genauer: Ihre Haltung. Wenn man im Stehen aktiv, hellwach und flexibel denken können will, begibt man sich (meist unbewusst) in eine federnde, fast wippende Haltung, fast so, als wolle man im nächsten Moment auf den Zehen stehen. Dadurch wird man hellwach, man kann sehr schnell reagieren, und man ist in höchster Bereitschaft, auf alles, was jetzt kommen mag, einzugehen. Der Begriff „thinking on your feet“ leitet sich von dieser Körper­ haltung ab. Es geht dabei jedoch mehr um die geistige Haltung der „wachen, entspannten Flexibilität“. Diese Fähigkeit des „thinking on your toes“ wird z. B. durch die Sprech-Denk-Übung (siehe Seite 101 ff.) trainiert.

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Training Lassen Sie mich mit einer Aussage beginnen, die Sie vielleicht verwundert: 80 % sogenannter rhetorischer Probleme sind über­ haupt keine rhetorischen Probleme! Denn die Grundregel für Rhetorik lautet: Reden lernt man nur, indem man redet. Dies gilt zunächst für das Kleinkind, und es gilt wieder, wenn Sie lernen wollen, besser zu reden als bisher.

Rhetorische Probleme?

Besser reden lernt man nur, indem man durch Training ständig besser wird. So banal dies klingt, so wichtig ist dieser Zusammen­ hang. Deshalb erreichen manche Redner, die vielleicht nicht be­ sonders begabt waren, mit Training weit mehr als mancher Be­ gabte, der die notwendige Disziplin zum Üben nicht aufbringt. Und da sehr viele Teilnehmer bei Rhetorik-Seminaren diese Disziplin in der Vergangenheit noch nicht aufgebracht hatten, glauben sie fälschlicherweise, sie hätten rhetorische Probleme. Dies hat einen Vor- und einen Nachteil. Der Nachteil ist der, dass sie bisher unnötige Angstgefühle erlitten haben und dass sie sich möglicherweise per selbsterfüllende Prophezeiung immer wieder bewiesen haben, wie unfähig sie (angeblich) seien. Das können Sie ändern!

NACHTEIL

Der Vorteil liegt darin, dass Sie in kurzer Zeit (bereits nach den ersten Übungen) merken, um wieviel sicherer Sie werden, wenn Sie einige Spielregeln guter Rhetorik anwenden lernen. Man könnte auch sagen: In gewisser Weise gleicht das Reden (und damit meinen wir immer sowohl einen Vortrag als auch jede wichtige Aussage im täglichen Leben) dem Radfahren. Sie er­ werben Fertigkeiten, die Ihnen niemand mehr nehmen kann. Wer einen bestimmten Aspekt der Rhetorik einmal beherrschen gelernt hat, kann nie wieder in den Zustand zurückkehren, in dem er sich vor Beherrschung dieses Aspektes befunden hatte.

VORTEIL

90  Kommunikation für Könner

Daher ist die Zeit und Mühe, die Sie darauf verwenden, im wahrs­ ten Sinne eine Investition: in die gesamte Zukunft Ihres weiteren Lebens nämlich.

Flexibel reagieren auf Unvorher­ gesehenes

Erst die Vorbereitung schafft die Fähigkeit, auf Unvorhergese­ henes, seien dies nun Mikrofon-Probleme, ein umfallender FlipChart, ein allgemeiner Stromausfall oder Zwischenrufe, flexibel zu reagieren. Und diese Flexibilität wird maßgeblich von Ihrem Training beeinflusst sowie von der Größe der Wissensplattform (siehe Seite 93 ff.), auf der Sie stehen.

Mehrere Trainings­ möglich­ keiten

In jedem Fall sollten Sie gründlich überlegen, welche Trainings­ möglichkeiten Ihnen offenstehen. Zum einen können Sie MentalTraining (siehe Seite 76 ff.) durchführen. Das geht sogar unter­ wegs, im Auto oder bequem im Liegestuhl auf der Terrasse oder vor dem Einschlafen. Zum zweiten können Sie einzelne Übungen

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  91

aufzeichnen. Lesen Sie dazu auf Seite 101 ff. unter Basisübung Sprech-Denken nach. Zum dritten können Sie ab und zu einmal vor dem Spiegel etwas ausprobieren. Und zum vierten ist früher oder später ein wenig Video-Training unerlässlich. Ob Sie dies allein zu Hause durchlaufen wollen, im Kreise einiger Freunde oder aber in einem richtigen Seminar, das müssen Sie entscheiden. Es läuft immer wieder darauf hinaus: Die meisten angeblichen Rhetorik-Probleme sind gar keine. Entweder es mangelt an der Vorbereitung im Sinne des Sammelns von Wissen oder an der detaillierten Strukturierung der Rede. Und/oder es mangelt am Training für den eigentlichen Auftritt, sodass die notwendige Sicherheit, um das Lampenfieber zu überbrücken, nicht gegeben ist. All das sind keine rhetorischen Probleme, denn all das kann man in den Griff bekommen, wenn man wirklich will. Kein Referat wird am ersten Tag seines Entstehens so gut, dass es nicht möglich wäre, es noch zu verbessern. Erst wenn man einen Vortrag mehrmals angehört bzw. ihn bereits häufig gehalten hat, real oder im Sinne des MentalTrainings, dann wird er wirklich glatt.

Vorbereitung, allgemeine Im Alltag reden wir ohne besondere Vorbereitung drauflos. Aber da sagen wir meist, was wir gerade denken, im Gegensatz zu einer offiziellen Situation, in der man eine bestimmte Art von Aussage (oder gar Rede) von uns erwartet. Die meisten Menschen werden nervös, wenn sie wissen, dass sie demnächst eine wichtige Aussage machen sollen. Es ist ähn­ lich wie in der Schule, in dem Moment, als der Lehrer auf einen deutete, und alle warteten, was man jetzt sagen würde.

RhetorikProbleme, die keine sind

MERKE

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Wie kann man diese Formulierungsprobleme überwinden? Die Antwort klingt furchtbar banal: Das hängt von der Vorbereitung ab. Unser Erfolg steht und fällt mit unserer Bereitschaft, im Vorfeld Zeit zu investieren. Allerdings sollten wir zwischen zwei Arten der Vorbereitung unterscheiden, einer speziellen und einer allgemeinen – wobei die spezielle Vorbereitung sich auf konkrete Inhalte dieser geplanten Rede bezieht, im Gegensatz zur all­ gemeinen Vorbereitung.

Geben Sie sich nicht mit Halbwissen (oder noch weniger) zufrieden

Anscheinend geben sich viele Menschen mit einem gefährlichen Halb- oder Viertelwissen zufrieden, weil unser Schulsystem uns nicht wirklich lehrt, den Dingen auf den Grund zu gehen. Wir erfahren einen möglichen Grund für irgendetwas und hören auf, nach weiteren zu suchen. Wir errechnen eine Lösung zu einem Problem und halten sie auch gleich für die optimale. Daher sind es leider oft gerade die Lieblingsthemen, bei denen man sich phänomenal blamieren kann, wenn man Aussagen macht, ohne den nötigen Fundus zu besitzen, aus dem man schöpfen könnte. Was natürlich peinlich werden kann, wenn unsere Hörer mehr wissen und es merken.

MERKE

Je weniger Wissen im Sinne der allgemeinen Vorbereitung Sie für Ihre Rede vorher bereits besitzen, desto intensiver muss die spezielle Vorbereitung sein. Übrigens: Je mehr ich über eine Sache weiß, desto leichter fällt mir auch die Gliederung meiner Rede!

Vorbereitung, spezielle Natürlich soll der Redner nicht jede Geste vorausplanen. Aber er sollte bei Aussagen, von denen er vorher schon weiß, dass er sie

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  93

machen will, sein späteres Publikum genügend respektieren, dass er sich vorbereitet. Abgesehen davon gibt es bestimmte Aspekte, die vorher genau geplant werden müssen. Wenn Sie z. B. Dias zeigen oder Folien für den Overhead-Projektor gestalten wollen, müssen Sie vorher überlegen, ob die benötigten Geräte vorhanden sind oder ob Sie das Licht wegen der Dias dämpfen wollen, wer im Zweifelsfall den Schalter bedient und so weiter. Sie sehen, eine professionelle Vor­ bereitung nimmt uns später nicht unsere Spontaneität, sondern sie macht uns souverän und selbstsicher.

Sie wirken trotz Planung spontan

Es ist interessant, dass die Teilnehmer meist den Planungs-Aspekt überbewerten und den Trainings-Aspekt vergessen. Darum lassen Sie mich noch einmal betonen: Wenn jemand eine Aussage, die er schon mehrmals ge­ macht hat, gut und flüssig formulieren kann, dann wirkt er trotzdem spontan, wenn er diese Aussage wirklich so meint!

MERKE

Wissensplattform Ihr Allgemeinwissen wird für Ihre Rede genauso wichtig wie frühere Erfahrungen, die Sie gemacht haben. Dabei sollten wir vielleicht etwas differenzieren. Je länger Ihr Referat ist (bzw. Ihr Seminar), desto wichtiger ist, dass Sie weit mehr wissen, als Sie sagen werden. Aber auch bei Mini-Reden (z. B. wichtigen Aus­ sagen in Gesprächen oder Verhandlungen) sollte meines Erachtens immer weit mehr Wissen vorhanden sein, als derzeit in Worte ge­ fasst wird, wenn Sie souverän und selbstsicher agieren möchten.

Wie gut ist Ihre Allgemein­ bildung?

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Relation Hintergrund­ wissen/vorgetra­ge­ne Info siehe Grafik Seite 95

Ich möchte das einmal wie folgt verbildlichen: Die Fläche einer Streichholzschachtel soll den Inhalt Ihrer Rede symbolisieren, und zwar inklusive Einleitung und Schluss. Nun nehmen wir ein Blatt Papier – ein DIN-A4-Blatt! Diese Fläche soll Ihr Hintergrundwissen, also Ihre Plattform darstellen. Wenn die Relation zwischen dem, was Sie wissen, und dem, was Sie tatsächlich sagen, ungefähr so aussieht, dann haben Sie die notwendige Flexibilität, um später in aller Ruhe auf Fragen einzugehen.

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  95

Bitte denken Sie an Menschen, die Ihnen aufgrund ihres Wissens in der Vergangenheit imponiert haben! War es nicht so, dass solche Leute auf fast jede Frage intelligent reagieren konnten, indem sie quasi „beiläufig“ weitere faszinierende Gedanken zu ihrem Thema äußerten? Das soll unser Vergleich symbolisieren. Ob es unrealistisch ist, eine derartige Relation zwischen Platt­ form und Rede zu fordern, das müssen Sie selbst entscheiden! Sie können natürlich auch sagen, dass Ihnen die Relation zwischen der Streichholzschachtel und einem DIN-A5-Blatt genügt. Oder

96  Kommunikation für Könner

Übrigens werden, wenn Fragen kommen, fast alle „neben“ der Informa­ tion (­Streichh­olz­ schachtelformat) „landen“, aber IN Ihrem Hintergrund­ wissen. Das macht Sie souverän …

zwischen der Streichholzschachtel und einer Postkarte. Aber die besten Referate oder Präsentationen sind meines Erachtens immer diejenigen, bei denen man sich in der Vorbereitung nicht fragt, was man alles erzählen kann, weil man das gegenteilige Problem lösen muss. Wenn ich nämlich aus einer langen Liste möglicher Punkte aus Zeitgründen einen nach dem anderen streichen muss, dann habe ich das nötige Hintergrundwissen! Wenn Sie aktiv mitarbeiten wollen, dann denken Sie jetzt bitte über die folgenden Fragen nach. Wenn Sie dabei wirklich etwas über sich erfahren wollen, dann notieren Sie Ihre Antworten auf einem Extrablatt, ehe Sie weiterlesen. Drei wichtige Fragen, die Ihnen helfen werden Wie die meisten Menschen haben sicherlich auch Sie ein oder einige spezielle Themen, welche Sie, und zwar schon seit langem, besonders interessieren.

Lieblings­ thema?

Frage Nummer eins: Welches ist ein ganz besonderes Lieblings­ thema, zu dem Sie sich häufig äußern? Die meisten Themen­ bereiche werden nicht nur durch subjektive Erlebnisse, sondern auch durch Daten, Fakten, Informationen, die andere zusammen­ getragen und erforscht haben, entwickelt.

Intensiv befasst?

Frage Nummer zwei: Haben Sie sich mit diesem Thema intensiv befasst? Haben Sie viel darüber gelesen, gehört, diskutiert usw.? Mit anderen Worten: Besitzen Sie zu diesem Thema wirklich bereits eine ausreichende Plattform?

Genügend Wissen?

Frage Nummer drei: Wie begründen Sie diese letzte Antwort? Das heißt: Haben Sie wirklich außergewöhnlich viel über dieses Thema gelernt, gelesen, nachgedacht? Das heißt: Wissen Sie darüber wirklich mehr als Ihre Freunde, Nachbarn, Kollegen?

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  97

Wenn Sie die Notwendigkeit lebenslangen Lernens akzeptieren, dann stellen Sie sich noch die Zusatzfrage: Was wollen Sie unter­ nehmen, um in Zukunft noch mehr über Ihr Lieblingsthema zu wissen?

ZUSATZ­ FRAGE

Finden Sie diese Fragen etwas hart? Nun ja, vielleicht sind die Antworten, die Sie sich geben mussten, etwas hart? Überlegen Sie bitte: Früher wurde von einem Redner automatisch eine umfassende Bildung erwartet. Man war nicht nur Fachmann auf diesem oder jenem Gebiet, man befasste sich auch mit anderen Dingen. Man las die neuesten Romane oder philosophischen Ver­ öffentlichungen, die anschließend im Café oder am Kaminfeuer engagiert diskutiert wurden. Man ging regelmäßig ins Konzert oder in die Oper …

In der Bhagawadgita der alten Inder steht geschrieben: „Ein Mensch, der nicht mehr bereit ist, hinzuzulernen, altert nicht anders als ein Ochse; nur im Körper, denn sein Geist wächst nicht mit!“

Wie können Sie sich weiter informieren? Man kann ja z. B. durch Fernseh-Sendungen viel lernen, wenn man die richtigen Sendungen auswählt. Außerdem gibt es für Leute, die nie Zeit zum Lesen haben, auch im Radio interessante und bildende Sendungen. Denken Sie z. B. an den Schulfunk, der nicht nur für Schüler von Interesse ist. Ich kann mir vorstellen, dass ein interessierter Erwachsener vielleicht sogar mehr profitiert als ein Schüler, der fürchtet, später über den Inhalt eine Prüfung schreiben zu müssen. Wenn Sie jemanden kennen, der tagsüber zu Hause ist und der Ihnen den Schulfunk oder andere informative Sendungen mit­ schneidet, dann können Sie sich diese später, z. B. unterwegs auf Reisen oder beim Gassigehen, in Ruhe anhören. Auf diese Weise würden Sie Ihre Allgemeinbildung vergrößern, ohne Extrazeit für Lesen oder Studieren aufwenden zu müssen.

Weiter­ bildung

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Außerdem gibt es immer mehr Hörbücher zu unterschied­ lichsten Themen zu kaufen. Des weiteren könnte man sich einige interessante Buchinhalte auf „Band“ lesen, was gleichzeitig ein gutes Sprech-Training wäre, und sich die Aufnahmen später immer wieder nebenbei anhören.

Basisübungen Dieser Abschnitt stellt Ihnen zwei grundlegende Aufgaben, mit denen Sie Ihr Rhetorik-Training beginnen können. Wollen Sie tiefer einsteigen, finden Sie zahlreiche weitere in den im Literaturver­ zeichnis angegebenen Titeln.

Vorlesen 1. Gewöh­ nung 2. Inventur

Diese erste Aufgabe soll zweierlei bewirken: Erstens wollen Sie sich an den Prozess gewöhnen, mutterseelenallein mit dem Auf­ nahmegerät zu arbeiten. Hierzu ist es am besten, wenn Sie einen Text vorlesen. Zweitens können Sie bei dieser Rezitationsübung eine kleine Inventur vornehmen. Das heißt, Sie wollen einige Aspekte Ihrer Art zu sprechen bewusst registrieren. Bitte machen Sie nun Ihr Aufnahmegerät aufzeichnungsbereit.

Schritt 1

Erster Schritt: Ablesen und Aufnehmen Für diese erste Inventur-Übung bietet sich z. B. ein Text aus diesem Buch an, wenn Sie diesen NOCH NICHT gelesen haben. Andernfalls wählen Sie irgendeinen Text aus einem Buch, das Sie noch nicht gelesen haben, aus. Später können Sie solche Übungen mit Ihren Lieblingsabschnitten aus Büchern (oder Artikeln) absolvieren. Aber im Augenblick geht es darum, dass Sie einen Ihnen unbekannten Text aufzeichnen.

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  99

Lesen Sie daher den Text keinesfalls vorher im stillen durch, sondern starten Sie Ihr Aufnahmegerät und beginnen Sie, sofort laut vorzulesen. Zweiter Schritt: Vertiefendes Lesen

Schritt 2

Jetzt folgt der zweite Schritt. Lesen Sie den Text bitte noch zwei­ mal, und zwar: • so schnell wie möglich, • halblaut und diesmal, • ohne diese Lesung aufzuzeichnen! Dritter Schritt: Mental-Training

Schritt 3

Bitte achten Sie beim Mental-Training (siehe Seite 76 ff.) im dritten Schritt insbesondere auf Betonungsmöglichkeiten und Pausen! Vierter Schritt: Erneutes Vorlesen und Aufnehmen Starten Sie wieder Ihr Aufnahmegerät und lesen Sie den Text, so gut Sie können. Nehmen Sie diese Lesung auf. Der Erfolg ist unüberhörbar! Hören Sie sich diese beiden Aufzeichnungen (der ersten und letzten Lesung) ruhig mehrmals hintereinander an. Dabei 1. entwickeln Sie ein Gefühl für den massiven Unterschied zwischen der untrainierten ersten und der letzten Lesung. (Im Seminar sind die Unterschiede in der Regel enorm, teilweise geradezu „dramatisch“.)

Schritt 4

100  Kommunikation für Könner

2. überzeugen Sie sich durch Ihren eigenen hörbaren Fortschritt, mit dem Training fortzufahren. Diese erste Inventur-Übung soll Ihnen ja vor allem Appetit machen … 3. entwickeln Sie ein Gehör dafür, wie Aussagen „klingen“ können. Solche Übungen helfen Ihnen später, bei der Vor­ bereitung von Aussagen, die Ihnen wichtig sind, auf die „Akustik“ zu achten. Denn viele Aussagen, die sich hervor­ ragend lesen lassen, „klingen unmöglich“ (oder umgekehrt). Dieses Gefühl (das „innere Gehör“) kann man sich nicht an­ lesen, man muss es HÖREND erwerben.

Wenn Sie jetzt die erste Aufnahme von Schritt eins mit der zweiten Aufzeichnung von Schritt vier vergleichen, die sich ja hinter­ einander auf Ihrem Aufnahmegerät befinden, werden Sie über­ rascht sein.

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  101

Last, but not least kann es sein, dass Sie beim Abhören des Bandes merken, dass es Aspekte gibt, die Sie gezielt trainieren wollen – Atem, Aussprache, Dialekt, Satzbau …

Sprech-Denken

Was möchten/ sollten Sie gezielt trainieren?

Die nächste Übung hat nicht allein Inventur-Charakter (wie alle Aufgaben, die man zum ersten Mal durchführt), sie sollte auch eine Standard-Übung sein, die Sie Ihr Leben lang immer wieder durchführen werden (wobei jedoch die Stichworte immer wieder neu gewählt werden). Es handelt sich um das sogenannte SprechDenken.

SprechDenken als StandardÜbung

Die Anweisung ist ganz einfach. Auf ein Stichwort reden Sie los, und zwar genau eine Minute lang. Dabei benötigen Sie jedoch Selbst-Disziplin, denn Sie dürfen keine Sprechpausen machen. Wenn Ihnen gerade nichts einfallen sollte, dann sagen Sie einfach: „Jetzt fällt mir nichts ein.“ Notfalls auch mehrmals hintereinander, sodass Sie während dieser Minute im schlimmsten Fall sehr oft sagen: „Jetzt fällt mir nichts ein.“ Wichtig jedoch ist: Sie sprechen ständig weiter.

Keine Sprech­ pausen!

102  Kommunikation für Könner

Legen Sie bitte Ihren Timer griffbereit (vgl. Seite 46), und machen Sie Ihr Aufnahmegerät wieder startklar. Bevor Sie beginnen, demonstriert Ihnen ein Seminarteilnehmer, hier als Herr Clausen bezeichnet, den Vorgang Demonstration: Sprech-Denken

B E I S P I E L

Trainer: Ihr Stichwort ist „Nächstenliebe“! Clausen: Ach du lieber Gott! Tja, nun, also, in der Bibel steht „Liebe dich wie deinen Nächsten.“ Nun, ich glaube, dass zu viele Menschen den ersten Teil des Satzes gern vergessen, wenn sie Eigenliebe als egoistisch abtun und verdammen. Aber, äh, genaugenommen kann man andere nicht lieben, wenn man sich selbst nicht mag. Und überhaupt … äh … na, jetzt fällt mir tatsächlich nichts mehr ein … halt, doch, was

Rhetorik – Was ist das eigentlich?  103

heißt denn „der Nächste“ überhaupt? Ist das nur der Mensch, der zufällig in unserer Nähe ist? Oder jeder andere Mensch? Auch der, der mich vielleicht verletzt hat? Soll ich den vielleicht auch lieben? Äh, von wegen, wenn dich jemand auf die eine Wange schlägt, halte ihm die andere hin. Und … ja, wie steht es jetzt mit der Zeit? Fast eine Minute! Reicht das? So ähnlich kann sich die Basis-Übung anhören. Sie sprechen ohne jede Vorbereitung zu einem Thema genau eine Minute lang. Später werden Sie mit selbstgewählten Stichworten arbeiten, z. B. um bestimmte Aspekte Ihrer Rede vorzubereiten. Aber zunächst arbeiten Sie mit Überraschungs-Stichpunkten, damit Sie sehen, wie schwer oder leicht die Grundübung Ihnen fällt. Falls Sie gerade nicht laut üben können, möchte ich Sie bitten, die Übung zumindest einmal ohne Aufzeichnung zu durchlaufen, und wenn Sie schon nicht laut sprechen wollen, dann zumindest im Sinne des Mental-Trainings (siehe Seite 76 ff.) durchzudenken. Wenn Sie bereit sind anzufangen, drehen Sie das Buch um 180 Grad, um Ihr Stichwort zu lesen und SOFORT loszusprechen. Ihr Stichwort ist

Sprech-Denken ist einer der wesentlichsten Grundfertigkeiten des Redens. Man muss Sprech-Denken können, wenn man frei vorträgt, aber auch in Diskussionen, Verhandlungen etc. Deshalb ist dies eine der wichtigsten Trainings-Aufgaben. Aber die Übung hat noch einen weiteren Zweck: Sie soll Ihnen zeigen, dass Sie laufend besser werden, wenn Sie mehrmals zum selben Thema sprech-denken. Das heißt, dass Sie jetzt gleich ein zweites Mal üben können (wieder zum Stichwort „Geburtstag“).

B E I S P I E L

104  Kommunikation für Könner

Übrigens gilt immer: Sollten Sie gerade am lauten Sprechen ge­ hindert sein, wenn Sie üben wollen, können Sie immer „innerlich denken“, d. h. mit Kehlkopfbewegungen, nur ohne Ton. Für Ihr Unterbewusstsein „sprechen“ Sie dennoch. Wollen Sie jetzt gleich aktiv trainieren? Dann starten Sie eine weitere Aufnahme! Bitte beachten Sie: Auch wenn Sie sich albern vorkommen, bieten solche Trainings-Aufzeichnungen folgende Vorteile:

Ganze Sätze Protokoll Disziplin

Diesen Mechanismus kann man auch für Prüfungen nutzen, siehe „TapetenEffekt“ Seite 275 ff.

• Sie sind gezwungen, in ganzen Sätzen zu sprechen (was „innerlich“ oft nicht sauber „durchgezogen“ wird). • Sie protokollieren Ihre Arbeit (wie ein Wissenschaftler) und können sich später von Ihrem Fortschritt überzeugen. • Sie gewöhnen sich an die Disziplin, die das Band „fordert“. Sie können beim Sprech-Denken sowohl stehend als auch sitzend trainieren. Das gilt insbesondere, wenn Sie sich (später) durch solche (Vor-)Übungen auf eine reale Situation vorbereiten wollen. Ist dies eine echte Rede, bei der Sie stehen werden, sollten auch Sprech-Denk-Übungen zu wichtigen Schlüsselgedanken stehend geprobt werden, während Sie solche Trainingseinheiten vor einer „Sitzung“, bei der Sie sitzen werden, sitzend absolvieren sollten. Den Grund hierfür liefert die Gehirnforschung. Man hat fest­ gestellt, dass zahlreiche Aspekte des jeweiligen „Umfeldes“ UN­ BEWUSST mitgelernt werden. So ließ man z. B. Taucher unter Wasser lernen und stellte fest, dass ihre Abruffähigkeit an Land nur ca. 30 % betrug. Gingen sie jedoch erneut unter Wasser, wussten sie wieder fast alles. Merke: Training führt immer zum Erfolg

Fragetechnik schnell trainiert  105

Gelegenheit zum Sprech-Denken haben Sie ständig Sie können jeden Spaziergang, den Sie allein machen, zum ge­ zielten mentalen Sprech-Denken nutzen. Dasselbe gilt für Reise­ zeiten, ein langes, entspannendes Bad o. Ä. Wesentlich ist: Wenn Sie regelmäßig laut auf „Band“ sprechen, dann werden solche Gedankenübungen später von der Erinnerung an das Sprechen begleitet sein, also mit fast unmerklichen Kehl­ kopf- und Zungenbewegungen einhergehen.

Übrigens können Sie diese Übung später auch mental durch­ führen. Allerdings gelingt dies um so besser, je häufiger Sie die Übung vorher bereits real gemacht haben.

Fragetechnik schnell trainiert Der sozialkritische Denker Neil POSTMAN kritisiert unser west­ liches Schulsystem u. a., weil wir in der Schule nicht nur unsere vorläufige kindliche Fertigkeit zu fragen verlernen, sondern vor allem, weil wir im richtigen Fragen nicht ausgebildet werden. Zwar gibt es (wie bei Sprache) eine angeborene Disposition, aber ohne Training wird nicht viel daraus. Schulen sollten Orte sein, an denen wir professionelle Fragetechnik lernen.

POSTMAN, Neil: Keine Götter mehr – Das Ende der Erziehung. dtv, München 1997 (vergriffen)

Gott sei Dank können wir das als Erwachsene nachholen (was nicht bei allen Versäumnissen der Kindheit der Fall ist). Dieses Modul will Sie in die Grundlagen der Fragetechnik einführen, denn ein Buch-Seminar zum Thema Kommunikation und Rhetorik kann das Thema nicht ausklammern (nur weil ich mich andernorts hierzu bereits geäußert habe). Trotzdem biete ich Ihnen hier nicht nur eine stark erweiterte Version einer Übung an, sondern gleich eine nagelneue dazu.

Dazu könnten Sie vielleicht auch meine Bücher Psychologisch richtig ver­han­deln und Frage­technik schnell trainiert interes­sieren.

106  Kommunikation für Könner

Trainings-Aufgabe Typ 1: Geschlossene Fragen stellen Ausnahme: Com­ puter-Systeme, die mit sogenannter Fuzzy Logic funktio­ nieren; die können auch „etwas“ oder „viel“ verarbeiten.

Mit geschlossenen Fragen trainieren wir mehr als eine kommu­ nikative Fertigkeit, nämlich unsere Fähigkeit zu denken. Des­ halb arbeiten z. B. analytische Computer-Systeme mit Ja-/NeinAlgorithmen. Und weil das Denken bei Fragetechnik so wichtig ist, lade ich Sie ein, mit einer aufregenden Vorübung einzusteigen, bei der wir sowohl die Fragen als auch die Antworten konstruieren.

Vorübung: Wir fragen und wir antworten! Sauber strukturieren

Es gilt, einen Sachverhalt mit Ja-/Nein-Fragen und -Antworten von Anfang bis Ende sauber zu strukturieren. Nehmen wir an, Sie wollten einen Haus-Roboter anweisen, eine bestimmte Tasse aus Ihrem Küchenschrank zu holen (natürlich gehen wir davon aus, dass er die Schranktüre öffnen und die Tasse mit seinem Greif­ arm fassen kann). Wir müssen dafür sorgen, dass er weder einen anderen Gegenstand noch eine falsche Tasse greift. Wie können wir das mit Ja-Nein-Fragen und -Antworten schaffen?

Kategorien abklopfen Vorübung: Einen Ja-/Nein-Algorithmus aufbauen

Beispiel: die rote Tasse

Wir müssen in Kategorien denken und jeweils die größeren Kategorien ausklammern. So kreisen wir die richtige Lösung schritt­ weise ein, bis am Ende nur noch unsere richtige Tasse übrigbleibt. Oder, wenn Sie ein anderes Bild bevorzugen, denken Sie an einen Entscheidungsbaum. Stellen wir uns also vor, der Roboter würde später die (vorprogrammierten) Fragen stellen, deren Antworten

Fragetechnik schnell trainiert  107

ihn sicher leiten sollen. Diese Fragen werden wir heute entwickeln. Daraus besteht diese Übung! Vor-Information: Wir befinden uns in der Küche 1. Handelt es sich um ein Möbelstück? – Nein. (Mit einem Schlag wurden sämtliche Gegenstände in der Kategorie Möbel ausgeklammert.) 2. Handelt es sich um Geschirrstück? – Ja. (Aha!) 3. Aus Porzellan? – Ja. (Damit haben wir sämtliche Gläser aus­ geschlossen.) 4. Ein Teller? – Nein. 5. Eine Tasse? – Ja. 6. Eine farbige Tasse? – Ja. (Nun haben wir alle weißen Tassen, mit oder ohne Goldrand etc. ausgeklammert.) 7. Eine gelbe Tasse? – Nein. (Davon haben wir am meisten, also ist die Wahrscheinlichkeit für eine gelbe Tasse rein zahlen­ mäßig höher. Der Roboter weiß ja noch nichts von unseren Vorlieben, in diesem Fall, dass die rote Tasse unsere Lieb­ lingstasse ist.) 8. Eine rote Tasse? – Ja. Nehmen wir an, wir besitzen nur eine einzige rote Tasse, dann ist die Runde beendet. Aufgabe: Sie sind dran! Nun können Sie in ähnlicher Manier verfahren und durch das Produzieren von Fragen und Antworten Ihr Denken trainieren. Wählen Sie eine Aufgabe aus und legen Sie los. Es kann übrigens sehr reizvoll sein, wenn mehrere Leute von denselben Fakten aus­ gehend (z. B. mehr gelbe als weiße Tassen und nur eine rote) ihre „Fragen für den Roboter“ konstruieren und später vergleichen.

108  Kommunikation für Könner

Variante: Komplexe Tätigkeiten beschreiben Eine der Aufsatz-Übungen in der Schule war die Beschreibung einer Tätigkeit. Leider haben die meisten nie erfahren, wozu sie gut war. Aber überlegen Sie: Erst wenn Sie in der Lage sind, eine Tätigkeit detailliert, Handgriff für Handgriff zu beschreiben, haben Sie sie wirklich verstanden! Und erst wenn Sie eine Sache wirklich begriffen haben, können Sie sich intelligente Fragen ausdenken, um unseren Roboter zu programmieren. Aber dasselbe trifft auch für viele echte Frage-Situationen im Leben zu. Denken Sie an Fachleute, die Laien befragen müssen, um aus deren Antworten zu schließen, was nicht in Ordnung sein könnte! Merke: Wer die folgende Übung mit Handlungen/Prozessen seines Fachgebiets ausprobieren will, könnte bei den ersten Ver­ suchen ins Schwitzen geraten. In dieser Variante unseres Roboter-Spiels beschreiben wir also den ganzen Ablauf. Auch diese Übung löst oft Gelächter aus, wenn verschiedene Menschen ihre Pläne miteinander vergleichen. Die Beschreibung der Aufgabe liest sich übrigens weit leichter, als es sich „tut“. Lassen Sie sich also davon bitte nicht abhalten! Mögliche Themen für Roboter-Handlungs-Abläufe: 1. Der Roboter soll Ihren Wagen starten. Beginnen Sie beim „Antreten“, d. h. wenn er auf den Wagen zugeht, und enden Sie mit dem Motorengeräusch. Achten Sie darauf, wie viele Leute entweder vergessen, dass man den Schlüssel ins Schloss stecken muss oder dass man ihn auch wieder herausziehen muss, um ihn etwas später ins Zündschloss zu stecken. Da wird

Fragetechnik schnell trainiert  109

aufmerksamen Zuhörern klar, dass jemand den Roboter auf­ fordert, den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken, der jedoch noch draußen hängt. Sehr spannend, garantiert! 2. Der Roboter soll Ihre Kaffeemaschine in Betrieb nehmen und den fertigen Kaffee in eine Thermoskanne gießen. Die häufigsten Fehler hier: ohne Wasser, ohne Filter, ohne Kaffee bzw. die Maschine wird nie eingeschaltet, braut aber dann doch glücklich vor sich hin usw. 3. Der Roboter soll etwas … (Na, was fällt Ihnen ein?)

Aber jetzt: Echte Frage-Spiele! Früher, als wir nicht (so viel) ferngesehen haben, wurden oft Frage-Spiele gespielt. Da man wusste, dass es „gut“ war, und es Spaß machte, das Gehirn einzusetzen, spielten die Leute freiwillig. Die Art von Spiel, die wir jetzt meinen, hieß in meiner Kindheit z. B. „21 Fragen“. Allerdings ging es damals nicht so sehr darum, LOGIK zu trainieren, wie wir es uns zur Aufgabe machen. Wer meint, er/sie wisse recht genau, wie diese Spiele laufen, weil man sie oft im Fernsehen ge­ sehen habe, sei ebenfalls gewarnt. Auch bei den TV-Ratespielen sieht man kleine Ungenauigkeiten, die wir beim Raten jedoch umgehen wollen, denn: Egal wie viel Spaß es uns machen wird (und darf!), unser Ziel ist das Denk-Training, Bereich LOGIK. Außerdem sollten wir vier Abweichungen vom normalen Raten zur Kenntnis nehmen: Klassische Ratespiele dieser Art kennen nur zwei Antworten (nämlich Ja oder Nein), während es bei uns vier Antworten gibt.

110  Kommunikation für Könner

1. Wir geben vier verschiedene Antworten

Warum Apfelkuchen? Ein „Jein“ kann er­fah­ rungsgemäß in einer etwas durcheinander ratenden Gruppe zu leicht als „Nein“ miss­ verstanden werden. Deshalb sollte ein Aus­druck gewählt werden, der akustisch nicht mit Ja oder Nein verwechselbar ist bzw. der sich weder auf Ja noch Nein reimt!

• • • •

JA und NEIN, auch APFELKUCHEN (für „Jein“) sowie, als vierte Antwort natürlich „Ich weiß es nicht“, wenn wir eine Frage inhaltlich nicht be­ antworten können. Bleiben wir kurz bei der vierten Antwort.

Die letzte Antwort ist sehr wichtig, denn Sie hören sie beim Rätsel­­raten praktisch niemals. Ich muss bei meinen SeminarTeil­nehmer­Innen immer erst ein Bewusstsein dafür schaffen! Beispiel: Nehmen wir an, wir sitzen in der Kleingruppe zu­ sammen, und Sie sind gerade die Person, die das Rätsel aufgibt (und antwortet). Nehmen wir an, Sie wollen meine Brille raten lassen. Nun fragt jemand nach den Materialien und will wissen, ob ein Bestandteil Plastik ist. Da Sie meine Brille nur aus einer ge­ wissen Entfernung gesehen haben und ja jetzt nicht zugreifen und nachsehen können, müssen Sie mit „Ich weiß es nicht“ antworten. 2. Wir beantworten negativ formulierte Fragen richtig

Laien sagen gerne „NEIN“. Da aber zwei Neins ein Ja ergeben, ist die Antwort technisch falsch.

Negativ formulierte Fragen werden im Freundeskreis (wie auch im Fernsehen) meist falsch beantwortet. Darauf wollen wir im Zuge unseres Trainings jedoch achten. Angenommen, unser Roboter hätte vorhin gefragt: „Es ist also KEINE gelbe Tasse?“, dann müssen wir, wenn wir LOGIK trainieren wollen, das Gefragte (KEINE gelbe Tasse) korrekt beantworten in diesem Fall mit JA: „Ja, es ist KEINE GELBE TASSE.“

Fragetechnik schnell trainiert  111

Ja ist nicht besser als Nein Bei unserem Spiel werden Ja-Antworten nicht belohnt und NeinAntworten nicht „bestraft“, denn der Informationswert ist gleich hoch. Und wir wollen ja LOGIK trainieren. Es soll und darf Spaß machen, aber trotzdem wollen wir „sauber bleiben“. Dadurch vermeiden wir unnötige sprachliche Verrenkungen, die den DenkProzess verschleiern (wie: „Gehe ich richtig in der Annahme, dass es sich um eine rote Tasse handeln könnte?“). Viel einfacher ist es, gleich zu fragen: „Ist es eine rote Tasse?“

Kategorien abklopfen Fallbeispiel (Transkript aus einem Seminar): Befindet sich der Gegenstand auf der Bühne? – Nein. Haben Sie den Gegenstand mitgebracht? – Nein. Besitzen Sie aber so einen Gegenstand? – Ja. Gehört der Gegenstand dem Hotel? – Nein. Gehört der Gegenstand der Technik? – (Gemeint war das Technikteam, das die Video-Aufzeichnung managte.) – Nein. 6. Befindet er sich auf den Tischen? – Auf den Tischen? Apfel­ kuchen. (Da er sich nur auf einem Tisch befand, konnte ich die Tische im Plural NICHT bestätigen!) 7. Gehört er einem Teilnehmer? – Ja. 8. Einer Teilnehmerin? – Nein. 9. Ist es tot? – Ich wüsste nicht, dass es gestorben wäre. Meinen Sie einen Gegenstand? Dann: Ja. 10. Ist es ein Kleidungsstück? – Nein. 11. Ist es ein Taschentuch? – Nein. 12. Ist es ein Kugelschreiber? – Nein. 1. 2. 3. 4. 5.

Viele Leute neigen dazu, InformationsNEINs mit Entschei­ dungs-NEINs zu verwechseln und fürchten daher grundlos jedes Nein.

112  Kommunikation für Könner

13. Ist es aus Papier? – Nein. Beachten Sie bitte das unsystematische „herumraten“. Statt Kategorien einzukreisen (wie bei unserem Roboter-Spiel, Seite 106 ff.) werden parallele Kategorien abgefragt. Das kann unendlich weitergehen. Aber diese Gruppe stand noch ganz am Anfang ihres Trainings. Interessanterweise waren einige „Studierte“ dabei, also Leute mit Hochschulstudium, die aber genauso undifferenziert rieten wie „normale Leute“, eben weil unser Schulsystem uns im analytischen Fragen nicht unterweist! 14. Ist es etwas sehr Persönliches? Neiiiiiiiin. (Man kann mit dem Tonfall ein wenig „schummeln“, wenn man eigentlich nicht nur Ja oder Nein sagen möchte.) 15. Ist es ein Gegenstand, der der Kommunikation dient? – Eher nein. 16. Wenn Sie mit dem Rücken zur Bühne stehen, ist es dann ein Gegenstand auf der rechten Seite vom Raum? – Ja. 17. Im vorderen Drittel? – Nein. 18. Ist er schwarz? – Nein. 19. Gold? – Nein. 20. Hat es etwas mit Schmuck zu tun? – Eher nicht, zumindest dieses spezifische Exemplar nicht. 21. Eine Uhr? – Ja. Das war die 21. Frage. Wenn Sie öfter Fernseh-Ratespiele gucken, dann lernen Sie bald zu unterscheiden, ob die Fragen strategisch klug sind. Wenn man nämlich die Lösung kennt und dann die Fragen liest (hört), dann kann man sofort die Qualität einer Frage erkennen. Deshalb gilt folgender Geheimtip:

Fragetechnik schnell trainiert  113

Wenn Sie die Lösung eines Rätsels kennen und selber antworten, dann erkennen Sie die „strategisch guten“ Fragen. Je besser Sie das Rätsel kennen, je weniger Sie sich also auf die Inhalts-Ebene konzentrieren müssen, desto besser können Sie trainieren, die Güte der Fragen zu beurteilen. Somit gilt (es ist schon fast pervers): Sie lernen am meisten über Fragetechnik, wenn Sie (die Fragen desselben Rätsels wiederholt) ­be-antworten! Wenn Sie die ersten Rätselstunden veranstalten, werden Sie fest­ stellen, dass gewisse Standardfehler immer wieder auftauchen. Oder anders ausgedrückt: Hieran erkennen wir die ungeübteren Fragesteller (in der täglichen Praxis genauso wie beim Rätsel!). • Fragen, die nicht klar beantwortet werden können, weil sie vage, wischi-waschi, ungenau sind: „Ist es groß?“ Hier darf keinesfalls mit Ja oder Nein geantwortet werden. „Groß“ und „klein“ (wie „alt“, „jung“, „viel“, „wenig“, „spät“, „früh“ etc.) sind relative Begriffe, die in Relation zu etwas anderem Gültigkeit haben (vgl. Rand). Also müssen die anderen lernen, sich exakt auszudrücken, z. B.: „Ist es größer als der Tisch hier?“ (Bitte beobachten Sie die Tendenz ungeübter Mitspieler, solche Fragen trotzdem beantworten zu wollen!) Manche Leute meinen, wenn wir konkrete Angaben machen (z. B. 1 m oder 5 Uhr), dann seien Zahlen absolut. Nun, dabei übersehen Sie, dass auch absolute Werte relativ zu etwas gemessen werden müssen. Zeiten beziehen sich auf die Umrundungen unseres Planeten, Längenmaße auf die Emission von Licht (vgl. Rand). • Fragen, die gar nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden können, z. B.: „Aus welchem Material besteht es?“

Der Meter (von gr. Métron = Maß) be­ zieht sich auf einen Vergleich. Stark vereinfacht (aus Meyer’s großes Taschenlexikon): In Frankreich beschloss die französische Na­ tio­nalversammlung 1795 das zehn­mil­ lionste Teil des durch die Pariser Stern­ warte laufenden Erd­ m­eridian­qua­dran­ten als „metre“ zu wäh­ len. Nach diver­sen Korrekturen im Laufe der Zeit gilt derzeit ein Meter als das 1.650763,73- fache der Vakuum­wellen­ länge (605,780 nm) des orange­farbenen Lichts, das von Atomen des Krypton­ isotops Kr 86 beim Übergang von … (jetzt wird es richtig fachlich mit tiefge­ stellten Ziffern) … Diese Definition löste 1960 den fran­zö­si­ schen Urmeter ab.

114  Kommunikation für Könner

Komplizierte Frage mit mehreren Aspekten

• Doppelfragen, z. B. klassische Oder-Fragen: „Ist es aus Metall oder aus Holz?“ • Komplizierte Fragen, die nicht „einfach so“ beantwortet werden können, z. B. „Können oder sollen wir sogar davon ausgehen, die Frau mit dem roten Kopftuch, also nicht die, von der du vorhin geredet hast, sondern die von vorhin – du weist schon … ist das jetzt die Partnerin oder aber die Ehefrau des Verdächtigen?“ Diese Frage enthält mindestens drei Aspekte, auf die sich das Ja/Nein später beziehen könnte: 1. Können oder sollen wir davon ausgehen? 2. Welche Frau ist gemeint? 3. Ist diese nun Partnerin oder Ehefrau? • Fragen, die leicht missverstanden werden können, z. B.: „Ist es gemacht worden?“ Damit kann gemeint sein: „Hat es eine Maschine hergestellt?“ oder „Ist es von Menschenhand geschaffen worden?“ (Gegensatz: Natur). Also, Vorsicht! Im Zweifelsfall lieber nachhaken als vorschnell antworten. Je öfter Sie solche Spielchen spielen, desto besser! Frage-Spiele kann man wunderbar zwischendurch absolvieren (mit Tele­ fonpartnern oder in einer Werbepause beim Fernsehen), aber auch intensiv über längere Zeiten (z. B. auf langen Autofahrten, Wanderungen, Spaziergängen, beim Gassigehen etc.). Frage-Spiele trainieren minimal vier Aspekte gleichzeitig: 1. Formulierung: Ein rhetorischer Aspekt, der uns hilft, uns immer besser auszudrücken: klarer, prägnanter, präziser. 2. Wortschatz: Alle Spiele, bei denen wir aktiv mit Worten spie­ len, trainieren immer auch den aktiven Wortschatz, während

Fragetechnik schnell trainiert  115

das Fernsehen nur unser passives Vokabular füttert. Da bei extrem vielen Sendungen Leute reden, deren Wortwahl alles andere als nachahmenswert ist, hilft Fernsehen oft nicht ein­ mal in diesem Sinn. Selber spielen aber macht zu nehmend schlauer! 3. Wissen: Viele Spiele bieten die Möglichkeit, neue Fakten zu lernen. 4. Kombinationsgabe: Trainiert unsere Fähigkeit, logisch zu denken (logische Schlussfolgerung). Nachdem wir z. B. einfache Gegenstände erraten können, gehen wir zu weiteren Varianten über, alles – aber auch alles – kann mit Ja-/Nein-Fragen erraten werden. Nicht immer mit 21 Fragen, aber alles kann geraten werden! Beispiele: • Tiere oder Pflanzen • Personen (berühmte/bekannte), z. B. Stars, SchritstellerInnen, Komponisten, MalerInnen, TänzerInnen, etc. • Geografische Gegebenheiten (von Ländern oder Städten über Flüsse bis zu Bergen) • Gebäude/Bauwerke: Klären Sie vorher ab, ob Brücken (Golden Gate) oder Bauwerke wie die berühmten (agrarischen) Ter­ras­ sen als „Bauwerke“ einbezogen werden sollen. Sie sehen, es gibt nichts, was nicht zu raten wäre, und wenn Sie wirklich gut sind, dann können Sie auch immaterielle Themen angehen. Zum Beispiel: • Wissen jeder Art, inklusive Schulwissen – jeder Lernstoff kann in Rätsel aufgelöst und spielerisch trainiert werden (siehe Seite 235 ff.), ob Biologie oder Chemie, Geschichte, Literatur, Grammatik, etc.

Vgl. Sie bitte auch mein Büchlein Intel­ ligente Partyspiele – Spiele, die uns intel­ ligenter machen (vergriffen); es enthält eine Reihe von Spielen, die unsere Wort-Gewalt trainieren.

116  Kommunikation für Könner

• Berufe: Es ist kein Zufall, dass das heitere Berufe-Raten Jahr­ zehnte im Erfinderland England und auch bei uns so populär war. Erkennen Sie, in welch starkem Maß diese Spiele von unserem Wissen abhängen bzw. beim Spielen neues Wissen schaffen? Ich nenne das den Stadt-Land-Fluss-Effekt (nach dem bekannten Spiel). Wer viel spielt, weiß viel. Das gilt für jedes Thema. Und die Erfahrungen zeigen, dass es weit mehr Spaß macht, Wissen in Form von Fragespielen zu erwerben, als ein Schulbuch zu lesen. Nicht umsonst sind Quiz-Sendungen so beliebt; es macht sowohl Freude mitzuraten (Hätte ich es gewusst?) als auch hinzuzuler­nen. Leider bieten diese Spiele nur nackte Daten und Fakten (wie der Schulunterricht oft auch), deshalb habe ich das Wissens-QuizSpiel erfunden, bei dem weit mehr passiert (siehe Seite 235 ff.). Übrigens: Einige meiner Freunde haben mir ihre Lieblings-RateVarianten verraten:

LieblingsRateVarianten

• • • • • •

Redewendungen und Sprichwörter Idioms (z. B. englische) Zitate wissenschaftliche Theorien, Modelle, Paradigmen Motive in großen Romanen Dirigenten und ihre Lieblings-Komponisten

Sie sehen, die Möglichkeiten sind endlos. Allerdings trainieren all diese Rätsel nur einen einzigen Aspekt, nämlich das Abklopfen von Kategorien, bis wir am zu ratenden Aspekt angekommen sind. Wenn wir auch einige der Varianten beherrschen, können wir vom „nackten Kategorien-Raten“ zu richtigen Rätseln übergehen. Dies sind spannende Geschichten, oft regelrechte Kriminal-Stories, die wir in bewährter Ja-/Nein-Manier angehen.

Fragetechnik schnell trainiert  117

Prämissen „abklopfen“ Den wichtigsten Schritt bei allen Gesprächen, bei denen uns daran gelegen ist, sie „gut“ zu führen, können wir an den Rätsel-Stories wunderbar trainieren: Ich nenne ihn „Prämissen abklopfen“, d. h. die vorgegebenen Informationen zu überprüfen. Es ist extrem leicht, sich misszuverstehen, denn normalerweise hören (lesen) wir einen Teil der Info, ergänzen (aufgrund unserer Erfahrungen) und merken gar nicht, dass die Vorstellung in unserem Kopf weitgehend unsere eigene ist (nicht so sehr die des Senders oder Autors, den wir gerade lesen). Nehmen wir an, es gilt zu raten, warum ein einsamer Mann ohne Selbstmordabsichten von einer hohen Brücke springen will, und wir haben etabliert, dass er nicht alleine da oben stand, sondern dass ein zweiter Mann dabei war. Angenommen wir wissen in­ zwischen auch, dass der Beruf dieses Mannes uns sehr weiter­ helfen würde, dann beginnt das „Kategorien abklopfen“. Nehmen wir weiter an, Sie erfahren durch Ihr „heiteres Berufe-Raten“, dass der zweite Mann da oben ein Bungee-Jump-Betreiber ist, dann wissen Sie auch, warum der Mann gesprungen ist. Alles klar? So, jetzt verbinden wir beides und beginnen wirklich zu raten. Im Folgenden stelle ich Ihnen ein solches Rätsel vor. Die Aufgabe selbst hatte ich vor vielen Jahren bereits publiziert, aber hier folgt das Seminar-Transkript einer Raterunde, das sehr klar zeigt, dass alle Ratenden die bei dieser Story üblichen Denk-Fehler machen. Und auch darum geht es: Wenn Sie mit einer Story „reisen“ (die Sie immer wieder raten lassen), dann entwickeln Sie bald ein gutes Gefühl für typische Denk-Fehler, die bei gewissen Geschichten immer wieder auftauchen.

Prämissen (prä = vor; miss … = geben) sind „vorgegebene Informationen“. Bei einem Gespräch sind das die Gedanken unseres Gegenübers, bei einem Problem das Studium der Unterlagen, ehe wir in den eigentlichen Entscheidungsprozess eintreten.

Das Beispiel „John und Mary“ (Seite 118 ff.) zeigt, was ich meine. Lassen Sie uns vorher noch eines festhalten: Wenn wir diese komplexere Art von rätseln angehen, können wir natürlich jederzeit zum Kate­ gorien-Raten zurück­ kehren.

118  Kommunikation für Könner

Nach einiger Zeit beginnen Sie plötzlich dieselbe Art von Denk-Fehlern im ganz normalen Alltag zu erkennen – es ist großartig!

Das eigentliche Training beginnt später

Ebenfalls wichtig ist es, sich darüber klarzuwerden, dass das eigentliche Training immer erst beginnt, wenn man die Lösung bereits kennt. Denn dann erst können wir die Qualität der Fragen (auf der strategischen Ebene) beurteilen, während man beim ersten Durchgang auf der Inhaltsebene „hängt“. Wer also dieses Rätsel und seine Lösung schon kennt: Sie können die Fragen (fast) noch mehr genießen als die Leser­ Innen, denen die Story beim ersten Durchgang noch neu ist.

Prämissen und Kategorien „abklopfen“ Weitere Rätsel dieser Art finden Sie in meinem Buch Intelli­ gente-Rätsel-Spiele.

Das Rätsel von John und Mary Vorgabe: Stellen Sie sich vor, Sie betreten einen Raum. Es ist ein Wohnzimmer, aber nicht Ihr eigenes. Dort finden Sie John und Mary tot auf dem Boden liegend, auf einem Teppich, der feucht ist. Außerdem liegen Glasscherben herum. Aufgabenstellung: Es gilt zu erraten, wie die beiden zu Tode ge­ kommen sind. Sie sind der Detektiv. 1. Hat die Flüssigkeit auf dem Teppich eine Farbe? – Nein. 2. Hat sie einen Geruch? – Nein. 3. Sind die beiden Toten verletzt, äußerlich sichtbar? – Ver­ letzung im Sinne von Blut und so? Nein. 4. Stammen die Glasscherben von einem Trinkglas? – Nein. Nun beginnt eine kleine Kette von Fragen zum Abklopfen von Kategorien (Was für eine Art von Glas?).

Fragetechnik schnell trainiert  119

5. Stammen die Glasscherben von einer Vase? – Nein. 6. Stammen die Glasscherben vom Fenster? – Nein. 7. Stammen die Glasscherben vom Lampenschirm? – Nein. 8. Stammen die Glasscherben von einer Brille? – Nein. 9. Sind die Glasscherben feucht? – Ja. 10. Ist das die gleiche Feuchtigkeit wie auf dem Boden? – Ja. 11. Handelt es sich um Wasser? – Ja. 12. Aber nicht nur Wasser? Mit einem Zusatz? – Achtung: „Aber nicht nur Wasser?“ ist eine negativ formulierte Frage … 13. Ich korrigiere: Reines Wasser? – Na, zu 96 % Wasser. 14. Ist es Gift? – Nein. Die vier Prozent, meine ich … – Mhm, das dachte ich mir. 15. Die beiden liegen auf dem Boden? – Ja. 16. In der Nähe der Feuchtigkeit? – Ich helfe Ihnen: Mitten drin. (Natürlich dürfen wir ab und zu vom Ja-/Nein-Schema ab­ weichen, sofern wir es nicht andauernd tun.) 17. Ist das eine größere Anzahl von Scherben, mehr als von einem Glas oder einer Vase? (Achtung: Bei unklarer Frage­ stellung darf man nicht einfach mit Ja oder Nein antworten!) – Das käme darauf an, wie groß die Vase ist, die Sie sich vor­ stellen. Ein anderer Mitspieler wirft ein: 18. Die Vase wurde ja bereits eliminiert. (Darauf lautet meine Antwort:) – Nein, er meint die Menge, ob die der einer Vase entsprechen könnte. Ich weiß nicht, wie groß die Vase ist, die er vor seinem geistigen Auge sieht. Also weigere ich mich, die Frage zu beantworten. (Aber statt seine Frage zu präzisieren, wechselt er das Thema):

120  Kommunikation für Könner

19. Ist es durchsichtiges Glas, farbloses? – Ja. 20. Die Hautfarbe der Toten, ist die normal, wie bei einem normalen Toten? (Auch hier kann man über die Präzision der Frage nachdenken) – Was meinen Sie mit „normal“ bei Hautfarbe – schwarz, weiß, rot? 21. Ich würde sagen blass. – Blass??? 22. Oder sind die Gesichter angelaufen? – Hmm, da bekommen Sie jetzt einen „Apfelkuchen“. 23. Könnte es sich nach dem äußeren Anschein um eine Explosion gehandelt haben? (siehe Rand) Achtung: „Könnte“Fragen dürfen wir immer bejahen – al­ les könnte sein. Wenn man solche Kondi­ tional-Fragen bejaht, hat man nur die Mög­ lichkeit be­jaht, nicht den Aspekt oder die Tatsache, um den/die es ging. Da­her korri­ gierte sich der Frage­ steller selbst.

Lösung:

24. Könnte sich … (Fragesteller korrigiert): Handelte es sich um eine Explosion? – Nein. Insgesamt sehen wir, dass die Fragen noch ziemlich unsys­te­ matisch sind. Daher lud ich die Seminar-Teilnehmer ein, doch bitte die „Prämissen abzuklopfen“. Wann immer Sie in einem Gespräch das Gefühl haben, etwas könne nicht stimmen: Versuchen Sie sich zu vergewissern, ob das Bild, das Sie sich machen, dem entspricht, was Ihnen Ihr Gesprächspartner tat­sächlich erzählt hat. Koppeln Sie rück, was bei Ihnen an­ gekommen ist. 25. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, befinden wir uns in einem Wohnzimmer, das nicht mein eigenes ist. – Ja. Richtig! 26. Da liegen zwei Tote auf dem Fußboden? – Präzisieren Sie die Frage! 27. Ein toter Mann und eine tote Frau? – Nein. Tja, und dann kam heraus, was los war (siehe Rand). Es ist völlig normal, dass man ergänzt. Der Prozess läuft unbewusst und in

John und Mary waren Goldfische, das Goldfischglas war heruntergefallen.

Fragetechnik schnell trainiert  121

einem sehr hohem Tempo ab, sodass wir es nicht registrieren. Der unbewusste Gedankengang scheint vollkommen „logisch“ und könnte in etwa wie folgt laufen: 1. John und Mary sind NAMEN (ein männlicher und ein weib­ licher). 2. In der Regel sind Lebewesen, die so heißen, Menschen. 3. Demzufolge sind John und Mary Menschen. Fragen, die zeigen, dass dieser Denkfehler passiert ist, gehen von Mord und Totschlag oder von Selbstmord aus und lauten z. B.: • • • •

Waren die beiden ein (Liebes-)Paar? War Eifersucht im Spiel? Hatten sie eine Affäre? Waren die beiden nackt? Sie sehen also: Ein zunächst einfach wirkendes Ratespiel kann Ihre Kommunikations-Muskeln ganz schön trainieren. Und Sie brauchen nicht einmal Muskelkater zu befürchten. Was will man mehr?

Bisher hatten wir uns mit geschlossenen (vorwiegend mit Ja-/ Nein-)Fragen befasst, aber es gibt natürlich auch offene Fragen.

Vor- und Nachteile geschlossener bzw. offener Fragen Geschlossene (Ja-/Nein-)Fragen haben einen erheblichen Nachteil: Während sie unser Denken trainieren, weil sie uns zwingen, Schritt-für-Schritt sauber im Detail zu arbeiten, wissen wir natür­ lich, dass uns eine einzige offene Frage vielleicht viel Zeit sparen

Vor- und Nachteile

122  Kommunikation für Könner

würde, weil die Antwort uns möglicherweise „alles“ sagt. Warum also trainieren wir so lange die geschlossenen Ja-/Nein-Fragen? Weil sie uns die nötige Denk-Disziplin bieten, denn auch offene Fragen haben ihre Tücken, sodass wir doch hier und da auf ge­ schlossene Fragen zurückgreifen müssen, wo wir dies zunächst gar nicht vorgesehen hatten. Während wir mit gut gestellten geschlossenen Fragen alles herausbekommen können, müssen wir entweder eine Menge wissen und/oder großes Interesse haben, um offene Fragen zu stellen. In Bezug auf die Rätsel-Geschichten erscheinen uns geschlossene Fragen „kinderleicht“, wir sagen: „Na ja, dann fragen wir halt gleich konkret. Welche Tasse soll aus dem Küchenkasten geholt werden?“ beziehungsweise „Wie starben John und Mary?“ Nun, sowohl bei Rätseln als auch im normalen Gespräch können wir offene Fragen nur stellen, wenn wir einiges wissen, und das zeigt Ihnen das folgende Experiment (das gleichzeitig eine hervorragende Trainings-Aufgabe darstellt). Hier stellen unsere Seminar ­teilneh­mer­ Innen in der Regel fest, dass drei Mi­nu­ ten unendlich lange dauern, wenn sie in dieser Zeit eine Frage nach der anderen stellen sollen. Wie lange schaffen Sie es?

Trainings-Aufgabe Typ 2: Offene Fragen stellen Machen Sie es sich zur Aufgabe, möglichst oft ein unverbindliches Gespräch unter Freunden durch Fragen zu führen. Ihr einziges Ziel sollte dabei sein, dass Sie so lange wie möglich nichts erzählen, sondern die anderen zum Sprechen bringen, indem Sie geschickt fragen.

Fragetechnik schnell trainiert  123

Anfangs geht es nur darum, überhaupt Fragen zu stellen (also sind auch Ja-/Nein-Fragen erlaubt), langsam aber sicher sollten Sie versuchen, ausschließlich offene Fragen zu formulieren. Beispiele: • Wie geht es Ihnen/dir mit … (der Arbeit, mit dem Hobby, der Familie – was immer für diese Person wichtig ist)? • Was macht XY (eine Person, von der B Ihnen in der Vergangen­ heit mindestens einmal erzählt hatte)? • Weshalb wollen Sie/willst du … (die Firma wechseln, im Urlaub nach Mallorca fahren, dass ich das Buch lese, das du mir empfohlen hast, etc.)? • Wie meinst du/meinen Sie, sollte ich (das anfangen/machen/ durchziehen)? • Wie siehst du/sehen Sie (dies und jenes)? • Wo hast du deine Frau (deinen Mann) eigentlich kennengelernt (deinen ersten Urlaub verbracht etc.)?

Offene oder geschlossene Fragen? TeilnehmerInnen fragen immer wieder: Sind nun offene oder geschlossene Fragen „besser“ im Alltag? Nun, ich meine: Offene Fragen bieten uns den Vorteil, dass sie den Geist des Befragten „öffnen“ und ihn einladen, sich „frei“ zu äußern. Dies ist von Vorteil, wenn wir die „Insel“ (siehe Seite 63 ff.) des anderen kennenlernen wollen, wenn wir uns dem Menschen zuwenden möchten oder wenn wir wollen, dass er eine Situation aus seiner Sicht schildern soll (nicht zuletzt, weil uns die Art seiner Schilderung eine Menge Zusatzinformationen über ihn, seine Interessen, sein Wert-System etc. geben kann).

B E I S P I E L E

124  Kommunikation für Könner

Die Tatsache, dass Fragen von Lehrern in der Schule (mündlich oder in Prüfungen) oft das Gegenteil zu bewirken scheinen, liegt darin begrün­ det, dass viele Schü­ ler­Innen die Fragen nicht begrei­fen. Also kann auch kein DenkProzess ins Rollen gebracht werden!

„DiagnoseRaten“

Haben wir es hingegen mit einem Menschen zu tun, der sich (zu­ mindest im Augenblick) nicht frei äußern kann oder will, dann helfen uns nur geschlossene Fragen, um ihn erstens zum Denken und zweitens zum Reden zu bringen. Warum? Weil Fragen einen unwiderstehlichen Impuls zu antworten in uns wecken! Jede Frage (die wir verstehen) löst einen Denk-Prozess aus. Mit offenen Fragen erfahren wir viel. Nehmen wir an, wir sprechen mit einer Person, die durchaus fähig und bereit ist, auf offene Fragen frei und fließend zu antworten. Das ist gut, nicht wahr? Oder? Könnte das auch von Nachteil sein? Aber sicher! Angenommen, wir sind Fachleute und müssen von Laien erfahren, „was los ist“, um uns möglichst schnell ein Bild zu machen, dann wären offene Fragen genau die falsche Strategie. Deshalb stellt ein guter Klempner der Hausfrau (der fähige Computer-Fachmann dem Kunden, Ihr Hausarzt Ihnen) eher geschlossene Fragen. Diese informieren ihn nämlich möglichst schnell und gezielt über die­ jenigen Symptome, aus welchen Spezialisten auf eine mögliche Diagnose schließen können. Manchmal bieten sich auch mehrere Diagnosen an, sodass man diese auf eine einzige reduzieren will, und schon sind wir wieder beim Kategorien Abklopfen gelandet. Statt „heiteres Berufe-Raten“ findet jetzt ein (oft todernstes) „Diagnose-Raten“ statt, aber: Die Denk-Strategie ist genau dieselbe, die wir so oft wie möglich anhand der Trainings-Aufgaben trainieren wollen! Die Antworten auf die geschlossenen Fragen veranlassen die je­ wei­lige Diagnose oder Therapie (Reparatur). Gibt es noch Zwei­fel, müssen weitere Diagnose-Maßnahmen (Tests, Prüfverfahren)

Fragetechnik schnell trainiert  125

eingesetzt werden, die eine mögliche Diagnose überprüfen sollen, ehe gehandelt wird. Aber auch hier helfen die geschlossenen Fragen, von Hunderten möglicher Prüfverfahren einige wenige auszusuchen, die möglichst bald Klarheit verschaffen sollen. Sie sehen also: Es ist sehr wohl notwendig, beide Fragetypen zu beherrschen, weshalb wir beide trainieren sollten. Der Spezialist interessiert sich in der Regel wenig für den Men­ schen, mehr für das konkrete Problem, das zu „reparieren“ ist (dies gilt leider auch für die meisten Mediziner). Hier sind geschlossene Fragen der Schlüssel, um möglichst schnell möglichst viel zu er­ fahren. Je weniger der Befragte die Bedeutung der Daten kennt, die er dem Spezialisten präsentiert (und die dieser erst deuten muss), desto notwendiger sind geschlossene Fragen. Der Laie wüsste von sich aus ja gar nicht, welche Fakten er überhaupt mitteilen soll. Je mehr Sie aber von der Person selbst erfahren wollen, je wichtiger Ihnen der Mensch mit seinen Erlebnissen, Er­ fahrungen, Meinungen, Wünschen und Zielen ist, desto offener sollte Ihre Art zu fragen sein. Alles klar?

126  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg Es ist immer wieder faszinierend zu beobachten, inwieweit Denk-Werkzeuge unsere „Denke“ beeinflussen. Sie kennen den Effekt: Wer nur einen Hammer besitzt, versucht alle Probleme mit Nägeln zu lösen. Wer auch Schrauben kennt, kann differenzierter vorgehen. Wer darüber hinaus auch Dübel hat, dessen Möglich­ keiten sind wieder wesentlich REICH-er geworden. Leider bietet die Schule noch fast nirgendwo echte Denk-Werkezeuge an, deshalb ist der Einstieg für viele Erwachsene unnötig schwierig. Hier gilt dann der sprichwörtliche schwierige Anfang, den viele Sprachen kennen.

Was dabei in der Regel unterschlagen wird, ist, dass nur der Anfang so schwierig ist. Es ist halt wie beim Kreuzworträtseln – die ersten 15 erscheinen manchen so schwierig, dass sie sogleich wieder aufgeben. Die Schule hat uns leider auch nicht gelehrt, eine Sache mit Entdeckerfreude und Faszination anzugehen (siehe auch Seite 260 f.), uns wie ein Forscher auf eine Sache einzulassen und im Zweifelsfall über unsere Probleme Buch zu führen, statt bei den ersten Schwierigkeiten gleich abzubrechen und aufzugeben.

Etwas Theorie vorab  127

Wer die ersten 15 Trainingsaufgaben eines neuen Denk-Werkzeuges geschafft hat, ist „über den Berg“ (siehe auch Seite 176 f.)! Dieser Berg ist die „Durststrecke“, der schwierigste Abschnitt auf unserer Wanderung zur Kompetenz im gewählten Bereich. Danach verschiebt sich die Balance zwischen Konzentration auf die Aufgabe als solche und der inhaltlichen Faszination. Ab dann wird es immer einfacher, sodass wir es freiwillig tun. Natürlich gibt es auch Menschen, deren „Durststrecke“ aufgrund von früheren Lebens-Erfahrungen kürzer oder weniger steil ausfallen kann.

Danach wird es immer einfacher!

Doch nur, wenn Sie sich fest vornehmen, von jeder Trainingsart (nur?) jene 15 Übungen zu absolvieren (sagen wir innerhalb von 3 Monaten), können Sie entscheiden, was jedes der hier vorgestellten Denk-Werkzeuge Ihnen bringen kann. Wer bereits vorher ablehnt, hat die berühmte „Katze im Sack“ abgelehnt und kann daher niemals feststellen, ob jene „Katze“ in Wirklichkeit nicht der berühmte „Tiger im Tank“ gewesen wäre. Schade, oder? Denn die Erfahrungen zeigen seit Jahren, dass diejenigen TeilnehmerInnen, die begonnen haben, meine Denk-Werkzeuge im Alltag praktisch anzuwenden, nach kürzester Zeit faszinierende Ergebnisse erzielen. Probieren Sie es aus!

Etwas Theorie vorab Lassen Sie mich kurz die Basis dieses Kapitels umreissen, ehe wir „einsteigen“. Dies ist besonders wichtig, weil manche von Ihnen schon Bescheid wissen, während für manche mit diesem

Möglicher­ weise ent­ puppt sich die „Katze im Sack“ als „Tiger im Tank“

128  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Buch der Erst-Einstieg beginnt. Hinter den von mir entwickelten Denk-Werkzeugen, insbesondere dem Analograffiti-Konzept, stehen drei zentrale Gedanken:

Das Wissens-Netz Alles, was wir jemals gelernt haben, ist Teil unseres metaphorischen Wissens-Netzes. Es enthält alles, was wir wissen, sowie alles, was wir (er-)kennen und können. Jede Wissens-Einheit stellt quasi einen Faden dar, der mit zahlreichen anderen ver-NETZ-t ist … Natürlich gibt es in diesem Wissens-Netz auch Löcher (also Stellen mit weniger Wissens-Fäden). So mag das Wissens-Netz eines Quanten-Physikers weit mehr Q-Physik-Fäden aufweisen als das Wissens-Netz eines Gärtners (sofern dieser kein Hobby-Physiker ist); dieser aber besitzt zahlreiche Fäden über Gartenbau, da werden die meisten Quanten-Physiker wohl ein Loch haben … Um herauszufinden, welche Fäden mit welchen in Ver-BIND-ung stehen, brauchen wir nur unsere eigenen Assoziationen (siehe auch Seite 132 ff.) zu verfolgen … Diese Metapher vom Wissens-Netz erin­nert an unsere neuronalen Bahnen im Gehirn und unterstreicht die VerNETZ-ung all unseres Wissens.

• Erstens, weil wir den Ver-BIND-ungen und Beziehungen unse­ rer Wissens-Netz-Inhalte untereinander mit Hilfe von Asso­ ziationen nachspüren können; • Zweitens, weil Denken prinzipiell assoziativ abläuft; • Drittens, weil fast alle sogenannten Kreativitäts-Techniken (in der Vergangenheit) primär Gebrauchsanleitungen für das Erzeugen von möglichst vielen Assoziationen waren. Dabei sollten wir uns vor Augen halten:

Eigene As­ so­zia­tionen

1. Unser Erziehungs-System hat uns in der Regel nicht bei­ gebracht wie wir unsere eigenen Assoziationen registrieren

Etwas Theorie vorab  129

können. Dies ist aber die Grundlage für differenziertes Denken. Deshalb habe ich diverse Denk-Techniken entwickelt. Sie machen es leicht, sowohl unsere ersten Gedanken kennen­ zulernen als diese auch systematisch weiter zu entwickeln. 2. Die Anzahl der Assoziationen, die uns zu irgendetwas einfallen, sind immer abhängig von unserem derzeitigen Wissens-Netz. Sie aber bestimmen die Menge unserer Re­ aktionen, die von unserer Umwelt als „intelligent“ oder be­ sonders „kreativ“ wahrgenommen werden. 3. Wer sein Wissens-Netz erweitert, vergrößert automatisch auch den assoziativen Reichtum, der diesem (vergrößerten!) Wissens-Netz entspringen kann! Das Potenzial für intelligente oder kreative Reaktionen wird ebenfalls vergrößert.

Anzahl

WissensNetz vergrößern

Sie sehen also, dass sowohl Intelligenz als auch Kreativität „wachsen“ können. Darüber hinaus können beide Elemente aber auch noch vermehrt werden, wenn wir mit Hilfe von DenkTechniken die Ausbeute der vorhanden Wissens-Fäden dramatisch erhöhen.

15 mm contra 11 km – das innere Archiv Mit dieser Metapher zeige ich seit Jahren die Relation zwischen bewusstem und unbewusstem Wahrnehmen/Denken auf: Wenn wir uns das Bewusstsein als eine Strecke von 15 mm vor­ stellen, dann entspricht unser Unterbewusstsein in etwa einer Vergleichsstrecke von 11 km! Dieser Gedanke soll nicht etwa zum Ausdruck bringen, wie klein unser Bewusstsein ist, sondern uns vor Augen führen, wie gigantisch unser Unbewusstes im Vergleich zu unserem Bewusstsein ist. Ich wiederhole: Wie Sie sich Ihr Bewusstsein als eine Strecke von 15 mm ver-BILD-lichen,

Relation bewusstes/ unbewusstes Wahrnehmen

130  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

dann entspräche Ihr Unbewusstes einer Strecke von 11 km! Hier reagieren viele SeminarteilnehmerInnen, weil ihnen 15 mm für die „Beschreibung“ ihres bewussten Wahrnehmens/Denken zu „popelig/klein“ erscheinen. Gut. Möchten Sie sich Ihr Bewusstsein lieber als 15-Kilometer-Strecke vorstellen? Gern. Nur, dann wäre Ihr Unbewusstes wie groß? Da benötigen viele dann schon den Taschenrechner. Vor allem ist keiner mehr sicher, ob die Anzahl der Nullen nun stimmt. Deshalb habe ich die kleineren (und noch gut vorstellbaren) Strecken gewählt, denn es geht uns ja nicht um absolute Größen, sondern nur um die Beziehung der Zahlenwerte zueinander. Übrigens auf die Größe einer Nervenzelle bezogen ist 15 mm sehr groß, in Bezug auf ein Bakterium sind 15 mm absolut gigantisch und in Bezug auf die Hirn-Hormone (Neuro-Peptide), ohne die kein Gedanke von einer Nervenzelle zur nächsten springen kann, sind die 15 mm schon mit unserem Sonnen­ system vergleichbar. Sie sehen also: Unser Bewusstsein wird nicht kleiner, weil wir es mit einer Strecke von 15 mm verglichen haben, aber unser Unbewusstes bleibt gigantisch, egal welchen Maßstab wir wählen. Und nun stellen Sie sich bitte eine Figur vor, deren Kopf 15 mm klein und deren Körper 11 km lang ist. Diese 11 km reprä­sen­tieren das innere Archiv: 11 km angefüllt mit Kisten, Kästen, Schubladen etc., die unsere Erinnerungen enthalten. Jetzt stellen wir uns tausende von „Mit­ arbeitern“ vor, deren Aufgabe es ist, all diese Behältnisse geschlossen zu halten. Warum? Weil wir keine Straße überqueren könnten, wenn alles, was wir wissen, uns

Etwas Theorie vorab  131

gleich­zeitig (= bewusst) wäre. Also hat die Natur einen Riegel „dazwischengeschoben“ und quasi 2 Kammern geschaffen: eine kitzekleine für das unmittelbare Verarbeiten eines Bruchteils unserer Wahrnehmungen, inkl. Gedankengängen und Erinne­ rungen, die hierzu nötig sind, sowie eben jene unbewussten KATA­ KOMBEN, in denen alle Gedächtnisinhalte lagern. Wollen wir darauf zugreifen, muss ein ABRUF erfolgen. Dabei entscheidet die Art des Abrufs (=die Art, wie wir versuchen, an die Infos im Archiv „heran­ zukommen“) über die Ausbeute, die wir damit zu Tage fördern.

Denk-Tools vergrößern unser Repertoire So wie Werkzeuge (neudeutsch: Tools) unsere Möglichkeiten in der materiellen Welt verbessern (sieh Seite 126), so werden DenkTools unser geistiges REPERTOIRE vergrößern. Dies bedeutet, dass wir von den hier vorgestellten Denk-Werk­ zeugen (insbesondere KaGa, KaWa und Wissens-ABC) sofort profitieren können, weil sie uns helfen, die Ernte (des Vor­ handenen) zu verbessern. Wenn wir darüber hinaus auch noch mehr Saatgut einbringen und pflegen, indem wir z. B. unser Wissens-Netz systematisch vergrößern, dann kann diese Verbesserungs-Kurve geradezu ex­ ponentiell werden. Allerdings gilt für diese Denk-Tools, was für alle Werkzeuge und Instrumente gilt: Nur durch aktives Ausprobieren (= Mitmachen, Experimentieren, Üben) und Trainieren können wir unser Repertoire verbessern. Damit können wir die Ziele für diesen Abschnitt nun wie folgt formulieren: 1. unser Wissens-Netz besser nutzen (und ­ausbauen), 2. unsere 11 km Unbewusstes besser „anzapfen“,

Die Art des Abrufs entscheidet über die Ausbeute

132  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

3. unser Repertoire vergrößern (alle Experten mussten ihre Ex­per­tise erwerben, damit wurde niemand geboren). Wir erinnern uns ständig daran, dass nur Training unser Repertoire verbessern kann. Wenn Sie sich auf geistige Abenteuer einlassen und sich durch eigenes Tun überzeugen möchten, dann legen Sie jetzt folgende Utensilien zurecht:

Bitte bereitlegen

Malen und schreiben Sie nach Herzenslust

• Schmierpapier: d. h. Papier, auf dem Sie sich trauen, „herumzu­ schmieren“ (wir nehmen gern die Rückseiten von bedrucktem Papier, damit fühlt man sich sehr frei zu experimentieren.) Aber Sie wollen auch • schönes Papier bereitliegen, weißes und farbiges, damit Sie, wenn Sie „in Fahrt“ kommen, auch einmal „schön“ arbeiten können, und natürlich brauchen Sie auch • Stifte jeder Art – dicke und dünne, verschiedene Farben … Apropos: Fühlen Sie sich bitte frei, in die Ränder hineinzuschreiben und zu malen, wo immer sich Ihnen eine Idee „auf­ drängt“. Unterstreichen Sie, kringeln Sie ein und vor allem, freuen Sie sich auf die Ent-Deck-ungen, die vor Ihnen liegen. Ich wünsche Ihnen in diesem Sinne viel Entdeckerfreude, und das meine ich ganz wörtlich, denn insbesondere die Analograffiti-DenkWerkzeuge sind in besonderem Maße geeignet, uns zu span­nen­ den Entdeckungen unserer Gedanken zu führen!

ANALOGRAFFITI Das Schöne an meinen ANALOGRAFISCHEN Denk-Techniken ist, dass EinsteigerInnen die Grundlagen der ANALOGRAFIE in drei Minuten verstehen. Was die Feinheiten angeht, so bringt eigenes

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Ausprobieren und (herum-)spielerisches Entdecken sehr schnell tiefere Einsichten. Lassen Sie sich darauf ein, damit Sie sich selbst in kürzester Zeit davon überzeugen können, wozu diese DenkTechniken fähig sind … Die Erfahrung der letzten Jahre haben immer wieder gezeigt: Wer Situationen (und Probleme) mittels KaWa/KaGa (Erklärung folgt) durchdenkt, erlebt immer wieder, wie schnell diese beiden methodischen Ansätze zu neuen und überraschenden Ergebnissen führen, die oft sowohl „intelligenter“ als auch „kreativer“ sind, als man es sich selbst zuvor zugetraut hätte. Um Sie zu animieren, mitzumachen, gehe ich hier zwei Wege: 1. Es folgt eine kurze Erklärung – mehr finden Interessierte in meinem Buch Birkenbihls Denkwerkzeuge und: 2. Sie finden im gesamten Buch zahlreiche konkrete Beispiele (fast alle Zeichnungen sind KaGa.s und die Wortableitungen sind KaWa.s). Doch betrachten wir zunächst das Kunst-Wort ANALOGRAFIE. Sie können zwei Bestandteile „sehen“, nämlich: 1. ANALOG wie in analoges, bildhaftes, vernetztes, symbolisches (eher rechtshemisphärisches) Denken. 2. GRAFIE (vgl. Begriffe wie Foto-GRAFIE, GRAPH-ologie, GRAFIK, GRAFIKER/IN) – den Wortteil -graf/graph übernahm ich vom griechischen grafein, das ursprünglich [in Tontäfelchen] ritzen bedeutete, im Klartext: schreiben und zeichnen. Somit können wir zusammenfassen:

Über­ raschend, intelligent & kreativ

134  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

• Wenn wir eher ANALOG und kreativ denken wollen und wenn wir mit dem Stift (oder Computer) unseren Gedanken nachspüren bzw. neue Ideen entwickeln wollen, dann denken wir analografisch (wir fertigen ANALOGRAFIEN an). • Diese können schreibend und/oder zeichnend entstehen. Dabei meinen wir mit dem Begriff „Bild“ (Zeichnung, Skizze) jede grafische Darstellungsform – vom einfachsten Strichmännchenoder Kritzel-Bild bis zu ausgeklügelten DENK-BILDERn. Wer nicht zeichnen will, kann Bild-Elemente aus Vorlagen oder Illustrierten ausschneiden und Collagen anfertigen (oder Bild-Dateien nutzen).

WICHTIG

Wir suchen kreative (K) Gedanken/Ideen und erstellen dem­ nach jeweils eine (A) ANALOGRAFIE (Ka-…). Nun suchen wir entweder (W) Worte (KaWa), oder wir denken (G) grafisch (KaGa).

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Was uns bei dieser Art zu denken einfällt (Wort & Bild), sind immer unsere eigenen ASSOZIATIONEN (das letzte A). Wir zapfen also unsere eigenen Fäden im Wissens-Netz (siehe Seite 128 ff.) an. So ergeben sich die beiden Kunstwörter KaWa und KaGa (wobei eine ANALOGRAFIE selbstverständlich beide Elemente enthalten kann). Erste Beispiel:

KaGa (Kreative Analografie, Grafische Assoziationen) Ich dachte über das Lesen nach: viel lesen, viel und schnell lesen, Schnell-Lesetechniken … Dabei bewegte sich mein Stift auf dem Schmierpapier. Später merkte ich (wieder einmal), wie gut das KaGa meine Gedanken widerspiegelt, denn ich hatte zwar offiziell (in Worten) an Bücher gedacht, aber ich zeichnete auch einfache Linien (= flache Blätter, z. B. Briefe, Artikel, Memos usw.)! Da es darum ging, wie dieser Stapel per Auge wahrgenommen werden könnte, zeichnete ich ein Auge … Bitte bedenken Sie, dass einer der Gründe, warum die Chinesen schon lange wissen, dass ein Bild 1000 Worte ersetzt, der ist: Wenn Sie die Be­ schreibung von Handlungen (z. B. KaGa/KaWa) lesen, mag es Ihnen relativ kompliziert vorkommen; wenn Sie es jedoch tun, wird es einfach … Noch ein KaGa als Memo-Bild: Das Zeichnen eines KaGa.s hilft zu begreifen, inwieweit wir die zu lernende Info „kapiert“ haben.

Unsere eigenen Assoz­ia­ tionen

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Denn ohne Verständnis gibt es keine (oder falsche) Bilder, wobei der Prozess einer Bild-Korrektur später dafür sorgt, dass man sich die Korrekturen und damit das neue Bild merkt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Wort-Korrekturen, bei denen später oft der originale Fehler im Gedächtnis verbleibt. Im folgenden KaGa habe ich die wichtigsten Eigenschaften der Topoi (= griechisch Orte) für mich persönlich festgehalten. Es erinnert mich an die Regel, wie diese memotechnischen geistigen Orte beschaffen sein sollen, damit das spätere „Ablegen“ (Merken) von Infos Erfolg hat. 1. ( Schulter): Wie viele Regeln? Antwort 8 (be-8-en Sie den Zeigefinder) 2. (Latz/Fisch): an-SCHAU-lich! 3. (hängt an Hand): Verwechslungen müssen ausgeschlossen sein – INDIVIDUEN, keine „Zwillinge“ 4. (unter an-SCHAU-lich): Die Form muss klar sein und gut vorstellbar. 5. (unter Hand): Die Größe muss zu unseren menschlichen Maßen passen (HAND-lich). 6. (unter Größe): Abstände der Loci voneinander – je einige Schritte 7. (unter Form): Beleuchtung muss hell sein (nicht zu hell und keine Dämmerung) 8. (die Vase): UNBELEBTE Loci

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Bei diesem Originalbild hatte ich zunächst (unten links) eine Vase mit Blumen gezeichnet, obwohl ich schrieb unbelebt – die Bilder später „schaffen Leben“. Erst danach, (beim Weiterlesen) merkte ich, dass ich diese Regel nur unzureichend begriffen hatte. Also korrigierte ich Text und Bild, aber selbst wenn mir heute ein Aus­ druck des alten Bildes in die Hände fällt, erinnere ich mich sofort an die Korrektur, ich ergänze sie also jedesmal automatisch …

Auto­ matische FehlerKorrektur

Das untenstehende KaGa-Beispiel ist Jahrhunderte alt und zeigt, wie normal solche Bilder früher waren. Der nachfolgende Kommentar (siehe Rand) muss uns darauf aufmerksam machen, dass man sie zu lesen pflegte! Das ist ein wichtiges Merkmal der Art von Bildern, die wir als KaGa bezeichnen wollen: Wir lesen sie … Das Auge beginnt Mitte/oben, wandert senkrecht nach unten, dann bewegt sich das Auge nach oben/links und beendet den LESE-Vorgang oben/rechts. Da uns Heutigen für das LESEN solcher Bilder die HintergrundInformationen fehlen, müssen wir uns etwas „hineinversen­ ken“. (Derartige) Bilder sollen helfen, gewisse religiöse Inhalte zu lernen, was früher jedem Be­ trachter sofort klar war, denn er kannte die entsprechenden Symbole, z. B. Adler, Engel, Löwe, Stier, welche vollautomatisch dem jeweiligen Evangelisten zugeordnet wur­den.

Quelle: ASSMANN/ HARTH (Hrsg.): Mnemosyne (vgl. Literaturverzeich­ nis)

138  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

„Aber“, sagen Sie jetzt vielleicht, „ich kann nicht zeichnen.“ Einmal abgesehen davon, dass das nicht stimmt, reichen einige Striche vollkommen aus! Angenommen, Sie denken über Ideen nach, die aus dem Unbewussten „nach oben“ steigen. Dann können Sie dies „schön zeichnen“ oder als einfaches KaGa ausdrücken. Die Version oben ist genauso aussagekräftig wie die unten. Merke: KaGa.s zeichnen wir für uns! Sie sollen uns später beim RE-KONSTRUIEREN unserer Ein-SICHT-en helfen oder als „Hilfsfäden“ fungieren, mit denen wir neue Infos in unser Wissens-Netz ein-BIND-en. Mehr nicht …

Vergleiche Seite 63 ff.

Auch meine inzwischen berühmten Insel-Bilder sind so einfach, dass sie so gut wie jeder zeichnen kann. Dies tun mittlerweile viele Trainer-KollegInnen, auch solche, die früher behaupteten, sie könnten nicht zeichnen.

Ein weiteres Anwendungs-Beispiel gefällig?

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Redewendungen wörtlich nehmen Wir können eine Menge über Aussagen lernen, wenn wir beginnen, sie zeichnerisch zu erkunden. So ergab eine spielerische „Analyse“ mit dem Zeichenstift interessante Aspekte im Vergleich von Rede­ wendungen zu einem Teilaspekt des Themas Erfolg, wobei ich es faszinierend finde, in verschiedene Sprachen „hineinzuhören“, um zu sehen, welches Bild sie uns anbieten. Auf dieser Doppelseite einer meiner vielen Kladden begann ich mit der Redewendung: Man soll das Fell des Bären nicht verkaufen, bevor man ihn geschossen hat. Sie findet ihre Entsprechung im Italienischen: Non vendere la pelle dell’orso prima di averlo ucciso (oder: preso). Im Englischen fielen mir drei weitere Rede­ wendungen ein. Zunächst eine Bären-Parallele: Man muss den Hasen erst fangen, ehe man ihn kochen kann. Des weiteren solle man seine Küken nicht zählen, ehe sie ausgeschlüpft sind. Und: Don’t spread the cloth till the pod begins to boil (= Breite das Tuch nicht aus, ehe der Topf[-Inhalt] zu kochen beginnt). Ob Damast-Tisch­ tuch für ein tolles Abendessen oder Reisedecke für das Picknick, die Idee ist dieselbe …

„Man soll das Fell des Bären nicht verkaufen, bevor man ihn geschos­ sen hat.“

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Wenden wir uns nun der zweiten Art von ANALOGRAFIE zu:

KaWa (Kreative Analografie, Wort-Assoziationen) Beim KaWa wollen wir für jeden Buchstaben des Wortes, Be­ griffes oder Namens mindestens eine Bedeutung finden, die mit diesem Buchstaben beginnt (ähnlich wie beim Kreuzwort­ rätseln). Warum das so hilfreich ist, erfahren Sie am besten, indem Sie es tun. So könnten Sie als erstes Beispiel mit dem Begriff WORT spielen, ehe Sie das Buch umdrehen. Ich habe den LeserInnen meines Beratungs-Briefes vorgeschlagen, mit NamensKaWa.s einzusteigen. Die sofortigen positiven Reaktionen zeigten, dass dieser Weg extrem leicht nachvollziehbar ist und dass er Spaß macht. Hier einige wenige Beispiele (um Ihren Appetit anzuregen): Beginnen Sie mit dem Namens-KaWa einer Person, die Sie gut kennen. Dies kann ein Familienmitglied sein, ein Freund (der Familie), ein Nachbar, ein Kollege usw. Schreiben Sie den Namen in großen Buchstaben (z. B. mit einem sehr dicken Filzstift), und lassen Sie dann Assoziationen zu jedem Buchstaben in sich hoch­ steigen. Wichtig ist, dass Sie innerlich loslassen, dass Sie es zu­ lassen, dass Sie sich auf das geistige Abenteuer einlassen. Sie wollen Ihr eigenes (unbewusstes) Wissen anzapfen.

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Vielleicht möchten Sie Ihre ersten Namens-KaWa.s aber lieber mit Vornamen probieren? Oder mit Ihrem eigenen Namen beginnen?

Mein KaWa zu Herrn Bodo WARDIN, einem Geschäftsführer, und die ersten Assoziationen zum Begriff Telefon einer Seminar-Teil­ nehmerin.

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Eigenname vs. Begriff

Sie können genausogut ein KaWa mit dem Namen Ihrer Firma anlegen oder dem Namen Ihrer Straße (Stadt/Gemeinde)! Oder finden Sie heraus, was Ihnen der Name Ihres Lieblings-Autors „sagt“, oder der Name eines Produkts, das Sie regelmäßig nutzen (oder konsumieren), wobei wir hier eine interessante unscharfe Grenze überschreiten zwischen einem Eigennamen und einem Be­ griff. (Worte sind ja Namen für Dinge, Prozesse oder Lebewesen – deshalb heißt Hauptwort im Lateinischen nomen = Namen.) Also vollziehen wie den Übergang zu einem Schlüsselwort, über das Sie derzeit (bzw. regelmäßig) nachdenken wollen. Natürlich können KaWa.s auch zu Merk-Hilfen werden, z. B. den Namen einer Person, über die wir etwas lernen (wie dieses KaWa zu dem wichtigen britischen Gedächtnisfroscher BARTLETT).

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Da Schlüsselwörter ein möglicher Zugang zu wichtigen Themenkreisen sind, ist dies eine der Hauptfunktionen von KaWa.s: mit einem Stift in der Hand nachdenken, erste Assoziationen „kommen“ LASSEN, sich einlassen und auf geistige Ent­ deckungs-Reise gehen. Vielleicht möchten Sie den Begriff ERFOLG kurz „bearbeiten“, ehe Sie das Buch umdrehen und die beiden Beispiel lesen? Nachfolgend sehen Sie das KaWa einer Nachbarin (ich habe ihre Assoziationen in Normalschrift dazugeschrieben, weil die jüngeren Leser ja kein Süterlin mehr lesen können).

Und hier sehen Sie eines meiner KaWa.s zu diesem Begriff. Ich spiele gern immer wieder mit verschiedenen Schlüssel-Begriffen und finde heraus, was mir derzeit besonders wichtig ist. Sehen

Mehr Details, Tips und Tricks sowie viele An­ wendungs-Bei­ spiele enthält mein Buch Birkenbihls Denkwerkzeuge.

144  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Sie jedes KaWa auch als Momentaufnahme, als Schnappschuss Ihrer derzeitigen Gedanken …

Fallbeispiel: Netz, Wissens-Netz und Wissen Erste Versuche (auf Schmierpapier!) beginnen vielleicht mit der Ableitung von Nerven-Bahnen (N) oder es fallen mir (T) die Tausenden von Verbindungen ein, die sich (Z) zwischen einzel­ nen NEURONEN des Wissens-Netzes ergeben.

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Deshalb greife ich sofort zu einem neuen Blatt, bei dem ich die beiden N zusammenlege und wieder von vorn beginne, weil ich mit dem Stift in der Hand entdecken will, was sich in mir entwickelt!

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So wird Unbewusstes zu Bewusstem

Wie Sie sehen, werden KaGa-/KaWa-Bilder keinesfalls als saubere, „erwachsene“ End-Produkte „geboren“, sondern sie stellen EntWICK-lungs-Prozesse dar, bei denen wir das „herauswickeln“, was bereits in uns schlummert. Wir machen unsere unbewussten Gedanken bewusst und entwickeln sie weiter. Somit entsprechen analografische Denk-Prozesse immer auch einer geistigen Evolution.

MERKE

Die ANALOGRAFIE ist ein Denk-Tool, das uns beim Denken hilft, neue Ver-BIND-ungen zu entdecken oder neue EinSICHT-en zu gewinnen usw. Wichtige Begriffe tauchen in meinem Denken immer wieder auf und werden jeweils neu ge-KaWa-t. So sehe ich, was dieser Be­ griff mir im heutigen Zusammenhang „sagen“ kann. Ausserdem entsteht durch mehrere ANALOGRAFIEN im Laufe der Zeit eine viel tiefere Ebene des Verstehens (siehe auch Seite 186 ff.)

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Dies haben Menschen nicht verstanden, die z. B. sagen: „Das KaWa habe ich schon gemacht!“. Es geht nicht darum, ob wir schon ein­ mal über einen Begriff nachgedacht haben, oder?! Wenn Sie ohne Stift denken, dann denken Sie über manche Themen doch auch mehrmals nach, oder?! Na also! Hier ein KaWa zu Wissen:

Sechs kleine KaWa-Tips 1. Taucht ein Buchstabe mehrmals auf (z. B. E und N in Lernen), dann können Sie jeden Buchstaben auch nur einmal als Assoziations-Anker verwenden. Diese Variante wählen Ein­stei­ gerInnen gerne, da die Ideen ja noch nicht so schnell fließen. Es ist wieder wie bei den Kreuzworträtseln: Die ersten können durchaus noch etwas mühsam sein, aber danach tun die Leute es freiwillig! Das heißt: Später, wenn es immer leichter fällt, schreiben wir sowieso oft mehrere Assoziationen bei einem Buchstaben auf (vgl. die beiden S in Wissen, oben).

Mehrere gleiche Buchstaben

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Wildes Vorgehen oder der Reihe nach?

Keine Idee

Kreatives Schummeln

Mut zur Lücke

2. Manchmal fange ich von vorn oder hinten an und be­ wege mich „der Reihe nach“ am Wort entlang, manchmal aber springe ich „wild umher“, je nachdem, welche Ideen zuerst „herausbrechen“. Beim „wilden“ Vorgehen hat es sich bewährt (in einer kleinen Denk-Pause), die bereits ab­ gearbeiteten Buchstaben zu markieren, z. B. gelb anzumalen (was später, wenn Sie ein KaWa in fotokopierter Form weiter­ geben wollen, unsichtbar bleibt). Wenn ich gerade keinen gelben Stift zur Hand habe, markiere ich die Buchstaben, die „dran“ waren mit kleinen Punkten (vgl. BARTLETT, Seite 142 und Wissen, Seite 147). 3. Manchmal fällt mir zu einem Buchstaben absolut nichts ein, dann greife ich zu einem Wörterbuch und fahre mit den Augen ein wenig auf den Seiten mit dem Buchstaben „herum“, dabei fällt mir fast immer etwas AUF oder es löst ein Begriff eine weitere Assoziation aus, sodass mir dann doch noch etwas EIN-fällt. 4. Manchmal muss man „kreativ schummeln“, wenn man kein Wörterbuch zur Hand hat oder wenn man einen (weiteren) Begriff unbedingt ins KaWa einbringen möchte, für den es keinen passenden Buchstaben gibt. Angenommen Sie machen eine Namens-KaWa und wollen zum Ausdruck bringen, dass Ihr Freund Peter ein Autornarr ist, aber PKW (bei P) gefällt Ihnen nicht, denn Peter liebt ja alle Arten von Autos (nicht nur PKWs). Dann können Sie z. B. bei T eintragen: totaler Autonarr … 5. Manchmal muss man auch eine Lücke stehen lassen können! Vielleicht fällt Ihnen später etwas ein, vielleicht morgen, vielleicht nie! Es gibt eben keine eiserne Regel, dass bei jedem Buchstaben etwas stehen muss. ANALOGRAFIEN sollen Ihr

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Denken nicht lähmen, sondern beflügeln! Bei manchen Buch­ staben fallen uns vier oder fünf Ideen ein (zu), bei einem anderen keine einzige. Jede ANALOGRAFIE, das heißt jedes KaGa oder KaWa bzw. jede Mischung aus beiden (siehe unten) soll sich entfalten, und wenn mal eine Lücke bleibt – so what (was soll’s)?

6. Tragen Sie immer eine Kladde mit sich herum! Wissen­ schaftler, Künstler, Genies u.a. können mit einem Stift in der Hand besser denken – warum nicht auch Sie? Aber bitte ab jetzt analografisch, nicht wahr?

150  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

ABC-Listen sind auch KaWa.s

Sonderform ABC-Liste

Eine Sonderform des Wort-KaWa.s ist die ABC-Liste (siehe Seite 171 ff.), denn: Während wir beim Wort-KaWa zu den Buchstaben des Wortes frei assoziieren, suchen wir beim ABC-KaWa Assoziationen zu allen Buchstaben des Alphabetes; es ist also ein komplettes KaWa. Wort-KaWa.s können insofern reizvoller sein, weil es immer wieder spannend ist, zu sehen, wie man sein aktuelles Thema mit den vorhandenen Buchstaben verbinden kann. ABC-KaWa.s (auch Wissens-ABC.s oder ABC-Listen genannt) sind umfang-REICHER und schenken uns im Sinne des Archivierens mehr „REICHE Beute“. Mehr zum Thema „Listen-Denken“ und ABC-Listen finden Sie im folgenden Abschnitt.

LISTEN-Denken Schon ARISTOTELES wusste den Wert des LISTEN-Denkens zu schätzen, wo­bei wir heute sicher mehr Vorteile ken­ nen als er damals.

Wir werden im Laufe dieses Abschnitts über verschiedenartige Listen sprechen, aber zunächst gilt es festzuhalten: Jede Liste, die wir je anlegen werden, erlaubt uns immer: • Die Chance für einen LERNPROZESS (wenn wir aktiv mitdenken und bewusst beobachten, was wir über unser Wissens-Netz lernen können). • Eine INVENTUR, denn der Prozess des Anlegens einer Liste entspricht einer Inventur (Was wissen wir? Wie schnell finden wir die Ideen? Was denken wir über die Sache? Nach welchen Kriterien entscheiden wir bei der Auswahl? etc.)!

LISTEN-Denken 151

Des Weiteren stellt das LISTEN-Denken eine Denk-STRATEGIE und ein Denk-WERKZEUG erster Güte dar. Lassen Sie sich keinesfalls davon beirren, dass dieser Denk-Stil von Anfang an relativ leicht fällt. Aber nehmen Sie zur Kenntnis, dass Ihre ersten Erfolge kaum ahnen lassen, welch potentes Instrument dieses Werk­ zeug in Wirklichkeit darstellt. Entscheiden Sie sich für praktisches Experimentieren; gehen Sie als Forscherin an die Sache heran! Nehmen Sie sich vor, einige Wochen lang „brav“ so viele Übungen wie möglich zu absolvieren, bevor Sie ENTSCHEIDEN werden, ob Sie à la long damit weitermachen. Wer noch nie systematisch mit Listen gedacht hat, kann im Vorfeld nicht wissen, was diese Technik bringen wird! Doch wer bereit ist, zu säen und die kleinen Pflänzchen zu hegen und zu pflegen, damit wir später ernten können, wird in der Tat reich belohnt. Lernen Sie, die immensen Schätze in Ihrem inneren Archiv ge-ZIEL-t zu finden. Wie wir noch sehen werden, entspricht das systematische Erstellen und Arbeiten mit Listen gewissermaßen einem „Sesam öffne dich!“ zu unserem eigenen Unbewussten! Und der Schlüssel zu all dem Denk-Glück ist das assoziative Denken, welches gleichsam hardwaremäßig in unserer Hirn „verdrahtet“ wurde. Es entspricht dem einzigen Denk-Stil, der wirklich als natürlich bezeichnet werden kann.

Investigator = Forscher

„Sesam öffne dich!“

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Assoziatives Denken

Mit „Schul-System“ ist das SchulSystem aller industrialisierten Länder gemeint.

Wollte man im Mittelalter das Dividieren lernen, so musste man nach Italien reisen, da keine deutsche Universität das Dividieren ver­ mitteln konnte.

Die Ergebnisse großangelegter Studien zum Thema „Was unter­ scheidet geniales von normalem Denken?“ stellten als einen wesentlichen Faktor fest: Geniale Denker (ob Wissenschaftler, Autoren oder Künstler) denken assoziativ, eine Fertigkeit, die unser Schul-System leider in der Regel (immer noch!) nicht fördert. Bis zur DENNIS-Studie hatte man an eine Art von kreativer Gleichheit geglaubt. Man meinte, es müsse sich ähnlich wie bei der Verteilung des 10 verhalten, bei dem sich die große Masse als ok erweist, während einige wenige unterhalb und ebenso wenige oberhalb jener „Norm“ zu finden sind. Aber dann stellte sich heraus, dass es um die Verteilung bezüglich Genialität (in Wissenschaft und Kunst) völlig anders bestellt ist. Es gibt eine extrem dünne „Schicht“ von Genialität und eine große Masse von Menschen, die weder kreativ noch genial erscheinen. Dies möchte ich wie folgt kommentieren: 1. Viele heutige Menschen erbringen Denk-Leistungen, die früher nur ganz wenigen vorbehalten waren (Lesen, Schreiben und eine minimale Rechenfähigkeit, z. B. um ein­ zukaufen). Vor einigen hundert Jahren hätte eine Studie zutage ge­ fördert, dass es nur eine ganz dünne Elite von Menschen gab, die zu diesen großartigen geistigen Leistungen fähig waren. Heute sehen wir, dass die Ergebnisse von IQ-Tests (die ja gerade jene Schulfähigkeit feststellen sollen, um herauszu­ finden, wen man des Lesens, Schreibens und Rechnens kundig machen kann!) weltweit der GAUSS‘schen Normalverteilung folgen, nicht aber die Verteilung des genialen Denkens großer Forscher, Komponisten, Autoren, Denker etc.

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2. Dieses geniale Denken erfordert einen Denk-Stil, der heute genau so wenig an die Massen weitergegeben wird, wie einst das Lesen, Schreiben und Rechnen. 3. Da in der Zukunft die Geisteskraft ihrer Bürger die einzige Ressource der Staaten im Wettbewerb untereinander ist (sowie der Wettbewerbsvorteil der Einzelnen innerhalb ihrer Gesellschaften), sollten wir hier dringend umdenken. Als Kaiserin Maria Theresia einen Feldzug für den Schulzwang eröffnete, waren viele noch überzeugt, dass es gefährlich wäre, wenn Hinz und Kunz lesen, schreiben und (bis zu einem gewissen Grad) rechnen könne. 4. Heute hingegen sind sich genügend Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft einig, dass die Zukunft den DenkFähigen gehören wird.

Die Geistes­ kraft der Bürger als wichtigste Ressource

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Während das Lesen, Schreiben und Rechnen an den Universitäten und in den Klöstern bereits bekannt war und man daher (in allen aufkeimenden Industrie-Nationen) fast über Nacht beginnen konnte, den Massen diese Kenntnisse zu vermitteln, sieht es bezüglich eines genialen Denkens noch armselig aus. 5. Hier stehen wir an einem Punkt, an dem die Menschheit vor ca. 5000 Jahren stand.

Heute = vor 5000 Jahren

Nachdem die Idee der Schrift erfunden worden war, ging es sehr schnell … analog können wir sagen, dass wir, bezüglich der Fähigkeit, „genial“ zu denken, an einem ähnlichen Punkt stehen! Zwar haben wir den Buchdruck schon, aber wir haben noch immer zu wenige Denk-Techniken, um geniales Denken zu transportieren. Wir stehen in der Erforschung dessen, was uns genial denken „machen kann“, erst ganz am Anfang.

Assoziatives Denken ist der goldene Schlüssel „An­ge­ borenes“ Denken ...

Denk-Eliten

Assoziatives Denken ist dem Gehirn „angeboren“. Im Gegen­ satz dazu ist unser Gehirn überhaupt nicht darauf eingerichtet, mit isolierten Info-Bits umzugehen. Deshalb ist es so schlimm, dass das Schul-System aller industrialisierten Länder den jungen Leuten diesen gehirn-gerechten assoziativen Denk-Stil nie wirklich vermittelt, während sie ihn ganz plötzlich ab der zweiten Studien­ hälfte an der Hochschule erwartet. Also zu einem Zeitpunkt, da die meisten bereits ausgestiegen sind. So entsteht eine extrem dünne Denk-Elite. Das war in der vor­ industriellen Ära nicht dramatisch, auch noch im Industrie-Zeit­ alter, aber es ist extrem schlecht, wenn wir in der Wissens-Gesellschaft der Zukunft reüssieren wollen!

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In der Annahme, dass die geneigten LeserInnen dieses Buchs in dieser Zukunft der Kopf-Arbeiter mitspielen wollen, biete ich Ihnen die notwendigen Werkzeuge dafür. Machen Sie doch ein­ fach mit, bevor Sie entscheiden, ob Sie das LISTEN-Denken auf Dauer praktizieren wollen. Denn das geistige TOOL des LISTENDenkens ist wie ein Fahrrad: Auch das beste Buch kann Ihnen die Eindrücke nicht vermitteln, die nur sammelt, wer selber „fährt“. Einige der Listen-Aufgaben, die ich vorschlage, enthalten gleich­ sam noch „Stützräder“, damit wirklich jede/r LeserIn, unabhängig von Ihrer Ausbildung, sofort aufsteigen (= einsteigen) kann, wobei wir hier ein faszinierende Phänomen sehen: Obwohl das LISTEN-Denken das ideale Einsteiger-Tool ist, bleibt es trotzdem das bevorzugte Tool für Fortgeschrittene, das ist ungewöhnlich. Es ist wie ein Fahrrad mit 18 Gängen: EinsteigerInnen wissen noch nicht in dem Maß einzuschätzen, wann welcher Gang welchen Vorteil bringt, das ergibt erst die Übung, aber trotzdem kann man als EinsteigerIn zu fahren beginnen, auch wenn sich uns die Feinheiten erst mit der täglichen Übung erschließen werden. Und, wie eingangs festgestellt, unterscheiden wir zwischen dem Erstellen von Listen und dem Arbeiten mit fertigen Listen später.

Listen erstellen Während wir eine Liste schreiben (denken), nehmen wir eine ­INVENTUR vor. Wir blicken in unser Wissens-Netz und picken einzelne Fäden heraus, indem wir Stichworte „festhalten“. Die ersten Begriffe finden wir noch sehr an der Oberfläche unseres Denkens, sodass wir sagen können: Der Weg zur (tiefen) Offen­ barung kann nur beschritten werden, wenn wir das Offensichtliche (das an der Oberfläche schwebt) loslassen können!

Inventur

156  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Die erste „Ausbeute“ finden wir an der Oberfläche – erst nach längerem, insbesondere häufigem Nachdenken zum selben Thema tauchen Ideen aus der Tiefe auf …

To-Do-Liste Checkliste Zeitplan

Gute Listen sind Gold wert!

Jede Liste hilft uns zu denken, weil wir uns dem Thema unter ver­ schiedensten Gesichtspunkten nähern können. Es gibt viele Arten von Listen und jede setzt andere Akzente und hilft uns, andere Aspekte des Gegenstandes, über den wir reflektieren wollen, zu registrieren. Eine To-Do-Liste enthält Dinge, die wir erledigen wollen (von englisch to do = tun). Sie kann als eine „Verwandte“ der Checkliste gesehen werden, noch entfernter (um drei Ecken) verwandt wäre z. B. ein Zeitplan, der festhält, wann etwas ge­ schehen soll, wann z. B. Züge fahren oder aber die Post aus dem öffentlichen Briefkasten abgeholt werden soll. Aber diese Art von Listen gehören einer völlig anderen Listen-Familie an als eine Insider-Liste, d. h. eine Liste, in der Insider-Wissen angeboten wird. Dies wird nun zugänglich für die Mitglieder einer Gruppe bzw. für Leute, die bereit sind, für diese Liste zu bezahlen. Wobei wir einen wichtigen Aspekt erkennen: Gute Listen sind Gold wert! Denn eine Liste stellt eine der höchsten Formen der Exformation dar, wobei Exformation die Arbeit ist, die ein Sender sich gemacht hat, und die dem Empfänger daher erspart bleibt. Deshalb sind wir bereit, für gute Listen auch gutes Geld zu zahlen. Dasselbe Prinzip trifft jedoch auch zu, wenn wir später mit eigenen Listen (weiter-)arbeiten wollen. Wir, die Sender, haben (in der Vergangenheit) Arbeit investiert, von der wir zu einem späteren Zeitpunkt als Empfänger (im Hier und Jetzt) profitieren können: Auch eigene Listen können Gold wert sein! Erstellen Sie eine erste Liste möglicher Listen! Welche Arten von Listen kennen Sie? Welche setzen Sie oft ein, welche nie? Denken

LISTEN-Denken 157

Sie an die bereits erwähnten Listen-Typen (To-Do, Zeitplan, In­ sider-Listen). Was fällt Ihnen noch ein? Falls Sie die Übung gerade ausgelassen haben, bedenken Sie Folgendes: Es gibt nur ein erstes Mal und meine nachfolgende Liste wird Ihnen mehr Freude machen, wenn Sie die eine oder andere Liste finden, die in meiner Liste FEHLEN wird. Woraus Sie sehen, wie spannend es sein kann, wenn wir hinterher vergleichen können.

Es gibt nur ein erstes Mal!

Deshalb empfehle ich ganz allgemein, suchen Sie sich Mitstreiter­ Innen und laden Sie diese ein, mitzumachen. Heutzutage kann man sich minutenschnell austauschen, selbst mit Leuten, die weit entfernt wohnen (Fax, E-Mail). Es war noch nie so leicht, eine Seminargruppe zu „schaffen“, auch wenn man zuhause bleibt … So, jetzt entscheiden Sie: …… Wollen Sie Ihre Liste oben noch einmal zwei Minuten lang betrachten und sehen, ob inzwischen etwas „hochkommt“, das Ihnen beim ersten Durchgang vorhin noch nicht ein­ gefallen war? …… Wollen Sie zumindest einen ersten Durchgang nachholen, wenn Sie diesen vorhin großzügig übersprungen haben sollten?

Erinnerung Haben Sie Ihre Liste der möglichen Listen schon aufgestellt? Es wäre schön, wenn Sie wenigstens 2 Minuten lang darüber nach­ denken würden. Es sind Ihre Erfahrungen und Einsichten, die Sie dabei gewinnen …

Sie ent­ scheiden ...

158  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Eine weitere kleine Quizaufgabe Welche Farben haben Listen eigentlich? Haben Sie über die Farben von Listen schon einmal nachgedacht? Welche Listen­ farben kennen Sie bisher? (Falls Sie die Frage nicht verstehen, notieren Sie dies; auch das ist wichtig: Registrieren, was wir nicht wissen, ohne Schuld- oder Schamgefühle! Die Antwort finden Sie in der Marginalie.

Details folgen … 1. Blaue Listen 2. Bunte Listen 3. Graue Listen 4. Grüne Listen 5. Rote Listen und 6. Schwarze Listen

Zwischenspiel Lern-Prozess

1. Jede Liste ist immer ein LERN-PROZESS, wenn wir wirklich nachdenken,

Inventur

2. im Sinne eines INVESTIGATIVEN Denk-Stils (Detektiv spielen). Sie kann eine mehr oder minder tiefe INVENTUR darstellen, das liegt an uns.

Spiegel

3. Sie SPIEGELT unsere (derzeitigen/langfristigen) INTERESSEN, unser Wert-System etc., sagt also auch eine Menge über uns als Person. Sie ist aber immer auch ein SCHNAPPSCHUSS, weil sie unsere heutige Befindlichkeit festhält. An manchen Tagen läuft es besonders flott, wir sind „gut drauf“, an anderen schleichen sich lauter negative Assoziationen ein, wenn wir traurig, frustriert etc. sind. Täglich eine Liste als Journal-Ein­ trag sagt Ihnen später genau so viel über Ihre damalige Be­ findlichkeit, wie Eintragungen üblicher Art („Liebes Tagebuch, ich fühle mich heute so …“).

Aktives Tun

4. Eine Liste anlegen heißt aktiv etwas TUN und wird mit zu­ nehmendem Training immer besser. Dies gilt sowohl bezogen auf einzelne Themen (die 5. Liste ist besser als die 1. und die 35. ist besser als die 5.), als auch bezüglich der Technik des Listen-Machens: Training macht uns besser!

LISTEN-Denken 159

5. Wenn wir uns darauf einlassen, können Listen uns zu auf­ regenden neuen ENT-DECKUNGEN führen, d. h. dazu, dass so mancher metaphorische Topf-DECKEL angehoben wird. Das kann regelrecht spannend werden. Deshalb sagte meine maternelle Großmutter oft: „Die schönsten Abenteuer sind die des Geistes.“

Es folgen meine Antworten auf die Frage nach den Farben der Listen. 1. Blaue Listen: registrierte Drogen (in den angelsächsischen Ländern) 2. Bunte Listen: „Bunt gemischt“ = ohne differenzierte Klassi­ fizierung, z. B. alle Freunde einer Person, ohne Rücksicht auf alle anderen Aspekte, die man in die Klassifizierung ein­ beziehen könnte, oder „Männlein und Weiblein“ gemischt, wenn man Partygäste auflistet. 3. Graue Listen: Ich sehe drei Möglichkeiten – 1. Einerseits werden homöopathische Medikamente in grauen Listen

A N T W O R T E N

160  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

A N T W O R T E N

ListemöglicherListen

„gehandelt“ (im Gegensatz zur offiziellen roten Liste); 2. es könnte sich um eine Liste von oder für einen/mehrere graue/n Panther (Senioren) handeln und 3. Listen für Dinge/Mitspieler, die auf einem „grauen Markt“ mitmischen wollen (z. B. Hand­ werker, die bereit sind, schwarz zu arbeiten, erweitern ja damit den sogenannten „grauen“ Anteil des Arbeitsmarktes). 4. Grüne Listen: Listen, die im weitesten Sinne Natur/BioAspekte berücksichtigen (z. B. Bio-Bauern in einer be­ stimmten Gegend; Kosmetika, für deren Entwicklung keine Tiere sterben mussten etc) . 5. Rote Listen: Auch hier gibt es zwei Varianten: Zum einen werden die Medikamente der Schulmedizin in einer großen „roten Liste“ aufgeführt, zum anderen tragen wir gefährdetes Leben (Tiere wie Pflanzen) in rote Listen ein. 6. Schwarze Listen: Listen von Dingen, die vermieden werden sollen (bzw. die sogar verboten sind). Der Name leitet sich von der schwarzen Pool-Kugel (bei Snookers) ab, daher heißt es im Englischen auch „to blackball someone“ (jemanden wörtlich „schwarz-kugel-n“; jemanden ausgrenzen). Nun, da wir ein wenig tiefer ins Thema Listen eingestiegen sind, möchte ich Ihnen meine Liste-möglicher-Listen anbieten. Es ist meine erste Aufstellung, nach einigen Wochen intensivem Nach­ denkens und Arbeitens über das Thema. Voilà: 1. Adressen-Listen sind Listen! 2. ABC-Listen (siehe Seite 171 ff.) 3. Abschuss-Listen im Sinne von Todeslisten (hoffentlich nur im Krimi) 4. Buyers‘ Guides (Kaufhilfe für Leute, die ein bestimmtes Produkt suchen)

LISTEN-Denken 161

5. Check-Listen aller Art 6. Couvert-Listen entstanden durch die COUVERT-TECHNIK 7. Chronologische Listen (z. B. der Tages-Ablauf einer wichtigen Person, oder Tages-, Wochen-, Monats-, Jahres-Listen, die geschichtliche Abläufe festhalten)

Vergleiche „CouvertTechnik“ Seite 185 ff.

8. Directories (neudeutsch für wegweisende Listen aller Art), es sind im weitesten Sinne Listen, die uns helfen, eine Richtung (direction) zu wählen. Ursprünglich eher Sight-Seeing-Vor­ schläge für englische Touristen, weiteten sie sich langsam auf alles aus, was Engländer weltweit brauchen könnten (Hotels, Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte/Hospitäler, Schulen etc.), sodass ein directory heute so gut wie alles enthalten kann. 9. Einkaufslisten 10. Enzyklopädien sind große Listen (die über viele Bände laufen können) 11. Favoriten-Listen – Menschen, Teams, Vereine (z. B. TotoListen), Tiere z. B. Pferde (und anderen Tiere, mit denen Wett­ rennen oder Wettkämpfe veranstaltet werden, von Hähnen bis Kampfhunde); diese Listen sind die Grundlage für Wetten, sie listen Wahrscheinlichkeiten (u. U. nach Sieg und nach Platz sortiert) auf. 12. Fremdenführer-Listen (enthalten z. B. Sehenswürdigkeiten einer Gegend) 13. Gäste-Listen (z. B. zur Vorbereitung einer Party, Hochzeit, etc.) 14. Grammatik-Listen (mit Konjugationen, Deklinationen, un­ regelmäßigen Verben, Hilfsverben, Kopulae, Präpositionen usw.)

Übrigens halte ich gar nichts davon, Einkaufslisten aus­ wendig zu lernen; unser Gehirn wurde für wichtige, sinn­ volle Informationen „ausgelegt“, nicht DurchzugsInformationen. Gehen Sie ruhig mit Ihrer Liste ein­ kaufen …

162  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

15. Hitlisten, deutsch: z. B. Literatur, Sachbuch, Taschenbuch, Musik … 16. Hitlisten, englisch: Hier kann eine Hitliste auch eine Todes­ liste sein. 17. Insider-Listen sind Listen Vielleicht wollen Sie einmal testen, wie viele Ihrer Freunde vier Wochen später noch wissen, was vor einem Monat gerade IN bzw. OUT war, um sich von der Unwesentlich­ keit zu überzeugen.

18. In-&-Out-Listen – Die meisten gehören zu der Art von PseudoInformationen von extrem kurzem (und fraglichen) Wert, insbesondere die in wöchentlichen Magazinen aufgelisteten. 19. Jubel-Listen – Versuchen Sie doch einen Monat lang, täglich zwei- bis dreimal 90 Sekunden lang alles aufzuschreiben, worüber Sie jubeln – oder zumindest sehr dankbar sein – könnten. 20. Katalog-Listen – Hier hängt die Art der Auflistung stark da­von ab, welcher Art der Katalog sein soll. Ist es ein Mu­ seums-Katalog, der den Besuchern Orientierung beim Durch­ marschieren offerieren soll oder ein Katalog, der als Grundlage für eine Auktion dienen wird? Ist es ein Katalog, der zum Kaufen animieren soll? etc. 21. Kompilations-Listen (Sammlungen, völlig abhängig von der Kompetenz der kompilierenden Personen!) 22. Konsumenten-Listen (besser unter „Mailing-Listen“ bekannt)

Vergleiche „LiteraturListen“

23. Lese-Listen (können extrem wertvoll sein und dem Leser enorm viel Zeit und Energie sparen) 24. Literatur-Listen – Man muss nicht nur Bücher schreiben können (das können heute viele!), man muss auch ExtraService bieten, für jene, die selber weiterforschen wollen, aber dazu gehört eben mehr als 200 Seiten vollschreiben, vor allem, wenn man selbst kaum etwas liest und dann nicht mehr weiß, wo man die besten Ideen „gefunden“ hat …

LISTEN-Denken 163

25. Mailing-Listen (siehe Adressen und Konsumenten): Eine gut gepflegte Liste mit wenigen sogenannten „Karteileichen“ (Adressen von Leuten, die inzwischen verzogen oder ge­ storben sind) kostet viel Geld! Sowohl für die sogenannte „Pflege“ der Liste, als auch, wenn man sie kaufen (exakter mieten) möchte. 26. Mitglieder-Verzeichnisse sind Listen 27. Nachschlagewerke aller Art sind ebenfalls Listen 28. Nummerierte Listen (wie diese, damit man mit einem Blick sehen kann, wieviel Einträge diese Liste uns bietet)

In diesem Fall 45

29. OPERA-Listen (abgeleitet vom lateinischen operare = etwas tun; mit „opera“ umschreibt man gern Werke, z. B. Kunst­ werke). Manche dieser Listen werden nach dem Kompilierer benannt (z. B. das KÖCHEL-Verzeichnis, indem ein Herr KÖCHEL die Werke MOZARTS aufgelistet hat). Hier hängt der Wert der Liste wieder stark von der Kompetenz dessen ab, der sie erstellt: Welche und wie viele Kriterien hat er berücksichtigt? Hat er sie bekannt gegeben? Wissen Sie z. B., woher sich die Reihenfolge der Werke MOZARTS im KÖCHEL-Verzeichnis herleitet? Ist es eine chronologische Liste (Reihenfolge der Kompositionen)? Oder ist es eine hierarchische Rangfolge? Hat Herr KÖCHEL nach einem Maßstab klassifiziert (Länge der Stücke?) oder kategorisiert? Hat er von „kleinen“ Stücken zu „großen“ sortiert? Und wenn ja, ist dann die Oper oder eine Sinfonie an die höchste Stelle der Hierarchie zu setzen? Warum? Was spricht dafür? Sehen Sie, warum eine Liste ein Denk-Tool erster Güte ist? Und warum Sie ein Thema, zu dem Sie „LISTEN-GEDACHT“ haben, weit besser erfasst haben, als mit herkömmlichen, normalem Denken?

Zum Beispiel: Lieder, kleine Klavierstücke (Menuette, Tänze, Etüden, Sonatinen, Sonaten), Klavier­ konzerte, andere Konzerte, Opern, Sinfonien

164  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

30. Premium-Listen  – Hierbei handelt es sich um Listen materieller Güter, auch gebrauchter oder Antiquitäten und deren Geld-Wert, z. B. Gebraucht-Fahrzeuge (in gutem Zu­ stand). Solche Listen werden von Versicherungen erstellt, können aber auch eine Hilfe bezüglich einer Untergrenze für die Privatwirtschaft (z. B. einen privaten Auto-Markt tagsüber am Wochenende im Autokino) darstellen. 31. Performance-Listen – In diesen Listen werden Hochleistende geführt, z. B. Preisträger (von Bambi oder Oskar über Pulitzer bis zu Nobel) oder Punktesieger in Wettbewerben (z. B. die Weltrangliste im Tennis) etc. 32. Qualitätslisten (anderer Name für Performance-Listen) 33. Rettungslisten (z. B. SCHINDLERs Liste, die auch ein Beispiel für eine Liste darstellt, die nach ihrem Kompilierer benannt wurde)

PARETO 80:20

34. Stichwort-Verzeichnisse in Sach- und Fachbüchern. Ich weigere mich, Bücher zu lesen, deren Autoren sich die kleine Mühe nicht machen (oft verhindern die Verlage diesen wichtigen Service!). Was man nicht begreift ist dies: Zwar arbeiten nur ca. 15 bis 20 % der Leserinnen „ernsthaft“ genug mit dem Buch, dass sie ein Stichwort-Verzeichnis zu schätzen wissen (allerdings werden es ständig mehr, weil ich meine Seminar-TeilnehmerInnen in zunehmendem Maß auch auf den Geschmack bringe). Aber diese wenigen sind die wichtigsten LeserInnen für das Buch. Sie werden es im Zweifelsfall weiterempfehlen, rezensieren, an anderen Stellen zitieren etc. Es gilt also ungefähr das PARETO-Prinzip. 35. Top-Listen, z. B. Top-Ten – Hier unterscheiden wir 1. Leistung (vgl. Performance-Listen, z. B.: Top Ten im Tennis), die durch ein (relativ) klares Bewertungs-System in die Liste kam von 2.

LISTEN-Denken 165

Listen, die (angeblich) durch den Verkauf der Produkte (Bücher, CD.s) entstanden von 3. Bewertungen via einer kleinen Aus­ wahl von Konsumenten: So entstehen die TV-Ratings, von denen Wohl und Wehe abhängt, weil diese bestimmen, wie teuer die Werbe-Minuten verkauft werden können. 36. Tipp-Listen – How-To-Listen mit Ratschlägen. So gibt es Stichwort-Listen (mit Kurzerklärungen, zu allen Themen, die Menschen bewegen, von Kindererziehung über Hobbys bis zu Überleben nach dem Atomkrieg etc.

Schade, es wäre schön, wenn man Sendungen nach ihrem Gehalt be­ urteilen könnte …

37. Unveröffentlichte Dokumente (Listen)  – in Bezug auf „Raimundus LULLUS“ (siehe Seite 203 ff.) erwähne ich, dass ein Großteil seiner Tausende von Seiten zählenden Manuskripte bis heute nie veröffentlicht wurden. Ohne solche Listen, die uns sagen, welche unveröffentlichten Manuskripte in welchen Museen oder Bibliotheken aufliegen, wäre Forschung, ins­ besondere bezüglich historischer „Randfiguren“, unmöglich. Ähnlich wertvoll wäre eine Liste vergriffener Titel … 38. Verzeichnisse sind natürlich auch Listen (vgl. das KÖCHEL-Ver­ zeichnis, Punkt 29) 39. Wegweiser-Listen (entsprechend weitgehend den directories, Punkt 8 40. Wort-Listen, z. B. ABC-Listen 41. Wörterbücher sind genaugenommen auch „nur“ Listen 42. x-beliebige Auflistungen sind natürlich ebenfalls Listen 43. Yin-Yang-Listen – So nenne ich eine Listenart, die Gegensätze auflistet (männlich-weiblich, dunkel-hell, hart-weich, kaltwarm). Auch diese Art von Listen kann uns helfen, unser Denken zu erhellen. Wählen Sie eine Reihe von Begriffen und suchen Sie dann systematisch den Gegenpol. Oft gibt es kein direktes

Die ABC-Listen ­gehören zu den analografischen Denk-Tools, siehe Seite 132 ff. bzw. Seite 171 ff.

166  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Gegenteil (wie: schwarz-weiß), aber sehr wohl einen Gegenpol, ein anderes Ende eines Spektrums. Aber man kann die Welt nach unterschiedlichsten Kriterien unterteilen. Fragen wie „Was ist der bessere Gegenpol?“ können sehr hilfreich sein, um unser Denken zu klären, z. B. logisch-intuitiv, logisch-kreativ, logisch-? 44. Zeitpläne sind auch Listen 45. ZIEL-Listen können ungemein spannend sein. Erstellen Sie Listen von Ihren Zielen (z. B. eine Liste mit beruflichen Zielen, eine mit privaten) und vergleichen Sie mit einigen Freunden, die mitmachen. Reservieren Sie für die Besprechung dieser Listen einen ganzen Nachmittag/Tag und Sie werden viel über sich und Ihre Freunde lernen! Wie Sie sehen, gibt es jede Menge potenzieller Listen, je nach Problem, Thema, Aufgaben-, Frage- oder Zielstellung. Unabhängig von allem, was wir nachfolgend über Listen sagen werden, denken Sie immer daran:

Was haben Listen und Gedichte gemeinsam?

Eine Liste kann ein Tresor sein, je nachdem, ob Sie auf den Inhalt einer spezifischen Liste derzeit besonders „scharf“ sind. Weil aber eine gute Liste minimale Information bei maximaler Ex-formation darstellt, da sie extrem ver-DICHT-etes Wissen enthält, sollte sie langsam gelesen werden. Anders ausgedrückt: Was haben eine gute Liste und ein Ge-DICHT gemeinsam? Antwort: Gute Listen und gute Gedichte muss man langsam lesen, da das Material so stark ver-DICHT-et wurde, andernfalls kann einem tatsächlich schwindlig werden. Nun lade ich Sie wieder zum aktiven Handeln ein. Wollen wir eine kleine Liste mit Variationen „basteln“? Wir begnügen uns mit sechs Begriffen, und zwar mit den Farben des Bildes zu diesem Buch (vgl. Rückseite des Buches).

LISTEN-Denken 167

Mini-Fallstudie: Kleines Listen-Farbspiel

Das Bild in Farbe finden Sie auf der Rückseite des Buches!

Aufgabe 1: Die Liste erstellen Bitte notieren Sie die sechs Farben des Bildes (beginnen Sie von oben und bewegen Sie sich langsam nach unten; bitte bedenken Sie, dass es zwei Blautöne gibt: hellblau und dunkelblau). 1 2 3 4 5 6

168  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Aufgabe 2: Die Liste sortieren Wenn der Inhalt (einigermaßen) feststeht (jede echte Liste wird mehrmals überarbeitet; wir wollen ja nur das Prinzip aufzeigen), dann fragen wir uns, nach welchen Kriterien wir diesen Inhalt „durchdenken“ wollen. Erster Sortiervorgang: Machen Sie eine ABC-Liste (siehe Seite 171 ff.) daraus (auch wenn der Großteil des Alphabets leer bleibt, es geht nur ums Prinzip; später, bei echten Listen werden Sie oft weit mehr Begriffe sortieren und beim Alphabetisieren könnten Ihnen weitere „Inhalte“ ein- und zufallen, aber für den Augenblick reichen die sechs Begriffe). 1

Die 6 Farben alphabetisch sortieren

2 3 4 5 6

Aufgabe 3: Die Liste hierarchisieren Bitte beachten Sie, dass das ABC keine echte Hierarchie darstellt. Wenn wir ein Thema jedoch ernsthaft „durchdenken“ wollen, wenn das LISTEN-Denken investigativen Charakter haben soll, wenn wir ein wenig Detektiv spielen wollen, dann lernen wir am meisten, wenn wir eine Hierarchie aufbauen. Die Qualität der Hierarchie hängt von der Art der Klassifizierung ab, die wir benutzen. Auf unsere Farben bezogen könnten wir z. B. nach den Frequenzen sortieren (im Sinne der physikalischen Eigenschaften der Farbtöne bzw. bezüglich des Platzes, den sie auf dem elektro­ magnetischen Spektrum einnehmen würden), oder wir könnten nach Häufigkeit sortieren (z. B. welche Farbe wird wie oft in der

LISTEN-Denken 169

Bibel erwähnt?) u. Ä. Wir erwähnten bereits, dass die Kompetenz der Kompilierer ausschlaggebend ist für die Qualität der Liste, wie wir bei „Wörterlisten“ unter dem Namen „Enzyklopädie“ sehen können; da gibt es eben „solche und solche“, wobei manche mehr Begriffe enthalten, manche die besseren Erklärungen, wenige beides! Aber wir wollen immer noch nur das Prinzip aufzeigen, deshalb versuchen wir eine einfache Hierarchie. Sortieren Sie die sechs Farben nach Helligkeit (von 1 = schwarz bis 6 = hell, gelb oder grün). Falls Sie sich wundern, weshalb ich hier „gelb oder grün“ anbiete, so gilt erstens die Tatsache, dass man über Farbtöne vortrefflich streiten kann. Ohne technische Hilfsmittel wird es immer Menschen geben, die dieses Gelb als hellste Farbe „sehen“, während andere für dieses Grün (im Bild) plädieren werden. Zweitens weiß ich heute beim Schreiben noch nicht, was beim Drucken mit den Farben geschieht. Unabhängig von meiner Intention könnte doch etwas anderes dabei „heraus­ kommen“, bis Sie das Buch in Händen halten. 1

schwarz

2 3 4 5 6

Aufgabe 4: Die Liste beurteilen Natürlich wissen Sie, dass jede Klassifizierung subjektive Wahr­ nehmungen, Meinungen, Glaubensfragen etc. einbringt. Dies symbolisiert die vierte kleine Aufgabe: Diesmal sollen Sie die

Wie sehen Sie die 5 Farben nach schwarz?

170  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Nur, je mehr Kriterien wir gleich­ zeitig berücksich­ tigen müssen, desto schwerer ist die Aufgabe und desto mehr Kom­pe­tenz verlangt sie. Aber diese Aufgabe ist immer noch leicht.

Liste hierarchisch sortieren, und zwar gemäß des Grades an Wohlgefallen, das Sie für die einzelnen Farben empfinden. Wir sind also nun bei einer weiteren Frage gelandet, über die man trefflich streiten kann: Geschmack. Des Weiteren zeigt diese kleine Demonstration Ihnen, dass man manchmal kaum entscheiden kann, welche hierarchische Stufe man „geben“ soll. Am liebsten würde man vielleicht drei Farben auf einer Stufe eintragen. Sehen Sie, was so eine Mini-Liste uns alles zeigen kann? Dieselben Ent­ scheidungen müssen Sie bei anderen Listen später auch treffen. Das ist einer der Gründe, warum das LISTEN-Denken uns lehren wird, in unseren Kopf zu sehen, und uns beim Denken zuzu­ schauen! Also, nun Ihre Wahl: Ob wir eine „Miss“ wählen, oder Farbtöne nach gewissen Kriterien sortieren – der Denk-Prozess ist derselbe. Wie gern mögen Sie welche der sechs Farben? 1 2 3 4 5 6

Aufgabe 5: Wie sehen andere das (Forschung) Manchmal lohnt es sich, andere (z. B. nicht immer, aber vielleicht auch Experten) zu befragen. Manchmal aber kann es einfach nur interessant sein, im Sinne des investigativen Charakters (De­ tektiv spielen): Was denken meine FreundInnen, KollegInnen, NachbarInnen, Club-MitgliederInnen etc.? Im Übrigen profitieren wir bei einem solchen Austausch in der Regel doppelt:

LISTEN-Denken 171

Erstens lernen wir oft weit mehr über den zu untersuchenden Gegenstand, wenn wir uns genau anhören, wie andere ihre Wahl begründen (was bei faszinierenderen Fragestellungen, als unsere kleine Aufgabe im Fallbeispiel, auch viel spannender sein kann). Zweitens lernen wir auch eine Menge über diese Menschen und (wenn die anderen helle sind), diese über uns. Denn unsere Wahl sagt viel über unser Wert-System aus und unser Wert-System viel über uns …

ERSTENS

ZWEITENS

Damit haben wir einen guten Einstieg in das Anlegen von Listen geschaffen. Daher möchte ich Ihnen nun eine spezielle ListenVariante vorstellen, die zu meinen Analograffiti-Techniken (siehe Seite 132 ff.) gehört: die ABC-Liste bzw. das Wissens-ABC.

Das Wissens-ABC Bei dieser Art von Liste geht es darum, innerhalb einer be­ stimmten Zeit zu jeden Buchstaben des Alphabets mindestens eine Assoziation zu notieren (ABC-Liste), wobei Sie das Thema frei wählen können. Ein Beispiel gefällig? Dann legen Sie bitte eine Tier-Liste an: Wie viele Tiere finden Sie schnell und leicht in Ihrem „inneren Archiv“? Dazu nehmen Sie ein Blatt Papier und legen am linken Rand ein ABC an. Setzen Sie sich ein Zeitlimit und wandern Sie mit den Augen das ABC hinauf und hinunter. Notieren Sie dabei die Begriffe, die Ihnen spontan zu dem jeweiligen Buchstaben einfallen. Kommt Ihnen zu einem Buchstaben gerade nichts in den Sinn, gehen Sie einfach zum Nächsten. „Beissen“ Sie sich nicht fest, es ist völlig ok einige Lücken stehen zu lassen. Die Zeitspanne, die Sie sich geben, sollte kurz sein. Da ich neuronal langsam bin, gebe ich mir 3 Minuten, Schnelldenker vom Dienst

Natürlich dürfen Sie pro Buchstabe auch mehr als einen Be­ griff notieren, Sie müssen aber nicht!

172  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

sollten jeweils 90 Sekunden bis 2 Minuten arbeiten. (Die Zeit, die es dauert, am linken Blattrand das ABC aufzulisten, wird natürlich nicht gerechnet.)

Raten Sie vorab!

Vorbereitung: Ehe Sie beginnen, raten Sie, wie viele Tiere Sie in der von Ihnen gewählten Zeit wohl finden werden. Bitte arbeiten Sie beim ersten Mal wirklich nur 3 Minuten (wenn Sie glauben, Sie seien neuronal langsam) bzw. 2 Minuten/90 Sekunden (als Schnelldenker). Alles verstanden? Dann Timer stellen und los geht’s …

Wie viele Tiere sind Ihnen eingefallen?

Fertig? Dann zählen Sie doch einmal, wie viele Tiere Ihnen beim ersten Mal spontan eingefallen sind. Und wie hoch war Ihre Einschätzung vorher? Nun möchten Sie vielleicht vergleichen? Die Erfahrungen für TIERE sehen wie folgt aus: Geraten (vorab) werden im statistischen Durchschnitt 19, tatsächlich aufgeschrieben werden jedoch nur 8. Wie ist es Ihnen ergangen?

Wenn Sie besser geraten haben, dann gratuliere ich Ihnen, aber wenn Sie später mit Freunden in ähn­ licher Weise spielen wollen, dann er­ klären Sie diesen immer, wie die statistischen Durch­ schnittswerte aus­ sehen. Das ist für all jene, die sich eben­ falls verschätzt haben, sehr hilf­ reich.

Es mag uns im ersten Ansatz erstaunlich erscheinen, dass so viele Leute dermaßen „dramatisch danebenraten“. Aber bitte fragen Sie sich: Wann hatten Sie denn Gelegenheit, assoziatives Denken zu trainieren? Bis auf wenige Spiele (wie z. B. Stadt-Land-Fluss) gab es in der Regel nicht sehr viel. Da aber das Denken assoziativ abläuft, bedeutet das: Je besser Sie Ihre „assoziativen Muskeln“ spielen lassen können, desto günstiger für Sie, denn: 1. Es fällt Ihnen mehr ein, wenn es darauf ankommt – Sie werden intelligenter (zumindest wirken Sie so!). 2. Sie können unter mehr Gedanken/Ideen wählen, ehe Sie sich äußern, damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit „guter“ (intelligenter) Gedanken.

LISTEN-Denken 173

3. Je mehr Gedanken/Ideen Sie zur Auswahl haben, desto mehr (neue) Kombinationen können Sie ausprobieren, wodurch Sie kreativer werden (zumindest wirken Sie so!). 4. Je mehr Auswahl Sie haben, desto (selbst-)sicherer fühlen Sie sich. Das ist gut fürs Selbstwertgefühl! So macht Denken Spaß! 5. Je mehr Freude es Ihnen macht, desto mehr Lust haben Sie, öfter zu denken (Warnung: Das kann eines Tages zum Hobby werden!). Dadurch kommen Sie dem Ideal des Menschen, für das wir einige Jahrtausende zu früh die Bezeichnung HOMO SAPIENS wählten, ein wenig näher …

Homo (= Mensch) Sapiens (= weise, wissend)

Womit wir bei einem Aspekt angelangt sind, den ich Stadt-LandFluss-Effekt nenne. Wer in seiner Kindheit dieses Spiel spielte, weiß, dass geübte SpielerInnen natürlich weit besser abschneiden. Es gilt, zu einem willkürlich ausgelosten Buchstaben so viele Städte, Länder und Flüsse zu notieren, wie man kann. Dabei arbeitet man gleichsam quer, denn das Blatt wird in Spalten unterteilt, die man füllt. Oft gilt die Regel: Wer seine Zeile zuerst gefüllt hat, schreit „fertig“ und alle müssen zu schreiben auf­ hören. Aber man kann hier natürlich auch absprechen, dass man pro Buchstaben 30 Sekunden Zeit lässt, sodass man mehr als eine Lösung pro Spalte eintragen kann. Wenn man den Wettbewerb liebt, kann man am Ende jeder Runde Punkte für gefundene Lösungen vergeben.

In der Schweiz ist das Spiel auch als „Geografie-Spiel“, in den „jungen“ Bundesländern als „Stadt-Land-Spiel“ bekannt.

174  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Ich schlage gerne vor, das Spiel ein wenig zu variieren, und eine neue Kategorie einzuführen. Angenommen, wir sitzen mit einer Gruppe eingefleischter Stadt-Land-Fluss-Spieler beisammen und wir sind nicht soooooooo gut, dann könnten wir eine Kategorie vorschlagen, in der wir uns gut auskennen, weil unser WissensNetz hierzu viele Fäden besitzt. Das würde die Sache schön aus­ gleichen. Probieren Sie es aus; spielen Sie doch demnächst einmal Stadt-Land-Quantenphysik, wobei Sie für „Quantenphysik“ ein Gebiet einsetzen, auf dem Sie kompetent sind! Übrigens kann man auch alleine spielen. Aber:

Zwei Möglich­ keiten

Ob alleine oder als Gruppe, Sie haben immer zwei Möglichkeiten: Entweder Sie spielen „quer“ (wie im klassischen Stadt-LandFluss-Spiel) oder Sie spielen senkrecht, indem Sie pro Stichwort (= Thema) ein komplettes Wissens-ABC anlegen. Sie müssen ja nicht gleich drei ABC.s schreiben, je eins für Stadt, Land und Fluss (bzw. Quantenphysik oder Ihren Kompetenz-Be­ reich), es reicht ein Stichwort, zu dem Sie ein ABC anlegen. Das geht allein oder als Gruppe! Wenn Sie zu Beginn diesen Abschnitts mitgespielt haben, dann haben Sie sich im Anlegen einer Tier­ liste versucht. Vergleichen Sie dies nun mit der Ausbeute einer

LISTEN-Denken 175

anderen Person. Als „Ausbeute“ wollen wir den (geistigen) REICHtum bezeichnen, der in unserem Wissens-Netz darauf wartet, aktiviert zu werden. Dabei gilt die alte Regel: Je häufiger wir bestimmte Gedanken- (und Nerven-)VerBINDUNG-en bereits geknüpft und verstärkt haben, desto schneller schießen uns die dazugehörigen Assoziationen in dem Kopf.

MERKE

Fallbeispiel: Tierliste Nr. 1 Affe (1)

J ???

Schwein (10)

B ???

Katze (5)

T ???

C ???

Löwe (6)

U ???

D ???

Maus (7)

Vogel (11)

Esel (2)

N ???

Wildschwein (12)

Fuchs (3)

O ???

X ???

G ???

Papagei (8)

Y ???

Hunde (4)

Q ???

Z ???

I ???

Rind (9)

Dem einen fallen Tiere leichter als einem anderen, der sich mit Pflanzen oder Städten „leichter tut“; aber je mehr wir trainieren, desto besser werden wir – gleichgültig wie unser Ausgangs­ punkt aussieht. Jemand, der beim ersten Durchgang nur wenige Assoziationen findet, mag denken, er wisse nicht viel (zu diesem Stichwort), aber er irrt. Denn: Unser passives Wissen über­ steigt unser aktives (zu jedem Thema) um einen Faktor von mindestens 5 bis zu einem Faktor 50 oder mehr. Wir können also z. B. mindestens 5-mal so viele Wörter erkennen (passives Wissen)

Training wirkt auch hier!

176  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

wie wir aktiv einsetzen! Viele SeminarteilnehmerInnen klagen manchmal, sie würden sich gerne gewählter ausdrücken, aber sie haben nicht viel zu wählen.

Wir kommen darauf zu­ rück, siehe Seite 185 ff.

Nun, passiv haben sie weit mehr Informationen als sie aktiv (bewusst) wissen, und ABC-Listen geben uns die Möglichkeit, dieses passive (unbewusste, implizite) Wissen anzuzapfen. Wiederholen Sie ABC-Listen zu bestimmten Themen und Sie stellen fest: Wer regelmäßig ABC-Listen zu einem bestimmten Thema schreibt, produziert nach ca. 15 bis 25 Listen weit mehr ­B egriffe aktiv, als am Anfang  – auch wenn er in der Zwischenzeit absolut nichts zum Thema gelesen, gehört oder gelernt hat!

Warum 15 bis 25 Listen nötig sind Stellen wir uns unser passives Wissen als zum Grunde sinkend vor. Es bleibt Teil unseres Wissens (und unseres Wissens-Netzes), ist aber nicht mehr sofort greifbar und wird umso schwerer zu­ gänglich, je länger es nicht benutzt wird! Und umgekehrt: Was häufig aktiviert wird, bleibt weit oben. Was lange nicht aktiviert wurde, kann sehr weit nach unten „abtauchen“. Es befindet sich in den berühmt-berüchtigten metaphorischen 11 km unseres unbewussten Wissens. Wenn eine Information nur ein wenig abgesunken ist, genügen die ersten, sagen wir 15 ABC.s (zu diesem Stichwort), und wichtige Ideen beginnen wieder nach oben zu wandern. Da jede mit vielen weiteren Assoziationen vernetzt ist, erhalten auch jene ein Signal und beginnen langsam wieder aufzutauchen. War dieses Thema aber schon sehr weit abgesunken, dann kann es sein, dass wir erst

LISTEN-Denken 177

nach 20 oder 25 ABC-Listen die Wirkung zu spüren beginnen! Wobei diese Zahlen das Denk-Modell illustrieren sollen, im Einzel­ fall sehen wir ja, wie schnell es geht … Wenn wir also wiederholt über ein Thema nachdenken (am leichtesten bringen schnelle Wissens-Listen zwischendurch unser abgesunkenes Wissen wieder in Bewegung nach oben), dann senden wir gleichsam Such-Sonden los. Nun können wir uns Aber­ tausende von „Mitarbeitern“ in unserem Geist sitzend vorstellen, einige sind Archivare des inneren Archivs. Diese erhalten nun die Botschaft: „Achtung, der Gehirn-Besitzer will in einem weiteren Bereich seiner Geistes-Tätigkeit Gehirn-Benutzer werden und abgesunkenes Wissen wieder nutzen. Achtung, dieses Thema unbedingt wieder aktivieren!“ Daraufhin beginnen diese Helfer Kasten und Schubladen zu öffnen, sodass mehr und mehr Perlen unseres Schatzes nach oben zu floaten beginnen. Wenn Sie die Listen anderer Menschen sehen und ein wenig anlesen, werden Sie immer wieder feststellen, dass Sie auto­ matisch in Ihrem Wissens-Netz „nachzusehen“ beginnen, was Sie dort „finden“. Dieser Mechanismus ist genauso automatisch wie der, auf eine Frage antworten zu wollen. Bei diesem inneren Vergleich (was hätte ich gewusst?) stellen Sie automatisch fest: Erstens welche Begriffe Ihnen jetzt beim Lesen einfallen, die in der Liste fehlen, sowie zweitens, welche Begriffe Sie gerade lesen, die Ihnen heute nicht (vielleicht sogar niemals) eingefallen wären. Somit hat das Lesen einer ABC-Liste einer anderen Person Inventur-Charakter. Es ist ein ähnlicher Effekt wie beim Be­ obachten einer Quiz-Show und genau darin liegt auch der Reiz, im wörtlichen Sinne: Es reizt uns tatsächlich, weil etablierte neuro­ nale Ver-BIND-ungen aktiviert (also gereizt) werden, wenn wir assoziativ denken! Es folgt die fünfte Liste derselben Person:

Einmal mehr: vom GehirnBesitzer zum GehirnBenutzer

Vergleichen Sie Ihre Listen mit denen von anderen Per­ sonen.

178  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Fallbeispiel: Tierliste Nr. 5 Ameise (1)

J ???

Rind (12, vgl. Liste 1)

Biene (2)

Katze (7, vgl. Liste 1)

Schwein (13, vgl. Liste 1)

C ???

Laus (8)

Taube (14, vgl. Liste 1)

D ???

Maus (9, vgl. Liste 1)

U ???

Esel (3)

N ???

Vogel (15, vgl. Liste 1)

Fuchs (4, vgl. Liste 1)

O ???

Wildente (16)

Geier (5)

Pferd (10)

X ???

Hund (6, vgl. Liste 1)

Q ???

Y ???

I ???

Raubvogel (11)

Z ???

Die Ausbeute INVENTUR

Wenn wir assoziativ denken wollen, stellt jede Aufgabe, die wir uns stellen, immer eine Inventur dar. Wir sehen, dass die Auf­ gabe dieser Person beim fünften Mal bereits etwas leichter fällt (Ausbeute: 17), als beim ersten Mal (Ausbeute: 12), wobei in der nachfolgenden Liste Nr. 17 bereits 27 Tiere auftauchen. Daran sehen wir den Trainings-Effekt! Bedenken Sie, dass wir bei ABC-Couvert (siehe Seite 185 ff.) jedes­ mal den fertigen Bogen sogleich „weg-stecken“ (z. B. in ein Cou­ vert) und bis zur Konsolidierung am Ende nicht mehr ansehen werden. Wir beginnen also bei jeder Übung „neu“, wir lernen die Ergebnisse unserer Ausbeute von den vorherigen Übungen nicht etwa auswendig, wir spicken auch nicht, wenn wir arbeiten. Wir profitieren also nur unbewusst von unseren vorherigen Bemühungen!

LISTEN-Denken 179

Zum Zeitpunkt der Konsolidierung (Zusammenführung und Festigung) der Listen 1 bis 25 ergaben sich für diese Person 86 Tiere, was, wenn man die noch sehr magere Ausbeute beim ersten Versuch (12 Tiere) bedenkt, gar nicht schlecht ist, oder? In Liste Nr. 5 (Seite 178) erkennen wir einige (oberflächliche) Be­ griffe aus Liste Nr. 1 wieder, aber teilweise tauchen bereits andere Begriffe auf, weil die Person langsam beginnt, ihr Unbewusstes „anzuzapfen“, wie die nachfolgende Liste 17 zeigt. Sie enthält bereits weit mehr Assoziationen, die nicht mehr direkt von der Oberfläche stammen:

Oberflächlich = an der Oberfläche liegend, schnell aktivierbar, aber auch „normal“, d. h. bei vielen Men­ schen ähnlich …

Fallbeispiel: Tierliste Nr. 17 Affe (1)

Gans (8)

Ölsardine (16, ha ha)

Unke (Krötenart, 23)

Biene (2)

Hund (9)

Pudel (17)

Vogel (24)

C ???

Igel (10)

Papagei (18)

Wal (25)

Dachs (3)

Jagdhund (11)

Q ???

x-beliebiges Insekt (26)

Elefant (4)

Kuckuck (12)

Reh (19)

Y ???

Eidechse (5)

Löwe (13)

Rebhuhn (20)

Zebra (27)

Frosch (6)

Möwe (14)

Schwan (21)

Fisch (7)

Nashorn (15)

Taube (22)

In der folgenden Konsolidierungsliste sehen wir eine Reihe Assoziationen von größerer Seltenheit, die in diesem Denker im Verlauf der ABC-Übungen (im Wortsinn!) aufgetaucht waren. Aus großer Tiefe nämlich …

Siehe Seite 181

180  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

LISTEN-Denken 181

Fallbeispiel: Tierliste – Konsolidierung der Listen Nr. 1 bis 25 Aal (1)

Fisch (23)

Lamm (45)

Schwan (67)

Ameise (2)

Fliege (24)

Löwe (46)

Skorpion (68)

Affe (3)

Gans (25)

Marder (47)

Siebenschläfer (69)

Antilope (4)

Geißbock (26)

Möwe (48)

Steinbock (70)

Adler (5)

Giraffe (27)

Murmeltier (49) Thunfisch (71)

Bär (6)

Hase (28)

Maus (50)

Tiger (72)

Bussard (7)

Hund (29)

Nashorn (51)

Taube (73)

Biber (8)

Hummel (30)

Otter (52)

Uhu (74)

Biene (9)

Hahn (31)

Ochse (53)

Unke (75)

Chamäleon (10) Habicht (32)

Ölsardine (54)

Vogel (76)

Dromedar (11)

Huhn (33)

Panda (55)

Vogelspinne (77)

Drossel (12)

Igel (34)

Pferd (56)

Viper (78)

Dachs (13)

Iltis (35)

Pudel (57)

Wal (79)

Elch (14)

Jaguar (36)

Papagei (58)

Wildschwein (80)

Esel (15)

Jagdhund (37)

Qualle (59)

Wiesel (81)

Ente (16)

Katze (38)

Reh (60)

x-beliebiges Insekt (82)

Elefant (17)

Kaninchen (39)

Ratte (61)

Yak (83)

Eber (18)

Kuckuck (40)

Rind (62)

Zebra (84)

Eidechse (19)

Kamel (41)

Rebhuhn (63)

Zikade (85)

Flamingo (20)

Känguru (42)

Seelöwe (64)

Ziege (86)

Frosch (21)

Koala (43)

Schlange (65)

Fuchs (22)

Luchs (44)

Schwein (66)

K O N S O L I D I E R T E T I E R L I S T E

A  Algebra, Addition B  Binomische Formeln, Brüche C  Chemie (Berechnungen) D  Dreieck, Division E  Euclidische Geometrie F  Formeln, Fasskreis G  Gerade Linien H Halbierende I Innkreis J j-Funktion K  Konstruieren, Klammern L Lineal M  Multiplikation, Mittelsenkrechte N  Nachrechnen, nicht-euclidische Geometrie O  Operationen, erlaubte P  Primzahlen, Pythagoras Q  Quadrate, Quadratzahlen R  Resultate, Raute/Rhombus S  Satzaufgaben, Subtraktion, Skizzen, Seitenhalbierende T  Thaleskreis, Term, Taschenrechner, Trapez U  Ungleichungen, Umkreis V  Vorgehen, Viereck W  Winkel, Wurzel, Winkelhalbierende X X-Achse Y Y-Achse Z Zeichnen

M A T H E M A T I K U N D G E O M E T R I E

Mathematik und Geometrie Natürlich können Sie auch jedes andere Thema wählen, das Sie gerade interessiert oder beschäftigt.

Falls Sie sich (und wackere Mit-DenkerInnen) testen wollen, könnten Sie eines von zwei Themen auswählen, über die wir normalerweise weniger nachdenken, z. B. Mathematik und Geometrie zum einen, oder Märchen zum anderen. Zwei Listen zum Vergleich folgen (auf den Kopf gestellt).

182  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

M Ä R C H E N

A  Aberglaube, arm B  Bären, böse, beten, Bauer C  Charakter D  Dornen, Dämon, demütig E  Engel, Eifersucht F  Feen, fliegen, Frosch, Freundschaft G  gut, Gnome, goldig, Glauben, glücklich, gütig, gemein H  Hexe, hübsch, hässlich, Hilfe, Haare, höflich I  intelligent, Inbrunst, Idiot J  Jüngste, Jäger, jammern, jauchzen, Jungfrau, Junggeselle K  Kater, Kräuter, Kutsche Kinder, KönigIn L  lustig, Leute, Liebe M  Mondkleider, Mutter N  natürlich, Narr O  optimistisch, Oase, Ozean P  Phantasie, Prinz/Prinzessin Q  Queele, quälen R  Rose, Riesen, Räuber, reich, Reh S Streit, Sterne, Sonne, Schuhe, schön, Stiefmutter/-tochter/-vater/ -schwester T Teich, traurig, Tiere, treu, Tochter U Unterhaltung, unwirklich V verzaubert, verwandeln W Wasser des Lebens, Wichte, Waldmännchen, wüst, Wald/-haus, Wirtshaus, Waisenkind, weise X Xanthippe Y Yacht Z Zauberer, zaubern

Märchen LISTEN-Denken 183

184  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Die Übungs-Zeit Selbstverständlich dürfen Sie alle Übungen immer auch länger aus­ führen, wenn Sie wollen. Dagegen spricht nichts.

Ich plädiere ja (zunächst) für sehr kurze Übungszeiten. Der Grund dafür ist einfach: Zum Einsteigen finden die meisten meiner TeilnehmerInnen und LeserInnen eher 90 Sekunden bis 3 Minuten akzeptabel, als gleich mehrere Minuten „opfern“ zu müssen, insbesondere da die Kurz-Trainings auch unterwegs (z. B. im Wartezimmer, an der Kasse im Supermarkt etc.) gedanklich durch­ geführt werden können. Wer dann feststellt, • was sich alles im Kopf „zu tun“ beginnt, wer beobachtet, • wie immer mehr Assoziationen zu einem bearbeiteten Thema nach oben driften, wer Zeuge wird, • welche Einsichten einfachste ABC-Listen gewähren können, • welche gedanklichen Entwicklungen diese auslösen und und und …

Zum „Dranbleiben“ motivieren

findet bald mehr Zeit und bleibt bald durchaus auch ein Viertel­ stündchen an einem Thema „dran“. Aber als Seminarleiterin oder Autorin muss ich zum Einsteigen motivieren. Von denen, die ein­ steigen, die mindestens 30 ABC-Listen hinter sich gebracht haben, bleiben fast alle am Ball, das haben die Erfahrungen der letzten Jahre eindeutig gezeigt.

Schummeln erlaubt? Zwei Fragen tauchen immer wieder auf: 1. Was mache ich, wenn ich zu einem Buchstaben absolut nichts finden kann? Bitte betrachten Sie das ABC am Rand von Seite 185.

LISTEN-Denken 185

Den werten Herrn (bei 9) hätten wir genausogut unter „F“ auf­ listen können, notfalls sogar unter „D“, auch den guten Leonardo könnte man genauso gut unter „da VINCI“ eintragen, aber auch unter „V“ oder, wie hier, mit dem Vornamen zuerst, da dieser so bekannt ist! Apropos Vornamen: Obwohl wir zwar meistens den Nachnamen „vorschieben“, hier und da können wir natürlich auch den Vor­ namen zuerst oder sogar allein notieren, wenn eine Person unter dem Vornamen in die Geschichte eingegangen ist, z. B. die angeb­ lich zänkische Xanthippe (d. h. die Frau von Sokrates). Nutzen Sie die Chance, dass man manche Begriffe mit „J“ oder „Y“ schreiben kann, z. B. „Jak“ oder „Yak“, „Jacht“ oder „Yacht“ (hier: Yokaste bei Nr. 25). 2. muss man jeden Buchstaben „ausfüllen“? Antwort: Nein. Besonders dann nicht, wenn Sie nur eine besonders kurze (90 Sekunden bis wenige Minuten) Inventur durchführen wollen, weil Sie Ihre „Kopf-Mitarbeiter“ in der Tiefe wachrütteln wollen. Hier gilt die Spielregel: Wandern Sie mit den Augen das ABC „rauf und runter“ und tragen Sie spontan ein, was Ihnen einfällt, egal wo. Wenn Sie mehrmals zum selben Thema arbeiten und später ver­ gleichen, werden Sie bald feststellen, dass es selten dieselben Buchstaben sind, die leer bleiben. (Mit Ausnahme von „X“ und „Y“, da das Deutsche wenige Begriffe mit diesem Buchstaben anbietet.)

COUVERT-TECHNIK Bei dieser Technik gilt es, ein Denk-Tool zum Anzapfen unseres unbewussten (passiven, sublimalen) Wissens mehrmals einzu­

1. Aristoteles 2. Beethoven 3. Caesar 4. Dostojewski 5. Eliot 6. Friedrich der Große 7. Ghandi 8. Hermann Hesse 9. Il Rosso Fiorentino 10. Jusepe de Ribera 11. Katharina die Große 12. Leonardo (da Vinci) 13. Michelangelo 14. Nietzsche 15. Otto von Bismarck 16. Platon 17. Quintillian 18. Raphael 19. Sokrates 20. Theresa von Avila 21. Ustinov, Peter 22. Van Gogh 23. Wagner 24. Xanthippe 25. Yokaste 26. Zarah Leander

186  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

So akti­ vieren Sie PASSIV­ES Wissen

setzen, sodass wir immer mehr passives (verschüttetes, halbver­ gessenes) Wissen aktivieren. Ich nutze sie in erster Linie für meine ANALOGRAFFITI-Tools (ABC-Liste, KaGa, KaWa), aber jedes andere Denk-Werkzeug ist ebenfalls geeignet, z. B. klassische Stichwort­ listen, Mindmaps oder selbst ein kleiner Aufsatz (von einer Seite, jeweils zum selben Thema). Wichtig ist hingegen das Prozedere: 1. Schreiben/zeichnen und

4 Schritte

2. sofort wegpacken (ohne das Ergebnis auch nur anzuschauen oder gar zu lesen!). 3. Erst nach einigen Wochen wieder hervorholen und 4. ab jetzt damit arbeiten.

Mehrfach­ nennungen können spannend sein

Zum Beispiel können Sie die Bögen miteinander vergleichen und/oder alles auf einem riesigen Blatt zusammenführen (konsolidieren). Dabei bietet es sich an, kleine Strichlisten bei Mehrfach-Nennungen anzulegen, denn auch MehrfachNennungen können außerordentlich spannend sein. Nehmen wir an, bei den ersten 15-mal tauchte bei einem bestimmten Buch­ staben immer diese Assoziation auf; es erschien also jedesmal der­selbe Akteur, der auf die Bühne „gerufen“ wurde, aber ab dem 16. Mal taucht jener Akteur nie wieder auf. Dieser Gedanke ruhte also relativ weit „oben“ und war deshalb sofort abruf-bereit. Aber durch Ihr stetiges „Bohren“ senden Sie Signale an die „ad­ ministrativen Mitarbeiter“, die Ihre unbewussten Schätze hüten. Langsam aber sicher beginnen diese, mehr und mehr Kästen zu öffnen; deshalb tauchen bald immer mehr faszinierende Ergebnisse aus Ihren eigenen Tiefen auf. Der Grund, warum das so gut funktioniert, liegt in der Funktions­ weise unseres Gehirns begründet. Von Natur aus, ist es dazu da,

LISTEN-Denken 187

unser Überleben abzusichern, sodass seine Haupt-Funktion im Gegenwärtigen liegt. Natürlich müssen wir Gefahren aus der Ver­ gangenheit schnell wiedererkennen können, aber diese wirken ja als Abruf-Reiz und lösen sich selbsttätig aus (wie eine SelbstSchuss-Anlage). Wenn Sie als Gehirn-Besitzer aber „herumsitzen“ und irgendwelche schlauen Ideen „hervorkramen“ wollen, dann versteht Ihr Gehirn diesen Wunsch nicht. So wie manche Fach­ leute Denken für ein Epiphänomen halten (im Klartext: Sahne auf dem Evolutions-Kuchen), so ist das Erinnern an Dinge, die keinen direkten Überlebenswert zu haben scheinen, nicht die primäre Funktion Ihres Gehirns. Andererseits wurde z. B. der Hund von der Natur weder „erfunden“, um Stöckchen zu holen, noch um einem Menschen das Augenlicht zu „ersetzen“, aber wenn ein Hund diese Dinge einmal gelernt hat, dann tut er sie gerne. Ähnlich können wir unser Hirn dazu „verführen“, weit mehr Informationen, Erinnerungen, Fakten, Gedanken, Ideen, Schlussfolgerungen etc. zu einem Thema freizugeben, indem wir vorhandene neuronale Mechanismen nützen. Dazu gehört die COUVERT-Technik. Zeigen Sie den metaphorischen Mitarbeitern in den Katakomben Ihres inneren Archivs, an welchem Thema Sie heute „arbeiten“ wollen. Bei den ersten Malen winken diese Typen noch müde ab und sagen: „Die Sowieso-Information ist schon oben, das reicht!“ (Damit meinen sie den Gedanken, der sich die ersten 15-mal spontan präsentiert hat.) Wenn Sie als Gehirn-Besitzer aber zum Gehirn-Benutzer werden, indem Sie weitermachen, obwohl die ersten Male „langweilig“ und sehr ähnlich sein können, dann werden die Katakomben-Leute wach und sagen: „Aufpassen, der Gehirn-Besitzer meint es diesmal ernst! Der will echt mehr …“ Jetzt öffnen sie diverse Behälter, sodass die darin enthaltenen Informationen (Gedanken, Ideen,

Als ich ABC-Couvert erfand, steckte ich die einzelnen Blätter in ein großes, gerade ge­ leertes Couvert (aus dem Posteingang) jenes Tages und dieses Couvert in eine Schublade. Täglich geschah es nun ein- oder mehrmals: ABCListe anlegen, Schublade auf, Bogen ins Couvert, Schublade zu … So kam die Technik zu Ihrem Namen. Später wurde mir klar, dass jedes Denk-Tool geeignet ist, also neben ABCCouvert auch KaGaCouvert und KaGaCouvert.

188  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Zitate, Erinnerungen an Erlebnisse etc.) nun doch langsam nach oben driften können.

Deshalb tauchen erst bei eingehender Beschäftigung Gedanken aus der Tiefe auf. Da die meisten Leute vorschnell aufgeben („Dazu weiß ich nichts“, „Mir fällt nichts ein“, „Keine Ahnung“, usw.) erfahren Sie nicht, wie es ist, wenn Ideen aus der Tiefe nach oben zu schweben beginnen. Natürlich haben auch diese Ideen assoziative Verbindungen mit weiteren Gedanken, sodass hier immer mehr Schätze offenbar werden …

Machen Sie mit!

Es lohnt sich. Probieren Sie es aus: Wählen Sie ein Thema und legen Sie täglich ein- oder mehrmals eine ABC-Liste (oder ein KaWa bzw. KaGa) an, das Sie sofort „wegpacken“. Dazu ergab sich eine Frage, die eine Leserin des Birkenbihl-Beratungs-Briefes wie folgt formulierte:

LISTEN-Denken 189

Einerseits ist mir klar, dass ich schreiben und immer sofort wegräumen soll, andererseits will ich ja später die Reihen­ folge wissen. Um aber zu nummerieren, muss ich heute wissen, welche Nummer ich gestern vergeben habe. Also muss ich jedesmal ins Couvert schauen. Zwar sehe ich das Blatt nur von der Rückseite, ich spicke also nicht, aber es stört mich doch, und es ist umständlich, ein Blatt heraus­ zufischen und wieder reinzuschieben. Vielleicht bin ich auch nur faul, aber irgendwie nimmt mir das die Freude, weil das Prinzip „schreiben und wegpacken“ durchlöchert wird. Gibt es eine bessere Lösung? Oder bin ich überkritisch? Meine Antwort: Schreiben Sie außen auf das Couvert die jeweilige Nummer, die Sie bisher vergeben haben. Wenn ein neues ABC fertig wird, dann werfen Sie einen schnellen Blick auf das Couvert, sehen z. B. „13“ als letzte Zahl und notieren sofort zweimal die „14“: einmal auf dem Couvert, einmal auf Ihrem Blatt Papier, dann schieben Sie es ins Couvert …

Fallbeispiel Grammatik Es ist immer wieder spannend, die Ergebnisse in Relation zu den Fäden in unserem neuronalen Wissens-Netz zu sehen. Bei Themen, die nicht unbedingt täglich aufs Tapet kommen, können wir besonders gut sehen, was sich in unserem Kopf „abspielt“, wenn wir uns beim Denken gleichsam über die Schulter schauen. Und das zeigen uns unsere ABC-Listen immer wieder:

190  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Grammatik Nr. 1 A  Artikel B  Begriffs­ bestimmung C  ??? D  direkte Rede E  ??? F  feminin G  Genus H  ??? I  indirekte Rede, Indikativ J  ??? K  Konjunktiv L  ??? M  maskulin N  Nebensatz O  ??? P  Präposition Q  ??? R  reguläre Verben S  Substantive T  Trennung U  unregelmäßige Verben V  Verb W  Wortarten X  ??? Y  ??? Z  Zeiten

Erstversuche sind immer eine INVENTUR (Was weiß ich? Wie schnell kann ich mein Wissen „anzapfen“?). Spätere Versuche, besonders bei systematischen ABC-COUVERT-Übungen, sollten mindestens einige Tage lang durchgeführt werden! Diese und die nachfolgende ABC-Liste zum Thema „Grammatik“ stammen von einer Person, die von sich sagt: Obwohl ich nie ein richtiger Grammatik-Fan war, muss ich zugeben, dass ich Grammatik in der Schule niemals schlimm fand (wie die meisten meiner Mitschüler). Manchmal, leider selten, fand ich es sogar spannend. In der nachfolgenden zweiten Liste derselben Person wurden Begriffe, die mit Liste 1 übereinstimmen, durch Fettdruck hervor­ gehoben. Wenn Sie aus Ihren Listen eine Menge über sich lernen wollen, dann markieren Sie z. B. häufig auftretende Begriffe in Ihren Listen farbig. So können Sie sich „in den Kopf gucken“ und erfahren u. a.: • Wie schwer oder leicht Ihnen dieses Thema fällt (das er­ kennen Sie z. B. daran, ob es Ihnen „Spaß macht“ oder ob Ihnen die Zeit „lang wird“, bis die Liste beendet ist). • Was bei ihnen so an der Oberfläche „schwimmt“, also immer schnell und spontan abrufbar ist, sowie • was erst bei mehrmaligem Arbeiten aus den Tiefen aufzutauchen beginnt, wenn Sie öfter zu einem Thema arbeiten. Das sind die Schätze, die nur findet, wer bereit ist, ein ABCCouvert zu diesem Thema anzulegen. Denn ABC-Couverts helfen uns immens, unser unbewusstes Wissen „anzuzapfen“!

LISTEN-Denken 191

Wie Sie sehen, tauchen inzwischen pro Buchstabe bereits mehrere Ideen auf. Das ist typisch, wenn wir eine Weile an einem Thema arbeiten. Zu guter Letzt möchte ich Ihnen noch die Konsolidierung nach 17 ABC-Listen zeigen: A  Akkusativ, ACI (accusativ cum infinitiv) Adjektiv, Adverbialien (Zeit, Ort), Attribute, Artikel, B  Bilanz (z. B. Substantiv-Häu­ fig­keits-Zählung wg. Nominali­ sierung), Begriffsbestimmung C Casus

N  Nebensatz, Nominalisierung 0  Orthographie, Objekte

P  Pronomen, Prädikativ, Plus­ quamperfekt, Perfekt, Präsens, Präposition, D  Dativ, Demonstrativpronomen, Q  Qui? – etc. (alle Fragewörter) Doppelpunkt, direkte Rede E  Etymologie, Exegese R  Relativsatz, Relativpronomen, reguläre Verben, redundante Wörter = Redundanz F  Futur, Funktion, Fremdwörter, S  Substantiv, Syntax, Subjekt, Form, feminin Satzzeichen, Satzstruktur, Satzbau G  Genitiv, Genus T  Tempus, Trennung H  Hauptsatz, Hilfsverben U  unregelmäßige Verben I  Imperativ, indirekte Rede, V Verb Indikativ, irreguläre Verben J  Jargon (grammatikalischer) W  Wortarten, Worthäufigkeit (pro Satz) K  Komma, konjugieren, X X Konjunktion, Kopula, Konjunktionalsatz, Konjunktiv L  Lehnwörter, lateinische oder Y Y deutsche Termini? M  Modalverben, Modus, maskulin Z  Zeichen, Zeiten

Grammatik Nr. 14 A Apostroph, Akkusativ, Attri­ bute, Artikel B ??? C Casus D Demonstrativ­ pronomen, Doppelpunkt, direkte Rede E Exegese F Futur, Form, feminin G Genitiv, Genuss H Hauptsatz I Imperativ, in­ direkte Rede, In­ dikativ J Jargon (gram­ma­ ti­ka­li­scher) K Komma, konjugieren, Kopula, Kon­ junktionalsatz, Konjunktiv L ??? M Modalverben, Modus, maskulin N Nebensatz O Orthographie Fortsetzung auf Seite 192

192  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

P Pronomen, Prädikativ, Plus­ quamperfekt, Perfekt Q Qui? – etc. (alle Fragewörter) R Relativ­ pronomen, reguläre Verben S Syntax, Satz­ zeichnen, Subjekt, Substantive, Satzglieder T Tempus U unregelmäßige Verben V Verb W Wortarten X X Y Y Z Zeichen, Zeiten 20 Begriffe in ca. 4 Minuten

KREATIVITÄT (assoziativ & bisoziativ) Zuerst möchte ich Sie zu einem kleinen Experiment einladen: Dabei geht es nicht um das Ergebnis, sondern darum, dass Sie sich selbst beim Denken zusehen. Es ist eine Übung, die Ihnen zeigt, wie Sie denken (das kann wichtiger sein als „was“). Sehen (hören) Sie sich also jetzt beim Denken zu: Bitte notieren Sie schnell und spontan Ihre ersten Assoziationen zu dem Begriff NETZ.

Nun, was ist Ihnen eingefallen? Welche Gedanken schossen Ihnen durch den Kopf? Dachten Sie bei Netz zuerst an Einkaufen oder an das Fangen von Fischen (Schmetterlingen)? Waren es Netzstrümpfe, Spinnen-Netze, (Computer-)Netzwerke, das Birkenbihl’sche Wissens-Netz oder …? Konnten Sie beobachten, was sich in Ihrem Denken abspielte? Dann haben Sie gerade Ihre eigenen Assoziationen bewusst erlebt. Noch ein kleines Experiment gefällig? Dann notieren Sie wieder, diesmal allerdings keinesfalls Assoziationen, sondern das Gegenteil: Diesmal sollen Sie aufschreiben, was Ihnen zu NETZ nicht einfällt:

Aha! Diesmal dürften Sie genaugenommen nichts aufgeschrieben haben, denn was immer Ihnen einfiel, es ist Ihnen ja eingefallen. Wichtig ist, dass Sie sich an das Gefühl erinnern, das diese absurde „Anweisung“ auslöst. Ich entwickelte sie, um all meinen SeminarTeilnehmerInnen ein Gefühl für das Gegenteil einer Assoziation zu geben; d. h. für das, was Arthur KOESTLER als Bisoziation be­ zeichnet (wir kommen darauf zurück, Seite 196 ff.).

LISTEN-Denken 193

Wie denken wir assoziativ? Wenn wir uns mit einer Frage, einem Schlüsselwort (einem Thema, einem Problem etc.) auseinandersetzen, dann können wir eine Taschenlampen-Metapher nutzen und sagen: Wir suchen mit unserem kleinen Taschenlampen-Spot in unserem gigantischen Wissens-Netz nach Assoziationen. Diese müssen logischerweise bereits vorhanden sein, sonst könnten wir sie ja nicht finden! Als ich den Begriff „assoziatives Denken“ KaWa-mäßig anging, ergab sich als erstes: Assoziatives Denken stellt eine Brücke zu unserer eigenen Vergangenheit dar, zu unseren Erfahrungen.

Im Klartext: Assoziationen stellen alte Ideen (Gedanken, Fäden im Wissens-Netz bzw. Ver-BIND-ungen zwischen Wissens-Fäden, also Zusammenhänge) dar.

Diese Ver-BIND-ungen hängen zwangsläufig mit unserem DenkThema zusammen, sonst wären nicht diese spezifischen, sondern

194  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

ganz andere Ver-BIND-ungen „aufgetaucht“. Sie wurden durch unsere bisherigen Erfahrungen geschaffen, unabhängig davon, ob diese in unserem Bewussten (in unseren 15 mm) oder im Un­ bewussten (in den 11 km) „ruhen“. Obwohl wir also abertausende von möglichen Assoziationen zu einem Stichwort in unserem Wissens-Netz „herumtragen“ mögen, werden pro Denk-Vorgang immer nur einige wenige aktiviert. Wie entscheidet sich nun, welche Assoziationen hier und jetzt von unserer Taschenlampe beleuchtet (d. h. gefunden) werden können? Wir sagen gern: Dieser und jener spezifische Gedanke sei uns „ein­­ gefallen“. Eigentlich ist jedoch der „Lichtstrahl“ unseres Be­wusst­ seins „darauf gefallen“! Stellen Sie sich deshalb zum besseren Verständnis unser Wissens-Netz dreidimensional vor: Zu Beginn eines jeden Denk-Prozesses „beleuchtet“ die Taschenlampe Ge­ danken an der Oberfläche – deshalb ist meine Couvert-Technik so ertrag-REICH. Sie bringt uns nämlich in die Tiefe (siehe Seite 185 ff.)

Zusammen­ hang ober­ fläch­liche und spätere Assoz­ia­ tionen

Als ich versuchte, Zusammenhänge zwischen ersten, oberfläch­ lichen Assoziationen und späteren (die erst nach längerem Nach­ denken aus der Tiefe „auftauchen“) zu zeichnen, saß ich auf der Terrasse und beobachtete einen Fliegenschwarm, der sich um einen Tropfen Honig versammelt hatte, und das führte zu meinem neuen Denk-Bild vom Ideen-Schwarm.

LISTEN-Denken 195

Dieser Schwarm um den Honig­ tropfen führte zu einem völlig neuen Denk-Bild: ein „Schwarm“ von Assoziationen, die jeden Gedanken – wie einen Honig­ tropfen – umgeben!

Diese neue Metapher war durch eine Kombination entstanden: Erstens hatte ich den Schwarm fasziniert beobachtet, bis ich erkannte, dass ein Honigtropfen die magischen Anziehungs­ kräfte eines Attraktors besaß. Zweitens dachte ich, parallel zu der Schwarm-Beobachtung, gerade über Ver-BIND-ungen zwischen einzelnen Gedanken (Ideen, Fäden im Wissens-Netz etc.) nach. Plötzlich machte es „klick“ und ich hatte die beiden Ideen zu einem neuen Denk-Bild ver-BUND-en: Wir können uns jeden „attraktiven“ Gedanken als einen Honigtropfen vorstellen. Ihn umgibt ein Schwarm von Assoziationen. Wenn wir dieses Denk-Bild ein wenig weiterverfolgen, wird uns klar, dass die Attraktivität einer Idee bestimmt, wie groß der sie umgebende assoziative Schwarm sein wird! Manche Ideen taugen nicht als Honigtropfen, sie locken so wenige andere Ideen an, dass man überhaupt nicht von einem Schwarm reden kann. Andere wiederum sind von Riesenschwärmen umgeben, so groß und dicht, dass der Gedanke darin überhaupt nicht mehr sichtbar ist; wir sehen nur Assoziationen … Im Klartext: Wenn wir „Kreativität“ sagen, meinen wir die normale assoziative Kreativität, die wir mit der Frage angehen können: Wie groß ist der Ideen-Schwarm, den wir entwickeln können? Klassische Fragen dazu sind: „Wie viele Ideen haben Sie?“, „Was kann man mit einem Ziegelstein alles machen?“

Vielleicht wollen Sie dem Denk-Bild ein­ mal selber nach­ gehen und über­ legen, welche weiteren zusätz­ lichen Assozia­tio­ nen diese Metapher bei Ihnen auslöst? Vielleicht wollen Sie sogar zum Begriff „Schwarm“ oder „Honigtropfen“ ein KaWa-Couvert durchführen (vgl. Seite 185 ff.) und staunen, was diese Grund-Idee (als heutige Saat) bei Ihnen in einigen Wochen für REICHhaltige Ernte ein­ bringen kann?

196  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Quantenphysik: Wie groß ist Ihr Ge­ danken-Schwarm?

Wenn die Leute dann sieben Dinge aufschreiben, gelten sie als nicht besonders kreativ; und wenn sie 30 Dinge aufschreiben, gelten sie als sehr kreativ. Das heißt, wie groß ist der Schwarm um einen Gedanken herum? Die kleine Übung, in der wir fragten, was Ihnen zu Netz alles einfällt, ist eine normale Kreativitäts-Aufgabe. Es handelt sich also hier um das, was ich als „Kreativität hoch 1“ bezeichne, die additive Kreativität, wobei wir eine Assoziation zur nächsten hinzufügen. Wenn wir viel Wissen in unserem WissensNetz (also viele Wissens-Fäden) haben, werden wir einen großen Schwarm produzieren können, und wenn wir wenige Fäden haben, entsteht ein kleiner Schwarm. Ich möchte nun die additive Kreativität der bisoziativen Art zu denken von Athur KOESTLER gegenüberstellen. Er sagt: Hierbei werden Gedanken verbunden, die normalerweise nicht verbunden worden wären.

additiv vs. bisoziativ

Die Entstehung meines Schwarm-Denk-Bildes war nicht im üblichen Sinne kreativ. Das Bild war mir nicht im Zuge natür­ licher assoziativer Kreativität „zugefallen“. Denn im Beispiel vom Denk-Schwarm wurde ein Gedanke (über Ver-BIND-ungen im Wissens-Netz) mit dem Fliegenschwarm zu einem neuen DenkBild verbunden. Zwar waren einzelne Elemente bereits vorhanden, aber sie wären normalerweise nie verbunden worden. Während jede Assoziation in jedem einzelnen Denk-Schwarm miteinander kombiniert werden kann (additiv), entstand mit dem neuen DenkBild etwas grundsätzlich Neues – etwas, das vorher noch nicht da war und das ist KOESTLERs Bisoziation. Gelingt uns eine solche neue Ver-BIND-ung, dann haben wir im Nachhinein oft das Gefühl, sie hätte „nur darauf gewartet“, „gefunden“ zu werden.

LISTEN-Denken 197

Einfache (assoziative, additive) Kreativität Sie findet „alte“ Gedanken-Ver-BIND-ungen; sie lebt von Ihrem Wissen: Je mehr Sie lernen, desto leichter werden Sie, wenn Sie eine Idee suchen, auch „fündig“. Dadurch erhöht ein großes Wissens-Netz sowohl die Intelligenz als auch die Kreativität des Gehirn-Benutzers (während Gehirn-Besitzer sich mit kleinen Wissens-Netzen zufriedengeben und lieber in die „Glotze“ sehen).

Komplexe Kreativität Der Gegenpol zur Assoziation ist die Bisoziation (KOESTLER). Sie ist das Merkmal einer Kreativität auf einer höheren Stufe, denn sie verbindet zwei bisher noch nicht verbundene Elemente. Hier muss man alte Denkrillen verlassen! Eine neue Ver-BIND-ung liegt z. B. einer guten Pointe zugrunde; sie macht einen Witz erst witzig. KOESTLER: „Ich habe den Begriff ‚Bisoziation‘ vorgeschlagen, um das ein­ heitliche Muster zu beschreiben, das allen Spielarten des Humors zugrunde liegt. Bisoziation ist das Wahrnehmen einer Situation oder eines Ereignisses in zwei sich gegenseitig ausschließenden Assoziationsrahmen. Das Ergebnis ist eine abrupte Verlagerung des Bewusstseinsstroms in ein anderes Bett, das von einer ande­ ren Logik oder ‚Spielregel‘ beherrscht wird!

Wie können wir denken, was wir nicht denken? Sie erinnern sich an unser kleine Experiment, bei dem Sie notieren sollten, was Ihnen gerade nicht einfiel (Seite 192)? Erinnern Sie sich noch an Ihre Reaktion? Vergleichen Sie; die meisten meiner TeilnehmerInnen reagieren so: sie stutzen oder sie lächeln bzw. lachen. Im Normalfall reagieren wir auf eine Bisoziation zunächst

198  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

mit einem Stutzen (bis zu einem leichten Schock), dann fallen wir meistens in eine positive Reaktion „hinein“ (vgl. nach der Pointe eines Witzes). Diese Reaktion unterscheidet sich jedoch maßgeb­ lich, von der, die wir bei Assoziationen erleben: 1. wir nicken, 2. wir stimmen zu, 3. wir freuen uns über Assoziationen anderer, die sich mit unse­ ren eigenen überschneiden. Wir genießen das Wieder-Erkennen eigener Erfahrungen in den Assoziationen unserer Mitmenschen. Bei einer Bisoziation hingegen werden bekannte Spielregeln verletzt oder außer Kraft gesetzt. Gerade deshalb aber hat die Bisoziation einen weit höheren Verblüffungs-Wert, wie jeder Witz zeigt, den wir als „besonders gut“ einstufen. Die Pointe überrascht. Diese Überraschung aber leitet sich aus der Bisoziation her. Im Witz ver-BIND-et sich, was normaler­ weise nicht verbunden wird, und genau darin liegt seine Kraft, uns zum Lachen zu bringen. Beispiel: Haben Sie schon von der Versteigerung männlicher und weib­ licher Gehirne gehört? Raten Sie, welche mehr Geld einbrachten? (Hier raten die meisten: männliche Gehirne. Und warum? Hier sagen manche: „… weil sie größer sind“; aber die meisten gehen davon aus, die männliche Überlegenheit solle wohl wieder einmal dokumentiert werden.) Die Antwort lautet: die weiblichen. Die männlichen Gehirne waren nämlich noch neuwertig, während die weiblichen Gehirne alle gebraucht waren …

LISTEN-Denken 199

Die Bisoziation lautet: „gebraucht“, in Verbindung mit der höheren Wertigkeit einer Sache. Normalerweise bedeutet „ge­ braucht“ ja das Gegenteil, also billiger, minderwertig in Bezug auf Gehirne aber natürlich nicht … Nun weist KOESTLER darauf hin, dass Bisoziationen zwar nicht immer lustig, aber immer voller Witz sind. Witz (z. B. im Sinne des französischen esprit oder des englischen wit) bedeutet nicht unbedingt lustig, sondern genau-genommen GEIST-voll. Ob Pointe oder wissenschaftliche Entdeckung, ob plötzliche Ein­ sicht (im Sinne von Karl BÜHLERs unvermitteltem „Aha!“) oder ob uns ganz allmählich eine neue Erkenntnis beschleicht, bis diese in einem (langgezogenen) Aaaaaaaaaaah … mündet – immer ist das Verblüffende an der bisoziativen Gedanken-Verbindung, dass sie völlig neu ist! Alle witzigen/faszinierenden Gedanken-Ver-BIND-ungen stellen neue Ver-BIND-ungen (also Bisoziationen) dar! Bei einer normalen Assoziation handelt es sich um Ideen aus einem einzigen GE­ DANKEN-SCHWARM, während die Bisoziation sich prinzipiell aus zwei verschiedenen Schwärmen speist.

Bisoziationen sind voller Witz.

200  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Jede Bisoziation „fängt“ Assoziationen aus verschiedenen Schwär­ men und ver-BIND-et sie (erstmals) Nun hängen aber sämtliche Assoziationen der beteiligten Denk-Schwärme daran; deshalb nenne ich bisoziatives Denken multiplikatorisch – im Gegensatz zum additiven Denken innerhalb eines Schwarms.

„Kreativität hoch zwei“

Dies hat wichtige Auswirkungen auf die Qualität der Kreativität, denn: Wenn assoziative Kreativität additiv ist (weil die Ideen im Gedanken Schwarm addiert werden können), dann ist die bisoziative Kreativität von höherer Qualität: Hier werden nämlich nicht einzelne Assoziationen addiert, sondern die Assoziationen zweier Ideen-Schwärme! Hier ver-BIND-en sich zwei Schwärme, von denen jeder so viele additive Elemente aufweist, wie dieser Schwarm Assoziationen besitzt. Deshalb nenne ich die bisoziative Kreativität multiplikatorisch oder „Kreativität hoch 2“.

Wie erhöhen wir unsere Kreativität? Wie wir gesehen haben, stehen uns zwei Wege offen, um unsere Kreativität zu erhöhen:

1. Der einfache assoziative Weg

EINFACHE ANALO­ GRAFFITITECHNIKEN

Je besser wir auf Ideen in unserem Wissens-Netz zugreifen können, desto mehr wird uns „einfallen“, wenn es darauf an­ kommt. Das ist „einfache“ Kreativität, deren Grundlage ein gewisser Fleiß ist. Das ist der Grund, warum gewisse Leute gerne betonen, das Genie speise sich zu 1 % aus Inspiration und zu 99 % aus Transpiration (Schweiß). Hier sehen wir, warum eine Folge von mehreren KaGa.s, Wissens-ABC.s, KaWa.s zwangsläufig große Mengen an Assoziationen erzeugen (eigentlich fangen) muss. So können wir mit etwas Fleiß den (einen) Ideen-Schwarm einer

LISTEN-Denken 201

bestimmten Idee nutzen: Je größer der Schwarm, desto mehr werden wir ernten können!

2. Der komplexe bisoziative Weg Gelingt es uns jedoch, nicht nur viele (assoziative) Ideen (eines Schwarms) zu produzieren, sondern neue Ver-BIND-ungen zu er­ zeugen, dann entsteht eine andere, höhere Qualität von Kreativi­ tät! Diese aber kann nicht mehr mit 99 % Schweiß und Fleiß beschrieben werden. Denn hier wird wirklich Neues geschaffen, hier kommen schöpferische Kräfte ins Spiel.

KOMPLEXE ANALO­ GRAFFITITECHNIKEN

Jedoch muss der denkende Mensch für diese Art der Kreativität weit mehr leisten, als beim bloßen Anzapfen von Gedan­kenSchwärmen. Beim Herumspielen mit dem Begriff „Schöpfer­kraft“ ergaben sich u.a. folgende Assoziationen:

Vielleicht mögen Sie Ihren eigenen Ideen-Schwarm zu diesem Begriff aus­ loten? Vielleicht sogar ein KaWaCouvert durch­ laufen? Es könnte faszinierend sein …

Bei bisoziativer Kreativität reichen Assoziationen allein also nicht mehr aus, trotzdem gilt: Nur Menschen, die sehr viele und sehr

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Ihr Wissens-Netz bildet die Grund­ lage, deshalb gilt: Nur wer ein ge­ wisses Maß an All­ gemeinbildung, Fachwissen und Kompetenz mit­ bringt, kann die höhere Kreativität entwickeln. Auch hier sind Analo­ graffiti-Techniken hilfreich, aber was Sie mit den so er­ zeugten Ergeb­ nissen anfangen können, das ent­ scheidet eben Ihr derzeitiges Krea­ tivitäts-Niveau.

große assoziative Ideen-Schwärme mitbringen, können erstens Bisoziationen schaffen und zweitens aus Bisoziationen Nutzen ziehen. Zwar zeige ich Ihnen im Folgenden, wie Sie mit Hilfe von ABC-Listen echte Bisoziationen „finden“ können, Trotzdem gilt: Um aus einer Bisoziation eine praktikable neue Idee heraus­ zulösen, benötigen wir den Hammer von MICHELANGELO. MICHELANGELO wurde einmal gefragt, wie er es schaffe, eine Figur (wie den Engel, an dem er gerade arbeitete) aus dem Marmorblock zu meisseln. „Einfach“, meinte er, „er wartet schon im Stein, ich muss ihn nur befreien.“ Der wahre kreative Akt liegt also in der Vorstellung des Künstlers, zu einem Zeitpunkt, an dem andere nur einen Stein wahrnehmen … Nur jemand, der diese „un­ geborene“ Figur bereits sehen kann, kann sie aus ihrem Stein-Ge­ fängnis „erlösen“. Was glauben Sie, welche ungeborenen Schätze sich in Ihrem Wissens-Netz befinden, aber wenn sie niemals herausgeholt werden …? Im Klartext: Es braucht Wissen (z. B. „In welcher Richtung im Marmor ‚finde‘ ich meinen Engel?“) und Kompetenz, um die eigentliche Schöpfungsarbeit zu leisten. Beide Grundvoraussetzungen liegen nicht in den Genen; sie müssen vom Gehirn-Benutzer erworben werden. Allerdings gibt es Menschen, die lauter „Engel“ sehen, aber nie etwas unternehmen, sie auch praktisch zu „erzeugen“, während andere (95 % der sogenannten Wissenschaftler) die Ideen Dritter konkretisieren, aber selber keine haben. Das sind die „Buchhalter“ und „Techniker“ unter den Wissenschaftlern, die man eigentlich nicht als ForscherInnen bezeichnen kann. Weit weniger Menschen können sich hingegen sehr wohl eine „Figur im Marmor“ vor­ stellen und sie auch herauslösen. Diese Menschen bezeichnen wir dann gern als Genie … Nur: Ohne Meissel hätte auch ein

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MICHELANGELO keinen David im Marmor finden und heraushauen können. Wir sehen also: Jeder kann mit den Analograffiti-Techniken seine Kreativität systematisch „anzapfen“ und entwickeln!

LULL’sche Leitern Das Bahnbrechende an der Technik von Raimundus LULLUS be­ steht darin, dass wir zwei Listen (z. B. ABC-Listen, siehe Seite 171 ff.) nebeneinander legen und systematisch jeden Begriff der einen Liste mit jedem der anderen verbinden. Dies kann durch­ aus ein Weilchen dauern! Wenn ich zwei gut gefüllte ABC-Listen in dieser Weise „spiele“, dann bin ich einige Tage lang mit diesen zwei „Leitern“ zugange …

Die LULL’schen Leitern stellen auch eines der ASSO­ ZIATIV-Spiele dar, siehe Seite 213 ff.

LULLUS entwickelte seine Methode zum Nachdenken, zum Generieren von neuen Einsichten, als Denk-Werkzeug. Dies können EinsteigerInnen oft zunächst nicht glauben, denn: Wer gerade erste Gehversuche mit einfachen Listen probiert, kann ja nicht ahnen, wie großartig diese Technik ist. Auf der anderen Seite können wir auch nicht am ersten Tag tiefschürfende Listen miteinander verbinden, weil man die Technik des paarweisen Assoziierens erst beherrschen muss. Diese Denk-Stil ist in Schule und Ausbildung meist zu kurz gekommen und braucht dringendst Training. Da assoziatives Denken Grundlage für intelligente wie kreative Gedankengänge ist, gilt:

Wir können aber auch „nur so“ üben, also zwei Begriffe miteinander verBIND-en, um zu sehen, was dabei „herauskommt“ – einfach um unsere geistige Fitness in diesem Bereich zu steigern.

Je WESEN-tlicher beide Listen für unsere Kern-Themen sind, desto ergiebiger werden die Ergebnisse sein.

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Fallbeispiel: Herrscher und Biologie Angenommen, wir hätten zwei ABC-Listen, die eine mit großen Herrschern, die andere mit biologischen Begriffen. Stellen wir uns nun vor, wir verbinden die beiden (ohne das Zeile für Zeile vorzuführen, ich möchte Ihnen das Prinzip aufzeigen).

HERRSCHER und BIOLOGIE

Aus der HERRSCHER-Liste: 1. AUREL, Mark 2. BUSH (sen. und jr.) 3. Hilter 4. KUBLAI KAHN 5. STALIN ...

Aus der BIOLOGIE-Liste: 1. ANTI-BIOTISCH 2. BIOTISCH ... ... ... ...

Nun bin ich weder Historiker noch in Biologie sehr bewandert, aber trotzdem möchte ich Ihnen meine allerersten Assoziationen diesbezüglich (die ich neulich spontan am Telefon gab) nicht vorenthalten. Offiziell besteht die Übung darin, jeden Begriff links mit jedem Begriff rechts zu verbinden, aber natürlich darf unser Blick schweifen. Wenn ich ein Gegensatzpaar entdecke (hier in der Biologie-Liste, siehe oben), dann darf ich bei allen Assoziationen gleich über beide nachdenken, statt dies nacheinander zu tun. Dies zeigt das Beispiel meiner spontanen Reaktion: Ich sehe einige der Herrscher als durchaus lebens-feindlich (also ANTI-BIOTISCH), während AURELIUS als besonders humaner großer römischer Kaiser gilt, den ich eher mit lebens-freundlich (BIOTISCH) ver­ binden würde.

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Wichtig ist auch, dass solche Übungen, wenn man sie in der Gruppe durchführt, großartige Diskussionen auslösen können. Bei HITLER und STALIN herrscht weitgehend Einigkeit (ANTI-BIOTISCH), aber bei den beiden US-Präsidenten BUSH (Anfang der 1990er der Senior, Anfang der 2000er der Junior) – wie sehen wir das? Da könnte man doch überlegen, ob wir nicht lieber ein Spektrum zwischen den beiden Gegensätzen aufspannen und Kreuzchen beschriften: Wer von den beiden hat mehr Tote zugelassen oder aktiv töten lassen? Oder nehmen wir KUBLAI KHAN, den Enkel von GENGIS (DSCHINGIS) KHAN: Erst musste er in China einmarschieren, also kämpfen. Aber nachdem er den Sieg errungen hatte, wurde er ein milder Herrscher. Er war es, der in Peking den großen Palast (der an jeder Ecke ein Kloster enthielt) baute. Er erhob die Philo­ sophie von Konfuzius zur Staatsreligion, ein harter Herrscher, dessen Wünsche Gesetze wurden, aber kein lebens-feindlicher wie STALIN … Somit könnte man auch zwischen unterschiedlichen Epochen im Leben eines Herrscher unterscheiden … Wieder sehen wir, dass die Übung der LULL’schen Leitern spannende Ideen und Fragen auslöst und dass wir hinterher differenzierter über die Inhalte unserer ABC-Listen nachdenken können als vorher. Denker (jeder Art), die dies regelmäßig tun, merken von Monat zu Monat, um wieviel freier die Gedanken fließen und sich verbinden lassen; sie fühlen sich fähiger auf Situationen zu reagieren, und werden kreativer, weil sie ja ständig üben, mit Bisoziationen umzugehen. Es lohnt sich wirklich!

ABC-Kreativ Dies ist eine tolle Technik, die uns hilft, Probleme kreativ zu lösen. Das Kernstück von ABC-Kreativ ist das Benutzen (Konsultieren) vor­ handener Listen. Wollen wir uns zunächst das Vorgehen (Schritt für Schritt) ansehen:

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Das Vorgehen

BUCHSTABEN-/ LISTEN-LOTTO: Kleine PlastikBälle (von A–Z beschriftet) können in einem Säckchen aufbe­ wahrt werden. Bei Bedarf zieht man eine Kugel. Stehen mehrere LISTEN zur Auswahl, kann ein solcher „blinder Griff“ auch zur Auswahl der Liste benutzt werden, in der Sie heute nach­ sehen wollen.

1. Das Problem erkennen (im Zweifelsfalle sogar schriftlich definieren!). 2. Eine ABC-Liste konsultieren (befragen). Man kann ABC-Listen z. B. auf Streifen von Papier (oder dünnem Karton, vgl. Kartei­ karten) griffbereit halten. Wissen wir genau, unter welchem Buchstaben wir nachsehen wollen, dann konsultieren wir die Liste. Falls sich kein Stichwort anbietet, können wir Buchstaben-Lotto (vgl. Randspalte) oder sogar Listen-Lotto spielen. 3. Sofort erste Assoziationen (90 Sekunden lang) produzieren. Optimal ist, (halb-)laut zu sprechen und Ihre Worte aufzu­ nehmen. Denn wenn wir das, was wir frei assoziieren gleich­ zeitig akustisch aufzeichnen, dann brauchen wir weder unseren assoziativen Fluss zu verlangsamen (keine Zeit zum Schreiben notwendig), noch müssen wir bange, auch nur eine einzige unserer wertvollen Assoziationen zu verlieren. 4. Jede dieser Assoziationen einzeln durchdenken, um zu sehen, welche der neuen Ver-BIND-ungen besonders hilf­ reich sein können, indem sie interessante neue Ideen in Ihnen auslösen. 5. Zurück zu Schritt 2 (mit einer weiteren Liste), falls nötig. Natürlich beschreiben diese fünf Schritte das allgemeine Schema, das im Einzelfall durchbrochen werden kann. Manchmal fällt einem die rettende Idee sofort ein, kaum dass das Auge auf den Begriff in der ersten ABC-Liste gefallen ist, sodass schon die Schritte 3 bis 5 wegfallen. Manchmal durchläuft man den ganzen Zyklus mehrmals, weil es erst beim dritten oder vierten Durchgang „klickt“. Anfangs kann es etwas länger dauern. Sie wissen ja:

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Aller Anfang ist schwer. Aber es ist nur der Anfang, der uns besonders schwerfällt …

Unlösbare Probleme? Natürlich gibt es auch Probleme, die völlig unlösbar sind. Aber oft erscheinen uns Probleme unlösbar, bis wie mit der ABC-KreativMethode doch einen Lösungsansatz finden – sehr zu unserem Erstaunen. Es kann auch passieren, dass ein Problem (meist eines, über das wir uns schon lange den Kopf zerbrochen haben), und dermaßen unlösbar erscheint, dass wir eine Lösung gar nicht zulassen können, selbst wenn sie und ins Gesicht springen würde. Jedenfalls bietet es sich immer an, wenn wir glauben, ein unlös­ bares Problem vor uns zu haben, zuerst einen ABC-Kreativ-Ansatz (optimal mit einer zweiten Person) zu versuchen, ehe wir ganz aufgeben. Denn ein/e Unbeteiligte/r kann uns oft enorm helfen, selbstauferlegte Grenzen zu sprengen. Deshalb berichten viele Menschen von hilfreichen Gesprächen sogar mit völlig Fremden in einer Bar oder einem Zugabteil, wo man „halt zufällig ins Ge­ spräch kam“ und auf einmal von seinem „unlösbaren“ Problem erzählte … Also: Obwohl es auch unlösbare Probleme gibt, sind in der Regel viele Probleme doch lösbar, die uns zunächst unlösbar erscheinen.

Problem-Kategorien Ich möchte keinesfalls den Fehler machen, alle Probleme dieser Welt in irgendwelche endgültigen Kategorien einteilen zu wollen, sondern ich möchte Sie ermutigen

Hier müssen uns manchmal andere auf die Sprünge helfen – deshalb sucht man dann einen Berater (Coach) auf. Das kann natürlich auch ein/e gute/r FreundIn sein …

Mein Lieblingssatz aus Die Möwe Jonathan ist Jonathans Aus­ spruch „Glaube an Grenzen und sie gehören dir!“

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• eigene Kategorien zu erfinden, • jedes Problem einer dieser Kategorien zuzuordnen, bevor Sie die Lösung angehen. Fühlen Sie sich frei, völlig andere Kate­ gorien zu wählen, dies ist nur ein Bei­ spiel.

So urteile ich oft in folgende drei Haupt-Kategorien: • Solo-Probleme (= Probleme, die ich ganz alleine lösen kann, z. B. Ideenfindung für ein Projekt.) • Probleme, bei denen andere die Lösung gut finden müssen (z. B. Chefs, Kunden, Familien-Mitglieder). • Probleme, bei denen ich davon abhängig bin, dass Dritte die Lösung (gut oder richtig) ausführen (z. B. MitarbeiterInnen, Kinder, KollegInnen). Wenn wir nämlich vergessen, dass andere unsere Lösung ak­ zep­tieren oder implementieren müssen, besteht eine große Gefahr, über die meine Seminar-TeilnehmerInnen regelmäßig sprechen: Sie in ihrer Rolle als Führungskraft (GruppenleiterIn, KollegIn, Elternteil) hätten ein Problem hervorragend „gelöst“, aber andere würden sich weigern, diese Lösung zu akzeptieren bzw. zu realisieren.

Das wissen leider unzählige Eltern, Lehrer, Chefs, Kundenberater etc. noch nicht …

Eine Lösungs-Möglichkeit, die andere Personen akzeptieren müssen, kann nur zu einer echten Lösung werden, wenn diese anderen „mitspielen“. Nun möchte ich Ihnen als Fallbeispiel noch das praktische Problem einer Freundin anbieten, dass wir gemeinsam (am Telefon) be­ sprachen.

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Fallbeispiel: eine spezifische Verhaltensänderung im Alltag Es handelt sich um eine angestrebte Verhaltens-Änderung, die ihr ständig „daneben ging“, weil sie immer wieder in ihr altes Verhalten „fiel“. Sie sagte: „Ich weiß, wie schlimm es ist, ich habe ja selbst als Kind darunter gelitten, und doch passiert es mir immer wieder. Die Einsicht ist vorhanden, intellektuell, gleichzeitig aber scheint es Mechanismen zu geben, in die ich ständig wieder hineinfalle!“ Sie hatte sich nämlich schon oft vorgenommen, andere Menschen nicht ständig zu be- oder verurteilen (also zu kritisieren), aber es passierte ihr dann doch immer wieder. An einem Punkt in diesem Gespräch meinte sie, vielleicht komme es doch nicht von ungefähr, dass sie Lehrerin geworden sei; ein Beruf, in dem man Aufgaben „korrigieren“ muss (wobei viel zu viele Lehrkräfte die Grenze zwischen Korrektur und Kritik nicht kennen; natürlich gilt das für Führungskräfte und Eltern ebenso!). Doch oft fügen „korrigierende“ Menschen dem zu korrigierenden Werk ihre eigenen Ideen hinzu, ohne zu ahnen, dass dies den Charakter der Korrektur in eine Kritik umwandelt. Denn die eigenen Ideen des Kritisierenden implizieren, dass das Werk jetzt, durch diese Ideen, besser geworden ist (sonst hätte der Kritiker ja nichts gesagt). Aber damit zeigt er auch, dass er das Werk vor seiner Kritik anscheinend weniger gut fand. Das Schlimme daran ist: Wenn Sie irgendein Werk (vom Käsekuchen über einen Auf­ satz bis zu einem Roman-Manuskript) 100 Personen zum Begut­ achten geben, dann werden fast alle diese Leute irgendwelche Assoziationen entwickeln, die das Werk angeblich bereichern würden. Dabei wird aber gerne vergessen, dass die erste Person andere Erfahrungen als jene 100 Leute hatte und dass ihr Werk deshalb nicht schlechter ist, weil es die Ideen von Frau Meier

Bei einer Kritik sollte es rein theo­retisch zwar auch um die Sache ge­hen, doch in fast allen Fällen wird die Kritik übel genom­men, und daher geht es letztlich meistens doch um die (kritisierte) Person, wobei diese Grenze oft nebulös ist.

95 % der Menschen empfinden diese (indirekte) Kritik sehr deutlich (wie Studien immer wieder gezeigt haben.)

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Dies geschieht oft unter dem Mäntel­ chen des „Ich will dir ja nur helfen!“, obwohl der andere um diese Hilfe überhaupt nicht gebeten hatte.

5 S C H R I T T E

und Herrn Meier nicht enthält. Leider neigt man dazu, solche Assoziationen anderen in Form einer „Korrektur“ unterzujubeln. All das hatte meine Freundin schon lange eingesehen, aber trotz­ dem fiel sie immer wieder in ihre „Rotstift-Rolle“ und deshalb meinte sie, das sei ein hervorragendes Fallbeispiel für ein bisher nicht gelöstes Problem in ihrem Leben. Nun wolle sie dieses Problem im Sinne der Denk-Technik ABC-Kreativ am Telefon mit mir besprechen. „Also gut“, sagte ich, „fangen wir an“. 1. Das Problem erkennen (im Zweifelsfalle sogar schriftlich de­fi­nieren!): „Ich will nicht mehr verurteilen“, sagte sie. Auf meine Frage „Nie mehr?“, meinte sie lachend: „Wenn ich mir als Ziel vornehme, es nie mehr zu tun, werden sicher einige Situationen übrigbleiben, aber rein theoretisch lautet das Ziel: niemanden verurteilen.“ 2. Eine ABC-Liste befragen: Nun fragte ich sie, welche ABC-Liste sie konsultieren wolle. „Da ich so viel urteile (manchmal ver­ urteile ich, manchmal beurteile ich, manchmal benote ich), sollte der Buchstabe das U sein. Und als Liste nehme ich meine Baum-Liste.“ Sie sah nach und stieß auf die Ulme. 3. Sofort erste Assoziationen (90 Sekunden) produzieren. Ihre spontanen Assoziationen lauteten: • stark • außergewöhnlich • kugelrund • harmonisch • Herz-Blätter • saftig grün/gesund/vital • Schattenspender • in-sich-ruhend/authentisch

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4. Jede dieser (hier acht) Assoziationen einzeln durchdenken, um zu sehen, welche der neuen Ver-BIND-ungen hilfreich sein können. Dieser Schritt entspricht einigen neuen Assoziations­ ketten, nämlich zu jedem der Begriffe. Nun kann man sich so viel Zeit lassen, wie man will, und auch in die Tiefe gehen … Es folgen die Gedanken meiner Freundin: • stark – meckern und kritisieren ist leicht, das kann jeder. Stark wäre es, nicht zu urteilen, was sich daran zeigen würde, dass man eben nicht meckert … • außergewöhnlich heißt „nicht normal“, „unnormal“, „anders als die anderen“. Die meisten Menschen urteilen viel und oft vorschnell. Nicht zu urteilen wäre also echt außergewöhnlich. • kugelrund – Eine runde Sache … Gegenteil: eckig, Ecke … hmmm, ah ja, anecken. Wenn ich kritisiere, ecke ich an! Ich will aber nicht anecken. • harmonisch – ich suche Harmonie. Das ist mir sehr wichtig. Und wenn ich jemanden verurteile, gebe ich mich besser als er oder sie, das ist nicht gerade harmonisch, oder? • Herz-Blätter – natürlich! Es geht doch um die Herzens-Be­ ziehung, die ich mit Verurteilen verletze … Klar doch! • saftig/grün/vital – auch klar. Verurteilen ist ungesund. Weder kann der andere wachsen und sich optimal entfalten noch wachse ich selbst seellisch, wenn ich mich zum Maßstab für alle mache, statt zu versuchen, ihn mit seinen Augen zu sehen … • Schattenspender – das ergibt Sinn! Wenn die Sonne zu heiss wird, muss man Schatten spenden. Es ist rar, dass wir uns von anderen wirklich angenommen und akzeptiert fühlen, meist

Die ASSO­ ZIATIONEN meiner Freundin

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verbrennen wir unter der vielen Kritik anderer … Hmmm, also ich möchte ulmenhaft und schattenspendend sein. • in-sich-ruhend/authentisch – Auch klar: Die Ulme ruht in sich und das möchte ich auch … Nun fügte Sie hinzu : Also, die ULME ist ein wunderschönes Symbol, das alles enthält, was ich brauche, um nicht nur intellektuell sondern auch gefühlsmäßig einzusehen, dass ich nicht urteilen will. Nur wie schaffe ich es jetzt, öfter an die Ulme zu denken? Darüber sprachen wir noch ein wenig, wobei sich 3 konkrete Ideen herauskristallisierten.

Der 5. Schritt entfällt hier

Der fünften und letzten Schritt (Zurück zu Schritt 2) war in diesem Fall gar nicht nötig. Meine Freundin hatte beim ersten Durchgang eine Lösung gefunden! Allerdings kannte sie die Technik bereits, deshalb meine Warnung: Bei Ihren allerersten Malen geht es vielleicht noch nicht so glatt!

Intelligente Kopf-Spiele

Spielerisch und doch außer­ ordentlich erfolgreich!

In letzter Zeit habe ich eine Vielzahl von Kopf-Spielen entwickelt, weshalb ich immer öfter gefragt werde, ob ich aufgehört hätte, mich ernsthaft mit meinen Themen zu befassen. Nun, ich bin immer schon der Meinung gewesen: Warum ernst, wenn es SPIEL-erisch auch geht? Dies gilt besonders, wenn wir trotzdem durchaus ernsthafte Ziele anstreben und erreichen können. Des­ halb freut es mich, dass meine jahrzehntelange Tendenz, wichtige Übungen und Trainings-Aufgaben immer erfolgreicher wurde, sodass Sie heute so gut wie jedes Thema SPIEL-erisch und doch außerordentlich erfolgreich angehen können.

Intelligente Kopf-Spiele  213

Vielleicht haben Sie ja Lust, das einmal zu probieren? Denn meine Kopf-Spiele können sehr viel Spaß machen. Und ganz nebenbei lernt man so einiges, ohne es zu merken. Und genau das ist das Markenzeichen des normalen Alltags-Lernens (im Gegensatz zum bewussten Studium): Wir lernen das meiste im Leben (ausserhalb von Schulen) nämlich ohne es direkt zu merken (siehe auch Seite 261 f.). Also muss ich Sie auch an dieser Stelle warnen: Die Beschäftigung mit diesen Kopf-Spielen kann sich wohltuend auf Ihre Lernfähigkeit, Intelligenz und Kreativität auswirken …

So steigern Sie Lern­ fähig­k eit, Intelligenz und Krea­ti­ vität – ganz spielerisch –

ASSOZIATIV-Spiele Jeder Ansatz, der uns hilft, unseren „assoziativen Muskel“ zu trainieren, ist nützlich. Und da das herkömmliche Schul- und Ausbildungssystem assoziatives Denken nicht gerade gefördert hat, geht das am besten spielerisch. Meine Denk-Tools KaGa, KaWa und ABC-Listen sowie die Techniken COUVERT, ABC-Kreativ und LULL’sche Leitern haben Sie ja bereits kennengelernt. Diese können Sie natürlich auch zu Spaß-Themen „spielen“ (und später zu den Themen, die Ihnen am Herzen liegen). Darüber hinaus möchte ich Ihnen noch eine kleine Auswahl meiner insgesamt 15 Assoziativ-Spiele vorstellen.

Stadt-Land-Fluss-Spiele Natürlich kennen die meisten Menschen das „alte“ Stadt-LandFluss-Spiel, aber ich entdeckte vor vielen Jahren, welche unglaub­ lichen Chancen diesem „Kinderspiel“ innewohnen. Sie erinnern sich? Wir nahmen ein Blatt, teilten es in drei Spalten ein und überschrieben diese mit Stadt, Land und Fluss. Dann be­ gann ein/e SpielerIn leise das Alphabet zu murmeln und jemand rief „Stop!“. Daraufhin sagte er/sie den Buchstaben (z. B. „S“) und

Wir haben an anderer Stelle bereits darüber gesprochen (siehe Seite 116, 173 f.).

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wir alle schrieben je eine Stadt mit „S“ (San Francisco), ein Land (Schweden) und einen Fluss (Seine).

Aktives vs. passives Wissen

Dieses Spiel macht Spaß, aber es ist auch enorm wichtig für unsere geistige Entwicklung, denn es zeigt uns den Unterschied zwischen aktivem und passivem Wissen. Wer lange nicht mehr (oder noch nie) gespielt hat, wird sich anfangs „schwer tun“. Wer hingegen regelmäßig spielt, kann pro Buchstabe sogar mehrere Lösungen notieren, ehe die anderen nur eine gefunden haben! Im Klartext: Das Spiel stellt eine hervorragende kleine Inventur dar: Was wissen wir? Was fällt uns (heute) ein? Das ist wichtig: An unterschiedlichen Tagen fallen uns andere Lösungen ein. Wenn gestern in den Nachrichten von einer Schule in Sizilien die Rede war, dann fällt uns bei einem Land mit „S“ wohl eher Sizilien ein als Schweden. Und wenn wir unter Land mit „G“ Georgien eingetragen haben, ist bei „R“ Rumänien wahr­ scheinlicher, vielleicht auch Russland, als die Republik Sahara (in Nordwest-Afrika). Aber was viel wichtiger ist: Wer sagt denn, dass wir immer nur Städte, Länder und Flüsse spielen dürfen??? Natürlich können wir jede Kategorien wählen. Ich kann heute überhaupt nicht mehr fassen, dass wir das damals nie getan hatten, denn wir spielten das Spiel oft! Wir könnten also alles spielen, so auch: Baum Stechpalme Ginko Rosskastanie

Beruf Schreiner Gärtner Rechtsanwalt

Tier Spinne Gemse Rhinozeros

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Für die Jüngeren könnten es natürlich auch Themen sein, die gerade in der Schule „dran“ sind: Biologie Zellteilung RNS

Geschichte Zeitalter Rom

Deutsch Zeitwort

Allerdings müssen es keine drei Spalten sein: Wir können mehr oder weniger spielen. Wenn wir nur eine (senkrecht) spielen wollen, sind wir bei der ABC-Liste angelangt. Auf alle Fälle gilt: Kategorien (Themen), die wir oft spielen, können wir bald gut spielen: Das nennen wir den Stadt-Land-FIuss-Effekt.

VERGLEICHS-Spiele Wenn wir in der Zeitung lesen, wie viel unser Land für ein einziges Kampfflugzeug ausgibt, dann ist dies eine „nackte Zahl“, die genaugenommen NICHTS AUSSAGT. Wir müssen diese Zahl in Beziehung setzen zu anderen Zahlen, erst dann können wir über die erste Zahl nachdenken. Wir könnten vergleichen: Den Preis eines einzigen Kampfflugzeuges mit … • der Summe für Bildung in diesem Land. • der Summe für … Wenn Sie ernsthaft nachzudenken beginnen, wird Ihnen klar: Wie kann man die Aids-Behandlung von der Forschung trennen? (Eine Frage, die sich Pharma-Konzerne stellen müssen.) Oder: Wie wollen wir Bildung eingrenzen? Beginnen wir bei Kindergärten und Hauptschulen, oder meinen wir Gymnasien und Hochschulen?

Was fällt Ihnen noch ein?

216  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Oder setzen Sie die Summe, die ein Kampfflugzeug kostet, in Beziehung zu historischen Zahlen, um intelligent nachzudenken – vergleichen Sie z. B. mit den Kosten von 100.000 römischen Legionären (wie lange konnte man sie ernähren, ausstatten, trainieren, kleiden, wohnen lassen etc.?). Vielleicht aber ver­ gleichen Sie das Kampfflugzeug lieber mit einem anderen Kampf­ gerät, z. B. mit einem römischen Kriegsschiff? Natürlich muss man hier Kaufkraft mit Kaufkraft vergleichen, also den Preis von alltäglichen Nahrungsmitteln, Wohnkosten, Kleidung für normale Bürger etc. als Grundlage des Vergleichs nehmen. Aber schon wenn wir darüber nachdenken, an welchen alltäglichen Nahrungs­ mitteln wir es festmachen können, kommen Zweifel: Haben die Leute ihr Brot eher mit Weizen oder mit anderen Getreidesorten gebacken? Welche „Sättigungsbeilagen“ (wie es früher in der DDR hieß) waren damals dort alltäglich? Sie merken es, wir beginnen eine Menge zu lernen, wenn wir – wie ein Detektiv – solchen Fragen nachgehen. Am Ende haben wir das Thema wirklich durchdacht, und Spaß hat es auch gemacht! Sie sehen, wie schnell einem alle möglichen Aspekte „einfallen“, weil wir assoziativ denken und unsere gesamtes inneres Archiv an­ zapfen können. Und: Je häufiger wir ASSOZIATIV üben, trainieren und spielen, desto besser funktioniert diese Art von Denke. Und nun könnten Sie ein Wissens-ABC anlegen und alles festhalten, womit man die Kosten eines Kampfflugzeugs vergleichen könnte.

MERKE

Solche Einsichten können weder gelehrt noch gepaukt werden, man muss sie erwerben! Und man erwirbt sie, indem man VERGLEICHE anstellt und Schlüsse zieht!

Intelligente Kopf-Spiele  217

Und da das VERGLEICHEN einer der mächtigsten Neuro-Mechanis­ men ist (siehe auch Seite 251 ff.), die wir kennen, sollten wir ihn aktivieren, wann und wo immer es geht. Aus diesem Grund stelle ich Ihnen am Ende dieses Abschnitts ein weiteres ­VERGLEICHS-Spiel vor (siehe ZITATE-VERGLEICHS-Spiel, Seite 243 ff.).

MADLAINE-Spiel In Auf der Suche nach der verlorenen Zeit wurde Marcel PROUST von einer Kindheitserinnerung regelrecht übermannt, als er in eine MADELAINE (ein Gebäck) biss. In einem meiner Spiele-Bücher beschreibe ich einige LEBENS-SPIELE, darunter ein Spiel, das ich seither als MADELEINE-Spiel bezeichne. Das erste Mal … Testen Sie verschiedene Vorgehensweisen: Fällt den Mit­spieler­ Innen mehr (oder schneller etwas) ein, wenn Sie sofort (ohne Vorbereitung) nach dem ersten Erlebnis einer besonderen Art (z. B.: „Erinnerst du dich noch an deinen ersten Kuss?“) fragen? Oder fällt den Mitspielerinnen mehr ein, wenn Sie das Thema vorher in den Raum stellen, z. B. durch eine „beiläufige“ Bemerkung (wie: „Mensch, das war vielleicht eine Kussszene in dem Spielfilm gestern abend …“), und erst danach nach dem ersten Erlebnis hierzu (im Fallbeispiel also Kuss) fragen. Praxiserprobte Fragen nach dem 1. Mal sind z. B.: • der erste Kuss, • der erste Schultag, • die erste Tanzstunde,

LEBENS-SPIELE sind die beste AntiAlzheimer-Pro­ phylaxe, die wir uns denken können.

218  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

• das erste Mal, als man ein bestimmtes Gericht gegessen hat (gerade Nahrungsmittel, die man eher als Erwachsener schätzt, können spannende Erlebnisse wieder zum „Leben“ erwecken), • der erste Roman, • der erste Film, • die erste eigene Wohnung (auch wenn es nur ein Zimmer war), • die erste Reise alleine, • die erste „große Krise“ im Leben. Wenn Sie weitere „wissenschaftliche“ Tests „fahren“ (wollen), können Sie testen, welch unterschiedliche Auswirkungen bestimmte Fragetypen auf Ihre MitspielerInnen (pardon: auf Ihre Versuchspersonen) haben. Zum Beispiel: • WANN (passierte dies und jenes) in deinem Leben? Oder: • Weißt du noch, als … (du damals zu rauchen begonnen hast?) oder: • Weißt du noch, warum … (du zu rauchen begonnen hast?) • An wie viele (z. B. Leute aus deinen Schulklassen) könntest du dich ohne Hilfsmittel wie Fotos noch erinnern? (Namen, Gesichter, Begebenheiten …?) Bitte stellen Sie fest, um wieviel leichter/schwerer es manchen Menschen fällt (sich zu erinnern). Oder: Spielen ältere Menschen lieber als junge? Tragen Sie Ihre FUNDE in Ihr JOURNAL ein; seien Sie ein FORSCHER …

Das KNICK-Spiel Dieses Spiel erwuchs aus meiner Beschäftigung mit ABC-Listen. Dabei entwickelte ich folgendes neues Spiel, bei dem wir aufgrund der Begriffe in der Liste das Thema der Liste zu erraten versuchen.

Intelligente Kopf-Spiele  219

Da man meist eine Überschrift anlegt, in der man festhält, worum es in dieser Liste „geht“, können wir diese Überschrift nach hinten KNICKEN, sodass jemand, der die „kopflose“ Liste liest, das Thema nicht sehen kann. Einsteiger nehmen eigene alte Listen und versuchen, die Inhalte zu raten. Dabei gilt: Je älter die Listen, desto schwerer wird es, weil wir uns ans Schreiben nicht mehr erinnern. Somit wird der Übergang zur Fortgeschrittenen-Variante fließend. Fortgeschrittene versuchen, Listen anderer Personen zu raten. Man kann „kopflose“ Listen mailen, faxen oder fotokopieren, wenn man eigene Listen nicht aus der Hand geben will. Manche tippen ihre Listen auch ein (wobei das Eintippen ein schönes Ver­ tiefen bedeutet, bei dem uns oft noch weitere Begriffe einfallen).

Das Thema steht meist in einer Kopfzeile (Über­ schrift), kann aber auch unten notiert werden. Jedenfalls wird dieser Teil des Papiers nach hinten ge-KNICK-t, sodass man die Be­ griffe zwar sehen kann, nicht aber, in welche gedankliche Kategorie sie ge­ hören.

Versuchen Sie doch einmal, die Themen der folgenden Listen zu erraten: Abblend­ Apotheker, licht, Anwalt, Außen­ Automatik dienstmitarbeiter, Arzt, Astronaut Bremsen, Bauer, Bankier, Blinker, Berater, Brauer, Benzin Bauchtänzer Chauffeur, Chemiker, Chirurg Chassis Diebstahl­ Dachdecker, sicherung, Designer, Detektiv Drehzahl­ messer einparken, Elektriker, Ein­ Elektronik käuferin, Er­ zieherin Felgen, Förster, Fischer, Fernlicht Floristin

Aster, Anemone

Buschwindröschen, Begonie, Bluts­ tröpfchen Chrysantheme, Christrose Dahlie, Distel

Enzian, Erika, Edel­ weiß, Ehrenpreis Frauenschuh, Fresie, Fuchsie

Fortsetzung auf Seite 220

220  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Gaspedal, Grafiker, Geo­ Gang­ graph, Gärtner schaltung Heck­ scheibe, Hupe Innen­ spiegel J

Hafner, Hand­ werker, Hutmacher

Ingenieur, InfoBroker Jurist, Journalist, Jäger Kupplung Kaminkehrer, Klempner Lenkrad, Lehrer, Lieder­ Licht macher Motor Maurer, Maler, Manager neutral Näherin, Neuro­ loge Öldruck Organist, Opern­ sänger Pneu Physiker, Pianist, Psychologe, Pop­ star Q Quellenforscher, Quantenphysiker Rad, Radio Richter Schaltung, Schlosser, Scheiben Sekretärin

Fortsetzung auf Seite 221

Treibstoff Trainer, Tischler, Techniker Umluft­ Umweltforscher, gebläse Uhrmacher Vierweg­ Vermesser, Ver­ schaltung, käufer Viertakter

Gladiole, Gänse­ blümchen, Geranie, Glockenblume B. Hyazinthe, Herbst­ zeitlose H Iris Jasmin, Johannis­ kraut Krokus, Klee Lupinen, Löwen­ zahn, Lilie Maiglöckchen, Margerite Nelke, Narzisse Orchidee Pusteblume, Primel, Petunie Quendel Rose, Ringelblume, Rittersporn Strehlizie, Schlüsselblume, Sonnenblume, Schneeglöckchen, Sumpfdotterblume, Schleierkraut Tulpe, Trollblume Usambaraveilchen Vergissmeinnicht, Veilchen

Intelligente Kopf-Spiele  221

Wasser X Y Zylinder, Zünd­ schlüssel Lösung:

Wagner, Wissen­ schaftler, Web­ designer Xylograph Yachtbauer Zahnarzt, Zimmer­ mann, Zoodirektor

Wicke, Wildrose, Winde, Wiesen­ schaumkraut X Y Zwergmispel

Lösung:

Lösung:

LÖSUNG

KRYPTOGRAMME: Ver-FREMD-en von Vertrautem Es gibt zwei Spielregeln leichten Lernens: 1. Neues muss VERTRAUT werden, aber auch das Gegenteil ist wahr: Wenn wir 2. Vertrautes Ver-FREMD-en, wird es wieder interessant! Das zeigen uns sowohl Lücken-Texte (die aus einem einfachen GRIMM’schen Märchentext ein spannendes Rätsel machen können, siehe Seite 215 ff.), aber auch das bewusste Ver-FREMD-en der folgenden Art, das ich „kryptisieren“ nenne (von „kryptisch = geheimnisvoll“).

Kryptisieren: HISTORISCH Wir nehmen eine geschichtliche Info und machen ein Rätsel daraus; z. B. aus einer bekannten Person, die wir jedoch so verFREMD-en, dass sie plötzlich unvertraut erscheint. Beispiele: Krypotogramm 1: ein Wissenschaftler Er wollte etwas extrem Wichtiges berechnen und machte einen Fehler, dieser veränderte möglicherweise die Weltgeschichte dramatisch. Er hatte sich um den Faktor 1.000 verschätzt und wollte absolut nicht auf seine Mitarbeiter hören, die es sofort gemerkt hatten (V F. B: Vielleicht hatte er sich ja absichtlich „ge­

Einige Ideen hierzu fand ich in einem PM-Heft( Nr. 2, 2004).

222  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Antwort:

irrt“?) Wie dem auch sei: So konnte Deutschland 1942 was nicht entwickeln? Raten Sie:

Kryptogramm 2: ein Feind (historisch?)

Die Atom­ bombe (der Wissenschaftler war Werner HEISENBERG):

• Schon die RÖMER kannten diesen Feind. In Schottland verlor Rom über die Hälfte der 80.000 Mann starken Truppe an ihn. • Vor ca. 500 Jahren verloren die SPANIER an ihn mehr Kon­ quistadores als im Krieg gegen die Ureinwohner. • Auf Haiti bekämpften die Franzosen 1802 neben den Rebellen auch diesen Feind und wurden von ihm vernichtend ge­ schlagen. Von 29.000 kehrten nur 6.000 heim. • Den Bau des Panama-Kanals konnten die Amerikaner erst beginnen, nachdem sie diesen Feind besiegt hatten, aber nicht, ehe ihm 30.000 Arbeiter zum Opfer gefallen waren. (Allerdings war der Sieg nur kurzfristig, bald erstarkte der Feind erneut und auch heute fallen ihm jedes Jahr Tausende zum Opfer …) Antwort:

Wer ist dieser Feind?

Die Malaria -Mücke!

Kryptogramm 3: zwei Tätigkeiten Eine dieser beiden Tätigkeiten tun Männer wie Frauen gleich viel. Bei der anderen Tätigkeit gibt es große Unterschiede: Sie wird zu 70 % von Frauen und nur zu 30 % von Männern ausgeführt. Wovon reden wir?

Intelligente Kopf-Spiele  223

Antwort: Es geht um das Hören (von Cd.s oder anderen Ton­ aufnahmen): Das tun Männer wie Frauen gleicher­ maßen. Beim Lesen scheiden sich die Geister: Gelesen wird (im Freizeit­ bereich) von Frauen mehr als von Männern …

Das letzte Beispiel schuf ich vor einigen Tagen, als ich Zeitung las: Kryptogramm 4: Gen-Technik Neuigkeit

LÜCKENTEXT-Spiele Lückentexte erfreuen sich großer Beliebtheit, weil sie das Ge­ hirn auf angenehme Weise fordern und fördern. Wir haben ver­ schiedene Möglichkeiten, Akzente zu setzen. Einige Beispiele sollen Ihnen erste Ideen anbieten, weitere tauchen ganz von alleine auf. Erste Tipps und Ideen:

Antwort: Diese Bakterien reagieren durch Leuchten, wenn sie auf Tumore stoßen. Sie könnten die Krebs-Diagnose revolutionieren. Der Forscher heißt Aladar SALAY (www.uniwuerzburg.de).

Der Patient erhält eine Spritze. Diese enthält genetisch veränderte Darmbakterien. Diese werden eine Analyse-Funktion erfüllen. Welche?

224  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Welche Texte? 1. Wir können Texte präparieren, die inhaltlich wichtige Infos enthalten. Wir sind gezwungen, weit auf-MERK-samer zu lesen, wenn wir beim Lesen die Lücken füllen. 2. Hilfreich sind Texte mit Informationen, mit denen wir uns demnächst beschäftigen wollen oder müssen. 3. Spannend sind belletristische Texte, man gewinnt einen voll­ kommen neuen Zugang.

Welche Wörter werden entfernt? 1. Beim EINSTEIGER-Spiel wollen wir Wörter entfernen, die NICHT die Bedeutung tragen. Dasselbe gilt, wenn wir mit Lückentexten vorgreifen wollen, da die LeserInnen ja (voraus­ sichtlich) noch nicht viel über die Sache wissen. 2. SpielerInnen, die mit Lückentexten in Richtung einer Prüfung spielen, sollten genau die WESENt-lichen Begriffe, Namen, Daten etc. entfernen. Achtung: Schon die Entscheidung, was für uns wichtig oder gar WESENt-lich ist, ist ein wesentliches Element dieser Aufgaben! 3. GRAMMATIK: Die wenigsten von uns lieben (oder be-GREIFEN) Grammatik. Aber wenn wir Lückentexte haben, in denen mal die Substantive (Hauptwörter), mal die Verben (Tätigkeits­ wörter), mal die Adjektive (Eigenschaftswörter) fehlen, dann begreifen wir bald, was welche Wort-Art bewirkt. Das heißt, wir entwickeln das Sprach-Gefühl und lernen diese Wortarten bald zu identifizieren. Ganz nebenbei lernen wir eine Menge mehr, z. B. Substantive (Hauptwörter) tragen die Bedeutung und sollten daher als Schlüsselwörter dienen, wenn wir unter­ streichen oder Begriffe notieren wollen.

Intelligente Kopf-Spiele  225

Einsteiger: Komplette Texte, denen jeweils eine Wort-Art fehlt Im folgenden Beispiel handelt es sich um den letzten Absatz eines bekannten Grimm’schen Märchens (Das tapfere Schneiderlein). Im ersten Beispiel fehlen die Verben, im nächsten die Substantive (Hauptwörter). Man kann die Texte laut vorlesen oder allen zu lesen geben. Jedenfalls kann man zu erraten ver­ suchen, was fehlt. Aber man kann auch irgendwelche Wörter einsetzen und herumprobieren, was sich dann ergibt. Im Klartext: Spielen Sie! Variante 1: Ohne Verben (Tätigkeitswörter) Der Held … sich zum König, der nun, er … … oder nicht, sein Versprechen … und ihm seine Tochter und das halbe Königreich … …. … der König …, dass kein tapferer Kriegsheld, sondern ein armes Schneiderlein vor ihm …, es … ihm noch mehr zu Herzen …. Die königliche Hochzeit … bald mit großer Pracht und kleiner Freude … und aus einem kleinen Schneider ein später einmal großer König …. Variante 2: Ohne Substantive (Hauptwörter) Der … begab sich zum … …, der nun, er mochte wollen oder nicht, sein … halten und ihm seine … und das halbe … übergeben musste. Hätte der … gewusst, dass kein tapferer …, sondern ein armes … vor ihm stand, es wäre ihm noch mehr zu … … gegangen. Die königliche … wurde bald mit großer … und kleiner … gehalten und aus einem kleinen … ein später einmal großer … gemacht.

226  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Auflösung: Der Held begab sich zum König, der nun, er mochte wollen oder nicht, sein Versprechen halten und ihm seine Tochter und das halbe Königreich übergeben musste. Hätte er gewusst, dass kein tapferer Kriegsheld, sondern ein armes Schneiderlein vor ihm stand, es wäre ihm noch mehr zu Herzen gegangen. Die königliche Hochzeit wurde bald mit großer Pracht und kleiner Freude gehalten und aus einem kleinen Schneider ein später einmal großer König gemacht. Gegenprobe Testen Sie, was passiert, wenn Sie dem Text die Substantive (Haupt­ wörter) entnommen haben. Betrachten Sie nur diese, dann sehen Sie, wie viel Bedeutung sie hier besitzen: Held – König – Versprechen – Tochter – Königreich – König – Kriegsheld – Schneiderlein – Herzen – Hochzeit – Pracht – Freude – Schneider – König.

Lückentexte für fortgeschrittene SpielerInnen SPRICH­ WÖRTER

Besonders schwierig zu raten sind einzelne kurze Aussagen (hier Sprichwörter), die jeweils nur aus einem Satz bestehen. Im Schulbuch sind das leider die meisten Grammatik-Übungen, die so schwierig sind, weil es sich entweder um aus dem Zu­ sammenhang gerissene einzelne Sätze handelt oder um Sätze, die jemand sich ausgedacht hat, um ein Prinzip aufzuzeigen, das keinen interessiert. Kein Wunder, dass einem da die Füße einschlafen. Zumindest enthalten die folgenden Sprichwörter eine echte Aussage!

Intelligente Kopf-Spiele  227

RANDOMIZER (Zufallsgenerator-Ergebnis – alle Kategorien) 1. Wer … guten Sprung machen will, geht … rückwärts. 2. Achte nicht bloß … …, was andere tun, sondern … auf das, … sie unterlassen. 3. Alte soll man …, Junge soll man lehren, … soll man fragen, Narren ….

Im ersten Beispiel schneiden wir (per Randomizer) jede Art von Worten heraus …

4. Ein … voll Tat ist besser als ein Scheffel … Rat. 5. … Wahrheit ist ein selten Kraut, … seltener wer es … ver­ daut. 6. Je … eine Geige gespielt wird, desto schöner ist ihr …. 7. Für jede … findet sich einer, der sie macht. 8. Lege … der Zeit zur Last, was du … verschuldet hast. 9. Keine … ist stärker als ihr schwächstes …. 10. Es ist …, Abschied zu nehmen, aber schwer, sich …. Artikel und Adjektive/Adverbien 11. Auch wenn Liebe in Kummer schwimmt, trinkt sie … Wein … Lust. 12. … Liebe ist … … Tod und … … Leben. 13. Wer vernünftig gebieten kann, … ist gut dienen.

Im nächsten Bei­ spiel schneiden wir nur die kleinen Wörter“ heraus.

14. Man sieht … Splitter … fremden Auge, … eignen … Balken nicht. 15. … Menschen Leben nimmt immer ab, aber seine Begierden nehmen täglich zu. 16. Es müssten … Beine sein, die … Tage ertragen können. 17. Reden kommt von Natur, Schweigen vom Verstande. (Siehe Rand)

Wenn wir eine Wort-Art auslassen, die im Beispiel nicht vorhanden ist, bleibt der Satz HEIL (= ganz).

228  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

18. Wahrheit gibt … Bescheid, Lüge macht viel Redens. 19. Wer auf … Wasser fährt, hat … Wind nicht in … Hand. 20. … Wasser und … Leuten ist nicht zu trauen. (Verben (tragen die HAND-lungen) Diesmal schneiden wir alle VERBEN (Tätigkeitswörter) heraus.

21. Es … nur zwei gute Weiber auf der Welt: die eine ist …, die andere nicht zu …. 22. Es ist leichter … als besser …. 23. Wer sich zur Taube …, den … die Falken. 24. Wer Lust hat zu …, hat Lust zu …. 25. … uns ein Sündenbock bereit, … man viel leichter allezeit. 26. Mit den Wölfen … gilt denen als Ausrede, die mit den Schafen … (Hans REIMANN) 27. Eine Gesellschaft von Schafen muss mit der Zeit eine Regierung von Wölfen …. (Bertrand de JOUVENEL) 28. Es ist besser, als ein Wolf zu …, denn als Hund zu …. (Herbert WEHNER) 29. … auf deine Gedanken – sie … der Anfang deiner Taten. 30. Alle Menschen werden als Original …, die meisten … als Kopie. Substantive (tragen die Be-DEUTUNG)

Zuletzt schneiden wir die SUBSTANTIVE (Hauptwörter) heraus.

31. Der glücklichste … ist derjenige, welcher die interes­san­ testen … hat. 32. Ehe man tadelt, sollte man immer versuchen, ob man nicht entschuldigen kann. (Siehe Marginalie, Seite 227 unten.) 33. Gegen … sind auch … machtlos.

Intelligente Kopf-Spiele  229

34. Nur wer auch mal gegen den … schwimmt, kann zur … gelangen. 35. … sind fantasielos. Vor allem kleine. 36. Schöne … – nicht weinen, weil sie vergangen, sondern lachen, weil sie gewesen. 37. Tue das, was du fürchtest, und die … stirbt einen sicheren …. 38. Vier … sind es, die nicht zurückkommen: das gesprochene …, der abgeschossene …, das vergangene … und die ver­ säumte …. 39. Warum haben wir zwei … und nur einen …? Weil wir doppelt soviel zuhören wie reden sollten ! 40. Erst lernt man gehen und sprechen, dann stillsitzen und … halten. Die letzte Rubrik gehört zu dem Bereich, den man durch Gram­ matik- und Sprachübungen theoretisch lernen sollte, aber es braucht da schon Sinnfragen, wie diese: Was ist WESENt-lich? Welche Wörter tragen den Sinn dieses Satzes? Zwar sind all­ gemein die Substantive (Hauptwörter) sehr stark, weshalb unsere ABC-Listen und KaWa.s auch so gut funktionieren. Trotzdem kann es im Einzelfall auch ein anderes Wort sein, das das WESEN der Aussage in sich birgt. WESEN-tliche Wörter 41. …, ist jeder, der eine vorher, der andere nachher. 42. Gib dem Tag die Chance, der … deines Lebens zu werden. 43. … nicht, was andere machen, … auf deine eigenen Sachen.

Wörter, die das WESEN der Aussage in sich bergen

230  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

44. Den wirklich … erkennt man daran, dass er keine Angst hat seine … zu verlieren. Der … hat sogar Angst davor seine … zu verlieren. 45. Dementi ist die Bestätigung einer Nachricht, die vorher … war. 46. Ein schlechtes … braucht keinen Kläger. 47. Wer … Feinde hat, muss sich mit … vertragen. 48. Die besten Sachen im Leben gibt es …. 49. Eine schlechte … ist besser als keine. 50. Es ist besser, reich zu …, als reich zu ….

Die kompletten Sprichwörter finden Sie auf den folgenden Seiten!

A U F L Ö S U N G

17. Reden kommt von Natur, Schweigen vom Verstande. 16. Es müssen starke Beine sein, die gute Tage ertragen können. 15. Des Menschen Leben nimmt immer ab, aber seine Begierden nehmen täglich zu. 14. Man sieht den Splitter im fremden Auge, im eignen den Balken nicht. 13. Wer vernünftig gebieten kann, dem ist gut dienen. 12. Die Liebe ist ein lebendiger Tod und ein sterbendes Leben. 11. Auch wenn Liebe in Kummer schwimmt, trinkt sie den Wein der Lust. 10. Es ist leicht, Abschied zu nehmen, aber schwer, sich wieder­ zusehen. 9. Keine Kette ist stärker als ihr schwächstes Glied. 8. Lege nicht der Zeit zur Last, was du selber verschuldet hast. 7. Für jede Dummheit findet sich einer, der sie macht. 6. Je länger eine gute Geige gespielt wird, desto schöner ist ihr Ton. 5. Die Wahrheit ist ein selten Kraut, noch seltener wer es gut verdaut. 4. Ein Löffel voll Tat ist besser als ein Scheffel voll Rat. 3. Alte soll man ehren, Junge soll man lehren, Weise soll man fragen, Narren vertragen. 2. Achte nicht bloß auf das, was andere tun, sondern auch auf das, was sie unterlassen. 1. Wer einen guten Sprung machen will, geht erst rückwärts. 50 Sprichwörter Intelligente Kopf-Spiele  231

35. Geldgeschenke sind fantasielos. Vor allem kleine. 34. Nur wer auch mal gegen den Strom schwimmt, kann zur Quelle gelangen. 33. Gegen Pechsträhnen sind auch Friseure machtlos. 32. Ehe man tadelt, sollte man immer versuchen, ob man nicht entschuldigen kann. 31. Der glücklichste Mensch ist derjenige, welcher die interes­san­ tes­ten Gedanken hat. 30. Alle Menschen werden als Original geboren, die meisten sterben als Kopie. 29. Achte auf deine Gedanken – sie sind der Anfang deiner Taten. 28. Es ist besser, als ein Wolf zu sterben, denn als Hund zu leben. (Herbert WERNER) 27. Eine Gesellschaft von Schafen muss mit der Zeit eine Regierung von Wölfen hervorbringen. (Bertrand de JOUVENEL) 26. Mit den Wölfen heulen, gilt denen als Ausrede, die mit den Schafen blöken (Hans REIMANN) 25. Steht uns ein Sündenbock bereit, lebt man viel leichter alle­ zeit. 24. Wer Lust hat zu tauschen, hat Lust zu betrügen. 23. Wer sich zur Taube macht, den fressen die Falken. 22. Es ist leichter tadeln als besser machen. 21. Es gibt nur zwei gute Weiber auf der Welt: die eine ist ge­ storben, die andere nicht zu finden.

A U F L Ö S U N G

20. Stillem Wasser und schweigenden Leuten ist nicht zu trauen. 19. Wer auf dem Wasser fährt, hat den Wind nicht in der Hand. 18. Wahrheit gibt kurzen Bescheid, Lüge macht viel Redens. 232  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

A U F L Ö S U N G

50. Es ist besser, reich zu leben, als reich zu sterben. 49. Eine schlechte Entschuldigung ist besser als keine. 48. Die besten Sachen im Leben gibt es umsonst. 47. Wer drei Feinde hat, muss sich mit zweien vertragen. 46. Ein schlechtes Gewissen braucht keinen Kläger. 45. Dementi ist die Bestätigung einer Nachricht, die vorher Ge­ rücht war. 44. Den wirklich Freien erkennt man daran, dass er keine Angst hat seine Freiheit zu verlieren. Der Unfreie hat sogar Angst davor seine Unfreiheit zu verlieren. 43. Frage nicht, was andere machen, achte auf deine eigenen Sachen. 42. Gib dem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden. 41. Klug ist jeder, der eine vorher, der andere nachher. 40. Zuerst lernt man gehen und sprechen, dann stillsitzen und Maul halten. 39. Warum haben wir zwei Ohren und nur einen Mund? Weil wir doppelt soviel zuhören wie reden sollten! 38. Vier Dinge sind es, die nicht zurückkommen: das gesprochene Wort, der abgeschossene Pfeil, das vergangene Leben und die versäumte Gelegenheit. 37. Tue das, was du fürchtest, und die Furcht stirb einen sicheren Tod. 36. Schöne Tage – Nicht weinen, weil sie vergangen, sondern lachen, weil sie gewesen. Intelligente Kopf-Spiele  233

234  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Wissens-Spiele (insbesondere Wissens-Quiz-Spiele) „Nackte“ Fakten kön­ nen nicht gelernt werden!

Jede Art mit Wissen zu SPIELEN ist sowohl „passivem Konsumver­ halten“ als auch sturem Pauken vorzuziehen. Einzelne, isolierte, nackte Fakten allein können so gut wie nicht gelernt werden. Wenn wir sie spielerisch erwerben wollen, dann schaffen wir sicher die nächste Prüfung, aber wirklich gelernt haben wir nichts. Denn mit Lernen meine ich eine konkrete Veränderung im Wissens-Netz, eine neue Einsicht, eine Lehre, die wir ziehen können etc. Das Hinzufügen eines „nackten Faktes“ stellt demzufolge keinen echten Lern-Erfolg dar. Wir alle kennen Leute, die jede Menge Fakten „besitzen“, mit denen sie auf Zuruf jederzeit „herumwerfen“ können, ohne dass sie den Kern einer Situation erfasst hätten oder anderen helfen können, das eigentlich WESENt-liche zu verstehen. (Hierzu ge­ hören leider viele Lehrpersonen, Werbefachleute und einige TV-Moderatoren.) Wir müssen also unbedingt zwischen dem Jonglieren mit isolierten Fakten und echten Wissen (Begreifen, Verstehen, Einsichten gewinnen) unterscheiden, dann können wir beginnen, selbst (oder mit anderen) mit WISSEN zu spielen:

FAKTEN + WISSEN

Daher wird es Sie nicht erstaunen, dass meine Experimente mit TVQuiz-Sendungen folgendes zutage förderten: Wenn wir nach dem Feststellen der Lösung (vgl. WQS: Spiele, die Wissen produzieren, unten) noch einen weiteren Schritt taten, indem wir aus den nackten Fakt ein wenig „Wissen“ produzierten, änderte sich das Ergebnis dramatisch. Wenn aus dem nackten Fakt ein wenig Wissen gemacht wurde, verdoppelten wir die Lern-Erfolge sofort (von ca. 40 % auf mindestens 80 %, manchmal mehr).

Intelligente Kopf-Spiele  235

Wie aber macht man aus nackten Fakten „Wissen“? Indem man sie an-REICH-ert, indem man mehr bietet als nackte „Frage-undAntwort-Schemata“, die wir von Schule und Quiz-Sendungen her kennen. Das war die Geburt der WISSENs-Quiz-Spiele (WQS), einer besonderen Art von Quiz-Spielen, die WISSEN produzieren.

WQS: Spiele, die Wissen produzieren Ich habe diese Technik an anderen Stellen ausführlich beschrieben; hier also nur die Kurz-Version: • Runde 1: Wissens-Fragen (z. B. als Einleitung in eine Thematik) werden gestellt und alle dürfen RATEN (wahlweise mit Fest­ halten des Grades der Sicherheit in Prozent).

RUNDE 1

236  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

RUNDE 2

RUNDE 3

• Runde 2: Die „offiziellen Antworten“ – das kann sogar Frontal-Unterricht sein, wenn man die Lektion sorgfältig an den eingangs gestellten Fragen „aufhängt“, wobei die Reihen­ folge der Fragen keinesfalls der Reihenfolge des Vortrags entsprechen muss. So kann man die spannendsten Fragen, die am meisten Überraschungs-Effekt enthalten, gern an den Anfang stellen. • Runde 3: Wiederholung von Runde 1, nur wissen jetzt alle weit mehr als vorher. Das macht Spaß, das ist gut für’s Selbstwert­ gefühl, jede/r kann selber feststellen, wie gut die Antworten sind (man bewertet sich also selbst, statt von einem anderen bewertet zu werden). Selbstverständlich gibt es viele Variations-Möglichkeiten. So kann man z. B. zwischen Runde 2 und 3 eine Runde von ver-TIEF-enden Infos schieben – also Runde 2a. erste Antworten, Runde 2b. AnREICH-erung derselben. Aber mit der Grundversion kann jede/r zu spielen beginnen, Variationen ergeben sich im Alltag von alleine. Es ist wichtig, dass wir bei dieser besonderen Art von Quiz auf zwei Dinge achten: 1. Wir dürfen bei Runde 1 „wild durch die Gegend raten“. Jede/r notiert einfach, was er/sie denkt. Es wird nicht zensiert oder kritisiert. Es ist ein SPIEL! 2. Man notiert bei jeder Antwort, wie sicher man sich fühlt. Wir kennen das von der Show Wer wird Millionär, wenn der Tele­ fon-Joker gefragt wird: „Wie sicher bist du?“ und sagt: „80 %“ oder „30 %“ (das heißt, ich rate eigentlich nur). Wir haben in der Schule in der Regel nie gelernt, die Qualität unserer Antworten, wenn wir noch „raten“, bewusst zu registrieren.

Intelligente Kopf-Spiele  237

Das lernen wir beim WQS zu tun. Probieren Sie es gleich? Also, Sie sind dran. 1. Quiz-Runde: Nur Fragen (9 Japan-Fragen Erdbeben) 1. Wie sicher sind die japanischen Atomkraftwerke? 2. Warum brennen japanische Städte immer gleich bezirksweise statt häuserweise wie in anderen Städten? 3. Warum mussten in Kyoto etwa doppelt so viele Menschen sterben wie nötig? 4. Was verhindert eine gute Katastrophen-(Hilfs-)Bereitschaft? 5. Info/Messwerte: Wieviel Vorwarnzeit erhalten die Japaner bei großen Beben? 6. Warum war das Beben in Kobe so extrem zerstörerisch? 7. Gibt es eine technische Möglichkeit, auch alte Gebäude gegen Erdbeben zu sichern? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? 8. Stimmt es, dass Tiere vorab reagieren? 9. Kann ein Erdbeben Erde und Gestein verflüssigen? Die nachfolgenden KURZ-Antworten sind für Aussenstehende sicher nicht ausreichend, aber sie dienen mir als Lernerin zur Er­ innerung an die Doku, die ich sah: 2. Quiz-Runde: Antworten (aus TV-Doku) 1. Wie sicher sind die japanischen Atomkraftwerke? Antwort: 5-faches Kobe-Beben 2. Warum brennen japanische Städte immer gleich bezirksweise statt häuserweise wie in anderen Städten? Antwort: Holz und enge Gassen – die Feuerwehr kommt nicht durch

238  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

3. Warum mussten in Kyoto ca. doppelt so viele Menschen sterben wie nötig? Antwort: weil a. unorganisiert, b. zu stolz, um rechtzeitig Hilfe zu rufen; Nakamura 4. Was verhindert eine gute Katastrophen-(Hilfs-)Bereitschaft? Antwort: a. die FATALISTISCHE Einstellung; b. die bau­lichen Gegebenheiten – da kann man nichts machen; c. Anwei­ sungen befolgen 5. Info/Messwerte: Wieviel Vorwarnzeit erhalten die Japaner bei großen Beben? Antwort: 10 bis 15 Sek – Gas abschalten, Notstrom anwerfen 6. Warum war das Beben in Kobe so extrem zerstörerisch? Antwort: kurze, starke, einzelne Stöße 7. Gibt es eine technische Möglichkeit, auch alte Gebäude gegen Erdbeben zu sichern? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Antwort: Ja, Stoßdämpfer UNTER einem alten Rathaus; 700 m Keller und Stoßdämpfer nachträglich gebaut. 8. Stimmt es, dass Tiere vorab reagieren? Antwort: Ja, Regenwürmer und Schlangen verlassen die Erde, sogar Fische versuchen das Wasser zu verlassen. 9. Kann ein Erdbeben Erde und Gestein verflüssigen? Antwort: Ja, Verflüssigung – der Boden wird weich wie Pudding!

Intelligente Kopf-Spiele  239

An-REICH-erung der Kurz-Anworten 1. Wie sicher sind die japanischen Atomkraftwerke? Antwort: 5-faches Kobe-Beben – der Bericht führte aus, dass die Sicherheit in einem Land, das an Erdbeben gewöhnt sei, sehr hoch sei. Nachdem wir Westliche (Zuseher) uns sicher an das Kobe-Beben vor einigen Jahren erinnern, ist der VER­ GLEICH mit diesem Beben sicher hilfreich. 5-faches KobeBeben muss also enorm viel sein! 2. Warum brennen japanische Städte immer gleich bezirksweise statt häuserweise wie in anderen Städten? Antwort: Holz und enge Gassen – die Feuerwehr kommt nicht durch. Leuchtet sicher ein, nur fragen wir „Westlichen“ uns vielleicht, warum man den Wiederaufbau wieder so eng macht. Nun, die Idee dahinter gleicht eher der einer Fuß­ gängerzone: Wenn keine großen Fahrzeuge Platz haben, kann auch kein Lkw oder Bus dort herumfahren. 3. Warum mussten in Kyoto ca. doppelt so viele Menschen sterben wie nötig? Antwort: weil a. unorganisiert, b. zu stolz, um rechtzeitig Hilfe zu rufen; Nakamura. Das fand ich interessant, denn wir stellen uns die Japaner eher als überorganisiert vor. Der Be­ richt zeigte jedoch, dass das nicht stimmt und dass die Angst, das Gesicht zu verlieren, die meisten Stadtteil-Führer davon abhält, im Vorfeld irgendetwas zu unternehmen. Daher gibt es viel zu wenige Feuerwehr-Übungen (Drills), bei denen alle lernen würden, was sie später im Zweifelsfall tun müssen.

240  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

4. Was verhindert eine gute Katastrophen-(Hilfs-)Bereitschaft? Antwort: a. die FATALISTISCHE Einstellung; b. die baulichen Gegebenheiten – da kann man nichts machen; c. Anweisungen befolgen. Sie sehen, wie Sie im Lichte der ange-REICH-erten Info Nr. 2 und 3 jetzt auch diesen Punkt viel besser verstehen. 5. Info/Messwerte: Wieviel Vorwarnzeit erhalten die Japaner bei großen Beben? Antwort: 10 bis 15 Sekunden – Gas abschalten, Notstrom anwerfen. Auch hier muss man kaum noch etwas hinzu­ fügen. Natürlich kann in der kurzen Zeit nur jemand das Gas abschalten und den Notstrom anwerfen, der das vorher geübt hat. Da dies so selten geübt wird, brennen regelmäßig ganze Stadtteile nieder. 6. Warum war das Beben in Kobe so extrem zerstörerisch? Antwort: kurze, starke, einzelne Stöße. Hier sagte der Be­ richt, dass kurze, starke, einzelne Stöße Gebäude besonders gefährden und dass herkömmliche Häuser hier zerbröckeln würden, weshalb man inzwischen dabei sei, wichtigen Ge­ bäuden regelrechte Stoßdämpfer zu verpassen. 7. Gibt es eine technische Möglichkeit, auch alte Gebäude gegen Erdbeben zu sichern? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Antwort: Ja, Stoßdämpfer UNTER einem alten Rathaus; 700 m Keller und Stoßdämpfer nachträglich gebaut. Also Sie sehen es, man baut tatsächlich Stroßdämpfer unter alte Gebäude, indem diese vorsichtig einen zweiten Fußboden im Keller erhalten, der auf den Stoßdämpfern ruht. Am Ende

Intelligente Kopf-Spiele  241

kappt man die Verbindungen zum originalen Fußboden und auf einmal „schwebt“ das ganze Haus auf den Stoßdämpfern. Unglaublich, aber wahr! Neue Gebäude werden von Anfang an so ausgestattet. Ich erinnere mich an die Tests im Film – sowohl an Modellen als auch Computer-Simulationen – sehr beeindruckend! 8. Stimmt es, dass Tiere vorab reagieren? Antwort: Ja, Regenwürmer und Schlangen verlassen die Erde, sogar Fische versuchen das Wasser zu verlassen. Darauf will man in Zukunft verstärkt bauen und hofft, dann den Leuten eine Warnung geben zu können, die ihnen einige Minuten zum Reagieren verschafft, statt Sekunden. Dann könnten wesentlich mehr Menschen das Gas abschalten (einer der Hauptgründe für die Feuer) und es würde wesentlich glimpflicher verlaufen; außerdem könnten mehr hinauslaufen bzw. kleine Kinder, Kranke, alte Menschen retten. 9. Kann ein Erdbeben Erde und Gestein verflüssigen? Antwort: Ja, Verflüssigung – Boden wird weich wie Pudding! Das hätte ich auch nicht gedacht, aber im Nachhinein: Das Erdinnere ist ja auch flüssig. Wenn es genug Hitze und Druck gibt – beides bei Erdbeben vorhanden – warum nicht? 3. Quiz-Runde: wie 1. Quiz-Runde Nur mit dem Unterschied, dass die Ratenden diesmal weit mehr wissen, als beim ersten Mal. Testen Sie es: Gehen Sie zurück zu Runde 1 (Seite 237) und finden Sie es heraus!

242  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Was bringt ein WISSENs-Quiz-SPIEL©? Antwort: Lernende („Opfer”) können den eigenen Lernvorgang optimieren, in­ dem sie aus den Daten, Fakten und Informationen WISSENsQuiz-SPIELE „basteln“. Dies ist erstens weit interessanter als jede Art von sturem Pauken/ Büffeln. Das Erstellen eines WISSENs-Quiz-SPIELs ist eine eigen­ ständige spannende Tätigkeit, bei der man den Stoff ganz anders „durchgeht“ als bei herkömmlichem „Lesen“. Zweitens ist die Fähigkeit, überhaupt Fragen zu stellen, ein wichtiges Denk-Tool an sich, das bei herkömmlichem Lernen so gut wie nicht trainiert wird. Wir haben ein Thema aber erst „halbwegs verstanden“, wenn wir die ersten eigenen Fragen hierzu formuliert haben.

ÜBRIGENS

Lebenslanges Lernen

Übrigens: Bei großen Mengen Lernstoff können mehrere Leute den Stoff unter sich aufteilen, jeder erstellt ein WISSENs-QuizSPIEL für „seinen“ Bereich, in den anderen Bereichen ist man Spielerin, wenn der zuständige Quiz-Master seinen Teil als Quiz präsentiert. Wenn vier Leute sich 40 Seiten Textbuch aufteilen, wird jeder Quizmaster für 10 Seiten und bleibt „nur“ WISSENSQuiz-Spieler/-Spielerin für die restlichen 30 Seiten. Diese Art der Vorbereitung ist weit spannender und weniger Zeit-intensiv als herkömmliche „Prüfungs-Vorbereitungen“. Aber unabhängig von Schulen und Prüfungen gibt es Tausende von Situationen, in denen wir alle schnell etwas lernen wollen – seien dies nun wichtige Infos über einen neuen Kunden, ein neues Produkt oder was auch immer. Schließlich ist lebenslanges Lernen die Eintrittskarte in die Zukunft einer Informations- oder Wissens-Gesellschaft, also betrifft das leichtere Lernen neben „professionellen“ Lernern (SchülerInnen, StudentInnen, Kursteil­ nehmer­Innen) eigentlich die meisten von uns.

Intelligente Kopf-Spiele  243

ZITATE-VERGLEICHS-Spiel Wenn Sie einige der Lückentexte (vgl. Seite 223 ff.) gespielt haben, bei denen nur die Substantive (Hauptwörter) entfernt wurden, be­ greifen Sie, wie wichtig diese sind. Aber normale Texte enthalten dermaßen viel Redundanz, dass man neben einzelnen Wörtern ganze (Halb-)Sätze wegnehmen könnte, ohne dass viel fehlt. Ein Zitat hingegen ist eine Besonderheit, ähnlich wie ein Ge-DICHT, weil hier eine Idee in extrem ver-DICHT-eter Form formuliert wurde. Eben deshalb hatte irgendein Zitate-Sammler diesen Satz oder diese Passage aus dem ursprünglichen Zusammenhang herausgelöst, um dieses Schatzkästchen zu „bergen“. Deshalb gilt: Wenn wir einige Zitate (mindestens 10, gerne ca. 30) zu einem Thema lesen, erhalten wir mehr echte Ideen als oft in Hunderten von Seiten „normaler Texte“. Somit sind Zitate also eine hervorragende Einführung in ein neues Thema, oder auch eine groß­ artige Weise, bereits Bekanntes leicht anzu-REICH-ern, unser Wissen zu er-WEIT-ern und zu ver-TIEF-en. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten (und zahllose ver­ schiedene Zitate-Spiele, die wir spielen können). Ich möchte Ihnen hier drei Grund-Varianten vorstellen, wobei immer gilt: Man kann Zitate LESEN (und über sie nachdenken), aber man kann sie auch LESEN PLUS darüber mit anderen SPRECHEN bzw. einen kurzen KOMMENTAR schreiben (erste Assoziationen). Gerade letztere Technik, also quasi ein Selbst-Gespräch, ist sehr hilf­ reich, wenn wir gerade niemanden haben, mit dem wir darüber reden können.

Genauere An­ weisungen finden Sie in: Mehr intel­ ligente Kopfspiele.

244  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Variation 1: EIN Thema (hier: LESEN & SCHREIBEN) 1. Welchen Leser ich wünsche? Den unbefangensten, der mich, sich und die Welt vergisst und in dem Buche nur lebt. (GOETHE: 4 Jahreszeiten, S. 56) 2. Über jedem guten Buch muss das Gesicht des Lesers von Zeit zu Zeit HELL werden. Die Sonne innerer Heiterkeit muss sich zuweilen von Seele zu Seele (be-)grüßen. (MORGENSTERN: Stufen-Literatur 1912) 3. Nicht VIEL LESEN, sondern gut Ding viel und oft lesen macht (…) klug. (LUTHER) 4. Es ist ein großer Unterschied, ob ich lese zu Genuss und Be­ lebung oder zur Erkenntnis und Belehrung. (GOETHE) 5. Du bist über die Kinderjahre; du musst also nicht nur zum Ver­ gnügen, sondern zur Besserung Deines Verstandes und Deines Willens lesen. (GOETHE an Cornelia 6, XII, 1765) 6. Zu verlangen, dass einer alles, was er je gelesen, behalten hät­te, ist wie verlangen, dass er alles, was er je gesessen hät­te, noch in sich trüge. Er hat von diesem leiblich, von jenem geistig gelebt und ist dadurch geworden, was er ist. (SCHOPEN­HAUER: Parerga und Paralipomenon II, 24) 7. Gedanken sind nicht stets parat. Man schreibt auch, wenn man keine hat. (BUSCH: Aphorismen und Reime) 8. Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört (vfb: oder liest), es müsse sich dabei doch auch was denken lassen. (GOETHE: Faust) 9. Wer einen wirklich klaren Gedanken hat, kann sich auch darstellen (sagen oder schreiben). Ist der Geist einmal der

Intelligente Kopf-Spiele  245

Dinge Herr (= begreift man), folgen die Worte von selbst! (MONTAIGNE) 10. 9/10 unserer ganzen jetzigen Literatur haben keinen anderen Zweck, als dem Publikum einige Taler aus den Taschen zu spielen. Dazu haben sich Autor, Verleger und Rezensent (vfb: heute Top 10-Liste) fest verschworen. (SCHOPENHAUER) 11. Der Erfolg vieler Werke erklärt sich aus der Beziehung, die zwischen der Mittelmäßigkeit des Autors und der Mittel­ mäßigkeit des Publikums besteht. (CHAMFORT: Maximen VII) 12. Es gibt intelligentes LESEN auf der Erde. (Analog dem Spruch: Es gibt intelligentes Leben auf diesem Planeten). (Anonym)

Variation 2: EIN Autor 1. Ein braves Pferd stirbt in den Sielen. (4.2.1881) 2. Was gerade Mode ist, hat nun deshalb für mich nicht den Vor­ zug. Man behält dergleichen doch länger, als die Mode dauert. 3. Es ist ein Vorteil des Altwerdens, dass man gegen Hass, Be­ leidigungen, Verleumdungen gleichgültig wird, während die Empfänglichkeit für Liebe und Wohlwollen stärker wird. 4. Offenheit verdient immer Anerkennung. (24.11.1849) 5. Gesetze sind wie Arzneien. Sie sind gewöhnlich nur Heilung einer Krankheit durch eine geringere oder vorübergehende Krankheit. (6.3.1872) 6. (Vertrag) Die Haltbarkeit aller Verträge zwischen Großstaaten ist eine bedingte, sobald sie in dem Kampf ums Dasein auf die Probe gestellt wird. Keine große Nation wird je zu bewegen sein, ihr Bestehen auf dem Altar der Vertragstreue zu opfern,

Hier: Otto von Bismarck, 1815–1898

246  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

wenn sie gezwungen ist, zwischen beiden zu wählen. (Aus: Gedanken und Erinnerungen) 7. Wer seine Pflicht tut, ist ein getreuer Knecht, hat aber keinen Anspruch auf Dank. 8. (Verantwortung) Wenn ich mit Grundsätzen durchs Leben gehen soll, so komme ich mir vor, als wenn ich durch einen engen Waldweg gehe soll und müsste eine lange Stange im Munde halten. (Tischgespräch) 9. (Opportunist/Definition) Was ist ein Opportunist? Es ist ein Mann, der die günstigste Gelegenheit benutzt, um das durch­ zuführen, was er für nützlich und zweckmäßig hält; und das ist ja eben die Aufgabe der ganzen Diplomatie. (21.4.1887 im preußischen Landtag) 10. Popularität hat für mich immer etwas Unbehagliches.

Intelligente Kopf-Spiele  247

Variation 3: Zitate + Lücken-Text (Teekessel-Variante) Wenn Sie laut vorlesen, sprechen Sie die ??? einfach wie beim alten Teekessel-Ratespiel als TEEKESSEL, denn es ist ja eine Form von Teekessel-Raten. 1. Durch ihre Unglaubhaftigkeit entzieht sich die ??? dem Er­ kannt­werden. (Heraklit um 500 v. Chr.) 2. Kinder und Narren sagen die ??? (Volksweisheit) 3. Die schweigende Mehrheit will aber in allen Nationen die ??? gar nicht wissen, weil die Konsequenzen höchst unangenehm wären. (Klaus MÜLLER) 4. Die Geschichte der Menschheit ist voll von Beweisen, dass es nicht schwer ist, eine ??? umzubringen. Eine gute Lüge ist unsterblich. (Gottfried August BURGER) 5. Wer die ??? hören will, den sollte man vorher fragen, ob er sie ertragen kann. (Ernst R. HAUSCHKA) 6. Eine neue wissenschaftliche ??? pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen, dass ihre Gegner überzeugt werden und sich als bekehrt erklären, sondern vielmehr dadurch, dass die Gegner allmählich aussterben und dass die heranwachsende Generation von vornherein mit der ??? vertraut gemacht wird. (Max PLANCK) 7. Niemals noch gab es den Mann, und nimmer wird es ihn geben, der die ??? erkannt von den Göttern und allem auf Erden. (Xenophanes) 8. Der Strom der ??? fließt durch Kanäle von Irrtümern. (Rabin­ dra­nath Tagore)

10 Zitate zum Thema ??? (Vor-) LESEN und RATEN

248  Denk-Werkzeuge für Ihren Erfolg

Lösung zu 10 Zitate zum Thema ???:

9. Fast alle Menschen stolpern irgendwann einmal in ihrem Leben über die ???. Die meisten springen schnell wieder auf, klopfen sich den Staub ab und eilen ihren Geschäften nach, als ob nichts geschehen sei. (Winston CHURCHILL) 10. Die ??? verletzt tiefer als jede Verleumdung. (Marquis de Sade) Man kann dasselbe mit fortlaufenden Texten zu allen Themen (inklusive Lernthemen für die Schule) durchführen: Man ersetzt einfach ein Schlüsselwort (oder eine Wortgruppe, s. „Lückentexte“, Seite 223 ff.) mit den „???“ (bzw. als „TEEKESSEL“) und spielt dieses ganz normal.

Wahrheit – Ersetzen Sie dies beim lauten Lesen und ent-DECK-en Sie die ganze Bedeutung.

Gehirn-gerechtes Lernen  249

Gehirn-gerechtes Lernen Kennen Sie die Geschichte (die ein amerikanischer Konrektor in Cincinnati in den 1940er Jahren erfand)? Ich gebe sie leicht ge­ kürzt wieder: Die Tierschule (von George REAVIS): Einst beschlossen die Tiere (…) eine Schule zu organisieren. Lehrplan Laufen, Klettern und Fliegen. (…) Die Ente war aus­ gezeichnet im Schwimmen (…) aber sie konnte beim Fliegen nur gerade eben bestehen und war sehr schlecht im Laufen. Daher (…) musste sie Nachhilfestunden nehmen und Schwimmen ausfallen lassen, um Laufen zu üben (…) bis ihre Schwimmfüße arg mitgenommen waren und sie im Schwimmen nur noch durch­ schnittlich war. Aber Durchschnitt war akzeptabel in der Schule. Darüber machte sich niemand Sorgen, außer der Ente. Das Kaninchen begann als Klassenbester im Laufen, hatte aber einen Nervenzusammenbruch wegen der vielen Arbeit, um im Schwimmen aufzuholen. Das Eichhörnchen war ausgezeichnet im Klettern, bis es in der Flugklasse frustriert wurde (…) Es bekam einen Muskelkater von der Überanstrengung und erhielt nur eine 4 im Klettern und eine 5 im Laufen. Der Adler war ein Problemkind und wurde streng bestraft (…). Die Präriehunde (…) ließen ihre Kinder bei einem Dachs aus­ bilden und vereinigten sich (mit anderen), um eine erfolgreiche Privatschule zu gründen. Und die Moral dieser Geschichte?

Seit Jahren geistert diese Story durch Seminarräume und Klassenzimmer, ohne dass sich jemand die Mühe gemacht hätte, herauszufinden, wer der Autor ist. Dabei ist das mit­ hilfe des Internets kein Problem. Ich danke Dr. Jane Bluestein für diese Auskunft auf Ihrer Website janebluestein. com/2012/theanimal-school/.

250  Gehirn-gerechtes Lernen

Ich habe in über 3 Jahrzehnten immer mehr darüber herausgefunden, warum das SchulLernen NICHT funktionieren kann und NEUE WEGE entwickelt, wie es geht.

So wie die Ente „entenartig“ lernen muss, um eine gute Ente zu werden (die z. B. hervorragend schwimmen kann), so müssen Menschen auf eine Art lernen, die der Art des Menschen entspricht. Und diese Art hängt ab von der Art, wie unser Gehirn arbeitet – deshalb spreche ich von gehirn-gerechtem Vorgehen. Gelingt es uns, gehirn-gerecht zu lernen, dann wird es für uns genauso leicht, wie Schwimmen für die Ente und Klettern für das Eichhörnchen. Andernfalls ist es „schwer“. Wenn es aber „schwer“ wird (weil man der Arbeitsweise unseres Gehirns entgegenwirkt!), geschehen einige Dinge:

Ergebnis: Wir werden unfähig, uns für die komplexe Arbeitswelt zu quaifizieren.

• Wir FÜHLEN uns SCHLECHT. • Wir kommen uns DOOF vor. • Wir beginnen zu GLAUBEN, wir seien unfähig (na ja, so unfähig wie die Ente zum Klettern halt!). • Wir LANGWEILIGEN uns. • Wir verlieren die LUST, die alle Kinder auf Lernen haben, weil Lernen Überlebenswert hat (und alles mit Überlebenswert auch LUST-voll ist). • Wir GEBEN AUF, das heißt wir beginnen uns schon schlecht zu fühlen, wenn wir nur beginnen sollen … Aber es geht auch anders: Die hier vorgestellten Mechanismen, Stra­tegien, Spiele und Experimente schenken Lernern mehr Freude und mehr Erfolg beim Lernen.

Die Doppel-Checkliste  251

Die Doppel-Checkliste Stellen Sie sich zwei CHECKLISTEN vor, die nebeneinander liegen. Die linke enthält die BEDÜRFNISSE des Gehirns (damit es optimal denken und lernen kann), während die rechte zeigt, was Ge­ hirn-Benutzer tun können, wenn das Gehirn nicht genügend von dem bekommt, was es braucht (An-REICH-erungen). Diese Bedürfnisse bezeichne ich als Neuro-Mechanismen und das, was wir tun können, (wenn links zu wenige Neuro-Mechanismen aktiviert werden), habe ich als Nicht-Lern-Lern-Strategien (neu­ deutsch Non-Learning Learning-Strategies; abgekürzt in jedem Fall NLLS) bezeichnet.

NEUROMECHA­ NISMEN und NLLS

Nun gilt es, einen Lernprozess daraufhin „abzuklopfen“, ob er LEICHT GENUG ist, um der Arbeitsweise unseres Gehirns zu ent­ sprechen. Dabei muss man nur noch wissen, wie wir die beiden Checklisten einsetzen: Wir vergeben keine „Kreuzchen“ (beim An-Kreuzen), sondern (metaphorische) Kügelchen. Das ist leichter vorstellbar, denn es geht um die Menge, die wir erreichen. Außerdem geht es darum, dass Lehrpersonen oft hoffen, die Lernenden würden genügend Kügeli mitbringen (und das ist mit „Kreuzchen“ schwer vorstell­ bar), statt ihren Unterricht so aufzubauen, dass sie den Lernenden die Kügeli anbieten – was eigentlich ihre Aufgabe wäre. Da sie aber anders ausgebildet wurden … Natürlich handelt es sich hier um ein Denk-Modell, aber ich habe festgestellt, dass es außerordentlich hilfreich ist, von folgenden Zahlen auszugehen: • Null bis 3 Kügeli = null Lern-Effekt (außer das Opfer bringt eigene Kügeli mit).

Kügelchen oder (wie wir seit einem großen Seminar in der Schweiz sagen) Kügeli

252  Gehirn-gerechtes Lernen

Alles, was über 7 Punkte hinausgeht, ist „Sahne auf dem Kuchen“.

• Bei 4 Punkten (Kügeli) ist es noch schwer. (Dies ist leider die Norm, deshalb sind ja Millionen von Menschen in unserem Land davon überzeugt, Lernen sei schwer!) • Bei 5 Punkten (Kügeli) wird es zunehmend leichter … • Ab 6 Punkten (Kügeli) wird Lernen bereits spielerisch, aber • ab 7 Punkten (Kügeli) wird es wirklich zum Spiel. • Ab 8 Kügeli wird der SPIEL-erische Aspekt dermaßen aus­ geprägt, dass viele Menschen regelrecht erschrecken, wenn sie begreifen: So leicht hätte Lernen all die Jahre in ihrer Schul- und Studien- (oder Ausbildungs-)Zeit sein können!

Nachfolgend finden Sie die bereits mehrfach angesprochene Doppel-Checkliste. Bei näherer Betrachtung werden Sie fest­ stellen, dass Ihnen im bisherigen Verlauf dieses Buches bereits zahlreiche Neuro-Mechanismen und NLLS begegnet sind, so zum Beispiel das assoziative Denken (siehe Seite 152 ff.) samt

Die Doppel-Checkliste  253

diversen Assoziativ-Spielen (siehe Seite 213 ff.), Fragen (siehe Seite 105 ff.), Vergleiche (siehe Seite 215 ff.), das Kryptisieren (siehe Seite 221 ff.), Lückentexte (siehe Seite 223 ff.) sowie etliche andere mehr. Darüber hinaus möchte ich Ihnen hier noch einige weitere wich­ tige Neuro-Mechanismen bzw. NLLS näherbringen, der Einfach­ heit und Übersichtlichkeit sind sie innerhalb des jeweiligen Unter­ kapitels alphabetisch angeordnet. Damit erhalten Sie einen ersten Überblick. Wollen Sie tiefer in das Thema einsteigen, sei Ihnen an dieser Stelle mein Buch Trotzdem LEHREN (das „Lehrer-Buch“) ans Herz gelegt. Übrigens: Die Doppel-Checkliste ist lediglich eine Denk-Hilfe, um Lehr- und Lernmethoden in diesem Licht zu sehen. Wenn Sie einen Begriff von links nach rechts „schieben“ wollen – tun Sie es. Es muss Ihre persönliche Checkliste werden. Wichtig ist, dass Sie in der Regel die magischen 7 Kügeli anstreben. Versuchen Sie auch unter wirklich „feindlichen“ Bedingungen wenigstens 5 bis 6 zu erreichen. Je öfter Ihnen dies gelingt, desto mehr lernen Sie bzw. Ihre SchülerInnen.

Siehe auch das LEH­ RER-Buch: „Trotzdem LEHREN“

Entwickeln Sie Ihre persönliche Checkliste

254  Gehirn-gerechtes Lernen

NEURO-MECHANISMEN: 26 Kügeli 1. ABSTRAHIEREN 2. ASSOZIATIVes Denken 3. BEDEUTUNG (SINN, WESEN) suchen 4. BEWEGUNG 5. EXPLORER (eigene Ent-DECK-ungen) 6. FRAGEN 7. IMITATION 8. INCIDENTAL 9. KATEGORISIEREN 10. MUSTER (Gemeinsamkeiten) suchen, finden, erkennen 11. NEUGIERDE a. befriedigen

b. wecken

12. PROBIEREN OHNE ANGST 13. SINN suchen

Stand FRÜHJAHR 2007

14. SPIEL-Trieb 15. SOFORTiges Feedback (s. BALL-IM-TOR-EFFEKT, rechts) 16. Ver-GLEICH-en 17. WESEN-tliches suchen

Die Doppel-Checkliste  255

NLLS (TRICK-KISTE): 44 Kügeli 1. ASSOZIATIV-Spiele und -Techniken (derzeit 15!) 1 ABC-Listen 2 KaWa 3 ABC-COUVERT 4 KaWa-COUVERT 5 ABC-Kreativ 6 STADT-LAND-FLUSS-Spiele 7 LULL‘sche LEITERN 8 VERGLEICHE 9 TRAIN-OF-THOUGHT 10 MADELAINE-Spiele 11 VERGLEICHs-Spiele 12 GEMISCHTE ABC.s 13 KNICK-Spiel 14 GOETHE-DENK 15 STRATEGIE-LOTTERIE

2. 3. 4. 5. 6.

BALL-IM-TOR-EFFEKT CHORSPRECHEN EXPLORER-STIL FRAGE-RÄTSEL-Spiele FRAGEN formulieren

70 Kügeli

7. Frontal-Info einbetten 8. HIERARCHISIERUNGSSpiele (inkl. HITLISTEN-Spiel nach Michael GELB) 9. IDEEN GENERIEREN 10. IDEEN KONSULTIEREN 11. IMITATIONS-Spiele 12. INFOS FESTHALTEN 13. KATEGORISIERUNGS-Spiele 14. KRYPTISIEREN 15. LÜCKEN-TEXTE 16. METAPHERN-Spiel 17 PASSIV HÖREN 18. QUIZ-Spiele 19. RECHTSCHREIB-Spiele 20. TAPETEN-EFFEKT 21. TÄTIGKEITEN-Lernen 22. UNBEWUSST LERNEN 23. VOR-ANKÜNDIGUNG 24. WIEDERHOLUNGEN (JOYWiederholungs-Spiel) 25. WQS – Wissens-Quiz-Spiele 26. ZITATE-VERGLEICHS-Spiel

256  Gehirn-gerechtes Lernen

Neuro-Mechanismen Ab 7 Punkten: Lernen passiert einfach immer (bei Spannung)!

Auf der linken Seite der Doppel-Checkliste finden Sie derzeit 17 Neuromechanismen, die insgesamt 26 Kügeli repräsentieren. Zur Erinnerung: Ab 7 Kügeli wird Lernen zum Spiel …

Ball-im-Tor-Effekt Beginnen wir mit einem kleinen Spiel. Bitte folgen Sie den Anweisungen (gern auch mit Hilfe des Taschenrechners), und staunen Sie ein wenig. Denken Sie sich eine Geheimzahl, aber nehmen Sie eine gerade Zahl. Eine geheime gerade Zahl. 1. 2. 3. 4. 5.

Addieren Sie „plus 18“: + 18 Verdoppeln Sie: x 2 Jetzt folgt eine Teilung, aber ich verspreche Ihnen, ohne Rest. Teilen Sie durch 4: : 4 Ziehen Sie die halbe Geheimzahl ab: -1/2 GZ

Wenn Sie und ich alles richtig gemacht haben, ist Ihr Ergebnis nun 9 – unabhängig von der Geheimzahl, mit der Sie gestartet sind. Wollen Sie es noch einmal versuchen? Mit einer anderen Geheimzahl? 1. Addieren Sie „plus 8“: + 8 2. Verdoppeln Sie: x 2 3. Jetzt folgt wieder eine Teilung, aber ich verspreche Ihnen, wieder ohne Rest. 4. Teilen Sie durch 4: : 4 5. Ziehen Sie die halbe Geheimzahl ab: -1/2 GZ Diesmal ist Ihr Ergebnis 4. Falls Sie herausbekommen wollen, wie es geht, könnten Sie mehrmals Variante 1 durchrechnen

Die Doppel-Checkliste  257

(mit verschiedenen Geheimzahlen), dann testen Sie mehrmals Variante 2 – und irgendwann merken Sie (durch den Vergleich), wie es geht. Falls Sie es nicht aushalten, ich verrate das Geheimnis noch (siehe Seite 259). Worum es jetzt geht, ist dies: Nehmen wir an, Sie sollen (wollen) einfache Rechenoperatinen üben (plus, mal und geteilt durch – aber ohne Rest). Wenn Sie normal rechnen, erfahren Sie leider nicht sofort, ob Ihr Ergebnis stimmt. Bei klitzekleinen Zahlen ist dies natürlich „null Problemo“, aber wenn Sie mit vierstelligen Zahlen beginnen, dann hätten Sie vielleicht doch lieber Gewissheit? Anders ausgedrückt: Je unsicherer wir sind, desto mehr Übung täte Not, aber desto wichtiger wäre eine Erfolgskontrolle auch. Nun vergleichen Sie dies mit der Art, wie Sie eine Sportart lernen: Ob Sie einen Fußball ins Tor kicken oder einen Basketball in den Korb werfen – Sie sehen immer, ob der Ball im Tor ist. Und Sie sehen es unmittelbar – nicht nach einer Probe (die „beliebte“ Multiplikationsprobe bei der Division, grrrrrrrrrrrrrr!). Nein, im Sport sehen Sie es sofort. Und Sie sehen weit mehr, nämlich ob Sie dazu neigen, den Ball etwas zu weit links oder rechts zu platzieren (und Ähnliches). Das heißt Sie können sowohl sehen, wie gut Sie arbeiten, als auch begreifen, wo Sie wie korrigieren müssen, wenn Sie besser werden wollen. Und das ist der Neuro-Mechanismus, von dem wir sprechen. Wir wurden genetisch darauf programmiert; ich nenne es (in An­ lehnung an jedes Ballspiel): Ball-im-Tor. Nachdem Lehrpersonen oft extrem unbeholfen darin sind, Ballim-Tor-Effekte für ihre Klienten zu erzeugen (jawohl, auch Schul­ kinder sind Klienten), müssen wir hier leider häufig zur Selbsthilfe greifen! Das gilt in besonderem Maß für (junge) erwachsene Selbstlernende:

Wenn ich Ihnen am Tisch gegenüber säße, könnte ich die Lösung auf­ schreiben, wenn Sie die erste Zeile berechnen, egal ob Sie eine kleine Geheimzahl oder eine vierstellige wählen.

258  Gehirn-gerechtes Lernen

SELBSTLERNER können Verantwortung für ihren Lern-Vor­ gang übernehmen, wenn ihre Lehrkräfte, TrainerInnen, Coaches etc. ihnen helfen, einen Ball-im-Tor-Effekt zu schaffen, wann immer sie eine neue Sache angehen wollen (oder müssen). Es dürfte klar sein, dass das Entwickeln von Ball-im-Tor-Effekten eine vorrangige Aufgabe von Lehrkräften sein muss (egal ob wir Kinder oder Erwachsene unterweisen). Ball-im-PC-Tor Gott sei Dank werden in Zukunft immer mehr PC-Programme er­ scheinen, mit denen zumindest Einsteiger ein wunderbares erstes Feedback erhalten. So gibt es heute bereits Programme, mit denen man seine Fähigkeit zu singen verbessern kann. Das Programm zeigt ständig eine Grafik, auf der wir verfolgen können, wie gut wir den gesuchten Ton getroffen haben. Das Programm prüft noch einige andere Aspekte und ist nur ein Beispiel von Tausenden, die in den nächsten Jahren erscheinen werden. Denken Sie nur an SIMULATOREN – früher kosteten die billigsten Millionen von Dollars, heute können Sie für einige Euro einen Flug-Simulator am PC laufen lassen. Natürlich ist das noch nicht ganz „real“, aber real genug, um später beim echten Fliegen einige Stunden weniger zu benötigen. Genug, um erste Erfahrungen zu machen, bei denen man einfach herum­ probieren kann, ob einem die Sache überhaupt liegen könnte! Genug, um eine erste Vorstellung davon zu bekommen, worum es bei der Sache geht.

Die Doppel-Checkliste  259

Inzwischen gibt es auch schon erste PC-Programme, die einem Simulator noch näher kommen, da sie mit Hilfe von HardwareAdd-Ons noch realistischer werden, z. B.: • Autofahren: Sie erhalten Lenkrad und Pedale, deren Werte ständig in den PC zurückgefüttert werden. Das Resultat erleben Sie dann, indem der Wagen sich seitlich bewegt, stoppt, … • Tanzschritte lernen: Sie erhalten eine Matte, die Sie wie einen Teppich auf den Boden legen. Diese registriert Ihre Schritte. Das Bild am PC zeigt Ihnen, wie nah/fern von der Stelle Sie sich bewegen, die angestrebt wird. In kürzester Zeit können wir so auch komplexe Tänze lernen. • Fitness: Ob Sie durch wählbare Gegenden radeln oder auf einem Laufband laufen, neue Programme erlauben nicht nur abwechslungsreiche Szenarien, sondern reagieren auch in anderen Aspekten ziemlich real (Untergrund hart/weich, Steigungen) etc., während Sie uns Feedback über biologische Funktionen (Herzschlag etc.) geben. Einige zeichnen die täg­ lichen Strecken auf, mit Kilometerständen und Kalorien etc., somit ersetzen sie bis zu einem gewissen Grad den PersonalTrainer, den sich viele nicht leisten können. Und das ist nur der Anfang! Auflösung zu Seite 256 (Geheimzahl): Die Geheimzahl ist immer die Hälfte der in Schritt 1 hinzugezählten Zahl. In unserem Beispiel also die halbe 18 (= 9) bzw. die halbe 8 (= 4).

Da der BaIIim-Tor-Effekt besonders wichtig ist, wenn wir Verhalten lernen wollen, braucht es vor allem „eine neue Denke“; ich könnte mir einen zukünftigen Beruf vorstellen: Ball-imTor-Designer. Was meinen Sie?

260  Gehirn-gerechtes Lernen

Bewegung Quelle: Reinhard KAHL (www. reinhardkahl.de) zeigt in seinen brillanten TVDokumentationen, dass Kinder, die sich kaum bewegen, unter akuten Lern­ behinderungen leiden.

Obwohl es seit Jahren bekannt ist, dass sich das gesamte Nerven­ system (inkl. der Lernfähigkeit) ohne körperliche Bewegung nicht entwickeln kann, besteht man nach wie vor darauf, dass bereits Kinder fast ununterbrochen stillsitzen sollen. Dabei gibt es Studien hierzu. Eine davon zitierte ich bereits in meinem Buch Das innere Archiv; es ist eine der großartigen Studien von Ellen J. LANGER (Harvard), in der man ein Lernposter aufgehängt hat. Eine Gruppe von Schülern saß auf einer Bank davor, eine zweite saß ebenfalls, musste aber mit den Füßen scharren, die dritte Gruppe ging vor dem Lernposter auf und ab. Welche Gruppe hatte sich am meisten ge-MERK-t? Die, deren Körper sich bewegen durften, weil das auch den Geist bewegt. Schon die alten Römer kannten die Verbindung von Geist und Körper. Nutzen Sie diese für Ihren Lern-Erfolg und verschaffen Sie sich wo und wann immer möglich Bewegung!

Explorer (Sammler/Jäger) Der Begriff EX­ PLORER be­schreibt sowohl den Aben­ teurer, der in den Dschungel geht, als auch den Forscher.

Der Explorer ist ein Abenteurer und/oder Forscher. Wir haben im Deutschen kein vergleichbares Wort. Das explorative Element be­ schreibt die Suche nach etwas, aber auch das Finden von Dingen, die wir eigentlich nicht gesucht hatten. Dazu ist eine bestimmte innere Einstellung (Neugierde) nötig. Allerdings brauchen wir auch Energie, um Neues zu entDECK-en. Wer krank (gestresst, frustriert, verängstigt) ist, hat keine Ent-DECK-er-Energie übrig. So stirbt der Explorer im Menschen …

Die Doppel-Checkliste  261

Ich liebe den Begriff des Ent-DECK-ens – die Idee, dass wir den Deckel heben, um zu sehen, was im Topf verborgen ist. Vielleicht begegnet uns etwas, z. B. die Tatsache, dass Napoleon kein Franzose, sondern ein Korse war. Das wussten wir vielleicht nicht und hätten auch nie darüber nachgedacht. Dann fällt uns vielleicht ein, dass Hitler auch kein Deutscher war. Auf einmal reizt uns die Idee, wie viele große Herrscher gar nicht in dem Land geboren wurden, in dem sie herrschten. Dies ist ein geistiges ABENTEUER! Wir verfolgen diese Idee über einen gewissen Zeitraum. Wir schauen vielleicht im Internet nach, fragen Freunde, blättern in Lexika usw.

Imitation als Neuro-Mechanismus Die wenigsten Lebewesen haben das Glück, durch IMITATION lernen zu können, es ist dies einer der Neuro-Mechanismen, die es zu aktivieren gilt. Weil unser Schulsystem diese groß­ artige Möglichkeit so selten aktiv nutzt, finden Sie eine Reihe von Möglichkeiten zum Spielen und Experimentieren, damit Sie sich

Lösung: Kublai Khan, Enkel von Dschingis Kahn.

Die EXPLORER-Haltung geht mit einer gewissen Sammler- und Jäger-Einstellung einher: Wir jagen Antworten auf eine Frage nach und wollen „Beute machen“. Jede weitere Ent-DECK-ung erfreut uns. Manche Leute sammeln materielle Objekte wie Bierdeckel, andere sammeln Ent-DECK-ungen! So ent-DECK-en wir vielleicht, dass einer der größten (und einflussreichsten) chinesischen Kaiser gar kein Chinese (sondern Mongole) war, obwohl er sich chinesischer als die Chinesen benahm (so einigte er China und machte Peking zur Hauptstadt). Er war es, der die Philosophie von KONFUZIUS zur Staatsphilosophie erhob – ohne ihn wäre KONFUZIUS wahrscheinlich unbekannt geblieben. Na, wer war’s? Wissen Sie es?

262  Gehirn-gerechtes Lernen

erst einmal von der Wirkung überzeugen können. Dann überlegen Sie, inwiefern Sie bei TÄTIGKEITEN aller Art den Neuro-Mechanis­ mus in Ihren Alltag integrieren können. Wen kennen Sie, der das, was Sie können wollen, bereits besser kann als Sie? Wer kann als Modell dienen? Denken Sie daran, dass man früher bei einem Meister in die Lehre ging und für das Privileg bezahlte, ihm zuschauen und von ihm lernen zu dürfen. Dabei lernte man vieles per Imitation, manches durch VERGLEICHENDES Schauen (die beiden Prozesse können im Alltag nicht immer sauber voneinander getrennt werden). Also, fangen wir an! Man kann auf einfachstem Niveau beginnen (wie alle Mütter wissen). Lassen Sie sich nicht davon abbringen, dass es so leicht zu sein scheint, lassen Sie sich vielmehr inspirieren. Diese Spiele haben einen dreifachen Vorteil: 1. Wir trainieren unsere Wahrnehmung/Beobachtung. In der heutigen Zeit eine dringende Übung, da wir weit weniger als früher wirklich wahrnehmen. Die Art, alles passiv konsumieren zu wollen, von TV-Shows über Unterricht bis zur VR (Virtuelle Realität) via DVD, PC und Internet kann erschreckende Aus­ maße annehmen. 2. Wir lernen am leichtesten, wenn es etwas zu imitieren gibt, weil wir darauf genetisch vorbereitet sind. Alle anderen Lebewesen müssen den längeren Weg über Wahrnehmen und VERGLEICHEN gehen. Aber wir Menschen haben auch den Weg der Imitation, nur gehen wir ihn viel zu selten. Fragen Sie sich: Welche Tätigkeiten sollen Sie lernen, bei denen Sie möglicherweise bewußte IMITATION (s. nächster Punkt) zu Hilfe nehmen könnten?

Die Doppel-Checkliste  263

3. Das meiste, was wir je (an Verhalten) gelernt haben, haben wir unbewusst imitiert. Das ist der Grund, warum dieser Lernprozess uns so erfolgreich gemacht hat: damit lernen wir schneller als die meisten Insekten, Vögel und anderen Tiere (mit Ausnahme der Affen). Aber für Imitations-Lernen ist kein Bewusstsein notwendig. Wir imitieren, was uns umgibt. Ist dies positiv (gutes Vokabular, grammatikalisch korrekte Sprache, gute Manieren etc.), dann imitieren wir gute Dinge. Sind wir hingegen von Leuten umgeben, die nur Stummel­ sätze von sich geben und außer „gut“ oder „schlecht“ kaum Adjektive kennen, um ihre Situation zu beschreiben, dann verblöden auch wir. Im Klartext: Wie ein Chamäleon passen wir uns an unsere Umgebung an, aber in der Regel merken wir es gar nicht. Wenn wir dies wissen, können wir bewusst die Umwelt wählen, von der wir dann unbewusst per Imitation lernen werden. Umgeben Sie sich häufig mit guten Vorbildern. Beispiele: 1. Sprache: Indem Sie (mal aktiv, mal passiv) Literatur-Hör­ bücher oder solche mit Vorträgen etc. hören. 2. Fremdsprache: Indem Sie Lektions-Texte häufig (mal aktiv, mal passiv) hören und sich von DVD.s in Ihren Wunschsprachen „umgeben“ lassen, wenn Sie Dinge tun, bei denen Sie nicht die volle Konzentration benötigen. Ich schneide mir übrigens von fremdsprachigen Filmen schöne Auszüge, z. B. von Gerichts­ szenen mit intelligenten Dialogen, akustisch mit, sodass ich diese auch beim Spazierengehen (aktiv) hören kann.

In diesem Zusam­ menhang begreift man, wie weit unsere Schulen von Orten des Lernens entfernt sind: Bei uns ist die NORM der nichtlernende Mensch, nur deshalb kann man die wenigen guten LernerInnen als „Streber“ verurteilen und ausgrenzen, statt sich von ihnen inspirieren zu lassen.

264  Gehirn-gerechtes Lernen

3. Verhaltens-Aspekte: Wer umgeben ist von fleißigen Leuten, die gerne recherchieren, die sich riesig freuen können, wenn sie eine Ent-DECK-ung machen etc., wird sich bald ähnlich verhalten. 4. Problemlöse-Verhalten: Es gibt Umfelder, da wird sofort Iosgejammert („Kann ich nicht!“), ohne dass man einen Ver­ such machen würde, ein Problem zu lösen. Weder fragt man Leute, die mehr wissen könnten, noch ist man bereit, Neues auszuprobieren, zu üben, zu trainieren etc. Viele junge Leute kommen mit dieser hilflosen Haltung in die Firmen (als Azubis, als ArbeitnehmerInnen) und wundern sich, dass man sich bald von ihnen zurückzieht. Sie nerven. Suchen Sie sich Modelle, die Probleme aktiv-kreativ anpacken und lösen. Und wenn Sie solche Modelle (zunächst) nur im PC, im Fernsehen und auf DVD.s finden – dann umgeben Sie sich mit diesem virtuellen Figuren, aber eben bewusst! 5. Kommunikations-Verhalten: Ich neige zur Ungeduld und kann ganz schön nerven. Wenn ich merke, dass ich mal wieder sehr schnell sehr ungehalten reagiere, lasse ich zwei, drei Tage lang teils aktiv, teils passiv (im Hintergrund) drei virtuelle Männer laufen, deren Kommunikation mir ein gutes Vor­ bild ist – und ich werde viel „pflegeleichter“. Der eine heißt COLUMBO, sein Markenzeichen ist RESPEKT. Er respektiert (fast) alle Menschen, inklusive der Verdächtigen, während die meisten seiner deutschen Pendants eine Person bereits duzen, wenn diese nur in den Verdacht gerät, vielleicht ein/e Verdächtige/r zu sein! Und der zweite heißt MATLOCK, der einfach (fast) immer ausgesucht höflich kommuniziert. Zwar kann er sich auch zwischendurch ganz schön aufregen, er ist durchaus engagiert, aber er ist auch sehr höflich, schon im

Die Doppel-Checkliste  265

Tonfall. Der dritte ist POIROT (gespielt von David SUCHET). Übrigens wurden alle drei sehr gut synchronisiert, sowohl ins Deutsche als auch ins Französische. Wenn ich also auch sprach­ lich etwas für mich tun möchte, lasse ich mich französisch positiv beeinflussen … Um Ihnen Lust zu machen, finden Sie einige Imitations-Spiele ab Seite 270; weitere ergeben sich von allein, wenn man erst einmal damit begonnen hat!

Incidentales Lernen Als ich die Idee (Lernen als SPIEL) entwickelte und betonte, dass Lernen „passiert“, entdeckte ich etwas WESENt-liches: Das Schlüsselwort der Forschung zu Lernen besagt nämlich in­ zwischen, dass Lernen in der „freien Natur“ eher BEILÄUFIG ge­ schieht, während wir Dinge tun, Probleme lösen, Aufgaben erledigen etc. Einer der Autoren, die diesen Standpunkt vertreten (KRASHEN) vergleicht dies mit einem großen Shopping-Center: Sie waren zigmal dort, Sie haben Hunderte (vielleicht Tausende) von Infos, Fakten etc. über dieses Center gelernt: wo es sich befindet, wie man hinfindet, wo man parkt, wo man besser parkt, wo man eine bestimmte Art von Dingen kaufen kann (z. B. Lebensmittel oder sperrige Güter), wo man telefonieren kann (das war vor den Handys), wo sich Toiletten befinden (und welche sauberer sind), welches der drei italienischen Restaurants unserem Geschmack am besten entspricht, ob wir den Fitness-Bereich nutzen wollen, und und und. Stellen Sie sich vor, all das wäre Lernstoff und via Unterricht und Prüfungen „erlernt“ worden – könnten Sie dann dort erfolgreich einkaufen gehen? Eben!

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KRASHEN stellt auch fest, dass der eigentliche Lernprozess, wegen dieser Beiläufigkeit, de facto UNSICHTBAR wird und dass deshalb echtes beiläufiges Lernen Welten getrennt ist von den Techniken, die man in der Schule anbietet, um „Lernen“ auszulösen. Dieses BEILÄUFIGE LERNEN (der Fachausdruck lautet INCIDENTAL, im Deutschen könnten wir von „koinzidentalem Lernen“ sprechen) wird durch verkrampfte Versuche, Lernen in Isolation zu „er­ zeugen“, vollkommen ver-UNMÖGLICH-t. INCIDENT: Der Begriff kann sowohl mit „Zufall“ als auch mit „Er-LEB-nis“ übersetzt werden; INCIDENTAL bedeutet „bei­ läufig“, „nebenbei“. Wir kennen den Begriff im Deutschen als Fremdwort (Koinzidenz = etwas ereignet sich „ko“, das heißt mit, parallel, gleichzeitig mit etwas anderem), also könnten wir sagen: Lernen = eine Koinzidenz, sie geht mit etwas einher, kann also nicht alleine stehen. Sie finden in diesem Buch viele der Aspekte, die es uns erlauben, dass wir eine Tätigkeit „tun“ (z. B. eine Variante von Stadt-LandFluss, ein WISSENs-Quiz- oder ein anderes Frage-Spiel spielen), bei welcher Lernen INCIDENTALLY „passieren“ kann. Das heißt: Es gibt viele Möglichkeiten, „Shopping-Center“ zu erzeugen, sodass durch „Herumlaufen und Kaufen-Wollen“ beiläufige LernEffekte entstehen. Das ist das Ziel der doppelten Checkliste, solche Situationen zu erzeugen. Im Zusammenhang mi dem INCIDENTALEN Lernen möchte ich Ihnen auch kurz mein Denk-Modell des Lernbergs vorstellen.

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Der LERNBERG Denken wir uns eine Pyramide, sie soll den Lernprozess einer bestimmten Fertigkeit symbolisieren – vom Klavierspielen über Sportarten bis hin zu Wurzelziehen oder die Beherrschung von Sprachen (Muttersprache UND fremde).

Wenn es gelingt, im untersten Bereich erste Nervenbahnen „anzubauen“, dann wird es leicht. Wir müssen sozusagen säen, damit etwas wachsen kann. Dies gilt zeitlebens für jede Tätigkeit, die wir (neu) erlernen wollen (müssen), wobei uns vieles mit zu­ nehmendem Alter leichter fällt, da wir mehr Module besitzen, je älter wir werden.

Auf dem Weg zur Meisterschaft des Lernenden: Je höher im Lern­berg, desto mehr bewusster (intentionaler) Unterricht kann und soll stattfinden.

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Die Anfangsphase eines Lernprozesses soll Spaß machen oder im Sinne von „Probieren ohne Angst“ (siehe Seite 266 f.) durchlaufen werden, damit erste Nervenbahnen angelegt werden können. Andernfalls neigen wir dazu, vorschnell aufzugeben, weil die meisten Menschen in Schule und Ausbildung ABSTRAKTION und/ oder INCIDENTALES LERNEN so selten erleben durften, dass sie diese Prozesse gar nicht kennen. Ohne Fundament kann man nichts aufbauen! Deshalb plädiere ich für INCIDENTALES Lernen (lassen) mittels unserer Kopf-Spiele (siehe auch Seite 265 f.). Wurden genügend Nervenbahnen an­ gelegt, entsteht der Wunsch nach mehr Leistung. Ab dann können wir mit INTENTIONALEN STRATEGIEN ansetzen, vorher nicht! Im Klartext: Üben Sie eingangs mit einfachen Themen, bis Sie merken, dass „es funktioniert“.

PROBIEREN OHNE ANGST

KRITIK wirkt ZERSTÖ­ RERISCH

Es kann gar nicht genug betont werden, wie zerstörerisch sich die ständige Kritik, das „Meckern“, das „Nörgeln“ auf Lernende auswirkt. Als wäre das normale Leben nicht kompliziert genug, mussten wir dann auch noch ein Schulsystem erfinden, das von den ursprünglichen hehren Zielen klassischer Akademien völlig abweicht. Galt dort das Prinzip des gemeinsamen Ent-DECK-ens (Deckel heben, Explorertum, geistige Abenteuer er-LEBEN!), so gilt bei uns die ständige Konzentration auf Fehler als pädagogisches Prinzip. Wer beginnt, mit dem Ansatz des gehirn-gerechten VORWÄRTS-Schreitens zu arbeiten wird feststellen: Erstens be­ wirkt die Konzentration auf Ergebnisse oder auf offene Fragen (bei allen Frage- und Rätsel-Spielen) eine völlig andere Einstellung. Plötzlich „passieren“ weniger Fehler (weil LERNEN „passiert“, INCIDENTAL nämlich, vgl. Seite 265 f.). Zweitens sind Lernende

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gerne bereit, als DETEKTIVE selber auf Fehlersuche zu gehen, denn auch das gezielte Selber-Suchen kann durchaus Spaß machen. Wir müssen begreifen, dass dies Teil des Lern-Prozesses sein muss, nicht das Ergebnis von Prüfungen, wo andere die Fehler anstreichen und mit schlechten Noten „belohnen“. So erziehen wir die uns Anvertrauten lediglich zu Menschen, die panische Angst vor Fehlern haben. Alle NLLS sind Felder, auf denen man SPIELE kann, d. h. immer auch PROBIEREN OHNE ANGST. Ein Mensch ohne Neugier ist ohne Leben. Wissen-Wollen, Dinge-herausfinden-wollen etc. sind jedoch die allerbeste Möglichkeiten, incidental zu lernen. Menschen, die nicht (mehr) ent-DECK-en (wollen/können) lernen also kaum noch. Vielleicht PAUCKEN sie, aber sie LERNEN kaum noch. Über solche Leute sagt der Talmud: Ein Mensch, der nicht mehr hinzulernt, altert nicht anders als ein Ochse – nur im Körper, denn der Geist wächst nicht mehr mit.

Werden Sie zum Ent­ decker!

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Nicht-Lern-Lern-Strategien (NLLS) Die Doppelcheckliste bietet 26 Nicht-Lern-Lern-Strategien und Tricks, die für 44 Kügeli stehen. Viele von Ihnen haben Sie im Verlauf des Buches bereits an anderer Stelle kennengelernt.

IMITATIONS-Spiele Vorübung: Zwei Menschen stehen sich gegenüber, ihre Hand­ flächen berühren sich. Der eine ist Führer, der andere folgt. Man versucht, den Bewegungen zu folgen, ohne den Kontakt zwischen den Händen zu verlieren. Wenn die Vorübung gut funktioniert, beginnt die erste Variante. Variante Spiegel-Bild Wir spielen SPIEGEL: Die zweite Person versucht alle Bewegungen der ersten möglichst schnell (zeitgleich?) zu SPIEGELN. Variante Nachahmung (Vormachen, Nachmachen) Eine weitere Variante besteht darin, dass die erste Person kom­ plexe­re Bewegungen ausführt und der zweite Spieler sie an­ schließend nachzumachen versucht. Man beginnt z. B. mit zwei Bewegungen (z. B. eine Hand einmal auf- und abbewegen), dann sind es drei Bewegungen (rauf, runter, rüber), dann vier (rauf, runter, rüber, halten) usw. Die Vorgabe wird immer komplexer. Je besser man versteht, was der erste macht, desto besser kann man ihn nachahmen. Kleines Imitations-Spiel mit Aha-Effekt (nach Paul SMITH) Manchmal spiele ich im Seminar (mit Hunderten von Leuten) ein Imitations-Spiel, das ich meinem englischen Trainer-Kollegen

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Paul SMITH verdanke: Es beginnt mit einfachen Hand- oder Arm­ bewegungen, aber am Ende halte ich beide Hände vor die Augen, verberge also meine Augen hinter meinen Händen. Das tun die TeilnehmerInnen natürlich auch. Da aber nun niemand sehen kann, was ich tue, weiß auch keiner, wann es weitergehen soll. Das löst nach einer verblüfften Pause immer Gelächter aus. Variante gaaaaaaaaanz laaaaaaaaangsaaaaaaaaaaam Die DVD-Technik bietet uns enorme Vorteile, z. B. saubere Stand­ bilder und völlig schlierenfreie Zeitlupenaufnahmen, sogar gaaaaaaaaaanz laaaaaaaaangsam. So können wir alles mögliche IMITIEREN, z. B. • körpersprachliche Signale nachspielen, • Bewegungsabläufe (deshalb wird die Technik auch im Sport eingesetzt), • Gestik oder Mimik eines Schauspielers, • Tanzschritte. Was immer uns in einem DVD-Film gefällt, können wir als Spiel-Vorlage definieren und imitieren. Wir können allein oder in der Gruppe spielen, gemeinsam oder der Reihe nach. Wir ent­ scheiden jedesmal, was wir heute unternehmen wollen. IMITATIONS-SPIELE: akustische Akustische Imitations-Spiele können uns beispielsweise beim Sprachenlernen immens helfen (siehe auch Seite 283 ff.), ins­ besondere wenn wir es dann wagen, unsere Imitation vom reinen Nachahmen zur Übertreibung zu entwickeln. Merke:

Ich „hänge“ an der Übung die Idee „auf“, dass blindes Nachmachen nicht Ziel sein kann. Intelligente Imitation ist eine informierte, bewusste Imitation, nachdem wir schon einmal gesehen haben, wohin dieser Vorgang führen wird.

gaaa­aaa­ aaanz laaaa­aaa­ng­ saaaaaaam

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Wer spielerisch 130 % produzieren kann, wird später, auch bei Stress, mit Sicherheit 90 % bringen können! Wenn Sie akustische Spiele lieben, gefällt Ihnen vielleicht meine Schatten-Technik (die ich ursprünglich für das Fremdsprachen­ lernen erfunden hatte). Man spricht einen Text nach, aber man spricht immer ein, zwei Silben hinterher. Man klingt ein wenig wie ein Simultan-Dolmetscher, der etwas nachhinkt, nur dass wir den Vorsprecher so exakt wie möglich imitieren. So sagte ein Vor­ sprecher einmal in etwa: „Ich bin ein Trottel. Ich werde es nie und nimmer schaffen, ernst zu bleiben, wenn die anderen zu lachen beginnen …“ Es war sehr lustig.

Dies kann sehr lustig sein, wenn der Vorsprecher lustige Dinge todernst sagt, die der Schattensprecher ebenfalls ernst wieder­ holen muss, während die Zuhörer sich vor Lachen ausschütten. Oder man versucht die Spiegel-Variante (Seite 270) akustisch und versucht, zeitgleich mit dem Modell zu sprechen. Dies gelingt um so besser, je öfter man den Text bereits trainiert hat. Eine Variante des ganzen ist ja die Karaoke-Technik, was uns zur Musik bringt. So kann man z. B. bestimmte Redewendungen in anderen Spra­ chen, die uns zunächst „gegen den Strich gehen“, weil sie stark von unserer bisherigen Erfahrung abweichen, durch Übertreibungen (130 %) so lange spielerisch üben, bis man sie „drin hat“. So tat ich mich z. B. eingangs schwer, englische Wörter auf der zweiten Silbe zu betonen, die im Deutschen am Ende betont werden. Während wir Philoso-PHIE sagen, sagen Angelsachsen Phi-LOsophie. Gleichermaßen klingt es auf Englisch ge-0-logy, the-0logy, psy-CHO-logy (genauer in Lautschrift [sy-KO-logy]), während wir Ge-o-lo-GIE, The-o-lo-GIE und Psych-cho-lo-GIE sagen. Nachdem ich begriffen hatte, in welcher Weise das Klang­ muster rhythmisch abwich, stellte sich die Schere zwischen KENNEN und KÖNNEN ein.

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Es hat keinen Sinn, dies als Spielregel zu formulieren und dann zu hoffen, dass man sich daran erinnert, wenn es nötig wird! Und es ist sehr schwer, Spielregeln in Kraft zu setzen, wenn wir das praktische Training auf ein, zwei halbherzige halblaute Versuche beschränkt haben. Und an dem Punkt (den wir alle aus der Schule kennen) stand ich nun: Obwohl ich es wußte, konnte ich es nicht sagen. Das ist der Unterschied zwischen KENNEN und KÖNNEN! Also listete ich eine Reihe jener kritischen Wörter auf und be­ gann ein kleines Imitations-Training, das ich jedoch bald zu einer Persiflage, einem reglrechten Übertreibungs-Spiel entwickelte: Ich trommelte den Rhythmus (pa-RAA-pa-pam) und sprach im Gleichklang mit meinem Getrommele. Dabei begann ich die zweite Silbe immer stärker zu übertreiben, indem ich sie extrem laut und lange sprach: Ge-000000000-logy, Theo-000000000logy … usw. Bald machte es mir einen Riesenspaß und meine Übertreibungen wurden immer wilder. Nach einigen Minuten erschöpfte sich die Lust weiterzumachen, aber ich hatte in meinem ganzen Leben danach (also bisher seit ca. 40 Jahren) niemals wieder Probleme mit dieser Wort-Gruppe. Durch die Übertreibung (die ich mit „130 %“ umschreiben will) konnte ich später diese und ähnliche Begriffe mühelos auf der zweiten Silbe betonen. Ich hatte das alte (deutsche) Paradigma SPIEL-erisch aufgebrochen. IMITATIONEN zeichnen Beginnen Sie mit einfachsten Formen (Quadrat, Rechteck, Raute, Oval, Winkel etc.) und entwickeln Sie sich langsam zu komplizierteren Übungen. Das heißt: Jemand (Sie selbst oder ein

Statt ein Partner kann auch eine Gruppe von SpielerInnen die Imitation durchführen.

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Partner) zeichnet eine Vorgabe, dann wird diese von jemandem imitiert. Man kann alleine spielen, indem man NACHEINANDER zeichnet und imitiert, oder zu zweit, indem EINE Person die Vor­ gabe zeichnet, der Partner imitiert. IMITATIONEN, musikalische Natürlich können Sie auch musikalische Themen singen oder mit einem Instrument nachspielen, auch Rhythmen klatschen, klopfen etc. Bei der chronologischen Imitations-Variante wechseln sich Vorlage und Imitation ständig ab, bei der KaraokeVariante erklingt die Imitation alleine (und versucht, dem Original so nahe wie möglich zu kommen). Wenn man die Imitation sehr gut schafft, dann kann man damit beginnen, die WESENt-lichen Aspekte des Originals zu über­ treiben, das bringt uns zum letzten Punkt: Variation – Persiflage – Karikatur Es ist klar, dass die Möglichkeiten unendlich sind, wir wollen hier nur eines festhalten: Um das WESENt-liche übertreiben zu können, muss man erkannt haben, welche Aspekte die Sache „ausmachen“, welche Aspekte das WESEN der Sache definieren. Wenn wir von der „dummen“ papageienartigen Imitation ohne Sinn und Verstand (die das Schulsystem oft noch auslöst) einmal absehen, können wir sagen: Wenn wir davon ausgehen, dass nur imitieren kann, wer begriffen hat, dann gilt dies in weit höherem Maße für die Übertreibung, insbesondere wenn diese zur Persiflage (Karikatur) wird. Denn nun übertreibt man das WESENtliche, also muss man wirklich begriffen haben!

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Deshalb empfehle ich Ihnen, so oft wie möglich mit Hilfe von Imitations-Spielen zu erforschen, inwieweit Sie VERHALTENS­ WEISEN tatsächlich nachahmen können. Vom einfachen Imitieren eines Bewegungsablaufes bis zum Nachspielen eines Klavier­ konzertes, immer gilt eine Regel, die alle „alten Meister“ kannten und lebten: 1. imitieren, 2. variieren, 3. einen eigenständigen Stil (oder eine neue Entwicklung) an­ streben. Oft versuchen Leute nach 3maligem flüchtigen Hinschauen oder Hinhören sofort, es „besser zu machen“, das heißt ihren eigenen Stil zu entwickeln; die Ergebnisse sind dementsprechend flach. Man kann nicht „besser“ werden, wenn man das Niveau der Vorgänger nie erreicht hat.

Tapeten-Effekt Es gehört zu den Besonderheiten unseres neurologischen „Makeup“, dass wir unbewusst die Umwelt (Randbedingungen) mit einspeichern – wie eine Tapete im Zimmer: Sie ist zwar immer vor­ handen, wird aber normalerweise nicht wahrgenommen. Daraus leitet sich ab, dass wir beim Vorbereiten einer Sache (Prüfung, Vortrag, Meeting, Seminar, Kundengespräch) möglichst viele Aspekte identisch halten sollten. Sie alle werden nämlich dazu beitragen, die innere Haltung und damit auch die Gedächtnis­ inhalte der Vorbereitungszeit wieder zu aktivieren. Somit haben wir die beste Ausgangsposition, wenn wir uns dann tatsächlich in der Situation befinden, um die es ging. Beispiel: Dieselben oder

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identische Kleidungsstücke, Stifte, Art von Papier (Hefte, Kladden, Blöcke etc.), ebenso Schmuckstücke (möglichst solche, die keinen Lärm machen) etc. Wenn wir dann noch berücksichtigen, dass man eine Situation, in der man später stehen wird (Vortrag, Unterricht, Seminar) auch (in der Schlussphase) stehend vorbereiten sollte und dass man vor solchen Ereignissen besonders viel schlafen sollte, dann kommt man gut durch.

Training: Körperliches Lernen Ich habe an anderen Stellen (Stroh im Kopf?, Das innere Archiv) bestimmte Aspekte beschrieben.

Wenn wir Verhalten lernen wollen, ob dies eine Sportart ist oder ein Musik-Instrument, ob wir ein Instrument anderer Art (z. B. ein Computer-Keyboard) beherrschen wollen: Bei jeder klar definierten Tätigkeit gelten folgende Regeln für das Lernen des Körpers (im Gegensatz zu Inhalten einer Art, die unser Kopf begreifen muss). 1. Gaaaaaaaaaaaaaanz laaaaaaaaaaaaangsam Stellen wir uns vor, dass wir eine Gruppe von Mitarbeitern im Gehirn sitzen haben, die gefragt sind, wenn wir HANDELN wollen: Wie Marionettenspieler müssen sie die richtigen Drähte „ziehen“, dass wir uns bewegen können. Eine andere Gruppe ist dafür zuständig, dass eine Nervenbahn für den Lernprozess auf­ gebaut wird (vom Trampelpfad im neuronalen Dickicht bis zur Daten-Autobahn). Wenn aber beide gleichzeitig arbeiten müssen, stören sie sich gegenseitig (sogenannte Interferenz), sodass keine der beiden Gruppen optimal arbeiten kann. Merke: Je schneller wir üben desto stärker ist diese Interferenz!

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Deshalb sollten wir mööööööööööööglichst laaaaaaaaaaaa­ aaangsam üben! Am besten in extremer Zeitlupe. Übrigens kennen wir das Prinzip: Tai Chi ist nichts anderes als Kampfkunst in extremer Zeitlupe. Es bringt dieselben physiologischen Vorteile und könnte später, wenn die Nervenbahnen einmal aufgebaut wurden, relativ leicht zu normalem Tempo „ausgebaut“ werden. Dasselbe gilt, egal was wir lernen wollen. Je langsamer, desto besser! Das bringt uns auch zum nächsten Punkt: Am besten funktioniert das Anlegen der Nervenbahnen, wenn wir gar nicht real handeln, also nur im Geist, also MENTAL. 2. REAL/MENTAL Wenn Sportler eine Abfahrt mental hinunter (ski-)fahren, dann wissen wir: Sie üben MENTAL, was sie schon tausendmal REAL ge­ macht haben. Aber wie übt man neue Handlungsweisen MENTAL, wenn man noch nicht genau weiß, wie es geht? Tja, das fragte ich mich auch, ehe ich ca. 1985 die folgende Technik erfand (die sich inzwischen hervorragend bewährt hat!); als „ComputerProgramm“ geschrieben, könnten wir sagen: Schritt 1: Übe ein kleines Stück REAL. Schritt 2: Wiederhole es geistig (MENTAL). Zurück zu Schritt 1 3. Kurze Units (2 Takte statt 20) Nachdem, was wir inzwischen wissen, dürfte auch diese Regel schon klar sein: Je kürzer die Einheit ist, die wir trainieren, desto besser.

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Übrigens: Der Weg der kleinstmöglichen Schritte gilt nur für Verhalten (Tun, Training), nicht für geistige Prozesse, wie viele Lehrpersonen uns weismachen wollen! Wir sind umgeben von Sprache in ihrer gesamten Komplexität, und trotzdem lernen kleine Kinder die Sprache. Wenn wir ihnen immer nur anbieten würden, was irgendwelche Pädagogen richtig fänden (ZweiWort-Sätze, Drei-Wort-Sätze etc.), dann würde kein Kind sprechen lernen! Das Gehirn zieht sich immer nur das heraus, was es der­ zeit verarbeiten kann – solange man den Gehirn-Besitzer nicht zwingen will, bestimmte Dinge zu bestimmten Zeiten zu können (wie in der Schule), was genau die Lernprobleme auslöst, die man angeblich lösen will! Aber bei Tätigkeiten gilt dies: Kleinste Module werden später zusammengesetzt. Deshalb kann jemand Golf lernen, indem er z. B. seinen DRIVE separat vom EINLOCHEN übt, was bei geistigen Prozessen sinnlos wäre. Dies liegt daran, dass Prozesse via Sprache über eine Hirn-Struktur (den Hippocampus) laufen, der bei reinem TRAINING nicht beteiligt ist! 4. Möglichst variable üben Kinder tun es intuitiv, bis Erwachsene es verbieten – aber Kinder haben recht. Variieren wir z. B. beim Klavierspiel das Tempo, die Lautstärke, spielen LEGATO als STACCATO und umgekehrt, spielen Pedal-Stellen ohne und umgekehrt – so üben wir richtig. Je gleich­ mäßiger und gleichförmiger jemand übt, desto schmäler ist das Spektrum dessen, was er a) selbst erlebt und b) dessen, was er an potenziellen Erfahrungen aufbaut.

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5. Kurze Trainingsdauer (aber regelmäßig) Jeden Tag einige Minuten (z. B. ein bis zwei ABC-Listen zu wichtigen Themen) bringt am meisten. Der Volksmund weiß das seit langem: Mäßig aber regelmäßig. Dies gilt genauso für die TÄTIGKEIT des assoziativen Denkens wie für sportliche Tätigkeiten, dem Üben auf einem Musik-Instrument oder einer Technik jedwelcher Art.

WIEDERHOLUNGEN (ein Spiel) Nehmen wir an, Sie befassen sich wiederholt mit derselben Sache. Ob Sie immer wieder zum Thema ABC-Listen oder KaWa.s anlegen oder einen tollen Aphorismus mehrere Tage lang täglich mehrmals lesen … Es wird Sie erstaunen, wie unterschiedlich Ihre Assoziationen zu unterschiedlichen (Tages-)Zeiten sein können. Denn diese hängen ja immer davon ab, womit Sie sich derzeit beschäftigen. Je unterschiedlicher Ihre eigene geistige Arbeit abläuft, desto unterschiedlicher werden Ihre Assoziationen auf die gleichen Stimuli (z. B. Gedanken, Zitate, Spielfilme, Dokus, Gemälde, Lieder etc) sein. Wenn jemand immer in denselben Denk-Rillen „hin- und her­ fährt“, ohne Neues zu entdecken, dann sind seine Assoziationen zwangsläufig jedesmal ähnlich. Solche Menschen behaupten gerne, mehrmals dasselbe (z. B. zu lesen) sei langweilig. Kein Wunder, wenn sie jedemal dasselbe denken müssen! Die Langeweile entsteht nämlich im eigenen Kopf … Solche Leute wollen weder einen guten Spielfilm mehrmals sehen noch einen guten Vortrag mehrmals genießen, weil sie immer vor­ schnell behaupten: „Kenn’ ich schon.“ Wer aber einmal den Ver­

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such gemacht hat, sich einer Sache mehrmals auszusetzen, und wer REICH-haltige Schätze im Inneren besitzt, von denen jeweils andere Aspekte heute „angesprochen“ fühlen, oder wer in der Zeit seit dem „letzten Mal“ neue Erfahrungen gemacht hat, wird das angeblich „Selbe“ jedesmal anders erfahren. Wie es um Sie steht, können Sie beim folgenden Spiel an Ihren Assoziationen ablesen. Je reichhaltiger Ihr eigenes Innenleben, desto reich­ haltiger die assoziative Ausbeute, wenn Sie später vergleichen und zusammentragen. Das JOY-Wiederholungs-Spiel Quelle: W. Brough JOY: Joy’s Way – a Map for the Trans­­ formational Journey. J. P. Tarcher Inc. Los Angeles 1979

Ich begegnete der Idee zum ersten Mal vor über 20 Jahren und habe die Übung in speziellen Workshops eingesetzt. Es ist un­ glaublich, was passiert. Aber zunächst das Vorgehen: Wählen Sie ein Musikstück, das Sie noch nicht (oder maximal einigermaßen) zu kennen glauben. Als Pop-Fan wollen Sie vielleicht die kleine Nachtmusik (MOZART) hören, als MOZARTFan u. U. einen Song aus einem modernen Musical. Vermeiden Sie extrem einfache Stücke, manche Schlager oder Pop-Songs sind oft so flach, dass das Stück dem Geist so gut wie nichts bieten kann. Nun gilt es, dieses Stück mehrmals zu hören, und zwar unmittelbar hintereinander. Der Erfinder dieser Übung, ein amerikanischer Arzt namens J. Brough JOY (hier ist Nomen Omen), veranstaltet Bewusst­ seins-Entfaltungs-Seminare. Er beschreibt diese Übung (ich para­ phrasiere aus dem Gedächtnis): Beim ersten Hören finden die Teilnehmer es fesselnd und aufregend (…), beim zweiten Mal hören sie zwar noch zu, aber sie beginnen bereits, einige Stellen geistig vorwegzu­

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nehmen und manche Passagen aus dem bewussten Hören auszuschließen, die Gedanken schweifen also bereits ab. Dieser Effekt verstärkt sich beim dritten Mal. Jetzt sind die meisten akut gelangweilt, sie hören nur noch halb hin und nehmen weit weniger wirklich wahr. In der Psycho­ logie nennt man diesen Prozess Gewöhnung. Ihn müssen wir bewusst überwinden, wenn wir unser Bewusstsein aktualisieren (oder gar erweitern) wollen. Denn der Ge­ wöhnungs-Mechanismus hilft uns, alles auszufiltern, was derzeit nicht wirklich wichtig zu sein scheint, und Bekanntes, das sich nicht als Gefahr erwiesen hat, wird zu­ nächst weggefiltert. Wir müssen uns also bewusst darum bemühen, trotzdem wieder (weiter) wahrzunehmen. Nach­ dem ich das erklärt habe, lasse ich das Stück ein viertes Mal laufen und jetzt vernehmen viele es „wie zum ersten Mal“. Sie entdecken tausende von feinen Aspekten und Details, die sie bisher noch gar nicht wahrgenommen hatten, und ab jetzt können Sie das Stück jedesmal wieder „wie neu“ hören, weil sie lernen, den Gewöhnungs-Mechanismus auszuschalten … Übrigens bewirkte dieses Buch, dass auch ich damals aus der üblichen „Kenn-ich-schon-Routine“ gerissen wurde und lernte, Wiederholungen zu schätzen. Sowohl solche, denen man sich als Leser/Hörer „aussetzt“, als auch die, die man als Sender er­ lebt, wenn man gewisse Informationen wieder und wieder von sich gibt – wie alle Lehrenden es ja regelmäßig tun. JOY be­ schrieb auch, dass sein eigenes mehrmaliges Vortragen derselben Infos für ihn jedesmal „wie neu“ war, dass er sich jedesmal an faszinierenden Gedanken erfreuen konnte, dass er jedesmal die Erregung bei gewissen Einsichten erlebte usw.

Das unterscheidet einen Vortragen­ den, der wirklich bewusst im Hier und Jetzt ist, wäh­ rend er vorträgt, von einem, der seine „Schau abzieht“, äußerlich immer gleich, aber innerlich passiert nichts mehr. Die Erregung über etwaige Einsichten ist gespielt oder nicht einmal das. Da wundert man sich dann, wenn ZuhörerInnen die Füße einschlafen, wenn der Referent sich selber lang­ weilt …

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Variationen 1. Man kann auch mit Texten experimentieren und ein und dasselbe PROSA-Stück mehrmals lesen oder hören, z. B. ein Gedicht (oder einen Ausschnitt aus einem langen Stück, wie den Prolog im ersten Teil von GOETHEs Faust) in dieser Weise „bearbeiten“. Ich habe so manchen guten Vortrag im Laufe der Zeit 50-mal gehört und bei den letzten 10 Malen noch neue Aspekte (Details) ent-DECK-t. 2. Oder Sie nehmen sich ein Bild vor (z. B. GUERNICA von PICASSO) und betrachten es immer wieder einmal, jeweils einige Minuten lang, ununterbrochen. Bei jedem Durchgang wäre es gut, anschließend Kommen­ tare über heutige Einsichten und Ent-DECK-ungen zu no­tie­ ren. Es lohn sich überhaupt, eigene Assoziationen aufzuschreiben, wenn wir wieder einmal einen DECKEL gelüftet haben …

Fremdsprachen lernen mit der Birkenbihl-Methode  283

Fremdsprachen lernen mit der Birkenbihl-Methode Die Schul-Sprachlern-Methode hat sich nicht etwa – wie man vielleicht meinen könnte – ein Pädagoge ausgedacht, sondern die Mönche im Mittelalter. Denn in dieser Zeit sandten die Ordensgemeinschaften vermehrt ihre Mitglieder aus, um die sogenannten Heiden in Asien, Afrika, Indien etc. zu missionieren (wobei deren eigene Kultur nicht selten rücksichtslos zerstört wurde). Diejenigen von ihnen, die lange genug überlebten, um vor Ort etwas von der jeweiligen Sprache zu lernen, wollten ihre Kenntnisse natürlich gern den Daheimgebliebenen mitteilen, damit die nachfolgende Generation von Missionaren sich besser auf ihre Aufgabe vorbereiten kann. Da es jedoch zu dieser Zeit weder Tonaufnahmegeräte noch Videokameras gab, taten sie das einzige, was sie tun konnten: Sie erstellten Vokabellisten und formulierten Grammatikregeln. Und für ihre Zwecke war das auch kein Problem, denn die Mönche konnten sich mehr oder weniger den ganzen Tag (abgesehen von einigen Gebets-Pausen) dem Studium dieser einen Sprache widmen. Zudem waren sie hoch­ motiviert, denn gute Sprachkenntnisse erhöhten nicht nur die Chancen, überhaupt auf Reisen geschickt zu werden, sondern auch die Überlebenschancen, sobald man am Zielort angelangt war. Später hat man diese Methode dann einfach auf die Schule über­ tragen und bis heute beibehalten. Und das, obwohl die Schüle­r­ Innen von heute gezwungen werden, zur Schule zu gehen (Schul­ pflicht), deren Motivation also häufig nicht besonders hoch ist und sie darüber hinaus nicht nur ein Fach (die zu erlernende Sprache), sondern eine Vielzahl von Fächern zu bewältigen haben. Allein wenn man diesen geschichtlichen Hintergrund kennt, sagt einem

L E R N E N W I E I M M I T T E L A L T E R

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eigentlich schon der gesunde Menschenverstand, dass sich diese Methode längst überholt hat und nicht mehr funktionieren kann. Aber sehen wir uns das traditionelle Fremdsprachenlernen kurz an:

Das „alte“ Sprachenlernen Bitte beachten Sie, dass manche der sogenannten „modernen“ Methoden die gleichen Probleme mit sich bringen wie die klassische, z. B. wenn man den Lernenden sagt, sie sollten (dürften, könnten) von Anfang an (in der Zielsprache) sprechen. Deshalb stellen viele dieser Methoden (wie auch manche Sprach­ kurse auf dem Markt) die Lernenden vor die gleichen Schwierig­ keiten wie das Schul-Lernen. Doch nun zur klassische Methode:

Schritt 1: Vokabeln pauken* Problem: Von den Lernenden wird erwartet, dass sie beim Vokabel-Pauken völlig neue Wörter sofort aussprechen (oder zumindest murmeln) können. Dabei handelt es sich aber um neue Vokabeln (sonst müsste man sie ja nicht pauken), von denen sie noch nicht einmal den korrekten Klang kennen. Typische Beispiele: Deutsche, die Englisch lernen, sprechen stumme Buchstaben aus, sie lernen [knaif] anstelle von [naif] für „knife“ (= Messer) oder [wrait] statt [rait] für „write“ (= schreiben). Wörter, die neue Laute (z. B. das „th“) enthalten, werden oft völlig verunstaltet. Einer meiner Seminarteilnehmer erzählte mir einst, wie er ursprünglich gelernt hatte, [altaff] für „although“ zu sagen! Gefahr: Die falsche Aussprache hat zwei Nachteile:

Fremdsprachen lernen mit der Birkenbihl-Methode  285

1. Wenn Lernende das Wort zukünftig hören, können sie es nicht erkennen (weil die korrekte Aussprache unbekannt ist). 2. Die Lernenden werden später (aufgrund ihrer falschen Aus­ sprache) nicht verstanden. Bitte bedenken Sie, dass es sehr schwierig ist, im Nachhinein um­ zulernen, nachdem bestimmte Fehler sich einmal eingeschlichen haben. Darüber hinaus gibt es aber noch weit mehr Gründe, die gegen das Vokabel-Pauken sprechen.

Schritt 2: Der Versuch, die Lektion zu verstehen Problem: Lernende erleben selbst dann Schwierigkeiten, wenn die Vokabeln gut gepaukt wurden. Wenn ich wort-wörtlich übersetze (dekodiere), wozu die meisten SchülerInnen intuitiv tendieren, dann versuche ich, den geheimen „Code“ der jeweiligen Lektion zu knacken, bin also geistig auf der Jagd nach Einsichten, und da ich meine Ergebnisse die ganze Zeit über NOTIEREN DARF, kann ich mich gemütlich (also ohne Stress) von Wort (Satzteil) zu Wort (Satzteil) bewegen. Es ist ähnlich wie beim schriftlichen Multiplizieren: Da ich das Ergebnis zeilenweise aufschreiben darf, macht es nichts, wenn die zu multiplizierenden Zahlen etwas größer sind. Muss ich jedoch die ganze Operation im Kopf aus­ führen, dann ist das „extrem schwer“. Und genau das erleben wir, wenn wir mit gepaukten Vokabeln versuchen sollen, einen Text zu entschlüsseln, ohne dass wir „Zwischenergebnisse“ auf­ schreiben dürfen. Wieso merkt eigentlich niemand, dass dieser Lernstil das Lernen äußerst erfolgreich VERHINDERT, sodass nur einige wenige TROTZ dieser Methode klarkommen? Komischerweise entstammen sie zu 99 % aus bildungsnahen Familien, sodass die sozial Be­

Mit Notizen geht es ohne Stress

286  Gehirn-gerechtes Lernen

nachteiligten auch intellektuell vom Schulsystem benachteiligt werden! Sind dann die Vokabeln noch dazu NICHT gut gelernt (was in den meisten Klassenzimmern wohl eher die Regel sein dürfte, glaubt man den Lehrkräften), dann werden die SchülerInnen sich hilflos, frustriert, ja sogar „dumm“ vorkommen und zwei Schlüsse ziehen: Erstens: Fremdsprachenlernen ist sehr schwierig. Zweitens: Ich habe kein Talent dafür. Gefahr: Die so geschaffenen negativen Erwartungen, werden später „wahr“ (das Konzept der Sich-selbst-erfüllenden-Prophe­ zeiung wurde in den 1950er Jahren von Prof. MERTENS an der Harvard-Universität belegt). Und diese „Beweise“ wiederum bekräftigen solche Annahmen – ein Teufelskreis. Ich wieder­ hole: Solche Annahmen sitzen tief, deshalb ist es viel schwieriger, Menschen dazu zu bringen, mit der Birkenbihl-Methode anzu­fan­ gen, als sie später bei der Stange zu halten, während normaler­ weise das Gegenteil zutrifft (die Leute fangen mit Enthu­si­asmus an, der jedoch schnell wieder verpufft). Denken Sie nur an die Fremdsprachenkurse an den Volkshochschulen. Sie haben am Anfang mehr TeilnehmerInnen als am Ende, und das, obwohl die Teilnahme freiwillig ist und die Gebühr bereits entrichtet wurde. Warum wundert das niemanden? Warum nehmen wir das als „gottgegeben“ hin? Warum hinterfragen wir die Methoden nicht, wenn die Ergebnisse so kläglich sind?

Schritt 3: Der Versuch, in der Zielsprache zu sprechen oder laut vorzulesen Problem: Die Lernenden sollen die Wörter von Anfang an richtig aussprechen. Entweder während des Vokabelpaukens oder während des Unterrichts (wo die Zielsprache vom ersten Augen­

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blick an gesprochen werden soll). Diese Methode wird zwar als „modern“ angesehen, ist aber nicht gehirn-gerecht. Beachten Sie, dass Babys der Sprache monatelang zuhören, bevor sie ver­ suchen, die Klänge nachzuahmen, die sie so oft gehört haben, während wir von Sprachenlernern erwarten, dass sie sofort Klänge nachahmen, mit denen sie noch gar nicht vertraut sind. Gefahr: Lernende werden die Worte nicht nur schlecht (oder falsch) aussprechen, sondern sie werden außerdem die unan­ genehme Fremdheit mit Gefühlen der Frustration und des Versagens verbinden. Diese unerfreulichen Gefühle werden eng mit der Zielsprache verknüpft (oder mit dem Sprachenlernen an sich) und schaffen als Aus-WIRKUNG genau die „negative Einstellung zum Lernen“, die so viele Lehrer/Eltern als vorrangige URSACHE bezeichnen.

Schritt 4: Anwendung Problem: Lehrkräfte lieben Grammatikaufgaben. Von den Lernenden wird erwartet, dass sie an Übungen Gefallen finden, die sie nicht mögen. Beachten Sie: Weniger als 8 % aller Menschen finden Gefallen an Grammatikübungen – sogar in ihrer Mutter­ sprache. Wollen wir doch einmal „Angebot und Nachfrage“ ver­ gleichen: Im Wirtschaftsleben wissen wir, dass gute Anbieter in Erfahrung bringen, was die Kunden wollen, um mehr zu ver­ kaufen. Im Schulbetrieb ist es genau umgekehrt: Erstens haben die meisten Lehrkräfte (wir haben Tausende in Seminaren befragt) keine Ahnung, was sich ihre Schüler im Optimalfall wünschen würden. Zweitens wären die meisten nicht bereit, auf die Wünsche Ihrer „Kunden“ einzugehen. Im Gegenzug haben wir Tausende von Seminar-Teilnehmern in Ihrer Rolle als Selbstlernende oder Eltern befragt, und sehr genau herausbekommen, was sie erwarten

288  Gehirn-gerechtes Lernen

(aber nicht erhalten). Der Vergleich zeigt es deutlich (NACHFRAGE links, ANGEBOT rechts):

HÖREN + VERSTEHEN selber SPRECHEN

REST

REST

HÖREN + VERSTEHEN selber SPRECHEN

Wir sehen also: Das, was wir als Lernende am meisten SUCHEN, erhalten wir nicht. Dafür bekommen wir jede Menge Übungen, die nicht helfen, was Studien seit den 1930er Jahren klar be­ legen. So berichtet Alfie KOHN (in The Schools Our Children Deserve, Houghton Mifflin, Boston 2001) über eine Langzeit-Studie, bei der SchülerInnen während ihrer Highschool-Zeit (4 Jahre) und dem anschließenden Studium (ebenfalls 4 Jahre) beobachtet wurden. In diesem speziellen Fall gab es im Fach Englisch (das heißt in der Muttersprache) Grammatikübungen weder während des Unter­ richts noch als Hausaufgaben. Stattdessen wurde mehr GELESEN oder Theater gespielt, also aktiv mit Sprache GEARBEITET, Sprache gebraucht, benutzt, erfahren. Die Colleges nahmen diese Schüler ohne Sprach-Eingangstest auf und es stellte sich heraus: Sie waren auf dem Papier mit Schülern „normaler“ Highschools vergleich­ bar (Fortkommen, Noten etc.), unterschieden sich aber in einem Aspekt dramatisch von ihnen: Sie hatten viel mehr Zeit, um „zu leben“ und Erfahrungen zu sammeln (sie spielten Theater oder Instrumente, waren im Sport-Team des College oder betätigten sich anderweitig …), als ihre Kommilitonen, die 4 Jahre in der

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Highschool mit unnötigen Grammatikübungen gequält worden und mit tiefen Gefühlen des Selbstzweifels ins College gekommen waren. Ich habe nichts gegen Grammatik, im Gegenteil, ich gehöre zu den wenigen Menschen, die Grammatik lieben. Aber ich habe etwas dagegen, das Lernen für Kinder auf einer Kunstform aufzubauen, die ein 60jähriger Inder (PANINI) vor 2.500 Jahren erfand, weil er mit seinen Altersgenossen gern eine Art Wort-Sudoku spielte. Diese Kunstfertigkeit ist eine bewundernswerte kulturelle Höchstleistung, aber keine Voraussetzung, um eine fremde Sprache zu sprechen. Das gehört zu der Technik des Mittelalters, als Mönche nach einer Möglichkeit suchten, ihren Mitbrüdern die Grundlagen einer Sprache zu vermitteln, von deren Meisterschaft demnächst ihr Überleben abhängen würde (siehe Seite 283)! Aber von einem 10jährigen aus einem bildungsfernen oder gar bildungsfeindlichen Milieu zu fordern, eine Fremdsprache über diesen UMWEG zu erlernen – und das im Zeitalter von Ton- und Bildaufzeichnungen, die uns Tausende von VORBILDERN zum Imitieren bieten –, ist nicht nur unfair, es legt langsam die Ver­ mutung nahe, dass doch SYSTEM hinter all den Behinderungen steckt, die Kinder im Schulalltag erfahren. Gefahr: Weitere Erfahrungen von Unfähigkeit und Frustration vertiefen die Abneigung gegen die Zielsprache oder das Sprachenlernen. Bald kann sich dieses Abwehrgefühl auch auf das Lernen schlechthin ausweiten, dann wird Schule für Millionen von Opfern zum täglichen Kampf, die wir dann auch noch zu Tätern machen, indem wir sie als demotiviert, faul etc. bezeichnen. Dass die Täter den Opfern die Schuld aufbürden, gibt es in der freien Welt nirgendwo außer im Schulsystem! Denn normaler­ weise untersucht man das Material (z. B. Schulbücher) und die

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Methoden, wenn etwas nicht funktioniert, nicht aber die Kunden (= Opfer) dieser Techniken. Jede Firma wäre pleite, wenn sie die Schuld für die schlechten Ergebnisse ihren Kunden zuschieben würde!

Haupt-Unterschiede: BIRKNEBIHL vs. Traditionelles Vorgehen Die Lerner machen sich mit jedem einzelnen Aspekt vertraut, ehe sie ihn zum ersten Mal aktiv ausprobieren: Zum Beispiel werden sie im vierten Lernschritt zum ersten Mal sprechen, also erst nachdem sie die Bedeutung der Wörter völlig verstanden haben (Schritt 1) und sich gründlich mit dem Klang der Wörter vertraut gemacht haben (Schritt 2: HÖREN/AKTIV) sowie diese lange genug gehört haben (Schritt 3: HÖREN/PASSIV), um die nötigen Nervenbahnen zum Selbersprechen aufzubauen. Man ist immer nur mit einem einzigen Aspekt des Lernens beschäftigt: In Schritt 1: Die Bedeutung der Worte im Sinn-Zusammenhang verstehen (keine isolierten Vokabeln). In Schritt 2: Den Klang der Worte mit deren Bedeutung verbinden (HÖREN/AKTIV). In Schritt 3: Die Klänge während einer passiven Lernphase fest im Unterbewusstsein verankern. Man hört sich kleine Teile der Lektion immer und immer wieder an, während man andere Dinge tut. Sie sollen in dieser Phase nicht aktiv zuhören – HÖREN/PASSIV ist eine Hintergrund-Aktivität, die keine Minute Ihrer kostbaren Zeit verbraucht. Passiv hören kann man während des Fernsehens, beim Lesen, bei Haus- und Gartenarbeiten, beim Spazierengehen usw.

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Man lernt nur, was man lernen will: Das Minimalziel ist, die ge­ sprochene Sprache zu verstehen, und für einige Menschen ist das genug (z. B. um Satelliten-Programmen folgen zu können). Dafür reichen bereits die Schritte 1 und 2. Andere wollen z. B. das ÜBER­ SETZEN lernen, weil sie entweder Übersetzer oder Dolmetscher werden wollen (beziehungsweise weil das Schulsystem sie dazu zwingt). Für sie gibt es einen 5. Lernschritt, in dem geübt wird, das Material aus der Zielsprache in sogenanntes gutes Deutsch zu überführen (oder umgekehrt). Jeder Lernende entscheidet also individuell, welche der folgenden Fähigkeiten ihn interessieren:

Die Birkenbihl-Methode: 4 Lernschritte Schritt 1: Die Bedeutung der Worte verstehen Vorgehensweise: Die Aufgabe besteht in einer Wort-für-WortÜbersetzung (Dekodierung), wobei Sie die Übersetzung direkt unter dem jeweiligen Wort eintragen. Bei Schul- oder Kursmaterial rate ich, zu fotokopieren und gleichzeitig zu vergrößern. So wird nicht nur der Text leichter lesbar, auch die Dekodierung lässt sich besser eintragen (ohne im Buch etwas zu verschmieren).

•  Sprechen •  Lesen •  Schreiben •  Übersetzen Dabei werden die ersten drei Punkte erst im VIERTEN Lernschritt be­ wältigt.

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Falls Sie mit alten Sprachkursen arbeiten, können Sie den Text unter Zuhilfenahme der Vokabellisten selbst dekodieren. Da dies aber vielen Menschen zu (zeit-)aufwendig ist, gibt es seit 1990 erste Sprachkurse, die nach der Birkenbihl-Methode aufgebaut sind: mit De-Kodierung (= Wort-für-Wort-Übersetzung).

SCHLECH­T ES DEUTSCH?!

Zur DEKODIERUNG: Ich habe erst Jahre nach meiner Entwicklung des De-kodierens gelernt, dass es ähnliche Versuche in der Ver­ gangenheit bereits gegeben hat. Allerdings ging es den Ent­ wicklern ähnlich wie mir: Das Dekodieren wird von Leuten kaputt­ geredet, die es nie ernsthaft versucht haben, weil sie behaupten, die Übersetzung müsse eine gute sein. Auf die Frage: „Warum?“ erfahren wir nur, dass „das so sein müsse“. Echte Gründe kann niemand anführen, außer „Es ist schlechtes Deutsch“. Richtig. Aber das Ziel ist ja auch nicht, gutes Deutsch zu produzieren, sondern Englisch zu lernen (oder Arabisch oder Chinesisch). Überlegen Sie: Die „gute“ Übersetzung von „What’s up?“ lautet: „Was ist los?“ So sind später die üblichen Fehler („What’s lose?“) vorprogrammiert, statt via Dekodieren von „Was ist auf?“ zu „What’s up?“ zu ge­ langen. Wenn man diesen Punkt erreicht hat, kann man die De­ kodierung getrost vergessen. Beispiel (Zielsprache: Italienisch, Ausgangssprache: Deutsch): Parla italiano? Sprechen-Sie italienisch?

Zahlreiche Fall­ beispiele finden Sie in meinem Buch Sprachen­ lernen leicht­ gemacht.

In den ersten 20 Jahren, in denen ich meine Methode in Seminaren vermittelt habe, haben alle Lernenden ihre Texte selbst dekodiert. Manche nutzten alte Sprachkurse, die sie irgendwann einmal (oft für viel Geld) gekauft hatten und die nun im Regal verstaubten. Andere nutzten Texte, die für sie von besonderer Bedeutung waren. So begannen z. B. einige meiner türkischen Teilnehmer

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den Wortlaut des Q’uran zu verstehen, den sie bisher (einst stur gepaukt) zwar rezitieren konnten, aber nie wirklich begriffen hatten. Businessleute übten mit Texten aus der Financial Times, während wieder andere sich erstmals einem Perry Mason in der Originalsprache näherten etc. Wenn Sie dekodieren, benötigen Sie beim allerersten Einstieg vielleicht ein wenig Hilfe, insbesondere bei Sprachen, die nicht Ihrer Sprachfamilie angehören. Für LernerInnen aus unseren Breitengraden sind das alle Sprachen, die NICHT indoeuropäischen Ursprungs sind, wie z. B. die der semitisch-hamitischen Sprach­ familie (Hebräisch und Arabisch) – im Gegensatz zu Farsi (Per­ sisch), das sehr wohl zur indoeuropäischen Sprachfamilie gehört. Doch keine Sorge: Sie brauchen keinen Sprachlehrer, nur jeman­ den, der beide Sprachen beherrscht, denn genaugenommen werden Sie sich die Sprache weitgehend selbst beibringen. Bei sehr fremden Schriftsystemen (Chinesisch, Japanisch, Koreanisch etc.) arbeite ich immer mit mehreren Sprachkursen parallel, so kann ich die meisten Fragen ohne Hilfe eines Muttersprachlers lösen (bei diesen Sprachen habe ich niemanden gefunden, der mir helfen kann). Sprachen, die zu Ihrer eigenen Sprachfamilie gehören, können Sie auch allein angehen, wenn Sie Tonmaterial haben, das Sie später imitieren können. Heutzutage kann man wundervolle Texte (teilweise auch gelesen) im Internet finden. Es wird von Jahr zu Jahr leichter. Wenn ich da an die Anfangsjahre (die frühen 1970er) denke, als es noch nicht einmal Audiokassetten gab, sondern nur große Tonbandgeräte! Meine allerersten Versuche machte ich mit Schellack-Schallplatten (die sehr leicht zerbrachen, wenn man nicht aufpasste). So ein Sprachkurs kostete damals das Äquivalent eines Mopeds. Und sie waren (inhaltlich) langweilig! Eine rühm­ liche Ausnahme war damals schon ASSIMIL, deren Kurse ich sehr

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schätze, vor allem die älteren (ohne das Wort „heute“ im Titel). Die neuen Kursen haben viel von dem verloren, was die alten Kurse besonders ausgezeichnet hat: die größere Schrift; wenige grammatikalische Erklärungen etc. Trotzdem sind auch die neuen Assimilkurse den meisten Wettbewerbern vorzuziehen, die bis heute meist KEINE Übersetzungen anbieten und oft nicht einmal eine Lautschrift – selbst bei sehr fremd anmutenden Schriften wie Arabisch, Persisch, Chinesisch, Hindi oder Koreanisch nicht. Nachdem unsere Kunden 20 Jahre lang selbst dekodiert hatten, schwoll der Chor der Stimmen („Wann machen Sie mal dekodierte Kurse?“) so an, dass ich 1991 die ersten Sprachkurse mit De­ kodierung herausbrachte (die nach wie vor erhältlich sind). Aber hier wollen wir kurz eine Sache festhalten. Wenn Sie mit einem solchen dekodierten Sprachkurs arbeiten, gilt: Lesen Sie die Wort-für-Wort-Übersetzung (optimal ist, sie mit einem Textmarker hervorzuheben), um ein erstes Gefühl für den Inhalt zu bekommen. Denn was Sie im Deutschen (oder Ihrer Muttersprache) begriffen haben, davon haben Sie „ein Bild“, selbst wenn es unbewusst bleibt. Im umgekehrten Fall merken Sie sehr schnell, wenn Sie zu bestimmten Begriffen (wie vielleicht RHODOPSIN) kein Bild haben, weil Sie es nicht verstehen. Das Beispiel ist Luigi MALERBAs reizendem Büchlein Storiette tascabili entnommen.

FALLBEISPIEL EINES DEKODIERTEN TEXTES: Cinque mosche Fünf Fliegen La prima mosca era contenta Die erste Fliege war zufrieden di von

essere sein

la die

prima, beata lei. erste, glückliche sie

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– Io – Ich

invece sono hingegen bin

contraria alle gerachie, – gegen auf-die Hierarchien, –

diceva la seconda. sagte die zweite. – perché guastano – weil sie-verderben

I die

Basto Genug

quello che was dass

guardare (zu) sehen

rapporti. Beziehungen. succede passiert

fra gli uomini e tra le formiche –. zwischen den Menschen und zwischen den Ameisen –. Perko si accontentava di essere Aber sich zufriedenstellte von sein

la seconda. die zweite.

La terza era un po’ meno contenta di Die dritte war ein wenig weniger zufrieden von essere la terza … sein die dritte … Auf diese Weise lernen Sie den Inhalt der Lektion in Ihrer Muttersprache, bevor Sie irgend etwas anderes in Angriff nehmen. Zwar ist es immer besser, selbst zu dekodieren, weil das De­ kodieren bereits einen Teil des Lernprozesses darstellt, aber für Dekodierfaule ist ein dekodierter Text auf alle Fälle besser als einer ohne Dekodierung. Übrigens kann man auch dekodierte Texte selbst dekodieren, indem man einfach die Dekodierung abdeckt und diese an­ schließend zum Nachschlagen benutzen. Bei nicht-dekodiertem

296  Gehirn-gerechtes Lernen

Material (z. B. Schulbüchern) verwenden wir die Vokabellisten zum NACHSCHLAGEN (statt zum hirnlosen Pauken). Beachten Sie besonders: Wenn Sie bereits ein ansehnliches Wissen haben, werden Sie natürlich gleich den Zielsprachentext ansehen und dabei nur die­ jenigen Passagen anstreichen beziehungsweise dekodieren, die Sie nicht auf Anhieb verstehen. Sie werden also nur an kritischen Stellen zur Wort-für-Wort-Übersetzung „springen“, während Sie an allen Textstellen, die Ihnen vom ersten Moment an leichtfallen, die Zielsprache lesen. Im Klartext: Wenn Sie völlig neu beginnen, kann es sein, dass 100 % dekodiert werden müssen; je weiter Sie vorankommen, desto mehr Wörter kennen Sie schon. Daraus ergibt sich folgendes Paradox: Je höher die Lektionsnummer, desto weniger müssen Sie dekodieren. Im normalen Schulbetrieb scheinen Lektionen weiter hinten SCHWERER zu sein, bei der Birkenbihl-Methode ist das nicht der Fall. Aber der Anfänger wird sich zu Beginn völlig auf die Wort-fürWort-Übersetzung konzentrieren, weil ihm ja alle Wörter der Zielsprache zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt sind. Vorteile: 1. Sofortiges Verstehen schafft ein positives Gefühl. Die Wortfür-Wort-Übersetzung macht die neue Sprache transparent (in mehr als einer Hinsicht). Bedenken Sie, dass meine Methode lediglich widerspiegelt, wozu viele LernerInnen intuitiv neigen, wenn man sie lassen würde. 2. Die Satzstruktur der Zielsprache kann ohne Grammatikregeln verstanden werden (analog zum Lernen der Mutter­

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sprache damals, als Sie noch klein waren). In unserem Beispiel („Sprechen-Sie italienisch?“) lernt man „unbewusst“, dass für die beiden Wörter „Sprechen-Sie“ im Italienischen nur ein Wort nötig ist: „parla“. Auf diese Weise werden Sie später niemals versucht sein, der Zielsprache die Sprachstruktur Ihrer Muttersprache „aufzudrücken“ (was zu den typischen Standardfehlern führt, von denen alle ein Lied singen können, die mit alten Methoden Sprachen gelernt haben). 3. Die Wort-für-Wort-Übersetzung ist eine „Krücke“, deren Sinn nur darin besteht, den Lernenden „zum Laufen zu brin­gen“ und die später weggeworfen werden kann. Beim tradi­tio­ nellen Fremdsprachenlernen hingegen wird das Wortpaar „zusammengeklebt“ (z. B. Tisch = table), sodass der Lernende sich auch Jahre später noch an die Übersetzung „klammert“. Genaugenommen lernen wir ein Pseudowort, das gar nicht existiert: „Tisch-table“. Mit der Wort-für-Wort-Übersetzung beginnen die Lernenden dagegen sehr früh, in der Zielsprache zu denken, sodass mit dem Lernfortschritt das muttersprach­ liche Gegenstück schnell „vergessen“ wird. Auf diese Weise lernen Sie nicht nur, schnell in der Zielsprache zu denken, Sie haben sich so auch die nötige Plattform für später geschaffen, wenn Sie in der Zielsprache sprechen, fühlen, lesen und/ oder schreiben wollen, ohne sich ständig an die Mutter­ sprache zu klammern. 4. Die Pseudo-Übersetzung kann ziemlich lustig sein. Die Faust­ formel sagt: Entweder ist ein Satz (Ausdruck, Redewendung) der Muttersprache ähnlich oder er ist lustig. Daraus folgt: Wenn eine Struktur besonders lustig erscheint, erkennen Sie klar die Struktur der Zielsprache. Dieser Lernprozess ge­ schieht völlig „nebenbei“, ohne irgendeine bewusste „Arbeit“ des Lernenden. So benutzen die Japaner beispielsweise be­

Auf die Idee mit den Krücken kam ich durch den Philosophen Ludwig WITTGEN­ STEIN, der davon spricht, dass die Sprache per se als Leiter angesehen werden kann, mit deren Hilfe wir gewisse Höhen erklimmen (z. B. gewisse Zusammenhänge begreifen). Wenn wir jedoch dort angekommen sind, müssen wir die Leiter wegwerfen (Tractatus logicus). Und genauso werfen wir die DekodierungsSprache weg, wenn wir den Punkt des Begreifens erreicht haben …

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stimmte Partikel, die gemäß bestimmten grammatikalischen Regeln auf Hauptwörter folgen. Da wir diese Regeln bei der Birkenbihl-Methode jedoch (in den meisten Fällen) nicht bewusst lernen wollen, versuchen wir, uns an die richtige Stellung der Partikel zu gewöhnen. Mit der Zeit werden diese „kleinen Wörter“ für uns dann genauso selbstverständlich wie für einen Japaner. Deshalb behalten wir in der Wort-für-WortÜbersetzung die Partikel einfach bei. Der Satz B stellt sich also folgendermaßen dar: Nihon-jin-wa nihon-go-o hanashimaska? Japan-Menschen wa Japan-Sprache o sprechen-tun ka Wenn wir nun die übernommenen Teile einkringeln (mit Computer in Doppelklammer setzen), dann sehen wir auf einen Blick, was in dem JAPANISCHen Satz „passiert“:

Oder mit Computer: Japan-Menschen ((wa)) Japan-Sprache ((o)) sprechen-tun ((ka)) Sie können das auch mit dem „wa“ des Berliners vergleichen: „Sauwetter, wa!“ Das „wa“ muss an dieser Stelle auftauchen, auch wenn es keine eigentliche Bedeutung hat. So lernen Berliner (oder japanische) Kinder, an der richtigen Stelle „WA“ zu sagen. Falls Ihr Sprachkurs Ihnen langatmige Erklärungen dafür an­ bietet und falls Sie nicht zu den WENIGEN Menschen gehören, die Grammatik „geil“ finden, dann überspringen Sie diese einfach.

Fremdsprachen lernen mit der Birkenbihl-Methode  299

Sie können ja in 3 Monaten zur Erklärung zurückkehren und sie lesen, wenn Sie neugierig sind. Dann wird Ihnen zumindest alles schnell einleuchten. Also: Wenn schon Grammatik, dann HINTER­ HER! (Ausnahme: ca. 3 % der Bevölkerung, die Sprachenlernen zu ihrem Hobby gemacht haben und die über Grammatik die FORMEN untersuchen, oft sogar, ohne die Sprachen später tatsächlich sprechen zu wollen.)

300  Gehirn-gerechtes Lernen

Schritt 2: HÖREN/AKTIV Vorgehensweise: Sie hören den Text von der Tonquelle, während Sie „entlang“ der Wort-für-Wort-Übersetzung lesen und sich den Inhalt vorstellen. Mit anderen Worten: Sie lesen zu diesem Zeitpunkt (bei allem, was Ihnen noch neu ist) Wörter in Ihrer Muttersprache. Versuchen Sie keinesfalls, sich gleichzeitig die Schreibweise der fremden Wörter einzuprägen. Sie lesen also z. B. „Tisch“, während Sie den fremden Laut [table] hören.

Schritt 2 (HÖREN/AKTIV) bedeutet, dass der Lernende sich den Text Stück für Stück anhört und dabei so oft wie nötig die Pause-Taste drückt, um sich an den gerade gehörten Klang zu erinnern. Da das Kurzzeitgedächtnis weitgehend akustisch funktioniert, reicht es völlig, auf Pause zu drücken (klicken) und dem gerade Gehörten nachzusinnen. Es klingt wie ein Echo in unserem Bewusstsein weiter … Auch das ist mit der heutigen Digital-Technik viel

Fremdsprachen lernen mit der Birkenbihl-Methode  301

leichter, weil man beim Pause-Drücken keine Silben mehr „ver­ liert“ (wie das früher üblich war). Wiederholtes aktives Zuhören ist einfach und begleitet von stetig wachsenden Erfolgserlebnissen (weil man sehr schnell mehr und mehr versteht). Sobald die Textstellen anfangen, vertraut zu klingen, werden Sie immer seltener die Pause-Taste drücken, bis Sie die ganze Lektion (beziehungsweise den von Ihnen ausgewählten Textabschnitt) ohne Unterbrechungen hören können. Das aktive Hören ist „be­ endet“, wenn Sie jedes Wort verstehen, und zwar ohne Hilfe der Wort-für-Wort-Übersetzung. Ab hier können Sie die Krücken also wegwerfen und sich voll auf die Zielsprache konzentrieren. Vorteile: 1. Ab diesem Zeitpunkt ist es für den/die Lernenden genauso leicht, den Text in der Zielsprache zu hören wie in der Muttersprache. Dieses Verstehen ist bei der Birkenbihl-Methode normal, während es bei traditionellen Methoden ein selten erreichtes, unrealistisches Ziel bleibt. Aus diesem Grund sind weltweit Millionen von Menschen unfähig, Sprachen zu ver­ stehen, die sie angeblich jahrelang intensiv gelernt haben. 2. Alle Wörter werden in einem sinnvollen Zusammenhang ge­ lernt (wie einstmals in der Muttersprache). Wenn das Wort „put“ in Zeile drei von Lektion 1 mit einer bestimmten Be­ deutung erscheint, das gleiche Wort in der nächsten Lektion in einem anderen Zusammenhang wiederkehrt, dann erkennt der Lernende allmählich die Bedeutungen von „put“, ohne zu versuchen, das Wort mit seiner Vielzahl von Be­ deutungen außerhalb des Kontextes zu pauken, wie dies

302  Gehirn-gerechtes Lernen

beim traditionellen Lernen der Fall ist (to put = [hin-]setzen, [hin-]/[ab-]legen, [auf-]stellen, [an-]bringen…). Wenn es Sie interessiert, können Sie ja einmal in einem Wörterbuch nach­ schlagen; Sie werden spaltenweise „Übersetzungen“ finden. 3. Es ist außerordentlich befriedigend, das stetig wachsende Selbstbewusstsein der Lernenden zu beobachten. Innerhalb kürzester Zeit sind sie in der Lage, mehr und mehr der Ziel­ sprache zu verstehen, und auf diese Weise lernen sie (auf der Meta-Ebene), dass sie fähig sind, Fremdsprachen zu lernen. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass die meisten Lernenden nicht nur schnell in ihrer gewählten Zielsprache vorankommen, sondern dass sie häufig sogar eine zweite und dritte Fremdsprache anfangen, weil es ihnen ein gutes Gefühl gibt. Einige unserer Kunden nennen es „süchtig werden nach Sprachenlernen“. Aus heutiger neurologischer Sicht ist diese Beschreibung sachlich sogar richtig, weil erfolgreiches Lernen mit der Ausschüttung von DOPAMIN einhergeht, eben jenem „Dope“, das LERNEN lustvoll werden lässt. Also können wir sagen „high and learning“.

Schritt 3: HÖREN/PASSIV Vorgehensweise: Sie hören sich – während Sie mit anderen Aktivitäten beschäftigt sind – kurze Abschnitte des Textes wiederholt an, aber passiv, das heißt, ohne bewusst hinzuhören. Diese Wiederholungen sind mit modernen Tonträgern wie CD oder digitalen Audiodateien einfach geworden. Beachten Sie bitte besonders:

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Die Texte für das passive Hören werden im HINTERGRUND abgespielt. Die Lautstärke kann so gering sein, dass man den Ton gerade noch hören kann (unabhängig von anderen Geräuschen im Raum, wie z. B. Fernsehen oder Musik). Vorteile: 1. Das Unterbewusstsein wird sich an die Aussprache gewöh­ nen, weil es ihr ständig ausgesetzt ist. Dieser Schritt ahmt den Teil unserer Kindheit nach, in dem wir von unserer Muttersprache umgeben waren. Beachten Sie besonders: Jede Phase des passiven Zuhörers gleicht einem Mini-Aufenthalt im Land Ihrer Zielsprache. Je mehr Sie passiv hören, desto schneller werden Sie die Zielsprache beherrschen. Bedenken Sie jedoch, dass das HÖREN/PASSIV nur einem einzigen Zweck dient: Es baut die nötigen Nervenbahnen in Ihrem Gehirn auf, die es Ihnen SPÄTER erlauben, diese Töne selbst zu produzieren (= selbst zu sprechen). Sollten Sie die Sprache gar nicht sprechen wollen, z. B. weil Sie vor allem Fachtexte lesen möchten, können Sie HÖREN/PASSIV auch auslassen. 2. Sie müssen keine einzige Minute Ihrer kostbaren Zeit in das passive Zuhören investieren. Sie können nebenbei hören, während Sie bestimmte Routinearbeiten erledigen (das Haus saubermachen, einkaufen gehen etc.), oder Sie können aktiv eine andere geistige Arbeit vollbringen, wie ein wissenschaft­ liches Fachgebiet studieren (in diesem Fall nennen wir das paralleles Lernen). Sie können auch Ihren Lieblingsroman lesen oder sogar im Fernsehen beziehungsweise im Internet einen Thriller anschauen. 3. Trotz der Tatsache, dass Sie während der passiven Hörperioden nicht bewusst zuhören, werden Sie manchmal einige Worte

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aufschnappen (z. B. während einer ruhigen Szene im Film, den Sie gerade ansehen). In solchen Augenblicken merken Sie, wie vertraut Ihnen der Text inzwischen erscheint, was wiederum das Vertrauen in den Lernprozess stärkt. Diese kurzen Momente sind oft von intensiven Gefühlen der Freude und des Selbstvertrauens begleitet. Auf diese Weise werden die alten „Programme“ des traditionellen Lernens („Ich bin unfähig!“) allmählich durch neue („Ich kann!“) ersetzt, welche die psychologische Blockaden im Gehirn auflösen.

Die Erfahrung hat gezeigt: Diese Gefühle des Erfolgs wirken sich oft auch auf andere Lerngebiete (ja sogar Lebens­ bereiche) aus, weil der Lernende im Verlauf ein beachtliches Maß an Selbstvertrauen gewinnt.

Schritt 4: Weitere Lernaktivitäten Sie beherrschen nun die Bedeutung der Worte, und Sie haben sich gründlich mit dem Klang vertraut gemacht (lange bevor Sie zu sprechen versuchen). Wenn Verstehen alles ist, was Sie erreichen wollen, dann sind die ersten zwei Schritte (pro Lektion) genug. Dies gilt übrigens auch für Geschäftsleute, die zwar mit der Hilfe von Dolmetschern verhandeln, aber HEIMLICH gern ein wenig verstehen würden,

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weil ihnen das mehr Zeit zum Überlegen gibt. Mit der BirkenbihlMethode können Sie sich dieses Wissen weitgehend „schmerzlos“ aneignen … Vorteil: Dieser letzte (vierte) Schritt, in dem Sie die Sprache nun AKTIV ANWENDEN werden, vermittelt die Fähigkeiten des Sprechens, Lesens und/oder Schreibens der Zielsprache. Dies ist allein abhängig davon, welche Fähigkeiten Sie zu lernen wünschen. Und um das zu erreichen, gibt es zahlreiche Aktivi­ täten, die Sie bei Interesse in meinem Buch Sprachenlernen leichtgemacht nachlesen können, da dies den Umfang an dieser Stelle sprengen würde.

Literaturliste 307

Literaturliste Folgende Bücher der Autorin sind derzeit lieferbar: 1. 2. 3. 4. 5.

Best of Birkenbihl. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2020 BIRKENBIHL on Management. REDLINE, München, 1. Aufl. 2019 Birkenbihl on Service. REDLINE, München, 1. Aufl. 2019 Birkenbihls Denkwerkzeuge. mvg verlag, München, 6. Aufl. 2018 Das 30-Tage-Trainings-Programm. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2018 6. Das innere Archiv. mvg verlag, München, 8. Aufl. 2019 7. Das Lebensarchiv. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2018 8. Denkwerkzeuge für den Alltag. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2019 9. Der persönliche Erfolg. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2018 10. Eltern-Nachhilfe. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2019 11. Finde deinen Fixstern. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2019 12. Fragetechnik schnell trainiert. mvg verlag, München, 23. Aufl. 2019 13. Fremdsprachen lernen für Schüler. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2019 14. Humor. mvg verlag, München, 9. Aufl. 2018 15. Intelligente Rätsel-Spiele. mvg verlag, München, 7. Aufl. 2019 16. Intelligente Wissens-Spiele. Nikol Verlag, Hamburg 2019 17. Jeden Tag weniger ärgern. mvg verlag, München, 13. Aufl. 2019 18. Jungen und Mädchen: wie sie lernen. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2019 19. Kommunikationstraining. mvg verlag, München, 40. Aufl. 2019 20. Positives Denken von A bis Z. mvg verlag, München, 9. Aufl. 2018 21. Prüfungen bestehen. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2019 22. Psycho-logisch richtig verhandeln. mvg verlag, München, 22. Aufl. 2018 23. Rhetorik. Redetraining für jeden Anlass. mvg verlag, München, 2. Aufl. 2019 24. Rhetorik-Training kompakt. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2018 25. Signale des Körpers. mvg verlag, München, 27. Aufl. 2018

308 Literaturliste

26. Sprachenlernen leichtgemacht. mvg verlag, München, 40. Aufl. 2018 27. Stichwort Schule. mvg verlag, München 22. Aufl. 2018 28. Story-Power. Aurinia Verlag, Hamburg 2020 29. Stroh im Kopf. mvg verlag, München, München, 58. Auflage 2019 30. Trotzdem LEHREN. mvg verlag, München, 7. Aufl. 2017 31. Trotzdem LERNEN. mvg verlag, München, 10. Aufl. 2019 32. Von Null Ahnung zu etwas Chinesisch. mvg verlag, München, 3. Aufl. 2018 33. Von Null Ahnung zu etwas Japanisch. mvg verlag, München, 3. Aufl. 2018 34. Von Null Ahnung zu etwas Türkisch. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2008 35. Wie lernen gelingt. mvg verlag, München, 1. Aufl. 2018

Darüber finden Sie im Handel zahlreiche weitere Werke von Vera F. Birkenbihl auf CD und DVD.

Stichwortverzeichnis 309

Stichwortverzeichnis A ABC-Kreativ 205ff. ABC-Liste 150, 171ff., 201ff., 206, 210, 215218ff. - Auto 219ff. - Berufe 219ff. - Blumen 219ff. - Grammatik 189ff. - Märchen 183 - Mathematik und Geometrie 182 - Schummeln 184f. Abwehr 30ff., 56f. Abwehrmanöver, rhetorische 30ff. AIDA 61f. AITA 62 Analograffiti 128, 132ff., 186, 203 Anfangsschwierigkeiten 127, 176f. Angriff, rhetorischer 30f., 49ff. Argumente, Anzahl für eine Rede 51f. ARISTOTELES 150 Assoziationen 62, 128f., 135, 140ff., 147, 150, 175f., 179, 186, 192ff., 198, 200f., 206, 211f., 243, 279ff. ASSOZIATIV-Spiele 213ff. Atem 51

Ausbeute 129, 131, 156, 174, 178f., 280 Aussprache 51ff. - Probleme mit der 286f. B Ball-im-Tor-Effekt 256ff. Bedeutung, wort-wörtliche 41 Bedürfnis-Turm 16 ff. Bedürfnisse, menschliche 13ff., 28ff. BERNE, Eric 23 Bewegung 260 BIRKENBIHL-Methode zum Fremdsprachenlernen 283ff. - Schritt 1 291ff. - Schritt 2 299ff. - Schritt 3 302ff. - Schritt 4 304ff. - Unterschiede zum klassischen Sprachenlernen 290ff. BIRKENBIHL, Michael 62f. Bisoziation 192, 197ff., 205 C CHURCHILL, Winston 43 COUVERT-Technik 185ff. D De-KODIERUNG 292ff. Denk-Blockaden 54ff.

310 Stichwortverzeichnis

Denk-Werkezuge 126ff. Denken, assoziatives 152ff., 172ff., 193, 203, 213 Dialektik 56ff. Doppel-Checkliste 251ff. Doppelfrage, rhetorische 73f. E Ent-DECK-ung 146, 159, 261 Erfolg 92, 104, 139, 143, 257, 260, 303 Erwartungshaltung der HörerInnen 60f. Exformation 156 Explorer 58, 126, 260f., 268 F Fachleute 59f. Feedback 35 ff. -Techniken 37 Flüsterübung 53f. Frage-Spiele 109ff. Frage, rhetorische 47 Fragen 58, 74, 105ff. Fragetechnik 105ff. Fremdsprachen lernen 283ff. G Geheimzahl 256f., 259 Genialität 152 Gerechtigkeit 42 Geschlossene Fragen 106ff., 123ff. Geschlossene Fragen, Vor- und Nachteile 121f.

Gesprächspartner, Reaktion 12f. Gewöhnung 281 Grammatik 224, 287f., 296f. Größe, wahre 33f. H Hierarchisieren 168ff. Hören/AKTIV 299ff. Hören/PASSIV 302ff. I Ich-Bedürfnisse 22 Ideen-Schwarm 194ff., 202 Imitation 261ff. IMITATIONS-Spiel 270ff. Incidentales Lernen 265f. Inneres Archiv 129ff., 151, 177, 187, 216 Insel-Modell 63ff., 138 Intelligenz 129 Inventur 98, 100f., 150f., 155f., 158, 177f., 190, 214 J Ja-/Nein-Fragen 106ff. John und Mary, Rätsel 118ff. JOY-Wiederholungs-Spiel 280ff. JOY, J. Brough 208 K KaGa 62, 131ff., 146, 149 KAHL, Reinhard 261 Kategorien-Denken 106f., 111f, 114f. KaWa 140ff.

Stichwortverzeichnis 311

KaWa 62, 131ff., 146, 150 KaWa-Tipps 147ff. KNICK-Spiel 218ff. KOESTLER, Arthur 192, 196f. KOHN, Alfie 288 Kommunikation 11ff. - Grundregeln 11ff. - optimale 13, 24, 30, 32, 35 Konfliktlösung 38 f. Konsolidierung 179, 191 Kopf-Spiele 212ff. Körperhaltung 88 KRASHEN, Steven 265 Kreativität 129, 192ff. - additive 196f. - assoziative 195ff., 200f. - hoch 2, 200 - komplexe 197, 201ff. Kreativitäts-Techniken 128 Kritik 72ff., 209f., 268f. KRYPTOGRAMME 221ff. L Lampenfieber 75f. LANGER, Ellen J. 260 Langeweile 279f. Laudatio 62f. Lernaktivitäten 304f. Lernberg 267f. Lernen -beiläufiges 265f. - gehirn-gerechtes 249ff. - körperliches 277ff. Liste möglicher Listen 156, 160ff. Listen

- erstellen 155ff. -Denken 150ff. LÜCKENTEXT-Spiele 223ff. - Einsteiger 225f. - Fortgeschrittene 226ff. LULL’sche Leitern 203ff. M MADLAINE-Spiel 217f. Manipulation 30 MASLOW, Abraham 17 Mental-Training 76ff., 277 Mentales Handeln 77 MICHELANGELO 202 Motiv 25 Motivation 24ff. N Namens-KaWa 140ff. Neuro-Mechanismus 251, 256ff. Nicht-Lern-Lern-Strategie 251, 270ff. O Offene Fragen 122ff. - Vor- und Nachteile 121f. P Pause 47f., 52, 78, 99 POSTMAN, Neil 105 Prämissen 117ff. Probieren ohne Angst 268f. Problem-Kategorien 207f. Probleme - rhetorische 89f.

312 Stichwortverzeichnis

- unlösbare 207 Problemlösung, kreative 205ff. Publikum - Aktivierung des 46ff. - öffnen für Verbesserungsvor­ schläge 72ff. Q Quiz 46, 234 R REAVIS, George 249 Rede - Ausformulierung 86f. - Gliederung 61ff. - Stichpunkte 86f. Redevorbereitung - allgemeine 91f. - spezielle 92f. Redewendungen 139 Repertoire 43, 131f. Rhetorik 42ff. Rhetorik-Club 44 Rhetorik-Training 89ff. Rhetorik, häufige Fragen 46ff. S Schlagfertigkeit 50 SCHNEIDER, Wolf 42 Schul-System 43f., 152, 154 Selbstverwirklichung 22f. Sell the sizzle 28 SHAW, George Bernhard 43 Sprache als Instrument des Denkens 40ff.

Sprachenlernen, klassisches 284ff. Sprech-Denken 78, 101ff. Stadt-Land-Fluss-Effekt 173ff., 213ff. Statussymbol 21 Stegreif-Rede 79 Steine im Fluss 79ff. T Tapeten-Effekt 275f. Taschenlampen-Metapher 193f. Tell the people 87f. Thinking on toes 88 Tier-Liste 171, 175, 178f., 181 Tierschule 249f. TOASTMASTERS 44 Training 131, 276ff. Transaktionale Analyse 23 Ü Übungs-Zeit 184 V Vergleiche 47, 166, 177, 215ff. VERGLEICHS-Spiele 215ff. Verhaltensänderung 26f., 209f. Vorbilder 263, 289 Vorlese-Übung 98ff. W WATZLAWICK, Paul 58 WHEELER, Elmer 28 WHORF, Benjamin 41 Wiederholungen 279ff.

Stichwortverzeichnis 313

Wirklichkeit erster Ordnung 41f. Wissens-ABC 171ff. Wissens-Netz 128ff., 144ff., 155 WISSENS-QUIZ-Spiele (WQS) 234ff. Wissens-Spiele 234ff Wissensplattform 75, 90, 933f. Wortgefecht 32f. Z ZITATE-VERGLEICHS-Spiel 243ff. ZWEI-nigung 38f.

Über die Autorin  315

© Andrea Matter

Über die Autorin

Vera F. Birkenbihl war die Leiterin des Instituts für gehirn-ge­ rechtes Arbeiten und eine der ganz Großen der Seminar-Szene. Ihre Themenbereiche waren vor allem Brain-Management, d. h. denken, lehren, lernen und Zukunftstauglichkeit. Sie galt als anerkannte Trainerpersönlichkeit, nicht zuletzt, weil sie ihren Stoff selbst entwickelte und systematisch aktualisierte, sondern auch, weil sie ebenso konsequent neue Themen erschloss. Über eine halbe Million Menschen haben ihre Vorträge und Seminare besucht. Die Gesamtauflage ihrer Bücher, CDs und DVDs liegt in­ zwischen bei über 3 Millionen.

320 Seiten 9,99 € (D) | 10,30 € (A) ISBN 978-3-86882-446-9

Vera F. Birkenbihl

Kommunikationstraining Zwischenmenschliche Beziehungen erfolgreich gestalten

Diese Buch ist wichtig für jeden, der sich und andere besser verstehen will und durch die „richtige“ Anwendung der Kommunikationsregeln zu mehr Lebensfreude und Ansehen im Beruf gelangen möchte. Ob in Partnerschaft, Beruf, in Schule und Familie, ob geschäftlich oder privat - die „richtige“ Kommunikation erleichtert auch in schwierigen Situationen den Erfolg im Leben. Mit dem „Kommunikationstraining“ lernt jeder, die Reaktionen seiner Mitmenschen besser zu interpretieren, andere besser zu vertstehen. Auf diese Weise vertieft man sowohl seine Menschenkenntnis als auch seine Fähigkeit, sich selbst zu begreifen, und es fällt zum Beispiel weniger schwer, andere erfolgreich für eine Sache zu motivieren. Zahlreiche einfache Übungen, Experimente und Spiele „illustrieren“ die theoretischen Ausführungen; so macht es Spaß, sich dieses Wissen anzueignen.

176 Seiten 12,99 € (D) | 13,40 € (A) ISBN 978-3-86882-923-5

Vera F. Birkenbihl

Der persönliche Erfolg

Stärken und Talente entdecken und gezielt einsetzen

Haben besonders erfolgreiche Menschen ein Geheimrezept? Vera F. Birkenbihl ist überzeugt, dass der persönliche Erfolg davon abhängt, dass man sich auf seine eigenen Stärken besinnt, auch wenn man in der Schule oder zu Hause nur lernt, an seinen Schwächen zu arbeiten, anstatt sich auf seine Talente zu konzentrieren. Doch allein wer sich selbst und seine Begabungen kennt, kann sich entsprechende Ziele setzen und entfalten. Vera F. Birkenbihl stellt in ihrem Longseller zahlreiche Tests und Aufgaben vor, mit deren Hilfe man sich besser kennenlernen und das eigene Erfolgspotenzial ermitteln kann. Für weniger Stress und mehr Lebensfreude!

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