164 54 936KB
German Pages 20 Year 1845
Berichtigung einiger
mich betreffenden Angaben in der Schrift
des Herrn Staats-Ministers von Kamptz „Prüfung der grellen Irrthümer des Stadtgerichts-Raths Sim-on" von
Dr. Ludwig von Mühlenfels, Königl. Oberlandesgerichts-Nathe.
Berlin,
Druck und Verlag von G. Reimer, 1 845
.
/4£yte umstehenden Zeilen sind,
wie
deren Inhalt er
zieht, mir abgenöthigt; ich wäre dieser Gegenrede gern überhoben gewesen, allein Schweigen hätte als lautloses Zugeständniß von Thatsachen, die doch entstellt sind,
als
Verzichtleistung auf ein Recht zur Abwehr von Bezüchtigungen,
die den Unbescholtenen doch unverdient treffen,
gedeutet werden können.
Solcher Deutung vorzubeugen,
gebietet aber die Stellung des Justiz-Beamten und die Würde des Richteramts,
von welcher auch äußere An
erkennung der Unbescholtenheit geheischt wird. Meine Entgegnung hat sich innerhalb der der
nothwendigen
Vertheidigung
gehalten,
mir vorliegenden Defensionen und richterlichen nisse
das
Material darboten,
ohne
Grenze» wie
die
Erkennt
Beimischung
von
4 Klagen über Leiden und
erlittene
Ungebühr.
Ueber unverschuldete
Einbußen zu wimmern scheint
sichts des Vaterlandes überhaupt nicht
mir Ange
wohl geziemend.
Wenn der unverfälschten Ueberzeugungs -
und
Berufs-
Treue schmerzliche Opfer zu bringen sind, so muß auch Wille und Kraft da sein, diese Hingebung als eine sitt liche Pflicht
aufzufassen, die man ohne Murren erfüllt,
eben weil sie sich von selbst versteht. Naumburg a. d. Saale, den 16. November 1845.
Sr. Excellenz dem Staatsminister, gtiiftt de« schwarzen Adler-Ordens ic., Herrn von Kamptz.
Ew. Excellenz
haben die von Ihnen herausgegebene aus fern 139sten Hefte der Jahrbücher für Preußische Gesetzgebung besonders abgedruckte Schrift „Prüfung der grellen Irrthümer des Stadt-Gerichts-Rath „Simon. Berlin, bei E. H. Schröder, 1845.” in 6 Eremplaren in der Mitte des verflossenen Monats an das Königl. Ober-Landes-Gericht zu Naumburg, dessen Mitglied ich bin, übersandt und diese Schrift, die vermuthlich auch bei an dern Landes-Justiz-Collegien cvlportirt sein wird, hat auf Ew. Excellenz Veranlassung bei den Mitgliedern des Collegii zur KennMißnahme circulirt. In derselben wird der in den Jahren 1819 — 1821 gegen mich geführten Untersuchung an mehreren Stellen gedacht. Wie schmerzhaft es mir auch ist, nach einem Verlaufe von 25 Jahren eine Angelegenheit durch Ew. Ercellenz öffentlich zur Sprache gebracht zu wissen, mit welcher ich das deutsche
6 Publikum absichtlich nie behelligt habe,
weil ich dieselbe aus
Eifer für den guten Namen unserer vaterländischen Gerechtig keits-Pflege gern mit dem Schleier der Vergessenheit verdeckt gehalten hätte und wie sehr es mir auch an Zeit und Neigung gebricht, mich irgendwie in die Fehden der Pamphlet-Littera tur zu mischen, so macht doch der von Ew. Excellenz einge schlagene Weg, Ihrer Broschüre vorzugsweise beim juristischen Publikum Cirkulation zu verschaffen mir eine Berichtigung der jenigen Irrthümer, welche sich in jene Broschüre eingeschlichen haben, so weit sic mich angehen und mein Verhalten in Schat ten stellen, zur unabweisbaren Pflicht. Ew. Ercellenz belieben tu Betreff der im Jahre 1819 we gen demagogischer Umtriebe verhängten Verhaftungen sich p. 39 dahin zu äußern: „Schon im September oder Oktober (1819) ward die „Ministerin! - Commission angeordnet und
derselben in
„Beziehung auf diese Angelegenheit auch die Attributio„ncn des Justiz- und Polizei-Ministeriums übertragen „und konnten seitdem in dieser Untersuchung, Verhaf„tungen von selbst nicht von dem Letzteren, sondern nur „von der erst'eren verfügt werden und sind von Letzte„rem allein nicht mehr verfügt.
Dies war insonderheit
„der Fall in Ansehung der Arretirung des von Müh„lenfelö, die überdem deshalb erfolgte, weil er vor „die Justiz-Untersuchungs-Commission sich nicht stellen „wollte und daher realiter sistirt und da er dennoch „jede Einlassung fortgesetzt verweigerte, von der Justiz„UntersuchungS- Commission,
bis er Rede und Antwort
„gegeben haben würde, in Haft gehalten ward, dersel„ben aber ohne dieser Pflicht genügt zu haben, durch „die Flucht sich entzog." In dieser Darstellung findet sich so wenig Wahres, daß ich annehmen muß, die berührte Angelegenheit habe sich Ew. Ercellenz Gedächtniß nur sehr unvollkommen eingeprägt. sei mir daher erlaubt,
Es
den wahren Hergang Ew. Ercellenz
wieder frisch in's Gedächtniß zn rufen.
7 Sowohl die Beschlagnahme meiner Papiere am 14. Juli 1819*), als meine 4 Tage später am 18. Juli erfolgte Verhaf tung wurde auf Requisition des Polizci-Ministerii bewirkt und zwar aus dem speciell angegebenen Grunde „weil ich siaatsgefährlicher Umtriebe verdächtig sei."
(cf. fol. 1—3. Danielssche
Commissions-Acten in der Untersuchungs-Sache wider von Mühlenfels.)
Anfangs wurde die hierauf eingeleitete Unter
suchung vom Präsidenten des dem geheimen Staatsrath öffentlichen
Königl. Appellhofes zu
Daniels,
unter
Cöln,
Zuziehung
des
Ministern in der Person des General-Advvcaten
von Sandt, nach den Vorschriften der Rheinischen CriminalProzeß-Ordnung geführt und so lange als dies geschah, habe ich jede im Untersuchungs-Wege an mich gestellte Frage gewis senhaft bewantwortet. (cf. fol. 1—48 Danielssche Acten.) Als indessen der geheime Staatsrath Daniels in Abwesenheit des
Polizei-Ministers von
auf die
„von Kamptz"
unterzeichnete Requisition, die nach den gerichtlichen Formen be gonnene Untersuchung auf polizeilichem Wege mit aus drücklicher Ausschließung des öffentlichen Ministerii, welches mir
*) Der Polizei-Präsident und Landrath des Kreises Köln, Struensee, war durch ein im Namen des abwesenden Polizei-Ministers vom Geh. Ober-Regierungö-Rath v. Kamptz unterzeichnetes Rescript veranlaßt wor den, die Papiere des rc. von Müh lensels in Beschlag zu nehmen.
Be
hufs Vollziehung dieses Befehls erschien der rc. Struensee in Begleitung mehrerer Polizei-Beamten und Gerichts-Personen in meiner Wohnung zu Köln und zeigte mir nach einigem Zögern das gedachte Rescript vor. Unter Hin weisung auf den Art. 460 der Rheinischen Criminal-Prozeß-Ordnung verwei gerte ich jedoch die Auslieferung der Papiere an den rc. Struensee, weil deren Beschlagnahme, wenn sie nothwendig erachtet werde, nur dem GeneralStaats-Procurator zustehe.
Den die Stelle des General-Staats-Procurators
oersehenden General-Advocatcn von Sandt so wie den Präsidenten des Appellhofes Geh. Staatsrath Daniels setzte ich aber sofort von dem Vor haben des Struensee in Kenntniß und bat um Einleitung eines gesetz lichen Verfahrens.
Beide Beamten beschieden sich auch sofort zu meiner
Wohnung, erkannten meine Weigerung als gesetzlich begründet an
und der General-Advocat von Sandt nahm in Gegenwart des rc.
Struensee, den ich ersucht hatte sich einstweilen als meinen Gast anzusehen, meine Papiere unter Siegel.
8 amtlich
die von
Berlin aus
untersagte
Mitwirkung
bei der
Untersuchung anzeigte, weiter führen wollte, (cf. Danielssche 3lc* ten fol. 49.); erst dann verweigerte ich eine fernere Einlassung, indem ich zu Protokoll erklärte, daß ich so lange auf die in der Untersuchung an mich gerichteten Fragen jede Antwort ab lehnen müsse,
bis
dieselbe ihren gesetzlichen Character wieder
erhalten haben würde. Nach einem Verlauf von mehreren Wochen reichte ich un ter dem 9. August 1819 von meinem Gefängnisse aus General-Staats-Prokurator eine Reklamation ein, ich
dem
in welcher
diese Behörde anging, auf Grund des § 46 des Gesetzes
vom Jahre VIII gegen denjenigen Beamten im Rechtswege vor zuschreiten, der meine Verhaftung und das polizeiliche Verfah ren gegen
mich ertrahirt hatte.
Hierauf erhielt ich von dem
öffentlichen Ministerio folgenden Bescheid: „Ihre Reklamation vom 9. dieses Monats habe ich un verzüglich mit beifälligem Antrage der König!. Jm„mediat-Justiz-Commission*) eingereicht,
welche selbige
„zur geeigneten hohen Berücksichtigung höchsten Orts zu „befördern nicht ermangelt hat.
Indem ich Sie hier-
„von in Kenntniß setze, hoffe ich Ihnen die zu erwar„tende Entscheidung bald mittheilen zu können. „Cöln, den 17. August 1819. Der König!. General-Advocat, (gez.)
G. von Sandt.
Die verheißene Entscheidung blieb indessen aus, erging
vom
Polizei - Ministerio
in Berlin
an
den
dagegen geheimen
Staatsrath Daniels die Weisung mich sofort unter Bedeckung
*) Die Jmmediat-Justiz-Commission, deren der General-Advocat gedenkt, war die während des Provisoriums in den Rhein-Provinzen unter dem Prasidio des allgemein und hochverehrten Sethe, dermaligen Chefs des Rhei nischen Revifions- und Caffations-Hofeö, bestehende Obcr-Aufsichtö-Behörde in Justiz-Sachen.
9 nach Berlin führen zu lassen; deshalb bat ich die GeneralBörsammlung des Königl.
Appellhofes
in
der
Eingabe vom
28. August 1819 um Schutz, (cf. fol. 61 Danielssche Acten) und protestirte in der Verhandlung vom 9. September 1819, (fol. 63 derselben Acten) feierlich gegen meine auf Requisition des Polizei-Ministern angeordnete Abführung nach Berlin als gegen einen Act der Willkür. Dieser Act wurde nichts desto weniger, der
Remonstra
tion*) des Appellhofes in Cöln ungeachtet, vollzogen. Am 17. September 1819 in Berlin angelangt, wurde ich von dem mich begleitenden Gensd'armerie - Lieutenant Becker dem Regierungs-Rath Grano überantwortet und Letzterer lie ferte mich sofort in's Stadtvoigtei-Gefängniß ab. Gegen das Ende des Monats Oktober erschien der VicePräsident des Königl. Kammergerichts von Trützschler, be gleitet von den Kammergerichts-Räthen von Gerl ach, H off mann, von Sydow, Kuhlmeier, dem Polizeirath Kaiser und dem Regierungs-Assessor von Tschoppe in meinem Ge fängniß und kündigte mir an, daß die genannten Personen un ter seinem
Präsidio die von Sr. Majestät zur
Untersuchung
staatsgefährlicher Umtriebe in den Preußischen Staaten Aller höchst verordnete Jmmediat-Untersuchungs-Commission bildeten. Die Competenz der gedachten Commission mußte ich aus Gründen, die zu Tage liegen, deren Anführnng aber nicht hieher gehört, bestreiten.
Ich verweigerte auch jetzt, wie früher,
*) Die Remonstration des AppellhofcS zu Cöln scheint nicht zu den Criminal-Acten gelangt zu sein, wenigstens versicherte mir mein Inquirent der Kammergerichts-Nath E. T. A. H osfman n, daß sie sich nicht bei den der Jmmediat-Untersuchungs-Commission vorliegenden Acten befinde; und bedeutsam ist daS Bedauern, welches mein Vertheidiger in 2tcv Instanz, der Kammergerichts-Neferendariuö L. Heydemann, jetzt Professor des Preußischen All gemeinen Landrechts an der Universität zu Berlin, in der Defensions-Schrift vom 23sten Juli 1830 darüber ausspricht: „daß die hohe Polizei-Behörde den Schriftwechsel zwischen den Rhei„nischen und hiesigen Behörden, welcher auf die Untersuchungö--Angele„genheit Bezug hatte, nicht zn den Untersuchungs-Acten befördert hat."
10
jede Einlassung, immer aber nur bedingt bis dahin, daß der kompetente Rheinische Gerichtshof die gesetzliche Nothwendigkeit meiner Sistirung vor die Jmmediat-Untersuchungs-Commission anerkannt und ausgesprochen haben würde. Inzwischen eröffnete die eben gedachte Behörde am 6ten No vember 1819 die Criminal-Untersuchung gegen mich und schloß dieselbe, da die gegen mich angewendeten Zwangs-Maaßregeln erfolglos geblieben waren, am 23sten August 1820 (cs. fol. 3 und 102 der Criminal-Acten), nachdem der Beweis gegen mich in contumaciam erhoben worden. Unter dem 26sten August 1820 zeigte die Jmmediat - Untersuchungs - Commission dem Chef der Justiz, dem Justiz-Minister von Kircheisen, an, daß meine Entlassung aus dem Gefängniß von der Commission beschlossen worden sei, weil nach Lage der geschloffenen Acten eine Strafe mich nicht treffen könne, (cf. fol. 101 Act. Ohn.) Aber meine Freilassung erfolgte nicht, weil eine mir bis vahin auch dem Namen nach unbekannt gebliebene Behörde, die sogenannte Ministerin l-Com Mission, alö deren werkthätigßes Organ Ew. Ercellenz mir von meinem Inquirenten, dem ikammergerichts-Rath Hoffmann genannt wurde, sich dieser Freilassung widersetzte. Sie erfolgte auch dann nicht, als die Jmmediat-Untersuchungs-Commission unter dem 9ten December 1820 den Beschluß meiner Entlassung aus dem Gefängniß vem Justiz-Ministerio wiederholt anzeigte, (cf. fol. 140 Act. Ohn.) Da ich mittlerweile erfahren hatte, daß der Rheinische Justiz-Minister, Groß-Kanzler v. Beyme, dessen Einfluß für mte gesetzliche Wendung meiner Angelegenheit, ich wiederholt in Anspruch genommen hatte, nebst dm Ministern v. Humboldt itnb v. Doyen schon zu Ende' des Jahres 1819 verabschiedet worden waren, so wurden die Aussichten in die Zukunft für mich immer trüber. Im Widerspruch mit Ew. Ercellenz Anführung in der an gezogenen „Prüfung der grellen Irrthümer rc." ergiebt sich also ms Vorstehendem: daß ich allerdings auf Requisition des Polizei-Ministcrii verhaftet worden bin;
11 daß diese Verhaftung keinesweges deshalb er folgt ist,
weil ich
mich
nicht vor die Jmme-
diat-Untersuchungs-Commission
habe stellen
wollen; daß endlich auch meine nach geschlossener Un tersuchung fortdauernde Verhaftung der Im me diat-Untersuchungs-Commission überhaupt nicht,
insbesondre
nicht
aus
dem von
Ew.
Excellenz angegebenen Grunde beizumessen ist. Wenn nun Ew. Excellenz am Schluffe der oben erwähnten Stelle noch andeuten, daß ich mich der Haft entzogen habe, ohne der Pflicht Rede und Antwort zu geben, genügt zu haben, so wirft eine solche Bemerkung ein eben so falsches Licht auf mein Verfahren als folgende pag. 64 und 65 vorkommenden factisch unrichtigen Behauptungen: „Der von Mühlenfels ist seines Amtes in so fern „er bereits angestellt war,*) überall nicht entsetzt, sondern „hat, um der Vemehmung sich zu entziehen, die Flucht „nach Schweden genommen und ist nach fast 20 Jahren „nach Preußen zurückgekehrt und nach erfolgter Verneh„mung und erfolgtem Erkenntnisse wieder in den Dienst „aufgenommen.
Er ist daher des früheren Amtes, wel-
„ches ihm überdem gar nicht definitiv übertragen war, „überall nicht entsetzt, sondern hat demselben durch Ent„weichung sich selbst entzogen." Die Sache verhält sich nach ungefärbter Darstellung ganz anders, als Ew. Excellenz sie angesehen wissen möchten. Zuvörderst wollen Ew. Excellenz aus dem oben Gesagten sich erinnern, daß ich da, wo die gesetzliche Pflicht es heischte, der kompetenten Behörde Rede zu stehen, die verlangte Aus kunft nie verweigert habe.
Meine Weigerung
dagegen mich
vor einer Behörde auf die Untersuchung einzulassen, welche ohne
•) Das ganze Jnstizwese» in der Rheinprovinz von 1814 bis 1821 ward als ein Provisorium betrachtet; in diesem Sinne waren alle Justiz-Beamte», gleich mir, provisorisch.
12 Autorisation eines allgemein promulgirten Gesetzes nach andern Criminal-Prozeß-Formen verfuhr als die Rheinische CriminalProzeß-Ordnung vorschrieb, diese Weigerung wurde durch die noch gegen das Ende meiner Haft publicirte Cabinets - Ordre vom 6. März 1821 Nr. 1 und 2. (Gesetz-Sammlung p. 30) hinlänglich gerechtfertigt.*)
Dieses Gesetz schreibt nämlich vor,
daß für die Zukunft auch in den Rhein-Provinzen die Unter suchungen wegen Staats- und Majestäts-Verbrechen nach den Vorschriften der Criminal-Ordnung von 1805 und nach Um ständen von Jmmediat-Commissionen geführt werden sollten, mithin war durch dieses Gesetz anerkannt,
daß bis dahin die
Untersuchung wegen vorerwähnter Verbrechen gegen einen Be wohner der Rhein-Provinzen nur nach den Vorschriften des Rheinischen Gesetzes hätte geführt werben dürfen, entgegenge setzten Falles
wäre die Cabinets-Ordre vom 6. März 1821
überflüssig gewesen.
Sobald ich aber von dem Inhalte dieses
Gesetzes, so wie von der Ernennung des Königl.-Ober-LandesGerichts zu Breslau als Spruch-Gericht Ister Instanz in mei ner Untersuchungs-Sache durch meinen Vertheidiger, den JustizKommissarius Reinhardt, einen Rechtsfreund in der edelsten Bedeutung des Wortes, in Kenntniß gesetzt worden war, ließ ich den bis daher festgehaltenen Competenz-Einwand fallen und gab meine Weigerung auf. (cf. Defension vom 18. April 1821 in den Criminal-Acten.) Demnächst werden Ew. Ercellenz, wenn Sie die Crimi nal-Acten nachschlagen wollen, fol. 85 derselben ersehen,
daß
ich noch während der Dauer meiner Haft durch Cabinets-Ordre vom 19. April 1820**) meines Amtes entlassen worden bin. *) Das Gesetz vom 6ten März 1821 ist durch das Gesetz vom 18. Fe bruar 1842,
Gesetz-Sammlung p. 86), größtentheils wieder aufgehoben und
dergestalt der vor Emanation
des
RechtZzustand hergestellt worden.
erftgedachten
Gesetzes
gültig
gewesene
Sollte aus dieser Restauration wohl aber
gefolgert werden mögen, daß nunmehr ein ähnliches Verfahren, wie das wider mich eingeschlagene, gegen einen Rheinischen Justiz-Beamten recht lich möglich geworden sei, oder nicht vielmehr das Gegentheil? **) Diese Cabincts-Ordre erging, wie der Inhalt deutlich zeigt, auf den Bericht resp. Antrag der Ministerin!-Commission.
Aber* das Votum
13 Diese Cabinets-Ordre, welche mir im Gefängniß amtlich mit getheilt wurde, lautet wörtlich dahin: „Da der bei dem Kreisgerichte zu Cöln angestellte Sub„stitut des Staats-Prokurators, „nach
den Untersuchungs-Acten
von
Mühlenfels,
dergestalt gravirt ist,
,daß ihm sein bisheriges Amt auf keinen Fall weiter „anvertraut werden kann, so genehmige ich den Antrag „der Ministerial-Commisston und entlasse ihn hiemit von „der Stelle eines Substituten des Staats-Prokurators „beim Kreisgericht zu Cöln. „Weitere
zu
Sie haben dieserhalb das
veranlassen und autorisire ich
Sie,
den
„Staats-Kanzler wegen Sustentation des von Müh„lenfels das Weitere zu bestimmen. Berlin, den 19. April 1820. gez.
Friedrich Wilhelm.
An den Staats-Kanzler Fürsten v. Hardenberg und den Staats-und Justiz-Mknifler v. Kircheisen.
Wenn Ew. Excellenz nun auch noch erwägen wollen, daß die von Seiten der Jmmediat-Untersuchungs-Commission gegen mich geführte Untersuchung schon am 23sten August 1820, wie oben gedacht geschlossen wurde, so wird es Ew. Excellenz ein-
des Decernenten bei der Jmmediat-Untersuchungs-Commission in meiner Sache, des Kammergerichtö-Raths, seitdem als Ober-Landes-Gerichts-Präsidenten verstorbenen Herrn von Gerlach, eines Mannes, eben so hervorragend durch seine strenggläubige loyale Gesinnung, als durch die Schärfe seines Urtheils und die Unerschüttertichkeit seines Rechtsgefühls, ging in haar scharfer Erörterung schon vor Eröffnung der Crkminal-Untersuchung dahin, (fol. 6—11 Act. Crim.), daß gegen mich überhaupt keine causa criminalis vorliege, und das Votum fol. 102 Act. Crim., nach welchem meine Ent lassung aus der Haft von derJmmediat-Untersuchungs-Commission concludirt wurde, spricht unumwunden aus, daß auf die in der species facti zu sammengestellten Indicien nicht einmal eine absolutio ab instantia würde erfolgen können.
14 leuchten, daß ich durch meine in der Nacht vom 5ten auf den 6ten Mai 1821 ausgeführte Flucht, mich weder meinem Amte, welches ich seit länger als einem Jahre nicht mehr bekleidete, noch ei ner Vernehmung, die durch den Schluß der Untersuchung über haupt außer Frage gestellt worden war, habe entziehen wollen oder können. Mein Heil suchte ich
in
der Flucht aus dem
einzigen
Grunde, weil weder die Organe des Rheinischen noch die des Alt-Preußischen Gesetzes mich gegen die Willkür der Ministerial - Commission zu schützen vermochten, weil selbst die Aller höchstverordnete Jmmediat-Untersuchungs-Commission nicht im Stande war, mir die auch nach Preußischem Gerichts-Verfah ren zustehende Freiheit auszuwirken.
Dieser alleinige Beweg
grund ist deutlich und bestimmt in dem von mir an den Prä sidenten und die Mitglieder der Jmmediat-Untersuchungs-Commission gerichteten Schreiben, welches ich im Gefängniß zurück ließ und Ew. Ercellenz
ohne Zweifel zu Gesichte gekommen
sein wird, mit folgenden Worten ausgesprochen: „Um meinen erhabenen Monarchen zu überzeugen, daß „ich allein Rettung vor gesetzwidriger Gewalt suche, er„kläre ich hiemit feierlichst auf mein Ehrenwort, dem „Sie, meine Herren, nach 2fähriger Bekanntschaft wohl „glauben mögen, „„daß diese Entfernung keinesweges ihren Gnmd in „„einem Mastgel an Ehrerbietung vor meinem erha„„benen Herrscher noch in dem Wunsche mich einem „„rechtskräftigen Urtheile zu entziehen, habe, sondern „„daß ich mich hierdurch auf meine Ehre verpflichte, „„mich der wider oder für mich ausfallenden Ent„„scheidung des Breslauer Ober-Landes-Gerichts zu „„unterwerfen, dafern mir das Königliche Wort bis „ „dahin und insonderheit nach erfolgter Freisprechung, „„Freiheit und Schutz gegen alle polizeiliche Angriffe „„und Beeinträchtigungen Zum Schluffe habe
.....
zusagt.""
ich dieser Darstellung des faktischen
Hergangs in Beziehung auf meine Untersuchungs-Angelegenheit
15 nur noch die Berichtigung hinzuzufügen: daß ich auf die Aller huldreichste Gewährung des Königlichen Schutzes nach 9jähriger, nicht fast 20jähriger, Abwesenheit im Auslande wieder ins Vaterland heimkehrte, um gegen das am 24. December 1824 ergangene auf vorläufige Freisprechung lautende Erkenntniß des König!. Ober-Landes-Gerichts zu Breslau das Rechtsmittel der weiteren Vertheidigung einzulegen; daß aber von einer weite ren Vernehmung in meiner Untersuchungs-Sache, wie Ew. Excellenz unterstellen, nicht hat die Rede sein können insofern der Iste wie der 2te Richter die Acten als spruchreif anerkann ten und daß, nachdem eine völlige Freisprechung von dem mir zur Last gelegten Verbrechen der Theilnahme an einer hochverrätherischen Verbindung so wie Niederschlagung der Untersu chungs-Kosten durch Erkenntniß des Königl. Ober-Landes-Gerichts zu Naumburg vom 17. Juli 1830 erfolgt war, meine Wieder-Anstellung im Staatsdienst durch Allerhöchste CabinetsOrdre vom 14. November 1830 angeordnet worden ist.*) Indem ich nur noch den Wunsch ausspreche, daß Ew. Excellenz aus Liebe zur historischen Wahrheit sich wollen geneigt finden lassen, dieser meiner berichtigenden Darstellung einen Platz im nächsten Hefte der unter Ihrem Namen erscheinenden Jahrbücher für preußische Gesetzgebung it zu gönnen, habe ich die Ehre zu verharren Ew Excellenz ganz ergebener I)r. Ludwig von Mühlenfels. Berlin, den 12. November 1845. *) Di« Schwierigkeiten, welche ich zu überwinden gehabt habe, um bei der von mir gewünschten aber mir verweigerten Wiederanstellung in den RheinProvinzen und Vergütung für eingebüßtes Gehalt, auf dem vaterländischen Rechtsbodcn wieder festen Fuß zu fassen, konnten als dem Zwecke dieses Schreibens fremd hier nicht zur Erörterung kommen. Nur angedeutet darf werden, baß ich auch bei dieser Angelegenheit in der Person de« damaligen Justiz-Ministers für die Rhein-Provinz meinen unüberwindlichen Gegner fand
16 Auf vorstehendes Schreiben habe ich am 14. November die Antwort erhalten:
Euer Hochwohlgeboren bezeige ich auf Ihre heut erhaltene geehrte Zuschrift mein auf richtiges Bedauern, daß der Stadtgerichts-Rath Simon Ihrer in seiner letzten Schrift erwähnt hat und versichere Sie, daß es mir so unangenehm war, daß mich allein die Betrachtung, daß mein Stillschweigen quoad hoc mißdeutet werden möchte, mich bewogen hat, von demselben abzustehen.*)
Noch jetzt ist es mir,
zumal da die Portion, mit welcher er mich bedacht hat, ohne dem schon reichlich
genug war und
in die
wissenschaftliche
Erörterung des Gesetzes von 1844 gar nicht gehörte, unerklär bar, wie der Stadtgerichts-Rath Simon dazu gekommen ist, da er wohl einsehen mußte, daß es Ihnen persönlich unange nehm sein und daß überhaupt ältere längst vergessene, ver jährte und
gut gemachte
Verhältnisse nicht im Andenken er
neuert werden müssen, was in Ansehung der jünger» Genera tion offenbar durch Anführung Ew. Hochwohlgeboren Namens geschehen ist. So viel Euer Hochwohlgeboren Wunsch selbst betrifft, so behalte ich mir das weitere bis zur Einsicht der Acten vor und bemerke, daß ich in einigen Tagen auf einige Tage verreisen werde.
Ich erkläre mich zu dieser Arbeit gerne bereit, weil
Sie es wünschen,**) obgleich sie überflüssig ist, weil in der ganzen *) Kann dies ein genügender Grund sein, in einer litterarischen Privatfehde zum Nachtheil unbetheiligter dritter Personen, Verhältnisse der Oeffentlichkeit Preis zu geben, deren Kenntniß man nur einer amtlichen Stellung verdankt? was würde entstehen, wenn es dem Staatsbeamten,
welcher über
seine Amtsthätigkeit einen Angriff erfährt, freistehen sollte, nach
Belieben
Alles drucken zu lassen, was in den Acten über die Sache steht, oder was er sonst amtlich darüber weiß? **) Ich habe keine derartige Arbeit, sondern nur die Aufnahme meines Schreibens in die Jahrbücher gewünscht.
17 von Ihnen angegebenen Zeit die Beschlüsse vom Kanzler und vom Justiz-Minister gefaßt sind, mich also nicht treffen würden, auch sehr frühe eine Jmmediat-Commission — ganz verschieden von der spätern — ebenfalls unter dem Präsidio
des Herrn
von Trützschler niedergesetzt ward, *) in welcher die Kammergerichts-Räthe Hosfmann und von Gerlach waren, der er stere und der dritte sind eben so allgemein bekannt, als in ver schiedener Richtung.
Hosfmann hat sich dadurch in der sei-
nigen bewährt,**) daß er Ew. Hochwohlgeboren die Unwahrheit gesagt,
daß
diese
Commission unter meinem
Einflüsse stehe.
Nennen wir Trützschler und Gerlach? Ein KammergerichtsRath schämt sich nicht so etwas zu sagen und in einer solchen Justiz-Commission zu bleiben.
Die zwanzig Jahre sind
allerdings ein nur durch einen Druckfehler verursachter Irrthum, den ich gerne, wenn Ew. Hochwohlgeboren es wünschen, berich tigen werde.
Von specialibus abgesehen — für jetzt — be
merke ich nur: 1) daß wenn Ew. Hochwohlgeboren
a) vor der von Sr. Majestät angeordneten Com mission sich gestellt und b) vor derselben sich eingelassen hätten ob Sr. Majestät befugt waren sie anzu ordnen? ist eine Frage, worüber hier nicht zu erörtern; 2) daß wenn Sie die Flucht nicht genommen und da durch den Steckbrief***) veranlaßt hätten, die unangc-
*) Ich kenne die Anzahl der damals in Thätigkeit gesetzten Commissio nen nicht. Die I«stiz-Commission unter v. Trützschler, l» welcher v. Gerlach nnd Hosfmann sich befanden, war eben die vor welcher ich stand nnd welche meine Freilassung beantragte, eine Maßregel, die aber durch dies. g. Ministerial-Commission, von der Hosfmann mir sagte, ver hindert wurde. Haben dieselben Personen zwei verschiedene Commissionen ausgemacht? nnd wenn dies, hätten sie wohl als die eine Commission meine Freilassung beantragen, als die andre sie verwerfen können? **) Ich hab« den Kammergerichts-Rath und geistreichen Schriftsteller E. T. A. Hosfmann stets nur von einer ehrenwerthen Seite kennen gelernt. ***) Die Eristenz eines Steckbriefs erfahre ich erst jetzt. Aber von wel-
18 nehme Lage der Sache, an welcher ich, wie Ew. Hochwohlgeboren durch Herrn von Bülow und aus eigener Erfahrung wissen, persönlich aufrichtige« Theil genommen habe, nicht herbeigeführt haben werde;**) 3) Ew. Hochwohlgeboren werden damit einverstanden sein, daß ein Staatsdiener durch die Flucht sich sei nem Dienste entzieht;**) 4) daß die Cabinets-Ordre von 1830 anführt, daß Sie dergestalt gravirt u. s. w. und die Bekanntmachung derselben für Sie selbst nicht wünschenswerth sein dürfte. ***) Endlich wird 5) Eurer Hochwohlgeboren nicht entgehen, daß die bei den nachfolgenden Erkenntnisse, wenn mein Gedächt niß mich nicht trügt, nur Theilnahme an geheimen Vereinen betrafen.-f) Ew. Hochwohlgeboren Behauptung (S. 3 Ihres Schrei bens) „daß in meiner Darstellung S. 39 sich so wenig Wahres cher Behörde ward er erlassen? von der untersuchenden Justiz-Behörde, welche meine Freilassung beantragt hatte? oder von der Polizei, welche hier auf (wie das 2te Erkenntniß besagt) die Absicht hegte mich „bis auf Weite res" nach der Festung Glogau bringen lassen? *) Sic. **) In meinem vorhergehenden Schreiben hatte ich aber gerade bewiesen, daß ich damals kein Staatsdiener mehr war, sondern schon vor Jahresfrist die Entlassung erhalten hatte (p. 12 und 13). ***) Ich habe dieselbe oben p. 13 abdrucken lassen. t) Etwas Anderes ist mir auch, so viel ich weiß, überhaupt nie Schuld gegeben worden. Das Erkenntniß des 2ten Richters, des Ober-Landes-Gerichts zu Naumburg, vom 17. Juli 1830 lautet wörtlich: „daß das Erkenntniß des Ober-Landes-Gerichts zu Breslau vom 24. „December 1824 dahin abzuändern, daß Jnculpat von dem Verdachte „der Theilnahme an einer hochverrätherischen Verbindung nicht, wie „geschehen, vorläufig, sondern völlig freizusprechen und sämmtliche „Untersuchungskosten mit AuSuahme der Kosten der weiteren Verthci„digung niederzuschlagen." Wegen anderer Vergehen war gar keine Criminal-Untersuchung eröffnet, vielmehr in der species facti ausdrücklich ausgesprochen worden, daß die sonst noch von der Polizeibehörde zur Sprache gebrachten und mir zur Last gelegten Handlungen überall nicht straffällig seien.
19 „befinde," hat mich hiernach allerdings sehr befremden müssen, sowohl formaliter als malerialiter. Auf jeden Fall werde ich in dem unter der Presse befind lichen nächsten Heft der Jahrbücher den Druckfehler der 20 Jahre berichtigen, der um so leichter hat Statt finden kön nen, da ich während des Drucks abwesend war und mir die Correctur-Bogen nachsenden ließ. Ich lege den Entwurf der Berichtigung bei (f. unten die Anlage) mit der Anfrage, ob Euer Hochwohlgeboren wünschen» daß Ihr Name dabei ange führt werde und ob Sie dies Ihrem Interesse angemessen halten. Hochachtungsvoll ganz ergebenst von Kamptz. Berlin, den 13. November 1845. Anlage.
In der im 129sten Heft der Jahrbücher abgedruckten Be richtigung der grellen Irrthümer deS re. Simon, und in dem besonderen Abdruck dieser Berichtigung, S. 64, ist durch ein Druckversehen, anstatt: 4 Jahren:*) gesetzt 20 Jahren.
Ich habe hierauf folgende Erwiderung zur Post befördert: Sr. Excellenz
dem Staats--Minister Ritter de» schwarzen Adler-Ordens,
Herrn von Kamptz. Ew. Excellenz hochgeneigtes Schreiben erhalte ich im Augenblick der Vorberei tung zur Abreise. Da ich aus demselben ersah, daß Ew. Er*) Er waren auch wieder nicht 4 Jahre sondern 9 Jahre gewesen.
20
cellenz Anstand nehmen, meinem Wunsche gemäß das berichti gende Schreiben d. den 12. d. Mts. in das nächste Heft der Jahrbücher re. aufnehmen zu lassen, die in Aussicht gestellte Berichtigung des bezeichneten Druckfehlers aber nicht ausreichen würde, um dem Eindruck zu begegnen, welchen Ew. Excellenz Aeußerungen über mich in der „Prüfung re." auf die mit der Sachlage weniger vertrauten Leser machen könnte, so kann ich nicht umhin mein vorgedachtes Schreiben der Oeffentlichkeit zu übergeben. Ich setze dabei voraus, daß Ew. Excellenz auch die gleichzeitige Veröffentlichung Ihres heutigen Schreibens genehm sein wird. Ew. Excellenz
ganz ergebener Dr. Ludwig von Mühlenfels. Berlin, den 14. November 1845.
Hiemil möchten die Acten als geschlossen anzusehen sein: ich wüßte nicht was ich dem Inhalt der obigen Correspondenz für jetzt noch hinzuzufügen hätte.